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FLUGZEUG CLASSIC Geheimnis Nachtjagd (Vorschau)

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5<br />

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Mai 2013<br />

www.flugzeugclassic.de<br />

Supermarine Spitfire | Focke-Wulf Fw 190 | Avro Lancaster<br />

Entwicklung und Einsatz<br />

<strong>Geheimnis</strong> <strong>Nachtjagd</strong><br />

Wettlauf auf dem Gebiet der Funkmesstechnik<br />

■ Projekt BV 155<br />

Der Jäger fürs Extreme<br />

Spezial-Junkers Ju 52<br />

Auf den Spuren eines<br />

mysteriösen Absturzes<br />

■ Junkers W33<br />

Hans Bertrams Höllentrip<br />

Consolidated B-24<br />

Bewährungsproben<br />

für die »Liberator«<br />

■ »Quax in Afrika«<br />

Fluchtkino und Klamauk


Die bedeutendsten deutschen<br />

Militärflugzeuge 1933–1945<br />

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<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

Special – Heft 6<br />

Deutsche Nachtjäger<br />

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<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

Special – Heft 7<br />

Bomber, Aufklärer,<br />

Transport- und Schulflugzeuge<br />

1933–1945<br />

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<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

Special – Heft 8<br />

Zerstörer – Transporter –<br />

Aufklärer –<br />

Hubschrauber<br />

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<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

Special – Heft 9<br />

Bomber – Transporter –<br />

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– Schulflugzeuge<br />

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<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

Special – Heft 10<br />

Projekte – Bomber<br />

– Transporter<br />

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Editorial<br />

Wettlauf im Dunkeln<br />

Foto D. Hermann<br />

Fliegen bei Nacht – das hat seinen ganz besonderen<br />

Reiz: Die Lichter im Cockpit sind gedimmt,<br />

der Flugfunk – tagsüber ein hektisch<br />

belegtes Frequenzband – wird zum Treffpunkt einer<br />

kleinen, verschworenen Nachteulengemeinschaft.<br />

Die funkelnden Lichter von Städten wirken wie heimelige<br />

Lagerfeuer in einer finsteren Prärie. Man<br />

fühlt sich den Sternen ein kleines Stück näher.<br />

Wie kein zweites Flugzeug für die <strong>Nachtjagd</strong> geschaffen: Heinkel He 219<br />

