„Diskriminierung im Beschäftigungsverhältnis“ – - GEW
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<strong>„Diskr<strong>im</strong>inierung</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>Beschäftigungsverhältnis“</strong> <strong>–</strong><br />
Zentrale Ergebnisse des Zweiten Berichts der<br />
Antidiskr<strong>im</strong>inierungsstelle des Bundes<br />
Fachtagung „Interessenvertretung für Frauen stärken <strong>–</strong><br />
Wege, Themen, Konzepte“ <strong>–</strong> <strong>GEW</strong>, 15.11.2013<br />
ADS 2 <strong>–</strong> Nathalie Schlenzka
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)<br />
‣ Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt seit 2006 und setzt vier EU-<br />
Richtlinien in deutsches Recht um.<br />
‣ Es schützt laut § 1 vor Benachteiligungen aus folgenden Gründen<br />
(„persönlicher Anwendungsbereich“):<br />
1) rassistische Diskr<strong>im</strong>inierung / ethnische Herkunft<br />
2) Geschlecht<br />
3) Religion / Weltanschauung<br />
4) Behinderung<br />
5) Alter<br />
6) sexuelle Identität
Anwendungsbereich und Ziele des AGG<br />
‣ Beschäftigung und Beruf<br />
‣ Zivilrecht, so genannte „Alltagsgeschäfte“<br />
Prävention<br />
‣ Einrichtung von Beschwerdestellen in Betrieben<br />
‣ Information und Schulung von Beschäftigten<br />
‣ Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung durch die ADS<br />
‣ Positive Maßnahmen, §5<br />
Intervention<br />
‣ Mediation durch die ADS<br />
‣ Prüfung von Beschwerden durch betriebliche Beschwerdestellen<br />
‣ Klage auf Entschädigung oder Schadensersatz
Die Antidiskr<strong>im</strong>inierungsstelle des Bundes (ADS)<br />
‣ Die EU-Richtlinien schreiben die Einrichtung eines „National Equality<br />
Body“ vor. Das ist in Deutschland die ADS.<br />
‣ Die wesentlichen gesetzliche Aufgaben:<br />
<strong>–</strong> Beratung<br />
<strong>–</strong> Forschung<br />
<strong>–</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />
<strong>–</strong> Vernetzung<br />
<strong>–</strong> Bericht mit Empfehlungen an den Bundestag
Worum geht es <strong>im</strong> Bericht?<br />
‣ Sensibilisierung für die Themen Diskr<strong>im</strong>inierung <strong>im</strong> Bildungsbereich und <strong>im</strong><br />
Arbeitsleben <strong>im</strong> Hinblick auf alle AGG Merkmale und „soziale Herkunft“<br />
‣ Spotlights auf besonders auffällige Diskr<strong>im</strong>inierungsrisiken<br />
‣ Aufdeckung von Forschungslücken<br />
‣ Vorstellung ausgewählter Beispiele guter Praxis<br />
‣ Handlungsempfehlungen für Politik, relevante Institutionen<br />
(u.a. Schule, Hochschule, öffentliche Verwaltung, NGOs, Betroffene)
Grundlagen des Berichts<br />
‣ Wissenschaftliche Expertisen <strong>im</strong> Auftrag der ADS<br />
‣ Bestandsaufnahme „good practice“<br />
(mehr als 50 Beispiele aus dem Bildungsbereich und Arbeitsleben)<br />
‣ Gespräche mit Expert_innen (mehr als 35)<br />
‣ Auswertung ADS Beschwerdedaten (6/2009-12/2012)<br />
‣ Auswertung der Umfrage zu Beschwerden bei anderen<br />
Antidiskr<strong>im</strong>inierungsstellen (mehr als 30 Stellen)
Diskr<strong>im</strong>inierung <strong>im</strong> Beschäftigungsverhältnis<br />
‣ Belästigung und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz §3 Abs. 3 und 4 AGG<br />
Begriffsdefinition<br />
‣ Benachteiligung bei Fort- und Weiterbildung, Aufstieg u. Repräsentation in<br />
Führung § 2 Abs. 1 AGG Anwendungsbereich<br />
‣ Berücksichtigung familiärer, religiöser, altersspezifischer und<br />
behinderungsbedingter Bedürfnisse
Beratungsanfragen Arbeitsleben<br />
40 % aller Beratungsanfragen zum Arbeitsrecht (2006 <strong>–</strong> Mitte 2013)<br />
Verteilung auf Diskr<strong>im</strong>inierungsgründe:<br />
Alter 25,85 %<br />
Geschlecht 25,49 %<br />
Behinderung 20,83 %<br />
Ethnische Herkunft 17,32 %<br />
Religion/Weltanschauung 7,65 %<br />
Sexuelle Identität 2,87 %
Beratungsanfragen zum Merkmal Geschlecht<br />
Anfragen, die sich auf Diskr<strong>im</strong>inierung am Arbeitsmarkt beziehen:<br />
• Frauen 804<br />
• Männer 242<br />
Verteilung auf einzelne Bereiche:<br />
• Zugang 37 %<br />
• Beschäftigungsverhältnis 30 %<br />
• Beendigung 9 %<br />
• Ohne Angabe 22 %<br />
Vor allem unmittelbare Diskr<strong>im</strong>inierung!
