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INHALT.ausgabe 24<br />
IN DIESER AUSGABE<br />
Formel 1<br />
alonsos leiden: Aufs falsche Pferd gesetzt? 22<br />
interview: Nico Hülkenberg 28<br />
Jenson button: Unterschätzter WM-Schreck 32<br />
f1 facts: Schwerstarbeit am Steuer 36<br />
Stephan Heublein, Chefredakteur<br />
Eviva España<br />
Spanisches Leiden - Mürrisch zupft <strong>Fernando</strong> Alonso an seinem<br />
Kinnbart. Zwei Jahre, kein Titel und das dritte ließ sich sogar noch<br />
schlechter an - so hatte er sich das gelobte Ferrari-Land nicht<br />
vorgestellt! Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> ging im Fahrerlager auf<br />
Ursachenforschung. Warum klappt es bei Ferrari und Alonso nur<br />
unter außergewöhnlichen Umständen? Die befragten Ex-Fahrer<br />
und Experten sind sich einig: am Spanier liegt es nicht. Ab S. 22<br />
verraten wir, woran es dann hapert...<br />
Spanische Revolution - <strong>Fernando</strong> Alonso ist ein Einzelkämpfer,<br />
sowohl im Geiste als auch in der Formel 1 (Pedro de la Rosa hat<br />
bei HRT eher geringere Chancen auf Erfolg). Ganz anders sieht es<br />
bei Jorge Lorenzo aus: er hat um sich eine ganze Schar an<br />
Landsleuten, die sich in nahezu allen Motorradkategorien anschicken,<br />
die Weltspitze zu erobern oder zu verteidigen. Grund genug,<br />
unseren Motorradteil zum »Spanien Special« auszurufen. Darin<br />
beleuchten unsere Motorrad-Spezialisten das gesamte Ausmaß<br />
des spanischen Imperiums auf zwei Rädern.<br />
Spanische Siesta - Das kommt Ihnen alles Spanisch vor? Wie<br />
wäre es mit ein bisschen urbayerischer Abwechslung: Im Exklusiv-<br />
Interview verrät uns Schnitzer-Teamchef Charly Lamm alles zur<br />
DTM-Rückkehr von BMW. Typisch Britisch geht es derweil bei<br />
unserer Analyse der schleichenden Titelgefahr Jenson Button und<br />
des Williams-Niedergangs der letzten Jahre zu. Aber Vorsicht: auf<br />
S. 42 hat es ein Brasilianer auf Ihr Gehirn abgesehen...<br />
williams: Falsch abgebogen 38<br />
alex wurz: Brain Sucker 42<br />
top-5: Williams-Boliden 44<br />
interview: Bernd Mayländer 48<br />
history: Gilles Villeneuve 54<br />
Automobil<br />
interviews: BMW-Teamchefs 60<br />
wrc: Das fünfte Element 66<br />
WRC: Hall of Fame 68<br />
interview: Fabio Leimer 70<br />
FIA GT1: Markus Winkelhock 73<br />
technik: McLaren MP4-12C GT3 74<br />
splitter: ADAC <strong>Motorsport</strong> 76<br />
Motorrad<br />
Jorge Lorenzo: Hirn eines Champions 80<br />
history: Spanische Weltmeister 86<br />
repsol: Die Farbe Orange 90<br />
dorna: Made in Spain 92<br />
interview: Marc Marquez . 96<br />
moto3: Maverick Vinales 100<br />
top-5: MotoGP zum Schnäppchenpreis 102<br />
wsbk: Duell der Rennopas 106<br />
mehr spanier: Spanische Glanzlichter 110<br />
Service<br />
Boxenstopp 4<br />
Kolumnen 14<br />
ZIELGERADE 112<br />
Impressum 114<br />
Foto: adrivo/Sutton Titelfotos: adrivo/Sutton, milagro, WSBK<br />
2 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Pro VS.<br />
PEREZ ZU FERRARI<br />
Fotos: adrivo/Sutton, sauber<br />
Mit seinem Podium in<br />
Malaysia schürte Perez<br />
die Gerüchteküche an<br />
Sergio Perez<br />
befeuert die<br />
Träume der<br />
mexikanischen<br />
F1-Fans<br />
+++ PRO +++<br />
+++ CONTRA +++<br />
Nach seiner imposanten Fahrt in Malaysia gilt Sergio Perez als heißester<br />
Kandidat auf die Nachfolge von Felipe Massa bei Ferrari. Der Brasilianer<br />
blieb in dieser Saison bislang erneut unter den an ihn gestellten Erwartungen.<br />
Für den Mexikaner wäre ein Wechsel zu Ferrari ein Glücksfall.<br />
Jeder F1-Pilot träumt davon, einmal für die Scuderia zu fahren.<br />
Perez gilt als Star der Zukunft und wo könnte er besser sein Talent unter<br />
Beweis stellen als bei einem Top-Team wie Ferrari? Mit <strong>Fernando</strong> Alonso<br />
hätte er einen zweifachen Weltmeister als Teamkollegen, der ihm einiges<br />
beibringen könnte. Auch Massa hat davon profitiert, an der Seite von<br />
Altmeister Michael Schumacher zu fahren.<br />
Dass der Sprung von einem Mittelfeld- in ein Top-Team auch erfolgreich<br />
verlaufen kann, zeigt das Beispiel Kimi Räikkönen. Nach nur einem Jahr<br />
bei Sauber heuerte der Finne bei McLaren an. Es folgten der Wechsel zu<br />
Ferrari und der WM-Titel. Auch Ferrari täte gut daran, Perez so schnell<br />
wie möglich ins rote Boot zu holen. Sicherlich wird durch den Fahrerwechsel<br />
Ferrari 2012 nicht sofort zum WM-Favoriten, denn dazu ist das<br />
Auto aktuell zu langsam.<br />
Aber der junge Mexikaner könnte neuen Wind und neue Motivation ins Team<br />
bringen. Mit Blick auf die Konstrukteurs-WM wäre ein Fahrerwechsel nur<br />
der logische Schritt. Momentan kann lediglich Alonso das Maximum aus<br />
dem Auto herausholen und im Qualifying ins Q3 fahren sowie im Rennen<br />
gute Punkte erzielen. Für die Konstrukteurs-WM und die damit verbundenen<br />
TV-Gelder braucht Ferrari aber zwei Fahrer, die das schaffen.<br />
Text: Kerstin Hasenbichler<br />
Schnell fahren und schnell hochjubeln - das gehört im PS-Geschäft<br />
der Formel 1 zum Alltag. Kaum hat ein Fahrer in einem Chaosrennen<br />
ein überraschend starkes Ergebnis eingefahren, wird er schon ins<br />
nächstbessere Team geschrieben. Wenn er dann auch noch Ferrari-<br />
Junior ist wie Sergio Perez, ist nicht nur die italienische Presse kaum<br />
noch zu halten.<br />
Dem jungen Piloten tut das in den wenigsten Fällen gut. Im Fall Perez<br />
könnte es sich sogar als sportlich fatal erweisen, sollte er während<br />
der Saison mit wenig Erfahrung in ein Top-Team wie Ferrari kommen<br />
und dort ohne Testmöglichkeiten ein eindeutig schwer fahrbares Auto<br />
vorfinden, mit dem selbst Felipe Massa trotz all seiner GP-Starts<br />
nicht zurecht kommt. Selbst ein erfahrener Pilot wie Giancarlo Fisichella<br />
strauchelte bei diesem Versuch als Massa-Ersatz 2009.<br />
Für die weitere Karriere von Perez könnte das vernichtende Konsequenzen<br />
haben, denn dann wäre er ein gescheiterter Ex-Ferrari-Pilot<br />
und die Formel 1 ist nur selten für zweite Chancen im Stil von Romain<br />
Grosjean bekannt. Im Normalfall heißt es eher: Rasch Hochjubeln<br />
und noch schneller wieder fallen lassen.<br />
Trotz des berechtigten Lobs für die starken Leistungen von Perez<br />
sollte man nicht vergessen, dass der Mexikaner erst seine zweite<br />
Saison fährt. Gebt ihm Zeit, sich bei Sauber in Ruhe und ohne Druck<br />
zu entwickeln. Dann ist er nach Saisonende vielleicht bereit, mit einer<br />
guten Vorbereitung im Winter den Schritt in ein Top-Team zu wagen.<br />
Text: Stephan Heublein<br />
4 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Mit dem<br />
Rotstift<br />
Mit den CRTs wurde in dieser Saison zwar bereits eine Sparklasse in<br />
der MotoGP eingeführt, doch es soll noch weiter gespart werden. Die<br />
Vorschläge dafür sind vielfältig. Dazu gehört die Regel, dass auch in der<br />
MotoGP in Zukunft nur noch eine Maschine pro Fahrer eingesetzt<br />
werden darf. Weitere Ideen: Personalreduktion, eine Preisgrenze für<br />
Leasing-Maschinen, ein Drehzahllimit und eine Standard-Elektronik.<br />
Ein Konsens ist fast überall noch weit weg.<br />
Die Motorrad-WM soll<br />
in Zukunft noch<br />
kostengünstiger<br />
werden<br />
Fotos: milagro, red bull x-fighters, yamaha<br />
Hoch hinaus<br />
Auch Bootfahren will<br />
gelernt sein - aber<br />
nicht vorsagen<br />
lassen!<br />
Spicken will gelernt sein<br />
Dani Pedrosa sorgte zum Saisonstart unfreiwillig für große Schlagzeilen.<br />
Nicht weil der Spanier sich wieder einmal ungünstig verletzt<br />
hatte, ganz anders: Pedrosa wurde beim Spicken erwischt. Bei seiner<br />
Bootsführerscheinprüfung gehörte der Honda-Fahrer zu einer<br />
Gruppe, die sich die Ergebnisse per Ohrhörer vorsagen ließ. Dem<br />
Polizeieinsatz nach zu urteilen, kam dies bei den spanischen Behörden<br />
nicht gut an. »Mit der Annahme des schlechten Ratschlags habe<br />
ich einen Fehler gemacht. Man kann dies ignorieren oder daraus<br />
lernen - ich habe daraus gelernt«, versprach er.<br />
Erinnern Sie sich noch an das Tennismatch<br />
zwischen Roger Federer und Andre Agassi<br />
auf der Hubschrauberlandeplattform des<br />
Buri Al Arab Luxushotel in circa 210 m<br />
Höhe? Nun, was Tennisspieler können, das<br />
haben Motocross-Freestyle-Spezialisten<br />
wie Dany Torres schon lange drauf, nur<br />
statt auf eine kleine gelbe Filzkugel<br />
einzuschlagen, drehte der Spanier mit<br />
seiner KTM ein paar Runden: »Ich<br />
habe noch nie ein so atemberaubendes<br />
Hotel gesehen. Wo ich<br />
herkomme, ist alles klein und hier<br />
ist einfach alles überdimensional.<br />
Hier oben muss der exklusivste<br />
FMX-Kurs des Planeten sein.«<br />
6 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Text: Jule Krause / Falko Schoklitsch<br />
»Es ist, als ob du<br />
ScheiSSe den Berg<br />
hoch schaufelst.«<br />
Colin Edwards über die<br />
CRT-Entwicklungsarbeit<br />
Italien fährt nur Moped<br />
Wenn es nach der Statistik der MotoGP geht,<br />
dann wird in Italien nur eins gemacht: Motorrad<br />
gefahren. Meiste Titel? Bella Italia mit 75. Erfolgreichster<br />
Fahrer? Giacomo Agostini: 15 Titel,<br />
natürlich Italiener, Valentino Rossi folgt mit 9<br />
Erfolgreichste Länder*<br />
auf Rang drei und würde man nur MotoGP-Titel<br />
werten, wäre er Zweiter. Selbst wenn man die<br />
Titelträger zählt, ist Italien mit 26 die Nr. 1 und<br />
nicht einmal wenn es heißt, nur MotoGP-Klasse,<br />
kann die Statistik gefälscht werden: Italien mit<br />
20. Meiste Siege? Mit 734 liegt Italien weit vor<br />
Spanien, 329 Rennsiege Vorsprung hat die Konkurrenz<br />
und auch in der Einzelfahrerwertung<br />
liegen sie mit Agostini (122) und Rossi (105) an<br />
der Spitze.<br />
Erfolgreichste Fahrer*<br />
Land Siege Siegreiche Fahrer Titel Titelträger<br />
Fahrer<br />
Siege<br />
Italien 734 69 75 28<br />
Spanien 405 32 36 14<br />
Großbritannien 384 48 44 15<br />
*Stand: nach Katar GP 2012<br />
Giacomo Agostini (I) 122<br />
Valentino Rossi (I) 105<br />
Angel Nieto (E) 90<br />
Mike Hailwood (UK) 76<br />
Mick Doohan (AUS) 54<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 7
Technische<br />
Daten:<br />
Leistung: 300 PS<br />
Gewicht: 475 kg<br />
Radstand: 2,90 m<br />
Spur vorne: 0,6 m<br />
Spur hinten: 1,7 m<br />
Länge: 4,65m<br />
Breite: 2 m<br />
Höhe: 1,03 m<br />
Tank: 40<br />
delta<br />
wing<br />
Batmobile<br />
Mit seiner Bewerbung für die IndyCar Serie ist Delta Wings mit seinem<br />
kuriosen Rennwagen gescheitert, in der Schublade verschwindet das<br />
Projekt aber trotzdem nicht. Nun darf der Bolide bei den 24 Stunden von<br />
Le Mans an den Start gehen, wenn auch außerhalb der Wertung. Mit<br />
einem 300 PS starken Nissan-Motor und der Startnummer Null werden<br />
Marino Franchitti und Michael Krumm an den Start gehen.<br />
Timo Scheider hat<br />
zwei Räder für sich<br />
entdeckt<br />
Zweirad-SpaSS<br />
Seit mehreren Wochen begeistert sich Timo Scheider mit<br />
einem eigens angefertigten Rennrad für die Sportart, zuletzt<br />
spulte er im sonnigen Mallorca einige Kilometer ab - teilweise<br />
in Begleitung von Radprofi Marcel Wüst. Bei seinen Trainingsrunden<br />
im heimischen Österreich kann es sogar vorkommen,<br />
dass er auf Formel-1-Pilot Timo Glock trifft. Die beiden Timos<br />
lassen es sich dann natürlich nicht nehmen, einen Kaffee zu<br />
trinken und ihren Status auf Facebook zu aktualisieren<br />
Alte Hasen<br />
Jean Alesi wird im Mai sein<br />
Comeback auf der Rennstrecke<br />
geben. Der mittlerweile<br />
47-Jährige startet das legendäre<br />
IndyCar-Rennen im Cockpit<br />
von Newman/Haas-Racing.<br />
»Ich bin extrem aufgeregt<br />
wegen der ganzen Sache. Ich<br />
bin zwar nicht beunruhigt, fühle<br />
aber großen Druck auf mir<br />
lasten«, so Alesi. Der Franzose<br />
wird übrigens auf einen alten<br />
Bekannten treffen: Rubens Barrichello<br />
ist seit Anfang der Saison<br />
als Stammfahrer unterwegs<br />
und bekam trotz seiner<br />
39 Jahre den Rookie-Status<br />
zugesprochen.<br />
Rubens Barrichello<br />
Alter: 39<br />
GP-Starts: 323<br />
GP-Siege: 11<br />
Letzte Saison: 2011<br />
Jean Alesi<br />
Alter: 47<br />
GP-Starts: 201<br />
GP-Siege: 1<br />
Letzte Saison: 2001<br />
Fotos: adrivo/Sutton, mercedes-benz, nissan, audi, lotus group<br />
8 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Text: Fabian Schneider<br />
Drei junge Wilde<br />
für Mercedes in<br />
der DTM<br />
Junge Wilde Reloaded<br />
In der DTM-Saison 2012 setzt Mercedes neben bekannten Namen auch auf ein Junioren-Trio.<br />
Roberto Merhi und Robert Wickens geben ihr Debüt, Christian Vietoris bestreitet seine zweite<br />
Saison. Bereits Anfang der 1990er Jahre setzte Mercedes auf besonders junge Talente, die nicht<br />
unbedeutende Namen trugen. Ob sich die Erfolgsgeschichte wiederholen lässt?<br />
Formel 1<br />
Die Vorbilder<br />
Michael<br />
Schumacher<br />
Mit sieben Weltmeistertiteln<br />
ist er der erfolgreichste<br />
Formel-1-Pilot aller Zeiten.<br />
Seit 1991 hat der Kerpener<br />
bereits über 1.500<br />
WM-Punkte sammeln<br />
können. In seiner Anfangszeit<br />
fuhr er sogar vier DTM-<br />
Rennen, allerdings wenig<br />
erfolgreich.<br />
Heinz-Harald<br />
Frentzen<br />
Lange Zeit war Frentzen<br />
hinter Schumacher einer<br />
der erfolgreichsten<br />
Formel-1-Fahrer aus<br />
Deutschland, zwei seiner<br />
drei Siege holte er in der<br />
Saison 1999 und kämpfte<br />
sogar um die Weltmeisterschaft.<br />
Mittlerweile greift er<br />
im ADAC GT Masters ins<br />
Lenkrad.<br />
Karl<br />
Wendlinger<br />
Als einziger der drei ehemaligen<br />
Mercedes-Junioren blieb<br />
Wendlinger in seiner 41 Rennen<br />
andauernden Formel-1-Karriere<br />
ohne Podestergebnis. Bis zu<br />
seinem schweren Unfall in<br />
Monaco 1994 holte der<br />
Österreicher 14 Punkte,<br />
beendete seine F1-Karriere<br />
aber ein Jahr später. Wie<br />
Frentzen fuhr er danach unter<br />
anderem in der DTM.
Nico Rosberg<br />
Erste Schnellste Runde: 1. Grand Prix, Bahrain 2006<br />
Erste Pole Position: 111. Qualifying, China 2012<br />
Erster Sieg: 111. Grand Prix, China 2012<br />
Silberne Sternstunde<br />
Nico Rosberg entließ einen Urschrei in den Boxenfunk. Ausgerechnet in seinem<br />
111. Grand Prix gewann der Deutsche sein erstes Rennen in der Formel 1. Es<br />
war der zehnte GP-Sieg eines Werks-Silberpfeils und der 90. Triumph des Motorenherstellers<br />
in der Königsklasse. Zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren<br />
standen beim China GP ausschließlich Fahrer mit Mercedes-Motoren auf dem<br />
Podium - auch 2010 waren es Jenson Button, Lewis Hamilton und Rosberg.<br />
Werner erzielte<br />
1901 den ersten<br />
Mercedes-Sieg<br />
Der erste<br />
Mercedes-Sieg<br />
Genau 111 Jahre nach dem<br />
ersten Sieg eines Mercedes-<br />
Rennwagens bei einem Autorennen<br />
siegte Rosberg zum<br />
ersten Mal mit einem Silberpfeil<br />
der Neuzeit. Am 25.<br />
März 1901 startete Wilhelm<br />
Werner in einem nach der<br />
Tochter des Daimler-Importeurs<br />
Emil Jellinek benannten<br />
Auto beim Rennen Nizza-<br />
Salon-Nizza. Bereits zur<br />
Halbzeit des 392,5 km langen<br />
Rennens führte Werner mit<br />
zwölf Minuten Vorsprung.<br />
Nach anstrengenden sechs<br />
Stunden, 45 Minuten und 48<br />
Sekunden siegte er mit einem<br />
Vorsprung von 26 Minuten<br />
und 10 Sekunden. In einem<br />
modernen Grand Prix würde<br />
das einer Führung von fast<br />
sechs Minuten entsprechen.<br />
Fotos: adrivo/Sutton, mercedes-benz<br />
10 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Text: Manuel Sperl / Mike Wiedel<br />
Der letzte Werkssieg<br />
Nico Rosbergs Sieg in Shanghai war der erste Sieg eines<br />
Werks-Silberpfeils seit dem Großen Preis von Italien am 11.<br />
September 1955 in Monza - also nach 20.671 Tagen Wartezeit.<br />
Teamchef Ross Brawn war damals gerade mal ein<br />
Jahr alt. Mercedes-Pilot Stirling Moss startete auf der zehn<br />
Kilometer langen Traditionsstrecke von der Pole Position<br />
und lieferte sich bis zu einem unfreiwilligen Boxenstopp ein<br />
spannendes Duell mit seinem Teamkollegen Juan Manuel<br />
Fangio, der das Rennen vor Piero Taruffi gewann.<br />
Michael<br />
Schumacher<br />
Rosbergs Teamkollege ist<br />
unumstritten der Rekordsieger<br />
in der Formel 1. Er<br />
weist eine Siegquote von<br />
mehr als 30% auf.<br />
Heinz-Harald<br />
Frentzen<br />
Drei Mal durfte der<br />
Mönchengladbacher für<br />
Jordan und Williams<br />
jubeln. Interessanterweise<br />
erzielte er nur seinen ersten<br />
GP-Sieg mit Williams.<br />
Jochen Mass<br />
Nico<br />
Rosberg<br />
Der Mercedes-Pilot krönte<br />
sich mit seinem Sieg in<br />
Shanghai zum siebten<br />
deutschen F1-Sieger. Vor 30<br />
Jahren gewann sein Vater<br />
Keke den WM-Titel.<br />
Michael<br />
Schumacher<br />
Sebastian<br />
Vettel<br />
Der amtierende Champion<br />
war in den vergangenen<br />
beiden Jahren kaum zu<br />
stoppen und schickte sich<br />
an, Schumachers Rekorde<br />
zu brechen.<br />
Ralf<br />
Schumacher<br />
Der heutige DTM-Pilot ist<br />
mit sechs Siegen noch<br />
immer der dritterfolgreichste<br />
deutsche<br />
Formel-1-Pilot.<br />
Wolfgang Graf<br />
Berghe von<br />
Trips<br />
Der Deutsche startete bei<br />
27 Formel-1-Rennen und<br />
gewann vor seinem<br />
Unfalltod in Monza 1961<br />
zwei Rennen für Ferrari.<br />
Jochen Mass<br />
Mass gewann 1975 das<br />
Rennen auf dem umstrittenen<br />
Montjuic-Kurs in<br />
Barcelona. Bei dem Rennen<br />
verloren vier Zuschauer ihr<br />
Leben, es gab nach dem<br />
Abbruch nur halbe Punkte.<br />
Silberpfeil-Siege<br />
1954/1955<br />
1954 Frankreich GP - Juan Manuel Fangio<br />
1954 Deutschland GP - Juan Manuel Fangio<br />
1954 Schweiz Juan GP - Manuel Fangio<br />
1954 Italien Juan GP - Manuel Fangio<br />
1955 Argentinien GP - Juan Manuel Fangio<br />
1955 Belgien GP - Juan Manuel Fangio<br />
1955 Niederlande GP - Juan Manuel Fangio<br />
1955 Großbritannien GP – Stirling Moss<br />
1955 Italien GP - Juan Manuel Fangio
Boxenspion<br />
BOXENSPION<br />
Button kreativ:<br />
W-Zeichen statt<br />
Siegesfinger<br />
Mark Sutton<br />
Life Through a Lens<br />
»Das Licht war einfach unglaublich als Jenson aus seinem Wagen stieg. Er kam<br />
in meine Richtung, aber ich war noch weit genug weg, um auch noch ein Stück<br />
Himmel und seine Handschuhe auf das Bild zu bekommen. Es war ganz offensichtlich<br />
ein sehr emotionaler Moment für ihn. Das Beste war, dass ich auf ihn<br />
gewettet und gewonnen hatte. Als ich ihn das letzte Mal beim Test in Barcelona<br />
sah, meinte er zu mir: »Wir sehen uns im Parc Ferme«. Das war der Grund,<br />
warum ich getippt habe, dass er die Pole Position, den Sieg und am Ende die<br />
WM holt. Bisher bin ich mit meinem Tipp sehr zufrieden!«<br />
Typisches<br />
Sepang-Wetter im<br />
Fahrerlager<br />
»Durch den Regen erweckt es<br />
den Anschein, als wäre das Bild in<br />
Schwarz-Weiß. In Malaysia sieht<br />
man die Leute mit ihren Regenschirmen<br />
ständig die Boxengasse<br />
auf und abmarschieren - einige<br />
gehen, andere rennen. So ein Foto<br />
will man unbedingt, gleichzeitig<br />
versucht man, in dem Platzregen<br />
nicht allzu nass zu werden. Es war<br />
etwas bizarr, denn am Morgen hatte<br />
noch die Sonne geschienen und<br />
nur wenig später tauchten diese<br />
schwarzen Wolken auf - genau wie<br />
am Renntag. Ich denke, das Foto<br />
aus dem Paddock-Bereich mit<br />
dem Regen ist typisch für Malaysia.<br />
Man sieht auf dem Bild auch ganz<br />
genau, wie finster es war.«<br />
Kamui Kobayashi<br />
lässt es gerne<br />
krachen - die<br />
armen Reifen<br />
„Es ist einfach großartig, wie verdammt schnell die<br />
Piloten in die Kurve fahren und beim Bremsen leicht<br />
einfedern. Man kann sogar den Pirelli-Schriftzug<br />
lesen, weil die Reifen blockieren und das Bild<br />
dadurch quasi eingefroren wird. Ich machte diese<br />
Aufnahmen mit einem 500mm-Objektiv aus der<br />
Hand heraus und schwenkte den Autos mit der<br />
Kamera einfach durch die letzte Kurve des Kurses<br />
hinterher. Bei Kobayashi blockierte das Rad extrem;<br />
das passierte ihm noch, bevor er durch die<br />
Kurve gefahren war. Ich mag es, wie das Lenkrad<br />
einschlägt und der Helm des Fahrers auf der<br />
Seite des Cockpits hängt, während er versucht,<br />
das Auto wieder einzufangen. Das erschafft ein<br />
großartiges Bild. Ich kann Euch sagen: mein<br />
Rücken brachte mich fast um, nachdem ich<br />
so lange ein 5 kg schweres Objektiv durch die<br />
Kurve geschwenkt hatte!“
Top-3 Sprüche<br />
1. »Hoffst du auf chaotischere<br />
Rennen durch die neuen Reifen?« -<br />
»Meine Rennen waren letztes Jahr<br />
chaotisch genug. Ich will nicht noch<br />
mehr Chaos.« (Lewis Hamilton)<br />
nicht verpassen:<br />
alles neu auf<br />
www.motorsportmagazin.com<br />
Fotos: adrivo/Sutton, adac gt masters, infiniti<br />
2. »Warum zeigen die mir ständig blaue Flaggen?« - »Die Flaggen<br />
sind für die Autos hinter dir!« (Kimi Räikkönen im Funk mit<br />
seinem Ingenieur)<br />
3. »Vor diesem Rennen arbeiteten wir 24 h<br />
am Tag, jetzt müssen wir eben 25 h täglich<br />
arbeiten.« (<strong>Fernando</strong> Alonso nach Australien)<br />
Kung Fu Vettel<br />
Wenn der Saisonstart nicht nach Wunsch verläuft<br />
und so manches Auto im Weg herumsteht, muss<br />
auch ein Doppelweltmeister mal Dampf ablassen.<br />
Sebastian Vettel machte das bei einem PR-Termin<br />
mit Kung-Fu-Star Celina Jade. Die Überrundeten<br />
sollten sich also ab sofort besser vorsehen!<br />
Tippspiel:<br />
Top-Preise abräumen<br />
Auch in dieser Saison gibt es wieder die Möglichkeit,<br />
beim Tippspiel von <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com tolle Preise<br />
zu gewinnen. Tippen Sie bei jedem der 20 F1-Rennen<br />
die besten Drei und zeigen Sie, dass Sie ein echter<br />
F1-Kenner sind. Mitmachen leicht gemacht: einfach auf<br />
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anmelden und sofort loslegen. Am Ende der Saison<br />
winkt dem besten Tipper der Hauptpreis ‚Formel selber<br />
fahren auf dem Lausitzring‘.<br />
KLICK MAL<br />
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Mehr Motorräder,<br />
mehr Teams und<br />
geringere Kosten<br />
beim Sparkurs in der MotoGP geht es nicht um haben oder nicht<br />
haben, sondern wie das Nicht-Haben am besten kaschiert wird.<br />
Verdienen<br />
statt<br />
Sparen<br />
Ja, die Teams können nun etwas freier atmen und sogar in der MotoGP gibt es<br />
erstmals wieder Zuwachs, doch das grundsätzliche Problem ist dadurch noch lange<br />
nicht im Griff - und damit sind nicht die immer höher werdenden Kosten für Satelliten-Maschinen<br />
gemeint. Denn es ist so, dass zwar gespart wird, aber auf der<br />
Einnahmenseite keine wirklichen Zuwächse zu verzeichnen sind. Und genau dort<br />
liegt der Hund begraben: solange die Einnahmen nicht steigen, wird die Abwärts-<br />
Spirale weitergehen. Da kann sich die Dorna noch so viele Maßnahmen wie ein<br />
Drehzahllimit oder eine Standard-Elektronik überlegen - wogegen es ohnehin<br />
Widerstand der Hersteller gibt -, wenn die Einnahmen bei den Teams nicht wieder<br />
wachsen, führt die Reise weiter ins Nirgendwo.<br />
Text: Falko Schoklitsch<br />
Es hasst so ziemlich jeder, wenn am Ende des Gehalts noch zu viel Monat übrig<br />
ist. Dann muss jeder Cent umgedreht werden und es gilt, aus möglichst wenig<br />
möglichst viel zu machen. Noch schlimmer ist es für Unternehmen, wenn sie in die<br />
Zwickmühle geraten. Im Normalfall werden dann Leute auf Kurzarbeit geschickt<br />
oder gleich freigestellt, die Ausgaben werden reduziert und es wird versucht, möglichst<br />
kostensparend zu agieren, um ja irgendwie handlungsfähig zu bleiben. Für<br />
Firmen ist das die Höchststrafe, bevor ganz das Ende droht.<br />
Sparen, sparen, sparen, irgendwoher kommt einem das doch bekannt vor. Die<br />
Motorradweltmeisterschaft hat in den vergangenen Jahren ein rigoroses Sparprogramm<br />
gefahren, zunächst wurde die 250er zur Moto2, um dort billigeren<br />
Rennsport zu ermöglichen, in diesem Jahr musste die 125cc-Klasse schließlich<br />
der Moto3 weichen und in der MotoGP gibt es die Prototyp-Serien-Hybriden CRT.<br />
Während es ein nobler Plan ist, die Starterfelder wieder aufzustocken und gleichzeitig<br />
gerade in den kleineren Klassen wieder mehr Chancengleichheit zu schaffen,<br />
indem das alte System von teuren Werks-Maschinen versus nicht so teure,<br />
aber unterlegene Second-Hand-Maschinen abgeschafft worden ist, so ist mit<br />
Sparen nicht alles getan.<br />
Es ist ja auch bezeichnend, dass das Yamaha-Werksteam nach dem Abgang von<br />
Valentino Rossi das zweite Jahr in Folge ohne Hauptsponsor antritt. Zwar wird<br />
kommuniziert, man konzentriere sich darauf, die eigenen Yamaha-Marken zu vermarkten<br />
und will daher den Wert der Sponsorenplätze nicht zu billig abgeben, dass<br />
sich aber so gar niemand finden will, der den geforderten Preis bezahlt, ist durchaus<br />
bezeichnend. Noch spannender könnte es werden, was der kleine Hersteller Ducati<br />
macht, sollte Rossi irgendwann einmal genug haben und sich verabschieden. Mit<br />
ihm dürften viele Geldgeber gehen, die sich im blasser werdenden Glanz der Ikone<br />
sonnen wollen.<br />
Es ist also eindeutig, beim Sparkurs in der MotoGP geht es nicht um haben oder<br />
nicht haben, sondern darum, wie das Nicht-Haben am besten kaschiert wird. Sollten<br />
es die Verantwortlichen aber nicht schaffen, diesen Kurs zu ändern, dürfte auch<br />
das nicht mehr genügen. Anscheinend haben viele es versäumt, das Ende der<br />
Tabaksponsoren mit neuen Konzepten abzufangen. Stattdessen herrscht weiter<br />
die Hoffnung, dass schon jemand mit dem dicken Scheckheft kommt, sobald die<br />
Wirtschaftskrise endgültig überwunden ist. Dazu eine kleine Nachricht an die<br />
MotoGP: Leute mit dickem Scheckheft gibt es auch jetzt, sie wollen aber auch in<br />
das richtige Produkt investieren. Und da müssen sich auch die Verantwortlichen<br />
bei der Dorna an die Nase fassen. Eine Weltmeisterschaft mit vier Rennen in Spanien,<br />
plus jenem in Portugal sowie zwei in Italien ist nicht unbedingt bestens geeignet,<br />
um sich als sehr international zu präsentieren. Aber da soll sich ja vielleicht bald<br />
etwas ändern, es könnte nicht schaden.<br />
Fotos: milagro<br />
14 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Audi, BMW, Mercedes -<br />
welcher Hersteller wird<br />
erster Champion der<br />
neuen DTM-Ära?<br />
DEBATTE<br />
Die neue DTM-Ära - besser als bisher<br />
Die Zeit der neuen DTM ist angebrochen. Mit Rückkehrer BMW und völlig neuen Autos<br />
weht ein frischer Wind durch die Tourenwagenserie. Aber wird dadurch wirklich alles<br />
besser? Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> diskutiert.<br />
Robert Seiwert: Neue Autos, neuer Hersteller - die DTM 2012 verspricht Spannung<br />
pur. Aber: Kann BMW als Neueinsteiger überhaupt mit den etablierten<br />
Mercedes-Benz und Audi mithalten? Fahren die drei Hersteller 2012 wirklich auf<br />
Augenhöhe?<br />
Fabian Schneider: Ja, davon bin ich überzeugt. BMW hat mit dem technischen<br />
Hintergrund aus seiner Vergangenheit in der Formel 1 gute Voraussetzungen und<br />
konzentriert sich schon sehr lange auf den Einstieg in die DTM. Durch die Homologation<br />
sollte die ITR sowieso alle drei Hersteller auf ein Niveau gebracht haben.<br />
Annika Kläsener: Zudem hatte BMW viel Zeit, die neuen Boliden zu<br />
entwickeln, während Audi und Mercedes im vergangenen Jahr noch um<br />
die Meisterschaft kämpften. Mit dem ausgiebigen Testprogramm der<br />
Münchner können weder Mercedes-Benz noch Audi mithalten.<br />
in der vergangenen Saison ein enges Duell um die Meisterschaft und<br />
werden sich bei BMW mit Sicherheit gegenseitig zu Höchstleistungen<br />
antreiben.<br />
Fabian: Vielleicht sollte man sich nicht nur auf die DTM-Routiniers konzentrieren.<br />
Schließlich gibt es seit Jahren endlich einmal wieder neue Autos - alle fangen quasi<br />
bei Null an. Vielleicht überrascht ja auch einer der Rookies, weil er besonders unbefangen<br />
in die Saison starten kann?<br />
Robert: Hast Du einen bestimmten Fahrer im Sinn?<br />
Fabian: Robert Wickens zum Beispiel. Der Junge ist in den letzten Jahren dutzende<br />
verschiedene Rennserien gefahren und hat überall Siege geholt. Warum sollte ihm<br />
das nicht auch in der neuen DTM gelingen?<br />
Robert: Entwicklungsarbeit ist schön und gut, aber was ist mit den wichtigen<br />
Dingen abseits der Autos? Rennstrategie, Erfahrung mit den unterschiedlichen<br />
Strecken, Zusammenarbeit innerhalb der Teams - ich denke, dass BMW in dieser<br />
Hinsicht einen Nachteil hat, der sich stark auf die Rennen auswirkt und deshalb<br />
zumindest im ersten Jahr den beiden Konkurrenten hinterherhinkt.<br />
Fabian: Man darf aber nicht vergessen, dass BMW nicht jetzt erst in die Welt des<br />
<strong>Motorsport</strong>s einsteigt. Mit ihren Engagements in der F1, der WTCC und auf der<br />
Langstrecke haben sie in den vergangenen Jahren extrem viel Erfahrung sammeln<br />
können. Da sollte es doch eigentlich kein Problem sein, zehn DTM-Rennen in einer<br />
Saison standesgemäß über die Bühne zu bringen.<br />
