27.02.2014 Aufrufe

PDF Download - WSL

PDF Download - WSL

PDF Download - WSL

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Heft 6, 2013<br />

<strong>WSL</strong> Berichte<br />

ISSN 2296-3448<br />

FORUM<br />

für Wissen<br />

2013<br />

Bodenschutz im Wald:<br />

Ziele – Konflikte – Umsetzung<br />

Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft <strong>WSL</strong><br />

CH-8903 Birmensdorf


Heft 6, 2013<br />

<strong>WSL</strong> Berichte<br />

ISSN 2296-3448<br />

FORUM<br />

für Wissen<br />

2013<br />

Bodenschutz im Wald:<br />

Ziele – Konflikte – Umsetzung<br />

Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft <strong>WSL</strong><br />

CH-8903 Birmensdorf


2 Forum für Wissen 2013<br />

Das Forum für Wissen ist eine Veranstaltung, die von der Eidg. Forschungsanstalt<br />

für Wald, Schnee und Landschaft <strong>WSL</strong> durchgeführt wird. Aktuelle Themen aus<br />

den Arbeitsgebieten der Forschungsanstalt werden vorgestellt und diskutiert. Neben<br />

Referenten von der <strong>WSL</strong> können auswärtige Fachleute beigezogen werden.<br />

Gleichzeitig zu jeder Veranstaltung «Forum für Wissen» erscheint eine auf das<br />

Thema bezogene Publikation in der Reihe <strong>WSL</strong> Berichte.<br />

Verantwortlich für die Herausgabe der Schriftenreihe<br />

Prof. Dr. Konrad Steffen, Direktor <strong>WSL</strong><br />

Verantwortlich für dieses Heft<br />

Dr. Ivano Brunner, Leiter Forschungseinheit Boden-Wissenschaften<br />

Dr. Peter Lüscher, Senior Consultant<br />

Schriftleitung<br />

Sandra Gurzeler<br />

Wir danken folgenden Personen, welche sich als Reviewer zur Verfügung stellten,<br />

für die kritische Durchsicht der Beiträge und die hilfreichen Kommentare:<br />

Franz Borer, Ivano Brunner, Beat Frey, Fritz Frutig, Elisabeth Graf-Pannatier,<br />

Benjamin Lange, Reinhard Lässig, Felix Lüscher, Peter Lüscher, Jörg Luster,<br />

Christine Meyer, Martin Moritzi, Patrick Schleppi, Massimiliano Schwarz, Christoph<br />

Sperisen, Manfred Stähli, Oliver Thees, Peter Waldner, Martin Ziesak und<br />

Stephan Zimmermann<br />

Zitierung<br />

Eidgenössische Forschungsanstalt <strong>WSL</strong> (Hrsg.) 2013: Forum für Wissen 2013.<br />

Bodenschutz im Wald: Ziele – Konflikte – Umsetzung. <strong>WSL</strong> Ber. 6: 116 S.<br />

Layout<br />

Jacqueline Annen, <strong>WSL</strong><br />

Sandra Gurzeler, <strong>WSL</strong><br />

Druck<br />

Rüegg Media AG, Aesch ZH<br />

PERFORMANCE<br />

neutral<br />

Drucksache<br />

01-13-307354<br />

myclimate.org<br />

Bezugsadresse<br />

<strong>WSL</strong> Shop<br />

Zürcherstrasse 111<br />

CH-8903 Birmensdorf<br />

http://www.wsl.ch/eshop/<br />

ISSN 2296-3448<br />

© Eidgenössische Forschungsanstalt <strong>WSL</strong><br />

Birmensdorf 2013


Forum für Wissen 2013 3<br />

Vorwort<br />

Gesunde Böden sind für die Erhaltung einer alles umfassenden Nachhaltigkeit im<br />

Wald eine grundlegende Voraussetzung. Naturbelassene Böden stellen ein System<br />

mit erstaunlich grosser Selbsterhaltungskraft dar und gewährleisten umfassend<br />

die Erfüllung aller Waldfunktionen. Böden sind aber auch eine nicht erneuerbare<br />

Ressource. Es ist daher wichtig, dass Waldböden in ihrer Fruchtbarkeit weder<br />

durch Stoffeinträge noch durch die Waldbewirtschaftung mit entsprechenden physikalischen<br />

Einwirkungen beeinträchtigt werden.<br />

Das Forum für Wissen behandelt verschiedene Bodenschutzthemen anhand aktueller<br />

Beispiele und zeigt Interessenskonflikte sowie Vorschläge zu deren Lösung<br />

auf: Inwieweit lassen sich die Zielvorgaben des Umweltschutz- und des Waldgesetzes<br />

erreichen? Welche Auswirkungen haben die Massnahmen des Bodenschutzes<br />

auf die Biodiversität im Boden? Welche Lösungsansätze werden für das Spannungsfeld<br />

zwischen Ökologie und Ökonomie verfolgt?<br />

Referierende aus Forschung und Praxis präsentieren den aktuellen Stand des<br />

Wissens und zeigen aus Sicht der Bodenschutzpraxis Wege für erfolgversprechende<br />

Massnahmen und Entwicklungen auf.<br />

Der Tagungsband richtet sich an Fachleute aus dem Forstdienst und dem Bodenschutz<br />

sowie aus Verwaltung und Wissenschaft. Er soll – ausgehend von der<br />

heutigen Situation – allen beteiligten Stellen aufzeigen, wie sich der Bodenschutz<br />

im Wald weiter verbessern lässt.<br />

Wir danken allen Autoren und Autorinnen für ihre Beiträge. Wir möchten gemeinsam<br />

mit unseren Partnern das zusammengetragene Wissen künftig weiterentwickeln<br />

und vertiefen sowie die eingeschlagene Umsetzung fortführen. Damit<br />

schaffen wir die nötigen Voraussetzungen für eine nachhaltige Bodennutzung.<br />

Folgenden Personen sei an dieser Stelle herzlich für ihr Engagement bei den Tagungsvorbereitungen<br />

und -durchführung gedankt:<br />

Ivano Brunner, Beat Frey, Frank Hagedorn, Jörg Luster, Stephan Zimmermann<br />

Organisation und Sekretariat: Sandra Gurzeler, Martin Moritzi, Susanne Senn-<br />

Raschle<br />

Birmensdorf, im November 2013<br />

Konrad Steffen, Direktor <strong>WSL</strong><br />

Peter Lüscher, Tagungsleiter


Forum für Wissen 2013 5<br />

Inhalt<br />

Seite<br />

Vorwort 3<br />

Nur wer den Boden kennt, kann ihn schützen und nachhaltig nutzen. 7<br />

Gedanken zur «Mechanischen Belastung von Waldböden»<br />

Peter Lüscher<br />

Bodenschutz in Europa 17<br />

Winfried E.H. Blum<br />

Protection du sol dans les forêts Suisse 21<br />

Jean-Pierre Clément<br />

Bodenschutz im Wald – Beitrag der Waldpolitik 2020 des Bundes 23<br />

Sabine Augustin und Silvio Schmid<br />

Umsetzung des Bodenschutzes im Aargauer Wald 29<br />

Alain Morier<br />

Ökonomische Überlegungen zum physikalischen Bodenschutz im Wald 31<br />

Oliver Thees und Roland Olschewski<br />

Bodenverdichtung und Bodenstruktur 45<br />

Rainer Schulin, Christine Meyer und Peter Lüscher<br />

Sind Waldbodenfunktionen nachhaltig gewährleistet? 47<br />

Beispiel Säurepufferung<br />

Stephan Zimmermann und Jörg Luster<br />

Werden im Boden gespeicherte Metalle durch Umweltveränderungen 55<br />

freigesetzt?<br />

Wolfgang Wilcke, Moritz Bigalke und Adrien Mestrot<br />

Biodiversität von Waldböden – Auswirkungen des Einsatzes 61<br />

von Holzerntemaschinen auf mikrobielle Gemeinschaften<br />

Beat Frey und Martin Hartmann<br />

Bodenbiologie im Referenzmessnetz der Nationalen Bodenbeobachtung 71<br />

NABO<br />

Anna-Sofia Hug, Andreas Gubler, Franco Widmer, Beat Frey,<br />

Hansruedi Oberholzer, Peter Schwab und Reto Meuli<br />

Baumwurzeln und Infiltration 83<br />

Benjamin Lange, Peter Lüscher, Peter Germann und Axel Bronstert<br />

Die Bedeutung der Waldböden für Wassermenge und -qualität 91<br />

in Einzugsgebieten<br />

Karl-Heinz Feger, Raphael Benning und Andreas Wahren<br />

Umsetzung des Bodenschutzes im Aargauer Wald 99<br />

Andreas Freuler<br />

Bodeninformationen für die Waldwirtschaft im Kanton Solothurn 103<br />

Gaby von Rohr, Stephan Margreth und Christine Hauert<br />

Hochwasserschutzwald Gantrisch: der Weg zur quantitativen Methode 107<br />

für die Praxis<br />

Massimiliano Schwarz, Lukas Dämpfle, Peter Lüscher, Philipp Mösch<br />

und Jean-Jacques Thormann


Forum für Wissen 2013: 7–16 7<br />

Nur wer den Boden kennt, kann ihn schützen und<br />

nachhaltig nutzen<br />

Gedanken zur «Mechanischen Belastung von Waldböden»<br />

Peter Lüscher<br />

<strong>WSL</strong> Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf,<br />

peter.luescher@wsl.ch<br />

Ökologische Erkenntnisse, ökonomisches Handeln, technische Weiterentwicklungen<br />

und gesellschaftliche Ansprüche an den Wald beziehungsweise die Waldwirtschaft<br />

erfordern grundsätzliche Überlegungen hinsichtlich künftiger Konzepte<br />

für eine nachhaltige Bodennutzung. Mit der «Waldpolitik 2020» wurden für den<br />

Bodenschutz Rahmenbedingungen gesetzt, die mit den Zielgrössen und Indikatoren<br />

– entwickelt im Projekt «Physikalischer Bodenschutz im Wald» – übereinstimmen<br />

und den Schutz des Bodens vor irreversiblen Veränderungen sicherstellen.<br />

Diese Vorgaben sollen langfristige Beeinträchtigungen des Bodens vermeiden<br />

beziehungsweise minimieren. Sie haben verbindlichen Charakter hinsichtlich<br />

Umsetzung und Vollzug in den Kantonen. Bodenkundliche Grundkenntnisse sind<br />

dabei unerlässlich, um die nachhaltige Nutzung der Waldböden zu gewährleisten.<br />

Nicht zuletzt sind sie eine wichtige Voraussetzung für die einheitliche Kommunikation<br />

der Schutzanliegen zwischen allen Beteiligten.<br />

VBBo 1998), aber auch in der Waldgesetzgebung<br />

gefordert – zu erkennen,<br />

zu bewerten und durch Umsetzung<br />

bodenkundlicher Kenntnisse soweit als<br />

möglich zu verhindern bzw. zu minimieren<br />

(Lüscher et. al. 2009a) um<br />

damit eine nachhaltige Bodennutzung<br />

sicherzustellen. Eine wichtige Voraussetzung<br />

ist dabei, dass alle am Prozess<br />

beteilgten Akteure begrifflich eine<br />

gemeinsame Sprache finden.<br />

1 Einleitung<br />

Das Befahren von natürlich gelagerten<br />

Waldböden mit Forstmaschinen<br />

kann auf einem Grossteil der Böden<br />

im Schweizer Wald im Bereich der<br />

Fahrspuren tiefgreifende und zum Teil<br />

lang anhaltende oder gar irreversivle<br />

Bodenveränderungen verursachen,<br />

die wichtige Bodenfunktionen beeinträchtigen.<br />

Sind Porenvolumen und<br />

Porenvernetzung beeinträchtigt, ist die<br />

Transportleistung des Bodens für Wasser<br />

und Luft eingeschränkt. Die Versorgung<br />

der Wurzeln mit Wasser und Luft<br />

ist aber eine unabdingbare Voraussetzung<br />

für die Fruchtbarkeit von Waldböden<br />

und für das Wachstum der darauf<br />

stockenden Bestände. Durch starke<br />

Bodenverdichtungen werden nicht<br />

nur im Keimbeet die Voraussetzungen<br />

für die Naturverjüngung drastisch verschlechtert,<br />

auch das Wurzelwachstum<br />

wird bis in beträchtliche Bodentiefen<br />

nachhaltig gestört. Dies lässt sich mit<br />

dem Begriff der «langfristigen Beeinträchtigung<br />

der Bodenfruchtbarkeit<br />

nach physikalischer Belastung» treffend<br />

beschreiben und auch quantifizieren.<br />

Mit dem Projekt «Physikalischer<br />

Bodenschutz im Wald» ist das in den<br />

vergangenen Jahre weitgehend erreicht<br />

worden. Für die Umsetzung der Vorgaben<br />

sind bodenkundliche Grundkenntnisse<br />

eine unerlässliche Voraussetzung.<br />

Das gilt für den Oberboden, den<br />

Bodenaufbau, bestimmte Bodenmerkmale<br />

und -eigenschaften, den Bodenwasserhaushalt<br />

und insbesondere die<br />

aktuelle Bodenfeuchte zum Zeitpunkt<br />

des Befahrens spielt eine bedeutende<br />

Rolle. Aus ökologischer und wirtschaftlicher<br />

Sicht ist es daher zentral: Der<br />

Boden muss geschützt werden!<br />

Ziel muss es sein, eine langfristige<br />

Beeinträchtigung der Bodenfruchtbarkeit<br />

durch Bodenverdichtung – wie im<br />

Umweltschutzgesetz (USG 1983 und<br />

D<br />

Driving<br />

forces<br />

2 Rahmenbedingungen zur<br />

Beurteilung der nachhaltigen<br />

Bodennutzung<br />

Zur Beurteilung einer nachhaltigen<br />

Bodennutzung wird auf europäischer<br />

Ebene oft das Indikator-Rahmenprogramm<br />

DPSIR (Abkürzung für Driving<br />

forces, Pressure, State, Impact and<br />

Response nach EEA 1999; vgl. Abb. 1)<br />

verwendet. Damit werden unter anderem<br />

Bodenschutzprobleme erfasst,<br />

deren zeitliche Veränderungen überwacht<br />

sowie die dahinter stehenden<br />

Kräfte, Einflüsse und Aktionen kont-<br />

Vermehrte Nutzung der Ressource Holz durch bodengestützte<br />

Holzernte<br />

P Pressure Auf und in den fruchtbaren Boden wirkende Kräfte<br />

S State Struktur- und Eigenschaftsveränderungen im Boden in<br />

Abhängigkeit von statischen und dynamischen Parametern<br />

I Impact Langfristige Beeinträchtigung der Bodenfruchtbarkeit mit<br />

negativen Folgen für Waldwaschstum und -verjüngung<br />

R Response Massnahmen wie bspw. Ausbildung und Sensibilisierung der<br />

Akteure, Vorgaben zu Holzernteverfahren, zum Einsatz von<br />

Maschinen sowie zur Maschinentechnik<br />

Abb. 1. DPSIR-Modellansatz (EEA 1999) mit konkreter Abstimmung auf die Holzerntemassnahmen.


8 Forum für Wissen 2013<br />

rolliert und gesteuert. Das Modell kann<br />

auch verwendet werden, um Umweltbelastungen<br />

und Umweltschutzmassnahmen<br />

darzustellen. Im Folgenden<br />

wird dieser Ansatz zur Beurteilung der<br />

mechanischen Belastung des Waldbodens<br />

durch die Holzerntemassnahmen<br />

eingesetzt. Die Systembetrachtung soll<br />

visualisieren, wie der Waldboden im<br />

Umfeld von Waldbestand, Waldstandort<br />

bis zur Holznutzung über die Systemgrenzen<br />

hinweg beeinflusst wird.<br />

Im System «Ressourcennutzung<br />

Holz» sind, bezogen auf das Modell<br />

DPSIR (Abb. 2), die Holzernte und der<br />

Maschineneinsatz die treibenden Kräfte<br />

(D). Sie sind Ursache der potenziellen<br />

Belastung (P), die im Boden zu<br />

einer Veränderung (DS) verschiedener<br />

Bodeneigenschaften führt. Die Wirkung<br />

solcher Veränderungen ist besonders<br />

im Hinblick auf eine allfällige<br />

Beeinträchtigung der Bodenfruchtbarkeit<br />

(I) zu beurteilen und zu bewerten.<br />

Zu diesem Zweck verwenden wir für<br />

die konkrete Umsetzung in der Praxis<br />

zuvor klar definierte Spurtypen, die es<br />

erlauben, durch den Maschineneinsatz<br />

entstehende Fahrspuren zu unterscheiden<br />

(Tab. 1). Im Vergleich mit bekannten<br />

Referenzgrössen lassen sich diese<br />

Spurtypen als wirkungsorientiertes<br />

Mass der Bodenveränderung nutzen.<br />

Je nach Grad der Beeinträchtigung<br />

werden entsprechende Massnahmen<br />

Ressourcennutzung Holz<br />

Holzernteverfahren<br />

Waldstandort<br />

Standortfaktoren<br />

Waldbestand<br />

Wachstum Verfüngung<br />

Waldboden<br />

Wurzeln<br />

Abb. 2. Systembetrachtung im Rahmen der DPSIR-Indikatoren.<br />

(R) erforderlich, die rechtzeitig einzuleiten<br />

bzw. umzusetzen sind.<br />

Dieser Modellansatz zeigt einen Weg<br />

für eine direkte Zusammenarbeit zwischen<br />

Wissenschaft, Forstwirtschaft,<br />

Gesellschaft und Politik. Ebenfalls lässt<br />

sich daraus eine thematische Strategie<br />

für den Wissenstransfer ableiten<br />

(Lüscher et al. 2008a und b).<br />

Der Boden steht über die Wurzeln<br />

der Bäume in einer engen Verbindung<br />

mit dem Waldbestand. Ein Waldbestand<br />

setzt sich aus oberirdischen<br />

Teilen (Stamm, Krone) und einem<br />

unterirdischen Teil, dem Wurzelsystem,<br />

zusammen. Das Wurzelwachstum<br />

muss sich, der baumartenspezifischen<br />

Wurzelarchtektur folgend, vom Sämling<br />

bis zum Altbestand ungestört im<br />

Boden entwickeln können und darf<br />

einzig durch natürliche Eigenschaften<br />

beeinflusst werden. Der Oberboden<br />

(Humus) mit seinen typischen Eigenschaften<br />

wird durch den Streueintrag<br />

aus dem Bestand wesentlich beeinflusst.<br />

Die standortsspezifische Humusform<br />

bildet das Keimbeet und den<br />

Wurzelraum für die Verjüngung einer<br />

nächsten Baumgeneration. Umsatzraten<br />

von Stoffen aus Wurzelwachstum<br />

und -erneuerung sind weitere Grössen,<br />

die eine interaktive Verknüpfung<br />

der beiden Systeme bewirken. Unter<br />

dem Einfluss der Standortsfaktoren<br />

ergibt sich als übergeordnete Einheit<br />

D bewirkt ein P und ergibt ΔS, das über Indikatoren und deren Veränderung<br />

festgehalten werden kann. Dabei darf keine langfristige Beeinträchtigung<br />

der Bodenfruchtbarkeit eintreten.<br />

Vollzug mit Vorgaben<br />

z.B. ökologische Standards, Ausbildung, Interventionswerte<br />

D<br />

P<br />

S<br />

I<br />

R<br />

ein Waldstandort. Mittels unterschiedlicher<br />

Ernteverfahren wirken bei der<br />

Holznutzung durch den Maschineneinsatz<br />

Kräfte auf den Boden, die ein<br />

erkennbares Spurbild hinterlassen (vgl.<br />

Kap. 4.2). Dabei erfolgt eine Beeinträchtigung<br />

der Bodeneigenschaften<br />

und allenfalls auch der Bodenfruchtbarkeit.<br />

Ein ökologischer Schaden<br />

liegt vor, wenn die Bodenfruchtbarkeit<br />

langfristig beeinträchtigt wird. Die<br />

gezielte Ausbildung und Sensibilisierung<br />

aller verantwortlichen Akteure<br />

soll zur Minimierung von Bodenschäden<br />

beitragen.<br />

3 Standortskundliche Voraussetzungen<br />

für den Schutz<br />

des Bodens<br />

Der im Umweltschutzgesetz im<br />

Zusammenhang mit der Bodenfruchtbarkeit<br />

weitsichtig erwähnte «Standort»<br />

– hier ein «Waldstandort» – stellt<br />

ein System dar, das «Waldbestand»<br />

und «Boden» über die Standortsfaktoren<br />

mit gegenseitiger Wechselwirkung<br />

verbindet. Dieser Bezug zum Standort<br />

bzw. zu den damit verbundenen bodenkundlichen<br />

Voraussetzungen, wie ihn<br />

der Gesetzgeber vorgibt, ist für eine<br />

nachhaltige Bodennutzung zentral.<br />

So wurden beispielsweise im Merkblatt<br />

für die Praxis Nr. 45 der <strong>WSL</strong><br />

(Lüscher et al. 2009b) die typischen<br />

Humusformen (Abb. 3) und auch<br />

die Vernässungsmerkmale (Abb. 6)<br />

beschrieben und abgebildet. Die<br />

Humusformen erlauben erste Hinweise<br />

auf die Befahrungsempfindlichkeit<br />

der Böden. Vernässungsmerkmale zeigen<br />

eine geringe oder sich verschlechternde<br />

Leitfähigkeit für Wasser und<br />

Luft im Porensystem des Bodens an.<br />

Oxidations- und Reduktionsprozesse<br />

verursachen sichtbare Farbmuster<br />

im Boden. Die Tiefe ihres Auftretens<br />

und ihre Ausprägung geben Hinweise<br />

auf die Durchlüftungssituation bzw.<br />

Vernässung im Wurzelraum und eine<br />

Bewertung erfolgt über den Vernässunggrad<br />

(Walthert et al. 2004).<br />

Die Ursache für das Auftreten<br />

von Vernässungsmerkmalen ist die<br />

gehemmte Wasserdurchlässigkeit bzw.<br />

das Stauwasser. Der Grund für eine<br />

gehemmte Wassersickerung kann im<br />

Bodenaufbau liegen, ist möglicherwei-


Forum für Wissen 2013 9<br />

Tab. 1. Kriterien zur Unterscheidung der drei Spurtypen.<br />

Kriterium Spurtyp 1 Spurtyp 2 Spurtyp 3<br />

Aufbau Oberboden nicht gestört +/– gestört gestört<br />

Spureintiefung *<br />

bleibt in Oberbodenhorizonten<br />

(5 bis max. 10 cm)<br />

bleibt in Oberbodenhorizonten<br />

(meist < 10 cm)<br />

reicht bis in Unterbodenhorizonte<br />

(> 10 cm)<br />

Verformung keine ** Ansätze von seitlichen Auspressungen<br />

des Oberbodens<br />

Farbe (Vernässungsmerkmale)<br />

ausgeprägte seitliche<br />

Aufwölbungen<br />

Vernässungsmerkmale je nach den standörtlichen Voraussetzungen vorhanden<br />

* Hauptkriterium ist, bis in welchen Bodenhorizont die Spureintiefung reicht und nicht die eigentliche Spurtiefe in cm.<br />

** teilweise sind Stollenabdrücke sichtbar<br />

se aber auch – meist bei oberflächennahem<br />

Auftreten – auf das Befahren<br />

mit Holzerntemaschinen zurückzuführen.<br />

Grund- und/oder Hangwassereinflüsse<br />

können ebenso Ursache für<br />

wechselfeuchte bzw. ständig wassergesättigte<br />

Bodenhorizonte sein.<br />

Je nach Bodenaufbau, Bodenmerkmalen<br />

und -eigenschaften ergibt sich<br />

eine unterschiedliche standortspezifische<br />

Beurteilung der Befahrungsempfindlichkeit<br />

eines Bodens (Abb. 4).<br />

Wo Bodenkarten vorhanden sind,<br />

kann – als Planungsgrundlage für den<br />

vorsorglichen physikalischen Bodenschutz<br />

– die Verdichtungsempfindlichkeit<br />

auch in Form von grossmassstäbigen<br />

Karten dargestellt werden (vgl. von<br />

Rohr et al. in diesem Tagungsband).<br />

4 Umsetzung des Bodenschutzes<br />

bedingt<br />

Bodenkenntnisse<br />

4.1 Bodenaufbau und<br />

Bodenwasserhaushalt<br />

Der Bodenaufbau lässt Aussagen über<br />

den Wasserhaushalt eines Bodens zu,<br />

beispielsweise durch Benennung des<br />

Bodentyps. Böden mit einem dichter<br />

gelagerten Horizont sind oft durch<br />

Stauwasser beeinflusst (Pseudogley,<br />

pseudovergleyte Böden). Durch Hangund/oder<br />

Grundwasser beeinflusste<br />

Böden (Gley, vergleyte Böden) weisen<br />

wechselfeuchte Horizonte auf und<br />

haben in unterschiedlicher Tiefe einen<br />

ständig wassergesättigten Horizont.<br />

Dabei ist die Tiefe, in der wassergesättigte<br />

Zustände auftreten sowohl im<br />

Winter als auch im Sommer, in Abhängigkeit<br />

vom Vernässungsgrad, deutlich<br />

unterschiedlich (Abb. 4). Dies zeigt,<br />

dass Vernässungsmerkmale bei der<br />

Beurteilung eines Bodens bezüglich<br />

Befahrungsempfindlichkeit eine zentrale<br />

Grösse darstellen. So weisen Gleye<br />

generell eine «hohe bis extrem hohe»<br />

Befahungsempfindlichkeit auf. Wenn<br />

ausnahmsweise, am ehesten im Sommer,<br />

ein Vernässungsgrad «schwach<br />

grundnass» vorliegt (mit einer gesättigten<br />

Zone unterhalb von einem Meter)<br />

kann von einer lediglich «mittleren»<br />

Befahrungsempfindlichkeit ausgegangen<br />

werden.<br />

L<br />

L<br />

L<br />

Ah<br />

Ah<br />

F<br />

H<br />

F<br />

H<br />

Zur Humusform Mull (L/Ah) gehört eine<br />

grosse biologische Aktivität mit raschem<br />

Streuabbau (meistens zwischen ein und<br />

zwei Jahren) und inniger Vermischung von<br />

Humusstoffen und mineralischer Feinerde.<br />

Solche Oberböden sind allgemein mit Nährstoffen<br />

gut versorgt, locker gelagert und weisen<br />

eine Krümelstruktur auf. Sie sind nach<br />

mechanischer Belastung je nach Abbaumilieu<br />

unterschiedlich regenerationsfähig.<br />

Moder (L/F/[H]/Ah) wird vor allem in<br />

krautarmen Laub- und Nadelwäldern mit<br />

relativ nährstoffarmen Oberböden oder<br />

unter kühlfeuchten Klimaverhältnissen<br />

gebildet (Entwicklungszustand zwischen<br />

Mull und Rohhumus).<br />

Ah<br />

Rohhumus (L/F/H/Ah) ist typisch für extrem<br />

nährstoffarme und meist grobkörnige<br />

Oberböden unter einer Pflanzendecke,<br />

die schwer abbaubare Streu liefert. Dichte,<br />

lichtarme Nadelwälder ohne krautigen<br />

Unterwuchs oder mit Zwergstrauchbewuchs<br />

begünstigen eine Rohhumusbildung<br />

ebenso wie ein kühlfeuchtes Klima. Die<br />

verschiedenen organischen Auflagehorizonte<br />

sind klar unterscheidbar.<br />

Abb. 3. Typische Humusformen im Wald. Um den Waldboden zu schützen, muss sein Aufbau bekannt sein. Die Humusformen geben Hinweise<br />

auf die Befahrungsempfindlichkeit und das Regenerationsvermögen.<br />

L Streuhorizont (weitgehend unzersetzte Vegetationsrückstände); F Fermentationshorizont (teilweise zersetzte, mehrjährige Vegetationsrückstände);<br />

H Humusstoffhorizont (mehrheitlich organische Feinsubstanz); Ah humushaltiger Oberbodenhorizont (dunkel gefärbt).


10 Forum für Wissen 2013<br />

0<br />

Gleye<br />

A - Horizont<br />

0<br />

vergleyte Bodentypen<br />

A - Horizont<br />

20<br />

40<br />

60<br />

80<br />

20<br />

40<br />

60<br />

80<br />

ohne Vernässung<br />

AG-, BG-, CG - Horizont<br />

100<br />

150<br />

Go - Horizont 150<br />

Gr oder Go,r<br />

100<br />

Go,r oder Gr<br />

200<br />

Vernässungsgrad<br />

schwach<br />

grundnass<br />

mässig<br />

grundnass<br />

stark<br />

grundnass<br />

sehr stark<br />

grundnass<br />

sumpfig<br />

200<br />

Vernässungsgrad<br />

keine<br />

Vernässung<br />

schwach<br />

grundnass<br />

mässig<br />

grundnass<br />

stark<br />

grundnass<br />

Befahrungsempfindlichkeit<br />

mittel bis hoch mittel bis hoch bis extrem hoch<br />

extrem hoch<br />

Befahrungsempfindlichkeit<br />

gering bis hoch<br />

hoch bis extrem hoch<br />

0<br />

20<br />

40<br />

60<br />

80<br />

Pseudovergleyung<br />

ohne Vernässung<br />

Bcn-Horizont<br />

AS- , BS- , CS- Horizont<br />

A-Horizont<br />

ES-Horizont<br />

100<br />

150<br />

200<br />

Sw oder Sd<br />

250<br />

300<br />

Vernässungsgrad<br />

keine<br />

Vernässung<br />

sehr schwach<br />

pseudovergleyt<br />

schwach<br />

pseudovergleyt<br />

mässig<br />

pseudovergleyt<br />

stark<br />

pseudovergleyt<br />

Pseudogley<br />

Stagnogley<br />

Befahrungsempfindlichkeit<br />

gering bis mittel mittel mittel bis hoch hoch<br />

hoch bis extrem hoch<br />

Mittlere Tiefe der wassergesättigten Zone im Winter<br />

Mittlere Tiefe der wechselfeuchten Zone im Winter<br />

mit wassergesättigten Phasen<br />

Mittlere Tiefe der wassergesättigten Zone im Sommer<br />

Mittlere Tiefe der wechselfeuchten Zone im Sommer<br />

mit wassergesättigten Phasen<br />

Legende:<br />

Signaturen<br />

Mangankonkretionen<br />

Fahl-Rot-Färbung<br />

Rostflecken<br />

Reduktionsfarben<br />

Horizontbezeichnungen<br />

S Stauwasserhorizont<br />

Sw Stauwasserleitender Horizont<br />

Sd Wasser stauender Horizont<br />

SE Auswaschungshorizont (Nassbleichung)<br />

G<br />

Go<br />

Gr<br />

Grundwasserhorizont<br />

Oxidationshorizont<br />

Reduktionshorizont<br />

Abb. 4. Vernässungsgrad in grund- und stauwasserbeeinflussten Böden mit Bezug zur Befahrungsempfindlichkeit (nach Walthert et al.<br />

2004 ergänzt aus Richard et al. 1983).


Forum für Wissen 2013 11<br />

Bei pseudovergleyten Böden (stauwasserbeeinflusst)<br />

mit Vernässungsgraden<br />

von «sehr schwach bis mässig pseudovergleyt»,<br />

liegt vorwiegend im Sommer<br />

eine «mittlere bis hohe» Befahrungsempfindlichkeit<br />

vor. Der wechselfeuchte<br />

Bereich mit periodischer Wassersättigung<br />

sinkt dabei unter einen Meter<br />

Tiefe.<br />

Normal durchlässige Böden ohne<br />

Vernässungsmerkmale (z. B. Braunerden)<br />

haben in Abhängigkeit von Körnung<br />

und Skelettgehalt einen ausgeglichenen<br />

Wasserhaushalt, der eine<br />

Befahrung innert drei bis fünf Tagen<br />

nach einem Regenereignis zulässt.<br />

Diese Betrachtungen helfen bei der<br />

Planung der Holzernte zur Einschätzung<br />

der Befahrungsempfindlichkeit.<br />

Zum Zeitpunkt einer Befahrung ist<br />

aber immer noch die aktuelle Bodenfeuchte<br />

in Abhängigkeit vom Witterungsverlauf<br />

zu berücksichtigen (vgl.<br />

Kap. 4.4).<br />

4.2 Spurbilder und Oberboden<br />

Für die Spurtypen als Indikatoren zur<br />

Beurteilung der Beeinträchtigung der<br />

Bodenfruchtbarkeit ist die Ansprache<br />

und die Unterscheidung von Ober- und<br />

Unterboden wichtig (Tab. 1). Der Spurtyp<br />

3 wird durch drei Merkmale charakterisiert,<br />

die alle erfüllt sein müssen:<br />

1) Die Spureintiefung reicht bis in den<br />

Unterboden, 2) es sind zusätzlich deutlich<br />

ausgeprägte seitliche Aufwölbungen<br />

(Verformungen) vorhanden und<br />

3) die Spurtiefe beträgt in der Regel<br />

mehr als 10 cm. Das Spurbild und die<br />

damit zusammenhängende Bodenfunktionalität<br />

definieren gemeinsam<br />

den Spurtyp 3. Wo dieser auftritt, ist ein<br />

ökologischer Schaden im Boden sehr<br />

wahrscheinlich, was nach entsprechenden<br />

Massnahmen ruft. Der Spurtyp 3<br />

ist für die praktische Arbeit im Wald<br />

ein einfacher und zugleich deutlich<br />

erkennbarer Indikator für eine starke<br />

Bodenbeeinträchtigung: Bis bessere<br />

Bedingungen herrschen, sind hier die<br />

Holzerntearbeiten umgehend einzustellen.<br />

Je nach dem standortspezifischen<br />

Auftreten der Humusform ergibt sich<br />

für den Oberboden ein unterschiedliches<br />

Bild. Die Mächtigkeit des Oberbodens<br />

ist an der dunkleren Farbe, hervorgerufen<br />

durch den Humusgehalt,<br />

erkennbar. Je höher der Humusgehalt<br />

umso dunkler bis schwärzlich ist in der<br />

Regel die Bodenfarbe. In den standortskundlichen<br />

Grundlagenwerken der<br />

einzelnen Kantone oder im NaiS-Ordner<br />

(Frehner et al. 2005) sind SOLL-<br />

Werte für die Humusformen der einzelnen<br />

Waldstandortstypen aufgeführt.<br />

Damit sind unter idealen, naturnahen<br />

Voraussetzungen die Mächtigkeiten<br />

der Oberböden mittels der Humusform<br />

indirekt definiert. Differenzen zwischen<br />

dem IST-Zustand einer Humusform<br />

und der beobachteten Mächtigkeit<br />

des Oberbodens lassen sich meist<br />

durch waldbauliches Handeln in der<br />

Vergangenheit erklären (Abb. 5).<br />

4.3 Relevante Merkmale für die<br />

Tragfähigkeit des Bodens<br />

Anhand ausgewählter Bodenmerkmale<br />

lässt sich die Tragfähigkeit bzw.<br />

die Verdichtungsempfindlichkeit von<br />

Waldböden ansprechen, abschätzen<br />

und beurteilen. Der Skelettgehalt<br />

(Stein-/Kiesgehalt), die Korngrössenzusammensetzung<br />

(Bodenart),<br />

das Gefüge, der Vernässungsgrad, der<br />

Tab. 2 . Grundsätze zur Bewertung der Befahrungsempfindlichkeit.<br />

Befahrungsempfindlichkeit<br />

(=Verdichtungs- und<br />

Spurbildungsrisiko)<br />

gering<br />

mittel<br />

hoch<br />

minimale Befahrung<br />

Extrem hoch<br />

Keine Befahrung<br />

Bodeneigenschaften<br />

Durchlässigkeit<br />

Skelettgehalt<br />

Bodenart<br />

Vernässung<br />

Vernässungsgrad<br />

Humusgehalt<br />

übermässig durchlässige, skelettreiche,<br />

grobkörnige Böden<br />

keine Vernässung<br />

Normaldurchlässige Böden mit<br />

geringen Skelettgehalten und<br />

sehr unterschiedlichen Korngrössen<br />

Vorsicht: bei Tonverlagerung<br />

wird unter Umständen die<br />

Durchlässigkeit reduziert<br />

Gehemmt durchlässige Böden<br />

Grund-, Hangwasser beeinflusste<br />

Böden<br />

oft feinkörnige Böden<br />

Oberflächennah vernässte<br />

Böden<br />

Bodenaufbau<br />

(Bodenentwicklung,<br />

Bodentypen)<br />

rohe Böden wie: Gesteinsrohböden,<br />

Ranker, Rendzinen,<br />

Regosole<br />

Verwitterungsböden wie:<br />

Braunerden<br />

Parabraunerden<br />

Podsole<br />

staunasse Böden wie: Pseudogleye<br />

und Stagnogleye sowie<br />

Nassböden wie Gleye<br />

Stagnogleye<br />

Torfe, Organische Böden<br />

Bemerkungen<br />

keine besonderen Massnahmen<br />

aktuelle Bodenfeuchte beachten<br />

bei nasser Witterung<br />

Zeitpunkt der Befahrung<br />

bedeutsam:<br />

– Bodenfeuchte messen<br />

– Boden ggf. abtrocknen lassen<br />

Zeitpunkt der Befahrung<br />

besonders bedeutsam:<br />

nach längeren trockenen<br />

Perioden oder bei gut<br />

gefrorenem Boden<br />

möglichst keine Befahrung oder<br />

Beschränkung auf wenige<br />

Fahrlinien<br />

Reisigmatten anlegen


12 Forum für Wissen 2013<br />

organische<br />

Auflage<br />

Bodenoberfläche<br />

Vermischungstiefe<br />

der Mineralerde<br />

mit organischem<br />

Material<br />

cm<br />

12<br />

0<br />

2<br />

4<br />

6<br />

8<br />

10<br />

12<br />

14<br />

16<br />

18<br />

Rohhumus<br />

Moder<br />

8 mehrjährige<br />

Zersetzungsphasen der<br />

Streu<br />

4<br />

Vegetationsrückstände<br />

zunehmende biologische Bodenaktivität<br />

Mull<br />

einjährige<br />

Humusgehalt und vor allem die aktuelle<br />

Bodenfeuchte zum Zeitpunkt des<br />

Befahrens sind dafür die massgeblichen<br />

Kriterien. Die Befahrungsempfindlichkeit<br />

wird von gering über mittel<br />

bis hoch beziehungsweise extrem hoch<br />

(nicht befahrbar) eingestuft (Abb. 4<br />

und Tab. 2). Diese Einteilung erlaubt<br />

es, zu beurteilen, wie tragfähig ein<br />

Boden ist, was vor allem bei der Planung<br />

von Feinerschliessungssystemen<br />

wie auch bei umfassenden Holzerntemassnahmen<br />

sehr wichtig ist. Dieses<br />

Vorgehen wurde im Kapitel 4.1 bereits<br />

kurz erwähnt.<br />

Legende:<br />

festgestellter IST - Zustand<br />

Bereich der standortstypischen Humusform (SOLL - Zustand)<br />

künftige Entwicklungstendenzen<br />

mögliche natürliche Entwicklung<br />

Entwicklung nach erfolgter waldbaulicher Massnahme<br />

Mull > 8–10 cm mächtige Vermischung<br />

Moder < 8 cm mächtige Vermischung<br />

Rohhumus nur einige cm mächtige Vermischung<br />

Abb. 5. Typische Humusformen mit organischer Auflage und Vermischungstiefe der Mineralerde<br />

mit organischem Material.<br />

Messnetze mit laufend aktualisierten Werten zur Bodenfeuchte<br />

Folgende Adressen (Auswahl) sind zur Zeit aktiv und brücksichtigen teilweise<br />

auch Waldstandorte:<br />

– Kt. SO, AG, BL (Nordwestschweiz): www.bodenmessnetz.ch; Abfrage<br />

1.9.2013<br />

Messstationen im Wald sind zur Zeit in Breitenbach (SO), Dulliken (SO)<br />

und Etziken (SO).<br />

– Kt. AI, AR, GL,GR, SG SH TG, ZH, FL (Ostschweiz): 17 Stationen im<br />

Freiland www.bodenfeuchte-ostschweiz.ch; Abfrage 1.9.2013<br />

– Kt. BE: 6 Stationen im Freiland<br />

http://www.vol.be.ch/vol/de/index/landwirtschaft/landwirtschaft/bodenschutz/bodenzustand/messwerte_bodenfeuchte.html;<br />

Abfrage 1.9.2013<br />

– Kt. LU: 6 Stationen im Freiland<br />

http://http://www.umwelt-luzern.ch/index/themen/bodenschutz/messnetz_<br />

bodenfeuchte.htm; Abfrage 17.10.2013<br />

– Kt. UR: http://www.boden-uri.ch; Abfrage 1.9.2013 (1 Station im Freiland)<br />

– <strong>WSL</strong>, LWF: http://www.wsl.ch/info/organisation/fpo/lwf/results/data/swc_<br />

DE, Abfrage 1.9.2013<br />

Wassergehaltsmessungen auf den Stationen (Wald): Bettlachstock (SO),<br />

Vordemwald (AG), Othmarsingen (AG), Schänis (SG), Davos (GR), Celerina<br />

(GR), Beatenberg (BE) und Lausanne (VD)<br />

Skelettgehalt<br />

Zum Skelettgehalt (Stein-/Kiesgehalt)<br />

eines Bodens werden alle mineralischen<br />

Bodenbestandteile mit<br />

einem Durchmesser von mehr als<br />

2 mm gezählt (Kiesel, Steine und Blöcke).<br />

Mit zunehmendem Skelettgehalt<br />

nimmt der Feinerdeanteil und somit<br />

das für die Wurzeln nutzbare Bodenvolumen<br />

ab.<br />

Das Skelett hat eine Stützfunktion<br />

und verleiht dem Boden eine gute<br />

Stabilität gegenüber mechanischen<br />

Belastungen. Ein stark skeletthaltiger<br />

Boden ist beim Befahren mit schweren<br />

Maschinen widerstandsfähiger<br />

gegen Verdichtung als ein Boden mit<br />

geringerem Skelettgehalt. Ab 50 % V<br />

Skelett kann von einem unempfindlichen<br />

Boden und damit von einem sehr<br />

geringen Verdichtungsrisiko ausgegangen<br />

werden.<br />

Bodenart und Gefüge<br />

Die Körnung, auch als Bodenart<br />

bezeichnet, kann zur groben Beurteilung<br />

des Verdichtungsrisikos verwendet<br />

werden. Sie ist Ausdruck der prozentualen<br />

Verteilung von Ton, Schluff<br />

und Sand in der Feinerde. Je feinkörniger<br />

ein Boden ist, desto plastischer und<br />

empfindlicher reagiert er – dies auch in<br />

Abhängigkeit vom Wassergehalt – auf<br />

eine mechanische Belastung.<br />

Tonböden sind im trockenen<br />

Zustand extrem hart und tragfähig.<br />

Mit zunehmender Feuchtigkeit werden<br />

sie plastisch und stärker verformbar,<br />

was ihre Empfindlichkeit gegenüber<br />

mechanischer Belastung erhöht.<br />

Zudem binden Tonböden das Bodenwasser<br />

in den Feinporen sehr stark,<br />

trocknen also langsamer aus und benötigen<br />

nach einem Regen mehr Zeit als


Forum für Wissen 2013 13<br />

andere Böden, bis sie wieder schonend<br />

befahren werden können.<br />

Schluffböden erreichen bei Niederschlägen<br />

den plastischen Bereich<br />

wesentlich früher als Tonböden. Sie<br />

sind deshalb sehr empfindlich und<br />

im zeitlichen Ablauf rasch gefährdet.<br />

Nach einem Starkregen können sie<br />

wegen ihres grossen Anteils an Feinund<br />

Mittelporen kaum vor drei Tagen<br />

bis zu zwei Wochen später schonend<br />

befahren werden.<br />

Reine Sandböden verformen sich<br />

bei Nässe nur wenig, und die Entwässerung<br />

der mehrheitlich groben Poren<br />

erfolgt innerhalb von drei Tagen, so<br />

dass sie nach Niederschlägen rasch<br />

wieder befahrbar sind. Bereits geringe<br />

Schluffanteile können jedoch eine<br />

drastische Erhöhung der Empfindlichkeit<br />

von solchen Böden bewirken.<br />

Das Bodengefüge bildet sich unter<br />

dem Einfluss von Bodenlebewesen<br />

sowie durch chemische und physikalische<br />

Prozesse. Je nach Form und<br />

Anordnung der festen Bodenbestandteile<br />

unterscheidet sich der Zusammenhalt<br />

der Bodenpartikel und damit<br />

die Reaktion auf eine Belastung des<br />

Bodens u.a. durch Forstfahrzeuge. Je<br />

nach Gefügeform besitzt ein Boden<br />

ein unterschiedlich grosses und verzweigtes<br />

Hohlraumsystem. Dieses<br />

ergibt eine für natürlich gewachsene<br />

Böden typische zum Teil lockere Lagerung.<br />

Besonders ausgeprägt ist dies<br />

beim Krümelgefüge in biologisch aktiven<br />

Oberböden, das gegenüber Befahrung<br />

oft empfindlich reagiert, umgekehrt<br />

aber auch regenerationsfähig<br />

ist. Durch das Gefüge werden wichtige<br />

Eigenschaften wie der Wasser-, Luftund<br />

Nährstoffhaushalt sowie die Wasserdurchlässigkeit<br />

beeinflusst.<br />

vom Grundwasser beeinflusst sind<br />

(Gleye) und solchen, die vom Stauwasser<br />

geprägt werden (Pseudogleye). Je<br />

nach Lage der Obergrenze von Reduktionshorizonten<br />

Gr oder Oxidationshorizonten<br />

Go wird zwischen «schwach<br />

grundnassen bis sumpfigen» Gleyen<br />

unterschieden. Von Stauwasser beeinflusste<br />

Böden werden nach der Lage<br />

der Obergrenze des stauwasserführenden<br />

Sw- oder wasserstauenden Sd-<br />

Horizontes beurteilt.<br />

Die Vernässung wird als stark<br />

bezeichnet, wenn Vernässungsmerkmale<br />

im gesamten Wurzelraum vorhanden<br />

sind und als schwach, wenn nur vereinzelt<br />

oder schwach ausgeprägte Vernässungsmerkmale<br />

auftreten. Die Tragfähigkeit<br />

des Bodens nimmt mit zunehmendem<br />

Vernässungsgrad ab (Abb. 4).<br />

Mangankonkretionen<br />

Die kleinen dunkelvioletten bis schwarzen<br />

Flecken kennzeichnen die schwächste Stufe<br />

der Vernässung.<br />

Humusgehalt<br />

Der Humusgehalt bezeichnet den<br />

Gehalt an organischer Substanz in<br />

einem Boden. Er kann in weiten Grenzen<br />

schwanken und variiert je nach<br />

biologischer Bodenaktivität, Bodenaufbau,<br />

Bodenfeuchtigkeit, Pflanzendecke,<br />

Klima und Waldnutzung. Als<br />

Faustregel gilt: je dunkler die Farbe<br />

der Matrix, desto höher der Gehalt an<br />

organischer Substanz.<br />

Das mechanische Verhalten von<br />

Humus ist mit demjenigen von Ton vergleichbar.<br />

Je höher der Humusgehalt,<br />

desto plastischer wird sich der Boden<br />

bei entsprechend höheren Wassergehalten<br />

unter mechanischer Belastung<br />

verhalten. Je höher der Humusgehalt<br />

des Bodens ist (jedoch unterhalb der<br />

Grenze zu anmoorigen Bedingungen),<br />

Marmorierungen/Fahl-Rot-Färbungen<br />

Marmorierungen/Fahl-Rot-Färbungen entstehen<br />

bei einem kleinräumigen Wechsel<br />

von gebleichten und rostfarbigen Zonen,<br />

bedingt durch örtliche Verdichtungen.<br />

Vernässungsmerkmale und<br />

Vernässungsgrad<br />

Zu den Vernässungsmerkmalen gehören<br />

Mangankonkretionen, Fahl-Rot-<br />

Färbungen (Marmorierungen), Rostflecken<br />

in wechselfeuchten Bereichen<br />

und Reduktionsfarben (Abb. 6), entstanden<br />

in Horizonten mit ständiger<br />

Wassersättigung.<br />

Um eine nachvollziehbare und einheitliche<br />

Beurteilung der Vernässung<br />

zu gewährleisten, wird die in Abbildung<br />

4 gezeigte Übersicht der Merkmale<br />

verwendet. Im Schema wird<br />

unterschieden zwischen Böden, die<br />

Rostflecken<br />

Diffuse Rostflecken sind Hinweise von mittelfristigen<br />

Durchlüftungsproblemen.<br />

Reduktionsfarben<br />

Die blaugrauen Reduktionsfarben entstehen<br />

dort, wo ein Bereich des Bodens ständig<br />

wassergesättigte Poren aufweist.<br />

Abb. 6. Die Vernässungsmerkmale zeigen die Durchlüftungssituation im Boden. Die Ursache<br />

der gehemmten Wasserdurchlässigkeit kann befahrungsbedingt sein, kann aber auch im<br />

Unterboden unter natürlichen Bedingungen vorkommen.


14 Forum für Wissen 2013<br />

Die hier aufgeführten Quellen enthalten verschiedene, vertiefte Grundlagen<br />

und Ausführungen zum Thema:<br />

– BAFU Umwelt-Wissen 2014: Physikalischer Bodenschutz im Wald. (in Vorbereitung,<br />

Lüscher et al. 2014)<br />

In diesem Handbuch wird von den gesetzlichen Vorgaben und den bodenkundlichen<br />

Grundlagen ausgegangen. Im Weiteren werden ökologische<br />

und ökonomische Aspekte erläutert bis zu Hinweisen und Anleitungen zur<br />

praktischen Umsetzung des Bodenschutzes.<br />

– Merkblatt für die Praxis Nr. 45, 2010: Das Merkblatt «Physikalischer<br />

Bodenschutz im Wald» fasst in leicht verständlicher Weise die wichtigsten<br />

Hinweise zusammen, mit denen sich die Bodenfruchtbarkeit langfristig<br />

erhalten lässt (Lüscher et al. 2009b).<br />

– Waldböden der Schweiz, 2004 ff: Bände 1–3<br />

In drei Bänden werden 95 ausgewählte Böden morphologisch, physikalisch<br />

und chemisch charakerisiert. Die Daten werden bodengenetisch und<br />

-ökologisch interpretiert. Allfällige ökologische Risiken u.a. Hinweise zur<br />

Verdichtungsgefährdung werden aufgezeigt. Durch Analogieschlüsse zu<br />

den dokumentierten Böden lassen sich Eigenschaften an beliebigen Waldstandorten<br />

abschätzen. Im Grundlagenteil des ersten Bandes werden die<br />

morphologischen Bodenmerkmale z.B. Vernässung, Gefüge, Körnung, etc.<br />

eingehend erläutert (Walthert et al. 2004; Blaser et al. 2005; Zimmermann<br />

et al. 2006).<br />

– Physikalische Eigenschaften von Böden der Schweiz (Lokalformen), 1978ff<br />

Sammlung von 23 Profilen (Lokalformen) mit bodenphysikalischen Daten<br />

u.a. Desorptionskurven (Zusammenhang zwischen der Sauspannung und<br />

dem Wassergehalt bei einem Austrocknungsvorgang), z.T. mit Sauspannungsmessungen<br />

(im Gelände erhoben) (Richard und Lüscher 1983).<br />

– Waldböden – Ein Bildatlas der wichtigsten Bodentypen aus Österreich,<br />

Deutschland und der Schweiz (2013): Davon 15 Böden aus der Schweiz.<br />

Auf vier Seiten werden pro Standort die wichtigsten Informationen zusammengestellt<br />

u.a. mit einer einfachen Risikoabschätzung (3 Stufen) bezüglich<br />

Trockenstress, Luftmangel, Nährstoffmangel, Verdichtung und Erosion<br />

(Leitgeb et al. 2013).<br />

– Standorte der Langfristigen Waldökosystemforschung (LWF)<br />

der <strong>WSL</strong> (2003): http://e-collection.ethbib.ethz.ch/cgi-bin/show.<br />

pl?type=bericht&nr=276<br />

ausgewählte LWF-Flächen mit Wassergehaltsmessungen (vgl. Kap. 4.4;<br />

Walthert 2003)<br />

tigung (z. B. nach starken Niederschlägen,<br />

zum Zeitpunkt der Schneeschmelze<br />

oder in der Vegetationsruhe beim<br />

Ausbleiben der Transpiration) sind oft<br />

alle Poren mit Wasser gefüllt. Bedingt<br />

durch die Schwerkraft entleeren sich<br />

grosse Poren aber sehr schnell. In den<br />

mittleren und feinen Poren hingegen<br />

verbleibt das Bodenwasser aufgrund<br />

der hier wirkenden Kapillarkräfte. Der<br />

Anteil wassergesättigten Porenraums<br />

eines bestimmten Bodenvolumens ist<br />

ein Mass für die Bodenfeuchte, die<br />

stark von der jeweils aktuellen Witterung<br />

abhängt. Daneben bestimmen<br />

hauptsächlich die vorgängig erwähndesto<br />

geringer wird das Verdichtungsrisiko<br />

durch das Befahren. Ähnlich wie<br />

Tone, zeigen stark humose Böden erst<br />

bei sehr hohen Wassergehalten viskoplastisches<br />

Verhalten.<br />

4.4 Bodenfeuchte zum Zeitpunkt<br />

des Befahrens<br />

Der Boden besteht aus festen Bestandteilen<br />

(Matrix) und Hohlräumen. Diese<br />

bilden ein zusammenhängendes<br />

Porensystem für den Gas- und Wasserhaushalt<br />

im Boden. Bei Wassersät-<br />

Das Befahren eines Bodens ist ab einer<br />

Saugspannung von 10 cbar grundsätzlich<br />

möglich. Beim Einhalten dieser<br />

Belastungsgrenze kann mit eher leichten<br />

Maschinen und optimaler Berei-<br />

ten Bodeneigenschaften die Geschwindigkeit,<br />

mit der sich Änderungen der<br />

Bodenfeuchte einstellen.<br />

Die Bodenfeuchte kann grundsätzlich<br />

auf zwei verschiedene Arten<br />

erfasst werden, entweder misst man<br />

den Wassergehalt oder die Saugspannung.<br />

Während der Wassergehaltden<br />

Wasseranteil im Porenraum eines<br />

bestimmten Bodenvolumens darstellt<br />

(ausgedrückt in Volumenprozenten,<br />

% V ), beschreibt die Saugspannung diejenige<br />

Kraft (physikalisch ausgedrückt<br />

ein Unterdruck), die benötigt wird, um<br />

dem Boden Wasser entziehen zu können.<br />

Die Saugspannung stabilisiert die<br />

festen Bodenteilchen mit zunehmendem<br />

Unterdruck immer stärker und<br />

hat damit einen direkten Einfluss auf<br />

die mechanische Belastbarkeit des<br />

Bodens. Bei hoher Saugspannung ist<br />

die Tragfähigkeit des Bodens viel grösser<br />

und die Gefahr von Bodenschäden<br />

durch Verdichtung klein. Hingegen ist<br />

bei feuchtem oder gar nassem Boden<br />

und der damit verbundenen geringen<br />

Saugspannung die Verdichtungsgefährdung<br />

viel grösser.<br />

Die Saugspannung wird mit einem<br />

sogenannten Tensiometer ermittelt.<br />

Die Masseinheiten für die Saugspannung<br />

sind cmWS (cm Wassersäule), hPa<br />

(Hektopascal) oder – diese Druckeinheit<br />

wird heute am häufigsten verwendet<br />

– cbar(Centibar). Die Saugspannung<br />

als Mass für die aktuelle Bodenfeuchte<br />

ermöglicht eine Bewertung der<br />

Tragfähigkeit und damit der Verdichtungsempfindlichkeit<br />

des Bodens.<br />

Folgende Saugspannungsbereiche<br />

sollen für Akteuren, die mit Böden<br />

in Land- und Forstwirtschaft sowie<br />

im Bauwesen arbeiten, eine Orientierungshilfe<br />

sein und standardmässig in<br />

Entscheidungsprozesse miteinbezogen<br />

werden.<br />

> 25 cbar trocken<br />

10–25 cbar feucht<br />

6–10 cbar sehr feucht kein Befahren<br />

0–6 cbar nass kein Befahren<br />

(und keine Bodenbearbeitung)


Forum für Wissen 2013 15<br />

sprechenden Massnahmen ruft. Damit<br />

ist für die praktische Arbeit im Wald<br />

ein einfacher Indikator gegeben, an<br />

dem sich die Praktiker orientieren können:<br />

Beim Auftreten vom Spurtyp 3<br />

sind die Holzerntearbeiten aus bodenökologischer<br />

Sicht zu unterlassen.<br />

Damit steht für den Vollzug des physikalischen<br />

Bodenschutzes ein Instrument<br />

zur Verfügung, womit die Umsetzung<br />

und die Kommunikation über<br />

die zu treffenden Massnahmen gefördert<br />

und objektiviert wird. Dazu sind<br />

aber Kenntnisse der bodenkundlichen<br />

Grundlagen nötig. Erst damit lässt sich<br />

eine nachhaltige Bodennutzung direkt<br />

im Gelände umsetzen.<br />

Beim Fehlen der auf Basis von detaillierten<br />

Bodenkarten erstellten Verdichtungempfindlichkeitskarten<br />

(vgl. von<br />

Rohr et al. in diesem Tagungsband)<br />

kann auch mit Bodenkennwerten die<br />

Verdichtungsempfindlichkeit vorsorglich<br />

abschätzt und diese als Planungsgrundlage<br />

u.a. für die Feinerschliessung<br />

verwendet werden (vgl. Freuler<br />

in diesem Tagungsband).<br />

In den vergangenen Jahren führten<br />

viele Kantone und die <strong>WSL</strong> umfassende<br />

Aus- und Weiterbildungen zur Planung<br />

und Ausführung von Holzerntefung<br />

eine bodenschonende Befahrung<br />

sichergestellt werden. Für schwere<br />

Maschinen sind höhere Saugspannungen<br />

einzuhalten.<br />

Die Bodenfeuchte wird in der Regel<br />

in 35 cm Tiefe bestimmt, d.h. an der<br />

theoretischen Grenze des Unterbodens.<br />

Im Wald kann es zweckmässig<br />

sein, sich auf eine zusätzliche Messung<br />

im Bereich des Oberbodens abzustützen,<br />

vor allem wenn der Oberboden<br />

nicht bis 35 cm Tiefe reicht.<br />

Als Alternative zur Saugspannungsmessung<br />

kann der Wassergehalt einfach<br />

mit einem TDR-Gerät (Time<br />

Domain Reflectometry) bestimmt werden.<br />

Die Interpretation des Wassergehaltes<br />

hinsichtlich Befahrungsempfindlichkeit<br />

ist beispielsweise mit dem<br />

Informationssystem ProFor (Ziesak<br />

2004) der Technischen Universität<br />

München möglich. Dabei wird mittels<br />

Kennziffern der Forstmaschine inklusive<br />

Reifen und spezifischer Bodendaten<br />

(vgl. Kap. 4.3) ein Grenzwassergehalt<br />

ermittelt, der ein bodenschonendes<br />

Befahren erlaubt.<br />

Abb. 7. Fahrspur mit Vernässungsmerkmalen. Mangankonkretionen, Rostflecken und<br />

Re duktionsfarben (graublau) sind ein Hinweis auf die eingeschränkte Durchlüftung. Durch<br />

das Befahren wurde der Porenraum verkleinert und die Porenkontinuität unterbrochen.<br />

Messnetze<br />

Die Bodenfeuchte wird in der Schweiz<br />

in einzelnen Kantonen auf Messnetzen<br />

erhoben. Die Kantone Zürich, Bern,<br />

Solothurn, Aargau, Baselland, Luzern<br />

und Uri haben solche automatischen<br />

Messstationen in Betrieb. Die Messdaten<br />

(im Moment die Saugspannung für<br />

Ober- und Unterboden auf landwirtschaftlich<br />

genutzten Böden, vereinzelte<br />

Stationen auch im Wald) können direkt<br />

im Internet abgerufen werden. Diese<br />

Informationen dienen als wichtige<br />

Hinweise zu witterungsbedingten, auch<br />

saisonalen Tendenzen. Sie sind wesentliche<br />

Entscheidungshilfen für einen<br />

bodenschonenden Arbeitseinsatz.<br />

5 Folgerungen<br />

Die Beeinträchtigungen des Waldbodens<br />

durch mechanische Belastung lassen<br />

sich mittels dreier klar definierter<br />

Spurtypen beurteilen und bewerten.<br />

Aufgrund der Zusammenhänge zwischen<br />

Spurbild und Bodenfunktionalität<br />

wurde es möglich, den Spurtyp 3<br />

zu definieren, dessen Auftreten ein eindeutiges<br />

Signal für einen ökologischen<br />

Schaden im Boden ist und nach ent-<br />

massnahmen durch. Diese verbesserten<br />

bei mehr als 1800 Forstleuten und<br />

Unternehmern die bodenkundlichen<br />

Grundkenntnisse. Diese Massnahmen<br />

stärken, nebst einer Wissensvermehrung,<br />

bei vielen Praktikern auch das<br />

Bewusstsein für das Vorsorgeprinzip in<br />

der forstlichen Tätigkeit, was der präventiven<br />

Grundhaltung in der Schweizerischen<br />

Umweltgesetzgebung entspricht.<br />

Es ist festzuhalten, dass sich Bodenschädigungen<br />

durch konsequente Planung<br />

und durch Nutzung der Feinerschliessung<br />

unter Berücksichtigung des<br />

Standortes minimieren lassen. Wenn<br />

zum Zeitpunkt des Befahrens von<br />

Waldböden die aktuelle Bodenfeuchte<br />

als Entscheidungsgrundlage berücksichtigt<br />

wird, kann eine Vielzahl von<br />

Beeinträchtigungen verhindert werden.<br />

Die Aufgaben der verschiedenen<br />

Verantwortungsträger für den physikalischen<br />

Bodenschutz werden im <strong>WSL</strong><br />

Merkblatt für die Praxis Nr. 45 zum<br />

Thema «Physikalischer Bodenschutz<br />

im Wald» (Lüscher et al. 2009b) eingehend<br />

beleuchtet.<br />

Mit dem aufgezeigten Weg kann eine<br />

nachhaltige Bodennutzung nach dem<br />

DPSIR-Prinzip gewährleistet werden.


16 Forum für Wissen 2013<br />

6 Literatur<br />

BAFU (Hrsg.) 2013: Waldpolitik 2020. Visionen,<br />

Ziele und Massnahmen für eine<br />

nachhaltige Bewirtschaftung des Schweizerwaldes.<br />

Bern, Bundesamt für Umwelt.<br />

66 S.<br />

Blaser, P.; Zimmermann, S.; Luster, J.; Walthert,<br />

L.; Lüscher, P., 2005: Waldböden<br />

der Schweiz. Band 2. Regionen Alpen<br />

und Alpensüdseite. Birmensdorf, Eidgenössische<br />

Forschungsanstalt <strong>WSL</strong>, Bern,<br />

Hep Verlag. 920 S.<br />

EEA, European Environment Agency,<br />

1999: Environment in the European Union<br />

at the turn of the Century. Copenhagen,<br />

Denmark, EEA.<br />

Frehner, M.; Wasser, B; Schwitter, R.,<br />

2005: Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle<br />

im Schutzwald. Vollzug Umwelt, Bern,<br />

Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft.<br />

564 S.<br />

Freuler, A., 2013: Umsetzung des Bodenschutzes<br />

im Aargauer Wald. Forum für<br />

Wissen 2013. Bodenschutz im Wald: Ziele<br />

– Konflikte – Umsetzung. 99–102.<br />

Leitgeb, E.; Reiter, R.; Englisch, M.;<br />

Lüscher, P.; Schad, P.; Feger, K.H.,<br />

(Hrsg.) 2013: Waldböden – Ein Bildatlas<br />

der wichtigsten Bodentypen aus Österreich,<br />

Deutschland und der Schweiz.<br />

WILEY-VCH Verlag. 387 S.<br />

Lüscher, P.; Sciacca, S.; Thees, O., 2008a:<br />

Bestrebungen zur Verbesserung des<br />

Bodenschutzes in der Schweiz. LWF<br />

aktuell 67/2008 Jg. 15. 19–21.<br />

Lüscher, P.; Sciacca, S. und Frutig, F.,<br />

2008b: Bodenschutz-Ausbildung in der<br />

Schweiz. LWF aktuell 67/2008 Jg. 15. S.<br />

33–34.<br />

Lüscher, P.; Borer, F.; Blaser, P., 2009a:<br />

Langfristige Beeinträchtigung der<br />

Fruchtbarkeit von Waldböden. In: Thees,<br />

O.; Lemm, R. (Hrsg): Management<br />

zukunftsorientierter Waldnutzung. Beiträge<br />

aus einem Forschungsprogramm<br />

für die Schweizer Waldwirtschaft. Zürich,<br />

Vdf-Verlag. 261–270.<br />

Lüscher, P.; Frutig, F.; Sciacca, S.; Spjevak,<br />

S.; Thees, O., 2009b: Physikalischer<br />

Bodenschutz im Wald: Bodenschutz beim<br />

Einsatz von Forstmaschinen. Physikalischer<br />

Bodenschutz im Wald. Bodenschutz<br />

beim Einsatz von Forstmaschinen. Merkbl.<br />

Prax. 45: 12 S.<br />

Lüscher, P.; Thees, O.; Frutig, F., 2014:<br />

Physikalischer Bodenschutz im Wald.<br />

Umwelt-Wissen Nr. Bern, Bundesamt für<br />

Umwelt (in Vorbereitung).<br />

Richard, F.; Lüscher, P., 1983: Physikalische<br />

Eignschaften von Böden der Schweiz.<br />

Sonderserie EAFV.<br />

USG, 1983: Bundesgesetz über den Umweltschutz<br />

vom 7. Okt. 1983, AS 1984 1122,<br />

SR 814.01. Bern, EDMZ.<br />

VBBo, 1998: Verordnung vom 1. Juli 1998<br />

über Belastungen des Bodens. SR 814.12.<br />

Bern, EDMZ.<br />

von Rohr, G.; Margreth, S.; Hauert, C.,<br />

2013: Bodeninformationen für die Waldwirtschaft<br />

im Kanton Solothurn. Forum<br />

für Wissen 2013. Bodenschutz im Wald:<br />

Ziele – Konflikte – Umsetzung. 103–106.<br />

Wathert, L.; Blaser, P.; Lüscher, P.; Luster,<br />

J.; Zimmermann, S., 2003: Langfristige<br />

Waldökosystemforschung LWF<br />

in der Schweiz. Ergebnisse der ersten<br />

Erhebung 1994–1999. Birmensdorf,<br />

Eidg. Forschungsanstalt <strong>WSL</strong>. http://ecollection.ethbib.ethz.ch/cgi-bin/show.<br />

pl?type=bericht&nr=276<br />

Walthert, L.; Zimmermann, S.; Blaser, P.;<br />

Luster, J.; Lüscher, P., 2004: Waldböden<br />

der Schweiz. Band 1. Grundlagen und<br />

Region Jura. Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt<br />

<strong>WSL</strong>, Bern, Hep Verlag.<br />

768 S.<br />

Ziesak, M., 2004: Entwicklung eines Informationssystems<br />

zum bodenschonenden<br />

Fortstmaschineneinsatz. Lehrstuhl für<br />

forstliche Arbeitswissenschaft und Angewandte<br />

Informatik. München. TU München.<br />

130 S.<br />

Zimmermann, S.; Blaser, P.; Wathert,<br />

L.; Lüscher, P., 2006: Waldböden der<br />

Schweiz. Band 3. Region Mittelland und<br />

Voralpen. Birmensdorf, Eidgenössische<br />

Forschungsanstalt <strong>WSL</strong>. Bern, Hep Verlag.<br />

Abstract<br />

Understanding the soil is essential for its protection and sustainable use: Some<br />

thoughts on mechanical stress of forest soils<br />

Future policies for sustainable soil use require fundamental reflection to take<br />

into account ecological findings, economic activity, technical advances and social<br />

demands on forests and forestry. The Swiss Confederation’s Forest Policy 2020<br />

specifies conditions for soil protection corresponding to the targets and indicators<br />

developed as part of the ‘Physical protection of forest soils’ project, aimed at<br />

protecting soil from irreversible changes. These measures for implementation and<br />

enforcement in the cantons are binding and are intended to avoid or minimise<br />

long-term soil damage. In this context, basic pedological knowledge is vital to<br />

ensure forest soils are used sustainably, and communication with all stakeholders<br />

about protection issues is consistent.<br />

Keywords: physical soil protection, soil compaction, soil quality, soil properties,<br />

soil fertility


Forum für Wissen 2013: 17–20 17<br />

Bodenschutz in Europa<br />

Winfried E.H. Blum<br />

Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Bodenforschung, Department für Wald und Bodenwissenschaften,<br />

Gregor Mendel Strasse 33, A-1180 Wien, winfried.blum@boku.ac.at<br />

In diesem Beitrag wird die Entwicklung des Bodenschutzes in Europa von der<br />

«Europäischen Bodencharta» des Europarats / Strassburg, 1972, bis zur Mitteilung<br />

der Europäischen Kommission «Zur Implementierung der Thematischen<br />

Bodenschutzstrategie», 2012, beschrieben. Weiter wirdgezeigt, dass erst die Befassung<br />

der Politik mit der Ressource Boden, ähnlich wie zuvor mit Luft und Wasser,<br />

nennenswerte Fortschritte im Bodenschutz erbracht hat. Daneben haben auch<br />

Wissenschaft und Forschung wesentliche Beiträge geleistet. Die bisher erreichten<br />

Ergebnisse wie Information der Öffentlichkeit und Erhöhung des öffentlichen<br />

Interesses, Integration des Bodenschutzes in weitere Politikbereiche wie<br />

z. B. Land- und Forstwirtschaft, Verkehr und Industrie, weitere zusätzliche Forschung<br />

sowie neue Gesetzgebung zum Bodenschutz wie z. B. die Europäische<br />

Bodenschutz- Rahmenrichtlinie, sind beachtlich und haben inzwischen auch andere<br />

Staaten wie z. B. die USA angeregt, sich stärker dem Bodenschutz zu widmen.<br />

1 Einleitung<br />

Bodenschutz in Europa wurde bereits<br />

1972 vom Europarat in Strassburg mittels<br />

der «European Soil Charta» proklamiert,<br />

die im Jahre 2003 erneuert<br />

wurde. Diese Bodencharta ist älter als<br />

die 1982 von der FAO in Rom proklamierte<br />

«World Soil Charta». Beide Proklamationen<br />

hatten im Wesentlichen<br />

deklamatorischen Charakter und waren<br />

für operationale Umsetzungen nicht<br />

geeignet. Sie haben daher bezüglich<br />

Bodenschutz auch keine wesentliche<br />

Wirkung gezeitigt, obwohl vom Europarat<br />

in Strassburg mehrere Verlautbarungen<br />

publiziert wurden wie zum Beispiel<br />

«Problems of Soil Conserva tion»,<br />

1988, «Feasibility Study on Possible<br />

National and/or European Actions in<br />

the Field of Soil Protection», 1990, und<br />

«European Soil Resources», 1995.<br />

Erst im Jahre 2002 wurden dann von<br />

Seiten der Europäischen Kommission<br />

in Brüssel neue Schritte für den<br />

Bodenschutz in Europa unternommen.<br />

2 Europäische Union und<br />

Bodenschutz in Europa<br />

Im Jahre 2002 traten auf Einladung<br />

von Spanien fünfzehn Umweltminister<br />

Europas zusammen, um ein Dokument<br />

für den Bodenschutz in Europa zu ratifizieren,<br />

mit dem Titel «Hin zu einer<br />

spezifischen Bodenschutzstrategie». Es<br />

wurde als Mitteilung der Kommission<br />

an den Rat, das Europäische Parlament,<br />

den Wirtschafts- und Sozialausschuss<br />

und an den Ausschuss der Regionen<br />

weitergeleitet; (KOM [2002]179<br />

endgültig, vom 16.04.2002).<br />

Dies war eine bedeutsame politische<br />

Aktion, wodurch erstmalig in der<br />

Geschichte Europas nach den Medien<br />

Luft und Wasser der Boden als wesentliches<br />

Element der Umwelt betrachtet<br />

wurde und entsprechende Massnahmen<br />

eingeleitet wurden.<br />

Neben einer Begriffsbestimmung des<br />

Bodens sowie der Definition der fünf<br />

wichtigsten Bodenfunktionen wurden<br />

acht wesentliche Gefahren für den<br />

Boden in der Europäischen Union und<br />

in weiteren Ländern aufgezeigt.<br />

Der Boden wurde als oberste Schicht<br />

der Erdrinde definiert, die sich aus mineralischen<br />

Teilchen, organischer Substanz,<br />

Wasser, Luft und lebenden Organismen<br />

zusammensetzt, und als Schnittstelle<br />

zwischen Erde (Geosphäre), Luft<br />

(Atmosphäre) und Wasser (Hydrosphäre)<br />

wesentliche Aufgaben erfüllt.<br />

Darüber hinaus wurden fünf wesentliche<br />

Bodenfunktionen benannt:<br />

– die Erzeugung von Lebensmitteln<br />

und Biomasse,<br />

– die Speicherung, Filterung und<br />

Umwandlung,<br />

– der Boden als Lebensraum und<br />

Genpool,<br />

– der Boden als physische und kulturelle<br />

Umwelt des Menschen und<br />

– der Boden als Rohstoffquelle.<br />

Diese Gliederung basierte im Wesentlichen<br />

auf bisherigen Publikationen<br />

von Blum (vgl. z. B. Blum 1995) sowie<br />

der Publikation des Europarats 1995.<br />

Bedeutend war hierbei die Betonung<br />

der Multifunktionalität von Böden, da<br />

für Mensch und Umwelt alle Funktionen<br />

wesentlich sind.<br />

Von besonderer Bedeutung war die<br />

Benennung der acht Bodengefährdungen:<br />

– die Erosion (ausgelöst durch natürliche<br />

und anthropogene Einflüsse),<br />

– der Verlust der organischen Bodensubstanz<br />

(als ein wesentliches Problem<br />

der langfristigen Bodenfruchtbarkeit<br />

sowie des Bodens als Grundlage<br />

der Biodiversität),<br />

– die Bodenkontamination (durch<br />

lokale und diffuse Bodenkontaminationen,<br />

letztere z. B. hervorgerufen<br />

durch atmosphärische Deposition,<br />

durch unsachgemässe landwirtschaftliche<br />

Praktiken und Abfallbeseitigung),<br />

– die Bodenversiegelung (durch Infrastrukturentwicklung<br />

wie z. B. die<br />

Errichtung von Gebäuden, Transporteinrichtungen),<br />

– die Bodenverdichtung (durch<br />

mechanische Bodenbelastung),<br />

– der Rückgang der biologischen Vielfalt<br />

im Boden,<br />

– die Versalzung, sowie<br />

– Überschwemmungen und Erdrutsche.<br />

3 Bodenschutz im Wald<br />

Im Hinblick auf das Tagungsthema<br />

«Bodenschutz im Wald» sind vor allem<br />

Bodenverdichtung, Erosion, teilweise


18 Forum für Wissen 2013<br />

auch Kontamination sowie der Rückgang<br />

der biologischen Vielfalt und<br />

möglicherweise Erdrutsche zu nennen.<br />

Es erscheint interessant hier anzumerken,<br />

dass die Bodenversauerung,<br />

die im Wald eine bedeutende Rolle<br />

spielt, nicht in der Liste der Bodengefährdungen<br />

Berücksichtigung fand, mit<br />

dem Argument, dass Versauerung prinzipiell<br />

ein natürlicher Prozess ist, der<br />

nicht ausschliesslich anthropogen verursacht<br />

wird.<br />

Weil Bodengefährdungen vor allem<br />

durch unsachgemässe landwirtschaftliche<br />

Nutzung verursacht werden, ist es<br />

erklärlich, dass diese eine besondere<br />

Berücksichtigung fanden. Dass Bodenschutz<br />

auch im Wald eine wichtige Rolle<br />

spielt, wurde wohl aus agrarpolitischen<br />

Gründen in der Europäischen<br />

Bodenschutzstrategie nicht eigens<br />

berücksichtigt.<br />

Dies ist auch deshalb bedauerlich,<br />

weil Waldböden als naturnahe und<br />

wenig gestörte Ökosysteme als Vergleichsbasis<br />

für belastete und gestörte<br />

landwirtschaftliche Böden von Bedeutung<br />

sind.<br />

4 Europäische Kommission<br />

und Umsetzung der Bodenschutzstrategie<br />

im nationalen<br />

und internationalen<br />

Umfeld<br />

2002 wurden von der Europäischen<br />

Kommission fünf technische Arbeitsgruppen<br />

zu Bodenmonitoring, Erosion,<br />

organische Bodensubstanz, Kontamination<br />

und Forschung mit der Aufgabe<br />

eingesetzt, bisherige Kenntnisse auf<br />

den jeweiligen Sachgebieten zu evaluieren<br />

und Wissenslücken aufzuzeigen,<br />

die im weiteren durch Forschung und<br />

Entwicklung behoben werden sollten<br />

(vgl. Abb. 1). So hatte zum Beispiel die<br />

Arbeitsgruppe «Forschung» 65 Mitglieder<br />

aus ganz Europa und verfasste<br />

mehrere Publikationen wie zum Beispiel<br />

Blum et al. 2004a und 2004b.<br />

Insgesamt wurden von allen fünf<br />

Arbeitsgruppen während der Jahre<br />

2002 bis 2004 mehrere umfangreiche<br />

Publikationen verfasst (vgl. Abb. 2).<br />

Nach Beratung der Ergebnisse aus<br />

den verschiedenen Arbeitsgruppen im<br />

wissenschaftlichen und parlamentarischen<br />

Umfeld sowie in der Administ-<br />

Abb. 1. Organisation der Europäischen Kommission in fünf technische Arbeitsgruppen.<br />

Für die Forschung wurden neue Forschungsthemen<br />

definiert und mehr<br />

finanzielle Mittel bereitgestellt.<br />

Bezüglich der Erhöhung der öffentlichen<br />

Aufmerksamkeit wurden zahlreiche<br />

Initiativen unternommen wie<br />

zum Beispiel die Veröffentlichung des<br />

Bodenatlasses von Europa, die Einführation<br />

der Kommission in den Jahren<br />

2004 bis 2006 wurde von der Kommission<br />

im September 2006 die «Thematische<br />

Strategie für Bodenschutz»<br />

veröffentlicht, die drei Mitteilungen<br />

umfasste:<br />

1. Die Mitteilung selbst [(KOM 2006)<br />

2031] über die thematische Strategie<br />

für Bodenschutz,<br />

2. Die Direktive [(KOM 2006) 232]<br />

für die Entwicklung einer Rahmenrichtlinie<br />

für Bodenschutz und die<br />

Umsetzung der Direktive 2004/35/<br />

EC, sowie<br />

3. Eine ökonomische Bewertung der<br />

bisherigen Bodenschutzprobleme<br />

(SEC [2006] 620) als Ergänzung der<br />

thematischen Bodenschutzstrategie.<br />

Bezüglich der Bodengefährdungen<br />

in Europa wurde mitgeteilt, dass etwa<br />

15 Millionen ha oder 12 Prozent der<br />

gesamten Landfläche durch Wassererosion<br />

und 42 Millionen ha durch Winderosion<br />

gefährdet sind; dass etwa 45<br />

Prozent der europäischen Böden einen<br />

zu niedrigen Gehalt an organischer<br />

Substanz besitzen, vor allem Böden in<br />

Südeuropa, aber ebenfalls in Frankreich,<br />

im Vereinigten Königreich und in<br />

Deutschland, dass in der Europäischen<br />

Union etwa 3,5 Millionen potenziell<br />

kontaminierte Flächen vorhanden sind,<br />

und dass zwischen 1990 und 2000 mindestens<br />

2,8 Prozent der europäischen<br />

Landfläche durch Vergrösserung der<br />

urbanen Zentren, durch Strassenbau<br />

sowie weitere Infrastrukturmassnahmen<br />

versiegelt wurden.<br />

Für die operationelle Durchführung<br />

der thematischen Strategie zum<br />

Bodenschutz wurde eine Rahmenrichtlinie<br />

für alle 27 Länder der Europäischen<br />

Union vorgeschlagen, die allerdings<br />

bisher nicht implementiert werden<br />

konnte, weil sich fünf europäische<br />

Länder dagegen ausgesprochen haben.<br />

Es wurden jedoch folgende drei<br />

Massnahmen in Gang gesetzt:<br />

1. Integration des Bodenschutzes in<br />

die Formulierung und Implementierung<br />

europäischer, nationaler und<br />

kommunaler Politik,<br />

2. Neue Forschungsmassnamen innerhalb<br />

der europäischen Gemeinschaft<br />

und auch innerhalb nationaler<br />

Forschungsprogramme und<br />

3. Einleitung eines Programms zur<br />

Er höhung der öffentlichen Wahrnehmung<br />

von Böden und vor allem<br />

der Notwendigkeit, diese zu schützen.