Für derlei Empfindungen hatten Piloten im<br />

Zweiten Weltkrieg keine Muße – für sie lauerte im<br />

Dunkeln der Gegner. Damals hatten Ingenieure bereits<br />

die Nacht zum Tag gemacht: Fernmesstechnik,<br />

Frühwarngeräte und Freund-Feind-Kennung ermöglichten<br />

es plötzlich, Kampfflugzeuge unabhängig<br />

vom Tageslicht gegeneinander antreten zu lassen.<br />

Mit tödlicher Präzision entbrannte ein Duell<br />

zwischen Nachtjägern und Bombern. Ab Seite 14 beschreibt<br />

Dietmar Hermann für Sie, liebe Leser, eines<br />

der spannendsten Kapitel im Luftkriegsgeschehen.<br />

Es gibt kaum eine Familiengeschichte, in welcher<br />

der Zweite Weltkrieg keine leidvolle Lücke hinterlassen<br />

hat. So erging es auch Klaus-Erwin Hädrich,<br />

dessen Vater Erwin Hädrich 1940 unter rätselhaften<br />

Umständen in einer Ju 52 ums Leben gekommen<br />

ist. Das tragische<br />

Schicksal ließ dem<br />

Sohn keine Ruhe. Akribisch<br />

begann er, Fotos,<br />

Briefe und amtliche<br />

Dokumente zu sichten.<br />

Was ist damals passiert?<br />

Mehr dazu ab Seite 30.<br />

In die Kategorie<br />

»tragisch-komisch« fällt<br />

der heute fast in Vergessenheit<br />

geratene zweite<br />

Teil von »Quax« mit<br />

Heinz Rühmann von<br />

1943/44. Publikumsliebling<br />

Rühmann lieferte<br />

mit diesem Streifen<br />

den kriegsgeplagten<br />

Deutschen genau das,<br />

was sie 1944 haben wollten: Ablenkung. Doch der<br />

simple Schenkelklopfer-Humor kommt einher mit<br />

einer gehörigen Portion Propaganda und NS-Zeitgeist.<br />

Stefan Bartmann nimmt Film und Schauspieler<br />

gleichermaßen unter die Lupe.<br />

Viel Lesevergnügen wünscht Ihnen<br />

Markus Wunderlich<br />

Markus Wunderlich,<br />

Chefredakteur<br />

Wir stellen vor<br />

Dietmar Hermann ist Diplom-Ingenieur<br />

und gilt als<br />

Focke-Wulf-Fachmann für<br />

die Fw 187, Fw 190/Ta 152<br />

und Ta 154. Zu seiner Ausbildung<br />

als Ingenieur für Nachrichtentechnik<br />

gehörte auch<br />

die Leitungstheorie als Grundlage der Hochfrequenztechnik.<br />

Die rasante Entwicklung der<br />

Funktechnik Anfang der 1940er-Jahre weckte<br />

sein Interesse für die Technik der <strong>Nachtjagd</strong>.<br />

Mit der Recherche zur Ta 154, die auch als<br />

Nachtjäger fliegen sollte, befasste er sich intensiver<br />

mit der Geschichte der <strong>Nachtjagd</strong>.<br />

Peter W. Cohausz, Jahrgang<br />

1959, ist Vermessungsingenieur<br />

in Baden-Württemberg<br />

und war schon als Schüler<br />

von alter Flugzeugtechnik<br />

fasziniert. Er gilt als ausgewiesener<br />

Fachmann für<br />

Cockpitinstrumente. Aber nicht nur die Technik,<br />

auch die Menschen hinter den Geräten<br />

stehen stets in seinem Fokus. Insbesondere,<br />

wenn es um so ausführlich dokumentierte Geschichten<br />

wie die von Erwin Hädrich geht, die<br />

es Peter W. Cohausz erlauben, sich in die damaligen<br />

Ereignisse gut hineinzuversetzen.<br />

Stefan Bartmann war als<br />

Lokaljournalist schon eine<br />

Weile für seine Heimatzeitung<br />

in Nordbayern unterwegs,<br />

als er Mitte der<br />

1990er-Jahre sein Repertoire<br />

um den Luftfahrt- und Film-<br />

Journalismus ergänzen durfte. In dieser Ausgabe<br />

geht er der Frage nach, weshalb der<br />

Filmklassiker »Quax, der Bruchpilot« von<br />

1941 bis heute so populär ist, wogegen der<br />

Nachfolger »Quax in Afrika« aus dem Jahr<br />

1943/44 eher kopfschüttelnd zur Kenntnis genommen<br />

wird ...<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

3


INHALT <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 05-13<br />

14 fortschrittlichem<br />

Hightech im Flugzeug: Auch diese Bf 110 versuchte, mit höchst<br />

Gerät der Nacht ihre <strong>Geheimnis</strong>se zu entlocken<br />

TECHNIK<br />

<strong>Nachtjagd</strong> – Ein Wettlauf mit der Technik<br />

Kampf am Nachthimmel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

Als Hamburg im Feuersturm unterging, schienen die<br />

Alliierten den Nachthimmel zu dominieren – hätten<br />

dort nicht die deutschen Nachtjäger gelauert ...<br />

TECHNIK<br />

Consolidated B-24 – Teil 2<br />

TITELTHEMA<br />

TITELTHEMA<br />

In fremden Diensten gereift . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

Was lange währt, wird endlich gut. Dies gilt auch für<br />

die B-24, die sich nach einem schwierigen Start zu<br />

einem effektiven Einsatzflugzeug mausert.<br />

TITELTHEMA<br />

ZEITGESCHICHTE<br />

Der rätselhafte Flug einer Ju 52<br />

Das Geisterflugzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

Ein geheimnisvoller Auftrag, ein mysteriöser Flug, ein<br />

tragisches Ende: Was waren die Hintergründe eines<br />

Ju-52-Absturzes 1940?<br />

TECHNIK – TYPENGESCHICHTE<br />

Blohm & Voss Bv 155<br />

Der Griff nach extremer Höhe . . . . . . . . . . 36<br />

Sie trug die Gene der Bf 109 in sich und sollte der<br />

Mosquito Paroli bieten. Was den Briten leicht fiel,<br />

bescherte den Deutschen ein ernstes Problem …<br />

TECHNIK – COCKPIT<br />

Das größte Transportflugzeug des Zweiten Weltkrieges<br />

Verwundbarer Riese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

Die Me 323 »Gigant« konnte nur mit einer ausgefeilten<br />

Instrumentierung gesteuert werden.<br />

Eine Nachrichten-Ju 52<br />

30 und ihr rätselhaftes Ende<br />

Die Umfrage auf www.flugzeug-classic.de – Sie haben abgestimmt:<br />

Der Flug von Hans Bertram<br />

mit der Junkers W 33 »Atlantis«<br />

im Jahre 1932 ist eine<br />

drehbuchreife Extremleistung<br />

– inklusive Notlandung und<br />

über 50-tägigem Überlebenskampf<br />

in der australischen<br />

Wildnis. Wie stehen<br />

Sie zu solchen Themen?<br />

Das ist der Stoff, aus dem schöne Luftfahrtlegenden sind – lese ich immer wieder gerne.<br />

1,9 %<br />

Im Prinzip kenne ich die meisten dieser Geschichten, doch nicht selten gibt es was dazuzulernen.<br />

2,9 %<br />

Ich mag eigentlich alles zur Luftfahrtgeschichte, egal ob zivil oder militärisch. Hauptsache spannend!<br />