Robert: Na ja, die Messlatte in der DTM liegt extrem hoch. In der Vergangenheit<br />
entschieden Hundertstelsekunden über Sieg oder Niederlage und ich kann mir<br />
kaum vorstellen, dass BMW im Vergleich zur gestandenen Konkurrenz von Beginn<br />
auf diesem Niveau mithalten kann.<br />
Annika: Mit Martin Tomczyk und Bruno Spengler hat BMW allerdings zwei<br />
erfahrene DTM-Piloten von Audi und Mercedes abgeworben, die bei der<br />
Entwicklung der Boliden eine wichtige Rolle spielen. Beide lieferten sich<br />
Robert: Möglich. Ich glaube allerdings, dass sich die Erfahrung im Feld wieder<br />
einmal durchsetzen wird - egal, ob die Autos neu sind. Am Ende stehen doch<br />
wieder die üblichen Verdächtigen vorn.<br />
Annika: Egal ob Rookie oder Routinier - da alle neue Autos haben, werden<br />
wir spannende Duelle auf Augenhöhe sehen, die für einen vielseitigen<br />
Wettbewerb statt Grabenkämpfen zwischen zwei Herstellern sorgen. Auch<br />
innerhalb der Autobauer wird der Konkurrenzkampf durch den Wegfall<br />
der Jahreswagen angeheizt.<br />
Fabian: Die neue Situation belebt den Sport auf jeden Fall. Nach den Jahren der<br />
Zweisamkeit hat die DTM eine Neuerung dringend benötigt. Viel länger hätte es nicht<br />
dauern dürfen. Die Frage bleibt, wer sich am schnellsten auf die neuen Begebenheiten<br />
einstellen kann.<br />
Robert: Ich denke auch, dass alle Beteiligten den ewigen Zweikampf satt hatten<br />
und frischer Wind nötig war. Doch trotz all der Vorschusslorbeeren wird sich erst<br />
noch zeigen müssen, ob die neuen Autos wirklich für mehr Chancengleichheit<br />
sorgen oder ob in der neuen DTM unterm Strich nicht doch Prozessionen auf der<br />
Strecke und immer die gleichen Sieger an der Tagesordnung bleiben.<br />
Fotos: adrivo/Sutton, dtm<br />
16 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
+++ IM Vergleich +++ IM Vergleich +++ IM Vergleich+++<br />
schneller boxenstopp Drei Sekunden - länger dauert ein Boxenstopp in der Formel 1 nicht, inklusive<br />
dem Wechseln aller vier Räder. In der Saison 2011 waren Mercedes und Red Bull am schnellsten und konstantesten bei der Arbeit in der<br />
Boxengasse. Das würde sich wahrscheinlich ändern, wenn Mercedes ähnliche Taktiken anwenden würde wie das Vorgänger-Team British<br />
American Racing. Das ehemalige Honda-Werksteam ließ schon mal diese drei Damen zur Arbeit in der Boxengasse antanzen - voll ausgerüstet<br />
mit Lollipop, Schlagschraubern und<br />
natürlich den knappsten Bikinis des Sponsors. Damit würden sie beim Rennboxenstopp<br />
wohl etliche Blicke auf sich ziehen<br />
und die Konkurrenz wertvolle Sekunden kosten.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 17
Wortduell: Gurkenzüchter<br />
gegen heulendes Baby<br />
- wirklich cool sah keiner<br />
der Streithähne dabei aus<br />
Dass bei Sebastian Vettel in Malaysia etwas die<br />
Pferde durchgingen, ist nur allzu menschlich.<br />
Gurkenzüchter<br />
vs. heulende Babys<br />
Text: Kerstin Hasenbichler<br />
Mit hochrotem Kopf rannte Sebastian Vettel durch das malaysische Fahrerlager.<br />
Im Inneren des Weltmeisters brodelte es - das war nicht zu übersehen und<br />
bei den anstehenden Interviews auch nicht zu überhören. »Wie im echten<br />
Leben auch, gibt es ein paar Gurken, die rumfahren. Manche sind mit der<br />
Situation wohl ein bisschen überfordert und sehen nicht ganz, wo ihr Auto ist«,<br />
machte Vettel seinem Ärger über HRT-Pilot Narain Karthikeyan freie Luft. Der<br />
Inder bezeichnete im darauffolgenden medialen Schlagabtausch Vettel als<br />
heulendes Baby. Ein gefundenes Fressen für die Medien, das bis zum Ende<br />
ausgeschlachtet wurde. Es wurden Experten befragt, die je nach Sympathie<br />
für die eine oder andere Seite Partei ergriffen, hinzu kamen Statements der<br />
jeweiligen Teamchefs, Fahrerkollegen und jedem anderen, der sonst noch<br />
seinen Senf dazu abgeben wollte. Doch viel interessanter ist die Tatsache,<br />
dass Vettel in Malaysia einen kurzen Blick hinter seine Fassade gewährte.<br />
Sonst stets gut gelaunt und für einen guten Spruch zu haben, war Vettel in<br />
Sepang das Lachen vergangen. Statt dem Siegesfinger gab es den Stinkefinger<br />
- kein Wunder, wenn man sich auf Platz vier liegend den Hinterreifen bei einem<br />
Überrundeten aufschlitzt und dann ohne Punkte nach Hause fahren muss.<br />
Unumstritten befindet sich Vettel in einer für ihn ungewohnten Situation. In<br />
den letzten beiden Jahren wurde der Red-Bull-Pilot vom Erfolg verwöhnt,<br />
brach einen Rekord nach dem anderen und heimste zwei WM-Titel in Folge<br />
ein. Dieses Jahr hatte er weder in Australien noch in Malaysia eine reelle<br />
Chance auf den Sieg, weshalb so manche Medien in dem verbalen Schlagabtausch<br />
mit Karthikeyan gleich viel mehr herauslesen wollten. Nicht zu vergessen,<br />
dass Vettel angeblich auch noch die Order des Teams ignorierte und das<br />
Rennen zu Ende fuhr, statt seinen RB8 vorzeitig abzustellen. Das ließ einerseits<br />
bei so manchem Fan die Alarmglocken schrillen und heizte andererseits die<br />
Gerüchte an, wonach die Teambosse »not amused« seien und Vettel nach dem<br />
Malaysia GP in Milton Keynes eine ordentliche Standpauke erwarte. So mancher<br />
dürfte wohl auch schon den Champagner kalt gestellt haben, in der Erwartung,<br />
dass nun endlich die immer wieder auftauchenden Ferrari-Wechselgerüchte<br />
Wahrheit würden - und Ferrari würde sicherlich keine Sekunde zögern und<br />
Vettel anstelle von Felipe Massa in den roten Boliden setzen. Sebastian Vettel<br />
und <strong>Fernando</strong> Alonso, Seite an Seite bei Ferrari - was wäre das für eine Schlagzeile!<br />
Träumen ist durchaus erlaubt, doch die Realität sieht anders aus. Sicherlich<br />
ist es nicht von der Hand zu weisen, dass es bei Red Bull zu Saisonbeginn<br />
alles andere als rund lief. Die Dominanz aus dem Vorjahr ist zumindest momentan<br />
nicht mehr vorhanden, was nicht heißt, dass Red Bull dieses Jahr nicht<br />
trotzdem den Titel gewinnen kann. Schließlich wissen die Jungs rund um<br />
Adrian Newey, was ein Weltmeisterauto ausmacht und dass bei Vettel in Malaysia<br />
etwas die Pferde durchgingen, ist nur allzu menschlich. Zudem war der<br />
Deutsche noch nie einer von jenen PR-Typen, die in die Kamera grinsen, weil<br />
es eben gut für das eigene und das Team-Image ist. »Manchmal reichen 10<br />
Minuten nach dem Rennen, um wieder herunterzukommen. Manchmal eben<br />
nicht. In Malaysia habe ich mich so verhalten, wie ich mich gefühlt habe. Am<br />
Montag - als ich eine Nacht darüber geschlafen hatte - war meine Stimmung<br />
wieder normal«, erzählte Vettel. Und gerade diese Geradlinigkeit und Ehrlichkeit<br />
machen Vettel zu einem echten Sympathieträger.<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
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20 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Foto: adrivo/Sutton<br />
gut Ding will<br />
weile haben<br />
Rasenmähen im<br />
Eiltempo: Wenn Lewis<br />
Hamilton auch Ihren<br />
Wembley-Rasen stutzen<br />
soll, wenden Sie sich<br />
bitte an Ron Dennis<br />
Gelächelt hat Nico Rosberg, als er bei seiner Vertragsverlängerung<br />
mit Mercedes sagte: »Wenn ich mein<br />
erstes Rennen in einem Silberpfeil gewinne, wird dies<br />
einer der Höhepunkte in meinem bisherigen Leben<br />
sein.« Gelächelt haben die Experten und Konkurrenten,<br />
als sie die Erfüllung dieser Ankündigung vorerst als<br />
Science Fiction ansahen. Über beide Ohren gestrahlt<br />
hat Rosberg, als er in Shanghai sein erstes Rennen<br />
gewann und den Kritikern bewies: die nahezu allgegenwärtigen<br />
Hinweise auf den Aufbauprozess bei<br />
Mercedes waren keine leeren Phrasen, im dritten Jahr<br />
ist das Team aus eigener Kraft in der Lage, um Poles<br />
und Siege mitzufahren. Wer zuletzt lacht, lacht eben<br />
doch am besten. - Stephan Heublein<br />
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Fotos: ferrari, adrivo/Sutton
Text: Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein<br />
<strong>Alonsos</strong><br />
Egoistisch, verbissen und ein schlechter Verlierer: Niederlagen bereiten<br />
<strong>Fernando</strong> Alonso fast schon körperliche Schmerzen. Der wohl kompletteste<br />
aktive Formel-1-Pilot erleidet bei Ferrari höllische <strong>Qualen</strong>.<br />
Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> geht seinen Quälgeistern auf den Grund.<br />
<strong>Qualen</strong><br />
Blitze zucken über den dunklen Himmel, Donner<br />
grollt in der Ferne, selbst die Zeitmessung<br />
und die Ampelanlage geben sich kurzfristig den<br />
Naturgewalten geschlagen. Die Weltuntergangs-<br />
Atmosphäre beim Großen Preis von Malaysia<br />
könnte nicht besser zur verzweifelten Lage bei<br />
Ferrari passen. Das Auto ist erneut kein großer<br />
Wurf, die Scuderia muss abermals mit Siebenmeilenstiefeln<br />
aufholen. Mitten in diese<br />
Mischung aus Frust und Chaos platzt das<br />
Undenkbare: <strong>Fernando</strong> Alonso gewinnt den<br />
zweiten WM-Lauf in Sepang. »Der einzige bei<br />
Ferrari, der sich zu Ruhm fährt, ist <strong>Fernando</strong><br />
Alonso«, sagt Christian Danner dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />
bestimmt. »Was er aus dem Auto<br />
herausholt, ist einfach phänomenal.« Wie im<br />
Vorjahr in Silverstone nutzt er die Gunst der<br />
Stunde, die Schwächen und Fehler der Konkurrenz<br />
und staubt einen unerwarteten Sieg ab.<br />
Doch die Realität holt ihn bald ein. Die Bedingungen<br />
waren außergewöhnlich, das wahre<br />
Leistungsbild verzerrt. »Dieses Jahr gewinnt er<br />
mit Ferrari definitiv nicht die WM«, prophezeit<br />
Johnny Herbert. Für den stolzen Spanier ist das<br />
die Höchststrafe. Alonso möchte immer gewinnen.<br />
Die vielen Baustellen in Maranello lassen<br />
jedoch befürchten, dass dem Doppelweltmeister<br />
erneut eine verlorene Saison ins Haus stehen<br />
könnte.<br />
Quälgeist 1: Die Regeln<br />
Selbst einem Top-Team wie Ferrari passiert<br />
von Zeit zu Zeit der Fehler, einem Konzept<br />
zu folgen, das nicht funktioniert. In der Vergangenheit<br />
konnte die Scuderia in solchen<br />
Situationen den Vorteil der hauseigenen Teststrecken<br />
in Fiorano und Mugello ausspielen.<br />
Dort spulte der Rennstall tausende Kilometer<br />
ab, bis man eine Lösung für das Problem<br />
gefunden hatte. Durch das Testverbot besitzt<br />
Ferrari diesen Trumpf nicht mehr. Wie alle<br />
anderen muss <strong>Fernando</strong> Alonso auf den<br />
Simulator zurückgreifen oder neue Teile an<br />
einem Rennwochenende testen. Ein herber<br />
Nachteil, vor allem wenn es um die Aerodynamik<br />
geht, die in den letzten Jahren zum<br />
entscheidenden Faktor im Kampf um Siege<br />
und Titel geworden ist. Jedes Team tut gut,<br />
ein Design-Genie wie Adrian Newey an Bord<br />
zu haben. Doch während in der Vergangenheit<br />
McLaren und Red Bull von Neweys<br />
Tricks profitierten, weigerte sich der Brite<br />
stets, ins rote Lager zu wechseln. Eine<br />
Schmach für Luca di Montezemolo und die<br />
Scuderia Ferrari - besonders in der aktuellen<br />
Situation. »Wir haben erst wenige Rennen<br />
hinter uns, aber Ferrari fährt momentan<br />
sicherlich hinter den eigenen Ansprüchen«,<br />
erklärt Alexander Wurz.<br />
→<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 23
Alonso quetscht<br />
alles aus dem<br />
roten Renner<br />
heraus<br />
Quälgeist 2: Das Auto<br />
Der mittlerweile dritte Ferrari-Bolide von<br />
<strong>Fernando</strong> Alonso hat wenig gemein mit einer<br />
roten Göttin. Die hässliche Nase des F2012<br />
ist zwar dem neuen Reglement geschuldet,<br />
doch auch der Speed des Wagens ist alles<br />
andere als göttlich. »Im Moment sind sie verdammt<br />
weit weg«, sagt Johnny Herbert. Das<br />
Urteil von Alexander Wurz fällt weniger vernichtend<br />
aus: »Der Rennspeed war in den<br />
ersten Rennen nicht so schlecht, aber auch<br />
nicht wirklich gut.« Nichtsdestotrotz konnte<br />
Alonso zu Beginn der Saison wichtige Punkte<br />
holen, nun kommt es auf die Entwicklungsarbeit<br />
der Scuderia an. »Ferrari kann sicher<br />
noch ein gehöriges Wörtchen mitreden.<br />
Schließlich haben sie alle Ressourcen, um<br />
eine effiziente Entwicklung zu betreiben«, ist<br />
Marc Surer überzeugt. Dafür muss Ferrari<br />
allerdings bei der Aerodynamik ein riesiger<br />
Sprung nach vorne gelingen, denn im Vergleich<br />
zum RB8 oder MP4-27 produziert der<br />
F2012 zu wenig Abtrieb. Deshalb ist Herbert<br />
überzeugt: »Nichts kann die Saison von Ferrari<br />
retten, außer das Team findet ein Aerodynamik-Paket,<br />
das gleich gut funktioniert<br />
wie das der anderen.«<br />
Fotos: adrivo/Sutton, ferrari<br />
24 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Quälgeist 3: Das Team<br />
Wenn die Erfolge ausbleiben, wird schnell ein Sündenbock gesucht.<br />
Im Fall von Ferrari nimmt Teamchef Stefano Domenicali diese Rolle<br />
ein. »Ihn rauszuschmeißen ist keine Lösung«, sagt Wurz. Auch zu<br />
Erfolgszeiten war es nicht Michael Schumacher allein, der alles getragen<br />
hat, sondern fünf, sechs Top-Leute, die sich gegenseitig den Rücken<br />
gestützt haben. Aktuell scheint Ferrari seine Energie in anderen<br />
Bereichen aufzureiben. »Wenn nicht alle an einem Strang ziehen, sondern<br />
versuchen, sich gegenseitig den Stuhl wegzuziehen, dann kommt<br />
die Energie nie beim Produkt an«, erklärt Wurz. Zudem ist es nicht<br />
Domenicali, der das Auto konstruiert und baut. »Viel eher muss sich<br />
Ferrari die Frage stellen, ob an der Spitze des Technikerstabs die richtigen<br />
Leute sitzen«, meint Surer. Mit Aldo Costa musste im letzten Jahr<br />
bereits ein Sündenbock seinen Hut nehmen. Sein Nachfolger Pat Fry<br />
ist keineswegs ein genialer Designer, sein F2012 floppte bislang: »Sie<br />
haben sich früh auf das diesjährige Auto konzentriert«, so Surer. »Das<br />
Ergebnis war, dass sie ein Auto gebaut haben, das noch schlechter war<br />
als das vorherige.«<br />
→<br />
→<br />
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26 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />
Fotos: adrivo/Sutton, ferrari
Quälende Frage:<br />
Aufs falsche<br />
Pferd gesetzt?<br />
In <strong>Fernando</strong> Alonso sehen die meisten Experten<br />
einen der besten, wenn nicht sogar den<br />
besten Fahrer in der Königsklasse. Doch die<br />
Formel 1 ist keine Ein-Mann-Show - auch das<br />
Team muss passen. Die ruhmreiche Scuderia<br />
gehört auch in dieser Saison nicht zu den allerbesten<br />
Fahrzeugkonstrukteuren ihrer Zunft.<br />
Alonso musste bereits zu Saisonbeginn alles<br />
aus dem schwächelnden F2012 herausholen -<br />
und mehr. »Er fährt momentan einfach da, wo<br />
sich Ferrari befindet«, analysiert Alex Wurz.<br />
»Das ist unterm Strich nicht gut genug - egal<br />
ob Tifosi oder nicht. Ferrari muss hart<br />
arbeiten.« Eine Situation, die den erfolgsverwöhnten<br />
Spanier garantiert nicht befriedigt,<br />
obwohl er von Beginn seiner roten Karriere an<br />
nur Lobeshymnen auf das Team sang. Ferrari<br />
sei sein Traumteam, seine neue Familie, er<br />
werde seine Formel-1-Karriere ganz sicher in<br />
Maranello beenden. Alonso wusste von Anfang<br />
an, was die leidenschaftliche Scuderia, die<br />
heißblütigen Tifosi und die finanzkräftigen<br />
Sponsoren hören wollten. In der Formel 1 kann<br />
es allerdings ganz schnell gehen - auch bei<br />
McLaren schwang Alonso einst bewegende<br />
Antrittsworte, der Nachhall in Ron Dennis‘<br />
Büro hört sich heute ganz anders an... Das lässt<br />
die Frage aufkommen, ob <strong>Alonsos</strong> langfristige<br />
Vertragsverlängerung mit Ferrari nicht doch<br />
ein schwerwiegender Fehler gewesen ist. Das<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> hat sich im Fahrerlager<br />
umgehört.<br />
David Coulthard: Nein, absolut<br />
nicht. <strong>Fernando</strong> fuhr für Renault und McLaren.<br />
Klar will er Weltmeisterschaften gewinnen, was<br />
ihm seit 2006 nicht mehr gelungen ist, aber als<br />
Fahrer hat man ein Gefühl und aufgrund dessen<br />
geht man eine Verpflichtung ein. Ohne Zweifel<br />
hat <strong>Fernando</strong> alle Fähigkeiten, um auch in der<br />
Zukunft Weltmeistertitel in der Formel 1 zu<br />
gewinnen.<br />
Ist Alonso bei<br />
Ferrari im<br />
falschen Team<br />
für Siege und<br />
WM-Titel?<br />
Alexander Wurz: Ob Alonso mit<br />
Ferrari auf das falsche Pferd gesetzt hat? Das<br />
kommt darauf an, ob man es aus finanzieller<br />
oder sportlicher Sicht sieht. Aus finanzieller<br />
Sicht hoffe ich für ihn, dass die Zahlungen rechtzeitig<br />
ankommen. Aus sportlicher Sicht hat es<br />
sich bisher nicht ausgezahlt.<br />
Johnny Herbert: Im Moment kann<br />
er nirgends hin. Ich würde ihm momentan auch<br />
nicht raten, zu Mercedes zu gehen und dort im<br />
nächsten Jahr Michael Schumacher abzulösen.<br />
Aktuell muss <strong>Fernando</strong> abwarten, was in der<br />
Boxengasse passiert, was die anderen Fahrer<br />
machen und vielleicht ergibt sich für ihn dann<br />
die Chance, von Ferrari wegzugehen. Dieses Jahr<br />
gewinnt er mit Ferrari definitiv nicht die WM. Es<br />
besteht aber die Möglichkeit, dass er in der<br />
Zukunft mit der Scuderia noch Weltmeisterschaften<br />
gewinnen kann, aber es besteht auch<br />
die Chance, dass es mit Ferrari genauso weitergeht<br />
wie jetzt.<br />
Marc Surer: <strong>Alonsos</strong> Fehler ist nicht,<br />
dass er sich jetzt so lange bei Ferrari verpflichtet<br />
hat und deshalb klipp und klar sagt: »Ferrari ist<br />
mein Team.« Alonso hat den Fehler viel früher<br />
begangen, als er bei McLaren weggelaufen ist,<br />
nur weil es da einen schnellen, jungen Fahrer<br />
namens Lewis Hamilton gab. Aber das war halt<br />
sein verletzter Stolz, weil er bei McLaren damals<br />
nicht die alleinige Nummer 1 war.<br />
Christian Danner: Alonso musste<br />
oder wollte damals von McLaren-Mercedes weg.<br />
Meiner Meinung nach war es ein Fehler, wie er<br />
sich in dieser Situation verhalten hat. Danach<br />
hatte er keine Chance mehr, nach Woking<br />
zurückzugehen. Zu Red Bull konnte er ebenso<br />
wenig und auch im Moment ist die Tür dort zu,<br />
so lange Mark Webber weiter neben Sebastian<br />
Vettel fährt.<br />
Marc Surer: Wenn Alonso es bei<br />
McLaren durchgezogen und sich durchgekämpft<br />
hätte, dann wäre er heute bestimmt<br />
schon zweimal öfter Weltmeister. Ich vergleiche<br />
das gerne mit Ayrton Senna, der ist damals<br />
auch zu McLaren gewechselt und hat sich mit<br />
Alain Prost einen schwierigen und verdammt<br />
schnellen Teamkollegen angetan, obwohl er<br />
wusste, dass kein angenehmer Zeitgenosse im<br />
anderen Auto sitzen würde. Aber Senna hat das<br />
in Kauf genommen, um im besten Auto zu sein<br />
- mit dieser Einstellung hat er sich am Ende<br />
durchgesetzt.<br />
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Text: Karin Sturm<br />
AbgestoSSene<br />
Hörner<br />
Von der Ersatzbank zurück ins Renngeschehen: Nico Hülkenberg<br />
gehört nach einem Jahr als Testfahrer wieder zum elitären Kreis<br />
der Formel-1-Stammpiloten. Dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> verrät er das<br />
beste Entrostungsmittel.<br />
28 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Nico Hülkenberg ist<br />
nach einer Zwangspause<br />
zurück in der<br />
Startaufstellung<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 29
MSM: Nach den Wintertests warst du sehr<br />
optimistisch, was eure Performance anging<br />
- wie sieht das nach den ersten Rennen aus?<br />
NICO HÜLKENBERG: In Australien war ich<br />
nach dem Qualifying noch sehr zufrieden,<br />
nachdem es in den ersten Trainings noch<br />
nicht so toll schien. Über das Rennen konnte<br />
ich dann ja nichts sagen, weil ich nicht mal<br />
eine halbe Runde gefahren bin, ehe mich die<br />
Kollision erwischt hat. Mein Teamkollege<br />
Paul [di Resta] war da auch nicht extrem<br />
schnell, es war schwer zu sagen, ob ich besser<br />
ausgesehen hätte, ganz gleich war unser Setup<br />
nicht. Aber ein bisschen hat sich da wohl<br />
schon angedeutet, dass wir mit dem Speed<br />
vielleicht nicht ganz da sind, wo wir nach den<br />
Tests gedacht hatten.<br />
Das hat sich dann in Malaysia bestätigt?<br />
Ja schon. Die zwei Punkte in Sepang waren<br />
zwar okay, aber wir mussten ganz ehrlich<br />
feststellen, dass uns etwas Speed fehlt. Sowohl<br />
der Sauber als auch der Williams scheinen im<br />
Moment eindeutig schneller zu sein als unser<br />
Auto, das mussten wir klar feststellen.<br />
Maldonado hat in Malaysia hinter mir<br />
gewaltig Druck gemacht, bis zu seinem<br />
Motorschaden.<br />
Wo liegen eure Hauptprobleme - alles<br />
Aerodynamik oder auch im mechanischen<br />
Bereich?<br />
Ich glaube, das ist von allem ein bisschen<br />
etwas. Im Endeffekt läuft es auf die Bereiche<br />
Traktion und zu wenig Abtrieb hinaus, vor<br />
allem Abtrieb ist bekanntlich das Dauerthema<br />
in der Formel 1.<br />
Bis wann könnt ihr etwas daran ändern,<br />
neue Teile bringen und aufholen?<br />
Bis zum Europaauftakt in Barcelona sollte<br />
schon einiges kommen - aber wir müssen<br />
natürlich auch sehen, was die anderen bis<br />
dahin bringen. Aufholen ist nie einfach, aber<br />
wir werden natürlich alles daran setzen, mit<br />
einem überarbeiteten Auto noch einen<br />
Sprung nach vorne zu machen. Wir müssen<br />
sehen, dass wir jetzt unsere Hausaufgaben<br />
wirklich gut machen. Das Niveau im Mittelfeld<br />
ist sehr eng und sehr hoch, das Entwicklungstempo<br />
extrem, da kann die kleinste<br />
Kleinigkeit entscheidend sein.<br />
Mit welchem Gefühl bist du in deine zweite<br />
Saison als Stammpilot gegangen?<br />
Es war definitiv eine ganz andere Gefühlslage<br />
als Anfang 2010 bei meinem Formel-1-Debüt<br />
mit Williams. Ich habe einen ganz anderen<br />
Wissens- und Kenntnisstand, besitze viel<br />
30 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />
Hulk hat sich in der<br />
Debütsaison seine<br />
Hörner abgestoßen<br />
mehr Erfahrung - ein Jahr als Rennfahrer mit<br />
19 Rennen, eines als Testfahrer und hautnaher<br />
Beobachter. Dadurch habe ich schon<br />
einen ganz anderen Startpunkt. Das bedeutet<br />
nicht grundsätzlich, dass es besser sein muss,<br />
aber es fühlt sich gut an, wenn man nicht so<br />
unwissend und unvorbereitet auf das ist, was<br />
einen in der Formel 1 erwartet. Ich habe alles<br />
schon einmal erlebt, ich weiß, was ich in der<br />
Startaufstellung erwarten muss und was auf<br />
mich zukommt.<br />
Warst du vor zwei Jahren in mancher<br />
Beziehung vielleicht sogar ein bisschen naiv?<br />
Mit Sicherheit war ich das. Ich war GP2-Meister<br />
und kam als Formel-1-Rookie voller Elan<br />
und Tatendrang in die Serie, da muss man<br />
sich erst einmal die Hörner abstoßen und ein<br />
paar Dinge lernen.<br />
In welcher Beziehung musstest du dir die<br />
Hörner abstoßen - im Umgang mit dem<br />
Team, bei der Aggressivität auf der Strecke?<br />
Generell bei den Anforderungen, die der<br />
Beruf eines Formel-1-Rennfahrers mit sich<br />
bringt. Zu Beginn hat man absolut keine<br />
Ahnung, schließlich hat man so etwas noch<br />
nie erlebt. Woher soll man dann wissen, wie<br />
man in bestimmten Situationen reagieren<br />
soll? Das ist ein natürlicher Lernvorgang, bei<br />
dem die Erfahrung eine wichtige Rolle spielt.<br />
Hast du in der Vorbereitung auf 2012 mehr<br />
trainiert als im letzten Winter?<br />
Als Stammfahrer ist man schon ein bisschen<br />
motivierter und eher bereit, beim Training<br />
einen Schritt weiter zu gehen. Ich bin viel<br />
gelaufen und habe viel Tennis gespielt, bin<br />
geschwommen. Fahrrad fahren ist nicht so<br />
Zu Beginn seiner Formel-<br />
1-Karriere hat man absolut<br />
keine Ahnung, schließlich<br />
hat man so etwas noch<br />
nie erlebt. Woher soll man<br />
dann als Rookie wissen,<br />
wie man in bestimmten<br />
Situationen reagieren soll?<br />
Das ist ein natürlicher<br />
Lernvorgang, bei dem die<br />
Erfahrung eine wichtige<br />
Rolle spielt.<br />
Fotos: adrivo/Sutton
Hülkenberg traut<br />
Force India im Laufe<br />
der Saison große<br />
Fortschritte zu<br />
Klar bin ich super zufrieden, wenn ich eine geile Qualifying-Runde<br />
am absoluten Limit gefahren bin, aber das<br />
ist nicht mehr viel wert, wenn das Rennen nicht gut läuft.<br />
Ich möchte stets alles geben und so wenig Fehler wie<br />
möglich machen. Bei den Ergebnissen wünsche ich mir<br />
Top-10-Platzierungen, aber das müssen wir abwarten.<br />
meine Welt. Das ist das Schöne als Rennfahrer:<br />
man ist nicht dazu gezwungen, eine<br />
bestimmte Vorbereitung zu absolvieren und<br />
kann das machen, was einem Spaß macht und<br />
Abwechslung bringt.<br />
Was konntest du in deinem Testfahrerjahr<br />
2011 bei Force India lernen?<br />
Im Cockpit habe ich natürlich etwas weniger<br />
lernen können, aber neben der Strecke hat es<br />
schon viel gebracht - zum Beispiel im<br />
Umgang mit den Medien oder wie das Team<br />
operiert, was während des Qualifyings und<br />
Rennens in der Box und hinter den Kulissen<br />
vor sich geht. Ich konnte die Strategien der<br />
verschiedenen Teams beobachten und dabei<br />
viel aufsaugen, das mir indirekt helfen kann.<br />
War das ein kleiner Ausgleich dafür, dass dir<br />
nach einem Jahr Pause etwas Rennpraxis<br />
fehlte?<br />
Ich bin davon ausgegangen, dass ich eine<br />
gewisse Eingewöhnungsphase benötige, denn<br />
Rennpraxis lässt sich nicht trainieren - man<br />
muss die Rennen erleben. Ich wusste, das<br />
wird für mich eine Herausforderung und<br />
nicht unbedingt einfach. Ich musste mich<br />
wieder an das Gefühl gewöhnen, in der<br />
Startaufstellung zu stehen, die Formationsrunde<br />
zu fahren und Dinge wie KERS zu<br />
beachten. Auch das Zweikampfverhalten, der<br />
Blick in die Rückspiegel - all das gehört dazu.<br />
Seit meinem siebten Lebensjahr habe ich das<br />
alles nahtlos jedes Jahr gemacht - dann kam<br />
die lange Pause von fünf- bis sechzehn<br />
Monaten. Die Instinkte waren natürlich noch<br />
vorhanden, aber alles musste aufgefrischt<br />
werden. Letztlich funktionierte es bei meinem<br />
ersten Rennen in Australien ziemlich gut,<br />
obwohl ich durch den frühen Crash noch kein<br />
richtiges Rennen hatte. Aber in Melbourne<br />
lief beispielsweise auch das Qualifying gleich<br />
auf Anhieb gut, in Malaysia dann auch das<br />
Rennen. Ich glaube, ich bin recht gut wieder<br />
reingekommen.<br />
Wie entwickelt sich dein Gefühl im Auto?<br />
Das war von Anfang an gut, aber es ist<br />
natürlich immer noch steigerungsfähig. Ich<br />
hatte in Barcelona einige gute Testtage, konnte<br />
viele Kilometer zurücklegen und ein richtig<br />
gutes Fahrgefühl entwickeln. Es ging von Tag<br />
zu Tag bergauf und das Vertrauen ins Auto<br />
wurde immer stärker. Das hat sich auch bei<br />
den ersten Rennen fortgesetzt, das Auto und<br />
ich wachsen immer mehr zu einer guten<br />
Einheit zusammen.<br />
Was macht dir mehr Spaß - eine perfekte<br />
Qualifying-Runde oder das Rennen?<br />
Es ist eine Mischung aus beiden Welten. Klar<br />
bin ich super zufrieden, wenn ich eine geile<br />
Qualifying-Runde am absoluten Limit<br />
gefahren bin, aber das ist nicht mehr viel<br />
wert, wenn das Rennen nicht gut läuft.<br />
Womit wärst du am Saisonende zufrieden?<br />
Ich habe hohe Ansprüche an mich und bin<br />
sehr selbstkritisch, wenn ich also mit mir und<br />
meiner Leistung zufrieden bin, würde ich<br />
auch das Jahr als gut einstufen. Ich möchte<br />
stets alles geben und so wenig Fehler wie<br />
möglich machen. Bei den Ergebnissen<br />
wünsche ich mir natürlich regelmäßige<br />
Top-10-Platzierungen, aber das müssen wir<br />
abwarten.<br />
Der erste Gegner ist immer der<br />
Teamkollege...<br />
So ist es. Aber das Duell gegen Paul [di Resta]<br />
wird nicht einfach, denn er hat den Vorteil,<br />
letztes Jahr Rennen gefahren zu sein. Dabei<br />
hat er starke Leistungen gezeigt. Ich weiß aus<br />
eigener Erfahrung, wie viel stärker man nach<br />
dem ersten Winter wird. Es wird also eine<br />
schwierige Aufgabe. Ich möchte ihm aber das<br />
Leben so schwer wie möglich machen.<br />
Schätzt du ihn als einen deiner stärksten<br />
Teamkollegen ein?<br />
Paul ist neben Rubens [Barrichello] auf jeden<br />
Fall einer meiner stärksten Teamkollegen.<br />
Dennoch kommen wir sehr gut miteinander<br />
klar, haben einen guten Draht zueinander.<br />
Zwischen uns herrscht eine gesunde Rivalität<br />
- wir können unterscheiden, ob wir privat<br />
miteinander reden oder uns gegenseitig auf<br />
der Strecke ans Limit pushen.<br />
Wirken sich die finanziellen Probleme der<br />
Airline eures Teamchefs auf das Team aus?<br />
Absolut nicht. Darüber sprechen wir gar<br />
nicht.<br />
Reichen die Ressourcen des Teams aus, um<br />
einen weiteren Schritt in Richtung Mercedes<br />
zu machen?<br />
Ich glaube daran, dass dem Team das gelingen<br />
kann und daran möchte ich mitwirken. Es<br />
steckt noch viel mehr Potenzial im Team. Wir<br />
haben schon in der Vergangenheit viele gute<br />
Entscheidungen getroffen - sowohl personell<br />
als auch technisch. Es herrscht gerade eine<br />
sehr schöne Aufbruchsstimmung in der<br />
Mannschaft, das müssen wir jetzt nur<br />
entsprechend umsetzen.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 31