Forum für Wissen 2013 19<br />

rung von europäischen Sommer-Lehrveranstaltungen<br />

einschliesslich Fortbildungsmassnahmen<br />

an Universitäten<br />

und weiteren Bildungseinrichtungen<br />

und die Einrichtung von Preisen für<br />

vorbildliche nachhaltige Bodenbewirtschaftung<br />

wie zum Beispiel der «Europäische<br />

Umwelt- und Bodenschutz<br />

Preis» für Praktiker.<br />

Da nachhaltige Bodenbewirtschaftung<br />

kein primär wissenschaftliches<br />

sodern im Wesentlichen ein politisches<br />

Thema darstellt, wurden zusätzlich das<br />

Indikator-Rahmenprogramm DPSIR<br />

(«Driving Forces, Pressure, State, Impact,<br />

and Response») von der Europäischen<br />

Umweltagentur entwickelt (Abb.<br />

3). Dieses Rahmenprogramme wurde<br />

in der kommissionellen Arbeitsgruppe<br />

«For schung» für eine operationale<br />

Umsetzung in der Umweltforschung<br />

und im Umweltschutz» weiter entwickelt,<br />

speziell als Grundlage für die<br />

zukünftige angewandte Forschung auf<br />

dem Gebiet des Bodenschutzes und der<br />

nachhaltigen Bodenbewirtschaftung.<br />

Zur weiteren Umsetzung der Bodenschutzstrategie<br />

wurde 2012 ein Dokument<br />

mit dem Titel «Implementierung<br />

der Thematischen Bodenstrategie und<br />

weitere Massnahmen» veröffentlicht.<br />

Darin wurden vier Aktivitäten hervorgehoben:<br />

– Information und Erhöhung des<br />

Bodenbewusstseins der Bevölkerung,<br />

– Intensivierung der Forschung,<br />

– Integration des Bodenschutzes in<br />

wichtige Politikbereiche wie zum<br />

Beispiel Landwirtschaft, Verkehr<br />

und Industrie,<br />

– Schaffung einer bodenspezifischen<br />

Gesetzgebung, wie dies durch die<br />

Bodenschutz-Rahmenrichtlinie<br />

bereits eingeleitet wurde.<br />

Derzeit werden durch die Europäische<br />

Kommission zahlreiche Forschungsarbeiten<br />

zur Verbesserung des Bodenschutzes<br />

und der nachhaltigen Bodennutzung<br />

finanziert.<br />

5 Zusammenfassung<br />

Während die Bodencharta des Europarats<br />

keinen Bodenschutz bewirken<br />

konnte, waren die nachfolgenden<br />

Bemühungen der europäischen Politik<br />

ab 2002 durchaus erfolgreich.<br />

So wurden die Bodenfunktionen in<br />

Abb. 2. Produkte der fünf Arbeitesgruppen. Die aktuelle Webpage für die Produkte ist<br />

http://ec.europa.eu/environment/soil/publications_en.htm. Die Dokumente können hier<br />

herunter geladen werden:<br />

ec.europa.eu/environment/soil/pdf/vol1.pdf; ec.europa.eu/environment/soil/pdf/vol2.pdf;<br />

ec.europa.eu/environment/soil/pdf/vol3.pdf; ec.europa.eu/environment/soil/pdf/vol4.pdf;<br />

ec.europa.eu/environment/soil/pdf/vol5.pdf; ec.europa.eu/environment/soil/pdf/vol6.pdf<br />

einer auch für die Allgemeinheit verständlichen<br />

Art und Weise formuliert<br />

und die acht wesentlichen Bodengefährdungen,<br />

vor allem unter agrarischer<br />

Nutzung deutlich gemacht, allerdings<br />

ohne solche auch für Waldböden<br />

entsprechend zu berücksichtigen.<br />

Auf dieser Basis wurden mit Hilfe<br />

von Wissenschaft und Forschung konkrete<br />

Schritte zum Bodenschutz aufgezeigt<br />

und auf politischer Ebene die<br />

Einbringung von Bodenagenden in die<br />

Umweltpolitik ermöglicht.<br />

Die europäische Bodenstrategie war<br />

immerhin so erfolgreich, dass im Jahre<br />

2011 der Senat der Vereinigten Staaten<br />

von Amerika ebenfalls eine Verlautbarung<br />

zum Bodenschutz erliess.<br />

6 Literatur<br />

Blum, W.E.H. 1995: Soil protection concept<br />

of the council of Europe. In: Zehnder, A.<br />

J.B. (ed.): Soil and groundwater pollution.<br />

Dordrecht: Kluver Academic Publisher.<br />

pp. 72–73.<br />

Blum, W.E.H., Barcelo, D., Büsing, J., Ertel,<br />

Th., Tmeson, A., Vegter, J. 2004a: Scientific<br />

Basis for the Management of European<br />

Soil Resources. Guthmann-Peterson,<br />

Wien.<br />

Blum, W.E.H., Büsing, J., Montanarella, L.<br />

2004b: Research Needs in Support of the<br />

European Thematic Strategy for Soil Protection.<br />

Trends in Analytical Chemistry,<br />

23: 680–685.<br />

Council of Europe 1972: European Soil<br />

Charter. Strasbourg, (renewed 2003).<br />

Council of Europe 1988: Problems of Soil<br />

Conservation. Strasbourg, Nat. environ. 39.<br />

Council of Europe 1990: Feasibility Study on<br />

possible national and/or European actions<br />

in the field of soil protection. Strasbourg.<br />

Council of Europe 1995: European Soil<br />

Resources. Strasbourg, Nat. environ. 71.<br />

Europäische Kommission 2002: Hin zu einer<br />

spezifischen Bodenschutzstrategie. Brüssel.<br />

KOM (2002) 179 endgültig.<br />

Europäische Kommission 2006: Mitteilung<br />

über die Thematische Strategie für<br />

Bodenschutz. Brüssel. KOM (2006) 231.<br />

Europäische Kommission 2006: Direktive<br />

für ein Rahmengesetz zum Bodenschutz<br />

und zur Verbesserung der Direktive. Brüssel.<br />

2004/35/EC.<br />

Europäische Kommission 2012: Implementierung<br />

der Thematischen Bodenstrategie<br />

und weitere Aktivitäten. Brüssel. KOM<br />

(2012) 46 endgültig.<br />

FAO (Food and Agriculture Organisation<br />

of the United Nations) 1982: World Soil<br />

Charter. Rome.


20 Forum für Wissen 2013<br />

The DPSIR Indicator Framework Applied to Soil<br />

Human population change<br />

Land development<br />

Tourism<br />

Agricultural production<br />

Transport<br />

Industry/Energy generation<br />

Mining<br />

Natural events<br />

Climate change<br />

Water stress<br />

Emission to air, water<br />

and land/soil<br />

De-forestation<br />

Forest fires<br />

Nutrient mining<br />

Salinisation<br />

Compaction<br />

Urban expansion (soil<br />

sealing)<br />

Driving Forces<br />

Pressures<br />

PRIMARY PROTECTION<br />

International Conventions<br />

Development of a national/<br />

regional soil protection<br />

policies<br />

State<br />

DEGRADED SOIL<br />

Local and diffuse contaminated soil<br />

Acid soil<br />

Saline soil<br />

Nutrient depleted soil<br />

Physically degraded soil<br />

Biologically degraded soil<br />

Responses<br />

Impact<br />

SOIL LOSS<br />

Sealed soil<br />

Eroded Soil<br />

Large scale land<br />

movements<br />

SECONDARY PROTECTION<br />

Reform of agricultural<br />

programmes<br />

Specific regulations or directives<br />

INDIRECT (Effects on<br />

other environmental<br />

compartments)<br />

Changes in<br />

population<br />

size and distribution,<br />

Loss of biodiversity,<br />

Climate change,<br />

Water stress<br />

DIRECT (Changes<br />

in soil functions)<br />

Abb. 3. Das Indikator-Rahmenprogramm DPSIR («Driving Forces, Pressure, State, Impact, and Response») der Europäischen<br />

Umweltagentur.<br />

Abstract<br />

Soil protection in Europe<br />

The publication of the European Soil Thematic Strategy in 2002, a document signed<br />

by 15 European Ministers of Environment, put the protection of soil on the<br />

same level as that of air and water on the environmental agenda in Europe .<br />

This document defines soil as an important part of the environment. It describes<br />

the five main soil functions and the eight main threats to soil in Europe and other<br />

parts of the world.<br />

The European soil scientific community cooperated closely with the European<br />

Commission and its administrative organisations in drawing up recommendations.<br />

After four years of intensive discussion, three different documents were published<br />

by the European Commission and transmitted to the European Parliament, the<br />

Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of<br />

the Regions. with four main goals:<br />

– To inform the public in Europe about the importance of soil and its protection;<br />

– To put soil on other political agendas such as national and European policies<br />

for agriculture, industry, transport, and regional development;<br />

– To intensify strategic research on soil protection and sustainable land use; and<br />

– To introduce new legislation for soil protection and sustainable land use in<br />

Europe.<br />

These goals were reinforced in the European Commission’s statement in 2012 that<br />

stressed their importance for soil protection.<br />

Keywords: soil protection, sustainable land use, strategic soil research, soil legislation,<br />

raising public awareness, putting soil on a range of political agendas.


Forum für Wissen 2013: 21–22 21<br />

Protection du sol dans les forêts Suisse<br />

Jean-Pierre Clément<br />

Département fédéral de l’environnement, des transports, de l’énergie et de la communication,<br />

Office fédéral de l’environnement, OFEV, CH-3003 Bern, Jean-pierre.clement@bafu.admin.ch<br />

En tant que représentant de la section<br />

sol de l’Office fédèral de l’environnement<br />

(OFEV), je vais tenter d’établir<br />

un petit tour d’horizon de l’état de la<br />

protection contre les atteintes physiques<br />

des sols forestiers, et ceci uniquement<br />

du point de vue des protecteurs<br />

administratifs des sols. Il ne sera<br />

pas discuté en détail des problèmes<br />

soulevés, ni traité des aspects scientifiques<br />

de la problématique.<br />

Trois thèmes me paraissent important<br />

a évoquer en relation avec la protection<br />

des sols forestiers: le premier<br />

concerne l’économie forestière et ses<br />

acteurs, il sera développé par mon collègue<br />

S. Schmid, les deux thèmes suivants<br />

concernent des utilisations sans<br />

relations directes à la sylviculture,<br />

il s’agit des activités de loisir et de<br />

détente, et des constructions en forêt.<br />

Et je souhaite saisir l’occasion de ce<br />

Workshop pour les aborder. Mais tout<br />

d’abord quelques mots sur l’économie<br />

forestière.<br />

1 Economie forestière<br />

et protection des sols<br />

L’exposé de mon collègue Silvio<br />

Schmid de la Section Prestations<br />

forestières et qualité des forêts de<br />

l’OFEV permettra d’affirmer que les<br />

milieux forestiers sont, entre autres,<br />

pleinement conscients de la nécessité<br />

de protéger les sols forestiers contre<br />

les atteintes physiques résultant<br />

de l’exploitation sylvicole. Il démontrera<br />

également l’étroite collaboration<br />

entre l’administration, la recherche,<br />

la formation et l’industrie forestière,<br />

ainsi qu’avec les milieux de la protection<br />

qualitative des sols. En résumé,<br />

les forestiers soignent et exploitent les<br />

forêts, tout en prévenant, dans la mesure<br />

du faisable et du supportable, les atteintes<br />

portées aux sols.<br />

Donc tout va bien dans le meilleur<br />

des mondes forestiers?<br />

Je pense que la prise en considération<br />

des activités non forestières, mais utilisant<br />

l’espace forestier devrait apporter<br />

un léger correctif à cette vision idyllique,<br />

les visiteurs des forêts ne sont<br />

pas toujours aussi respectueux des sols<br />

forestiers que les utilisateurs permanents.<br />

2 Loisirs et détente<br />

et protection des sols<br />

Les milieux actifs dans la protection<br />

des sols constatent que les activités<br />

de loisirs et de détente (festival, fêtes<br />

régionales ou cantonales, Events, Tractorpulling,<br />

etc) hors des zones urbanisées<br />

prennent de plus en plus de place<br />

et d’importance économique dans les<br />

terres agricoles. Les atteintes physiques<br />

portées aux sols par ces activités<br />

«de plein air / auf der grünen Wiese»<br />

sont souvent méconnues et les mesures<br />

de prévention peu ou pas appliquées,<br />

souvent en raison de procédures<br />

d’autorisation très décentralisées et du<br />

laisser aller / ignorance des organisateurs.<br />

Les déchets enfouis, les déstructurations<br />

des sols par lissage et piétinement,<br />

les compactions par des véhicules<br />

sont des atteintes qui se manifestent<br />

des années après l’occupation temporaire<br />

de ces sols agricoles (http://www.<br />

fr.ch/sol/files/pdf1/manifestations_<br />

aide_memoire.pdf)Les activités de loisirs<br />

et de détente dans les forêts, (vélo<br />

tout terrain (VTT), marche et course,<br />

etc.) posent elles un problème à la protection<br />

qualitative des sols, en particulier<br />

contre les atteintes physiques? Ce<br />

problème a-t-il une ampleur suffisante<br />

pour impliquer une réaction au niveau<br />

fédéral? Je ne suis pas en mesure de<br />

répondre à ces questions, mais je pense<br />

que nous devons les avoir à l’esprit.<br />

3 Chantiers en forêt<br />

La protection qualitative des sols sur<br />

les chantiers a pris son essor avec le<br />

boom de la croissance des années 60’<br />

et 70’, particulièrement en raison d’un<br />

effet induit. Il s’agit du développement<br />

exponentiel des extractions de graviers<br />

dans les terres agricoles et sous les<br />

forêts du Plateau suisse.<br />

Le bétonnage de surfaces importantes<br />

de sol, a nécessité l’ouverture de<br />

nombreuses gravières dans des terres<br />

Vaud, cours de formation protection du sol<br />

pour entreprise forestière (Photo Cjp)


22 Forum für Wissen 2013<br />

agricoles productives (p. ex. Canton<br />

d’Argovie (AG) 1 mio m3 par an en<br />

1955, 4 mio m3 par an en 1975) et leur<br />

remise en état après remplissage avec<br />

des «matériaux d’excavation» (1971<br />

«Keine Kiesausbeutung in Grundwasservorkommen<br />

mehr»). Le Document<br />

SSP/BGS N° 1 exploitation du gravier<br />

et agriculture – Kiesabbau und Landwirtschaft,<br />

paru en 1984 a établi la première<br />

norme en la matière pour les<br />

sols agricoles. Un document identique<br />

«Wald und Kiesabbau Richtlinien<br />

für die Aufforstung von Kiesgruben»<br />

existe pour les sols forestiers, il est paru<br />

en 1991.<br />

La question des chantiers dans<br />

les terres agricoles, surtout pour les<br />

infrastructures routières et ferroviaires,<br />

ainsi que pour les conduites de gaz<br />

sous haute pression, a fait l’objet d’une<br />

forte réglementation et normalisation<br />

au cours des années 90’. Dans le cadre<br />

d’une réévaluation de tout cet appareillage<br />

technique, 8 Workshops ont été<br />

organisé sur mandat de notre section<br />

par M. E. Bellini du Sanu, entre l’au-<br />

tomne 2012 et le printemps 2013. Ils<br />

visaient a établir l’état de la technique<br />

sur les chantiers et a décrire les spécificités<br />

des sols pour les divers types<br />

de chantiers. Sur la base d’une pré<br />

enquête sur les besoins, un WS a été<br />

dédié à la thématique des sols forestiers<br />

et des chantiers et un autre WS a<br />

traité de l’état de la technique pour les<br />

chantiers en forêt. Des Spécialistes de<br />

la protection des sols sur les chantiers<br />

ayant une longue expérience des chantiers<br />

en forêt, des chercheurs et des responsables<br />

de services cantonaux de la<br />

protection des sols ont contribués a ces<br />

WS.<br />

Quelques remarques issues de ces WS:<br />

– Les chantiers en forêt sont plus<br />

nombreux que perçus et leur nombre<br />

augmente.<br />

– Les systèmes et techniques pour les<br />

chantiers en sols forestiers ne sont<br />

pas normés, ni systématiquement<br />

développés.<br />

– Les matériaux terreux issus de sols<br />

forestiers sont un problème pour soi<br />

et il existe peu de références scientifiques<br />

à leur sujet. L’entreposage<br />

de plus d’un an, l’enherbement, la<br />

réutilisation des matériaux terreux<br />

issus des sols forestiers varie d’un<br />

expert à l’autre.<br />

– La remise en place des sols forestiers<br />

et les objectifs de remise en<br />

«culture», y compris les phases<br />

intermédiaires, ne sont pas encore<br />

bien maîtrisés.<br />

Le guide pratique qui devrait paraître<br />

en 2014 dans la série OFEV Connaissance<br />

de l’environnement attirera<br />

l’attention sur la problématique<br />

et devra encourager tous les milieux<br />

forestiers concernés a contribuer<br />

à l’établissement de documents techniques<br />

pour les chantiers sur sols forestiers<br />

dans le cadre des activités du groupe<br />

fédéral mise en œuvre de l’OSol<br />

contre les atteintes physiques (VBPhy)<br />

qui réunit les cantons et les institutions<br />

concernées par la problématique.


Forum für Wissen 2013: 23–28 23<br />

Bodenschutz im Wald – Beitrag der Waldpolitik 2020<br />

des Bundes<br />

Sabine Augustin und Silvio Schmid<br />

Bundesamt für Umwelt, CH-3003 Bern, sabine.augustin@bafu.admin.ch, silvio.schmid@bafu.admin.ch<br />

Der Boden ist Lebens- und Produktionsgrundlage. Ohne Vegetation gäbe es keinen<br />

Boden, ohne Boden keine Vegetation. Alle Ökosystemleistungen aus dem<br />

Wald sind direkt oder indirekt abhängig von funktionsfähigen Böden. Deshalb hat<br />

der Gesetzgeber auch den Schutz der Waldböden in der Bodenschutz- und Waldgesetzgebung<br />

festgehalten. In der Waldpolitik 2020 konkretisiert der Bund, wie er<br />

in den nächsten Jahren die Waldböden vor chemischen und physikalischen Schäden<br />

bewahren will. Der Artikel zeigt die in der Waldpolitik 2020 formulierten Ziele<br />

auf und erläutert die entsprechenden vorgesehenen Massnahmen.<br />

1 Einleitung<br />

Intakte Ökosysteme sind gekennzeichnet<br />

durch eine hohe Anpassungsfähigkeit<br />

an wechselnde Umweltbedingungen<br />

und Widerstandsfähigkeit gegenüber<br />

biotischem und abiotischem<br />

Stress. Die Stoffkreisläufe sind in<br />

einem standortgerechten Fliessgleichgewicht,<br />

die Nahrungsketten sind vollständig<br />

und Nährstoffe werden der<br />

Vegetation bedarfsgerecht bereitgestellt.<br />

Diese die Nachhaltigkeit gewährleistenden<br />

Eigenschaften und die Ökosystemleistungen<br />

des Waldes werden<br />

wesentlich durch die Funktionsfähigkeit<br />

der Böden vermittelt. Böden sind<br />

damit eine der wichtigsten Grundlagen<br />

des Lebens.<br />

2 Bodenschutz im Recht<br />

Die Bundesverfassung beauftragt den<br />

Bund, dafür zu sorgen, dass der Men sch<br />

und die natürliche Umwelt vor schädlichen<br />

und lästigen Einwirkungen geschützt<br />

werden. Die Kosten entsprechender<br />

Massnahmen sind durch die<br />

Verursacher zu tragen (Verursacherprinzip).<br />

Für den Vollzug sind grundsätzlich<br />

die Kantone zuständig (Art. 74<br />

BV; Art. 36 USG; Art. 13 Abs. 1 VBBo).<br />

Gleichzeitig sorgt der Bund dafür, dass<br />

der Wald seine Funktionen erfüllen<br />

kann und er legt Grundsätze für den<br />

Schutz des Waldes fest (Art. 77 BV).<br />

Die Bodenschutzgesetzgebung in der<br />

Schweiz zielt auf die langfristige Erhaltung<br />

der Bodenfruchtbarkeit (Art. 1<br />

Abs. 1 USG, Art. 1 VBBo). Dabei gilt die<br />

oberste, unversiegelte Erdschicht, in der<br />

Pflanzen wachsen können, als Boden.<br />

Dies gilt für alle Böden, und damit ist<br />

auch der Waldboden durch das Bodenschutzrecht<br />

geschützt (Iten 2009).<br />

Das Waldgesetz erwähnt im Artikel<br />

20, Absatz 1, den Bodenschutz nur indirekt:<br />

«Der Wald ist so zu bewirtschaften,<br />

dass er seine Funktionen dauernd und<br />

uneingeschränkt erfüllen kann (Nachhaltigkeit)».<br />

Damit der Wald seine<br />

Funktionen und Ökosystemleistungen<br />

langfristig und nachhaltig erbringen<br />

kann, ist der Schutz des Bodens und<br />

seiner Fruchtbarkeit unabdingbar. Das<br />

Konzept der Ökosystemleistungen hat<br />

aufgrund der von den Vereinten Nationen<br />

um die Jahrtausendwende lancierten<br />

Milleniumziele an Bedeutung<br />

gewonnen. Es unterscheidet unterstützende,<br />

bereitstellende, regulierende<br />

und kulturelle Leistungen (Reid et al.<br />

2005; Bergen et al. 2013). Die Waldverordnung<br />

beauftragt in Artikel 28 Buchstabe<br />

d die Kantone, Massnahmen zur<br />

Verminderung physikalischer Bodenschäden<br />

zu ergreifen, um Waldschäden<br />

zu verhüten.<br />

Daraus folgt: Wenn der Wald bewirtschaftet<br />

wird, sind chemische oder physikalische<br />

Belastungen, die das natürliche<br />

Potenzial der Erneuerung und des<br />

Wachstums einschränken, nicht erlaubt<br />

(Art. 6 VBBo). Im Sinne des Verursacherprinzips<br />

ist der Bewirtschafter<br />

dafür verantwortlich, dass keine irreversiblen<br />

Schäden entstehen.<br />

In Artikel 1, Absatz 2, des Umweltschutzgesetzes<br />

wird das Vorsorgeprinzip<br />

verankert: «Im Sinne der Vorsorge<br />

sind Einwirkungen, die schädlich oder<br />

lästig werden könnten, frühzeitig zu<br />

begrenzen.» Aus dem Vorsorgeprinzip<br />

lässt sich ableiten, dass sowohl der<br />

Staat als auch der Waldbewirtschafter<br />

den Waldboden grundsätzlich vor<br />

Beeinträchtigungen bewahren sollen<br />

(Art. 74 BV; Art. 1, Abs. 1 USG).<br />

3 Waldpolitik 2020 – Strategie<br />

des Bundes<br />

In der Waldpolitik 2020 stellt der Bundesrat<br />

seine waldpolitischen Absichten<br />

bis 2020 vor. Eines der elf Ziele ist der<br />

Schutz der Waldböden: «Waldböden,<br />

Trinkwasser und Vitalität der Bäume<br />

sind durch Stoffeinträge, unsachgemässe<br />

Bewirtschaftung und entsprechende<br />

physikalische Einwirkungen nicht<br />

gefährdet (Ziel 7; BAFU 2013).»<br />

Um dieses Ziel zu erreichen, sieht<br />

der Bund die drei folgenden Stossrichtungen<br />

vor:<br />

– Sektorübergreifende Ansätze (u.a.<br />

zur Eindämmung der Einträge von<br />

Stickstoff und Schwermetallen)<br />

– Befahren des Waldbodens<br />

– Nähstoffhaushalt<br />

In den folgenden Kapiteln werden diese<br />

Stossrichtungen, insbesondere der<br />

Handlungsbedarf und die vorgesehenen<br />

Massnahmen, genauer dargestellt.<br />

3.1 Sektorübergreifende Ansätze<br />

Viele in die Umwelt eingebrachte<br />

Stoffe wirken in allen Umweltmedien<br />

(Wasser, Boden, Luft), sie werden


24 Forum für Wissen 2013<br />

vielfältig umgewandelt, gespeichert<br />

oder an benachbarte Systeme (Gewässer)<br />

weitergeleitet. Gleichzeitig ist<br />

die Bodenschutzpolitik sehr stark mit<br />

anderen Politiken vernetzt. Wichtige<br />

Wechselwirkungen bestehen etwa zur<br />

Luftreinhalte-, zur Landwirtschafts-,<br />

zur Verkehrs- und Raumplanungspolitik<br />

(Knoepfel et al. 2010). Deshalb lassen<br />

sich die Schadstoffeinträge nur mit<br />

sektorübergreifenden Ansätzen eindämmen.<br />

Stickstoff<br />

Dies trifft in besonderem Masse auf<br />

Stickstoff zu, der – einmal in reaktiver<br />

Form in die Umwelt eingebracht –<br />

kaskadenartig durch alle Medien transportiert<br />

wird (Galloway et al. 2003).<br />

Die unmittelbaren Quellen für den<br />

Stickstoff in der Atmosphäre sind landwirtschaftliche<br />

und industrielle Tätigkeit<br />

sowie der Verkehr. Wälder kämmen<br />

ihn mit ihrer rauhen und grossen<br />

Oberfläche aus der Luft aus, so dass<br />

der Eintrag in Wälder oft ein Vielfaches<br />

dessen beträgt, was auf benachbarten<br />

unbestockten Flächen deponiert<br />

wird. Der Stickstoff wirkt langfristig<br />

auf allen ökosystemaren Ebenen. In<br />

ehemals stickstofflimitierten Wäldern<br />

führt der zunächst düngende Effekt<br />

zu gesteigertem Wachstum der Bäume<br />

und zur Förderung stickstoffliebender<br />

Vegetation. Langfristig reichert sich<br />

Stickstoff im Wald an.<br />

Bei zu hohen Einträgen, das heisst<br />

solchen, die nicht mehr von der Vegetation<br />

aufgenommen oder gespeichert<br />

werden können, versauern die Waldböden<br />

und verlieren wichtige Nährstoffe<br />

(Ca, Mg, K). Langfristig verringert dies<br />

das Nährstoffangebot für Pflanzen und<br />

führt zu Nährstoffungleichgewichten in<br />

der Ernährung. Abbildung 1 zeigt schematisch<br />

die Modellvorstellungen zum<br />

Verlauf der Stickstoffanreicherung in<br />

Wäldern.<br />

Diverse Ergebnisse des Umweltmonitorings<br />

im Wald belegen viele dieser<br />

Entwicklungen für Waldstandorte<br />

auch in der Schweiz (Baumernährung,<br />

Wachstum, N-Austrag: Flückiger et al.<br />

2011). In den letzten Jahren zeigt sich<br />

als Trend, dass die Phosphorkonzentrationen<br />

abnehmen und diese zum limitierenden<br />

Faktor in der Waldernährung<br />

werden (Mellert et al. 2004; Braun<br />

et al. 2010). Besonders die Buche, die<br />

Relative Einheiten<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

0 1<br />

2<br />

3<br />

Stadium<br />

N-Mineralisation NPP C/N-Verhältnis<br />

Nitrifikation<br />

N-Austrag<br />

Abb. 1. Vorstellungen zum Verlauf der Stickstoff-Sättigung in Waldökosystemen, adaptiert<br />

nach Aber et al. 1989; Aber et al. 1998; Emmett 2007.<br />

Stadium 0 = N-Kreislauf unter stickstofflimitierenden Bedingungen; Stadium 1 = anfängliche<br />

Effekte chronischer N-Deposition; Stadium 2 = Stickstoff-Sättigung; Stadium 3 =<br />

«Stickstoff-Übersättigung» (N-Austräge hoch). Die «relativen Einheiten» zeigen nur die<br />

jeweiligen Zu- und Abnahmen.<br />

N-Mineralisation = Abbau des Stickstoff aus organischer Substanz, z. B. Blättern und<br />

Nadeln auf dem Waldboden; NPP = Nettoprimärproduktion = Wachstum; C/N-Verhältnis =<br />

Verhältnis von Kohlenstoff zu Stickstoff im Oberboden; Nitrifikation = Bildung von Nitrat<br />

(NO 3– ) aus Ammonium (NH 4+ ); N-Austrag = Stickstoffauswaschung aus dem Wurzelraum<br />

mit dem Sickerwasser, vorwiegend als Nitrat.<br />

einen hohen P-Bedarf hat, scheint nicht<br />

mehr genug Phosphor aufnehmen zu<br />

können. Als Ursachen der verringerten<br />

Phosphorverfügbarkeit werden erhöhte<br />

Stickstoffeinträge und Bodenversauerung<br />

diskutiert, doch sind die Mechanismen<br />

noch weiter zu klären.<br />

Massnahmen<br />

Die Verminderung der Stickstoffeinträge<br />

ist daher ein wichtiges Anliegen<br />

des Waldsektors. Die Waldinteressen<br />

werden aktiv in andere Sektoralpolitiken,<br />

zum Beispiel die Luftreinhaltung,<br />

eingebracht. Die wichtigsten Elemente<br />

sind hierbei:<br />

– Die Ermittlung von Ausmass und<br />

räumlicher Ausdehnung der potenziellen<br />

Gefährdung des Waldes<br />

durch Stickstoffeinträge<br />

– Bestimmung quantitativer Ursache-<br />

Wirkungs-Beziehungen (Grundlage:<br />

Monitoring)<br />

– Die Bewertung der Ergebnisse<br />

(Auswertung des Integrierenden<br />

Monitorings)<br />

Die internationale und nationale Luftreinhaltung<br />

ist wirkungsbasiert, d.h. die<br />

Emissions-Reduktionsziele orientieren<br />

sich unter anderem an den kritischen<br />

Belastungsraten für Wälder. Somit leistet<br />

das Langfrist-Umweltmonitoring in<br />

Wäldern wichtige Beiträge an die Luftreinhaltepolitik.<br />

Schwermetalle<br />

Böden sind potenziell effektive «Filter»<br />

für Schwermetalle. Dabei werden<br />

Schwermetalle, im rein chemischen<br />

Sinne, nicht gefiltert, sondern deren<br />

Verbindungen werden umgewandelt<br />

und in Böden gespeichert. Für die<br />

Beurteilung der Belastung von Böden<br />

mit Schwermetallen und ihres langfristigen<br />

Gefährdungspotenzials ist daher<br />

die Kenntnis der (Wald-)Bodeneigenschaften<br />

und der Mobilitätsbedingungen<br />

der Schwermetalle unerlässlich.<br />

Durch die Holzernte und die Versauerung<br />

können sich die chemischen<br />

Bedingungen für die Speicherung der<br />

deponierten Schwermetalle ändern.<br />

Die Mineralisation organischer Substanz<br />

(durch Erwärmung, zu grosse<br />

Auflichtung von Wäldern durch Stürme<br />

oder Holzschläge) führt insbesondere<br />

bei Blei, Kupfer und Quecksilber


Forum für Wissen 2013 25<br />

zu Mobilisierung, während Cadmium,<br />

Nickel, Kobalt und Zink eher durch<br />

zunehmende Versauerung (Deposition,<br />

Nährstoffentzüge) verfügbar werden.<br />

Mobilisierung bedeutet, dass<br />

die betreffenden Elemente mit dem<br />

Sickerwasser transportiert werden können,<br />

aber auch, dass sie pflanzenverfügbar<br />

werden.<br />

Während über die meisten mengenmässig<br />

bedeutenden Schwermetalle<br />

ausreichende Kenntnisse vorliegen, ist<br />

über das Verhalten und die Wirkungen<br />

des Quecksilbers (Hg) weniger<br />

bekannt. Quecksilber gehört neben Blei<br />

und Cadmium zu den hoch-toxischen<br />

Schwermetallen. Untersuchungen zeigten,<br />

dass insbesondere das methylierte<br />

Hg als Gift wirkt. Diese Verbindung<br />

wird im Boden durch Regenwürmer<br />

synthetisiert und kann Auswirkungen<br />

auf die Zusammensetzung der Pilzund<br />

Bakteriengemeinschaften haben<br />

(Rieder und Frey 2013).<br />

werden, um davon auch die notwendigen<br />

Schutzmassnahmen abzuleiten<br />

(Lüscher 2010; Lüscher et al. 2009a;<br />

Lüscher et al. 2009b).<br />

Massnahmen<br />

Die wichtigsten Vorkehrungen zur Vermeidung<br />

von Bodenverdichtung sind:<br />

– Die systematisch angelegte Feinerschliessung:<br />

Für die bewirtschaftete<br />

Waldfläche wird ein Feinerschliessungskonzept<br />

erarbeitet. Nasse Stellen<br />

sind zu umfahren. Damit auch<br />

bei späteren Holzschlägen auf den<br />

selben Gassen gefahren wird, ist<br />

die Feinerschliessung im Gelände<br />

und auf Plänen möglichst genau<br />

festzuhalten (Kaufmann et al. 2010;<br />

Lüscher et al. 2009a).<br />

– Technische Massnahmen bei den<br />

Maschinen: Durch technische Massnahmen,<br />

zum Beispiel die Wahl<br />

einer gut geeigneten Maschine mit<br />

entsprechender Bereifung sowie die<br />

Verringerung des Reifenfülldrucks<br />

lässt sich die Gefahr von Bodenverdichtungen<br />

verringern (Lüscher<br />

et al. 2009a).<br />

– Sensiblisierung und Ausbildung der<br />

Waldbewirtschafter: In der Aus- und<br />

Weiterbildung der Forstfachleute<br />

Massnahmen<br />

Der Bund fördert Forschungsprojekte,<br />

um diese Zusammenhänge besser zu<br />

verstehen und nach Möglichkeit quantifizieren<br />

zu können. Die Resultate<br />

dieser Abklärungen sind ein wichtiger<br />

Beitrag für die Weiterentwicklung kritischer<br />

Grenzwerte für die Hg-Belastung<br />

von Böden und deren Festlegung<br />

in der Verordnung über Belastungen<br />

des Bodens, VBBo.<br />

3.2 Befahren des Waldbodens<br />

Werden Waldböden von Forstmaschinen<br />

befahren, verändern sich auf den<br />

meisten Böden deren Eigenschaften,<br />

insbesondere verringern sich das Volumen<br />

und die Vernetzung der Porenräume.<br />

Dadurch wird der Transport von<br />

Luft und Wasser, zweier für das Planzenwachstum<br />

unabdingbaren Elemente,<br />

eingeschränkt. Im Grundsatz gilt es<br />

– im Sinne des Vorsorgeprinzips – jegliche<br />

Bodenschädigung zu verhindern<br />

(Lüscher 2010). Die <strong>WSL</strong> hat hierfür<br />

eine wertvolle Hilfestellung für die<br />

Praxis entwickelt: Mit diesen soll die<br />

Forstpraxis befähigt werden, die Folgen<br />

der Bodenverdichtung zu erkennen,<br />

zu bewerten und möglichst zu verhindern.<br />

So kann etwa mit einer einfachen<br />

Bodenansprache der Spurtyp bestimmt<br />

Abb. 2. Fahrspur im Wald, Spurtyp 3. Das Befahren mit Forstmaschinen bewirkt Verdichtungen<br />

und Verformungen im Boden.<br />

Abb. 3. Sensibilisierung und Ausbildung: Peter Lüscher und Fritz Frutig von der <strong>WSL</strong> sensibilisieren<br />

und erklären bei jedem Wetter.


26 Forum für Wissen 2013<br />

werden das «Wieso» und das «Wie»<br />

einer bodenschonden Waldbewirtschaftung<br />

vermittelt (Kaufmann<br />

et al. 2010).<br />

% von Stamm ohne Rinde<br />

500 Buchen (N=13) Fichten (N=33)<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Biomasse<br />

Stamm mit Rinde<br />

Stamm mit Ästen<br />

Vollbaumernte<br />

N P K Ca Mg Biomasse<br />

Hier setzt die Waldpolitik 2020 an. Der<br />

Bund prüft, wie die Anforderungen<br />

und Auflagen für die bodenschonende<br />

Bewirtschaftung bei den Subventionen<br />

des Bundes (Neuer Finanzausgleich<br />

NFA) berücksichtigt werden können.<br />

Gleichzeitig entwickelt der Bund Kommunikationsmassnahmen<br />

im Bereich<br />

des physikalischen Bodenschutzes<br />

(Stoss richtung 7.2 «Befahren des Waldbodens»;<br />

BAFU 2013).<br />

3.3 Nährstoffhaushalt von Wäldern<br />

Bei nachhaltiger Bewirtschaftung halten<br />

sich Holzzuwachs und Holzentnahme<br />

durch die Ernte und Freisetzung<br />

von Nährstoffen aus der Verwitterung<br />

N P K Ca Mg<br />

Abb. 4. Erhöhung des Nährstoffentzugs bei der Entfernung von Ästen oder der ganzen Krone,<br />

im Vergleich zur Ernte von «Stamm ohne Rinde». Datengrundlage: Literaturstudie von<br />

Jacobsen et al. (2003) sowie Duvigneaud et al. (1971), Krauss und Heinsdorf (2008), Krapfenbauer<br />

und Buchleitner (1981).<br />

der Minerale die Waage, das heisst die<br />

Stoffbilanz ist ausgeglichen. Neben den<br />

nach wie vor zu hohen Stickstoffeinträgen<br />

beeinflusst heute vielerorts eine<br />

intensivierte Holzernte für energetische<br />

Zwecke den Nährstoffhaushalt<br />

von Wäldern. Bei der Vollbaumernte<br />

werden neben dem Stamm- und Derbholz<br />

auch kleinere Äste und Reisig<br />

sowie Blätter/Nadeln aus dem Wald<br />

entfernt. Doch gerade diese Kompartimente<br />

enthalten viele Nährstoffe, die<br />

dem Wald verloren gehen. So kann die<br />

zusätzliche Nutzung von Baumkronen,<br />

Rinden und Reisig den Nährstoffentzug<br />

im Vergleich zur Stammholznutzung um<br />

ein Vielfaches erhöhen (Abb. 4).<br />

Ob dies im Einzelfall eine Gefährdung<br />

darstellt, hängt sehr vom Zustand<br />

des Bodens, der Verwitterung und der<br />

Baumart ab. Nährstoffentzüge über die<br />

natürliche Nachlieferung aus der Verwitterung<br />

übersteigen führen zu negativen<br />

Nährstoffbilanzen und damit zu<br />

einer Verarmung der Standorte.<br />

Die wachsenden Ansprüche an den<br />

Wald sollten daher räumlich gesteuert<br />

werden, das heisst eine intensivere<br />

Nutzung sollte nur dort stattfinden, wo<br />

es der Nährstoffhaushalt und die Belastungen<br />

durch die Deposition zulassen.<br />

Hierfür stellt der Bund entsprechende<br />

Grundlagen bereit und macht vorhandene<br />

Informationen nutzbar.<br />

Bund (Umwelt<br />

inkl. Wald)<br />

Landw. und<br />

Verkehr<br />

Landwirte, Industrie und<br />

Verkehrsteilnehmer<br />

7.1 Sektorübergreifende<br />

Ansätze<br />

7.2 Befahren des<br />

Waldbodens<br />

arbeiten zusammen:<br />

berücksichtigen Emissionsreduktionen<br />

in Sektoralpolitiken<br />

unterstützt internationale<br />

Bestrebungen zur Luftreinhaltung<br />

knüpft Auflagen und Bedingungen<br />

zugunsten Bodenschutz<br />

an NFA-Subventionen<br />

setzen weniger Stickstoff<br />

und Schwermetalle frei<br />

Internationale Gemeinschaft<br />

senkt Immissionsgrenzwerte<br />

Waldbewirtschafter<br />

Wald<br />

Die Fruchtbarkeit des<br />

Waldbodens und seine<br />

Funktionsfähigkeit sind<br />

gewährleistet.<br />

Der Wald erbringt die<br />

Waldleistungen und trägt<br />

so zur Wohlfahrt bei.<br />

Kantone<br />

entwickeln Kommunikationsmassnahmen<br />

befahren den Waldboden<br />

schonend auf permanenten<br />

Gassen<br />

7.3 Nährstoffhaushalt<br />

klären Ausmass der durch Stickstoff<br />

und Versauerung gefährdeten<br />

Standorte ab<br />

?<br />

erarbeiten Konzept zur Verbesserung<br />

des Nährstoffhaushaltes<br />

Abb. 5. Vereinfachte Übersicht über das in der Waldpolitik 2020 vorgesehene Massnahmenbündel des Bundes betreffend Bodenschutz im<br />

Wald und dessen geplanten Wirkungen und Effekte. Bei der Stossrichtung «Nährstoffhaushalt» werden derzeit genauere Abklärungen vorgenommen.<br />

Erst nach Vorliegen dieser Resultate können Handlungsbedarf und Massnahmen bestimmt werden.


Forum für Wissen 2013 27<br />

Massnahmen<br />

Für die Abklärung des Ausmasses der<br />

gefährdeten Waldstandorte sind folgende<br />

Massnahmen vorgesehen (Stossrichtung<br />

7.3 «Nährstoffhaushalt»; BAFU<br />

2013):<br />

– Ermittlung des Bodenzustands der<br />

Wälder, um Risiken hinsichtlich<br />

Mangelernährung, Nährstoffungleichgewichten<br />

und Nährstoffverlusten<br />

aus dem Boden besser einschätzen<br />

zu können. Diese Arbeiten<br />

laufen derzeit in einem Projekt des<br />

BAFU.<br />

– Bestimmung der Überschreitungen<br />

der Critical Loads: Überschreitungen<br />

weisen das langfristige Gefährdungspotenzial<br />

aus. Diese Arbeiten<br />

werden vom BAFU gefördert.<br />

– Kartenmässige Verschneidung von<br />

Gefährdungspotenzialen, das heisst<br />

Critical Loads, Karten der Stoffeinträge,<br />

Standorte geringer Basensättigung<br />

im Wurzelraum, Verwitterungsraten<br />

und Trockenstress. Diese<br />

Arbeiten werden teils schon durchgeführt,<br />

teils sind sie in Planung.<br />

– Formulierung von Empfehlungen<br />

für die Holzernte.<br />

4 Schlussfolgerungen und<br />

Perspektiven<br />

Die Waldpolitik 2020, inklusive der<br />

Massnahmen zum Bodenschutz, wird<br />

in den nächsten Jahren weiter umgesetzt.<br />

Der Schutz der Böden ist eine<br />

gemeinsame Aufgabe des Bundes, der<br />

Kantone und der Waldeigentümer.<br />

Dabei stützt sich der Bund auf die<br />

bestehenden Monitoringsysteme und<br />

arbeitet interdisziplinär mit weiteren<br />

Bundesstellen zusammen. Wichtige<br />

Partner sind auch die Forschungs- und<br />

Bildungsinstitute. Um die Risiken und<br />

zukünftigen Gefahren, gerade auch in<br />

Anbetracht des Klimawandels, besser<br />

abschätzen und voraussehen zu können,<br />

sind noch weitere Forschungsarbeiten,<br />

aber auch die Fortführung des<br />

Monitorings, notwendig. Ein wichtiger<br />

handlungsleitender Grundsatz ist das<br />

Vorsorgeprinzip. Die UNCED (1992)<br />

umschreibt das Vorsorgeprinzip wie<br />

folgt: «Angesichts der Gefahr irreversibler<br />

Umweltschäden soll ein Mangel<br />

an vollständiger wissenschaftlicher<br />

Gewissheit nicht als Entschuldigung<br />

Royal des Sciences Naturelle de Belgique<br />

164: 1–101.<br />

Emmett, B., 2007: Nitrogen saturation of<br />

terrestrial ecosystems: some recent findings<br />

and their applications for our conceptual<br />

framework. Water Air Soil Pollut.<br />

Focus 7: 99–109.<br />

Flückiger, W.; Braun, S.; Mainiero, R.;<br />

Schütz, K.; Thomas, V., 2011: Auswirkung<br />

erhöhter Stickstoffbelastung auf die Stabilität<br />

des Waldes. Synthesebericht im<br />

Auftrag des BAFU.<br />

Galloway, J.N.; Aber, J.D.; Erisman, J.W.;<br />

Seitzinger, S.P.; Howarth, R.W.; Cowling,<br />

E.B.; Cosby, B.J., 2003: The Nitrogen<br />

cascade. BioScience 53: 341–356.<br />

Iten B., 2009: Gesetzliche Grundlagen für<br />

den physikalischen Bodenschutz bei der<br />

Holzernte, in: Thees Oliver, Lemm Renato<br />

(Herausgeber), Management zukunftsfähige<br />

Waldnutzung. Zürich, vdf Hochschulverlag<br />

an der ETH Zürich, S. 247–<br />

259.<br />

Jacobsen, C.; Rademacher, P.; Meesenburg,<br />

H.; Meiwes, K. J., 2003: Gehalte chemischer<br />

Elemente in Baumkompartimenten.<br />

Literaturstudie und Datensammlung.<br />

Univ. Göttingen, Ber. Forsch.zent. Waldökosyst.<br />

B 69: 1–81.<br />

Kaufmann G.; Staedeli M.; Wasser, B.,<br />

2010: Grundanforderungen an den naturnahen<br />

Waldbau. Projektbericht, Bundesamt<br />

für Umwelt, 86 S.<br />

Knoepfel, P.; Nahrath, S.; Savary, J.; Varone,<br />

F., 2010: Analyse des politiques suisses<br />

de l’environnement, Zurich/Coire, Verlag<br />

Rüegger, 2 ème édition, 592 p.<br />

Krapfenbauer, A.; Buchleitner, E., 1981:<br />

Holzernte, Biomassen- und Nährstoffaustrag,<br />

Nährstoffbilanz eines Fichtenbestandes.<br />

Cent.bl. gesamte Forstwes. 98:<br />

193–223.<br />

Krauss, H. H.; Heinsdorf, D., 2008: Herleitung<br />

von Trockenmassen und Nährstoffspeicherungen<br />

in Buchenbeständen.<br />

Eberswalde, Landesforstanstalt Eberswalde,<br />

72 S.<br />

Lüscher, P., 2010: Bodenveränderungen<br />

und Typisierung von Fahrspuren nach<br />

physikalischer Belastung. Schweiz. Z.<br />

Forstwes. 504–509.<br />

Lüscher, P.; Frutig F., Sciacca, S.; Spjevak,<br />

S.; Thees, O., 2009a: Physikalischer<br />

Bodenschutz im Wald – Bodenschutz<br />

beim Einsatz von Forstmaschinen. Birmensdorf,<br />

Eidg. Forschungsanstalt <strong>WSL</strong>.<br />

Merkbl. Prax. 45: 12 S.<br />

Lüscher P.; Borer, F.; Blaser, P., 2009b:<br />

Langfristige Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit<br />

des Waldbodens durch mechadafür<br />

dienen, Massnahmen hinauszuzögern,<br />

die in sich selbst gerechtfertigt<br />

sind. Bei Massnahmen, die sich auf<br />

komplexe Systeme beziehen, die noch<br />

nicht voll verstanden worden sind und<br />

bei denen die Folgewirkungen von Störungen<br />

noch nicht vorausgesagt werden<br />

können, könnte der Vorsorgeansatz als<br />

Ausgangsbasis dienen.»<br />

Wir werden wohl nie alle Details des<br />

komplexen Systems Boden mit all seinen<br />

Wechselwirkungen mit der Biomasse,<br />

der Atmosphäre und dem Klima<br />

kennen und vorhersagen können.<br />

Erforderlich für detailliertere und flächenscharfe<br />

Empfehlungen sind Angaben<br />

zum chemischen und physikalischen<br />

Bodenzustand. Diese bereitzustellen<br />

ist gemäss Waldpolitik 2020<br />

Aufgabe des Bundes. In entsprechende<br />

Projekten wird daran gearbeitet.<br />

Doch ist das nun schon vorhandene<br />

Wissen hinreichend um bereits jetzt zu<br />

handeln.<br />

5 Literatur<br />

Aber, J.D.; Nadelhoffer, K.J.; Steudler, P.;<br />

Melillo, J.M., 1989: Nitrogen saturation<br />

in northern forest ecosystems. BioScience<br />

39: 378–386.<br />

Aber, J.D.; McDowell, W.; Nadelhoffer,<br />

K.J.; Magill, A.; Berntson, G.; Kamakea,<br />

M.; McNulty, S.; Currie, W.; Rustad, L.;<br />

Fernandez, I., 1998. Nitrogen saturation<br />

in northern forest ecosystems – Hypotheses<br />

revisted. BioScience 48: 921–934.<br />

Bergen V.; Löwenstein W.; Olschewski,<br />

R., 2013: Forstökonomie – volkswirtschaftliche<br />

Ansätze für eine vernünftige<br />

Umwelt- und Landnutzung. München,<br />

Vahlen. 2. Auflage, 477 S.<br />

Braun, S.; Thomas, V. F. D.; Quiring, R.;<br />

Flückiger, W., 2010: Does nitrogen deposition<br />

increase forest production? The<br />

role of phosphorus. Environ. Pollut. 158:<br />

2043–2052.<br />

Braun, S.; Kurz D., 2012: Nährstoffbilanzen<br />

bei Vollbaumnutzung. Zür. Wald 44:<br />

20–22.<br />

Bundesamt für Umwelt BAFU (Hrsg.)<br />

2013: Waldpolitik 2020 – Visionen, Ziele<br />

und Massnahmen für eine nachhaltige<br />

Bewirtschaftung des Schweizer Waldes.<br />

Bern, Bundesamt für Umwelt. 66 S.<br />

Duvigneau, P.; Denaeryer, S.; ambroes,<br />

P.; Timperman, J., 1971: Recherches sur<br />

l‘écosystème forêt. Mémoires de l’institute


28 Forum für Wissen 2013<br />

nische Belastung. In: Thees, O.; Lemm,<br />

R. (Hrsg.) Management zukunftsfähige<br />

Waldnutzung. Zürich, vdf Hochschulverlag<br />

an der ETH Zürich, S. 261–270.<br />

Mellert, K. H.; Prietzel, J.; Straussberger,<br />

R.; Rehfuess, K. E., 2004: Long-term<br />

nutritional trends of conifer stands in<br />

Europe: results from the RECOGNITI-<br />

ON project. Eur. J. For. Res. 123: 305–319.<br />

Reid, W. V.; Mooney, H. A.; Cropper, A.;<br />

Capistrano, D.; Carpenter, S. R.; Chopra<br />

K.; Dasgupta, P. et al., 2005: Millennium<br />

Ecosystem Assessment. Ecosystems<br />

and Human Well-Being, Synthesis, Island<br />

Press, Washington DC, 137 p. http://www.<br />

millenniumassessment.org/documents/<br />

document.356.aspx.pdf<br />

Rieder, S.R.; Frey, B., 2013: Methyl-mercury<br />

affects microbial activity and biomass,<br />

bacterial community structure but rarely<br />

the fungal community structure. Soil Biol.<br />

Biochem., in press.<br />

UNCED, 1992: UN-Konferenz für Umwelt<br />

und Entwicklung, Rio de Janeiro. Rio<br />

-Erklärung über Umwelt und Entwicklung,<br />

Grundsatz 15. Agenda 21, Artikel 35.<br />

Gesetzliche Grundlagen:<br />

Bundesverfassung BV, vom 18. April 1999<br />

(SR 101)<br />

Umweltschutzgesetz USG vom 7. Oktober<br />

1983 (SR 814.01)<br />

Waldgesetz WaG vom 4. Oktober 1991 (SR<br />

921.0)<br />

Waldverordnung WaV vom 30. November<br />

1992 (SR 921.01)<br />

Verordnung über Belastungen des Bodens<br />

VBBo vom 1. Juli 1998 (SR 814.12)<br />

Abstract<br />

Soil protection in forests – the contribution of the Swiss Confederation<br />

According to the Federal Constitution of the Swiss Confederation, the Swiss<br />

government must protect people and the environment against harmful and disagreeable<br />

influences. The Swiss legislation on Soil Protection specifies that soil fertility,<br />

including that of forest soils, should be protected in the long term. The Forest<br />

Act states that forest owners manage their forests sustainably to ensure the forest<br />

can perform its functions in the long term.<br />

The Forest Policy 2020, adopted by the Swiss Federal Council in 2012, defines<br />

a total of eleven policy objectives. These also concern the forest soil (including<br />

drinking water and tree vitality). Objective 7 “Forest soil, drinking water and the<br />

vitality of the trees shall not be endangered” formulates 3 strategic directions:<br />

intersectoral approaches, driving on forest soil, and nutrient balance. To pursue<br />

these objectives the Forest Division of FOEN cooperates with other sectors (intersectoral<br />

approaches), supports research and finances information campaigns in<br />

the form of information sheets. The Forest Division of FOEN also provides basic<br />

information, e.g. soil maps, or produces it if it is lacking, e.g. by preparing maps.<br />

Keywords: soil protection, forest soil, Forest Policy 2020, Switzerland


Forum für Wissen 2013: 29–30 29<br />

Umsetzung des Bodenschutzes im Aargauer Wald<br />

Alain Morier<br />

Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung Wald, Entfelderstrasse 22, CH-5001 Aarau<br />

alain.morier@ag.ch<br />

Im Projekt «Bodenschutz im Wald» wurden zwischen 2008 und 2011 die Grundlagen<br />

für die Umsetzung von Bodenschutz-Massnahmen im Aargauer Wald geschaffen.<br />

Für den Kanton Aargau liegt eine flächendeckende Verdichtungsrisikokarte<br />

vor. Der Staatsforstbetrieb Habsburg sammelte Erfahrungen mit der Planung,<br />

Dokumentation und Markierung einer gesamtbetrieblichen Feinerschliessung.<br />

Das gesamte Forstpersonal besuchte Weiterbildungskurse zum Thema Bodenschutz.<br />

Zusammen mit dem Aargauischen Försterverband, den Forstunternehmern<br />

Schweiz, Region Aargau und dem Aargauischen Waldwirtschaftsverband<br />

entstanden fachliche Standards in Form von Empfehlungen. Seit 2012 berät und<br />

unterstützt ein Spezialist der Abteilung Wald die Förster bei der Umsetzung des<br />

Bodenschutzes in ihren Forstbetrieben.<br />

1 Ausgangslage<br />

Das Thema Bodenschutz im Wald ist<br />

im Kanton Aargau nicht neu. Schon<br />

das Aargauische Forstgesetz von 1860<br />

verlangte, dass die Abfuhrwege zweckmässig<br />

angelegt und entbehrliche Wege<br />

bepflanzt werden sollten. Mit dem<br />

Sturm Lothar 1999 hat die vollmechanisierte<br />

Holzernte im Aargauer Wald<br />

zugenommen und das Thema Bodenschutz<br />

ist wieder vermehrt ins Bewusstsein<br />

gerückt. Die Aargauer Waldpolitik<br />

(Kanton Aargau, Departement Bau,<br />

Verkehr und Umwelt, Abteilung Wald<br />

2007) will das Holz nachhaltig nutzen<br />

und den naturnahen Waldbau umsetzen.<br />

Der Boden soll bei der Holzernte<br />

geschont werden. Deshalb wurde 2008<br />

das Projekt «Bodenschutz im Wald»<br />

gestartet.<br />

2 Grundlagen<br />

Für den Kanton Aargau liegt seit 2009<br />

eine flächendeckende Verdichtungsrisikokarte<br />

als Grundlage für die Planung<br />

der Feinerschliessung und der<br />

Holzschläge vor. Sie wurde durch die<br />

Abteilung Wald mit Beratung der <strong>WSL</strong><br />

erstellt und zeigt, wo die Böden empfindlich<br />

auf Befahrung reagieren können.<br />

Die Verdichtungsrisikokarte stellt<br />

das grundsätzliche Verdichtungsrisiko<br />

dar und nicht die aktuelle Befahrbarkeit<br />

des Bodens. Diese ergibt sich<br />

immer aus einer Kombination von<br />

aktueller Bodenfeuchte, Verdichtungsrisiko<br />

und eingesetzter Maschine.<br />

Knapp ein Drittel der Aargauer Waldfläche<br />

gilt als empfindlich (hohes oder<br />

sehr hohes Verdichtungsrisiko) oder ist<br />

nicht befahrbar.<br />

Im Rahmen des Bodenschutzprojekts<br />

wurde im Staatswald Habsburg<br />

die Feinerschliessung auf 95 Hektaren<br />

geplant, dokumentiert und im Gelände<br />

markiert. Es liegen praktische Erfahrungen<br />

zum Einsatz von GPS-Geräten<br />

und GIS, sowie zum Aufwand und zum<br />

Nutzen einer Feinerschliessungskarte<br />

vor.<br />

Massnahmen für den Bodenschutz<br />

können die Holzernte verteuern. Die<br />

Berechnung der Mehrkosten ist mit<br />

grossen Unsicherheiten behaftet. Von<br />

speziellem Interesse ist der Einfluss<br />

des Rückegassenabstands auf die Holzerntekosten.<br />

Diese Frage wurde mit<br />

Modellrechnungen, Vergleichen der<br />

Holzerntekosten gemäss BAR und<br />

Nachkalkulation von Holzschlägen<br />

unter sucht (Kanton Aargau, Departement<br />

Bau, Verkehr und Umwelt,<br />

Abteilung Wald 2012).<br />

3 Ausbildung<br />

Für die Umsetzung des Bodenschutzes<br />

im forstlichen Alltag ist das Verhalten<br />

des Forstpersonals ausschlaggebend.<br />

Zwischen September 2010 und<br />

Juni 2011 wurden an total 6 Kurstagen<br />

jeweils rund 60 bis 70 Forstingenieure,<br />

Förster, Maschinisten, Forstwarte<br />

und Lehrlinge weitergebildet. Insgesamt<br />

besuchten rund 400 Personen die<br />

Kurse, davon rund 30 Mitarbeiter von<br />

Forstunternehmungen. An den Posten<br />

«Boden und Spurtypen», «Maschinentechnik<br />

und organisatorische Massnahmen»,<br />

«Feinerschliessung» und «Kosten-Nutzen<br />

des Bodenschutzes, Verantwortlichkeiten»<br />

wurde das Thema<br />

Bodenschutz im Wald umfassend vorgestellt<br />

(Kanton Aargau, Departement<br />

Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung<br />

Wald 2012).


30 Forum für Wissen 2013<br />

4 Standard<br />

Die Empfehlungen für den Bodenschutz<br />

im Wald bilden das Kernstück<br />

für die praktische Umsetzung. Angestrebt<br />

wurde ein gemeinsamer, von<br />

den Betroffenen akzeptierter, fachlich<br />

guter Standard, der praktisch umsetzbar<br />

ist. Die Empfehlungen wurden<br />

vom Aargauischen Försterverband,<br />

von Forstunternehmer Schweiz, Region<br />

Aargau, vom Aargauischen Waldwirtschaftsverband<br />

und von der Abteilung<br />

Wald gemeinsam erarbeitet und<br />

verabschiedet. Die Themen Feinerschliessung,<br />

bauliche Massnahmen<br />

für den Bodenschutz, Grundsätze der<br />

Maschinentechnik, sowie Verantwortlichkeiten<br />

und organisatorische Möglichkeiten<br />

werden praxisnah dargestellt<br />

(Kanton Aargau, Departement<br />

Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung<br />

Wald; Aargauischer Försterverband;<br />

Forstunternehmer Schweiz, Region<br />

Aargau; Aargauischer Waldwirtschaftsverband<br />

2011).<br />

6 Fazit<br />

Die Umsetzung von Bodenschutz-<br />

Massnahmen ist eine Daueraufgabe.<br />

Sie gelingt nur, wenn die betroffenen<br />

Akteure partnerschaftlich zusammenarbeiten.<br />

Gemeinsam vereinbarte Standards<br />

spielen eine entscheidende Rolle.<br />

Im Kanton Aargau ist es gelungen, die<br />

Waldeigentümer, den Forstdienst und<br />

die Forstunternehmer für das Thema<br />

zu sensibilisieren: Der Bodenschutz<br />

geniesst heute bei allen einen hohen<br />

Stellenwert im Berufsalltag. Ohne eine<br />

anwendungsorientierte Forschung und<br />

Beratung durch die <strong>WSL</strong>, wären die<br />

vorliegenden Ergebnisse nicht möglich<br />

geworden. Herzlichen Dank allen<br />

Beteiligten für das aussergewöhnliche<br />

Engagement und die ausgezeichnete<br />

Zusammenarbeit!<br />

7 Literatur<br />

Kanton Aargau, Departement Bau, Verkehr<br />

und Umwelt, Abteilung Wald (Hrsg.)<br />

2007: Bericht zur Entwicklung des Waldes<br />

im Aargau, waldentwicklung AARGAU.<br />

Kanton Aargau, Departement Bau, Verkehr<br />

und Umwelt, Abteilung Wald (Hrsg.)<br />

2012: Projekt Bodenschutz im Wald.<br />

Schlussbericht.<br />

Kanton Aargau, Departement Bau, Verkehr<br />

und Umwelt, Abteilung Wald; Aargauischer<br />

Försterverband; Forstunternehmer<br />

Schweiz, Region Aargau; Aargauischer<br />

Waldwirtschaftsverband (Hrsg.) 2011:<br />

Empfehlungen für den Bodenschutz im<br />

Wald.<br />

Kanton Aargau, Departement Bau, Verkehr<br />

und Umwelt, Abteilung Wald (Hrsg.)<br />

2012: Umsetzung des Bodenschutzes im<br />

Wald im Aargau.<br />

5 Beratung<br />

Seit 2012 berät und unterstützt ein Spezialist<br />

der Abteilung Wald die Förster<br />

bei der Umsetzung des Bodenschutzes<br />

in ihren Forstbetrieben (Kanton Aargau,<br />

Departement Bau, Verkehr und<br />

Umwelt, Abteilung Wald 2012).<br />

Abstract<br />

Putting soil protection into practice in Canton Aargau’s forest<br />

Between 2008 and 2011, the project “Soil Protection in Forests” laid the<br />

foundations for implementing soil-protection measures in Aargau’s forest and<br />

a soil compaction risk map covering the whole of the Canton of Aargau was<br />

produced. Habsburg’s state-run forest enterprise first obtained experience in<br />

planning, documenting and marking non-invasive tracks throughout its forest. All<br />

the forestry staff attended further training courses on soil protection. Professional<br />

recommendations were drawn up in cooperation with the Aargau Foresters’<br />

Association, the Swiss Association of Forest Contractors, the Region of Aargau<br />

and the Aargau Forestry Association. Since 2012, a specialist from the Canton’s<br />

Forest Division has been advising and supporting foresters in implementing soil<br />

protection in their forest enterprises.<br />

Keywords: soil protection, implementation, Canton Aargau, training, forestry<br />

workers, recommendations


Forum für Wissen 2013: 31–43 31<br />

Ökonomische Überlegungen zum physikalischen<br />

Bodenschutz im Wald<br />

Oliver Thees und Roland Olschewski<br />

<strong>WSL</strong> Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf,<br />

oliver.thees@wsl.ch<br />

Der Schutz des Waldbodens rückt immer mehr in den Fokus der mitteleuropäischen<br />

Forstwirtschaften – so auch in der Schweiz. Im Zentrum stehen dabei die<br />

Befahrung des Bodens mit Maschinen bei der Holzernte und die davon ausgehenden<br />

Risiken für die Bodenfruchtbarkeit und das Waldökosystem. Immer deutlicher<br />

wird die ökonomische Dimension des Themas, wenn nasse Witterung Planbarkeit<br />

und Ausführung der Arbeiten erschweren. Auch das öffentliche Interesse<br />

hat zugenommen: Verletzungen des Waldbodens werden von der Bevölkerung<br />

und in Naturschutzkreisen negativ wahrgenommen und die Medien berichten<br />

darüber. Das Thema birgt grosse ökologische, aber auch ökonomische und politische<br />

Herausforderungen, denn es geht um eine umfassende Nachhaltigkeit in der<br />

Waldbewirtschaftung.<br />

1 Das Problem<br />

Ein Drittel des Schweizer Waldbodens<br />

ist befahrbar bzw. kann mit bodengestützten<br />

Erntemethoden bewirtschaftet<br />

werden. Das Gefährdungspotenzial<br />

beträgt also rund 400000 Hektar.<br />

Erste Erhebungen sind beruhigend.<br />

Sie belegen den sorgsamen Umgang<br />

der Schweizer Forstwirtschaft mit ihrer<br />

Produktionsgrundlage (Schwyzer<br />

et al. 2010): Lediglich 1,3 Prozent der<br />

befahrbaren Waldfläche in der Schweiz<br />

sind nach Landesforstinventar durch<br />

Befahrung derart in Mitleidenschaft<br />

gezogen, dass der Zustand nicht mehr<br />

mit dem Gesetz zu vereinbaren ist.<br />

Gleichwohl bedingt der physikalische<br />

Bodenschutz Anpassungen der<br />

Waldbewirtschaftung: zusätzliche technische<br />

und organisatorische Massnahmen<br />

sind zu seiner Umsetzung notwendig.<br />

Die Forschung kümmert sich in<br />

diesem Zusammengang vor allem um<br />

bodenphysikalische und bodenbiologische,<br />

aber auch um verfahrenstechnische<br />

Fragen. Die Praxis reagiert durch<br />

Ausbildung und Sensibilisierung der<br />

Akteure für das Thema sowie mit einschlägigen<br />

Empfehlungen oder Richtlinien,<br />

welche die Befahrung im Zuge<br />

der Bewirtschaftung regeln. Die wirtschaftlichen<br />

Folgen dieser Konzepte<br />

und Massnahmen wurden bisher allerdings<br />

wenig untersucht. Vor allem fehlt<br />

eine gesamthafte betriebs- und volkswirtschaftliche<br />

Analyse des physikalischen<br />

Bodenschutzes im Wald.<br />

Denn die Massnahmen können teuer<br />

sein. Was sie genau kosten, ist nicht<br />

immer einfach festzustellen. Noch<br />

schwieriger ist es festzustellen, wie wirkungsvoll<br />

sie wirklich sind und welchen<br />

Nutzen sie genau stiften. Daher<br />

ist auch nicht von vornherein klar, welche<br />

Massnahmen erforderlich, effizient<br />

und effektiv sind. Vielfach handelt man<br />

vorsorglich. Es ist auch nicht klar, wer<br />

die Kosten in welchem Umfang trägt,<br />

und wie sie die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Holzproduktion beeinflussen. Ökonomisch<br />

zielgerichtetes Handeln wird<br />

dadurch enorm erschwert.<br />

2 Zielsetzung und Methoden<br />

Ökonomisch gesehen geht es auch<br />

beim Bodenschutz um den Umgang<br />

mit Knappheit und um Kosten-Nutzen-Überlegungen.<br />

Intakte Waldböden<br />

– annähernd noch in einem natürlichen<br />

Zustand – drohen zu verknappen.<br />

Und Bodenschutz ist nicht umsonst zu<br />

haben, er kostet Geld. Ökonomisches<br />

Handeln beruht hier auf dem ökonomischen<br />

Prinzip, ein bestimmtes Ziel<br />

mit minimalen Mitteln zu erreichen. Es<br />

besteht privates und öffentliches Interesse<br />

am Bodenschutz und es stellt sich<br />

in beiden Fällen die Frage, ob Bodenschutz<br />

in genügender Menge und Qualität<br />

erzeugt wird.<br />

Vor diesem Hintergrund ist es das<br />

Ziel des Beitrages, den physikalischen<br />

Bodenschutz bei der Waldbewirtschaftung<br />

unter ökonomischen Gesichtspunkten<br />

zu analysieren. Dabei geht es<br />

darum, die ökonomischen Wirkungen<br />

des Bodenschutzes zu erfassen, zu systematisieren<br />

und im Hinblick auf die<br />

Ausgestaltung des Managements auf<br />

betrieblicher und hoheitlicher Ebene<br />

zu analysieren. Die ökonomische Einbettung<br />

des Bodenschutzes verspricht<br />

eine differenzierte Einsicht in die<br />

Realität, ein besseres Verständnis der<br />

Zusammenhänge und vielleicht neue<br />

Erkenntnisse, um bessere Entscheidungen<br />

zu ermöglichen.<br />

Für die Analyse eines solchen Problems<br />

stellt die Ökonomie drei wesentliche<br />

Perspektiven bereit:<br />

1 Die produktionsökonomische Perspektive<br />

untersucht die Auswirkungen<br />

auf die Produktionskosten.<br />

2 Die industrieökonomische Perspektive<br />

fokussiert auf die Wettbewerbswirkungen.<br />

3 Die institutionenökonomische Perspektive<br />

stellt Kontroll- und Anreizprobleme<br />

in den Vordergrund.<br />

Der Beitrag analysiert den physikalischen<br />

Bodenschutz im Wald unter diesen<br />

methodischen Aspekten, beleuchtet<br />

seinen Charakter als Produkt<br />

ökonomischen Handelns und zieht<br />

Schlussfolgerungen für dessen Behandlung<br />

in Forschung und Praxis.


32 Forum für Wissen 2013<br />

3 Gesetzliche Grundlagen<br />

des physikalischen Bodenschutzes<br />

– was muss<br />

erreicht werden?<br />

Ziel der Bodenschutzgesetzgebung ist<br />

die langfristige Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit<br />

(Art. 1 Abs. 1 USG, Art 1<br />

VBBo). Das Konzept ist auf die Sicherstellung<br />

der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit<br />

und damit vorwiegend<br />

auf vorsorgliche Massnahmen ausgerichtet<br />

(Iten 2009).<br />

Art. 1 Abs. 1 USG: «Zweck:<br />

1 Dieses Gesetz soll Menschen, Tiere<br />

und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften<br />

und Lebensräume gegen<br />

schädliche oder lästige Einwirkungen<br />

schützen sowie die natürlichen<br />

Lebensgrundlagen, insbesondere<br />

die biologische Vielfalt und die<br />

Fruchtbarkeit des Bodens, dauerhaft<br />

erhalten.<br />

2 Im Sinne der Vorsorge sind Einwirkungen,<br />

die schädlich oder lästig<br />

werden könnten, frühzeitig zu<br />

begrenzen.»<br />

Näheres zur Vermeidung von Bodenverdichtungen<br />

und Erosion findet sich<br />

in der Verordnung über Belastungen<br />

des Bodens (VBBo, Art. 6):<br />

«Wer Anlagen erstellt oder den Boden<br />

bewirtschaftet, muss unter Berücksichtigung<br />

der physikalischen Eigenschaften<br />

und der Feuchtigkeit des Bodens<br />

Fahrzeuge, Maschinen und Geräte so<br />

auswählen und einsetzen, dass Verdichtungen<br />

des Bodens vermieden werden,<br />

welche die Bodenfruchtbarkeit langfristig<br />

gefährden.»<br />

Auch die Waldgesetzgebung des Bundes<br />

sieht in Art. 28 Buchstabe d der<br />

Verordnung vom 30. November 1992<br />

über den Schutz des Waldes (WaV; SR<br />

921.01) vor, dass die Kantone Massnahmen<br />

zur Verminderung physikalischer<br />

Belastungen des Bodens treffen müssen,<br />

um Waldschäden zu verhindern.<br />

Als Waldschäden gelten dabei Schäden,<br />

welche die Erhaltung des Waldes<br />

gefährden können (Iten 2009).<br />

Das schweizerische Bodenschutzund<br />

Waldrecht enthält also verschiedene<br />

Bestimmungen, die den Schutz der<br />

Bodenfruchtbarkeit vor physikalischen<br />

Beeinträchtigungen vorsehen. Beim<br />

Vollzug dieser Bestimmungen wird den<br />

Kantonen als Vollzugsbehörden ein<br />

Der Schutz des Waldbodens kann, wie<br />

auch der Klima- oder Biodiversitätsschutz<br />

(Vogt und Sturm 2011), als<br />

ein eigens erzeugtes öffentliches Gut<br />

angesehen werden. Im Gegensatz zu<br />

privaten Gütern zeichnen sich öffentliche<br />

Güter dadurch aus, dass das Ausschlussprinzip<br />

nicht greift und gleichzeitig<br />

keine Rivalität in der Nutzung<br />

vorliegt. Da der Bodenschutz auf der<br />

gesamten Waldfläche zu gewährleisten<br />

ist und der Wald frei zugänglich<br />

ist, kann niemand von der positiven<br />

ästhetischen Wirkung ausgeschlossen<br />

werden. Aber auch unabhängig<br />

vom Betretungsrecht kann die Bevölkerung<br />

beispielsweise vom Erosionsund<br />

Klimaschutz profitieren. Insofern<br />

handelt es sich beim Bodenschutz um<br />

ein öffentliches Gut. Allerdings hat<br />

dieses Gut auch eine private Komponente:<br />

Der Waldeigentümer profitiert<br />

in der Regel, wenn er schonend mit<br />

seinen Ressourcen umgeht: dies zum<br />

einen heute durch mögliche Wettbewerbsvorteile<br />

im Rahmen der Waldzertifizierung<br />

und zum anderen durch<br />

positive Auswirkungen auf die zukünftige<br />

Holzproduktion. Gegenüber dieser<br />

letztgenannten, langfristigen Perspektive<br />

hat aber oft die kurzfristige,<br />

liquiditätsorientierte Sicht ein grösseres<br />

Gewicht. Konkrete Gründe hierfür<br />

sind vor allem die terminlichen Lieferverpflichtungen<br />

und die zusätzlichen<br />

Holzerntekosten besonders vorsorglicher<br />

Massnahmen. Offensichtlich<br />

können zwischen Öffentlichkeit<br />

und Eigentümer unterschiedliche Vorstellungen<br />

darüber existieren, wie viel<br />

Bodenschutz produziert werden soll,<br />

wie das zu erreichende Ziel bzw. die<br />

Grenze zum Schaden genau zu definieren<br />

ist und wie viele Mittel zur Erreichung<br />

diese Zieles eingesetzt werden<br />

sollen.<br />

Hat also der in der Zukunft liegende<br />

positive Effekt auf die Holzproduktion<br />

ein zu geringes Gewicht im heutigen<br />

produktionsökonomischen Kalkül<br />

des Waldbesitzers oder ergeben sich<br />

aus der Zertifizierung keine industrieökonomischen<br />

Anreize für einen verstärkten<br />

Bodenschutz, wird das Gut<br />

Bodenschutz in geringerem Umfang<br />

produziert. In dieser Situation kann<br />

der Staat die Bereitstellung aus übergeordneten<br />

wirtschaftlichen, ökologischen<br />

und ideellen Überlegungen<br />

erzwingen, unabhängig von den Prägewisser<br />

Spielraum belassen, beispielsweise<br />

bei der Bestimmung des zulässigen<br />

Ausmasses an Bodenbeeinträchtigung<br />

oder der Wahl der konkreten<br />

Schutzmassnahmen (Iten 2009). Für<br />

die Forstwirtschaft stellt sich die Frage,<br />

was der Gesetzestext in der täglichen<br />

Praxis konkret bedeutet. Nach Iten<br />

(2009) kann sie bei der Bestimmung<br />

des zulässigen Ausmasses an Bodenbeeinträchtigung<br />

mitwirken. Die <strong>WSL</strong> ist<br />

dieser Frage aus bodenphysikalischer<br />

und bodenbiologischer Sicht nachgegangen<br />

und hat praxisgerecht definiert,<br />

welche Bodenzustände nach einer<br />

Befahrung mit dem Gesetz kollidieren<br />

und welche nicht. Da die unterschiedlichen<br />

Zustände mit den Fahrspuren an<br />

der Bodenoberfläche korrespondieren,<br />

war es möglich, eine Fahrspurtypisierung<br />

als Grundlage für die Umsetzung<br />

des Bodenschutzes in der Praxis zu entwickeln<br />

(Lüscher et al. 2009a; Lüscher<br />

et al. 2014). Mit dem sogenannten Spurtyp<br />

3 konnte ein Schwellenwert definiert<br />

werden, den es aus bodenökologischen<br />

Gründen zu vermeiden gilt.<br />

Wichtig ist festzustellen, dass dieser<br />

Schwellenwert auch bei sorgfältiger<br />

fachgerechter Arbeit nicht gänzlich<br />

vermieden werden kann. Das bedeutet,<br />

dass ein gewisses geringes Ausmass<br />

toleriert werden muss, wenn man die<br />

Waldbewirtschaftung aufrechterhalten<br />

will. Diese Spezifikation hat noch nicht<br />

stattgefunden.<br />

4 Bodenschutz als öffentliches<br />

und privates Gut<br />

Physikalischer Bodenschutz bei der<br />

Holzernte besteht im vorsorglichen<br />

Vermeiden von Schäden bzw. unerwünschten<br />

Bodenzuständen: Nach der<br />

Erntemassnahme soll sich der Waldboden<br />

in einem möglichst wenig veränderten<br />

Zustand befinden. Der Schutz<br />

des Waldbodens wird in der Schweiz,<br />

wie auch in anderen Ländern, nicht<br />

der Entscheidung des Waldeigentümers<br />

allein überlassen, sondern via<br />

Gesetz und Behörden «nachgefragt»<br />

bzw. erzwungen. Eine ökonomische<br />

Betrachtung kann hilfreich sein, um zu<br />

verstehen, warum dies so ist, und um zu<br />

prüfen, ob nicht auch Marktmechanismen<br />

zur Förderung des Bodenschutzes<br />

eingesetzt werden könnten.