Besuchen Sie unsere Website und machen Sie bei der aktuellen Umfrage mit!<br />

95,2 %<br />

4


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Der<br />

Luftkrieg<br />

1939–1945<br />

»Battle of the Ruhr«<br />

Zu Hause stiefmütterlich behandelt, in der Ferne hochwill-<br />

22 kommen: die B-24<br />

SERIE<br />

Luftangriffe auf die deutsche Rüstungsindustrie<br />

»Battle of the Ruhr« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

1943 erreichte der Bombenkrieg eine neue, apokalyptische<br />

Dimension. Konnte die Luftwaffe das Blatt<br />

noch wenden?<br />

ZEITGESCHICHTE<br />

Flieger-Pioniere kämpfen ums Überleben<br />

Verschollen in Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

Für Hans Bertram und seinen Bordmechaniker begann<br />

nach ihrer Notwasserung an Australiens Küste<br />

ein dramatischer Kampf ums nackte Überleben!<br />

Pionierflugzeug: Junkers W 33<br />

Sie bereitete den Bomberströmen den Weg: Die mit Oboe ausge-<br />

48 rüstete Mosquito flog den deutschen Nachtjägern stets davon<br />

FILM<br />

»Disziplin! Disziplin! Disziplin!«<br />

Fliegender Herrenmensch – Teil 2 . . . . . 68<br />

So sah Fluchtkino im »Dritten Reich« aus: »Quax in<br />

Afrika« ist eine einfach gestrickte Fliegerklamotte,<br />

die bemüht ist, politische Untertöne durch ein Klamauk-Feuerwerk<br />

zu kaschieren.<br />

OLDTIMER<br />

Edle Flugzeugmodelle aus Aluminium<br />

Ein Zahnarzt als »Flugzeugbauer« . . . . 72<br />

Modelle aus Metall verlangen viel Geschick. Doch was<br />

Young Park geschaffen hat, ist im Hinblick auf Detailgenauigkeit<br />

und Funktionalität schlicht überwältigend.<br />

LESERALBUM<br />

Bomben, Schlamm und Sektgläser<br />

Stukaflieger und Bomber – Teil 3 . . . . . . . 74<br />

Haben Sie schon mal neben einer 1000-kg-Bombe<br />

geparkt? Können Sie sich vorstellen, dass Kampfflugzeuge<br />

3000 Einsätze überstehen konnten?<br />

Flugzeuge in dieser Ausgabe<br />

Avro Lancaster............. 10, 50<br />

Blohm & Voss Bv 155........ 36<br />

Boulton Paul Defiant Mk I ..... 9<br />

Consolidated B-24 ............. 22<br />

Curtiss SB2 Helldiver ......... 12<br />

De Havilland Mosquito ....... 48<br />

Dornier Do 217 ................. 50<br />

Focke-Wulf Fw 190 ......... 8, 17<br />

Handley Page Halifax ......... 52<br />

Hanriot HD 1....................... 9<br />

Heinkel He 219 ........... 21, 49<br />

Junkers Ju 52 ................... 30<br />

Junkers Ju 88...............18, 24<br />

Junkers W 33.....................62<br />

Messerschmitt Bf 110 ....... 14<br />

Messerschmitt Me 323.......42<br />

Morane-Saulnier MS.406.....35<br />

Nakajima C6N Saiun...........11<br />

North American Harvard II..... 8<br />

Supermarine Spitfire .... 12, 13<br />

RUBRIKEN<br />

Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />

Bild des Monats. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Panorama . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

Modellbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

Termine/Museumstipp/Bücher . . . . . 60<br />

Background. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79<br />

Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />

<strong>Vorschau</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />

5<br />

Supermarine Spitfire | Focke-Wulf Fw 190 | Avro Lancaster<br />

DAS MAGAZIN FÜR LUFTFAHRT, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER<br />

Entwicklung und Einsatz<br />

<strong>Geheimnis</strong> <strong>Nachtjagd</strong><br />

Wettlauf auf dem Gebiet der Funkmesstechnik<br />

Spezial-Junkers Ju 52<br />

Auf den Spuren eines<br />

mysteriösen Absturzes<br />

TITELBILD<br />

Ju 88: D. Hermann<br />

B-24: USAF; Profil Juanita<br />

Franzi<br />

Ju 52: Erwin Hädrich<br />

€ 5,90<br />

Consolidated B-24<br />

Bewährungsproben<br />

für die »Liberator«<br />

■ Projekt BV 155 ■ Junkers W33 ■ »Quax in Afrika«<br />

Der Jäger fürs Extreme Hans Bertrams Höllentrip Fluchtkino und Klamauk<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

