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fu – Positionen<br />

Alkoholverbot für Neulenkende ............................................................................................................... 2<br />

<strong>bfu</strong>-Modell «Tempo 50/30» ..................................................................................................................... 3<br />

Blackbox .................................................................................................................................................. 4<br />

Elektrofahrräder / E-Bikes ....................................................................................................................... 5<br />

Gotthard-Strassentunnel ......................................................................................................................... 6<br />

Handy am Steuer .................................................................................................................................... 7<br />

Handzeichenzwang an Fussgängerstreifen? .......................................................................................... 8<br />

Helmobligatorium im Schneesport .......................................................................................................... 9<br />

Intervalle zwischen den Motorfahrzeugkontrollen für Personenwagen................................................. 10<br />

Ke<strong>in</strong> Alkoholausschank <strong>in</strong> Autobahnraststätten .................................................................................... 11<br />

Kitesurfen .............................................................................................................................................. 12<br />

Law<strong>in</strong>engefahr beim Freeriden und Tourenfahren ................................................................................ 13<br />

Polizeikontrollen .................................................................................................................................... 14<br />

«Raser<strong>in</strong>itiative».................................................................................................................................... 15<br />

Rechtsüberholen ................................................................................................................................... 16<br />

«Risikokompensation» – ke<strong>in</strong> Argument gegen Unfallverhütungsmassnahmen .................................. 17<br />

Risikosportanbieter-Gesetz ................................................................................................................... 18<br />

Schock-Kampagnen .............................................................................................................................. 19<br />

Sportförderungsgesetz umsetzen ......................................................................................................... 20<br />

Tempo-30-Zonen ................................................................................................................................... 21<br />

Tempo 140 auf Autobahnen – die unterschätzte Gefahr ...................................................................... 22<br />

Unfallprävention im Strassenverkehr: PW-Lenker<strong>in</strong>nen im Fokus? ..................................................... 23<br />

Velohelm tragen .................................................................................................................................... 25<br />

Verkehrsfluss auf den Nationalstrassen verbessern ............................................................................ 26<br />

Verve ..................................................................................................................................................... 27<br />

Via sicura ............................................................................................................................................... 28<br />

Vorgezogene Fahrausbildung? ............................................................................................................. 29<br />

W<strong>in</strong>terreifen-Obligatorium ..................................................................................................................... 30<br />

Zweiphasenausbildung / Führerausweis auf Probe .............................................................................. 31


Alkoholverbot für Neulenkende<br />

Die <strong>bfu</strong> setzt sich seit mehreren Jahren für die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es Alkoholverbots für Neulenkende e<strong>in</strong>.<br />

Aufgrund ihrer höheren Risikobereitschaft und der mangelnden Fahrerfahrung s<strong>in</strong>d diese bei Alkoholunfällen<br />

stark übervertreten. Bei den jungen Lenkern genügt schon e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Menge Alkohol im<br />

Blut und ihre Fahrfähigkeit ist bee<strong>in</strong>trächtigt. Bereits bei 0,3 Promille verdoppelt sich ihr Unfallrisiko<br />

be<strong>in</strong>ahe. 18- bis 24-jährige Lenker verschulden fast doppelt so viele Alkoholunfälle wie 25- bis 44-jährige<br />

und knapp 4-mal so viele wie 45-bis 64-jährige. Schätzungen der <strong>bfu</strong> zeigen, dass mit der Null-<br />

Promille-Vorschrift für Neulenkende pro Jahr gut 5–10 Todesopfer und ungefähr 50–70 Schwerverletzte<br />

vermieden werden könnten.<br />

Das Alkoholverbot für Neulenkende hat sich <strong>in</strong> anderen Ländern bereits als wirksame und kosteneffiziente<br />

Massnahme erwiesen. Auch aus diesem Grund sieht die <strong>bfu</strong> e<strong>in</strong>e solche Bestimmung als prioritäre<br />

zukünftige Verkehrssicherheitsmassnahme und empfiehlt e<strong>in</strong>e schnelle E<strong>in</strong>führung. Das Verbot<br />

soll während der dreijährigen Probephase nach Erhalt des Fahrausweises gelten.<br />

In e<strong>in</strong>er repräsentativen Umfrage 2009 begrüssten 68 Prozent der Befragten die Null-Promille-Grenze<br />

für Neulenkende.<br />

Das Alkoholverbot für Neulenkende ist Bestandteil des Verkehrssicherheitsprogramms Via sicura, das<br />

von den Eidgenössischen Räten im Juni 2012 beschlossen worden ist.<br />

Juli 2012


fu-Modell «Tempo 50/30»<br />

Das <strong>bfu</strong>-Modell Tempo 50/30 basiert auf der Unterscheidung des <strong>in</strong>nerörtlichen Strassennetzes <strong>in</strong><br />

siedlungsorientierte und verkehrsorientierte Strassen. Um letztere übergeordnete Strassen für den<br />

fliessenden Verkehr attraktiv und leistungsfähig zu erhalten, soll hier <strong>in</strong> der Regel Tempo 50 generell<br />

gelten und die Sicherheit mit gestalterischen Massnahmen verbessert werden (E<strong>in</strong>bezug <strong>in</strong> Tempo-<br />

30-Zone <strong>in</strong> Ausnahmefällen möglich; BGE 1C_17/2010). Auf den siedlungsorientierten Strassen <strong>in</strong>nerhalb<br />

e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de h<strong>in</strong>gegen soll die Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit auf 30 km/h limitiert werden. Tempo<br />

30 erhöht die Sicherheit und Wohnqualität <strong>in</strong> Quartieren. Tiefere Geschw<strong>in</strong>digkeiten führen zu ruhigerem<br />

Fahrverhalten und reduzieren Abgas- sowie Lärmemissionen. Die Anzahl und Schwere von<br />

Unfällen nimmt ab, die Wege für Schulk<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d weniger gefährlich. Die verletzlicheren Verkehrsteilnehmenden<br />

fühlen sich sicherer, und die Fahrzeuglenkenden verlieren trotzdem kaum Zeit.<br />

Die <strong>bfu</strong> hat ihr Modell Tempo 50/30 evaluiert und festgestellt, dass bis Ende 2006 <strong>in</strong> der Schweiz<br />

<strong>in</strong>sgesamt 2057 Tempo-30-Zonen bewilligt und 211 verkehrsorientierte Strassen umgestaltet wurden.<br />

Insgesamt 729 Geme<strong>in</strong>den haben dabei zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e dieser beiden Massnahmen umgesetzt, rund<br />

2000 zumeist kle<strong>in</strong>ere Kommunen haben jedoch bis 2006 weder das e<strong>in</strong>e noch das andere realisiert.<br />

Erste Schritte s<strong>in</strong>d also gemacht, es bleibt aber noch viel zu tun.<br />

Sichere Strassen s<strong>in</strong>d das Ziel der <strong>bfu</strong>. Tempo-30-Zonen <strong>in</strong> Quartieren s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> wichtiger Beitrag<br />

dazu, weil tiefere Geschw<strong>in</strong>digkeiten nachweislich die Sicherheit erhöhen. Fahrzeuglenkende tragen<br />

durch ihr Verhalten zur Sicherheit bei. Sie sollten:<br />

<br />

<br />

<br />

Tempo 30 e<strong>in</strong>halten, um die Sicherheit für alle zu gewährleisten,<br />

jederzeit mit spielenden K<strong>in</strong>dern rechnen,<br />

den Rechtsvortritt anderer Fahrzeuge beachten.<br />

Mai 2011


Blackbox<br />

Der Begriff «Blackbox» wird für Datenaufzeichnungsgeräte verwendet, die <strong>in</strong> aller Regel der Unfallrekonstruktion<br />

dienen. Entsprechende Geräte werden deshalb auch als Unfalldatenspeicher (UDS) oder<br />

Crash-Recorder bezeichnet. Derartige Geräte erfassen verschiedene Parameter (wie z. B. Verzögerung,<br />

Querbeschleunigung und Fahrgeschw<strong>in</strong>digkeit) <strong>in</strong> hohem Detaillierungsgrad. Festgehalten wird<br />

jedoch lediglich e<strong>in</strong> kurzer Zeitraum vor und nach e<strong>in</strong>em Unfall – beim Crash-Recorder der AXA<br />

W<strong>in</strong>terthur beispielsweise 20 Sekunden vor und 10 Sekunden nach dem Aufprall.<br />

Die <strong>bfu</strong> befürwortet grundsätzlich den E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>es UDS. Neben e<strong>in</strong>er erleichterten Beweissicherung<br />

und Unfallanalyse ist im Falle e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>stitutionellen Datenzugriffs auch e<strong>in</strong>e präventive Wirkung<br />

möglich.<br />

Neben dem UDS existiert noch e<strong>in</strong>e andere Art von «Blackbox»: der Fahrdatenschreiber (FDS). Diese<br />

Geräte zeichnen Informationen nicht nur bei e<strong>in</strong>em Unfall auf, sondern kont<strong>in</strong>uierlich während der<br />

ganzen Fahrt. Da derartige Systeme die Daten typischerweise mit e<strong>in</strong>em Zeit<strong>in</strong>tervall von e<strong>in</strong>er<br />

Sekunde aufzeichnen, s<strong>in</strong>d sie zur Rekonstruktion e<strong>in</strong>es Unfalls zu ungenau. Fahrdatenschreiber<br />

erlauben aber aufgrund des fortlaufenden Monitor<strong>in</strong>gs verschiedene präventive Anwendungen:<br />

<br />

<br />

<br />

Berechnung e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen, risikobezogenen Versicherungsprämie<br />

Kontrolle von Flottenfahrzeugen <strong>in</strong> Betrieben<br />

Rehabilitation von verkehrsauffällig gewordenen Lenkenden (z. B. Rasern)<br />

In Via sicura, dem Verkehrssicherheitsprogramm des Bundes, wird vorgeschlagen, «Lenker nach<br />

e<strong>in</strong>em Führerausweisentzug wegen e<strong>in</strong>er schweren Widerhandlung gegen die Geschw<strong>in</strong>digkeitsvorschriften<br />

zum E<strong>in</strong>bau von Datenaufzeichnungsgeräten zu verpflichten». Die <strong>bfu</strong> unterstützt diesen<br />