Text: Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein<br />
Jenson Button - Weltmeister? Niemals. Der Brite wurde in seiner<br />
13-jährigen Formel-1-Karriere oft unterschätzt. Doch er hat in den<br />
letzten Jahren sein Spiel gemacht - button im Titelkampf zu unterschätzen,<br />
wäre ein schwerer Fehler.<br />
Die<br />
unterschätzte<br />
Gefahr<br />
32 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
→<br />
Fotos: mclaren<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 33
omanizer, Schönling, Partyhengst, ewiges Talent -<br />
Jenson Button bekam in seiner Rennkarriere viele<br />
Titel verliehen. Manche mit, manche ohne sein Zutun.<br />
Den wichtigsten musste er sich 2009 aber hart erarbeiten<br />
- Formel-1-Weltmeister. Button gelang es, seine<br />
Kritiker ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt in die Schranken<br />
zu weisen, als diese sein Karriere-Ende bereits in Stein gemeißelt hatten. »Du bist<br />
aus der schwierigen Zeit stark und siegreich hervorgegangen. Gratulation!« Diese<br />
Glückwünsche zum Titelgewinn stammten von Nigel Mansell, der wie viele andere<br />
nach dem Formel-1-Ausstieg von Honda auch das Aus von Button prophezeit hatte.<br />
Doch Button bewies mit Brawn GP, dass<br />
Totgesagte tatsächlich länger leben. Es<br />
folgte der Wechsel zu McLaren, wo er<br />
entgegen aller Erwartungen das Wunderkind<br />
Lewis Hamilton entzauberte und<br />
sich zu einem harten WM-Gegner von<br />
Sebastian Vettel mauserte. 2012 könnte<br />
die unterschätzte Gefahr, die von dem<br />
smarten Briten ausgeht, erneut zuschlagen.<br />
»In Australien war er der beste Lenkraddreher,<br />
den es geben kann. Er hat<br />
gezeigt, dass er auch die nötige Explosivität<br />
besitzt, wenn er alles hat, was er im<br />
Team braucht. Wenn er das annähernd<br />
so fortführen kann, dann ist er der WM-<br />
Favorit«, gibt Alexander Wurz unumwunden<br />
zu.<br />
Button hat in den letzten Jahren sein Spiel<br />
gemacht. Seit 2009 wurde er mit Brawn<br />
und bei McLaren gegen Hamilton stets<br />
unterschätzt, ging aber jedes Mal als großer<br />
Gewinner aus der Saison hervor. »Er<br />
ist nicht mehr der gleiche Jenson, der vor<br />
ein paar Jahren bei BAR gefahren ist«,<br />
sagt Christian Danner. Die Verwandlung<br />
vollzog sich beinahe unbemerkt, denn<br />
Button ist keiner, der laute Töne spuckt,<br />
Fahrerkollegen als Idioten und Gurkenzüchter<br />
beschimpft oder sich Rambo-<br />
Aktionen auf der Strecke leistet. Damon<br />
Hill bezeichnete den Briten in der Vergangenheit<br />
sogar als zu normal, um Weltmeister<br />
zu werden. Button konterte<br />
damals gelassen: »Ich bin nicht der erste<br />
F1-Pilot, der etwas ruhiger ist. Alain<br />
Prost war genauso wie ich und er hat alles<br />
richtig gemacht. Ich sehe einfach keine<br />
Notwendigkeit, in der Öffentlichkeit den<br />
Mund weit aufzureißen.«<br />
Stattdessen punktet er auf der Strecke.<br />
Nicht ohne Grund zählt Button zu den<br />
intelligentesten Piloten im Feld. Der Brite spielt seine Karten<br />
perfekt aus, vor allem das Reifen-Ass. Anders als viele seiner<br />
Konkurrenten ist er selbstdiszipliniert genug, um die Performance<br />
der Pirelli-Reifen am Beginn eines Stints so zu zügeln,<br />
dass die Reifen länger am Leben bleiben und er im entscheidenden<br />
Moment gegen seinen Gegner zuschlagen kann. »Jenson<br />
ist in einer extrem guten Form und hat bewiesen, dass er<br />
weiß, was er mit den Pirelli-Reifen machen muss«, analysiert<br />
Wurz. In Zeiten von Dreistopprennen und stark abbauenden<br />
Pneus ist das ein nicht zu unterschätzender Vorteil.<br />
Jenson Button<br />
gehört für Alex Wurz<br />
zu den besten<br />
Lenkraddrehern<br />
ie Qualitäten des Briten sind zumeist erst auf den zweiten Blick ersichtlich, allen<br />
voran seine Überholfähigkeiten. »Jenson führt seine Manöver kaltschnäuzig aus.<br />
Aber der Punkt ist, dass er dabei kaum Fehler macht oder andere von der Strecke<br />
rammt«, erklärt Ex-Rennfahrer Martin Brundle. »Wie viele andere Piloten hätten<br />
im Vorjahr in Kanada so ein Rennen zeigen können?« 2011 legte Button während<br />
des Regenchaos in Kanada einen wahren Husarenritt hin und trieb den amtierenden Champion Sebastian<br />
Vettel in der Schlussphase in einen Fehler - eine Leistung, die in den vergangenen Jahren kaum<br />
ein anderer Fahrer vollbrachte. Auch in Silverstone zeigte Button 2011 ein großartiges Manöver, als er<br />
sich hartnäckig neben den Ferrari von Felipe Massa setzte und ohne DRS vorbeizog.<br />
Aber Button kann nicht erst seit seiner McLaren-Zeit überholen. In Brasilien stürmte er 2009 von Startplatz<br />
14 mit teilweise atemberaubenden Überholmanövern auf Rang fünf und sicherte sich damit vorzeitig den<br />
WM-Titel. Für Johnny Herbert zeigte Button sein bestes Rennen im Vorjahr beim Großen Preis von Indien.<br />
»Ich habe zu Jenson gesagt, dass er noch nie so gut gefahren ist wie in Indien und er meinte nur, dass er zu<br />
Brawn-Zeiten schon bessere Rennen gefahren sei. Und ich sagte zu ihm: ‚Nein, das ist nicht wahr. Du warst<br />
nie besser als jetzt.‘ Wobei ich mittlerweile denke, dass er dieses Jahr noch einmal besser ist als 2011.« Für<br />
Herbert hat Button viel mit Ferrari-Star <strong>Fernando</strong> Alonso gemeinsam. »Beide sind quirlige Fahrer - sie<br />
können dadurch noch mehr aus dem Auto herausholen als andere«, sagt Herbert. Wie Alonso leistet sich<br />
Button kaum Fehler. Seine Schwächen der Vergangenheit hat er abgestellt. »Selbst wenn du einen guten Job<br />
gemacht hast, findest du immer etwas, was du verbessern kannst. Heute bin ich in der besten Form meines<br />
Fotos: adrivo/Sutton, mclaren<br />
34 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Buttons wohl gröSSte Waffe im Kampf<br />
um den Titel ist sein perfektes Umfeld.<br />
Mit Vater John und Freundin Jessica Michibata<br />
hat er sich eine »Glücksblase«<br />
geschaffen - um die ihn Hamilton immer<br />
wieder beneidet.<br />
Bei wechselhaften<br />
Wetterbedingungen<br />
ist Jenson Button<br />
besonders stark<br />
Button hat sich<br />
seine Glücksblase<br />
aufgebaut und eilt<br />
damit von Erfolg<br />
zu Erfolg<br />
Lebens«, erklärt Button. Die mentale und körperliche Steigerung<br />
des Briten beeindruckt auch Formel-1-Experten. »Wie er sich in den<br />
letzten Jahren gesteigert hat, ist wirklich phänomenal. Er weiß, was<br />
er tut, hat seine Fehler gänzlich ausgemerzt und sich auf einen neuen<br />
Level gehoben. Das alles macht ihn so unglaublich gut«, sagt Danner.<br />
Dass Button im Qualifying immer wieder mal gegen seinen McLaren-<br />
Teamkollegen Lewis Hamilton das Nachsehen hat, ist nicht seinem<br />
Speed geschuldet. »Wer sagt, dass er nicht den nötigen Qualifying-<br />
Speed hat, der hat nicht richtig hingeschaut«, betont Wurz. Gleichwohl<br />
ist Hamilton das Talent nicht abzusprechen, besonders auf<br />
einer Runde. Buttons Landsmann vermag es stets, das letzte Zeitspänchen<br />
aus dem Chrompfeil herauszupressen - eine Fähigkeit, die<br />
er mit Sebastian Vettel teilt. Dennoch fehlt Hamilton im Rennen<br />
oftmals der geschickte Umgang mit der jeweiligen Situation, den<br />
Reifen und dem Auto. Das zählt wiederum zu Buttons Vorzügen.<br />
Wohl kaum ein Fahrer wird so oft von Fahrerkollegen, Experten<br />
und Teamverantwortlichen für seine Fähigkeit gelobt, die Reifen zu<br />
schonen, das Rennen zu lesen und auf unerwartete Situationen oder<br />
Wetterumschwünge zu reagieren. Aber Vorsicht: niemand ist perfekt<br />
- das zeigte Vettel, als ihn Button in Montreal 2011 bei seinem Glanzrennen<br />
in die Enge trieb, aber das bewies auch Button, als er beim<br />
Überrunden in Malaysia 2012 mit Narain Karthikeyan aneinander<br />
geriet. Mit ein bisschen mehr Geduld, die normalerweise Buttons<br />
Stärke ist, hätte er nach seinem Auftaktsieg in Melbourne vielleicht<br />
auch in Sepang gewonnen. Aber Fehler sind bekanntlich menschlich<br />
und gerade diese menschliche, private Seite macht den McLaren-<br />
Piloten so stark.<br />
Buttons wohl größte Waffe im Kampf um den Titel<br />
ist sein perfektes Umfeld. Mit Vater John und<br />
Freundin Jessica Michibata hat er sich eine<br />
»Glücksblase« geschaffen - um die ihn Hamilton<br />
immer wieder beneidet, weil sie ihm in der jüngeren<br />
Vergangenheit häufig fehlte. »Jeder Fahrer<br />
braucht spezielle Dinge, die für ihn funktionieren. Ich mag es,<br />
meine Freundin um mich zu haben«, erklärt Button. »Ich will<br />
nicht Formel 1 fahren und ihr sagen, wann unser richtiges Leben<br />
beginnt. Das hier ist mein Leben. Wenn ich gewinne, ist sie da.<br />
Das ist ein spezieller Moment, den du nicht rekonstruieren<br />
kannst, wenn man fünf Stunden später über Webcam miteinander<br />
spricht. Und wenn es schlecht läuft, ist sie für mich da und spornt<br />
mich an.« Sollte Alex Wurz recht behalten, kann sich Jessica die<br />
tröstenden Worte in dieser Saison sparen. Mittlerweile gehören<br />
GP-Siege ihres Liebsten ebenso zum Alltagsbild wie teaminterne<br />
Erfolge gegen den von vielen übermächtig gehaltenen Hamilton.<br />
Die Zeit der Häme in der Yellow Press ist vorbei. Nach Buttons<br />
erstem Sieg in Ungarn 2006 titelte eine englische Zeitung noch:<br />
»Setzen Sie sich besser hin und bestellen Sie einen harten Drink,<br />
bevor Sie diese Zeilen lesen: Jenson Button hat einen Grand Prix<br />
gewonnen.« Die Zweifler aus der Vergangenheit dürften ihren<br />
Getränkevorrat in den letzten Jahren massiv aufgestockt haben.<br />
Vielleicht ist es am Ende erneut Button, der die Glücksblasen der<br />
Konkurrenz zerplatzen lässt.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 35
Höchstleistung<br />
im Cockpit<br />
Formel 1 fahren ist mehr als nur<br />
Gas geben und ein bisschen<br />
lenken: das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />
hat in den Datenblättern geblättert<br />
und interessante Fakten zusammengetragen.<br />
Beschleunigung: Ein Formel-1-Auto beschleunigt von 0 auf 200<br />
km/h in 4,9 Sekunden.<br />
Kopfüber: Ab einer Geschwindigkeit von 180 km/h könnte ein F1-Auto<br />
theoretisch an der Decke entlang fahren.<br />
Flügelsalat: Der Frontflügel kann locker mehr als 500 kg an Abtrieb<br />
aushalten - das Gewicht von sechs Männern.<br />
Bremsen: Eine Vollbremsung aus 200 km/h dauert 1,9 Sekunden, der<br />
Bremsweg beträgt 55 Meter. Auf den Fahrer wirken Kräfte zwischen<br />
5 und 6g – das kann ihm schon einmal Tränen in die Augen treiben.<br />
Bei einem Körpergewicht von 75 kg wird er mit 375 kg in die Gurte<br />
gepresst. Wenn der Pilot bei 280 km/h nur mal kurz vom Gas geht,<br />
entspricht das einer Vollbremsung in einem Pkw. Zum Vergleich: Ein<br />
Pkw kommt aus 200 km/h nach rund 4,1 Sekunden und 118 m zum<br />
Stehen.<br />
Gewichtsverlust: Ein Fahrer verliert im Laufe eines Rennens zwei<br />
bis drei Kilo seines Körpergewichts. Er verbrennt etwa 3.000 Kilokalorien,<br />
seine Herzfrequenz erreicht im Rennen Spitzen von 190 Schlägen<br />
pro Minute.<br />
Hitzeschlacht: In der F1 sind nicht nur die Boxenluder heiß. Die<br />
Kupplung wird 500 Grad heiß, der Auspuff erreicht 950 Grad und die<br />
Bremsen werden über 1.100 Grad heiß. Nur die Reifen machen schon<br />
bei 130 Grad schlapp. Die Cockpittemperatur beträgt durchschnittlich<br />
50 Grad Celsius.<br />
Feuerschutz: Ein F1-Fahrer kann in seinem Rennoverall Temperaturen<br />
von 840 Grad Celsius 11 Sekunden lang überleben. Zum Vergleich:<br />
In einer Sauna herrschen 100 Grad, bei einem Wohnungsbrand bis zu<br />
800 Grad und die Lava bei einem Vulkanausbruch erreicht zwischen<br />
750 und 1.000 Grad.<br />
Gummi: Ein Rad dreht sich bei 300 km/h 42 Mal pro Sekunde. Ein<br />
Regenreifen verdrängt bei dieser Geschwindigkeit 60 Liter Wasser in<br />
der Sekunde. Die optimale Arbeitstemperatur eines Reifens sind 90<br />
Grad.<br />
Foto: mclaren<br />
Frontalaufprall: 87,75 Kilojoule beträgt die Aufprallenergie beim<br />
FIA-Crashtest der Fahrzeugnase. Ungefähr genauso viel Energie wäre<br />
nötig, um einen vier Tonnen schweren Elefanten zu stoppen, der sich<br />
mit 25 km/h vorwärts bewegt.
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 37
Falsch<br />
abgebogen<br />
Text: Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein<br />
Rennstrecken sind EinbahnstraSSen<br />
- immer munter im Kreis<br />
herum. Williams ist dennoch irgendwann<br />
falsch abgebogen und hat<br />
bislang nicht auf die SiegerstraSSe<br />
zurückgefunden. Bestandsaufnahme<br />
eines Traditionsrennstalls.<br />
Die Formel-1-Welt streckt die Waffen. Gegen<br />
die dunkelblauen Autos ist kein Kraut<br />
gewachsen. Dominanz in Reinkultur. Red<br />
Bull? Nein, das sind zu diesem Zeitpunkt<br />
bestenfalls verbeulte Dosen im Recycling-<br />
Container, mehr nicht. Grove ist der Ausgangspunkt der Siegeszüge.<br />
Williams war auf Augenhöhe mit den Branchengrößen<br />
McLaren und Ferrari, oft sogar darüber. 113 Grand-Prix-Siege,<br />
sieben Fahrer- und neun Konstrukteurstitel sprechen eine deutliche<br />
Sprache zugunsten des erfolgreichsten Rennstalls der 90er Jahre<br />
- eine echte Legende. Doch das ist eine Ewigkeit her, nach Formel-<br />
1-Zeitrechnung sogar zwei oder drei. Der letzte Sieg eines Williams-<br />
Boliden gelang Juan Pablo Montoya vor acht Jahren beim Saisonfinale<br />
2004 in Brasilien, der letzte WM-Titel liegt noch weiter zurück:<br />
vor 15 Jahren krönte sich Jacques Villeneuve 1997 zum bisher<br />
letzten Formel-1-Weltmeister in Diensten von Williams. Daran<br />
wird sich auch in dieser Saison nichts ändern. So viel steht fest.<br />
»Meiner Meinung nach hat Williams die Gründe nicht völlig<br />
verstanden, warum sie damals gewonnen haben«, analysiert David<br />
Coulthard den Williams-Sinkflug für das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. In<br />
seinen Augen könne es sonst nicht passieren, dass ein Team in<br />
einem Jahr gewinne und die darauffolgenden Jahre nicht mehr.<br />
»Aber wenn man nicht völlig versteht, warum man gewinnt, dann<br />
versteht man auch nicht, warum man plötzlich nicht mehr siegt.«<br />
Dabei brachte es Williams in den vergangenen Saisons zu wahren<br />
Höchstleistungen im Hinterherfahren, sehr zum Graus der<br />
erfolgsverwöhnten Teamgründer Frank Williams und Patrick Head.<br />
2011 brachte nur magere fünf WM-Zähler - die schlechteste Saison<br />
der Teamgeschichte. Kein Wunder, dass sich die Aktien des seit<br />
März 2011 an der Frankfurter Börse notierten Unternehmens lange<br />
im rapiden Sturzflug befanden. »Das letzte Jahr war echt ein Flop«,<br />
sagt Christian Danner. »Sie hatten einen furchtbaren Motor, in allen<br />
Bereichen hat es gefehlt.« Selbst Williams Fahrer-Coach Alexander<br />
Wurz gibt zu, dass sich dies in den Resultaten niedergeschlagen<br />
habe. Der Österreicher sieht derzeit zwei Rennen: »Eines um das<br />
nackte Überleben aus dem Geschäftsmodell heraus, und zwar für<br />
die gesamte Formel 1, und das andere auf der Strecke.« →<br />
38 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Die Saison 2011 war der Tiefpunkt<br />
eines jahrelangen Leistungsabfalls<br />
beim Team von Frank Williams - 2012<br />
gibt es Anzeichen von Besserung<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 39
Die Hoffnungsträger<br />
1. Renault: »Es war richtig vom Team,<br />
sich den Renault-Motor zu sichern - der<br />
bringt von sich aus schon einmal ein<br />
paar Zehntel.« (Marc Surer)<br />
2. Neue Führung: »Dass sie ein<br />
Privatteam sind, macht keinen<br />
Unterschied. Sie können dennoch mit<br />
den Spitzenteams mithalten. Williams ist<br />
lange genug im Geschäft, um zu wissen,<br />
wie es geht.« (David Coulthard)<br />
Die Sorgenfalten<br />
1. Fahrer: »Williams braucht zwei<br />
Top-Fahrer. Momentan sehe ich<br />
außerhalb der Top-Teams nur einen<br />
Fahrer mit Potenzial: Romain Grosjean<br />
- der fährt aber nicht für Williams.«<br />
(Christian Danner)<br />
2. Weiterentwicklung: »Die<br />
Schlüsselfrage lautet: Können sie den<br />
Level über die Saison hinweg halten<br />
oder sogar verbessern?«<br />
(Johnny Herbert)<br />
Was können Bruno Senna und Pastor<br />
Maldonado in diesem Jahr noch mit dem<br />
neuen Williams erreichen?<br />
Aufgrund der wirtschaftlichen Situation mussten einige Teams ihr Geschäftsmodell<br />
umstrukturieren. Bei Williams zählt nicht nur der Börsengang zu<br />
diesen Maßnahmen, das Unternehmen entwickelt mit der Tochterfirma<br />
Williams Hybrid Power auch Flywheel-Hybridsysteme für den Rennsport<br />
(unter anderem für Porsche und Audi) sowie Pkw und öffentliche Verkehrsmittel.<br />
Gleichzeitig baute Williams den Boliden für die Formel 2 und<br />
eröffnete ein Technologiezentrum in Katar. »Das ist eine wichtige Basis, um<br />
kurz-, mittel- und langfristig existieren zu können und der technischen<br />
Abteilung so viel Spielraum geben zu können, damit sie gescheit arbeiten<br />
können«, sagt Wurz. Dem Team bringt die Diversifikation, also die breitere<br />
Aufstellung mit mehreren Standbeinen, wirtschaftliche Sicherheit. Dennoch<br />
binden neue Projekte stets Ressourcen, gerade in der Anfangsphase. Das<br />
dürfte dem F1-Programm nicht immer gut getan haben. Viel schwerer<br />
wogen jedoch die sportliche Talfahrt, die Trennung von Motorenpartner<br />
BMW sowie die Verluste langjähriger Großsponsoren wie RBS, Allianz, Air<br />
Asia, Philips und zuletzt AT&T. In dieser schwierigen Phase fehlte dem Team<br />
ein Motivator, ein Fahrer wie Michael Schumacher oder <strong>Fernando</strong> Alonso,<br />
der es am Kragen gepackt und wieder auf die Beine gestellt hätte. Stattdessen<br />
mühten sich ordentliche Rennfahrer im Cockpit einiger Autos ab, die mit<br />
den genialen Schöpfungen von Patrick Head und Adrian Newey längst<br />
nichts mehr gemein hatten. »Ich werde das Gefühl nicht los, dass der<br />
Weggang von Sam Michael dem Team gut getan hat«, sagt der ehemalige<br />
GP-Fahrer Marc Surer. »Seine Leistungen haben mich nie wirklich überzeugt.«<br />
Vor allem zu Beginn seiner Williams-Zeit habe Michael noch<br />
ausreichend finanzielle Mittel und genügend Ressourcen zur Verfügung<br />
gehabt, um als Technischer Direktor ein besseres Auto abzuliefern. »Aber es<br />
ist nie wirklich etwas Gutes daraus geworden.« Im Gegenteil: »Im Laufe der<br />
Zeit wurde alles immer schlechter.« Entweder konnte das Team ein ordentliches<br />
Auto nicht richtig weiterentwickeln oder der Wagen war von Anfang<br />
an nicht gut genug. »Dann wird es natürlich immer schwieriger, weil auch<br />
die Sponsorengelder weniger werden.«<br />
In dieser Saison startet Williams abermals einen Neubeginn. Patrick Head<br />
hat sich endgültig aus dem F1-Geschehen zurückgezogen, Frank Williams<br />
seinen Platz im Vorstand geräumt. In der Technikabteilung schwingen<br />
Mark Gillan und der neue Technikchef Mike Coughlan das Zepter. Neuer<br />
Geschäftsführer ist Nick Rose, der den nach Saisonbeginn überraschend<br />
zurückgetretenen Adam Parr ersetzt. Ein echter Umbruch also. Dabei hört<br />
sich die Formel so einfach an: »Es geht darum, die richtigen Leute und die<br />
nötigen Ressourcen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu haben«,<br />
sagt Coulthard. Ob Coughlan und Gillan die Richtigen für diesen Job sind,<br />
wird sich erst noch erweisen. Danner ist sich nicht so sicher: »Das wissen<br />
wir noch nicht, aber zumindest haben sie 2012 ein besseres Paket zusammengeschnürt.<br />
Der Motor ist stärker, das Heck ist stabiler - sie sind jetzt<br />
zurück, wo man sie erwartet: im Mittelfeld.« Mit den vier Top-Teams<br />
könne Williams in seinen Augen allerdings nicht mithalten. »Klarerweise<br />
kann man heute kein Auto bauen und morgen damit Weltmeister werden«,<br />
bremst Wurz die Erwartungen. Ein solches Wunder gelang in jüngerer<br />
Vergangenheit nur Brawn GP - jedoch mit großzügigen Subventionen aus<br />
Japan. Von achtzehn Monaten Entwicklungszeit und hunderten von<br />
Millionen Budget kann Williams nur träumen. »Ich denke aber durchaus,<br />
dass sie an die großen Teams herankommen können«, glaubt Wurz. »Wenn<br />
40 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Fotos: adrivo/Sutton<br />
»Wenn es dieses Jahr so schlecht<br />
weitergegangen wäre wie letzte<br />
Saison, hätte ich befürchtet, dass<br />
Williams den Weg von Tyrrell geht<br />
und zusperren muss.« Aber der Patient<br />
lebt, der Aktienkurs hat sich<br />
2012 von seinem Tiefflug erholt.<br />
das Team besser wird, kommt auch mehr Budget rein.« Die ersten<br />
Saisonrennen 2012 machen Hoffnung auf Besserung. »Dieses Jahr scheint<br />
Williams zurückzuschlagen«, sagt Coulthard. Der neue FW34 ist im<br />
Gegensatz zu seinem Vorgänger kein totaler Reinfall, der Renault-Motor<br />
liefert mehr Power als das Cosworth-Aggregat der Vorjahre. »Renault hat<br />
viel mehr Ressourcen, somit verfügen sie über einen anspruchsvolleren<br />
Motor, der wiederum einen Einfluss auf das Gesamtpaket hat«, erklärt<br />
Coulthard. Surer sieht im neuen Motor einen Zeitgewinn von etlichen<br />
Zehnteln. Mark Gillan lobt die Wiedervereinigung der einst so erfolgreichen<br />
Paarung von Williams und Renault auch wegen Fortschritten bei<br />
der Motorkühlung und dem damit verbundenen Einfluss auf die<br />
Aerodynamik.<br />
»Williams ist auf dem richtigen Weg«, glaubt Johnny Herbert. Die<br />
entscheidende Frage ist, ob das Team mit den vorhandenen Mitteln die<br />
Weiterentwicklung des Autos aufrechterhalten und den Entwicklungsrhythmus<br />
der anderen Teams mitgehen kann. »Ich weiß nicht genau, ob sie<br />
noch so viele Top-Leute haben, aber das Werk ist auf jeden Fall eindrucksvoll<br />
und die technische Infrastruktur nicht weit weg von den Top-Teams«,<br />
erzählt Surer. Achtungserfolge wie der sechste Platz von Bruno Senna in<br />
Malaysia helfen dem Team gleich in doppelter Hinsicht: einerseits<br />
motivieren sie die arg gebeutelte Mannschaft, andererseits bedeutete es auf<br />
einen Schlag mehr WM-Punkte als in der gesamten Saison 2011. Damit<br />
verbunden sind potentielle neue Sponsoren und die lukrativen FOM-<br />
Gelder von Bernie Ecclestone.<br />
»Eine bessere Platzierung in der Konstrukteurs-WM bringt schnell mal<br />
zehn Millionen mehr«, betont Surer. Zumindest die schlimmsten Befürchtungen<br />
des Schweizers scheinen vorerst abgewendet zu sein: »Wenn es<br />
dieses Jahr so schlecht weitergegangen wäre wie letzte Saison, hätte ich<br />
wirklich befürchtet, dass Williams den Weg von Tyrrell geht und zusperren<br />
muss.« Aber der Patient Williams lebt, der Aktienkurs hat sich im Jahr<br />
2012 von seinem Tiefflug erholt. »Es war außergewöhnlich, dass ein Team<br />
mit so guten technischen Ressourcen so schlecht aussah wie letztes Jahr,<br />
das musste eigentlich besser werden«, meint Surer. Nur so einfach<br />
funktioniert die Formel 1 nicht. Noch muss Williams erst konstant<br />
beweisen, dass 2011 ein einmaliger Ausrutscher war und der Rennstall<br />
tatsächlich wieder höhere Ziele erreichen kann - denn aus den Niederungen<br />
der Startaufstellung ins unbedeutende Mittelfeld zu klettern reicht<br />
für die ehemaligen Dominatoren der GP-Kurse nicht aus.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 41
Brain<br />
Sucker<br />
Text: Stephan Heublein<br />
Foto: adrivo/Sutton, williams<br />
Alex Wurz hat eine neue Berufung gefunden, doch er muss sich<br />
in Acht nehmen: Bruno Senna, Pastor Maldonado und Testfahrer<br />
Valtteri Bottas wollen ihm das Gehirn aussaugen.<br />
Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> ermittelt.<br />
42 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
litsch, platsch. Raschen Schrittes eilt<br />
PAlex Wurz durch das Fahrerlager<br />
von Sepang. Das Feuer bei Lotus ist<br />
erstickt, die typische Regendusche<br />
gerade vorbei. Die Luft knistert, die<br />
Gefahr ist noch längst nicht gebannt. Plötzlich<br />
stürzt sich ein dunkelblaues Etwas vom Dach<br />
der verkohlten Hospitality auf den Österreicher.<br />
Die Gestalt scheint seinen Kopf geradezu zu<br />
verschlingen. Ein Alien? Ein Kannibale? Ein Fall<br />
für die X-Akten? Überraschend kommt der<br />
nächtliche Überfall nicht. Bereits vorher hatte<br />
der Täter gegenüber dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />
angekündigt: »Ich werde versuchen, sein Gehirn<br />
so weit wie möglich auseinander zu nehmen,<br />
um all die Erfahrung rauszuholen, die er<br />
mitbringt.«<br />
Ridley Scott und Hannibal Lecter wären auf den<br />
fiktiven Alien-Auftritt von Bruno Senna stolz<br />
gewesen. Selbst Wurz kann darüber lachen, als<br />
das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> ihm von Sennas speziellem<br />
Wissenshunger erzählt. »Super, dafür<br />
bin ich da«, sagt er lachend. »Ich kann mein<br />
Wissen nur noch in den Papierkorb werfen,<br />
denn ich fahre ‚nur‘ noch für Toyota in Le Mans<br />
– das ist meine Stärke -, aber ich habe keine<br />
Formel-1-Ambitionen mehr.« Stattdessen<br />
beginnt für Wurz in dieser Saison eine neue<br />
Karriere - die des Mental-Coaches für die beiden<br />
Williams-Jungspunde Senna und Pastor Maldonado.<br />
Beide gingen mit der gemeinsamen<br />
Erfahrung von gerade einmal 45 Grand Prix in<br />
die Saison. Wurz soll ihnen beratend zur Seite<br />
stehen, ihnen im Umgang mit den Medien, den<br />
Ingenieuren, ihrem Leben als F1-Stars sowie mit<br />
dem FW34 helfen. Rennen werden im Kopf<br />
entschieden. Ein ehemaliger Pilot hat viele Situationen<br />
schon einmal selbst erlebt und kann<br />
seinen Schützlingen so wertvolle Tipps geben.<br />
»Rennfahrer stehen am Wochenende unter<br />
Druck und können deswegen nicht alle Informationen<br />
verarbeiten«, erklärt Wurz. Als<br />
Außenstehender habe er diesen Druck nicht und<br />
fasse als Beobachter vielleicht Kleinigkeiten auf,<br />
die den unerfahrenen Piloten entgangen wären<br />
oder die ihnen nicht als wichtig erschienen, die<br />
aber sehr wohl ein wichtiges Puzzle-Teil im<br />
Gesamtbild sein könnten. »Als aktiver F1-Fahrer<br />
hätte ich wahrscheinlich gesagt: Fahrercoach,<br />
»Ich werde versuchen,<br />
sein Gehirn<br />
so weit wie möglich<br />
auseinander zu<br />
nehmen, um all die<br />
Erfahrung rauszuholen,<br />
die er mitbringt.«<br />
das brauche ich nicht«, gibt Wurz zu. »Es geht<br />
aber nicht darum, zu sagen, ob ein Fahrer im<br />
vierten oder fünften Gang um die Kurve fahren<br />
soll – es sind ganz andere Bereiche<br />
betroffen.«<br />
In Amerika sind Mental-Trainer gang und<br />
gäbe, egal ob für Topmanager oder Sportler.<br />
»Der Coach von Tiger Woods spielt nicht besser<br />
Golf als Tiger, aber er weiß ganz genau, was<br />
er sagen soll, wenn sein Schützling vielleicht<br />
schlecht drauf ist oder mit welchem Schläger<br />
er aus dem Sand rausschlagen soll«, vergleicht<br />
Wurz. Rennfahrerkollegen wie Jenson Button<br />
und Pedro de la Rosa zeigten sich angesichts<br />
der Idee jedenfalls begeistert. Sogar altgediente<br />
Racer wie Marc Gené profitierten in Le Mans<br />
schon von Wurz‘ Tipps: Der Spanier verlor in<br />
einer ziemlich schnellen Vierte-Gang-Kurve<br />
ein paar Hundertstel auf seine Peugeot-Teamkollegen.<br />
Bei einem Gespräch stellte sich<br />
heraus, dass Gené beim Einlenken nach rechts<br />
außen in die Kurve blickte, weil dort ein Grasbüschel<br />
wuchs - darauf hätte er in die Mauer<br />
abfliegen können. »Ich hatte dort noch nie hingeschaut«,<br />
erinnert sich Wurz. »Ich stelle mir<br />
hinter der Betonwand den Scheitelpunkt vor<br />
und visiere ihn an – ich schaue nicht nach<br />
rechts.« Gesagt, getan. Nach der nächsten<br />
Runde lobte Gené: »Das funktioniert super!«<br />
Für Wurz war der Schritt zum Coaching nicht<br />
weit. Der Österreicher wuchs in einer Fahrertrainingsfamilie<br />
auf. »Da ging es schon immer<br />
um Fahrzeugdynamik und die physischen<br />
Gesetze«, erinnert er sich. Auch in der Schule<br />
gehörte Physik immer zu seinen Spezialfächern.<br />
Hinzu kommt seine analytische Herangehensweise.<br />
»Dem Team ging es also nicht nur<br />
darum, dass ich ein erfahrener F1-Pilot bin,<br />
sondern dass ich genau diese Punkte weitervermitteln<br />
kann«, betont er. »In diesem Zusammenhang<br />
habe ich den Vorteil, dass wir zu<br />
meiner Zeit endlose Reifentests gefahren sind.«<br />
Das ist durch die Testbeschränkung heute gar<br />
nicht mehr möglich. »Also hoffe ich, dass ich<br />
den einen oder anderen Tipp und Kniff einbringen<br />
kann.« Wurz sollte sich demnach auf<br />
die eine oder andere weitere Attacke eines dunkelblau<br />
gekleideten Gehirn-Saugers<br />
einstellen.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 43
Text: Kerstin Hasenbichler<br />
In der Vergangenheit lieSS Williams die Gegner einige Male blass aussehen<br />
- sei es mit einem unkonventionellen Sechsrad-Konzept oder<br />
einer hyperaktiven B-Version, die alle in Grund und Boden fuhr.<br />
Text: kerstin Hasenbichler<br />
Williams-Boliden<br />
top<br />
FACTS:<br />
Nie bei einem Grand<br />
Prix angetreten<br />
5. Williams FW08B<br />
Anfang der 80er Jahre entwickelte Williams den<br />
FW08B. Das revolutionäre Konzept stach sofort ins<br />
Auge: statt vier Rädern hatte der FW08B sechs - damit<br />
wollte Williams dem Motorenvorteil von Renault, Ferrari<br />
und BMW entgegentreten. Das Konzept hatte<br />
