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Das Massengrab der Schlacht von Wittstock »Köpenicker Blutwoche ...

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und 1970 bei einem Minus <strong>von</strong> über 50<br />

Prozent gegenüber dem Planungs-Soll.<br />

Was waren die Gründe?<br />

Status und Stellung<br />

<strong>der</strong> Ärzte<br />

Entscheidende Faktoren, die den Aufbau<br />

des Sanitätswesens verlangsamten,<br />

waren <strong>der</strong> lange Zeit ungeklärte<br />

Status und die Stellung <strong>der</strong> Ärzte innerhalb<br />

<strong>der</strong> neuen deutschen Streitkräfte.<br />

Die damit verbundene Unsicherheit –<br />

sowohl rechtlich als auch finanziell –<br />

schreckte potenzielle Bewerber in <strong>der</strong><br />

Anfangszeit ab. Die Diskussion um<br />

den Status <strong>der</strong> Ärzte wurde in dieser<br />

Zeit <strong>von</strong> Seiten <strong>der</strong> Politik, <strong>der</strong> Standesorganisationen<br />

und <strong>der</strong> zuständigen<br />

Ämter kontrovers geführt. Sie<br />

drehte sich um die Frage, ob <strong>der</strong> zukünftige<br />

Arzt Offizier o<strong>der</strong> Beamter,<br />

Angestellter o<strong>der</strong> Vertragsarzt sein<br />

sollte, also Soldat o<strong>der</strong> Zivilist. Dabei<br />

gab es drei grundlegende Positionen,<br />

die mit verschiedenen Auffassungen<br />

darüber einhergingen, wie die Tätigkeit<br />

des Militärarztes ausgefüllt werden<br />

sollte.<br />

5Generalarzt Dr. Theodor Joedicke<br />

(1899–1996) war <strong>von</strong> 1957 bis 1962<br />

erster Inspekteur des Sanitäts- und<br />

Gesundheitswesens <strong>der</strong> Bundeswehr.<br />

1957 Bundeswehr/Archiv<br />

Für den Status als Angestellter o<strong>der</strong><br />

Beamter wurde argumentiert, dass sich<br />

<strong>der</strong> zivile Arzt besser auf seine ärztliche<br />

Tätigkeit konzentrieren könnte,<br />

wenn er nicht Teil <strong>der</strong> militärischen<br />

Hierarchie wäre. Dies würde das Vertrauensverhältnis<br />

zwischen Arzt und<br />

Patient stärken, denn <strong>der</strong> Arzt könnte<br />

so Entscheidungen unabhängiger <strong>von</strong><br />

militärischen Aspekten treffen. Eine<br />

an<strong>der</strong>e Gruppe befürwortete zwar generell<br />

den zivilen Status <strong>der</strong> Ärzte, sah<br />

jedoch auch die Notwendigkeit für<br />

Ausnahmen. So sollten diejenigen<br />

Ärzte den Offizierstatus erhalten, die<br />

auch tatsächliche militärische Führungsaufgaben,<br />

zum Beispiel in <strong>der</strong> Sanitätstruppe,<br />

übernahmen. Für den<br />

Status des Arztes als Offizier plädierten<br />

neben ehemaligen Sanitätsoffizieren<br />

vor allem die standespolitischen Organisationen<br />

wie die Arbeitsgemeinschaft<br />

<strong>der</strong> westdeutschen Ärztekammern.<br />

Sie verwiesen auf die positiven<br />

Erfahrungen, die während des Zweiten<br />

Weltkrieges mit Ärzten als Sanitätsoffizieren<br />

gemacht worden waren. Die<br />

Stellung als Offizier und militärischer<br />

Vorgesetzter verleihe dem Arzt mehr<br />

Autorität und Anerkennung sowohl<br />

gegenüber Untergebenen als auch gegenüber<br />

dem Offizierkorps. Darüber<br />

hinaus könnte sich <strong>der</strong> »Arztsoldat«<br />

besser in militärische Gegebenheiten<br />

und die Alltagssituationen seiner Patienten<br />

hinein versetzen als ein nicht<br />

militärisch ausgebildeter Zivilarzt.<br />

Die über mehrere Jahre schwelende<br />

Diskussion verschärfte sich im Winter<br />

1955/56 während <strong>der</strong> Beratungen des<br />

Verteidigungsausschusses des Deutschen<br />

Bundestages. Nach einer hitzigen<br />

Debatte entschieden sich die<br />

Ausschussmitglie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> 89. Sitzung<br />