Vorschlag, weil er e<strong>in</strong>e Lücke schliesst zwischen präventiven Massnahmen, die sich an alle Fahrzeuglenkenden<br />

richten, und harten Sanktionen gegen Extremtäter.<br />

Oktober 2010


Elektrofahrräder / E-Bikes<br />

Seit 2005 wachsen die Verkaufszahlen von Elektrofahrrädern. 2010 war bereits jedes neunte Velo e<strong>in</strong><br />

E-Bike. Sie erreichen je nach Modell Spitzengeschw<strong>in</strong>digkeiten über 50 km/h.<br />

Seit 2011 werden Unfälle mit E-Bikes <strong>in</strong> den Unfallaufnahmeprotokollen der Polizei als eigene Kategorie<br />

erfasst. Erste Auswertungen zeigen, dass diese Unfälle gravierendere Folgen haben als Unfälle mit<br />

Velos: Der Anteil der schwer verletzten und getöteten Velofahrenden lag für Velos bei 26 Prozent, für<br />

E-Bikes bei 35 Prozent. Ausländische Studien und die Fachleute der <strong>bfu</strong> warnen vor folgenden Gefahren:<br />

<br />

<br />

<br />

Der Bremsweg von E-Bikes ist länger, weil die durchschnittliche Geschw<strong>in</strong>digkeit e<strong>in</strong>es E-Bikes<br />

höher ist. Die Fahrer s<strong>in</strong>d sich dessen oft nicht bewusst.<br />

Wer gewohnt ist, auf dem Velo <strong>in</strong> eher gemütlichem Tempo zu fahren oder seit längerer Zeit gar<br />

nicht mehr Velo gefahren ist, beherrscht die höheren Geschw<strong>in</strong>digkeiten von E-Bikes nicht<br />

genügend.<br />

Die anderen Verkehrsteilnehmer unterschätzen die Geschw<strong>in</strong>digkeit von E-Bikes.<br />

Die <strong>bfu</strong> begrüsst daher, dass am 1. Mai 2012 geänderte Verordnungen <strong>in</strong> Kraft treten. Diese unterscheiden<br />

zwischen 2 Kategorien;<br />

1. Langsame E-Bikes: Leicht-Motorfahrräder mit e<strong>in</strong>er Tretunterstützung bis 25 km/h und maximaler<br />

Motorleistung von 500 Watt, ke<strong>in</strong> Kontrollschild nötig.<br />

2. Schnelle E-Bikes: Motorfahrräder mit e<strong>in</strong>er Tretunterstützung von 25 bis 45 km/h und beliebiger<br />

Motorleistung bis 1000 Watt, Kontrollschild erforderlich.<br />

Ab 1. Juli 2012 wird das Tragen e<strong>in</strong>es Velohelms beim Fahren schneller E-Bikes obligatorisch. Für<br />

langsame E-Bikes empfehlen Bundesrat und <strong>bfu</strong>, ebenfalls e<strong>in</strong>en Velohelm zu tragen. Für noch<br />

schnellere Fahrzeuge (Tretunterstützung über 45 km/h) gilt Motorradhelmpflicht.<br />

April 2012


Gotthard-Strassentunnel<br />

Im Zusammenhang mit der geplanten Sanierung des Gotthard-Strassentunnels wird zurzeit der Bau<br />

e<strong>in</strong>er zweiten Röhre diskutiert. Die <strong>bfu</strong> – Beratungsstelle für Unfallverhütung hat untersucht, wie sich<br />

dieses Vorhaben auf das Unfallgeschehen auswirken könnte.<br />

Aus Sicht der Verkehrssicherheit kann festgehalten werden, dass zwischen 1999–2009 im Gotthard-<br />

Strassentunnel jährlich durchschnittlich 10 Unfallopfer zu beklagen waren. Im Jahresdurchschnitt<br />

wurden 1,1 Personen getötet. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum gab es <strong>in</strong> der ganzen Schweiz<br />

durchschnittlich pro Jahr über 28 000 Verkehrsunfallopfer (davon 470 Getötete).<br />

Wirkung e<strong>in</strong>er zweiten Gotthardröhre bei gleichbleibendem Verkehrsaufkommen<br />

Wissenschaftliche Analysen zeigen, dass der Ausbau e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>röhrigen Tunnels auf zwei Röhren die<br />

Anzahl Unfallopfer um gut die Hälfte reduziert. Der zu erwartende Verkehrssicherheitsgew<strong>in</strong>n beträgt<br />

im Falle des Gotthardtunnels jährlich rund 5 Verunfallte (4 Leichtverletzte, 1 Schwerverletzter und alle<br />

zwei Jahre 1 Getöteter). Der volkswirtschaftliche Nutzen beträgt jährlich 2,3 Mio. CHF. Diese Analyse<br />

stützt sich auf die Periode 1992–2012.<br />

E<strong>in</strong>e zweite Röhre verh<strong>in</strong>dert <strong>in</strong> 40 Jahren Betriebsdauer rund 220 Verunfallte, davon rund 160<br />

Leichtverletzte, 40 Schwerverletzte und 20 Getötete. Der volkswirtschaftliche Sicherheitsgew<strong>in</strong>n aus<br />

den e<strong>in</strong>gesparten Kosten der Unfälle beträgt <strong>in</strong> 40 Jahren rund 90 Millionen Franken.<br />

Januar 2014


Handy am Steuer<br />

Studien kommen zum Schluss, dass sich das Unfallrisiko beim Telefonieren während des Fahrens um<br />

das 4- bis 5-Fache erhöht. Zudem stellte sich heraus, dass es <strong>in</strong> Bezug auf das Risiko kaum e<strong>in</strong>en<br />

Unterschied macht, ob man e<strong>in</strong>e Freisprechanlage oder e<strong>in</strong> Handy benutzt. Das Schreiben von SMS<br />

beim Lenken erhöht das Risiko noch um e<strong>in</strong> Vielfaches.<br />

E<strong>in</strong> generelles Verbot der Handybenutzung am Steuer (<strong>in</strong>kl. Freisprechanlage und SMS) würde aus<br />

Sicht der <strong>bfu</strong> erheblich zur Steigerung der Verkehrssicherheit beitragen. Die <strong>bfu</strong> ist sich bewusst, dass<br />

es zurzeit für e<strong>in</strong> Verbot kaum politische Unterstützung gibt. Auf jeden Fall muss die Kontroll<strong>in</strong>tensität<br />

<strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit Sensibilisierungskampagnen erhöht werden. Zudem soll das Thema «Handy am<br />

Steuer» bei der Fahrausbildung vertieft werden.<br />

Januar 2011


Handzeichenzwang an Fussgängerstreifen?<br />

Die gelegentlich zu lesende Behauptung, das Handzeichen am Fussgängerstreifen sei abgeschafft<br />

worden, entspricht nicht den Tatsachen. Das Bundesgericht hat bereits 1964 (!) e<strong>in</strong>e<br />

Handzeichenpflicht verne<strong>in</strong>t, das heisst, e<strong>in</strong>e Handzeichenpflicht hat es gar nie gegeben. Trotzdem<br />

taucht <strong>in</strong> Politik und Medien immer wieder die Forderung nach "Wiedere<strong>in</strong>führung des Handzeichens"<br />

auf. Per Gesetz soll den Fussgängern e<strong>in</strong> Zwang zum Handzeichen auferlegt werden. Dies würde das<br />

heutige Vortrittsrecht der Fussgänger aushöhlen.<br />

Selbstverständlich ist es nicht verboten, e<strong>in</strong> Handzeichen zu geben. In vielen Situationen kann dies<br />

hilfreich se<strong>in</strong>. Die Kommunikation zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Verkehrsteilnehmern (beispielsweise durch<br />

Blickkontakt) ist generell empfehlenswert.<br />

Die E<strong>in</strong>führung des obligatorischen Handzeichens h<strong>in</strong>gegen ist aus Sicht der <strong>bfu</strong> – Beratungsstelle für<br />

Unfallverhütung e<strong>in</strong> Rückschritt für die Verkehrssicherheit. Es ist zu befürchten, dass diese Änderung<br />

zu e<strong>in</strong>er Zunahme von Unfällen mit K<strong>in</strong>dern und älteren Menschen führen würde.<br />

Folgende beiden Hauptargumente sprechen für die Beibehaltung der geltenden Regelung:<br />

<br />

<br />

Das Handzeichen mag zwar auf den ersten Blick überzeugend ersche<strong>in</strong>en. Es ist aber erwiesen,<br />

dass K<strong>in</strong>der aus entwicklungspsychologischer Sicht nicht fähig s<strong>in</strong>d, Handzeichen<br />

situationsgerecht zu geben oder diese korrekt zu <strong>in</strong>terpretieren. Sie können sie weder Distanzen<br />

noch Geschw<strong>in</strong>digkeiten von Fahrzeugen richtig e<strong>in</strong>schätzen. Deshalb haben die<br />

Verkehrs<strong>in</strong>struktoren der Polizei und die Verkehrssicherheitsfachleute von TCS und <strong>bfu</strong> ganz<br />

bewusst beschlossen, K<strong>in</strong>dern das Handzeichen nicht beizubr<strong>in</strong>gen, und auch nicht auf<br />

Handzeichen von Automobilisten zu achten. Es wäre zu gefährlich. Alle K<strong>in</strong>der lernen im<br />

Verkehrsunterricht, am Fussgängerstreifen zu warten, bis die Fahrzeuge anhalten. Erst wenn die<br />

Räder wirklich ganz stillstehen, sollen die Kle<strong>in</strong>en über die Strasse gehen.<br />

In Europa gelten weitgehend die gleichen Verkehrsregeln. Diese Standardisierung ist e<strong>in</strong> Vorteil<br />

für alle Verkehrsteilnehmer. Sie müssen im Ausland ke<strong>in</strong>e neuen Regeln lernen. E<strong>in</strong>e<br />

Sonderregelung <strong>in</strong> der Schweiz würde zu Missverständnissen und e<strong>in</strong>er Reduzierung der<br />

Verkehrssicherheit führen. Bundesrat und Parlament haben sich denn auch folgerichtig bereits<br />

mehrmals gegen die E<strong>in</strong>führung des obligatorischen Handzeichens ausgesprochen.<br />

Bereits <strong>in</strong> der geltenden Regelung hat die Fussgänger ke<strong>in</strong> Recht, ohne Beachtung des Verkehrs den<br />