durchaus Potenzial, denn die riesigen Hinterreifen<br />
produzierten sehr viel aerodynamischen Luftwiderstand.<br />
»Wir haben uns alle gefragt, ob wir ein Auto<br />
ausbalancieren könnten, das im Heck so viel Bodenkontakt<br />
hat. Schnell fanden wir heraus, dass wir es<br />
tatsächlich konnten«, erzählt Patrick Head. Trotz des<br />
Sechsrad-Konzeptes war das Handling des Autos für<br />
die Fahrer kein Problem, den größten Stolperstein<br />
stellte das Gewicht dar. Im Vergleich zur Konkurrenz<br />
war der Williams um 100 kg schwerer. »Wir wussten<br />
um das Potenzial des Autos, denn wir fuhren identische<br />
Zeiten zu den konventionellen Autos. Nur<br />
bewegten wir uns über dem Gewichtslimit«, erinnert<br />
sich Head. Zum Einsatz kam der Sechsrad-Williams<br />
allerdings nie. Bei einem FOCA-Meeting wurde das<br />
Konzept verboten, da einige Teams eine Kostenexplosion<br />
sowie Chaos in der Box befürchteten.<br />
Fotos: adrivo/Sutton, williams<br />
44 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
4. Williams FW18<br />
Jubel ertönte über den Williams-Boxenfunk. Jacques Villeneuve hatte es geschafft - in seinem ersten Rennen in der<br />
Königklasse sicherte er sich die Pole Position. Der Sieg beim Auftaktrennen in Melbourne blieb dem Kanadier allerdings<br />
verwehrt, er musste sich hinter seinem Teamkollegen Damon Hill mit Platz zwei begnügen. Eines war nach dem Australien<br />
GP aber klar: Williams verfügte mit dem FW18 über ein Siegauto. Insgesamt gewann Williams 1996 12 von 16 Rennen,<br />
Hill verbuchte 8 Siege und den WM-Titel. Villeneuve kam in seinem Debütjahr immerhin auf 4 Grand-Prix-Siege und den<br />
Vizeweltmeistertitel. Doch der Williams FW18 war nicht nur schnell, sondern auch noch unglaublich zuverlässig. Schon<br />
vor dem Saisonstart hatte Villeneuve bei Testfahrten über 9.000 Kilometer abgespult. Bei den 32 Starts beider Fahrer<br />
hatte der Rennstall lediglich mit vier mechanischen Defekten zu kämpfen - in einer Zeit, in der Ausfälle zum Tagesgeschäft<br />
gehörten. Bereits beim Großen Preis von Ungarn hatte Williams die Konstrukteurs-WM im Sack. Mit dem Nachfolgemodell<br />
des FW18 holte Williams 1997 seinen bis dato letzten WM-Titel. Besonders hart traf den Rennstall die Trennung vom<br />
langjährigen Motorenpartner Renault. Vier Tage nach seinem 80. GP-Sieg verkündete der französische Hersteller das Ende<br />
der Partnerschaft. Der Fall von der Spitze ins Mittelfeld ließ daraufhin nicht lange auf sich warten.<br />
FACTS:<br />
Saison: 1996<br />
Siege: 12<br />
Poles: 12<br />
Podiums: 21<br />
Schnellste Rennrunden:
FACTS:<br />
Saisons: 1979, 1980<br />
Siege: 6<br />
Poles: 4<br />
Podiums: 10<br />
Schnellste Rennrunden: 4<br />
3. Williams FW07<br />
»Bravo Frank«, gratulierte Clay Regazzoni seinem Boss.<br />
Dabei hatte er selbst soeben in Silverstone den ersten<br />
Grand Prix für das Team von Frank Williams gewonnen.<br />
Von da an dauerte es nicht lange, bis sich der Williams<br />
FW07 unter den erfolgreichsten Autos der F1-Geschichte<br />
einreihte. 1979 war das Jahr der Bodeneffekt-Autos.<br />
Durch ein tiefer gelegtes Chassis produzierten die Autos<br />
einen negativen Bodeneffekt, der den Anpressdruck auf<br />
die Strecke deutlich erhöhte. Williams erkannte schnell,<br />
dass die Tests im Windkanal entscheidend waren, um<br />
die Aerodynamik des Wagens zu verstehen. Mit dem<br />
Debüt des FW07 ließ sich Williams allerdings lange Zeit.<br />
Das Team wollte erst sichergehen, dass das Auto gut<br />
ist, ehe man es einsetzte. Nichtsdestotrotz missglückte<br />
das Debüt in Belgien wegen mangelnder Zuverlässigkeit<br />
und mechanischer Probleme. Weder Regazzoni noch<br />
Alan Jones sahen die Zielflagge. Erst Silverstone stellte<br />
den Wendepunkt dar. Es folgte ein Siegeszug des Rennstalls<br />
- Jones gewann vier der verbleibenden sechs<br />
Saisonrennen. Er hätte wohl auch in Großbritannien<br />
anstelle von Regazzoni gewonnen, wenn ein Wasserleck<br />
an seinem FW07 das nicht verhindert hätte.<br />
2. Williams FW11B<br />
Der Champagner floss in Strömen als Williams sich 1987 zum<br />
vierten Mal zum Weltmeister der Konstrukteure krönte. Der Fahrer-<br />
Titel ging dank Nelson Piquet ebenfalls an Williams. Mit Piquet und<br />
Nigel Mansell holte der Rennstall innerhalb von zwei Jahren 18<br />
Siege, 16 Pole Positions und 278 WM-Punkte. Das Erfolgsgeheimnis<br />
war schnell gefunden - der FW11. Das Auto wurde ein Jahr zuvor<br />
von Patrick Head und Frank Dernie konstruiert, um dem McLaren<br />
MP4-2 das Fürchten zu lehren. Mit dem FW11 gelang den Designern<br />
zwar kein technisches Wunderwerk, aber immerhin ein solides<br />
Auto. Bei der leicht modifizierten B-Version setzte der Rennstall<br />
erstmals auch eine eigene aktive Radaufhängung ein. Den ersten<br />
Renneinsatz absolvierte Piquet in Italien, wo er dank der neuen<br />
Radaufhängung viel weniger Flügel fahren konnte und mit 352,135<br />
km/h einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellte. Damit stellte<br />
er seinen Teamkollegen Mansell, der noch mit der konventionellen<br />
Aufhängung fuhr, in den Schatten. Zudem verfügte der FW11B über<br />
den damals besten Motor in der Formel 1, den Honda 1,5 Liter<br />
V6-Turbomotor. Mit diesem Motor war auch Lotus ausgestattet,<br />
das bessere Ende behielt allerdings Williams für sich, nicht zuletzt<br />
wegen der Zuverlässigkeit des FW11B. Piquet beendete mit Ausnahme<br />
von Spa, Imola und Adelaide jedes Rennen und das vorwiegend<br />
auf dem Podest. Mansell stand sechs Mal auf dem obersten<br />
Podium. Williams soll auch über den Einsatz eines<br />
halb-automatischen Getriebes nachgedacht haben, allerdings<br />
wurde der Plan nie in die Tat umgesetzt.<br />
FACTS:<br />
Saison: 1987<br />
Siege: 9<br />
Poles: 12<br />
Podiums: 18<br />
Schnellste Rennrunden: 7<br />
Fotos: adrivo/Sutton, williams
1. Williams FW14B<br />
Als ein junger Engländer namens Adrian<br />
Newey 1992 zu Williams stieß, war das die<br />
Sternstunde eines der am meisten ausgeklügelten<br />
Rennautos in der Geschichte der Formel<br />
1. Newey war entscheidend an der Konstruktion<br />
des FW14 und seines erfolgreichen<br />
Nachfolgers FW14B beteiligt. Der Bolide<br />
beeindruckte mit brillanten technischen Innovationen<br />
wie einer aktiven Radaufhängung,<br />
einem halb-automatischen Getriebe und einer<br />
Traktionskontrolle. Zudem verfügte der Renner<br />
über den starken Renault-Motor RS3C<br />
V10. Mit dem FW148B gewann Nigel Mansell<br />
1992 die ersten fünf Rennen der Saison und<br />
ohne einen Reifenschaden wäre in Monaco<br />
wohl ein sechster Sieg in Folge hinzugekommen.<br />
Unterstrichen wurde die Dominanz des<br />
FW148B durch die Tatsache, dass Mansells<br />
Teamkollege Riccardo Patrese in den ersten<br />
vier Rennen hinter ihm auf Platz zwei fuhr.<br />
Fünf Rennen vor Saisonende hatte Williams<br />
den Konstrukteurstitel vorzeitig in der Tasche.<br />
Viele befürchteten sogar, dass die Dominanz<br />
des Rennstalls dem Sport schaden könnte,<br />
immerhin stand in 15 von 16 Rennen ein<br />
Williams-Bolide auf der Pole Position. In 10<br />
von 16 Rennen gewann ein Williams-Fahrer,<br />
weshalb manche TV-Stationen wegen der<br />
Vorhersehbarkeit die Übertragung der Rennen<br />
vorzeitig beendeten.<br />
FACTS:<br />
Saison: 1992<br />
Siege: 10<br />
Poles: 15<br />
Podiums: 21<br />
Schnellste Rennrunden: 11<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 47
Immer<br />
Text: Inga Stracke<br />
in Führung<br />
Bernd Mayländer gibt sich nicht mit zweiten Plätzen zufrieden.<br />
Wenn er mit dem offiziellen Formel-1-Safety-Car auf die Strecke<br />
geht, führt er das Feld stets an. Außer es fährt ein Abschleppwagen<br />
auf die Strecke - das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> stellte Bernd zur Rede.<br />
Mayländer vor<br />
dem Einsatz:<br />
auch im Safety<br />
Car gilt volle<br />
Konzentration<br />
MSM: Bernd, du hast in Australien das Rennen<br />
zusammen mit einem Truck angeführt - hast<br />
du so etwas vorher schon einmal erlebt?<br />
BERND MAYLÄNDER: Ja, das ist richtig. Wir<br />
waren alle überrascht, aber zum Glück ist alles gut<br />
ausgegangen. Wir waren uns nicht ganz sicher, ob<br />
wir den Truck überholen sollten oder nicht. Glücklicherweise<br />
haben wir ihn nicht überholt, was in so<br />
einer Situation das Beste ist. Das Fahrzeug von<br />
Vitaly Petrov konnte sicher geborgen werden - es<br />
gibt in der Formel 1 immer etwas Neues.<br />
Beim nächsten Rennen in Malaysia kam das<br />
Safety Car erneut zum Einsatz. Aber vom<br />
Gefühl her, wo kommst du am häufigsten zum<br />
Einsatz?<br />
Kanada war durch Unfälle oder die Witterungsverhältnisse<br />
immer ein großer Garant für<br />
Safety-Car-Phasen. Letztes Jahr war etwas ganz<br />
Besonderes, denn da haben wir den Safety-Car-<br />
Rekord in der Formel 1 gebrochen. Wir sind 32<br />
Runden, knapp 47 Prozent des Gesamtrennens,<br />
gefahren. Natürlich haben wir das nicht gewollt,<br />
aber die Formel 1 ist für alles zu haben.<br />
Beschreib uns bitte kurz dein Dienstfahrzeug.<br />
48 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Fotos: adrivo/Sutton<br />
Der SLS aus dem Hause AMG wird im dritten<br />
Jahr eingesetzt, was unüblich ist. Normalerweise<br />
wird alle zwei Jahre das Auto gewechselt, jetzt<br />
sind wir in der dritten Saison. Aber ich bin mit<br />
meinem Dienstwagen mehr als zufrieden. Er ist<br />
vom Design her ein Traumauto, aber auch von<br />
den Leistungen her ist das Auto ein super Sportwagen.<br />
V8-Motor, 571 PS und alle fahrtechnischen<br />
Hilfsmittel sind im Fahrzeug verbaut.<br />
Die Hilfsmittel wie die Traktionskontrolle<br />
schalte ich ab und zu aus, aber sonst fahren wir<br />
mit einem Performancepaket aus dem Hause<br />
AMG. Somit hat das Auto sämtliche sportlichen<br />
Elemente, die AMG zurzeit bietet. Das Safety<br />
Car ist das Schnellste, das ich bisher gefahren<br />
bin. Ich glaube auch, dass es zuvor kein schnelleres<br />
Fahrzeug gab.<br />
Wie schnell ist das Safety Car?<br />
Das Auto ist bei 317 km/h elektronisch abgeriegelt<br />
und wird auf Rennstrecken sowieso nicht<br />
erreicht, weil es keine Gerade gibt, die lang<br />
genug ist. Die schnellste Strecke mit der höchsten<br />
Geschwindigkeit ist Monza, da könnten<br />
wir knapp 285 km/h fahren. Natürlich kommt<br />
es jetzt darauf an, wie nah die hinteren Kollegen<br />
auf das Auto auffahren. Wenn ich merke, dass<br />
die Piloten bei 250 km/h langsam abreißen lassen,<br />
weil sie einfach ihre Bögen fahren wollen,<br />
dann gehe ich logischerweise leicht vom Gas.<br />
Kommen Vettel, Schumacher & Co. vor einem<br />
Rennen zu dir und sagen: ‚Mach bei einer<br />
Safety-Car-Phase das und das‘?<br />
Ja, aber nur aus Spaß. Klar diskutiert man darüber,<br />
was man besser machen kann. Aber es weiß<br />
jeder, dass ich versuche, das Safety Car so<br />
schnell wie möglich zu bewegen. Ab und zu sind<br />
sie ganz froh, wenn ich nicht so schnell fahre →<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 49
wie in Malaysia. Da ist es schon vorgekommen,<br />
dass wirklich auf extrem nasser Strecke die<br />
Formel-1-Autos in Schwierigkeiten geraten<br />
sind. Ich kam hingegen viel besser zurecht, weil<br />
das Auto mehr Gewicht hat und mehr Wasser<br />
verdrängt. Meine Bodenplatte liegt 15 cm über<br />
dem Asphalt, bei einem F1-Fahrzeug ist die<br />
Bodenfreiheit deutlich geringer und dadurch<br />
haben die Fahrer deutlich mehr Probleme.<br />
Hast du spezielle Rennsitze und Anschnallgurte<br />
in deinem Dienstwagen?<br />
Ich habe einen normalen Sechs-Punkt-Gurt.<br />
Die Sitze sind ganz normale Sportsitze, die man<br />
serienmäßig bestellen kann. Das ist für jene<br />
Hardcore-Fans, die diese Sitze unbedingt in<br />
ihrem SLS drin haben wollen. Ich würde allerdings<br />
meinen privaten SLS mit Seriensitzen<br />
ausstatten.<br />
Ich schätze einmal, dass deine Bremsen und<br />
Reifen öfters gewechselt werden als bei einem<br />
normalen Auto?<br />
Richtig, alles Technische läuft wie in der Serie<br />
durch den Kundendienst. Der Motor ist ein<br />
Serien-Motor und läuft ganz normal ein Kundendienstprogramm<br />
ab. Die Bremsen und Reifen<br />
werden auf einer Strecke natürlich mehr<br />
strapaziert. Im Schnitt verbrauchen wir pro<br />
Auto pro Wochenende einen Satz Reifen. Wir<br />
fahren die Reifen für das Rennen am Samstag<br />
an. Wir haben mehr Zeit, da wir zwei Safety-<br />
Cars haben - eines für die Support-Rennen und<br />
eines für das Hauptrennen. Sollte doch einmal<br />
am Sonntagnachmittag etwas passieren, wenn<br />
ich zum Beispiel auf der Einführungsrunde<br />
einen Plattfuß hätte, dann würde die Zeit knapp,<br />
um den Reifen zu wechseln. Dann würde ich<br />
ins Ersatzauto springen, was 1:1 das gleiche<br />
Fahrzeug ist. Ich könnte beispielsweise nicht<br />
sagen, welches Auto das Ersatz- und welches<br />
das Einsatzfahrzeug ist. Das weiß ich nur, wenn<br />
ich mir den Schlüssel ansehe, denn die sind<br />
unterschiedlich markiert. Zwar haben die Autos<br />
auch außen ganz kleine Markierungen, aber da<br />
muss man wirklich ganz genau hinschauen,<br />
denn die Fahrzeuge sind identisch. Auch die<br />
Fahrleistung ist gleich, was schon eine starke<br />
Leistung ist.<br />
Das Mercedes AMG Safety Car ist<br />
genau richtig für die anspruchsvolle<br />
Aufgabe, 24 Formel-1-Boliden im<br />
Zaum zu halten<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
Was fährst du privat?<br />
Ich darf eine wunderschöne E-Klasse aus dem<br />
Hause AMG fahren. Ich habe den E63 bekommen,<br />
weil ich mit Mercedes seit 17 Jahren<br />
zusammenarbeite. Ich bin für den Hersteller<br />
auch in der DTM gefahren und fungiere noch<br />
als Markenbotschafter. Es macht riesigen Spaß,<br />
das Auto zu fahren. Es ist eine großartige Komb<br />
i n a t i o n a u s e i n e r s p o r t l i c h e n<br />
Super-Limousine.<br />
Als Safety-Car-Fahrer braucht man die Erfah-<br />
50 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Sie wollen, dass ein rennerfahrener<br />
Mann im Safety Car sitzt. Ich habe<br />
sehr viel Erfahrung auf und neben der<br />
Strecke gesammelt und war auch<br />
immer in Sicherheitsfragen involviert<br />
- das ist natürlich von Vorteil. Ich fahre<br />
zwar keine Qualifyingrunde, aber ich<br />
bewege mich schon am Limit.<br />
rung, um die Jungs hinter sich einschätzen zu<br />
können. Da trifft es sich gut, dass du selbst Rennen<br />
gefahren bist und noch immer eine Rennlizenz<br />
besitzt.<br />
Ja, klar. Ich denke, dass ist eine Grundvoraussetzung,<br />
die die FIA möchte. Sie wollen, dass<br />
ein rennerfahrener Mann im Safety Car sitzt.<br />
Ich habe sehr viel Erfahrung auf und neben der<br />
Strecke gesammelt und war auch immer in<br />
Sicherheitsfragen involviert - das ist natürlich<br />
von Vorteil. Ich fahre zwar keine Qualifyingrunde,<br />
aber ich bewege mich schon am Limit.<br />
Daher sollte man Erfahrung haben, wissen wie<br />
der Rennablauf ist, wie unglaublich schnell so<br />
ein Formel-1-Auto ist, damit man Situationen<br />
ganz anders einschätzen kann. Da hilft meine<br />
20-jährige <strong>Motorsport</strong>erfahrung auf jeden Fall.<br />
Auf keinen Fall möchte ich morgen als nichterfahrener<br />
Fahrer gefragt werden, ob ich das<br />
Safety Car in der Formel 1 pilotieren möchte.<br />
Das wäre zwar ein super Job, den man an Land<br />
ziehen könnte, aber ich hätte sicherlich eine<br />
hohe Pulsrate.<br />
Wie sieht es mit dem Puls deines Beifahrers<br />
aus? Sitzt er entspannt neben dir?<br />
Mein Beifahrer ist mein alter Kollege Pete Tibbets.<br />
Er ist ein ganz ruhiger Typ, ein typischer<br />
Engländer. Ihn bringt nichts aus der Ruhe. Er<br />
ist ein Observer und den Job macht er phänomenal,<br />
weil er eben immer extrem ruhig bleibt.<br />
Er analysiert alles, berichtet an die Race Control.<br />
Man kann es sich wie in einem Flugzeug-<br />
Cockpit vorstellen. Vier Augen und Ohren<br />
sehen und hören mehr - das ist ein ganz wichtiger<br />
Sicherheitsfaktor. Wir fahren seit 2000<br />
zusammen. Es ist ganz nett, wenn wir nichts zu<br />
tun haben, was uns am liebsten ist, einen Kollegen<br />
an der Seite zu haben, mit dem man plaudern<br />
kann.<br />
Könnt ihr das Rennen eigentlich im Auto verfolgen?<br />
Habt ihr eine Stereo-Anlage?<br />
Das ist so eine Sache. Aus Gewichtsgründen<br />
hat man die Lautsprecher ausgebaut, aber wir<br />
haben zwei Monitore im Auto. Auf dem einen<br />
können wir das Weltbild verfolgen, wir können<br />
permanent das GPS-System abrufen, wissen<br />
genau wo sich welches Fahrzeug befindet. Im<br />
Endeffekt sind es die gleichen Bilder, die die<br />
Teams offiziell von der Formel 1 bekommen.<br />
Wir können diese Channels abrufen, was<br />
Bernd Mayländer<br />
liegt bei allen<br />
Bedingungen in<br />
Front<br />
logisch ist, weil wir natürlich viele Informationen<br />
brauchen. Die Hauptinformation bekommen<br />
wir aber von der Race Control. Ich habe<br />
Herbie Blash direkt am Funk, neben ihm sitzt<br />
Renndirektor Charlie Whiting - die beiden<br />
kommunizieren untereinander und geben die<br />
Informationen an das Safety Car weiter. Hier<br />
ist es auch wichtig, dass mein Beifahrer mithört,<br />
denn eine Information ist ganz schnell<br />
falsch verstanden - wie gesagt vier Ohren<br />
hören mehr.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 51
Zahlen<br />
und<br />
Fakten<br />
zum<br />
Safety<br />
Car<br />
Fotos: adrivo/Sutton, williams<br />
52 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Das Arbeitsprotokoll: 2011 kam das Safety Car für 4,9% der Saison<br />
zum Einsatz - das entspricht 12 SC-Phasen in 7 Rennen. Das Safety Car<br />
legte 61 Runden respektive 284,3 km zurück. Im Vergleich dazu gab es<br />
2010 in 12 Rennen 21 SC-Einsätze über 452,3 km, was einem Anteil<br />
von 7,8% an der gesamten Saison gleichkam.<br />
Der Rekord: Beim Kanada GP 2011 gab es fünf SC-Phasen über eine<br />
Gesamtdistanz von 32 Runden respektive 139,6 km – das war mit<br />
45,7% der Renndistanz ein neuer F1-Rekord.<br />
Die längsten Einsätze: Der Kanada GP 2011 hält den Safety-Car-<br />
Rekord. Doch es gab noch mehr Mammuteinsätze für Bernd Mayländer:<br />
In Japan 2007 fuhren die Autos ab dem Start 26 Runden hinter dem<br />
Safety Car, in Korea 2010 waren es die ersten 24 Runden.<br />
Die Einsatzquoten: Singapur und Südkorea besitzen eine 100%ige<br />
SC-Wahrscheinlichkeit – in jedem der vier respektive zwei Grand Prix<br />
gab es dort mindestens einen SC-Einsatz. In Kanada gab es 14<br />
SC-Phasen in den letzten neun Rennen, in Monaco 13 SC-Einsätze in<br />
zehn Grand Prix.<br />
Die SC-Ruherennen: Statistisch gesehen besteht die geringste<br />
SC-Wahrscheinlichkeit in Malaysia (ein Einsatz in den letzten 10<br />
Jahren), Ungarn (zwei Einsätze in den letzten zehn Rennen) und Bahrain<br />
(ein Einsatz in sieben Rennen).<br />
Das Auto: Der Mercedes SLS AMG besitzt einen 6,3-Liter V8-Motor. Er<br />
erzielt eine Höchstleistung von 420 kW (571 PS) bei 6.800/min. und ein<br />
maximales Drehmoment von 650 Newtonmetern bei 4.750/min.<br />
Das erste Safety Car: Die ersten Mercedes-AMG Safety und Medical<br />
Cars waren vom Typ C 36 AMG, der erstmals 1996 zum Einsatz kam.<br />
Allerdings wurde bereits vorher, bis ins Jahr 1984 zurück, gelegentlich<br />
eine AMG E-Klasse als Medical Car eingesetzt.<br />
Alle<br />
AMG<br />
Safety<br />
Cars<br />
auf<br />
einen<br />
Blick<br />
1996: C 36 AMG<br />
ab 1997: CLK 55 AMG<br />
2000: CL 55 AMG<br />
ab 2001: SL 55 AMG<br />
2003: CLK 55 AMG<br />
ab 2004: SLK 55 AMG<br />
ab 2006: CLK 63 AMG<br />
ab 2008: SL 63 AMG<br />
seit 2010: SLS AMG<br />
Der Mercedes-Benz SLS AMG ist das<br />
neunte Safety Car aus dem Hause AMG.<br />
Seit 17 Jahren stellt Mercedes das<br />
Sicherheitsfahrzeug in der Formel 1<br />
Fotos: mercedes-benz<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 53
Gilles Villeneuve ist noch<br />
heute der große Held für<br />
viele Tifosi<br />
54 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Gilles Villeneuve machte die legendäre Startnummer 27<br />
bei Ferrari zum Kult. Sein Sohn Jacques gelangte<br />
ebenfalls zu F1-Ruhm: er gewann 1997 den WM-Titel -<br />
allerdings mit Williams<br />
Text: Frederik Hackbarth<br />
Am 8. Mai jährt sich der Tod<br />
von Gilles Villeneuve zum<br />
30. Mal. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />
blickt zurück auf die<br />
Karriere eines der letzten<br />
F1-Originale. Villeneuve stand<br />
für Spektakel, Wagemut und<br />
Leidenschaft - dafür lieben<br />
die Tifosi ihre legendäre<br />
Nummer 27 noch heute.<br />
→<br />
Fotos: adrivo/sutton<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 55
icht Schumacher, Ascari oder Fangio -<br />
Nauch nicht Lauda, Scheckter oder Räikkönen.<br />
Der große Liebling der Tifosi ist bis<br />
heute ein Pilot, der keinen Weltmeistertitel<br />
für die Scuderia Ferrari einfahren<br />
konnte und doch mindestens so legendär<br />
ist wie der italienische Traditionsrennstall selbst. Gilles<br />
Villeneuve musste um alles in seiner Karriere kämpfen,<br />
nur seinen unbändigen Grundspeed und das scheinbar<br />
schier unerschöpfliche fahrerische Talent bekam der<br />
Kanadier 1950 in die Wiege gelegt. Geboren in Saint-<br />
Jean-sur-Richelieu im frankokanadischen Québec,<br />
waren es in jungen Jahren zunächst Schneemobilrennen,<br />
die ihn zum <strong>Motorsport</strong> brachten. Parallel sammelte er<br />
im Alter von nur 17 Jahren in einem aufgemotzten Ford<br />
Mustang in der regionalen Drag-Szene erste Erfahrungen<br />
auf vier Rädern. Bald packte ihn die Leidenschaft<br />
für Asphaltrennen und er erwarb in der Jim Russell<br />
Racing School auf der malerisch gelegenen Naturstrecke<br />
Mont Tremblant seine professionelle Rennlizenz.<br />
Anschließend trat er in der Formel Ford an, siegte gleich<br />
auf Anhieb in sieben von zehn Läufen und empfahl sich<br />
schließlich für die größere Formel Atlantic. 1975 gewann<br />
das Ausnahmetalent bei sintflutartigen Regenfällen das<br />
erste Rennen. Dass er bei schwierigen Wetterbedingungen<br />
besonders herausragte, erklärte Villeneuve<br />
damit, dass die Sicht bei seinen geliebten Schneemobilrennen<br />
noch viel schlechter sei. Diese fuhr der Jungspund<br />
auch weiterhin, vornehmlich da in den Anfangsjahren<br />
seiner Karriere das Geld knapp und er auf Kufen<br />
dermaßen erfolgreich war, dass er sich dadurch die Teilnahme<br />
an Autorennen finanzieren konnte.<br />
1976 startete Villeneuve in der Formel Atlantic voll<br />
durch, gewann bis auf ein Rennen alle Läufe des Jahres<br />
und sicherte sich die Meisterschaft - ein Kunststück, das<br />
er im Folgejahr wiederholte. Aufgrund seiner eindrucksvollen<br />
Leistungen in Nordamerika durfte er sich im Juli<br />
1977 in Silverstone erstmals in der Formel 1 versuchen.<br />
Ein elfter Platz für McLaren beim Debüt blieb sein einziges<br />
Rennen in der Königsklasse, das er nicht in einem<br />
Ferrari bestritt. Bereits Ende der Saison heuerte Villeneuve<br />
bei der Scuderia an und wurde bei seinem Heimrennen<br />
in Mosport Zwölfter. Der letzte Lauf des Jahres<br />
in Fuji endete jedoch tragisch - Villeneuve wurde in<br />
einen Unfall mit Ronnie Peterson verwickelt, bei dem<br />
ein Zuschauer und ein Streckenposten ihr Leben<br />
ließen.<br />
1978 kehrte er als Stammfahrer für Ferrari an die Strecke<br />
zurück. Nach vielen Ausfällen zu Beginn des Jahres verbesserte<br />
sich seine Performance zusehends. Beim fünftletzten<br />
Lauf in Österreich fuhr Villeneuve als Dritter<br />
erstmals aufs Podest, das Saisonfinale auf dem neuen<br />
Circuit Ile Notre-Dame gewann der Kanadier im verregneten<br />
Montreal. Die Strecke wurde später nach dem<br />
Premierensieger benannt. Dass er zunächst Teamkollege<br />
Carlos Reutemann, später Stallgefährte Jody Scheckter<br />
Gilles Villeneuves Grid Girl für den<br />
Holland GP in Zandvoort<br />
»Das Siegen bedeutete<br />
auch ihm alles,<br />
aber es zählte auch<br />
die Art und Weise,<br />
wie er gewann. Er<br />
nahm jedes Rennen<br />
als Herausforderung<br />
an. Dabei war<br />
er ein unglaublich<br />
harter Racer - aber<br />
immer fair. Für ihn<br />
war es Sport, er<br />
würde einem immer<br />
den Platz zum Überleben<br />
geben.«<br />
unterlegen war, der sich 1979 den WM-Titel für Ferrari<br />
sicherte, interessierte die Fans der Roten wenig. Viel<br />
mehr waren sie fasziniert vom Mut und der Hingabe,<br />
mit der Villeneuve Rennen fuhr - immer auf der letzten<br />
Rille, immer über dem Limit und niemals mit einem<br />
Gedanken an das Risiko. Weggefährte Chris Amon<br />
erklärte einmal: »Im Rennauto kannte Gilles keine<br />
Furcht. Sein Mut rührte aber eher vom sachlichen<br />
Akzeptieren des Risikos, als von Ignoranz oder mangelnder<br />
Einsicht. Er wusste, wie es war, sich zu verletzen<br />
- aber er akzeptierte das.« Bereits in der Formel Atlanic<br />
hatte sich Villeneuve bei einem Unfall das Bein gebrochen.<br />
»Er weigerte sich zuerst, wahrzuhaben, dass er<br />
verletzt war. Nicht wegen des Schocks, sondern einfach,<br />
weil er nicht glauben konnte, dass so etwas passiert. Als<br />
er das aber verstanden hatte, nahm er auch das Risiko<br />
an«, so Amon.<br />
Die besten Beweise für seinen ungebrochenen Wagemut<br />
lieferte der Kanadier in seiner zweiten kompletten Ferrari-Saison.<br />
Unvergessen sein rundenlanger Zweikampf<br />
mit Rene Arnoux auf dem Weg zu Platz zwei in Dijon<br />
- legendär auch sein Auftritt im holländischen Zandvoort<br />
wenige Wochen später. Mit einem Reifenschaden<br />
eigentlich bereits ausgeschieden, fuhr Villeneuve aus<br />
den Fangzäunen und dem Kiesbett zurück auf die Strecke,<br />
um das Rennen auf drei Rädern wieder aufzunehmen.<br />
Völlig fern der realistischen Grenzen der Physik,<br />
setzte er den Grand Prix fort, bis schließlich die komplette<br />
Radaufhängung seines Ferrari 312T4 in Fetzen<br />
hinter dem Boliden schleifte. Die Zuschauer verehrten<br />
den 67-fachen GP-Starter für seinen unermüdlichen<br />
Kampfgeist und sein verwegenes Wesen. Neben der<br />
Vizeweltmeisterschaft in jenem Jahr sicherte sich Villeneuve<br />
in seiner Karriere insgesamt zwei Pole Positions<br />
und sechs Siege. Nach zwei durchwachsenen Saisons<br />
hatte der zweifache Familienvater 1982 mit dem Ferrari<br />
126C2 erstmals wieder das Material, um nach der Krone<br />
zu greifen. Gemeinsam mit seinem schnellen Teamkollegen<br />
Didier Pironi, der bereits in der Vorsaison zur<br />
Scuderia gestoßen war, rieb er sich jedoch in einem<br />
erbitterten internen Duell auf. Zwischen den beiden<br />
Ferrari-Stars entwickelte sich eine große Rivalität, die<br />
in den kontroversen Ereignissen von Imola gipfelte. Um<br />
Sprit zu sparen, hatte die Scuderia ihre beiden in Führung<br />
liegenden Piloten angewiesen, die Pace herauszunehmen<br />
und den Doppelerfolg sicher ins Ziel zu bringen.<br />
Der Zweitplatzierte Pironi brach jedoch den<br />
Nichtangriffspakt und überholte Villeneuve in der letzten<br />
Rennrunde in der Tosa-Kurve und gewann. Der<br />
Kanadier war anschließend zutiefst enttäuscht und<br />
sprach mit seinem französischen Stallkollegen kein Wort<br />
mehr. Schon beim folgenden Lauf in Zolder wollte sich<br />
Villeneuve rächen.<br />
Keke Rosberg erinnerte sich Jahre später an Villeneuve<br />
- und auch dessen Frust über den ungerecht verlorenen<br />
Sieg: »Gilles war wahrscheinlich der verrückteste<br />
56 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Piloten und der Rennarzt an der Unglücksstelle und zogen Villeneuve aus den Fangzäunen<br />
- wenngleich der Puls des Kanadiers zu fühlen war, atmete dieser jedoch nicht mehr und<br />
sein Gesicht war blau angelaufen. Villeneuve wurde anschließend mit dem Helikopter in<br />
das Universitätskrankenhaus der nahegelegenen Stadt Löwen geflogen, wo das medizinische<br />
Personal einen Genickbruch feststellte. Trotz der sofort eingeleiteten lebenserhaltenden<br />
Maßnahmen, erlag der 32-Jährige um 21:12 Uhr seinen schweren Verletzungen. Das Ferrari-<br />
Team zog nach der Schocknachricht den zweiten Boliden von Pironi für das Rennen am<br />
Sonntag zurück und reiste vorzeitig aus Belgien ab. Eigentlich die falsche Antwort auf das<br />
unbarmherzige Schicksal, war doch vor allem ein Wort im Vokabular des Gilles Villeneuve<br />
nicht existent: Aufgeben. In Maranello bauten sie ihrem Idol anschließend ein Denkmal - dem<br />
Liebling von Enzo Ferrari, dem Liebling der Tifosi... der unvergessenen Nummer 27.<br />
In der Formel 1<br />
wurde schon immer<br />
gespart - manchmal<br />
eben an Hosen<br />
Villeneuve erkämpft<br />
sich Platz fünf in<br />
Monaco 1980<br />
Fotos: adrivo/sutton<br />
Bastard, den ich jemals getroffen habe. Im Vergleich zu<br />
Prost oder Lauda war er ein ganz verschiedener Typ<br />
Fahrer. Das Siegen bedeutete auch ihm alles, aber es<br />
zählte auch die Art und Weise, wie er gewann. Er nahm<br />
jedes Rennen als neue, ganz persönliche Herausforderung<br />
an. Dabei war er ein unglaublich harter Racer - aber<br />
immer fair. Für ihn war es Sport, er würde einem immer<br />
den Platz zum Überleben geben.« Die Tragik des Gilles<br />
Villeneuve ist, dass ihm dieser Platz am 8. Mai 1982<br />
