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PDF-Datei - Landeskirchlicher Gemeinschaftsverband in Bayern e.V.

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Thema<br />

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3. E<strong>in</strong>e Kirche für andere wird sich heute auch dem neuen religiösen Fragen öffnen. Sie wird ihm<br />

die Fülle und Weite biblischer Spiritualität zu erschließen versuchen und die religionskritische<br />

Schärfe des Evangeliums nicht verleugnen. Sie wird sich vor der trügerischen Hoffnung hüten,<br />

das festgefahrene Schiff der Kirche auf der Woge von Religiosität wieder flott zu bekommen.<br />

Sie wird sich nicht auf den religiösen Markt konzentrieren oder gar e<strong>in</strong>grenzen. Sie wird vielmehr<br />

den Konfessionslosen, „Gewohnheitsatheisten“ und Säkularhumanisten voll zugewandt<br />

se<strong>in</strong>, um ihnen deutlich zu machen, dass Gott die Gottvergessenen ke<strong>in</strong>eswegs vergessen hat,<br />

sondern ihnen näher ist, als sie denken. So wird sie auf dem Weg Dietrich Bonhoeffers weitergehen,<br />

der die Kirche aus der Engführung auf den religiösen Menschen herausführen wollte <strong>in</strong><br />

die Offenheit für den ganzen Menschen <strong>in</strong> den Herausforderungen der modernen Welt.<br />

4. E<strong>in</strong>e Kirche für andere wird die neue Bürgerlichkeit aus Ost und West begrüßen, die <strong>in</strong> zahlreichen<br />

Geme<strong>in</strong>den durch aktive Beteiligung, Gesprächsfähigkeit, kulturelle Kompetenz und<br />

ehrenamtliche Mitarbeit das Geme<strong>in</strong>deleben bereichert. Zugleich aber müssen die Geme<strong>in</strong>den<br />

sensibel werden für die dadurch entstehende Milieuverengung auf die Mittelschicht und die<br />

Ausgrenzung anderer Schichten und Milieus, wie z.B. der Arbeitslosen und der Jugendkulturen.<br />

Wie lassen sich über diakonische Betreuungsstrukturen h<strong>in</strong>aus Partizipationsformen „auf Augenhöhe“<br />

entwickeln? E<strong>in</strong>e Kirche für andere heute müsste der Gesellschaft das Beispiel e<strong>in</strong>er<br />

gel<strong>in</strong>genden Pluralität aus dem Geist Gottes geben.<br />

5. Kirche für andere muss <strong>in</strong> der Gesellschaft bei den Menschen präsent se<strong>in</strong>. Die <strong>in</strong>stitutionalisierte<br />

Präsenz der Kirche <strong>in</strong> den Lebensbereichen der Gesellschaft ist nicht mehr, aber auch<br />

nicht weniger als „Wegbereitung“ für die aktuelle geistesgegenwärtige Präsenz der Evangeliumszeugen<br />

bei den Menschen - im Alltag, <strong>in</strong> Notsituationen und Brennpunkten gesellschaftlichpolitischen<br />

Lebens.<br />

6. E<strong>in</strong>e Kirche für andere ist <strong>in</strong> den heutigen multikulturellen und multireligiösen Gesellschaften<br />

besonders an die gewiesen, die „andere“ im emphatischen S<strong>in</strong>n des Wortes s<strong>in</strong>d: Ausländer,<br />

Fremde, Andersglaubende, Anderslebende. „Die E<strong>in</strong>beziehung des anderen“, so hat J. Habermas<br />

se<strong>in</strong>e Aufsätze zur politischen Theorie überschrieben, weil diese E<strong>in</strong>beziehung nach dem Ende<br />

der homogenen Gesellschaften und im Zeitalter globaler Migration e<strong>in</strong>e elementare Aufgabe<br />

des Zusammenlebens ist. Die E<strong>in</strong>beziehung des anderen aber gehört zum Urgeste<strong>in</strong> christlicher<br />

Tradition: im Wort und Tun Jesu, im Überschritt der Urgeme<strong>in</strong>de von den Juden zu den Heiden.<br />

So hat die Kirche für andere hier ihr ureigenstes aktuelles Arbeits- und Bewährungsfeld. Dabei<br />

wird das Zusammenleben mit Menschen anderer Religionen Christen und Kirchen <strong>in</strong> tiefe Wandlungsprozesse<br />

des Glaubens und der Frömmigkeit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>führen. Wie und auf welchen Wegen<br />

Christus heute dazu befreit, gilt es aufmerksam und <strong>in</strong> Vertrauen zu erkunden.<br />

7. E<strong>in</strong>e Kirche für andere steht <strong>in</strong> den wachsenden sozialen Konflikten der Welt und des eigenen<br />