Fussgängerstreifen zu betreten: Die Fussgänger dürfen vom Vortrittsrecht nicht Gebrauch machen,<br />

wenn das Fahrzeug bereits so nahe ist, dass es nicht mehr rechtzeitig anhalten könnte. (VRV Art. 47<br />

Abs.2).<br />

August 2013/Fr/Mc


Helmobligatorium im Schneesport<br />

Jährlich verletzen sich durchschnittlich rund 70 000 Personen aus der Schweizer Wohnbevölkerung<br />

beim Ski- und Snowboardfahren, darunter 26 000 K<strong>in</strong>der und Jugendliche bis 16 Jahre. Der Anteil der<br />

Kopfverletzungen beträgt dabei rund 15 %. Die Schutzwirkung des Schneesporthelms ist wissenschaftlich<br />

bestätigt: Das Tragen e<strong>in</strong>es solchen Helms reduziert das Risiko e<strong>in</strong>er Kopfverletzung bei<br />

e<strong>in</strong>em Sturz oder e<strong>in</strong>er Kollision um bis zu 45 %.<br />

Aus diesem Grund setzt sich die <strong>bfu</strong> seit 2003 mit Präventionskampagnen dafür e<strong>in</strong>, dass möglichst<br />

viele Ski- oder Snowboardfahrende ihren Kopf mit e<strong>in</strong>em Helm schützen. Die <strong>bfu</strong> empfiehlt auch fürs<br />

Schlitteln e<strong>in</strong>en Schneesporthelm. Die Helmtragquote hat sich <strong>in</strong> diesen Jahren verdreifacht. Rund<br />

76 % der Schneesportler<strong>in</strong>nen und Schneesportler auf Schweizer Pisten haben <strong>in</strong> der W<strong>in</strong>tersaison<br />

2009/2010 e<strong>in</strong>en Schutzhelm getragen. Bei K<strong>in</strong>dern liegt die Tragquote bei fast 100 %.<br />

E<strong>in</strong>e gesetzliche Helmtragpflicht im Schneesport drängt sich nicht auf. S<strong>in</strong>nvoll ist es, dass bei Kursen,<br />

Skilagern und ähnlichen Veranstaltungen das Tragen des Schneesporthelms vorgeschrieben<br />

wird. Dies ist ohne weiteres realisierbar und trägt zur Sensibilisierung der Teilnehmenden und ihren<br />

Angehörigen bei.<br />

Oktober 2010


Intervalle zwischen den Motorfahrzeugkontrollen<br />

für Personenwagen<br />

In der Schweiz wird die Betriebssicherheit von Personenwagen erstmals nach 4 Jahren kontrolliert,<br />

dann nach weiteren drei Jahren und anschliessend im zweijährigen Turnus.<br />

Angesichts der ger<strong>in</strong>gen Anzahl Unfälle, die laut Strassenverkehrsunfallstatistik durch technische<br />

Mängel verursacht werden, und angesichts der Tatsache, dass viele Kantone aufgrund personeller<br />

Engpässe die vorgegebenen Fristen gar nicht e<strong>in</strong>halten können, gibt es Überlegungen, die Kontroll<strong>in</strong>tervalle<br />

zu verlängern. Auch die <strong>in</strong> modernen Fahrzeugen <strong>in</strong>tegrierte Diagnoseelektronik wird als<br />

Argument für e<strong>in</strong>e Ausdehnung der Fristen angeführt.<br />

Grundsätzlich ist zu begrüssen, dass Aufwand und Nutzen der Motorfahrzeugkontrollen überprüft und<br />

optimiert werden. In Anbetracht der Tatsache, dass mit zunehmendem Fahrzeugalter vermehrt sicherheitsrelevante<br />

Mängel auftreten, steht die <strong>bfu</strong> e<strong>in</strong>er Verlängerung der Kontrollfristen eher kritisch gegenüber.<br />

Die <strong>bfu</strong> erachtet diese Massnahme jedoch dann als prüfenswert, wenn die dadurch e<strong>in</strong>gesparten<br />

Personalressourcen zugunsten der praktischen Führerprüfungen e<strong>in</strong>gesetzt werden. Bestehende<br />

und von der <strong>bfu</strong> unterstützte Bestrebungen zur qualitativen und quantitativen Erweiterung der<br />

Führerprüfungen drohen nämlich an den knappen Personalkapazitäten zu scheitern.<br />

Die Verlagerung der frei werdenden Ressourcen von der technischen Kontrolle zu den Führerprüfungen<br />

dürfte <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>en Sicherheitsgew<strong>in</strong>n generieren. Sie wäre <strong>in</strong>sofern praktikabel, als die<br />

Verkehrsexperten bei den Strassenverkehrsämtern <strong>in</strong> aller Regel für beide Prüfungsarten zuständig<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Dennoch: Aus Sicht der <strong>bfu</strong> wäre lediglich die Verlängerung der ersten Kontrollfrist um e<strong>in</strong> Jahr vertretbar.<br />

Die darauffolgenden Prüfungs<strong>in</strong>tervalle s<strong>in</strong>d unbed<strong>in</strong>gt beizubehalten, weil die Häufigkeit<br />

technischer Mängel mit zunehmendem Fahrzeugalter überproportional stark steigt.<br />

Bern, Mai 2013


Ke<strong>in</strong> Alkoholausschank <strong>in</strong> Autobahnraststätten<br />

In der Schweiz ist der Ausschank von Alkohol <strong>in</strong> Nebenanlagen von Autobahnen – also <strong>in</strong> Versorgungs-,<br />

Verpflegungs- und Beherbergungsbetrieben (Raststätten) und an Tankstellen sowie Autobahnrastplätzen<br />

– verboten (Art. 6, Abs. 2 und Art. 7, Abs. 4 Nationalstrassenverordnung NSV). Das<br />

Verbot besteht seit 1964 und dient der Verkehrssicherheit. Parlamentarische Vorstösse, das Verbot<br />

aufzuheben, wurden von Bundesrat und Parlament stets abgelehnt.<br />

Das Verbot trägt dazu bei, dass Schweizer Autobahnen erfreulicherweise relativ sicher s<strong>in</strong>d. Es s<strong>in</strong>d<br />

zu ke<strong>in</strong>er Zeit Klagen aufgetaucht, dass Betreiber oder Gäste von Raststätten sich durch diese Unfallverhütungsmassnahme<br />

diskrim<strong>in</strong>iert fühlen. Die Akzeptanz für die geltende Regelung ist also gross.<br />

Im Parlament ist e<strong>in</strong> Vorstoss hängig, der den Alkoholausschank zulassen will. Dies würde e<strong>in</strong><br />

falsches Zeichen setzen und für Fahrzeuglenkende neue Anreize zum Alkoholkonsum schaffen. Es<br />

wäre e<strong>in</strong> negatives und verwirrendes Signal an die Bevölkerung, nachdem das Parlament kürzlich<br />

dem breit abgestützten Massnahmenpaket «Via sicura» zur Erhöhung der Verkehrssicherheit zugestimmt<br />

hat. Zu den beschlossenen Massnahmen zählt die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es Alkoholverbots für Neulenkende,<br />

das am 1.1.2014 <strong>in</strong> Kraft treten wird.<br />

Studien zeigen, dass e<strong>in</strong>e höhere Verfügbarkeit von Alkohol zu e<strong>in</strong>er Zunahme alkoholbed<strong>in</strong>gter<br />

Probleme wie z. B. Autounfälle führt. Das trifft <strong>in</strong>sbesondere auf jüngere Personen zu. Es ist aus Sicht<br />

der Verkehrssicherheit paradox, von den Junglenkenden zu verlangen, ganz auf Alkohol zu verzichten,<br />

ihnen aber gleichzeitig <strong>in</strong> Verpflegungsstätten, die speziell PW-Lenkenden und -Insassen zur<br />

Verfügung stehen, alkoholische Getränke anzubieten. Kommt dazu, dass bereits heute Falschfahrer-<br />

Unfälle («Geisterfahrer») überdurchschnittlich oft auf alkoholisierte Lenker zurückzuführen s<strong>in</strong>d.<br />

Es ist zu befürchten, dass nach e<strong>in</strong>er Aufhebung des Verbots des Alkoholausschanks <strong>in</strong> Raststätten<br />

vermehrt unter Alkohole<strong>in</strong>fluss gefahren würde. Das würde zu e<strong>in</strong>er zusätzlichen Gefährdung der anderen<br />

Verkehrsteilnehmenden führen. Die <strong>bfu</strong> empfiehlt daher, die Zulassung des Alkoholausschanks<br />

<strong>in</strong> Raststätten abzulehnen.<br />

Januar 2013


Kitesurfen<br />

Der Bundesrat hat das Verbot für Kitesurfen ausserhalb bewilligter Zonen per 15. Februar 2014<br />

aufgehoben. Die Kitesurfer dürfen ihren Sport auf allen Schweizer Seen betreiben, ausser wenn e<strong>in</strong><br />

Kanton e<strong>in</strong> örtliches Kitesurf-Verbot erlässt.<br />

Basierend auf Analysen der vorhandenen Unfallstatistiken geht die <strong>bfu</strong> davon aus, dass jährlich rund<br />

200 Personen <strong>in</strong>folge e<strong>in</strong>es Unfalls beim Kitesurfen ärztlich behandelt werden müssen. Die meisten<br />

Unfälle ereignen sich aufgrund unkontrollierter Manöver, misslungener Sprünge oder anderer<br />

fahrtechnischer Fehler. Auch Unfälle <strong>in</strong>folge von Kollisionen und die Verletzungsgefahr für Dritte im<br />

Wasser oder an Land können nicht ausgeschlossen werden. Zudem besteht – wie bei allen<br />

Wassersportarten – Ertr<strong>in</strong>kungsgefahr.<br />

Um Unfälle beim Kitesurfen möglichst zu vermeiden, rät die <strong>bfu</strong> den kantonalen Behörden, spezielle<br />

Korridore für Kitesurfer e<strong>in</strong>zurichten. Die E<strong>in</strong>- und Ausstiegsstellen müssen sicher gestaltet und klar<br />

signalisiert se<strong>in</strong>, wobei auch die Sicherheit von Fussgängern oder Radfahrern an Land beachtet<br />

werden muss. Anderseits sollten Zonen mit besonderen Risiken (z. B. Badezonen, vielbefahrene<br />