selbst ausging. Acht Minuten vor dem Ende der Qualifikation<br />
zum Belgien GP befand sich Villeneuve auf einer<br />
schnellen Runde, um den zu diesem Zeitpunkt vor ihm<br />
liegenden Pironi noch abzufangen.<br />
ls er im schnellen Abschnitt auf der Rück-<br />
des Fahrerlagers über eine Kuppe Aseite<br />
kam, lief er auf den langsamen March-<br />
Ford von Jochen Mass auf. Der Deutsche<br />
befand sich nicht auf einer schnellen<br />
Runde, blockierte jedoch die Ideallinie.<br />
Als Mass Villeneuve im Rückspiegel sah, wechselte er<br />
auf die rechte Spur, um dem Ferrari links die Rennlinie<br />
zu überlassen. Der Kanadier hatte sich jedoch schon<br />
dazu entschieden, Mass vor der folgenden Rechtskurve<br />
innen zu überholen und seinerseits die Spur gewechselt.<br />
Vom Ausscheren des March wurde er überrascht und<br />
konnte nicht mehr ausweichen. Der Ferrari Villeneuves<br />
krachte in das Heck des Vordermannes und stieg in die<br />
Luft auf. Bei Geschwindigkeiten jenseits von 200 km/h<br />
schlug der Bolide auf die Wiese neben der Fahrbahn auf<br />
und zerbarst in seine Einzelteile. Villeneuve verlor seinen<br />
Helm und wurde mitsamt der Sitzschale, an die er<br />
immer noch geschnallt war, im hohen Bogen über die<br />
Strecke und die Fangzäune auf der anderen Seite<br />
geschleudert.<br />
Zwar waren innerhalb weniger Sekunden nachfolgende<br />
Die Fans liebten<br />
Villeneuve für seinen<br />
Einsatz und Fahrstil<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 57
Brüder unter sich:<br />
Michael und Ralf<br />
Schumacher in ihren<br />
jeweiligen Mercedes<br />
AMG Arbeitsgeräten in<br />
Barcelona<br />
58 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Jari, So wird das<br />
nichts<br />
Foto: mercedes-benz<br />
Wenn man kein Glück hat, kommt auch noch Pech<br />
dazu. Eine alte Weisheit, die bei WRC-Pilot Jari-Matti<br />
Latvala wie die Faust aufs Auge passt. Durch seinen<br />
Schlüsselbeinbruch war die Teilnahme an der Rallye<br />
Argentinien Geschichte. Doch das ist sicherlich nicht<br />
das Einzige, was den Finnen 2012 den Titel kosten<br />
könnte. Natürlich ist er schnell - sauschnell sogar.<br />
Das bringt aber nichts, wenn er seinen Ford bei jeder<br />
Gelegenheit von der Strecke schießt und letztendlich<br />
meistens ohne wertvolle WM-Punkte die Heimreise<br />
antreten muss. Ein Rückschlag, wie seine Verletzung,<br />
kommt sicher nicht gelegen, aber der Hauptgrund,<br />
warum er auch in dieser Saison nicht Weltmeister<br />
wird, ist sie sicher nicht. - Marion Rott<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 59
60 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Text: Robert Seiwert<br />
Fotos: bmw<br />
Charly Lamm lenkt<br />
die Geschicke bei<br />
Team Schnitzer<br />
2012 ist es soweit: BMW kehrt mit drei Teams<br />
in die DTM zurück. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />
stellte Schnitzer-Teamchef Charly Lamm zum<br />
Gespräch - über bayerische <strong>Motorsport</strong>-Tradition<br />
und eine neue Ära.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 61
Jens Marquardt<br />
betraute drei<br />
Teamchefs mit der<br />
Aufgabe DTM<br />
Dirk Werner nimmt<br />
in dieser Saison im<br />
gelben BMW M3<br />
DTM Platz<br />
MSM: In einer Umfrage auf unserer Website<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com glaubten 72 Prozent der<br />
User, dass Schnitzer das erfolgreichste BMW-Team<br />
in der DTM-Saison 2012 sein wird...<br />
CHARLY LAMM: Vielen Dank erst einmal an die<br />
Leser von <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com für die Vorschusslorbeeren.<br />
Die drei BMW-Teams haben alle<br />
einen unterschiedlichen Werdegang und wir sind<br />
eben das BMW-Traditionsteam. Schnitzer ist seit<br />
mehreren Jahrzehnten mit BMW im <strong>Motorsport</strong><br />
verbandelt, das haben die Fans in Erinnerung. Wir<br />
sind das einzige Team mit DTM-Vergangenheit.<br />
Ich möchte aber eine Lanze für die BMW-Partnerteams<br />
brechen: RMG ist kompletter Neueinsteiger<br />
und kann daher bislang nur eine bedingte Fangemeinde<br />
aufweisen. RBM ist bei den DTM-Fans<br />
vielleicht noch nicht so bekannt, obwohl das Team<br />
eine zehnjährige Historie mit BMW mitbringt.<br />
Man kennt Schnitzer von 1989 bis 1992 aus der<br />
DTM. Wo sehen Sie die größten Unterschiede<br />
zwischen der damaligen und heutigen Zeit?<br />
Die Gemeinsamkeit ist Rennsport- und Tourenwagensport<br />
- damit hört es größtenteils auch<br />
schon auf. Die DTM hat nach der BMW-Pause<br />
stürmische Zeiten durchlebt, seit 2000 ist die<br />
Serie wieder stabil und hat sich enorm entwickelt.<br />
Ihr liegt ein neues Sportliches Reglement<br />
zugrunde und das Technische Reglement hat<br />
sich deutlich verändert. In der Zeit von 2000 bis<br />
2011 wurden komplexe, extrem wettbewerbsfähige<br />
und fahrleistungsfähige Renntourenwagen<br />
entwickelt. Das ist eine komplett andere<br />
Liga; früher hatten wir 350 PS, heute sprechen<br />
wir von 480 PS. Die Autos sind bei relativ geringem<br />
Gewicht die schnellsten und leistungsstärksten<br />
Fahrzeuge mit Dach. Sie brauchen einen<br />
Vergleich mit den GT1-Fahrzeugen nicht zu<br />
scheuen.<br />
Kritiker warfen den letztjährigen DTM-Autos vor,<br />
mehr Prototypen denn Tourenwagen zu ähneln.<br />
Die Fahrzeuge für 2012 kommen den Serienautos<br />
wieder näher. Ein guter Schritt?<br />
Den Tourenwagen kamen enorme Freiheiten zu,<br />
bis 2011 waren das Tourenwagen der extremsten<br />
Ausprägung. Mit dem neuen Reglement für 2012<br />
wurde die richtige Richtung eingeschlagen. Die<br />
Fahrzeuge sollen zwar Downforce haben, aber das<br />
Karosseriekleid nicht mehr so extrem sein. Die<br />
DTM-Autos werden 2012 vom äußeren Erscheinungsbild<br />
her wieder mit Tourenwagen assoziiert,<br />
das Bild wird wieder stimmiger.<br />
Kann es nicht sein, dass sich in ein oder zwei Jahren<br />
doch wieder alles ändert, weil das Ziel sein muss,<br />
immer mehr Downforce zu erzeugen?<br />
Jeder Ingenieur will die technische Situation innerhalb<br />
des Reglements immer maximal ausloten. Es<br />
ist aber gelungen, Limits mit deutscher Gründlichkeit<br />
zu setzen, um die extremen Auswirkungen<br />
einzudämmen. Es wurde ein Weg gefunden, der<br />
keine Schlupflöcher mehr bietet. Das Reglement<br />
wurde umgeschrieben, so dass man im Bereich der<br />
Aerodynamik keine solch extremen Lösungen<br />
mehr sehen wird, wie es bis 2011 der Fall war.<br />
In den neuen DTM-Autos kommen mehr als 50<br />
Einheitsbauteile zum Einsatz. Hat jedes Team<br />
trotzdem noch die Möglichkeit, sich einen Vorteil<br />
zu verschaffen?<br />
Die Aufgabenstellung verschiebt sich. Es wurden<br />
Gleichteile definiert, die von allen Herstellern eingesetzt<br />
werden, um die Kosten zu senken. Bei diesen<br />
Teilen wird es keinen Wettbewerb geben, z.B.<br />
bei Chassis und Monocoque, diese sind einheitsneutral.<br />
Daher verlagert sich der Wettbewerb auf<br />
Teile, die in der Entwicklung frei sind. Es ist derzeit<br />
nicht unbedingt Aufgabe der Teams, die freien Teile<br />
Trotz des neuen Reglements<br />
hat sich der Wettbewerb<br />
kaum verändert. Wir<br />
als Neueinsteiger haben<br />
einen enormen Prozess<br />
vor uns, um die Details der<br />
DTM zu erlernen, damit wir<br />
möglichst wettbewerbsfähig<br />
sein können.<br />
zu verändern. Darum kümmern sich die Hersteller,<br />
die diese testen und freigeben. Die Teams müssen<br />
den Technikstand darstellen und bestmöglich einsetzen.<br />
Es gilt, den Stand bestmöglich einzusetzen,<br />
das Fahrwerk und die Aerodynamik optimal einzustellen<br />
und die Einheitsreifen richtig zu nutzen.<br />
Diese Bereiche als Team perfekt abzubilden, wird<br />
eine große Herausforderung.<br />
Die Position der Auspuffrohre an den einzelnen<br />
Autos hat sich im Verlauf der Vorbereitung häufiger<br />
verändert. Inzwischen hat jeder Hersteller<br />
eine andere Lösung gefunden. Gibt es in dieser<br />
Hinsicht keine Bestimmungen?<br />
Doch, die gibt es. Bis August vergangenen Jahres<br />
mündete der Auspuff des BMW M3 DTM noch<br />
am Heck. Später gab es eine Änderung in der Herstellerrunde,<br />
so dass die Abgase nun seitlich in der<br />
Nähe der Hinterräder austreten. Im endgültigen<br />
Reglement gibt es einen definierten Mündungsbereich<br />
an der Fahrzeugseite. Es dauerte eine Weile,<br />
bis sich die Hersteller auf eine Lösung geeinigt hatten.<br />
Die Möglichkeit, mittels der Abgase mehr<br />
Anpressdruck zu generieren - wie es in der Formel<br />
Fotos: bmw, dtm<br />
62 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
1 mit dem angeblasenen Diffusor der Fall war -,<br />
besteht übrigens nicht.<br />
Hatten Sie bei der Fahrerwahl ein Mitspracherecht?<br />
Die Entscheidung über den BMW-Fahrerkader<br />
wurde in München getroffen. Ich bin mir sicher,<br />
dass BMW über eine sehr wettbewerbsfähige<br />
Mannschaft verfügt. Dirk Werner kannten wir<br />
bereits aus unserer gemeinsamen Vergangenheit.<br />
Bruno Spengler ist sehr erfahren, was unserem<br />
Team sehr gut tut und gleichzeitig auch Dirk hilft.<br />
Unser Ziel ist es, von Brunos Erfahrung zu profitieren<br />
und diese an Dirk zu vermitteln, der in seine<br />
erste DTM-Saison startet.<br />
Könnte Brunos Wechsel zu BMW eine zusätzliche<br />
Motivationsspritze für ihn sein?<br />
Bruno und Martin Tomczyk sind die Erfahrungsträger<br />
im BMW-Kader, die anderen müssen noch<br />
Mit Bruno Spengler<br />
hat Schnitzer einen<br />
erfahrenen DTM-Star<br />
im Team<br />
wollen zunächst Brunos Erfahrung nutzen und<br />
Dirk mitgeben, um seinen Lernprozess optimal zu<br />
fördern. Wir befinden uns im Wettbewerb mit zwei<br />
Herstellern, die über einen enormen Erfahrungsvorsprung<br />
verfügen. Trotz des neuen Reglements<br />
hat sich der Wettbewerb in der DTM kaum verändert.<br />
Wir als Neueinsteiger haben einen enormen<br />
Prozess vor uns, um die Details der DTM zu erlernen,<br />
damit wir möglichst wettbewerbsfähig sein<br />
können.<br />
Was sind für Sie persönlich die größten Herausforderungen<br />
im Hinblick auf die<br />
Rennwochenenden?<br />
Man kann die ganze Bandbreite nehmen. Jedes<br />
Rennwochenende hat spezielle Anforderungen. Die<br />
DTM ist sehr komplex, das fängt beim Boxenaufbau,<br />
den Boxenstopps sowie der Elektronik an. Die<br />
Autos werden im Zweiwochenrhythmus überprüft.<br />
Das ist eine enorme Herausforderung, vor allem<br />
jetzt am Anfang, wenn Rennen innerhalb einer<br />
Woche stattfinden. Die Boxenstopp-Choreographie<br />
muss perfekt erlernt werden, unsere Autos müssen<br />
in der kurzen Zeit am Wochenende abgestimmt<br />
werden. Der Terminplan ist anspruchsvoll; bei den<br />
relativ kurzen Fahrtzeiten im Rennen ist jede Runde<br />
wertvoll. Die Zeit muss effizient genutzt werden,<br />
um die nötigen Informationen zu erhalten.<br />
Wie groß ist das Team von Schnitzer?<br />
Unser Team umfasst 26 Leute. Unsere Zeit in der<br />
WTCC war nicht so intensiv, wie es die DTM erfordert,<br />
da ging es auch mit 18 bis 20 Leuten. Jetzt sind<br />
wir stärker aufgestellt, vor allem unser Ingenieurs-<br />
Team. Die Schnitzer-Mannschaft ist im Kern gleich<br />
geblieben, aber wir haben versucht, uns mit DTMerfahrenen<br />
Leuten zu verstärken.<br />
BMW vor Mercedes und<br />
Audi - das hätten die<br />
Münchener gerne so<br />
eine Menge lernen, was die DTM betrifft. Bruno<br />
war in der DTM in den vergangenen Jahren im<br />
Vorderfeld, hatte jedoch ein paar unglückliche Situationen.<br />
Er ist ein wirklich sehr freundlicher und<br />
smarter Typ, der gerade von der schwäbischen in<br />
die bayrische Kultur wechselt. Man spürt, dass er<br />
die DTM lebt. Er weiß, wohin es gehen muss und<br />
zeigt die Richtung auf. Wir spüren deutlich seine<br />
Erfahrung und wie er sich ins Team einbringt.<br />
Wird Bruno der Leader bei Schnitzer sein?<br />
Unsere beiden Autos werden gleich vorbereitet.<br />
Dirk ist DTM-Rookie und hat die gleichen Ziele<br />
wie Bruno, wählt aber einen anderen Ansatz. Wir<br />
Also Mitarbeiter, die bis vor kurzem bei anderen<br />
Teams unter Vertrag standen?<br />
Wir haben im Engineering drei Ingenieure mit<br />
DTM-Erfahrung bis 2011 beziehungsweise 2010. In<br />
der Zeit von 2000 bis 2011 hat die DTM jedes Jahr<br />
eine Weiterentwicklung durchgemacht, auch in der<br />
Art, wie Autos abgestimmt werden. Daher ist es<br />
wichtig, Leute aus der aktuellen Zeit zu rekrutieren.<br />
Man nimmt aus allen Rennserien Erfahrung mit,<br />
aber die DTM ist so speziell, dass wir Erfahrungsträger<br />
von dort brauchten. Brunos Renningenieur<br />
kann auf dessen Erfahrung aufbauen, der von Dirk<br />
Werner wird hingegen mehr Geduld brauchen, weil<br />
er ihn auf ein anderes Niveau hinführen muss.<br />
Was planen Sie in diesem Jahr noch an anderen<br />
Rennsportprogrammen?<br />
Wir haben ein großes Herz für die Langstrecke,<br />
aber dieser Leidenschaft können wir in diesem Jahr<br />
nicht nachgehen. Die DTM ist sehr intensiv und<br />
ihr gilt unsere volle Konzentration. Wenn wir glauben,<br />
dass wir alles im Griff haben, kann man immer<br />
noch weitersehen, aber 2012 gibt es für uns nur die<br />
DTM.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 63
Der Newcomer<br />
Stefan Reinhold ist neu in der DTM, aber nicht im <strong>Motorsport</strong>. Das<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> stattete seiner Mannschaft in den ehemaligen<br />
Zakspeed-Hallen im 3.000 Seelen Örtchen Niederzissen einen Besuch ab.<br />
MSM: Wie wird man DTM-Teamchef?<br />
STEFAN REINHOLD: Man muss erst einmal<br />
für sich selbst wissen, dass man Teamchef sein<br />
möchte. Dann muss man Ideen ausarbeiten, ein<br />
Konzept erstellen und sich - wie in meinem Fall<br />
- bei BMW bewerben. Ich bekam schließlich<br />
den Zuschlag. Es war ja seit geraumer Zeit<br />
bekannt, dass BMW die Rückkehr in die DTM<br />
plant - also rief ich bei BMW <strong>Motorsport</strong> an<br />
und fragte, ob ich mich bewerben könne. Ein<br />
paar Kontakte hatte ich auch nach München,<br />
wie zum ehemaligen <strong>Motorsport</strong>chef Dr. Mario<br />
Theissen, den ich aus meiner Zeit in der Formel<br />
1 kannte.<br />
Wie sieht so eine Bewerbung aus?<br />
Das war ein Konzept mit gewissen Strukturen,<br />
wie ich mir die Arbeit in der DTM vorstelle.<br />
Natürlich brachte ich auch neue Ideen ein. Im<br />
Laufe der Jahre habe ich einiges an Erfahrung<br />
gesammelt und mir die Frage gestellt, was man<br />
noch besser machen kann. Zum Konzept gehören<br />
vor allem die Organisation des Unternehmens<br />
sowie die Arbeit an der Strecke - danach<br />
hat man eine gute Vorstellung, wie so ein Team<br />
aussehen soll.<br />
Zu einem Team gehören auch Mitarbeiter...<br />
Genau, bei RMG sind ungefähr 25 Mitarbeiter<br />
beschäftigt. Darunter sind einige, mit denen ich<br />
bereits gemeinsam bei Toyota in der Formel 1 gearbeitet<br />
habe und sogar welche, die ich damals dahin<br />
gebracht hatte. Ich bin froh, die Möglichkeit gehabt<br />
zu haben, ein paar der Leute wieder in mein Team<br />
integrieren zu können - dadurch lebt der Zusammenhalt<br />
weiter. Wir haben allerdings auch Leute aus<br />
der DTM und dem GT-Sport im Team. Als bekannt<br />
wurde, dass wir mit BMW in der DTM arbeiten<br />
würden, flatterten einige Bewerbungen ins Haus.<br />
Was konnten Sie aus Ihrer Zeit in der Formel 1<br />
mitnehmen?<br />
Ich fing damals als Applikationsingenieur bei<br />
Toyota an und arbeitete später als Gruppenleiter<br />
für den Elektronikbereich an der Strecke. In der<br />
Formel 1 herrscht bezüglich Arbeit und Organisation<br />
ein sehr hoher Anspruch, auf dem<br />
Level muss man möglichst fehlerlos arbeiten.<br />
Diese Erfahrung hilft bei meiner jetzigen Arbeit.<br />
Wenn die Motivation stimmt, ist man immer<br />
gewillt, die bestmögliche Arbeit zu leisten. Im<br />
technischen Bereich konnte ich viel Erfahrung<br />
sammeln, die immer hilfreich ist. In der F1 ist<br />
der Pool an Experimenten sehr groß und da sich<br />
alles um die Physik dreht, hilft diese<br />
Erfahrung.<br />
Wie lautet Ihre Zielsetzung für das erste Jahr?<br />
Wir wollen einen 100-Prozent-Job machen.<br />
Alles weitere lassen wir auf uns zukommen.<br />
Wenn es gut läuft, stehen wir am Ende ganz<br />
oben - das muss schließlich immer das Ziel im<br />
<strong>Motorsport</strong> sein.<br />
Fotos: bmw<br />
64 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Der Etablierte<br />
RBM-Teamchef Bart Mampaey gewann mit BMW und Andy Priaulx<br />
einen Europameister- und drei Weltmeistertitel. Das <strong>Motorsport</strong>-<br />
<strong>Magazin</strong> befragte ihn zur Herausforderung DTM.<br />
MSM: Ist es ein Vorteil, bereits mit beiden Fahrern<br />
zusammengearbeitet zu haben?<br />
BART MAMPAEY: BMW verfügt neben Andy<br />
Priaulx und Augusto Farfus mit Dirk Werner und<br />
Joey Hand über zwei weitere Fahrer, die schon lange<br />
zum Fahrerkader gehören. Bruno Spengler und<br />
Martin Tomczyk sind zwei Top-Piloten mit DTM-<br />
Erfahrung. BMW hat ein balanciertes Pilotenaufgebot,<br />
jede Fahrer/Teambesetzung besitzt spezifische<br />
Eigenschaften. Wir müssen abwarten, ob es<br />
für uns von Vorteil ist, beide Fahrer zu kennen.<br />
Vielleicht können die anderen Teams mehr Leistung<br />
zeigen, weil sie DTM-erfahrene Piloten haben. Man<br />
darf auch nicht vergessen, dass wir Andy und Augusto<br />
2011 nicht betreut haben.<br />
Was ist die größte Herausforderung?<br />
Die DTM ist eine Top-Meisterschaft, in der man<br />
auf jedes Detail achten muss. So sind beispielsweise<br />
die Boxenstopps neu für uns, dazu das spezifische<br />
Qualifying-Format, das Engineering und Rennstrecken,<br />
auf denen wir während unserer Zeit in der<br />
WTCC nicht gefahren sind. Wir arbeiten hart dafür,<br />
eventuelle Defizite möglichst schnell in den Griff<br />
zu bekommen.<br />
Gibt es besondere Erfahrungen, die Sie aus der<br />
WTCC mitbringen?<br />
Zu einem gewissen Grad nehmen wir Automatismen<br />
zwischen den Mechanikern, Ingenieuren und<br />
Fahrern mit. Man darf aber nicht vergessen, dass<br />
RBM vor 2010 nie ein Zwei-Auto-Team war. Also<br />
sind unsere Erfahrungen in diesem Bereich nicht<br />
besonders groß.<br />
Wo liegen die Unterschiede zur DTM?<br />
Die DTM-Fahrzeuge sind komplexer als ihre<br />
WTCC-Pendants, man braucht mehr Leute für die<br />
Betreuung. Was wir aber aus der WTCC mitnehmen<br />
können, sind Organisation und Logistik, die<br />
bei Übersee-Rennen extrem waren - und im <strong>Motorsport</strong><br />
gibt es fast nichts Extremeres als Macau.<br />
Wenn man auf diese Basis zurückkommt und das<br />
mit einer Philosophie kombiniert, die in Richtung<br />
komplexeres Fahrzeug geht, dann hoffe ich auf eine<br />
gute Arbeitsgrundlage.<br />
Was hat RBM 2011 gemacht?<br />
Wir erbrachten unterschiedliche Leistungen für<br />
BMW. Einerseits war das der Aufbau von BMW-<br />
Fahrzeugen mit dem neuen 1,6 Liter Turbo-Motor,<br />
außerdem betreuten wir ein GT3-Projekt und<br />
waren natürlich sehr intensiv mit dem Aufbau des<br />
DTM-Autos beschäftigt. Es war ein sehr interessantes<br />
Jahr für uns; wir lernten den Rennsport vor<br />
allem im Entwicklungsbereich noch besser<br />
kennen.<br />
Wie sieht das Ziel für 2012 aus?<br />
Im ersten Jahr möchte man konkurrenzfähig sein.<br />
Ich möchte mich nicht zu weit aus dem Fenster<br />
lehnen und schon von Siegen sprechen. Wir möchten<br />
als neues Team gut in der DTM unterwegs sein<br />
und mit guten Leistungen mitmischen. Wenn wir<br />
am Ende des Jahres sagen können, unser Bestes<br />
gegeben zu haben, bin ich zufrieden.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 65
Geschafft: Mads Östberg zählt jetzt zum<br />
elitären Kreis der WRC-Sieger<br />
Trotz seines ersten Sieges bleiben die<br />
Sorgen vorerst bestehen<br />
Text: Marion Rott<br />
Das fünfte Element<br />
Mads Östberg gilt als das neue Talent in der Rallye-WM. In Portugal sicherte er sich<br />
seinen ersten Sieg, doch auch in der Stunde des Erfolgs bleiben die Sorgen bestehen.<br />
In den letzten Jahren war es nicht schwer, die Sieger<br />
in der Rallye Weltmeisterschaft zu prognostizieren.<br />
Sie hießen Sebastien Loeb, Mikko Hirvonen, Jari-<br />
Matti Latvala und seit seinem Debütsieg 2010 auch<br />
noch Sebastien Ogier. Jedem Kenner fällt sofort die<br />
Verbindung zwischen diesen vier Piloten auf: sie<br />
alle saßen in einem Auto, das von einem Werksteam<br />
bereitgestellt wurde. Der Unterschied bestand nur<br />
in der Marke - Citroen oder eben Ford.<br />
Nach nun vier Jahren mit immer nur vier Siegern<br />
schickt sich ein junger Norweger an, dieses eingefahrene<br />
Muster zu durchbrechen: Mads Östberg<br />
triumphierte in Portugal zum ersten Mal auf WM-<br />
Ebene. Ein fünfter möglicher Kandidat auf die<br />
oberste Stufe des Treppchens, der zwar bei vielen<br />
Experten auf der Rechnung stand, aber irgendwie<br />
auch wieder nicht. Denn der 24-Jährige kann nicht<br />
einfach in seinem Boliden Platz nehmen und losfahren.<br />
Er bestreitet die Saison mit seinem Privatteam<br />
Adapta WRT, was den Sieg umso wertvoller<br />
macht. Denn dies gelang seit der Rallye San Remo<br />
im Jahr 1993, als sich der Italiener Franco Cunico<br />
in seinem Ford Escort RS feiern lassen konnte, keinem<br />
Privatier mehr.<br />
Wenngleich die Leistung sicherlich großartig ist,<br />
überraschend kam sie für die wenigsten. Dass der<br />
24-jährige Östberg aus der beschaulichen Stadt<br />
Fredrikstad Benzin im Blut hat, ist kein Geheimnis.<br />
Wie er dieser Leidenschaft aber frönen sollte,<br />
musste Östberg erst noch herausfinden. Schon<br />
mit vier Jahren saß der kleine Mads auf einem<br />
Motorrad, bis er merkte, dass ihm mehr Gummi<br />
unter dem Gefährt doch lieber war, was ihn zum<br />
Klassiker brachte: Kartfahren. Doch die sterile<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
66 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
»Der erste norwegische Sieger seit sieben Jahren zu sein, ist gut, und ich<br />
hoffe, es wir dabei helfen, Sponsoren und Partner zu finden, aber wir haben<br />
immer noch Arbeit vor uns.«<br />
Atmosphäre eines geteerten Weges war nicht das, was der<br />
Norweger suchte. Was lag also näher, als seinem Vater auf<br />
dessen wilden Touren mit einem Subaru Impreza durch<br />
Wald und Feld zu begleiten?<br />
Zehn Jahre später donnerten die Motorengeräusche durch<br />
die Wälder Schwedens und die Augen vieler Beteiligter<br />
wurden groß. Denn nicht die Citroen- oder Ford-Werkspiloten<br />
führten die Rallye in Schnee und Eis an, sondern der<br />
M-Sport-Stobart-Pilot Mads Östberg - und das in seiner<br />
ersten Rallye in einem Ford WRC. Doch während andere<br />
Piloten verbissen und verkrampft versucht hätten, sich zu<br />
behaupten, war der Norweger noch zu Scherzen aufgelegt.<br />
»Ich weiß auch nicht, warum die anderen alle so langsam<br />
fahren«, lachte er. Zwar rutschte er im Verlauf der Veranstaltung<br />
noch eine Position zurück, doch der zweite Platz<br />
ließ die Verantwortlichen aufhorchen. »Das war nicht mein<br />
letztes Podest in diesem Jahr«, zeigte sich Östberg selbstbewusst.<br />
Er sollte Recht behalten. Zwar klappte das Vorhaben<br />
lange nicht, doch zum Saisonfinale spiegelten sich<br />
die Ereignisse und wieder konnte er über einen zweiten<br />
Platz jubeln. Ein Wechsel in ein Werksteam schien nur<br />
noch eine Frage der Zeit zu sein.<br />
Wenige Wochen später schienen seine Gebete erhört, Mikko<br />
Hirvonen verließ Ford in Richtung Citroen und der ersehnte<br />
Platz in einer Werksmannschaft war zum Greifen nah. Vor<br />
allem, da Teamchef Malcolm Wilson sehr viel von Östberg<br />
Auch als WRC-Sieger muss Mads<br />
Östberg weiter auf Sponsorensuche<br />
gehen - von nichts kommt eben nichts<br />
hielt. »Es war eine Freude, dieses Jahr mit Mads zusammenzuarbeiten«, meinte dieser. Die<br />
Zusammenarbeit hätte ihre Steigerung im Werksteam finden können und Wilson goss Öl ins<br />
Feuer: »Er ist geistig schon sehr reif und hat eine extrem aufregende Zukunft vor sich.« Kurze<br />
Zeit später musste Östberg aber hinnehmen, dass man sich gegen ihn und für seinen Landsmann<br />
Petter Solberg entschieden hatte, was ein weiteres Jahr auf eigenen Beinen bedeutete.<br />
Genau das, nämlich auf eigenen Beinen zu stehen und alles alleine regeln zu müssen, ist schwierig,<br />
das musste Östberg in seiner Karriere schon oft feststellen. Denn auch wenn sein Vater ihn<br />
tatkräftig unterstützt, geht es nicht nur um den Spaß am Fahren. Die Geldsorgen und Angst vor<br />
einem Schaden an seinem Ford Fiesta RS WRC fahren immer mit. Jede Rallye könnte die letzte<br />
der Saison sein, weil ein Unfall oder ein technischer Defekt das Budget übersteigen könnten.<br />
Und so bleibt Östberg auch im Moment des Triumphes realistisch und sieht den Nutzen<br />
seines ersten Erfolges. »Der erste norwegische Sieger seit sieben Jahren zu sein, ist gut,<br />
und ich hoffe, es wir dabei helfen, Sponsoren und Partner zu finden, aber wir haben<br />
immer noch Arbeit vor uns.«<br />
Fotos: mercedes AMG
Hall of Fame<br />
Text: Marion Rott<br />
Mads Östberg erweiterte durch seinen Sieg in Portugal die ewige Bestenliste<br />
der WRC-Sieger um einen Namen. Doch die groSSen Fünf dieser Liste bleiben unangefochten<br />
- sie vereinen 174 Siege und damit 35% aller Triumphe auf sich.<br />
Sebastien<br />
Loeb<br />
Als der damals 28-jährige Sebastien Loeb das Ziel vor der<br />
Porta Nigra in Trier erreichte, war es geschafft. Der erste<br />
Sieg des Elsässers in der Rallye-WM war in trockenen<br />
Tüchern. Viele Experten erkannten schon zu diesem frühen<br />
Zeitpunkt, dass in Loeb das Potenzial zum Weltmeister<br />
steckte. Doch selbst die kühnsten Sympathisanten hätten<br />
wohl nicht damit gerechnet, dass er nur zehn Jahre später<br />
weitere 68 Siege eingefahren haben und mit deutlichem<br />
Abstand die Spitze in der Rekordliste besetzen würde - von<br />
acht WM-Titeln ganz zu schweigen.<br />
Erster Sieg:<br />
2002, Rallye Deutschland<br />
Siege insgesamt: 69 (44.5 Prozent der Starts)<br />
Gefahrene Rallyes: 155<br />
WM-Titel: 8<br />
Sebastien Loeb und<br />
Daniel Elena sind seit<br />
Jahren die Nummer 1<br />
in der WRC<br />
Fotos: adrivo/Sutton
Erster Sieg: 2000, Rallye Schweden<br />
Siege insgesamt: 30 (19.7 Prozent der Starts)<br />
Gefahrene Rallyes: 152<br />
WM-Titel: 2<br />
Erster Sieg: 1990, Rallye Griechenland<br />
Siege insgesamt: 26 (13.3 Prozent der Starts)<br />
Gefahrene Rallyes: 196<br />
WM-Titel: 2<br />
Markus<br />
Grönholm<br />
Der Finne sicherte sich mit 30 Siegen und einer Quote von knapp 20% den<br />
zweiten Platz in der ewigen Rekordliste. Ein Platz, der ihm nur allzu vertraut<br />
ist. Denn obwohl er in dieser und vielen anderen Bestenlisten sehr weit oben<br />
zu finden ist, war der Ford- und Peugeot-Werkspilot oft zur falschen Zeit am<br />
falschen Ort. Denn trotz seiner Erfolge reichte es nur zwei Mal zur Spitze in der<br />
WM - dafür aber genauso oft und denkbar knapp zum undankbaren zweiten<br />
Rang hinter Loeb.<br />
Carlos<br />
Sainz<br />
Die Liste der Teams, für die der spanische Weltmeister seine 26 Siege holte,<br />
ist fast so lang wie die Zahl der Siege selbst. Von Citroen über Lancia und<br />
Subaru bis hin zu Ford und Toyota. All diese Mannschaften probierte El Matador<br />
aus. Einer seiner Siege dürfte dem Spanier aber besonders in Erinnerung geblieben<br />
sein, denn er war im Jahr 1990 der erste Pilot, der nicht aus Skandinavien<br />
stammte und die Rallye Finnland für sich entschied. Mittlerweile versucht er<br />
sein Glück im Volkswagen-Team, wo er als Testfahrer den Polo R WRC zu einem<br />
Siegerauto formen möchte.<br />
Erster Sieg: 1993, Rallye Neuseeland<br />
Siege insgesamt: 25 (17.1 Prozent der Starts)<br />
Gefahrene Rallyes: 146<br />
WM-Titel: 1<br />
Erster Sieg: 1994, Rallye Finnland<br />
Siege insgesamt: 24 (17.3 Prozent der Starts)<br />
Gefahrene Rallyes: 139<br />
WM-Titel: 4<br />
Colin<br />
McRae<br />
Tommi<br />
Mäkinen<br />
Die Sonne brannte auf der Haut, genau wie der Sand in den Augen. Im Ziel der<br />
Safari Rallye aber gab es einen Piloten, dem das nicht aufzufallen schien. Colin<br />
McRae feierte wenige Minuten zuvor seinen 25. Sieg in der Rallye-WM. Der<br />
Schotte strahlte über das ganze Gesicht, schließlich hatte er sich nicht nur in<br />
der WM auf den zweiten Rang geschoben, sondern wurde er im Juli 2002 der<br />
alleinige Spitzenreiter der ewigen WRC-Sieger. Niemand wusste zu diesem<br />
Zeitpunkt, dass der Ford-Pilot zum letzten Mal auf dem obersten Treppchen<br />
stehen und seine Bestmarke nur wenige Jahre Bestand haben würde. Dennoch<br />
bleibt der Weltmeister auch nach seinem Tod bei einem Hubschrauberabsturz<br />
eine Legende des Sports.<br />
Die Rallye Finnland gilt aufgrund ihrer Geschwindigkeit als eine der Herausforderungen<br />
des WRC-Kalenders und jeder Pilot will sich zumindest einmal in<br />
die Liste der Gewinner eintragen. Mäkinen gelang jedoch Einmaliges. Nicht<br />
nur, dass er auf heimischem Boden und vor Tausenden, jubelnden Fans seinen<br />
ersten Sieg in der WM feierte, er konnte dieses Kunststück in den folgenden<br />
vier Jahren wiederholen und krönte sich zum inoffiziellen König der 1000-Seen-<br />