5


BILD DES MONATS<br />

Die »Furie« kreischt wieder<br />

Die Hawker Fury Mk.I, K5674, der Historic<br />

Aircraft Collection (HAC) mit Charlie Brown<br />

am Steuer, aufgenommen von Richard Paver<br />

im Juli 2012 in der Nähe von Goodwood in<br />

Großbritannien. Es ist die weltweit einzige<br />

flugtüchtige Hawker Fury. Ihr Erstflug nach<br />

der zehn Jahre dauernden Restaurierung<br />

fand am 30. Juli 2012 statt. Zurzeit muss<br />

sie wegen Arbeiten am Motor am Boden<br />

bleiben, soll jedoch auf der diesjährigen Duxford<br />

Flying Legends Airshow zusammen mit<br />

den anderen ebenfalls in Duxford beheimateten<br />

Maschinen der HAC-Flotte zu sehen sein.<br />

Der Doppeldecker trägt die auffallenden Vorkriegs-Markierungen<br />

der 43 »Fighting Cocks«<br />

Squadron, die von Mai 1931 bis November<br />

1938 mit diesem Jagdflugzeug ausgerüstet<br />

gewesen war.<br />

Text und Foto Richard Paver<br />

6


<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

7


PANORAMA<br />

■ FOCKE-WULF FW 190<br />

Gut abgehangen<br />

Späte »Landung«:<br />

Die Fw 190 A-8/R6<br />

ist wieder am Boden<br />

Foto Dave McDonald<br />

Am 20. Dezember 2012 hat das RAF Museum<br />

in Cosford die Fw 190A-8/R6 mit<br />

der Werknummer 733682 der IV./KG200 nach<br />

einer langen Ausleihzeit vom Imperial War<br />

Museum in Lambeth, London, zurückerhalten.<br />

Die Alliierten erbeuteten die Fw 190 bei<br />

Kriegsende in Tirstrup, Dänemark, wo sie als<br />

Führungsflugzeug einer Mistel-S-3B-Schulungsmaschine<br />

eingesetzt worden war.<br />

Da das Flugzeug im Imperial War Museum<br />

unter der Decke hing, muss das Restaurierungsteam<br />

erst umfangreiche Untersuchungen<br />

durchführen, um sicherzustellen,<br />

dass nichts verzogen ist und keine Korrosionsschäden<br />

vorhanden sind. Anschließend<br />

muss der Jäger gründlich gereinigt werden.<br />

Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung kann<br />

die Maschine frühestens zu Beginn des Frühjahrs<br />

untersucht werden. Das Museum hofft,<br />

die Fw 190 im Sommer ausstellen zu können.<br />

Dave McDonald ■<br />

■ NORTH AMERICAN HARVARD II B<br />

»Schönheitskur« für Harvard<br />

Die Restaurierung der NA Harvard II B, Werknummer 42-12417, des<br />

Newark Air Museum in England kommt voran. Im Fokus des Museums<br />

stehen zurzeit grundlegende Arbeiten an der Zelle und die »kosmetische«<br />

Restaurierung des Motors. Des Weiteren hat man den Zugangsdeckel<br />

für den rechten Kraftstofftank und den Tank selbst<br />

ausgebaut, sodass nun<br />

der rechte Flügelanschlussbereich<br />

für die<br />

Restaurateure zugänglicher<br />

ist.<br />

An anderen Rumpfbereichen<br />

trägt man die<br />

verschiedenen Farbschichten<br />

ab und dokumentiert<br />

die früheren<br />

Markierungen.<br />

Howard Heeley ■<br />

Arbeiten am Flügelanschlussbereich<br />

der NA<br />

Harvard Foto Howard Heeley,<br />

Down To Earth Promotions<br />

■ DE BRIK<br />

»Stein« aus Metall<br />

Die originale De Brik von 1913<br />

Das erste in den Niederlanden produzierte Militärflugzeug<br />

war ein fragiles Fluggerät, das 1913 gebaut und auf den<br />

Namen »De Brik« (der Stein) getauft wurde. Zum 100-jährigen<br />

Jubiläum der Militärluftfahrt in den Niederlanden entsteht<br />

derzeit in Utrecht ein Replikat der De Brik. Im Unterschied<br />

zum Original wird der Nachbau jedoch aus Metall bestehen,<br />

da es als Denkmal auf einem 4,5 Meter hohen Sockel montiert<br />

werden soll.<br />

Roger Soupart ■<br />

Foto Roger Soupart<br />

8


■ BOULTON PAUL DEFIANT MK.I<br />

Nachtjäger und<br />

Komparse<br />

Die Boulton Paul Defiant Mk.I, N1671, ist<br />

wieder in die Sammlung des RAF Museums<br />

Hendon in London zurückgekehrt, nachdem<br />

sie zuvor in zweieinhalb Jahren von der<br />

Medway Aircraft Preservation Society restauriert<br />

worden war.<br />

Der 1938 gebaute Jäger mit seinem Rückengefechtsturm<br />

ist eine der frühen mit<br />

Rolls-Royce-Merlin-III-Motor ausgerüsteten<br />

Defiant-Versionen. Sie diente lediglich bei der<br />

307 Squadron in Kirton-on-Lindsey, wohin sie<br />

im September 1940 kam.<br />

Die 307 Squadron war die erste polnische<br />

<strong>Nachtjagd</strong>staffel innerhalb der RAF und<br />

wurde später nach der polnischen Stadt<br />

Lwow (Lemberg; heute Ukraine) benannt. Im<br />

Dezember 1940 flog die Defiant mit dem Verbandskennzeichen<br />

EW-D Geleitzugpatrouillen<br />

bei Tag über der Irischen See und übernahm<br />

erst ab Januar 1941 <strong>Nachtjagd</strong>einsätze.<br />

Wie aus dem Ei gepellt: die frisch restaurierte Defiant<br />

Fotos RAF Museum Hendon<br />

Bis dahin scheint sie das Tagjagd-Tarnschema<br />

in Dark Green/Dark Earth/Sky getragen zu<br />

haben. Die Defiant blieben bei der Staffel, bis<br />

diese im August 1941 auf die leistungsstärkeren<br />

Beaufighter umrüstete. Gemäß den Archiv-Unterlagen<br />

hat die N1671 die Staffel Ende<br />

1942 verlassen und wurde in RAF Hullavington<br />

eingelagert. Nach dem Krieg nutzte<br />

man sie als Statistin im Film »Die Luftschlacht<br />

um England« und wiederholt als temporäres<br />

Ausstellungsstück im RAF Museum.<br />

Richard Chapman ■<br />

■ SOS IN DEN WOLKEN<br />

Buchneuheit!<br />

Abstürze, Bruchlandungen, Sturzflüge<br />

und spektakuläre Kidnappings.<br />

Ein spannendes Thema ist<br />

es, dessen sich Jochen W. Braun<br />

hier angenommen hat. Fesselnd<br />

und minutiös schildert der Autor die<br />

schwarzen Tage der Luftfahrtgeschichte<br />

und lässt den Leser jene<br />

tragischen Stunden hautnah nachempfinden.<br />

Authentische Aufnahmen<br />

und aufwendige Illustrationen<br />

komplettieren diese Sammlung von<br />

Flugunfällen und Unglücken. SK ■<br />

SOS in den den Wolken<br />

192 Seiten, ISBN 978-3-86245-331-3.<br />

GeraMond Verlag. Preis: 26,99 €<br />

Bezugsquelle: www.verlagshaus24.de<br />

Fühlte sich hier einsam:<br />

die Hanriot HD 1 im<br />

RAF Museum Hendon<br />

Foto François Prins<br />

■ HANRIOT HD 1<br />

Goodbye England, hello New Zealand!<br />

Der Doppeldecker Hanriot HD 1 des Royal<br />

Air Force Museum Hendon wurde<br />

nach Neuseeland geschickt. Dies geschieht im<br />

Rahmen eines Tauschgeschäftes, bei dem die<br />

Neuseeländer ihrerseits Replikate der Doppeldecker<br />

Sopwith Snipe, RE 8 und Albatros<br />

DVa nach Hendon gesandt haben (siehe<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 04/2013).<br />