Kursschifffahrtsrouten) für das Kitesurfen gesperrt werden.<br />

Im Weiteren empfiehlt die <strong>bfu</strong> folgende Sicherheitsmassnahmen:<br />

e<strong>in</strong>e gute Ausbildung absolvieren<br />

moderne Sicherheitselemente wie Safety-Leash und Quick-Release-Systeme verwenden<br />

genügend Abstand zu anderen Kitesurfern, gegenüber Booten und weiteren Nutzern der<br />

Gewässer (z. B. Schwimmern) e<strong>in</strong>halten<br />

die Vortrittsregelung auf dem Wasser beachten<br />

Schutzausrüstung tragen: Wassersporthelm, Neoprenanzug, Prallschutzweste mit e<strong>in</strong>em<br />

Auftrieb gemäss der Schweizerischen Norm SN EN ISO 12402-5<br />

Februar 2014


Law<strong>in</strong>engefahr beim Freeriden und Tourenfahren<br />

Tourenfahren, Variantenfahren (= Freeriden) und Schneeschuhlaufen abseits der gesicherten Pisten<br />

und Routen be<strong>in</strong>halten spezielle Risiken wie Absturz- und besonders Law<strong>in</strong>engefahr. In der Schweiz<br />

sterben jährlich rund 20 Schneesportler durch Law<strong>in</strong>en. 90 Prozent der von e<strong>in</strong>er Law<strong>in</strong>e Erfassten<br />

haben diese selbst ausgelöst; 2 von 5 W<strong>in</strong>tersportlern, die ganz verschüttet werden, f<strong>in</strong>den den Tod.<br />

Mehr als 9 von 10 Opfern befanden sich <strong>in</strong> steilem Gelände, d. h. über 30 Grad.<br />

Das Law<strong>in</strong>enrisiko ist schwierig e<strong>in</strong>zuschätzen. Für die Beurteilung spielen neben der Hangneigung<br />

viele weitere Faktoren e<strong>in</strong>e Rolle. Deshalb s<strong>in</strong>d dafür spezifische Kenntnisse und sehr viel Erfahrung<br />

nötig. Und selbst dann bleibt e<strong>in</strong> gewisses Risiko bestehen. Darum rät die <strong>bfu</strong> grundsätzlich zu defensivem<br />

Verhalten und zum E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>er Sicherheitsreserve.<br />

Das bedeutet zum Beispiel, dass man<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

bei bl<strong>in</strong>kenden Warnleuchten im Schneesportgebiet (ab Gefahrenstufe 3) und auch im Zweifel auf<br />

das Freeriden verzichtet und auf der Piste resp. auf gesicherten, gelb markierten Abfahrtsrouten<br />

bleibt;<br />

beim Schneeschuhlaufen signalisierte und geöffnete Routen benützt oder <strong>in</strong> mässig steilem<br />

Gelände bleibt;<br />

auf Ski- und Snowboardtouren ohne Law<strong>in</strong>enkenntnisse und viel Erfahrung <strong>in</strong> mässig steilem<br />

Gelände bleibt;<br />

sich law<strong>in</strong>enkundigen Profis oder erfahrenen Leitern anschliesst, wenn man selbst über wenig<br />

Kenntnisse und Erfahrung verfügt;<br />

immer mit der nötigen Notfallausrüstung unterwegs ist.<br />

Freerider, Tourenfahrer und Schneeschuhläufer bewegen sich nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em rechtsfreien Raum,<br />

sondern können für allfälliges Fehlverhalten zivil- und strafrechtlich verantwortlich gemacht werden.<br />

Zudem kann die Versicherung im Schadenfall Leistungen kürzen.<br />

Transportunternehmungen wie Bergbahnen oder Skiliftbetreibern empfiehlt die <strong>bfu</strong>, vermehrt<br />

gesicherte Abfahrtsrouten anzubieten.<br />

September 2012


Polizeikontrollen<br />

Aus Sicht der Prävention steht die Wirksamkeit von Polizeikontrollen ausser Zweifel. Geht die<br />

polizeiliche Verkehrsüberwachung e<strong>in</strong>her mit e<strong>in</strong>er transparenten Kommunikation, zum Beispiel über<br />

die verfolgten Ziele, erfüllt sie e<strong>in</strong>e doppelte Funktion: E<strong>in</strong>erseits werden Zuwiderhandelnde bestraft,<br />

andererseits werden den Verkehrsteilnehmenden die gesetzlichen Bestimmungen <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung<br />

gerufen – was letztlich zu e<strong>in</strong>em besseren Verhalten im Strassenverkehr beiträgt.<br />

Wissenschaftliche Studien zu diesem Thema haben aufgezeigt, dass die Berücksichtigung bestimmter<br />

Kriterien die Wirksamkeit von Polizeikontrollen steigern kann. So sollten diese nicht isoliert, sondern<br />

wiederholt stattf<strong>in</strong>den, damit sich die Verkehrsteilnehmenden bewusst s<strong>in</strong>d, dass sie kontrolliert<br />

werden könnten. Die Komb<strong>in</strong>ation von angekündigten, gut sichtbaren, gross angelegten Kontrollen<br />

und «Überraschungskontrollen» zeigt die besten Resultate. Auf jeden Fall aber ist es wesentlich, dass<br />

die Verkehrsteilnehmenden den S<strong>in</strong>n von Polizei­kontrollen e<strong>in</strong>sehen und sie als Mittel zur Gewährleistung<br />

ihrer eigenen Sicherheit sowie derjenigen der anderen Strassenbenutzenden akzeptieren.<br />

Im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich ist die Dichte der Geschw<strong>in</strong>digkeitskontrollen <strong>in</strong> der Schweiz angemessen,<br />

Alkoholkontrollen f<strong>in</strong>den aber noch immer zu selten statt. Die polizeiliche Verkehrsüberwachung,<br />

bei der vor allem Geschw<strong>in</strong>digkeitsübertretungen auf der Autobahn <strong>in</strong>s Visier genommen werden,<br />

sollten häufiger auch <strong>in</strong>nerorts und ausserorts stattf<strong>in</strong>den sowie alle gefährlichen Verkehrsverhalten<br />

abdecken.<br />

Oktober 2010


«Raser<strong>in</strong>itiative»<br />

Geschw<strong>in</strong>digkeitsübertretungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e der zentralen Unfallursachen. Würden sich <strong>in</strong> der Schweiz<br />

alle Autolenkenden an die Limiten halten, müssten jährlich im Durchschnitt rund 35 Menschen weniger<br />

im Strassenverkehr sterben. Wegen deutlicher Überschreitung der angepassten Geschw<strong>in</strong>digkeiten<br />

werden jährlich über 30 000 Führerausweise entzogen. E<strong>in</strong> Thema, das im Zusammenhang mit den<br />

Geschw<strong>in</strong>digkeitsdelikten immer wieder auftaucht, s<strong>in</strong>d die sogenannten Raser.<br />

Die Volks<strong>in</strong>itiative «Schutz vor Rasern» (Raser<strong>in</strong>itiative) von RoadCross def<strong>in</strong>iert Raser wie folgt:<br />

«... In jedem Fall gilt als besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit die<br />

Überschreitung um m<strong>in</strong>destens 40 km/h bei 30 km/h zulässiger Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit, um<br />

m<strong>in</strong>destens 50 km/h <strong>in</strong>nerorts, um m<strong>in</strong>destens 60 km/h ausserorts und um m<strong>in</strong>destens 80 km/h auf<br />

Autobahnen.». Folgende Tabelle verdeutlicht die Def<strong>in</strong>ition:<br />

Ortslage (signalisierte<br />

Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit)<br />

Tempo-30-Zonen (30 km/h)<br />

Innerorts (50 km/h)<br />

Ausserorts (80 km/h)<br />

Autobahnen (120 km/h)<br />

Überschreitung der Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit, um gemäss<br />

Raser<strong>in</strong>itiative als Raser zu gelten<br />

um 40 km/h oder mehr<br />

um 50 km/h oder mehr<br />

um 60 km/h oder mehr<br />

um 80 km/h oder mehr<br />

Diese Grenzwerte wurden <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> Via sicura e<strong>in</strong>gebaut und vom Parlament beschlossen. Die<br />

<strong>bfu</strong> könnte sich allerd<strong>in</strong>gs auch tiefere Grenzwerte vorstellen. Zudem müssen die Witterungsverhältnisse<br />

und die tatsächliche Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmenden mite<strong>in</strong>bezogen werden.<br />

Auf jeden Fall müssen Extremtäter scharf bestraft werden.<br />

Raser s<strong>in</strong>d zwar sehr auffällig, aber nur für e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen Teil des Problems verantwortlich. Nur e<strong>in</strong><br />

Drittel der Lenkenden wird bei Geschw<strong>in</strong>digkeitsunfällen mit e<strong>in</strong>em Führerausweisentzug sanktioniert<br />

und nur e<strong>in</strong> Teil dieses Drittels kann als Raser im S<strong>in</strong>n der Initiative bezeichnet werden. Die Gruppe<br />

h<strong>in</strong>gegen, die nur leicht auffällig ist (= etwas zu schnell fahren), ist viel grösser und demzufolge auch<br />

viel öfter e<strong>in</strong> Teil des Problems von Unfällen wegen überhöhter Geschw<strong>in</strong>digkeit.<br />

Deshalb ist die <strong>bfu</strong> der Me<strong>in</strong>ung, dass es e<strong>in</strong>erseits Massnahmen gegen die Hochrisikogruppe braucht<br />

– beispielsweise die Volks<strong>in</strong>itiative «Schutz vor Rasern», anderseits auch gegen die breite Masse von<br />

Schnellfahrern. Dafür eignen sich u. a. die konsequente Umsetzung des vom Parlament beschlossenen<br />

Massnahmenpakets Via sicura, der Ausbau der Geschw<strong>in</strong>digkeitskontrollen und Sensibilisierungskampagnen,<br />

die das Fahren mit angepasstem Tempo propagieren (z. B. Kampagne «Slow<br />

down. Take it easy»).<br />

Juli 2011<br />

Wortlaut «Volks<strong>in</strong>itiative Schutz vor Rasern»


Rechtsüberholen<br />

Das Strassenverkehrsgesetz verbietet das Rechtsüberholen (Art. 35 Abs. 1 SVG). E<strong>in</strong>e Ausnahme<br />

sieht die Verkehrsregelnverordnung auf Autobahnen beim Fahren <strong>in</strong> parallelen Kolonnen vor (Art.<br />