am 11. April 1956 einstimmig dafür,<br />

den Ärzten <strong>der</strong> neu aufgestellten Bundeswehr<br />

den Status als Sanitätsoffiziere<br />

zu verleihen; am 10. Juli 1957<br />

wurde auch für die Zahnärzte, Apotheker<br />

und Tierärzte dieses Status festgelegt.<br />

Eine <strong>der</strong> zentralen Fragen für den<br />

Aufbau des Sanitätsdienstes war somit<br />

geklärt und sorgte für Rechtssicherheit<br />

bei <strong>der</strong> nun forcierten Einstellung <strong>von</strong><br />

neuen Ärzten für die Bundeswehr.<br />

Die Ernennung des ersten Inspekteurs<br />

des Sanitäts- und Gesundheitswesens,<br />

Generalstabsarzt Dr. med.<br />

Theodor Joedicke, zum 1. September<br />

1957 sorgte für weiteren positiven Aufwind.<br />

Denn Joedicke wurde als vierter<br />

Inspekteur den an<strong>der</strong>en Inspekteuren<br />

<strong>der</strong> Teilstreitkräfte gleichgestellt. Diese<br />

Errichtung einer selbstständigen Inspektion<br />

innerhalb des Bundesverteidigungsministeriums<br />

erfüllte eine lang<br />

gehegte For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> standespolitischen<br />

Organisationen <strong>der</strong> Ärzte nach<br />

einer angemessenen Würdigung des<br />

Sanitätswesens innerhalb <strong>der</strong> Streitkräfte,<br />

denn bis zum Jahr 1957 hatte<br />

das Sanitätswesen beim Aufbau <strong>der</strong><br />

Bundeswehr nur eine untergeordnete<br />

Rolle gespielt. Mit Joedicke, einem<br />

kriegserfahrenen Sanitätsoffizier an<br />

<strong>der</strong> Spitze, erhielt das Sanitätswesen<br />

nun endlich ein Gesicht in <strong>der</strong> Öffentlichkeit.<br />

Seine Berufung fand breite Zustimmung<br />

innerhalb <strong>der</strong> Ärzteschaft<br />

und rief ein positives Presseecho hervor,<br />

das eine willkommene Werbung<br />

für die Bundeswehr auch im Nachwuchsbereich<br />

darstellte. Darüber hinaus<br />

versuchte Joedicke in den folgenden<br />

Jahren auch persönlich, dem<br />

Problem des Fachkräftemangels Abhilfe<br />

zu schaffen. In einem Aufruf<br />

wandte er sich 1961 in den Ȁrztlichen<br />

Mitteilungen« an die deutsche Ärzteschaft<br />

und for<strong>der</strong>te sie zur Mitarbeit in<br />

den Streitkräften auf. Doch diese Bemühungen<br />

des Inspekteurs stießen bei<br />

den Adressaten nur auf wenig Resonanz.<br />

Mangelnde Attraktivität des<br />

Sanitätsdienstes<br />

Die Vorstellungen, die über den Beruf<br />

des Sanitätsoffiziers in <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

und speziell bei Medizinstudenten<br />

herrschten, waren alles an<strong>der</strong>e als positiv.<br />

Vor allem <strong>der</strong> potenzielle Nachwuchs<br />

hielt eine Beschäftigung als Militärarzt<br />

nicht für erstrebenswert. So<br />

konnte sich bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts<br />

Emnid unter<br />

Medizinstudenten Ende <strong>der</strong> 1960er<br />

Jahre keiner <strong>der</strong> Befragten vorstellen,<br />

den Beruf des Sanitätsoffiziers zu ergreifen,<br />

obwohl sich gut ein Viertel<br />

über den Sanitätsdienst <strong>der</strong> Bundeswehr<br />

ausgiebig informiert hatte. Als<br />

Gründe für die Ablehnung tauchten in<br />

<strong>der</strong> Gesamtheit aller Ärzte weit verbreitete<br />

Vorbehalte auf. Neben einer<br />

allgemeinen Ablehnung gegen eine Tätigkeit<br />

im militärischen Umfeld wurden<br />

unter an<strong>der</strong>em die »Einseitigkeit<br />

des Krankengutes« sowie die »einge­<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 2/2013<br />

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