Rundbrief 23 - 1. Halbjahr 2014 - Hospizkreis Minden e.V.
Rundbrief 23 - 1. Halbjahr 2014 - Hospizkreis Minden e.V.
Rundbrief 23 - 1. Halbjahr 2014 - Hospizkreis Minden e.V.
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wir<br />
wir<br />
Pilgern für Trauernde<br />
Aus der Sicht einer Begleiterin<br />
P<br />
ilgern bedeutet für mich, auf einem Weg in der Landschaft<br />
den Weg in meine innere Mitte zu gehen. In diesem Sinne bin<br />
ich schon einige Pilgerwege gegangen, oft als Pilgerbegleiterin,<br />
so auch an diesem Tag. Pilgerbegleiter zu sein, bedeutet<br />
unter anderem, entweder vorn an der Spitze oder am Ende der<br />
Gruppe zu gehen. Eine Gruppe trauernder Menschen zu begleiten,<br />
war neu für mich. So gaben neben Gesängen nur sehr<br />
kurze Texte als Impulse und mehrere Schweigephasen dem<br />
Tag die Struktur.<br />
Der Weg führte bei klarem Wetter und kaltem Wind vom Bahnhof<br />
Bückeburg durch die Stadt, über Kleinenbremen hinauf<br />
auf die Wülpker Egge, weiter durch den Bergwald vorbei am<br />
Nammer Kopf, dem Königsberg und dem Jakobsberg auf den<br />
Kammwegen hinunter nach Hausberge. Von dort brachten uns<br />
Taxis zum carpe diem in <strong>Minden</strong> zum Abschluss bei Kaffee und<br />
Kuchen.<br />
Die Strecke mit zum Teil steilen Anstiegen forderte von den<br />
Teilnehmern alle Kraft und brachte einige an den Rand ihrer<br />
Kräfte. Als Hilfe und individuelle Begleitung dabei nötig wurden,<br />
erwies sich die Gruppe als sehr aufmerksam und hilfsbereit.<br />
Niemand, dem das Schritthalten Probleme bereitete, blieb<br />
allein damit. Stets waren Helfer zur Seite. So zeigte sich, dass<br />
die Menschen, die sich zu Beginn überwiegend fremd waren,<br />
in kurzer Zeit zu einer Weggemeinschaft geworden waren. Aus<br />
meiner begleitenden Position konnte ich die Gruppe gut wahrnehmen:<br />
lebhafte Gespräche vieler miteinander hörte ich, sah<br />
aber auch Teilnehmer, die still für sich in der Gruppe gingen<br />
– alles war möglich.<br />
Die Rückmeldungen der Teilnehmer am Ende des Tages machen<br />
Mut zu weiteren Angeboten dieser Art. Besonders die<br />
Schweigephasen wurden oft als besonders hilfreich genannt,<br />
weil sie es ermöglichten, ganz bei sich zu sein. Und auch der<br />
Wunsch, bei so etwas wieder mitzumachen, wurde häufig geäußert.<br />
Ein paar Beispiele: „… ich will so etwas wieder machen.“<br />
– „Es war gut, hilfreich, aber sehr anstrengend.“ – „In der Gruppe<br />
habe ich mich wohl gefühlt.“ – „Ich habe zum ersten mal<br />
wieder allein etwas unternommen, ohne meinen Mann und<br />
ohne meine Kinder. Und es war gut.“<br />
Von Hilde Lempke, ehrenamtliche Mitarbeiterin<br />
©Foto: J. Benning<br />
Interview mit Dr.<br />
phil. Kerstin Volland<br />
K<br />
erstin Volland ist 1973 in Herford geboren. Sie hat an der<br />
Universität Bielefeld Philosophie studiert und über Zeitphilosophie<br />
und Filmästhetik promoviert. Seit 2011 arbeitet sie als<br />
Koordinatorin in der Hospizbewegung Herford e. V. und seit<br />
dem 27. September sind ihre Bilder in den Büroräumen des<br />
<strong>Hospizkreis</strong>es <strong>Minden</strong> e. V. ausgestellt.<br />
Elvira Gahr: Kerstin, du hast ja in Bielefeld Philosophie studiert,<br />
arbeitest in Herford in einem ambulanten Hospizdienst<br />
und beschäftigst dich mit Kunst. Welchen Stellenwert hat die<br />
Kunst in deinem Leben?<br />
©Foto: Bei der Autorin<br />
Kerstin Volland: Die Kunst gibt mir Halt. Kunst ist mein absoluter<br />
Entlastungsraum. Ich vergesse Belastungen des Lebens,<br />
aber auch die Zeit, Kunst ist ein „Zeitvergessen“. Inzwischen<br />
habe ich beim Malen auch keine Konzepte mehr im Kopf, wie<br />
das fertige Bild aussehen soll. Das Bild entsteht von selbst<br />
beim Malen – Malen ist ein Fühlen, ein Hineinfühlen und ein<br />
6 hospizkreis minden rundbrief 01|<strong>2014</strong>