Das RAF Museum hatte die Hanriot im<br />

November 1978 in flugtüchtigem Zustand von<br />

Martin Hand in San Francisco erworben. Sie<br />

war in den Originalfarben des belgischen Fliegerkorps<br />

ausgestellt, die sie aufwies, als sie im<br />

September 1918 in Les Moores stationiert war.<br />

Da dieser Flugzeugtyp aber weder vom Royal<br />

Flying Corps noch von der Royal Air Force<br />

geflogen wurde, passte er nicht in die Sammlung<br />

des RAF Museums. Die neuen Eigentümer<br />

beabsichtigen, die Hanriot in flugtüchtigen<br />

Zustand zu restaurieren. François Prins ■<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

9


PANORAMA<br />

Wird die »NX611« flugtüchtig restauriert, würde es<br />

weltweit drei fliegende Lancaster geben Foto François Prins<br />

■ AVRO LANCASTER<br />

Bomber-Veteran soll wieder fliegen!<br />

Die auf dem ehemaligen Flugplatz East<br />

Kirkby in Lincolnshire beheimatete<br />

Avro Lancaster Mk. VII, NX611, wird derzeit<br />

daraufhin untersucht, ob sie in flugtüchtigen<br />

Zustand restauriert werden kann.<br />

Die Merlin-Motoren des bislang statischen<br />

Exponates wurden bereits funktionsfähig gemacht,<br />

und seit acht Jahren ist die Lancaster<br />

in der Lage, auf den Abstellflächen aus eigener<br />

Kraft zu rollen.<br />

Die von Austin Motors 1945 produzierte<br />

Maschine wurde 1952 an die französischen<br />

Marineflieger (Aéronavale) verkauft und kam<br />

1965 als G-ASXX nach Großbritannien zurück.<br />

Nach einem kurzen Aufenthalt auf dem Flughafen<br />

Liverpool stand die Lancaster am<br />

Haupteingang von RAF Scrampton, bevor sie<br />

nach East Kirkby kam. Heute trägt der Bomber<br />

auf der linken Seite die Markierungen der Lancaster<br />

Mk.III, JB138, QR-J, »Just Jane« der 61<br />

Squadron, auf der rechten Seite die einer Lancaster<br />

der 630 Squadron. Beide Maschinen hoben<br />

von East Kirby zu ihren Einsätzen ab.<br />

Gelingt es, die notwendigen Ersatzteile<br />

aufzutreiben, kann die Lancaster innerhalb<br />

von fünf Jahren zum Fliegen gebracht werden.<br />

Großbritannien würde dann über zwei<br />

flugtüchtige Exemplare des von Roy Chadwick<br />

entwickelten Bombers verfügen.<br />

François Prins ■<br />

■ PIASECKI/VERTOL 43 UND FARMAN III<br />

Eine »Banane« für das Luftwaffen-Museum<br />

Die diesjährigen Restaurierungsarbeiten<br />

haben im Luftwaffenmuseum in Berlin-<br />

Gatow mit der »Fliegenden Banane« Piasecki/Vertol<br />

43 H-21C begonnen. Der bislang<br />

eingelagerte mittlere Transporthubschrauber<br />

Arbeiten am Anstrich und den<br />

Kennzeichen der »Banane«<br />

Foto Ralf Heldenmaier, MHM Gatow<br />

wurde in die Werfthalle gebracht, wo er komplett<br />

restauriert wird. Obwohl die Maschine<br />

auch einige Jahre im Freigelände ausgestellt<br />

war, befindet sie sich noch in einem recht guten<br />

Zustand.<br />

Der Hubschrauber ist ein Lizenzbau der<br />

Weserflug AG in Bremen und wurde 1957 mit<br />

der Werknummer WG 8 an die Heeresfliegerstaffel<br />

822 in Fritzlar ausgeliefert, wo er das<br />

Kennzeichen PA+203 erhielt. Im März 1959<br />

wurde die Staffel umbenannt in Heeresfliegertransportstaffel<br />

102 und nach Achum verlegt,<br />

wobei sich das Kennzeichen des H-21C<br />

in QF+462 änderte. Dort blieb der Vertol jedoch<br />

nicht lange, denn bereits im November<br />

1959 wurde er mit der neuen Registrierung<br />

PX+337 an das Heeresfliegerbataillon 300 in<br />

Mendig abgegeben. Letzter Einsatz-Verband<br />

war dann das Heeresfliegerregiment 35 unter<br />

dem Kennzeichen 8306, das der Hubschrauber<br />

bis heute trägt. 1971/72 wurde er ausgemustert,<br />

ehe er einige Jahre später ins Luftwaffenmuseum<br />

nach Uetersen und dann<br />

nach Gatow kam. Insgesamt hat die Bundeswehr<br />

nur 32 Exemplare dieses Hubschraubers<br />

beschafft, wovon in verschiedenen deutschen<br />

Museen noch fünf vollständig erhalten sind.<br />

Peter W. Cohausz ■<br />

10


■ ARTE-TV-TIPP<br />

Reisebilder für<br />

Bildungsbürger<br />

Eine durchaus reizvolle Idee, welche der<br />

deutsch-französische Kultursender da entwickelt<br />

hat: Arte, das Fernsehen der gebildeten<br />