Rallye. Damit sicherte er sich über 20% seiner 24 Siege auf heimischem Boden.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 69<br />
Fotos: mercedes AMG
In Fabio Leimers<br />
Kopf spukt irgendwo<br />
der Traum von der<br />
Formel 1 herum<br />
70 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Schweizer<br />
Traum<br />
Ein Schweizer Fahrer in einem<br />
Schweizer Team - davon träumt<br />
Nachwuchsfahrer Fabio Leimer. Um<br />
dieses Ziel zu erreichen, will er in<br />
der GP2 um den Meistertitel fahren.<br />
Text: Fabian Schneider<br />
MSM: Wie sehr bist du mit dem Auftakt der Saison<br />
zufrieden?<br />
FABIO LEIMER: Es war sicher kein perfektes Wochenende, aber<br />
für den Anfang nicht schlecht. Es gibt noch viele Rennen und<br />
es ist wichtig, dass man den Punkten nicht von Beginn an hinterherfährt.<br />
Jeder weiß, dass die GP2 eine hart umkämpfte Meisterschaft<br />
ist und man nicht erwarten kann, jedes Rennen zu<br />
gewinnen. Jeder einzelne Punkt ist wichtig für die Meisterschaft,<br />
daher kann ich bisher zufrieden sein.<br />
In Sepang gastierte die GP2 Hauptserie zum ersten Mal. Wie<br />
aussagekräftig war das Rennen unter diesem Gesichtspunkt?<br />
Für mich persönlich war es sehr schwer, denn ich bin zuvor noch<br />
nie auf der Strecke gefahren und hatte so keinen Vorteil durch<br />
meine bisherigen Erfahrungen in der GP2. Jetzt kenne ich allerdings<br />
alle Strecken bis auf das Finale in Singapur und werde so<br />
mehr herausholen können. Malaysia war trotzdem ein sehr<br />
wichtiges Rennen, da wir zum ersten Mal bei großer Hitze<br />
gefahren sind und so sehen konnten, wie sich die Reifen im<br />
Rennen verhalten. Für die Zukunft haben wir so wertvolle Informationen<br />
sammeln können.<br />
Wünscht man sich gerade auf unbekannten Strecken deutlich<br />
→<br />
Fotos: gp2 series
mehr Trainingszeit?<br />
Das sehr wenige Training ist einer der härtesten<br />
Faktoren in der Meisterschaft. Man hat<br />
in der halben Stunde kaum eine Möglichkeit,<br />
die Strecke zu lernen, das Auto abzustimmen<br />
und sich auf das Rennen vorzubereiten. Wichtig<br />
ist, dass das Team ein gutes Grundsetup hat,<br />
damit das Auto im Rennen einigermaßen geht.<br />
Gerade für die Rookies wird es so besonders<br />
schwer, vorne mitzufahren, denn für sie sind<br />
ja nicht nur die Strecken, sondern auch das<br />
Auto Neuland.<br />
In Malaysia hast du sehr mit den Reifen<br />
kämpfen müssen. Liegt das an der neuen<br />
Mischung?<br />
Nicht unbedingt, denn im Sprintrennen sind<br />
wir ja mit den bekannten Reifen gefahren, es<br />
hat sich im Vergleich zum Vorjahr also nichts<br />
verändert. Es war sehr heiß und wir haben<br />
vielleicht einen etwas zu hohen Reifendruck<br />
gewählt. Mit einer etwas zu aggressiven Fahrweise<br />
kann man dann Probleme mit den Reifen<br />
bekommen. Aber wir haben daraus gelernt,<br />
ich war auch beim Team in Jerez, um die Daten<br />
für die nächsten Rennen zu studieren.<br />
Bereits im letzten Jahr hatte Racing Engineering<br />
immer wieder immense Probleme mit<br />
den Reifen. Ist es ein generelles Problem des<br />
Teams?<br />
Das kann man so pauschal nicht sagen. 2011<br />
hatten sie in der ersten Hälfte der Saison große<br />
Probleme mit den Reifen, aber gegen Ende des<br />
Jahres, etwa in Spa oder Monza, waren sie sehr<br />
konstant. In Monza bin ich hinter Christian<br />
Vietoris gefahren, der damals bei Racing Engineering<br />
war, und hatte insgeheim gehofft, dass<br />
seine Reifen abbauen - das war leider nicht der<br />
Fall. Wichtig ist in jedem Fall, dass man möglichst<br />
weit vorne startet. Von der Pole Position<br />
aus hat man mit freier Fahrt weniger Sorgen<br />
um die Reifen.<br />
Die härteste Konkurrenz erwarte ich von Valsecchi<br />
und Luiz Razia. Die meisten Leute wissen<br />
gar nicht, dass die beiden schon mit der GP2<br />
Asia in Malaysia gefahren sind, da hatten sie<br />
einen kleinen Vorteil und haben das Beste<br />
daraus gemacht. Auch von Esteban Gutierrez<br />
erwarte ich einiges. Die Saison ist aber noch<br />
sehr lang, man muss konstant sein und darf<br />
keine Dummheiten machen - noch ist alles<br />
möglich.<br />
Im Winter hast du einen Formel-1-Test für<br />
Sauber absolviert. Wie hast du die ersten Rennen<br />
der Saison als Zuschauer erlebt?<br />
Die Testfahrt war für mich natürlich ein tolles<br />
Erlebnis, zuvor bin ich ja noch nie Formel 1<br />
gefahren. Wenn es in diesem Jahr gut läuft und<br />
ich nächstes Jahr in die Formel 1 kommen<br />
sollte, habe ich immerhin schon ein paar Runden<br />
gedreht. Ich kenne Sauber gut, auch Sergio<br />
Perez aus seiner Zeit in der GP2. Über das<br />
Podestergebnis in Malaysia habe ich mich sehr<br />
gefreut, obwohl ich während des Rennens<br />
schon auf dem Weg zum Flughafen war und<br />
gar nicht viel mitbekommen habe. Der zweite<br />
Platz war eine tolle Werbung und wird dem<br />
ganzen Team für die Zukunft sehr helfen.<br />
Perez ist bei den Gerüchteköchen als Ersatz<br />
für Felipe Massa bei Ferrari im Gespräch.<br />
Würde dir das freie Cockpit bei Sauber entgegen<br />
kommen?<br />
Für mich wäre es das beste, wenn Perez und<br />
Kobayashi gehen würden, aber das steht noch<br />
in den Sternen. Dann wären zwei Plätze frei<br />
und ich könnte neben Gutierrez nachrücken,<br />
wenn mir eine gute Saison gelingt. Eine tolle<br />
Möglichkeit wäre es allemal, als Schweizer<br />
Fahrer in einem Schweizer Team zu fahren.<br />
Wichtig ist es aber erst einmal, in der GP2<br />
Podestplätze zu holen und Rennen zu gewinnen,<br />
dann werden sich automatisch einige<br />
Türen öffnen.<br />
Leimer erhofft sich<br />
gute Ergebnisse in<br />
der GP2<br />
Der Schweizer zählt<br />
zu den erfahrenen<br />
Piloten in der Serie<br />
Fotos: gp2 series, fia gt1<br />
Macht es in Sachen Erfahrungsschatz einen<br />
Unterschied, ob man wie du im dritten Jahr<br />
oder sogar noch länger dabei ist?<br />
Das ist schwer zu sagen. Neueinsteiger haben<br />
auf jeden Fall einen großen Nachteil gegenüber<br />
Fahrern, die schon im dritten Jahr sind. Wenn<br />
man wie Davide Valsecchi im fünften Jahr<br />
dabei ist, macht es aber wohl keinen großen<br />
Unterschied mehr. Klar, er ist für noch mehr<br />
Teams gefahren und hat noch mehr Erfahrung,<br />
aber ich glaube nicht, dass seine Chancen auf<br />
die Meisterschaft deswegen höher sind. Nach<br />
drei Jahren hat man genug gelernt und ist<br />
bereit, die Meisterschaft zu gewinnen.<br />
Wer sind bei diesem Vorhaben deine größten<br />
Konkurrenten?<br />
72 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />
Kommt für dich auch ein Cockpit bei einem<br />
Hinterbänkler-Team in Frage?<br />
Am besten wäre natürlich ein Platz bei einem<br />
Team aus dem Mittelfeld, damit man regelmäßig<br />
in die Punkte fahren und sich empfehlen<br />
kann. Ansonsten besteht die Gefahr, dass man<br />
nach ein, zwei Jahren wieder weg ist und sich<br />
etwas anderes suchen muss. Letztes Jahr hatte<br />
ich Gespräche mit Virgin, wir haben uns dann<br />
aber entschieden, ein weiteres Jahr in der GP2<br />
zu starten. Unser Ziel ist ganz klar in ein Team<br />
zu kommen, in dem man etwas erreichen<br />
kann. Wenn diese Saison nicht so läuft, wie wir<br />
es uns vorgestellt haben, müssen wir entscheiden,<br />
ob auch ein schlechteres Team Sinn macht<br />
oder ob wir in eine komplett andere Richtung<br />
gehen.<br />
Fabio Leimer hat für<br />
2012 die Formel 1<br />
im Visier
Neues<br />
Abenteuer<br />
aufgezeichnet von: stephan heublein<br />
Markus Winkelhock hat die<br />
Formel 1 und die DTM hinter<br />
sich gelassen. Seit 2011 tritt<br />
er mit Erfolg in der FIA GT1<br />
Weltmeisterschaft an. Im<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> berichtet<br />
er von seiner neuen<br />
Herausforderung.<br />
»Neue Saison, neues Auto, neues Glück. Ich habe mich nach<br />
einem Jahr sehr gut in der Sportwagenwelt eingelebt. Mein<br />
Teamkollege bei All-Inkl.com Münnich <strong>Motorsport</strong>, Marc<br />
Basseng, und ich verstehen uns bestens, was aber mindestens<br />
genauso entscheidend ist: wir haben ähnliche Vorlieben bei der<br />
Abstimmung des Autos. Das ist besonders wichtig, schließlich<br />
müssen wir uns nicht nur das Cockpit teilen, sondern auch das<br />
Setup. Das klappt sehr gut, obwohl er etwas größer ist als ich.<br />
In meiner DTM-Zeit wurde der Sitz genau auf mich optimiert<br />
und meinem Körper perfekt angepasst, das geht jetzt klarerweise<br />
nicht mehr. Allerdings hatte ich noch nie einen Teamkollegen,<br />
der ein völlig anderes Auto gebraucht hätte als ich.<br />
Gewisse Kompromisse muss man immer eingehen, schließlich<br />
ist es ein Teamsport, aber ich musste meinen Fahrstil nie<br />
unnatürlich anpassen, um das Limit zu finden. In der FIA GT1<br />
World Championship kommen wir einiges in der Welt herum<br />
- letztes Jahr waren wir in Abu Dhabi, China und Argentinien,<br />
dieses Jahr geht es nach Korea, Russland und Indien. Ich mag<br />
neue Strecken und neue Länder, das macht mir viel Spaß,<br />
obwohl es etwas Reisestress bedeutet. Dabei kommt mir<br />
entgegen, dass ich neue Kurse normalerweise recht schnell<br />
lerne und nicht viel Eingewöhnungszeit benötige. Das hat mir<br />
auch bei der Umstellung auf den Mercedes-Benz SLS AMG<br />
GT3 geholfen. Der Flügeltürer ist komplett anders als der<br />
Lamborghini Murciélago GT1 im vergangenen Jahr, nicht nur<br />
wegen des Markenwechsels, sondern auch weil ein GT3-Wagen<br />
sich natürlich anders fährt als ein GT1-Bolide. Deshalb fallen<br />
mir Vergleiche zwischen den Autos schwer; Spaß macht es mit<br />
beiden Rennen zu fahren. Mir kommt das Fahrverhalten des<br />
SLS jedoch sehr entgegen, das Auto ist schön zu fahren und<br />
war von Anfang an äußerst zuverlässig. Das ist nicht nur<br />
wichtig, um im Rennen die Zielflagge zu sehen, sondern auch,<br />
um im Training so viele Kilometer wie möglich zur Abstimmung<br />
des Autos zurückzulegen. Darüber freuen sich Marc und<br />
ich genauso wie unsere Mechaniker - wer wechselt schon gerne<br />
jeden Tag das Getriebe?«<br />
Winkelhocks neuer<br />
Arbeitsplatz ist ein<br />
Flügeltürer<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 73
02<br />
05<br />
04<br />
01<br />
07<br />
Text: ROBERT SEIWERT<br />
McLaren<br />
MP4-12C GT3<br />
Der neue McLaren MP4-12C GT3 sorgt auf den Rennstrecken dieser Welt<br />
für Furore. Im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> erklärt Luca Ludwig, Sohn von Tourenwagenlegende<br />
Klaus Ludwig, die Besonderheiten seiner Rennflunder mit<br />
Formel-1-Genen.<br />
74 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
01 Motor: Zur besseren Einstufung im GT3-Sport wurde die<br />
Motorleistung des McLaren werksseitig von 600 auf 500 PS reduziert.<br />
Angetrieben wird der Supersportler von einem 3,8 Liter-Twinturbo. »Es<br />
wurde angenommen, dass der McLaren das neue Über-Auto im GT3-<br />
Sport ist«, sagt Ludwig. »Deshalb wurden wir beim Auftakt des GT<br />
Masters in Oschersleben mit sehr viel Zusatzgewicht beladen - das war<br />
aber viel zu viel, auf der Geraden fehlte es uns deutlich an Speed.«<br />
02 Auspuff: Der Sound des Turbo-Briten ist auf der Strecke<br />
unverkennbar. »Der McLaren hat einen Hammer-Sound«, so Ludwig.<br />
Ȇberhaupt liebe ich den akustischen Aspekt der GT3s. Jeder Bolide<br />
hat einen individuellen und charakteristischen Klang. In anderen Serien,<br />
wie etwa der DTM, gibt es so etwas nicht.«<br />
03<br />
06<br />
03 Cockpit: Das Lenkrad ist das absolute Prunkstück im<br />
Cockpit, stammt es doch quasi aus Lewis Hamiltons altem MP4-24.<br />
»Man kommt sich schon etwas vor wie in der Formel 1«, sagt Ludwig.<br />
»Das Display sieht genauso aus wie das in einem F1-Renner, dazu die<br />
vielen Knöpfe und natürlich Schaltwippen. Das Lenkrad ist zwar ziemlich<br />
teuer in der Herstellung, aber während der Rennen lohnt es sich: wir<br />
müssen kaum noch etwas an der Mittelkonsole verstellen, sondern<br />
können uns voll aufs Lenkrad konzentrieren.«<br />
04 Karosserie: Martin Whitmarsh beschrieb den MP4-<br />
12C GT3 als teuflischen Zwilling der Straßenversion. Ein wortwörtlicher<br />
Hingucker ist der Motor, der gut sichtbar hinter einer Glasscheibe im<br />
Heckbereich des Autos sein Unwesen treibt. Innerhalb des 4507 mm<br />
langen Autos wurde ein 75 kg leichtes Kohlefaser-Chassis namens<br />
‚MonoCell‘ integriert, das auch im Serienmodell zum Einsatz kommt.<br />
»Der MP4-12C GT3 ist klein, kompakt, windschnittig und hat dank des<br />
Mittelmotor-Konzepts einen sehr guten Schwerpunkt«, erklärt<br />
Ludwig.<br />
05 Aerodynamik: Die GT3-Version des McLaren erhielt<br />
ein spezielles Aero-Paket für optimalen Abtrieb auf der Rennstrecke.<br />
Ein neuer Frontsplitter, optimierte Luftschlitze an der Front und ein brachialer<br />
Diffusor sowie Heckflügel sorgen für reichlich Downforce. Sieht<br />
böse aus, wirkt aber im Vergleich zu seinen GT3-Rivalen nicht so aufdringlich.<br />
»Wenn man sich die Rennen im Fernsehen anschaut, wirkt<br />
der McLaren gar nicht so auffällig«, so Ludwig. »Der Flügel ist viel kleiner<br />
als bei anderen Autos. Alles wirkt viel filigraner. Der Abtrieb ist richtig<br />
gut, in diesem Punkt sind die Briten absolute Spezialisten.«<br />
05<br />
Foto: adac gt masters<br />
06 Türen: McLaren setzt auf Flügeltüren. »Die Türen sind das<br />
Sahnestück«, sagt Ludwig. »Einfach spektakulär und ein richtiger Hingucker<br />
in der Boxengasse. Das Ein- und Aussteigen ist bei meiner Körpergröße<br />
überhaupt kein Problem. Auch angenehm: beim Fahrerwechsel<br />
benötigen mein Teamkollege Sascha Bert und ich keine zusätzlichen<br />
Sitzpolster, das spart beim Fahrerwechsel eine Menge Zeit.«<br />
07 Fahrwerk: Nichts für Anfänger - der McLaren ist ein<br />
reinrassiger Sportler mit F1-Genen. »Aufgrund des Mittelmotors hat<br />
man immer leichtes Untersteuern«, erklärt Ludwig. »Das Auto reagiert<br />
schon auf kleinste Änderungen sehr sensibel. Man spürt sofort jeden<br />
Klick, wenn man etwas an der Dämpfereinstellung verändert, man muss<br />
seinen Fahrstil auf jeder Rennstrecke neu anpassen.«<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 75
TALENT<br />
Ich bin<br />
Marvin<br />
Text: Robert Seiwert<br />
Marvin Kirchhöfer<br />
ist eines der aufstrebenden<br />
Talente<br />
im Formelsport. Der<br />
Lotus-Pilot wurde<br />
schon häufig mit<br />
Sebastian Vettel<br />
verglichen, bleibt<br />
aber lieber er selbst.<br />
Das <strong>Motorsport</strong>-<br />
<strong>Magazin</strong> nimmt den<br />
ADAC Formel Masters-<br />
Youngster genau<br />
unter die Lupe.<br />
Foto: adrivo/Sutton<br />
Marvin Kirchhöfer<br />
gewann den Saisonauftakt<br />
im ADAC Formel<br />
Masters in der<br />
<strong>Motorsport</strong> Arena<br />
Oschersleben<br />
Die Anfänge:<br />
»Im Alter von drei Jahren setzte mich mein<br />
Vater auf ein Quad. Das Fahren bereitete mir<br />
so viel Spaß, dass ich ein Jahr später in den<br />
Kartsport wechselte und diesen Sport in den<br />
folgenden Jahren immer professioneller betrieb.<br />
Meine erste Kartmeisterschaft fuhr ich 2001,<br />
danach ging es in diversen Klassen stetig bergauf.<br />
In der Saison 2012 starte ich am ADAC<br />
Formel Masters.«<br />
Die Erfolge:<br />
»Es gibt viele Erfolge, an die ich mich gern<br />
erinnere. 2005 konnte ich die Deutsche Kartmeisterschaft<br />
in der Klasse Bambini A gewinnen,<br />
das ist quasi die Einstiegsklasse im Kart.<br />
Richtig los ging es ab 2009: in der Klasse KF3<br />
Junioren wurde ich Erster, ich siegte zweimal<br />
in der Qualifikation für die EM und sicherte<br />
mir die Meisterschaft im ADAC Kart Masters.<br />
2011 gewann ich die Deutsche Kart Meisterschaft<br />
mit neun Siegen in zehn Läufen. Mein<br />
Sieg gleich in meinem ersten ADAC Formel<br />
Masters-Rennen 2012 als Rookie war natürlich<br />
auch ein ganz besonderer Moment.«<br />
Das Ziel:<br />
»Ich träume davon, den <strong>Motorsport</strong> zum Beruf<br />
zu machen. Sebastian Vettel ist mein Idol und<br />
auch ich würde gern den Sprung in die Formel<br />
1 schaffen. Nach meinem Sieg in Oschersleben<br />
wurde ich sogar gefragt, ob ich der neue Vettel<br />
werde - ich bleibe aber lieber ich selbst. Im<br />
ADAC Formel Masters fahre ich für Lotus - ein<br />
bekannter Name, der auf meinem angepeilten<br />
Weg nach oben mit Sicherheit ein guter Begleiter<br />
ist. Ein Angebot aus der DTM würde ich<br />
aber auch nicht ablehnen.«<br />
Die Ausbildung:<br />
»Ich mache gerade mein Fach-Abitur im<br />
Bereich Technik. Das macht mir Spaß, aber<br />
ganz einfach ist es nicht: wegen all der Rennen,<br />
Testfahrten und anderen Verpflichtungen im<br />
<strong>Motorsport</strong> fehlt mir manchmal ein wenig die<br />
Zeit zum Lernen. An meinen freien Tagen muss<br />
ich richtig Gas geben, damit ich mit dem Schulstoff<br />
nicht hinterherhänge, aber das klappt ganz<br />
gut.«<br />
Die Hobbys:<br />
»Ich verbringe viel Zeit im Fitnessstudio. Das<br />
ist für mich Pflicht, um für die Rennen gut<br />
vorbereitet zu sein. Zum Glück macht mir das<br />
Spaß, da habe ich also absolut kein Problem<br />
mit. Außerdem treffe ich mich gern mit meinen<br />
Freunden oder fahre Fahrrad. Bis vor einiger<br />
Zeit war ich oft auf dem Dirtbike unterwegs.<br />
Diesen Sport habe ich allerdings stark reduziert,<br />
weil die Sprünge mit der Zeit immer risikoreicher<br />
werden und ich mich während der<br />
laufenden <strong>Motorsport</strong>saison nicht verletzen<br />
möchte.«<br />
Fotos: adAC, KTM<br />
76 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Neuer Lehrer<br />
Im letzten Jahr waren sie Teamkollegen im ADAC GT Masters, jetzt<br />
haben sie unterschiedliche Ziele: Heinz-Harald Frentzen peilt 2012<br />
seinen ersten Sieg in der Serie an, Ex-Skispringer Sven Hannawald<br />
legt ein Lehrjahr mit »Fahrlehrer« Mathias Lauda ein. »Als ich damals<br />
im Springen fit war, da war ich der Lockerste hoch sieben. Da konnte<br />
neben mir eine Bombe hochgehen, da hätte ich trotzdem alles abgerufen,<br />
was ich kann«, so Hannawald. Diese Lockerheit müsse er am<br />
Steuer eines Supersportwagens erst noch lernen. Frentzen hat sich<br />
hingegen höhere Ziele für sein zweites Jahr gesetzt: »Das Ziel ist<br />
ganz klar, in dieser Saison ein Rennen zu gewinnen.«<br />
Heinz-Harald Frentzen<br />
greift in der Saison<br />
2012 ganz vorne an<br />
- beim Auftakt lief es<br />
noch nicht optimal<br />
Das Schwein ist immer<br />
mit dabei, wenn Nici<br />
Pohler ins Cockpit steigt<br />
- allerdings bekommt<br />
es noch einen<br />
feuerfesten Rennanzug<br />
Schwein gehabt<br />
Der 16-jährige Nici Pohler aus Starnberg ist im Cockpit nicht ganz<br />
auf sich allein gestellt: er teilt es sich mit einem Stoff-Schweinchen -<br />
einem Geschenk von seiner Freundin. »Zum Glück wiegt es nicht viel,<br />
also habe ich keinen Gewichtsnachteil«, scherzt er. Bevor Pohler am<br />
Start auf das Gaspedal tritt, drückt er auch einmal kräftig auf das<br />
Schweinchen. »Dann grunzt es«, verrät er. »Ich vertraue auf<br />
Schweinchen-Power.«<br />
Roczen<br />
kommt zurück<br />
Für Motocross-Fans gibt‘s 2012 eine besondere Überraschung:<br />
Der USA-Auswanderer und amtierende MX2-Weltmeister<br />
Ken Roczen gibt sich die Ehre und tritt als Gaststarter<br />
am sechsten Rennwochenende des ADAC MX Masters am<br />
28./29. Juli im schwäbischen Gaildorf an. Nach seinen Supercross-Erfolgen<br />
kommt der gebürtige Thüringer damit auf<br />
Heimatbesuch und das an einen ganz besonderen Ort. Denn<br />
in Gaildorf konnte Roczen im letzten Jahr seinen ersten WM-<br />
Titel vor all seinen Fans feiern, die ihn im Juli sicher wieder<br />
gespannt empfangen werden.<br />
Ken Roczen kehrt für<br />
ein Gastspiel nach<br />
Deutschland zurück
78 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Foto: milagro<br />
Alles Spanisch,<br />
oder was?<br />
Die ganze MotoGP wird<br />
von Spaniern<br />
beherrscht. Die ganze<br />
MotoGP? Fast. Jorge<br />
Lorenzo arbeitet auf<br />
jeden Fall hart daran.<br />
‚Die MotoGP ist zu spanisch‘, ‚Bäh, schon wieder<br />
Spanien, gibt’s da was anderes außer Rennstrecken?‘<br />
Oh ja: Fahrer, Sponsoren, Jugendförderung,<br />
Teams, noch mehr Sponsoren - man fragt sich schon,<br />
wo die alle herkommen. Auf den ersten Blick ist die<br />
Zweiradwelt ziemlich Spanien-lastig. Vor allem die<br />
MotoGP, aber anstatt zu jammern und sich über die<br />
Marquezes, Vinaleses oder Lorenzos zu beschweren,<br />
könnte man doch auch mal überprüfen, warum das<br />
so ist. Was machen die Spanier anders? Warum hat<br />
bei ihnen schon die nationale Meisterschaft weltweites<br />
Ansehen, während die IDM eher belächelt<br />
wird und waren sie schon immer so auffällig erfolgreich?<br />
– Jule Krause<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 79
Text: Falko Schoklitsch<br />
Das Hirn eines<br />
Jorge Lorenzo gilt als einer der besten Motorrad-<br />
Rennfahrer der Welt, er wird aber auch oft missverstanden.<br />
Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> wirft einen Blick<br />
in die Psyche des Weltmeisters von 2010.<br />
80 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Fotos: milagro<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 81
In Extremsituationen<br />
hat Jorge Lorenzo<br />
den Durchblick<br />
Ich würde ihn als einen der groSSartigsten Fahrer der MotoGP-Ära bezeichnen.<br />
Er ist sehr ehrlich und pusht, um das Bestmögliche abzuliefern.<br />
wer ist Jorge Lorenzo? So einfach<br />
diese Frage klingt, so schwer ist<br />
sie zu beantworten. Ja, er ist ein<br />
schneller Motorradfahrer, möglicherweise<br />
der beste der Welt - das hängt<br />
davon ab, welche Fan-Fraktion befragt wird.<br />
Aber wer ist er denn nun wirklich? Viele meinen,<br />
sich angesichts der Persönlichkeit, die sie<br />
im Fernsehen an Rennwochenenden zu sehen<br />
bekommen, bereits ein Bild über ihn machen<br />
zu können. Er sei ein Ehrgeizling, arrogant,<br />
überheblich und habe das mit der Sympathie<br />
nicht so ganz verstanden, waren lange die<br />
Beschreibungen, die über den Spanier zu hören<br />
waren.<br />
Derlei Bewertungen gehen bei Lorenzo aber<br />
deutlich in die falsche Richtung. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />
wollte deswegen eine genauere<br />
Betrachtung vom Hirn des Weltmeisters von<br />
2010 vornehmen, denn es gibt eben nicht nur<br />
den Renn-Lorenzo, der an den Wochenenden<br />
sein Gesicht in die Kameras streckt. So trifft<br />
es durchaus zu, dass er bei seiner Arbeit akribisch<br />
vorgeht, sogar derart akribisch, dass man<br />
ihm manchmal eine gewisse Verbissenheit<br />
unterstellen könnte. Doch genau das ist er<br />
nicht, er ist einfach nur voll auf das konzentriert,<br />
was er zu tun hat. Das liegt nicht nur<br />
daran, dass er dafür ein gutes Salär einsteckt,<br />
sondern auch daran, dass er einfach der Beste<br />
bei dem sein will, was er tut.<br />
So weit so <strong>Motorsport</strong>ler - denn in den höchsten<br />
Rennserien dürfte sich kaum jemand<br />
finden, der nicht der Beste sein will. Was ihn<br />
dabei aber auszeichnet, ist die Präzision und<br />
der Durst nach Verbesserung, der nur bei<br />
Wenigen so ausgeprägt ist. Das macht ihn so<br />
gut, das machte ihn 2010 zum Weltmeister und<br />
das machte ihn 2011 zum hartnäckigsten Gegner<br />
des überragenden Casey Stoner. Doch<br />
Lorenzo weiß auch, wenn er etwas geleistet<br />
hat, dann bricht die Freude aus ihm heraus,<br />
Siege sind hart erarbeitet, werden aber auch gefeiert<br />
82 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
dann feiert er. Gerne werden ihm seine Jubelzeremonien<br />
als billige Rossi-Kopie ausgelegt,<br />
doch das ist weit gefehlt, er will einfach nur<br />
genießen.<br />
Und wenn der Helm dann abkommt, ist<br />
Lorenzo eigentlich genau das Gegenteil dessen,<br />
was ihm oft unterstellt wird. Er ist zugänglich,<br />
spricht mit Leuten und nimmt sich Zeit, wenn<br />
er sie denn hat. Eine Podest- oder Pole-Pressekonferenz<br />
ist gerade vorbei, die Fahrer ziehen<br />
sich zurück und wollen eigentlich Ruhe<br />
haben? Eine kurze Bitte an Lorenzo, ob er<br />
denn einen Augenblick hat und er nimmt ihn<br />
sich nach Möglichkeit - gleich mitten im<br />
Media Centre. Es wird noch einmal über die<br />
Feinheiten des Tages gesprochen, er lächelt<br />
und zum Abschied gibt es noch einen Klaps<br />
auf die Schulter und einen netten Spruch. Das<br />
ist der Lorenzo, den die breite Öffentlichkeit<br />
nie zu sehen bekommt, den es aber auch gibt.<br />
dabei versucht er ohnehin schon, so<br />
offen wie möglich zu sein. Auf sozialen<br />
Netzwerken ist er sehr aktiv, er<br />
antwortet immer so rasch wie möglich<br />
auf Fragen seiner Fans, denn er will sie<br />
teilhaben lassen. Deswegen ist die Werbung<br />
für seinen Twitter-Account an der Box und in<br />
der Startaufstellung nicht nur bloßes Haschen<br />
nach noch mehr Followern, sondern auch der<br />
Versuch, die Fans an seinem Leben teilhaben<br />
zu lassen. Lorenzo mag auf der Maschine Einzelkämpfer<br />
sein, doch ihm ist durchaus<br />
bewusst, dass er seine Unterstützer auch hegen<br />
und pflegen muss. Drei Leute kennen den Spanier<br />
besonders gut, da sie direkt mit ihm<br />
arbeiten. Lin Jarvis ist Managing Direktor bei<br />
Yamaha MotoGP, Wilco Zeelenberg ist Team<br />
Manager beim Yamaha Factory Racing Team<br />
und Ramon Forcada ist der Crewchief Lorenzos.<br />
Um weiteres über ihn herauszufinden, hat<br />
das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> alle drei zum<br />
Gespräch gebeten und dabei haben sie noch<br />
ein wenig mehr über die wahren Vorgänge im<br />
Hirn des Champions verraten.<br />
Jorge Lorenzo hat immer den Durchblick und vergisst auch seine gute Laune nicht, wenn es Grund dafür gibt. Manchmal mag es<br />
zwar übertrieben wirken, doch es ist immer ehrlich gemeint. Manchmal wird er dabei zwar falsch verstanden, verbiegen lässt er<br />
sich deswegen aber nicht. Jorge bleibt Jorge.<br />
MSM: Wenn Sie Jorge beschreiben müssten,<br />
was würden Sie über ihn sagen?<br />
Lin Jarvis: Ich würde ihn als echten Sieger<br />
bezeichnen. Er ist ein Typ, der aus jeder Situation<br />
das Maximum herausholen will. Er hat<br />
den unersättlichen Wunsch, zu lernen, egal ob<br />
er fährt oder es sein Privatleben betrifft. Er<br />
will immer alles verstehen und es<br />
verbessern.<br />
Fotos: milagro<br />
Wilco Zeelenberg: Ich würde sagen, er ist ein<br />
außergewöhnlich talentierter junger Mann. Er<br />
ist ein unglaublich motivierender Fahrer, wenn<br />
man mit ihm arbeitet, da er immer der Beste<br />
sein und aus jeder Session das Meiste herauswww.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />
83
holen will. Er ist auch ein netter Kerl, er wird<br />
von den Medien oft missverstanden, aber er<br />
ist echt und ehrlich.<br />
Feuer unterm Hintern: 2012 ist auch Jorge Lorenzos neu<br />
entwickelte Yamaha wieder oben auf<br />
Ramon Forcada: Ich würde ihn als einen der<br />
großartigsten Fahrer der MotoGP-Ära bezeichnen.<br />
Er ist sehr ehrlich und pusht immer, um<br />
das Bestmögliche abzuliefern. Das funktioniert,<br />
da wir ebenfalls das Gleiche erreichen<br />
wollen, also arbeiten wir gut zusammen. Er<br />
kann emotional sein, sowohl gut als auch<br />
schlecht drauf, wenn Dinge nicht perfekt sind.<br />
Aber das hilft uns dabei, nach vorne zu pushen.<br />
Was sind die Unterschiede zwischen Jorge auf<br />
und Jorge neben der Maschine?<br />
Jarvis: Die Kombi und der Sturzhelm. Wenn<br />
er auf der Maschine sitzt, ist er zu 100 Prozent<br />
fokussiert, er hat diese beeindruckende Fähigkeit,<br />
alles um sich herum auszublenden, es gibt<br />
keine Ablenkung. Neben der Maschine ist er<br />
ein sehr angenehmer junger Mann, umgänglich<br />
und unbekümmert. Er ist von vielen missverstanden<br />
worden, er hatte als Teenager eine<br />
stürmische Zeit. In seiner Zeit bei Yamaha ist<br />
er zu einem jungen Mann geworden.<br />
Zeelenberg: Auf dem Motorrad ist er eine<br />
Maschine. Egal wie glücklich oder verärgert er<br />
ist, wenn er hereinkommt, um über das Setup<br />
zu sprechen, sobald er auf dem Motorrad sitzt,<br />
bringt er Runde um Runde 100 Prozent. Man<br />
kann garantieren, dass er das leistet, was die<br />
Maschine kann. Neben der Maschine ist er wie<br />
jeder junge Kerl, er ist unbekümmert, hat viele<br />
Freunde und er begeistert sich für Social<br />
Media, verbringt also viel Zeit auf Facebook.<br />
Forcada: Der Großteil meiner Beziehung zu<br />
Jorge findet auf der Maschine statt. Wenn er<br />
seine Kombi anzieht, dann ist er voll auf die<br />
Arbeit konzentriert. Er will unbedingt der<br />
Beste und besser als jeder auf der Strecke sein.<br />
Er hat nur eine Sache im Kopf. Wenn die<br />
Kombi herunterkommt, dann entspannt er sich<br />
viel mehr und man sieht ihn wieder als jungen<br />
Mann, nicht als Spitzenfahrer. Ungeachtet dessen<br />
ist er immer noch sehr wissbegierig, wenn<br />
er nicht fährt. Er stellt viele Fragen über alles,<br />
er will immer lernen.<br />
Wo sehen Sie Jorges Stärken und welche<br />
Wenn er seine Kombi anzieht, dann ist er voll auf die Arbeit konzentriert.<br />
Er will unbedingt der Beste und besser als jeder auf der Strecke sein.