Forum für Wissen 2013 33<br />

ferenzen der betroffenen Wirtschaftssubjekte.<br />

Man spricht dann von einem<br />

öffentlichen beziehungsweise privaten<br />

meritorischen Gut (Bergen et al. 2013).<br />

Bei der Charakterisierung des Gutes<br />

Bodenschutz ist ausserdem zu erwähnen,<br />

dass der tatsächliche Schutz des<br />

Bodens schwierig zu erkennen, zu messen<br />

und zu bewerten ist. Verschärft<br />

wird dieses Problem durch die Heterogenität<br />

der Böden in der Schweiz.<br />

Diese Eigenschaften können insbesondere<br />

die betriebliche und hoheitliche<br />

Kontrolle erschweren. In den folgenden<br />

Analysen wird sich zeigen, welche<br />

ökonomischen Wirkungen sich aus den<br />

skizzierten Eigenschaften des Bodenschutzes<br />

ergeben.<br />

5 Produktionsökonomische<br />

Perspektive<br />

5.1 Welche Kosten verursacht der<br />

physikalische Bodenschutz?<br />

Der Schutz des Waldbodens verursacht<br />

Mehrkosten. Diese entstehen vor allem<br />

bei der Holzernte, hervorgerufen durch<br />

zusätzliche Massnahmen, die unmittel-<br />

bar mit seiner Erzeugung verbunden<br />

sind. Spjevak und Thees haben 2009<br />

erstmalig versucht, die Kosten des physikalischen<br />

Bodenschutzes zu erfassen,<br />

zu strukturieren und grob abzuschätzen.<br />

Tabelle 2 gibt einen Überblick<br />

über die kostenverursachenden Massnahmen.<br />

Auf der Ebene des Kantons fallen<br />

Kosten im Rahmen der hoheitlichen<br />

Überwachung des Bodenschutzes an.<br />

Auf der Ebene des Betriebes handelt<br />

es sich einerseits um investive Massnahmen<br />

wie die Ausbildung der Mitarbeiter<br />

und die Kartierung der Befahrungsempfindlichkeit<br />

der Waldböden<br />

und andererseits um operative Massnahmen<br />

beim einzelnen Holzschlag,<br />

wie den Einsatz bodenschonender<br />

Spezialausrüstungen der Maschinen<br />

bis hin zum Einsatz von seilgestützten<br />

Erntesystemen (vgl. Tab. 1). Diese<br />

Massnahmen verteuern die Holzproduktion;<br />

sie verursachen fixe und variable<br />

Kosten. Insgesamt handelt es sich<br />

um betriebswirtschaftliche Gemeinkosten<br />

(indirekte Kosten), weil sie nur<br />

indirekt den einzelnen Kostenträgern,<br />

in der Regel dem Festmeter, zurechenbar<br />

sind. Grundlegende Massnahmen<br />

auf der Ebene des Betriebes sind die<br />

Weiterbildung des Personals sowie<br />

die Bodenzustandsermittlung und die<br />

Abnahme der Arbeiten nach Beendigung<br />

eines Holzschlages. Diese wichtigen<br />

Massnahmen kosten vergleichsweise<br />

wenig und bringen viel. Wenn<br />

man zusätzlich noch dafür sorgt, dass<br />

mit möglichst geringem Reifeninnendruck<br />

gefahren wird, hat man schon<br />

sehr viel getan. Darüber hinaus kann<br />

man alle anderen Massnahmen als<br />

optional ansehen, das heisst, sie sind im<br />

Einzelfall je nach standörtlichen und<br />

betrieblichen Verhältnissen zu wählen.<br />

Die minimalen Kosten, die sich aus<br />

den grundlegenden Massnahmen ergeben,<br />

betragen rund 5 CHF/ha und Jahr<br />

beziehungweise 0.5 CHF/m 3 und haben<br />

damit einen Anteil von knapp ein Prozent<br />

am mittleren Holzernteaufwand.<br />

Bei schwierigen Verhältnissen und<br />

hohen Ansprüchen können die Kosten<br />

allerdings massiv ansteigen und Werte<br />

zwischen 50 und 100 CHF/ha und<br />

Jahr beziehungsweise 5 und 10 CHF/<br />

m 3 annehmen. Eher teure Massnahmen<br />

bestehen darin, grosse Beiseilentfernungen<br />

in Kauf zu nehmen oder auf<br />

bodengestützte Erntesysteme zu verzichten<br />

und Seilsysteme einzusetzen.<br />

Die Höhe der Kosten hängt stark<br />

von der standörtlichen Situation und<br />

vom Stellenwert des Bodenschutzes<br />

Tab. 1. Überblick über kostenrelevante Massnahmen für den physikalischen Bodenschutz aus der Sicht des Forstbetriebes (Spjevak und<br />

Thees 2009a, modifiziert). Fett: Basismassnahmen. *Es wird vom häufigeren Fall ausgegangen, dass die spezifischen bodenschonenden<br />

Maschinenausrüstungen einem Forstunternehmen gehören. Bei ihrem Einsatz (Fremdregie) handelt es sich dann um zusätzlich variable<br />

Kosten beim einzelnen Holzschlag, die der Unternehmer erstattet haben will; im Fall des Eigenregieeinsatzes handelt es sich um zusätzliche<br />

Investitionen des Forstbetriebes.<br />

Planung<br />

(Betrieb)<br />

Steuerung und<br />

Durchführung<br />

(Betrieb)<br />

Überwachung<br />

(Kanton)<br />

Zusätzliche Investitionen<br />

– Weiterbildung Betriebsleiter<br />

– Kartierung im Hinblick auf Befahrungsempfindlichkeit,<br />

Markierung<br />

und Dokumentation der Feinerschliessung<br />

– Weiterbildung Maschinenführer<br />

– Software zur Beurteilung der<br />

Befahrbarkeit<br />

– Instrumente zur Messung der<br />

Bodenfeuchte<br />

– Schlepper mit geringerer Radlast<br />

Zusätzliche Massnahmen beim einzelnen Holzschlag verursachen<br />

fixe Kosten<br />

variable Kosten<br />

– Festlegen von Ausweichflächen<br />

– Umweltleistungsbewertung<br />

bezüglich Bodenschutz<br />

– Beurteilung des Bodenzustandes<br />

→ Entscheid fahren/nicht fahren<br />

– Unterbruch der Arbeiten und<br />

Umsetzen auf Ausweichflächen<br />

– Regenerationsmassnahmen<br />

– Abnahme der Arbeiten<br />

– Kontrollen und gegebenenfalls<br />

Sanktionsmassnahmen<br />

– Vergrösserung des Rückegassenabstandes<br />

(>20m)<br />

– Spezifische Maschinenausrüstungen*:<br />

Reifen grösserer Nennbreite<br />

Reifendruckregelanlage<br />

Bogiebänder<br />

Traktionshilfswinde<br />

– Partieller Verzicht auf Befahrung,<br />

z.B. grössere Beiseilentfernungen<br />

beim Rücken<br />

– Rücken mit reduzierter Last bzw.<br />

kleinerer Maschine<br />

– Wechsel von boden- auf seilgestützte<br />

Erntesysteme


34 Forum für Wissen 2013<br />

im Betrieb ab. Ein Betrieb mit hohem<br />

Anteil befahrungsempfindlicher Böden<br />

wird entsprechend höhere Kosten in<br />

Kauf nehmen müssen. Es sind ähnliche<br />

Rahmenbedingungen wie die Steilheit<br />

des Geländes, welche die Holzproduktion<br />

verteuern, die aber hinzunehmen<br />

sind und nicht geändert werden können.<br />

Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />

gilt ein besonderes Augenmerk<br />

den Kosten, die durch grössere<br />

Rückegassenabstände verursacht werden<br />

und sich vor allem beim mechanisierten<br />

Fällen und Aufarbeiten niederschlagen:<br />

Heutige Radvollernter<br />

haben eine Kranreichweite von rund<br />

zehn Metern. Somit können alle Bäume<br />

innerhalb eines zehn Meter breiten<br />

Streifens beidseits der Rückegasse<br />

vom Ausleger des Vollernters erreicht<br />

werden. Für einen flächendeckenden<br />

Einsatz des Vollernters darf also<br />

der Abstand zwischen den Rückegassen<br />

nicht grösser als 20 Meter sein.<br />

Bei grösseren Gassenabständen gibt<br />

es eine Zwischenzone, in welcher<br />

die Bäume von der Maschine nicht<br />

erreicht werden können. Bäume in<br />

dieser Zwischenzone werden je nach<br />

Baumdimension und Gassenabstand<br />

zugefällt oder, wenn dies aufgrund zu<br />

geringer Baumhöhen oder zu grosser<br />

Gassenabstände nicht möglich ist, vorgeliefert.<br />

Jäger (2013) hat im Rahmen<br />

seiner Masterarbeitan der ETH Zürich<br />

diese Kosten modellhaft quantifiziert.<br />

Pro zehn Meter Zunahme des Gassenabstandes<br />

ergeben sich hier 2 CHF/m 3<br />

(Abb. 1). Diese an sich schon beachtlichen<br />

durchschnittlichen Mehrkosten<br />

können sich im Einzelfall, vor allem im<br />

Schwachholz, auch auf rund 10 CHF/<br />

m 3 und mehr belaufen.<br />

5.2 Welchen Nutzen stiftet der<br />

physikalische Bodenschutz?<br />

Holzerntekosten [CHF/m 3 ]<br />

44<br />

42<br />

40<br />

38<br />

36<br />

34<br />

32<br />

30<br />

60<br />

55<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

10 20 30 40 50 60<br />

Rückegassenabstand [m]<br />

Abb. 1. Durchschnittliche Holzerntekosten über eine gesamte Umtriebszeit bei verschiedenen<br />

Rückegassenabständen (Jäger 2012; Vollerntereinsatz, Fichtenbestand).<br />

Erntekostenfreier Erlös [CHF/m 3 ]<br />

25<br />

10 20 30 40 50 60<br />

Rückegassenabstand [m]<br />

Szenarium 1<br />

Szenarium 2<br />

Szenarium 3<br />

Abb. 2. Erntekostenfreier Erlös bei den verschiedenen Szenarien in Abhängigkeit des Gassenabstandes<br />

(Jäger 2012). Die Szenarien werden im Text erläutert.<br />

Der langfristige Nutzen besteht darin,<br />

dass ein schonender Umgang mit dem<br />

Boden heute zu einer ertragreichen<br />

Holzproduktion in der Zukunft beiträgt.<br />

Der kurzfristige Nutzen entsteht<br />

durch Einsparungen, die sich aus unterlassenen<br />

Massnahmen für den Bodenschutz<br />

heute ergeben. In der Praxis ist<br />

es oft so, dass dem Waldbewirtschafter<br />

der kurzfristige Nutzen wichtiger ist als<br />

der langfristige Nutzen, da sich dieser<br />

wesentlich später auswirkt.<br />

Der ungenügende Schutz des Waldbodens<br />

bei der Holzernte heute kann<br />

aber Kosten in der Zukunft verursachen.<br />

Diese äussern sich in Form von<br />

Mindererlösen bei der Holzproduktion.<br />

Sie sind ursächlich zurückzuführen<br />

auf mögliche Zuwachseinbussen<br />

infolge intensiver Feinerschliessung<br />

und auf fäulnisbedingte Wertverluste<br />

infolge Bestandes- und Wurzelschäden<br />

beim verbleibenden Bestand. Der Nutzen<br />

des physikalischen Bodenschutzes<br />

besteht also in der Vermeidung dieser<br />

Mindererlöse. Hinzu kommt noch die<br />

Verringerung von Stabilitätsrisiken der<br />

Bestände.<br />

Jäger (2012) hat im Rahmen seiner<br />

Masterarbeit an der ETH Zürich<br />

versucht, diese Mindererlöse mittels<br />

modellhafter Kalkulationen für verschiedene<br />

Rückegassenabstände zu<br />

schätzen (Abb. 2). Dabei wurden verschiedene<br />

Szenarien mit unterschiedlichen<br />

Produktionsverlusten und<br />

Zuwachseinbussen berechnet. Grundlage<br />

der vielen Annahmen und Berechnungen<br />

bildete eine umfangreiche<br />

Literaturanalyse. In Szenarium 1 treten<br />

keine Zuwachsverluste auf. In Szenarium<br />

2 können die Gassenrandbäume<br />

den Zuwachsverlust der Gassen


Forum für Wissen 2013 35<br />

Abbildung 3 zeigt die Kosten-Nutzen-Relationen<br />

der einzelnen Ausrüstungsvarianten<br />

auf dem sandigen<br />

(blau hervorgehoben) und schluffigen<br />

(rot hervorgehoben) Lehm. Die Referenzvariante<br />

«600» bedeutet, dass der<br />

Bodenschutz streng eingehalten wird,<br />

ohne dass Zusatzausrüstungen eingesetzt<br />

werden. In diesem Fall entstehen<br />

folglich keine Mehrkosten, die Jahresauslastung<br />

bzw. die bodenschonende<br />

Einsatzdauer reduziert sich aber auf<br />

80 Tage auf schluffigem Lehm im Jahr<br />

2004. Auf sandigem Lehm liegt sie bei<br />

140 Tagen. Diese Werte sind in Abbildung<br />

3 mit den Grenzen der Spanne<br />

der Einsatztage eingezeichnet. Folglich<br />

sind auf sandigem Lehm in einem<br />

Jahr mit durchschnittlicher Niederschlagsmenge<br />

genügend oder sogar<br />

mehr bodenschonende Einsatztage für<br />

die Holzernte im Vergleich zur durchschnittlichen<br />

Jahresauslastung möglich.<br />

Diese Feststellung allein genügt allerdings<br />

nicht, es kommt auch darauf an,<br />

wie diese bodenschonenden Tage im<br />

Jahresverlauf verteilt sind.<br />

Die übrigen Varianten gehen davon<br />

aus, dass die Vorgaben des Bodenzur<br />

Hälfte ausgleichen. Keinen Ausgleich<br />

des Zuwachsverlustes der Gassen<br />

durch die Randbäume gibt es in<br />

Szenarium 3.<br />

Für die Szenarien wurden zusätzlich<br />

die Wertverluste durch Fäulebefall des<br />

Holzes als Folge von Stamm- und Wurzelverletzungen<br />

durch Holzernteprozesse<br />

berechnet. Mindererlöse durch<br />

Zuwachseinbussen sind meist höher als<br />

die Wertverluste durch Fäule. Für die<br />

Szenarien 2 und 3 wurde angenommen,<br />

dass Bäume mit einem Abstand von bis<br />

zu vier Metern vom seitlichen Rand<br />

der Rückegasse von Wurzelverletzungen<br />

betroffen sein können, da ihre<br />

Wurzeln bis in den Gassenbereich reichen.<br />

Weiter wurde angenommen, dass<br />

bei jeder Durchforstung bei 40 Prozent<br />

dieser Bäume Wurzeln verletzt werden,<br />

60 Prozent dieser verletzten Bäume<br />

von Fäulepilzen befallen werden und<br />

dass es durchschnittlich 10 Jahre dauert,<br />

bis die Fäule von den Wurzeln bis<br />

in den Baumstamm vordringt.<br />

Der optimale Gassenabstand ist<br />

jener, bei welchem die durchschnittlichen,<br />

über eine gesamte Umtriebszeit<br />

gerechneten erntekostenfreien Erlöse<br />

am höchsten sind. Je nach Szenarium<br />

liegt er bei 30 oder 40 Metern.<br />

Allerdings sind die Unterschiede zwischen<br />

den erntekostenfreien Erlösen<br />

für die unterschiedlichen Gassenabstände<br />

gering, dürften sich im Falle<br />

einer Abzinsung der Geldwerte sogar<br />

weiter verringern und würden sich bei<br />

einer realistischen Variation der Eingangsgrössen<br />

auch verändern. Szenario<br />

1 widerspiegelt eine kurzfristige<br />

Betrachtung ohne Zuwachs- und Wertverluste.<br />

Grosse Unterschiede zwischen den<br />

Rückegassenabständen ergeben sich<br />

nur dann, wenn die Frage des Produktionsverlustes<br />

infolge der Gassenanlage<br />

komplett bejaht oder verneint wird;<br />

hier sollte das Paradigma, dass die Gassenrandbäume<br />

den Produktionsverlust<br />

ausgleichen, kritisch unter die Lupe<br />

genommen werden.<br />

Zusätzlicher Nutzen kann noch entstehen,<br />

wenn die Investitionen in die<br />

Maschinentechnik, insbesondere in die<br />

Zusatzausrüstungen (Abb. 3) es erlauben,<br />

einen empfindlichen Boden «länger»,<br />

also bei höheren Wassergehalten<br />

zu befahren. Der Nutzen besteht hier<br />

in zusätzlichen Einsatztagen der Holzerntemaschinerie<br />

(Spjevak et al. 2009).<br />

Mehrkosten (Fr./m 3 )<br />

0.8<br />

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7<br />

0.0<br />

"710+RDA"<br />

"600+RDA"<br />

"710"<br />

"600"<br />

50 100 150 200 250 300 350<br />

"600+BB"<br />

Aktuelle durchschnittliche Maschinenauslastung<br />

in der Praxis<br />

… ohne besondere Berücksichtigung des<br />

boiBodenschutzes<br />

… ohne Zusatzausrüstungen<br />

… unabhängig von der Bodenart<br />

Nutzen – Bodenschonende Einsatztage (Tage/Jahr)<br />

"710+BB"<br />

Abb. 3. Kosten-Nutzen-Relation, berechnet für den Forwarder John Deere 1110 D und<br />

für das Jahr 2004. (Spjevak et al. 2009b; Rot: Schluffiger Lehm. Blau: sandiger Lehm. Die<br />

für eine Forstmaschine angenommene erforderliche jährliche Einsatzdauer beträgt in der<br />

Schweiz rund 130 Tage bzw. 1100 Stunden; 600 bzw. 710: Reifenbreite in mm; BB: Bogiebänder;<br />

RDA: Reifendruckregelanlage).<br />

schutzes streng eingehalten und hierfür<br />

Zusatzausrüstungen eingesetzt<br />

werden. Die Kosten der Ausrüstungen<br />

wurden insbesondere in Abhängigkeit<br />

von der jeweiligen Auslastung berechnet.<br />

Somit sinken die Durchschnittskosten<br />

bei zunehmender Auslastung.<br />

Die breiteren Reifen, die Reifendruckregelanlage<br />

sowie deren Kombination<br />

ergeben die gleiche bodenschonende<br />

Einsatzdauer mit 80 Tagen auf schluffigem<br />

Lehm und 140 Tagen auf sandigem<br />

Lehm. Ihre Kosten sind unterschiedlich,<br />

bleiben aber im Bereich von<br />

weniger als 1 CHF/m 3 . Bei 80 Einsatztagen<br />

im Jahr 2004 auf dem sandigen<br />

Lehm kosten die breiteren Reifen rund<br />

0.30 CHF/m 3 , bei 140 Tagen 0.10 Franken<br />

weniger pro m 3 . Die Reifendruckregelanlage<br />

kostet bei 80 Einsatztagen<br />

rund 0.50 CHF/m 3 und bei 140 Tagen<br />

gleich viel wie die Breitreifen. Die<br />

summierten Einzelkosten ergeben sich<br />

aus der Kombination beider Ausrüstungen.<br />

Für den Einsatz der Bogiebänder<br />

wurde angenommen, dass diese in<br />

einem Zyklus von 10 Tagen montiert<br />

und demontiert werden. Sie kosten mit<br />

600er Reifen bei 220 bis 250 Einsatz-


36 Forum für Wissen 2013<br />

tagen konstant 0.60 CHF/m 3 . Die Kosten<br />

verändern sich nicht nennenswert,<br />

weil die Auslastung auf beiden Böden<br />

bereits relativ hoch ist. Mit Bändern<br />

und breiteren Reifen können beide<br />

Böden praktisch das ganze Jahr befahren<br />

werden. Die durchschnittlichen<br />

Kosten sind vor allem aufgrund dieser<br />

hohen theoretischen Auslastung relativ<br />

gering. Mit maximal rund 1,5 Prozent<br />

des durchschnittlichen Holzernteaufwands<br />

im Schweizer Mittelland sind<br />

die Mehrkosten pro m3 bei allen untersuchten<br />

Maschinenausrüstungen vergleichsweise<br />

gering.<br />

5.3 Produktionsökonomische<br />

Folgerungen<br />

Bodenschutz kann erhebliche Kosten<br />

verursachen. Es zeigt sich aber auch,<br />

dass den Massnahmen ein namhafter<br />

Nutzen in Form vermiedener Kosten<br />

gegenüber stehen kann. Es kann<br />

also durchaus im eigenen Interesse des<br />

Waldbesitzers liegen, seine Produktionsgrundlage<br />

Boden zu schützen. Dies<br />

heisst, dass eine Abwägung zwischen<br />

kurz- und langfristigen Effekten stattfinden<br />

muss. Die individuellen Zeitpräferenzen<br />

und Liquiditätsanforderungen<br />

der Wirtschafter entscheiden über<br />

die Gewichtung der beiden Seiten.<br />

Die Kosten für den physikalischen<br />

Bodenschutz hängen auch davon ab,<br />

wie viel Bedeutung man letztlich dem<br />

Bodenschutz beimisst und zu zahlen<br />

bereit ist. Dies kann deutlich über die<br />

gesetzliche Vorgabe hinausgehen, wie<br />

das Beispiel Baden-Württemberg zeigt,<br />

wo im Staatswald standortsunabhängig<br />

ein 40 m-Gassenabstand gilt. Dieser<br />

betriebliche Entscheid ist strategisch,<br />

auf Risikominderung abzielend und<br />

normativer Natur.<br />

Das Minimalprogramm lässt sich<br />

vergleichsweise kostengünstig umsetzen.<br />

Hinzu kommt, dass das generelle<br />

Absenken des Reifeninnendrucks<br />

auf den vom Hersteller gewährleisteten<br />

Minimalwert fast nichts kostet und<br />

viel bringt. Darüber hinaus können<br />

aber auch Kostensenkungspotenziale<br />

vermutet werden. Sie bestehen in Skalen-<br />

und Verbundeffekten. Skaleneffekte<br />

ergeben sich bei höherer Auslastung<br />

bodenschonender Erntetechnik<br />

und -methoden, welche durch betriebsübergreifende<br />

Planung und Steuerung<br />

der Holzernte erreicht werden kann.<br />

Zur Überwindung der Strukturprobleme<br />

der Schweizer Forstwirtschaft wäre<br />

dies sowieso zu prüfen.<br />

Die risikomindernden Massnahmen<br />

für den Bodenschutz lassen sich<br />

den drei Ebenen Feinerschliessung,<br />

Maschinentechnik und Maschineneinsatz<br />

zuordnen. Den Rückegassenabständen<br />

kommt dabei eine besondere<br />

Bedeutung zu. Sie beeinflussen Kosten<br />

und Qualität des Bodenschutzes<br />

in hohem Mass. Rückegassen stellen<br />

eine (semi-) permanente Anlage dar<br />

und sind unabhängig von der einzelnen<br />

Hiebsmassnahme zu planen. Grössere<br />

Rückegassenabstände können sich<br />

unter bestimmten Umständen langfristig<br />

trotz kurzfristig höherer Erntekosten<br />

wirtschaftlich lohnen. Ein entsprechender<br />

Entscheid hängt aber von<br />

vielen, teilweise unsicheren Faktoren<br />

ab. Er ist im Einzelfall abhängig von<br />

den Boden- und Wuchsverhältnissen,<br />

der Qualität der Holzernte sowie von<br />

den Betriebszielen bzw. den ökonomischen<br />

Bewertungen des Eigentümers.<br />

Erschwerend kommt hinzu, dass die<br />

mit der Vergrösserung der Abstände<br />

einhergehende höhere Befahrungsfrequenz<br />

auf den verbleibenden Gassen<br />

bodenphysikalisch und bodenbiologisch<br />

noch nicht ausreichend untersucht<br />

ist. Auf jeden Fall erscheint eine<br />

staatliche verordnete Vorschrift des<br />

Gassenabstandes ökonomisch und<br />

ökologisch zweifelhaft und ordnungspolitisch<br />

bedenklich.<br />

6 Industrieökonomische<br />

Perspektive<br />

Die industrieökonomische Perspektive<br />

betrachtet das wirtschaftliche Handeln<br />

unter Wettbewerbsgesichtspunkten.<br />

Dabei wird von unvollkommenen<br />

Märkten ausgegangen; im Mittelpunkt<br />

stehen die Oligopole. Analysiert werden<br />

die Struktur von Märkten sowie die<br />

Strategie von Unternehmen auf diesen<br />

Märkten. Als dominante Unternehmensstrategie<br />

wird die Erhöhung der<br />

Marktmacht des einzelnen Unternehmens<br />

bzw. die Vermeidung von Wettbewerb<br />

angesehen. Dazu wurde von der<br />

Harvard School das «Marktstruktur-<br />

Marktverhalten-Marktergebnis Konzept»<br />

entwickelt (Bergen et al. 2013).<br />

Dieses geht davon aus, dass von der<br />

Marktstruktur (z. B. Zahl der Anbieter,<br />

Grad der vertikalen Integration) auf<br />

das Marktverhalten (z. B. Preisbildung,<br />

Investitionen) und daraus wiederum<br />

auf die Marktergebnisse (z. B. Preise,<br />

Mengen, Gewinnverteilung) geschlossen<br />

werden kann.<br />

6.1 Welche Wettbewerbswirkungen<br />

sind zu erwarten?<br />

Die Industrieökonomik fragt nach dem<br />

Einfluss, den die Struktur einer Branche<br />

auf das Marktergebnis hat. Wesentliche<br />

Merkmale der Struktur der<br />

Schweizer Forstwirtschaft sind<br />

– der hohe Anteil öffentlichen Waldes<br />

– die kleinteiligen Besitz- und Bewirtschaftungsverhältnisse<br />

– die hohe Relevanz einer Vielzahl<br />

von Ökosystemdienstleistungen<br />

– der hohe Anteil zertifizierten<br />

Waldes<br />

Die Marktstruktur der Schweizer<br />

Forstwirtschaft ist durch kleinteilige<br />

Waldbesitz- und Bewirtschaftungs-<br />

Verhältnisse sowie von öffentlichen<br />

Anbietern geprägt – etwa 70 Prozent<br />

der Waldfläche wird von politischen<br />

Kommunen und Ortsbürgergemeinden<br />

bewirtschaftet. Dieses besondere<br />

Strukturmerkmal erhöht die<br />

Wahrscheinlichkeit, dass der Wettbewerb<br />

der Forstbetriebe untereinander<br />

zumindest teilweise ausgeschaltet ist.<br />

Es erhöht ferner die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass die Kosten des physikalischen<br />

Bodenschutzes, für den der Waldbesitz<br />

verantwortlich ist, auch von ihm getragen<br />

werden. Eine Überwälzung dieser<br />

Mehrkosten auf die tendenziell oligopolistisch<br />

strukturierte Holzkäuferschaft<br />

ist vor allem aus Gründen der<br />

kleinteiligen Besitz- und Bewirtschaftungsverhältnisse,<br />

der geringen Anbieterkonzentration<br />

und der damit einhergehenden<br />

fehlenden Marktmacht<br />

eher nicht möglich. Eine Überwälzung<br />

auf die forstlichen Dienstleister vor<br />

Ort ist vor allem nicht sinnvoll, weil<br />

der Betrieb auf diese angewiesen ist.<br />

Gerade diese ermöglichen die Einsparung<br />

von Transaktionskosten und die<br />

Erhöhung der Einsatz-Flexibilität aus<br />

Bodenschutzgründen. Bund und Kantone<br />

werden Bodenschutzmassnahmen<br />

im Normalfall nicht abgelten, weil der


Forum für Wissen 2013 37<br />

Waldbesitzer (und auch die Dienstleister)<br />

sowieso per Gesetz zur Einhaltung<br />

der Bodenschutzbestimmungen<br />

verpflichtet sind. In der Regel tragen<br />

daher die Forstbetriebe die Kosten,<br />

wodurch sich ihre wirtschaftliche Situation<br />

verschlechtert. Da die Kosten<br />

unter diesen Voraussetzungen nicht<br />

preiswirksam werden, bleibt das Holz<br />

ceteris paribus konkurrenzfähig und<br />

der Wettbewerb wird durch den physikalischen<br />

Bodenschutz in diesem Fall<br />

nicht verzerrt. Die Situation kann sich<br />

aber entscheidend ändern, wenn die<br />

Forstbetriebe unter weiteren Kostendruck<br />

geraten und der Waldboden deswegen<br />

zu wenig geschützt wird.<br />

Die hohe Relevanz der vielen Ökosystemdienstleistungen<br />

des Waldes<br />

in der Schweiz hilft ebenfalls, den<br />

Schutz des Waldbodens zu gewährleisten.<br />

Im Vergleich mit anderen öffentlichen<br />

Gütern spielt der Bodenschutz<br />

hier sogar eine hervorgehobene Rolle:<br />

Die Nichtgefährdung der Waldböden,<br />

des Trinkwassers und der Vitalität der<br />

Bäume ist eines von 11 erklärten Zielen<br />

der Waldpolitik 2020 des Bundes<br />

(BAFU 2013).<br />

Schliesslich gilt es die Zertifizierung<br />

als ein weiteres, markantes Strukturmerkmal<br />

der Branche zu beleuchten.<br />

Zurzeit sind 56 Prozent der Schweizer<br />

Waldfläche nach PEFC oder FSC<br />

zertifiziert (611 000 ha). Der physikalische<br />

Bodenschutz wird in beiden Systemen<br />

mit gleichen Standards behandelt.<br />

Gefordert wird beispielsweise vor<br />

allem<br />

– ein Feinerschliessungsnetz, welches<br />

im Gelände markiert und kartenmässig<br />

dokumentiert sein muss,<br />

– die Beschränkung der Befahrung<br />

auf Waldwege und Rückegassen,<br />

– die Verhinderung von Bodenbeeinträchtigungen,<br />

welche die<br />

Bodenfruchtbarkeit langfristig<br />

beeinträchtigen(sog. Spurtyp 3; vgl.<br />

Kap. 9.1).<br />

Die Zertifizierung stellt für die Forstbetriebe<br />

keinen Wettbewerbsvorteil<br />

auf dem Holzmarkt dar (Interview von<br />

B. Holenstein mit dem Direktor des<br />

WVS M. Brunner, 2013). Dies ist vor<br />

allem dadurch bedingt, dass nur wenige<br />

Grossabnehmer zertifiziertes Holz<br />

verlangen und dieses wegen der hohen<br />

Zertifizierungsquote in relativ grossen<br />

Mengen angeboten werden kann.<br />

Der Aspekt Bodenschutz ist in diesem<br />

Zusammenhang von untergeordneter<br />

Bedeutung. Insofern ist Zertifizierung<br />

unter den aktuellen Schweizer Verhältnissen<br />

kein Mittel, um den physikalischen<br />

Bodenschutz zu fördern. An dieser<br />

Stelle ist darauf hinzuweisen, dass<br />

bei der Zertifizierung in der Landwirtschaft<br />

weniger strenge Massstäbe bzgl.<br />

des physikalischen Bodenschutzes gelten<br />

und im internationalen Vergleich in<br />

der Waldwirtschaft nicht mit gleicher<br />

Elle gemessen wird. Wettbewerbsverzerrende<br />

Wirkungen sind nicht ausgeschlossen.<br />

6.2 Industrieökonomische<br />

Folgerungen<br />

Aus der Perspektive der Industrieökonomik<br />

bemühen sich die wirtschaftenden<br />

Akteure stets um eine Entschärfung<br />

des Wettbewerbs – was in der<br />

Schweizer Forstwirtschaft schon weitgehend<br />

der Fall ist: Durch die gegebene<br />

Marktstruktur mit dem hohen Anteil<br />

öffentlicher Forstbetriebe bzw. Anbieter<br />

ist der Wettbewerb zumindest teilweise<br />

ausgeschaltet. Dieser Wettbewerbsschutz<br />

erleichtert es den Forstbetrieben,<br />

auf die Anforderungen des<br />

Bodenschutzes zu reagieren und diese<br />

zu erfüllen. Die a priori gegebene<br />

Ausschaltung des Wettbewerbs wirkt<br />

sich somit (bisher) positiv auf die<br />

Erzeugung des Gutes Bodenschutz aus<br />

und hilft sogar, diesen zu garantieren.<br />

Zugleich sind keine wettbewerbsverzerrenden<br />

Wirkungen zu erwarten: Die<br />

Wettbewerbsfähigkeit des Produktes<br />

Holz wird durch den physikalischen<br />

Bodenschutz in der Schweiz eher nicht<br />

beeinträchtigt.<br />

Der fehlende Wettbewerb hilft<br />

also, den Bodenschutz im Windschatten<br />

des Marktes in geschützter Nische<br />

zu garantieren. Daran ändert bei den<br />

gegebenen Marktstrukturen auch die<br />

Zertifizierung nichts, die unter den<br />

gegebenen Umständen kein Mittel<br />

zur Produktdifferenzierung darstellt.<br />

Unter diesen Bedingungen ist das<br />

Gut Bodenschutz nicht handelbar und<br />

zumindest nicht ohne weiteres ein Gut,<br />

womit man mit anderen Betrieben in<br />

Konkurrenz treten kann.<br />

7 Institutionenökonomische<br />

Perspektive<br />

Die Neue Institutionenökonomik versucht<br />

eine ökonomische Theorie zu<br />

entwickeln, um das Wirtschaften und<br />

seine Ergebnisse unter realistischeren<br />

Bedingungen zu erklären, als dies<br />

die neoklassische Ökonomie mit ihren<br />

idealtypischen Annahmen tut (Richter<br />

und Furubotn 2010). Die Institutionenökonomie<br />

unterstellt unvollkommene<br />

Akteure, also Menschen mit<br />

begrenzter Voraussicht, Rationalität<br />

und Moral, die in ihrem Handeln voneinander<br />

abhängen. Untersucht werden<br />

die Auswirkungen von Institutionen<br />

auf das Handeln der Menschen.<br />

Institutionen werden verstanden als ein<br />

System von formellen und informellen<br />

Regeln einschliesslich der Instrumente<br />

ihrer Durchsetzung wie Eigentum,<br />

Gesetze und Verträge. Kontroll- und<br />

Anreizprobleme stehen im Mittelpunkt.<br />

Diese werden als höchst bedeutsame<br />

Elemente des Wirtschaftsprozesses<br />

angesehen. Dabei wird berücksichtigt,<br />

dass die Schaffung und Nutzung<br />

und Überwachung von Institutionen<br />

Ressourcen beanspruchen, welche sog.<br />

Transaktionskosten verursachen.<br />

7.1 Welche Anreize bestehen zum<br />

Schutz des Bodens?<br />

Forstbetriebe haben starke Anreize<br />

zum Schutz des Bodens. Sie ergeben<br />

sich zum einen durch ein besonderes<br />

Prinzipal-Agenten-Verhältnis, zum<br />

anderen durch ein starkes forstliches<br />

Berufsethos. Hinzu kommt die Bedeutung<br />

des Bodenschutzes in der Waldpolitik<br />

des Bundes. Auch aus dieser institutionenökonomischen<br />

Sicht ist der<br />

Schutz des Waldbodens weitgehend<br />

gewährleistet.<br />

Das Gut Bodenschutz wird von<br />

der Gesellschaft und den staatlichen<br />

Behörden in Form von Gesetzen und<br />

Verordnungen (vgl. Kap. 3) sowie zum<br />

Teil auch direkt von Bürgern und Bürgerinnen<br />

als öffentliches Gut nachgefragt<br />

und kontrolliert (vgl. Kap. 4).<br />

Erstere werden von den Kantonen<br />

überwacht und vollzogen, wobei die<br />

Bereitschaft, die Regeln mit Sanktionen<br />

durchzusetzen, nach unserer Einschätzung<br />

zunimmt. Letzteres äussert


38 Forum für Wissen 2013<br />

sich in Beschwerden über tiefe Fahrspuren<br />

im Wald, mit denen sich die<br />

Betriebsleiter auseinandersetzen müssen.<br />

In der Sprache der Institutionenökonomie<br />

kann eine solche besondere<br />

Beziehung als Prinzipal-Agentenbeziehung<br />

bezeichnet werden. Die Auseinandersetzung<br />

mit einer Beschwerde<br />

des Prinzipals Bevölkerung verursacht<br />

dem Agenten Betriebsleiter unter<br />

Umständen beträchtlichen Aufwand<br />

und kann ihm auch sehr unangenehm<br />

sein. Weiterhin kann die Beschwerde<br />

seinem Ansehen bei der ortsansässigen<br />

Bevölkerung schaden. Für das Gewicht<br />

dieses Arguments sprechen z.B. die<br />

umfangreichen Kommunikationsanstrengungen<br />

zur Ankündigung und<br />

Begründung von Erntemassnahmen im<br />

Stadtwald von St. Gallen (Kuhn 2011).<br />

Das starke forstliche Berufsethos<br />

(Franck und Pudack 2005) stellt eine<br />

weitere Institution dar. Verstärkt durch<br />

den Druck von Politik und Bevölkerung<br />

umfasst dieses mittlerweile auch<br />

den Bodenschutz, und sorgt dafür,<br />

dass der schonende Umgang mit dem<br />

Boden ein Qualitätsmerkmal guter<br />

forstlicher Praxis darstellt. Hierzu hat<br />

sicher auch die mehrjährige Sensibilisierung<br />

und Ausbildung der Praxisakteure<br />

durch die <strong>WSL</strong> beigetragen. Die<br />

forstlichen Akteure teilen die Werte<br />

und Normen des Berufsethos und ihre<br />

Einhaltung erhält einen Eigenwert. Bei<br />

Missachtung des Bodenschutzes drohen<br />

Ansehensverluste in der Branche.<br />

Die Nichtgefährdung der Waldböden,<br />

des Trinkwassers und der Vitalität<br />

der Bäume ist eines von 11 erklärten<br />

Zielen der Waldpolitik 2020 des Bundes<br />

(BAFU 2013). Im Vergleich mit<br />

anderen öffentlichen Gütern spielt der<br />

Bodenschutz eine ebenbürtige Rolle.<br />

Hieraus ergibt sich ein weiterer Anreiz,<br />

den Boden aktiv zu schützen.<br />

7.2 Wer schützt den Boden?<br />

Tabelle 2 zeigt auf, dass zahlreiche<br />

Akteure für die Umsetzung des physikalischen<br />

Bodenschutzes verantwortlich<br />

sind: Waldeigentümer, Forstbetrieb,<br />

Forstunternehmer und kantonaler<br />

Forstdienst. Der kantonalen<br />

Bodenschutzfachstelle obliegt als<br />

zuständigem Vollzugsorgan die Überprüfung<br />

der einzuhaltenden gesetzlichen<br />

Vorgaben. Im öffentlichen Wald<br />

übernimmt in der Regel ein Forstbetrieb<br />

die Waldbewirtschaftung. Im Hinblick<br />

auf den Bodenschutz trägt hier<br />

der Betriebsleiter die nahezu alleinige<br />

Verantwortung in der Phase der Planung.<br />

Bei der Arbeitsausführung (Holzernte)<br />

ist er auf die Zusammenarbeit<br />

mit den jeweils beteiligten Akteuren<br />

angewiesen. Er ist auch für die Abnahme<br />

der Arbeiten im Hinblick auf den<br />

Bodenschutz zuständig. Der Betriebsleiter<br />

ist somit auch die entscheidende<br />

Person im oben angesprochenen Prinzipal-Agenten-Verhältnis.<br />

7.3 Institutionenökonomische<br />

Folgerungen<br />

Mehrere formelle und informelle Institutionen<br />

liefern also die Anreize<br />

dafür, dass der Bodenschutz von den<br />

Betriebsleitern ernst genommen und<br />

im öffentlichen Wald eingehalten wird.<br />

Tabelle 2: Akteure und grundsätzliche Verteilung der Verantwortlichkeiten im Hinblick auf den physikalischen Bodenschutz bei der Holzernte<br />

(Spjevak und Thees 2009a, Lüscher et al. 2009b).<br />

Phasen<br />

Aufgaben<br />

Akteure<br />

Waldeigentümer<br />

1<br />

Betriebsleiter<br />

2<br />

Forstunternehmer<br />

Forstdienst 2<br />

Maschinenführer<br />

Bodenschutzfachstelle<br />

Planung<br />

Steuerung<br />

und Durchführung<br />

betriebliche Überwachung<br />

Betriebsplanung x x x<br />

Feinerschliessungsplanung<br />

x<br />

Jahresplanung x x x<br />

Termin- und Kapazitätsplanung<br />

x<br />

Verfahrens- und Maschinenwahl x x<br />

Vertragsabschluss/Arbeitsauftrag x x<br />

Bodenzustandsermittlung 3 x x<br />

Abnahme der Arbeiten x x x<br />

Beurteilung der Fahrspuren<br />

x<br />

Massnahmenentscheid<br />

x<br />

hoheitliche Überwachung 4 Kontrolle (x) 5 x<br />

Massnahmenentscheid (x) 5 x<br />

1<br />

Im Privatwald kann der Waldeigentümer fallweise die Aufgaben des Betriebsleiters übernehmen. Deshalb ist die Linie zwischen den<br />

Kolonnen Waldeigentümer und Betriebsleiter gestrichelt dargestellt.<br />

2<br />

Häufig nimmt der Betriebsleiter auch hoheitliche Aufgaben wahr (Revierförster) und übernimmt dann auch die Aufgaben in der Kolonne<br />

Forstdienst.<br />

3<br />

Im Zusammenhang mit der Ermittlung des Bodenzustandes findet vor jeder Befahrung der Entscheid fahren/nicht fahren statt.<br />

4<br />

Bei der hoheitlichen Überwachung muss überprüft werden, ob die gesetzlichen Vorgaben zum Bodenschutz eingehalten wurden.<br />

5<br />

Die hoheitliche Überwachung der gesetzeskonformen Bodennutzung kann auch dem kantonalen Forstdienst delegiert werden.


Forum für Wissen 2013 39<br />

Der Anreiz liegt vor allem im Vermeiden<br />

von Ärger mit der Bevölkerung.<br />

Dies kann bei der gegebenen Gesamtsituation<br />

sogar die staatliche Aufsicht<br />

entlasten. Bei Nichtbeachtung drohen<br />

beträchtliche Transaktionskosten. Im<br />

Extremfall kann die öffentliche Meinung<br />

die Legitimationsgrundlage der<br />

Holznutzung respektive der Forstwirtschaft<br />

insgesamt gefährden.<br />

Es ist eine interessante Beobachtung<br />

auf der institutionellen Ebene, dass in<br />

vergleichsweise kurzer Zeit alle Akteure<br />

in der Forstwirtschaft und den flankierenden<br />

Systemen national wie international<br />

für das Thema sensibilisiert<br />

wurden. Im Inland haben hierzu die<br />

Ausbildungsaktivitäten der <strong>WSL</strong> und<br />

die Politik des BAFU massgeblich beigetragen.<br />

Bodenwassergehalt (Vol.-%)<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1.1.04 1.2.04 1.3.04 1.4.04 1.5.04 1.6.04 1.7.04 1.8.04 1.9.04 1.10.04 1.11.04 1.12.04<br />

Datum<br />

"710+BB"<br />

"600+BB"<br />

"600", "600+RDA", "710", "710+RDA"<br />

Jahresverlauf des<br />

Bodenwassergehalts<br />

Abb. 4. Modellhafte Kalkulation bodenschonender Einsatztage eines Forwarders John<br />

Deere JD 1110 D im Verlauf des Jahres 2004 auf sandigem Lehm. (Spjevak et al. 2009;<br />

die gestrichelten Linien grenzen die übliche Haupteinschlagszeit zwischen September und<br />

März ab; 600 bzw. 710: Reifenbreite in mm; BB: Bogiebänder; RDA: Reifendruckregelanlage).<br />

8 Herausforderungen<br />

Klimawandel und steigende<br />

Ressourcennachfrage<br />

Eine besondere Herausforderung für<br />

den physikalischen Bodenschutz bei<br />

der Holzernte ergibt sich durch den<br />

Klimawandel. Sollte es wärmer und<br />

nässer werden und dies auch das Winterhalbjahr<br />

betreffen, wird die Zahl<br />

der Tage mit guten Bedingungen für<br />

die Befahrung bzw. die Zahl der potentiell<br />

schadensarmen Erntetage in der<br />

traditionellen Einschlagsperiode massgeblich<br />

eingeschränkt. Das vergangene<br />

Frühjahr (2013) hat hierfür einen<br />

Vorgeschmack geboten; der Holzeinschlag<br />

ist praktisch über Wochen zum<br />

Stillstand gekommen, weil die Waldböden<br />

zu nass und die Schadensrisiken zu<br />

hoch waren. Sollten Situationen wie im<br />

letzten Frühjahr zur Regel werden, verlangt<br />

dies von der Forstwirtschaft eine<br />

höchst flexible Einsatzplanung und<br />

-steuerung.<br />

Abbildung 4 verdeutlicht die aufgezeigte<br />

Problematik am Beispiel des niederschlags-<br />

und temperaturmässigen<br />

Durchschnittsjahres 2004. Zu erkennen<br />

sind der Tagesgang des gemessenen<br />

Bodenwassergehaltes und die modellhaft<br />

kalkulierten Grenzwassergehalte<br />

für die Befahrung mit verschiedenen<br />

Spezialausrüstungen zur bodenschonenden<br />

Holzernte: Liegt der aktuelle<br />

Wassergehalt unter diesem Grenzwassergehalt,<br />

kann man schadensfrei fah-<br />

ren. Die bodenschonenden Einsatztage<br />

hätten sich im Jahr 2004 hinsichtlich<br />

der Referenzvariante und den Varianten<br />

mit Breitreifen und Reifendruckregelanlage<br />

(rote Linie) vorwiegend<br />

auf die Sommermonate beschränkt. In<br />

der Haupteinschlagsperiode von September<br />

bis März wäre es somit nur selten<br />

möglich gewesen, bodenschonend<br />

zu fahren. Mit breiteren Reifen und<br />

Bogiebändern wäre der Boden auch<br />

im Winter praktisch nie zu nass gewesen<br />

– ein sehr interessantes Ergebnis,<br />

auch wenn die Modellberechnungen<br />

im Moment nicht überbewertet werden<br />

dürfen und noch genauer zu untersuchen<br />

sind.<br />

Mögliche Massnahmen sind:<br />

– technische Massnahmen, um den<br />

spezifischen Bodendruck der<br />

Maschinen zu senken wie Moorbänder<br />

oder leichtere Maschinen-<br />

soweit dies die auszuführende<br />

Arbeit zulässt<br />

– bessere Ausnutzung guter Wetterperioden,<br />

zum Beispiel Zweischichtbetrieb,<br />

je nach Situation auch Nachtarbeit,<br />

um gute Befahrungsbedingungen<br />

optimal auszunutzen<br />

– Holzernte auch im Sommer, d.h.<br />

in der Vegetationszeit, wenn der<br />

Boden trocken ist<br />

– grossräumige und flexible Einsatzgestaltung<br />

– finanzielle Abgeltung von Massnahmen<br />

Die Situation wird verschärft, wenn die<br />

Ressourcennachfrage weiter steigt und<br />

unter zunehmend schwierigeren Witterungsbedingungen<br />

mehr Holz genutzt<br />

werden soll. Dies könnte zum Beispiel<br />

durch steigende Nachfrage im energetischen<br />

Bereich bedingt sein. Hier ist<br />

im Fall der Vollbaumnutzung und des<br />

damit verbundenen Nährstoffentzugsrisikos<br />

infolge der Mitnutzung von Reisig<br />

und Nadeln zusätzlich auch der chemische<br />

Bodenschutz angesprochen.<br />

Vor dem Hintergrund des Klimawandels<br />

und des steigenden Bedarfs<br />

an erneuerbaren Ressourcen ist zu<br />

befürchten, dass<br />

– die Risiken zunehmen, dass Bodenschäden<br />

entstehen;<br />

– die Ansprüche an Umfang und<br />

Qualität der Massnahmen zunehmen;<br />

– der Kontrollbedarf zunimmt;<br />

– die Kosten des Bodenschutzes im<br />

Wald deutlich zunehmen.<br />

Das heisst, Bodenschutz im Wald könnte<br />

in Zukunft schwieriger und teurer<br />

werden.


40 Forum für Wissen 2013<br />

9 Diskussion und<br />

Folgerungen<br />

9.1 Standardisierung<br />

Standards sind Institutionen, die eine<br />

wichtige Voraussetzung für eine konsequente<br />

Umsetzung des physikalischen<br />

Bodenschutzes schaffen. Sie sind Verpflichtungen<br />

und definieren die optimale<br />

Qualität des Arbeitsergebnisses<br />

beziehungsweise des Bodenzustands<br />

nach der Befahrung. Sie ermöglichen<br />

es, die Ausführenden darüber zu informieren,<br />

was bei den forstlichen Arbeiten<br />

zu vermeiden oder zu erreichen<br />

ist und stellen eine Grundlage für die<br />

Kontrolle der Arbeiten dar. Weitere<br />

Vorteile von Qualitätsstandards für<br />

den Bodenschutz sind die zwingende<br />

Operationalisierung der allgemein formulierten<br />

gesetzlichen Vorschriften,<br />

die verbesserte Transparenz und Fairness<br />

im Wettbewerb der forstlichen<br />

Dienstleister und die Stärkung des<br />

gesellschaftlichen Images einer Branche,<br />

die in und mit der Natur wirtschaftet<br />

und dabei Technik einsetzt. Qualitätsstandards<br />

für den Bodenschutz im<br />

Wald können letztlich einen Teil der<br />

gen muss, damit der Standard oder die<br />

Regel als verletzt bzw. als nicht erreicht<br />

gilt. Denn der Spurtyp 3 ist in der Praxis<br />

auch bei fachgerechter forstlicher<br />

Arbeit nicht vollständig zu vermeiden.<br />

Die notwendige Quantifizierung<br />

des tolerierbaren Schadenausmasses<br />

kann man zum Beispiel so vornehmen,<br />

dass ein bestimmter Anteil der Länge<br />

einer Rückegasse den Spurtyp 3 aufweisen<br />

darf und dass dieser Anteil sich<br />

mit zunehmender Befahrungsempfindlichkeit<br />

erhöht. Die Festlegung dieser<br />

quantitativen Ausprägungen um einen<br />

allgemeinverbindlichen Standard, ist<br />

im Rahmen eines politischen Prozesses<br />

zwischen den beteiligten Verbänden<br />

und Interessengruppen auszuhandeln.<br />

Bisher gibt es wie erwähnt noch keine<br />

offiziellen Standards für den Bodenschutz.<br />

Ihre Entwicklung und Umsetzung<br />

wird durch eine theoretisch fundierte<br />

Vorgehensweise erleichtert.<br />

Dabei schlagen Bergen et al. (2013)<br />

für die Formulierung von Standards die<br />

drei Ebenen Ökologie, Ökonomie und<br />

Politik vor. Auf der ökologischen Ebene<br />

sind Mindest-Qualitätsstandards<br />

zu formulieren. Auf der ökonomischen<br />

Ebene müssen die Kosten für die<br />

Bewahrung der Umwelt berücksichumfassenden<br />

Qualitätsstandards der<br />

Holzernte darstellen.<br />

Der von der <strong>WSL</strong> vorgeschlagene<br />

Spurtyp 3 (Lüscher et al. 2009a;<br />

Lüscher et al. 2014) bildet eine gute<br />

Basis, um einen Standard im Bereich<br />

des physikalischen Bodenschutzes bei<br />

der Holzernte abzuleiten. Der Spurtyp<br />

3 stellt eine Konkretisierung und<br />

Operationalisierung des Gesetzestextes<br />

(langfristig nicht reversible Beeinträchtigung<br />

der Bodenfruchtbarkeit<br />

und damit des Pflanzenwachstums)<br />

dar. In der vorliegenden Form sagt<br />

er aber lediglich aus, dass ein ökologischer<br />

Schaden eingetreten bzw. mit<br />

hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten<br />

ist.<br />

Um aus dem Spurtyp 3 einen Standard<br />

bzw. eine Norm zu machen, ist es<br />

notwendig, ihn weiter zu operationalisieren.<br />

Folglich gilt es, mittels weiterer<br />

Beschreibung und unter Einbezug der<br />

standortskundlichen Voraussetzungen<br />

so zu konkretisieren, dass er in eine<br />

Regel eingebaut werden kann, deren<br />

Einhaltung breite Akzeptanz bei den<br />

Beteiligten findet sowie objektiv und<br />

effizient kontrolliert werden kann.<br />

Dazu muss man zunächst festlegen,<br />

welches Ausmass vom Spurtyp 3 vorlie-<br />

Gesetzliche Vorgabe<br />

… keine langfristige Beeinträchtigung<br />

der Bodenfruchtbarkeit …<br />

Interpretation<br />

Spurtyp 3<br />

aufgrund der ökologischen<br />

Auswirkungen definiert<br />

Operationalisierung<br />

Standard<br />

zusätzlich ökonomisch definiert:<br />

Spurtyp 3 inklusive<br />

– Ausmass, abhängig vom Standort<br />

– Berücksichtigung der Wettbe ­<br />

werbsfähigkeit<br />

Grundlage<br />

– für Ernteverträge<br />

– für Einsatzsteuerung<br />

– für Schlagkontrolle<br />

Abb. 5. Konzept für einen Qualitätsstandard im physikalischen Bodenschutz bei der Holzernte (Foto Marco Walser)


Forum für Wissen 2013 41<br />

tigt werden. Das sind die Kosten der<br />

Schadensvermeidung, die im Hinblick<br />

auf Angemessenheit überprüft werden<br />

müssen. Auf der politischen Ebene<br />

geht es um die gesellschaftliche Beurteilung<br />

der vorgeschlagenen Zielstandards.<br />

Dies geschieht unter Verwendung<br />

von zusätzlichen Beurteilungskriterien.<br />

Abbildung 5 skizziert den<br />

aktuellen Stand eines Konzeptes für<br />

einen Qualitätsstandard im physikalischen<br />

Bodenschutz bei der Holzernte<br />

in der Schweiz.<br />

9.2 Integration in den<br />

Managementprozess<br />

Eine effektive und effiziente Umsetzung<br />

der Bodenschutz-Vorschriften<br />

im Forstbetrieb setzt zum einen voraus,<br />

dass die entsprechenden Aufgaben<br />

und die Verantwortlichkeiten klar definiert<br />

und abgegrenzt sind. Zum anderen<br />

sind diese Aufgaben in die betrieblichen<br />

Prozesse der Holzernte und in<br />

den Prozess der kantonalen Überwachung<br />

der Waldbewirtschaftung zu<br />

integrieren. Aspekte des Bodenschutzes<br />

sind praktisch im gesamten Ablauf<br />

wichtig und zu berücksichtigen. Die<br />

Integration des physikalischen Bodenschutzes<br />

in die gesamte produktionsökonomische<br />

Planung, Steuerung und<br />

Kontrolle der Holznutzung (d.h., in die<br />

Arbeitsvorbereitung (AVOR)) zeichnet<br />

den nachhaltigen und professionellen<br />

Forstbetrieb aus. Verbundeffekte<br />

können genutzt werden. Abbildung 6<br />

zeigt einen möglichen Ansatz, um diese<br />

Forderung umzusetzen.<br />

9.3 Zusammenfassende<br />

Schlussfolgerungen<br />

Im Rahmen des Beitrages wurde der<br />

physikalische Bodenschutz aus verschiedenen<br />

ökonomischen Perspektiven<br />

beleuchtet. Im Mittelpunkt stand<br />

eine Analyse aus (i) Produktions-, (ii)<br />

Industrie- und (iii) institutionenökonomischer<br />

Sicht. Die Ergebnisse tragen<br />

zu einem besseren Verständnis dieses<br />

privatwirtschaftlich erzeugten öffentlichen<br />

Gutes bei. Mögliche Herausforderungen<br />

in der Zukunft bilden Klimawandel<br />

und steigende Ressourcennachfrage.<br />

Sie können das Problem<br />

des forstlichen Bodenschutzes massiv<br />

verschärfen und die Mehrkosten in die<br />

Höhe treiben.<br />

Ad (i) Es konnte festgestellt werden,<br />

dass der physikalische Bodenschutz<br />

beträchtliche Kosten verursacht, aber<br />

auch grossen Nutzen stiften kann. Um<br />

den Nutzen zu realisieren sind langfristige<br />

ökonomische Aspekte ebenfalls<br />

ins Kalkül zu ziehen; hierfür fehlen<br />

allerdings derzeit noch praxisgerechte<br />

Grundlagen. Potenziale zur Rationalisierung,<br />

insbesondere zur Kostensenkung<br />

und Professionalisierung sind vor<br />

allem im Hinblick auf zukünftig steigende<br />

Anforderungen auszunutzen.<br />

Zwei wesentliche, zielführende Massnahmen<br />

sind (1) die Integration der für<br />

den Bodenschutz relevanten betrieblichen<br />

(und hoheitlichen) Prozesse in<br />

den Ablauf der Holzernte und (2) die<br />

Entwicklung einer hochflexiblen Einsatzplanung<br />

und -steuerung, insbesondere<br />

für den Umgang mit den Folgen<br />

des Klimawandels und des Anstiegs<br />

der Ressourcennachfrage. Die Basismassnahmen<br />

Weiterbildung, Bodenzustandsermittlung<br />

sowie Überwachung<br />

und Abnahme der Arbeiten haben sich<br />

als zielführend erwiesen.<br />

Ad (ii) Der Wettbewerbsschutz<br />

der öffentlichen Forstbetriebe in der<br />

Schweiz gewährleistet derzeit einen<br />

Bodenschutz auf vergleichsweise<br />

Betriebsplanung<br />

Feinerschliessungsplanung<br />

Jahresplanung, inkl. Termin<br />

und Kapazitätsplanung<br />

Verfahrens- und Maschinenwahl<br />

Vertragsabschluss / Arbeitsauftrag<br />

Bodenzustandsermittlung<br />

Entscheind fahren / nicht fahren<br />

Fällen, Aufarbeiten, Rücken<br />

Abnahme der Arbeiten<br />

Berücksichtigung des<br />

Bodenschutzes<br />

Zusätzlicher Prozess durch<br />

Bodenschutz<br />

Beurteilung der Fahrspuren,<br />

ggf. Erfassung<br />

Massnahmen, ggf. Sanktionen<br />

Abb. 6. Mögliche Integration des physikalischen Bodenschutzes in die Prozesse von betrieblicher Planung und Durchführung der Holzernte<br />

und hoheitlicher Überwachung (Spjevak und Thees 2009).


42 Forum für Wissen 2013<br />

Zum Beispiel durch die ökonomische<br />

Ergänzung der gerade genannten<br />

naturwissenschaftlichen Untersuchungen<br />

und die Berechnung jährlicher<br />

Holzproduktionswerte (Annuitäten;<br />

Möhring und Rüping 2008) zur Quantifizierung<br />

möglicher Nutzungsverzichte<br />

infolge der bodenschonenden Holzernte.<br />

10 Literatur<br />

Abb. 7. Beim Einsatz von Maschinen im Wald gilt es, den Boden schonend zu befahren und<br />

dabei die Balance zwischen den ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Anforderungen<br />

der Nachhaltigkeit zu wahren. Das Bild zeigt einen Forwarder bei der Rückearbeit,<br />

ausgerüstet mit Traktionshilfswinde und Bogiebändern (Traktionsbänder). Diese Ausrüstungen<br />

vermindern den Schlupf und ermöglichen so ein bodenschonendes Arbeiten am<br />

Hang. (Foto: Fritz Frutig)<br />

hohem Niveau. Die Wettbewerbsfähigkeit<br />

des Holzes ist angesichts der<br />

Schweizer Eigentums- und Marktstrukturen<br />

durch den Bodenschutz<br />

(noch) nicht gefährdet. Allerdings<br />

kann zunehmender Kostendruck in<br />

den Forstbetrieben zu Einschränkungen<br />

beim Bodenschutz führen und die<br />

Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer<br />

Holzes beeinträchtigen. Diesem Problem<br />

kann insbesondere durch produktions-<br />

und institutionenökonomische<br />

Massnahmen begegnet werden.<br />

Ad (iii) Die für den Bodenschutz<br />

sensibilisierte Bevölkerung und das<br />

forstliche Berufsethos entschärfen<br />

Anreiz- und Kontrollprobleme bei<br />

der Erstellung des öffentlichen Gutes.<br />

Die Zertifizierung kann marktstrukturbedingt<br />

derzeit nicht zu einer Verbesserung<br />

des Bodenschutzes beitragen.<br />

Durch die zu schaffende Institution<br />

eines Standards bezüglich der zu<br />

vermeidenden Schadwirkung (auf der<br />

Grundlage einer Fahrspurtypisierung)<br />

lässt sich bei entsprechender Gestaltung<br />

ein Konsens zwischen allen Betei-<br />

ligten – Waldbesitz, Bevölkerung und<br />

Forstunternehmertum – schaffen, welcher<br />

einen Anreiz zum Schutz des<br />

Bodens bildet, die Balance zwischen<br />

den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit<br />

(Ökologie, Ökonomie und Soziales)<br />

nicht aus den Augen verliert und<br />

gleiche Wettbewerbsbedingungen für<br />

die forstlichen Dienstleister gewährleistet.<br />

Zur Gewährleistung und Verbesserung<br />

des physikalischen Bodenschutzes<br />

im Wald bedarf es auch weiterer<br />

Forschung und Umsetzung: Noch fehlen<br />

wichtige bodenphysikalische und<br />

bodenbiologische Grundlagen. Aktuell<br />

werden zum Beispiel Erkenntnisse<br />

über die Folgen der erhöhten<br />

Befahrungsfrequenz bei vergrösserten<br />

Rückegassenabständen und des<br />

Einsatzes verschiedener Arten von<br />

Bogiebändern benötigt. Die ökonomische<br />

Analyse und Bewertung sollte<br />

fortgesetzt werden, um die wirtschaftlichen<br />

Konsequenzen des Bodenschutzes<br />

besser beurteilen und entsprechend<br />

bessere Entscheide fällen zu können:<br />

BAFU (Hrsg.) 2013: Waldpolitik 2020. Visionen,<br />

Ziele und Massnahmen für eine<br />

nachhaltige Bewirtschaftung des Schweizer<br />

Waldes.<br />

Bergen, V.; Löwenstein, W.; Olschewski,<br />

R., 2013: Forstökonomie. Volkswirtschaftliche<br />

Ansätze für eine vernünftige<br />

Umwelt und Landnutzung. Vahlens<br />

Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.<br />

Verlag Vahlen. 477 S.<br />

Holenstein, B., 2013: Es hat noch Potenzial<br />

zur Rationalisierung. Interview mit<br />

Markus Brunner – neuer Direktor WVS,<br />

Schweizer Holzzeitung 21.08.2013.<br />

Franck, E.; Pudack, T., 2005: Integration of<br />

management and law enforcement functions<br />

in Swiss forestry. Revisiting the<br />

boundaries of the forest firm. Section<br />

Forest Use Management. Working paper<br />

No. 5.<br />

Iten, B., 2009: Gesetzliche Grundlagen für<br />

den physikalischen Bodenschutz bei der<br />

Holzernte. In: Thees, O.; Lemm, R. (Hrsg.):<br />

Management zukunftsorientierter Waldnutzung.<br />

Beiträge aus einem Forschungsprogramm<br />

für die Schweizer Waldwirtschaft.<br />

Zürich, Vdf-Verlag: S. 247–259.<br />

Jäger, T.; 2012: Quantifizierung der monetären<br />

Vorteile von intakten Waldböden<br />

und allfälliger Mehraufwände bei der<br />

Holzernte. Masterarbeit Eidg. Technische<br />

Hochschule Zürich, Departement<br />

Umweltsystemwissenschaften. 108 S.<br />

Kuhn, C., 2011: Umgang mit Konfliktpotential<br />

in stadtnahen Wäldern. Der multifunktionale<br />

Wald – Konflikte und Lösungen.<br />

Forum für Wissen 2011: 23–25.<br />

Lüscher, P.; Borer, F.; Blaser, P., 2009a:<br />

Langfristige Beeinträchtigung der<br />

Fruchtbarkeit des Waldbodens durch<br />

mechanische Belastung. In: Thees, O.;<br />

Lemm, R. (Hrsg.) Management zukunftsfähige<br />

Waldnutzung. Grundlagen, Methoden<br />

und Instrumente. Birmensdorf, Eidg.<br />

Forschungsanstalt für Wald, Schnee und<br />

Landschaft <strong>WSL</strong>; Zürich, VDF. 261–270.


Forum für Wissen 2013 43<br />

Lüscher, P.; Frutig, F.; Sciacca, S.; Spjevak,<br />

S.; Thees, O., 2009b: Physikalischer<br />

Bodenschutz im Wald. Bodenschutz beim<br />

Einsatz von Forstmaschinen. Merkbl.<br />

Prax. 45: 12 S.<br />

Lüscher, P.; Thees, O.; Frutig, F., 2014:<br />

Physikalischer Bodenschutz im Wald.<br />

Umwelt-Wissen Nr. Bundesamt für<br />

Umwelt, Bern (in Vorbereitung).<br />

Möhring, B., Rüping, U., 2008: A concept<br />

for calculation of financial losses when<br />

changing the forest management strategy.<br />

For. Policy Econ. 10: 98–107.<br />

Richter, R.; Furubotn, E.G., 2010: Neue<br />

Institutionenökonomik. Eine Einführung<br />

und kritische Würdigung. 4. Überarbeitetet<br />

und erweiterte Auflage; Tübingen,<br />

Mohr. 678 S.<br />

Schwyzer, A.; Abegg, M.; Keller, M.;<br />

Ulmer, U., 2010: Gesundheit und Vitalität.<br />

In: Brändli, U.-B. (Red.): Schweizerisches<br />

Landesforstinventar. Ergebnisse<br />

der dritten Aufnahme 2004–2006. Birmensdorf,<br />

Eidgenössische Forschungsanstalt<br />

für Wald, Schnee und Landschaft.<br />

Bern, Bundesamt für Umwelt.<br />

Spjevak, S.; Thees, O., 2009: Konzeptionelle<br />

Überlegungen zum Management des<br />

physikalischen Bodenschutzes bei der<br />

Holzernte. In: Thees, O.; Lemm, R. (Hrsg.)<br />

Management zukunftsfähige Waldnutzung.<br />

Grundlagen, Methoden und Instrumente.<br />

Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt<br />

für Wald, Schnee und Landschaft<br />

<strong>WSL</strong>; Zürich, VDF. 271–291.<br />

Spjevak, S.; Thees, O.; Lüscher, P., 2009: Ein<br />

Versuch zur modellgestützten Bestimmung<br />

des Nutzens von Forstmaschinenausrüstungen<br />

für den physikalischen<br />

Bodenschutz bei der Holzernte. In: Thees,<br />

O.; Lemm, R. (Hrsg.) Management<br />

zukunftsorientierter Waldnutzung. Beiträge<br />

aus einem Forschungsprogramm<br />

für die Schweizer Waldwirtschaft. Zürich,<br />

Vdf-Verlag. 293–317.<br />

Vogt, C.; Sturm, B., 2011: Umweltökonomie:<br />

Eine anwendungsorientierte Einführung,<br />

Springer-Verlag. 49 S.<br />

Abstract<br />

Economic aspects of soil protection in forest<br />

Physical soil protection during timber harvesting is important in Switzerland not<br />

only ecologically but also economically. We analysed these economic aspects from<br />

the points of view of production, industrial and new institutional economics. The<br />

results contribute to a better understanding of this privately produced public good.<br />

Protecting the soil physically costs money but pays off in the long run. Since competition<br />

between the public enterprises is limited, it is possible to ensure soil protection<br />

at a high level. Both the public and professionals are aware of the need to<br />

protect forests, which makes it easier to solve motivational and monitoring problems.<br />

Forest certification is not appropriate for improving soil protection under<br />

the current market conditions. Our standard typology of vehicle tracks provides a<br />

basis for developing a standard for acceptable levels of soil disturbance. With such<br />

a standard it should be possible to reach a consensus on good practice among all<br />

stakeholders – the owners, the public and the forest contractors.<br />

Challenges for the future will be coping with climate change and a growing<br />

demand for resources, which will make soil protection more difficult and more<br />

expensive. Further economic analysis is needed to improve decision making about<br />

soil protection to ensure sustainable forest management.<br />

Keywords: soil protection, timber harvesting, skid lane, economics


Forum für Wissen 2013: 45–46 45<br />

Bodenverdichtung und Bodenstruktur<br />

Rainer Schulin 1 , Christine Meyer 1,2 und Peter Lüscher 2<br />

1<br />

ETH Zürich, Institut für Terrestrische Oekosysteme, Universitätstrasse 16, CH-8092 Zürich<br />

2<br />

<strong>WSL</strong> Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf<br />

Bodenverdichtung ist ein zentrales<br />

Thema im Bodenschutz. War es früher<br />

auf Landwirtschaftsböden beschränkt,<br />

so ist es in den letzten zwei Jahrzehnten<br />

auch zunehmend zu einem Problem<br />

im Wald geworden. Wird durch das<br />

Befahren mit schweren Maschinen die<br />

Tragfähigkeit des Bodens überschritten,<br />

so werden die Bodenteilchen so<br />

dicht zusammengepresst, bis der Boden<br />

genügend Widerstand gegen weitere<br />

Verdichtung aufbringt. Dadurch wird<br />

der Porenraum verringert, der für das<br />

Bodenwasser, die Durchlüftung und<br />

das Bodenleben zur Verfügung steht.<br />

Besonders ungünstig ist die Verquetschung<br />

von Grobporen, da diese für die<br />

Durchlüftung eines Bodens entscheidend<br />

sind und schon die Verengung an<br />

einer einzigen Stelle ausreicht, um die<br />

Entwässerung einer Pore um Grössenordnungen<br />

zu verlangsamen. Die Folgen<br />

sind Wasserstau und Sauerstoffmangel<br />

im Wurzelraum bei Niederschlägen.<br />

Der Verlust an Grobporen ist<br />

daher viel gravierender als der von feineren<br />

Poren, und der Verlust an Porenkontinuität<br />

viel schwerwiegender als<br />

nur der Verlust an Porenvolumen. Dies<br />

ist aber nur die eine Seite in der Beziehung<br />

zwischen Bodenverdichtung<br />

und Bodenstruktur. Die andere ist,<br />

dass auch die Empfindlichkeit gegenüber<br />

Verdichtung sehr stark von der<br />

Struktur abhängt und auch hier grosse<br />

Unterschiede zwischen verschiedenen<br />

Porentypen bestehen. Nicht nur ist der<br />

Verlust von Grobporen problematischer<br />

für die pflanzenbauliche Bodenqualität<br />

als der von feineren Poren,<br />

Grobporenraum wird zudem auch<br />

leichter zusammengedrückt. Zumindest<br />

war dies bisher die Lehrmeinung.<br />

Neuere Untersuchungen zeigen, dass<br />

auch hier eine Differenzierung notwendig<br />

ist. Während Grobporen, die<br />

aus Zwischenräumen zwischen Aggregaten<br />

bestehen, tatsächlich besonders<br />

leicht zusammengedrückt werden, weisen<br />

zylindrische Röhren und Kapillaren,<br />

wie sie insbesondere durch Regenwürmer<br />

und Wurzeln gebildet werden,<br />

eine vergleichsweise hohe Stabilität<br />

auf. Die Förderung von Bedingungen,<br />

welche die Bildung solcher Bioporen<br />

begünstigen, sollte also in der Landwirtschaft<br />

wie im Waldbau eine hohe<br />

Priorität haben.<br />

Ein verdichteter Boden kann mit<br />

technischen Massnahmen gelockert<br />

werden. Dies ist aber zum einen aufwendig<br />

und vor allem im Wald nur in<br />

beschränktem Masse – wenn überhaupt<br />

– möglich. Zum anderen kann<br />

durch künstliche Lockerung allein die<br />

ursprüngliche Bodenstruktur nicht wiederhergestellt<br />

werden, sondern höchstens<br />

eine Beschleunigung der natürlichen<br />

Regenerationsprozesse erreicht<br />

werden, indem die Drainage und damit<br />

die Durchlüftung gefördert wird, so<br />

dass es strukturbildende Organismen<br />

einschliesslich Pflanzenwurzeln leichter<br />

haben, verdichtete Partien wieder<br />

zu erschliessen. Je tiefer die Verdich-<br />

Abb. 1. Alle drei Fotos zeigen dieselbe Fahrspur am Standort Ermatingen (Thurgau), links: Fahrspurtyp 3, mittig: Fahrspur mit Bepflanzungsmassnahmen<br />

(Schwarzerlen), rechts: Situation 3 Jahre nach der Bepflanzung. Fotos: Roger Köchli und Christine Meyer.


46 Forum für Wissen 2013<br />

tung reicht, umso langsamer wirken<br />

diese Prozesse, und wie durch Gletscherauflast<br />

verursachte geogene Verdichtungen<br />

zeigen, können Verdichtungen<br />

des tieferen Unterbodens auch<br />

nach Jahrtausenden noch vorhanden<br />

sein. Es sollte daher absolut prioritär<br />

sein, Bodenverdichtungen zu vermeiden,<br />

vor allem solche, die bis in den<br />

tieferen Unterboden reichen. Für die<br />

Tiefenwirkung ist auf der Belastungsseite<br />

nicht der Kontaktflächendruck<br />

sondern die Auflast als ganzes entscheidend,<br />

auf der Bodenseite die Feuchtigkeit.<br />

Mit anderen Worten: Es muss<br />

unbedingt vermieden werden, einen<br />

Boden mit zu schweren Maschinen bei<br />

zu feuchten Bedingungen zu befahren.<br />

Trotzdem gibt es Situationen, in<br />

denen sich eine solche Befahrung<br />

nicht völlig vermeiden lässt, und auch<br />

viele Standorte, an denen der Boden<br />

durch frühere Befahrungen bereits<br />

verdichtet ist. Hier stellt sich die Frage,<br />

wie die Wiederherstellung einer<br />

für die Bestandesentwicklung günstigen<br />

Bodenstruktur möglichst wirksam<br />

und kostengünstig beschleunigt oder<br />

überhaupt erreicht werden kann. In<br />

einem kürzlich abgeschlossenen Forschungsprojekt<br />

haben wir gefunden,<br />

dass sich dazu die Bepflanzung von<br />

stark verdichtetem Boden mit Schwarzerlen<br />

sehr gut eignen kann (Abb. 1).<br />

Die Ergebnisse dieser Untersuchung<br />

weisen darauf hin, dass Erlenwurzeln<br />

eine eigentliche Pionierfunktion<br />

in der Erschliessung von verdichtetem<br />

Boden für andere Organismen<br />

haben können. Es zeigte sich nämlich,<br />

dass sich zunächst und in enger Korrelation<br />

mit der Durchwurzelung die<br />

Luftleitfähigkeit erhöhte und erst mit<br />

Verzögerung in signifikantem Mass<br />

Grobporenraum gebildet wurde. Dies<br />

liess darauf schliessen, dass zunächst<br />

durch die Wurzeln entwässerter Porenraum<br />

geschaffen werden musste, bevor<br />

durch andere Prozesse weitere Struktur<br />

entstehen konnte. Das Fazit dieses<br />

Vortrags ist, dass es für das Verständnis<br />

der Zusammenhänge zwischen<br />

Bodenverdichtung und Bodenstruktur<br />

die Erkenntnis entscheidend ist, nicht<br />

nur zwischen Poren unterschiedlicher<br />

Grösse zu unterscheiden, sondern dass<br />

auch die Form und Art der Entstehung<br />

wesentlich sind.


Forum für Wissen 2013: 47–53 47<br />

Sind Waldbodenfunktionen nachhaltig gewährleistet?<br />

Beispiel Säurepufferung<br />

Stephan Zimmermann und Jörg Luster<br />

<strong>WSL</strong> Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf,<br />

stephan.zimmermann@wsl.ch<br />

Im Hinblick auf klimatische Veränderungen und anthropogene Stoffbelastungen<br />

stellt sich die Frage, in wie weit die Regulierungsfunktionen von Waldböden –<br />

dazu gehören einerseits die Speicherung von Wasser, Kohlenstoff und Nährstoffen,<br />

andererseits die Säurepufferung und Rückhaltung von Schadstoffen – nachhaltig<br />

gewährleistet sind. In einer Fallstudie anhand von Waldböden an 115 Standorten<br />

in den Zentralschweizer Kantonen untersuchten wir diese Frage exemplarisch<br />

für die Säurepufferung. Als Indikator verwendeten wir eine auf profilumfassenden<br />

Kriterien abgestützte Klassierung der Empfindlichkeit für eine Abnahme der<br />

Basensättigung bei anhaltender Säurebelastung. Wir können damit beurteilen, wie<br />

gut Böden mittel- und langfristig mit weiteren Säure-Einträgen umgehen können,<br />

ohne dass wichtige Bodenfunktionen gefährdet sind.<br />

1 Einleitung<br />

Böden erfüllen wichtige Funktionen<br />

für Mensch und Umwelt. Eine heute<br />

akzeptierte Einteilung ist in «Produktionsfunktion»,<br />

«Regulierungsfunktion»,<br />

«Lebensraumfunktion», «Trägerfunktion»,<br />

«Rohstofffunktion» und «Archivfunktion»<br />

(BAFU 2011). Für den Wald<br />

sind in erster Linie die ersten drei<br />

wichtig, wobei die Produktions- und<br />

die Regulierungs-Funktion zudem mit<br />

ökonomisch bewertbaren Ökosystem-<br />

Dienstleistungen wie Holz- und Energieproduktion,<br />

der Zur-Verfügung-<br />

Stellung von sauberem Trinkwasser<br />

oder dem Schutz vor Naturgefahren<br />

verknüpft sind.<br />

Im Hinblick auf klimatische Veränderungen<br />

und anthropogene Stoffbelastungen<br />

ist die Regulierungsfunktion<br />

von Waldböden von zentraler Bedeutung.<br />

Der Waldboden fungiert als Speicher<br />

und Reaktor in den Kreisläufen<br />

von Kohlenstoff und Nährelementen<br />

wie Stickstoff, Phosphor, Schwefel und<br />

Kalium. Durch chemische, zu einem<br />

grossen Anteil mikrobiell katalysierte<br />

Umwandlungen werden gespeicherte<br />

Nährstoffe den Organismen (wieder)<br />

zur Verfügung gestellt. Die Speicherung<br />

von Kohlenstoff im Humus ist ein<br />

bedeutender Prozess zur Bindung des<br />

Treibhausgases Kohlendioxid, wobei<br />

weltweit im Humus der Böden rund<br />

doppelt so viel Kohlenstoff gespeichert<br />

ist wie in der Atmosphäre (Schimel<br />

1995). Eine weitere wichtige Regulierungsfunktion<br />

spielen Waldböden im<br />

Wasserhaushalt, indem sie Wasser speichern,<br />

es den Pflanzen zur Verfügung<br />

stellen und bei Starkniederschlägen<br />

Abflussspitzen brechen können. Böden<br />

wirken auch als Filter für Schadstoffe,<br />

indem diese dort gebunden, abgebaut<br />

oder umgewandelt werden. Dies führt<br />

zu einem effektiven Schutz des Grundwassers<br />

vor Verunreinigungen. Die<br />

Qualität von Trinkwasser aus Grundwasser-Quellen<br />

unter Wald ist deshalb<br />

weitestgehend gut (Hegg et al. 2004).<br />

Im Zusammenhang mit der Erfüllung<br />

der Regulierungsfunktionen muss der<br />

Waldboden als einzigartiger Lebensraum<br />

bzw. als Gesamtsystem betrachtet<br />

werden, welches nicht nur die festen<br />

Bodenbestandteile mit ihren chemischen<br />

Eigenschaften, sondern auch den<br />

wasser- beziehungsweise luftgefüllten<br />

Porenraum, die Pflanzenwurzeln, die<br />

Mikroorganismen und die Bodenfauna<br />

mit einschliesst. Das Potential der<br />

Böden, Regulierungsfunktionen nachhaltig<br />

zu gewährleisten steht in direktem<br />

Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit<br />

der den Funktionen zu Grunde<br />

liegenden Einzel-Prozesse. Ein Prozess<br />

kann dann als nachhaltig beziehungsweise<br />

längerfristig wirkend betrachtet<br />

werden, wenn er auf Störungen<br />

oder gerichtete Veränderungen relativ<br />

unempfindlich reagiert. Unter gerichteten<br />

Veränderungen verstehen wir in<br />

diesem Zusammenhang den anhaltenden<br />

Eintrag oder die Produktion von<br />

sauren und versauernden Substanzen,<br />

ohne dass dem System zusätzliche Säureneutralisationskapazität<br />

zugeführt<br />

wird. Die Beurteilung der Nachhaltigkeit<br />

einer Regulierungsfunktion möchten<br />

wir am Beispiel der Waldbodenversauerung<br />

und der entsprechenden Säurepufferungs-Prozesse<br />

illustrieren. Im<br />

folgenden beurteilen wir den Stand der<br />

Bodenversauerung von 115 Waldböden<br />

in den Zentralschweizer Kantonen<br />

(LU, OW, NW, SZ, UR, ZG) und schätzen<br />

die Gefährdung der Pufferfunktion<br />

bei anhaltendem Eintrag von Säuren<br />

und versauernden Substanzen ab.<br />

2 Methodisches<br />

Alle nachfolgenden Beurteilungen<br />

erfolgen aufgrund der Eigenschaften<br />

der Mineralbodenhorizonte der 115<br />

untersuchten Waldböden. Anhand dieser<br />

Eigenschaften werden die Beurteilungskriterien<br />

für den Stand der<br />

Bodenversauerung und die Empfindlichkeit<br />

für eine Abnahme der Basensättigung<br />

hergeleitet. Die organischen<br />

Auflagehorizonte werden nicht berücksichtigt,<br />

da ihre chemischen Eigenschaften<br />

zeitlich stark variabel sind<br />

und sie für die Säurepufferung nur eine<br />

untergeordnete Bedeutung haben.<br />

2.1 Definition von Säureklassen<br />

Abbildung 1 zeigt für die insgesamt 650<br />

Mineralbodenhorizonte der 115 untersuchten<br />

Böden die kumulative Häufigkeitsverteilung<br />

der pH-Werte und die<br />

prozentualen Anteile der austausch-


48 Forum für Wissen 2013<br />

baren Kationen in den unterschiedlichen<br />

pH-Klassen. Während erstere<br />

Informationen über die Puffereffizienz<br />

in den verschiedenen pH-Bereichen<br />

liefert, widerspiegelt die Austauscher-<br />

Belegung die vorherrschenden Pufferreaktionen.<br />

Zwei flache Abschnitte<br />

mit vergleichsweise wenig Bodenproben<br />

in den Bereichen pH < 3,6 und zwischen<br />

pH 4,8 und 7,0 stehen steileren<br />

Abschnitten mit deutlich mehr Bodenproben<br />

zwischen pH 3,6 und 4,8 sowie<br />

pH > 7,0 gegenüber. Flache Abschnitte<br />

der kumulativen Häufigkeitsvertei-<br />

lung weisen auf eine geringe, steile<br />

Abschnitte auf eine hohe Effizienz der<br />

im entsprechenden Bereich dominierenden<br />

Pufferreaktionen hin. Aufgrund<br />

dieser in allen Böden ähnlichen Verhältnisse<br />

können Pufferbereiche mit<br />

entsprechenden dominierenden Pufferreaktionen<br />

und ihrer Puffereffizienz<br />

definiert werden (Schwertmann und<br />

Fischer 1982; Ulrich 1983; Schwertmann<br />

et al. 1987). Im weiteren bezeichnen<br />

wir diese als Säureklassen (Tab. 1;<br />

Blaser et al. 2008b).<br />

Tab. 1. Definition der Säureklassen nach Blaser et al. 2008b mit entsprechenden dominanten<br />

Pufferreaktionen und -effizienzen und Abgrenzungen gemäss dem in dieser Arbeit diskutierten<br />

Datensatz von Abbildung 1.<br />

Säureklasse<br />

pH-Wert<br />

[0,01 M CaCl 2 ]<br />

Dominante Pufferreaktion<br />

Puffereffizienz<br />

1 > 7,00 Karbonatverwitterung gross<br />

2 5,61–7,00 Protonierung variabler Ladungen;<br />

gering<br />

Silikatverwitterung<br />

3 4,61–5,60 wie Säureklasse 2, jedoch beginnende Auflösung gering<br />

von Al-Verbindungen<br />

4 3,81 – 4,60 Auflösung von Al-Verbindungen gross<br />

5 < 3,80 Protonierung der organischen Substanz;<br />

Auflösung von Al- und Fe-Verbindungen<br />

mittel<br />

Belegung des Austauschers (%)<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

2,4–2,6<br />

2,8–3,0<br />

5<br />

3,2–3,4<br />

3,6–3,8<br />

4,0–4,2<br />

4<br />

4,4–4,6<br />

Säureklasse<br />

4,8–5,0<br />

5,2–5,4<br />

5,6–5,8<br />

6,0–6,2<br />

pH-Klassen (pH CaCl 2<br />

)<br />

H % Fe % Mn % Al % BS %<br />

3<br />

Abb. 1. Mittlere prozentuale Belegung des Austauschers der untersuchten Mineralbodenproben<br />

(N = 650) mit basischen Kationen (BS) und sauren Kationen (Al, Mn, Fe, Protonen<br />

H) in Abhängigkeit von der pH-Klasse (Klassenbreite 0,2 pH-Einheiten). Diesem Säulendiagramm<br />

ist die kumulative Häufigkeitsverteilung der pH-Werte überlagert (rechte y-Achse;<br />

schwarze Linie).<br />

2<br />

6,4–6,6<br />

6,8–7,0<br />

1<br />

7,2–7,4<br />

7,6–7,8<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Anteil der Mineralbodenproben (%)<br />

2.2 Stand der Bodenversauerung<br />

Der Stand der Bodenversauerung wird<br />

in fünf Stufen von sehr schwacher bis<br />

sehr starker Versauerung beurteilt<br />

(Tab. 2, Blaser et al. 2008b). Als erstes<br />

Kriterium für die Klassierung dient die<br />

relative Belegung des Austauschers der<br />

gesamten Feinerde eines Bodens mit<br />

sauren Kationen. Aus dem in Abbildung<br />

1 ersichtlichen Zusammenhang<br />

zwischen Säureklasse und Austauscher-<br />

Belegung geht hervor, dass ein Boden<br />

umso stärker versauert ist, desto geringer<br />

die Basensättigung ist.<br />

Dabei bleibt allerdings unberücksichtigt,<br />

dass in sauren Böden, welche<br />

sich aus karbonathaltigem Ausgangsgestein<br />

entwickelt haben, bei gleichem<br />

pH-Wert die Basensättigung im<br />

Vergleich zu Böden aus karbonatfreiem<br />

Gestein grösser ist (Blaser et al.<br />

2008a). Der Grund dafür ist einerseits<br />

kapillarer Aufstieg von basenreichem<br />

Wasser aus tieferen Bodenschichten,<br />

andererseits eine allgemein grössere<br />

Kationenaustauschkapazität in Böden<br />

aus karbonathaltigem Gestein.<br />

Um die Unterschiede zwischen<br />

Böden auf karbonathaltigem und saurem<br />

Gestein in die Beurteilung einfliessen<br />

zu lassen, wird als zweites Kriterium<br />

für die Klassierung des Standes der<br />

Bodenversauerung die Variabilität des<br />

pH-Wertes mit der Bodentiefe herangezogen.<br />

Dazu wird ein pH-Gradient<br />

errechnet, welcher der Differenz der<br />

Säureklasse mit dem tiefsten im Boden<br />

vorkommenden pH-Wert und der Säureklasse<br />

mit dem angenommenen pH-<br />

Wert zu Beginn der Bodenentwicklung<br />

entspricht. Auf karbonathaltigem<br />

Ausgangsgestein liegt der pH-Wert<br />

zu Beginn sicherlich im alkalischen<br />

Bereich, das heisst in Säureklasse 1. In<br />

Böden, welche sich aus karbonatfreiem<br />

Ausgangsmaterial entwickelt haben,<br />

wird angenommen, dass sich der pH-<br />

Wert zu Beginn der Bodenentwicklung<br />

im Bereich des pH-Wertes von Regenwasser<br />

von 5.5 bis 6.0, d.h. in Säureklasse<br />

2, befindet (Bohn et al. 1985; Blaser<br />

et al. 2005). Dies liegt einerseits daran,<br />

dass in diesem Stadium der Gehalt an<br />

Tonmineralen mit variablen Ladungen<br />

gering und somit langsame Silikatverwitterung<br />

die dominante Pufferreaktion<br />

ist. Andererseits weist der Boden<br />

zu Beginn eine höchstens spärliche<br />

Pflanzendecke auf und die biologische


Forum für Wissen 2013 49<br />

Tab. 2. Klassierung des Standes der Bodenversauerung unter Verwendung der total austauschbaren<br />

Menge saurer Kationen (SK = Al 3+ + Fe 3+ + Mn 2+ + H + ) im Boden und des pH-<br />

Gradienten im Bodenprofil. Bestimmung des pH-Gradienten siehe Text.<br />

Aktivität ist gering, weshalb der CO 2 -<br />

Partialdruck im Boden ungefähr jenem<br />

der Atmosphäre entspricht. Regen wie<br />

auch Bodenwasser haben beim CO 2 -<br />

Partialdruck der Atmosphäre einen<br />

pH-Wert zwischen 5,5 und 6,0<br />

Die Klassierung des Standes der<br />

Bodenversauerung mit Hilfe der Kombination<br />

der beiden Kriterien «Austauscher-Belegung<br />

mit sauren Kationen»<br />

und «pH-Gradient» ist in Tabelle 2 aufgeführt.<br />

2.3 Empfindlichkeit für eine Abnahme<br />

der Basensättigung<br />

Stand der Bodenversauerung<br />

% saure Kationen (SK) pH-Gradient < 3 pH-Gradient 3 pH-Gradient 4<br />

≤ 25 sehr schwach schwach mässig<br />

26–50 schwach mässig stark<br />

51–70 mässig stark sehr stark<br />

71–85 stark sehr stark sehr stark<br />

> 85 sehr stark sehr stark sehr stark<br />

Basensättigung [%]<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

2,4–2,6<br />

2,8–3,0<br />

3,2–3,4<br />

3,6–3,8<br />

4,0–4,2<br />

4,4–4,6<br />

4,8–5,0<br />

5,2–5,4<br />

5,6–5,8<br />

pH-Klassen (pH CaCl 2<br />

)<br />

Abb. 2. Boxplots der Basensättigungen der untersuchten Bodenproben in verschiedenen<br />

pH-Klassen (Klassenbreite 0,2 pH-Einheiten). Die Box stellt den Median und die 25 Prozent<br />

und 75 Prozent Quartile der Einzelmesswerte dar mit Minimum und Maximum als<br />

T-Balken; die Punkte sind Ausreisser, Sterne extreme Ausreisser.<br />

6,0–6,2<br />

6,4–6,6<br />

6,8–7,0<br />

7,2–7,4<br />

7,6–7,8<br />

Als Kriterium für die Nachhaltigkeit<br />

der Säurepufferung wird die Empfindlichkeit<br />

eines Bodens beurteilt, in wie<br />

weit die Basensättigung bei anhaltender<br />

Säurebelastung abnimmt.<br />

Betrachten wir zunächst den Zusammenhang<br />

zwischen Basensättigung und<br />

pH-Wert, wie er in Abbildung 2 dargestellt<br />

ist. Bei pH-Werten grösser als<br />

5,6 ist der Kationen-Austauscher des<br />

Bodens praktisch vollständig mit basischen<br />

Kationen besetzt (Basensättigung<br />

> 99%). Im Verlaufe der Bodenentwicklung<br />

nimmt die Basensättigung<br />

erst dann ab, wenn der pH-Wert unter<br />

5,4 fällt. Danach nimmt sie bis zu einem<br />

pH-Wert von 4,6 zuerst langsam auf<br />

rund 75 Prozent und dann schnell auf<br />

einen durchschnittlichen Wert von rund<br />

11 Prozent bei einem pH-Wert von 3,2<br />

ab. Bei noch tieferen pH-Werten gibt<br />

es keinen Hinweis, dass die Basensättigung<br />

noch weiter abnimmt. Die Bodenproben<br />

in diesem sehr stark sauren pH-<br />

Bereich stammen zu einem grossen Teil<br />

von mineralischen Oberböden, welche<br />

viel organische Substanz enthalten und<br />

deren Kationen-Austauscherplätze<br />

durch den Nährstoffkreislauf (Streumineralisierung)<br />

periodisch mit basischen<br />

Kationen versorgt werden. Dadurch<br />

kann sich die Basensättigung auf einem<br />

für den tiefen pH-Wert relativ hohen<br />

Niveau halten. Andererseits finden<br />

sich im pH-Bereich < 3,8 auch zahlreiche<br />

Unterbodenproben mit sehr tiefer<br />

Basensättigung. Im Hinblick auf solche<br />

Proben stellte Hildebrand (1986) fest,<br />

dass bei fortschreitender Versauerung<br />

eine Reserve von basischen Kationen<br />

am Austauscher von etwa fünf Prozent<br />

nicht unterschritten wird. Das heisst, es<br />

gibt auch hier eine untere Grenze der<br />

Basensättigung.<br />

Aus dem Zusammenhang zwischen<br />

Basensättigung und pH-Wert, wie er in<br />

Abbildung 2 dargestellt ist und oben<br />

erläutert wurde, ergibt sich, dass die<br />

Empfindlichkeit für eine Abnahme der<br />

Basensättigung bei anhaltender Säurebelastung<br />

im pH-Bereich 3,2 bis 5<br />

am grössten ist. Diese Empfindlichkeit<br />

wird deshalb in Böden, welche relativ<br />

viel Feinerde in diesem pH-Bereich<br />

haben, grösser sein als in Böden, deren<br />

Feinerde sich in anderen pH-Bereichen<br />

befindet. Da aber die Basensättigung<br />

eine relative Grösse ist, muss noch die<br />

Kationenaustauschkapazität berücksichtigt<br />

werden. Die Empfindlichkeit<br />

ist umso kleiner, je grösser die Kationenaustauschkapazität<br />

der Feinerde<br />

ist, da bei einer grossen Austauschkapazität<br />

mehr Säureeintrag notwendig<br />

ist, um eine bestimmte Abnahme der<br />

Basensättigung zu verursachen.<br />

Für die Klassierung der Empfindlichkeit<br />

wird zunächst derjenige Anteil<br />

(%) an der gesamthaft vorhandenen<br />

Feinerde in den obersten 100 cm des<br />

Mineralbodens berechnet, welcher<br />

sich im kritischen pH-Bereich von 3,2<br />

bis 5,0 befindet (Blaser et al. 2008b).<br />

Als zweites Kriterium wird für diesen<br />

Teil des Mineralbodens eine mit<br />

der Horizontmächtigkeit gewichtete<br />

durchschnittliche Kationenaustauschkapazität<br />

berechnet. Die Empfindlichkeit<br />

ergibt sich als Kombination der<br />

beiden Kriterien, wie in Tabelle 3 dargestellt.