8 Abs. 3 VRV). Das Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedere<strong>in</strong>biegen ist dar<strong>in</strong> jedoch ausdrücklich<br />

untersagt.<br />

Der Bundesrat wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Motion aufgefordert, das Rechtsüberholen auf Autobahnen <strong>in</strong> der<br />

Schweiz zuzulassen. Diese Forderung wird damit begründet, dass der Verkehr flüssiger laufe, da die<br />

rechte Fahrspur besser genutzt werde. Dies <strong>in</strong>sbesondere bei hohem Verkehrsaufkommen. Als Beispiel<br />

werden die USA aufgeführt, die das Rechtsüberholen teilweise erlauben. Es wird argumentiert,<br />

dass sich <strong>in</strong> den USA wegen des Rechtsüberholens weniger Unfälle ereignen.<br />

Tatsache ist jedoch, dass es <strong>in</strong> der Schweiz im Vergleich zu den USA pro Milliarde gefahrene Kilometer<br />

etwa halb so viele Verkehrstote auf Autobahnen gibt (im Jahr 2007: 2,2 <strong>in</strong> der Schweiz, 4,5 <strong>in</strong><br />

den USA). Ausserdem gilt auch <strong>in</strong> vielen Staaten der USA e<strong>in</strong> Rechtsfahrgebot auf Autobahnen mit<br />

nur 2 Spuren pro Fahrtrichtung. Erst ab 3 und mehr Spuren ist Rechtsüberholen erlaubt und das<br />

Fahren auf der mittleren Fahrspur wird empfohlen. Da es <strong>in</strong> der Schweiz nur sehr wenig Autobahnstrecken<br />

mit 3 Spuren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Fahrtrichtung gibt, ist e<strong>in</strong>e diesbezügliche Ausnahmeregelung kaum<br />

s<strong>in</strong>nvoll.<br />

Die <strong>bfu</strong> teilt die Me<strong>in</strong>ung des Bundesrats (vgl. Antwort auf die Motion Thomas Hurter vom<br />

02.02.2011), dass das Verbot des Rechtsüberholens e<strong>in</strong>e wichtige Verkehrsregel sei, die <strong>in</strong>sbesondere<br />

auf Autobahnen der Vermeidung von Unfällen dient. Der Spurwechsel vom l<strong>in</strong>ken auf den<br />

rechten Fahrstreifen gestaltet sich sicherer, weil die Fahrzeuglenkenden darauf vertrauen dürfen, dass<br />

sich nicht e<strong>in</strong> schneller fahrendes Fahrzeug von h<strong>in</strong>ten nähert. Zudem s<strong>in</strong>d gerade bei hohem Verkehrsvolumen<br />

zusätzliche Rechts-Überholmanöver nicht s<strong>in</strong>nvoll, da damit e<strong>in</strong> Beschleunigen und<br />

Bremsen und somit e<strong>in</strong>e Gefahr verbunden ist.<br />

Mit dem Aufheben des Verbots würde die Verkehrssicherheit gem<strong>in</strong>dert. Gleichzeitig würde das<br />

Rechtsfahrgebot aufgeweicht, das <strong>in</strong> allen kont<strong>in</strong>entaleuropäischen Staaten gilt.<br />

März 2011


«Risikokompensation» – ke<strong>in</strong> Argument gegen<br />

Unfallverhütungsmassnahmen<br />

Die Risikokompensationstheorie wird häufig <strong>in</strong>s Feld geführt, um unbequeme Sicherheitsmassnahmen<br />

zu bekämpfen. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich die Problematik <strong>in</strong> der Regel als vernachlässigbar.<br />

Die Theorie geht auf das Risikohomöostase-Modell von G.J.S. Wilde (1982) zurück, wonach Menschen<br />

e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles Risikobedürfnis aufweisen, das bei Über- und Unterschreiten zu e<strong>in</strong>em veränderten<br />

Verhalten führt. Gemäss dieser Theorie wird die positive Schutzwirkung (technischer) Sicherheitsmassnahmen<br />

durch e<strong>in</strong> riskanteres Verhalten wieder zunichte gemacht.<br />

Die Risikokompensationstheorie ist wissenschaftlich widerlegt. Zwar lässt sich e<strong>in</strong>e gewisse Risikokompensation<br />

nicht von vornhere<strong>in</strong> für alle Situationen ausschliessen, bisherige Erfahrungen entkräften<br />

aber viele Befürchtungen. So ist bekannt, dass kompensatorische Verhaltenseffekte <strong>in</strong> den meisten<br />

Fällen nur vorübergehend während der E<strong>in</strong>führungsphase auftreten. Zudem ist die Schutzwirkung<br />

der Präventionsmassnahme deutlich grösser als allfällige Nebenwirkungen der Risikokompensation.


Risikosportanbieter-Gesetz<br />

Das «Bundesgesetz über das Bergführerwesen und Anbieten weiterer Risikoaktivitäten» ist aus Sicht<br />

der Unfallprävention s<strong>in</strong>nvoll und nützlich. Alle <strong>in</strong>ländischen und ausländischen Firmen, die <strong>in</strong> der<br />

Schweiz kommerziell Risikoaktivitäten anbieten, müssen künftig M<strong>in</strong>destanforderungen erfüllen. Das<br />

führt zu e<strong>in</strong>em Sicherheitsgew<strong>in</strong>n für die Kunden und stärkt die bestehende Selbstregulierung, die vor<br />

allem durch die Stiftung «Safety <strong>in</strong> adventures» wahrgenommen wird.<br />

Die <strong>bfu</strong> engagiert sich seit Jahren <strong>in</strong> dieser breit abgestützten Stiftung – zusammen mit dem Bundesamt<br />

für Sport BASPO, der Suva, dem Schweizerischen Versicherungsverband SVV, der Swiss Outdoor<br />

Association SOA, dem Schweizer Tourismus-Verband STV, Schweiz Tourismus ST sowie den<br />

Kantonen BE, ZH, SG, BS, AG, VD und TI.<br />

Juli 2012


Schock-Kampagnen<br />

Präventionsfachleute stehen häufig e<strong>in</strong>er grossen Herausforderung gegenüber – nämlich der, e<strong>in</strong>e<br />

Botschaft so zu übermitteln, dass e<strong>in</strong>e Verhaltensänderung herbeigeführt werden kann. Diese Aufgabe<br />

ist umso schwieriger, wenn das korrekte Verhalten eigentlich schon allen bekannt ist: Geschw<strong>in</strong>digkeitsbegrenzungen<br />

e<strong>in</strong>halten, ke<strong>in</strong> Alkohol am Steuer, Sicherheitsgurten tragen usw.<br />

Seit e<strong>in</strong>igen Jahren wird <strong>in</strong> verschiedenen Ländern versucht, die Allgeme<strong>in</strong>heit mit sogenannten<br />

«Schockkampagnen» wachzurütteln, besonders zur Verhütung von Strassenverkehrsunfällen. Zum<br />

Beispiel durch schockierende Slogans, blutüberströmte Menschen, demolierte Autos. S<strong>in</strong>d diese<br />

Kampagnen effizienter als andere?<br />

Um zum Nachdenken anzuregen und nach Möglichkeit e<strong>in</strong>e Verhaltensänderung zu bewirken, muss<br />

e<strong>in</strong>e Botschaft folgenden Kriterien entsprechen:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Aufmerksamkeit wecken<br />

verständlich und glaubhaft se<strong>in</strong><br />

akzeptiert werden<br />

persönliche Betroffenheit auslösen<br />

zu e<strong>in</strong>er anhaltenden E<strong>in</strong>stellungsänderung führen<br />

Handlungsmöglichkeiten aufzeigen<br />

Der E<strong>in</strong>satz von Schockbildern als e<strong>in</strong>zelne Präventionsmassnahme kann S<strong>in</strong>n machen, jedoch nur<br />

nach e<strong>in</strong>er gründlichen Situationsanalyse, bei e<strong>in</strong>zelnen Zielgruppen und durch e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>ordnende<br />

Begleitmassnahme. Zum Beispiel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kurs für Neulenkende: Die Bilder dienen als Grundlage für<br />

e<strong>in</strong>en Gedankenaustausch und für Selbstreflexion sowie für e<strong>in</strong>e gezielte Information über korrektes<br />

und falsches Verhalten und mögliche Verhaltensänderungen.<br />

Zu brutale Schockbilder verlieren allerd<strong>in</strong>gs auch an Glaubhaftigkeit. Zudem können solche Bilder bei<br />

Personen, die sie unerträglich f<strong>in</strong>den, zu e<strong>in</strong>er Abwehrhaltung führen, und von jenen, die sie mit e<strong>in</strong>schlägigen<br />

Bildern beispielsweise aus Videospielen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung br<strong>in</strong>gen, banalisiert werden.<br />

Die <strong>bfu</strong> sieht deshalb von Kampagnen ab, die ausschliesslich schocken. Die konkrete Bildsprache ist<br />

abhängig von Thema und den anzusprechenden Zielgruppen. Dabei ist es der <strong>bfu</strong> wichtig, zum Nachdenken<br />

anzuregen und für Gefahren zu sensibilisieren. Und auf dieser Basis mit positiven Anweisungen<br />

zu e<strong>in</strong>em sicherheitsfördernden Verhalten zu motivieren.<br />

Januar 2011


Sportförderungsgesetz umsetzen<br />

Im neuen Sportförderungsgesetz hat das Parlament den Stellenwert der Unfallverhütung deutlich erhöht.<br />

In den Zielsetzungen des Gesetzes ist die «Verh<strong>in</strong>derung von Unfällen bei Sport und Bewegung»<br />

explizit aufgeführt. In der Verordnung werden die Organisatoren von J+S-Angeboten (Art.11),<br />

die J+S-Leiter und -Kader (Art. 15) sowie die Verantwortlichen für die Förderung des Erwachsenensports<br />

(Art. 35) verpflichtet, die erforderlichen Massnahmen zur Verh<strong>in</strong>derung von Unfällen zu treffen.<br />

Das Gesetz und die Verordnungen traten am 1. Oktober 2012 <strong>in</strong> Kraft. In Zusammenarbeit mit dem<br />

BASPO erarbeitet die <strong>bfu</strong> nun M<strong>in</strong>imalanforderungen zur Verh<strong>in</strong>derung von Sportverletzungen. Diese<br />

sollen <strong>in</strong> die Leiter- und Kaderausbildung e<strong>in</strong>fliessen. Die spezifischen Risiken der rund 70 vom Bund<br />

geförderten Sportarten werden berücksichtigt.<br />

Die Steigerung der unfallverhütenden Qualität von Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs, Wettkämpfen, Sportveranstaltungen und<br />

