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PDF-Download - Militärgeschichtliches Forschungsamt der ...

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5Vizeadmiral Wilhelm Souchon<br />

(1864–1946) im Jahre 1914.<br />

division, unterstützt durch leichte Seestreitkräfte<br />

und Hilfskreuzer <strong>der</strong> beiden<br />

Verbündeten, übernommen werden<br />

(explizit dazu § 8 des Zusatzabkommens).<br />

Aus gesamtstrategischer<br />

Sicht ist diese operative Entscheidung<br />

als nicht gerade ideal zu bewerten.<br />

Durch die für die geplante Seeschlacht<br />

zur Vernichtung <strong>der</strong> französischen<br />

Flotte notwendige Konzentration des<br />

Gros <strong>der</strong> verfügbaren Flottenkräfte<br />

aufseiten <strong>der</strong> Mittelmächte blieb <strong>der</strong><br />

französischen Führung genügend<br />

Raum und Zeit, das algerische XIX. Armeekorps<br />

nach Frankreich zu verschiffen,<br />

wie sich 1914 zeigen sollte. Zu <strong>der</strong>en<br />

Unterbindung wäre bei Kriegsbeginn<br />

eine mit allen Mitteln durchgeführte<br />

effektive Blockade <strong>der</strong><br />

nordafrikanischen Küste unter Nutzung<br />

des gesamten im Mittelmeer verfügbaren<br />

Potenzials <strong>der</strong> Mittelmächte<br />

notwendig und wohl auch effektiver<br />

gewesen als eine Seeschlacht.<br />

Welche Wirksamkeit ein sofortiger<br />

Angriff auf die Truppentransporte entfalten<br />

konnte, zeigte am 4. August 1914<br />

<strong>der</strong> Beschuss von Philippeville und<br />

Bône durch die deutsche Mittelmeerdivision<br />

unter ihrem Kommandeur Konteradmiral<br />

Wilhelm Souchon gemäß<br />

seiner auf <strong>der</strong> Dreibundmarinekonvention<br />

basierenden Einsatzbefehlen. Der<br />

französische Oberbefehlshaber Admiral<br />

Augustin Boué de Lapeyrére untersagte<br />

daraufhin weitere einzelfahrende<br />

Truppentransporte und ordnete die Bildung<br />

von Geleitzügen an. Damit boten<br />

sich einerseits sofort lohnende Ziele für<br />

weitere Angriffe, an<strong>der</strong>erseits wäre<br />

durch die Unterbrechung des französischen<br />

Truppennachschubs vor allem<br />

Zeit für den deutschen Krieg an <strong>der</strong><br />

Westfront gewonnen worden. Dieser<br />

Zeitgewinn wäre für die deutsche Westoffensive<br />

allerdings ein Erfolg von strategischer<br />

Dimension gewesen, <strong>der</strong> auch<br />

das Risiko einer möglichen taktischen<br />

Nie<strong>der</strong>lage für einzelne Flotteneinheiten<br />

<strong>der</strong> Mittelmächte gerechtfertigt<br />

hätte, wären sie auf überlegene französische<br />

Kräfte getroffen. Diese kurzzeitig<br />

bestehende Möglichkeit verstrich<br />

1914 jedoch ungenutzt.<br />

Insgesamt scheint das Denkschema<br />

von Seeherrschaft durch Seeschlacht<br />

wohl neben <strong>der</strong> Angst vor einer alliierten<br />

Landung an <strong>der</strong> italienischen Küste<br />

zu tief in den Köpfen <strong>der</strong> Entscheidungsträger<br />

<strong>der</strong> Mittelmächte verwurzelt<br />

gewesen zu sein, um mit den damit<br />

verbundenen operativen Maximen<br />

zu brechen. Bezeichnen<strong>der</strong>weise verhielt<br />

sich die französische Seite nicht<br />

an<strong>der</strong>s. Während man im Marineministerium<br />

dem Schutz <strong>der</strong> Truppentransporte<br />

Priorität zumaß, wollte Admiral<br />

Lapeyrére offensiv gegen feindliche<br />

Flottenverbände vorgehen und plante<br />

keine Alternative dazu.<br />

Bündnispolitisch erfolgte mit <strong>der</strong> Marinekonvention<br />

von 1913 am Vorabend<br />

des Ersten Weltkrieges ein erheblicher<br />