50 Forum für Wissen 2013<br />

Tab. 3. Definition der Empfindlichkeitsklassen für eine Abnahme der Basensättigung bei<br />

anhaltender Säurebelastung.<br />

% empfindliche<br />

mittlere Kationenaustauschkapazität [mmol c* kg -1 ]<br />

Feinerde<br />

> 100 25–100 < 25<br />

0 kein Risiko kein Risiko kein Risiko<br />

< 25 sehr gering sehr gering gering<br />

25–50 sehr gering gering mässig<br />

50–75 gering mässig gross<br />

> 75 mässig gross sehr gross<br />

Anteil der Böden (%)<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

sehr schwach schwach mässig stark sehr stark<br />

Anteil der Böden (%) 35,7 10,4 3,5 11,3 39,1<br />

Stand der Bodenversauerung<br />

Abb. 3. Stand der Bodenversauerung von 115 Waldböden in den Zentralschweizer Kantonen.<br />

Dargestellt sind die Häufigkeiten in den einzelnen Versauerungsklassen gemäss Tabelle 2.<br />

112 Böden haben sich auf karbonathaltigem, 3 auf karbonatfreiem Ausgangsgestein entwickelt.<br />

400<br />

Empfindlichkeit<br />

mittlere gewichtete CEC bis 100 cm Tiefe (mmol c<br />

kg -1 )<br />

300<br />

200<br />

0<br />

0<br />

sehr gering gering mässig gross sehr gross<br />

Abb. 4. Klassifikation der Böden im Hinblick auf ihre Empfindlichkeit für eine Abnahme<br />

der Basensättigung. Die vertikalen, gestrichelten Linien trennen drei Bereiche der Kationenaustauschkapazität<br />

im Profil (als bis 100 cm Tiefe gewichtete Mittelwerte) und die horizontalen<br />

Linien die vier Bereiche verschiedener Anteile empfindlicher Feinerde (siehe Tab.<br />

3). Die Bodenprofile ohne Risiko liegen auf der x-Achse.<br />

100<br />

25<br />

50<br />

75<br />

100<br />

Anteil empfindlicher Feinerde bis 100 cm Tiefe (%)<br />

3 Beurteilung der Zentralschweizer<br />

Waldböden<br />

3.1 Stand der Bodenversauerung<br />

Die Versauerung von Böden ist eine<br />

Folge längerfristig anhaltender, gerichteter<br />

Veränderungen in Stoffkreisläufen<br />

offener Ökosysteme. Ein Boden<br />

versauert natürlicherweise, da in einem<br />

offenen Waldökoystem in unseren<br />

Breitengraden einerseits auch ohne<br />

anthropogene Quellen Säuren über<br />

die Atmosphäre eingetragen werden,<br />

andererseits infolge zeitlicher und<br />

räumlicher Entkopplung interner säure-produzierender<br />

und -verbrauchender<br />

Prozesse basische Kationen dem<br />

System durch Auswaschung verloren<br />

gehen. In bodengenetisch jüngster Zeit<br />

wurden die atmogenen Säureeinträge<br />

zudem anthropogen verstärkt.<br />

Da es praktisch unmöglich ist, den<br />

Beitrag von natürlich und anthropogen<br />

bedingter Versauerung zu trennen,<br />

beschränken wir uns darauf, den Stand<br />

der Bodenversauerung insgesamt zu<br />

beurteilen, d.h. ohne auf die Quellen<br />

der versauernden Substanzen einzugehen.<br />

Abbildung 3 zeigt die Klassierung<br />

des Standes der Bodenversauerung<br />

gemäss Kapitel 2.2. für die 115<br />

untersuchten Bodenprofile in den Zentralschweizer<br />

Kantonen. Die meisten<br />

Böden sind sehr schwach (36 %) oder<br />

sehr stark (39 %) versauert, während<br />

sich nur ein geringer Anteil der Böden<br />

in den mittleren Kategorien befindet.<br />

Unter den sehr stark versauerten<br />

Böden befinden sich alle Standorte auf<br />

karbonatfreiem Ausgangsgestein. Im<br />

Weiteren setzt sich das Ausgangsgestein<br />

der sehr stark versauerten Böden<br />

zum überwiegenden Teil aus kalkarmer<br />

Molasse sowie aus Terrassenschottern<br />

und Moränen der Risseiszeit zusammen.<br />

Diese Böden befinden sich heute<br />

vorwiegend im Al- bis Fe-Pufferbereich,<br />

und die Karbonatgrenze befindet<br />

sich oft in Tiefen von mehr als zwei<br />

Metern beziehungsweise unterhalb des<br />

Profilaufschlusses.<br />

Ganz anders ist die Situation bei<br />

den sehr schwach versauerten Böden.<br />

Hier dominieren stark karbonathaltige<br />

Gesteine (junge Moränen, Kalke und<br />

Kalkmolasse), und die Tiefe der aktuellen<br />

Karbonatgrenze wurde überall<br />

erschlossen.


Forum für Wissen 2013 51<br />

3.2 Empfindlichkeit gegenüber einer<br />

Abnahme der Basensättigung<br />

Bei 36 der insgesamt 115 Waldböden<br />

besteht kein Risiko für eine Abnahme<br />

der Basensättigung, da sie keine Feinerde<br />

im sensitiven pH-Bereich aufweisen.<br />

Zwei Vertreter dieser Empfindlichkeitsklasse<br />

sind in Abbildung 5.0<br />

mit pH-Wert und Basensättigung<br />

exemplarisch dargestellt. Von den 36<br />

unempfindlichen Böden liegen bei 13<br />

die pH-Werte im ganzen Profil über<br />

sieben oder knapp darunter und der<br />

Kationenaustauscher ist praktisch vollständig<br />

basengesättigt (profilumfassend<br />

> 98 Prozent, zum Beispiel Profil<br />

Buchrain). Bei weiteren 22 Böden,<br />

repräsentiert durch Profil Schwarzenbach,<br />

wird irgendwo im erschlossenen<br />

Teil des Bodenprofils die Kalkgrenze<br />

erreicht und im Oberboden ist der pH-<br />

Wert im Bereich zwischen 5 und 7. Die<br />

Basensättigung dieser Böden liegt in<br />

allen Horizonten zwischen 95 und 100<br />

Prozent. Die 35 Böden dieser beiden<br />

Kategorien sind also unempfindlich<br />

gegenüber einer Abnahme der Basensättigung<br />

weil sie sich weitgehend im<br />

Karbonatpufferbereich oder teilweise<br />

knapp darunter befinden und die<br />

Basensättigung somit profilumfassend<br />

sehr hoch ist. Einer der als unempfindlich<br />

klassierten Böden hingegen weist<br />

im ganzen zu beurteilenden Tiefenbereich<br />

pH-Werte unterhalb der unteren<br />

Grenze des sensitiven pH-Bereichs von<br />

3,2 auf, während die Basensättigung<br />

zwischen 30 und 50 Prozent liegt. Das<br />

sind Werte, welche in einem Bereich<br />

schneller Abnahme liegen, womit dieser<br />

Boden mit den definierten Kriterien<br />

falsch klassiert wird. Dies liegt<br />

aber nicht grundsätzlich am tiefen pH-<br />

Wert. Man könnte sich nämlich vorstellen,<br />

dass ein Boden bereits so stark<br />

versauert ist, dass die Basensättigung<br />

im Bereich des «eisernen» Minimal-<br />

Bestandes von etwa 5 Prozent liegt und<br />

kein Risiko zur Abnahme besteht, weil<br />

dies gar nicht mehr möglich ist. Dieser<br />

Fall tritt unter den 115 Waldböden in<br />

den Zentralschweizer Kantonen aber<br />

nicht auf.<br />

Bei den übrigen 79 Bodenprofilen<br />

besteht eine sehr geringe bis grosse<br />

Empfindlichkeit für eine Abnahme<br />

der Basensättigung. Die Verteilung auf<br />

die verschiedenen Risikoklassen geht<br />

aus Abbildung 4 hervor. In Abbildung<br />

5.1 bis 5.4 ist ersichtlich, dass das Risiko<br />

umso grösser ist, desto stärker der<br />

Oberboden versauert und entkarbonatet<br />

ist. In der Gruppe 1 (sehr geringes<br />

Risiko) befinden sich Böden, bei denen<br />

im erschlossenen Teil des Bodenprofils<br />

die Kalkgrenze erreicht wird und<br />

bei denen im Oberboden der pH-Wert<br />

zum Teil bereits stark abgesunken ist,<br />

teilweise sogar unterhalb von fünf, so<br />

dass die Basensättigung in diesen Horizonten<br />

im kritischen Bereich liegt.<br />

Erst mit zunehmender Ausdehnung<br />

des kritischen pH-Bereiches in<br />

die Unterboden-Horizonte wird die<br />

Empfindlichkeit zu einer Abnahme<br />

0<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

20<br />

0<br />

-40<br />

-80<br />

-120<br />

-160<br />

20<br />

0<br />

-40<br />

-80<br />

-120<br />

-160<br />

20<br />

0<br />

-40<br />

-80<br />

-120<br />

-160<br />

20<br />

0<br />

-40<br />

-80<br />

-120<br />

-160<br />

20<br />

0<br />

-40<br />

-80<br />

-120<br />

-160<br />

Buchrain<br />

pH-Wert<br />

3 4 5 6 7 8<br />

Littau<br />

Zug<br />

Unterägeri_1<br />

Unterägeri_2<br />

Basensättigung [%]<br />

0 25 50 75 100<br />

L<br />

Ah<br />

(A)C<br />

C<br />

CG<br />

IIC<br />

L1<br />

L2<br />

A<br />

AB<br />

BG<br />

Go,r<br />

G(o),r<br />

L<br />

A<br />

AB<br />

BG<br />

Go1<br />

Go2<br />

L1<br />

L2<br />

A<br />

AB<br />

Bcn<br />

BS1<br />

BS2<br />

C<br />

L<br />

F<br />

Ah<br />

AE<br />

B(s)<br />

BS<br />

Bcn<br />

BC<br />

C<br />

der Basensättigung grösser als «sehr<br />

gering». Bei den Böden der Gruppe<br />

4 ist die Versauerung so weit fortgeschritten,<br />

dass sich alle Feinerde der<br />

obersten 100 cm im kritischen Bereich<br />

befindet und das Risiko entsprechend<br />

gross wird. Bei den untersuchten Waldböden<br />

in den Zentralschweizer Kantonen<br />

fällt jedoch auf, dass in den tieferen<br />

Horizonten (> 100 cm) zahlreicher<br />

Böden der pH-Wert und vor<br />

allem auch die Basensättigung wieder<br />

markant ansteigen und die Basensättigung<br />

in diesen Profilen mindestens<br />

einen Wert von 50 Prozent erreicht.<br />

Das ist charakteristisch für Böden,<br />

Abb. 5. pH-Wert und Basensättigung von jeweils 2 Böden pro Empfindlichkeitsklasse (für<br />

eine Abnahme der Basensättigung). Die Zahlen 0 bis 4 symbolisieren die Empfindlichkeitsklasse:<br />

0 = kein Risiko (n = 36), 1 = sehr geringes Risiko (n = 12), 2 = geringes Risiko (n =<br />

5), 3 = mässiges Risiko (n = 19) und 4 = grosses Risiko (n = 43). Die Böden sind mit dem<br />

Namen der Gemeinde, in welcher sie sich befinden, gekennzeichnet.<br />

20<br />

0<br />

-40<br />

-80<br />

-120<br />

-160<br />

-200<br />

20<br />

0<br />

-40<br />

-80<br />

-120<br />

-160<br />

20<br />

0<br />

-40<br />

-80<br />

-120<br />

-160<br />

20<br />

0<br />

-40<br />

-80<br />

-120<br />

-160<br />

20<br />

0<br />

-40<br />

-80<br />

-120<br />

-160<br />

Schwarzenbach<br />

pH-Wert<br />

3 4 5 6 7 8<br />

Oberägeri<br />

Alpthal<br />

Hünenberg<br />

Unterägeri_3<br />

Basensättigung [%]<br />

0 25 50 75 100<br />

L<br />

A<br />

AB<br />

B(G)<br />

Go1<br />

Go2<br />

Go,r<br />

L<br />

A<br />

AB<br />

BG<br />

Go<br />

Go,r<br />

G(o),r<br />

L<br />

F<br />

H<br />

AG1<br />

AG2<br />

Go<br />

Go,r1<br />

Go,r2<br />

Gr<br />

L1<br />

L2<br />

F<br />

H<br />

Ah<br />

AS<br />

ES<br />

Sd<br />

IIGo,r1<br />

Go,r2<br />

Go,r3<br />

L1<br />

L2<br />

F<br />

H<br />

AE1<br />

AE2<br />

B(s)<br />

E<br />

B(s)<br />

B1<br />

B2<br />

R


52 Forum für Wissen 2013<br />

die sich auf karbonathaltigem Gestein<br />

entwickelt haben. Andererseits gibt<br />

es jedoch auch viele Böden, wie zum<br />

Beispiel das Profil Unterägeri_3 (Abb.<br />

5.4), die keine Zunahme der Basensättigung<br />

mit der Tiefe zeigen. Das betrifft<br />

nebst den Böden auf Kristallin vor<br />

allem Böden auf Molasse und Moräne.<br />

Dieser Unterkategorie der Böden mit<br />

grosser Empfindlichkeit ist besondere<br />

Aufmerksamkeit zu schenken.<br />

Die «bauchförmige» Tiefenverteilung<br />

der Basensättigung in den Beispiel-Profilen<br />

Unterägeri_1, Hünenberg<br />

und Unterägeri_2 ist charakteristisch<br />

für stark bis sehr stark<br />

versauerte Böden, in welchen die Wurzeln<br />

der Waldbäume die Kalkgrenze<br />

erreichen. Solange die Waldbäume mit<br />

ihren Wurzeln die karbonathaltigen,<br />

bzw. basenreichen Unterbodenhorizonte<br />

erreichen, nehmen sie basische<br />

Kationen auf, bauen sie in ihre oberirdische<br />

Biomasse ein und deponieren<br />

sie mit der Streu wieder auf der Bodenoberfläche.<br />

Durch die anschliessende<br />

Mineralisierung der Streu werden<br />

die obersten mineralischen Bodenhorizonte<br />

permanent mit Basen versorgt<br />

und die Basensättigung kann sich in<br />

einem relativ hohen Bereich halten.<br />

Das Minimum der Basensättigung liegt<br />

deshalb häufig in einem mittleren Profilbereich.<br />

Die beispielhaften Darstellungen in<br />

Abbildung 5 implizieren, dass die Empfindlichkeit<br />

gegenüber einer Abnahme<br />

mittlere Tiefe der Kalkgrenze (cm)<br />

0<br />

40<br />

80<br />

120<br />

160<br />

der Basensättigung bei Böden auf karbonathaltigem<br />

Gestein von der Tiefe<br />

der Kalkgrenze im Profil abhängt. Eine<br />

entsprechende Datenanalyse bestätigt<br />

dies (Abb. 6). Böden, welche im ganzen<br />

Profil karbonathaltig sind oder deren<br />

Karbonatgrenze nahe der Bodenoberfläche<br />

liegt, sind nicht empfindlich,<br />

weil der pH-Wert alkalisch ist und der<br />

Austauscher vollständig basengesättigt<br />

ist. Mit zunehmender Entkarbonatung<br />

nimmt der pH-Wert und die Basensättigung<br />

im entkarbonateten Teil des<br />

Bodens ab und die Tiefe der Kalkgrenze<br />

beeinflusst deutlich das Ausmass<br />

dieser Abnahme (Abb. 6). Somit<br />

wird in Böden auf karbonathaltigem<br />

Ausgangsgestein die Empfindlichkeit<br />

für eine Abnahme der Basensättigung<br />

durch den Stand der Bodenversauerung,<br />

ausgedrückt durch die Mächtigkeit<br />

der entkarbonateten Zone, beeinflusst.<br />

Die Empfindlichkeit ist in Böden<br />

höher, die stärker entkarbonatet sind.<br />

4 Schlussfolgerungen<br />

Die exemplarische Untersuchung von<br />

115 Waldböden in den Zentralschweizer<br />

Kantonen zeigt, dass eine auf profilumfassenden<br />

Kriterien abgestützte<br />

Klassierung eine weitgehend realistische<br />

Beurteilung der aktuellen Bodenversauerung<br />

und der Nachhaltigkeit der<br />

Säurepufferung erlaubt. Beim Stand der<br />

Empfindlichkeitsklassen<br />

0 1 2 3 4 5<br />

Abb. 6. Mittlere Tiefe der Kalkgrenze in Beziehung zur Empfindlichkeit für eine Abnahme<br />

der Basensättigung. Die Empfindlichkeitsstufen bedeuten: 0 = kein Risiko (n = 36); 1 = sehr<br />

gering (n= 12); 2 = gering (n = 5); 3 = mässig (n = 19); 4 = gross (n = 43); 5 = sehr gross (n = 0).<br />

Bodenversauerung kann allerdings aufgrund<br />

der vorliegenden Daten nicht zwischen<br />

den verursachenden Prozessen<br />

– natürlich oder anthropogen – unterschieden<br />

werden. Die Empfindlichkeit<br />

für eine Abnahme der Basensättigung<br />

bei anhaltender Säurebelastung ist ein<br />

probates Instrument, um die Nachhaltigkeit<br />

der Säurepufferung zu bewerten.<br />

Wir können damit vergleichend beurteilen,<br />

wie gut Böden mittel- und langfristig<br />

mit weiteren Säure-Einträgen<br />

umgehen können, ohne dass wichtige<br />

Bodenfunktionen (Produktion, Regulierung,<br />

Lebensraum) gefährdet sind.<br />

Geographisch bedingt wurden mit<br />

unserer Untersuchung in erster Linie<br />

Böden auf karbonathaltigem Gestein<br />

abgedeckt, welche sich in vielen Eigenschaften<br />

wesentlich von Böden auf saurem<br />

Ausgangsgestein unterscheiden.<br />

Für die Gruppe der Böden auf karbonathaltigem<br />

Gestein konnten wir zeigen,<br />

dass die Nachhaltigkeit der Säurepufferung<br />

mit zunehmender Tiefe der<br />

Karbonatgrenze, das heisst mit zunehmender<br />

Entkarbonatung, abnimmt.<br />

Insbesondere bei vielen stark versauerten<br />

Böden zeigte sich deutlich,<br />

dass die Nachhaltigkeit der Pufferfunktion<br />

nicht nur von den chemischen<br />

Eigenschaften der Boden-Festphase<br />

abhängt, sondern die Bäume durch die<br />

Nährstoffaufnahme und die Rückführung<br />

der Nährstoffe mit der Streu diese<br />

massgeblich mit beeinflussen. Diese<br />

Rückführung der Nährstoffe kann<br />

der Waldbewirtschafter über die Baumartenwahl<br />

beeinflussen. Mischbestände<br />

mit unterschiedlichen Durchwurzelungseigenschaften<br />

der verschiedenen<br />

Baumarten garantieren am besten,<br />

dass der gesamte potentielle Wurzelraum<br />

ausgenutzt wird und damit einer<br />

Entkoppelung von basenreicherem<br />

Unterboden und versauertem Oberboden<br />

entgegengewirkt, oder im besten<br />

Fall eine Entkoppelung rückgängig<br />

gemacht werden kann.<br />

5 Literatur<br />

Blaser, P.; Zimmermann, S.; Luster, J.; Walthert,<br />

L.; Lüscher, P., 2005: Waldböden<br />

der Schweiz. Band 2. Regionen Alpen<br />

und Alpensüdseite. Birmensdorf, Eidg.<br />

Forschungsanst. <strong>WSL</strong>. Bern, hep Verlag.<br />

920 S.


Forum für Wissen 2013 53<br />

Blaser, P.; Graf Pannatier, E.; Walthert,<br />

L., 2008a: The base saturation in acidified<br />

Swiss forest soils on calcareous and noncalcareous<br />

parent material. A pH-base<br />

saturation anomaly. J. Plant Nutr. Soil Sci.<br />

171: 155–162.<br />

Blaser, P.; Walthert, L.; Zimmermann, S.;<br />

Graf Pannatier, E.; Luster, J., 2008b:<br />

Classification schemes for the acidity,<br />

base saturation, and acidification status of<br />

forest soils in Switzerland. J. Plant Nutr.<br />

Soil Sci. 171: 163–170.<br />

Bohn, H.L.; McNeal, B.I.; O’Connor, G.A.,<br />

1985: Soil Chemistry. 2 nd Ed. New York,<br />

John Wiley & Sons.<br />

Bundesamt für Umwelt BAFU (Hrsg.)<br />

2011: Bodenwelten. Magazin «umwelt»<br />

4: 63 S.<br />

Hegg, C.; Jeisy, M.; Waldner, P., 2004: Wald<br />

und Trinkwasser, eine Literaturstudie.<br />

Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt für<br />

Wald, Schnee und Landschaft. 60 S.<br />

Hildebrand, E.E., 1986: Zustand und Entwicklung<br />

der Austauschereigenschaften<br />

von Mineralböden aus Standorten mit<br />

erkrankten Waldbeständen. Forstwiss.<br />

Cent.bl. 105: 60–67.<br />

Schimel, D.S., 1995: Terrestrial ecosystems<br />

and the carbon cycle. Global Change Biology<br />

1: 77–91.<br />

Schwertmann, U.; Fischer, W.R., 1982: pH<br />

distribution and buffering of soils. Z.<br />

Pflanzenernähr. Bodenkd. 145: 221–223.<br />

Schwertmann, U.; Süsser, P.; Nätscher, L.,<br />

1987: Proton buffer compounds in soils. Z.<br />

Pflanzenernähr. Bodenkd. 150: 174–178.<br />

Ulrich, B., 1983: Soil acidity and its relations<br />

to acid deposition. In: Ulrich, B.;<br />

Pankrath, J. (eds.) Effects of accumulation<br />

of air pollutants in forest ecosystems.<br />

Heidelberg, Springer. 127–146.<br />

Abstract<br />

Sustainability of forest soil functions: acid buffering as an example<br />

Given current and future climatic changes and anthropogenic pollution, the sustainability<br />

of the regulation functions of forest soils is crucial. These functions include<br />

the storage of water, carbon and nutrients, as well as the buffering of acidity<br />

and filtering of pollutants. We conducted a case study of 115 forest soils located<br />

in the central cantons of Switzerland looking at the sustainability of their capacity<br />

to buffer acidic inputs. As an indicator, we estimated the sensitivity of a soil to<br />

a decrease in base saturation under ongoing acidic inputs, using criteria that are<br />

based on the properties of the entire soil profile. With this indicator we were able<br />

to assess the relative ability of soils to deal with acidic inputs in the long run, without<br />

compromising other important soil functions. The soil collective investigated<br />

was geographically biased to ensure it contained mainly soils developed from<br />

carbonate containing rock. We found that the sustainability of a soil’s capacity to<br />

buffer acidic inputs decreases with increasing depth of the decarbonated soil layer.<br />

Its depth is strongly dependent on the carbonate content of the bedrock and the<br />

intensity of weathering. Furthermore, in many strongly acidified soils, trees markedly<br />

influence the sustainability of the buffer function through their uptake of<br />

nutrients from lower soil horizons, which they then re-introduce into the topsoil<br />

through their litter.<br />

Keywords: acid deposition, soil buffer, soil functions


Forum für Wissen 2013: 55–60 55<br />

Werden im Boden gespeicherte Metalle durch<br />

Umweltveränderungen freigesetzt?<br />

Wolfgang Wilcke, Moritz Bigalke und Adrien Mestrot<br />

Universität Bern, Geographisches Institut, Hallerstrasse 12, CH-3012 Bern, wolfgang.wilcke@giub.unibe.ch<br />

Der Klimawandel könnte in der Schweiz zu ausgeprägteren Nassphasen führen.<br />

Die resultierende Wassersättigung verursacht Sauerstoffmangel im Boden und<br />

senkt das Redoxpotenzial. Unter solchen chemisch-reduzierenden Bedingungen<br />

können gespeicherte Metalle durch Auflösung von Eisen- und Mangan-(Hydr-)<br />

oxiden gelöst und verlagert werden. Gleichzeitig kommt es zu einer bisher wenig<br />

beachteten Freisetzung von Metall-Kolloiden in die Bodenlösung. Ein weiterer,<br />

zahlreiche Metalle betreffender Transformations-Prozess unter sauerstoffarmen<br />

Bedingungen ist die Biomethylierung. Mit sinkendem Redoxpotenzial wird dieser<br />

Prozess verstärkt, der zum Beispiel für As mit einer Minderung, für Hg aber mit<br />

einer Zunahme der Toxizität verbunden ist. Zusammenfassend lässt sich festhalten,<br />

dass zeitlich zunehmende Nassphasen voraussichtlich zu einer (Re-)Mobilisierung<br />

von Metallen in Waldböden in gelöster, kolloidaler und alkylierter Form<br />

führen würden.<br />

1 Einleitung<br />

Eine Bewertung der Belastung von<br />

Waldböden mit ausgewählten Metallen<br />

(Cr, Ni, Cu, Zn und Pb) wurde von<br />

Zimmermann et al. (2006) anhand von<br />

95 Bodenprofilen aus der gesamten<br />

Schweiz vorgenommen. Dabei zeigte<br />

sich, dass vor allem in der Ostschweiz<br />

häufig Cr- und Ni-Gehalte im mineralischen<br />

Oberboden auftreten, die den<br />

Richtwert der VBBo (1998) überschreiten.<br />

Dies steht im Zusammenhang<br />

mit Serpentin-Gestein und hat<br />

daher geogene Gründe. In den Unterböden<br />

wurden häufigere Cr- und Ni-<br />

Richtwertüberschreitungen gefunden<br />

als im Oberboden, was ebenfalls auf<br />

überwiegend geogene Gründe der Crund<br />

Ni-Belastung hinweist. Die Richtwerte<br />

der VBBo (1998) für Cu wurden<br />

lediglich in wenigen Unterböden der<br />

Südschweiz überschritten und es zeigte<br />

sich kein Hinweis auf Cu-Einträge<br />

aus der Atmosphäre. Die Zinkgehalte<br />

der untersuchten Böden überschritten<br />

weder im Unter- noch im Oberboden<br />

die Richtwerte der VBBo (1998) und es<br />

zeigten sich Hinweise auf eine geringe<br />

anthropogene Zn-Anreicherung. Blei<br />

ist das einzige Metall, dessen Gehalte<br />

im Oberboden häufiger die Richtwerte<br />

überschreiten als im Unterboden, was<br />

auf eine anthropogene Belastung, die<br />

vermutlich noch aus der Zeit der Verwendung<br />

bleihaltigen Benzins stammt,<br />

hinweist. Zusammenfassend lässt sich<br />

feststellen, dass es in Waldböden der<br />

Schweiz – mit Ausnahme weniger<br />

kleinräumig belasteter Standorte (z. B.<br />

Schiessanlagen im Wald) – flächendeckend<br />

geringe Probleme aufgrund<br />

von anthropogener Bodenkontamination<br />

mit Metallen gibt, dass aber regional<br />

durchaus aus geogenen Gründen<br />

stark erhöhte Schwermetallgehalte auftreten.<br />

Um mögliche zukünftige Gefahren,<br />

die von den regional erhöhten Schwermetallgehalten<br />

ausgehen können, einzuschätzen,<br />

müssen Veränderungen<br />

des physiko-chemischen Bodenmilieus<br />

durch die vielfältigen aktuellen<br />

Umweltveränderungen (u. a. Klimawandel,<br />

Nähr- und Schadstoffeinträge,<br />

beschleunigte Bodenversauerung)<br />

berücksichtigt werden. Die vielleicht<br />

markanteste aktuelle Umweltveränderung,<br />

der Klimawandel, wird sich in der<br />

Schweiz voraussichtlich auf die Wassergehalte<br />

und damit verbunden den Sauerstoffhaushalt<br />

und das Redoxregime<br />

des Bodens auswirken. Klimaprognosen<br />

rechnen mit steigenden Temperaturen,<br />

länger anhaltenden Trockenphasen,<br />

sowie mit vermehrten Starkregenereignissen<br />

und Veränderungen<br />

der Schnee- und Gletscherschmelze<br />

(Fischer und Schär 2009; Min et al.<br />

2011; IPCC 2012), obwohl eine Vorhersage<br />

der Entwicklung des Niederschlagsregimes<br />

aktuell noch schwierig<br />

ist (O’Gorman und Schneider 2009).<br />

Die Auswirkungen dieser Entwicklung<br />

auf die Bodenfeuchte und das Redoxpotenzial<br />

sind komplex und hängen<br />

neben den genauen klimatischen<br />

Bedingungen auch von den Eigenschaften<br />

der jeweiligen Böden ab (IPCC<br />

2012). Daher ist es schwierig, die generelle<br />

Bedeutung dieser Veränderung<br />

auf die Redoxpotenziale in Waldböden<br />

abzuschätzen. Es kann aber davon<br />

ausgegangen werden, dass in Auenwäldern<br />

und in stau- und grundwasserbeeinflussten<br />

Wäldern, zum Beispiel auf<br />

Pseudogleyen, die in der Schweiz häufig<br />

auftreten, der Klimawandel Einfluss<br />

auf das Redoxregime im Boden haben<br />

wird. Im Hinblick auf die Mobilisierung<br />

von in Waldböden gespeicherten<br />

Metallen könnten schon wenige Tage<br />

anhaltende Nassphasen mit niedrigen<br />

Redoxpotenzialen eine wichtige Rolle<br />

spielen (Abb. 1). Daher fokussieren<br />

wir im Folgenden auf die Auswirkungen<br />

von Nassphasen auf die Überführung<br />

von Metallen in die Bodenlösung<br />

in gelöster oder kolloidaler Form sowie<br />

auf die Alkylierung und Bioverflüchtigung<br />

von Metallen.<br />

2.1 Metallfreisetzung in die<br />

Bodenlösung<br />

Änderungen des Redoxpotenzials in<br />

Böden können starke Auswirkungen<br />

auf die Metallkonzentrationen in der<br />

Bodenlösung und die Bindungsformen<br />

der Metalle in der Bodenfestphase<br />

haben (Grybos et al. 2009; Weber<br />

et al. 2010). Kommt es zu einer Wassersättigung<br />

des Bodens wird der im


56 Forum für Wissen 2013<br />

Wasser vorhandene Sauerstoff schnell<br />

von Bodenorganismen verbraucht. Aus<br />

Mangel an Sauerstoff werden im Folgenden<br />

die bei der Oxidation organischer<br />

Substanz entstehenden Elektronen<br />

auf alternative Elektronenakzeptoren<br />

(z. B. Nitrat) übertragen. Schon<br />

innerhalb von wenigen Tagen nach der<br />

Wassersättigung kommt es zur Reduktion<br />

von Mn- und Fe-(Hydr)Oxiden,<br />

den Sesquioxiden. Bei der reduktiven<br />

Auflösung dieser (Hydr)Oxide werden<br />

auch mit ihnen vergesellschaftete<br />

Metalle (z. B. As, Cr und Co) in<br />

die Bodenlösung abgegeben (Borch<br />

et al. 2010). Die reduktive Auflösung<br />

von Sesquioxiden ist immer auch mit<br />

einem Verbrauch von Protonen verbunden,<br />

wodurch in sauren Böden der<br />

pH-Wert in der Bodenlösung ansteigen<br />

kann. Durch diesen pH-Wert-Anstieg<br />

kommt es zu einer Mobilisierung von<br />

organischer Substanz (in gelöster und<br />

kolloidaler Form) und damit verbunden<br />

auch zu einer Mobilisierung von<br />

Organo-Metallkomplexen, die wiederum<br />

die Mobilität von Schadmetallen<br />

im Boden stark erhöhen können (Grybos<br />

et al. 2007, 2009). Ein weiterer möglicher<br />

Effekt der sinkenden Redoxpotenziale<br />

ist die Biomineralisierung<br />

und Reduktion von bestimmten Metallen<br />

(z. B. Cu), die wiederum den kolloidalen<br />

Anteil dieser Metalle in der<br />

Bodenlösung stark erhöhen können<br />

(Weber et al. 2009). Bei fortschreitender<br />

Wassersättigung kann es schliesslich<br />

zur Reduktion von Sulfat zu Sulfid<br />

kommen. Zu Beginn der Sulfatreduktion<br />

wird eine Reihe von Metallen<br />

durch die Bildung kolloidaler Sulfide<br />

kurzfristig stark mobilisiert (Weber<br />

et al. 2009). Bei anhaltend niedrigem<br />

Redoxpotenzial kommt es aber zu<br />

einer Aggregation der Kolloide und<br />

zu abnehmenden Metall-Konzentrationen<br />

in der Bodenlösung. Die als Sulfid<br />

gebundenen Metalle sind nun unter<br />

anhaltend tiefen Redoxpotenzialen<br />

immobil, werden aber bei einer Belüftung<br />

des Bodens (Abnahme der Wassersättigung)<br />

wieder remobilisiert.<br />

Die Metallmobilisierung im Boden<br />

läuft also in verschiedenen Stufen und<br />

unterschiedlichen Zeitskalen ab. Während<br />

As vorwiegend durch die reduktive<br />

Auflösung von Sesquioxiden in die<br />

Bodenlösung überführt wird und die<br />

Konzentrationen in der Bodenlösung<br />

auch lange nach der einsetzenden Was-<br />

Abb. 1. Freisetzung von a) As und b) Cu unter reduzierenden Bedingungen in die Bodenlösung.<br />

Bitte beachten Sie die unterschiedliche Skalierung der Y-Achsen.<br />

sersättigung im Boden noch ansteigt,<br />

kommt es zum Beispiel bei Cu zu einer<br />

schnellen Mobilisierung durch Biomineralisation<br />

und anschliessende Cu x S-<br />

Bildung (Weber et al. 2009; Abb. 1).<br />

Neben der Metallfreisetzung in die<br />

Bodenlösung ändern sich auch die<br />

Metallbindungsformen in der Bodenfestphase<br />

in Abhängigkeit vom Redoxpotenzial.<br />

Eine sequenzielle Extraktion<br />

mit sauerstofffrei inkubiertem<br />

Boden zeigte in einem von uns durchgeführten<br />

Laborexperiment ansteigende<br />

Gehalte der meisten Metalle in zwei<br />

relativ gut bioverfügbaren Fraktionen<br />

mit zunehmender Dauer der Inkubation<br />

(Ergebnisse nicht dargestellt).<br />

Ähnliche Beobachtungen berichteten<br />

Weber et al. (2009, 2010), die mithilfe<br />

von Röntgen-Absorptionsspektrometrie<br />

(XAS) nachwiesen, dass sich<br />

mit zunehmender Inkubationsdauer<br />

die chemische Elementspeziierung im<br />

Boden ändert. Während die meisten<br />

dieser Erkenntnisse in Laborexperimenten<br />

gewonnen wurden, lassen sich<br />

auch vor Ort in Waldböden Metallverlagerungen<br />

erkennen. Die Verlagerung<br />

von Eisen- und Manganoxiden in<br />

wasserbeeinflussten Böden ist anhand<br />

der entstehenden rot-weissen Marmorierung<br />

schon mit blossem Auge zu<br />

erkennen, während es im Hinblick auf<br />

potentielle Schadmetalle keine direkten<br />

visuellen Hinweise gibt.<br />

Mit neuen Analysemethoden lassen<br />

sich aber auch über die reinen (kleinen)<br />

Gehaltsänderungen nicht detektierbare<br />

Spurenmetall-Verlagerungen<br />

in vernässten Böden untersuchen. Eine<br />

geeignete Methode ist zum Beispiel<br />

die Analyse der stabilen Metallisotopenverhältnisse.<br />

Metallisotope zeigen<br />

Fraktionierungen (Verschiebungen der<br />

Isotopenverhältnisse) in Abhängigkeit<br />

von den physiko-chemischen Bedingungen<br />

(z. B. Redoxbedingungen)<br />

im Boden. Werden Metalle aus dem<br />

Boden ausgewaschen, ändert sich die<br />

Isotopen-Zusammensetzung sowohl<br />

des Auswaschungs- als auch des Einwaschungs-Horizontes.<br />

Das Isotopenverhältnis<br />

der Probe wird dabei als d-Wert<br />

relativ zu einem internationalen Isotopenstandard<br />

angegeben, wie in Gleichung<br />

1 beispielhaft für Cu gezeigt.<br />

Gleichung 1:<br />

65<br />

δ Cu<br />

[‰]<br />

⎛<br />

= ⎜<br />

⎝<br />

65 63<br />

( Cu / Cu)<br />

65 63<br />

( Cu / Cu)<br />

sample<br />

NIST976<br />

⎞<br />

−1⎟*1000<br />

⎠<br />

Mit dieser Methode lassen sich Hinweise<br />

auf eine Mobilisierung und Auswaschung<br />

von Cu aus Waldböden finden.<br />

Bei einer Untersuchung von vier<br />

Grund- oder Stauwasser-beeinflussten<br />

Böden (zwei Gleyen und zwei Pseudogleyen)<br />

und vier nicht vernässten-<br />

Böden (zwei Podsolen und zwei Braunerden)<br />

stellte sich heraus, dass Cu in<br />

den vernässten Böden mit zunehmender<br />

Tiefe isotopisch schwerer wurde<br />

(0,11 ± 0,07‰; 95 % Konfidenzintervall),<br />

während es in den oxisch verwitterten<br />

Böden isotopisch leichter wurde<br />

(–0,37 ± 0,21‰; 95 % Konfidenzintervall;<br />

Bigalke et al. 2010; 2011). Diese<br />

Unterschiede lassen sich dadurch erklären,<br />

dass im Boden unter Sauerstoffmangel<br />

chemisch reduzierte Cu-Verbindungen<br />

– wahrscheinlich Kolloide<br />

– freigesetzt und verlagert werden. Die<br />

reduzierten Kolloide haben ein leichteres<br />

Cu-Isotopenverhältnis und das verbleibende<br />

Cu im Boden wird isotopisch<br />

schwerer, je mehr Cu verlagert wird.


Forum für Wissen 2013 57<br />

Die Cu-Isotopenverhältnisse zeigten<br />

in einem Auenboden ausserdem eine<br />

enge Korrelation mit den Eisen-Gehalten,<br />

was darauf schliessen lässt, dass<br />

die gleichen Bedingungen, die zu der<br />

reduktiven Eisen(hydr)oxid-Auflösung<br />

und Fe-Verlagerung führen, auch die<br />

Fraktionierung der Cu-Isotopenverhältnisse<br />

verursachen (Abb. 2; Bigalke<br />

et al. 2010, 2013). In den nicht vernässten<br />

Boden findet eine entgegengesetzte<br />

Isotopenfraktionierung statt, die wahrscheinlich<br />

auf die fortschreitende<br />

Bodenentwicklung (Verwitterung, Bindung<br />

von Cu an organische Substanz<br />

und (Hydr)Oxide) zurückzuführen ist.<br />

Im Falle von Cu lässt sich also zeigen,<br />

dass die Redoxverhältnisse im Boden<br />

einen messbaren Einfluss auf die Auswaschung<br />

von Cu aus dem Boden<br />

haben.<br />

Zusammenfassend ist daher anzunehmen,<br />

dass sich mit einer Veränderung<br />

der Niederschlagsintensität und<br />

-frequenz und somit auch der Dauer<br />

von sauerstoffarmen, reduzierenden<br />

Verhältnissen im Boden, auch die<br />

Mobilität und Verfügbarkeit verschiedener<br />

(Schad-)Metalle in Waldböden<br />

ändert. Ob daraus eine neue Gefahrenlage<br />

entsteht, ist für den einzelnen<br />

Standort zu beurteilen.<br />

2.2 Alkylierung von Metallen<br />

Viele Metalle und Halbmetalle können<br />

in Böden biologisch methyliert werden.<br />

Wir konzentrieren uns im Folgenden<br />

auf Arsen (As). Arsen ist ein potenziell<br />

giftiges Element (Fee 2009), das<br />

aus natürlichen und anthropogenen<br />

Abb. 2. Zusammenhang zwischen Fe-<br />

Gehalten und d 65 Cu-Werten in einem Süsswasserwatt<br />

der Elbe.<br />

Quellen in die Umwelt freigesetzt wird<br />

(Adriano 2001). Geogene Belastungen<br />

haben eine wichtige Bedeutung für<br />

die As-Gehalte in Böden und As-Konzentrationen<br />

in Gewässern (Nicholas<br />

et al. 2003). Die VBBo (1998) akzeptiert<br />

einen maximalen As-Gehalt<br />

von 50 mg kg –1 in Böden auf Kinderspielplätzen<br />

und Hausgärten. In der<br />

Schweiz gibt es drei grössere geogene<br />

As-Anreicherungen. (1) Die Thermalund<br />

Mineralquellen in der Ostschweiz,<br />

(2) die eisenangereicherten Kalk- und<br />

Tonsteine des Jura sowie (3) Sulfiderzablagerungen<br />

und Silikatgesteine in<br />

den Alpen (Donzel 2001; Pfeifer et al.<br />

2002; Le Bayon et al. 2011).<br />

Weltweit konzentrieren sich die<br />

meisten Forschungsarbeiten auf Askontaminierte<br />

Wässer in Bangladesh<br />

und Südostasien (Chowdhury et al.<br />

2000; Rahaman et al. 2010; Hossain<br />

et al. 2012), wo die Gesundheit von bis<br />

zu 100 Millionen Menschen durch hohe<br />

As-Konzentrationen im Trinkwasser<br />

bedroht wird (Ng und Moore 2005).<br />

Die Speziierung von As wird dabei<br />

kaum betrachtet, weil das meiste As im<br />

Wasser anorganisch ist. In Böden wird<br />

die As-Mobilität und -Toxizität aber<br />

stark von mikrobiellen Transformationen<br />

beeinflusst (Thomas et al. 2001;<br />

Fee 2009). Beispielsweise kann die<br />

Biomethylierung von As seine Toxizität<br />

reduzieren, indem sie hochgiftige<br />

anorganische As-Spezies in die deutlich<br />

weniger schädlichen Organo-As-<br />

Verbindungen verwandelt. Dieser Prozess<br />

ist mit der Entstehung von flüchtigen<br />

As-Spezies verbunden, die als<br />

Arsine bezeichnet werden (Mestrot<br />

et al. 2009, 2011, 2013). Sowohl Biomethylierung<br />

als auch Bioverflüchtigung<br />

reagieren sensitiv auf Veränderung<br />

des Redoxregimes. Solche Veränderungen<br />

ergeben sich in Abhängigkeit<br />

vom Humusgehalt des Bodens zum<br />

Beispiel durch periodische Überflutungen,<br />

anhalten de Niederschläge auf<br />

Stauwasser-be einflussten Standorten<br />

oder Hitze-/Kältewellen, deren Häufigkeit<br />

in der Schweiz in naher Zukunft<br />

möglicherweise ansteigt. Daher ist es<br />

wichtig, die mikrobielle As-Freisetzung<br />

aus Böden zu verstehen und zu<br />

ermitteln, ob diese Transformationen<br />

zur Bildung von weniger giftigen Spezies<br />

(z. B. durch Biomethylierung) oder<br />

sogar zu einer As-Gehaltsabnahme in<br />

den Böden (Bioverflüchtigung) füh-<br />

ren. Forschungsarbeiten in Bangladesh,<br />

China und Indien legen nahe, dass<br />

Wassersättigung und die Anwesenheit<br />

von organischer Substanz eher zur<br />

Freisetzung anorganischer As-Spezies,<br />

die sehr giftig sind, führen. Allerdings<br />

ist bislang sehr wenig darüber bekannt,<br />

ob in Böden der gemässigten Breiten<br />

ähnliche Transformationen auftreten<br />

wie in tropischen Böden.<br />

Fallbeispiel Juraweide<br />

Aus den bisherigen Ausführungen wird<br />

deutlich, dass die Ermittlung nicht<br />

nur der As-Gesamtgehalte, sondern<br />

auch der chemischen As-Speziierung<br />

unerlässlich ist, wenn wir die Reaktion<br />

von As-belasteten Waldböden auf<br />

sich ändernde Klimabedingungen einschätzen<br />

wollen. Im folgenden Beispiel<br />

konzentrieren wir uns auf die As-Freisetzung<br />

und -Methylierung in einem<br />

Weideboden mit hohen As-Gehalten<br />

im Jura in Reaktion auf Klimaänderungen<br />

und Beweidung durch Kühe. Dazu<br />

führten wir Mikrokosmen-Experimente<br />

durch, in denen wir mit Kuhdung<br />

versetzte Bodenproben unter Wassersättigung<br />

bei 30 °C inkubierten, um<br />

nassere und wärmere Bedingungen als<br />

aktuell zu simulieren. Wir untersuchten<br />

die Bodenlösung auf die gesamten As-<br />

Konzentrationen sowie die As-Speziierung,<br />

um alle Aspekte der As-Freisetzung<br />

zu erfassen. Zusätzlich bestimmten<br />

wir das Redoxpotenzial, den<br />

pH-Wert und die gelöste organische<br />

C-Konzentration (Englisch: dissolved<br />

organic carbon, DOC). Abbildung 3<br />

zeigt die As-Freisetzung in die Bodenlösung<br />

in Abhängigkeit von ansteigenden<br />

Kuhdung-Applikationen. Es wird<br />

offensichtlich, dass die Zugabe von<br />

Kuhdung die As-Freisetzung erhöhte<br />

aber auch, dass ohne Kuhdung As<br />

unter niedrigen Redoxpotenzialen in<br />

die Lösung überführt wurde. Übertragen<br />

auf Waldböden spekulieren<br />

wir, dass zum Beispiel die infolge der<br />

anhaltenden N-Einträge (Galloway et<br />

al. 2004) in weit verbreitete N-limitierte<br />

Wälder stimulierte Netto-Primärproduktion<br />

(LeBauer und Treseder<br />

2008) eine ähnliche Wirkung auf die<br />

As-Freisetzung haben könnte. Abbildung<br />

4 zeigt, dass die gesamte As-Freisetzung<br />

auch unabhängig vom Gehalt<br />

an organischer Substanz mit sinkenden<br />

Redoxpotenzialen exponentiell anstieg<br />

und dass die Freisetzung bereits ober-


58 Forum für Wissen 2013<br />

Gesamte As-Konzentration [µg.l –1 ]<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

5% Kuhdung<br />

R² = 0,9997<br />

2% Kuhdung<br />

R² = 0,9996<br />

0% Kuhdung<br />

R² = 0,9985<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16<br />

Dauer der Inkubation [Tage]<br />

Abb. 3. Entwicklung der gesamten As-Konzentration in den Bodenlösungen von Mikrokosmen<br />

während der 16-tägigen Inkubation eines As-belasteten jurassischen Bodens in Abhängigkeit<br />

vom zugesetzten Anteil an Kuhdung.<br />

Gesamte As-Konzentration [µg.l –1 ]<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

R² = 0,9027<br />

0<br />

0 50 100 150 200 250<br />

Redoxpotenzial [mV]<br />

0% 2% 5%<br />

Abb. 4. Zusammenhang zwischen den gesamten As-Konzentrationen in den Bodenlösungen<br />

von Mikrokosmen nach 16-tägiger Inkubation eines As-belasteten jurassischen Bodens<br />

und dem Redoxpotenzial des Bodens in Abhängigkeit vom zugesetzten Anteil an Kuhdung<br />

(in Massen-%).<br />

As-Speziierung [%]<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Tag 6 Tag 7 Tag 8 Tag 16<br />

0% Kuhdung<br />

Tag 6 Tag 7 Tag 8 Tag 16<br />

2% Kuhdung<br />

DMA (V) MMA (V) AS (V) As (III)<br />

Tag 6 Tag 7 Tag 8 Tag 16<br />

5% Kuhdung<br />

Abb. 5. Speziierung von As in As(III), As(V), Monomethyl-As(V) (MMA) und Dimethyl-<br />

As(V) (DMA) in der Bodenlösung zwischen Tag 6 und Tag 16 der Inkubation eines jurassischen<br />

Bodens in Abhängigkeit vom zugesetzten Anteil an Kuhdung (in Massen-%).<br />

halb eines Redoxpotenzials von 0 einsetzte,<br />

also bereits unter subaeroben<br />

Bedingungen. Nach 16 Tagen Inkubation<br />

kam es zur Bildung von Methyl-As-<br />

Verbindungen (Abb. 5). Die Methyl-<br />

As-Verbindungen umfassten in der<br />

nicht mit Kuhdung versetzten Variante<br />

bis zu 25 Prozent der gesamten As-<br />

Konzentrationen und trugen damit zu<br />

einer Abschwächung der As-Toxizität<br />

bei. Warum mit absinkendem Redoxpotenzial<br />

der Beitrag von As(V) zur<br />

gesamten As-Konzentration in der<br />

Bodenlösung zunahm, also As offenbar<br />

oxidiert wurde, ist unklar. Wir<br />

haben grösste Sorgfalt darauf verwendet,<br />

dass sich der Redoxzustand zwischen<br />

Entnahme der Bodenlösung und<br />

der Analyse nicht verändert und halten<br />

daher einen analytischen Artefakt für<br />

unwahrscheinlich. Das Gleichgewicht<br />

zwischen As(III)- und As(V)-Spezies<br />

in der Bodenlösung ist fragil und wird<br />

u.a. durch gelöste organische Substanzen,<br />

die auch oxidierend wirken können<br />

(z. B. Semi-Chinone), beeinflusst<br />

(Borch et al. 2010). Im beobachteten<br />

Redoxbereich können As(III) und<br />

As(V) koexistieren. Die Aufklärung<br />

der Transformationen zwischen den<br />

verschiedenen Arsinen ist Gegenstand<br />

eines aktuellen EU-finanzierten Forschungsprojektes<br />

(Marie Curie, BIO-<br />

META) in unserer Gruppe.<br />

Der untersuchte Boden aus dem Jura<br />

wies mit 25 mg kg –1 einen erhöhten<br />

As-Gehalt auf, der jedoch noch unter<br />

dem Grenzwert der VBBo (1998) von<br />

50 mg kg –1 lag. Die gesamten As- sowie<br />

die Methyl-As-Konzentrationen in<br />

der Bodenlösung stiegen mit sinkendem<br />

Redoxpotenzial und steigenden<br />

Gehalten an über Kuhdung zugeführter<br />

organischer Substanz an. Obwohl<br />

unsere Untersuchung mit einem Weideboden<br />

durchgeführt wurde, haben<br />

frühere Studien belegt, dass Organo-<br />

As-Verbindungen auch in unbelasteten<br />

Waldböden auftreten, in denen organische<br />

As-Spezies bis zu 30 Prozent der<br />

aus der Waldbodenauflage extrahierbaren<br />

As-Gehalte umfassten (Huang<br />

und Matzner 2007). Bevor abschliessende<br />

Folgerungen im Hinblick auf die<br />

verstärkte Verflüchtigung von Alkyl-<br />

Metallverbindungen in Reaktion auf<br />

den Klimawandel getroffen werden,<br />

sollten noch andere, zum Beispiel saure<br />

As-belastete Böden sowie andere Elemente<br />

wie Selen, Antimon und Zinn


Forum für Wissen 2013 59<br />

untersucht und dabei auch verschiedene<br />

Szenarien der möglichen Klimaänderung<br />

berücksichtigt werden.<br />

3 Schlussfolgerungen<br />

Unsere Fallbeispiele zeigen, dass mit<br />

einer verstärkten Metallfreisetzung<br />

aus der Festphase in die Bodenlösung<br />

sowohl in gelöster als auch in kolloidaler<br />

Form zu rechnen ist, sollte sich<br />

das Redoxregime der Böden infolge<br />

veränderter Niederschlagsmuster<br />

mit ausgeprägteren Nassphasen verändern.<br />

Gleichzeitig würde vermutlich<br />

die Alkylierung von Metallen verstärkt,<br />

die für manche Metalle – wie<br />

As – zu einer Detoxifizierung und vielleicht<br />

sogar zu einer Abreicherung aus<br />

Böden über Verflüchtigung, für andere<br />

Metalle – wie dem Hg – aber sogar<br />

zur Bildung besonders toxischer Verbindungen<br />

führen würde. Die Reaktion<br />

der in Schweizer Waldböden gespeicherten<br />

Metalle auf veränderte Klimabedingungen<br />

bedarf der weiteren<br />

wissenschaftlichen Untersuchung, die<br />

verschiedene Klimaänderungsszenarien<br />

sowie den Einfluss von Bodeneigenschaften<br />

auf die Metallfreisetzung<br />

berücksichtigen muss.<br />

4 Literatur<br />

Adriano, D.C. (Hrsg.) 2001: Trace Elements<br />

in the Terrestrial Environment. Springer,<br />

New York.<br />

Bigalke, M.; Weyer, S.; Wilcke; W., 2010:<br />

Stable copper isotopes: a novel tool to<br />

trace copper behavior in hydromorphic<br />

soils. Soil Sci. Soc. Am. J. 74, 60–73.<br />

Bigalke, M.; Weyer, S.; Wilcke, W., 2011:<br />

Stable Cu isotope fractionation in soils<br />

during oxic weathering and podzolation.<br />

Geochim. Cosmochim. Acta 75, 3119–<br />

3134.<br />

Bigalke, M.; Kersten, M.; Weyer, S.; Wilcke,<br />

W., 2013: Isotopes trace biogeochemistry<br />

and sources of Cu and Zn in an<br />

intertidal soil. Soil Sci. Soc. Am. J. 77, 680–<br />

691.<br />

Borch, T.; Kretzschmar, R.; Kappler, A.;<br />

Van Cappellen, P.; Ginder-Vogel, M.;<br />

Voegelin, A.; Campbell, K., 2010: Biogeochemical<br />

redox processes and their<br />

impact on contaminant dynamics. Environ.<br />

Sci. Technol. 44, 15–23.<br />

Chowdhury, U.K.; Biswas, B.K.; Chowdhury,<br />

T.R.; Samanta, G.; Mandal, B.K.;<br />

Basu, G.C.; Chanda, C.R.; Lodh, D.;<br />

Saha, K.C.; Mukherjee, S.K.; Roy, S.;<br />

Kabir, S.; Quamruzzaman, Q.; Chakraborti,<br />

D., 2000: Groundwater arsenic<br />

contamination in Bangladesh and West<br />

Bengal, India. Environ. Health Persp. 108,<br />

393–397.<br />

Donzel, P.-Y., 2001: Arsène dans les roches<br />

et les sols du Haut-Jura Suisse: distribution<br />

générale sur la chaîne et étude détaillée<br />

dans la région du Weissenstein (SO).<br />

Travail de diplôme, Sciences de la Terre,<br />

Université de Lausanne.<br />

Fee, D.B., 2009: Chapter 23 – Arsenic. In:<br />

Dobbs, M.R. (Hrsg.) Clinical Neurotoxicology.<br />

Syndromes, Substances, Environments,<br />

Elsevier, Philadelphia. S. 273–276.<br />

Fischer, E.M.; Schär, C., 2009: Future changes<br />

in daily summer temperature variability:<br />

driving processes and role for temperature<br />

extremes. Clim. Dyn. 33, 917–335.<br />

Galloway, J.N.; Dentener, F.J.; Capone;<br />

D.G.; Boyer, E.W.; Howarth, R.W.;<br />

Seitzinger, S.P.; Asner, G.P.; Cleveland;<br />

C.C.; Green, P.A.; Holland, E.A.;<br />

Karl, D.M.; Michaels, A.F., Porter, J.H.;<br />

Townsend, A.R.; Vörösmarty, C.J., 2004:<br />

Nitrogen cycles: past, present, and future.<br />

Biogeochemistry 70, 153–226<br />

Grybos, M.; Davranche, M.; Gruau, G.;<br />

Petitjean, P., 2007: Is trace metal release<br />

in wetland soils controlled by organic<br />

matter mobility or Fe-oxyhydroxides<br />

reduction? J. Colloid Interface Sci. 314,<br />

490–501.<br />

Grybos, M.; Davranche, M.; Gruau, G.;<br />

Petitjean, P.; Pedrot, M., 2009: Increasing<br />

pH drives organic matter solubilization<br />

from wetland soils under reducing<br />

conditions. Geoderma 154, 13–19.<br />

Hossain, M.; Williams, P.N.; Mestrot, A.;<br />

Norton, G.J.; Deacon, C.M.; Meharg,<br />

A.A., 2012: Spatial heterogenity and<br />

kinetic regulation of arsenic dyamics in<br />

Mangrove sediments: the Sundarbans,<br />

Bangladesh. Environ. Sci. Technol. 46,<br />

8645–8652.<br />

Huang, J.-H.; Matzner, E., 2007: Mobile<br />

arsenic species in unpolluted and polluted<br />

soils. Sci. Tot. Environ. 377, 308–318.<br />

IPCC, 2012: Managing the Risks of Extreme<br />

Events and Disasters to Advance Climate<br />

Change Adaptation. A Special Report of<br />

Working Groups I and II of the<br />

Intergovernmental Panel on Climate<br />

Change (Field, C.B.; V. Barros, T.F.; Stocker,<br />

D.; Qin, D.J.; Dokken, K.L., Ebi,<br />

M.D., Mastrandrea, K.J.; Mach, G.-K.;<br />

Plattner, S.K.; Allen, M.; Tignor, and<br />

P.M.; Midgley [eds.]). Cambridge University<br />

Press, Cambridge. 582 S.<br />

LeBauer, D.S.; Treseder, K.K., 2008: Nitrogen<br />

limitation of net primary productivity<br />

in terrestrial ecosystems is globally distributed.<br />

Ecology 89, 379–379.<br />

Le Bayon, R.C.; Matera, V.; Kohler-Milleret,<br />

R.; Degen, C.; Gobat, J.-M., 2011:<br />

Earthworm activity alters geogenic arsenic<br />

and soil nutrient dynamics. Pedobiologia<br />

54, 93–201.<br />

Mestrot, A.; Plantevin, T.; Uroic, M.K.;<br />

Islam, R.; Krupp, E.M.; Feldmann, J.;<br />

Meharg, A.A., 2009: Quantitative and<br />

qualitative trapping of arsines deployed<br />

to assess loss of volatile arsenic from paddy<br />

soil. Environ. Sci. Technol. 43, 8270–<br />

8275.<br />

Mestrot, A.; Feldmann, J.; Krupp, E.M.;<br />

Hossain, M.S.; Roman-Ross, G.; Meharg,<br />

A.A., 2011: Field fluxes and speciation of<br />

arsines emanating from soils. Environ.<br />

Sci. Technol. 45, 1798–1804.<br />

Mestrot, A.; Planer-Friedrich, B.; Feldmann,<br />

J., 2013: REVIEW. Biovolatilisation:<br />

a poorly studied pathway of As biogeochemical<br />

cycle. Environ. Sci. Proc.<br />

Imp. 15, 1639–1651.<br />

Min, S.-K.; Zhan, X.B.; Zwiers, F.W.;<br />

Hegerl, G.C., 2011: Human contribution<br />

to more-intense precipitation extremes.<br />

Nature 470, 378–381.<br />

Ng, J.C.; Moore, M.R. (2005): Arsenic in<br />

drinking water: a natural killer in Bangladesh<br />

and beyond. Med. J. Austr. 183,<br />

562–563.<br />

Nicholas, D. R.; Ramamoorthy, S.; Palace,<br />

V.; Spring, S.; Moore, J.N.; Rosenzweig,<br />

F., 2003: Biogeochemical transformations<br />

of arsenic in circumneutral freshwater<br />

sediments. Biodegradation 14, 123–137.<br />

O’Gorman, P.A.; Schneider, T., 2009: The<br />

physical basis for increases in precipitation<br />

extremes in simulations of 21st century<br />

climate change. Proc. Natl. Acad. Sci.<br />

USA 106, 14773–14777.<br />

Pfeifer, H.R.; Beatrizotti, G.; Berthoud,<br />

J.; DeRossa, M.; Girardet, A.; Jäggli,<br />

M.; Lavanchy, J-C.; Reymond, D.;<br />

Righetti, G.; Schlegel, C.; Schmit, V.;<br />

Temgoua, E., 2002: Natural arsenic-contamination<br />

of surface and ground waters<br />

in southern Switzerland (Ticino). Bull.<br />

Appl. Geol. 7, 81–103.


60 Forum für Wissen 2013<br />

Rahaman, S.; Sinha, A.C.; Mukhopadhyay,<br />

D., 2010: Effect of water regimes and<br />

organic matters on transport of arsenic in<br />

summer rice (Oryza sativa L.) J. Environ.<br />

Sci. 23, 633–639.<br />

Thomas, D.J.; Styblo, M.; Lin, S., 2001: The<br />

cellular metabolism and systemic toxicity<br />

of arsenic. Toxicol. Appl. Pharm. 176,<br />

127–144.<br />

VBBo, 1998: Der Schweizerische Bundesrat.<br />

Verordnung über die Sanierung von<br />

belasteten Standorten (Altlasten-Verordnung,<br />

AltlV, 814.680). Stand 1. Januar<br />

2009.<br />

Weber, F. A.; Voegelin, A.; Kaegi, R.;<br />

Kretzschmar, R., 2009: Contaminant<br />

mobilization by metallic copper and<br />

metal sulphide colloids in flooded soil.<br />

Nat. Geosci. 2, 267–271.<br />

Weber, F. A.; Hofacker, A. F.; Voegelin,<br />

A.; Kretzschmar, R.; 2010: Temperature<br />

dependence and coupling of iron and<br />

arsenic reduction and release during flooding<br />

of a contaminated soil. Environ. Sci.<br />

Technol. 44, 116–122.<br />

Zimmermann, S.; Luster, J.; Blaser, P.; Walthert,<br />

L.; Lüscher, P., 2006: Waldböden<br />

der Schweiz. Band 3. Regionen Mittelland<br />

und Voralpen. Bern, h.e.p.-Verlag.<br />

Abstract<br />

Will metals stored in soil be released in response to environmental change?<br />

Current climate change is expected to lead to more pronounced wet phases in<br />

Switzerland. The resulting water saturation means that O 2 concentrations in<br />

soils will decrease and thus the redox potential will drop. Under such reducing<br />

conditions, metals stored in soils can be released through the reductive dissolution<br />

of iron and manganese (hydr)oxides and leached to deeper soil layers and the<br />

groundwater. At the same time, a mobilization of colloids will take place. An<br />

additional transformation process under reducing conditions is biomethylation,<br />

which affects many (semi-)metals. Decreasing redox potentials enhance<br />

biomethylation, leading to, e.g., a reduction in toxicity for As but an increase for<br />

Hg. Our findings indicate that prolonged phases of soil water saturation are likely<br />

to (re-)mobilize metals in forest soils in dissolved, colloidal and alkylated form.<br />

Keywords: climate change, soil moisture regime, chemical reduction, colloids,<br />

metal mobilization, metal methylation, stable metal isotopes


Forum für Wissen 2013: 61–69 61<br />

Biodiversität von Waldböden – Auswirkungen des Einsatzes<br />

von Holzerntemaschinen auf mikrobielle Gemeinschaften<br />

Beat Frey 1 und Martin Hartmann 1,2<br />

1<br />

<strong>WSL</strong> Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf<br />

2<br />

Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Reckenholzstrasse 191/211, CH-8046 Zürich<br />

Auf einem Grossteil der Schweizer Waldböden kann das Befahren mit Forstmaschinen<br />

langfristig die Bodenstruktur im Bereich der Fahrspuren verändern.<br />

Inwiefern dies den Boden nachhaltig schädigt, wurde bisher vorwiegend aus<br />

bodenphysikalischer Sicht untersucht. Neue genetische Methoden erlauben nun,<br />

die Wirkungen auf die mikrobielle Gemeinschaften im Boden zu untersuchen.<br />

Europaweit erstmals fanden auf zwei Bodentypen des schweizerischen Mittellandes<br />

Fahrversuche statt. Die Ergebnisse zeigen, dass mechanische Bodenbelastungen<br />

den Wasser- und Gashaushalt in Fahrspuren verändern. In verdichteten<br />

Böden verschwinden Mykorrhizapilze weitgehend. An ihrer Stelle breiten sich<br />

Fäulnispilze aus, was die Baumverjüngung massgeblich beeinträchtigt. Zusätzlich<br />

werden die an sauerstoffarme Verhältnisse angepasste Bakterien-Arten begünstigt,<br />

was die Bildung von Lachgas und Methan fördert. Die Studie zeigt, dass mikrobielle<br />

Gemeinschaften empfindlich auf mechanische Bodenbelastungen reagieren,<br />

womit sie helfen, Strukturschäden in Waldböden zu beurteilen sowie Richtlinien<br />

aufzustellen, ab wann ein Bodenschaden problematisch ist.<br />

1 Einleitung<br />

1.1 Physikalischer Bodenschutz<br />

im Wald<br />

Ein fruchtbarer Boden ist eine wichtige<br />

Voraussetzung für eine nachhaltige<br />

Waldbewirtschaftung. Mechanische<br />

Belastungen des Bodengefüges durch<br />

Holzerntemaschinen können jedoch<br />

diese Fruchtbarkeit beeinträchtigen.<br />

Die umfangreichsten Bodenverdichtungen<br />

der letzten Jahrzehnte stammen<br />

von den Räumungsarbeiten nach dem<br />

Sturm Lothar (1999 / 2000).<br />

In den letzten Jahren sind Holzerntemaschinen<br />

ständig produktiver<br />

und damit auch schwerer geworden<br />

(Borchert und Kremer 2007). Diese<br />

Maschinen sind oft während des ganzen<br />

Jahres und bei jeder Witterung im<br />

Einsatz, besonders wenn Wälder nach<br />

Stürmen aufgeräumt werden müssen,<br />

um Wertverlust des Holzes und Befall<br />

durch Schädlinge zu vermeiden. Mit<br />

dieser Entwicklung einhergehend steigt<br />

das Risiko schädlicher Bodenstrukturveränderungen<br />

an. Es besteht ein breiter<br />

Konsens, dass die hohen Belastungen<br />

durch Erntefahrzeuge Bodenverformungen<br />

mit noch nicht genau abschätzbaren<br />

ökologischen Folgen bewirken<br />

können. Unter Fahrspuren ist die Drainage-<br />

und Belüftungskapazität erheblich<br />

eingeschränkt (Marshall 2000)<br />

und wirkt sich negativ auf die Feinwurzeln<br />

der Bäume und deren Naturverjüngung<br />

aus (Gaertig et al. 2001).<br />

Spätestens seit der Aufarbeitung der<br />

«Lothar»-Schäden ist der physikalische<br />

Bodenschutz und damit die bodenschonende<br />

Holzernte ein wichtiger Aspekt<br />

der Waldbewirtschaftung. Gegenwärtig<br />

wird in der Schweiz an der gesetzlichen<br />

Festlegung von Richt- und Prüfwerten<br />

für bodenphysikalische Parameter im<br />

Wald gearbeitet (Lüscher et al. 2005).<br />

Die Verordnung über Belastungen des<br />

Bodens VBBo (VBBo 1998) bezweckt,<br />

die Bodenfruchtbarkeit langfristig<br />

zu erhalten. Jeder Boden muss genügend<br />

durchlüftete Hohlräume enthalten,<br />

damit Wurzeln, Pilze, Bakterien,<br />

Regenwürmer und andere Bodenlebewesen<br />

wirken können und Wasser versickern<br />

kann.<br />

Aus ökologischer und wirtschaftlicher<br />

Sicht ist es wichtig, für das Schutzgut<br />

Boden den Begriff der «langfristigen<br />

Beeinträchtigung der Bodenfruchtbarkeit<br />

nach mechanischer Belastung»<br />

zu umschreiben und zu quantifizieren.<br />

Solche Festlegungen setzen die Kenntnis<br />

der ganzen Kausalitätskette von der<br />

mechanisch verursachten Strukturveränderung<br />

bis zu den in der VBBo aufgeführten<br />

funktionalen Kriterien der<br />

Bodenfruchtbarkeit voraus (Abb. 1).<br />

Eine Schlüsselfrage ist, ab welchem<br />

Grad der strukturellen Veränderung<br />

von einem Bodenschaden gesprochen<br />

werden kann. Die bisher vorgeschlagenen<br />

Bewertungsansätze sind leider<br />

nur teilweise wissenschaftlich abgesichert<br />

(Block et al. 2002). Bisher wurden<br />

Bodenverdichtungen vornehmlich<br />

unter dem Aspekt ihrer Wirkungen auf<br />

den Luft- und Wasserhaushalt sowie<br />

die Ertragsfähigkeit von Böden untersucht<br />

(Schack-Kirchner et al. 2007).<br />

Wirkungen auf Bodenorganismen und<br />

Bodenmikroorganismen und deren<br />

Fähigkeiten, in Waldböden Nähr- und<br />

Abfallstoffe umzuwandeln, fanden bisher<br />

kaum Beachtung, obwohl diese<br />

Organismen als exzellente Frühwarnsysteme<br />

bei schädlichen Bodenveränderungen<br />

gelten (Oberholzer und<br />

Scheid 2007; Wilke et al. 2009).<br />

1.2 Bodenmikroorganismen<br />

als Zeiger von mechanischen<br />

Bodenbelastungen<br />

Die Bodenlebewesen als schützenswerte<br />

Lebensgemeinschaft, als Strukturbildner<br />

und Garanten für die ungestörte<br />

Funktionalität der Böden stehen im<br />

Zentrum des Bodenschutzes. Dies gilt<br />

insbesondere für Bodenbakterien und<br />

Pilze, welche unverzichtbar sind für die<br />

Funktionalität von biogeochemischen<br />

Stoffkreisläufen, die Stabilisierung der<br />

Bodenstruktur und eine verbesserte<br />

Speicherung von Wasser und Nährstoffen<br />

im Boden.