Fotos: milagro<br />
Siege wie jener in Katar schmecken besonders süß. Auf<br />
einer Honda- und Casey-Stoner-Strecke machte sich<br />
Jorge Lorenzos Kampfgeist bezahlt.<br />
Schwächen hat er, falls überhaupt?<br />
Jarvis: Seine Stärken sind seine Fähigkeit sich<br />
zu konzentrieren, sein natürliches Talent und<br />
sein Wunsch, der Beste zu sein. Seine Schwäche<br />
ist vielleicht auch eine Stärke, er ist vielleicht<br />
ungeduldig, er hat den Wunsch, jetzt der<br />
Erste zu sein, nicht morgen. In der Vergangenheit<br />
hat ihm das ein paar Mal geschadet,<br />
als er ein paar Fehler machte. Wenn er aber<br />
nicht darauf drängen würde, als Erster anzukommen,<br />
dann wäre er wohl nicht Weltmeister<br />
geworden.<br />
Zeelenberg: Wie gesagt, er ist eine Maschine.<br />
Eine seiner wichtigsten Stärken ist seine Konstanz.<br />
Es gibt keinen anderen Fahrer, den ich<br />
kenne, der 20 Runden fahren und dabei jedes<br />
Mal innerhalb von 0,3 Sekunden liegen kann.<br />
Er hat die natürliche Fähigkeit, das absolute<br />
Limit beim Grip zu finden und dann geschmeidig<br />
dort ranzufahren, ohne es zu übertreiben.<br />
Dadurch stürzt er nicht sehr oft, er scheint<br />
genau zu wissen, wie weit er pushen kann.<br />
Schwächen? Auch das sind eigentlich Stärken.<br />
Er kann recht emotional sein und ist selten<br />
wirklich zufrieden. Er will immer besser,<br />
schneller und geschmeidiger sein.<br />
Forcada: Seine Konstanz ist für uns eine große<br />
Stärke. Er hat auch ein großartiges natürliches<br />
Gefühl dafür, was die Maschine macht. Wenn<br />
wir also eine Änderung vornehmen, dann weiß<br />
er genau, ob es besser geworden ist oder nicht.<br />
Er wird die Maschine aber weiter ans Limit<br />
drängen, um abzuschätzen, ob es positiv ist.<br />
Er gibt auch nie auf, deswegen hat er das erste<br />
Rennen gewonnen. Er machte weiter Druck,<br />
bis er die Möglichkeit hatte, in Führung zu<br />
gehen. Ich weiß nicht, ob es eine Schwäche ist,<br />
aber manchmal hört er etwas und versteift<br />
dann seinen Kopf darauf und will eine Änderung<br />
an der Maschine machen, wenn es nicht<br />
unbedingt der richtige Weg ist. Ungeachtet<br />
dessen kann er aber schnell den richtigen Weg<br />
erkennen und dann ändern wir die Richtung.<br />
Er kann starrköpfig sein, aber das kann ich<br />
auch, dann haben wir eine große Diskussion<br />
über die richtige Richtung, aber wir haben am<br />
Ende immer die bestmögliche Lösung.<br />
In welchem Jahr ist Jorge Ihrer Meinung nach<br />
mehr gereift? In seiner Weltmeister-Saison<br />
2010 oder 2011, als er nie aufgegeben hat?<br />
Jarvis: Ich würde sagen, voriges Jahr ist er als<br />
Mensch mehr gereift. 2010 war ein sehr wichtiges<br />
Jahr für ihn, das war eine tolle Leistung,<br />
die entscheidend war. Dieses Ergebnis bedeutete,<br />
er ging mit einer anderen Einstellung in<br />
die Saison 2011. Er wurde reifer und wurde zu<br />
einem jungen Mann und Athleten.<br />
Zeelenberg: Es ist schwer zu sagen. 2010 war<br />
das erste Jahr, in dem ich mit ihm gearbeitet<br />
habe und das war ein großartiges Jahr. Wir<br />
haben dominiert und er war in unglaublicher<br />
Form. Er verdiente den Titel. 2011 war es dann<br />
aber viel schwieriger für uns. Dennoch ist er<br />
komplett fokussiert und entschlossen geblieben<br />
und er kämpfte härter als im Jahr davor. Also<br />
war vielleicht 2011 das Jahr [in dem er mehr<br />
gereift ist]. Sicher weiß ich, die Erfahrung beider<br />
Jahre bedeutet, dass er dieses Jahr als noch<br />
kompletterer Fahrer unterwegs ist.<br />
Forcada: Ich würde sagen, 2011. Wir haben<br />
2010 sehr hart für die Weltmeisterschaft gearbeitet,<br />
es war ein hartes Jahr für Jorge, aber er<br />
brachte eine unglaubliche Leistung. Wir nahmen<br />
das ganze Selbstvertrauen nach 2011 mit<br />
und gingen in unser bislang härtestes Jahr.<br />
Jorge arbeitete noch härter und war gegen ein<br />
überlegenes Motorrad wohl ein besserer Fahrer<br />
als 2010. Er hat weiter Gas gegeben und diese<br />
R e n nsiege i m vor i gen Ja h r w are n<br />
beeindruckend.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 85
Páginas de los<br />
días grandes<br />
Text: Maria Pohlmann<br />
Die Spanier lieben und leben den Motorradsport.<br />
Somit ist es kaum verwunderlich, dass das Land<br />
bereits dreizehn Weltmeister hervorbrachte.<br />
Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> schlägt das Buch der<br />
spanischen Helden auf.<br />
Nicht nur die Phönizier, die Mauren, Karl V.<br />
und die Araber fühlten sich in Spanien wohl,<br />
auch die MotoGP besucht das Land auf der<br />
iberischen Halbinsel unter allen anderen<br />
Staaten am meisten - vier Mal in einer Saison.<br />
Auch historisch hat das Land der Tapas und<br />
Toreros in der Zweiradwelt einiges zu bieten.<br />
Viele große Namen werden mit der Flamenco-<br />
Nation verbunden. Dazu hat es der spanische<br />
Motorradhersteller Derbi mit zwölf Fahrer-<br />
WM-Titeln und neun gewonnenen Konstrukteurs-Titeln<br />
zu weltweitem Ruhm gebracht. Die<br />
spanische Geschichte in der Motorrad-Weltmeisterschaft<br />
liest sich wie ein offenes Buch.<br />
Vamos, beginnen wir auf Seite eins.<br />
Kapitel 1<br />
Angel Nieto<br />
Der bis heute bedeutendste Motorradrennfahrer<br />
aus Spanien ist Ángel Nieto. Er fuhr von 1969<br />
bis 1984 im Grand Prix und räumte in dieser Zeit<br />
13 Weltmeistertitel ab. Gleich in seinem ersten<br />
Jahr auf Weltniveau konnte der heute 65-Jährige<br />
auf der 50cc Derbi den Titel gewinnen. Schon<br />
ab der folgenden Saison startete er nicht nur in<br />
der 50er-Kategorie, sondern auch in der 125cc-<br />
Klasse. In jedem Jahr außer 1973, 1978 und<br />
1980 gewann Nieto eine Weltmeisterschaft.<br />
Neben Derbi fuhr er auch auf Bultaco, Garelli<br />
Kreidler und Minarelli - er kam einfach auf jeder<br />
Maschine zurecht. Nach insgesamt 90 gewonnenen<br />
Grand Prix bei 186 Starts verehrt ihn seine<br />
Nation noch heute. Zur Anerkennung von Nietos<br />
Leistung feierten ihn die Spanier sogar mit einer<br />
Wachsfigur im Kabinett in Barcelona. Seine Leidenschaft<br />
hat der Racer aus Zamora an seinen<br />
Sohn Pablo Nieto und an seinen Neffen Fonsi<br />
Nieto weitergegeben. Beide waren einige Jahre<br />
selbst aktiv, konnten den Erfolg, den der Familienname<br />
mit sich brachte, allerdings nicht wiederholen.<br />
Pablo Nieto ist heute Teammanager<br />
bei Laglisse in der Moto3.<br />
Angel Nieto schaffte<br />
es sogar als<br />
Wachsfigur ins<br />
Kabinett in Barcelona<br />
86 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Kapitel 2<br />
Sito Pons<br />
Alfonso Pons i Ezquerra startete ab 1981 im GP-Zirkus. Erst sieben Jahre später konnte der Katalane<br />
seinen ersten WM-Titel auf Honda in der Viertelliterklasse holen und war damit der erste Spanier<br />
in dieser Kategorie, dem dieses Kunststück gelang. Auch die Titelverteidigung klappte noch tadellos.<br />
Dann stieg Pons in die 500cc-Klasse auf, wo er allerdings nicht an alte Erfolge anknüpfen konnte<br />
und ab 1992 lieber sein eigenes Team gründete. Mit dem Honda Team Pons feierte er Siege mit Àlex<br />
Crivillé, Alberto Puig, Carlos Checa, Alex Barros und Loris Capirossi. Auch heute ist der 52-Jährige<br />
noch im MotoGP-Fahrerlager anzutreffen. Pol Espargaro, Esteve Rabat und der Sohn der spanischen<br />
Legende, Axel Pons, starten in der Moto2 für das Pons 40 HP Tuenti Team.<br />
Kapitel 3<br />
Àlex Crivillé<br />
In den 90er Jahren war Àlex Crivillé einer der Vorzeige-Spanier in der Motorrad-<br />
WM. Bereits 1989 holte er sich seinen ersten Titel, damals in der 125er Klasse.<br />
Zehn Jahre später wurde er auf Honda Weltmeister in der Königsklasse und machte<br />
sich damit in seinem Heimatland unsterblich. Noch vor dem Beginn der Saison<br />
2002 trat er aus gesundheitlichen Gründen zurück. So ganz konnte Crivillé die<br />
Finger aber nicht vom Rennsport lassen: Er fuhr ein paar Rallyes, betreute ein Jahr<br />
lang Toni Elias und war danach als TV-Kommentator tätig. Vor zwei Jahren erschien<br />
seine Autobiografie. Auch heute verfolgt er die Rennen noch.<br />
Fotos: milagro, honda, adrivo Sportpresse<br />
→
Kapitel 4<br />
Emilio Alzamora<br />
Emilio Alzamora debütierte 1994 auf einer Honda<br />
in der 125ccm-Klasse. Schon ein Jahr später<br />
feierte er in Argentinien seinen ersten GP-Sieg.<br />
Doch erst 1999 gelang ihm der erste WM-Titel<br />
in der Achtelliterklasse und das ohne einen einzigen<br />
Sieg. Er fuhr jeweils fünf zweite und fünf<br />
dritte Plätze ein, punktete in jedem Rennen und<br />
wurde mit 227 Zählern am Ende knapp vor Marco<br />
Melandri Weltmeister. Trotz Wechsel in die<br />
250er-Klasse und zurück gelang dem Pilot aus<br />
Lleida ein solcher Triumph nicht noch einmal. In<br />
seinen 144 Starts kletterte Alzamora insgesamt<br />
vier Mal auf die oberste Stufe des Treppchens.<br />
Heute ist er bei jedem Grand Prix vor Ort und<br />
darüber hinaus für Marc Marquez da.<br />
Kapitel 5<br />
Dani Pedrosa<br />
Dani Pedrosa gab sein WM-Debüt 2001<br />
in Suzuka. Zwei Jahre später eroberte<br />
er auf Honda seinen ersten 125cc-Titel.<br />
Zwei weitere Weltmeisterschaftsfeiern<br />
folgten in der mittleren Kategorie. Seit<br />
seinem Aufstieg in die MotoGP 2006<br />
gelang dem kleinen Katalanen dieses<br />
Kunststück bisher nicht noch einmal.<br />
Pedrosa gehört wegen seiner introvertierten,<br />
ruhigen Art zwar nicht zu den<br />
Publikumslieblingen, wird von seinen<br />
Fans aber trotzdem verehrt. In den letzten<br />
Jahren machte er sich nicht nur mit<br />
starken Rennen, sondern besonders mit<br />
Knochenbrüchen einen Namen in der<br />
Königsklasse. Nach einem schweren<br />
Sturz in Le Mans musste Pedrosa im<br />
letzten Jahr vier Rennen auslassen und<br />
landete im Gesamtklassement auf dem<br />
vierten Rang. Angesichts seiner 40 GP-<br />
Siege scheint der spanische WM-Zug für<br />
den 26-Jährigen aber noch lange nicht<br />
abgefahren zu sein.<br />
88 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Kapitel 6<br />
Jorge Lorenzo<br />
Jorge Lorenzo schrieb sich schon 2002 bei<br />
seinem ersten Rennen in Jerez in die<br />
MotoGP-Memoiren ein, er wurde bedingt<br />
durch das Alterslimit mit 15 Jahren und<br />
einem Tag der jüngste Pilot in der Grand-<br />
Prix-Geschichte. Auf Aprilia sicherte sich der<br />
Mallorquiner 2006 und 2007 den Titel in der<br />
250cc-Klasse und stieg danach in die<br />
MotoGP auf. Dort landete er in seiner Rookie-<br />
Saison direkt auf dem vierten Platz, steigerte<br />
sich darauf noch einmal bis zum Vizetitel und<br />
wurde 2010 der erste spanische MotoGP-<br />
Weltmeister. Nachdem er seinen Titel im<br />
letzten Jahr nicht verteidigen konnte, gibt<br />
der 24-Jährige in der neuen 1000ccm-Ära<br />
nun alles, um erneut an der Spitze zu<br />
landen.<br />
Kapitel 7<br />
Toni Elías<br />
Auch Toni Elías reihte sich 2010 mit seinem WM-Titel in der Moto2 in<br />
die Liste der spanischen Grand-Prix-Sieger ein. Genau zehn Jahre<br />
zuvor war der Pilot aus Manresa in seine erste WM-Saison gestartet.<br />
Nach stetiger Verbesserung stieg er zwei Jahre später in die 250er-<br />
Klasse auf und 2005 schließlich in die MotoGP. Trotz vereinzelt starker<br />
Ergebnisse wollte Elías der absolute Durchbruch bis dato in keiner<br />
Kategorie gelingen. So stieg er 2010 wieder in die neu geschaffene<br />
Moto2 ab, um es ein Jahr danach mit dem WM-Titel in der Tasche noch<br />
einmal in der Königsklasse zu probieren - mit wenig Erfolg. Nun versucht<br />
sich der 29-Jährige wieder in der Mediumklasse.<br />
Fotos: milagro, honda<br />
Nachwort<br />
Neben all den genannten Namen sollen einige spanische Weltmeister<br />
nicht vergessen werden. Ricardo Tormo konnte in den 70er und 80er<br />
Jahren zwei 50cc-WM-Titel feiern. Noch heute werden wir am Circuit<br />
de la Comunitat Valenciana Ricardo Tormo an ihn erinnert. Auch Jorge<br />
Martinez feierte 1986 und 1987 Erfolge. Im Jahr darauf holte er sogar<br />
den 80cc- und den 125cc-Titel gleichzeitig. Heute ist er einer der erfolgreichsten<br />
Teamchefs in allen drei GP-Klassen. Manuel Herreros holte<br />
1989 einen weiteren 80cc-Triumph nach España. 2009 bis 2001 wurden<br />
die Titel der kleinsten Kategorie allesamt unter Spaniern ausgemacht.<br />
Julian Simon siegte 2009 auf einer Derbi und wurde von Marc Marquez<br />
im Jahr darauf als 125er-Champ abgelöst. Nico Terol schrieb sich mit<br />
dem letzten 125cc-Sieg nicht nur in die MotoGP-Geschichtsbücher ein,<br />
sondern auch in die Historien der spanischen GP-Gewinner. Allerdings<br />
war er 2011 sicherlich nicht der letzte Campéon del Mundo.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 89
Die Farbe Orange<br />
Einige der besten Motorradfahrer<br />
der Welt fahren orange<br />
Bikes. Das <strong>Motorsport</strong> <strong>Magazin</strong><br />
klärt, wer hinter der leuchtenden<br />
Farbgebung steht und<br />
wer damit schon alle Zehne<br />
abräumen konnte.<br />
Text: Maria Pohlmann<br />
90 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Fotos: milagro, honda, repsol<br />
as haben Casey Stoner,<br />
wDani Pedrosa, Marc<br />
Marquez, Alex Rins,<br />
Miguel Oliveira und<br />
Maverick Viñales<br />
gemeinsam? Richtig,<br />
die orange Farbe ihrer<br />
Motorräder. Dahinter<br />
steckt aber kein abgefahrener Farb-Tick, sondern ihr<br />
Sponsor Repsol. Das Mineralöl-Unternehmen<br />
scheint in der Motorradweltmeisterschaft überall<br />
seine Finger im Spiel zu haben. Zuallererst ist Repsol<br />
natürlich ein riesiges Unternehmen für Erdgas- und<br />
Erdölprodukte und in über 30 Ländern aktiv. Es ist<br />
fast überflüssig zu erwähnen, dass Repsol in Spanien<br />
Marktführer ist, allerdings auch in der ehemaligen<br />
spanischen Kolonie Argentinien. Mehr als 30.000<br />
Menschen arbeiten weltweit für das Unternehmen.<br />
Jedem Urlauber auf der iberischen Halbinsel ist<br />
sicherlich schon einmal eine der 6.900 Repsol-Tankstellen<br />
aufgefallen. Aber grob gesagt: Wie kommt<br />
eine Tankstelle dazu, die besten Motorradfahrer der<br />
Welt zu unterstützen?<br />
Seine Neigung zum <strong>Motorsport</strong> entdeckte der spanische<br />
Öl-Gigant bereits im Jahr 1971 mit Angel<br />
Nieto. Seitdem ist die orange Farbe aus der MotoGP-<br />
Welt nicht mehr wegzudenken. Das Unternehmen<br />
engagiert sich allerdings auch bei der Dakar, beim<br />
Trial, in der spanischen Meisterschaft und hat auch<br />
bei Olympia in London 2012 die Finger im Spiel. Die<br />
massive Welle des orangen Erfolgs trieb Mick Doohan<br />
in den 90er Jahren stark voran. 1995 bescherte<br />
er Repsol den ersten von drei aufeinanderfolgenden<br />
500cc-Titeln - 1994 war er noch ohne Repsol-Unterstützung<br />
unterwegs. 1998 setzte er der Partnerschaft<br />
mit einem erneuten Titelgewinn endgültig die Krone<br />
auf. Zu dieser Zeit begann auch die intensive Zusammenarbeit<br />
von Repsol und Honda. Seit 1995 gewann<br />
das Repsol Honda Team insgesamt zehn Fahrer- und<br />
zehn Herstellertitel. Nach Doohan unterstützten die<br />
Repsolaner zunächst Alex Criville, dann Valentino<br />
Rossi. Letzterer feierte in dieser Ehe drei seiner neun<br />
Weltmeisterschaften. Nicky Hayden brachte der<br />
Marke 2006 einen weiteren Titel in der Königsklasse.<br />
Obwohl das Unternehmen bevorzugt spanische<br />
Piloten unter seine Fittiche nimmt, zeigt die Vergangenheit,<br />
dass auch andere große Namen unter dem<br />
Repsol-Banner erfolgreich waren, wie eben Doohan,<br />
Rossi, Tadayuki Okada, Tohru Ukawa, Max Biaggi,<br />
Hayden und Stoner.<br />
Die Honda-Werkstruppe in der MotoGP ist allerdings<br />
nicht der einzige orange Erfolgsgarant: Es<br />
scheint fast, als hätten die Erdöl-Scouts bei ihren<br />
Bohrungen in den Tiefen der Nachwuchsserien ein<br />
echtes Händchen für Weltmeister. Dabei ist aktuell<br />
nicht nur Pedrosa als Landesvertreter das Aushängeschild<br />
für das Mineralöl-Unternehmen, sondern<br />
auch Stoner, der mit seinem WM-Titel in der letzten<br />
Saison ordentlich zum Erfolg beigetragen hat. »Ich<br />
bin schon einmal für ein spanisches Team in den<br />
Repsol-Farben gefahren und hier in Spanien Erfahrungen<br />
als junger Fahrer zu sammeln, war etwas<br />
Besonderes für mich«, erläutert Stoner.<br />
Für Marquez als Katalane ist sein Hauptsponsor<br />
etwas ganz Besonderes. Denn der Pilot wurde schon<br />
in seiner KTM-Zeit von Repsol gefördert und nach<br />
seinem 125er-Titel soll er jetzt auch den Moto2-Pokal<br />
mit nach Hause bringen. Die neueste Erwerbung im<br />
Hause Repsol ist Viñales, der in seiner 125cc-Debüt-<br />
Saison mit vier Siegen schwer beeindrucken konnte<br />
und zum Rookie des Jahres gekürt wurde. »Ich freue<br />
mich wirklich, in dieser Saison in Repsol-Farben<br />
fahren zu dürfen, denn wenn man von Repsol<br />
spricht, dann geht es um eine lange Liste von Triumphen<br />
in der MotoGP. Viele großartige Piloten<br />
sind schon für sie gefahren und nun bin ich Teil<br />
davon«, sagt der junge Spanier stolz. Mit Stoner,<br />
Pedrosa, Marquez, Viñales, Oliveira und Rins ist<br />
auch in der Saison 2012 in allen drei GP-Kategorien<br />
für orange Farbtupfer gesorgt - sie alle zählen ganz<br />
in der orangen Tradition zum Favoritenkreis ihrer<br />
jeweiligen Klasse.<br />
Der spanische Öl-Gigant fördert seit Jahrzehnten talentierte Motorradrennfahrer - wichtig ist dabei der Erfolg, nicht die<br />
Nationalität. Dennoch gehörten und gehören viele Spanier zum orangen Erfolgsteam<br />
die Neigung zum <strong>Motorsport</strong><br />
entdeckte repsol bereits im<br />
Jahr 1971 mit Angel<br />
Nieto. Seitdem ist die orange<br />
Farbe aus der MotoGP-Welt<br />
nicht mehr wegzudenken.
Fotos: tech 3 yamaha<br />
92 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
In Verbindung<br />
mit der MotoGP<br />
hat sicher jeder<br />
schon einmal<br />
etwas von der<br />
Dorna gehört.<br />
Aber was macht<br />
der Hauptvermarkter<br />
eigentlich?<br />
Wofür ist<br />
das spanische<br />
Unternehmen<br />
zuständig? Das<br />
<strong>Motorsport</strong>-<br />
<strong>Magazin</strong> hat sich<br />
auf die Suche<br />
begeben.<br />
MADE<br />
SPAIN<br />
Text: Maria Pohlmann
Wer sich in Barcelona in die Straßenbahn<br />
setzt und ein Stück aus der Stadt<br />
bis nach Sant Just Desvern hinausfährt,<br />
findet sich nicht etwa an einem<br />
Strand oder im schönsten Urlaubsgebiet wieder –<br />
stattdessen steht er zwischen einigen hohen Bürogebäuden.<br />
Sicher fallen hier jedem Besucher aus der<br />
gemäßigten Klimazone die Palmen am Straßenrand<br />
auf, dennoch wird sofort deutlich, dass in diesen<br />
Büros tagtäglich gearbeitet wird und das Ganze relativ<br />
wenig mit Urlaubsvergnügen zu tun hat. Der<br />
Hauptsitz von Dorna Sports S.L., dem langjährigen<br />
MotoGP-Hauptvermarkter liegt zwar in Madrid,<br />
allerdings ist die Mehrzahl der Angestellten, um<br />
genau zu sein 146 Mitarbeiter, in der Nähe von Barcelona<br />
tätig und genau dahin hat sich das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />
mit vielen Fragen im Gepäck<br />
aufgemacht.<br />
Im Eingangsbereich empfängt uns ein riesiges<br />
MotoGP-Plakat, auf dem der amtierende Weltmeister<br />
Casey Stoner geradewegs auf den Betrachter<br />
zurast. Nach kurzer Wartezeit geht es die Treppen<br />
zur ersten Etage nach oben. Dort sitzen unzählige<br />
helle Köpfe, die hinter ihren PC-Bildschirmen verkrochen<br />
jedoch kaum auszumachen sind. Sie alle<br />
arbeiten daran, die offizielle Webseite der MotoGP<br />
zum Laufen zu bekommen. Sie stehen in ständigem<br />
Kontakt mit den Leuten an der Strecke, schreiben<br />
Texte, übersetzen sie in andere Sprachen, kümmern<br />
sich um Werbung, Sponsoren, neue Medien, alte<br />
Medien, TV-Übertragungen, Bilder, Kommunikation,<br />
PR, Zeitenlisten und vieles mehr.<br />
Vom Büroraum aus werden wir wieder nach unten<br />
geführt - es geht in den Keller. Verstaubte Weinflaschen,<br />
Kartoffeln und Spinnweben - Fehlanzeige!<br />
Ich komme mir vor wie in John Nash‘s inexistentem<br />
Geheimagenten-Computerzentrum. Rote und grüne<br />
Lichter blinken aus allen Richtungen. Hier laufen<br />
also die Stränge zusammen: Das Bildmaterial von<br />
der Strecke wird in diesen Räumlichkeiten verarbeitet,<br />
an Abnehmer in alle Welt weitergeliefert, in den<br />
Schnitträumen bearbeitet und in sämtlichen Sprachen<br />
kommentiert. Ein paar Meter weiter beginnt<br />
das Eldorado eines jeden MotoGP-Fans: Regale über<br />
Regale voller blauer Hüllen, in denen die guten alten<br />
Videokassetten jeder einzelnen 125ccm-, 250ccm-,<br />
Moto3-, Moto2- und MotoGP-Session der letzten<br />
zehn Jahre verstaut sind. Jede der Session-Aufnahmen<br />
gibt es gleich mehrfach mit Kommentaren auf<br />
Englisch, Spanisch, Französisch, Deutsch,<br />
Italienisch...<br />
Aber wo kommt das Bildmaterial her? Die Aufnahmen<br />
stammen direkt von den verschiedenen Rennstrecken<br />
aus aller Welt. Die ersten Dorna-Vertreter<br />
reisen bereits über eine Woche vor dem Grand Prix<br />
an, um alle Lastwagen abzuladen, auf denen nicht<br />
nur die Materialien des Veranstalters, sondern auch<br />
die Fracht der Teams von Rennstrecke A nach Rennstrecke<br />
B transportiert werden. Bei den Überseerennen<br />
wird das mehr als 250 Tonnen schwere Equipment<br />
mit drei Boeing 747 eingeflogen. »Sobald wir<br />
eintreffen, steht alles bereit, um das Rennwochenende<br />
zu starten, aber eigentlich steckt eine Menge<br />
Arbeit dahinter«, erklärt Javier Alonso, Chef der<br />
Dorna-Eventabteilung.<br />
Obwohl das spanische Unternehmen eng mit der<br />
Fédération Internationale de Motocyclisme (FIM)<br />
und vor Ort auch mit den Verantwortlichen der<br />
jeweiligen Rennstrecke zusammenarbeitet, werden<br />
seit 1992 vom Hauptvermarkter selbst über 170 Leute<br />
an jede einzelne der 18 Rennstrecken im Kalender<br />
geschickt, um sicherzustellen, dass der Ablauf reibungslos<br />
funktioniert. Los geht es beim Aufbau des<br />
Fahrerlagers, Strom- und Internetleitungen über die<br />
Akkreditierungen der Medienvertreter, den Zugang<br />
zur Rennstrecke bis hin zur Sicherheit der Kurse,<br />
Besucher und Fahrer. Dabei müssen natürlich auch<br />
die Räume für Dorna-Mitarbeiter, Presse und Teams<br />
hergerichtet werden, also für insgesamt knapp 3.000<br />
Leute.<br />
Okay, aber wo kommen nun die Bilder her? Ganz<br />
einfach, von den über 22 Kameras an jeder Rennstrecke<br />
und den etwa 90 Mikro-Cams, die an verschiedenen<br />
Punkten der Bikes angebracht werden<br />
und die neueste Technologie repräsentieren. Dazu<br />
kommen die Helikopter-Aufnahmen, die eine alternative<br />
Sicht auf die Rennaction am Boden bieten.<br />
Etwa 150 Mitarbeiter sitzen vor ihren Monitoren,<br />
um eine bestmögliche Bildqualität und die besten<br />
Zusammenschnitte des Geschehens zu liefern. Die<br />
MotoGP-Rennen werden schließlich live von jeder<br />
Rennstrecke auf 80 Kanälen in jede Ecke der Welt<br />
übertragen. Über 200 Länder empfangen die Sendungen,<br />
allerdings nicht alle direkt von der Strecke.<br />
Einige strahlen die Wettkämpfe auch erst später aus.<br />
Außerdem werden mit dem tollstem Equipment<br />
Rennhöhepunkte zusammengeschnitten. Das spanische<br />
Unternehmen produziert alles selbst und<br />
verbreitet es über Satellit.<br />
Das ist jedoch noch längst nicht alles. Da sich Dorna<br />
Sports um so viele Dinge gleichzeitig kümmern<br />
muss, führte das Unternehmen die 360° Philosophie<br />
ein, alles dreht sich um die verschiedenen Aspekte<br />
aus Events, Medien und Reklame im Kreis. Ein weiterer<br />
wichtiger Aufgabenbereich ist die Zeitnahme<br />
und Datenverarbeitung bei den Grand Prix. Die auf<br />
Tausendstelsekunden genau gemessenen Zeiten<br />
werden mittels Transponder an den Motorrädern<br />
ermittelt. »Insgesamt gibt es etwa 20 Messpunkte auf<br />
dem Kurs, die Ziellinie ist dabei aber am wichtigsten«,<br />
erklärt Jordi Sais, der Chef der Zeitnahmeund<br />
Computertechnik. Der Transponder am Motorrad<br />
sendet Signale zum Boden aus. Unter dem<br />
Asphalt jeder Rennstrecke verlaufen an besonderen<br />
Punkten Antennenkabel von einer Seite zur anderen.<br />
Wenn ein Pilot über diese Stellen fährt, sendet der<br />
Transponder ein Signal aus, das von der Antenne bis<br />
zum Rechenzentrum weitergeleitet wird. »Wir ver-<br />
01<br />
02<br />
03<br />
94 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
04<br />
01. In Reih und Glied, der<br />
öffentliche Auftritt muss stimmen,<br />
02. Auch die Optik muss stimmen,<br />
03. Die Dorna war stolz, in Katar<br />
das erste Nachtrennen einer<br />
großen Weltmeisterschaft<br />
auszutragen, 04. Spanish<br />
Connection: Mit Repsol hat die<br />
Dorna einen treuen MotoGP-Helfer,<br />
05. Die Helden der MotoGP sind<br />
wohl mit das wichtigste Kapital der<br />
Dorna, 06. Schnell reicht nicht, es<br />
muss auch alles gut aussehen, 07.<br />
Je spektakulärer desto besser<br />
05<br />
06<br />
suchen, die Rennstrecke in vier Sektoren aufzuteilen,<br />
die etwa die gleiche Zeitdistanz aufweisen. Das<br />
System funktioniert komplett automatisch«, räumt<br />
Sais ein. Allerdings weiß jeder aus dem Alltag: Man<br />
sollte sich nie blind auf die Technik verlassen. Bei der<br />
Dorna ist das nicht anders und deshalb sitzen fünf<br />
Leute in einem Kontrollturm, die alles überwachen.<br />
Da die Ziellinie der wichtigste Abschnitt ist, gibt es<br />
hier zur Sicherheit eine besondere Videoaufnahme<br />
und auf gleicher Höhe mit dem Zielstrich eine Art<br />
Blitzer, der das Geschehen zusätzlich auf Bildern<br />
festhält. Alle Zeiten werden an ein komplexes<br />
Rechensystem weitergegeben, in dem die Rundenzeiten<br />
ermittelt werden. So entstehen die Klassifikationen,<br />
die einfach überall veröffentlicht werden: auf<br />
den TV-Bildschirmen, in den Hospitalitys, in der<br />
Boxengasse und in jeder einzelnen Teamgarage. Das<br />
kommt zum einen den Fahrern und Teams zu Gute,<br />
die aus den Zeitenlisten genau herauslesen können,<br />
wo sie Zehntelsekunden auf die Konkurrenz verlieren<br />
oder gutmachen. Zum anderen müssen die<br />
Zuschauer dank der vier gemessenen Sektoren nicht<br />
eine ganze Runde abwarten, um zu wissen, ob ihr<br />
Favorit gut oder schlecht unterwegs ist.<br />
Wenn ein Fahrer gut unterwegs ist, wird er zur offiziellen<br />
Pressekonferenz eingeladen, die ebenfalls von<br />
der Dorna betreut wird. Neben der besonderen<br />
Bewirtung von VIP-Gästen pflegt Dorna Sports S.L.<br />
die Kommunikation der MotoGP. Sinn und Zweck<br />
der ganzen Sache: jedem sollte der Zugang zu Ergebnissen<br />
sowie genauen Informationen zu Rennstrecken<br />
und Fahrern bereitgestellt werden. So muss am<br />
Ende nicht jeder Einzelne bis nach Sant Just Desvern<br />
herausfahren, um sich bestens auf dem Laufenden<br />
zu halten.<br />
Dorna Facts<br />
Der Hauptaktionär der Dorna ist die Firma Bridgepoint<br />
Capital. Diese besitzt seit 2011 auch die<br />
Mehrheit der Anteile von Infront Motor Sports,<br />
dem Vermarkter der Superbike-WM. Insider<br />
wissen, dass beide Vermarkter in der Vergangenheit<br />
nicht gut aufeinander zu sprechen<br />
waren.<br />
Neben dem Hauptsitz in Madrid und dem großen<br />
Nebensitz in der Nähe von Barcelona gibt es<br />
auch Dorna-Büros in Tokio und London.<br />
Auch die spanische Nationalmeisterschaft (CIV)<br />
und der Red Bull Rookies Cup sind fest in Dorna-<br />
Hand. Dabei soll jungen Talenten die Chance auf<br />
eine Weltkarriere ermöglicht werden.<br />
Fotos: milagro<br />
07<br />
Dorna Sports S.L. vermarktet neben der MotoGP<br />
auch Ad-Time, ein rotierendes Werbe-Board-<br />
System in Spanien, Italien, Portugal, Großbritannien,<br />
Südamerika und Japan, das Volleyball,<br />
Baseballspiele und Fußball überträgt.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 95
Marc Marquez<br />
gehört die Zukunft in<br />
der Motorrad-WM<br />
Fotos: milagro, honda, repsol<br />
96 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Marc Marquez<br />
werden Erfolge im<br />
Rossi-Stil zugetraut<br />
Text: Maria Pohlmann<br />
Seit seinem ersten Titel<br />
vor über einem Jahr<br />
gilt Marc Marquez als<br />
aufstrebender WM-Star.<br />
In der letzten Saison<br />
erlitt er jedoch einen<br />
herben Rückschlag. Das<br />
<strong>Motorsport</strong> <strong>Magazin</strong> hat<br />
sich mit dem Spanier<br />
unterhalten.