Landes unter der „vorrangigen Verpflichtung für die Armen“. Diese Verpflichtung stelle ich an<br />

den Schluss, nicht weil sie letztrangig wäre, sondern weil ihr übergroßes Gewicht die anderen<br />

vorgenannten Herausforderungen e<strong>in</strong>er Kirche für andere nicht erdrücken soll. Diese Verpflichtung<br />

reicht von e<strong>in</strong>er Kritik des gegenwärtigen Weltwirtschaftssystems und der Arbeit an Alternativen,<br />

über politische Parte<strong>in</strong>ahmen im eigenen Land und solidarische Aktionen bis zum<br />

persönlichen Lebensstil und dem Umgang mit dem Eigentum. Sie ist die ständige Beunruhigung<br />

von uns Reichen und unserer Kirche.<br />

8. E<strong>in</strong>e Kirche für andere steht <strong>in</strong> der Verantwortung für die Lebenswelt kommender Generationen.<br />

Was wir seit 40 Jahren wissen - die drohende Klimakatastrophe - drängt uns jetzt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

schmalen „Zeitfenster“ zu tiefgreifenden Veränderungen, die über technische Innovationen h<strong>in</strong>ausgehen.<br />

Sie reichen an das heran, was die biblischen Traditionen „Umkehr“ nennen. E<strong>in</strong>e<br />

Kirche des Evangeliums hätte uns Menschen heute zu helfen, mit unserer Weltsituation im<br />

Denken, Fühlen und Handeln gleichzeitig zu werden und den Mut und die Hoffnung zu fassen,<br />

die zur Umkehr helfen.<br />

E<strong>in</strong>e Kirche für andere ist ke<strong>in</strong>e Kirche von Eliten und Aktivisten. Sie lebt hörend, betend und feiernd<br />

davon, dass er für uns andere da ist; sie lebt aus dem wechselseitigen Füre<strong>in</strong>anderdase<strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de<br />

und <strong>in</strong> der entlastenden Arbeitsteilung ihrer Glieder; sie lebt <strong>in</strong> all ihren Kümmerlichkeiten<br />

mit allen andern von der Vergebung.<br />

He<strong>in</strong>o Falcke, Erfurt im Juni 2007<br />

geb. 1929 <strong>in</strong> Riesenburg (Westpreußen), e<strong>in</strong>er der wichtigsten Theologen <strong>in</strong><br />

Ostdeutschland mit dem Schwerpunkten Freiheit, Frieden und Bewahrung der<br />

Schöpfung. Seit 1994 ist der langjährige Erfurter Propst im Ruhestand und lebt<br />

<strong>in</strong> der thür<strong>in</strong>gischen Landeshauptstadt.<br />

„Frühstücks-Treffen für Frauen“ <strong>in</strong> der Justizvollzugsanstalt<br />

Die 400 Gäste e<strong>in</strong>es anregenden Frühstücks-<br />

Treffen für Frauen <strong>in</strong> Würzburg (FFF) machten<br />

sich auf den Heimweg. E<strong>in</strong>e Besucher<strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong>te: „So e<strong>in</strong>en Vortrag müsste es <strong>in</strong> der<br />

Justizvollzugsanstalt (JVA) geben!“ Sie war<br />

ehrenamtliche Mitarbeiter<strong>in</strong> <strong>in</strong> der JVA. Sie war<br />

Die ehrenamtlichen Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter des<br />

Frühstückstreffens für Frauen (Renate Engel 3.v.l., vorn)<br />

es auch, die der Referent<strong>in</strong> und der Vorsitzenden<br />

des FFF mit e<strong>in</strong>igen Mitarbeiter<strong>in</strong>nen die<br />

Besuchserlaubnis des JVA-Direktors erwirkte. So<br />

startete 2009 das Projekt „FFF <strong>in</strong> der JVA“. Es<br />

ließen sich 50 „Gäste“ e<strong>in</strong>laden zu dem Thema:<br />

„Du bist mehr wert als Du denkst“. Bei vielen<br />

verwandelte sich Skepsis <strong>in</strong> Hoffnung.<br />

Rührung kam auf. Mehr noch. Der Zuspruch,<br />

dass die Liebe Gottes Schuld<br />

und Sünde durch den Glauben an Jesus<br />

vergibt, stiftete Zuversicht.<br />

Inzwischen gibt es e<strong>in</strong>en wöchentlichen<br />

Gesprächskreis über Lebens- und<br />

Glaubensfragen bei Kaffee und Kuchen.<br />

E<strong>in</strong>mal im Jahr gibt es e<strong>in</strong> FFF<br />

<strong>in</strong> der JVA. Darüber h<strong>in</strong>aus erlaubt<br />

man uns auf Wunsch e<strong>in</strong>er Insass<strong>in</strong><br />

auch E<strong>in</strong>zelbetreuung. Manche Frau<br />

wünscht nach der Entlassung weiteren<br />

Kontakt mit uns. Im Raum Würzburg<br />

versuchen wir das zu ermöglichen. Bei<br />

auswärtigem Wohnsitz vermitteln wir<br />

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