Sportanlagen ist aus Sicht der <strong>bfu</strong> e<strong>in</strong>e erfolgversprechende und nachhaltige Art der Sportförderung.<br />

Fernziel ist e<strong>in</strong> Anreizsystem, das die E<strong>in</strong>haltung von Sicherheitsstandards <strong>in</strong> <strong>in</strong>telligenter Form mit<br />

der f<strong>in</strong>anziellen Unterstützung durch öffentliche Gelder verknüpft.<br />

Die <strong>bfu</strong> ist vom Nutzen der Sport- und Bewegungsförderung für die Gesundheit überzeugt. Die Zunahme<br />

der Anzahl der Sporttreibenden darf nicht dazu führen, dass die Sportunfälle im selben Ausmass<br />

ansteigen. «Clever im Sport» heisst, möglichst viel Sport mit möglichst wenigen Unfällen. Die<br />

durch Sportunfälle verursachten direkten Behandlungskosten betragen über 700 Millionen Franken<br />

pro Jahr. Die gesamten materiellen Kosten, <strong>in</strong> denen auch der Produktivitätsausfall <strong>in</strong>folge Arbeits<br />

absenzen enthalten ist, belaufen sich auf über 1,8 Milliarden Franken jährlich.<br />

Dezember 2012


Tempo-30-Zonen<br />

Gemäss aktueller Rechtslage gilt auf allen Strassen <strong>in</strong>nerorts die Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit Tempo 50<br />

generell. Davon abweichende Tempolimiten – also auch Tempo-30-Zonen – müssen gemäss Art. 108<br />

SSV (Abweichungen von den allgeme<strong>in</strong>en Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeiten) mit e<strong>in</strong>em Gutachten begründet<br />

werden.<br />

Mit Art. 108 SSV beabsichtigte der Gesetzgeber ursprünglich, abweichende Tempolimiten auf<br />

spezifischen Streckenabschnitten e<strong>in</strong>heitlich zu regeln (z. B. 60 km/h ausserorts oder 100 km/h auf<br />

Autobahnen). Für Zonenregelungen ist dieser Artikel <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er heutigen Form jedoch ungeeignet.<br />

Um die E<strong>in</strong>führung von Tempo-30-Zonen zu vere<strong>in</strong>fachen, unterstützt die <strong>bfu</strong> Bestrebungen, Tempo-<br />

30-Zonen auf siedlungsorientierten Strassen von Art. 108 SSV auszuklammern. Insbesondere<br />

befürwortet die <strong>bfu</strong> die Aufhebung der Gutachtenspflicht für diese Zonen. Dadurch kann das <strong>bfu</strong>-<br />

Modell 50/30 <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den ohne aufwendige und teure Verfahren umgesetzt werden.<br />

Im Gegenzug fordert die <strong>bfu</strong> rechtlich verb<strong>in</strong>dliche Vorgaben zur Ausgestaltung von Tempo-30-Zonen:<br />

Die Tempo-30-Zonen auf siedlungsorientierten Strassen müssen e<strong>in</strong>heitlich ausgestaltet und von allen<br />

Verkehrsteilnehmenden sofort erkannt werden. Diese Wiedererkennbarkeit fördert die E<strong>in</strong>haltung der<br />

tieferen Tempolimite und leistet damit e<strong>in</strong>en Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit.<br />

Auch auf verkehrsorientierten Strassenabschnitten <strong>in</strong> Ortszentren kann es punktuell s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>,<br />

Tempo-30-Zonen e<strong>in</strong>zuführen. Aus Sicht der Verkehrssicherheit s<strong>in</strong>d dafür ebenfalls klare und<br />

zw<strong>in</strong>gende Kriterien rechtlich festzuhalten. Auf solchen verkehrsorientierten Strassenabschnitten ist<br />

die Gutachtenspflicht aufrechtzuerhalten. Dadurch soll gewährleistet werden, dass Tempo 30 effektiv<br />

auch e<strong>in</strong>gehalten wird und gleichzeitig ke<strong>in</strong>esfalls Schleichverkehr auf siedlungsorientierten Strassen<br />

entsteht.<br />

Januar 2014


Tempo 140 auf Autobahnen – die unterschätzte<br />

Gefahr<br />

E<strong>in</strong>e «Facebook-Initiative» fordert e<strong>in</strong>e Heraufsetzung der Tempolimite auf Schweizer Autobahnen<br />

von 120 auf 140 km/h. Sie stützt sich u. a. auf die Behauptung, auf deutschen Autobahnen gäbe es<br />

nicht mehr Unfälle als <strong>in</strong> der Schweiz, obwohl es <strong>in</strong> Deutschland ke<strong>in</strong>e generelle Tempolimite gibt.<br />

Diese Behauptung ist falsch: Auswertungen von IRTAD-Daten zeigen, dass es <strong>in</strong> Deutschland pro<br />

gefahrenen Kilometer 40 % mehr Verkehrstote auf Autobahnen gibt als <strong>in</strong> der Schweiz.<br />

In der Unfallforschung gibt es zudem e<strong>in</strong>en zentralen, weltweit unbestrittenen Zusammenhang: Je<br />

schneller man fährt, umso wahrsche<strong>in</strong>licher und schwerwiegender s<strong>in</strong>d die Verkehrsunfälle.<br />

Wissenschaftlich belegte Erfahrungen mit Änderungen der Geschw<strong>in</strong>digkeitslimiten s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>deutig (z.<br />

B. Elvik & Vaa: The Handbook of Road Safety Measures): Wird die Geschw<strong>in</strong>digkeitslimite erhöht,<br />

steigt auch die Zahl der schweren Verkehrsunfälle. Wird die Limite gesenkt, s<strong>in</strong>ken auch die<br />

Unfallzahlen. Als <strong>in</strong> der Schweiz 1985 die Geschw<strong>in</strong>digkeitslimite auf Autobahnen von 130 auf 120<br />

km/h reduziert wurde, verzeichnete die Statistik entsprechend e<strong>in</strong>en klaren Rückgang der schweren<br />

Unfälle.<br />

Die Behauptung, dass die Fahrzeuglenkenden mit Tempo 120 quasi «e<strong>in</strong>geschläfert» werden,<br />

entbehrt jeder Grundlage. Es gibt ke<strong>in</strong>en Beleg, dass man aufmerksamer fährt, wenn man mit 140<br />

statt 120 km/h unterwegs ist. H<strong>in</strong>gegen ist erwiesen, dass die Reaktionsgeschw<strong>in</strong>digkeit der<br />

Fahrzeuglenkenden immer limitiert ist und der Bremsweg bei höherer Geschw<strong>in</strong>digkeit länger wird. Bei<br />

der Heraufsetzung der Tempolimite auf 140 km/h werden zudem Geschw<strong>in</strong>digkeitsdifferenzen der<br />

verschiedenen Fahrzeugtypen auf Autobahnen (z. B. Personenwagen versus LKW) grösser, was<br />

unweigerlich negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit hat.<br />

Statt e<strong>in</strong>er generellen Erhöhung der Tempolimite auf Autobahnen s<strong>in</strong>d vielmehr temporäre<br />

Reduktionen der zulässigen Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit auf e<strong>in</strong>zelnen Autobahnteilstücken s<strong>in</strong>nvoll. Diese<br />

gewährleisten auch bei hoher Verkehrsdichte e<strong>in</strong> regelmässiges und damit letztlich schnelleres<br />

Vorankommen.<br />

Februar 2014


Unfallprävention im Strassenverkehr:<br />

PW-Lenker<strong>in</strong>nen im Fokus?<br />

Die Suva empfiehlt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Studie bzw. der dazugehörigen Medienmitteilung vom 9. Januar 2013, im<br />

Strassenverkehr gezielte Präventionsmassnahmen für – <strong>in</strong>sbesondere berufstätige – Frauen zu erarbeiten.<br />

Begründet wird diese Empfehlung mit der Tatsache, dass bei Frauen das Risiko e<strong>in</strong>es Autounfalls<br />

rund 25 % höher liegt als bei Männern. Die <strong>bfu</strong> – Beratungsstelle für Unfallverhütung widerspricht<br />

<strong>in</strong>dessen vehement der Schlussfolgerung, dass die Prävention sich jetzt auf Frauen konzentrieren<br />

soll.<br />

Absolute Unfallzahlen s<strong>in</strong>d die relevante Grösse für die Unfallprävention<br />

Für die Ausrichtung der Unfallprävention bilden die absoluten Unfallzahlen die relevante Grösse, nicht<br />

die relativen Risiken, auf die sich die Suva stützt. Denn es geht darum, das tatsächliche Unfallgeschehen<br />

zu reduzieren. Analysiert man diese absoluten Unfallzahlen, zeigt sich e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>deutiges Bild:<br />

2 von 3 schwer verletzen oder getöteten PW-Lenkenden s<strong>in</strong>d Männer (736, 64 %; Frauen: 421, 36 %).<br />

Männer s<strong>in</strong>d häufiger Verursacher, Frauen Opfer von Verkehrsunfällen<br />

Die e<strong>in</strong>zige Unfallart, um die Schuldfrage nach Geschlecht unverfälscht zu untersuchen, ist die direkte<br />

Kollision zwischen e<strong>in</strong>em PW-Lenker und e<strong>in</strong>er PW-Lenker<strong>in</strong>. In über der Hälfte der Fälle (54 %) ist<br />

der Mann alle<strong>in</strong> verantwortlich, <strong>in</strong> 40 % ist es die Frau und <strong>in</strong> den restlichen 6 % der Fälle s<strong>in</strong>d beide<br />

schuld.<br />

Verkehrsdel<strong>in</strong>quenz ist primär e<strong>in</strong> Männerproblem<br />

Männer verletzen die Verkehrsregeln deutlich häufiger als Frauen. Der Anteil der Männer bei Verurteilungen<br />

nach Strassenverkehrsgesetz liegt im Fünfjahresschnitt bei 86 %, Frauen machen lediglich<br />

14 % aus. 17 % der fehlbaren verunfallten Männer gegenüber 10 % der Frauen s<strong>in</strong>d zu schnell gefahren.<br />