Stände, schickt den Auslandsjournalisten<br />

und Fotoreporter Vincent Nguyen auf eine<br />

Etappenreise durch Europa und die West -<br />

sahara hinab – standesgemäß in einer rusti -<br />

kalen Pa 18, die er selbst fliegt. Arte serviert<br />

das 25-teilige Ergebnis ab dem 15. April täglich<br />

in leckeren 25-minütigen Häppchen am<br />

frühen Abend.<br />

Diese Version des altbewährten »Landund-Leute«-Bilderbogens<br />

ist eine bekannte Arte-Spezialität.<br />

Auf diesem Sendeplatz finden<br />

sich schon seit einiger Zeit pfiffig gemachte,<br />

hübsch fotografierte Reisereportagen, denen<br />

ein origineller Ansatz zu Anspruch verhilft –<br />

damit das Ganze nicht wie die üblichen drögen<br />

TV-Reiseprospekte aussieht.<br />

Nguyens Tour »Im Flieger über …« beginnt<br />

auf Island. Ein Flug über den widerspenstigen<br />

Vulkan (mit dem unaussprechlichen Namen),<br />

der 2010 den internationalen Flugverkehr mit<br />

seiner Aschewolke eine paar Tage lang so dankenswert<br />

lahm legte, gehört dabei ebenso dazu<br />

wie die Begegnung mit einem von Islands<br />

ältesten aktiven Piloten.<br />

Eine exotische Steigerung erfährt seine Reise<br />

durch die anschließende Serie »Per Luftpost«,<br />

mit der Nguyen die alte Route der legendären<br />

Latécoère-Luftpostlinie bis in den<br />

Senegal abfliegt. Frankreich hat viele Fliegerhelden<br />

hervorgebracht, aber nur einen mit literarischer<br />

Weltgeltung: Antoine de Saint-Exupéry,<br />

der seit 1926 seinen adligen Hals für<br />

Pierre Latécoère und seine »La Ligne« riskierte.<br />

Saint-Ex, so sein geläufiger Name in Fliegerkreisen,<br />

war Leiter des einsamen Wüstenflugplatzes<br />

von Cap Juby in Spanisch-Marokko.<br />

Schon in der ersten Folge darf<br />

sich der fliegende Reporter über<br />

den Mitflug in einer nachgebauten<br />

Breguet XIV freuen, dem einstigen<br />

Arbeitstier der Linie. Und freilich<br />

checkt er im Hotel »Grand Balcon« in Toulouse<br />

ein, wo auch die couragierten Luftpostpiloten<br />

auf ihren Einsatz gen Süden warteten.<br />

Konsequent endet Nguyens Flugreportage<br />

mit einem Flug von Cap Juby nach Dakhla<br />

im Senegal. Für den einsamkeitssüchtigen<br />

Saint-Ex war die Sahara wie geschaffen. Viele<br />

Jahre später, im nasskalten Winter 1942/43 auf<br />

Long Island im Staat New York, wird sich der<br />

deprimierte Exil-Franzose an diese Landschaft<br />

erinnern und dort seinen »Kleinen Prinzen«<br />

ansiedeln …<br />

Stefan Bartmann ■<br />

»Die Grummans kriegen uns nicht«, …<br />

Nakajima-C6N1-Saiun-Aufklärer<br />

Foto Sammlung Mühlbauer<br />

... lautet der begeisterte Funkspruch einer japanischen<br />

Marinefliegerbesatzung, als sie die<br />

verhassten US-Jäger tatsächlich hinter sich<br />

lassen kann. Die Maschine, mit der die drei<br />

jungen Männer im Spätherbst 1944 unterwegs<br />

sind, ist ein einmotoriger Aufklärer vom<br />

Typ Nakajima C6N Saiun, alliierter Codename<br />

Myrt. Die Saiun verkörpert japanische<br />

Ingenieurskunst vom Feinsten: kein gnadenloser<br />

Leichtbau mehr, sondern ausgefeilte<br />

Aerodynamik und ein starker Sternmotor,<br />

windschlüpfrig in der schlanken Rumpfzelle<br />

integriert. Nur die optische Ästhetik des Trägerflugzeuges<br />

ist dank der<br />

markant nach vorn gezogenen<br />

Hinterkante des Seitenruders<br />

leicht getrübt. Schuld daran<br />

sind die knappen Dimensionen<br />

der Hangaraufzüge. Der dreisitzige<br />

Prototyp startet erstmals<br />

am 15. Mai 1943 und kommt<br />

bald auf satte 639 km/h. Zwar<br />

hat man sich speziell von seinem<br />

Homare-Motor mehr erhofft,<br />

aber als die Saiun ab September 1944<br />

endlich im Einsatz steht, ist sie voll aufgerüstet<br />

immer noch 610 km/h schnell. Flugzeugträger<br />

hat Japan da allerdings kaum<br />

noch, sodass die meisten Maschinen an Land<br />

stationiert bleiben. Schnell genug, um vor allem<br />

den US Marinejägern aus dem Weg zu<br />

gehen, können sie bis zum bitteren Ende mit<br />

guten Erfolgsaussichten in den Kampf ziehen.<br />

Kein Wunder, dass man ihre Verwendung<br />

auch als Nachtjäger gegen die B-29-<br />

Bomber überlegt und eine nicht genau<br />

