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Rundbrief 23 - 1. Halbjahr 2014 - Hospizkreis Minden e.V.

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Menschen<br />

Menschen<br />

Trauer um<br />

meine Mutter<br />

Ein Erfahrungsbericht<br />

Von Anne Gresförder, Teilnehmerin<br />

der Gruppe „Trauernde Angehörige“<br />

©Foto: komm-meyer.com<br />

N<br />

ach dem Tod meiner Mutter im Februar letzten Jahres war<br />

ich wie in mir gefangen. Mein Mann war zu der Zeit durch einen<br />

Schlaganfall angeschlagen und überhaupt nicht belastbar.<br />

Ich wollte also stark sein und wusste nicht, wohin mit meinem<br />

Schmerz. Ich war es auch überhaupt nicht gewohnt, nach außen<br />

zu gehen und mir Hilfe zu holen. Wenn niemand meinen<br />

Schmerz sah, dann hatte ich wohl auch keinen Grund zu klagen!<br />

Körperlich litt ich jedoch starke Schmerzen, gegen die<br />

kein Medikament richtig half. Dann sah ich in der Zeitung den<br />

Hinweis auf das Trauercafé vom <strong>Hospizkreis</strong>, fasste mir ein<br />

Herz und ging hin.<br />

Wow, von den vielen Menschen war ich vollkommen überfordert!<br />

Wurde aber sehr liebevoll angesprochen und mit einer<br />

Engelskarte beschenkt. Zum Glück tauchte Helmut Dörmann<br />

im Café auf und ich erfuhr von der Gruppe „Trauernde Angehörige“.<br />

Das war meine ersehnte Hoffnung!<br />

Trotzdem machte ich mich wie mit angezogener Handbremse<br />

auf den Weg. Nun ging es zur Sache!<br />

Wie schön war es da, die anderen Teilnehmer lachen zu hören,<br />

in einen schön hergerichteten Raum geführt und mit warmem<br />

Tee versorgt zu werden.<br />

In der Mitte des Stuhlkreises Blumen, eine Kerze und ein Redestein.<br />

Das war mir sehr sympathisch, weil ich wusste, keiner<br />

redet durcheinander und es wird wirklich zugehört. Helmut<br />

begann mit der Körpermeditation und ich hatte sofort Zugang<br />

zu meinen Trauergefühlen!<br />

Ich kann wirklich sagen, dass ich von Monat zu Monat mehr<br />

mit meiner Trauer in Berührung kam und sie Stück für Stück<br />

fühlen und abarbeiten konnte. Ich durfte weinen, mich beklagen,<br />

jammern, verzweifelt sein. Meine Schuldgefühle äußern<br />

(wir setzten den Willen meiner Mutter, alle lebensverlängernden<br />

Maßnahmen abzustellen, um), meine kindliche Sehnsucht<br />

nach Mama rauslassen! Und: ich wurde verstanden, getröstet,<br />

konnte schwach und hilflos sein. Es ging den anderen<br />

wie mir! Ich sah mitfühlende Gesichter, tränende Augen. Ich<br />

fiel mit meiner schwarzen Trauerkleidung nicht unangenehm<br />

auf, ich durfte nach Klageweibern verlangen und musste mich<br />

in keinem Augenblick für meine Gefühle schämen oder mich<br />

zusammenreißen.<br />

Doch: wir haben auch zusammen geschwiegen, gelacht, uns<br />

an den Fortschritten eines jeden gefreut und uns daran aufgerichtet.<br />

Und wenn dieser dann beim nächsten Mal wieder mutlos<br />

war und sich fragte: „Hört das denn nie auf?“, war wieder<br />

einer da, der uns zeigte: Es kommen bessere Tage!<br />

Ja, und Helmut brachte mit seinen kurzen Einstiegsgedichten<br />

Nachdenkliches in die Runde und viele Impulse zum Weiterbeschäftigen.<br />

Er achtete sehr darauf, dass wir die Lichtstrahlen<br />

nicht übersehen, die in unseren Beiträgen durchblitzten. Er<br />

erklärte die Phasen der Trauer und bestätigte mir damit, dass<br />

ich ganz normal reagiere und mich auf dem Weg zur Heilung<br />

befinde.<br />

Heute erlaube ich mir die Trauer, wenn sie sich zeigt. Ich habe<br />

den Mut dazu und freue mich über die „Grüße“ meiner Mutter,<br />

die ich in bestimmten Situationen wirklich wahrnehme!<br />

(Schwarz trage ich übrigens auch nicht mehr ausschließlich!)<br />

Es war für mich ein Segen, dass ich in der Gruppe einen Ort<br />

hatte, an dem meine Trauer Platz fand, an dem ich sie zeigen<br />

und bearbeiten durfte. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar!<br />

24 hospizkreis minden rundbrief 01|<strong>2014</strong>

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