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PDF-Download - Militärgeschichtliches Forschungsamt der ...

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Dreibund-Marinekonvention 1913<br />

5Kaiser Wilhelm II. und die Admirale<br />

Alfred von Tirpitz und Henning von<br />

Holtzendorff an Bord <strong>der</strong> Kaiserjacht<br />

»Hohenzollern« anlässlich <strong>der</strong> Kieler<br />

Woche 1910.<br />

bpk/Th. Jürgensen<br />

Nutzung von Hafenanlagen. Damit<br />

unterschied sich diese Marinekonvention<br />

kaum von an<strong>der</strong>en Militärkonventionen<br />

<strong>der</strong> damaligen Zeit und trug<br />

dem Wunsch <strong>der</strong> Bündnispartner nach<br />

individueller operativer Freiheit Rechnung.<br />

Weitergehende Vorschläge Italiens<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Abstimmung und<br />

Festlegung von Operationszielen und<br />

Angriffsobjekten scheiterten an den<br />

Ressentiments <strong>der</strong> deutschen und österreichisch-ungarischen<br />

Chefs <strong>der</strong> General-<br />

und Admiralstäbe, die bei zu<br />

großer Offenheit einen Verrat italienischer<br />

Militärs an Frankreich und<br />

Großbritannien befürchteten. Letztendlich<br />

reichte Italien eine Rückendeckung<br />

durch Österreich-Ungarn in <strong>der</strong><br />

Adria zwar als Minimalkonsens, <strong>der</strong><br />

erneute Verhandlungsvorstoß 1912<br />

zeigt aber die Vitalität des italienischen<br />

Sicherheitsbedürfnisses in diesem<br />

Punkt. Es bleibt zu hinterfragen, inwieweit<br />

die fehlende maritime Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> italienischen Interessen die<br />