bekannte Zahl zeitweise mit »schräger Musik«<br />

bestückt. Doch gerade hier bleibt die Erfolgsbilanz<br />

mager, denn Geschwindigkeit allein<br />

reicht nicht aus. Was man dringend zusätzlich<br />

bräuchte, sind ein flächendeckendes<br />

Funkmessnetz oder ein vernünftiges Bordradar<br />

– doch über beides verfügt Japans Militär<br />

nur unzureichend. Im Endeffekt verlassen bis<br />

Kriegsende 463 Saiun die Werkhallen. Eine<br />

davon hat die zweifelhafte Ehre, das letzte im<br />

Zweiten Weltkrieg abgeschossene Flugzeug<br />

zu werden: Genau fünf Minuten vor Inkrafttreten<br />

des Waffenstillstandes fällt es am 15.<br />

August 1945 ausgerechnet einem amerikanischen<br />

Nachtjäger zum Opfer. Wenn das keine<br />

tragische Ironie ist ... Wolfgang Mühlbauer ■<br />

Saiun-Nachtjäger mit »schräger<br />

Musik« Foto Sammlung Mühlbauer<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

11


PANORAMA<br />

KLASSIKWELT BODENSEE<br />

Auftakt zur<br />

großen Messe<br />

Am Motor der Helldiver erwartet die Restaurateure noch viel Arbeit<br />

Fotos (3) Dave McDonald<br />

Die sechste Messe für Klassiker am Bodensee<br />

bietet mit rund 800 Teilnehmern für<br />

Liebhaber und Freunde der klassischen<br />

Mobilität einen umfassenden Einblick in<br />

die Oldtimer-Szene.<br />

Die Klassikwelt Bodensee und die Messe<br />

für nachhaltige Mobilität »e-mobilityworld«<br />

finden von Freitag, 14. Juni 2013,<br />

bis Sonntag, 16. Juni, statt und sind täglich<br />

von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Informa -<br />

tionen unter: www.e-mobility-world.de und<br />

www.klassikwelt-bodensee.de<br />

■ CURTISS SB2C HELLDIVER UND AKAFLIEG DM-1<br />

Höllenmaschine und zahmer Gleiter<br />

In der letzten Woche des Jahres 2012 wurde<br />

die neue Mary Baker Engen Restaurierungshalle<br />

im Udvar-Hazy Center (UHC) des National<br />

Air and Space Museum (NASM) offiziell eröffnet.<br />

Das erste der dort zu restaurierenden<br />

Flugzeuge ist die SB2C-5 Helldiver mit der<br />

Werknummer 83479, die in dem später für die<br />

Besucher einsehbaren Hauptausstellungsbereich<br />

zu sehen sein wird. Die Arbeiten konzentrieren<br />

sich derzeit auf den Motor, der momentan<br />

zerlegt wird. Das Triebwerk ist die am<br />

schlechtesten gepflegte Baugruppe des Flugzeugs,<br />

da es noch nie konserviert wurde. Zunächst<br />

müssen daher die Zylinder ausgebaut<br />

werden, damit die Restaurateure Zugang zum<br />

Kurbelgehäuse erhalten, um die vorhandene<br />

Korrosion beseitigen zu können. Andere Teams<br />

arbeiten an den Tragflächen und am Rumpf.<br />

Die Helldiver muss noch umfassend gereinigt<br />

werden, bevor sie wieder ihr Aussehen aus<br />

dem Jahr 1945 haben wird.<br />

Ein weiteres Flugzeug auf der Restaurierungsliste<br />

ist die Darmstadt München DM-1.<br />

Mit dem 1944 gebauten Versuchsgleiter wollte<br />

man die Aerodynamik und Handhabung des<br />

in Entwicklung befindlichen Lippisch-Abfangjägers<br />

P.13 untersuchen. Als die DM-1 1946 in<br />

den USA eintraf, unterzogen die Amerikaner<br />

sie umfangreichen Windkanalversuchen und<br />

nutzten sie für kurze Zeit als statisches Exponat,<br />

bevor sie 1950 schließlich eingelagert<br />

wurde.<br />

Dave McDonald ■<br />

AIRLINE-MEMO<br />

Flieger-Gedächtnisspiel<br />

Wird die Zeit im Terminal mal wieder zu lang,<br />

bietet das neue Airline-Memory des Gera-<br />

Mond Verlags eine passende Ablenkung.<br />

20 Bildpaare laden ein, Flugbegleiter den<br />

richtigen Fluggesellschaften zuzuordnen!<br />

Airline-Memo. 40 Teile. ISBN 978-3-86245-<br />

734-2. Preis: 9,99 €. Bezugsquelle:<br />

www.verlagshaus24.de<br />

Der Lippisch-DM-1-Versuchsgleiter in der für die<br />

Restaurierung gebauten Haltevorrichtung<br />

■ SUPERMARINE SPITFIRE<br />

Schatzsuche gescheitert?<br />

Die DM-1, nachdem sie 1945 von US-Truppen in<br />

Prien am Chiemsee erbeutet worden war<br />

In Myanmar (Burma) hat die Suche nach zahlreichen<br />

Spitfire, die laut Gerüchten 1945 in der<br />

Nähe von Rangun vergraben worden sein sollen<br />

(siehe <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 12/2012), einen<br />