62 Forum für Wissen 2013<br />

Bodenstruktur<br />

Luft- und Wasserhaushalt<br />

Bodenlebewesen<br />

Baum<br />

Eigenschaften<br />

Lagerungsdichte<br />

Porenvolumen<br />

Porenverteilung<br />

Durchlässigkeit<br />

Bodenfeuchte<br />

Bodenluft (O 2<br />

; CO 2<br />

)<br />

Häufigkeit, Biomasse<br />

Diversität, Struktur<br />

Artenspektrum<br />

Wachstum<br />

Abb. 1. Zusammenhang zwischen standorttypischen Bodeneigenschaften und Bodenfunktionen<br />

und deren Beeinflussung durch mechanische Bodenbelastungen durch schwere Erntemaschinen<br />

im Wald. Für die Diagnose einer Verdichtung sind Kenngrössen des Bodenlufthaushaltes<br />

und biologische Parameter (z. B. mikrobielle Diversität, Baumwachstum) ebenso<br />

wichtig für die Charakterisierung von Bodenstrukturstörungen wie die Bodenphysik (z. B.<br />

Lagerungsdichte). Das Ziel ist, Schwellenwerte zu finden, oberhalb derer die Funktionstätigkeit<br />

der Böden zumindest auf niedrigem Niveau erhalten bleibt und damit Regenerationschancen<br />

bestehen. Quelle: modifiziert nach Weisskopf unpubliziert.<br />

Die Auswirkungen von Bodenverdichtung<br />

auf die Bodenmikroorganismen<br />

und ihre Aktivität sind sehr komplex<br />

und von vielen Faktoren abhängig<br />

(Abb 1). Häufig werden globale mikrobielle<br />

Messgrössen bestimmt, um die<br />

Wirkungen von Verdichtungen auf die<br />

Bodenmikroorganismen zu untersuchen.<br />

Die Messung dieser Grössen ist<br />

zwar relativ effizient, aber nicht ohne<br />

Probleme. So zeigen mikrobielle Biomasse<br />

und C-Mineralisation in Feldund<br />

Laborexperimenten widersprüchliche<br />

Ergebnisse. Jordan et al. (2003)<br />

zeigten, dass sich die mikrobielle Aktivität<br />

und mikrobielle Biomasse durch<br />

Bodenverdichtungen reduziert, andere<br />

Studien hingegen zeigten keine Veränderungen<br />

dieser Messgrössen (Ponder<br />

und Tandros 2002; Shestak und<br />

Busse 2005). Eindeutige Beziehungen<br />

zwischen Schadwirkungen (globalen<br />

mikrobiellen Aktivitätsparametern)<br />

und physikalischen Parametern<br />

(Lagerungsdichte) liessen sich daher<br />

nicht ableiten (Wilke et al. 2009). Ein<br />

möglicher Grund könnte sein, dass globale<br />

mikrobielle Parameter zu ungenau<br />

oder zu wenig empfindlich sind,<br />

Schwellenwerte?<br />

Funktionen<br />

Wassertransport<br />

Gasaustausch<br />

Wasserspeicher<br />

Aktivität<br />

Streuabbau<br />

N-Fixierung<br />

Treibhausgase<br />

Holzproduktion<br />

Durchwurzelung<br />

Verjüngung<br />

Potential für natürliche Regeneration<br />

um Veränderungen der Bodenstruktur<br />

auf Bodenmikroorganismen nachzuweisen.<br />

Neue genetische Methoden<br />

sind oft aber empfindlicher als globale<br />

mikrobielle Aktivitätsparameter und<br />

erlauben, die Wirkungen einer mechanischen<br />

Bodenbelastung auf die mikrobiellen<br />

Gemeinschaften im Boden zu<br />

untersuchen (Frey und Lüscher 2008;<br />

Frey 2010).<br />

1.3 Untersuchung der mikrobiellen<br />

Diversität in Waldböden mittels<br />

genetischen Methoden<br />

Die mikrobielle Diversität in Waldböden<br />

ist höchst komplex und übertrifft<br />

um Grössenordnungen die Diversität<br />

von Pflanzen und Tieren. Bakterien bilden<br />

die häufigste Gruppe von Mikroorganismen<br />

in Böden. Es wird geschätzt,<br />

dass zwischen 2000 und 18 000 bakterielle<br />

Arten und bis zu 10 Milliarden<br />

bakterielle Zellen ein Gramm Waldboden<br />

besiedeln, ungefähr zwanzigmal<br />

so viele wie in einem Ackerboden<br />

(Roesch et al. 2007).<br />

Lange Zeit haben technische Limitierungen<br />

es nicht erlaubt, diese komplexen<br />

mikrobiellen Lebensgemeinschaften<br />

adäquat zu untersuchen. Kultivierung<br />

von Mikroorganismen scheint<br />

keine praktikable Methode zu sein, wissen<br />

wir doch heute, dass nur etwa ein<br />

Prozent der Mikroorganismen unter<br />

Laborbedingungen tatsächlich kultivierbar<br />

sind (Rappe und Giovannoni<br />

2003). Die Entwicklung genetischer<br />

Methoden haben unser Verständnis<br />

vom mikrobiellen Leben revolutioniert<br />

und uns Zugang zu nicht-kultivierbaren<br />

Organismen ermöglicht (Pace 2009).<br />

Mit Hilfe von aus Umweltproben<br />

extrahiertem Erbgut (DNA), ist es<br />

heute möglich, die Zusammensetzung<br />

mikrobieller Lebensgemeinschaften<br />

zu charakterisieren. Dieser Ansatz<br />

umgeht den Schritt der Kultivierung<br />

und ermöglicht ein tieferes Verständnis<br />

der Diversität, Struktur und Funktion<br />

von mikrobiellen Gemeinschaften.<br />

Dazu werden oft ribosomale Gene<br />

analysiert, welche bei der Bildung von<br />

Eiweissen eine wichtige Rolle spielen,<br />

allem zellulären Leben zu Grunde liegen<br />

und darum ausgezeichnete molekulare<br />

Marker sind, um Verwandtschaftsbeziehungen<br />

zwischen verschie denen<br />

Arten und Artgruppen zu charakterisieren.<br />

Mittels Analysen von DNA-<br />

Fragmentlängen («Fingerprints») kön -<br />

nen wir heute die Wirkung von strukturellen<br />

Bodenveränderungen auf die<br />

Zusammensetzung der mikrobiellen<br />

Lebensgemeinschaften im Boden eindeutig<br />

nachweisen (Frey et al. 2009;<br />

Frey et al. 2011). «Fingerprints» lassen<br />

aber noch keine Rückschlüsse auf<br />

Diversität, Zusammensetzung und<br />

den genetischen Verwandschaftsgrad<br />

von Bakterien und Pilzen im Boden<br />

zu. In den letzten Jahren sind enorme<br />

Fortschritte auf dem Gebiet der<br />

DNA-Sequenzierung gemacht worden.<br />

Die Analyse charakteristischer<br />

DNA-Abschnitte (Dekodierung oder<br />

Sequenzierung), ermöglicht phylogenetische<br />

Rückschlüsse über deren<br />

Träger. Im Anbetracht der Entwicklung<br />

von Next-Generation Sequencing<br />

(kurz NGS) Technologien, wie zum<br />

Beispiel 454-Pyrosequenzierung sind<br />

wir erst am Anfang einer dramatischen<br />

Veränderung unseres Wissens über<br />

das mikrobielle Leben in der Umwelt<br />

(Margulies et al. 2005; Hartmann<br />

et al. 2012; Hartmann et al. 2013).


Forum für Wissen 2013 63<br />

2 Eigene Untersuchungen<br />

2.1 Morphologische Typisierung<br />

von Fahrspuren<br />

Seit 2006 bearbeitet die Forschungseinheit<br />

Waldböden und Biogeochemie<br />

der Eidgenössischen Forschungsanstalt<br />

<strong>WSL</strong> das Projekt «Physikalischer<br />

Bodenschutz im Wald» (Lüscher et al.<br />

2009b). Dieses langjährige Projekt hat<br />

zum Ziel, den Einfluss von Bodenverdichtung<br />

auf verschiedene Bodenparameter<br />

zu untersuchen und Schwellenwerte<br />

zu definieren (Abb. 1), unterhalb<br />

Bodenwassergehalt<br />

…<br />

… unterhalb<br />

oder gleich der<br />

Ausrollgrenze<br />

… zwischen<br />

Ausroll- und<br />

Fliessgrenze<br />

… gleich oder<br />

über der<br />

Fliessgrenze<br />

Spurtyp 1<br />

Spurtyp 2<br />

Spurtyp 3<br />

derer sich ein Waldboden noch regenerieren<br />

kann und keine dauerhaften<br />

Bodenschäden entstehen (Kremer<br />

et al. 2009). Für die Umsetzung des<br />

physikalischen Bodenschutzes wäre es<br />

vorteilhaft, verbindliche und nachvollziehbare<br />

ökologische Vorgaben, sogenannte<br />

Interventionswerte zu erhalten<br />

(Stichworte: Was ist ein Schaden?<br />

Wann soll saniert werden?).<br />

Zu diesem Zweck wurde mithilfe<br />

von ausgewählten morphologischen<br />

Merkmalen eine Typisierung der Fahrspuren<br />

entwickelt, die auf ökologisch<br />

wirksame Veränderungen im Boden<br />

Tiefe kleiner als 10 cm<br />

meist kleiner als 10 cm<br />

grösser als 10 cm<br />

Spurtyp 1–3: vgl. Tab. 1<br />

Spurtyp 4: flächige, ungeordnete Befahrung;<br />

Spurtyp 5: ältere nicht mehr typisierbare Spur;<br />

Spurtyp 6: vermutete Spur, überdeckte oder überwachsene Fahrlinie.<br />

organische Auflage<br />

Oberboden<br />

Unterboden<br />

teilweise seitliche Aufwölbungen<br />

durch Auspressen<br />

organische Auflage<br />

Oberboden<br />

Unterboden<br />

seitliche Aufwölbungen<br />

durch Bodenfliessen<br />

organische Auflage<br />

Oberboden<br />

Unterboden<br />

Abb. 2. (A) Typisierung der Fahrpuren entstanden durch schwere Holzerntemaschinen. (B)<br />

Karte mit verschiedenen Spurentypen auf einer Testfläche der Pilotstudie. Quelle: Lüscher<br />

et al. 2008a.<br />

schliessen lässt (Lüscher et al. 2008a;<br />

Lüscher et al. 2009a; Lüscher 2010).<br />

In unterschiedlichen Regionen des<br />

Schweizerischen Mittellandes (Ermatingen<br />

TG, Messen SO, Heiteren BE)<br />

wurden auf Lotharflächen im befahrbaren<br />

Gelände alle noch erkennbaren<br />

Fahrspuren kartiert, um einen Einblick<br />

in die heutige Situation der Fahrspurendichte<br />

und Spurtypenanteile zu<br />

erhalten. Die morphologische Typisierung<br />

der Fahrspuren (Spurtypen)<br />

wurde in enger Zusammenarbeit mit<br />

den Forstorganen und Bodenschutzfachstellen<br />

sowie mit Unterstützung<br />

der Technischen Universität München<br />

erarbeitet und publiziert (Lüscher<br />

et al. 2008a). Generell können die<br />

Fahrpuren in drei Kategorien eingeteilt<br />

werden, die als leicht (Spurtyp 1),<br />

mittel (Spurtyp 2: Oberboden teilweise<br />

verschoben, Fahrrille von wenigen<br />

cm ersichtlich) und schwer (Spurtyp<br />

3: Oberboden komplett verschoben,<br />

Fahrrille von mehreren cm, seitliche<br />

Aufwölbungen ersichtlich) bezeichnet<br />

werden können (Abb. 2A).<br />

Die so definierten Spurtypen stehen<br />

im Einklang mit der Abstufung<br />

der Richt- und Prüfwerte der VBBo<br />

(1998) und dienen als Indikatoren für<br />

das Management des Bodenschutzes<br />

(z. B. Spurtyp 1 ist ein Warnzeichen,<br />

bei Spurtyp 3 muss saniert werden).<br />

Besonders beachtenswert ist, dass in<br />

diesen Lotharflächen die durch Bodenverdichtung<br />

betroffene Fläche bis zu<br />

zehn Prozent des ganzen befahrbaren<br />

Areals ausmachte (Abb. 2B). Zur quantitativen<br />

Hinterlegung dieser morphologisch<br />

erkennbaren Spurtypen wurden<br />

Veränderungen der effektiven<br />

Lagerungsdichte des Bodens, des Grobporenvolumens,<br />

der gesättigten Wasserleitfähigkeit<br />

sowie des Eindringwiderstandes<br />

herangezogen (Lüscher et al.<br />

2005; Frey et al. 2009). Diese bodenphysikalischen<br />

Grössen ergaben ein<br />

recht genaues Bild der befahrungsbedingten<br />

Veränderungen. Zur Charakterisierung<br />

der biotischen Konsequenzen<br />

der beobachteten Bodenstrukturveränderungen<br />

wurden Kenngrössen des<br />

Bodenlufthaushaltes sowie mikrobiologische<br />

Parameter erhoben (Abb. 1<br />

und 3). An Probepunkten mit typischer<br />

Ausprägung wurden bodenphysikalische<br />

Parameter erhoben und genetische<br />

«Fingerprintanalysen» durchgeführt.


64 Forum für Wissen 2013<br />

Bisherige Auswertungen auf den<br />

Lotharflächen haben gezeigt, dass das<br />

Befahren mit schweren Forstmaschinen<br />

eine signifikante Veränderung von<br />

physikalischen, chemischen und biologischen<br />

Bodeneigenschaften in den<br />

Bodentiefen 5 und 20 cm hervorruft<br />

(Frey und Lüscher 2008; Frey et al.<br />

2009; Frey 2010; Frey et al. 2010). Bakterielle<br />

Lebensgemeinschaften unter<br />

den Fahrspuren mit starker Störung<br />

(Spurtyp 3) unterschieden sich wesentlich<br />

von den Gemeinschaften in den<br />

ungestörten (Referenz) oder wenig<br />

gestörten (Spurtyp 1; z. T. Spurtyp 2)<br />

Bodenproben (Abb. 3). Diese Befunde<br />

standen in engem Zusammenhang mit<br />

nachweisbaren Bodenstrukturveränderungen<br />

und drastischen Reduktionen<br />

der Wasser- und Gasleitfähigkeit in den<br />

Fahrspuren (Kremer et al. 2009; Frey<br />

et al. 2009; Frey 2010).<br />

Trotz wertvoller Erkenntnisse hat<br />

diese Pilotstudie ihre Grenzen. Die<br />

bisherigen Analysen waren begrenzt<br />

durch ungenügend kontrollierte experimentelle<br />

Bedingungen (Frey und<br />

Lüscher 2008; Frey et al. 2009; Frey<br />

et al. 2010). Im Weiteren sind weder das<br />

exakte Datum der Befahrung dieser<br />

Flächen noch Informationen über Reifendruck<br />

und damalige physikalische<br />

Bodenbedingungen vorhanden. Dies<br />

verunmöglicht eine genaue Charakterisierung<br />

der Störungen und Aussagen<br />

über potentielle Schwellenwerte mittels<br />

dieser Daten.<br />

2.2 Fahrversuche unter<br />

kontrollierten Bedingungen<br />

Befahrung<br />

Um die experimentellen Bedingungen<br />

besser zu kontrollieren sowie den<br />

zeitlichen Verlauf beziehungsweise die<br />

natürliche Regeneration der Verdichtung<br />

zu evaluieren, wurden in zwei<br />

dieser Flächen im Wald unter kontrollierten<br />

Bedingungen Fahrversuche<br />

durchgeführt (Frey et al. 2011; Hartmann<br />

et al. 2013). Das Ziel der Befahrungsexperimente<br />

war die Erzeugung<br />

von typischen Spurausprägungen, die<br />

Ermittlung des bodenphysikalischen<br />

Zustandes und die Charakterisierung<br />

der mikrobiellen Gemeinschaften in<br />

Abhängigkeit von der Spurausprägung.<br />

Bakerielle Populationsstrukturen<br />

Spurtyp 1<br />

Wasserleitfähigkeit<br />

PC2<br />

–0,6 0,6<br />

A<br />

–1,0 PC1<br />

1,5<br />

Spurtyp 2<br />

Spurtyp 3<br />

B<br />

md –1<br />

2<br />

1,6<br />

1,2<br />

0,8<br />

0,4<br />

0<br />

Ref<br />

C<br />

1 2 3<br />

Abb. 3. Zusammenhang zwischen Strukturschaden durch Befahrung (B), Bodenfunktionen (C) und Zusammensetzung der bakteriellen<br />

Populationsstrukturen (A). Visuelle Typisierung 1, 2 und 3 der Fahrspuren nach der Art von Veränderungen im Boden (B). Ein schwere<br />

Bodenbeeinträchtigung (Spurtyp 3) zeichnet sich durch eine stark reduzierte Wasserinfiltration (C) in den Fahrspuren aus. Die Zusammensetzung<br />

der bakteriellen Populationsstrukturen (A) zeigt in Abhängigkeit vom Spurtyp stark unterschiedliche Cluster in der Hauptkomponenentenanalyse<br />

(PC1; PC2) auf. Spurtypen 1 (grüne Kreise) und 2 (blaue Dreiecke) liegen eng bei den Punkten aus dem ungestörten<br />

Referenzbereich (Ref: Sterne), davon unterscheiden sich die Gemeinschaften im Spurtyp 3 (rote Quadrate) deutlich.<br />

A<br />

B<br />

Abb. 4. (A) Fahrexperiment mit schweren Holzerntemaschinen am Versuchsstandort Ermatingen TG. (B) Stark verdichtete Fahrspur mit<br />

teilweise schlecht abfliessendem Wasser. Quelle: Frey und Lüscher 2008.


Forum für Wissen 2013 65<br />

5<br />

5<br />

Co 2<br />

[µmol m –2 h –1 ]<br />

CH 4<br />

[µmol m –2 h –1 ]<br />

3<br />

1<br />

–1<br />

–3<br />

N 2<br />

O [µmol m –2 h –1 ]<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

Ref Sp1 Sp2 Sp3<br />

–5<br />

Ref Sp1 Sp2 Sp3<br />

0<br />

Ref Sp1 Sp2 Sp3<br />

Abb. 5. Netto Emission von Kohlenstoffdioxid (CO 2 ), Methan (CH 4 ) und Lachgas (N 2 O) in unbefahrenen Bodenflächen (Ref), sowie nach<br />

Befahrung im Spurtyp 1 (Sp1), Spurtyp 2 (Sp2) und Spurtyp 3 (Sp3). Quelle: Hartmann et al. 2013.<br />

Diese Erkenntnisse sollen helfen, einen<br />

Bodenschaden besser zu definieren.<br />

In zwei Waldstandorten im schweizerischen<br />

Mittelland mit tonigem Lehm<br />

(Ermatingen, 2007) und schluffigem<br />

Sand (Heiteren bei Bern, 2008) wurde<br />

versucht, die aufgrund von morphologischen<br />

Kriterien ausgeschiedenen<br />

Spurtypen 1, 2 und 3 bei bekanntem<br />

Bodenwassergehalt und mit definierten<br />

Maschinenmassen künstlich zu<br />

erzeugen (Abb. 4). Dazu wurde in ebener<br />

Lage mit möglichst einheitlichen<br />

Bodeneigenschaften über je drei Fahrlinien<br />

ein Feuchtegradient angelegt,<br />

durch den beim Befahren die angestrebten<br />

Fahrspurtypen entstanden.<br />

Vor der Befahrung wurde die Bodenfeuchtigkeit<br />

entlang der vorgesehenen<br />

Spuren (dreifach im Abstand von<br />

jeweils 20 Meter wiederholt) an verschiedene<br />

Wassergehalte angepasst.<br />

Dieser Gradient reichte von 0,17 (plastisches<br />

Limit) über 0,27 zu 0,35 (flüssiges<br />

Limit) Gramm Wasser pro Gramm<br />

Boden. Der erste Teil der vorgeschriebenen<br />

Fahrlinie (um den Spurtyp 1<br />

anzustreben) wurde mit einer Plastikplane<br />

für zwei Tage abgedeckt, um<br />

die Infiltration von Regen zu verhindern.<br />

Die zwei anderen Versuchsfelder<br />

wurden vor dem Fahrexperiment<br />

mit verschiedener Intensität bewässert<br />

(um den Spurtyp 3 anzustreben). Die<br />

Forstmaschinen auf diesen verschieden<br />

feuchten Böden verursachten Verdichtungen<br />

der Kategorie leicht, mittel<br />

und schwer (Abb. 2A) auf einer Länge<br />

von mindestens zehn Metern. Der<br />

unmittelbar benachbarte, unbefahrene<br />

Boden wurde als Kontrolle (Referenz)<br />

verwendet.<br />

Messungen von bodenphysikalischen<br />

Eigenschaften<br />

Um das Ausmass von Bodenveränderungen<br />

in Abhängigkeit von der<br />

Spurausprägung zu charakterisieren,<br />

wurden die Spurtypen (1, 2, 3) systematisch<br />

auf ihren bodenphysikalischen<br />

Zustand nach der Belastung untersucht.<br />

Dies geschah mit konventionellen<br />

Verfahren an Stechzylinderproben<br />

(100 cm 3 ) aus zwei Tiefenstufen<br />

(5–10 cm; 15–20 cm). Strukturrelevante<br />

Bodenkennwerte wie Lagerungsdichte,<br />

Porenraum, Porengrössenverteilung<br />

und ökologisch bedeutsame Funktionalitätsparameter<br />

wie gesättigte Wasserleitfähigkeit<br />

und intrinsische Luftleitfähigkeit<br />

wurden im Labor erhoben<br />

(Frey et al. 2009).<br />

Die Ergebnisse zeigen deutlich: Bodenverdichtung<br />

reduziert das Porenvolumen<br />

und kann Poren zerstören. Mit<br />

der Wassersättigung durch verschlechterte<br />

Wasserinfiltration kommt es in<br />

den Fahrspuren häufig zu stehendem<br />

Wasser. Der Anteil des mit Wasser<br />

gefüllten Porenraums nimmt zu und die<br />

Gasleitfähigkeit sinkt, was wiederum<br />

Diffusion und Verfügbarkeit von Sauerstoff<br />

limitiert (Abb. 3).<br />

Messungen von Spurengasen<br />

im Boden<br />

Im verdichteten Porenvolumen in den<br />

Fahrspuren wird der Gasaustausch zwischen<br />

Boden und Atmosphäre gestört.<br />

In Zusammenarbeit mit Dr. Pascal<br />

Niklaus (Universität Zürich) wurden<br />

zwischen April 2008 und April 2009<br />

monatlich die Flüsse der Treibhausgase<br />

Kohlendioxid (CO 2 ), Methan (CH 4 )<br />

und Lachgas (N 2 O) in diesen Böden<br />

gemessen. Die Gewinnung der Bodengasproben<br />

erfolgte während der Messperioden<br />

in allen Versuchsvarianten<br />

mittels geschlossener Bodenhauben<br />

(«closed chamber method») in jeweils<br />

4-facher Wiederholung. Kohlendioxid,<br />

Methan und Lachgas in den Gasproben<br />

wurden an einem Gaschromatographen<br />

(Firma Shimadzu) gemessen<br />

(Frey et al. 2011; Hartmann et al. 2013).<br />

Die Messungen zeigten eine Zunahme<br />

von Methan und Lachgas und eine<br />

Abnahme von Kohlendioxid mit steigender<br />

Bodenverdichtung (Abb. 5). Bei<br />

sehr starker Verdichtung fällt die Lachgasproduktion.<br />

Dies könnte ein Hinweis<br />

darauf sein, dass unter sauerstoffarmen<br />

Bedingungen die Bildung von Lachgasvorstufen<br />

limitiert ist oder dass Lachgas<br />

komplett zu molekularem Stickstoff<br />

umgesetzt wird. Ebenfalls kann aus diesen<br />

Daten die Hypothese aufgestellt<br />

werden, dass eine reduzierte Aktivität<br />

der Zersetzung von organischem Material<br />

(Dekomposition) zu einer niedrigeren<br />

CO 2 -Produktion in diesen Böden<br />

führt (Abb. 5).<br />

Ein gestörter Gasaustausch zwischen<br />

Boden und Atmosphäre in verdichteten<br />

Fahrspuren beeinflusst die<br />

Lebensbedingungen der Mikroorganismen<br />

in Bezug auf O 2 - beziehungsweise<br />

CO 2 -Gehalt der Bodenluft. Der<br />

im Boden enthaltene Sauerstoff wird<br />

in kurzer Zeit durch aerobe Mikroorganismen<br />

verbraucht, um organisches<br />

Material abzubauen. Bei sauerstofflimitierenden<br />

Bedingungen kommt es<br />

zu veränderten mikrobiellen Prozessen<br />

im Boden, indem das Oxidationsmittel<br />

für die Energiegewinnung der Mik-


66 Forum für Wissen 2013<br />

A<br />

mcrA Genkopien pro Gramm Boden<br />

4.E+07<br />

3.E+07<br />

3.E+07<br />

2.E+07<br />

2.E+07<br />

1.E+07<br />

30 Tg<br />

180 Tg<br />

360 Tg<br />

B<br />

mcrA Genkopien pro Gramm Boden<br />

9.E+06<br />

8.E+06<br />

7.E+06<br />

6.E+06<br />

5.E+06<br />

4.E+06<br />

3.E+06<br />

2.E+06<br />

30 Tg<br />

180 Tg<br />

360 Tg<br />

mation (Spurtyp 2) mit eingeschränkten<br />

Bodenfunktionen, treten vermehrt<br />

aerobe und anaerobe Bakterien auf,<br />

die insbesondere Lachgas produzieren.<br />

In der gravierendsten Deformationsstufe<br />

(Spurtyp 3) verschwinden die<br />

aeroben Bakterien und die Mykorrhizapilze.<br />

Die Abundanz von Methanproduzierenden<br />

und Sulfat-reduzierenden<br />

Bakterien und saproben Pilzen<br />

nehmen dagegen zu. Diese sind also<br />

der zweifelsfreie Hinweis für einen<br />

«Bodenschaden».<br />

5.E+06<br />

0.E+00<br />

Ref Sp1 Sp2 Sp3<br />

bestätigt, dass spezifische bakterielle<br />

Gemeinschaften, wie zum Beispiel die<br />

Methan-Produzierer (Methanogene),<br />

stark auf Verdichtung und die damit<br />

zusammenhängenden physikalischen<br />

und chemischen Veränderungen der<br />

Bodeneigenschaften reagieren (Abb.<br />

6). Diese Methan-produzierenden Bakterien<br />

sind somit gute Indikatoren um<br />

eine mechanische Überbelastung des<br />

Bodens anzuzeigen (Frey et al. 2011).<br />

In sauerstoffarmen Böden nehmen die<br />

Methanbakterien stark zu, welche<br />

sonst vor allem in Moorböden oder auf<br />

Reisanbauflächen leben. In der Folge<br />

werden die Waldböden zu einer<br />

Methanquelle, während sie normalerweise<br />

eine Methansenke bilden. Wird<br />

wie oben erwähnt davon ausgegangen,<br />

dass ungefähr drei Prozent der Waldfläche<br />

im Mittelland ( Brändli 2010)<br />

mechanisch beeinträchtigt sind, so<br />

werden hochgerechnet ungefähr 55 t<br />

Methan pro Jahr (oder 1265 t CO 2 -<br />

Äquivalente) ausgestossen. Im Vergleich<br />

zur Landwirtschaft ist dieser<br />

Methanausstoss im Wald jedoch immer<br />

noch sehr gering.<br />

Ausgehend von einer intakten<br />

Bodenstruktur (Referenz, Spurtyp 1)<br />

ist die mikrobielle Lebensgemeinschaft<br />

von aeroben Bakterien mit CO 2 als<br />

Atmungsprodukt und einer Dominanz<br />

an Mykorrhizapilzen gekennzeichnet.<br />

Kommt es zu einer plastischen Deforroorganismen<br />

von Sauerstoff zu Nitrat<br />

und anderen Elektronen-Akzeptoren<br />

erfolgt (Schnurr-Pütz et al. 2006).<br />

Veränderungen in der Zusammensetzung<br />

bakterieller und pilzlicher<br />

Gemeinschaften<br />

Vor und zu verschiedenen Zeitpunkten<br />

nach der Befahrung (1, 7, 30, 180,<br />

360, 720, 1080 und 1440 Tage) wurden<br />

Bodenproben aus den Fahrspuren und<br />

Referenzflächen in zwei verschiedenen<br />

Tiefen (5 und 15 cm) und an mehreren<br />

Standorten innerhalb einer Fahrspur<br />

entnommen. Alle Proben pro einzelne<br />

Fahrspur und Tiefe wurden in einer<br />

Probe vereint, sodass jede Verdichtungsstufe<br />

und Tiefe dreifach repräsentiert<br />

war. Aus diesen Bodenproben<br />

wurde fortlaufend DNA (Erbsubstanz)<br />

der kompletten, mikrobiellen Gemeinschaft<br />

extrahiert und gelagert. So stehen<br />

heute 432 Proben (2 Fahrexperimente<br />

× 4 Verdichtungsstufen × 2 Tiefen<br />

× 3 Replikate × 9 Zeitpunkte) zur<br />

Analyse bereit. Die Beprobungs-Serie<br />

wird weiter fortgesetzt. Die Diversität<br />

und Verwandschaftsbeziehung der<br />

mikrobiellen Gemeinschaften in unseren<br />

Bodenproben erfassen wir mittels<br />

hochauflösenden 454-Pyrosequenzierung<br />

(Hartmann et al. 2012; Hartmann<br />

et al. 2013).<br />

Erste genetische Untersuchungen an<br />

diesen Proben haben die Hypothese<br />

1.E+06<br />

0.E+00<br />

Ref Sp1 Sp2 Sp3<br />

Abb. 6. Zunahme der Methan-Produzierer (Methanogene) in Ermatingen (A) und Heiteren<br />

(B) 30, 180 und 360 Tage nach der Befahrung in den verschiedenen Spurtypen (1, 2 und 3).<br />

Ref = ungestörte Referenz. Methan-Produzierer wurden mittels dem spezifischen, funktionellen<br />

Markergen mcrA (Methyl coenzyme M reduktase A) untersucht. Quelle: Frey et al.<br />

2011.<br />

2.3 Regenerationsmassnahmen von<br />

verdichteten Fahrspuren<br />

Verdichteter Boden kann sich durch<br />

wechselfeuchte Bedingungen, Frostzyklen,<br />

Wurzelwachstum oder Regenwurmaktivität<br />

regenerieren (verbesserter<br />

Gasaustausch zwischen Boden und<br />

Atmos phäre). Die natürliche Regeneration<br />

kann aber langsam und je nach<br />

Schweregrad der Bodenverdichtung<br />

sogar unmöglich sein (von Wilpert und<br />

Schäffer 2006).<br />

Darum treten aktive Regenerationsmassnahmen<br />

immer mehr in den Fokus<br />

der Bodenschutzforschung. Auf Lothar-<br />

Reservatsflächen (Habsburg AG, Messen<br />

SO, Brüttelen BE) wurden stark<br />

geschädigte Fahrspuren im Jahre 2002<br />

mit Alnus glutinosa (Schwarzerle als<br />

Jungpflanzen) und Salix viminalis<br />

(Korbweide als Stecklinge) bepflanzt,<br />

um die biologische Regeneration zu<br />

beschleunigen und die Spuren zu sanieren<br />

(Lüscher et al. 2008b). Erste Resultate<br />

nach sieben Jahren Baumwachstum<br />

zeigten, dass die Schwarzerlen in den<br />

stark verdichteten Fahrspuren anwachsen<br />

konnten (Abb. 7), die Korbweiden<br />

jedoch nicht. Innerhalb von sieben Jahren<br />

durchwurzelten die Erlen den verdichteten<br />

Boden bis in Tiefen von > 80<br />

cm. In den bepflanzten Fahrspuren wurde<br />

eine Verbesserung der Gefügestruktur,<br />

Luftleitfähigkeit (Abb. 8) sowie<br />

eine Minderung der Vernässungsmerkmale<br />

nachgewiesen (Meyer et al. 2010;<br />

Meyer et al. 2011a, b, c). Folglich erwies<br />

sich das Wurzelwachstum von spezifischen<br />

Baumarten, wie zum Beispiel der<br />

Schwarzerle, als hoffnungsvolle Methode,<br />

verdichtete Böden effizient und kostengünstig<br />

aufzulockern (Lüscher et al.<br />

2008b). Über den Erfolg dieser Methode<br />

im Hinblick auf mikrobiologische


Forum für Wissen 2013 67<br />

A<br />

B<br />

ten, dass die Regeneration nach aktiven<br />

Sanierungsmassnahmen durch<br />

Bepflanzung schneller geschieht als<br />

ohne Massnahmen. Für die Untersuchung<br />

von allfälligen Unterschieden<br />

werden strukturrelevante Bodenkennwerte<br />

(Lagerungsdichte, Porenraum,<br />

Porengrössenverteilung) wiederholt<br />

er fasst. Im weiteren werden auch die<br />

Durchwurzelung und die Regenwurmgänge<br />

ausgezählt (Meyer et al. 2011b,<br />

c).<br />

3 Schlussfolgerungen und<br />

Ausblick<br />

Abb. 7. (A) Mit Schwarzerlen und Korbweiden bepflanzte Fahrspuren in Habsburg AG<br />

(März 2007). (B) Schwarzerlenwurzel unter einer Fahrspur in Brüttelen BE vier Jahre nach<br />

der Pflanzung. Quelle: Lüscher et al. 2008b.<br />

Tiefe 0,2–0,3 m<br />

Luftfeuchtigkeit [m 2 ]<br />

83-11<br />

4e-11<br />

0e-00<br />

Erle<br />

mit Kompost<br />

Erle<br />

ohne Kompost<br />

Abb. 8. Verbesserung der Luftleitfähigkeit in der Tiefe 20–30 cm (n = 5) 6 Jahre nach der<br />

Bepflanzung mit Schwarzerlen. Quelle: Meyer et al. 2011b).<br />

Parameter in den verdichteten Fahrspuren<br />

ist allerdings wenig bekannt.<br />

Ausgehend von diesen ersten Erfahrungen<br />

wurden Sanierungsmassnahmen<br />

in den Fahrspuren der Versuchsfläche<br />

Ermatingen (TG) durch Pflanzung<br />

von Alnus glutinosa (Schwarzerle)<br />

im Jahre 2008 gestartet, um die durch<br />

schwere Forstmaschinen verdichteten<br />

Böden mittels Wurzelwachstum zu<br />

regenerieren. Der Erfolg der Bepflanzung<br />

auf das Regenerationsvermögen<br />

der mikrobiellen Gemeinschaften<br />

wird gegenwärtig in Proben von 2011<br />

(drei Jahre nach Bepflanzung) und<br />

2013 untersucht. Die 2008 genommenen<br />

Bodenproben dienen als Basisdaten.<br />

Referenzflächen sowie verdichtete,<br />

aber nicht bepflanzte Fahrspuren dienen<br />

als Kontrolle. Die Anlage dieses<br />

*<br />

Erle unbefahrene<br />

Referenz<br />

Fahrspur ohne<br />

Massnahme<br />

Versuchsfeldes erlaubt, etwaiger regenerativer<br />

Strukturentwicklungen über<br />

zweijährliche Wiederholungsaufnahmen<br />

zu verfolgen.<br />

Bei diesen Untersuchungen steht<br />

das Regenerationsvermögen mikrobieller<br />

Gemeinschaften im Vordergrund,<br />

welche in den Fahrversuchen darauf<br />

hindeuten, dass die Böden verdichtet<br />

und ihre Struktur gestört sind. Mikrobielle<br />

Gemeinschaften regenerieren<br />

sich im Allgemeinen gut. Vermutlich<br />

werden Arten, die durch abnehmende<br />

Sauerstoffverfügbarkeit zurückgehen<br />

(sensible Indikatoren) oder<br />

zunehmen (resistente Indikatoren), in<br />

den Zustand vor der Störung zurückkehren,<br />

sobald der mechanische Stress<br />

durch Sanierungsmassnahmen gemindert<br />

oder behoben wird. Wir vermu-<br />

*<br />

*<br />

Diese Studien zeigen, dass eine mechanische<br />

Bodenbelastung mit schweren<br />

Erntemaschinen die ökologische Funktionalität<br />

des Bodens stark beeinträchtigen<br />

kann. Durch Veränderung des<br />

Luft- und des Wasserhaushaltes im<br />

Boden werden die Lebensbedingungen<br />

der Mikroorganismen in Bezug<br />

auf O 2 - beziehungsweise CO 2 -Gehalt<br />

der Bodenluft verändert. Folge ist eine<br />

erhebliche Veränderung der Diversität<br />

und Gemeinschaftsstruktur von Bakterien<br />

und Pilzen.<br />

Gewisse mikrobielle Schlüsselgruppen<br />

(z. B. Methan-Produzierer oder Sulfat-reduzierende<br />

Bakterien) dienen als<br />

Zeiger, um derartige Störungen anzuzeigen.<br />

Sie sind der zweifelsfreie Hinweis<br />

für einen «Bodenschaden» (Abb.<br />

9). Eine Zeitreihe erlaubt uns zudem<br />

das Potenzial und den Erfolg der Regeneration<br />

in verdichteten Böden mittels<br />

den mikrobiellen Zeiger abzuschätzen.<br />

Es wird sich herausstellen, ob die mikrobiellen<br />

Schlüsselgruppen fähig sind,<br />

sich in einem verdichteten Boden nach<br />

Bepflanzung wieder zu erholen (und<br />

nach wieviel Jahren). Diese Erkenntnis<br />

wird aufzeigen, wie wahrscheinlich es<br />

ist, dass sich ein durch schwere Forstmaschinen<br />

verdichteter Boden durch<br />

Bepflanzung erholen kann. Bei einer<br />

Verdichtung oberhalb eines zu definierenden<br />

Schwellenwertes wird keine<br />

natürliche Regeneration stattfinden.<br />

Aufgrund der Bedeutung dieses Themas<br />

im Hinblick auf den Bodenschutz<br />

und die Emission klimarelevanter Gase<br />

aus Waldböden erscheint eine vertiefte<br />

Forschung zu den Zusammenhängen<br />

zwischen physikalischen Beeinträchtigungen<br />

und den Folgen für die Boden-


68 Forum für Wissen 2013<br />

Spurbild<br />

Bodenphysik<br />

Mikrobiologie<br />

Boden- und<br />

Wurzelfunktion<br />

mikroorganismen angebracht. Nachdem<br />

ein hinreichend gutes, jedoch nur<br />

generelles Prozessverständnis besteht,<br />

müssen im nächsten Schritt die Schlüsselorganismen<br />

im Stickstoff- und Kohlenstoffkreislauf<br />

für die verschiedenen<br />

Intensitäten verformter Böden zur Ableitung<br />

von Schwellenwerten untersucht<br />

werden (Abb. 9). Wir vermuten, dass<br />

stickstoffabbauende und -fixierende<br />

so wie methanbildende Organismen von<br />

sauerstoffarmen Bedingungen profitieren,<br />

während stickstoffbildende,<br />

methan- abbauende und pflanzensymbiotische<br />

(z. B. Mykorrhizapilze) Arten<br />

negativ beeinflusst werden. Diese Störungen<br />

können weitreichende Konsequenzen<br />

bezüglich des Stickstoff- und<br />

Kohlenstoffhaushalts nach sich ziehen<br />

und können die Emission von<br />

Treibhaus gasen signifikant erhöhen<br />

sowie die Nährstoffstoffverfügbarkeit<br />

in Waldböden negativ beeinflussen.<br />

Diese Untersuchungen werden zu<br />

einem stark verbesserten Verständnis<br />

führen, wie diese funktionellen Schlüsselgruppen<br />

durch Forstwirtschaft<br />

beeinflusst werden und auch helfen,<br />

Richtlinien aufzustellen, unter welchen<br />

Umständen Bodenschäden problematisch<br />

sind.<br />

Spurtyp 1 Spurtyp 2 Spurtyp 3<br />

+<br />

CO 2<br />

voll aerob<br />

nicht<br />

beeinträchtigt<br />

+/– –<br />

N 2<br />

O<br />

aerob – anaerob<br />

beeinträchtigt<br />

?<br />

Abb. 9. Vorrangiges Ziel muss die Abgrenzung von beeinträchtigten zu geschädigten Bodenfunktionen<br />

sein. Sie ist dann auf die operative Ebene der visuellen Spurausprägung zu übertragen.<br />

4 Danksagung<br />

Unsere Forschungsarbeiten wurden<br />

durch ein <strong>WSL</strong>-internes Projekt<br />

(5233.00029.001.01) unterstützt. Unser<br />

Dank gilt speziell Peter Lüscher, der<br />

uns unterstützte all die experimentellen<br />

Flächen zur mechanischen Bodenbelastung<br />

in den Waldstandorten zu<br />

Nutzen. Ebenfalls danken wir Johann<br />

Kremer, Stephan Zimmermann und<br />

Pascal Niklaus, welche die umfangreichen<br />

Daten zu Bodenphysik und Klimagasen<br />

erhoben.<br />

5 Literaturverzeichnis<br />

CH 4<br />

anaerob<br />

geschädigt<br />

Block, R.; Van Rees, K.C.J.; Pennock, D.J.,<br />

2002: Quantifying harvesting impact<br />

using soil compaction and disturbance<br />

regimes at a landscape scale. Soil Sci. Soc.<br />

Am. J. 66: 1669–1676.<br />

Borchert, H.; Kremer, J., 2007: Unternehmer<br />

bevorzugen grosse Maschinen. LWF<br />

aktuell 59: 27–29.<br />

Brändli, U.B., 2010: The Swiss National<br />

Forest Inventory. Results of the third survey<br />

2004–2006. Swiss Federal Research<br />

Institute <strong>WSL</strong>. Federal Office for the<br />

Environment, FOEN 1–321.<br />

Frey, B., 2010: Bewertung von befahrungsbedingten<br />

Bodenveränderungen mittels<br />

Bakterienpopulationen. Schweiz. Z.<br />

Forstwes. 161: 498–503.<br />

Frey, B.; Lüscher, P., 2008: Mikrobiologische<br />

Untersuchungen in Rückegassen.<br />

LFW aktuell 67: 5–7.<br />

Frey, B.; Kremer, J.; Rudt, A.; Sciacca, S.;<br />

Matthies, D.; Luscher, P., 2009: Compaction<br />

of forest soils with heavy logging<br />

machinery affects soil bacterial community<br />

structure. Eur. J. Soil Biol. 45: 312–320.<br />

Frey, B.; Kremer, J.; Sciacca, S.; Matthies,<br />

D.; Lüscher, P., 2010: Soil bacterial community<br />

structure reacts to compaction of<br />

forest soils with logging machinery. BGS<br />

Swiss Soil Society 30: 109–112.<br />

Frey, B.; Niklaus, P.A.; Kremer, J.; Luscher,<br />

P.; Zimmermann, S., 2011: Heavy-machinery<br />

traffic impacts methane emissions as<br />

well as methanogen abundance and community<br />

structure in oxic forest soils. Appl.<br />

Environ. Microbiol. (in press, doi:10.1128/<br />

AEM.05206-11).<br />

Gaertig, T.H.; Schack-Kirchner, H.;<br />

Hildebrand, E.E., 2001: Steuert Gasdurchlässigkeit<br />

im Boden Feinstwurzeldichte<br />

und Vitalität der Eiche? AFZ/Der<br />

Wald, 25: 1344–1347.<br />

Hartmann, M.; Howes, C.G.; Van Insberghe,<br />

D.; Yu, H.; Bachar, D.; Christen, R. et<br />

al. 2012: Significant and persistent impact<br />

of timber harvesting on soil microbial<br />

communities in Northern coniferous<br />

forests. ISME J. 6: 2199–2218.<br />

Hartmann, M.; Niklaus, P.A.; Zimmermann,<br />

S.; Schmutz, S.; Kremer, J.; Abarenkov,<br />

K.; Lüscher, P.; Widmer, F.; Frey,<br />

B., 2013:. Resistance and resilience of the<br />

forest soil microbiome to logging-associated<br />

compaction. ISME J. (im Druck;<br />

doi:10.1038/ismej.2013.141)<br />

Jordan, D.; Ponder, F.J.; Hubbard, V.C.,<br />

2003: Effects of soil compaction, forest<br />

leaf litter and nitrogen fertilizer on two<br />

oak species and microbial activity, Appl.<br />

Soil Ecol. 23: 33–41.<br />

Kremer, J.; Frey, B.; Lüscher, P., 2009:<br />

Bodenstrukturveränderung oder Bodenschaden<br />

– wo liegt die Grenze? Ber. Freibg.<br />

Forstl. Forsch. 79: 39–45.<br />

Lüscher, P.; Thees, O.; Frutig, F.; Sciacca,<br />

S., 2005: Physikalischer Bodenschutz im<br />

Wald als Teil der Arbeitsqualität. Bull.<br />

Bodenkd. Ges. Schweiz 28:11– 14.<br />

Lüscher, P.; Sciacca, S.; Thees, O., 2008a:<br />

Bestrebungen zur Verbesserung des<br />

Bodenschutzes in der Schweiz. LFW<br />

aktuell 67: 19–21.<br />

Lüscher, P.; Sciacca, S.; Halter, M., 2008b:<br />

Regeneration von Wurzelraumfunktionen<br />

nach mechanischer Belastung. LFW<br />

aktuell 67: 11–12.


Forum für Wissen 2013 69<br />

Lüscher, P.; Borer, F.; Blaser, P., 2009a:<br />

Langfristige Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit<br />

des Waldbodens durch mechanische<br />

Belastung. Vdf-Verlag 261–270.<br />

Lüscher; P.; Frutig, F.; Sciacca, S.; Spjevak,<br />

S.; Thees, O., 2009b: Physikalischer Bodenschutz<br />

im Wald. Merkbl. Prax. 45: 12 S.<br />

Lüscher, P., 2010: Bodenveränderungen<br />

und Typisierung von Fahrspuren nach<br />

mechanischer Belastung. Schweiz. Z.<br />

Forstwes. 161: 504–509.<br />

Margulies, M.; Egholm, M.; Altman, W.E.;<br />

Attiya, S.; Bader, J.S.; et al. 2005: Genome<br />

sequencing in microfabricated highdensity<br />

picolitre reactors. Nature 437:<br />

376–380.<br />

Marshall, V.G., 2000: Impacts of forest harvesting<br />

on biological processes in northern<br />

forest soils. For. Ecol. Manage. 133: 43–60.<br />

Meyer, C.; Lüscher, P.; Schulin, R., 2010:<br />

Regeneration von mechanisch verdichtetem<br />

Boden unter Fahrspuren durch<br />

Sanierungsmassnahmen. Bull. Bodenkd.<br />

Ges. Schweiz 31: 12–16.<br />

Meyer, C.; Lüscher, P.; Schulin, R., 2011a:<br />

Bodenverdichtung unter Fahrspuren –<br />

Strukturregeneration durch Bepflanzung<br />

mit Alnus glutinosa. Bull. Bodenkd. Ges.<br />

Schweiz 32: 15–19.<br />

Meyer, C.; Lüscher, P.; Schulin, R., 2011b:<br />

Bodenverdichtung unter Fahrspuren –<br />

Strukturregeneration durch Bepflanzung<br />

mit Alnus glutinosa. In: Böden verstehen<br />

– Böden nutzen – Böden fit machen.<br />

DBG Jahrestagung, Berlin 1–4.<br />

Meyer, C.; Lüscher, P.; Schulin, R., 2011c:<br />

Verdichteten Boden mit Schwarzerlen<br />

regenerieren? Wald Holz 10: 40 –43<br />

Oberholzer, H-R.; Scheid, S., 2007: Bodenmikrobiologische<br />

Kennwerte. Erfassung<br />

des Zustands land-wirtschaftlicher Böden<br />

im NABO-Referenzmessnetz anhand<br />

biologischer Parameter (NABObio).<br />

Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-<br />

Wissen Nr. 0723.<br />

Pace, N.R., 2009: Mapping the tree of life:<br />

progress and prospects. Microbiol. Mol.<br />

Biol. Rev. 73: 565–576.<br />

Ponder, F.; Tadros, M., 2002: Phospholipid<br />

fatty acids in forest soil four years after<br />

organic matter removal and soil compaction,<br />

Appl. Soil Ecol. 19: 173–182.<br />

Rappe, M.S.; Giovannoni, S.J., 2003: The<br />

uncultured microbial majority. Annu.<br />

Rev. Microbiol. 57: 369–394.<br />

Roesch, L.F.; Fulthorpe, R.R.; Riva, A.;<br />

Casella, G.; Hadwin, A.K.M.; Kent,<br />

A.D.; Daroub, S.H.; Camargo, F.A.O.;<br />

Farmerie, W.G.; Triplett, E.W., 2007:<br />

Pyrosequencing enumerates and contrasts<br />

soil microbial diversity. ISME J. 1:<br />

283–290.<br />

Schack-Kirchner, H.; Fenner, P.T.; Hildebrand,<br />

E.E., 2007: Different responses in<br />

bulk density and saturated hydraulic conductivity<br />

to soil deformation by logging<br />

machinery on a Ferrasol under native<br />

forest. Soil Use Manag. 23: 286–293.<br />

Schnurr-Pütz, S.; Baath, E.; Guggenberger,<br />

G.; Drake, H.L.; Kusel, K., 2006:<br />

Compaction of forest soil by logging<br />

machinery favours occurrence of prokaryotes.<br />

FEMS Microbiol. Ecol. 58: 503–<br />

516.<br />

Shestak, C.J.; Busse, M.D., 2005: Compaction<br />

alters physical but not biological<br />

indices of soil health. Soil Sci. Soc. Am. J.<br />

69: 236–246.<br />

VBBo, 1998: Verordnung über Belastungen<br />

des Bodens vom 1. Juli 1998, SR 814.12.<br />

AS 1998 1854 EDMZ, Bern.<br />

von Wilpert, K.; Schäffer, J., 2006:. Ecological<br />

effects of soil compaction and initial<br />

recovery dynamics: a preliminary study.<br />

Eur. J. Forest Res. 125: 129–138.<br />

Wilke, BM.; Beylich, A.; Oberholzer,<br />

H.R., 2009: Beurteilung von Bodenverdichtungen<br />

aus Sicht der Bodenbiologie.<br />

Bodenschutz 2: 52–58.<br />

Abstract<br />

Biodiversity of forest soil – impact of logging machinery on microbial communities<br />

The use of heavy logging machinery in Swiss forests often leads to the formation<br />

of ruts in which the soil suffers profound and long-lasting damage. The central<br />

question is: what degree of structural change in the soil should be regarded as soil<br />

damage? In two separate trafficking experiments, wheel tracks of different severities<br />

were created to explore the functional relationships between the physical<br />

properties of the soil (compaction), and the way these influence vital soil functions,<br />

greenhouse gas production and microbial diversity.<br />

Compaction was found to alter soil porosity and thus strongly limit air and water<br />

conductivity, leading to increased trace gas emissions (methane, nitrous oxide)<br />

from the compacted forest soils. Compaction persistently altered the structure of<br />

the microbiome and organisms capable of anaerobic respiration, such as methanogens<br />

and sulphate reducers, were significantly associated with compacted soils. Soil<br />

compaction also detrimentally affected ectomycorrhizas, whereas saprobic and<br />

parasitic fungi increased proportionally with compaction. These fungi can therefore<br />

be used as indicators in evaluating the degree of structural damage to the forest<br />

soil after heavy machines have moved over it.<br />

Keywords: forest soil compaction, soil physical characteristics, microbial diversity,<br />

pyrosequencing, greenhouse gas fluxes, soil functions


Forum für Wissen 2013: 71–81 71<br />

Bodenbiologie im Referenzmessnetz der Nationalen<br />

Bodenbeobachtung NABO<br />

Anna-Sofia Hug 1 , Andreas Gubler 1 , Franco Widmer 2 , Beat Frey 3 , Hansruedi Oberholzer 4 , Peter Schwab 1 und Reto Meuli 1<br />

1<br />

Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Nationale Bodenbeobachtung, Reckenholzstrasse 191, CH-8046 Zürich,<br />

anna.hug@agroscope.admin.ch<br />

2<br />

Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Molekulare Ökologie, Reckenholzstrasse 191, CH-8046 Zürich<br />

3<br />

<strong>WSL</strong> Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, Rhizosphären Prozesse, Zürcherstrasse 111,<br />

CH-8903 Birmensdorf<br />

4<br />

Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Bodenfruchtbarkeit /Bodenschutz<br />

Viele für den Menschen wichtige Bodenfunktionen, wie der Abbau von organischem<br />

Material, die Stickstofffixierung oder die Grundwasserfilterung sind unter<br />

anderem abhängig von den im Boden lebenden Organismen. Bodenlebewesen<br />

reagieren sehr sensibel auf Veränderungen ihres Lebensraumes. Um frühzeitig<br />

Hinweise auf schädliche Veränderungen im System Boden zu erhalten ist es für<br />

die Nationale Bodenbeobachtung NABO von grossem Interesse, bodenbiologische<br />

Parameter routinemässig in ihr Messprogramm aufzunehmen. Basierend auf<br />

den Erkenntnissen von bereits durchgeführten bodenbiologischen Untersuchungen<br />

der NABO und internationalen Richtlinien, wurde im Frühjahr 2012 damit<br />

begonnen, an 30 Standorten des NABO-Referenzmessnetzes die bodenmikrobiologischen<br />

Parameter mikrobielle Biomasse (bestimmt mit den Methoden<br />

Fumigation-Extraktion und Substratinduzierte Respiration), Basalatmung und<br />

DNS-Menge zu messen. Diese klassischen mikrobiologischen Bestimmungsmethoden<br />

werden dabei von der sich rasch entwickelnden molekulargenetischen<br />

Analytik ergänzt. Diese auf der DNS basierenden Methoden eröffnen neue Möglichkeiten<br />

in der Erforschung der Diversität von Bodenorganismen und deren<br />

Funktionen und weisen für die Bodendauerbeobachtung grosses Potential auf.<br />

Dieser Beitrag stellt das Messkonzept sowie erste Resultate der Beprobung vom<br />

Frühjahr 2012 vor.<br />

1 Einleitung<br />

Seit 1984 betreiben die Bundesämter<br />

für Umwelt (BAFU) und Landwirtschaft<br />

(BLW) gemeinsam das Nationale<br />

Bodenbeobachtungsprogramm<br />

(NABO). Dieses basiert auf dem<br />

Umweltschutzgesetz (USG 1983) und<br />

der damals noch geltenden Verordnung<br />

über Schadstoffe im Boden (VSBo<br />

1986). Zurzeit wird im landesweiten<br />

NABO-Referenzmessnetz die Belastung<br />

des Bodens mit anorganischen<br />

und organischen Schadstoffen an über<br />

100 Standorten in fünfjährigen Beprobungszyklen<br />

überwacht. Mit der Ablösung<br />

der VSBo (1986) durch die Verordnung<br />

über Belastungen des Bodens<br />

(VBBo 1998), die neu neben chemischen<br />

auch physikalische und biologische<br />

Bodenbelastungen berücksichtigt,<br />

wurde der gesetzliche Auftrag für das<br />

Bodenmonitoring ausgeweitet. Neben<br />

den gesetzlichen Vorgaben haben sich<br />

in den vergangenen 25 Jahren auch der<br />

ökologische, wirtschaftliche und politische<br />

Rahmen der Umweltbeobachtung<br />

geändert. So wird auch die Bodenbeobachtung<br />

mit neuen Fragestellungen<br />

konfrontiert und neue Themenfelder<br />

wie Biodiversität, Klimawandel oder<br />

Landnutzungsänderungen sind in den<br />

Vordergrund getreten. Um das Messnetz<br />

den neuen Rahmenbedingungen<br />

anzupassen, hat sich die NABO zum<br />

Ziel gesetzt, bodenbiologische Messgrössen<br />

als Routineparameter in ihr<br />

Messprogramm aufzunehmen.<br />

1.1 Bedeutung der Boden<br />

lebewesen<br />

Oberstes Ziel der VBBo ist der langfristige<br />

Erhalt der Bodenfruchtbarkeit<br />

(VBBo 1998). Die Bodenfruchtbarkeit<br />

kann mit der Fähigkeit des<br />

Bodens umschrieben werden, mit der<br />

er durch seine physikalischen, chemischen<br />

und biologischen Eigenschaften<br />

in der Lage ist, verschiedenste Funktionen<br />

wie etwa die Produktions-, Regulierungs-<br />

oder Lebensraumfunktion<br />

(«ecosystem services») zu erfüllen. Das<br />

Ökosystem Boden liefert somit in verschiedensten<br />

Bereichen die Grundlage<br />

für das Fortbestehen der Menschheit,<br />

wobei die Bodenorganismen mit<br />

ihren vielfältigen Funktionen (Abbau<br />

von organischen Material, Stickstofffixierung,<br />

Grundwasserfilterung, Bioremediation<br />

usw.) einen entscheidenden<br />

Beitrag dazu leisten. Der Wert<br />

der «ecosystem services», der weltweit<br />

durch Bodenlebewesen bereitgestellt<br />

wird, wird auf rund 1,542 Milliarden<br />

US$ pro Jahr geschätzt (FAO 2012).<br />

Das Bundes-Bodenschutzgesetz<br />

Deutschlands etwa verlangt explizit die<br />

nachhaltige Sicherung der natürlichen<br />

Funktionen des Bodens (BBodSchG<br />

1998). Auch die Schweizer Bodenpolitik<br />

des BAFU basiert auf den lebenswichtigen<br />

Bodenfunktionen (BAFU<br />

2011).<br />

1.2 Bodenbiologische Parameter<br />

in der NABO<br />

Wie zahlreiche Studien belegen, reagieren<br />

Bodenlebewesen sensibel auf<br />

Veränderungen ihres Lebensraumes<br />

(Hartmann et al. 2006; Frey et al. 2006;<br />

Frey et al. 2009; Dequiedt et al. 2011;<br />

Frey et al. 2011; Thomsen et al. 2012).<br />

Aus diesem Grund können bodenbiologische<br />

Parameter als Indikatoren<br />

genutzt werden, um Veränderungen<br />

des Systems Boden frühzeitig zu<br />

erkennen. Um die Messergebnisse<br />

an NABO-Standorten umfassend zu<br />

interpretieren, sind Kenntnisse über


72 Forum für Wissen 2013<br />

biologische Bodeneigenschaften für<br />

die NABO unabdingbar. Für die Standorte<br />

des NABO-Referenzmessnetzes<br />

sind Standorteigenschaften (Textur,<br />

Gehalt organischer Kohlenstoff, pH<br />

oder Landnutzung) sowie die stoffliche<br />

Belastung mit Schwermetallen und<br />

organischen Schadstoffen (PAK und<br />

PCB) bekannt. Darüber hinaus werden<br />

im Rahmen des indirekten Monitorings<br />

(NABO-Flux) an ausgewählten<br />

NABO-Standorten die Stoffflüsse (P<br />

und N) anhand der Bewirtschaftungsangaben<br />

der Landwirte erfasst (Keller<br />

et al. 2005; Della Peruta et al. 2013).<br />

Diese Daten können wiederum für<br />

die Interpretation der Messergebnisse<br />

von bodenbiologischen Untersuchungen<br />

verwendet werden – und umgekehrt.<br />

Bisherige Untersuchungen<br />

Im Rahmen des Projektes «Langzeitbeobachtung<br />

von physikalischen und<br />

biologischen Bodeneigenschaften»<br />

(LAZBO) wurde während sechs Jahren<br />

die Eignung ausgewählter Parameter<br />

für die Langzeitbeobachtung physikalischer<br />

und biologischer Eigenschaften<br />

von Böden beurteilt (Schwab et al.<br />

2006). Zudem wurde in den Jahren<br />

2004/2005 von Oberholzer et al. (2007)<br />

an 59 NABO-Standorten eine einmalige<br />

Zustandserhebung bodenmikrobiologischer<br />

Kennwerte vorgenommen.<br />

Im Rahmen dieser Projekte wurden<br />

bodenmikrobiologische Parameter wie<br />

die mikrobielle Biomasse, bestimmt<br />

mit den Methoden «Substratinduzierte<br />

Respiration» (SIR) und «Chloroform-<br />

Fumigations-Extraktion» (FE), die<br />

Basalatmung sowie N-Mineralisierung<br />

im aeroben Brutversuch gemessen.<br />

Diese Parameterauswahl basierte auf<br />

den Empfehlungen der Arbeitsgruppe<br />

«Vollzug Bodenbiologie» (VBB)<br />

der Schweiz (VBB, BSA 2009). In der<br />

Zustandserhebung von 2004/2005 wurden<br />

zudem bestehende Referenzwertmodelle<br />

zur Beurteilung der mikrobiellen<br />

Biomasse (SIR) für Acker- und<br />

Graslandstandorte überprüft (Oberholzer<br />

et al. 2007).<br />

1<br />

Environmental Assessment of Soil for<br />

Monitoring<br />

2<br />

Ecological Function and Biodiversity<br />

Indicators in European Soils<br />

Neue Messmethoden für die<br />

Boden biologie<br />

Neben diesen klassischen Bestimmungsmethoden<br />

für bodenmikrobiologische<br />

Eigenschaften eröffnet der<br />

Fortschritt in der molekulargenetischen<br />

Analytik neue Möglichkeiten<br />

in der Erforschung der Diversität von<br />

Bodenorganismen und deren Funktionen.<br />

Anhand von DNS-Extrakten aus<br />

Bodenproben kann einerseits die Erbsubstanz<br />

der Organismen im Boden<br />

quantifiziert werden. Die DNS-Menge<br />

wird in der Literatur auch als Biomassenindikator<br />

diskutiert (Hartmann<br />

et al. 2005; Dequiedt et al. 2011).<br />

Andererseits ermöglicht die molekulargenetische<br />

Analytik auch qualitative<br />

Aussagen über die Zusammensetzung<br />

bzw. die Diversität von mikrobiellen<br />

Lebensgemeinschaften. Dazu<br />

werden bestimmte mikrobielle Markergene<br />

aus den DNS-Extrakten isoliert<br />

und eine grosse Anzahl von DNS-<br />

Sequenzen (bis zu Millionen mittels<br />

«massive parallel sequencing») dieser<br />

Markergene ermittelt und miteinander<br />

verglichen. Von der Diversität dieser<br />

Markergene lassen sich dann Rückschlüsse<br />

auf die Diversität der Mikroorganismen<br />

ziehen. Dies im Gegensatz<br />

zur mikrobiellen Biomasse, bestimmt<br />

mit den Methoden FE oder SIR, die<br />

Aussagen über die Quantität der Biomasse,<br />

nicht jedoch über deren Zusammensetzung<br />

zulassen.<br />

Einige Länder wenden molekularbiologische<br />

Methoden bereits in der<br />

Bodendauerbeobachtung an. Frankreich<br />

hat im Rahmen seines Dauerbeobachtungsprogrammes<br />

(Réseau<br />

de Mesures de la Qualité des Sols)<br />

die DNS aus Bodenproben von allen<br />

2150 Standorten des Messnetzes extrahiert,<br />

quantifiziert und das Resultat<br />

kartographisch dargestellt (Dequiedt<br />

et al. 2011). Im Rahmen des «Countryside<br />

Survey» wurde in England an<br />

1000 Standorten die Zusammensetzung<br />

der Bodenbakterien mit molekularbiologischen<br />

Methoden bestimmt<br />

(Fingerprint Methode mittels t-RFLP)<br />

und deren biogeographische Verteilung<br />

kartographisch erfasst (Griffiths<br />

et al. 2011). Die Niederlande untersuchen<br />

im Rahmen ihres Dutch Soil Quality<br />

Network (DSQN) die mikrobielle<br />

Diversität und wenden im Rahmen des<br />

Projekts BISQ (Biological Indicator<br />

of Soil Quality) Methoden der gene-<br />

tischen Diagnostik an (Rutgers et al.<br />

2009). Auch die europäische ENVAS-<br />

SO 1 -Initiative empfiehlt mikrobielle<br />

Parameter in ein Bodendauerbeobachtungsprogramm<br />

zu implementieren,<br />

die Aussagen über die genetische und<br />

funktionelle Diversität von Bakterien<br />

und Pilzen zulassen (Kibblewhite et al.<br />

2008). Im EU-Projekt EcoFINDERS 2<br />

wird der molekularen Technik bei der<br />

Untersuchung von Organismen in der<br />

Bodendauerbeobachtung ebenfalls<br />

gros se Bedeutung beigemessen (Faber<br />

et al. 2013). Im Ausblick wird das Potential<br />

der molekulargenetischen Analytik<br />

für die Bodendauerbeobachtung noch<br />

ausführlicher diskutiert (Kap. 4.4).<br />

1.3 Das Projekt NABObio12_13<br />

Im Rahmen des Projektes NABObio12_13<br />

sollen in den Jahren 2012<br />

und 2013 an 30 NABO-Referenzmessstandorten<br />

Aussagen über den Zustand<br />

bodenbiologischer Eigenschaften gemacht<br />

und die erforderlichen methodischen<br />

Kriterien für eine Dauerbeobachtung<br />

festgelegt werden. Aufgrund<br />

der Resultate der Erhebungen<br />

2012 und 2013 werden (1) Zusammenhänge<br />

zwischen biologischen Eigenschaften<br />

und weiteren Bodeneigenschaften,<br />

Standorteigenschaften (z.B.<br />

Klima, Niederschlag) sowie Bewirtschaftungstypen<br />

(Düngungsregime)<br />

ausgewertet, (2) die Qualitätskriterien<br />

für eine Dauerbeobachtung (Standortpräzision,<br />

Standortwiederholpräzision,<br />

Referenzierung) quantifiziert und (3)<br />

Zusammenhänge zwischen den klassischen<br />

(FE, SIR) und molekularbiologischen<br />

Methoden (DNS-Extraktion und<br />

-Quantifizierung) zur Bestimmung der<br />

mikrobiellen Biomasse untersucht. Mit<br />

NABObio12_13 soll die Basis für den<br />

Start einer Zeitreihe von bodenbiologischen<br />

Parametern in der NABO gelegt<br />

werden (vgl. auch Kap. 4.4).<br />

Das Projekt wird in Zusammenarbeit<br />

mit Franco Widmer (Gruppe Molekulare<br />

Ökologie) und H.R. Oberholzer<br />

(Gruppe Bodenfruchtbarkeit / Bodenschutz)<br />

der Agroscope Reckenholz-<br />

Tänikon ART und B. Frey (Gruppe<br />

Rhizos phären Prozesse) der Eidg. Forschungsanstalt<br />

für Wald, Schnee und<br />

Landschaft <strong>WSL</strong> durchgeführt.


Forum für Wissen 2013 73<br />

2 Methoden<br />

2.1 Standortauswahl<br />

Die Untersuchungen erfolgen an zehn<br />

Ackerbau-, zehn Grasland- und zehn<br />

Waldstandorten des NABO-Referenzmessnetzes<br />

(vgl. Abb. 1). Die Ackerbau-<br />

und Graslandstandorte lassen<br />

sich in intensiv und extensiv genutzte<br />

Standorte unterteilen. Bei der Auswahl<br />

der Waldstandorte werden die<br />

Waldtypen Laub-, Misch- und Nadelwald<br />

unterschieden (vgl. Tab. 1). Um<br />

für die Interpretation der Ergebnisse<br />

eine möglichst gute Datenlage zu<br />

haben, wurde bei der Auswahl der<br />

Ackerbau- und Graslandstandorte darauf<br />

geachtet, dass diese wenn möglich<br />

auch Bestandteil des NABO-Flux-Programms<br />

sind. Alle ausgewählten Waldstandorte<br />

sind auch Teil des Nitrate-<br />

Leaching-Projekts 3 .<br />

2.2 Probenahme<br />

Die Probenahme, -aufbereitung und<br />

-lagerung erfolgt gemäss den Referenzmethoden<br />

der Eidg. Landw. Forschungsanstalten<br />

(FAL, FAW, RAC,<br />

1998). Um die Bedingungen den<br />

Anforderungen des Projektes NABObio12_13<br />

anzupassen, wurden dabei<br />

folgende Punkte modifiziert:<br />

– Um die Dauerbeobachtungsflächen<br />

der NABO-Referenzmessstandorte<br />

vor zu intensiver Störung zu schützen,<br />

werden die Proben für bodenbiologische<br />

Untersuchungen auf einer Fläche<br />

entnommen, die direkt angrenzend an<br />

der regulären NABO-Referenzmessfläche<br />

liegt. Die Fläche beträgt ebenfalls<br />

10 × 10 m (vgl. Abb. 2).<br />

– Stichprobenzahl: 3 Mischproben<br />

aus 25 Einstichen pro Standort (mit<br />

Hohlmeisselbohrer, 2,5 cm ø). Dieses<br />

Vorgehen lehnt sich an internationale<br />

Untersuchungen an, die mindestens<br />

15 Einstiche für eine Mischprobe<br />

empfehlen (Lischer et al. 2001,<br />

Wagner et al. 2001). Bei der Ersterhebung<br />

im Frühjahr 2012 (und jedes<br />

dritte darauffolgende Jahr) wird pro<br />

Standort eine vierte Mischprobe<br />

jeweils aus dem 4. Qua-dranten als<br />

Referenzprobenmaterial genommen<br />

(in Abb. 2 rot markiert).<br />

– Beprobungstiefen: 0 bis 20 cm für<br />

Grasland-, Ackerland- und Waldstandorte<br />

– Wenn möglich sollen die Proben zu<br />

folgendem Zeitpunkt entnommen<br />

werden (vgl. Schwab et al. 2006):<br />

– im Frühjahr nachdem die Böden<br />

aufgetaut und nicht mehr wassergesättigt<br />

sind<br />

– vor Beginn der Bodenerwärmung<br />

(je nach Höhenlage unterschiedlich)<br />

– vor Vegetationsbeginn und der<br />

ersten N-Düngung<br />

– vor einer Bodenbearbeitung oder<br />

Weidegang<br />

– Zur Bestimmung des Raumgewichts<br />

der Feinerde sowie des Wassergehaltes<br />

wird mit der Humax-Schlagsonde<br />

(4,8 cm ø) in den Ecken der Fläche<br />

jeweils im 4. Quadranten eine Volumenprobe<br />

(Zylinderproben, 0 bis<br />

20 cm) entnommen.<br />

Abb. 1. Ausgewählte NABO-Referenzmessstandorte für das Projekt NABObio12_13 (als Rhomben dargestellt).<br />

3<br />

Im Rahmen des Projektes «Nitrate Leaching under changed climate conditions and forest management» interessiert die Frage, wie sich<br />

der Stickstoffsättigungsgrad der LWF-Flächen (Langfristige Waldökosystemforschung) aufgrund der erhöhten Stickstoffeinträge<br />

verändert hat (Waldner et al. 2010).


74 Forum für Wissen 2013<br />

Tab. 1. Bodeneigenschaften und Nutzung der beprobten NABO-Referenzmessstandorte. a CaCO3 = Kalk; b C org = Organischer Kohlenstoff;<br />

c<br />

RG FE = Raumgewicht Feinerde, zusammen mit dem Skelettgehalt in der NABO-Fünfterhebung bestimmt (Gubler et al. in Vorbereitung);<br />

n.b. = nicht bestimmt.<br />

Nutzung NABO-Standort m ü. M. Nutzung:<br />

Intensiv /<br />

Extensiv<br />

Ackerbau<br />

Grasland<br />

Laubwald<br />

Mischwald<br />

Nadelwald<br />

Bodentyp<br />

(gemäss FAL)<br />

pH CaCO3 a<br />

(CaCl2) %<br />

Bodenkenngrössen 0–20 cm<br />

C org<br />

b<br />

%<br />

Ton<br />

%<br />

Schluff<br />

%<br />

RG FE c<br />

g/cm 3<br />

25 Schleitheim / Milten SH 545 I Braunerde 6,8 2,8 2,4 59 30 0,9 1.0<br />

46 Vallon FR 439 I Braunerde-Gley 6,8 10,2 2,8 43 46 1,1 0,0<br />

54 Zuzwil BE 557 I Braunerde 6,0 0,0 1,3 12 35 1,4 3,4<br />

95 Coldrerio TI 336 I Braunerde 5,8 0,0 1,7 21 38 1,2 4,9<br />

102 Vouvry VS 379 I Fluvisol 6,5 8,5 1,3 6 60 1,1 0,6<br />

28 Leuggern / Etzwil AG 465 E Braunerde-Pseudogley 5,3 0,1 1,8 14 34 1,2 3,1<br />

63 Oensingen SO 450 E Braunerde-Pseudogley 5,4 0,0 2,0 36 45 1,1 0,0<br />

68 Etoy VD 435 E Braunerde 5,3 0,0 1,4 19 45 1,3 2,0<br />

77 Paspels GR 830 E Phäozem 6,1 0,0 2,6 18 51 1,0 4,8<br />

87 Klarsreuti TG 559 E Braunerde 5,2 0,0 1,7 24 44 1,1 3,7<br />

1 Aadorf / Tänikon TG 537 I Braunerde 6,2 0,9 3,9 35 34 1,0 2,6<br />

30 Ebikon / Dottenberg LU 635 I Saure Braunerde 5,0 0,1 2,8 20 33 1,0 2,3<br />

33 Mollis GL 431 I Fahlgley 5,9 0,0 3,8 33 55 0,8 0,2<br />

35 Le Cerneux-Péquignot NE 1093 I Braunerde 5,6 0,0 3,5 28 49 1,0 0,0<br />

69 Attalens / Rombuet FR 818 I Braunerde 5,8 0,0 3,3 26 37 0,9 5,9<br />

6 Grindelwald / Itramen BE 1915 E Braunpodsol 3,9 0,0 6,5 25 50 0,7 0,0<br />

37 Ependes FR 735 E Braunerde 5,9 0,0 2,7 19 35 1,1 1,7<br />

41 Kyburg-Buchegg SO 464 E Braunerde-Gley 4,9 0,0 2,4 24 34 1,1 0,0<br />

49 Unterschächen UR 1100 E Braunerde 4,6 0,0 5,7 33 27 0,8 4,1<br />

70 Disentis GR 1105 E Braunerde 5,5 0,0 3,6 13 37 0,9 11,3<br />

8 Rothenfluh BL 695 Rendzina 6,6 2,0 4,9 14 72 0,6 5,1<br />

27 Jussy / Les Grands Bois GE 505 Pseudogley 4,4 0,0 2,7 24 51 1,0 1,0<br />

62 Bettlach / Bettlachstock SO 1065 Braunerde 5,4 0,2 3,7 31 52 0,8 0,0<br />

92 Novaggio / Cima Pianca TI 1080 Humus-Eisenpodsol 3,9 0,0 11,7 n.b. n.b. 0,4 8,7<br />

7 Oberstammheim ZH 581 Braunderde 5,1 0,0 2,9 28 35 0,9 4,0<br />

18 Langenthal / Riedhof BE 525 Parabraunerde 3,7 0,0 4,1 19 52 0,9 0,0<br />

45 Alpthal / Erlentobel SZ 1180 Fahlgley 5,8 0,0 13,1 n.b. n.b. 0,2 0,0<br />

47 Davos / Seehornwald GR 1655 Humus-Eisenpodsol 3,3 0,0 18,6 n.b. n.b. 0,3 5,0<br />

73 Alvaneu GR 1560 Regosol 4,9 0,0 5,0 21 22 0,7 11,2<br />

99 Visp / Albulawald VS 830 Braunerde 5,5 0,0 5,1 12 45 0,6 3,7<br />

Skelett<br />

Vol.%<br />

Abb. 2. Schema für Probenahme der Flächenmischproben<br />

für NABObio12_13. Die<br />

Proben aus den Quadranten 1 bis 3 ergeben<br />

die Mischproben. Das Probenmaterial aus<br />

den 4. Quadranten wird als Referenzprobenmaterial<br />

verwendet.<br />

2.3 Messgrössen<br />

Basierend auf den Erkenntnissen<br />

des LAZBO-Projekts (Schwab et al.<br />

2006) und der Zustandsuntersuchung<br />

2004/2005 (Oberholzer et al. 2007)<br />

werden klassische mikrobielle Parameter<br />

wie die mikrobielle Biomasse<br />

(SIR und FE) und die Basalatmung<br />

bestimmt (vgl. Tab. 2). Ergänzt werden<br />

diese mit Methoden der molekulargenetischen<br />

Analytik (DNS-Menge).<br />

Weiter werden wichtige Parameter wie<br />

der pH-Wert, das CN-Verhältnis usw.<br />

gemessen (vgl. Tab. 2).<br />

Raumgewicht Feinerde<br />

Das Raumgewicht Feinerde entspricht<br />

der Masse der Feinerde (Fraktion ≤<br />

2 mm) bezogen auf das Bodenvolumen<br />

(kg TS dm –3 ). Das Raumgewicht Feinerde<br />

ist einerseits abhängig von den<br />

Standorteigenschaften (Anteil organische<br />

Substanz, Körnung, Textur, Verdichtung,<br />

usw.), andererseits variiert<br />

es über die Zeit in Abhängigkeit der<br />

Bodenfeuchtigkeit (Quellungs- und<br />

Schrumpfungsprozesse). Zudem können<br />

die gemessenen (gewichtsbezogenen)<br />

Werte der mikrobiellen Biomasse<br />

(SIR und FE), der Basalatmung und<br />

der DNS-Menge durch Multiplikation<br />

mit dem Raumgewicht Feinerde<br />

auf das Bodenvolumen (dm 3 ) bezogen<br />

werden. Die Bestimmung des Raumgewichts<br />

Feinerde verbessert die Vergleichbarkeit<br />

zwischen den verschiedenen<br />

Erhebungen und Standorten. Zum<br />

Beispiel weisen insbesondere Böden


Forum für Wissen 2013 75<br />

mit viel organischer Substanz durch<br />

ihr tiefes Raumgewicht Feinerde oft<br />

sehr hohe gewichtsbezogene Werte auf.<br />

Bezogen auf das Bodenvolumen relativieren<br />

sich die hohen Werte jedoch<br />

(vgl. auch das Beispiel im Kap. 3.3).<br />

Zusammen mit der Information des<br />

Skelettgehalts ermöglicht das Raumgewicht<br />

Feinerde zudem eine ökologische<br />

Betrachtungsweise der Messergebnisse<br />

(vgl. Tab. 1). So kann beispielsweise ein<br />

hohes Raumgewicht Feinerde Hinweise<br />

auf anaerobe Verhältnisse geben.<br />

Das Raumgewicht Feinerde wird im<br />

Referenzmessnetz der NABO seit 2003<br />

routinemässig bestimmt.<br />

2.4 Referenzierung der Messwerte<br />

Für die Dauerbeobachtung ist die bestmögliche<br />

Eliminierung von methodischen<br />

Fehlern zwischen den Bestimmungen<br />

von Bodeneigenschaften verschiedener<br />

zeitlicher Erhebungen eine<br />

zentrale Voraussetzung. Dies wird mit<br />

einer Referenzierung der gemessenen<br />

Werte durch zeitgleich gemessene<br />

Bodenproben aus früheren Erhebungen<br />

(=Referenzmaterial) angestrebt.<br />

In diesem Projekt wird eine<br />

standortbezogene Referenzierung der<br />

Biomasse(SIR und FE)- und Basalatmungs-Werte<br />

vorgenommen. Die Korrektur<br />

der Messwerte erfolgt für jeden<br />

Standort aufgrund der mittleren Messabweichung<br />

zur Ersterhebung der tiefgekühlt<br />

gelagerten Referenzproben<br />

(–20 °C). Pro Standort und Jahr ergibt<br />

dies einen spezifischen Korrekturwert.<br />

Die Messwerte werden absolut referenziert,<br />

das heisst der Korrekturwert<br />

wird dem gemessenen Wert addiert<br />

bzw. subtrahiert (Ammann 2010; Oberholzer<br />

und Weisskopf 2010).<br />

3 Erste Ergebnisse und<br />

Diskussion<br />

Die folgenden Ergebnisse stammen<br />

von Messungen der Proben aus dem<br />

Frühjahr 2012. Aussagen über eine<br />

mögliche Entwicklung der Messgrössen<br />

über die Zeit werden erst möglich,<br />

wenn die Resultate der Erhebung<br />

vom Frühjahr 2013 vorhanden sind.<br />

Über die beschriebene Referenzierungsmethode<br />

können zu diesem Zeit-<br />

punkt ebenfalls noch keine Aussagen<br />

gemacht werden.<br />

3.1 Raumgewicht Feinerde<br />

Tab. 2. Im Projekt NABObio12_13 aufgenommene Parameter.<br />

Parameter Bezeichnung Einheit Methode<br />

Mikrobielle Biomasse 1 Biomasse (SIR) mg C mik kg –1 TS B-BM-HM<br />

Substratinduzierte Respiration<br />

mg C mik dm –3<br />

Mikrobielle Biomasse 1,3<br />

Chloroform-Fumigations-<br />

Extraktionsmethode<br />

Raumgewicht Feinerde (g cm −3 )<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

25<br />

46<br />

Ackerbau, intensiv<br />

Ackerbau, extensiv<br />

54<br />

95<br />

102<br />

28<br />

63<br />

68<br />

Biomasse (FE)<br />

77<br />

87<br />

1 30 33<br />

Von den 30 untersuchten Standorten<br />

weisen Ackerbaustandorte mit einem<br />

Mittelwert von 1,16 g cm –3 tendenziell<br />

höhere Werte für das Raumgewicht<br />

Feinerde auf als Grasland- und<br />

Waldstandorte (Mittelwert 0,94 bzw.<br />

0,69 g cm –3 , Abb. 3). Dies entspricht den<br />

Erwartungen, da Ackerbaustandorte<br />

weniger organische Substanz enthalten<br />

(Mittelwert Corg: Ackerbau: 1,9 %,<br />

Grasland: 3,8 %, Wald: 7,2 %, vgl. Tab.1)<br />

und mechanisch bearbeitet werden.<br />

Sehr geringe Werte zeigen die Standorte<br />

45, 47 und 92. Diese drei Standor-<br />

Grasland, intensiv<br />

Grasland, extensiv<br />

35 69 6<br />

mg C mik kg –1 TS<br />

mg C mik dm –3<br />

Abb. 3. Raumgewicht Feinerde (Mittelwert und Standardabweichung von jeweils vier Zylinderproben,<br />

4,8 cm ø, 0–20 cm) der 30 beprobten Standorte. Horizontale Linien: Gruppenmittelwerte<br />

mit Standardabweichung (gestrichelt).<br />

37<br />

41<br />

49 70<br />

8<br />

27<br />

62<br />

B-BM-FE<br />

Basalatmung 1,3 mg C CO2 kg –1 TS h –1 B-BA-IS<br />

mg C CO2 l –1 h –1<br />

DNS-Menge 2,3 DNS-Menge mg DNS kg –1 TS PicoGreen<br />

mg DNS dm –3<br />

pH pH pH CaCl 2<br />

C/N-Verhältnis 4 C/N Trockenveraschung<br />

Raumgewicht Feinerde 4 RG FE g cm –3<br />

Wassergehalt Feinerde 4 WG FE g g –1 gravimetrisch<br />

Bodentemperatur (–5 cm/ B.temp. °C<br />

–15cm) 4<br />

Lufttemperatur 4 L.temp °C<br />

1<br />

Messungen durch H.R. Oberholzer, Agroscope (Ackerbau- und Graslandstandorte)<br />

2<br />

Messungen durch F. Widmer, Agroscope (Ackerbau- und Graslandstandorte)<br />

3<br />

Messungen durch B. Frey, <strong>WSL</strong> (Waldstandorte)<br />

4<br />

Messungen durch NABO, Agroscope (Ackerbau-, Grasland-, Waldstandorte)<br />

92<br />

Laubwald<br />

Mischwald<br />

Nadelwald<br />

7 18<br />

45 47 73<br />

99


76 Forum für Wissen 2013<br />

mg C milk<br />

kg –1 TS (Fumigation−Extraktion)<br />

mg C milk<br />

dm –3 (Fumigation−Extraktion)<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