Hinwendung Italiens zu Frankreich ab<br />

1903 mit beeinflusst hat.<br />

Auch die ablehnende Haltung <strong>der</strong><br />

deutschen Spitzenmilitärs bleibt zu<br />

hinterfragen. Die Ursache für die mangelnde<br />

Kooperationsbereitschaft ist<br />

letztlich wohl in <strong>der</strong> inneren Verfasstheit<br />

des Dreibundes zu suchen, die<br />

durch gegenseitige Rivalitäten und<br />

latente Konfrontationen vorwiegend<br />

zwischen Österreich-Ungarn und Italien<br />

geprägt war. Vor allem in <strong>der</strong> Balkanpolitik<br />

traten Verwerfungen immer<br />

stärker hervor. Diese erste Marinekonvention<br />

konnte nicht und sollte wohl<br />

auch nicht politische Differenzen überbrücken,<br />

son<strong>der</strong>n lediglich ein Mindestmaß<br />

an Kooperation für den Fall<br />

eines europäischen Konfliktes ermöglichen,<br />

ohne den Dreibundpartnern zu<br />

weitgehende Einschränkungen ihrer<br />

individuellen operativen Freiheit aufzunötigen.<br />

Gepaart mit <strong>der</strong> Angst vor<br />

Verrat war in dieser Situation das Denken<br />

und Handeln <strong>der</strong> deutschen und<br />

österreichisch-ungarischen Marineführung<br />

ganz auf die jeweilige »nationale«<br />

strategisch-operative Doktrin ausgerichtet.<br />

Der berühmte Blick über den<br />

eigenen Tellerrand hinaus fand im Jahr<br />

1900 jedenfalls nicht statt.<br />

Die Marinekonvention von 1913<br />

Legt man das eingangs zitierte Schreiben<br />

Moltkes an seinen Amtskollegen<br />

Conrad zugrunde, schien sich diese Situation<br />

zu Beginn des Jahres 1913 komplett<br />

gewandelt zu haben. Durch die<br />

Integration Großbritanniens in das<br />

Bündnissystem <strong>der</strong> Entente ab 1904 erscheint<br />

ein strategisches Interesse vor<br />

allem des Deutschen Reiches an einer<br />

in eine Gesamtkriegskonzeption eingebetteten<br />

Seekriegsplanung nur logisch.<br />

Gerade das Deutsche Reich konnte vor<br />

dem Hintergrund des Schlieffenplans<br />

von einer maritimen Kooperation im<br />

Mittelmeer erheblich profitieren. Die<br />

Bindung <strong>der</strong> Masse <strong>der</strong> britischen<br />

Flotte in <strong>der</strong> Nordsee eröffnete den<br />

vereinigten Seestreitkräften des Dreibundes<br />

im Mittelmeer eine reale<br />

Chance, die Kräfteverteilung im Sinne<br />

eines gesamtstrategischen Ansatzes<br />

nachhaltig zu beeinflussen. Weitgehend<br />

folgenlose Gedanken zur Einbeziehung<br />

<strong>der</strong> k.u.k. Kriegsmarine in die<br />

deutschen Operationen gegen Großbritannien<br />

hatte man sich in Berlin<br />

schon 1909 und 1911 gemacht. Ein Jahr<br />

später dachte man auch in Wien um<br />

und sah die k.u.k. Kriegsmarine nun<br />

an <strong>der</strong> deutschen Seite gegen die Entente,<br />

statt dass sie allein in <strong>der</strong> Adria<br />

operierte. Ab Mitte Juni 1912 wurden<br />

von deutscher Seite dann die Seestreitkräfte<br />

bei<strong>der</strong> Bündnispartner im Mittelmeer<br />

eingeplant und eine weitere<br />

Marinekonvention <strong>der</strong> drei Mächte gefor<strong>der</strong>t.<br />

Letzter Auslöser war dann<br />

aber eine erneute Initiative Italiens, um<br />

entsprechenden Verhandlungen zu initiieren.<br />

Wie ernsthaft man vor allem<br />

den deutschen Generalstabschef<br />

Moltke »ins Boot« zu holen versuchte,<br />

zeigt die Tatsache, dass die italienische<br />

Flotte in den Frühjahrsmanövern 1913<br />

explizit das Abfangen eines simulierten<br />

französischen Truppentransports von<br />

Nordafrika nach Toulon durchspielte.<br />

Moltkes Einfluss würde auch in Wien<br />

Wirkung zeigen, so das – letztlich erfolgreiche<br />

– italienische Kalkül.<br />

Die entscheidende Neuerung gegenüber<br />

<strong>der</strong> Marinekonvention von 1900<br />

war die Betrachtung des Mittelmeeres<br />

als ein Operationsgebiet. Die Vereinigung<br />

aller, auch außerhalb des Mittelmeeres<br />

in erreichbarer Nähe befindlichen<br />

Seestreitkräfte unter einem bereits<br />

zu Friedenszeiten festgelegten<br />

Oberbefehlshaber (k.u.k. Admiral Anton<br />

Haus) wurde als operative Grundmaxime<br />

festgeschrieben. Ersatzweise<br />

sollte <strong>der</strong> ranghöchste Offizier vor Ort<br />

das Kommando übernehmen. Die Rahmenbestimmungen<br />

über Signalwesen<br />

und gegenseitige Hafennutzung wurden<br />

hingegen nahezu unverän<strong>der</strong>t aus<br />

<strong>der</strong> Konvention von 1900 übernommen.<br />

Neu und innovativ war jedoch,<br />

dass in einem Zusatzabkommen ein<br />

gemeinsamer Operationsplan bereits<br />

zu Friedenszeiten festgelegt wurde.<br />

Dieser sah die Vereinigung fast aller<br />

Seestreitkräfte in süditalienischen Häfen<br />

vor, um danach die französische<br />

Flotte anzugreifen und nie<strong>der</strong>zukämpfen.<br />

Damit sollte die Seeherrschaft im<br />

Mittelmeer aktiv errungen werden (so<br />

§ 5 des Zusatzabkommens), um in erster<br />

Priorität mögliche Landungsoperationen<br />

an <strong>der</strong> italienischen Küste zu<br />

verhin<strong>der</strong>n. Zur kommunikationstechnischen<br />

Umsetzung dieser weitreichen<strong>der</strong>en<br />

Aufgaben wurde ein neues<br />

Signalbuch entworfen.<br />

Italien hatte sich also mit seiner ursprünglichen<br />

Absicht, <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>kämpfung<br />

<strong>der</strong> französischen Flotte,<br />

weitgehend durchgesetzt. Die Unterbindung<br />

französischer Truppentransporte<br />

aus Nordafrika hatte für den<br />

Kern <strong>der</strong> gemeinsamen Flotte nur<br />

nachrangige Priorität. Diese Aufgabe<br />

sollte durch die deutsche Mittelmeer­<br />

12 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 3/2013

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