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Das Massengrab der Schlacht von Wittstock »Köpenicker Blutwoche ...

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<strong>»Köpenicker</strong> <strong>Blutwoche</strong>« 1933<br />

Walter Apel, Ronert Gleuel und Wilhelm<br />

Klein des SA-Sturmes 1/15 nie<strong>der</strong>.<br />

Auch <strong>der</strong> bereits festgenommene<br />

auf <strong>der</strong> Pritsche eines LKW wartende<br />

Kommunist Erich Janitzky starb vermutlich<br />

während dieser Schießerei. Ob<br />

er durch einen Querschläger aus <strong>der</strong><br />

Waffe <strong>von</strong> Schmaus starb o<strong>der</strong> <strong>von</strong> SA-<br />

Männern ermordet wurde, ist bislang<br />

ungeklärt. Schmaus, <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Polizei<br />

anschließend stellte, wurde im Polizeipräsidium<br />

am Alexan<strong>der</strong>platz <strong>von</strong><br />

einem SA-Trupp angeschossen. Er erlag<br />

<strong>der</strong> Verletzung und weiteren Misshandlungen<br />

durch die SA am 16. Januar<br />

1934. <strong>Das</strong> Köpenicker Amtsgerichtsgefängnis,<br />

seit Mai 1933 Stabsquartier<br />

des SA-Sturmbanns 15, diente<br />

als Koordinationsstelle <strong>der</strong> gesamten<br />

Verhaftungsaktion. Zahlreiche Personen,<br />

die bereits in den SA-Sturmlokalen<br />

misshandelt worden waren, wurden<br />

anschließend hierher überstellt<br />

und ermordet. Unter den Toten befanden<br />

sich <strong>der</strong> ehemalige Ministerpräsident<br />

<strong>von</strong> Mecklenburg-Schwerin und<br />

Reichstagsabgeordnete Johannes Stelling<br />

(SPD) sowie <strong>der</strong> Unternehmer<br />

Georg Eppenstein.<br />

Der kurzzeitig aus Angst vor juristischer<br />

Verfolgung <strong>der</strong> Morde untergetauchte<br />

SA-Führer Herbert Gehrke<br />

wurde vom Berliner Polizeipräsidenten<br />

Karl Ernst demonstrativ beför<strong>der</strong>t.<br />

Als Ergebnis des Aushandlungsprozesses<br />

zwischen Staat und Partei<br />

wurden die Folterungen und Tötungen<br />

nachträglich per Gesetz legalisiert. Alle<br />

laufenden Verfahren wegen Körperverletzung<br />

und Mord wurden pauschal<br />

»auf Grund des Erlasses des<br />

Herrn Preußischen Ministerpräsidenten<br />

vom 22. Juli 1933 […] in Verbindung<br />

mit <strong>der</strong> Allgemeinen Verfügung<br />

vom 25. Juli 1933 […] betreffend Gnadenerweise<br />

aus Anlaß <strong>der</strong> Beendigung<br />

<strong>der</strong> nationalsozialistischen Revolution<br />

nie<strong>der</strong>geschlagen«. Die SA-Männer<br />

gingen straffrei aus und wurden sogar<br />

noch belohnt. So wurde Herbert<br />

Gehrke, Führer des selbstständigen<br />

SA-Sturmbanns 15 in Köpenick und<br />

Hauptverantwortlicher <strong>der</strong> Ausschreitungen,<br />

in wörtlicher Anlehnung an<br />

Hermann Görings Gnadenerlass »in<br />

Anerkennung seiner Verdienste um<br />

die Durchführung <strong>der</strong> nationalen Revolution«<br />

rückwirkend zum 1. Juli 1933<br />

zum SA-Obersturmbannführer beför<strong>der</strong>t.<br />

Anfang August wertete die SA-<br />

Führung Gehrkes selbstständigen<br />

Sturmbann zur Standarte 15 auf, die<br />

Mitte August 1933 schon 1330 Mann<br />

umfasste.<br />

5Die »Groß-Berliner Ost-Zeitung« berichtet am 23. Juni 1933 <strong>von</strong> <strong>der</strong> »S.A.-Ehrenwache<br />