Beispiele von Diskr<strong>im</strong>inierung <strong>im</strong> Arbeitsverhältnis<br />
‣ Einer Mitarbeiterin in einem IT-Unternehmen wird von ihren Kollegen <strong>im</strong>mer wieder<br />
gefragt, warum sie denn hier arbeitet, Technik sei doch eher etwas für Männer und zum<br />
Kochen bräuchte man doch keinen Computer.<br />
‣ Eine Frau arbeitet als einzige weibliche Person als Monteurin in einem Technikbetrieb.<br />
Sie wird von ihrem Chef sexuell belästigt. Nachdem sie ihn abweist und zu ihm sagt, dass<br />
sie mit einem Kollegen in einer Beziehung ist, wird ihr in der Probezeit gekündigt.<br />
‣ Eine jüngere Mitarbeiterin wird trotz sehr guter Arbeitsbewertung nicht befördert. Ihr<br />
Vorgesetzter erzählt einem Kollegen, dass er davon ausgehe, dass die Mitarbeiterin auf<br />
Grund ihrer Heirat bald schwanger werde.<br />
‣ Eine weibliche Führungskraft will nach der Geburt ihres zweiten Kinders für einen<br />
begrenzten Zeitraum Teilzeit arbeiten, dies wird ihr vom Arbeitgeber mit der Begründung<br />
Führungskräfte könnten nicht in Teilzeit arbeiten verwehrt.
(Sexuelle) Belästigung <strong>im</strong> Arbeitsverhältnis<br />
„Unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem§1 AGG genannten Grund in<br />
Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der<br />
betreffenden Personen verletzt und ein von Einschüchterungen, Entwürdigungen<br />
und Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird“ (AGG § 3 Abs. 3)<br />
„Unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell<br />
best<strong>im</strong>mte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie<br />
unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen<br />
Darstellungen (…) bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden<br />
Person verletzt wird (…)“ (§3 Abs. 4 AGG)<br />
Verursacher_innen: Vorgesetzte, Kolleg_innen und Kund_innen
(Sexuelle) Belästigung <strong>im</strong> Arbeitsverhältnis<br />
Frauen (60 %), auf Grund des Alters (29 %), MH (25‐50 %), LSBTI* (je nach<br />
Gruppe fast jede_r Zweite, Trans*Menschen sogar häufiger), BH (24 %)<br />
Gesundheit, Leistungsfähigkeit,<br />
Motivation, Loyalität<br />
fehlende Anlaufstellen, mangelnde<br />
Sensibilität für das Thema<br />
Problematik Nachweis, statistische Belegbarkeit, Forschung,<br />
Rechtsprechung/Urteile, Angst vor negativen Auswirkungen, Dunkelziffer<br />
Arbeitgeber Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligung , inklusive<br />
vorbeugende Maßnahmen (§ 12 Abs. 1 AGG)
Weiterbildung, Aufstieg, Repräsentation in Führung<br />
Nachteile Alle AGG Merkmale insbesondere Geschlecht<br />
Betriebliche Weiterbildung (Erwerbsfähige):<br />
‐ 28 % Männer, 23 % Frauen (kürzer, außerhalb der Arbeitszeit, häufiger<br />
Selbstzahlerinnen) (BMBF 2011)<br />
‐ 28 % ohne MH, 17 % mit MH, 11 % Ausländer_innen (BMBF 2011)<br />
‐ 7 % aller Erwerbsfähigen mit Behinderung (BMAS)<br />
„Gläserne Decke“:<br />
‐ Allgemein: 23,3 % Führungspositionen, 17,4 % Aufsichtsräte (BÜRGEL‐<br />
Studie, 2012)<br />
‐ Öffentlicher Dienst: 53 % weibliche Beschäftigte, 30 % Führungskräfte,<br />
höhere Positionen (B 6 bis 11) 14,8 % (DIW 2012)
Weiterbildung, Aufstieg, Repräsentation in Führung<br />