Noch grösser ist die Differenz beim Fahren unter Alkohol: Hier s<strong>in</strong>d es 11 % der Männer versus<br />

3 % der Frauen.<br />

Frauen s<strong>in</strong>d verletzlicher als Männer<br />

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Frauen s<strong>in</strong>d mediz<strong>in</strong>isch gesehen verletzlicher, d. h., sie<br />

erleiden bei gleichem Unfallhergang schwerere Verletzungen als Männer. Diese Tatsache wird auch<br />

von der Suva <strong>in</strong> ihrer Studie erwähnt.<br />

Frauen haben weniger Fahrpraxis und s<strong>in</strong>d häufiger auf weniger sicheren Strassen unterwegs<br />

Frauen ab der Altersklasse der 25- bis 30-Jährigen haben pro gefahrenen Kilometer tatsächlich e<strong>in</strong><br />

höheres Unfallrisiko. Das liegt daran, dass PW-Lenker<strong>in</strong>nen weniger Kilometer zurücklegen als PW-<br />

Lenker und damit über weniger Fahrpraxis verfügen, was die Unfallgefahr erhöht. Zudem fahren<br />

Frauen auch weniger auf Autobahnen als Männer. Gerade dieser Strassentyp ist aber besonders<br />

sicher und senkt damit das Unfallrisiko bei den Männern pro gefahrenen Kilometer.<br />

Fazit<br />

E<strong>in</strong>e Unfallprävention, die ihren Hauptfokus auf die Frauen legt, ist aus Sicht der <strong>bfu</strong> nicht zweckmässig.<br />

Zum e<strong>in</strong>en bilden die Männer – gemessen an den absoluten Unfallzahlen, aber auch an der<br />

Schuldfrage – nach wie vor die Hauptrisikogruppe. Zum anderen betreffen die <strong>in</strong> der Suva-Studie<br />

postulierten «Schwächen» der PW-Lenker<strong>in</strong>nen Faktoren, die durch Präventionsmassnahmen nicht


zu verändern s<strong>in</strong>d bzw. deren Veränderung nicht wünschenswert ist.<br />

So ist die höhere Verletzlichkeit von Frauen e<strong>in</strong> physiologisches Faktum, gegen das die Unfallprävention<br />

nichts ausrichten kann. E<strong>in</strong>e Verbesserung der Fahrpraxis würde durch e<strong>in</strong>e Steigerung der<br />

Fahrleistung von Frauen (besonders auf Autobahnen) erreicht. Dieser Mehrverkehr würde aber nicht<br />

nur zu (absolut gesehen) mehr Unfällen führen, sondern wäre auch ökologisch kaum zu vertreten.<br />

Aus Sicht der <strong>bfu</strong> ist es somit s<strong>in</strong>nvoll, die bewährte Unfallprävention im Strassenverkehr weiterzuführen,<br />

ohne den Fokus neu zu justieren. Sichere Strassen<strong>in</strong>frastrukturen, sichere Fahrzeuge und die<br />

Bekämpfung von Risikofaktoren wie Alkohol, nicht angepasste Geschw<strong>in</strong>digkeit (davon s<strong>in</strong>d vor allem<br />

Männer betroffen) oder Ablenkung kommen sämtlichen Verkehrsteilnehmenden zugute, unabhängig<br />

vom Geschlecht und von den Fortbewegungsmitteln.<br />

Januar 2013


Velohelm tragen<br />

Jedes Jahr werden rund 900 Radfahrer<strong>in</strong>nen und Radfahrer bei Verkehrsunfällen auf Schweizer<br />

Strassen schwer verletzt, zwischen 30–50 werden getötet. Kopfverletzungen gehören zu den häufigsten<br />

Todesursachen. E<strong>in</strong> Helm kann Kopfverletzungen reduzieren oder verh<strong>in</strong>dern – nicht <strong>in</strong> jedem<br />

Fall, aber oft. In wissenschaftlichen Studien wird kaum je an der Wirksamkeit des Helms gezweifelt.<br />

Vielmehr dreht sich die Forschung um die Frage, welche Art Kopfverletzungen der Helm um wie viel<br />

zu reduzieren vermag.<br />

Mitunter wird der Velohelm pauschal kritisiert, weil befürchtet wird, wegen des Helms werde weniger<br />

Velo gefahren. Es gibt aber ke<strong>in</strong>e Evidenz für e<strong>in</strong>en langfristigen und nennenswerten Effekt dieser Art.<br />

Das Parlament hat es im Juni 2012 abgelehnt, e<strong>in</strong> Velohelmobligatorium für K<strong>in</strong>der unter 14 Jahren<br />

e<strong>in</strong>zuführen. Die Parlamentarier haben aber e<strong>in</strong>hellig gefordert, das Helmtragen zu fördern, unter<br />

anderem mit Präventionskampagnen. Die <strong>bfu</strong> kommt diesem Wunsch nach und motiviert die Bevölkerung<br />

mit der Kampagne «LOVE VELO – immer mit Helm» (www.lovevelo.ch), der Abgabe von<br />

Velohelmbons sowie diversen Ratgebern und Schulungsunterlagen.<br />

Die Sicherheit der Velofahrenden hängt nicht nur vom Velohelm ab. Die <strong>bfu</strong> empfiehlt <strong>in</strong> ihrem<br />

Sicherheitsdossier «Fahrradverkehr» e<strong>in</strong>e Vielzahl von Massnahmen, u. a. im Bereich der<br />

Strassenraumgestaltung oder Geschw<strong>in</strong>digkeitsreduktionen <strong>in</strong>nerorts.<br />

Juli 2012


Verkehrsfluss auf den Nationalstrassen<br />

verbessern<br />

Um Staus auf Autobahnen zu reduzieren und den Verkehrsfluss zu erhöhen, schlägt der Bundesrat<br />

e<strong>in</strong>e Reihe von Massnahmen vor:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Pannenstreifen-Umnutzung<br />

Punktuelle Lastwagen-Überholverbote<br />

Temporäre schrittweise Reduktion der zulässigen Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit auf e<strong>in</strong>zelnen Autobahnteilstücken<br />

Umfassende Information der Verkehrsteilnehmenden über Staus und Umfahrungsempfehlungen<br />

Bewirtschaftung von Autobahnanschlüssen<br />

Zusätzliche Fahrspuren zur Beseitigung von Engpässen<br />

Die <strong>bfu</strong> unterstützt die Vorschläge weitgehend. Bedenken hat die <strong>bfu</strong> zur Pannenstreifen-Umnutzung.<br />

Aus Sicht Unfallverhütung ist e<strong>in</strong>e dauernde Umnutzung nicht empfehlenswert, weil das Unfallrisiko<br />

ansteigt (weniger Raum für Pannenfahrzeuge, zum seitlichen Ausweichen bei H<strong>in</strong>dernissen auf der<br />

Fahrbahn, für Absperr- und Markierungsmassnahmen bei Baustellen etc.). Die Nutzung von Pannenstreifen<br />

muss daher von Sicherheitsmassnahmen begleitet werden, u. a. Geschw<strong>in</strong>digkeitsreduktionen<br />

und stärkere Verkehrsüberwachung.<br />

Besonders begrüssenswert s<strong>in</strong>d aus Sicht <strong>bfu</strong> die temporäre schrittweise Reduktion der zulässigen<br />

Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit auf e<strong>in</strong>zelnen Autobahnteilstücken sowie die umfassende Information der<br />

Verkehrsteilnehmenden über Staus und Umfahrungsempfehlungen. Diese Massnahmen erhöhen<br />

nicht nur den Verkehrsfluss, sondern leisten auch e<strong>in</strong>en Beitrag zur Unfallverhütung.<br />

Februar 2012


Verve<br />

Der Bund möchte mit dem Projekt Verve (Verwesentlichung der Verkehrsregeln) die Verhaltensvorschriften<br />

im Strassenverkehr vere<strong>in</strong>fachen und bürgerfreundlicher gestalten. Der «Verkehrsschilderwald»<br />

soll reduziert werden. Verve ist Teil des Handlungspakets Via sicura.<br />

Die <strong>bfu</strong> begrüsst dieses Vorhaben des Bundes. Die Vere<strong>in</strong>fachungen dürfen allerd<strong>in</strong>gs die Verkehrssicherheit<br />

nicht bee<strong>in</strong>trächtigen. Im Rahmen der Anhörung hat die <strong>bfu</strong> ausführlich zu e<strong>in</strong>zelnen Vorschlägen<br />

der geplanten Verordnungsrevisionen Stellung genommen (vgl. L<strong>in</strong>k).<br />

E<strong>in</strong>er der auffälligsten Revisionspunkte ist der Vorschlag zur Abschaffung der Tafel «Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

50 generell». Künftig soll die Innerorts-Geschw<strong>in</strong>digkeitsregel ab der Ortstafel gelten,<br />

ähnlich wie es bereits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen umliegenden Ländern gehandhabt wird. Die Folgen für die Verkehrssicherheit<br />

s<strong>in</strong>d noch nicht absehbar. E<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe sollte die Implementierung der geplanten<br />

Regelung e<strong>in</strong>gehend prüfen und beispielsweise Vorgaben für die Standortwahl der künftigen Ortstafeln<br />

nach Kriterien der Unfallsicherheit entwickeln. Es ist e<strong>in</strong>e angemessene Übergangszeit vorzusehen<br />

und die Verkehrsteilnehmenden müssen rechtzeitig und verständlich <strong>in</strong>formiert werden.<br />

April 2011


Via sicura<br />

Das Parlament hat im Juni 2012 dem Handlungsprogramm des Bundes zur Erhöhung der Sicherheit<br />

auf den Schweizer Strassen «Via sicura» zugestimmt. Das Paket umfasst e<strong>in</strong>e Reihe von Gesetzesänderungen,<br />

die <strong>in</strong> den Jahren 2013 bis 2016 schrittweise <strong>in</strong> Kraft treten werden. Wichtige Elemente<br />

von Via sicura s<strong>in</strong>d:<br />

Pflicht zur Berücksichtigung der Strassenverkehrssicherheit bei Planung, Bau, Unterhalt und Betrieb<br />

von Strassen<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Behebung der Unfallschwerpunkte und Gefahrenstellen auf den Strassen<br />

Vorschriften für sichere Fussgängerstreifen<br />

Bund und Kantone ernennen Sicherheitsbeauftragte für den Verkehrssicherheitsbereich<br />