vor dem Mör<strong>der</strong>haus in Köpenick«.<br />

Archiv des Museums Köpenick<br />

Die drei toten SA-Männer dienten<br />

fortan dem SA-Mythos: Noch in <strong>der</strong><br />

Nacht des 21. Juni 1933 wurde eine<br />

»Fahnenwache« vor dem Haus <strong>der</strong> Familie<br />

Schmaus postiert. Zwei Tage darauf<br />

fand dort eine Trauerfeier statt,<br />

während die »Berliner Funkstunde«<br />

den Toten eine Sendung widmete und<br />

»ernste Musikstücke« spielte. An einem<br />

Fackelmarsch beteiligten sich etwa<br />

3000 Menschen. Auch die Sonnenwendfeier<br />

am Köpenicker Müggelsee<br />

und Langem See stand ganz im Zeichen<br />

<strong>der</strong> Totenehrung. Darüber hinaus<br />

wurden die SA-Männer als »Blutzeugen«<br />

zu Märtyrern <strong>der</strong> nationalsozialistischen<br />

Bewegung stilisiert. Vor<br />

diesem Hintergrund gab die Presseberichterstattung<br />

des »Angriffs« und des<br />

»Völkischen Beobachters« den gewünschten<br />

Ton an: »Vierfacher marxistischer<br />

Mord«, titelte <strong>der</strong> »Völkische<br />

Beobachter »am 23. Juni 1933 auf Seite<br />

eins mit dem Hinweis, dass die Köpenicker<br />

bis in die Morgenstunden über<br />

»die feige marxistische Mordtat« debattiert<br />

hätten.<br />

Die zahlreichen Mordopfer <strong>der</strong> SA<br />

wie auch <strong>der</strong> Tod <strong>der</strong> drei SA-Männer<br />

im Juni 1933 führten zu einer ambivalenten<br />

Ermittlungsarbeit <strong>der</strong> Berliner<br />

Polizei und Gestapo, die durch Verfolgung<br />

und Verschleppung gekennzeichnet<br />

war. Rudolf Diels trug – trotz interner<br />

Wi<strong>der</strong>stände – maßgeblich zur<br />

Verdunkelung bei. So wurde <strong>der</strong> Mordversuch<br />

<strong>der</strong> SA an Schmaus im Polizeipräsidium<br />

als Fluchtversuch <strong>von</strong> Schmaus<br />

verschleiert. Dessen ungeachtet war<br />

<strong>der</strong> Imageschaden für SA und Partei<br />

enorm. Noch Jahre später kursierte in<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung die Ansicht, dass die<br />

Erschießung <strong>der</strong> drei SA-Männer in<br />

Köpenick »in Ordnung« und <strong>der</strong> Täter<br />

»ein anständiger Kerl« gewesen war.<br />

Mit Blick auf den Ursachenkomplex<br />

<strong>der</strong> Terroraktion standen die Verhaftungen<br />

in Berlin-Köpenick zum einen<br />

in Zusammenhang mit dem reichsweiten<br />

Verbot des Deutschnationalen<br />

Kampfrings vom 21. Juni 1933. Angeblich<br />

hatten Sozialdemokraten und<br />

Kommunisten die deutsch-nationalen<br />

Verbände unterwan<strong>der</strong>t. Die NSDAP-<br />

Führung und <strong>der</strong> Berliner Gauleiter<br />

Joseph Goebbels nutzten das Verbot<br />

zum an<strong>der</strong>en als Vorwand und Legitimation,<br />

um gezielt und systematisch<br />

gegen die organisierte Arbeiterbewegung<br />

vorzugehen und sich des deutsch-<br />

12 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 2/2013

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