25<br />

46<br />

54<br />

Ackerbau, intensiv<br />

Ackerbau, extensiv<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

25<br />

95 10228<br />

63 68<br />

7787<br />

46<br />

63<br />

95102 68<br />

54 28<br />

Ackerbau, intensiv<br />

Ackerbau, extensiv<br />

1<br />

30<br />

33<br />

35 69 6<br />

Grasland, intensiv<br />

Grasland, extensiv<br />

Grasland, intensiv<br />

Grasland, extensiv<br />

37 41<br />

4970<br />

8<br />

27<br />

62<br />

92<br />

7<br />

Laubwald<br />

Mischwald<br />

Nadelwald<br />

Abb. 4. Gewichtsbezogene C mik -Gehalte pro Standort (Mittelwert und Standardabweichung<br />

der 3 Mischproben, Messwerte bestehen aus zwei Messwiederholungen). Ausserhalb des<br />

gezeigten Wertebereichs: Standort 45: 7727 mg C mik kg –1 TS (Standardabweichung: 600 mg<br />

C mik kg –1 TS). Horizontale Linien: Gruppenmittelwerte mit Standardabweichung (gestrichelt).<br />

77<br />

87<br />

1<br />

30<br />

33<br />

35 69 6<br />

37<br />

41<br />

49<br />

70<br />

8<br />

27<br />

62<br />

Laubwald<br />

Mischwald<br />

Nadelwald<br />

18<br />

92 7 18<br />

Abb. 5. Volumenbezogene C mik -Gehalte pro Standort (Mittelwert und Standardabweichung<br />

der 3 Mischproben, Messwerte bestehen aus zwei Messwiederholungen). Horizontale Linien:<br />

Gruppenmittelwerte mit Standardabweichung (gestrichelt).<br />

Var. Koeff. innerhalb Standort<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

Raumgew. Feinerde<br />

50 %<br />

40 %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

0 %<br />

0 %<br />

Acker Grasland Wald<br />

Acker Grasland Wald<br />

Abb. 6. Box-Plots der Variationskoeffizienten (Standardabweichung der Proben eines<br />

Standortes dividiert durch deren Mittelwert) für das Raumgewicht Feinerde und C mik -<br />

Gehalte bestimmt mit Fumigation-Extraktion (FE) nach Landnutzung.<br />

45<br />

47<br />

47<br />

73<br />

73<br />

C mik<br />

(FE)<br />

volumenbezogen<br />

99<br />

99<br />

te enthalten mehr als 10 Prozent Corg.<br />

Waldstandorte sind innerhalb ihrer<br />

Nutzungsgruppe heterogener als die<br />

übrigen Standorte und weisen Werte<br />

zwischen 0,24 g cm –3 (Standort 45) und<br />

1,11 g cm –3 (Standort 27) auf (vgl. auch<br />

Abb. 6).<br />

3.2 Mikrobielle Biomasse<br />

(Fumigation-Extraktion)<br />

Exemplarisch für die untersuchten<br />

bodenbiologischen Messgrössen werden<br />

hier die Gehalte für den mikrobiellen<br />

Kohlenstoff (C mik -Gehalte)<br />

gezeigt und besprochen. Diese wurden<br />

mit der Fumigation-Extraktionsmethode<br />

bestimmt. In Abbildung 4 sind die<br />

Gehalte auf die Trockensubstanz der<br />

Feinderde bezogen dargestellt (mg C mik<br />

kg –1 TS). In Abbildung 5 werden diese<br />

auf das Bodenvolumen beziehungsweise<br />

Raumgewicht Feinerde bezogen<br />

(mg C mik dm –3 ).<br />

Ackerbaustandorte weisen mit einem<br />

Mittelwert von 790 mg C mik dm –3 tiefere<br />

C mik -Gehalte auf als Grasland- und<br />

Waldstandorte (1500 bzw. 1520 mg C mik<br />

dm –3 , Abb. 5). Die Wertebereiche überlappen<br />

sich jedoch und die Streuung<br />

innerhalb der Gruppen (insbesondere<br />

bei Waldstandorten, vgl. auch Abb. 6)<br />

ist gross. Auch in anderen Bodendauerbeobachtungsprogrammen,<br />

die bereits<br />

bodenbiologische Parameter aufnehmen,<br />

konnte ein Einfluss der Nutzungsgruppe<br />

(Ackerbau, Grasland oder<br />

Wald) auf die mikrobielle Biomasse<br />

nachgewiesen werden (Rutgers et al.<br />

2009; Griffiths et al. 2011; Dequiedt<br />

et al. 2011).<br />

Die Nutzungsintensität der Grasland-<br />

und Ackerbaustandorte (intensiv<br />

oder extensiv) hat keinen Einfluss<br />

auf die C mik -Gehalte. Beispielsweise<br />

werden die Graslandstandorte 1 und<br />

33 intensiv genutzt und weisen bezogen<br />

auf ihr Volumen die grössten C mik -<br />

Gehalte auf. Die Graslandstandorte<br />

49 und 6 wiederum werden extensiv<br />

genutzt und weisen dennoch sowohl<br />

innerhalb der Grasland- als auch verglichen<br />

mit den Ackerbaustandorten<br />

die zweithöchsten Gehalte auf. Bei den<br />

Ackerbaustandorten wird der Standort<br />

25 intensiv genutzt, im Gegensatz<br />

zum Standort 77, der extensiv genutzt<br />

wird. Beide Standorte weisen ähnlich<br />

hohe C mik -Gehalte auf (Abb. 5). Dies


Forum für Wissen 2013 77<br />

deckt sich nicht mit Ergebnissen des<br />

DOK 4 -Versuchs in Therwil oder anderer<br />

Studien, wo eine eindeutige Abhängigkeit<br />

der Biomasseparameter vom<br />

Bewirtschaftungssystem festgestellt<br />

wurde (Widmer et al. 2006; Peacock<br />

et al. 2001). Laubwaldstandorte zeigen<br />

mit einem Mittelwert von 2166 mg C mik<br />

dm –3 tendenziell höhere C mik -Gehalte<br />

als Misch- (Mittelwert: 951 mg C mik<br />

dm –3 ) und Nadelwälder (Mittelwert:<br />

1154 mg C mik dm –3 ). Geringere mikrobielle<br />

Biomassen in Nadelwäldern haben<br />

auch Dequiedt et al. (2011) in Untersuchungen<br />

innerhalb des französischen<br />

Bodendauerbeobachtungsprogrammes<br />

gefunden.<br />

3.3 Heterogenität der Wald ­<br />

standorte<br />

Der Vergleich der Variationskoeffizienten<br />

pro Standort (Standardabweichung<br />

des Standortes / Mittelwert des<br />

Standortes) zeigt, dass Waldstandorte<br />

heterogener als die übrigen Standorte<br />

sind (vgl. Abb. 6). Die Variationskoeffizienten<br />

der Ackerbau- und Graslandstandorte<br />

liegen für das Raumgewicht<br />

Feinerde mehrheitlich unter 10 Prozent,<br />

während die Waldstandorte einen<br />

Variationskoeffizient zwischen 10 und<br />

20 Prozent zeigen. Waldstandorte weisen<br />

auch heterogenere C mik -Gehalte als<br />

die übrigen Standorte auf. Es scheint<br />

deshalb plausibel, dass die grösseren<br />

Streuungen bei den Waldstandorten<br />

durch die kleinräumigere Variabilität<br />

der Standorte (vgl. Variationskoeffizienten<br />

Raumgewicht Feinerde, Abb. 6)<br />

oder aber durch die Probenahme (bei<br />

Waldstandorten Probenahme über<br />

verschiedene Horizonte) bedingt sind.<br />

Beide Faktoren können zu heterogenem<br />

Probenmaterial führen.<br />

3.4 Vergleich gewichts- vs.<br />

volumenbezogene Werte<br />

Die gemessenen C mik -Gehalte wurden<br />

sowohl auf das Gewicht (Menge pro kg<br />

TS) als auch auf das Volumen (Menge<br />

pro dm –3 ) bezogen (vgl. Kap. 3.2). In<br />

4<br />

Vergleich von biologisch-dynamisch (D),<br />

organisch-biologisch (O) und konventionell<br />

(K) angebauten Ackerkulturen.<br />

Im Projekt NABObio12_13 weisen die<br />

DNS-Werte verglichen mit den C mik -<br />

Werten (FE und SIR) und Basalatmung<br />

eine grössere Streuung auf. Dies<br />

gilt vor allem für die Graslandstandorte<br />

1, 33 und 41 und die Laubwaldstandorte<br />

7, 27 und 42 (vgl. Abb. 8). Die<br />

DNS-Extraktion und -Quantifizierung<br />

wurde unmittelbar nach den Probenahmen<br />

durchgeführt, wobei die Zeit zwischen<br />

Probenahme und Fixierung im<br />

DNS-Extraktionspuffer auf 48 Stunden<br />

festgelegt wurde. Die Messungen<br />

mittels Fumigation-Extraktion sowie<br />

substratinduzierte Respiration wurden<br />

während mehrerer Wochen durchgeführt<br />

(gekühlte Lagerung der Proben<br />

bei 4°C). Ein Vergleich von zeitgleich<br />

gemessenen Werten (d. h. keine unterschiedliche<br />

Lagerungsdauer für verschiedene<br />

Methoden) der mikrobiellen<br />

Biomasse (bestimmt mit den Methodiesem<br />

Kapitel sollen die zwei Herangehensweisen<br />

verglichen werden.<br />

Bezogen auf das Gewicht weist der<br />

Waldstandort 45 im Vergleich zu den<br />

übrigen Standorten einen sehr hohen<br />

C mik -Gehalt von 7727 g C mik kg –1 TS auf<br />

(Abb. 4). Gleichzeitig hat dieser ein<br />

geringes Raumgewicht Feinerde von<br />

0,24 g cm –3 . Wird der C mik -Gehalt nun<br />

auf das Bodenvolumen bezogen, liegt<br />

dieser im Bereich der übrigen Waldstandorte<br />

(1855 mg C mik dm –3 ). Beim<br />

Waldstandort 27 befindet sich der<br />

gewichtsbezogene C mik -Gehalt innerhalb<br />

des Wertebereichs aller Waldstandorte.<br />

Der Standort hat ein hohes<br />

Raumgewicht Feinerde von 1,11 g<br />

cm –3 . Bezogen auf das Volumen weist<br />

der Standort 27 im Vergleich zu den<br />

anderen Standorten dann einen auffällig<br />

hohen C mik -Gehalt von 3477 mg C mik<br />

dm –3 auf. Diese Gegenüberstellung (mg<br />

C mik kg –1 TS vs. mg C mik dm –3 ) verdeutlicht<br />

den Einfluss der Bezugseinheit<br />

auf die Interpretation der Ergebnisse.<br />

So sind beispielsweise die Unterschiede<br />

zwischen den Nutzungsgruppen<br />

Ackerbau, Grasland und Wald bei den<br />

gewichtsbezogenen Werten ausgeprägter<br />

als bei den volumenbezogenen.<br />

Werden die C mik -Gehalte auf das Volumen<br />

bezogen, unterscheiden sich die<br />

Mittelwerte der Grasland- und Waldstandorte<br />

um 20 mg C mik dm –3 . Dies<br />

im Gegensatz zu den gewichtsbezogenen<br />

Gehalten, wo sich die Mittelwerte<br />

um 530 mg C mik kg –1 TS unterscheiden<br />

(Abb. 4 und 5).<br />

3.5 Vergleichbarkeit der<br />

verschiedenen Messmethoden<br />

Die für das Projekt NABObio12_13<br />

erhobenen Messgrössen (Biomasse<br />

(FE und SIR), Basalatmung und DNS-<br />

Menge) zeigen in der Verteilung der<br />

Messwerte alle ein ähnliches Muster.<br />

So weisen Ackerbaustandorte tendenziell<br />

tiefere Werte auf als Graslandund<br />

Waldstandorte. Grasland- und<br />

Waldstandorte lassen sich anhand der<br />

hier aufgenommenen Parameter nicht<br />

voneinander unterscheiden. Die Resultate<br />

der vier verwendeten Methoden<br />

zeigen relativ hohe Korrelationen (vgl.<br />

Abb. 7). Die geringste Korrelation<br />

besteht mit 0,67 zwischen der Basalatmung<br />

und der DNS-Menge, ansonsten<br />

werden Korrelationen von 0,7 oder<br />

höher gefunden. Ähnlich hohe Korrelationskoeffizienten<br />

wurden auch in der<br />

Zustandserhebung 04/05 von Oberholzer<br />

et al. (2007) beobachtet. Die<br />

festgestellten Korrelationen der Messwerte<br />

lassen den Schluss zu, dass die<br />

Messgrössen eine gewisse Redundanz<br />

aufweisen und deren Anzahl für das<br />

Messprogramm der NABO reduziert<br />

werden könnte (vgl. auch Kap. 4.4).<br />

4 Ausblick<br />

4.1 Weitere Auswertungen<br />

Nach Abschluss der zweiten Erhebung<br />

im Frühjahr 2013 sind weitere Auswertungen<br />

geplant, etwa um den Einfluss<br />

der Bodeneigenschaften oder der<br />

Bewirtschaftungsintensität auf die mikrobiellen<br />

Parameter genauer zu untersuchen.<br />

Vorhandene Nährstoffangaben<br />

(P und N) der Standorte aus dem<br />

NABO-Flux-Programm sollten dabei<br />

weitere aufschlussreiche Informationen<br />

liefern. Weiter können mit den von<br />

Oberholzer et al. (2007) entwickelten<br />

Referenzwertmodellen die zu erwartenden<br />

Werte für die Biomasse (SIR)<br />

der Ackerbaustandorte überprüft werden.<br />

4.2 Methodische Abklärungen


78 Forum für Wissen 2013<br />

500 1000 2000<br />

10 30 50 70<br />

C mik<br />

SIR<br />

33<br />

6 49<br />

69<br />

37 30 25<br />

77 35<br />

41 70<br />

8746<br />

63<br />

10295<br />

68<br />

28 54<br />

25<br />

6 87 33 35<br />

3746<br />

30<br />

41 49<br />

70 77<br />

95<br />

69<br />

63<br />

102<br />

68<br />

28 54<br />

49<br />

3330<br />

70 77 69<br />

102 35 25<br />

41 68 37<br />

6<br />

95 87<br />

63<br />

28 54<br />

46<br />

1<br />

500 1000 2000<br />

0,75 0,71<br />

10 30 50 70<br />

0,7<br />

C mik<br />

FE 0,76 0,7<br />

25<br />

8<br />

1<br />

7 1<br />

62<br />

87<br />

46 35 77 30 645<br />

33<br />

41 37 49<br />

95 70 69<br />

63<br />

102<br />

18<br />

47 73<br />

99 68<br />

54 28<br />

92<br />

49<br />

Basalatmung<br />

1<br />

62<br />

1<br />

8<br />

62<br />

1<br />

77 30 33<br />

8<br />

70 69<br />

3525<br />

7<br />

693033<br />

77<br />

70<br />

102<br />

102 35<br />

7 25<br />

68 41 37<br />

68<br />

87<br />

6<br />

41 37<br />

6<br />

95<br />

63<br />

45<br />

63<br />

95 87<br />

45<br />

54 28 18 46 73<br />

28 54<br />

18 73<br />

92 92<br />

46<br />

47<br />

47<br />

99<br />

99<br />

49<br />

0,67<br />

DNS−Menge<br />

400 800 1200<br />

0,4 0,8 1,2 1,6<br />

den FE und SIR), der Basalatmung und<br />

DNS-Menge könnte Hinweise geben,<br />

ob die Streuung analytisch bedingt ist<br />

oder ob diese durch die unterschiedliche<br />

Lagerungsdauer der Proben vor<br />

der Analyse hervorgerufen wird.<br />

Waldstandorte weisen eine grössere<br />

Streuung der C mik -Gehalte pro<br />

Standort auf als Ackerbau- und Graslandstandorte<br />

(vgl. Abb. 6). Von Interesse<br />

wäre, ob die Beprobung über<br />

verschiedene Horizonte (Auflage, Ah-<br />

Horizont, B-Horizont) verantwortlich<br />

für die Streuung der Messwerte<br />

pro Standort ist. Entscheidend könnte<br />

auch sein, dass das Material von Waldböden<br />

grundsätzlich (d. h. auch innerhalb<br />

der Horizonte) heterogener und<br />

deshalb für die Analytik messtechnisch<br />

schwieriger ist. Die kleinräumige Variabilität<br />

der Standorte könnte ebenfalls<br />

eine Rolle spielen, dürfte im Vergleich<br />

zu den vorherigen Punkten aber weniger<br />

wichtig sein. Die Variabilität sollte<br />

durch die Flächenmischproben grösstenteils<br />

ausgeglichen werden.<br />

Abb. 7. Streudiagramme und Korrelationskoeffizienten nach Spearman der mikrobiellen<br />

Biomasse (C mik -SIR und C mik -FE), Basalatmung und DNS-Menge. (Alle Werte sind volumenbezogene<br />

Gehalte. Nummer: Standortnummer; rot: Ackerbau, grün: Grasland, schwarz:<br />

Wald. C mik -SIR wurde für Waldstandorte nicht bestimmt.)<br />

DNS−Menge (mg dm –3 )<br />

400 800 1200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

2546 5495 102<br />

0<br />

Ackerbau, intensiv<br />

Ackerbau, extensiv<br />

28 63 68<br />

77<br />

87<br />

1<br />

3033<br />

35 69 6 37 41<br />

Grasland, intensiv<br />

Grasland, extensiv<br />

0,4 0,8 1,2 1,6<br />

Laubwald<br />

Mischwald<br />

Nadelwald<br />

Abb. 8. Volumenbezogene DNS-Gehalte pro Standort (Mittelwert und Standardabweichung<br />

der 3 Mischproben. Horizontale Linien: Gruppenmittelwerte mit Standardabweichung<br />

(gestrichelt).<br />

49<br />

8<br />

62<br />

27<br />

70<br />

92<br />

7<br />

45<br />

18 73<br />

47<br />

99<br />

4.3 Standardisierung der Methoden<br />

Neben der regelmässigen Beobachtung<br />

von Bodeneigenschaften ist es eine<br />

weitere Aufgabe der NABO, Methoden<br />

zu erarbeiten, die standardisiert<br />

im Vollzug eingesetzt werden können.<br />

Für die klassischen mikrobiellen<br />

Messgrössen wie die mikrobielle Biomasse<br />

(bestimmt mit den Methoden<br />

FE oder SIR) oder Basalatmung bestehen<br />

bereits Referenz- beziehungsweise<br />

ISO-standardisierte Methoden, die<br />

auch auf internationaler Ebene angewendet<br />

werden (FAL, FAW, RAC 1998;<br />

Philippot et al. 2012). Die molekulargenetische<br />

Analytik stellt ein relativ junges<br />

und sich rasch entwickelndes Feld<br />

in der Bodendauerbeobachtung dar.<br />

Anstrengungen im Hinblick auf eine<br />

Standardisierung der Verfahren sind<br />

deshalb noch notwendig. Insbesondere<br />

bei den neuesten molekularbiologischen<br />

Methoden des »massive parallel<br />

sequencing («next generation sequencing»),<br />

welche die Erfassung der mikrobiellen<br />

Diversität im Boden zulassen,<br />

sollte durch die Verwendung von standardisierten<br />

Methoden auch die projekt-<br />

und grenzüberschreitende Vergleichbarkeit<br />

der Resultate angestrebt<br />

werden (Philippot et al. 2012). Das im


Forum für Wissen 2013 79<br />

Projekt NABObio12_13 angewendete<br />

DNS-Extraktionsprotokoll GnS-GII<br />

deckt sich weitgehend mit jenem, das<br />

zum Beispiel im Rahmen des französischen<br />

Dauerbeobachtungsprogrammes<br />

angewendet wird (Terrat et al.<br />

2012; Dequiedt et al. 2011). Das jeweils<br />

verwendete Protokoll beeinflusst die<br />

extrahierbare DNS-Menge und damit<br />

auch allfällig bestimmte Diversitätsparameter<br />

(Terrat et al. 2012). So ist<br />

für die Vergleichbarkeit der Resultate<br />

verschiedener Projekte die Verwendung<br />

desselben Protokolls von grosser<br />

Bedeutung. Ein Extraktionsprotokoll<br />

ist zurzeit in der finalen Evaluation, um<br />

dann als ISO-standardisierte Methode<br />

«ISO 11063» publiziert zu werden<br />

(Martin-Laurent et al. 2001; Petric<br />

et al. 2011; Bru et al. 2011).<br />

4.4 Auswahl der Parameter –<br />

Potential der Molekularbiologie<br />

Für eine fundierte Entscheidung, mit<br />

welchen bodenbiologischen Messgrössen<br />

im Rahmen der NABO fortgefahren<br />

wird, müssen die Ergebnisse der 2.<br />

Erhebung vom Frühjahr 2013 und weitere<br />

Auswertungen abgewartet werden.<br />

Kriterien für die Auswahl von Messgrössen<br />

für ein Monitoring werden beispielsweise<br />

von Ritz et al. (2009), Turbé<br />

et al. (2010) oder auch der OECD<br />

(2002) gegeben – ausschlaggebend<br />

sind die Messbarkeit, die Kosteneffektivität,<br />

die Sensitivität der Messgrösse<br />

und der Standardisierungsgrad. Für die<br />

NABO würde dies bedeuten, dass man<br />

sich den limitierten finanziellen Rahmenbedingung<br />

entsprechend für einen<br />

Summenparameter (mikrobielle Biomasse<br />

(C mik -SIR oder C mik -FE) oder<br />

DNS-Menge) und für einen prozessorientierten<br />

Parameter (Basalatmung)<br />

entscheiden sollte. Eine Metadatenanalyse<br />

über bestehende bodenbiologische<br />

Monitoringprogramme in der EU<br />

ergab, dass die mikrobielle Biomasse<br />

(SIR oder FE) und die Basalatmung<br />

die zwei am häufigsten verwendeten<br />

bodenbiologischen Messgrössen sind<br />

(Faber et al. 2013).<br />

Ein grosses Potential bei der Verwendung<br />

der DNS-Menge als Biomassenindikator<br />

wird in der Möglichkeit<br />

der weiteren Verwendung der Extrakte<br />

gesehen. Die Möglichkeit der mehrfachen<br />

Verwendung der Extrakte (Aus-<br />

sagen über Quantität und Qualität der<br />

Biomasse) entspricht auch dem Kriterium<br />

der Kosteneffektivität. Mit der<br />

Anwendung eines international verwendeten<br />

Protokolls für die DNS-<br />

Extraktion wird das Kriterium der<br />

Standardisierung ebenfalls berücksichtigt<br />

(Philippot et al. 2012). Ein weiterer<br />

Vorteil der DNS-Extrakte wird in<br />

deren langen Lagerungsdauer gesehen.<br />

Fixiert und eingefroren im Extraktionspuffer,<br />

können die Extrakte über<br />

Jahre hinweg wiederverwendet werden.<br />

So können die sich wandelnden<br />

Fragenstellungen seitens der Umweltpolitik<br />

einerseits flexibler, andererseits<br />

auch rückblickend beantwortet werden.<br />

Zudem besteht die Möglichkeit,<br />

die DNS-Extrakte mit allenfalls neuen<br />

Methoden erneut zu messen.<br />

In Bezug auf die «ecosystem services»<br />

können mit Hilfe molekularbiologischer<br />

Methoden beispielsweise<br />

Aussagen über Bakterien gemacht<br />

werden, die für den Stickstoffkreislauf<br />

relevant sind. Bru et al. (2011) etwa<br />

fanden mit molekularbiologischen<br />

Methoden Zusammenhänge zwischen<br />

Bewirtschaftungssystemen und dem<br />

Vorkommen von Nitrifizierbakterien<br />

AOB (Ammonium-oxidierende Bakterien).<br />

AOB stellen für Ritz et al. (2004)<br />

den Topkandidaten für die Verwendung<br />

als bodenbiologische Messgrösse<br />

in einem Monitoring dar. Weiter kann<br />

gezielt nach Organismen gesucht werden,<br />

die eher in aeroben oder anaeroben<br />

Verhältnissen vorkommen und<br />

Hinweise auf verdichtete Bodenverhältnisse<br />

geben können (Frey et al.<br />

2011). Faber et al. (2013) halten fest,<br />

dass die Verwendung von Indikatoren,<br />

die möglichst eindeutig mit einer Ökosystemleistung<br />

in Verbindung gebracht<br />

werden können, für die Umweltpolitik<br />

aussagekräftiger sind als andere. Wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse, die auf<br />

solchen Indikatoren basieren finden<br />

zudem eine breitere Akzeptanz.<br />

Aussagen über die allgemeine mikrobielle<br />

Diversität der Extrakte sind<br />

anhand molekularbiologischer Methoden<br />

ebenfalls möglich. Philippot et al.<br />

(2012) stellten mit molekularbiologischen<br />

Methoden fest, dass der Verlust<br />

von mikrobieller Diversität den Stickstoffkreislauf<br />

beeinflussen kann. Sie<br />

konnten so mit ihrer Arbeit Argumente<br />

gegen die These der funktionellen<br />

Redundanz mikrobieller Gemeinschaf-<br />

ten liefern. Solche auf die Bodenbiodiversität<br />

hin ausgerichtete Untersuchungen<br />

sind auch im Hinblick auf die<br />

Strategie Biodiversität Schweiz (SBS)<br />

notwendig und gefordert. Ist doch ein<br />

in der SBS formuliertes strategisches<br />

Ziel, dass «Die Überwachung der Veränderungen<br />

von Ökosystemen, Arten<br />

und der genetischen Vielfalt bis 2020<br />

sichergestellt ist» (BAFU 2012). Um<br />

Veränderungen der Bodenbiodiversität<br />

feststellen zu können, braucht es<br />

heute Messungen, die in der Zukunft<br />

als sogenannte baseline-Werte dienen<br />

können (Gardi et al. 2013).<br />

5 Literaturverzeichnis<br />

Ammann, S., 2010: Bodenbiologische Dauerbeobachtung:<br />

Anforderungen an<br />

die Messqualität. Bull. Bodenkd. Ges.<br />

Schweiz 30: 57–62.<br />

Arbeitsgruppe Vollzug Bodenbiologie VBB/<br />

BSA, 2009: Arbeitshilfe zur Anwendung<br />

und Interpretation bodenbiologischer<br />

Parameter. Frick.<br />

BAFU, 2011: Magazin «umwelt» 4/2011 –<br />

Bodenwelten.<br />

BAFU, 2012: Strategie Biodiversität Schweiz.<br />

In Erfüllung der Massnahme 69 (Ziel 13,<br />

Art. 14, Abschnitt 5) der Legislaturplanung<br />

2007–2011: Ausarbeitung einer Strategie<br />

zur Erhaltung und Förderung der<br />

Biodiversität.<br />

BBodSchG, 1998: Gesetz zum Schutz vor<br />

schädlichen Bodenveränderungen und<br />

zur Sanierung von Altlasten (Bundes-<br />

Bodenschutzgesetz – BBodSchG) vom<br />

17.3.98.<br />

Bru, D.; Ramette, A.; Saby, N.P.A.;<br />

Dequiedt, S.; Ranjard, L.; Jolivet, C.;<br />

Arrouays, D.; Philippot, L., 2011: Determinants<br />

of the distribution of nitrogencycling<br />

microbial communities at the<br />

landscape scale. ISME J. 5: 532–542.<br />

Della Peruta, R.; Keller, A.; Schwab, P.;<br />

Schulin, R., 2013: Repeated soil sampling<br />

combined with biophysical modelling to<br />

assess long-term changes of phosphorus<br />

in Swiss grassland soils. Eur. J. Soil Sci.<br />

(submitted).


80 Forum für Wissen 2013<br />

Dequiedt, S.; Saby, N.P.A.; Lelievre, M.;<br />

Jolivet, C.; Thioulouse, J.; Toutain, B.;<br />

Arrouays, D.; Bispo, A.; Lemanceau, R.<br />

und Ranjard, L., 2011: Biogeographical<br />

patterns of soil molecular microbial biomass<br />

as influenced by soil characteristics<br />

and management. Glob. Ecol. Biogeogr.<br />

20: 641–652.<br />

Faber, J.H.; Creamer, R.E.; Mulder, Ch.;<br />

Römbke, J.; Rutgers, M.; Sousa, J.P.;<br />

Stone, D. und Griffiths, B.S., 2013: The<br />

practicalities and pitfalls of establishing<br />

a policy-relevant and cost-effective soil<br />

biological monitoring scheme. Integr.<br />

Environ. Assess. Manag. 9, 2: 276–284.<br />

FAL, FAW, RAC, 1998: Schweizerische<br />

Referenzmethoden der Eidgenössischen<br />

landwirtschaftlichen Forschungsanstalten,<br />

Band 2, Bodenuntersuchung zur<br />

Standortcharakterisierung.<br />

FAO, 2012: Food and Agriculture Organization<br />

of the United Nations. http://<br />

www.fao.org/ag/agl/agll/soilbiod/soilbtxt.<br />

stm#agr; 8.2.2012<br />

Frey, B.; Stemmer, M.; Widmer, F.; Luster,<br />

J.; Sperisen, C., 2006: Microbial characterization<br />

of a heavy metal-contaminated<br />

soil in a model forest ecosystem. Soil Biol.<br />

Biochem. 38: 1745–1756.<br />

Frey, B.; Kremer, J.; Rüdt, A.; Sciacca, S.;<br />

Matthies, D.; Lüscher, P., 2009: Compaction<br />

of forest soil with heavy logging<br />

machinery affects soil bacterial community<br />

structure. Eur. J. Soil Biol. 45: 312–<br />

320.<br />

Frey, B.; Niklaus, P.A.; Kremer, J.; Lüscher,<br />

P.; Zimmermann, S., 2011: Heavy-machinery<br />

traffic impacts methane emissions as<br />

well as methanogen abundance and community<br />

structure in oxic forest soils. Appl.<br />

Environ. Microbiol. 77: 6060–6068.<br />

Gardi, C.; Jeffery, S.; Saltelli, A., 2013: An<br />

estimate of potential threats levels to soil<br />

biodiversity in EU. Glob. Chang. Biol. 19:<br />

1538–1548.<br />

Griffiths, R.I.; Thomson, B.C.; James, Ph.;<br />

Bell, Th.; Bailey, M.; Whiteley, A.S.,<br />

2011: The bacterial biogeography of British<br />

soils. Environ. Microbiol. 13, 6: 1642–<br />

1654.<br />

Gubler, A.; Schwab, P.; Wächter, D.; Keller,<br />

A.; Meuli, R.G., in Vorbereitung:<br />

Ergebnisse der Nationalen Bodenbeobachtung<br />

(NABO) 1985–2009.<br />

Hartmann, M.; Frey, B.; Kölliker, R.; Widmer,<br />

F., 2005: Semi-automated genetic<br />

analyses of soil microbial communities:<br />

comparison of T-RFLP and RISA based<br />

on descriptive and discriminative statisti-<br />

cal approaches. J. Microbiol. Methods 61:<br />

349–360.<br />

Hartmann, M.; Fliessbach, A.; Oberholzer,<br />

H.R.; Widmer, F., 2006: Ranking<br />

the magnitude of crop and farming system<br />

effects on soil microbial biomass and<br />

genetic structure of bacterial communities.<br />

FEMS Microbiol. Ecol. 57: 378–388.<br />

Keller, A.; Rossier, N.; Desaules, A., 2005:<br />

Schwermetallbilanzen von Landwirtschaftsparzellen<br />

der Nationalen Bodenbeobachtung.<br />

Zürich, Agroscope FAL<br />

Reckenholz, Eidg. Forschungsanstalt für<br />

Agrarökologie und Landbau. Schr.reihe<br />

der FAL 54: 56 pp.<br />

Kibblewhite, M.G.; Jones, R.J.A.; Baritz,<br />

R.; Huber, S.; Arrouays, D.; Micheli,<br />

E.; Stephens, M., 2008: ENVASSO Final<br />

Report Part I: Scientific and Technical<br />

Activities. ENVASSO Project (Contract<br />

022713) coordinated by Cranfield University,<br />

UK, for Scientific Support to Policy<br />

European Commission 6 th Framewortk<br />

Research Programme.<br />

Lischer, P.; Dahinden, R.; Desaules, A.,<br />

2001: Quantifying uncertainty of the reference<br />

sampling procedure used at Dornach<br />

under different soil conditions. Sci.<br />

Total Environ. 264: 119–126.<br />

Martin-Laurent, F.; Philippot, L.; Hallet,<br />

S.; Chaussod, R.; Germon, J.C.; Soulas,<br />

G.; Catroux, G., 2001: DNA extraction<br />

from soils: old bias for new microbial<br />

diversity analysis methods. Appl. Environ.<br />

Microbiol. 67: 2354–2359.<br />

Oberholzer, H.R.; Weisskopf, P., 2010:<br />

Anforderungen an die Langzeitbeobach-tung<br />

biologischer Bodeneigenschaften<br />

mit mikrobiologischen Parametern.<br />

Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon<br />

ART. Bull. Bodenkd. Ges.<br />

Schweiz 30: 69–74.<br />

Oberholzer, H.R.; Scheid, S.; Bonvicini,<br />

A.; Müller, S.; Brunner, H.; Schwab, P.,<br />

2007: Bodenmikrobiologische Kennwerte<br />

im NABO-Referenzmessnetz. Zürich,<br />

Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon<br />

ART.<br />

OECD, 2002: Organization for Economic<br />

Co-Operation and Development. Report<br />

on the OECD expert meeting on agribiodiversity<br />

indicators. November 2001:<br />

Summary and recommendations. OECD<br />

Joint Working Party on Agriculture and<br />

Environment COM/AGR/CA/ENV/<br />

EPOC (2002) 35. Paris: OECD.<br />

Peacock, A.D.; Mullen, M.D.; Ringelberg,<br />

D.B.; Tyler, D.D.; Hedrick, D.B.; Gale,<br />

P.M.; White, D.C., 2001: Soil microbial<br />

community responses to dairy manure or<br />

ammonium nitrate applications. Soil Biol.<br />

Biochem. 33: 1011–1019.<br />

Petric, I.; Philippot, L.; Abbate, C., Bispo,<br />

A.; Chesnot, T.; Hallin, S.; Laval,<br />

K.; Lebeau, T.; Lemanceau, P.; Leyval,<br />

C.; Lindström, K.; Pandard, P.; Romero,<br />

E.; Sarr, A.; Schloter, M.; Simonet, P.;<br />

Smalla, K.; Wilke, B.M.; Martin-Laurent,<br />

F., 2011: Inter-laboratory evaluation<br />

of the ISO standard 11063 “Soil quality<br />

– Method to directly extract DNA from<br />

soil samples”. J. Microbiol. Methods 84:<br />

454–460.<br />

Philippot, L.; Ritz, K.; Pandard, P.; Hallin,<br />

S.; Martin-Laurent, F., 2012: Standardisation<br />

of methods in soil microbiology:<br />

Progress and challenges. FEMS Microbiol.<br />

Ecol. 82: 1–10.<br />

Ritz, K.; McNicol, J.W.; Nunan, N.; Grayston,<br />

S.; Millard, P.; Atkinson, D.; Gollotte,<br />

A.; Habeshaw, D.; Boag, B.;<br />

Clegg, C.D.; Griffiths, B.S.; Wheatley,<br />

R.E.; Glover, L.A.; McCaig, A.E., Prosser,<br />

J.I., 2004: Spatial structure in soil chemical<br />

and microbiological properties in<br />

an upland grassland. FEMS Microbiol.<br />

Ecol. 49: 191–205.<br />

Ritz, K.; Black, H.I.J.; Campbell, C.D.;<br />

Harris, J.A.; Wood, C., 2009: Selecting<br />

biological indicators for monitoring soils:<br />

A framework for balancing scientific and<br />

technical opinion to assist policy development.<br />

Ecol. Indic. 9: 1212–1221.<br />

Rutgers, M.; Schouten, A.J.; Bloem, J.; van<br />

Eerkeren, N.; de Goede, R.G.M.; Jagers,<br />

G.A.J.M.; Akkerhuis, O.P.; van derWal,<br />

A.; Mulder, C.; Brussaard, L.; Breure,<br />

M., 2009: Biological measurements in a<br />

nationwide soil monitoring network. Eur.<br />

J. Soil Sci. 60: 820–832.<br />

Schwab, P.; Weisskopf, P.; Oberholzer,<br />

H.R.; Scheid, S.; Berli, M., 2006: Langzeitbeobachtung<br />

von physikalischen<br />

und biologischen Bodeneigenschaften.<br />

Pilotprojekt LAZBO. Teil 4: Folgerungen,<br />

Empfehlungen und Ausblick für die<br />

Langzeitbeobachtung. Zürich, Agroscope<br />

FAL Reckenholz.<br />

Terrat, S.; Christen, R.; Dequiedt, S.;<br />

Lelievre, M.; Nowak, V.; Regnier, T.;<br />

Bachar, D.; Plassart, P.; Wincker, P.;<br />

Jolivet, C.; Bispo, A.; Lemanceau, P.;<br />

Maron, P.A.; Mougel, C.; Ranjard, L.,<br />

2012: Molecular biomass and MetaTaxogenomic<br />

assessment of soil microbial<br />

communities as influenced by soil DNA<br />

extraction procedure. Microb. Biotechnol.<br />

5, 1: 135–141.


Forum für Wissen 2013 81<br />

Thomsen, M.; Faber, J.H.; Sorensen, P.B.,<br />

2012: Soil ecosystem health and services<br />

– Evaluation of ecological indicators<br />

susceptible to chemical stressors. Ecol.<br />

Indic. 16: 67–75.<br />

Turbé, A.; De Toni, A.; Benito, P.; Lavelle,<br />

P.; Lavelle, P.; Ruiz, N.; Van der Putten,<br />

W.H.; Labouze, E.; Mudgal, S., 2010: Soil<br />

biodiversity: Functions, threats and tools<br />

for policy makers. Bio Intelligence Service,<br />

IRD, and NIOO, Report for European<br />

Commission (DG Environment).<br />

USG, 1983: Bundesgesetz über den Umweltschutz<br />

vom 7. Oktober 1983. SR 814.01.<br />

VBB, BSA, 2009: Arbeitsgruppe Vollzug<br />

Bodenbiologie VBB. Arbeitshilfe zur<br />

Anwendung und Interpretation bodenbiologischer<br />

Parameter. Frick.<br />

VBBo, 1998: Verordnung über Belastungen<br />

des Bodens (VBBo) vom 1. Juli 1998. SR<br />

814.12.<br />

Wagner, G.; Desaules, A.; Muntau, H.;<br />

Theocharopoulos, S.; Quevauviller,<br />

Ph., 2001: Harmonization and quality<br />

assurance in pre-analytical steps of soil<br />

contamination studies – conclusions and<br />

recommendations of the CEEM Soil project.<br />

Sci. Total Environ. 264: 103–117.<br />

Waldner, P.; Meuli, R.; Walthert, L.; Thimonier,<br />

A.; Graf Pannatier, E.; Hagedorn,<br />

F., 2010: Veränderung des C/N-, des<br />

15N/14N- und des 13C/12C-Verhältnisses<br />

auf NABO Flächen nahe der LWF-<br />

Standorte. Birmensdorf und Zürich, Eidg.<br />

Forschungsanstalt <strong>WSL</strong> und Agroscope<br />

ART Reckenholz.<br />

Widmer, F.; Rasche, F.; Hartmann, M.;<br />

Fliessbach, A., 2006: Community structures<br />

and substrate utilization of bacteria in<br />

soils from organic and conventional farming<br />

systems of the DOK long-term field<br />

experiment. Appl. Soil Ecol. 33: 294–307.<br />

Abstract<br />

Soil biology in the reference measurement network of the Swiss Soil Monitoring<br />

Network NABO<br />

The Swiss Soil Monitoring Network NABO was set up in 1984 to monitor primarily<br />

heavy metal contamination in soils. Since then, environmental and political issues<br />

have considerably changed and new aspects have become the focus of interest,<br />

e.g. climate change or loss of biodiversity. Microorganisms in soils are essential for<br />

many soil functions – such as nutrient cycling and storage as well as water filtering.<br />

Thus, if soil functions and changes in biodiversity are to be assessed, information<br />

on soil biological properties is crucial for soil monitoring networks. In this context,<br />

NABO has started monitoring soil biological parameters on a sub-set of its<br />

long-term observation sites. Since 2012, every spring soil samples (0–20 cm) are<br />

collected at 30 NABO-sites and analysed for soil microbial biomass with substrateinduced<br />

respiration (BM-SIR) and fumigation-extraction (BM-FE) method, basal<br />

respiration and DNA-quantity. Initial results indicate that, in general, arable soils<br />

contain less biomass than grassland and forest soils. Furthermore, the different<br />

biomass measurements (BM-SIR, BM-FE and DNA-quantity) tend to correlate<br />

(0.6–0.7, Spearman). New methodologies make it possible to use the extracted<br />

soil DNA to assess the diversity of soil microorganisms and their functions in<br />

ecosystems. In the medium term, NABO plans to explore these issues further.<br />

Keywords: soil biological monitoring, microbial biomass, molecular methods, soil<br />

biodiversity, DNA extraction


Forum für Wissen 2012: 83–90 83<br />

Baumwurzeln und Infiltration<br />

Benjamin Lange 1,2,3,4 , Peter Lüscher 2 , Peter Germann 3 und Axel Bronstert 4<br />

1<br />

Bundesamt für Umwelt BAFU, CH-3003 Bern, b.lange@gmx.ch<br />

2<br />

<strong>WSL</strong> Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf,<br />

peter.luescher@wsl.ch<br />

3<br />

Geographisches Institut der Universität Bern, Hallerstrasse 12, CH-3012 Bern, pf.germann@bluewin.ch<br />

4<br />

Institut für Erd- und Umweltwissenschaften, Universität Potsdam, Karl-Liebknecht-Straße 24-25, D-14476 Potsdam,<br />

axelbron@uni-potsdam.de<br />

Die Erforschung der Hochwasserschutzwirkung von Wäldern hat in der Schweiz<br />

eine lange Tradition die bis Anfang des 20. Jahrhundert zurück reicht. Lange<br />

Zeit galt die Prämisse, dass Wald a priori hochwasserschutzwirksam sei bis dieses<br />

Paradigma in den 1980er vermehrt angezweifelt wurde und sich ein differenzierteres,<br />

waldstandortsspezifisches Bild der Waldwirkung auf den Hochwasserschutz<br />

durchsetzte. Hier stellen wir die Resultate verschiedener Forschungsprojekte über<br />

den Einfluss von Wurzeln auf den Wasserrückhalt vor, die in den letzten Jahren<br />

in Hochwasserschutzwäldern im Gantrischgebiet (Kanton Bern) durchgeführt<br />

wurden. Es konnte gezeigt werden, dass Wurzeln in gewissen Waldstandortstypen<br />

das Wasserspeichervermögen massgeblich beeinflussen und waldbauliche Massnahmen<br />

die Hochwasserschutzwirkung verbessern können.<br />

1 Einleitung<br />

In der Schweiz häuften sich im Zeitraum<br />

vom 1825 bis 1875 Hochwasserereignisse<br />

mit katastrophalen Auswirkungen<br />

(Röthlisberger 1991). Trotz<br />

fehlenden wissenschaftlichen Untersuchungen<br />

ging man bereits damals<br />

davon aus, dass grossflächige Rodungen<br />

und die starke Übernutzung der<br />

Wälder zur hohen Hochwasserfrequenz<br />

beigetragen hatten. Als Folge<br />

davon wurde 1876 das erste eidgenössische<br />

Forstpolizeigesetz erlassen, welches<br />

unter anderem ein Rodungsverbot<br />

beinhaltete. Zudem wurden grosse<br />

Flächen aufgeforstet um den Wasserrückhalt<br />

in den Einzugsgebieten grosser<br />

Flüsse zu erhöhen. Zu Beginn des<br />

20. Jahrhundert initiierte die Zentralanstalt<br />

für forstliches Versuchswesen<br />

(heute die Eidg. Forschungsanstalt<br />

<strong>WSL</strong>) unter der Leitung von Prof. A.<br />

Engler eine Studie zur Untersuchung<br />

der Waldwirkung auf das Abflussgeschehen.<br />

Die Forscher verglichen dabei<br />

Abflussdaten des bewaldeten Einzugsgebietes<br />

«Sperbelgraben» (Emmental)<br />

mit denjenigen des in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft liegenden, schwach<br />

bewaldeten «Rappengraben». Engler<br />

(1919) konnte zeigen, dass der Spitzenabfluss<br />

bei kurzzeitigen Starkniederschlägen<br />

im stärker bewaldeten<br />

Einzugsgebiet um 30 bis 50 Prozent<br />

geringer war. Diese Untersuchung<br />

erhärtete das forsthydrologische Paradigma<br />

in der Schweiz das besagte, dass<br />

Wald a priori eine abflusshemmende<br />

Wirkung aufweist. Diese Meinung<br />

blieb lange Zeit unangetastet, erst ab<br />

den 1980er Jahren wurde die Untersuchung<br />

der Hochwasserschutzwirkung<br />

von Wäldern wieder intensiviert<br />

und führte zum Teil zu kontroversen<br />

Ergebnissen. Auch wenn ein breiter<br />

Konsens darüber herrscht, dass Wälder<br />

im Vergleich zu offener Vegetation<br />

den durchschnittlichen Jahresabfluss<br />

von Gewässern aufgrund der höheren<br />

Transpirations- und Interzep tionsraten<br />

vermindern, ist die Wirkung auf Spitzenabflüsse<br />

weniger eindeutig. Gerber<br />

(1989) zeigte, dass eine Erhöhung<br />

der Waldfläche um 20 Prozent im Einzugsgebiet<br />

der Emme zwischen 1860<br />

und 1980 keinen signifikanten Einfluss<br />

auf Abflussvolumina hatte und Burch<br />

et al. (1996) wiesen nach, dass es keinen<br />

statistisch nachweisbaren Zusammenhang<br />

zwischen dem prozentualen<br />

Waldanteil von kleinen Einzugsgebieten<br />

(1 bis 5 km 2 im voralpinen<br />

Flyschgebieten mit Wald, eher extensiv<br />

bewirtschafteter Streuwiesen und<br />

Weiden) und dem flächenbezogenen<br />

Abfluss eines mittleren jährlichen<br />

Hochwassers gab. Die einfache Formel<br />

«Wald = Hochwasserschutz» greift<br />

damit zu wenig weit. Unter anderem<br />

ist die Waldwirkung auf Spitzenabflüsse<br />

abhängig von der Intensität<br />

des Niederschlagsereignisses (Beschta<br />

et al. 2000), der alternativen Landnutzungsform,<br />

und der Waldbewirtschaftung.<br />

So zeigte Moeschke (1998), dass<br />

eine Entwaldung um 40 Prozent bei<br />

Femelschlag den Spitzenabfluss um 30<br />

Prozent erhöhte während die einzelbaumweise<br />

Entnahme von 40 Prozent<br />

der Bäume zu keiner Änderung des<br />

Abflussgeschehens führte. Nach heutigem<br />

Kenntnisstand muss die Hochwasserschutzwirkung<br />

standortspezifisch<br />

beurteilt werden indem sowohl<br />

der Baumbestand (Arten-, Alters- und<br />

räumliche Struktur) wie auch Bodeneigenschaften<br />

und Niederschlagscharakteristiken<br />

integrativ beurteilt werden.<br />

Generell geht man davon aus,<br />

dass die positive Wirkung des Waldes<br />

auf die Wasserretention auf gehemmt<br />

durchlässigen, mittel- bis tiefgründigen<br />

Böden maximal ist während Wälder<br />

auf sehr durchlässigen oder stark<br />

vernässten Böden den Wasserrückhalt<br />

kaum beeinflussen (Lüscher und Zürcher<br />

2003). 2005 wurde die Wegleitung<br />

«Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle<br />

im Schutzwald» (NaiS, Frehner et al.<br />

2005) publiziert. Die Autoren definierten<br />

für alle relevanten Waldstandortstypen<br />

einen die Schutzwirkung maximierenden<br />

Idealzustand bezüglich der<br />

Baumartenmischung, des Waldgefüges<br />

und der Verjüngung. Diese Bestandesparameter<br />

wirken sich vor allem auf<br />

die Durchwurzelungssituation und<br />

damit auf die durch Wurzeln gebildeten<br />

Poren aus, die ein massgeblicher<br />

Faktor bei Infiltrationsvorgängen sein<br />

können (Li und Ghodrati 1994; Lange<br />

et al. 2009). Hier präsentieren wir


84 Forum für Wissen 2013<br />

Die Zeitreihen der volumetrischen<br />

Wassergehalte wurden nach einem<br />

Ansatz von Germann et al. (2007) ausgewertet.<br />

Es wird davon ausgegangen,<br />

dass Wasser in Form von Wasserfilmen<br />

laminar entlang von Porenwänden<br />

fliesst. Dabei muss die Pore nicht<br />

in ihrem ganzen Durchmesser Wasser<br />

führen. In diesem Stokes-Fluss Ansatz<br />

beschleunigt die Gravitation den Wasserfluss,<br />

während die Viskosität des<br />

Wassers den gravitativen Kräften entgegenwirkt.<br />

Damit ist die Interpretation<br />

der Ergebnisse auf einen bestimmten<br />

Bodenwassergehalt limitiert, bei<br />

dem kleinere Poren bereits gesättigt<br />

sind und grössere Poren als Fliesswege<br />

dienen. Diese Verhältnisse sind<br />

typisch für Wasserfluss in präferenziellen<br />

Fliesspfaden wie zum Beispiel in<br />

Makroporen. Ein Wasserfilm ist definiert<br />

durch seine Mächtigkeit (Filmdicke<br />

F) sowie seine Kontaktlänge L<br />

mit den festen Bodenbestandteilen in<br />

der horizontalen Ebene. Dabei ist L ein<br />

Mass für die Porosität, welche am Wasserfluss<br />

beteiligt ist. Die Kontaktlänge<br />

kann mit der Wurzeldichte verglichen<br />

werden, um zu untersuchen inwieweit<br />

Wurzeln den hydrologisch aktiven<br />

Porenraum bilden. Ausgangspunkt der<br />

Analysen sind aufgezeichnete Wassergehaltsmessungen.<br />

Aus dem Zeitpunkt<br />

des ersten Anstieges des Wassergehaltes<br />

bei der Beregnung (Ankunftszeit<br />

der Feuchtefront) lässt sich die Filmdidie<br />

Ergebnisse und Schlussfolgerungen<br />

langjähriger Untersuchungen über den<br />

Zusammenhang zwischen der Durchwurzelung<br />

und Wasserhaushaltsgrössen<br />

bei kurzen Starkniederschlägen in<br />

voralpinen Schutzwäldern auf ge hemmt<br />

durchlässigen, mittel bis tiefgründigen<br />

Böden im Flyschgürtel wo eine grosse<br />

Wirkung des Waldes auf das Abflussgeschehen<br />

erwartet werden kann.<br />

2 Methoden<br />

2.1 Untersuchungsgebiet und<br />

Experimente<br />

Die Untersuchungen wurden in voralpinen<br />

Hochwasserschutzwäldern im<br />

Gantrischgebiet (Kt. Bern) in Höhenlagen<br />

zwischen rund 880 und 1000 m<br />

ü. M. in Waldstandortstypen (WST) 46<br />

(Typischer Heidelbeer-Tannen-Fichten<br />

wald), 49 (Schachtelhalm-Tannen-<br />

Fich tenwald) und 19f (Waldsimsen-<br />

Tannen-Buchenwald auf Pseudogley)<br />

durchgeführt. Die Böden wurden als<br />

Pseudogleye, Gleye beziehungsweise<br />

vergleyte und pseudovergleyte Braunerden<br />

klassiert (vgl. Zimmerman et al.<br />

2006). Zur Erfassung der bodenhydrologischen<br />

Parameter wurden intensive<br />

(70 mm h –1 ), kurzzeitige (1 Std.), kleinflächige<br />

Beregnungen (1 m 2 ) durchgeführt.<br />

Oberflächenabfluss konnte nicht<br />

beobachtet werden. Eine dreimalige<br />

Wiederholung der Beregnung pro<br />

Standort diente dazu, unterschiedliche<br />

Ausgangswassergehalte im Boden zu<br />

simulieren. Der Abstand zwischen den<br />

Beregnungen betrug rund 23 Stunden.<br />

Während den Beregnungsexperimenten<br />

wurden mittels TDR- beziehungsweise<br />

FDR-Sonden die volumetrischen<br />

Wassergehalte in einer zeitlichen Auflösung<br />

von 60 s aufgezeichnet. Pro<br />

Standort wurden fünf Sonden in unterschiedlichen<br />

Tiefen eingesetzt. Nach<br />

diesen Experimenten wurden an denselben<br />

Positionen, an welchen die<br />

Wassergehaltssonden platziert waren,<br />

Bohrproben entnommen (0,1 m Durchmesser)<br />

aus welchen die Wurzeln separiert<br />

und anschliessend mittels der<br />

Software «whinRHIZO» digital vermessen<br />

wurden. In den Waldstandortstypen<br />

46 und 49 wurden insgesamt 16<br />

Standorte beregnet, im Waldstandortstyp<br />

19f deren zehn. Die Abstände zur<br />

Stammbasis der Bäume betrug ungefähr<br />

1 m mit Ausnahme von drei Plots<br />

im WST 46 und 49 wo der Abstand<br />

maximal 3,5 m war.<br />

Die Bodeneigenschaften der Untersuchungsflächen<br />

waren relativ homogen,<br />

es konnten keine signifikanten<br />

Unterschiede in der Bodenart, der<br />

Lagerungsdichte und dem pH-Wert<br />

festgestellt werden: Der Sandanteil<br />

der Horizonte lag zwischen 17,5 und<br />

73,1 Prozent, der Schluffanteil 16,4 bis<br />

48,6 Prozent und der Tonanteil betrug<br />

8,6 bis 34,6 Prozent. Die Lagerungsdichten<br />

im Oberboden waren zwischen<br />

0,65 und 1,0 g cm –3 , im Unterboden<br />

zwischen 0,79 und 1,6 g cm –3 . Details zu<br />

den Bodeneigenschaften sind in Lange<br />

et al. (2013) zu finden. Ein Vergleich<br />

zwischen den WST ist damit zulässig.<br />

2.2 Theorie<br />

cke F berechnen. Unter Einbezug des<br />

volumetrischen Wassergehaltes kann<br />

die Kontaktlänge L bestimmt werden.<br />

Ein detaillierter Beschrieb der theoretischen<br />

Hintergründe ist in Germann<br />

et al. (2007) zu finden.<br />

3 Resultate<br />

3.1 Vergleich der Wurzeldichten<br />

Die WST 46 und 49 waren im Untersuchungsgebiet<br />

räumlich eng verzahnt,<br />

weshalb diese Waldstandortstypen<br />

hier, trotz unterschiedlichem Mikrorelief,<br />

zusammenfassend als Tannen-Fichtenwälder<br />

dem WST 19f mit höherem<br />

Buchenanteil gegenüber gestellt werden.<br />

Als vergleichbares Mass für die<br />

Wurzeldichte diente die Wurzellänge<br />

pro Bodenvolumen RL in cm cm –3 .<br />

Rund 90 Prozent der Gesamtwurzellänge<br />

wurden durch Feinwurzeln mit<br />

einem Durchmesser von unter 2 mm<br />

gebildet. Erwartungsgemäss nahm<br />

die Wurzeldichte mit zunehmender<br />

Bodentiefe infolge der Zunahme der<br />

Vernässungsgrade der Horizonte ab.<br />

Im Tannen-Buchenwald (WST 19f)<br />

war die Durchwurzelung generell ausgeprägter<br />

als in Tannen-Fichtenwäldern<br />

(WST 46, 49), auch wenn sich<br />

die durchschnittlichen Durchwurzelungsdichten<br />

zwischen den Standorten<br />

infolge einiger sehr hohen Wurzeldichten<br />

im Oberboden der WST 46, 49<br />

nur geringfügig unterschieden. Insbesondere<br />

im Tiefenbereich von 0,2 bis<br />

0,8 m, d. h. in nicht und schwach vernässten<br />

Unterbodenhorizonten war<br />

der WST 19f intensiver durchwurzelt,<br />

was mit dem höheren Deckungsgrad<br />

der Buchen erklärt werden kann die<br />

über Herzwurzelsysteme verfügen die<br />

mittlere Bodentiefen intensiver durchwurzelt<br />

(Abb. 1).<br />

Werden nicht die Tiefenbereiche<br />

zum Vergleich der Wurzeldichten herangezogen<br />

sondern morphologische<br />

Bodenhorizonten, ergibt sich ein leicht<br />

anderes Bild. Bei dieser Betrachtungsweise<br />

waren nicht hydromorphe Oberbodenhorizonte<br />

in den WST 46, 49<br />

intensiver durchwurzelt als der WST<br />

19f, was mit der stärkeren Verbreitung<br />

der bekanntermassen flachwurzelnden<br />

Fichte zusammenhängen dürfte.


Forum für Wissen 2013 85<br />

3.2 Infiltration<br />

Wurzeldichte WST 46 und 49<br />

Wurzeldichte WST 19f<br />

Der Unterschied zwischen dem Wassergehalt<br />

unmittelbar vor der Beregnung<br />

und dem maximalen Wassergehalt<br />

während der Beregnung, die Amplitude<br />

der Infiltration v I , ist ein Mass<br />

für das Infiltrationsvermögen. Die hier<br />

präsentierten Ergebnisse stammen<br />

ausschliesslich von der dritten Beregnung.<br />

Der Grund liegt darin, dass während<br />

der dritten Beregnung ein vergleichbares<br />

Porengrössenspektrum<br />

hydrologisch aktiv war. Während den<br />

ersten zwei Beregnungen wurden kleinere<br />

Poren kapillar gesättigt und das<br />

Wasser darin immobilisiert. Der Wasserfluss<br />

der dritten Beregnung fand primär<br />

in grösseren Poren statt in denen<br />

Gravitation als massgebende Kraft<br />

angenommen werden kann und der<br />

angewandte theoretische Ansatz gültig<br />

ist. Die Amplitude der Infiltration<br />

war bis in 0,2 m Tiefe in den WST 46,<br />

49 höher als im WST 19f. Zwischen 0,2<br />

und 0,8 m verfügte dagegen der WST<br />

19f über eine deutlich höhere v I die<br />

sich erst zwischen 0,8 und 1,0 m wieder<br />

anglich (Abb. 2). Das bedeutet,<br />

dass die Wasseraufnahme in den WST<br />

46, 49 bei einem kurzzeitigen Starkniederschlagsereignis<br />

vor allem auf die<br />

obersten Bodenhorizonte, in der Regel<br />

der Ah-Horizont, beschränkt war und<br />

kaum Tiefensickerung stattfand während<br />

im WST 19f auch der Unterboden<br />

als Speicherraum zur Verfügung stand.<br />

Der erwähnte Stokes-Fluss Ansatz<br />

erlaubte nun eine genauere Analyse<br />

der Geometrie des Wasserflusses:<br />

Eine Veränderung der Amplitude der<br />

Infiltration kann entweder durch Veränderungen<br />

der Wasserfilmdicke F<br />

oder durch eine Variation der wasserführenden<br />

Porosität (Kontaktlänge L)<br />

erfolgen. Zur Berechnung von L und F<br />

ist eine Zunahme des Wassergehaltes<br />

infolge der Beregnung nötig. Aufgrund<br />

des geringen Umfanges der Stichproben<br />

welche diese Bedingung in Bodentiefen<br />

unterhalb von 0,8 m erfüllten,<br />

wurde in diesem Tiefenbereich auf die<br />

Berechnung der Wasserflussgeometrie<br />

verzichtet. Wie Abbildung 3 zeigt,<br />

war die Filmdicke bei vertikaler Infiltration<br />

im WST 46, 49 über die ganze<br />

Bodentiefe relativ konstant. Das<br />

bedeutet aufgrund der Theorie, dass<br />

auch die Geschwindigkeit der sich vertikal<br />

nach unten bewegenden Feuchte-<br />

Abb. 1. Durchschnittliche<br />

Wurzeldichten<br />

der WST 46, 49 im Vergleich<br />

zum WST 19f<br />

in unterschiedlichen<br />

Bodentiefen. Die Fehlerbalken<br />

zeigen ± ein<br />

Standardfehler.<br />

Abb. 2. Durchschnittliche<br />

Amplituden der<br />

Infiltration v I der WST<br />

46, 49 und des WST 19f<br />

in unterschiedlichen<br />

Bodentiefen. Die Fehlerbalken<br />

zeigen ± ein<br />

Standardfehler.<br />

Tiefenbereich, m<br />

1,0−0,8 0,8−0,6 0,6−0,4 0,4−0,2 0,2−0,0<br />

Tiefenbereich, m<br />

1,0−0,8 0,8−0,6 0,6−0,4 0,4−0,2 0,2−0,0<br />

front relativ stabil war und Änderungen<br />

der Amplitude der Infiltration<br />

primär durch verändertes wasserführendes<br />

Porenvolumen bedingt waren.<br />

Demgegenüber nahm die Filmdicke<br />

im WST 19f mit zunehmender Bodentiefe<br />

zu. Eine mögliche Erklärung<br />

dazu sind zusammenfliessende Wasserfilme<br />

aufgrund einer mit der Tiefe<br />

abnehmenden (Makro-)Porosität analog<br />

eines Trichters. Die Kontaktlänge<br />

nahm in den WST 46, 49 mit zunehmender<br />

Bodentiefe deutlich ab. Dieser<br />

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2<br />

−3<br />

Wurzeldichte, cm cm<br />

Amplitude Infiltration<br />

WST 46 und 49<br />

0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10<br />

Amplitude Infiltration, m 3 m −3<br />

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2<br />

Wurzeldichte, cm cm −3<br />

Amplitude Infiltration<br />

WST 19f<br />

0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10<br />

Amplitude Infiltration, m 3 m −3<br />

Trend war auch im WST 19f ersichtlich,<br />

allerdings weniger deutlich ausgeprägt<br />

(Abb. 4). Veränderungen in der Infiltrationskapazität<br />

über die Bodentiefe<br />

waren damit in den WST 46, 49 in einer<br />

Abnahme der wasserführenden Porosität<br />

begründet während im WST 19f<br />

sowohl die Kontaktlänge L wie auch<br />

die Filmdicke F variierten und damit zu<br />

einem weniger einheitlichen Bild führten.


86 Forum für Wissen 2013<br />

Filmdicke F WST 46 und 49<br />

Filmdicke F WST 19f<br />

Kontaktlänge L WST 46 und 49<br />

Kontaktlänge L WST 19f<br />

Tiefenbereich, m<br />

0,8−0,6 0,6−0,4 0,4−0,2 0,2−0,0<br />

Tiefenbereich, m<br />

0,8−0,6 0,6−0,4 0,4−0,2 0,2−0,0<br />

0 0,00001 0,00003<br />

0 0,00001 0,00003<br />

Filmdicke F, m<br />

Filmdicke F, m<br />

Abb. 3. Durchschnittliche Filmdicken F der WST 46, 49 und 19f<br />

verschiedener Tiefenbereiche. Die Fehlerbalken zeigen ± ein<br />

Standardfehler.<br />

0 2000 4000 6000 8000<br />

Kontaktlänge L, m m −2<br />

0 2000 4000 6000 8000<br />

Kontaktlänge L, m m −2<br />

Abb. 4. Durchschnittliche Kontaktlängen L der WST 46, 49 und<br />

19f verschiedener Tiefenbereiche. Die Fehlerbalken zeigen ± ein<br />

Standardfehler.<br />

3.3 Wurzeln und vertikale<br />

Infiltration<br />

Um den Einfluss der Wurzeln auf die<br />

Infiltration zu eruieren, wurde eine<br />

multiple Regressionsanalyse durchgeführt.<br />

Als Inputvariablen dienten die<br />

Lagerungsdichten, die Wurzeldichten<br />

und die Bodenart (prozentuale<br />

Anteile von Sand, Schluff und Ton).<br />

Im WST 19f konnte damit die Amplitude<br />

der Infiltration nicht zufriedenstellend<br />

erklärt werden. Es scheint, als<br />

ob an diesem Standort weitere, nicht<br />

erfasste Faktoren den Wasserfluss im<br />

Boden beeinflussten. Mögliche makroporenbildende<br />

Prozesse sind zum Beispiel<br />

Gefrier- und Tauzyklen, Quellen<br />

und Schrumpfen tonhaltiger Bodenbestandteilen<br />

(Romkens und Prasad<br />

2006) oder die Wühltätigkeit von<br />

Bodentieren (Lamande et al. 2003).<br />

Dagegen zeigte sich im WST 46, 49<br />

klar, dass die Amplitude der Infiltration<br />

bei hohem Bodenwassergehalt primär<br />

durch Wurzeln bestimmt wurde<br />

(R 2 zwischen RL und v I 0,43). Der<br />

Einbezug der weiteren Variablen verbesserte<br />

das Modell nur marginal. Da<br />

die Fimdicke F in diesem WST über<br />

die Bodentiefe relativ konstant war,<br />

be einflussten die Wurzeln vor allem<br />

die Kontaktlänge L und damit den an<br />

der Infiltration beteiligte Porenraum<br />

(Abb. 5).<br />

Damit konnte nachgewiesen werden,<br />

dass in gewissen Hochwasserschutzwäldern<br />

mit vernässten Horizonten ein<br />

Zusammenhang zwischen der Wurzeldichte<br />

und der wasserführende Porosität<br />

besteht. Die Ergebnisse von zahlreichen<br />

anderen Studien lassen den<br />

Schluss zu, dass Wurzeln die Infiltration<br />

tatsächlich massgeblich erhöhen<br />

kann und nicht nur eine Folge der örtlich<br />

höheren Porosität sind. So wiesen<br />

Abb. 5. Horizontspezifische<br />

Wurzeldichte vs.<br />

Kontaktlänge der WST<br />

46, 49 und des WST<br />

19f. R 2 WST 46, 49:<br />

0,43; R2 WST 19f: 0,26.<br />

Wurzeldichte RL, cm cm −3<br />

RL vs. L WST 46 und 49<br />

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0<br />

0 5000 15000<br />

Kontaktlänge L, m m −2<br />

zum Beispiel Meek et al. (1989) nach,<br />

dass sich die Infiltrationsrate eines<br />

gepflügten und mit Luzerne bewachsenen<br />

Standortes aufgrund des durch<br />

Wurzeln gebildeten Porenraumes<br />

innerhalb von vier Jahren etwa verdoppelte.<br />

Detaillierte Ergebnisse zum<br />

Zusammenhang zwischen der Infiltration<br />

und der Durchwurzelung in Waldböden<br />

sind in Lange et al. (2010) zu<br />

finden.<br />

RL vs. L WST 19f<br />

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0<br />

0 5000 15000<br />

Kontaktlänge L, m m −2


Forum für Wissen 2013 87<br />

3.4 Wurzeln und lateraler Fluss<br />

Lateraler Fluss im Boden ist ein wichtiger<br />

abflussbildender Prozess in Einzugsgebieten<br />

mit geringer Bodenmächtigkeit<br />

oder dichten Bodenhorizonten<br />

oberhalb derer Wasser lateral hangabwärts<br />

fliessen kann. Wurzeln können<br />

lateralen Abfluss im Boden begünstigen<br />

indem sie durch die hangparallele<br />

Ausbildung von Poren ein laterales<br />

präferenzielles Fliessnetz generieren<br />

können (z. B. Noguchi et al. 1999).<br />

Dadurch können Wurzeln auch dazu<br />

beitragen, dass die Volumenflussdichte<br />

des lateralen Abflusses bei konstanter<br />

Niederschlagsintensität zunimmt.<br />

Dieser Prozess kann die Hochwasserschutzfunktion<br />

von Wäldern zumindest<br />

teilweise mindern. Als Beispiel<br />

sei hier das Ergebnis eines hydrologischen<br />

Modells gezeigt, dass den vertikalen<br />

Stokes-Fluss Ansatz von Germann<br />

et al. (2007) um lateralen Fluss<br />

erweitert. In diesem Ansatz wird gravitativer<br />

Fluss angenommen, kapillare<br />

Kräfte und Oberflächenabfluss werden<br />

nicht berücksichtigt. Die Aussagekraft<br />

beschränkt sich damit auf einen Wassergehalt<br />

zwischen Sättigung und der<br />

Feldkapazität. Ziel der Untersuchung<br />

war es, den Ausfluss am unteren Ende<br />

eines Hanges für verschiedene laterale<br />

Porositäten, und damit unterschiedliche<br />

lateralen Wurzeldichten, zu modellieren.<br />

Als Modell diente ein virtueller<br />

Hang mit einer Neigung von 30 °,<br />

beliebiger Breite der während 1 h mit<br />

70 mm h –1 beregnet wird. Zudem wurde<br />

in 0,5 m Tiefe eine Stauschicht oder<br />

anstehender Fels angenommen. Entlang<br />

diesem Infiltrationshindernis floss<br />

das Wasser lateral hangabwärts. Es<br />

wurde weiter davon ausgegangen, dass<br />

die Wurzeldichte nur die wasserführende<br />

Porosität (Kontaktlänge L) beeinflusste<br />

während die Filmdicke F konstant<br />

blieb da Hincapié und Germann<br />

(2009b) nachwiesen, dass F primär von<br />

der Niederschlagsintensität abhängt<br />

und kaum von lokalen Bodeneigenschaften<br />

beeinflusst ist. Im Modell wurde<br />

daher der Mittelwert der Filmdicken<br />

aller WST in einer Bodentiefe<br />

von 0,4 bis 0,6 m verwendet (F = 1,755<br />

× 10 –5 m) während die Kontaktlängen<br />

WST-spezifisch über dieselbe Bodentiefen<br />

gemittelt wurden. Daraus resultierte<br />

L = 1669 m m –2 im WST 46, 49<br />

und L = 4022 m m –2 im WST 19f. Damit<br />

Ausfluss, m 3 s −1 m −1<br />

0,00000 0,00005 0,00010 0,00015 0,00020<br />

Theoretischer Ausfluss pro m Hangbreite<br />

0 5000 10000 15000 20000<br />

wurde angenommen, dass die durch<br />

Wurzeln gebildete vertikale Porosität<br />

auch der lateralen Porosität entspricht.<br />

Abbildung 6 zeigt den erwarteten Ausfluss<br />

pro m Hangbreite. Eine höhere<br />

Wurzeldichte führte zu höherem Ausfluss<br />

am Hangende. Im hier gezeigten<br />

Beispiel resultierte eine Erhöhung der<br />

Wurzeldichte um einen Faktor von 2,4<br />

zu einer Erhöhung des Spitzenausflusses<br />

um denselben Faktor. Unter der<br />

Annahme, dass die Filmdicke konstant<br />

war, war der Spitzenausfluss aus<br />

dem Hangsegment also linear abhängig<br />

von der lateralen Porosität die auch<br />

durch Wurzeln erhöht werden kann.<br />

Die Begründung liegt darin, dass die<br />

Volumenflussdichte gemäss Theorie<br />

eine Funktion von F in der dritten<br />

Potenz und L (linear) ist. Da F nur von<br />

der Niederschlagsintensität abhängig<br />

ist, hängt die Volumenflussdichte bei<br />

gleichbleibender Intensität des Niederschlages<br />

linear von L ab.<br />

Damit kann davon ausgegangen werden,<br />

dass lateral verlaufende Wurzeln<br />

den hangparallelen Fluss erhöhen und<br />

Zeit, s<br />

WST 46 und 49<br />

WST 19f<br />

Abb. 6. Modellierter Ausfluss aus einem Hang bei einer Niederschlagsdauer von 3600 s und<br />

einer Intensität von 70 mm h -1 . Tiefe der Stauschicht: 0,5 m; Hangneigung: 30 °; Filmdicke F:<br />

1,755 × 10 –5 m; Kontaktlänge L: 1669 m m –2 (WST 46, 49) bzw. 4022 m m –2 (WST 19f). Kein<br />

Oberflächenabfluss, rein gravitativer Fluss in grösseren Poren.<br />

damit die Schutzwirkung der Wälder<br />

vermindern können. Diese Schlussfolgerung<br />

muss allerdings relativiert werden<br />

wenn die Fliessdistanz des Wassers<br />

zwischen dem Beginn des Niederschlags<br />

und dem Spitzenabfluss berücksichtigt<br />

wird. Wenn angenommen wurde, dass<br />

das Wasser vertikal bis zur Stauschicht<br />

floss und sich anschliessend lateral daran<br />

entlang bewegte, resultierte eine<br />

laterale Fliessdistanz bis zum Zeitpunkt<br />

des Spitzenabflusses (3828 s nach Niederschlagsbeginn)<br />

von gerade einmal<br />

2,7 m bei einem Niederschlagereignis<br />

von 1 Stunden Dauer und einer Intensität<br />

von 70 mm h –1 . Die abflussbeitragende<br />

Fläche beim Spitzenabfluss erstreckte<br />

sich damit maximal 2,7 m seitlich vom<br />

Gewässer hangaufwärts. Weiter entfernte<br />

Flächen wurden erst zu einem späteren<br />

Zeitpunkt abflusswirksam wenn<br />

die Volumenflussdichte der gerinnenahen<br />

Flächen bereits wieder abnimmt<br />

und sich damit der Ausfluss aus dem<br />

Hang verringert. Damit kann auch die<br />

Wirkung von durch Wurzeln gebildeten<br />

lateralen Poren auf den Spitzenabfluss


88 Forum für Wissen 2013<br />

relativiert werden, da unsere Modellierung<br />

zeigte, dass diese nur sehr gerinnenah<br />

oder bei sehr lang anhaltenden Niederschlägen<br />

von hydrologischer Bedeutung<br />

waren. Wurde dagegen ein längerer<br />

Zeitrahmen betrachtet, erhöhte sich die<br />

Grösse der abflussbeitragenden Fläche.<br />

So war nach 10 Stunden eine Distanz<br />

von etwa 11,3 m hangaufwärts am Ausfluss<br />

beteiligt wobei dann der Ausfluss<br />

nur noch etwa 28 Prozent des Spitzenabflusses<br />

betrug. Hinzu kommt, dass in<br />

realen Böden Wasser von präferenziellen<br />

Fliesspfaden in kleinere Poren abstrahiert<br />

wird und kurz bis mittelfristig<br />

durch Kapillarkräfte gebunden werden<br />

kann (Hincapie und Germann 2009a)<br />

was den lateralen Abfluss weiter vermindern<br />

wird.<br />

Auch wenn eine hohe Wurzeldichte<br />

den lateralen Fluss im Boden erhöhen<br />

kann, sei an dieser Stelle ausdrücklich<br />

darauf hingewiesen, dass die Verminderung<br />

oder Verhinderung des Oberflächenabflusses<br />

ein zentrales Ziel der<br />

Hochwasserschutzfunktion des Waldes<br />

sein sollte. Damit kann einerseits eine<br />

schnelle Abflussantwort der Gewässer<br />

verzögert, andererseits der Boden als<br />

potentieller Zwischenspeicher erst zur<br />

Verfügung gestellt werden. Oberflächenabfluss<br />

erreicht Geschwindigkeiten<br />

von bis zu 10 cm s –1 (Wohlrab et al.<br />

1992), während sich Fliessgeschwindigkeiten<br />

in präferenziellen Fliesspfaden<br />

im Boden meist zwischen 0,01 bis 0,5 cm<br />

s –1 (Germann und Hänsel 2006) bewegen.<br />

Dies führt bereits zu einer deutlichen<br />

Verzögerung des Abflusses. Eine<br />

durch Wurzeln erwirkte höhere Infiltration<br />

vergrössert auch den Speicherraum<br />

im Boden, die Wasseraufnahmekapazität<br />

kann gesteigert werden. Die positiven<br />

Auswirkungen erhöhter Durchwurzelungsdichten<br />

auf die vertikale<br />

Infiltration überwiegen damit bei weitem<br />

und überkompensieren die negativen<br />

Effekte bezüglich des Hochwasserschutzes<br />

aufgrund potentiell höherer<br />

lateraler Fliessgeschwindigkeiten.<br />

3.5 Klimaänderung und Schutzwirkung<br />

renzkraft heute verbreitete Arten teilweise<br />

verdrängen. Damit geht auch<br />

eine Veränderung der Durchwurzelungssituation<br />

und der Schutzwirkung<br />

einher. Um die daraus resultierenden<br />

Konsequenzen abzuschätzen wurde ein<br />

Szenario verwendet, bei dem Buchen<br />

infolge der Klimaänderung vermehrt<br />

in heutige Hochwasserschutzwälder<br />

des WST 46 einwandern und vor allem<br />

Fichten verdrängen werden (Brzeziecki<br />

et al. 1995). Es wurde angenommen,<br />

dass sich die Wurzeldichte im heutigen<br />

WST 46 mit dem Einwachsen der<br />

Buche zukünftig zu derjenigen verändern<br />

wird, wie sie heute im WST 19f<br />

typisch ist. Aufgrund der Korrelation<br />

zwischen der Wurzeldichte und der<br />

Amplitude der Infiltration liess sich<br />

anschliessend abschätzen, wie sich die<br />

Wasserspeicherkapazität mit einem<br />

höheren Anteil der Buchen voraussichtlich<br />

ändern würde. Details der<br />

Berechnungsgrundlage sind in Lange<br />

et al. (2013) zu finden. Aufgrund<br />

der tendenziell höheren Wurzeldichte<br />

im WST 19f kann von einer höheren<br />

Wasserspeicherkapazität ausgegangen<br />

werden. In den obersten 10 cm des<br />

Bodens ist eine leichte Abnahme des<br />

Wasserspeichervermögens zu erwartet,<br />

da hier die Wurzeldichte in den WST<br />

46, 49 durchschnittliche höher war als<br />

Zusätzlicher Wasserspeicher WST 19f<br />

Tiefenbereich, m<br />

1,0−0,8 0,8−0,6 0,6−0,4 0,4−0,2 0,2−0,0<br />

im WST 19f. Dagegen wird in mittleren<br />

Bodentiefen zwischen rund 0,1 und<br />

0,8 m eine Zunahme der Wasseraufnahmekapazität<br />

erwartet (Abb. 7).<br />

Der zusätzliche Wasserspeicherraum<br />

summiert sich über eine Bodentiefe<br />

von einem Meter auf rund 9 mm,<br />

was im Untersuchungsgebiet rund 15<br />

Prozent eines einstündigen Extremniederschlagereignisses<br />

mit einer Wiederkehrperiode<br />

von 100 Jahren entspricht.<br />

Auch wenn dieses Ergebnis<br />

zeigt, dass der Wasserspeicherraum<br />

im heutigen WST 46 mit einem höheren<br />

Buchenanteil vergrössert wird,<br />

kann trotzdem nicht von einer generellen<br />

Verbesserung der Hochwasserschutzfunktion<br />

ausgegangen werden,<br />

da die Klimaerwärmung auch intensivere<br />

Niederschlagsereignisse mit sich<br />

bringen könnte (OcCC/ProClim 2007).<br />

Zudem wurde nur ein WST untersucht<br />

und die Folgen potentieller, klimatisch<br />

bedingter Artenwechseln auf das Wasserspeichervermögen<br />

von Böden anderer<br />

WST sind weitgehend unbekannt.<br />

Die Ergebnisse sind repräsentativ für<br />

kurzzeitige Starkniederschlagsereignisse<br />

bei hoher Bodenfeuchte im nordalpinen<br />

Flyschgürtel mit Tannen-Fichtenwäldern<br />

und in Höhenlagen wo die<br />

Buche die Fichte voraussichtlich stark<br />

konkurrieren wird.<br />

Die globale Erwärmung wird die Baumartenzusammensetzung<br />

in gewissen<br />

Höhenstufen verändern. Frostempfind<br />

liche Arten können höhere Lagen<br />

be stocken und aufgrund ihrer Konkur-<br />

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5<br />

Zusätzlicher Wasserspeicher, mm<br />

Abb. 7. Zusätzlicher Wasserspeicher (Amplitude der Infiltration) in mm wenn die Buche im<br />

WST 46 infolge der Klimaerwärmung dominanter wird.