Null-Promille-Grenze für Personengruppen mit besonderen Unfallrisiken (z. B. Neulenker)<br />

Ausbau der Fahreignungsabklärung und der Nachschulung für Verkehrsdel<strong>in</strong>quenten<br />

Vorschriften bzw. Rückfallprophylaxe für Verkehrsdel<strong>in</strong>quenten (z. B. E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>er Blackbox,<br />

Alkoholwegfahrsperre)<br />

Mehr Alkoholkontrollen der Verkehrspolizei dank der Ablösung der aufwändigen Blutprobe durch<br />

die effiziente, beweissichere Atemalkoholprobe<br />

Möglichkeit, Raser aus dem Verkehr zu ziehen, bevor e<strong>in</strong> schwerer Unfall passiert ist<br />

Die konsequente Umsetzung dieses Verkehrssicherheitsprogramms wird rund 100 Todesfälle und<br />

1000 Schwerverletzte (davon 100 neue IV-Fälle) pro Jahr verh<strong>in</strong>dern. Die <strong>bfu</strong> wird mit e<strong>in</strong>em wissenschaftlichen<br />

Monitor<strong>in</strong>g die Umsetzung der gesetzlichen Massnahmen begleiten.<br />

Juli 2012


Vorgezogene Fahrausbildung?<br />

Der TCS schlägt e<strong>in</strong>e Herabsetzung des Alters für den Lernfahrausweis vor. Begründet wird der Vorschlag<br />

mit dem Argument, dass e<strong>in</strong>e vorgezogene Ausbildung e<strong>in</strong>e längere Übungsphase erlaube und<br />

sich diese positiv auf die Unfallbilanz der Neulenkenden auswirke. Als Beispiel wird die erfolgreiche<br />

E<strong>in</strong>führung der vorgezogenen Fahrausbildung <strong>in</strong> Schweden und weiteren europäischen Ländern<br />

angeführt.<br />

Der Positiveffekt vermehrter Übung ist unbestritten und würde auch <strong>in</strong> der Schweiz die schlechte<br />

Unfallbilanz der Neulenkenden verbessern. E<strong>in</strong>e längere Ausbildungsphase ermöglicht das Sammeln<br />

von mehr Erfahrung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em begleiteten und damit geschützten Rahmen. Zudem passieren während<br />

den begleiteten Fahrten praktisch ke<strong>in</strong>e Unfälle.<br />

Aber es gibt auch e<strong>in</strong>en Negativeffekt, der zu mehr Unfällen führt: Rund 40 000 junge Fahrer<strong>in</strong>nen<br />

und Fahrer würden e<strong>in</strong> halbes Jahr früher auf die Strasse kommen, weil sie dank dem früheren Lernfahrausweis<br />

unmittelbar nach dem 18. Geburtstag den Führersche<strong>in</strong> erwerben könnten (das aktuelle<br />

Durchschnittsalter für die Fahrprüfung liegt heute bei 19,1 Jahren).<br />

E<strong>in</strong>e bessere Sicherheitsbilanz wäre erreichbar, wenn das begleitete Üben mit Laien (z. B. Eltern)<br />

ohne Vorziehen der Fahrausbildung gefördert würde. Die Unfallforschung zeigt, dass diese Form der<br />

Ausbildung sehr nützlich ist. Um die Laienbegleitenden besser zu unterstützen, sollte die Arbeit der<br />

Fahrlehrer mit dem Üben durch Laien besser koord<strong>in</strong>iert werden, beispielsweise durch die E<strong>in</strong>führung<br />

e<strong>in</strong>es Lernportfolios, <strong>in</strong> dem die absolvierten Übungsfahrten ausgewiesen würden. Die Förderung der<br />

Laienbegleitung entspräche auch den aktuellen Diskussionen und Vorschlägen von OPERA-3, dem<br />

nationalen Projekt zur Optimierung der ersten Phase der Fahrausbildung.<br />

Oktober 2012


W<strong>in</strong>terreifen-Obligatorium<br />

In der Schweiz besteht ke<strong>in</strong>e gesetzliche Pflicht, das Auto im W<strong>in</strong>ter mit W<strong>in</strong>terreifen auszurüsten.<br />

Personen, die aber im W<strong>in</strong>ter mit e<strong>in</strong>em Fahrzeug mit Sommerreifen unterwegs s<strong>in</strong>d, gefährden sich<br />

und andere Verkehrsteilnehmende. Sommerreifen haben nämlich schon bei 7 Grad Celsius ke<strong>in</strong>e<br />

optimale Bodenhaftung mehr. Wird wegen der mangelhaften Ausrüstung des Fahrzeugs e<strong>in</strong> Unfall<br />

verursacht, kann die Versicherung Leistungen kürzen oder Regress nehmen. Selbst wer wegen<br />

Sommerpneus im W<strong>in</strong>ter stecken bleibt und dadurch den Verkehrsfluss bee<strong>in</strong>trächtigt, kann unter<br />

Umständen wegen Verletzung der Grundverkehrsregeln zur Rechenschaft gezogen werden.<br />

Noch s<strong>in</strong>d jeden W<strong>in</strong>ter zu viele Personenwagen mit Sommerreifen auf Schweizer Strassen unterwegs.<br />

Die Nachbarländer der Schweiz kennen gesetzliche Regelungen, die die Verwendung von<br />

W<strong>in</strong>terreifen vorschreiben. In Deutschland zum Beispiel besteht bei w<strong>in</strong>terlichen Strassenbed<strong>in</strong>gungen<br />

(Glatteis, Schnee, Schneematch) e<strong>in</strong>e solche Pflicht, genauso <strong>in</strong> Österreich (vom 1. November bis<br />

15. April). In Italien kann ebenfalls für e<strong>in</strong>zelne Strecken zu bestimmten Zeiten und bei entsprechenden<br />

W<strong>in</strong>terverhältnissen kurzfristig die Benützung von W<strong>in</strong>terreifen vorgeschrieben werden.<br />

Die <strong>bfu</strong> befürwortet die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es W<strong>in</strong>terreifen-Obligatoriums auch für die Schweiz und würde<br />

e<strong>in</strong>en entsprechenden Vorstoss unterstützen. Praktikabel wäre e<strong>in</strong>e Pflicht von November bis März,<br />

auch <strong>in</strong> den wärmeren Regionen der Schweiz wie im Tess<strong>in</strong>. Bereits heute empfiehlt die <strong>bfu</strong>, W<strong>in</strong>terreifen<br />

mit m<strong>in</strong>destens 4 Millimeter Profil von Oktober bis Ostern zu montieren (Merkregel: von O bis<br />

O).<br />

Wichtig ist festzuhalten: W<strong>in</strong>terreifen bilden e<strong>in</strong>e notwendige Ergänzung, ke<strong>in</strong>eswegs aber e<strong>in</strong>en<br />

Ersatz für e<strong>in</strong>e an die Strassenverhältnisse angepasste Fahrweise.<br />

Januar 2011


Zweiphasenausbildung / Führerausweis auf Probe<br />

In der Schweiz ist Ende 2005 die sogenannte Zweiphasenausbildung <strong>in</strong> Kraft getreten. Damit wurde<br />

die damals bestehende Fahrausbildung um e<strong>in</strong>e dreijährige Probephase erweitert. Alle Neulenkenden<br />

müssen während der Probezeit zwei ganztägige Weiterausbildungskurse absolvieren. Zudem gilt e<strong>in</strong><br />

verschärftes Sanktionsregime: Im Fall von verkehrsgefährdenden Widerhandlungen, die zu e<strong>in</strong>em<br />

Führersche<strong>in</strong>entzug führen, wird die Probephase zunächst um e<strong>in</strong> Jahr verlängert. Bei e<strong>in</strong>em weiteren<br />

Vergehen wird der Ausweis auf Probe annulliert. E<strong>in</strong> neues Gesuch um e<strong>in</strong>en Lernfahrausweis kann<br />

frühestens e<strong>in</strong> Jahr nach der Annullierung gestellt werden, sofern e<strong>in</strong> verkehrspsychologisches Gutachten<br />

die Fahreignung bejaht.<br />

Ob die Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe tatsächlich unfallreduzierend wirken, hat die <strong>bfu</strong> –<br />

Beratungsstelle für Unfallverhütung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er umfassenden Evaluationsstudie wissenschaftlich geprüft.<br />

Nebst den vom Bundesamt für Strassen ASTRA <strong>in</strong> Auftrag gegebenen Analysen der amtlichen Unfallstatistik<br />

wurden zusätzlich Befragungsdaten erhoben und ausgewertet, um vertiefte Kenntnisse zu<br />

den Funktions- und Wirkungsstrukturen der Massnahme zu erhalten.<br />

Die durchgeführten Unfallanalysen konnten die erwarteten Unfallreduktionen nachweisen: Junge<br />

Neulenkende <strong>in</strong> der Probephase verursachen weniger Unfälle mit schweren Verletzungsfolgen als<br />

aufgrund des allgeme<strong>in</strong>en Sicherheitstrends zu erwarten wären. Die Reduktion beträgt über 10 %. In<br />

Anbetracht der schwierigen Datenlage, vorliegender Datenlücken und e<strong>in</strong>er unstetigen Unfallentwicklung<br />

im Vorfeld empfiehlt sich e<strong>in</strong>e zurückhaltende Interpretation der berechneten Unfallreduktionen.<br />

Die Befragungsdaten belegen die positiven Auswirkungen der Sanktionsandrohung auf das Fahrverhalten.<br />

Indessen konnten die Sicherheitseffekte der Weiterausbildungskurse nicht im erhofften Ausmass<br />

nachgewiesen werden. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, im Rahmen des laufenden<br />

ASTRA-Projekts zur Optimierung der Fahrausbildung die Weiterausbildungskurse zu verbessern. Um<br />

dem weitverbreiteten H<strong>in</strong>auszögern der Kursbesuche durch die Neulenkenden entgegenzuwirken,<br />

sollte e<strong>in</strong> frühes Zeitfenster für die Absolvierung der Weiterausbildungskurse vorgeschrieben werden.<br />

Nur so wird die Zeitspanne mit dem grössten Unfallrisiko abgedeckt.<br />

Insgesamt leistet die Probephase bereits jetzt e<strong>in</strong>en nachweislichen Beitrag zur Verkehrssicherheit,<br />

der durch verschiedene Anpassungen weiter gesteigert werden kann.<br />

November 2013

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