Stabwechsel - SAQ
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Fachgruppe g<br />
Informatik<br />
>> Requirements Engineering Forum<br />
Querdenken begrüssenswert<br />
>> Sie haben es in allen Branchen schwer. In Bereichen wie<br />
Informatik oder Kommunikation könnten gerade «Ignoranten»,<br />
wie sie beispielsweise Professor Dan Berry (University of<br />
Waterloo) am 12. November 2013 in Zürich typisierte,<br />
Geschäfts prozesse vorantreiben und sicher auf strategische<br />
Kommunikations fehler hinweisen.<br />
Unternehmensprozesse verbessern<br />
ist ein beständiger Anspruch<br />
in allen Unternehmen –<br />
und eine grosse Herausforderung.<br />
Requirements Engineering-Experten<br />
trafen sich am<br />
RE-Forum in den Konferenz -<br />
räumen der SIX Swiss Exchange<br />
um sich dieser Herausforderung<br />
anzunehmen.<br />
Das bestens organisierte<br />
Forum widmete sich aktuellen<br />
Fragen zu Qualitätsanforderungen,<br />
zu Kommunikationslü cken,<br />
nachvollziehbaren Lösungen<br />
und anregenden Gedankenspielen<br />
für wichtige Vertreter von<br />
Staatseinrichtungen und Spitalbetrieben,<br />
von Banken, Versicherungen<br />
und Informatikbetrieben.<br />
Karol Frühauf führte<br />
eloquent durch einzelne Vor -<br />
träge wie beispielsweise «Zum<br />
Problem des gemeinsamen Verständnisses<br />
im Requirements<br />
Engineering», Keynote von Prof.<br />
Dr. Martin Ginz, Leiter des Instituts<br />
für Informatik an der Universität<br />
Zürich.<br />
«Ignorance is the key»<br />
Die meisten Domains bergen<br />
Schwächen. Werden Sie beispielsweise<br />
durch Experten mit<br />
ausgeprägten Stärken und unterschiedlichen<br />
Talenten konstruiert,<br />
könnten inhaltliche Abweichungen<br />
oder gar gravierenden<br />
Missverständnisse entstehen.<br />
Dan Berry von der Cheriton<br />
School of Computer Science,<br />
University of Waterloo, hat<br />
hierzu eine interessante Studie<br />
begleitet, sie am Forum passi -<br />
oniert abgehandelt. Prof. Barry:<br />
«Ignoranz ist der Schlüssel,<br />
wenn es darum geht, eine möglichst<br />
effektive Arbeitsgruppe zu<br />
formieren.»<br />
Um vertraute Abläufe und<br />
quantitative Fakten zu hinterfragen,<br />
schliesslich auch die<br />
Gruppenroutine zu optimieren,<br />
tue man gut daran spezifische<br />
«domain ignorants», keine Querulanten,<br />
aber doch themenfremde<br />
Personen den Sachverständigen<br />
bei Engineering-Projekten<br />
entgegen zu setzen. Vier<br />
Ignoranten und vier Unter -<br />
nehmensexperten würden erheblich<br />
mehr Fragen ausserhalb<br />
üblichen System- und Gedanken -<br />
schemata finden; Mehr themenfremde<br />
Angestellte in einer Grup -<br />
pe würden noch mehr kreative<br />
Spielräume in Prozesse bringen.<br />
Dan Berry war nicht der Einzige,<br />
der positiv für unkonve -<br />
ti onelles Arbeiten und orginelle<br />
Ansätze plädierte. Auch der folgende<br />
Referent, Jörg Dörr, Division<br />
Manager (Frauenhofer IESE,<br />
Kaiserslautern) leuchtete Alltags -<br />
beispiele und Methoden in Industrieprojekten<br />
aus, die von<br />
Personalabteilungen bis zu Auto -<br />
flops, siehe Mercedes «Elchtest»<br />
1997, reichen. «So», meint auch<br />
Dörr, «orientiert man sich bei<br />
Projekten am liebsten an gewohnten<br />
Mustern. Dadurch<br />
werden Qualitätsanforderungen<br />
unvollständig wahrgenommen.»<br />
Der Wissenschafter zeigte<br />
zehn «best practices»-Beispiele<br />
auf und motiviere die Zuhörer,<br />
sich weitere Fragen zu stellen,<br />
ob Projekte, respektive Methoden<br />
stets sicher, dienlich oder<br />
messbar sind? Mittels kon -<br />
gruenten Szenarien und auffälligen<br />
Personenbildern versucht<br />
Toni Steimle, Leiter User Expe -<br />
rience (Crealogix AG), komplexe<br />
Abläufe, gar einseitige Miss -<br />
verständnisse zu prüfen und zu<br />
optimieren. Der Storyteller verwies<br />
auf beste Akzeptanz und<br />
noch bessere Erhebungen, würden<br />
Analysten mal kreative Wege<br />
beschreiten, sich nicht nur<br />
auf Assessment-Tests verlassen.<br />
Schliesslich passte auch der<br />
Fokus im «World Café», im<br />
Workshop des Tagesforums bes -<br />
tens in die Vorträge hinein, beispielsweise<br />
bei Diskussionen<br />
innerhalb von Workshop-Teilnehmern<br />
zum Stichwort Per -<br />
sonalentwicklung. So teilten die<br />
meis ten die Übereinstimmung,<br />
dass heute in der Schweiz immer<br />
noch in der Minimierung<br />
von Schwächen als in der Entwicklung<br />
von Stärken Gewicht<br />
gelegt würde. Dass die Wirtschaft<br />
aus Durchschnittsfallen treten<br />
könne, meinten anwesende Per -<br />
sonalexperten, müss ten auch<br />
so genannte «Freaks», atypisch<br />
talentierte Menschen, und<br />
«Peaks», technische Zwischen -<br />
fälle, nicht nur als Bedrohungen<br />
für die Unternehmen angesehen<br />
werden: In vielen Fällen<br />
könnten sie auch eine dynamische<br />
Lösung darstellen.<br />
Gegen Forumende hielt Prof.<br />
Dr. Martin Glinz eine Keynote<br />
zum besseren Verständnis zwischen<br />
«Stakeholdern», zwischen<br />
Auftraggebern eines Projekts und<br />
deren Entwicklern. Er zeigte<br />
Konzept-, respektive Verständnisfallen<br />
bei Kleinstfamilien sowie<br />
bei Software-Systemen, und<br />
generell in der Kommunikation.<br />
Er verwies auf explizite wie implizite<br />
Punkte, die im Requirements<br />
Engieneering stets mitschwingen.<br />
Ein letzter übergreifender<br />
Gedanke des Professors:<br />
«Viele Entscheider sind zu vorsichtig<br />
aus Angst vor Fehlern.<br />
Sie setzen bei der Besetzung<br />
von Schlüsselpositionen auf bis -<br />
herige Methoden.» Erfolgreiche<br />
Unternehmen der Zukunft sollten<br />
jedoch nicht einfach auf einzelne<br />
Methoden setzen, sondern<br />
Prozesse und Kommunikation<br />
ganzheitlich verstehen. Um<br />
eine Effektivität zu gewährleis -<br />
ten, die komplexe Arbeitswelten<br />
erfordern, gelte es, mithilfe von<br />
ungewohnten Mitbestreitern<br />
Projekte zu fördern, die Unternehmen<br />
und Gesellschaft am<br />
Laufen halten.<br />
Text und Bild: Michael Merz<br />
IV<br />
MQ Management und Qualität 1-2/2014