Forum für Wissen 2013 89<br />

4 Der ideale Hochwasserschutzwald<br />

Hochwasserschutzwälder stocken vielerorts<br />

auf vernässten Böden die bei<br />

stärkeren Niederschlagereignissen und<br />

höheren Bodenwassergehalten zur Bildung<br />

von Oberflächenabfluss neigen.<br />

Ein wichtiges Schutzziel dieser Wälder<br />

ist die Erhöhung der Infiltrationskapazität<br />

und des Wasserspeichervermögens<br />

des Bodens. Unsere Studien weisen<br />

klar daraufhin, dass Wurzeln das<br />

Infiltrationsvermögen und die Wasserspeicherkapazität<br />

von Böden massgeblich<br />

verbessern können. Das Ziel im<br />

Hochwasserschutzwald sollte deshalb<br />

eine in allen Dimensionen möglichst<br />

hohe Wurzeldichte sein, die auch vernässte<br />

Horizonte einbezieht und grössere<br />

Lücken in der Durchwurzelung<br />

des Bodens ausschliesst. Damit kann<br />

auch eine vorhandene Stauschicht<br />

erschlossen werden und potentielle<br />

laterale Fliesspfade entlang der Stauschicht<br />

können unterbrochen werden.<br />

Verschiedene Studien haben gezeigt,<br />

dass bei einzelbaumweiser Baumartenmischung,<br />

bei gleichzeitigem Vorhandensein<br />

unterschiedlicher Altersstufen<br />

und bei einer Mischung von eher<br />

flach- und tiefwurzelnder Arten eine<br />

maximale Durchwurzelungsintensität<br />

über den gesamten potentiellen Wurzelraum<br />

erreicht wird (Fölster et al.<br />

1991; Schmid und Kazda 2002). Daraus<br />

können folgende Anforderungen an<br />

Hochwasserschutzwäldern auf vernässten<br />

Böden abgeleitet werden:<br />

1. Der Bestand soll über eine einzelbaumweise<br />

Artenmischung verfügen.<br />

2. Die Baumarten sollen über unterschiedliche<br />

Wurzelsysteme verfügen<br />

(Flach-, Herz- und Pfahlwurzeln)<br />

um den gesamten potentiellen Wurzelraum<br />

optimal zu erschliessen.<br />

3. Mindestens eine Baumart, idealerweise<br />

die am tiefsten wurzelnde,<br />

sollte auch in teilweise anaeroben<br />

Bodenhorizonten wurzeln können.<br />

4. Unterschiedliche Altersstufen sollten<br />

gleichzeitig vorhanden sein. Nebst<br />

einer Erhöhung der Wurzeldichte<br />

kann damit auch eine ausreichende<br />

Verjüngung und die nötige Bestandesstabilität<br />

sichergestellt werden.<br />

Diese Erkenntnisse decken sich mit<br />

denen von Frehner et al. (2005), die<br />

in der Wegleitung «Nachhaltigkeit<br />

und Erfolgskontrolle im Schutzwald»<br />

(NaiS) Zielgrössen bezüglich der<br />

Artenmischung, Bestandesstruktur und<br />

Verjüngung für schutzrelevante Waldstandortstypen<br />

definiert haben. Die<br />

Autoren fordern generell eine naturnahe,<br />

stufige Bestockung mit hohem<br />

Deckungsgrad um den Wurzelraum<br />

optimal zu erschliessen und damit die<br />

Schutzwirkung zu optimieren. Frehner<br />

et al. (2005) stellen zudem Unterlagen<br />

zur Verfügung, um den aktuellen<br />

Zustand der Schutzwälder zu erfassen<br />

und daraus waldbauliche Massnahmen<br />

zur Optimierung der Schutzfunktion<br />

abzuleiten.<br />

Die Wirkung der Hochwasserschutzwälder<br />

beruht einerseits auf der Porosität<br />

des Bodens welche massgeblich<br />

durch Wurzeln gebildet wird, andererseits<br />

aber auch auf erhöhten Interzeptions-<br />

und Transpirationraten von<br />

Wäldern gegenüber offener Vegetation.<br />

Das führt dazu, dass der Boden vor<br />

einem Niederschlagereignis trockener<br />

sein kann und damit ein höheres Speichervermögen<br />

aufweist. Die hier präsentierten<br />

Studien befassten sich vor<br />

allem mit der Wirkung von Wurzeln<br />

auf die Infiltration. Um die Waldwirkung<br />

auf den Hochwasserschutz umfassend<br />

zu untersuchen, müssten auch die<br />

Interzeption und Transpiration berücksichtig<br />

werden. Bei der Transpiration<br />

von Bäumen wird, je nach Durchwurzelungstiefe,<br />

Wasser aus unterschiedlichen<br />

Bodentiefen entnommen. Auch<br />

bei diesem Prozess sind damit Wurzeln<br />

von zentraler Bedeutung und eine<br />

Abschätzung der Auswirkungen der<br />

Transpiration auf den Bodenwassergehalt<br />

und potentiellen Wasserspeicher<br />

bedingt Kenntnisse über die standortstypische<br />

Durchwurzelungssituation.<br />

Generell existieren bislang nur wenige<br />

Daten zur vertikalen und lateralen<br />

Durchwurzelung verschiedener WST.<br />

Dies ist primär darin begründet, dass<br />

die Erfassung der Durchwurzelungssituation<br />

zeitraubend ist und die Ergebnisse<br />

aufgrund der Inhomogenität der<br />

Böden und Bestände nur unter Vorbehalten<br />

auf andere Standorte übertragen<br />

werden können. Möglicherweise<br />

bieten sich hier Wurzelmodellierungen<br />

an, wie sie zum Beispiel von Schwarz<br />

et al. (2010) durchgeführt wurden. Ein<br />

besserer Kenntnisstand über Dichten<br />

und räumliche Verteilungen von Wurzeln<br />

liesse eine Verbesserung hydro-<br />

logischer Modelle zu und würde auch<br />

in anderen Gebieten, wie zum Beispiel<br />

der Modellierung von Trockenstressrisiken<br />

aufgrund der Klimaerwärmung,<br />

entscheidend zur Verbesserung von<br />

Vorhersagemodellen beitragen.<br />

Einige offenen Fragen, in welcher<br />

Weise und unter welchen Umständen<br />

der Wald einen Beitrag zum Hochwasserschutz<br />

leisten kann, wurden in den<br />

letzten Jahren beantwortet. Allerdings<br />

bereitet es nach wie vor Schwierigkeiten,<br />

daraus allgemeine Zusammenhänge<br />

abzuleiten da sowohl die Vorfeuchte<br />

des Bodens, die Bodeneigenschaften,<br />

Niederschlagscharakteristiken und<br />

Bestandesparameter hochvariabel sind.<br />

Für die Praxis hat die Wegleitung von<br />

Frehner et al. (2005) auch nach neusten<br />

Erkenntnissen ihre Gültigkeit und<br />

bietet einen dem Stand des Wissens<br />

angepassten Rahmen, um die Hochwasserschutzwirkung<br />

von Wäldern<br />

abzuschätzen, zu erhalten und gegebenfalls<br />

mittels forstlicher Massnahmen<br />

zu verbessern.<br />

5 Danksagung<br />

Die Autoren bedanken sich bei Roger<br />

Köchli und Marco Walser von der Eidg.<br />

Forschungsanstalt <strong>WSL</strong> (Schweiz) und<br />

bei Andreas Bauer, Thomas Gräff und<br />

Irene Hahn von der Universität Potsdam<br />

(Deutschland) für die Hilfe bei<br />

der Feldarbeit. Philipp Mösch von der<br />

Waldabteilung 5 (Kt. Bern) hat uns bei<br />

der Suche nach Untersuchungsgebieten<br />

unterstützt und uns erlaubt, die Feldarbeiten<br />

durchzuführen. Die hier vorgestellten<br />

Forschungsarbeiten wurden<br />

durch die COST-Aktion E38 (Woody<br />

Root Processes), das Forschungsprogramm<br />

«Wald und Klimawandel» der<br />

Eidg. Forschungsanstalt <strong>WSL</strong> und des<br />

Bundesamtes für Umwelt BAFU sowie<br />

durch den Schweizerischen Nationalfonds<br />

finanziell unterstützt und ermöglicht.


90 Forum für Wissen 2013<br />

6 Literatur<br />

Beschta, R.L.; Pyles, M.R.; Skaugset, A.E.;<br />

Surfleet, C.G., 2000: Peakflow responses<br />

to forest practices in the western cascades<br />

of Oregon, USA. J. Hydrol. 233: 102–120.<br />

Brzeziecki, B.; Kienast, F.; Wildi, O., 1995:<br />

Modeling potential impacts of climate-change<br />

on the spatial-distribution of<br />

zonal forest communities in Switzerland.<br />

J. Veg. Sci. 6, 2: 257–268.<br />

Burch, H.; Forster, F.; Schleppi, P., 1996:<br />

Zum Einfluss des Waldes auf die Hydrologie<br />

der Flysch-Einzugsgebiete des Alptals.<br />

Schweiz. Z. Forstwes. 147, 12: 925–937.<br />

Engler, A., 1919: Untersuchungen über den<br />

Einfluss des Waldes auf den Stand der<br />

Gewässer. Mitt. Schweiz. Zent.anst. forstl.<br />

Vers.wes. XII Band.<br />

Fölster, H.; Degenhardt, M.; Flor, T.; Lux,<br />

M., 1991: Untersuchungen zur Tiefendurchwurzelung<br />

und Durchwurzelungsintesität<br />

auf Braunerden-Pseudogleyen<br />

im Vorderen Hunsrück in Abhängigkeit<br />

von Baumart und Bestandesstrukturparametern.<br />

Mitt. Forstl. Vers.anst. Rheinland-Pfalz.<br />

19: 91–106.<br />

Frehner, M.; B. Wasser, B.; Schwitter, R.,<br />

2005: Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle<br />

im Schutzwald. Bern, BUWAL.<br />

Gerber, B., 1989: Waldflächenveränderungen<br />

und Hochwasserbedrohung im Einzugsgebiet<br />

der Emme. Geogr. Bern. G33.<br />

Germann, P.F.; Hensel, D., 2006: Poiseuille<br />

flow geometry inferred from velocities of<br />

wetting fronts in soils. Vadose Zone J. 5:<br />

867–876.<br />

Germann, P.; Helbling, A.; Vadilonga, T.,<br />

2007: Rivulet approach to rates of preferential<br />

infiltration. Vadose Zone J. 6:<br />

207–220.<br />

Hincapié, I.; Germann, P., 2009a: Length<br />

scale of abstraction from water content<br />

waves during gravity-driven viscous infiltration.<br />

Vadose Zone J. 8: 996–1003.<br />

Hincapié, I.; Germann, P., 2009b: Impact of<br />

initial and boundary conditions on preferential<br />

flow. J. Contam. Hydrol. 104:<br />

63–73.<br />

Lamande, M.; Hallaire, V.; Curmi, P.;<br />

Peres, G.; Cluzeau, D., 2003: Changes<br />

of pore morphology, infiltration and<br />

earthworm community in a loamy soil<br />

under different agricultural managements.<br />

Catena. 54, 3: 637–649.<br />

Lange, B.; Germann, P.; Lüscher, P., 2009:<br />

Significance of tree roots for preferential<br />

infiltration in stagnic soils. Hydrol. Earth<br />

Syst. Sci. 13: 1809–1821.<br />

Lange, B.; Germann, P.F.; Lüscher, P., 2010:<br />

Einfluss der Wurzeln auf das Wasserspeichervermögen<br />

hydromorpher Waldböden.<br />

Schweiz. Z. Forstwes. 161: 510–516.<br />

Lange, B.; Germann, P.F.; Lüscher, P., 2013:<br />

Greater abundance of Fagus sylvatica in<br />

coniferous flood protection forests due to<br />

climate change: impact of modified root<br />

densities on infiltration. Eur. J. For. Res.<br />

132: 151–163.<br />

Li, Y. M.; Ghodrati, M., 1994: Preferential<br />

transport of nitrate through soil columns<br />

containing root channels. Soil Sci. Soc.<br />

Am. J. 58: 653–659.<br />

Abstract<br />

Tree roots and infiltration<br />

Since the 19 th century, it has been widely assumed that forests mitigate runoff<br />

because forest soils are thought to be more porous than soils outside the forest.<br />

Not until the 1980s, however, did the scientific community begin to discuss this<br />

forest hydrological paradigm seriously. Today it is no longer assumed that the mere<br />

existence of a forest is sufficient to mitigate runoff. A forest’s capacity for water<br />

retention depends on the characteristics of both its soil and forest stands. Several<br />

studies have shown that tree roots are relevant pore-generators in forest soils.<br />

Here we present the results of three research projects on the influence of roots on<br />

vertical and lateral water flow in forests soils of pre-alpine forests in Switzerland.<br />

The presence of tree roots in the soil was found to increase the soil’s infiltration<br />

and water storage capacity in the forest communities we investigated. Thus, water<br />

retention can be optimized through silvicultural interventions. A comparison of<br />

the root densities and water storage capacities in different forest stands indicated<br />

that the tree species shift from spruce- to beech-dominated mixed forests expected<br />

under climate change will probably increase slightly the water storage capacity in<br />

the soils of stands where this shift takes place.<br />

Lüscher, P.; Zürcher, K., 2003: Waldwirkung<br />

und Hochwasserschutz: Eine differenzierte<br />

Betrachtungsweise ist angebracht.<br />

Ber. Bayer. Landesanst. Wald<br />

Forstwirtsch. 40: 30–33.<br />

Meek, B.D.; Rechel, E.A.; Carter, L.M.;<br />

Detar, W.R., 1989: Changes in infiltration<br />

under Alfalfa as influenced by time<br />

and wheel traffic. Soil Sci. Soc. Am. J. 53:<br />

238–241.<br />

Möschke, H., 1998: Abflussgeschehen im<br />

Bergwald – Untersuchungen in drei be -<br />

wal deten Kleineinzugsgebieten im Flysch<br />

der Tegernseer Berge. Forstl. Forsch.ber.<br />

Münch. 169.<br />

Noguchi, S.; Tsuboyama, Y.; Sidle R.C.;<br />

Hosoda, I., 1999: Morphological characteristics<br />

of macropores and the distribution<br />

of preferential flow pathways in a<br />

forested slope segment. Soil Sci. Soc. Am.<br />

J. 63: 1413–1423.<br />

OcCC/ProClim (Hrsg.) 2007: Klimaänderung<br />

und die Schweiz 2050. Erwartete<br />

Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft<br />

und Wirtschaft. Bern.<br />

Romkens, M.J.M.; Prasad, S.N., 2006: Rain<br />

Infiltration into swelling/shrinking/cracking<br />

soils. Agric. Water Manage. 86, 1–2:<br />

196–205.<br />

Röthlisberger, G., 1991: Chronik der<br />

Unwetterschäden in der Schweiz. Ber.<br />

Eidgenöss. Forsch.anst. Wald Schnee<br />

Landsch. 330 S.<br />

Schmid, I.; Kazda, M., 2001: Vertical distribution<br />

and radial growth of coarse roots<br />

in pure and mixed stands of Fagus sylvatica<br />

and Picea abies. Can. J. For. Res. – Rev.<br />

Can. Rech. For. 31: 539–548.<br />

Schwarz, M; Lehmann, P.; Or, D., 2010:<br />

Quantifying lateral root reinforcement in<br />

steep slopes – from a bundle of roots to<br />

tree stands. Earth Surf. Process. Landf. 35:<br />

354–367.<br />

Wohlrab, B.; Ernstberger, H.; Meuser, A.;<br />

Sokollel, V., 1992: Landschaftswasserhaushalt:<br />

Wasserkreislauf und Gewässer<br />

im ländlichen Raum; Veränderungen<br />

durch Bodennutzung, Wasserbau und<br />

Kul turtechnik. Hamburg / Berlin, Paul<br />

Parey. 335 S.<br />

Zimmermann, S.; Luster, J.; Blaser, P.; Walthert,<br />

L.; Lüscher, P., 2006: Waldböden<br />

der Schweiz. Band 3. Region Mittelland<br />

und Voralpen. Birmensdorf, Eidgenössische<br />

Forschungsanstalt <strong>WSL</strong>, Bern, Hep<br />

Verlag, 768 S.<br />

Keywords: infiltration, soil water flow, flood protection forests, tree roots, lateral<br />

subsurface flow, climate change


Forum für Wissen 2013: 91–98 91<br />

Die Bedeutung der Waldböden für Wassermenge<br />

und -qualität in Einzugsgebieten<br />

Karl-Heinz Feger 1 , Raphael Benning 1 und Andreas Wahren 1,2<br />

1<br />

Institut für Bodenkunde und Standortslehre, Technische Universität Dresden, Pienner Str. 19, D-01737 Tharandt,<br />

fegerkh@forst.tu-dresden.de, raphael.benning@tu-dresden.de<br />

2<br />

Dr. Dittrich & Partner Hydro-Consult GmbH, Gerlinger Strasse 4, D-01728 Bannewitz, Wahren@Hydro-Consult.de<br />

Am Beispiel längerfristiger hydrologischer und biogeochemischer Messungen und<br />

darauf gestützter Modellierung des Gebietswasserhaushalts wird für das Erzgebirge<br />

(Sachsen, Deutschland) der Einfluss der Waldböden auf wasserbezogene Ökosystemdienstleistungen<br />

verdeutlicht. Die Wasserqualität wird durch Überlagerung<br />

natürlicher Bodenprozesse (v.a. Podsolierung) und Nachwirkung der früher extrem<br />

hohen Schwefel-Belastung bestimmt. Problematisch aus Sicht der Wasserversorgung<br />

sind gelöste Huminstoffe, allerdings mit boden-/standortsabhängiger<br />

Differenzierung. Im Vergleich zur Agrarnutzung sind Stickstoff- und Phosphor-<br />

Austräge sehr gering. Simulationen mit Landnutzungsszenarien unterschiedlich<br />

grosser Waldanteile lassen erkennen, dass der Abfluss zurückgeht, die Hochwasserretention<br />

aber ansteigt. Künftige Herausforderungen für Wissenschaft und<br />

Planung liegen in einer stärkeren Verknüpfung von Wasserqualität und -menge.<br />

1 Hintergrund<br />

Wälder spielen im Wasserhaushalt von<br />

Landschaften eine bedeutende Rolle.<br />

Ein hoher Waldanteil im Einzugsgebiet<br />

gilt als Garant für eine gute Rohwasserqualität<br />

für die Trinkwasserversorgung.<br />

Waldbestockung wirkt sich günstig<br />

auf den Wasserrückhalt aus. Wasserschutz<br />

ist daher integraler Bestandteil<br />

einer am Prinzip der Nachhaltigkeit<br />

orientierten Waldbewirtschaftung. So<br />

formulierte bereits 1993 die Europäische<br />

Forstministerkonferenz in Helsinki<br />

(MCPFE 1993): «Die Methoden<br />

der Waldbewirtschaftung sollten angemessene<br />

Rücksicht auf den … Schutz<br />

der Qualität und Quantität des Wassers<br />

… und den Schutz gegen Hochwasser<br />

… nehmen.» Die Warschau-Konferenz<br />

(MCPFE 2007) widmete dem Thema<br />

«Wald und Wasser» sogar eine eigene<br />

Resolution. Darin wird gefordert, die<br />

Leistungen von Wäldern in Bezug auf<br />

Wassermenge und -qualität und den<br />

Hochwasserschutz zu bewerten und in<br />

ein System von Zahlungen von Ökosystemdienstleistungen<br />

zu integrieren,<br />

um die allgemeinen Schutzleistungen<br />

von Wäldern zu gewährleisten.<br />

Die Anforderungen an eine dem<br />

Management der Ressource Wasser<br />

angepasste Waldbewirtschaftung variieren<br />

regional und standörtlich. Im<br />

einen Fall steht das Wasserangebot, im<br />

anderen die Wasserqualität oder die<br />

Steuerung des Oberflächenabflusses im<br />

Vordergrund. Dabei geht es nicht allein<br />

um etablierte Waldflächen, sondern<br />

auch um solche, wo eine Waldbestockung<br />

geschaffen werden sollte, damit<br />

bestimmte Leistungen künftig besser<br />

erfüllt werden. Da Wasserwirtschaft<br />

jedoch auf wesentlich grösseren räumlichen<br />

Skalenebenen, meist für Flusseinzugsgebiete,<br />

abläuft als die forstliche<br />

(und selbstverständlich auch die<br />

landwirtschaftliche) Nutzung, ist häufig<br />

unklar, welche Effekte die Landnutzung<br />

beziehungsweise deren Änderung<br />

hat. Unklar ist meist auch, an welchem<br />

Ort im Einzugsgebiet wasserbezogene<br />

Ökosystemdienstleistungen entstehen<br />

und in welcher Menge, Intensität und<br />

zeitlicher Dauer sie einem Nutzer, das<br />

ist meist die Allgemeinheit, zur Verfügung<br />

gestellt werden und wie sich diese<br />

Leistungen durch verschiedenste Einflüsse<br />

verändern (Brauman et al. 2007).<br />

Die Gewinnung relevanter Informationen<br />

und der Skalentransfer sind<br />

daher wesentliche Aufgabe der (forst-)<br />

hydrologischen Forschung (vgl. Pilaš<br />

et al. 2010). Darüber hinaus gewinnen<br />

solche Informationen eine zunehmende<br />

Bedeutung für die Umsetzung von<br />

Regelungen auf EU-Ebene (Wasserrahmenrichtlinie,<br />

Hochwasserrichtlinie).<br />

Den Böden kommt bei den komplexen<br />

Wechselwirkungen des Wassers auf<br />

seinem Weg durch das Einzugsgebiet<br />

eine zentrale Bedeutung zu. Daher sind<br />

deren Funktionen als Filter, Puffer,<br />

Speicher und Transformatoren entsprechend<br />

zu erfassen und zu bewerten. Zu<br />

berücksichtigen sind dabei die Vielfalt<br />

der Böden als Ergebnis der Pedogenese<br />

aber auch die meist sehr jungen<br />

Veränderungen in Folge menschlicher<br />

Aktivitäten (vgl. Leitgeb et al. 2013).<br />

Im Beitrag wird an ausgewählten Beispielen<br />

aus dem östlichen und mittleren<br />

Erzgebirge in Sachsen gezeigt, wie<br />

Waldböden sich im Hinblick auf wasserwirtschaftlich<br />

relevante Leistungen<br />

verhalten und wie sich diese Erkenntnisse<br />

künftig auf die Skala grösserer<br />

Einzugsgebiete transferieren lassen.<br />

Das Erzgebirge besitzt die grösste<br />

Waldfläche in Sachsen und hat eine<br />

entsprechend grosse forstwirtschaftliche<br />

Bedeutung. Gleichzeitig gibt<br />

es zahlreiche Talsperren, welche der<br />

Trinkwasserversorgung (etwa der Ballungsräume<br />

Chemnitz und Dresden)<br />

aber auch dem technischen Hochwasserschutz<br />

dienen. Aus der historischen<br />

Entwicklung heraus (Versorgung der<br />

Bergbausiedlungen) ist der Landwirtschaftsanteil<br />

an der Flächennutzung<br />

auch heute noch bedeutsam. Dort wo<br />

es die Bodenverhältnisse zulassen, ist<br />

selbst in den Kammlagen noch Ackerbau<br />

anzutreffen. Eine optimierte Steuerung<br />

der Talsperren im Hinblick auf<br />

Mengen- und Qualitätsziele benötigt<br />

daher umfangreiche Informationen,<br />

nicht zuletzt als Ergebnis interdisziplinärer<br />

Forschung zum Landnutzungseinfluss<br />

(Feger und Wahren 2008).


92 Forum für Wissen 2013<br />

2 Wasserqualität<br />

2.1 Langfristiger Einfluss von Schadstoffeinträgen<br />

über die Luft<br />

Die extrem hohen SO 2 -Emissionen<br />

aus der ungefilterten Verbrennung<br />

von Braunkohle führten seit Ende der<br />

1970er Jahren im Erzgebirge nicht nur<br />

zu den bekannten Waldschäden, sondern<br />

hatten auch beträchtliche Veränderungen<br />

der boden- und gewässerchemischen<br />

Bedingungen zur Folge (vgl.<br />

Armbruster et al. 2003, 2004, 2005).<br />

Die Gewässer waren durch einen<br />

starken Versauerungseinfluss geprägt,<br />

der sich in den pufferschwachen Böden<br />

aus Gneisen und Graniten durch pH-<br />

Werte < 5 sowie stark erhöhte Konzentrationen<br />

von Al-Ionen äusserte. Als<br />

Ursache ist die hohe S-Belastung anzusehen,<br />

welche sich in der Dominanz<br />

der Ionenbilanz durch Sulfat zeigte<br />

(Abb. 1a). In Mittelgebirgen mit geringerer<br />

atmogener Belastung war der<br />

Depositionseinfluss auf den Gewässerchemismus<br />

bei vergleichbaren Puffereigenschaften<br />

der Gesteine und Böden<br />

weit geringer (z. B. Südschwarzwald:<br />

Abb. 1b).<br />

Anfang/Mitte der 1990er Jahre ging<br />

nach Einführung und Umsetzung<br />

umfangreicher Luftreinhaltungsmassnahmen<br />

die S-Depositionsbelastung<br />

stark zurück. Dies bewirkte eine deutliche<br />

Erholung der Gewässerqualität<br />

(Tab. 1). Der pH-Wert stieg deutlich an.<br />

Die besonders deutliche Abnahme der<br />

Sulfat-Konzentrationen auf der Anionenseite<br />

wurde durch eine Abnahme<br />

der Al-Konzentrationen begleitet.<br />

Auch Mn und weitere Schwermetalle<br />

(nicht gezeigt) nahmen deutlich ab.<br />

Standortsökologisch bedeutsam ist<br />

Tab. 1. Übersicht über die langfristige Entwicklung ausgewählter Wasserqualitätsparameter<br />

im Rotherdbach-Einzugsgebiet für drei Zeitscheiben. Angegeben sind die Mittelwerte der<br />

jeweiligen Zeitperiode (aus Benning und Feger 2013).<br />

Zeitraum 1994–1999 2000–2005 2006–2011<br />

pH-Wert 4,3 4,3 4,6<br />

Leitfähigkeit (µS) 148 121 103<br />

–<br />

NO 3 (µmolc L –1 ) 132 73 51<br />

2–<br />

SO 4 (µmolc L –1 ) 715 431 338<br />

Al 3+ (µmolc L –1 ) 279 121 96<br />

Phosphat-P (µg L –1 ) – 29 142<br />

∑ basische Kationen (ohne Na + ) 609 498 407<br />

DOC (mg L –1 ) – 3,3 4,4<br />

Abb. 1. Ionenbilanzen von zwei Experimental-Wassereinzugsgebieten mit Fichtenbestockung<br />

aus Granitpodsolen im östlichen Erzgebirge (links) und Südschwarzwald (rechts);<br />

Mittelwerte aus den Beobachtungzeiträumen 1994–1999 beziehungsweise 1988–1998<br />

(beachte die unterschiedliche Skalierung der x-Achsen; Organische Anionen [aus Anionendefizit]<br />

aus Armbruster et al. 2003).<br />

auch, dass die Austräge der basischen<br />

Kationen Ca 2+ und Mg 2+ (beides sind<br />

wichtige Pflanzennährstoffe) durch<br />

den Sulfat-Rückgang und entsprechend<br />

geringere Pufferbeanspruchung<br />

ebenfalls deutlich zurückgingen.<br />

Wasserwirtschaftlich relevant sind<br />

die heute deutlich höheren Konzentrationen<br />

an gelöster organischer Substanz<br />

(DOC). Die Wasserversorger<br />

müssen einen höheren Aufbereitungsaufwand<br />

betreiben, um diese braungefärbten<br />

Huminstoffe aus dem Rohwasser<br />

zu entfernen. Der in vielen<br />

Mittelgebirgsgewässern in Mittel- /<br />

Nordeuropa und Nordamerika seit<br />

etwa 20 Jahren festgestellte langsame<br />

Anstieg der DOC-Konzentrationen<br />

(z. B. Evans et al. 2006) ist auf eine verändere<br />

chemische Zusammensetzung<br />

des Sickerwassers infolge einer verringerten<br />

atmogenen Depositionsbelastung<br />

zurückzuführen (vgl. Sucker und<br />

Krause 2010). Interessant ist auch, dass<br />

die relativ niedrigen P-Austräge in jüngerer<br />

Zeit etwas angestiegen sind. Dies<br />

beeinflusst den Trophiezustand der Talsperren,<br />

wo die Einträge aus der Landwirtschaft<br />

und dem Siedlungsbereich<br />

seit Anfang / Mitte der 1990er Jahre<br />

stark zurückgingen (Reichelt 2012).<br />

Betrachtet man die zeitliche Variabilität<br />

von Oberflächenwässern aus<br />

Waldgebieten mit multivariaten Statistikmethoden,<br />

so kommt neben der<br />

mehr oder weniger deutlichen Überprägung<br />

durch den S-Eintrag und die<br />

Sulfat-Dominanz auch der Einfluss des<br />

Gestein- / Bodenfaktors deutlich zum<br />

Vorschein. In den basenarmen Mittelgebirgen<br />

ist als prägender (natürlicher)<br />

Bodenprozess vorrangig die Podsolierung<br />

erkennbar. Hier ist nicht nur<br />

der Podsolierungsgrad entscheidend,<br />

sondern auch der Anteil des oberflächennahen<br />

Abflusses (Interflow). Dieser<br />

führt vor allem bei Schneeschmelze<br />

und Starkregen dazu, dass die Filterund<br />

Pufferkapazität der Unterböden<br />

besonders bei vernässten und sickerschwachen<br />

Böden weniger zur Geltung<br />

kommt (vgl. Feger und Brahmer 1986;<br />

Menzer und Feger 2005). Insofern ist<br />

also der Oberbodenzustand und damit<br />

auch die Podsolierung, die waldbaulich<br />

beeinflusst werden kann, wichtig für<br />

die Wasserqualität.<br />

Die Erholung der Gewässerqualität,<br />

die bislang stark durch die atmogene<br />

Versauerung geprägt war, zeigt


Forum für Wissen 2013 93<br />

Abb. 2. Vorräte der Schwefel-Bindungsformen in den Waldböden der 8 Level-II-Standorte<br />

in Sachsen (Stot = Gesamt-S, Sorg = organisch gebundender S; weitere Fraktionen sind austauschbarer<br />

und wasserlöslicher Sulfat-S); aus: Wunderlich et al. (2006).<br />

Kalkungsmassnahmen besteht auch<br />

darin, das Quell- und Grundwasser vor<br />

Schwermetall-, Aluminium- und Säureeinträgen<br />

zu schützen. Diesen Motiven<br />

stehen allerdings eine Reihe möglicher<br />

Risiken gegenüber: vorrangig eine<br />

erhöhte Auswaschung von Nitrat als<br />

Folge einer angekurbelten mikrobiellen<br />

Humusumsetzung und Überschuss-<br />

Nitrifikation sowie eine Mobilisierung<br />

von DOC (Feger 1996). Auch die<br />

Mobilisierung von organisch gebundenem<br />

Boden-Schwefel wird hier diskutiert<br />

(s. o.; Feger 1998). Ein Anstieg<br />

beider Parameter hätte Konsequenzen<br />

für die Trinkwassergewinnung.<br />

Die aus Untersuchungen der Zusammensetzung<br />

des Bodensickerwassers<br />

auf Standortsebene abgeleitete kritische<br />

Bewertung von Waldkalkungen<br />

im Hinblick auf die Wasserqualität (z. B.<br />

Beese und Meiwes 1995; Kreutzer<br />

1995) relativiert sich allerdings, wenn<br />

man Kalkungsexperimente auf der<br />

Skala kleiner Einzugsgebiete betrachtet.<br />

So zeigte die einmalige Ausbringung<br />

von 4 t ha –1 dolomitischem Kalk<br />

im Südschwarzwald (Gebiet Schluchsee)<br />

und Osterzgebirge (Rotherdbach)<br />

insgesamt nur geringe Auswirkungen<br />

auf die chemische Zusammensetzung<br />

des Gebietsabflusses (Armbruster<br />

et al. 2004). Die Lösung des oberflächlich<br />

ausgebrachten Dolomitkalkes<br />

schreitet nur sehr langsam voran. Wie<br />

wiederholte Bodeninventuren in den<br />

ARINUS-Experimental-Einzugsgebieeine<br />

deutliche Verzögerung. Betrachtet<br />

man S-Eintrag- /Austrag-Bilanzen, so<br />

wird deutlich, dass die Waldökosysteme<br />

im Erzgebirge (wie auch an anderen<br />

Waldstandorten Mitteleuropas, aber<br />

in einem viel stärkeren Masse) den<br />

Schwefel aus der S-Deposition früherer<br />

Jahre im Boden akkumuliert haben<br />

(Abb. 2). Vor diesem Hintergrund fungieren<br />

die Böden daher als S-Quelle.<br />

Für den Bodenschutz bedeutsam ist<br />

dabei, dass ein beträchtlicher Teil dieser<br />

S-Vorräte in den Böden organisch<br />

gebunden ist und damit in ähnlicher<br />

Weise wie N mikrobiellen Umsetzungen<br />

unterworfen ist. Störungen<br />

des Humuskörpers (z. B. durch starke<br />

Bestandesauflichtung etwa nach Windwürfen,<br />

Schneebruch, Insektenkalamitäten)<br />

können daher analog zu Nitrat<br />

zu Versauerungsschüben mit entsprechenden<br />

Austrägen von Kationen führen<br />

(vgl. Feger 1998).<br />

2.2 Wirkung von Bodenschutzkalkungen<br />

Grossflächige Kalkungen haben in der<br />

forstlichen Praxis einiger deutscher<br />

Bundesländer seit den 1990er Jahren<br />

weite Verbreitung gefunden. Dabei<br />

überlagern sich häufig ganz unterschiedliche<br />

Ziele: Bodenmelioration,<br />

Säurekompensation, Düngung, Bodenbzw.<br />

Grundwasserschutz (vgl. Feger<br />

1996). Ein häufig genanntes Ziel von<br />

ten im Südschwarzwald zeigten, hatte<br />

die Kalkung nur eine geringe bodenchemische<br />

Tiefenwirkung (das heisst<br />

höhere Basensättigung und höhere pH-<br />

Werte) (Raspe und Feger 1998). Somit<br />

waren die Austauschgleichgewichte<br />

im Mineralboden kaum verändert, die<br />

chemische Zusammensetzung des tieferen<br />

Sickerwassers variierte kaum. Bei<br />

erhöhten Abflüssen war nach Kalkung<br />

allerdings eine leicht verbesserte Säurepufferung<br />

zu beobachten. In beiden<br />

gekalkten Einzugsgebieten zeigte sich<br />

im Bachwasser keine Reaktion bei Nitrat.<br />

Ein erhöhter Nitrat-Austrag nach<br />

Waldkalkung dürfte wohl am ehesten<br />

dort auftreten, wo sich klare Indikatoren<br />

einer N-Sättigung des Waldökosystems<br />

zeigen (Beispiel: stadtnahe Wälder<br />

im Ballungsraum Rhein-Neckar:<br />

Feger 2007). Bei DOC ist zu beachten,<br />

dass in den letzten Jahren ein genereller<br />

Trend in Richtung höherer Austräge<br />

aus Waldböden feststellbar ist, wofür<br />

Bodenschutzkalkungen als Hauptursache<br />

aber ausscheiden (vgl. Evans et al.<br />

2006; Sucker und Krause 2010).<br />

2.3 Einfluss der Landnutzung im<br />

Einzugsgebiet<br />

Das Trinkwasser für die Region Dresden<br />

stammt zu einem grossen Teil aus<br />

dem im Erzgebirge gelegenen Talsperrensystem<br />

Klingenberg / Lehnmühle<br />

(Abb. 3). Beim Hauptzufluss der Talsperre<br />

Lehnmühle hat das Gebiet eine<br />

Flächengrösse von etwa 51 km² (am<br />

Pegel Ammelsdorf); die Höhenlage<br />

variiert von 520 m ü. M. im nördlichen<br />

Teil bis zu 800 m ü. M. im südlichen<br />

Teil. Die Landnutzung entspricht der<br />

für Mittelgebirgsregionen charakteristischen<br />

Verteilung: ~ 52 Prozent Wald,<br />

~ 34 Prozent Grünland und ~ 9 Prozent<br />

ackerbauliche Nutzung. Der mittlere<br />

jährliche Niederschlag beträgt<br />

~1080 mm, die mittlere Jahrestemperatur<br />

liegt bei 4,9 °C. Im Einzugsgebiet<br />

sind hauptsächlich basenarme Braunerden<br />

und Podsole zu finden, die sich<br />

aus den silikatischen Grundgesteinen<br />

entwickelt haben. Um die Stoffausträge<br />

einzelner Landnutzungen erfassen<br />

zu können, wurden für die drei<br />

Hauptlandnutzungen Acker, Grünland<br />

und Wald jeweils Kleinsteinzugsgebiete<br />

ausgesucht, in denen je eine dieser<br />

Nutzungen dominiert (vgl. Benning


94 Forum für Wissen 2013<br />

und Feger 2013). Deren standörtliche<br />

Ausstattung ist für das mesoskalige<br />

Einzugsgebiet repräsentativ. Die beiden<br />

näher untersuchten Waldgebiete<br />

Kohlgrundbach (20,4 ha, Muskovit-<br />

Gneis, tiefgründige Braunerden) und<br />

Rotherdbach (9,4 ha, Granitporphyr,<br />

flach- bis mittelgründige Podsole) sind<br />

mit Fichte bestockt.<br />

Die in den beiden Messjahren 2010<br />

Tab. 2 Austräge der Stoffe Nitrat-Stickstoff (NO 3 -N), Gesamt-Phosphor (GP) und gelöster<br />

organischer Kohlenstoff (DOC) aus den definierten Landnutzungen Acker, Grünland und<br />

Wald im Einzugsgebiet der Talsperre Lehnmühle für die Jahre 2010 und 2011.<br />

2010 2011<br />

kg ha –1 a –1 NO 3 -N GP DOC NO 3 -N GP DOC<br />

Acker 49,3 0,22 4,2 52,1 0,28 3,9<br />

Grünland 38,5 0,18 16,77 20,5 0,11 7,6<br />

Wald 5,0 0,05 9,56 3,6 0,02 5,3<br />

Abb. 3. Darstellung der Lage der Einzugsgebiete: In blau ist das Einzugsgebiet des Zuflusses<br />

zur Talsperre Lehnmühle (Pegel Ammelsdorf, Wilde Weisseritz) dargestellt, innerhalb dessen<br />

die Kleinsteinzugsgebiete Grünland (hellgrün) und Wald (dunkelgrün, Kohlgrundbach)<br />

liegen. In braun ist das Kleinsteinzugsgebiet Acker dargestellt. Rot gekennzeichnet ist das<br />

Kleinsteinzugsgebiet des Rotherdbachs (Level-II Messfläche).<br />

Kohlgrundbach<br />

Rotherdbach<br />

Abb. 4. Zeitreihen der Konzentration an gelöstem organischen Kohlenstoff (DOC) in den<br />

Bachwässern des Kohlgrund- und Rotherdbachgebietes für die hydrologischen Jahre 2010<br />

und 2011.<br />

mg/l mg/l<br />

und 2011 ermittelten Stoffausträge für<br />

Nitrat-N, Gesamt-P und DOC sind<br />

in Tabelle 2 zusammengestellt. Die<br />

Stoffausträge aus Acker und Grünland<br />

sind deutlich höher als aus dem<br />

mit Wald bestockten Einzugsgebiet<br />

(Kohlgrundbach). Der höchste Nitrat-Austrag<br />

wurde mit durchschnittlich<br />

51 kg ha –1 a –1 bei Acker gemessen.<br />

Der Nitrat-N-Austrag bei Grünland<br />

betrug im Mittel 30 kg ha –1 a –1 . Demgegenüber<br />

war der Nitrat-N Austrag<br />

aus Wald mit durchschnittlich 4 kg<br />

ha –1 a –1 sehr gering. Die hohen Austräge<br />

aus den landwirtschaftlich genutzten<br />

Flächen sind auf die regelmässige<br />

N-Zufuhr über Mineraldüngung und<br />

Gülleausbringung zurückzuführen.<br />

Die gemessenen Gesamt-Phosphor-<br />

Austräge zeigen ähnliche Unterschiede<br />

zwischen den einzelnen Landnutzungen.<br />

Die höchsten durchschnittlichen<br />

P-Austräge wurden bei Acker<br />

(0,25 kg ha –1 a –1 ) gemessen, gefolgt<br />

vom Grünland (0,15 kg ha –1 a –1 ) und<br />

wesentlich geringerem Austrag unter<br />

Wald (0,04 kg ha –1 a –1 ). Sowohl die Austräge<br />

aus Wald als auch aus den landwirtschaftlichen<br />

Flächen sind als gering<br />

einzuschätzen. Auf den beiden landwirtschaftlichen<br />

Flächen erfolgt seit<br />

mehr als zehn Jahren allerdings keine<br />

P-Düngung mehr und die Bewirtschaftung<br />

wurde auf konservierende Bodenbearbeitung<br />

umgestellt.<br />

Der Austrag von gelöstem organischem<br />

Kohlenstoff (DOC) war bei<br />

Acker am geringsten. Die höchsten<br />

DOC-Austräge wurden überraschenderweise<br />

aus dem Grünland gemessen;<br />

die Austräge aus Wald lagen dazwischen.<br />

Die partielle Drainage und der<br />

Anteil hydromorpher Böden (Gleye)<br />

im Grünlandgebiet dürfte eine wesentliche<br />

Ursache für die hohen Austräge<br />

sein, da der DOC-Austrag sehr stark<br />

an den Durchfluss und vor allem an<br />

Abflussspitzen gekoppelt ist.<br />

Hinsichtlich der DOC-Austräge aus<br />

dem Wald wirken die Bodenverhältnisse<br />

stark differenzierend (Abb. 4). Im<br />

Rotherdbach (Granit-Podsol) ist die<br />

mittlere Konzentration um ca. Faktor<br />

5 höher als im Kohlgrundbach (Gneis-<br />

Braunerde). Betrachtet man die zeitliche<br />

Dynamik, so schwanken die<br />

DOC-Konzentrationen im Kohlgrundbach<br />

weniger als im Rotherdbach, wo<br />

deutliche Peaks erkennbar sind, die<br />

mit Abflussspitzen korrelieren. Diese


Forum für Wissen 2013 95<br />

Inwieweit eine Erhöhung der Waldbestockung<br />

zu einer Verbesserung<br />

der Wasserqualität führt, lässt sich im<br />

Hinblick auf eine wasserwirtschaftliche<br />

Gesamtbewertung nicht vom<br />

Aspekt veränderter Wassermengen<br />

(Gebietswasserspenden) trennen. Um<br />

abzuschätzen, wie sich Art und Intensität<br />

der Landnutzung im Einzugsgebiet<br />

auf den Wasserhaushalt auswirken,<br />

hat sich die Anwendung von<br />

räumlich-verteilten Prozessmodellen<br />

gut bewährt. Für das Einzugsgebiet<br />

des Schlettenbach (6,8 km 2 ) bei<br />

Marienberg im mittleren Erzgebirmg/l<br />

Abb. 5. Vergleichende Darstellung der Zeitreihen der Nitrat-N-Konzentrationen in den drei<br />

Kleinsteinzugsgebieten Acker, Grünland und Wald (Kohlgrundbach) sowie im Gesamteinzugsgebiet<br />

(Zufluss Talsperre Lehnmühle, Pegel Ammelsdorf). Dargestellt für die beiden<br />

hydrologischen Jahre 2010 und 2011.<br />

len beziehen sich auf das langjährige<br />

Mittel. In Einzeljahren ist eine noch<br />

höhere Minderung des Gebietsabflusses<br />

möglich. Aus Sicht der Wassermengenwirtschaft<br />

(Talsperrennutzung) ist<br />

dies als relevantes Defizit zu werten.<br />

Die Minderung des jährlichen Gebietsabflusses<br />

dürfte unter den Bedingungen<br />

des Klimawandels noch höher ausfallen<br />

(Feger und Wahren 2008). Bei<br />

höheren Waldanteilen ergibt sich eine<br />

deutlich verbesserte Hochwasserretentionsleistung<br />

(Quantifizierung für einzelne<br />

Hochwasserereignisse bei Wahren<br />

et al. 2012).<br />

Unterschiede sind durch Zusammenwirken<br />

von unterschiedlicher Bodenchemie<br />

und Art der Abflussbildung<br />

(Interflow-Anteil) bedingt.<br />

Am Zufluss zur Talsperre Lehnmühle<br />

ist die Wirkung des Waldes im<br />

mesoskaligen Gesamteinzugsgebiet<br />

gut erkennbar (Abb. 5). Die mittlere<br />

Nitrat-N-Konzentration am Pegel<br />

Ammelsdorf betrug 1,8 mg L –1 . Sie ist<br />

damit höher als die im Kleineinzugsgebiet<br />

im Wald gemessene Konzentration,<br />

aber deutlich niedriger als die Konzentration<br />

im Bachwasser der landwirtschaftlichen<br />

Flächen. Der relativ<br />

hohe Waldanteil im Gesamteinzugsgebiet<br />

(Pegel Ammelsdorf) führt offenbar<br />

dazu, dass die Nitrat-Belastung aus<br />

landwirtschaftlichen Flächen nahezu<br />

kompensiert werden.<br />

3 Veränderte Waldanteile<br />

– Auswirkungen auf die<br />

Gebietsabflüsse<br />

ge modellierten wir den Gebietswasserhaushalt<br />

mit dem GIS-basierten<br />

Wasserhaushaltsmodell AKWA-M.<br />

Details zum Modell und zur Modellierung<br />

sind bei Münch et al. (2007) sowie<br />

Wahren et al. (2008a, 2012) erläutert.<br />

Ein besonderer Schwerpunkt bei der<br />

Modell-Implementierung wurde auf<br />

die Anpassung der Bodenparameter<br />

bei Landnutzungswechsel von Acker<br />

zu Wald gelegt. Der Ansatz basiert auf<br />

der Ermittlung bodenhydraulischer<br />

Kenngrössen an Bodenprofilen in einer<br />

unechten Zeitreihe, die unterschiedliche<br />

Zeiträume nach Aufforstung eines<br />

Ackerstandortes repräsentieren (Wahren<br />

et al. 2009).<br />

Modellläufe erfolgten für den Zeitraum<br />

der hydrologischen Jahre 1985<br />

bis 2001. Neben der aktuellen Landnutzung<br />

erfolgte die Simulation von<br />

fünf verschiedenen Landnutzungsszenarien<br />

mit unterschiedlich grossen<br />

Waldanteilen (Abb. 6, Tab. 3). Dabei<br />

siegeln SZ1 bis SZ4 vier sozioökonomische<br />

begründete Szenarien wider<br />

(Wahren et al. 2008b). Ein weiteres<br />

(selbstverständlich vollkommen hypothetisches)<br />

Szenario ist die vollständige<br />

Bewaldung mit einem natürlichen<br />

Bergmischwald.<br />

Der unterschiedlich grosse Waldanteil<br />

und die unterschiedliche räumliche<br />

Verteilung bedingen deutliche Verschiebungen<br />

in den Wasserhaushaltskomponenten<br />

(Tab. 4). Besonders die<br />

bei Waldbestockung höhere Interzeptionsverdunstung<br />

bewirkt eine Reduktion<br />

des Gebietswasserabflusses zwischen<br />

1 Prozent und 24 Prozent (vollständige<br />

Bewaldung) im Vergleich zur<br />

aktuellen Landnutzung. Diese Zah-<br />

4 Konsequenzen für<br />

den Bodenschutz und<br />

Perspektiven<br />

Die mit Waldvegetation bestockten<br />

Teile der Wassereinzugsgebiete üben<br />

eine insgesamt sehr positive, aber<br />

standörtlich differenzierte Wirkung auf<br />

die Wasserqualität aus. Deren Erfassung<br />

und Bewertung stellt daher eine<br />

wesentliche Grundlage der forstlichen<br />

Bewirtschaftung und ggf. auch für eine<br />

mögliche Steuerung und Honorierung<br />

wasserbezogener Ökosystemdienstleistungen<br />

auf Gesamteinzugsgebietsebene<br />

dar.<br />

Betrachtet man die Waldböden, so<br />

zeigt sich eine Überlagerung natürlicher<br />

Prozesse (v. a. Podsolierung) und<br />

der Nachwirkung der früher extrem<br />

hohen Schwefel-Belastung. Dies ist bei<br />

der Waldbewirtschaftung zu berücksichtigen.<br />

Besonderes Augenmerk verdient<br />

hier der Humuskörper. Denn<br />

Störungen (z. B. durch starke Bestandesauflichtung<br />

etwa nach Windwürfen,<br />

Schneebruch, Insektenkalamitäten,<br />

möglicherweise auch durch mechanische<br />

Schäden) können hier zu verstärkten<br />

Austrägen von Nitrat, Sulfat und<br />

entsprechenden Begleitkationen führen.<br />

Dies gilt besonders auch für gelöste<br />

Huminstoffe (messbar als DOC),<br />

die aufgrund veränderter bodenchemischer<br />

Bedingungen seit Rückgang der<br />

starken Depositionsbelastung zudem<br />

einen allgemein ansteigenden Trend<br />

zeigen. Erhöhte DOC-Befrachtung bei<br />

gleichzeitig zurückgehenden Gesamtelektrolyt-Konzentrationen<br />

erfordern<br />

bei der Aufbereitung des Rohwassers<br />

verstärkte technische Aufwendungen.


96 Forum für Wissen 2013<br />

Der DOC-Austrag aus dem Wald zeigt<br />

aber eine boden-/standortsabhängige<br />

Differenzierung. Auf Gesamteinzugsgebietsebene<br />

können ausserdem<br />

auch DOC-Austräge aus Grünland und<br />

Moorflächen relevant sein.<br />

Im Vergleich zur Agrarnutzung sind<br />

N- und P-Austräge sehr gering. Daher<br />

empfehlen sich hohe Waldanteile im<br />

Einzugsgebiet gerade von Trinkwassertalsperren.<br />

Simulationen mit Landnutzungsszenarien<br />

unterschiedlich gros-<br />

Tab. 3. Flächenanteile (%) der für die Simulation des Schlettenbach-Gebietswasserhaushalts verwendeten Landnutzungsszenarien (IST –<br />

aktuelle Landnutzung, nach Color-IR-Aufnahme 1992/93), SZ 1 (WM) – Szenario 1 «World Markets»; SZ 2 (NE) – Szenario 2 «National<br />

Enterprise»; SZ 3 (GS) – Szenario 3 «Global Sustainability»; SZ 4 (LS) – Szenario 4 «Local Stewardship» – vgl. Karten in Abb. 6; PNV –<br />

vollständige Bewaldung entsprechend der potenziell natürlichen Vegetation); Details in Wahren et al. (2008b).<br />

Wald<br />

Szenario<br />

Wald gesamt<br />

Naturnaher Mischwald<br />

Kahl schlagflächen<br />

Naturferner Fichtenreinbestand<br />

(Alter 10 a)<br />

Naturferner Fichtenreinbestand<br />

(Alter 30 a)<br />

Naturferner Fichtenreinbestand<br />

(Alter 70 a)<br />

Feucht wald<br />

Intensives Grünland<br />

Extensives Grünland<br />

Konventioneller Ackerbau<br />

Konservierender Ackerbau<br />

Siedlungen<br />

Hecken und Obstgehölze<br />

versiegelt<br />

IST 35 4 29 2 41 11 7 4 2<br />

SZ1 (WM) 81 0 11 11 19 34 6 12 4 3<br />

SZ2 (NE) 44 0 38 6 41 4 9 2<br />

SZ3 (GS) 53 43 10 42 3 1 1<br />

SZ4 (LS) 63 54 9 15 18 2 1 1<br />

PNV 99 87 12 1<br />

Abb. 6. Vier sozio-ökonomisch begründete Landnutzungsszenarien für das Schlettenbach-Einzugsgebiet (6,8 km 2 ) bei Marienberg im mittleren<br />

Erzgebirge (aus Wahren et al. 2008b)


Forum für Wissen 2013 97<br />

Tab. 4. Ergebnis der Simulation des Gebietswasserhaushalts für das Schlettenbach- Einzugsgebiet<br />

(6,8 km 2 ) bei Marienberg im mittleren Erzgebirge (aus Wahren et al. 2008b).<br />

«Differenz» bezieht sich auf die relative Veränderung des Gebietsabflusses aus dem Vergleich<br />

zwischen dem aktuellen Zustand (IST) und fünf verschiedenen Landnutzungsszenarien<br />

(vgl. Abb. 6 und Tab. 3). WHH = Wasserhaushaltsjahr.<br />

WHH 1985–2001 IST SZ 1 SZ2 SZ3 SZ4 PNV<br />

Niederschlag 972 972 972 972 972 972<br />

reale Verdunstung 472 480 505 509 534 593<br />

Transpiration 193 178 212 212 222 244<br />

Interzeption 190 238 227 221 252 296<br />

Abfluss 507 501 476 473 448 386<br />

Differenz – –1% –6% –7% –12% –24%<br />

ser Waldanteile machen deutlich, dass<br />

dann aber die Gebietsabflüsse zurückgehen.<br />

Hingegen steigen die Hochwasserretention<br />

und die damit verbundene<br />

Stoffretention im Einzugsgebiet an.<br />

Die Minderung der Abflüsse dürfte<br />

unter den Bedingungen des Klimawandels<br />

noch höher ausfallen. Diese komplexen<br />

Effekte sind bei längerfristigen<br />

Planungen zu berücksichtigen. Vor diesem<br />

Hintergrund sollte eine Waldmehrung<br />

nicht unspezifisch auf der gesamten<br />

Fläche erfolgen, sondern dort wo<br />

die Retention gesteigert und der Stoffaustrag<br />

minimiert werden kann. Bei<br />

der Baumartenwahl sind Laubbäume<br />

(vorrangig Buche) der heute noch<br />

dominierenden Fichte vorzuziehen.<br />

Denn bei Fichte wirkt sich die höhere<br />

Interzeptionsverdunstung erniedrigend<br />

auf den Gesamtabfluss und damit<br />

die nutzbare Wassermenge aus. Gleichzeitig<br />

fördern hohe Fichtenanteile die<br />

Podsolierung und damit unter Umständen<br />

den Huminstoffaustrag. Die Tanne<br />

als Baumart der natürlichen Waldgesellschaft,<br />

die nutzungsbedingt und<br />

aufgrund der hohen Luftverschmutzung<br />

im Erzgebirge stark zurückgegangen<br />

ist, in jüngerer Zeit waldbaulich<br />

aber wieder stark gefördert wird,<br />

ist hier positiv zu bewerten. Zum einen<br />

ist die Tannenstreu besser zersetzbar,<br />

zum anderen fördert die starke Tiefendurchwurzelung<br />

der Tanne die Tiefensickerung,<br />

sodass dadurch der oberflächennahe<br />

Wasser- und Stofftransport<br />

reduziert wird. Allerdings fehlen hierfür<br />

experimentelle Daten.<br />

Eine differenzierte Bewertung der<br />

Veränderungen in den Wasserflüssen<br />

im Hinblick auf die Wasserqualität<br />

fehlt bislang. Ein einfacher Ansatz<br />

wäre hierfür eine «Verschneidung» von<br />

gemessenen Konzentrationen aus dem<br />

Monitoring und den Wasserflüssen<br />

aus der Modellierung der Wasserflüsse.<br />

Gerade aber die Effekte bei Landnutzungswandel<br />

(z. B. durch Aufforstung)<br />

sind aufgrund zahlreicher Wechselwirkungen<br />

nur schwer abschätzbar.<br />

Künftige Herausforderungen für die<br />

interdisziplinäre Waldforschung und<br />

die Einzugsgebietshydrologie liegen in<br />

einer stärkeren Verknüpfung von Wasserqualität<br />

und -menge sowohl hinsichtlich<br />

Monitoring als auch Modellierung.<br />

Danksagung<br />

Das Analysenprogramm im Einzugsgebiet<br />

der Talsperre Lehnmühle war Teil<br />

des BMBF-geförderten Verbundvorhabens<br />

REGKLAM (Entwicklung und<br />

Erprobung eines integrierten Regionalen<br />

Klimaanpassungsprogramms für<br />

die Modellregion Dresden). Ebenso<br />

danken wir dem Staatsbetrieb Sachsenforst<br />

(Dr. H. Andreae) für die<br />

freundliche Bereitstellung der Rohdaten<br />

der Level-II Messfläche Altenberg<br />

(Rotherdbach) und S. Wunderlich für<br />

die aus verschiedenen Forschungsprojekten<br />

zusammengestellten Daten für<br />

dieses Gebiet. Die Arbeiten im Schlettenbach-Einzugsgebiet<br />

erfolgten im<br />

Rahmen des im 6. EU-Forschungsrahmenprogramm<br />

geförderten Verbundvorhabens<br />

FLOODsite.<br />

5 Literatur<br />

Armbruster, M.; Abiy, M.; Feger, K.H.,<br />

2003: The biogeochemistry of two forested<br />

catchments in the Black Forest and<br />

the eastern Ore Mountains (Germany)<br />

Effects of changing atmospheric inputs<br />

on soil solution and streamwater chemistry.<br />

Biogeochemistry 65: 341–368.<br />

Armbruster, M.; Abiy, M.; Feger, K.H.,<br />

2004: Wasserqualität in zwei bewaldeten<br />

Einzugsgebieten mit unterschiedlicher<br />

Depositionsbelastung – Langfristige Veränderungen<br />

und Reaktion auf Kalkung.<br />

Forstl. Schriftenreihe Univ. Bodenkultur<br />

Wien 18, 118-142.<br />

Armbruster, M.; Abiy, M.; Feger, K.H.,<br />

2005: Vergleichende Stoffbilanzierung<br />

von zwei bewaldeten Einzugsgebieten<br />

im Osterz gebirge und Südschwarzwald<br />

– Langfristige Tendenzen und Reaktion<br />

auf Kalkung. In: Nebe, W.; Feger, K.H.<br />

(Hrsg.) Atmosphärische Deposition, ökosystemare<br />

Stoffbilanzen und Ernährung<br />

der Fichte bei differenzierter Immissionsbelastung.<br />

Langjährige Zeitreihen für das<br />

Osterzgebirge und den Südschwarzwald.<br />

Ulmer-Verlag. Forstwiss. Beiträge Tharandt<br />

22: 33–58.<br />

Beese, F.; Meiwes, K.J., 1995: 10 Jahre Waldkalkung:<br />

Stand und Perspektiven. AFZ/<br />

Wald 50: 946–949.<br />

Benning, R.; Feger, K.H., 2013: Der Beitrag<br />

von Waldflächen zur Sicherung der<br />

Rohwasserqualität in einem mesoskaligen<br />

Talsperren-Einzugsgebiet. Freiburger<br />

Forstl. Forschungen 96: 1–10.<br />

Brauman, K.A.; Daily, G.C.; Duarte, TK;<br />

Mooney, H.R., 2007: The nature and<br />

value of ecosystem services: A focus on<br />

hydrology. Annual Review of Environment<br />

and Resources 32: 67–98.<br />

Evans, C.D.; Chapman, P.J.; Clark, J.M.;<br />

Monteith, D.T.; Cresser, M.S., 2006:<br />

Alternative explanations for rising dissolved<br />

organic carbon export from organic<br />

soils. Glob. Chang. Biol. 12; 2044–2053.<br />

Feger, K.H., 1996: Schutz vor Säuren. In:<br />

Blume, H.P.; Fischer, W.; Frede, H.G.;<br />

Horn, R.; Felix-Henningsen, P.; Stahr,<br />

K. (Hrsg.) Handbuch der Bodenkunde,<br />

Landsberg/Lech, Ecomed-Verlag, Kap.<br />

7.6.2, 24 S.<br />

Feger, K.H., 1998: Bedeutung natürlicher<br />

und anthropogener Komponenten im<br />

Stoffkreislauf terrestrischer Ökosysteme<br />

für die Zusammensetzung von Grundund<br />

Oberflächenwasser (am Beispiel des<br />

Schwefelkreislaufes). Rat von Sachverständigen<br />

für Umweltfragen, Materialien


98 Forum für Wissen 2013<br />

zur Umweltforschung 30. Stuttgart, Verlag<br />

Metzler & Poeschel, 118 S.<br />

Feger, K.H., 2007: Bodenveränderungen<br />

auf Waldstandorten in der Nördlichen<br />

Oberrheinischen Tiefebene. Mitt. Österr.<br />

Bodenkdl. Ges. 74: 16–27.<br />

Feger, K.H.; Brahmer, G., 1986: Factors<br />

affecting snowmelt streamwater chemistry<br />

in the Black Forest (West Germany)<br />

Water Air Soil Pollut. 31: 257–265.<br />

Feger, K.H., Wahren, A., 2008: Auswirkungen<br />

verschiedener Bewaldungsszenarien<br />

auf den (künftigen) Gebietswasserhaushalt<br />

im Erzgebirge. 4. Kolloquium des<br />

Nationalen Komitees für Global Change<br />

Forschung «Umgang mit dem Klimawandel<br />

– Landnutzung im Spannungsfeld von<br />

Ressourcenschutz, Nahrungs- und Energienachfrage»,<br />

Bad Honnef, 3./.4. April<br />

2008.<br />

Feger, K.H.; Hawtree, D., 2013: Soil Carbon<br />

and Water Security. In: Lal, R.;<br />

Lorenz, K.; Hüttl, R,F.; Schneider, B.U.;<br />

von Braun, J. (eds) Ecosystem Services<br />

and Carbon Sequestration in the Biosphere.<br />

Springer. 79–99.<br />

Kreutzer, K., 1995: Effects of forest liming<br />

on soil processes. Plant Soil 168, 69: 447–<br />

470.<br />

Leitgeb, E.; Reiter, R.; Englisch, M.;<br />

Lüscher, P.; Schad, P.; Feger, K.H., 2013:<br />

Waldböden. Ein Bildatlas der wichtigsten<br />

Bodentypen aus Österreich, Deutschland<br />

und der Schweiz. ISBN 978-3-527-32713-3.<br />

Weinheim, Wiley-VCH. 330 S.<br />

MCPFE – Ministerial Conference on the<br />

Protection of Forests in Europe, 1993: 2.<br />

Konferenz in Helsinki, Resolution H1:<br />

Nachhaltiges Forstmanagement in Europa.<br />

MCPFE – Ministerial Conference on the<br />

Protection of Forests in Europe, 2007: 5.<br />

Konferenz in Warschau, Resolution W2:<br />

Wälder und Wasser.<br />

Menzer, A.; Feger, K.H., 2005: Räumliche<br />

Variabilität der chemischen Zusammensetzung<br />

von Quellbächen im Erzgebirge<br />

in Abhängigkeit von Geologie, Boden<br />

und Bestockung. Mitt. Dtsch. Bodenkdl.<br />

Ges. 107: 503–504.<br />

Münch, A.; Dittrich, I.; Wahren, A., 2007:<br />

The Effects of Changes in Tree Species<br />

Composition and of Afforestation on<br />

Water Budget and Flood Dynamics Calculated<br />

wit AKWA-M®, Ore Mountains.<br />

In: Feger, K.H.; Wang, Y.; Bernhofer, C.;<br />

Seegert, J. (Eds.) Progress in Hydro Science<br />

and Engineering. Dresden, Dresden<br />

Water Center 3: 331–337. ISBN: 978-3-<br />

86780-074-7.<br />

Pilaš, I.; Feger, K.H.; Vilhar, U.; Wahren,<br />

A., 2010: Multidimensionality of Scales<br />

and Approaches for Forest–Water Interactions.<br />

In: Bredemeier, M.; Cohen, S.;<br />

Godbold, D.L.; Lode, E.; Pichler, V.;<br />

Schleppi, P. (Eds.) Forest Management<br />

and the Water Cycle. An Ecosystem-<br />

Based Approach. Springer, Ecol. Stud.<br />

212: 351–380.<br />

Raspe, S.; Feger, K.H., 1998: Bodenfestphase<br />

und behandlungsbedingte Veränderungen.<br />

In: Raspe S.; Feger, K.H.;<br />

Zöttl, H.W. (Hrsg.) Ökosystemforschung<br />

im Schwarzwald – Auswirkungen<br />

von atmogenen Einträgen und Restabilisierungsmassnahmen<br />

in Fichtenwäldern<br />

(Verbundprojekt ARINUS). Umweltforschung<br />

in Baden-Württemberg. Landsberg/Lech,<br />

ecomed-Verlag. 203–222.<br />

Abstract<br />

The importance of forest soils for water yield and quality<br />

In the Ore Mts. (Erzgebirge, Saxony, Germany), long-term hydrological and biogeochemical<br />

monitoring has been performed and related models of watershed<br />

budgets developed. These illustrate how forest soils affect water-related ecosystem<br />

services. Water quality is still influenced by the distinct after-effects of sulphur<br />

deposition, which was very high in the region until the mid 1990s, and by natural<br />

soil processes i.e. podsolization. Humic compounds (analyzed as DOC) appear to<br />

be a problem for drinking water, but they vary with soil/site conditions. Much less<br />

nitrogen and phosphorus are exported from forests than from agricultural land.<br />

Hydrological simulations using distributed watershed models indicate the water<br />

yield is less for land-use scenarios with more forest in the watershed. On the other<br />

hand, higher percentages of forest cover are beneficial in terms of flood retention<br />

and overall water quality. Challenges for future research will be to combine good<br />

water quality and water yield/fluxes.<br />

Reichelt, C.P., 2012: Umsetzung von Massnahmen<br />

zur Stoffeintragsminderung in<br />

Einzugsgebieten von Trinkwassertalsperren.<br />

9. Gewässerforum Mulden, Chemnitz,<br />

10. Okt. 2012, http://www.umwelt.<br />

sachsen.de/umwelt/wasser/download/10_<br />

Forum_M_TOP10_REICHELT.pdf<br />

Sucker, C.; Krause, K., 2010: Increasing<br />

dissolved organic carbon concentrations<br />

in freshwaters: what is the actual driver?<br />

iForest – Biogeosciences and Forestry 3:<br />

106–108. doi: 10.3832/ifor0546-003<br />

Wahren, A.; Schwärzel, K.; Feger, K.H.,<br />

2008a: Uncertainties in the parameterisation<br />

of rainfall-runoff-models to quantify<br />

land-use effects in flood risk assessment.<br />

In: Samuels, P.; Huntington, S., Allsop,<br />

W.; Harrop, J. (eds) Flood Risk Management:<br />

Research and Practice. CRC Press.<br />

London, Taylor & Francis Group. Balkema<br />

Proceedings and Monographs in<br />

Engineering, Water and Earth Science.<br />

1479–1483. ISBN: 978-0-415-48507-4.<br />

Wahren, A.; Feger K.H.; Schwärzel, K.;<br />

Römer, G.; Münch, A.; Dittrich I., 2008b:<br />

Landnutzungsabhängiger Gebietsrückhalt<br />

bei Hochwasser auf der Grundlage<br />

sozioökonomisch begründeter Zukunftsszenarien.<br />

In: Haberlandt, U.; Riemeier,<br />

B.; Billib, M.; Verworn, H.R.; Kleeberg,<br />

H.B. (Hrsg.) Hochwasser, Wassermangel,<br />

Gewässerverschmutzung – Problemlösung<br />

mit modernen hydrologischen<br />

Methoden, Beiträge zum Tag der Hydrologie<br />

2008, 27./28. März 2008 an der<br />

Leibnitz Universität Hannover. Hennef,<br />

Fachgemeinschaft für Hydrologische<br />

Wissenschaften in der DWA. Forum für<br />

Hydrologie und Wasserbewirtschaftung<br />

23, 8: 73-81. ISBN: 978-3-940173-96-6.<br />

Wahren, A.; Schwärzel, K.; Feger, K.H.;<br />

Münch, A., 2009: Land-use effects on<br />

flood generation – Considering soil hydraulic<br />

measurements in modeling. Adv.<br />

Geosci. 21: 99–107.<br />

Wahren, A.; Schwärzel, K.; Feger, K.H.,<br />

2012: Potentials and limitations of natural<br />

flood retention by forested land in headwater<br />

catchments: evidence from experimental<br />

and model studies. J. Flood Risk<br />

Manage. 5: 321–335.<br />

Wunderlich, S.; Raben, G.; Andreae, H.;<br />

Feger, K.H., 2006: Schwefel-Vorräte<br />

und Sulfat-Remobilisierungspotenzial in<br />

Böden der Level-II-Standorte Sachsens.<br />

AFZ/Der Wald 60: 762–765.<br />

Keywords: forest soil, water quality, water yield, hydrologic ecosystem service, land<br />

use, acid deposition, Erzgebirge/Ore Mts.


Forum für Wissen 2013: 99–102 99<br />

Umsetzung des Bodenschutzes im Aargauer Wald<br />

Andreas Freuler<br />

Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung Wald, Entfelderstrasse 22, CH-5001 Aarau, andreas.freuler@ag.ch<br />

Physikalischer Bodenschutz im Aargauer Wald beruht auf drei Stossrichtungen:<br />

der Ausbildung und Sensibilisierung aller Akteure, dem Bereitstellen von Grundlagen<br />

sowie einem Angebot für Beratung und Unterstützung. Für die Umsetzung<br />

wurden ein Idealzustand aus Sicht des Bodenschutzes skizziert und anhand einer<br />

Soll-Ist-Analyse die dringendsten Handlungsfelder definiert. Momentan wichtigstes<br />

Ziel des Bodenschutzes im Aargauer Wald ist die Dokumentation und Optimierung<br />

der Feinerschliessung.<br />

1 Ausgangslage<br />

Physikalischer Bodenschutz im Wald<br />

ist ein komplexes Thema. Der Waldbesitzer<br />

möchte die Fruchtbarkeit des<br />

Waldbodens langfristig erhalten und<br />

muss dies mit kurzfristigen Anforderungen<br />

an die Wirtschaftlichkeit des<br />

Betriebes und mit den sich stetig wandelnden<br />

Ansprüchen der Waldbesucher<br />

in Einklang bringen. Mit dem Projekt<br />

Bodenschutz im Wald (2008–2011)<br />

wurde dieses Thema im Kanton Aargau<br />

angegangen. Unter der Leitung<br />

von Peter Ammann (Abteilung Wald)<br />

und in enger Zusammenarbeit mit der<br />

Forschungseinheit Waldböden und<br />

Biogeochemie sowie der Forschungsgruppe<br />

Forstliche Produktionssysteme<br />

der Eidg. Forschungsanstalt <strong>WSL</strong> wurden<br />

die Grundlagen für eine erfolgreiche<br />

Umsetzung des Bodenschutzes im<br />

Aargauer Wald geschaffen.<br />

Produkte dieser Zusammenarbeit<br />

sind u.a. eine Verdichtungsrisikokarte<br />

als Grundlage der Feinerschliessungsplanung<br />

und der Holzernteplanung<br />

für den ganzen Waldboden im Aargau<br />

(Freuler 2011) sowie Empfehlungen<br />

für den Bodenschutz im Wald, welche<br />

die Abteilung Wald gemeinsam mit<br />

dem Aargauischen Försterverband,<br />

dem Aargauischen Waldwirtschaftsverband<br />

und den Forstunternehmern<br />

Schweiz, Region Aargau herausgegeben<br />

hat (Anonymus 2011). Ebenfalls<br />

im Rahmen dieses Projektes wurden<br />

eine Pilotstudie zur Aufnahme, Optimierung<br />

und Dokumentation der Feinerschliessung<br />

unter Einsatz von GPS<br />

und GIS durchgeführt sowie Überlegungen<br />

zum Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />

des Bodenschutzes angestellt und<br />

das gesamte Aargauer Forstpersonal<br />

an eintägigen Kursen für dieses Thema<br />

sensibilisiert und ausgebildet. Zudem<br />

wurde eine Stelle für Beratung und<br />

Unterstützung der Waldbewirtschafter<br />

geschaffen.<br />

Die Umsetzung des Bodenschutzes<br />

im Wald stützt sich auf die drei Schwerpunkte<br />

Ausbildung / Sensibilisierung,<br />

Bereitstellen von Grundlagen sowie<br />

ein Beratungsangebot. Sie baut auf den<br />

Ergebnissen des Projektes auf (Abb. 1).<br />

Umsetzung Bodenschutz im Wald<br />

Ausbildung /<br />

Sensibilisierung<br />

Grundlagen<br />

bereitstellen<br />

Beratung /<br />

Unterstützung<br />

Projekt Bodenschutz im Wald<br />

Abb. 1. Umsetzung des Bodenschutzes im<br />

Wald im Kanton Aargau.<br />

2 Soll-Zustand<br />

Die eigentliche Umsetzungsarbeit startete<br />

mit der Definition des Soll-Zustandes.<br />

Ausgehend von den Empfehlungen<br />

für den Bodenschutz im Wald wurde der<br />

aus Sicht des Bodenschutzes op timal<br />

vorbereitete Forstbetrieb skizziert:<br />

– Alle Akteure (Waldbesitzer,<br />

Betriebsleiter, Förster, Maschinisten,<br />

Forstwarte, Unternehmer, Behörden<br />

und Holzabnehmer) sind sich<br />

der Bedeutung des Bodenschutzes<br />

bewusst und wissen, mit welchen<br />

Massnahmen sie zu einem guten<br />

Ergebnis beitragen können.<br />

– Im bewirtschafteten Wald ist die<br />

Fein erschliessung für jede Feinerschliessungseinheit<br />

unter Berücksichtigung<br />

des Verdichtungsrisikos und<br />

der kleinräumigen Situation optimiert<br />

und vollständig vorhanden. Die<br />

Fahrlinien sind zusammen mit dem<br />

Verdichtungsrisiko in der Bestandeskarte<br />

eingetragen und im Wald so<br />

versichert, dass sie innert nützlicher<br />

Frist aufgefunden werden können.<br />

– Der Betriebsleiter organisiert die<br />

Arbeiten gemäss der Witterung und<br />

dem Verdichtungsrisiko in den einzelnen<br />

Holzschlägen. Bei Holzschlägen<br />

auf sehr befahrungsempfindlichen<br />

Böden wird auf günstige Verhältnisse<br />

gewartet (allenfalls auch über Jahre).<br />

Er kennt die Eigenschaften und Einsatzbereiche<br />

der eigenen Maschinen<br />

und derjenigen des Unternehmers<br />

und stimmt das Verfahren und die<br />

Maschinen auf den Bestand und den<br />

Boden ab. Beim Maschinenkauf ist<br />

die Bodenpfleglichkeit ein wichtiges<br />

Auswahlkriterium.<br />

– Bodenschutz als Kriterium der<br />

Arbeitsqualität ist Teil der Anweisungen<br />

an das eigene Personal und /<br />

oder der Ausschreibung und des<br />

Vertrages zwischen Forstbetrieb<br />

und Unternehmer und wird entsprechend<br />

kontrolliert.


100 Forum für Wissen 2013<br />

– Die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten<br />

zur Einhaltung des<br />

Bodenschutzes bei der Planung und<br />

Durchführung der Holzerntearbeiten<br />

sind klar geregelt.<br />

Diese Punkte wurden mit dem Ist-<br />

Zustand verglichen. Aus dieser Soll-<br />

Ist-Analyse ergab sich der Handlungsbedarf<br />

für den physikalischen Bodenschutz<br />

im Aargauer Wald.<br />

3 Handlungsfelder<br />

Mit den erwähnten Ausbildungskursen<br />

wurde bereits eine hohe Sensibilisierung<br />

erreicht. Das Thema Bodenschutz<br />

wird seither vermehrt diskutiert<br />

und gehört zur Holzernte dazu. Die<br />

Diskussion hat sich dabei vom «Ob»<br />

zum «Wie» gewandelt und da an den<br />

Kursen auch die Aargauer Forstunternehmer<br />

freiwillig teilgenommen haben,<br />

findet die Lösungsfindung gemeinsam<br />

statt. Mit der Definition der Spurtypen<br />

(Lüscher et al. 2010) verfügen<br />

die beteiligten Akteure zudem über<br />

einen einfach zu handhabenden Indikator<br />

für die Arbeitsqualität. Im Rahmen<br />

von Beratungen bei der Feinerschliessung<br />

und Betriebsbesuchen der<br />

Behörden (Waldarbeitstage der Kreisförster,<br />

Evaluationen der Jungwaldpflege,<br />

usw.) werden Bodenschutzthemen<br />

anhand konkreter Holzschläge<br />

und unter den örtlichen Rahmenbedingungen<br />

besprochen, so dass das Thema<br />

auch nach den Ausbildungskursen<br />

aktuell bleibt. Der Ist-Zustand nähert<br />

sich somit dem Soll-Zustand an.<br />

Bei der Feinerschliessung wurde<br />

allerdings noch erheblicher Handlungsbedarf<br />

festgestellt. Da die Anlage<br />

und Nutzung der Feinerschliessung<br />

den grössten Einfluss auf den Boden<br />

haben, lohnt sich ein Engagement in<br />

diesem Bereich – nebst der Sensibilisierung<br />

– zudem am meisten. Die Anlage<br />

der Feinerschliessung soll nach einem<br />

ersten Befahren nicht mehr geändert<br />

werden. Eine sorgfältige Planung und<br />

Optimierung ist daher besonders wichtig<br />

und rechtfertigt auch einen gewissen<br />

Aufwand. Damit wertvolles Wissen<br />

über die Anlage der Feinerschliessung<br />

nach Stellenwechseln oder Pensionierungen<br />

nicht verloren geht und um das<br />

Auffinden bei Zwangsnutzungen oder<br />

nach Räumungen zu erleichtern, empfiehlt<br />

die Abteilung Wald des Kantons<br />

Aargau die Feinerschliessungslinien zu<br />

digitalisieren und bietet dazu Unterstützung<br />

an.<br />

4 Umsetzungsbeispiel<br />

Feinerschliessung<br />

In einem grossen Teil des Aargauer<br />

Waldes ist die Feinerschliessung bereits<br />

vorhanden. In vielen Fällen wurde<br />

diese Feinerschliessung aber für einen<br />

bestimmten Holzschlag angelegt und<br />

es fehlt ein bestandesübergreifendes<br />

Feinerschliessungssystem. Bisherige<br />

Feinerschliessungsaufnahmen zeigen<br />

zudem, dass in unerschlossenen, erstmalig<br />

maschinell zu bearbeitenden<br />

Beständen die Feinerschliessung teilweise<br />

ohne Anzeichnung zu Beginn<br />

oder während der Holzernte direkt<br />

mit dem Vollernter definiert wird. Dies<br />

geschieht unter Zeitdruck und ohne<br />

Verwendung von Messinstrumenten.<br />

Die Folge können unnötige Kurven,<br />

nicht parallele Rückegassen und ungeeignete<br />

Rückegassenabstände sowie<br />

eine schlechte Anbindung an die übrige<br />

Feinerschliessung sein. Der Waldbewirtschafter<br />

vergibt damit die einmalige<br />

Gelegenheit, die Feinerschliessung<br />

sorgfältig und präzise sowie vorausschauend<br />

und bestandesübergreifend<br />

zu planen. Er vergibt somit auch die<br />

Chance, seinen Wald mit einem optimalen<br />

System nach dem Grundsatz so viel<br />

Waldfläche wie möglich mit so wenig<br />

Befahrung wie nötig zu erschliessen.<br />

Die Abteilung Wald des Kantons<br />

Aargau verfügt für Waldausscheidungen<br />

und Versicherungen von Vertragsflächen<br />

über ein hochpräzises GPS-<br />

Gerät der Firma Leica Geosystems AG.<br />

Die Verwendung des Referenzsignals<br />

von Swisstopo und der Software Leica<br />

MobileMatriX ermöglichen die Korrektur<br />

des GPS-Signals in Echtzeit. Der<br />

Einsatz eines leistungsfähigen Feldcomputers<br />

erlaubt den Betrieb eines vollwertigen<br />

Geographischen Informationssystems<br />

(ESRI ArcGIS 9.3.1 mit<br />

ArcView-Lizenz) und das Arbeiten<br />

mit grossen Rasterdaten (Orthofotos,<br />

Pixelkarten). In einer Pilotstudie wurde<br />

im Staatswald Habsburg untersucht,<br />

ob dieses GPS-Gerät auch für die Feinerschliessungsdigitalisierung<br />

und -pla-<br />

nung verwendet werden kann. Dafür<br />

wurde auf der ganzen Fläche (157 ha)<br />

die vorhandenen Fahrspuren aufgenommen,<br />

das Feinerschliessungssystem<br />

analysiert, unter Berücksichtigung<br />

des Verdichtungsrisikos optimiert und<br />

draussen im Wald markiert.<br />

Die geforderte Genauigkeit (Abweichung<br />

von unter einem Meter) wird<br />

mit der Verwendung der GIS-Daten<br />

in einem Sturmschadensfall oder bei<br />

der erstmaligen maschinellen Nutzung<br />

nach Räumungen begründet. In solchen<br />

Fällen wird davon ausgegangen,<br />

dass die bestehende Feinerschliessung<br />

zu grossen Teilen nicht mehr sichtbar<br />

ist und sie daher mit Hilfe genauer<br />

GPS-Daten wiedergefunden werden<br />

muss. Es zeigte sich, dass diese hohe<br />

Genauigkeit praktisch immer erreicht<br />

werden kann. Der Aufwand für Aufnahme<br />

und Planung kann dabei von in<br />

der Regel einer halben Stunde bis zu<br />

fünf Stunden in Ausnahmefällen pro<br />

Hektare variieren (Ammann und Freuler<br />

2012, unveröffentlicht). Der Zeitbedarf<br />

hängt stark von der vorhandenen<br />

Feinerschliessung ab: bei systematischer<br />

Anlage, wenig Bewuchs und nur<br />

wenig Fläche mit noch fehlender und<br />

daher zu planender Feinerschliessung<br />

reduziert sich der Aufwand beträchtlich.<br />

Unkenntnis des Gebietes, unsystematische<br />

Befahrung (Lotharflächen),<br />

starker Brombeerwuchs und viele<br />

Hindernisse (z. B. Windwurfstöcke)<br />

erhöhen den Aufwand. Aufgrund der<br />

geringeren Bedeckung im laublosen<br />

Abb. 2. Aufnahme einer Rückegasse mittels<br />

GPS.


