STEUERLICHE ASPEKTE DES REVIDIERTEN ... - PwC
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Datum: 07.11.2013<br />
Der Schweizer Treuhänder<br />
8021 Zürich<br />
044/ 267 75 75<br />
www.treuhaender.ch<br />
Medienart: Print Themen-Nr.: 660.3<br />
Medientyp: Fachpresse<br />
Abo-Nr.: 660003<br />
Auflage: 11'345<br />
Erscheinungsweise: 10x jährlich<br />
Seite: 808<br />
Fläche: 420'774 mm²<br />
OR soll das Rechnungslegungsrecht die Lage eines Unternehmens<br />
so darstellen, dass sich Dritte ein zuverlässiges Urteil<br />
bilden können. Die revidierte Norm weicht von der<br />
Zweckbestimmung nach bisher geltendem Recht in zweierlei<br />
Hinsicht ab: Adressat der Rechnungslegung sind nicht mehr<br />
die am Unternehmen Beteiligten, sondern Dritte. Und es soll<br />
nicht ein möglichst sicherer Einblick in die wirtschaftliche<br />
Lage des Unternehmens, sondern die Bildung eines zuverlässigen<br />
Urteils ermöglicht werden. Dazu wurde in der Botschaft<br />
2007 Folgendes ausgeführt:<br />
«... Nach dem Entwurf bedeutet , dass die Rechnungslegung<br />
die wirtschaftliche Lage des Unternehmens so darstellen<br />
soll, dass sich Dritte ein zuverlässiges Urteil bilden können<br />
(Art. 958 Abs. 1) ...» [53].<br />
Dieses Ziel wird mit Art. 958c Abs. 1 Ziff. 3 OR nochmals betont,<br />
welche die Verlässlichkeit als einen der Grundsätze<br />
ordnungsmässiger Rechnungslegung nennt. Zudem normiert<br />
Art. 9572 Abs. 2 Ziff. 1 OR das Prinzip der vollständigen,<br />
wahrheitsgetreuen und systematischen Erfassung von<br />
Geschäftsvorfällen und Sachverhalten als einen der Grundsätze,<br />
die von der ordnungsmässigen Buchführung zu beachten<br />
sind.<br />
Daraus ein Bekenntnis des revidierten Rechnungslegungsrechts<br />
zu «true-and-fair-view» abzuleiten oder darin eine<br />
Aufweichung des Vorsichtsprinzips zu erblicken, geht aber<br />
fehl. Denn die Bestimmungen zur Bewertung sprechen klar<br />
für den Fortbestand des Vorsichtsprinzips. Zunächst sei<br />
auf Art. 958c Abs. i Zif£ 5 OR hingewiesen, welcher die Vorsicht<br />
explizit als einen der Grundsätze ordnungsmässiger<br />
Rechnungslegung statuiert. Zentral ist sodann Art. 960<br />
Abs. 2 OR, welcher im ersten Halbsatz den Grundsatz der Bewertung<br />
normiert und besagt, dass die Bewertung vorsichtig<br />
erfolgen müsse. Zwar wird der Grundsatz der vorsichtigen<br />
Bewertung mit dem zweiten Halbsatz wieder relativiert<br />
durch die Forderung, dass die (vorsichtige) Bewertung die<br />
zuverlässige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens<br />
nicht verhindern dürfe. Vollends umgestossen<br />
wird die vermeintliche Abkehr vom Vorsichtigsprinzip dann<br />
mit Art. 960 a Abs. 4 OR. Gemäss dieser Bestimmung dürfen<br />
unter anderem auch zur «Sicherung des dauernden<br />
Gedeihens des Unternehmens» zusätzliche Abschreibungen<br />
und Wertberichtigungen vorgenommen werden resp. es<br />
kann davon abgesehen werden, nicht mehr benötigte Abschreibungen<br />
und Wertberichtigungen aufzulösen. In die<br />
gleiche Richtung zielt Art. 960 e Abs. 4 OR, der es den Unternehmen<br />
gestattet, von der Auflösung nicht mehr benötigter<br />
Rückstellungen abzusehen, und der somit im Ergebnis<br />
auch zu einer sich am Vorsichtsprinzip orientierenden Bewertung<br />
führt.<br />
Folglich deckt sich der in Art. 958 OR normierte Zweck<br />
der Rechnungslegung (Dritten die Bildung eines zuverlässigen<br />
Urteils über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens<br />
zu ermöglichen) inhaltlich mit dem gemäss Art. 959 aOR bis<br />
anhin geltenden Zweck (Beteiligten einen möglichst sicheren<br />
Einblick in die wirtschaftliche Lage des Geschäfts zu vermitteln).<br />
Zusammenfassend kann demnach festgehalten werden,<br />
dass es im Ergebnis unstrittig ist, dass das revidierte Rechnungslegungsrecht<br />
nicht dem Grundsatz von «true-andfair-view»,<br />
sondern weiterhin dem Vorsichtsprinzip folgt [54].<br />
4.2.3 Rückstellungen. Art. 96o e Abs. 2 OR enthält eine Definition<br />
von «Rückstellungen für drohende Verluste» [55]. Dieser<br />
Definition zur Folge muss zulasten der Erfolgsrechnung<br />
eine Rückstellung gebildet werden, wenn vergangene<br />
Ereignisse in künftigen Geschäftsjahren einen Mittelabfluss<br />
erwarten lassen. Diese Definition ist eng, und mindestens<br />
aufden ersten Blick scheint sie unvollständig zu sein und von<br />
dem bis anhin geltenden handelsrechtlichen Rückstellungsbegriff<br />
in Art. 669 Abs. 1 aOR abzuweichen (der im weitesten<br />
Sinn nach Bestand und Höhe ungewisse rechtliche Verpflichtungen<br />
gegenüber Dritten, ungewisse Verpflichtungen<br />
gegenüber Dritten ohne rechtliche Grundlage sowie<br />
ungewisse Verpflichtungen des Unternehmens gegenüber<br />
sich selbst umfasst [56]). Insbesondere Verluste aus schwebenden<br />
Geschäften zeigen sich jedoch nicht immer als Mittelabfluss,<br />
sondern können sich auch als künftiger Minderzugang<br />
von wirtschaftlichen Werten manifestieren [57]. Der<br />
Ansicht Böcklis ist zuzustimmen, dass auch unter der revidierten<br />
Norm der aus einem «schwebenden Geschäft» drohende<br />
Minderzufluss ebenfalls handelsrechtskonform als<br />
Rückstellung verbucht werden muss [58]. Unter Berücksichtigung<br />
der weiter oben gemachten Ausführungen zur Passivierung<br />
im Allgemeinen (vgl. Ziff. 4.2.1 hiervor) und den<br />
Bewertungsgrundsätzen (vgl. Ziff. 4.2.2 hiervor) kann festgehalten<br />
werden, dass der Rückstellungsbegriff unter revidiertem<br />
Rechnungslegungsrecht inhaltlich mit dem bisherigen<br />
Begriff letztlich deckungsgleich ist, trotz neu formuliertem,<br />
an IFRS angelehntem Rückstellungsbegriff.<br />
Art. 96o e Abs. 3 Ziff. 4 OR sieht vor, dass Rückstellungen<br />
zudem auch für die «Sicherung des dauernden Gedeihens<br />
des Unternehmens» gebildet werden dürfen. Derartige<br />
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