Mo<strong>der</strong>nisierungsschub für den Dreibund<br />

in Richtung eines mo<strong>der</strong>nen multinationalen<br />

Militärbündnisses. Eine<br />

gemeinsame Operationsplanung unter<br />

einheitlichem Oberbefehl im Mittelmeer<br />

bot die Chance, das maritime<br />

Kräfteverhältnis und damit die gesamtstrategische<br />

Lage nachhaltig zu beeinflussen.<br />

Dies erkannten auch die führenden<br />

Militärs <strong>der</strong> Dreibundmächte,<br />

wenngleich die gewählte operative<br />

Ausrichtung fraglich war und die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> politischen Lage kaum<br />

ein Jahr später alle Planungen obsolet<br />

machen sollte. Ein grundsätzliches Problem<br />

blieb jedoch die Tatsache, dass die<br />

Verbindlichkeit aller Planungen lediglich<br />

auf <strong>der</strong> Grundlage persönlicher Beziehungen<br />

einzelner militärischer Führungspersönlichkeiten<br />

basierte, jedoch<br />

ein grundsätzlicher Konsens <strong>der</strong> staatstragenden<br />

Eliten für den Dreibund vor<br />

allem in Italien und Österreich-Ungarn<br />

fehlte. Weitgehend unbeachtet blieb in<br />

diesem Zusammenhang die Notwendigkeit,<br />

die gemeinsamen Operationen<br />

zu üben. Manöver in Friedenszeiten<br />

waren nicht vorgesehen. Lediglich erste<br />

Versuche zur praktischen Erprobung<br />

des neu erstellten Signalbuches wurden<br />

kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges<br />

angedacht, aber aus Gründen<br />

<strong>der</strong> Geheimhaltung trotz aller Nützlichkeitserwägungen<br />

nicht weiterverfolgt.<br />

Als das Deutsche Reich 1914 am<br />

1. August Russland und am 3. August<br />

Frankreich den Krieg erklärte, war die<br />

italienische Regierung unter Hinweis<br />

auf die defensive Natur des Dreibundes<br />

(Beistand im Falle eines nichtprovozierten<br />

Angriffs auf einen Bündnispartner!)<br />

nicht bereit, den Mittelmächten<br />

in den Krieg zu folgen. Auch die<br />

antiösterreichischen Ressentiments in<br />

<strong>der</strong> italienischen Bevölkerung ließen<br />

einen Kriegseintritt an <strong>der</strong> Seite Österreich-Ungarns<br />

äußerst schwierig erscheinen,<br />

selbst wenn die politische<br />

Führung Italiens ihn gewollt hätte.<br />

Durch die Nichtteilnahme Italiens waren<br />

jedoch sämtliche Vereinbarungen<br />

und strategischen Gedankenspiele <strong>der</strong><br />

Vorkriegszeit Makulatur geworden.<br />

Die Dreibund-Marinekonvention von<br />

1913 bleibt trotz alledem ein beachtenswertes<br />

Dokument. Denn es ist zwar in<br />

seiner Zeit verhaftet, markiert jedoch<br />

erste Schritte auf dem langen Weg zur<br />

Kooperation mo<strong>der</strong>ner multinationaler<br />

Bündnissysteme, wie sie heute beispielsweise<br />

in den ständigen maritimen<br />

Einsatzverbänden <strong>der</strong> NATO<br />

(Standing NATO Maritime Groups)<br />

Realität geworden ist.<br />

Lars Zacharias und Rüdiger Schiel<br />

Literaturtipps<br />

Holger Afflerbach, Der Dreibund. Europäische Großmachtund<br />

Allianzpolitik vor dem Ersten Weltkrieg, Wien, Köln, Weimar<br />

2002.<br />

Patrick J. Kelly, Tirpitz and the Imperial German Navy, Bloomington,<br />

IN 2011.<br />

Rüdiger Schiel, Die Beziehungen zwischen <strong>der</strong> deutschen kaiserlichen<br />

Marine und <strong>der</strong> österreichisch-ungarischen k.u.k.<br />

Kriegsmarine 1871-1914, Diss., München 2006 (Mikroform).<br />

bpk/Geheimes Staatsarchiv, SPK/Bildstelle GStA PK, Fotograf F. Uhrbans<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 3/2013<br />

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