Forum für Wissen 2013 101<br />

Zustand eignet sich das Winterhalbjahr<br />

besonders gut für die Arbeit mit dem<br />

GPS. Der negative Einfluss des Laubes<br />

ist allerdings geringer als erwartet, so<br />

dass auch in der Vegetationszeit gearbeitet<br />

werden kann.<br />

Durch die Verwendung des GIS und<br />

des in Echtzeit korrigierten GPS-Signals<br />

bietet das Gerät insbesondere bei<br />

der Neuerschliessung grosse Vorteile<br />

gegenüber herkömmlichen Arbeitsmethoden<br />

mit Kompass und Jalon. So kann<br />

die Planung direkt im Wald dem Gelän-<br />

ben Prozent der gesamten Waldfläche<br />

im Aargau (49 100 ha).<br />

Der Kanton Aargau verfügt über elf<br />

flächendeckende Orthofotos seit 1994,<br />

zwei davon (2011 und 2013) in laublosem<br />

Zustand. Hinzu kommen diverse<br />

regionale Orthofotos. Auf diesen Aufnahmen<br />

sind immer wieder Fahrspuren<br />

sichtbar, welche direkt digitalisiert<br />

werden können (Abb. 3).<br />

Zusätzlich existiert ein digitales<br />

Höhenmodell mit einer Auflösung von<br />

einem Meter. Darauf sind ebenfalls einde<br />

und allfälligen Hindernissen angepasst<br />

werden und am Schluss der Arbeit<br />

ist die Feinerschliessung bereits digital<br />

dokumentiert. Interessierte Förster<br />

werden in der Handhabung des Gerätes<br />

instruiert und dokumentieren und planen<br />

danach ihre Feinerschliessung selbständig<br />

(Abb. 2).<br />

Auf diese Weise sind im Aargau zur<br />

Zeit gut 3400 ha fertig geplant, dokumentiert<br />

und im Gelände entsprechend<br />

der Praxis des jeweiligen Waldbewirtschafters<br />

markiert. Dies sind sie-<br />

Abb. 3. Orthofoto 2011 mit sichtbaren Fahrspuren (links) und deren Darstellung auf dem Übersichtsplan (rechts) zur Integration in die<br />

Fein erschliessungsaufnahme durch den Waldbewirtschafter. Kartendaten: AGIS.<br />

Abb. 4. Digitales Höhenmodell 1m mit sichtbaren Maschinenwegen (links) und deren Darstellung auf dem Übersichtsplan (rechts) zur Integration<br />

in die Feinerschliessungsaufnahme durch den Waldbewirtschafter. Kartendaten: AGIS


102 Forum für Wissen 2013<br />

zelne Rückegassen sichtbar. Insbesondere<br />

Maschinenwege in Hanglagen sind<br />

sehr deutlich zu erkennen und können<br />

direkt digitalisiert werden (Abb. 4).<br />

Diese «Fernerkundung» wird als<br />

Vorarbeit geleistet und die gefundenen<br />

Spuren werden auf den Feldcomputer<br />

des GPS-Geräts geladen. Der<br />

Waldbewirtschafter überprüft dann<br />

im Zuge der restlichen Aufnahmen,<br />

ob diese Spuren Teil des Feinerschliessungssystems<br />

sind. Vor allem bei den<br />

Maschinenwegen im ansonsten wenig<br />

erschlossenen Gelände kann er dies<br />

mit seiner Lokalkenntnis oftmals auch<br />

vom Büro aus erledigen. Mit Hilfe dieser<br />

Vorarbeit kann der Aufnahmeaufwand<br />

nochmals reduziert werden und<br />

liegt bei Aufnahmen durch den Waldbewirtschafter<br />

mittlerweile bei einer<br />

halben Stunde pro ha.<br />

Zusätzlich zur Digitalisierung per<br />

GPS werden bereits vorhandene, qualitativ<br />

hochwertige Feinerschliessungspläne<br />

auf Papier eingescannt, georeferenziert<br />

und die Rückegassen unter<br />

Berücksichtigung der Orthofotos und<br />

des digitalen Höhenmodells vektorisiert.<br />

Auf diese Weise konnte bisher auf<br />

weiteren gut 1500 ha Wald die Feinerschliessung<br />

digitalisiert werden. Insgesamt<br />

ist die Feinerschliessung im<br />

Aargau somit auf knapp 5000 Hektaren<br />

oder zehn Prozent der Waldfläche<br />

digitalisiert.<br />

Die Aargauer Förster unterhalten<br />

ihre Bestandeskarten digital auf einer<br />

vom Kanton zur Verfügung gestellten<br />

Online-GIS-Applikation (BKOnline).<br />

An der Abteilung Wald des Kantons<br />

Aargau werden die digitalisierten<br />

Fein erschliessungsdaten bereinigt und<br />

ebenfalls auf diese Plattform geladen.<br />

Damit verfügt der Förster für die Planung<br />

und Steuerung der Holzernte<br />

aber auch für andere Arbeiten im Wald<br />

über eine gute Grundlage, die er beispielsweise<br />

zur Anfertigung von Plänen<br />

bei Arbeitsaufträgen nutzen kann.<br />

Nach den momentan laufenden Erweiterungsarbeiten<br />

an der BKOnline wird<br />

das Erstellen von Holzschlagsskizzen<br />

automatisiert, so dass – falls die Feinerschliessung<br />

digital dokumentiert ist<br />

– mit wenigen Klicks eine Holzschlagsskizze<br />

inklusive Notfallorganisation<br />

gemäss Anforderungen der SUVA ausgedruckt<br />

werden kann.<br />

Der Waldbewirtschafter hat so nebst<br />

dem langfristigen Nutzen des Bodenschutzes<br />

auch kurzfristig einen direkten<br />

Nutzen der digitalen Feinerschlies-<br />

sung im Alltag. Dies ist eine zusätzliche<br />

Motivation, den Aufwand der Digitalisierung<br />

zu betreiben.<br />

5 Literatur<br />

Anonymus, 2011: Empfehlungen für<br />

den Bodenschutz im Wald, Stand 29. 6.<br />

2011. Departement Bau, Verkehr und<br />

Umwelt, Abteilung Wald, Aarau; Aargauischer<br />

Försterverband; Forstunternehmer<br />

Schweiz – Region Aargau; Aargauischer<br />

Waldwirtschaftsverband. 11 S.<br />

Ammann, P.; Freuler, A., 2012 unveröffentlicht:<br />

Projekt Bodenschutz im Wald,<br />

Schlussbericht. Aarau, Departement Bau,<br />

Verkehr und Umwelt, Abteilung Wald,<br />

38 S.<br />

Freuler, A., 2011: Verdichtungsrisikokarte<br />

der Aargauer Wälder. Erläuterungen<br />

bei Abgabe der Verdichtungsrisikokarte.<br />

Aarau, Departement Bau, Verkehr und<br />

Umwelt, Abteilung Wald, 1 S.<br />

Lüscher, P.; Frutig, F.; Sciacca, S.; Spjevak,<br />

S.; Thees, O., 2010: Physikalischer Bodenschutz<br />

im Wald. Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt<br />

<strong>WSL</strong>. 2. Auflage. Merkbl.<br />

Prax. 45: 12 S.<br />

Abstract<br />

Implementation of soil protection in the forest in Canton Aargau<br />

Soil protection in the forest in Canton Aargau focuses on training and sensitising<br />

the forestry personnel, developing and providing background information and<br />

making available expert advice and support.<br />

For implementation purposes, an ideal forest management regarding soil<br />

protection was designed, and corresponding fields of action defined. At the<br />

moment, the main goal for soil protection in the forest in Canton Aargau is the<br />

documentation and optimisation of the skid-road system.<br />

Forest managers use a GPS-GIS-System that is accurate down to less than one<br />

metre to digitalise and optimise the skid-road system with the support of Canton<br />

Aargau’s Forest Division. Up to now the skid roads have been digitalised in an<br />

area of 3400 ha with GPS. Together with an additional 1500 ha of digitalised maps<br />

of existing skid roads recorded in paper maps, this information is made available<br />

for forest managers in Canton Aargau. The information is thus digitally stored for<br />

long term soil protection reasons but also readily accessible for everyday use.<br />

Keywords: soil protection in forests, implementation, digitalising skid roads, GPS


Forum für Wissen 2013: 103–106 103<br />

Bodeninformationen für die Waldwirtschaft<br />

im Kanton Solothurn<br />

Gaby von Rohr, Stephan Margreth und Christine Hauert<br />

Amt für Umwelt, Fachstelle Bodenschutz, Werkhofstrasse 5, CH-4509 Solothurn, gaby.vonrohr@bd.so.ch<br />

Chemische und physikalische Belastungen von Böden sind kaum oder nur aufwändig<br />

und über lange Zeiträume regenerierbar. Der vorsorgliche Bodenschutz<br />

ist daher von zentraler Bedeutung. Durch immer grössere Maschinengewichte hat<br />

sich das Verdichtungsrisiko für Waldböden stark erhöht. Als Grundlage für eine<br />

bodenschonende Waldwirtschaft hat die Fachstelle Bodenschutz unter anderem<br />

Karten zum Verdichtungsrisiko von Waldböden erstellt und im Internet veröffentlicht.<br />

Karten zu weiteren Bodeninformationen, zum Beispiel Wasserhaushalt/<br />

Durchwurzelung oder Säuregrad sollen für waldbauliche Entscheidungen dienen.<br />

Basis für diese Anwendungskarten bilden die Polygondaten der Bodenkartierung<br />

Kanton Solothurn. Das Bodenmessnetz Nordwestschweiz, betrieben durch die<br />

Kantone Solothurn, Aargau und Basel-Landschaft, informiert über die aktuelle<br />

Bodenfeuchte. Als Referenzgrösse für den bodenschonenden Maschineneinsatz<br />

wird die Saugspannung gemessen; die laufend aktualisierten Messwerte zur<br />

Bodenfeuchte sind on-line abrufbar.<br />

1 Einleitung<br />

Für den Vollzug der eidgenössischen<br />

Verordnung über Belastungen des<br />

Bodens (VBBo; 814.12) ist im Kanton<br />

Solothurn die Fachstelle Bodenschutz<br />

im Amt für Umwelt zuständig. Der<br />

Vollzugsauftrag erstreckt sich auf alle<br />

Böden im Sinne der VBBo, also auch<br />

auf die Waldböden.<br />

Ein grundlegendes Prinzip im Bodenschutz<br />

ist die Vorsorge. Sie hat zum Ziel,<br />

chemische und physikalische Beeinträchtigungen<br />

der Böden zu verhindern,<br />

da Bodenschäden kaum oder nur<br />

sehr aufwändig und über lange Zeiträume<br />

regeneriert werden können.<br />

Ein Arbeitsschwerpunkt der Fachstelle<br />

Bodenschutz ist daher, Grundlagen<br />

für den vorsorglichen Bodenschutz zu<br />

erarbeiten und den Bodennutzern zur<br />

Verfügung zu stellen.<br />

Der zielgerichtete Schutz von Böden<br />

vor chemischen und physikalischen<br />

Belastungen, eine dem Boden angepasste<br />

Nutzung oder auch Optimierungen<br />

im Gewässer- und Hochwasserschutz<br />

setzen detaillierte Kenntnisse<br />

der Bodeneigenschaften und des<br />

aktuellen Bodenfeuchtezustandes voraus.<br />

Aus diesem Grund führt der Kanton<br />

Solothurn seit längerem eine systematische,<br />

grossmassstäbliche Kartierung<br />

der forst- und landwirtschaftlich<br />

genutzten Böden durch. Die dabei<br />

gewonnenen flächendeckenden Bodeninformationen<br />

ermöglichen die Herleitung<br />

von anwendungsorientierten<br />

Bodenkarten, unter anderem als Hilfsmittel<br />

für eine bodenschonende und<br />

bodenangepasste Waldnutzung.<br />

Um den Bodennutzern Informationen<br />

über den aktuellen Bodenfeuchtezustand<br />

anbieten zu können, betreibt<br />

der Kanton Solothurn, gemeinsam<br />

mit den Kantonen Aargau und Basel-<br />

Landschaft, das Bodenmessnetz Nordwestschweiz.<br />

2 Bodenkarten<br />

2.1 Bodenkartierung Kanton<br />

Solothurn<br />

Im Jahr 1996 wurde das Projekt «Bodenkartierung<br />

Kanton Solothurn» (AfU SO<br />

1995) gestartet, mit dem langfristig<br />

alle Landwirtschafts- und Waldböden<br />

des Kantons erfasst sein sollen. Aktuell<br />

sind mit 5800 ha gut 20 Prozent der<br />

Waldböden und mit 11 570 ha knapp<br />

30 Prozent der Landwirtschaftsböden<br />

kartiert.<br />

Die Kartierung erfolgt gemäss der<br />

Klassifikation der Böden der Schweiz<br />

(BGS 2008), anhand der Kartieranleitungen<br />

der FAL (1997) respektive des<br />

BUWAL (1996).<br />

An repräsentativen Standorten werden<br />

Bodenprofile ausgehoben und<br />

detailliert beschrieben. Diese sogenannten<br />

Leitprofile bilden die Basis für<br />

die flächendeckende Kartierung der<br />

Bodeneinheiten im Massstab 1: 2500,<br />

bei der mittels Handbohrstock engmaschige<br />

Aufnahmen im Gelände zur<br />

Abgrenzung von Polygonen mit gleichen<br />

Bodeneigenschaften durchgeführt<br />

werden. Für jedes Polygon wird<br />

ein individueller Datensatz mit den<br />

geforderten Bodeninformationen für<br />

Ober- und Unterboden (29 Attribute)<br />

erfasst. Die Abgrenzung der Polygone<br />

erfolgt im Hinblick auf den Darstellungsmassstab<br />

1 : 5000. Die Daten<br />

der Bodenprofile und Bodeneinheiten<br />

werden digital verwaltet und sind in<br />

die GIS-Umgebung des Kantons Solothurn<br />

integriert. Sie bilden die Basis<br />

für vielfältige Auswertungen und die<br />

Erstellung entsprechender funktionaler<br />

Bodenkarten.<br />

2.2 Anwendungskarten für die<br />

Waldwirtschaft<br />

Um die erhobenen Bodendaten (Rohdaten)<br />

lesen und interpretieren zu können,<br />

braucht es bodenkundliches Spezialwissen.<br />

Die Fachstelle Bodenschutz<br />

des Kantons Solothurn veröffentlicht<br />

daher bewusst nicht die Rohdaten,<br />

da diese für die grosse Mehrheit der<br />

Bevölkerung nicht verständlich und<br />

somit für ihr Handeln nicht nutzbar<br />

sind. Unser Ziel ist es, den verschiedenen<br />

Kreisen von Bodennutzern spezifische<br />

Anwendungskarten zur Verfü-


104 Forum für Wissen 2013<br />

gung zu stellen. Diese bieten umsetzbare<br />

Informationen, unter anderem für<br />

eine bodenschonende Nutzung.<br />

Nachdem im Frühling 2011 anwendungsorientierte<br />

Bodenkarten für die<br />

Landwirtschaft veröffentlicht wurden,<br />

stehen seit Frühling 2013 auch entsprechende<br />

Bodeninformationen für die<br />

Wald wirtschaft zur Verfügung (Geoportal<br />

des Kantons Solothurn www.sogis.ch:<br />

Link «Interaktive Karten», rechte Spalte,<br />

oder www.afu.so.ch: Link «Karte<br />

Bodeninformationen», rechte Spalte).<br />

Die Karten thematisieren die Verdichtungsgefährdung,<br />

den Bodentyp,<br />

den Charakter des Wasserhaushaltes<br />

kombiniert mit der potentiellen Durchwurzelungstiefe,<br />

Humusgehalt und<br />

Humusform, Säuregrad, Körnung und<br />

Skelettgehalt. Eine Karte zum pflanzennutzbaren<br />

Wasservorrat und dem<br />

Trockenstressrisiko ist in Erarbeitung.<br />

Karten zur Verdichtungsgefährdung<br />

der Waldböden<br />

Als Planungsgrundlage für den vorsorglichen<br />

physikalischen Bodenschutz<br />

im Wald stehen neu zwei Karten zur<br />

Verdichtungsgefährdung der Waldböden<br />

zur Verfügung.<br />

Für Wälder, in denen die detaillierten<br />

Bodeneigenschaften dank der Kartierung<br />

bekannt sind, liegt die Verdichtungsempfindlichkeitskarte<br />

vor, hergeleitet<br />

aus Wasserhaushalt, Bodentyp,<br />

Bodenart und Skelettgehalt (Abb. 1).<br />

Die Karte zeigt die Verdichtungsempfindlichkeit<br />

der Unterböden, da insbesondere<br />

die folgenschweren Unterbodenverdichtungen<br />

vermieden werden<br />

müssen. Diese Karte ermöglicht parzellengenaue<br />

Aussagen und ist damit ein<br />

Instrument sowohl für die betriebliche<br />

Planung wie auch für die detaillierte<br />

Schlag- und Feinerschliessungsplanung.<br />

Für die übrigen Waldgebiete gibt<br />

die Hinweiskarte Bodenverdichtung<br />

(Abb. 2) eine allgemeine Information<br />

zum Verdichtungsrisiko. Sie wurde im<br />

Kanton Aargau entwickelt (basierend<br />

auf der Pflanzensoziologischen Karte,<br />

der Geologischen Karte 1: 25 000 und<br />

Bodenkarten 1: 25 000) und auf die vergleichbaren<br />

Verhältnisse im Kanton<br />

Solothurn übertragen. Ihre Aussagekraft<br />

ist begrenzt, da das Verdichtungsrisiko<br />

nur indirekt aus den genannten<br />

Grundlagen abgeschätzt werden kann.<br />

Die grössten Einschränkungen bestehen<br />

bei den «mittleren», weit verbreiteten<br />

Waldstandortstypen, da diese ein<br />

breites Spektrum von Bodeneigenschaften<br />

abdecken. Die Hinweiskarte<br />

ist ein Instrument für die betriebliche<br />

Planung; für die detaillierte Schlagund<br />

Feinerschliessungsplanung ist sie<br />

nicht geeignet.<br />

3 Bodenmessnetz Nordwestschweiz<br />

Neben den standörtlichen Bodeneigenschaften<br />

und der Verdichtungsempfindlichkeit<br />

ist für einen effektiven<br />

physikalischen Bodenschutz die<br />

aktuelle Bodenfeuchte entscheidend.<br />

In der Bauwirtschaft hat sich die Saugspannung<br />

als Referenzgrösse für den<br />

bodenschonenden Maschineneinsatz<br />

etabliert und bewährt.<br />

Die Saugspannung ist daher die<br />

zentrale Messgrösse im Bodenmessnetz<br />

Nordwestschweiz. Automatisierte<br />

Messstationen erfassen die Saugspannung<br />

im Ober- und Unterboden, den<br />

Niederschlag sowie Boden- und Lufttemperatur.<br />

Derzeit sind 22 Stationen<br />

in Betrieb, davon zehn im Kanton<br />

Solothurn. Drei der solothurner Stationen<br />

stehen im Wald.<br />

Die Messdaten sind on-line verfügbar<br />

(www.bodenmessnetz.ch) und werden<br />

laufend aktualisiert (Abb. 3). Neben<br />

den aktuellen Werten können Messreihen<br />

über beliebige Zeitintervalle abgefragt<br />

werden.<br />

Die Messwerte sind mit einer Beurteilung<br />

des Bodenfeuchtezustandes<br />

und mit Empfehlungen hinsichtlich der<br />

Befahrbarkeit des Bodens versehen.<br />

Diese stützen sich derzeit auf Erfahrungen<br />

mit Raupenfahrzeugen in der<br />

Bauwirtschaft und auf erste Erkenntnisse<br />

beim Maschineneinsatz in der<br />

landwirtschaftlichen Bewirtschaftung<br />

ab. Mit der Anwendung dieses neuen<br />

Instrumentes in der Forst- und Landwirtschaft<br />

können nun entsprechende<br />

Erfahrungen unter den spezifischen<br />

Gegebenheiten der forst- und<br />

landwirtschaftlichen Bewirtschaftung<br />

gesammelt und die Empfehlungen entsprechend<br />

ergänzt werden.<br />

4 Umsetzung<br />

Mit den bestehenden und geplanten<br />

Anwendungskarten und dem Bodenmessnetz<br />

stehen den Forstbetrieben<br />

Grundlagen für die betriebliche Planung<br />

zur Verfügung.<br />

In Wäldern mit bestehender Bodenkarte<br />

kann die Verdichtungsempfindlichkeit<br />

direkt in die Schlagplanung<br />

integriert werden.<br />

Die Informationen zu Wasserhaushalt<br />

/ Durchwurzelungstiefe, zu pflanzennutzbarem<br />

Wasservorrat / Trockenstressrisiko,<br />

zur Humusform oder zum<br />

Säuregrad können für die waldbauliche<br />

Entscheidungsfindung beigezogen<br />

werden. Sie sind unter anderem von<br />

grosser Wichtigkeit für die Baumartenwahl<br />

unter den sich verändernden<br />

Klimabedingungen.<br />

Die neuen Instrumente wurden im<br />

Frühsommer 2013 anlässlich eines eintägigen<br />

Kurses «Physikalischer Bodenschutz<br />

im Wald» dem gesamten Forstpersonal<br />

des Kantons Solothurn und<br />

einer Vielzahl der im Kanton tätigen<br />

Forstunternehmer vorgestellt und die<br />

Einsatzmöglichkeiten mit grossem Interesse<br />

an praktischen Beispielen diskutiert.<br />

Diese neuen Mittel stehen für die<br />

Planung und Umsetzung einer bodenangepassten<br />

und -schonenden Waldbe<br />

wirtschaftung bereit. Erste Forst betriebe<br />

haben die Anwendungskarten<br />

hierzu bereits in ihr Betriebs-GIS integriert.<br />

5 Literatur<br />

AfU So Amt für Umweltschutz Kanton<br />

Solothurn (Hrsg.) 1995: Bodenkartierung<br />

Kanton Solothurn. Konzept. Berichte, 23.<br />

BGS Bodenkundliche Gesellschaft der<br />

Schweiz (Hrsg.) 2008: Klassifikation der<br />

Böden der Schweiz. Dritte und korrigierte<br />

Auflage.<br />

BUWAL Bundesamt für Umwelt, Wald<br />

und Landschaft (Hrsg.) 1996: Handbuch<br />

Waldbodenkartierung. Schriftenreihe<br />

Voll zug Umwelt.<br />

FAL Eidg. Forschungsanstalt für Agrarökologie<br />

und Landbau (Hrsg.) 1997: Kartieranleitung,<br />

Kartieren und Beurteilen von<br />

Landwirtschaftsböden. Zürich-Reckenholz.<br />

FAL-Schriftenreihe, 24.


Forum für Wissen 2013 105<br />

Abb. 1. Auszug aus der Verdichtungsempfindlichkeitskarte des Kantons Solothurn. Die im Internet zugängliche Karte weist grossmassstäblich<br />

die Verdichtungsempfindlichkeit der Unterböden aus, hergeleitet aus Wasserhaushalt, Bodentyp, Bodenart und Skelettgehalt. Die<br />

Beurteilung ist mit Empfehlungen zur bodenschonenden Befahrung ergänzt.<br />

Abb. 2. Auszug aus der Hinweiskarte Bodenverdichtung (Massstab 1: 10 000) des Kantons Solothurn. Die im Internet zugängliche Karte gibt<br />

eine allgemeine Information zum Verdichtungsrisiko von Waldböden. Die Abschätzung basiert auf der Pflanzensoziologischen Karte, der<br />

Geologischen Karte 1: 25 000 und Bodenkarten 1: 25 000. Die Beurteilung ist mit Empfehlungen zur bodenschonenden Befahrung ergänzt.


106 Forum für Wissen 2013<br />

Abb. 3. Startseite des Bodenmessnetzes Nordwestschweiz (www.bodenmessnetz.ch) mit dem Überblick über die die Mess-Standorte und<br />

die aktuellen Saugspannungsmesswerte in der Region. An jeder Station werden die Saugspannung und die Bodentemperatur in 20 cm und<br />

35 cm Bodentiefe sowie der Niederschlag und die Lufttemperatur gemessen. Alle Daten sind on-line abrufbar.<br />

Abstract<br />

Soil data for forestry in the Canton of Solothurn<br />

Repairing chemical and physical damage to soil is costly and time-consuming and<br />

in some cases virtually impossible. Precautionary soil protection is therefore extremely<br />

important. The compaction risk for forest soil has increased substantially<br />

due to the use of ever heavier machinery. With a view to promoting soil-friendly<br />

forestry practices, the Soil Protection Unit (Fachstelle Bodenschutz) has, among<br />

other things, compiled maps charting the compaction risk for forest soil and published<br />

them on the Internet. Maps of other soil data, such as soil water regime /<br />

root penetration and acidity, are intended to support silvicultural decision-making.<br />

These functional soil maps are based on the polygon data of Canton Solothurn’s<br />

soil mapping project. Information about current soil moisture levels is provided<br />

by North-west Switzerland’s Soil Moisture Monitoring Network (Bodenmessnetz<br />

Nordwestschweiz), which is operated by the Cantons of Solothurn, Aargau and<br />

Basel-Land. The soil moisture tension is measured to provide a reference value for<br />

the soil-friendly use of machinery. The measurement values are continually updated<br />

and can be consulted online.<br />

Keywords: soil protection, soil compaction, soil mapping, functional soil map, soil<br />

moisture monitoring


Forum für Wissen 2013: 107–116 107<br />

Hochwasserschutzwald Gantrisch: der Weg zur<br />

quantitativen Methode für die Praxis<br />

Massimiliano Schwarz 1 , Lukas Dämpfle 1 , Peter Lüscher 1 , Philipp Mösch 2 und Jean-Jacques Thormann 3<br />

1<br />

<strong>WSL</strong> Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf,<br />

massimiliano.schwarz@wsl.ch<br />

2<br />

Waldabteilung 5 Bern – Gantrisch, Amt für Wald des Kantons Bern, Hintere Gasse 5, CH-3132 Riggisberg<br />

3<br />

Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaft, Berner Fachhochschule, Länggasse 85, CH-3052 Zollikofen<br />

Seit mehr als 150 Jahren ist die Bevölkerung in der Gantrischregion mit Hochwasserrisiken<br />

konfrontiert. Durch diesen Umstand wurde die Schutzfunktion des<br />

Waldes schon vor langer Zeit anerkannt und gepflegt, bereits 1840 erfolgten die<br />

ersten Aufforstungen im Gurnigelgebiet. Obwohl weltweit zahlreiche Studien die<br />

Wirkung des Waldes auf das Hochwassergeschehen untersucht haben, bleibt die<br />

Entwicklung quantitativer Methoden zur Abschätzung der Waldwirkung für das<br />

Risikomanagement in der Praxis eine Herausforderung. In diesem Artikel wird<br />

ein Überblick über die im Gantrischgebiet durchgeführten Projekte gegeben und<br />

diskutiert, wie die Resultate von Feldversuchen und Modellsimulationen den Weg<br />

zu einem quantitativen Ansatz für die Praxis ebnen können. Um derartige Ansätze<br />

in Kostenwirksamkeitsanalysen im Rahmen des Risikomanagements systematisch<br />

anwenden zu können, bleiben aber noch viele Wissenslücken, die zukünftige<br />

Studien ausfüllen sollten.<br />

1 Einführung: Geschichte<br />

der Waldnutzung und<br />

Hochwassergefahr im<br />

Gantrischgebiet<br />

1.1 Übersicht<br />

Die Region Gantrisch (Kt. Bern) ist<br />

durch Wald und Wasser stark geprägt.<br />

In der ganzen Region graben wilde<br />

Bäche tiefe Einschnitte in den weichen<br />

Untergrund. Zum Schutze der Talbewohner<br />

mussten bereits in der Vergangenheit<br />

Bäche verbaut und viele Alpweiden<br />

aufgeforstet werden. Die Waldpflege<br />

und damit die Waldentwicklung<br />

wurden stark beeinflusst durch den<br />

Willen, die Hochwassergefahr im Tal<br />

zu verringern. Der Wald lieferte aber<br />

auch den wertvollen, nachwachsenden<br />

Rohstoff Holz. Dieser brachte viel<br />

Arbeit und Wertschöpfung in die ländliche<br />

Region. Auch heute ist der ökologisch<br />

wertvolle Baustoff und Energielieferant<br />

Holz ein wichtiges Produkt<br />

aus den Gantrischwäldern. Der Wald<br />

als naturnaher Raum beherbergt ausserdem<br />

zahlreiche seltene Pflanzen und<br />

Tiere und wird so für die Erhaltung der<br />

Artenvielfalt immer wichtiger. Zudem<br />

liefert der Wald Trinkwasser von hoher<br />

Qualität, gliedert die Landschaft und<br />

dient der Bevölkerung als wichtiger<br />

Erlebnis- und Erholungsraum.<br />

1.2 Hochwassergefahren<br />

Starke Gewitterregen mit Hagel führen<br />

oft zu gefährlichen Wasserabflussspitzen.<br />

Der leicht erodierbare und<br />

rutschanfällige Untergrund aus Flysch<br />

Abb. 1. Waldlandschaft Gantrisch<br />

oder subalpiner Molasse liefert grosse<br />

Mengen an Erdmaterial, welches<br />

sich – transportiert durch die grossen<br />

Wassermassen – murgangartig in die<br />

Täler bewegen kann und dort Leid<br />

bei der Bevölkerung und die Zerstörung<br />

der Infrastruktur mit sich bringt.<br />

Die Bevölkerung der Region Gantrisch<br />

begann deshalb bereits früh mit einfachsten<br />

Verbauungsmassnahmen an<br />

den gefährlichen Bächen. An der Gürbe<br />

beispielsweise wurden ab 1858 mit<br />

Unterstützung des Kantons Bern die<br />

ersten Holzsperren gebaut. Ab 1895 bis<br />

zum Ersten Weltkrieg kamen Bergamasker-Arbeitsgruppen<br />

aus Norditalien<br />

in den Gantrisch und bauten erste<br />

Steinblockmauern und Trockenmauerwerke.<br />

Erst ab der Mitte des 20. Jahrhunderts<br />

wurde mit grossen Betonsperren<br />

der Gürbelauf systematisch<br />

verbaut. Die Verbauungen wurden im<br />

Laufe der Zeit mehrmals durch heftige<br />

Unwetter geprüft, teilweise beschädigt<br />

und sogar zerstört. Das letzte Grossereignis<br />

fand Ende Juli 1990 statt. Im


108 Forum für Wissen 2013<br />

Einzugsgebiet fielen innerhalb von<br />

vier Stunden 270 mm Niederschlag,<br />

wodurch viele der alten Sperren zerstört<br />

wurden und die Gürbe am Kegelhals,<br />

im «Hohli», über die Dämme trat<br />

und das Dorf Wattenwil sowie Teile des<br />

tiefer gelegenen Gürbetals überflutete.<br />

1.3 Aufforstungen und Waldpflege<br />

Bereits ab 1840 erfolgten erste Aufforstungen<br />

im Gantrischgebiet, vor allem<br />

im Staatswald der Einzugsgebiete Sense<br />

und Schwarzwasser. Mit der damals<br />

neuen Bundesgesetzgebung von 1876<br />

konnten dann Bundessubventionen<br />

für die Aufforstung von Hochwasserschutzwaldungen<br />

ausgelöst werden.<br />

Der damalige Oberförster Friedrich<br />

Nigst (im Amt: 1878 bis 1927) trieb die<br />

Aufforstungstätigkeit in der Region<br />

Gantrisch hartnäckig voran. In seiner<br />

Zeit wurden rund 1000 ha Weideland<br />

aufgeforstet. Diese Alpweiden mussten<br />

oft vorgängig durch aufwändige<br />

Verfahren erworben werden. Bis in die<br />

Mitte des letzten Jahrhunderts wurden<br />

über 2000 ha Wald im Gantrischgebiet<br />

neu aufgeforstet. In der zweiten Hälfte<br />

des letzten Jahrhunderts begann sich<br />

der Holztransport mit Lastkraftwagen<br />

durchzusetzen. Die Waldbesitzer mussten<br />

mit dem Forstdienst die Walderschliessung<br />

neu planen und einrichten.<br />

Mit Holzprügellagen oder speziellen<br />

Kalkstabilisierungsmassnahmen – in<br />

Zusammenarbeit mit der ETH Zürich<br />

– wurde versucht, die schweren Lehmböden<br />

in einen tragfähigen Untergrund<br />

zu verwandeln. Die Holzerei und Wald-<br />

Abb. 3. Hochmontaner Waldbestand mit stufigem Aufbau.<br />

pflege konzentrierte sich meist entlang<br />

der neugebauten Waldwege und die<br />

ausgedehnten Aufforstungsbestände<br />

wuchsen vielerorts zu dichten, finsteren<br />

Fichtenforsten heran. Meist fehlte in<br />

diesen Beständen die Bodenvegetation<br />

und eine natürliche Verjüngung war<br />

kaum auszumachen. Die ersten grossen<br />

Löcher riss 1982 ein Föhnsturm in die<br />

labilen Baumholzbestände. Nach dem<br />

Orkan Vivian 1990, wurden auf den<br />

geräumten Sturmflächen erste Rottenpflanzungen<br />

durchgeführt. Der Orkan<br />

Lothar zerstörte Ende 1999 grosse Flächen<br />

in den Aufforstungsbeständen. In<br />

der Süftenen (Staatswald) fällte der<br />

Orkan den zehnfachen Hiebsatz, näm-<br />

lich 30 000 m 3 , innerhalb eines Tages.<br />

Erst nach dieser Katastrophe setzte<br />

sich die Meinung durch, dass in den<br />

aufgerissenen Aufforstungsbeständen<br />

eine vitale, ungleichaltrige Verjüngung<br />

die grösste Priorität erhalten muss.<br />

In den ursprünglichen Waldbeständen<br />

wurde bereits früh mit der stufigen<br />

Ausformung begonnen. Mit den neuen<br />

Erkenntnissen und auch mit den Vorgaben<br />

durch NaiS (Frehner et al. 2005),<br />

wird nun insbesondere die Weiss tanne<br />

stark gefördert. Dies ist aber für den<br />

Waldbesitzer oft mit Zusatzaufwendungen<br />

oder Einbussen verbunden<br />

(Wildverbiss, gefährliche Tannentrieblaus,<br />

tieferer Holzertrag, etc.).<br />

Abb. 2. Alte (links) und neue Sperren (rechts).


Forum für Wissen 2013 109<br />

1.4 Ausblick<br />

Auf den gehemmt durchlässigen Böden<br />

hilft das Einbringen und Begünstigen<br />

von tiefwurzelnden Baumarten wie der<br />

Weisstanne und das Fördern von stufigen,<br />

eher jüngeren Waldbeständen, die<br />

Hochwasserabflussspitze zu vermindern.<br />

Der Revierförster kann heute im<br />

Rahmen seiner Beratungstätigkeit den<br />

Waldbesitzer mit Schutzwaldprojekten<br />

in diese Richtung lenken und mit Beiträgen<br />

unterstützen. Auf den verdichtungsanfälligen<br />

Böden muss das Befahren<br />

mit schweren Forstmaschinen eine<br />

Ausnahme bleiben und darf nur auf<br />

eingeplanten Rückegassen erfolgen,<br />

nach Möglichkeit ist der Seilkranbringung<br />

den Vorrang zu geben. Das Ziel,<br />

stufige Bestände mit verschiedenen<br />

tiefwurzelnden Baumarten durchzusetzen,<br />

kann aber langfristig nur erreicht<br />

werden, wenn die Waldeigentümer von<br />

deren Wirkung überzeugt sind, sie für<br />

die Umtriebe zumindest teilweise entschädigt<br />

werden und für das Holz einen<br />

angemessenen Erlös erhalten. Um die<br />

finanzielle und politische Bedeutung<br />

der Schutzwaldpflege zu bewerten,<br />

braucht es neben langjähriger Erfahrung<br />

auch quantitative Methoden, die<br />

eine systematische Analyse der Schutzwaldwirkung<br />

erlauben und damit einen<br />

nachvollziehbaren Einsatz der Ressourcen<br />

ermöglichen. Die Forschung ist<br />

in diesem Sinn gefragt, neue quantitative<br />

Methoden zu entwickeln.<br />

2 Wald und Hochwassergeschehen:<br />

Stand des Wissens<br />

2.1 Waldwirkung gegen<br />

Hochwasser<br />

Zahlreiche Studien weltweit haben die<br />

Wirkung des Waldes auf das Hochwassergeschehen<br />

mit verschiedensten<br />

Kombinationen von Einflussgrössen<br />

und auf unterschiedlichen Skalen<br />

analysiert und diskutiert (z. B. Badoux<br />

et al. 2006). Diese Untersuchungen<br />

haben geholfen, verschiedene forsthydrologische<br />

Prozesse besser zu quantifizieren<br />

und deren Wirkung auf die<br />

Hochwasserintensität abzuschätzen.<br />

Dennoch sind die vom Wald beeinflussten<br />

Faktoren und Prozesse, wel-<br />

che theoretisch zur Hochwasserminderung<br />

beitragen können, sehr schwierig<br />

zu charakterisieren und quantifizieren.<br />

Allgemein wird die hydrologische Wirkung<br />

des Waldes in direkte und indirekte<br />

Aspekte unterteilt. Zu den direkten<br />

Wirkungen zählen Prozesse wie die<br />

Interzeption, der Stammabfluss, die<br />

Evapotranspiration, der präferenzielle<br />

Abfluss entlang von Wurzeln/Wurzelkanälen,<br />

usw. Zu den indirekten Wirkungen<br />

zählen Prozesse wie der Einfluss<br />

der Streueinträge auf die biologische<br />

Aktivität im Boden sowie auf die<br />

physikalische und chemische Eigenschaften,<br />

zum Beispiel die Gefügebildung<br />

im Oberboden.<br />

Die wichtigsten, durch den Wald<br />

beeinflussten Prozesse für die Minderung<br />

der Abflussspitze sind die Evapotranspiration<br />

und Interzeption (Regen<br />

und Schnee), welche die Vorfeuchte<br />

des Bodens über längere Zeit reduzieren<br />

können (je nach Standort und Jahreszeit)<br />

sowie die durch die Waldbehandlung<br />

beeinflusste Bodenstruktur,<br />

welche die Speicherkapazität und das<br />

Abflussgeschehen bestimmt. Interzeption<br />

(Regen) und Evapotranspiration<br />

spielen kurzfristig bei starken Niederschlägen,<br />

welche nur wenige Stunden<br />

dauern, selten eine bedeutende Rolle.<br />

2.2 Beurteilung der Waldwirkung<br />

In der Richtlinien von NaiS («Nachhaltigkeit<br />

im Schutzwald» [Frehner<br />

et al. 2005]) wird angenommen, dass die<br />

Hochwasserschutzwirkung des Waldes<br />

in erster Linie durch eine Erhöhung<br />

der Wasserspeicherkapazität im<br />

durchwurzelten Boden erreicht wird.<br />

Diese Annahme basiert auf Feldbeobachtungen<br />

und berücksichtigt, wie die<br />

indirekte Wirkung des Waldbestandes<br />

die Bodeneigenschaften und deren<br />

Zustand in Kombination mit anderen<br />

Bodenbildungsfaktoren, wie Ausgangsgestein,<br />

Klima und Relief, beeinflussen<br />

kann. In den NaiS Richtlinien<br />

wird ein weiterer, wichtiger Grundsatz<br />

berücksichtigt: Nicht alle Wälder<br />

haben dieselbe Schutzwirkung. Dieses<br />

Konzept wurde von Lüscher und<br />

Zürcher (2003) entwickelt und stützt<br />

sich auf die Idee, dass die Hochwasserschutzwirkung,<br />

insbesondere die<br />

Wasserspeicherkapazität, standortspezifisch,<br />

d.h. unter Berücksichtigung<br />

des Waldzustandes (Baumartenzusammensetzung<br />

und Bestandesstruktur)<br />

beurteilt werden muss. Dabei ist auch<br />

der Bodenaufbau zu berücksichtigen.<br />

Abbildung 4 zeigt beispielhaft den<br />

Übergang von einer Kuppe zu einer<br />

Mulde, welche durch eine starke Änderung<br />

der Vegetation verdeutlich wird<br />

(Vaccinium mirtillis dominierte Krautschicht<br />

auf der Kuppe, Caltha palustris<br />

charakterisierte Gesellschaft in der<br />

Mulde). Die Änderung der Vegetation<br />

weist ebenfalls auf eine Änderung<br />

des Bodenaufbaus und des Bodentyps,<br />

sowie auf unterschiedliche hydrologische<br />

Eigenschaften des Standorts hin.<br />

Je nach Situation können verschiedene<br />

Baumarten je nach Bodeneigenschaften<br />

unterschiedlich wurzeln und<br />

entsprechend unterschiedlich gegen<br />

Hochwasser wirken. Abbildung 5 zeigt<br />

das umgeworfene Wurzelsystem einer<br />

Weisstanne (Abies alba) mit Pfahlwurzeln,<br />

welche zum Teil auch in vernässte<br />

Horizonte wachsen können. Aus<br />

diesem Grund wird diese Baumart<br />

an staunassen Standorten gegenüber<br />

flachwurzelnden Baumarten wie der<br />

Fichte (Picea abies) bevorzugt. Obwohl<br />

sich die Anwendung von NaiS in der<br />

Praxis bewährt hat, bleiben dennoch<br />

viele Fragen offen, um praxistaugliche<br />

Methoden nachvollziehbarer und fundierter<br />

zu formulieren.<br />

Abb. 4. Übergang von Kuppe zu Mulde<br />

mit deutlicher Änderung der Zusammensetzung<br />

der Krautschicht, welche auf eine<br />

Änderung des Bodenaufbaus beziehungsweise<br />

des Bodentyps hinweist. (Waldstandortstyp<br />

46, Über gang zu 49).


110 Forum für Wissen 2013<br />

Abb. 5. Umgeworfenes Wurzelsystem einer<br />

Weisstanne (Abies alba) mit 0.6 m langen<br />

Pfahlwurzeln unterhalb des Baumstamms.<br />

3 Forschungsaktivitäten im<br />

Gantrischgebiet<br />

Seit 2006 wurden verschiedene Forschungsprojekte<br />

der <strong>WSL</strong> in Zusammenarbeit<br />

mit der Uni Bern und der<br />

HAFL über die Hochwasserschutzwälder<br />

im Gantrischgebiet durchgeführt.<br />

Die Staffelung der verschiedenen<br />

Arbeiten während der letzten<br />

Jahre zeigt den generell verwendeten<br />

«bottom-up» Ansatz. In diesem Kapitel<br />

wird ein Überblick über die durchgeführten<br />

Projekte und die dadurch<br />

gewonnenen Erkenntnisse vermittelt.<br />

3.1 Einfluss der Wurzeln auf die<br />

Infiltration/Speicherkapazität<br />

auf der Bodenprofilskala<br />

Die erste Studie befasste sich mit<br />

dem Einfluss von Baumwurzeln auf<br />

die Infiltration (COST Aktion E38<br />

«woody root processes», 2006–2010).<br />

Anhand von Beregnungsexeprimenten<br />

in einem Heidelbeer Tannen-Fichtenwald<br />

(E&K 46, jeweils auf 1 m 2 ) wurde<br />

gezeigt, dass die Wurzeldichte die<br />

Infiltrationskapazität nicht vernässter<br />

Oberbodenhorizonte sowie vernässter<br />

Horizonte erhöhen kann (Lange et al.<br />

2009). Es wurde auch gezeigt, dass in<br />

diesem Gebiet die Entwässerung des<br />

gesamten Bodens immer lateral erfolgt<br />

und dass der Abfluss zum Teil von der<br />

Druckhöhe (wassergesättigter Profilbereich)<br />

bestimmt wird. Als Schlussfolgerung<br />

dieser Untersuchung lässt<br />

sich vermuten, dass es «mittels forstlicher<br />

Massnahmen möglich sein wird,<br />

die Wurzelverteilungen in Wäldern zu<br />

beeinflussen und damit Infiltrationsund<br />

Speicherkapazitäten durch Artenzusammensetzung<br />

und Bestandesstruktur<br />

zu modifizieren» (Lange et al.<br />

2011).<br />

Hartmann (2008) konnte in demselben<br />

Gebiet zeigen, dass die Durchwurzelung<br />

der Vogelbeere stark durch<br />

vernässte Horizonte limitiert ist, wie<br />

es auch schon für die Fichte und die<br />

Buche (Fagus sylvatica) aus der Literatur<br />

bekannt ist. Es bleibt unklar,<br />

wie langfristig die Bodenstruktur des<br />

Oberbodens aufgrund der geänderten<br />

Zusammensetzung des Streumaterials<br />

und einer erhöhten biologischen Aktivität<br />

verbessert werden kann. Feldbeobachtungen<br />

haben bestätigt, dass die<br />

Tanne, in diesem Gebiet die am meisten<br />

verbreitete Baumart ist, da sie zum<br />

Teil gesättigte Bodenhorizonte ohne<br />

Limitierung durchwurzelt.<br />

In einer Arbeit von Grunauer (2009)<br />

wurden hydrologische Reaktionen in<br />

sechs Bodenprofilen und der Einfluss<br />

unterschiedlich alter Wurzelstöcke auf<br />

die Infiltration untersucht. Diese Arbeit<br />

zeigte trotz eines begrenzten Stichprobenumfangs,<br />

dass sich der Abbau der<br />

Wurzelmasse unter teilweise anaeroben<br />

Bedingungen in hydromorphen<br />

Horizonten so langsam vollzieht, dass<br />

über 30 Jahre nach dem Absterben der<br />

Bäume noch annähernd alle Wurzeln<br />

vorhanden waren. Der Trend, dass sich<br />

eine höhere Wurzeldichte günstig auf<br />

die Infiltrationsgeschwindigkeit auswirkt,<br />

wurde bestätigt.<br />

In einem weiteren Projekt (Wald und<br />

Klimawandel, 2010–2012) untersuchten<br />

Lange et al. (2013) die potentiellen<br />

Auswirkungen der Klimaänderung auf<br />

die Hochwasserschutzwirkung. In der<br />

Annahme, dass die Durchwurzelung in<br />

Buchenbeständen tieferer Lagen für<br />

zukünftige Klimaszenarien in höheren<br />

Lagen repräsentativ sein wird (in<br />

denen heute Tannen-Fichtenbestände<br />

dominieren), schätzen die Autoren,<br />

dass die Hochwasserschutzwirkung auf<br />

Grund einer intensiveren Durchwurzelung<br />

und erhöhter Verzögerung des<br />

Wasserabflusses zukünftig in höheren<br />

Lagen verstärkt wird.<br />

3.2 Einfluss der Wurzelverteilung<br />

auf die räumliche Heterogenität<br />

von Vernässungsmerkmalen<br />

auf der Transektskala<br />

Das Projekt COST FORMAN (Forest<br />

Management and Water Cycle, 2009–<br />

2012) strebte das Ziel an, den Wassergehalt<br />

und die Durchwurzelung in<br />

Abhängigkeit des Bestandesaufbaus<br />

zu charakterisieren. Das zentrale Thema<br />

dieser Arbeit war die Aufskalierung<br />

hydrologischer Prozesse vom Punkt<br />

zur Fläche unter Berücksichtigung der<br />

einzelnen Waldstandorte und deren<br />

Bewirtschaftung. In der erste Phase<br />

des Projektes, wurde die Bodenhydrologie<br />

und die Durchwurzelungsintensität<br />

durch Transekte (etwa 6–8 m lange<br />

Bodenprofile zwischen zwei Bäumen)<br />

und ein flächendeckendes Raster von<br />

Messpunkten (Raster Netz 10 × 10 m)<br />

analysiert. Eine detaillierte Studie über<br />

die Aufnahmemethoden (Hebeisen<br />

2011) hat gezeigt, dass die erhobenen<br />

Daten und Werte für Horizontmerkmale<br />

(Go,r) und Wurzelverteilung vergleichbar<br />

sind, egal ob sie mit Rahmenbohrer,<br />

Humaxproben oder durch eine<br />

Profilansprache gewonnen werden.<br />

Allerdings ist die Variabilität je nach<br />

Aufnahmemethode im Fehlerbereich<br />

sehr unterschiedlich.<br />

Die ersten Resultate dieser Studien<br />

wiesen darauf hin, dass die Reliefkomponente<br />

(Kuppe/Mulde) sowie der<br />

Baumabstand keine grosse Rolle bei<br />

Betrachtung der vertikalen Infiltration<br />

spielten (Stimm et al. 2009; Allenspach<br />

et al. 2011). Weiter gab es Hinweise<br />

darauf, dass die Durchwurzelungsintensität<br />

der Feinwurzeln in einem gut<br />

strukturierten, geschlossenen Bestand<br />

keine Funktion des Baumabstandes ist<br />

(Abb. 6). Spätere Untersuchungen in<br />

der zweite Phase des Projektes hingegen<br />

zeigten, dass der laterale Abfluss<br />

durch das Relief beeinflusst ist und die<br />

Wurzelverteilung (Fein- und Grobwurzeln)<br />

von der Waldstruktur abhängig<br />

ist (Schwarz et al. 2013).


Forum für Wissen 2013 111<br />

Abb. 6. Wurzelverteilung zwischen zwei Baumstämmen entlang eines Transekts aufgenommen<br />

durch Zählungen im 10 × 10 cm Raster<br />

3.3 Zusammenhang zwischen<br />

Durchwurzelung, Boden struktur<br />

und lateralem Zwischenabfluss<br />

auf der Ebene der Boden ­<br />

profilskala<br />

In einer späteren Phase des COST<br />

FORMAN Projekts wurden neue<br />

Beregnungsversuche mit regelmässigen<br />

Abständen zu Baumstämmen<br />

durchgeführt (1,5 , 3,5 und 5,5 m), um<br />

den Zusammenhang zwischen Relief,<br />

Durchwurzelung, Wassergehalt<br />

und lateralem Abfluss zu untersuchen<br />

(Schwarz et al. 2013).<br />

Jedes Profil wurde mit drei verschiedenen<br />

Intensitäten (70, 40, 100 mm/<br />

Std) beregnet, wobei jede Beregnung<br />

durch eine zweistündige Pause unterbrochen<br />

wurde (Sequenz Beregnung:<br />

erste Stunde 70 mm/Std, zwei Stunden<br />

ohne Beregnung, eine Stunde 40<br />

mm/Std, und anschliessend eine Stunde<br />

100 mm/Std). In jedem beregneten<br />

Profil wurden Wurzelverteilung, Wassergehalt<br />

und lateraler Abfluss gemessen.<br />

Die Wurzelverteilung wurde bis<br />

0,5 m Bodentiefe auf eine Breite von<br />

0,5 m kartiert. Der Wassergehalt wurde<br />

an zehn verschiedenen Stellen (Messintervall<br />

1 Min.) gemessen (Abb. 7),<br />

in den Tiefen von 0,075, 0,225 und<br />

0,375 m. Der laterale Abfluss wurde in<br />

drei Tiefenbereichen (0–0,15 , 0,16–0,3 ,<br />

0,31–0,45 m) in 0,5 m breiten Metallrillen<br />

gesammelt und mit Kippwaagen<br />

(RainWiseInc) gemessen.<br />

Aus den ersten qualitativen Beobachtungen<br />

im Feld hat sich bestätigt,<br />

dass am untersuchten Standort (E&K<br />

Nr. 49) das Kuppen-Mulden-Relief<br />

einen deutlichen Zusammenhang mit<br />

der räumlichen Verteilung des Bodenaufbaus<br />

beziehungsweise -typs zeigte<br />

(z. B. Lage reduzierter oder oxidierter<br />

bzw. wechselfeuchter Horizonte)<br />

und dadurch auch einen starken Einfluss<br />

auf den lateralen Abfluss hatte<br />

(Abb. 8). Weiter haben die Ansprachen<br />

der Bodenprofile ergeben, dass<br />

die Bodenverdichtung in der Nähe von<br />

Abb. 7. Einrichtung der Feldexperimente für die Messung des lateralen<br />

Abflusses auf Bodenprofilskala.<br />

Abb. 8. Serie von Bodenprofilen entlang eines Kuppen-Mulden Gradienten<br />

in verschiedenen Abständen zu einem Baumstamm (1,5 ,<br />

3,5 , und 5,5 m). Innerhalb weniger Meter ist der Gr-Horizont zwischen<br />

0,7 und 0,2 m Tiefe zu finden.


112 Forum für Wissen 2013<br />

Baumstämmen und die Präsenz von<br />

Grobwurzeln den lateralen Abfluss<br />

innerhalb von nicht und wenig hydromorphen<br />

Horizonten (z. B. B oder SB)<br />

während extremer Niederschlagereignisse<br />

fördern. In steileren Hangpartien<br />

erreichten gut durchwurzelte Horizonte<br />

eine Tiefe von 1 bis 1,5 m und wiesen<br />

eine subpolyedrische bis polyedrische<br />

Struktur auf. Solche mächtige und gut<br />

strukturierte Horizonte sind Voraussetzung<br />

für eine hohe Speicherkapazität<br />

und für eine bedeutende Verzögerung<br />

des lateralen Abflusses. In nicht<br />

bestockten Mulden oder flachen Hangpartien<br />

waren die Bodenprofile stark<br />

von Reduktionsmerkmalen geprägt<br />

und die Tiefe der rasch drainierenden<br />

Horizonte war auf die obersten 0,1 bis<br />

0,2 m des Bodenprofiles limitiert.<br />

Von dreizehn durchgeführten Beregnungsversuchen<br />

wiesen acht einen<br />

lateralen Abfluss höher als 0,0017 Lt./<br />

sec (= 0,1 Lt./min) innerhalb der ersten<br />

0,45 m auf. Die resultierenden Abflusskoeffizienten<br />

schwankten zwischen<br />

0 und 0,9 , wobei nur bei zwei Experimenten<br />

der Abflusskoeffizient über<br />

0,8 lag. Neun Beregnungen wurden bei<br />

Fichten und vier bei Tannen durchgeführt.<br />

Die untersuchten Bäume hatten<br />

einen BHD zwischen 0,3 und 0,4 m.<br />

Abbildung 10 zeigt ein Beispiel für<br />

den gemessenen lateralen Abfluss für<br />

ein Profil (Abb. 9) in 1,5 m Abstand<br />

zu einer Tanne (BHD = 0,38 m). Die<br />

Resultate zeigen auf, dass der Grossteil<br />

des lateralen Abflusses zwischen<br />

0,16 und 0,3 m Bodentiefe stattgefunden<br />

hat und der maximale Abfluss<br />

proportional zur Niederschlagsintensität<br />

war. Eine quasi-konstante Wasserbilanz<br />

(input = output) wurde etwa<br />

15 bis 20 Minuten nach Beregnungsbeginn<br />

erreicht. Die Messungen zeigen<br />

auch, dass der Abfluss typischerweise<br />

erst ab einem bestimmten Wassergehalt<br />

beginnt (durchschnittlich 0,36 [m 3 /<br />

m 3 ]) und auch ungesättigte Horizonte<br />

zu lateralem Abfluss beitragen können.<br />

Des Weiteren kann vermutet werden,<br />

dass die Steigung des Abflusses stark<br />

durch die Dimensionen und Form der<br />

Makroporen beeinflusst wird und die<br />

Durchwurzelungssituation, sowie die<br />

biologische Aktivität eine wichtige<br />

Voraussetzung für eine Erhöhung der<br />

Wasserspeicherung (Einfluss auf Porosität<br />

und Bodenvorfeuchte) und damit<br />

auf die Abflussverzögerung hat.<br />

3.4 Modellierungsansatz für die<br />

Charakterisierung des lateralen<br />

Zwischenabflusses und der<br />

präferenziellen Fliesswege<br />

In diesem Teilprojekt wurde ein neuer<br />

Modellierungsansatz entwickelt, um<br />

den präferenziellen Abfluss in durchwurzelten<br />

Böden zu quantifizieren.<br />

Die Grundkonzepte der Modellierung<br />

Abb. 9. Detail des Bodenprofils (T13_1.5) in 1,5 m Abstand zu einem Tannenstamm mit klarem<br />

Übergang von Ah Horizont mit Wurzeln und Rissen zu einem Go/r Horizont mit einer<br />

kompakten kohärenten Struktur (und deshalb weniger durchlässig) in 0,2 m Tiefe.<br />

basieren auf dem Ansatz von Beven<br />

und Germann (2013) für den präferentiellen<br />

lateralen Abfluss und wurden<br />

erweitert, um den Zusammenhang<br />

zwischen Wurzelverteilung, Abfluss<br />

und Wassergehalt besser abzubilden<br />

(Schwarz et al. 2013). Das Modell<br />

löst die Wasserbilanzgleichung unter<br />

Anwendung der Stokes Gleichung für<br />

die Berechnung der Wasserflüsse.<br />

Die sensibelsten Modellparameter,<br />

welche mit den Resultaten aus den<br />

Beregnungsexperimenten kalibriert<br />

wurden, sind:<br />

– Tiefe der rasch drainierten Bodenhorizonte<br />

(T [m]),<br />

– Kontaktfläche der Makroporen (L<br />

[m 2 /m 3 ]),<br />

– Koeffizient der vertikalen Sickerung<br />

(cv [–]) und<br />

– der sogenannte Faktor der Makroporen<br />

(gF [–]).<br />

Eine detaillierte Beschreibung des<br />

Modells ist in Schwarz et al. (2013) zu<br />

finden.<br />

Abbildung 11 zeigt den Vergleich<br />

zwischen dem gemessenen und simulierten<br />

Zeitverlauf des Wassergehaltes<br />

und des Abflusses von zwei Beregnungen<br />

bei sehr unterschiedlichen Verhältnissen.<br />

Das Bodenprofil der ersten<br />

Beregnung (Abb. 11A und 11C)<br />

wies einen stark vernässten Boden mit<br />

einem reduzierten Horizont schon ab<br />

0,2 m Bodentiefe auf. Dadurch änderte<br />

sich der gesamte Wassergehalt im Profil<br />

während der Beregnung nicht, wobei<br />

aber der laterale Abfluss in kurzer Zeit<br />

stattfand. Das zweite Profil (Abb. 11B<br />

und 11D) zeigte eine grössere Schwankung<br />

des Wassergehaltes proportional<br />

zur Beregnungsintensität und praktisch<br />

keinen lateralen Abfluss innerhalb<br />

der ersten 0,45 m Bodentiefe, da<br />

in diesem Fall der reduzierte Horizont<br />

tiefer unten lag. Mit diesen Informationen<br />

und Daten konnten die Modellparameter<br />

kalibriert werden. Die Tiefe<br />

der rasch drainierten Bodenhorizonte<br />

(T [m]) im untersuchten Gebiet lag<br />

zwischen 0,15 und 1 m, die kalibrierte<br />

Kontaktfläche der Makroporen (L [m 2 /<br />

m 3 ]) lag zwischen 50 und 2500 m 2 /m 3 .<br />

Der Koeffizient der vertikalen Versickerung<br />

(cv [–]) lag zwischen 0 und 1<br />

und der sogenannte geometrische Faktor<br />

der Makroporen (gF [–]) wurde<br />

konstant bei 0,25 festgelegt.


Forum für Wissen 2013 113<br />

Abbildung 12 zeigt die Sensibilität<br />

des Modells relativ zum Parameter L<br />

(Kontaktfläche der Makroporen) und<br />

gibt einen Hinweis zur Bedeutung dieses<br />

Parameters auf den Ausschlag der<br />

Abflussspitze. Die Berechnungen wurden<br />

mit einer Vorfeuchte von 0,3 [m 3 /<br />

m 3 ], T = 0,5 m, c = 0 und gF = 0,25 durchgeführt.<br />

Die drei Regenintensitäten<br />

entsprachen 70-40-100 mm/Std wie bei<br />

den Feldexperimenten. Die Resultate<br />

zeigten, dass bei gleicher Speicherkapazität<br />

die unterschiedlichen Dimensionen<br />

der Makroporen, welche durch<br />

den Parameter L charakterisiert werden,<br />

eine grosse Bedeutung für die<br />

Minderung der Abflusssptitze haben.<br />

Abb. 10. Resultate des gemessenen lateralen Abflusses bei Profil T13_1.5.<br />

A<br />

B<br />

Englische Übersetzung des Titels<br />

Since more than 150 years the population of the Gantrisch region is faced<br />

with floodrisks. For this reason, the role of protection forests has been considered<br />

important since long time, and big reforestations took place already in the<br />

1840’s. Notwithstanding the numerous studies on the flood-mitigating effects of<br />

C<br />

D<br />

forests, the development of quantitative methods for the practice is still challenging.<br />

In this work we present an overview of the research projects carried out in<br />

the Gantrisch region aimed to quantify the protection function of the forest. We<br />

discuss how the results of field experiments and numerical modeling could lead<br />

to the formulation of new quantitative approaches for the practice. However, for<br />

the systematical implementation of such approaches in cost-benefit analysis for<br />

risk management, several lags of knowledge still need to be adressed by future<br />

research works.<br />

Keywords: flood risk, protection forests, Gantrisch region, lateral sub-surface<br />

flow, root distribution, numerical modeling.<br />

Abb. 11. Resultate der gemessenen und modellierten Änderung des Wassergehalts (A und B) und des lateralen Abflusses (C und D) bei zwei<br />

sehr unterschiedlichen Profilen (F10_5.5 [A und C] und F10_3.5 [B und D]).


114 Forum für Wissen 2013<br />

Abb. 12. Resultate der Sensibilitätsanalyse des Abflussmodells auf der Bodenprofilskala mit<br />

unterschiedlichen Werten des Parameters L (Kontaktfläche [m 2 /m 3 ]).<br />

Vegetationsbedeckungen (Wiese =<br />

gelb, «schlechter» Wald = dunkelgrün,<br />

«minimaler» Wald = grün, «optimaler»<br />

Wald = hell grün) bei einem kurzen<br />

(1 Std. → 45 mm) und einem langen<br />

(24 Std. → 120 mm) hundertjährlichen<br />

Niederschlagsereignis. Der Niederschlag<br />

wurde über die Zeit als normal<br />

verteilt angenommen und das Speichervermögen<br />

war für alle Kombinationen<br />

konstant. Die Resultate zeigten,<br />

dass bei einem kurzen Niederschlagsereignis,<br />

ein «optimaler» Waldbestand<br />

die Abflussspitze bis zu 30 Prozent<br />

reduzieren konnte, dank einer starken<br />

Verzögerung des Wasserabflusses.<br />

Bei einem langandauernden Regenereignis<br />

hingegen, schien der Wald keinen<br />

Einfluss bei solch kleinen Hängen<br />

(10 × 15 m) zu haben. Die simulierten<br />

Abflüsse begannen erst, als der Hang<br />

hydrologisch vernetzt war. Je mehr<br />

Wasser benötigt wurde, um den lateralen<br />

Abfluss zu initialisieren, desto stärker<br />

wurde die Abflussspitze reduziert.<br />

4 Diskussion und Schlussfolgerungen<br />

3.5 Aufskalierung der Abflussprozesse<br />

und Einfluss der<br />

Durchwurzelung<br />

Das kalibrierte Abflussmodell der Profilskala<br />

wurde dann in einem Abflussmodell<br />

für die Hangskala angewandt,<br />

um die Verhältnisse von unterschiedlich<br />

hydrologisch beitragenden Flächen<br />

während eines Niederschlags zu simulieren<br />

und zu analysieren.<br />

Eine «random generating function»<br />

definiert in dem Modell die zufällige<br />

Normalverteilung der initialen Vorfeuchte<br />

(0,3 +– 0,03) in jeder Simulation<br />

(2 bis 5 pro Vegetationsbedeckung).<br />

Abbildung 13 zeigt die zeitliche Entwicklung<br />

der hydrologischen Benetzung<br />

des Hanges in Zusammenhang<br />

mit der Zunahme des Wassergehalts<br />

in jeder Zelle bis zu den Werten, bei<br />

welchen der laterale Abfluss beginnt<br />

(blaue Punkte).<br />

Unter der Annahme, dass unterschiedliche<br />

Werte von T (hydrologische<br />

aktive Bodentiefe) und L (Kontaktfläche)<br />

charakteristisch für unter-<br />

Für ein bestimmtes Niederschlagsereignis<br />

und ein bestimmtes Einzugsgebiet<br />

kann die Abflussspitze durch eine<br />

erhöhte Speicherkapazität des Bodens<br />

oder durch eine grössere Verzögerung<br />

des Wasserabflusses reduziert werden.<br />

In der Regel wirkt der Wald positiv auf<br />

diese beiden Prozesse (Speicherung<br />

und Verzögerung), aber in unterschiedschiedliche<br />

Bedingungen bezüglich<br />

Vegetationsbedeckung (Wiese bis gut<br />

strukturierte Waldbestände) sind, ist es<br />

möglich, die Abflussverhältnisse eines<br />

Hanges für unterschiedliche Niederschlagsereignisse<br />

zu simulieren. Abbildung<br />

14 zeigt den simulierten Abfluss<br />

eines Hanges mit vier verschiedenen<br />

Abb. 13. Zeitliche Entwicklung der hydrologischen Benetzung des Hanges in Zusammenhang<br />

mit der Zunahme des Wassergehalts (a = 60 Sek., b = 600 Sek., c = 1200 Sek.) während<br />

eines intensiven Niederschlages. Die roten Zellen weisen einen Wassergehalt kleiner als θ min<br />

auf und produzieren keinen lateralen Abfluss, während die blauen Zellen einen Wassergehalt<br />

grösser als θ min aufweisen und einen lateralen Abfluss proportional zu ihrem Sättigungsgrad<br />

produzieren.


Forum für Wissen 2013 115<br />

rekte Wirkung der Wurzelverteilung,<br />

durch die Parameter T, θ Beginn , θ min und<br />

L gut charakterisiert werden. Auf der<br />

Hangskala wirkt der Einfluss des Waldes<br />

durch die räumliche Heterogenität<br />

der oben genannten Parameter und<br />

dadurch auf die hydrologische Vernetzung<br />

des Hanges.<br />

Die bis heute gewonnenen Resultate<br />

bilden eine solide Basis für die Analyse<br />

der Prozesse auf der Profilskala (Infiltration<br />

und lateraler Abfluss), aber auf<br />

der Hangskala bleiben die Ergebnisse<br />

nur eine numerische Ex trapolation,<br />

welche mit weiteren Felddaten und Studien<br />

validiert werden muss. Die Analyse<br />

der Wurzelverteilung auf der Hangskala<br />

(Stimm et al. 2009; Allenspach<br />

et al. 2011; Hebeisen 2011; Schwarz<br />

et al. 2013) hat zwar ein besseres Bild<br />

des Zusammenhangs zwischen Waldstruktur<br />

und Wurzelverteilung ergeben,<br />

aber die hydrologischen Prozesse<br />

auf dieser Skala wurden noch nicht<br />

ausreichend charakterisiert. Zudem<br />

sind diesbezüglich nur wenige Studien<br />

in der Literatur vorhanden (z. B.<br />

Kohl et al. 2002). Dennoch lassen die<br />

numerischen Simulationen eine erste<br />

Schätzung der Waldwirkung zu. Zu<br />

den wichtigsten Rahmenbedingungen<br />

zählen die Intensität und Dauer eines<br />

Niederschlagsereignisses, das Relief,<br />

die Hanglänge und die Hangneigung.<br />

Die ersten Resultate haben gezeigt,<br />

dass bei einem gleichen Ereignis (z. B.<br />

1 Std. Dauer mit einem Gesamtniederschlag<br />

von 45 mm), je nach Verteilung<br />

der Niederschläge über die Zeit (konstant,<br />

normalverteilt, oder unregelmäslichem<br />

Ausmass je nach Situation. Die<br />

von der <strong>WSL</strong> durchgeführten Studien<br />

im Gantrischgebiet haben die Basis für<br />

eine quantitative Analyse der Waldwirkung<br />

in staunassen, vernässten Böden<br />

geschaffen und erlauben eine systematische<br />

Diskussion der komplexen<br />

Interaktionen und Prozesse, welche zu<br />

Hochwasserbildung führen.<br />

Gemäss unserer Resultate und der<br />

Modellierung ist die Speicherkapazität<br />

des Bodens (definiert als die Kapazität<br />

des Bodens durch Kapillarkraft das<br />

Wasser festzuhalten und nicht fliessen<br />

zu lassen) die wichtigste Einflussgrösse<br />

um die Abflussspitze zu reduzieren.<br />

Die Speicherkapazität hängt<br />

von der Art der Porosität des Bodens<br />

(z. B. Porengrösseverteilung, Konnektivität,<br />

Geometrie der Poren) und seiner<br />

Mächtigkeit ab (je tiefgründiger<br />

der Boden, desto mehr Wasser kann<br />

gespeichert werden). Tiefwurzelnde<br />

Baumarten, welche durch vernässte<br />

Bodenhorizonte nicht stark limitiert<br />

werden, sind waldbaulich zu bevorzugen,<br />

da diese Baumarten auch den<br />

tieferen Horizonten Wasser entziehen<br />

und so indirekt die Bodenstruktur dieser<br />

Horizonte verbessern. Aus diesem<br />

Grund erhöht die Präsenz von Wurzeln<br />

die Infiltration und die Speicherkapazität<br />

des Bodens. Im vorgeschlagenen<br />

Modellierungsansatz wird die Speicherkapazität<br />

durch die Parameter T,<br />

θ Beginn (Vorfeuchte) und θ min (Wassergehalt,<br />

bei welchem der laterale Abfluss<br />

beginnt) bestimmt. In ungünstigen<br />

Situationen kann die Speicherkapazität<br />

gleich Null sein, wenn beispielsweise<br />

während der Schneeschmelze<br />

die Bodenfeuchte sehr hoch ist. Aber<br />

auch wenn das Wasser in den Boden<br />

infiltriert, kann es, je nach Abflussbildungsprozess,<br />

rasch durch präferenzielle<br />

Fliesswege zum Abfluss beitragen.<br />

In bewaldeten Hängen ist der laterale<br />

Zwischenabfluss oft dominierend<br />

und die Geschwindigkeit des Abflusses<br />

hängt von der Dimension und Vernetzung<br />

der Makroporen ab. Die Resultate<br />

haben gezeigt, dass die Intensität<br />

des Zwischenabflusses durch die Kontaktflächenlänge<br />

charakterisiert werden<br />

kann. Dieser Parameter hat sich<br />

im Modell als zweitwichtigster für die<br />

Minderung der Abflussspitze herausgestellt.<br />

Auf der Bodenprofilskala kann der<br />

Einfluss des Waldes über die indi-<br />

Abb. 14. Simulierter Abfluss eines Hanges mit vier verschiedenen Vegetationsbedeckungen<br />

(Wiese = gelb, «schlechter» Wald = dunkel grün, «minimaler» Wald = grün, «optimaler»<br />

Wald = hell grün) bei einem kurzen (1 Std. → 45 mm) und einem langen (24 Std. → 120 mm)<br />

hundertjährlichen Niederschlagsereignis.<br />

sig), die Waldwirkung unterschiedlich<br />

sein kann.<br />

Die Resultate und Ansätze, welche<br />

in diesem Artikel präsentiert werden,<br />

dienen als wichtige Grundlagen für<br />

die Quantifizierung der Waldwirkung<br />

gegen Hochwasserrisiken. Als Beispiel<br />

können derartige Ansätze in Kostenwirksamkeitsanlysen<br />

im Rahmen<br />

des Risikomanagements angewendet<br />

werden, wobei die Waldwirkung je<br />

nach Wiederkehrdauer und Intensität<br />

der Niederschlagsereignisse, sowie je<br />

nach Waldzustand quantifiziert werden<br />

kann. In ähnlicher Weise hat Sandri<br />

(2006) die Waldwirkung gegen<br />

Wildbach- und Hochwassergefahren<br />

in einem Intensitäts-Wahrscheinlichkeits-Diagramm<br />

qualitativ dargestellt.<br />

Abbildung 15 zeigt eine Konzept-<br />

Darstellung der möglichen Resultate<br />

aus numerischen Simulationen für<br />

die Quantifizierung der Waldwirkung<br />

je nach Wiederkehrdauer und Dauer<br />

eines Niederschlagsereignisses für ein<br />

bestimmtes Einzugsgebiet und einen<br />

bestimmten Waldzustand.<br />

Die Wirkung des Waldes hängt vom<br />

Waldstandortstyp und vom Waldzustand<br />

ab, welcher wiederum oft von der<br />

Waldbewirtschaftung abhängig ist. Die<br />

sorgfältige Auswahl der Baumartenmischung<br />

und die Bildung einer heterogenen<br />

mehrstufigen Struktur sind in<br />

den in NaiS enthaltenen Vorgaben für<br />

eine optimale Schutzwirkung des Waldes<br />

Voraussetzungen. Diese Richtlinie<br />

basiert auf qualitativen Schätzungen.<br />

Eine Verbesserung ist im Moment<br />

nicht systematisch möglich, vor allem


116 Forum für Wissen 2013<br />

Abb. 15. Konzeptuelle Darstellung der möglichen Resultate für die Quantifizierung der<br />

Waldwirkung je nach Wiederkehrdauer und Dauer eines Niederschlagsereignisses.<br />

auf Grund fehlender Felddaten. Die<br />

mittel- bis langfristigen Wirkungen<br />

von verschiedenen Baumarten und<br />

Waldstrukturen unter verschiedenen<br />

Bedingungen (Klima, Boden, etc.) sind<br />

nur für wenige Situationen schätzbar<br />

(Lange et al. 2009; Hartmann 2008).<br />

Weitere Projekte sollten diese Kenntnisse<br />

mithilfe neuer Felddaten erweitern.<br />

Für ein besseres Gesamtbild der<br />

Waldwirkungen gegen Hochwasser ist<br />

die langfristige Berücksichtigung der<br />

Walddynamik (Absterben und Wachstum<br />

der Bäume) ein sehr wichtiges<br />

Element, welches zusätzlich noch besser<br />

untersucht werden muss.<br />

5 Literatur<br />

Allenspach, A.; Pecoroni, D.; Stimm E.-M;<br />

Lange, B.; Zürcher, K.; Lüscher, P.;<br />

Weingartner, R., 2011: Infiltrationsverhalten<br />

gehemmt durchlässiger Waldböden<br />

in Abhängigkeit der Durchwurzelungs.<br />

In: Böden verstehen, Böden nutzen,<br />

Böden fit machen. Jahrestagung der<br />

DBG, Berlin, September 2011; (Berichte<br />

online).<br />

Badoux, A.; Witzig, J.; Germann, P.F.; Kienholz,<br />

H.; Lüscher P.; Weingartner, R.;<br />

Hegg, C., 2006: Investigations on the<br />

runoff generation at the profile and plot<br />

scales, Swiss Emmental. Hydrol. Process.<br />

20: 377–394.<br />

Beven, K.; Germann, P.F., 2013: Macropores<br />

and Water Flow in Soils Revisited. doi:<br />

10.1002/wrcr.20156<br />

Frehner, M.; Wasser B.; Schwitter, R.,<br />

2005: Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle<br />

im Schutzwald: Wegleitung für Pflegemassnahmen<br />

in Wäldern mit Schutzfunktion.<br />

Bern, Bundesamt für Umwelt,<br />

BAFU.<br />

Grunauer, C., 2009: Bodenhydrologische<br />

Auswirkungen von Wurzeln abgestorbener<br />

Bäume nach 1, 6, 18, 36 und über<br />

40Jahren, Masterarbeit, Geogr. Institut<br />

der Universität Bern – GIUB, Bern.<br />

Hartmann, O., 2008: Durchwurzelungssituation<br />

der Vogelbeere (Sorbus aucuparia)<br />

auf hydromorphen Böden und deren<br />

Einfluss auf hydrologische Bodeneigenschaften.<br />

Bachelor Thesis, Zurcher Hochschule<br />

fur Angewandte Wissenschaften –<br />

ZHAW, Wädenswil.<br />

Hebeisen, K., 2011: Untersuchung zum Einfluss<br />

der Waldbestandesstruktur auf die<br />

Durchwurzelung temporär vernässter<br />

Flyschböden im Under Scheidwald (BE).<br />

Bachelor Thesis, Hochschule für Agrar-,<br />

Forst-, und Lebensmittelwissenschaften,<br />

Zollikofen.<br />

Kohl, B.; Markart, G.; Bauer, W., 2002:<br />

Abflussmenge und Sedimentfracht unterschiedlich<br />

genutzter Boden-/Vegetationskomplexe<br />

bei Starkregen im Sölktal/Steiermark.<br />

BFW-Ber. 127: 5–15.<br />

Lange, B.; Lüscher, P.; Germann, P.F., 2009:<br />

Significance of tree roots for preferential<br />

infiltration in stagnic soils. Hydrol. Earth<br />

Syst. Sci. 13: 1809–1821.<br />

Lange, B.; Germann, P.F.; Lüscher, P., 2011:<br />

Runoff-generating processes in hydromorphic<br />

soils on a plot scale: free gravity-driven<br />

versus pressure-controlled flow.<br />

Hydrol. Process. 25: 873–885.<br />

Lange, B.; Germann P.F.; Lüscher P., 2013:<br />

Greater abundance of Fagus sylvatica in<br />

coniferous flood protection forests due to<br />

climate change: impact of modified root<br />

densities on infiltration. Eur. J. For. Res.<br />

132: 151–163.<br />

Lüscher, P.; Zürcher, K., 2003: Waldwirkung<br />

und Hochwasserschutz: Eine differenzierte<br />

Betrachtungsweise ist angebracht.<br />

LWF-Ber. 40: 30–33.<br />

Sandri, A., 2006: Vom Nutzen des Waldes.<br />

Bull. angew. Geol. 11, 2: 109–115.<br />

Stimm, E.-M.; Lange, B.; Zürcher, K.;<br />

Lüscher, P.; Weingartner, R., 2009: Infiltrationsverhalten<br />

gehemmt durchlässiger<br />

Waldböden in Abhängigkeit der Durchwurzelungs-tiefe.<br />

In: Böden – eine endliche<br />

Ressource. Jahrestagung der DBG,<br />

Bonn, September 2009.<br />

Schwarz, M.; Dämpfle, L.; Lüscher P., 2013<br />

(in Vorbereitung): A new framework for<br />

the quantification of the hydrological<br />

connectivity of vegetated slopes. Ecohydrology.<br />

Abstract<br />

Gantrisch’s flood-protection forest: developing quantitative methods for practical use<br />

The population in the Gantrisch region has had to cope with the risk of floods for<br />

more than 150 years. The role of protection forests has therefore long been considered<br />

important, and extensive reforestation was already undertaken in the 1840s.<br />

Notwithstanding the numerous studies on the flood-mitigating effects of forests,<br />

quantitative methods for use in practice are still underdeveloped. In this work we<br />

present an overview of the research projects carried out in the Gantrisch region to<br />

quantify the protection function of the forest. We discuss how the results of field<br />

experiments and numerical modeling has led to the formulation of new quantitative<br />

approaches for use in practice. However, to implement such approaches systematically<br />

in cost-benefit analyses for risk management, several gaps in knowledge<br />

still need to be addressed in future research.<br />

Keywords: flood risk, protection forests, Gantrisch region, lateral sub-surface flow,<br />

root distribution, numerical modeling.


Verzeichnis der Schriftenreihe «Forum für Wissen»<br />

Forum für Wissen 2012<br />

Alpine Schnee- und Wasserressourcen gestern, heute, morgen. 68 S.<br />

Forum für Wissen 2011<br />

Der multifunktionale Wald – Konflikte und Lösungen. 58 S.<br />

Forum für Wissen 2010<br />

Landschaftsqualität. Konzepte, Indikatoren und Datengrundlagen. 67 S.<br />

Forum für Wissen 2009<br />

Langzeitforschung für eine nachhaltige Waldnutzung. 129 S.<br />

Forum für Wissen 2008<br />

Ballungsräume für Mensch und Natur. 82 S.<br />

Forum für Wissen 2007<br />

Warnung bei aussergewöhnlichen Naturereignissen. 96 S.<br />

Forum für Wissen 2006<br />

Wald und Klimawandel. 71 S.<br />

Forum für Wissen 2005<br />

Wald und Huftiere – eine Lebensgemeinschaft im Wandel. 74 S.<br />

Forum für Wissen 2004<br />

Schutzwald und Naturgefahren. 103 S.<br />

Forum für Wissen 2000<br />

Naturwerte in Ost und West. Forschen für eine nachhaltige Entwicklung vom Alpenbogen bis zum Ural. 87 S.<br />

Forum für Wissen 1999, 2<br />

Nachhaltige Nutzung im Gebirgsraum. 70 S.<br />

Forum für Wissen 1999, 1<br />

Biosphärenpark Ballungsraum. 56 S.<br />

Forum für Wissen 1998<br />

Optimierung der Produktionskette «Holz». 87 S.<br />

Forum für Wissen 1997<br />

Säure- und Stickstoffbelastungen – ein Risiko für den Schweizer Wald? 100 S.<br />

Forum für Wissen 1996<br />

Wild im Wald – Landschaftsgestalter oder Waldzerstörer? 71 S.<br />

Forum für Wissen 1995<br />

Erhaltung der Biodiversität – eine Aufgabe für Wissenschaft, Praxis und Politik. 59 S.<br />

Forum für Wissen 1994<br />

Waldwirtschaft im Gebirge – eine ökologische und ökonomische Herausforderung. 54 S<br />

Forum für Wissen 1993<br />

Naturgefahren. 63 S.<br />

Forum für Wissen 1992<br />

Waldschadenforschung in der Schweiz: Stand der Kenntnisse. 162 S.<br />

Forum für Wissen 1991<br />

Wald und Landschaft: Lebensräume schützen und nutzen. 63 S.<br />

ISSN 2296-3448

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!