WMarc Marquez ist ein leuchtender<br />
Stern am spanischen Motorradhimmel.<br />
Das machte er spätestens mit<br />
seinem 125cc-Titel 2010 recht deutlich.<br />
Schon zwei Jahre zuvor gab der Pilot aus Cervera<br />
sein Debüt auf der Weltbühne, nachdem er sich in<br />
der spanischen Meisterschaft einen Namen gemacht<br />
hatte. Doch schon damals stolperte Marquez über<br />
viele Steine, die ihm in den Weg gelegt wurden. Seine<br />
erste 125er Saison begann verletzungsbedingt später<br />
und endete nach einem heftigen Sturz in Malaysia<br />
frühzeitig. Bei seinem Abflug hatte sich der KTM-<br />
Pilot mit den Beinen im Hinterrad des Motorrads<br />
verfangen. »Das passiert nicht sehr oft, aber ich hatte<br />
Glück, dass es nicht ernster war«, sagte er nach Frakturen<br />
am Knorpel und am Schienbein.<br />
Pünktlich zum Saisonstart 2009 war der Youngster<br />
wieder fit und bestritt ein zweites, weniger aufreibendes<br />
Jahr mit einem Podestplatz. Darauf wechselte<br />
Marquez ins Team von Aki Ajo. Neben Sandro Cortese,<br />
der sich vom damals noch 17-Jährigen in den<br />
Schatten gestellt fühlte, lief der Katalane zur Höchstform<br />
auf. Marquez ließ sich im Laufe der Saison 2010<br />
weder von einer ausgerenkten Schulter noch von der<br />
harten Konkurrenz beeindrucken und feierte mit<br />
zehn Siegen den erträumten ersten WM-Titel in der<br />
Achtelliterklasse. Nebenbei holte er zwölf Pole Positions<br />
und stellte sich damit auf eine Stufe mit Mick<br />
Doohan, der seit 1997 den Pole-Rekord hält. »Als<br />
ich das erste Mal auf ein Motorrad stieg, träumte ich<br />
davon, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Jetzt geht<br />
dieser Traum in Erfüllung, unglaublich«, freute er<br />
sich.<br />
Im Jahr darauf folgte der logische Aufstieg in die<br />
Moto2-Klasse. Nach einer schwierigen Eingewöhnungsphase<br />
mit vielen Stürzen schlug der Rookie<br />
schließlich mit sieben Rennsiegen wie eine Bombe<br />
in der Mittleren Grand-Prix-Klasse ein. Seinen einzigen<br />
ernstzunehmenden Kontrahenten, Stefan<br />
Bradl, schien der Spanier dabei gegen Saisonmitte<br />
hinter sich lassen zu können. Doch ein weiteres Mal<br />
stolperte Marquez über die Steine auf dem Weg zum<br />
schnellen Triumph. Sepang wurde ihm erneut zum<br />
Verhängnis. Da die Streckenposten versäumten, eine<br />
nasse Stelle auf der Piste anzuzeigen, flog er im Training<br />
heftig per Highsider ab und durfte das Rennen<br />
nach Verbot der behandelnden Ärzte trotz starkem<br />
Kampfwillen nicht starten. Marquez und sein Team<br />
beteten beim Saisonfinale in Valencia um ein Wunder.<br />
Aber wie das so ist - es tritt keines ein. So war<br />
der Suter-Pilot gezwungen, beim Titelgewinn seines<br />
Konkurrenten zuzusehen. Mick Doohan war jedoch<br />
überzeugt: »Marquez ist noch jung, er kann das noch<br />
schaffen.«<br />
Seine Sturzverletzung aus Malaysia entpuppte sich<br />
allerdings schlimmer als erwartet. Marquez hatte<br />
arge Sichtprobleme, wurde zu Jahresbeginn an den<br />
Augen operiert und konnte sich verständlicherweise<br />
nicht auf ein Moto2-Bike setzen, solange er alles<br />
doppelt sah. Beim letzten Test der Vorsaison war der<br />
mittlerweile 19-Jährige wieder mit von der Partie<br />
und fand schnell zu altem Tempo zurück. Wie rasch<br />
er zur Höchstform zurückfinden konnte, bewies er<br />
mit einem Auftaktsieg in Katar. »Wir stehen wieder<br />
ganz oben, das hatte ich wirklich nicht erwartet«,<br />
jubelte er nach dem starken Comeback. Da Marquez<br />
zu den viel gepriesenen Talenten im Grand Prix zählt,<br />
scheint sein Aufstieg in die Königsklasse trotz Stolpersteinen<br />
nur noch eine Frage der Zeit zu sein.<br />
Zunächst will er aber erst einmal seinen zweiten<br />
WM-Titel nach Hause bringen.<br />
Die Konkurrenz ist<br />
groß, Marquez aber<br />
meist größer<br />
Fotos: milagro, honda, repsol<br />
MSM: Wie konntest du dich auf die Weltmeisterschaft<br />
2012 vorbereiten?<br />
MARC MARQUEZ: Ich habe wie üblich trainiert,<br />
aber eben ohne Motorrad zu fahren. Für<br />
Katar war ich körperlich auf jeden Fall bereit.<br />
Wie hast du dich nach dem Sturz gefühlt? Hast<br />
du jemals darüber nachgedacht, wie es wäre,<br />
wenn du gar nicht mehr hättest fahren können?<br />
Was wäre die Alternative gewesen?<br />
Ich war immer optimistisch. Trotzdem war es<br />
natürlich nicht schön. Wenn man mit einer solchen<br />
Situation leben muss, dann muss man<br />
ruhig bleiben, immer nur das Beste hoffen und<br />
nicht an die schlimmste Option denken.<br />
Dein Bruder Alex fährt jetzt auch Moto3. Hilfst<br />
du ihm ab und an ein bisschen oder siehst du<br />
ihn in ein paar Jahren sogar als Rivalen?<br />
Das hoffe ich. Er ist sehr stark und hat sich in<br />
letzter Zeit sehr verändert. Ich wünsche ihm,<br />
dass er die spanische Meisterschaft in dieser<br />
Saison gewinnt und dann vielleicht in die<br />
Moto3-WM kommen kann. Mal sehen, aber er<br />
ist auf jeden Fall ein sehr guter Fahrer und ich<br />
würde in Zukunft gern gegen ihn antreten.<br />
Du beginnst gerade deine zweite Saison als<br />
alleiniger Fahrer im Team CatalunyaCaixa<br />
Repsol. Fehlt dir ein Teamkollege?<br />
Über so etwas denke ich nicht nach. Ich mag<br />
die Situation, also stört es mich momentan<br />
nicht.<br />
Was ist dein Lieblingsrennen, wenn du die Stre-<br />
98 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
cke, die Fans und die Atmosphäre bedenkst?<br />
Ich mag alle spanischen Rennen sehr, es ist<br />
immer eine große Freude vor deinen eigenen<br />
Landsleuten zu fahren.<br />
Abgesehen von den Rennstrecken, welches Land<br />
gefällt dir am besten?<br />
Australien ist unglaublich, vielleicht eines meiner<br />
Favoriten.<br />
Das Feiern hat Marc<br />
Marquez mittlerweile<br />
gelernt<br />
Bereits ganz früh<br />
wollte Marquez<br />
Motorradfahren<br />
2010 hast du den 125ccm-Titel gewonnen. Wie<br />
lebt es sich über ein Jahr danach? Ist das Medieninteresse<br />
noch immer genauso groß wie<br />
direkt nach dem Titel? Was ist anders?<br />
Alles ist gewachsen und ich verstehe den neuen<br />
Status jetzt. Ich versuche mit meinen Fans lustig<br />
umzugehen, denn ohne sie wäre das alles nicht<br />
möglich. Außerdem werden es von Tag zu Tag<br />
mehr, was für uns bedeutet, dass wir gut<br />
arbeiten.<br />
Denkst du manchmal über den GP-Tellerrand<br />
hinaus? Verfolgst du zum Beispiel die Super-<br />
bike-WM oder andere <strong>Motorsport</strong>arten?<br />
Nein, das mache ich nie.<br />
Was denkst du über Fußball?<br />
Ich mag Fußball und bin ein großer Barça-Fan.<br />
Die letzten Jahre waren für uns einfach<br />
unglaublich.<br />
Mit welcher Sportart hältst du dich fit?<br />
Ich fahre viel Fahrrad mit meinem Bruder. Wir<br />
trainieren jede Woche ohne Ende. Wir haben<br />
Mountainbikes und fahren immer in der<br />
Gegend unseres Hauses herum.<br />
Wie sieht dein Privatleben aus? Wo und wie<br />
lebst du?<br />
Ich lebe in Cervera, einer kleinen Stadt in der<br />
Nähe von Lleida, in Katalonien. Es ist ein<br />
ruhiger Ort und man kann hier gut leben. Haustiere<br />
oder so etwas haben wir leider nicht, weil<br />
darum muss man sich schließlich kümmern und<br />
wir haben keine Zeit.<br />
07<br />
Hast du ein besonderes Ritual vor dem Rennen?<br />
An was denkst du fünf Minuten vor dem Start?<br />
Ich versuche, einfach nur konzentriert zu sein,<br />
das ist alles.<br />
Was vermisst du am meisten, wenn du an den<br />
Rennstrecken in aller Welt unterwegs bist?<br />
Meine Freunde und mein Zuhause.<br />
Wenn irgendjemand eine Zeitmaschine bauen<br />
könnte, würdest du dann lieber zurück ins<br />
Titeljahr 2010 reisen oder lieber ins Jahr 2014?<br />
Obwohl die Vergangenheit wunderbar war,<br />
würde ich die Zukunft vorziehen.<br />
Was gibt‘s bei dir zum Frühstück, das dich so<br />
schnell macht?<br />
Ich nehme mal an das Übliche, Kaffee mit Milch,<br />
Früchte, Toast, Orangensaft...<br />
Was denkst du über die neue MotoGP-Ära mit<br />
den CRT-Maschinen?<br />
Das müssen wir uns alle noch eine Weile<br />
anschauen, wenn wir sehen wollen, ob das der<br />
richtige Weg war, den die Verantwortlichen eingeschlagen<br />
haben. Momentan weiß ich es nicht.<br />
Was ist für dich in dieser Saison anders? Gibt<br />
es viele Neuerungen am Bike?<br />
Das Motorrad ist mehr oder weniger gleich<br />
geblieben. Es gibt noch ein paar kleine Änderungen,<br />
aber die sind noch nicht bereit, denn<br />
wir haben noch nicht genügend Kilometer<br />
zurückgelegt. Ich hoffe, dass wir das bald<br />
schaffen.<br />
Was ist in diesem Jahr dein Ziel?<br />
Ich würde gerne um den Titel kämpfen. Nach<br />
dem letzten Jahr ist das unser oberstes Ziel.<br />
Wer wird 2012 dein härtester Rivale und<br />
warum?<br />
Theoretisch war Thomas Lüthi der Stärkste in<br />
seiner Vorsaison. Aber auch Andrea Iannone,<br />
Pol Espargaro, Esteve Rabat, Scott Redding,<br />
Toni Elias... die sollte man alle nicht vergessen.<br />
Es gibt viele Fahrer, die in diesem Jahr hart<br />
kämpfen werden.<br />
Hast du nach all den Gerüchten im letzten Jahr<br />
nicht doch schon ein Auge auf die MotoGP<br />
geworfen?<br />
Ich war mir sicher, dass die Moto2 mein Weg<br />
sein wird. Ich hatte nie daran gedacht, in dieser<br />
Saison schon in die MotoGP aufzusteigen.<br />
Was sind deine WM-Tipps? Wer gewinnt die<br />
Titel in der neuen Moto3-Klasse und der<br />
MotoGP?<br />
Die Favoriten sind ganz klar Maverick Vinales<br />
und Casey Stoner, aber wir werden sehen, was<br />
passiert.<br />
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Maverick Viñales ist<br />
jung, zeigt aber viel<br />
Reife<br />
Fotos: milagro<br />
100 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Spaniens Zukunft<br />
Text: Falko Schoklitsch<br />
Wenn sich Dani Pedrosa und Marc Marquez umdrehen, dann sehen sie einen jungen<br />
Mann namens Maverick Viñales. Spaniens nächster Superstar scharrt bereits in den<br />
Startlöchern.<br />
Die Welt des <strong>Motorsport</strong>s ist immer auch eine Welt voller Druck, es gilt Leistung<br />
zu zeigen, immer in Bestform zu sein und trotzdem irgendwie locker zu bleiben,<br />
denn verkrampft lässt sich nichts gewinnen. Egal wie abgedroschen es klingen<br />
mag: ein Fahrer ist immer nur so gut wie sein letztes Rennen. Dani Pedrosa<br />
hat Druck, immerhin ist Marc Marquez auf dem stark aufsteigenden Ast. 2013<br />
dürfte Marquez in die MotoGP kommen, ab 2014 darf er dann in einem Werks-<br />
Team fahren. So gesehen hat Pedrosa nicht mehr<br />
viel Zeit, um Honda und Repsol zu beweisen, dass<br />
er so gut ist, wie es zu vermuten war, als er 2006 als<br />
dreifacher Weltmeister in die MotoGP kam. Doch<br />
auch Marquez darf bereits den Druck spüren, einen<br />
neuen potentiellen Superstar im Nacken zu haben.<br />
Maverick Viñales hat in der Weltmeisterschaft losgelegt<br />
wie die Feuerwehr.<br />
Bereits in seiner ersten Saison in der 125cc-Klasse<br />
holte er vier Siege und gilt als der große Favorit<br />
für die erste Moto3-WM. Sollte ihm das gelingen,<br />
wird es rasch bergauf in die Moto2 gehen. Dank<br />
seiner spanischen Herkunft werden ihm viele<br />
Türen offen stehen. Er hat wie Pedrosa und Marquez<br />
Repsol als großen Gönner und hat es dementsprechend<br />
leicht, ein gutes Budget aufzustellen.<br />
Dafür müssen natürlich die Leistungen stimmen,<br />
doch Viñales ließ bei den Wintertests und beim<br />
Saisonauftakt in Katar keine Zweifel daran aufkommen,<br />
dass die Leistung stimmt.<br />
»Wir sind nicht in der Weltmeisterschaft, um zu fahren, sondern um zu<br />
gewinnen«, betont er trocken. Er weiß auch bereits, wie er die Presseabteilung<br />
richtig bedient. Immerhin sind seine Aussagen sehr veröffentlichungsfreundlich.<br />
»Ich denke, wir haben ein Team, das gewinnen kann, es arbeitet<br />
hart und kennt sich nach einigen Jahren sehr gut«, meint er. Mit seinen 17<br />
Jahren ist Viñales praktisch durch und durch Profi, da er, wie es sich für<br />
einen Spanier gehört, den Zweiradsport von der Pike auf gelernt hat. Nach<br />
dem Weg durch die Nachwuchsserien begann er 2009 in der spanischen<br />
125cc-Meisterschaft und wurde sofort Vizemeister. 2010 war er schließlich<br />
Titelträger und als er 2011 in die Weltmeisterschaft einstieg, dauerte es<br />
nicht lange, bis er einschlug wie eine Bombe.<br />
Im vergangenen Jahr war sein größtes Problem, dass er bei Siegen irgendwie<br />
mit der Begeisterung von Team-Unterstützerin Paris Hilton zurechtkommen<br />
musste. Das hielt ihn dennoch nicht davon ab, zum drittjüngsten<br />
Sieger der Geschichte zu werden - nur Scott Redding und Marco Melandri<br />
waren schneller. Die GP-Welt ist überzeugt, der erste WM-Titel dürfte 2012<br />
folgen, Viñales ist allerdings nicht so schnell, wenn es um das Thema geht.<br />
»Die Konkurrenz ist groß und es gibt immer jemand, der schneller ist als<br />
du. Ich hoffe, wir können mit KTM mithalten«, sagt er. Hinter dem<br />
Renntalent, das Marquez und Pedrosa Druck macht, steckt aber noch<br />
ein wenig mehr. Viñales ist ein eifriger Schüler, der sich für die Zeit<br />
nach dem Rennsport bereits klare Ziele gesteckt hat. Er will Jura studieren<br />
und Notar werden. Dementsprechend hart arbeitet er auch abseits<br />
der Rennstrecke an seinen Schulnoten. Er ist von morgens bis um 17:00<br />
Kopf runter und<br />
Vollgas ist für<br />
Viñales nicht<br />
alles<br />
Uhr in der Schule, erst nach dem späten Mittagessen<br />
geht er trainieren. Nach dem Abendessen<br />
setzt er sich wieder hinter die Bücher. Da er<br />
aufgrund seiner Tätigkeit als kommender Zweirad-Superstar<br />
doch viel unterwegs ist, muss er<br />
sich noch etwas intensiver mit dem Schulstoff<br />
auseinandersetzen. Gute Noten zeigen, dass es<br />
sich bezahlt macht.<br />
Seine besten Examen legt er aktuell auf den<br />
Rennstrecken dieser Welt ab, wo er mit einer<br />
Reife agiert, die Marquez einst erst finden musste.<br />
Erst in seinem dritten WM-Jahr konnte der<br />
mittlerweile als Seriensieger bekannte Moto2-<br />
Pilot seinen ersten Sieg einfahren, davor fiel er<br />
vornehmlich durch übertrieben verkrampfte<br />
Versuche auf, sich in Rennen an die Spitze zu<br />
setzen, was mehr als nur einmal im Kiesbett<br />
endete. Viñales kam bereits ohne dieses ungestüme<br />
Verhalten in die WM und stellt damit ein<br />
Gesamtpaket dar, bei dem es augenscheinlich<br />
nur noch Feintuning bedarf. Druck? Den scheint<br />
sich der junge Spanier nicht anmerken zu lassen, beinahe stoisch meistert<br />
er die Herausforderungen, die ihm die teils viel ältere Konkurrenz stellt.<br />
Er muss sich aber keine Sorgen machen, dass ihm zu langweilig wird,<br />
denn aus der spanischen Meisterschaft drängen bereits die Nächsten nach:<br />
ein gewisser Alex Marquez, der für einige sogar als das größere Talent<br />
gilt als sein älterer Bruder Marc und Alex Rins, der den jüngeren Marquez<br />
voriges Jahr in der spanischen Meisterschaft geschlagen hat. Rins fährt<br />
2012 bereits die Moto3-WM mit, so ist das mit dem Druck.<br />
Wir sind nicht in der Weltmeisterschaft,<br />
um zu fahren, sondern<br />
um zu Gewinnen. Ich denke,<br />
wir haben ein Team, das gewinnen<br />
kann, es arbeitet hart und<br />
kennt sich sehr gut.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 101
Text: Jule Krause<br />
top<br />
MotoGP<br />
zum Schnäppchenpreis<br />
Seit Monaten bemühen sich die Dorna, die MSMA (Herstellervereinigung) und die IRTA (Teamvereinigung) mit neuen<br />
Regeln und Richtlinien, die Zukunft der MotoGP zu ebnen. Das Leitmotto: MotoGP zum Schnäppchenpreis. Nur<br />
leider gibt es ein Problem. Die Parteien können sich an den entscheidenden Punkten nicht einigen, mindestens<br />
einer tanzt immer aus der Reihe. Amüsant ist ebenfalls, dass zwischendrin immer wieder angemerkt wird, dass die<br />
Sparpläne an den falschen Stellen angesetzt werden und entsprechend ineffektiv für eine gesicherte und kreative<br />
MotoGP-Zukunft seien. Daher haben wir fünf Alternativmaßnahmen zusammengestellt, die ebenfalls den Schein<br />
des Sparens wahren, bei denen aber garantiert weder die Dorna noch die Werke auf etwas verzichten müssen...<br />
5. Recycling<br />
Die Rede ist natürlich nicht von Mülltrennung, dieses Projekt würde<br />
alleine an den Briten scheitern. Nein, wir schlagen den Wiedergebrauch<br />
von alten Kombis vor, besonders die Fahrer der Ex-125cc und Moto2<br />
gehen da mit einem guten Beispiel voran, wie Anthony West 2010 für<br />
das Abenteuer MZ. Wen störte, dass die Kombi blau statt grün-weiß<br />
war? Hauptsache sie erfüllte den Zweck. Andere setzen auf Mix-Match<br />
bei Stiefel, Knieschoner & Co, wer hat festgelegt, dass die von nur einem<br />
Ausrüster gestellt werden dürfen? Außerdem sollte man sich bei der<br />
Fahrerfluktuation einiger Teams überlegen, ob man nicht wenigstens<br />
die Leder-Kombi und ein paar Accessoires von Pilot zu Pilot weiterreichen<br />
könnte, mit ein bisschen Tape sollte das umsetzbar sein.<br />
Fotos: adrivo/Sutton, milagro<br />
102 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
4. System Kaffeekasse<br />
Da es immer schwieriger wird, Sponsoren in die MotoGP zu<br />
locken, oder welche zu finden, die politisch korrekt sind - kein<br />
Alkohol, keine Tabakwaren und auch Energydrinks wackeln<br />
dank der EU - muss man sich nach anderen Geldquellen<br />
umschauen. Was ist naheliegender, als die stets anwesende<br />
Pressevertretung zur Kasse zu bitten? Thema Pressekonferenz:<br />
Wer Valentino Rossi fragt, warum er das linke Bein beim<br />
Anbremsen ausstreckt, zahlt Konventionalstrafe. Gleiches gilt<br />
für Fragen, die gestellt werden, aber bereits in der Team-<br />
Pressemitteilung beantwortet wurden. Ein Fahrer darf während<br />
der Liveübertragung nur bis zu Limit X genannt werden,<br />
alles darüber kostet. Damit sorgt man nicht nur für etwas<br />
Geld in der Kaffeekasse, man zwingt die berichtende Zunft<br />
auch dazu, wieder etwas kreativer zu werden.<br />
→<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 103
3. 90 Tage Ankerberg<br />
Campen ist bekanntlich die ultimative Budget-Urlaubswahl.<br />
Auch hier hat die MotoGP Potential, statt Motorhome<br />
führen wir das Zeltlager wieder ein. Zurück zu<br />
den guten alten Zeiten, mit Stimmung wie im Ferienlager,<br />
das schweißt zusammen! Zudem sind Zelte viel<br />
einfacher von A nach B zu bringen, Fahrer, die bislang<br />
zwei Motorhomes verwalten mussten, hätten mit Zelten<br />
ein viel stressfreieres Leben. So kommen die MotoGP-<br />
Stars den Fans wieder näher und das wirkt sich wiederum<br />
positiv auf Nebengeschäfte wie Merchandise-<br />
Verkauf aus. Wem das dann doch etwas zu heftig ist,<br />
der kann es immer noch wie die junge britische Vertretung<br />
in der Weltmeisterschaft machen und eine Fahrerlager-WG<br />
gründen.<br />
2. Mach es zu<br />
deinem Projekt!<br />
Einige Teams machen es bereits vor, der Fahrer zahlt und<br />
darf dafür fahren. Das Potential ist hier aber noch lange nicht<br />
ausgeschöpft. Da Können und Talent in diesen Tagen eher<br />
nebensächlich sind, sollten die Fahrer einfach Zweitdienste<br />
anbieten, Superbike-Fahrer Leon Camier macht es vor, als<br />
Nanny für Broc Parkes‘ oder auch Casey Stoners Nachwuchs.<br />
Mika Kallio sollte die neue Teamkaffeemaschine nicht nur<br />
einweihen, sondern sie auch gleich bedienen. Fahrer, die<br />
sich verletzt haben, nehmen sich ein Beispiel an Danny Webb<br />
und erledigen den Job an der Boxenmauer und Ben Spies<br />
könnte als Restaurantbesitzer künftig das Catering bei<br />
Yamaha übernehmen. Teams, die kommunikationsfreudige<br />
Fahrer á la Colin Edwards haben, sparen sich den Pressesprecher<br />
und verbreiten die Aussagen einfach über Soziale<br />
Netzwerke, wie Forward Racing es bereits während der<br />
Testfahrten vormachte.
Fotos: milagro, capcom<br />
1 Cyber-MotoGP<br />
Passend zum 21. Jahrhundert wird die MotoGP-WM künftig via Gaming<br />
ausgetragen. Für eine Liveübertragung wird ein Studio präpariert, im<br />
Hintergrund hängt die jeweilige Landesflagge und ein paar Aufnahmen<br />
der Strecke. Mit Cyber-MotoGP werden die Reise- und Personalkosten<br />
extrem reduziert, die Fahrer brauchen keine Ausrüstung mehr, die Umwelt<br />
wird geschont, die Strecken müssen nicht vorbereitet werden, ganz zu<br />
schweigen, was man spart, wenn man die Bikes nur noch virtuell erstellt.<br />
Die Fans zahlen die übliche Gebühr fürs Livestreaming und schon kann<br />
es los gehen. Wenig Aufwand und dennoch Profit, besonders der Dorna<br />
dürfte das gefallen. Ein Problem bleibt aber: IRTA, MSMA und Dorna<br />
müssten sich auf ein System einigen. PlayStation, Wii, X-Box, Nintento<br />
DS, PC...<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 105
Text: Falko Schoklitsch<br />
Das Duell<br />
der Rennopas<br />
der Rennopas<br />
Zwei alte Hasen aus zwei verschiedenen Ländern in einem Alter, das<br />
viele im Rennsport bereits als greisenhaft ansehen. Spanien und Italien<br />
zittern mit Carlos Checa und Max Biaggi.<br />
»Mein Name ist Guybrush Threepwood, ich bin<br />
ein mächtiger Pirat.« Dieser Satz aus der Computerspielreihe<br />
Monkey Island ist mittlerweile<br />
für mehrere Generationen an Spielern ein<br />
Zeugnis für höchsten Adventure-Genuss.<br />
»Mein Name ist Max Biaggi, ich bin ein mächtiger<br />
Korsar«, ist für Zweiradfreunde zwar nie<br />
zu hören gewesen, aber mittlerweile wissen<br />
ebenfalls mehrere Generationen an Fans durchaus<br />
zu schätzen, wenn der 41-Jährige auf die<br />
Superbike-Strecken dieser Welt geht.<br />
Wer im normalen Leben das Wort el Toro in<br />
den Mund nimmt, der ist meist gerade Richtung<br />
Spanien oder Mexiko unterwegs, um sich dort<br />
Wettkämpfe anzusehen, mit denen nicht jeder<br />
glücklich ist. Der Stier oder der Bulle ist aber<br />
auch Zweirad-Enthusiasten ein Begriff - und<br />
das nicht nur im bildlichen Sinn, wenn einem<br />
ein eher unerwünschter Bulle mit einem Strafzettel<br />
die Aufwartung macht. Carlos Checa<br />
könnte jedem Mann mit einem roten Tuch<br />
reichlich Angst machen, wenn er statt mit zwei<br />
Hörnern mit jeder Menge PS auf den Torero<br />
losginge. Lieber ist er aber auf der Jagd nach<br />
Korsaren.<br />
Die Welt der Piraten und die Welt der Tiere, in<br />
der Superbike-WM finden sie zusammen und<br />
formieren sich dort zu einem Duell der Rennopas,<br />
die in der seriennahen Klasse ihren x-ten<br />
Frühling erleben. War es ihnen bei den Prototypen<br />
nie vergönnt, in der Königsklasse die<br />
Weltmeisterschaft zu gewinnen, haben sie das<br />
mittlerweile bei den Superbikes nachgeholt und<br />
damit haben sie noch nicht genug. Biaggi vs.<br />
Checa, Italien vs. Spanien, 41 Jahre vs. 39 Jahre,<br />
Carlos Checa und Max Biaggi sind im Sportsinne nicht<br />
mehr blutjung, doch auf den Strecken der Superbike-WM<br />
mischen sie trotzdem die Konkurrenz auf<br />
das ist doch ein Zweikampf, der sich auf so vielen<br />
Ebenen spielen lässt, dass es sich für das<br />
<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> lohnt, einige davon<br />
genauer unter die Lupe zu nehmen.<br />
Biaggi vs. Checa - die Karrieren<br />
Bevor Biaggi der Korsar wurde, musste er erst<br />
einmal lange warten. Denn zunächst wollte er<br />
lieber Fußball spielen. Erst mit etwa 18 Jahren<br />
kam er erstmals mit einem Motorrad an eine<br />
Rennstrecke, nach Vallelunga nahe seiner Heimat<br />
Rom. »Ich sah diese fantastische, riesige<br />
Strecke. Für mich sah sie enorm aus. Bis dahin<br />
begeisterte sich niemand in der Familie für<br />
Motorräder. Mein Vater und ich wussten nichts<br />
über Motorräder, Reifen oder Fahrwerke«, sagt<br />
Biaggi rückblickend. So richtig um ihn geschehen<br />
war es, als dann die Motoren angeworfen<br />
wurden. »Meine Brust vibrierte«, erinnert er<br />
sich.<br />
Noch im gleichen Jahr fuhr er im Oktober bei<br />
einem kleinen Rennen mit, bei dem aber einige<br />
große Namen vertreten waren. »Da waren die<br />
ganzen Größen aus der Weltmeisterschaft<br />
dabei, Capirossi, Romboni, Gresini, Vitaly, Gramigni.<br />
Und in meinem ersten Rennen mit ihnen<br />
wurde ich Dritter. Das war meine Visitenkarte.«<br />
Der Rest ist Geschichte, wie es in Phrasenschwein-Kreisen<br />
so gerne heißt. Vier WM-Titel<br />
in der 250cc-Klasse, 42 GP-Siege, dazu noch 14<br />
in der Superbike und ein WM-Titel dort. Einziger<br />
Makel bleibt, dass er in der 500er- oder<br />
MotoGP-Klasse keinen Titel gewinnen konnte,<br />
er galt als eines der ersten Opfer von Valentino<br />
Rossi.<br />
→<br />
Fotos: wsbk<br />
106 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Sie schenken sich nichts. Max Biaggi<br />
und Carlos Checa verteidigen jeden<br />
Zentimeter Strecke<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 107
Bei Checa ist die Sache<br />
generell etwas anders<br />
gelagert. »Ich weiß nicht,<br />
ob es Zufall oder ein<br />
Omen war, aber am Tag<br />
meiner Geburt hatte<br />
mein Vater einen Motorrad-Unfall,<br />
als er Richtung<br />
Krankenhaus fuhr,<br />
wo meine Mutter mich<br />
zur Welt brachte. Zehn<br />
Jahre später wartete mein<br />
Vater auf einer Mecatecno<br />
[ein Elektromotorrad<br />
für Kinder], die er<br />
gerade für mich gekauft<br />
hatte - ich musste lernen,<br />
wie ich Schlösser knacke,<br />
denn mein Vater wollte<br />
mich nicht fahren lassen,<br />
wenn er nicht dabei war<br />
und ich wollte immer<br />
fahren«, erzählt Checa.<br />
Mit 13 folgte eine 80cc<br />
Motocross-Maschine und<br />
ab da war er dem Rennvirus<br />
verfallen.<br />
El Toro ist der Titelverteidiger und er<br />
wird 2012 wieder einige Rivalen auf<br />
die Hörner nehmen<br />
1993 erfolgte der erste<br />
WM-Auftritt als Wildcard-Fahrer<br />
in der 125cc-<br />
Klasse und er wurde<br />
gleich Siebter, woraufhin<br />
er in der 250cc-Klasse im<br />
gleichen Jahr weitere<br />
Rennen fahren durfte. 1994 gelang ihm in der<br />
250er Gesamtrang zwölf und als sich im Jahr<br />
darauf Alberto Puig in der 500er verletzte,<br />
durfte Checa aufrücken und seine Honda<br />
NSR500 übernehmen. Im gleichen Jahr führte<br />
er sogar lange den Katalonien GP an, bevor er<br />
stürzte. 1996 sollte es dann an gleicher Stelle<br />
mit dem ersten Sieg in der Königsklasse klappen,<br />
bis zu seinem zweiten sollte es allerdings<br />
bis 1998 dauern. »98 holte ich mit Rang vier<br />
mein bestes Gesamtergebnis, trotz des Unfalls<br />
in Donington. Nach dem Sturz entfernten sie<br />
mir die Milz und ein Blutgerinnsel kostete<br />
mich fast das Leben. Ich muss zugeben, damals<br />
glaubte ich, es wäre zu Ende, aber ich kämpfte<br />
und schaffte es«, berichtet Checa. Ende des<br />
Jahres wechselte er zu Yamaha und holte einige<br />
Podestplätze, weitere Siege sollten aber ausbleiben.<br />
2005 wechselte er auf Ducati, 2006<br />
zurück auf Yamaha, 2007 dann noch einmal<br />
auf Honda, letztendlich musste er aber einsehen,<br />
dass seine Zeit in der MotoGP abgelaufen<br />
war. Der Wechsel in die Superbike folgte 2008<br />
und nach zwei Jahren mit Honda ging es zu<br />
Ducati, wo er 2011 schließlich den größten<br />
Erfolg seiner Karriere feiern sollte.<br />
Max Biaggi musste den<br />
WM-Titel in der Superbike<br />
2011 wieder abgeben,<br />
das soll nicht so bleiben<br />
108 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Der Kampf um Siege<br />
mag hart sein, für Spaß<br />
ist aber immer Zeit<br />
tet. Letztendlich ist es eine Fahrstil-Frage, wem<br />
welche Maschine eher liegt. Zwar wurde vor<br />
der Saison wieder darüber diskutiert, ob der<br />
Ducati nicht noch weitere Handicaps auferlegt<br />
werden sollen, da sie sonst zu stark sein könnte,<br />
im Endeffekt scheint die Konkurrenz aber nicht<br />
gänzlich unterlegen.<br />
Das Fazit<br />
Das Duell Checa vs. Biaggi oder Spanien vs.<br />
Italien wird in der Superbike-WM auch im Jahr<br />
2012 ein interessantes, weil vielseitiges. Hier<br />
fahren zwei alte Hasen aus zwei alten Motorrad-<br />
Hochburgen gegeneinander, die auf zwei völlig<br />
unterschiedlichen Wegen zum Sport kamen<br />
und auf zwei italienischen Maschinen mit<br />
unterschiedlichen Konzepten sitzen.<br />
Der Gewinner des Duells muss am Ende zwar<br />
nicht Weltmeister sein, da sprechen auch noch<br />
ein paar andere Fahrer ein gewichtes Wörtchen<br />
mit, doch eines steht wohl jetzt schon fest: das<br />
Duell um den Titel des schnellsten Rennopas<br />
2012 wird auf zwei Rädern wohl unter Checa<br />
und Biaggi entschieden.<br />
hält Italien bisher bei 75 WM-Titeln, Spanien<br />
lediglich bei 36. In der Superbike-Weltmeisterschaft<br />
steht es derweil 1:1 durch die Weltmeisterschaften<br />
von Biaggi und Checa.<br />
Checa vs. Biaggi - das Alter<br />
Man ist so alt, wie man sich fühlt. Beim Zweikampf<br />
39 (Checa) gegen 41 (Biaggi) Lenze nehmen<br />
sich die Fahrer eigentlich nicht viel, aber<br />
wie fühlen sie sich selbst? Biaggi jedenfalls noch<br />
relativ fit. »Wenn man 38 oder 39 ist und wieder<br />
einen Titel gewinnt, dann ist das sehr süß. Da<br />
fühlt man sich, als ob man etwas Großes getan<br />
hat. Im Moment, wenn man die Zielflagge sieht,<br />
denkt man aber auch schon an nächstes Jahr.«<br />
Checa nennt seine größte Schwäche hingegen,<br />
dass er alt wird. Auf der anderen Seite will er<br />
sich aber ebenfalls nicht alt fühlen. »Die Wahrheit<br />
ist, dass ich mich sehr glücklich und voller<br />
Kraft und Begeisterung fühle, noch viel mehr<br />
zu fahren. Ich hoffe, ihr genießt die Rennen so,<br />
wie ich genieße, sie zu fahren.«<br />
Fotos: wsbk<br />
Italien vs. Spanien -<br />
der Ländervergleich<br />
Italien und Spanien sind auf vielen Ebenen<br />
Rivalen. Das weltweit bekannteste Duell ist<br />
wohl jenes um die Krone in der Fußballwelt.<br />
Das Land auf der Apenninen-Halbinsel schaffte<br />
bislang insgesamt vier Weltmeister-Titel, Spanien<br />
erst einen. Dafür gilt die Nationalmannschaft<br />
auf der iberischen Halbinsel momentan<br />
als das beste Team der Welt.<br />
Auch beim Tourismus sind beide Länder darum<br />
bemüht, die Nase vorne zu haben. Spanien steht<br />
dabei aber etwas besser da, 2010 verzeichnete<br />
man 53 Millionen touristische Besucher, Italien<br />
hinkte knapp hinterher. In der Motorradwelt<br />
ist das Bild ein wenig anders. In der GP-Klasse<br />
Aprilia vs. Ducati<br />
Vom Konzept her sind die Aprilia und die<br />
Ducati recht unterschiedlich, dort ein V4-Motor<br />
mit 65 Grad Zylinderwinkel und 1000cc Hubraum,<br />
da ein Zweizylinder mit 90 Grad Winkel<br />
und 1200cc Hubraum. Beide bestechen durch<br />
gute Top-Speeds und gutes Handling, wobei die<br />
Ducati auf der Geraden etwas mehr Rumms<br />
auspackt als die Aprilia, sich die RSV4 dafür in<br />
Kurven ein wenig geschmeidiger handhaben<br />
lässt und durch eine etwas zahmere Gasannahme<br />
den Ausgang etwas angenehmer gestal-<br />
Die Aprilia mag es,<br />
durch die Kurven zu<br />
gleiten<br />
Ich weiSS nicht, ob es Zufall oder ein Omen war, aber am Tag meiner<br />
Geburt hatte mein Vater einen Motorrad-Unfall, als er Richtung<br />
Krankenhaus fuhr, wo meine Mutter mich zur Welt brachte.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 109
Laia Sanz<br />
dominiert den<br />
weiblichen<br />
Trial-Sport seit<br />
Jahren<br />
Toni Bou ist Indoor<br />
und Outdoor das<br />
Maß aller<br />
Trial-Dinge<br />
Text: Falko Schoklitsch<br />
Spanische Glanzlichter<br />
Namen wie Angel Nieto, Alex Crivillé, Ricardo Tormo, Sito Pons,<br />
Jorge Martinez, Dani Pedrosa, Carlos Checa oder Jorge Lorenzo<br />
gehen Zweiradfreunden runter wie Öl. Unter anderem sie repräsentieren<br />
die Begeisterung Spaniens für den Straßen-Motorrad-<br />
Laia Sanz<br />
Ladies First und diese Lady muss sich auch hinter niemandem verstecken.<br />
Mittlerweile hat die Spanierin elf Trial-Weltmeisterschaften eingefahren<br />
und hat sich auch schon an die Rallye-Dakar gewagt. Dort war sie 2011 die<br />
beste Frau und 39. der Gesamtwertung, dieses Ergebnis wiederholte sie<br />
2012. Bereits früh war sie mit dem Zweirad-Virus infiziert und trainierte<br />
schon als Vierjährige heimlich mit der Trial-Maschine ihres Bruders. Seitdem<br />
hat sich viel getan, doch sie hat sich einen Namen gemacht. Und sie<br />
ist auch durchaus hart. So musste sie dieses Jahr bei der Dakar bei sechs<br />
Etappen auf ihren Assistenz-Fahrer Marc Guasch verzichten, weil er sich<br />
bei einem Sturz vier Rippen gebrochen hatte. »Das war der schwerste Schlag<br />
bei der Rallye. Ich war sehr traurig deswegen. Ich war an dem Tag sehr<br />
betroffen, aber die Dakar lässt keine Zeit für Bedauern, also konzentrierte<br />
ich mich darauf, was ich zu tun hatte«, meint sie.<br />
Toni Bou<br />
Für Trial-Freunde ist der Name Toni Bou fest mit dem Wort Perfektion<br />
verbunden. Mittlerweile hat der Spanier sechs Indoor Trial Weltmeisterschaften<br />
gewonnen, beendete die letzten 16 Wettkämpfe als Sieger und<br />
hat seit dem Jahr 2007 von 36 Bewerben 29 bei den Indoor Trials gewonnen,<br />
sechs Mal war er Zweiter. Zusätzlich hat er sich noch fünf Mal zum<br />
Outdoor Trial Weltmeister gemacht und gilt in der Saison 2012 ein weiteres<br />
Mal als klarer Favorit. »Im Moment sehe ich keine Limits. Ich bin<br />
25 Jahre alt, ich bin jung und ich habe viel Motivation, so weiterzumachen.<br />
Wenn es kein physisches Problem gibt, will ich diese Pace halten«, sagt<br />
Bou über sich selbst. Dougie Lampkin, der insgesamt zwölf Mal Weltmeister<br />
war, dürfte er so bald eingeholt haben, schon mit dem Outdoor-Titel<br />
dieses Jahr hätte er es geschafft.<br />
110 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Marc Coma kennt die<br />
Wüsten dieser Welt<br />
nur in High Speed<br />
Kopfüber, quer,<br />
hängend, Jose Miralles<br />
schafft alles<br />
Spanien hat viele erfolgreiche und spektakuläre Zweiradpiloten hervorgebracht, die<br />
nicht nur auf der Straße für Furore sorgen. Ein kleiner Blick auf andere Größen der<br />
iberischen Halbinsel.<br />
sport. Doch auch in anderen, weniger bekannten Motorrad-Disziplinen<br />
hat das beliebte Urlaubsziel einige Größen zu bieten. Grund<br />
genug für das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>, auch sie ein wenig unter die<br />
Lupe zu nehmen.<br />
Fotos: repsol, ktm, NOTJ<br />
Marc Coma<br />
Seit mehreren Jahren kennt die Rallye Dakar nur zwei Favoriten. Den Franzosen<br />
Cyril Despres und den Spanier Marc Coma. Coma hat den Zweirad-<br />
Bewerb der wohl bekanntesten Langstrecken-Rallye der Welt mittlerweile<br />
drei Mal für sich entschieden - 2006, 2009 und 2011. In den Jahren 2005<br />
und 2012 war er jeweils Zweiter. Doch Coma ist nicht nur ein Spezialist für<br />
die Dakar, er ist generell ein Rallye Raid Experte. Vier Mal war er bereits<br />
Weltmeister und er dürfte wohl noch weitere Titel einfahren. »Man muss<br />
sich darauf konzentrieren, ohne Probleme bis zum Ende zu kommen«, sagt<br />
Coma zur Herausforderung einer Langstrecken-Rallye. Dass das nicht<br />
immer funktioniert, weiß er selbst zur Genüge. So musste er sich beispielsweise<br />
dieses Jahr bei der Dakar mit Platz zwei begnügen, weil sein Getriebe<br />
in der vorletzten Etappe streikte, als er Despres die Führung abjagen wollte.<br />
Jose Miralles<br />
Ein Spitzname wie El Loco ist nicht unbedingt schmeichelhaft, denn wer<br />
wird schon gerne als der Wahnsinnige bezeichnet. Wenn man allerdings<br />
Freestyle Motocross fährt, dann spricht so ein Spitzname eher für das Prädikat<br />
wertvoll. So große Erfolge wie seine hier genannten Landsleute kann<br />
Jose Miralles zwar noch nicht vorweisen, doch er gilt als Publikumsliebling<br />
und eben als angenehm verrückt. Um seinem Namen gerecht zu werden,<br />
hat er auch immer wieder Neues auf dem Plan. »Ich will ein paar mehr<br />
Tricks lernen, um genau zu sein, zwei weitere Flip-Kombinationen: den<br />
Cordoba und den Tsunami Flip«, sagt er dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Doch<br />
damit ist es noch nicht getan. »Es wäre schon ziemlich cool, wenn ich 360s<br />
könnte. Das reicht mir schon, aber das ist schließlich nicht leicht...« Sollte<br />
er es dann auch schaffen, wird es vielleicht etwas mit dem ersten FMX<br />
WM-Titel, einmal Zweiter und zwei Mal Dritter war er schon.<br />
www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 111
Heikki Kovalainen<br />
löschte seinen<br />
brennenden Lotus<br />
selbst<br />
feuer und<br />
flamme<br />
Wie soll<br />
ich das nur<br />
erklären?<br />
schöne aussicht<br />
von<br />
hier oben<br />
Lotus in Flammen: Geschichte<br />
scheint sich tatsächlich zu<br />
wiederholen. 2010 fackelte Heikki<br />
Kovalainens Lotus (heute<br />
Caterham) in Singapur ab, in<br />
dieser Saison brannte die Lotus<br />
(Ex-Renault) Hospitality in Malaysia<br />
nieder. Kimi und Romain Grosjean<br />
waren wohl nicht so schnell mit<br />
dem Feuerlöscher wie Heikki.<br />
Fotos: adrivo/Sutton<br />
Zwei Jahre lang<br />
machte Kimi<br />
Räikkönen die<br />
Rallye-Pisten dieser<br />
Erde unsicher -<br />
manchmal sogar im<br />
wahrsten Sinne des<br />
Wortes, wie hier bei<br />
der Rallye Bulgarien<br />
Eddie Irvine blickte recht ungläubig auf das Wrack seines Ferrari<br />
F399 nach einem Qualifying-Abflug in Japan 1999. Diesmal war<br />
kein Mechaniker schuld, dass nicht alle Reifen dran waren...<br />
112 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com
Jari-Matti Latvalas<br />
Beifahrer Miikka Anttila<br />
versucht den abgerutschten<br />
Ford Fiesta RS<br />
WRC zu stabilisieren<br />
In Führung liegend<br />
hätte Jari-Matti<br />
Latvala in Portugal<br />
wichtigen Boden auf<br />
Sebastien Loeb<br />
gutmachen können.<br />
Stattdessen übersah<br />
er einen einsamen<br />
Felsen auf der<br />
schlammnassen<br />
Straße. Nur 10 cm<br />
Durchmesser und<br />
doch groß genug,<br />
um den Fiesta<br />
umzudrehen und für<br />
eine Bruchlandung<br />
im Graben zu<br />
sorgen.<br />
Wo ist denn nur<br />
das Rad hin?<br />
Der Weg zum ersten Grand-Prix-Sieg war für Nico Rosberg nicht einfach<br />
- ausgerechnet bei seinem Heimrennen in Monaco flog er 2011 im Freien<br />
Training ab. Seine Mechaniker reparierten das Auto in Rekordzeit.<br />
Auch bei der Rallye Mexiko bewies Kimi Räikkönen<br />
eine gewisse Aversion gegen vier Räder. Der Versuch<br />
nur mit dreien auszukommen, erwies sich jedoch als<br />
wenig erfolgreich...<br />
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