„fehlende“ Passung<br />
Funktionieren des Betriebes (Profit)<br />
Weiterbildung muss sich lohnen<br />
Vermeintliche Defizite Leistung, Teilzeit (Präsenskultur), Flexibilität,<br />
Führungskompetenz, Vereinbarkeit Familie/Privatleben, Betriebszugehörigkeit<br />
Ausschlussmechanismen auch bei gleicher oder besserer Leistung<br />
Kaum Erkenntnisse zu positiven Auswirkungen von Diversity in Führung (Umsatz)<br />
Business Case verdeutlichen (u.a. Außenwirkung, Potentiale, Legit<strong>im</strong>ation)<br />
Fehlen von Kriterien geschlechtsneutraler u. diskr<strong>im</strong>inierungsfreier<br />
Arbeitsbewertung
Berücksichtigung spezifischer Bedürfnisse<br />
Beispiele:<br />
‐ „Sandwichsituation“ Betreuung Kinder u. Pflege älterer<br />
Angehöriger<br />
‐ Ausübung religiöser Pflichten/Bräuche (Beten, Feiertage,<br />
Essensregelungen, Umgang mit Alkohol, Samstagsarbeit, Kopftuch)<br />
‐ Nicht alterns‐ u. altersgerechte Arbeitsstrukturen (schlechte<br />
Arbeitsbedingungen)<br />
‐ Fehlende Barrierefreiheit<br />
Mangelende Identifikation von Bedürfnissen, fehlende<br />
Nachteilsausgleiche, unspezifischer Einsatz von positiven Maßnahmen
Wo kann angesetzt werden?<br />
‣ Betriebliche (§ 13 AGG) und außerbetriebliche (unabhängige)<br />
Beschwerde- und Beratungsstellen ausbauen, bekannt machen,<br />
vernetzen, fortbilden und besser ausstatten<br />
‣ Verbandsklage für ADS und Verbände<br />
‣ Antidiskr<strong>im</strong>inierungs- u. Diversity-Strategien auf Führungs- und<br />
Mitarbeiter_innenebene verankern (Bekenntnis, Leitbild, Engagement,<br />
Betriebsvereinbarung, Fortbildung, Kodizes)<br />
‣ Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen traditionelle<br />
Rollenverständnisse und (unbewusste und bewusste) Stereotype<br />
aufzulösen Empowerment u. Information über Rechte
Wo kann angesetzt werden?<br />
‣ Barrieren be<strong>im</strong> Aufstieg identifizieren Diversityorientierte<br />
Unterstützung (Weiterbildung, Mentoring, Förderung betrieblicher<br />
Netzwerke, verbindliche Quoten)<br />
‣ Transparenz bei Aufstieg u. Weiterbildung Indikatoren<br />
geschlechtsneutrale u. diskr<strong>im</strong>inierungsfreie Arbeitsbewertung<br />
‣ Durchführung von Diversity-Monitoring als Grundlage für<br />
vorausschauende, demografie- und diversitygerechte sowie<br />
lebensphasenorientierte Personalpolitik<br />
‣ Verstärkte Berücksichtigung spezifischer Bedürfnisse u.a. flexible<br />
Arbeitszeitmodelle, alte(n)rsgerechte und behindertengerechte<br />
Arbeitsplätze
Relevante Dokumente zum Zweiten Bericht auf der Internetseite der<br />
ADS:<br />
(www.antidiskr<strong>im</strong>inierungsstelle.de)<br />
• Zweiten Bericht gemäß § 27 AGG zum Thema <strong>„Diskr<strong>im</strong>inierung</strong> <strong>im</strong><br />
Bildungsbereich und <strong>im</strong> Arbeitsleben“<br />
• Broschüre: „Für Chancengleichheit <strong>im</strong> Bildungsbereich und <strong>im</strong><br />
Arbeitsleben: Beispiele für Gute Praxis“ - Eine Welt der Vielfalt e.V.<br />
Für weitere Informationen und Rückfragen<br />
wenden Sie sich bitte an:<br />
Schlenzka<br />
Referat für Forschung <strong>–</strong> ADS 2<br />
Nathalie.Schlenzka@ads.bund.de