Rückschlag erlitten: Nach erfolglosen Grabungen<br />

haben die Behörden weitere Aktivitäten auf<br />

dem Internationalen Flughafen<br />

von Rangun einstellen lassen, so<br />

der Spitfire-Historiker und unabhängige<br />

Beobachter Peter Arnold:<br />

Man fürchte um die Glasfaserkabel<br />

und die Infrastruktur<br />

des Flughafens, die sich in der<br />

Nähe der Grabungsstelle bei<br />

Mingaladon befinden. Geophysiker<br />

hatten hier zuvor potenzielle »Hot spots«<br />

für die Nachforschung nach den Spitfire ausgemacht.<br />

Die Erkundung ist damit jedoch nicht zu<br />

Ende. Eine kleinere Gruppe des vom Spieleentwickler<br />

Wargaming.net finanzierten Grabungsteams<br />

hat sich nun nach Myitkyina zu einer anderen<br />

Grabungsstelle begeben.<br />

Dort haben die »Schatzjäger«<br />

laut Peter Arnold im Dezember<br />

erste vielversprechende Ergebnisse<br />

erzielen können.<br />

Richard Chapman/Peter Arnold ■<br />

Peter Arnold am Grabungsort<br />

in Mingaladon<br />

12


■ BEIJING LUFT- UND RAUMFAHRTMUSEUM<br />

China klotzt ran!<br />

Das im Jahr 1985 als Teil der Pekinger Universität<br />

für Luft- und Raumfahrttechnik<br />

gegründete Luft- und Raumfahrtmuseum hat<br />

im Oktober 2012 seinen neuen Ausstellungsbereich<br />

eröffnet. Das Museum, welches im<br />

Zuge der Erweiterung in »Beijing Luft- und<br />

Raumfahrtmuseum« umbenannt worden<br />

ist, stellt hier auf 8300 Quadratmetern etwa<br />

30 Flugzeuge aus. Darüber hinaus finden sich<br />

dort interaktive und technische Exponate wie<br />

Triebwerke, Flugkörper, Raumfahrzeuge und<br />

zahlreiche Flugzeugzellen. Die Maschinen<br />

waren bisher im Freien ausgestellt gewesen<br />

und haben entsprechend schwer unter der<br />

Witterung gelitten. Einige haben bereits ein<br />

kosmetisches »Facelifting« erhalten, und es ist<br />

beabsichtigt, im Laufe des kommenden Jahres<br />

sämtliche Cockpits zu restaurieren.<br />

Unter den Ausstellungsstücken befinden<br />

sich bedeutende Exemplare aus dem Zweiten<br />

Weltkrieg wie die P-47D, die Il-10, die<br />

Yak-11, die C-47 und die AT-6. Ein Höhepunkt<br />

Rarität: P-61B »Black Widow«<br />

ist die P-61B Black Widow, 42-39417, der<br />

427th Night Fighter Squadron. Es handelt sich<br />

dabei um eine von drei »Schwarzen Witwen«,<br />

die von rotchinesischen Truppen während<br />

der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs entwendet<br />

worden waren. Von den beiden anderen<br />

Flugzeugen ist bekannt, dass sie vernichtet<br />

wurden.<br />

Dave McDonald ■<br />

In Reih und Glied. Dominierend ist<br />

natürlich der rote Stern<br />

Fotos Dave McDonald<br />

■ DORNIER DO 24 K-1<br />

Schöner wohnen<br />

mit Dornier<br />

Das Lake Boga Flying Boat Museum in<br />

Victoria, Australien, hat seine Sammlung<br />

um das Rumpfvorderteil eines Dornier-Do-24-K-1-Flugboots<br />

erweitert. Zuvor<br />

wurde es über mehrere Jahre als Hausboot<br />

auf dem Murray River genutzt. Bei dem<br />

Rumpfvorderteil handelt es sich um das<br />

Überbleibsel einer Do 24, von denen die<br />

niederländische Marine ursprünglich sechs<br />

Exemplare erhalten hatte. Von 1942 bis 1944<br />

waren sie bei der Royal Australian Air Force<br />

(RAAF) eingesetzt.<br />

Um weitere Korrosion zu verhindern,<br />

wurde der Rumpf neu gestrichen. Darüber<br />

hinaus hat man auch einige Arbeiten im<br />

Bereich des Flugdecks durchgeführt. Das<br />

Museum beabsichtigt, das Dornier-Überbleibsel<br />

als in Arbeit befindliches Exponat<br />

auszustellen.<br />

Dave McDonald ■<br />

■ SUPERMARINE SPITFIRE PR XIX<br />

Ohne Fahrwerk geht’s auch!<br />

Die von Rolls Royce gehaltene und betriebene<br />

Spitfire PR XIX, G-RRGN/<br />

PS853 machte am Montag, den 7. Januar,<br />

um 15:19 Uhr Ortszeit eine Bauchlandung<br />

auf dem Flughafen East Midlands. Die<br />

Spitfire befand sich im normalen Landeanflug,<br />

als beim Aufsetzen das Fahrwerk<br />

einknickte und sie auf der Hauptpiste<br />

zum Stehen kam. Eine erste Analyse der<br />

Rolls-Royce-Techniker ergab, dass sich der<br />

Die Spitfire PR XIX PS853 über der<br />

Severn-Brücke bei Bristol 1997<br />

Schaden in Grenzen hält. Die 1945 produzierte<br />

Maschine war bis 1957 bei der<br />

THUM Staffel (Wetterbeobachtung) eingesetzt<br />

und kam anschließend zur RAF<br />

Historic Flight, der heutigen Battle of Britain<br />

Memorial Flight (BBMF), ehe sie 1996<br />

verkauft wurde. Nachdem die Spitfire restauriert<br />

worden war, setzte Rolls Royce<br />

sie viele Jahre lang im Airshow-Zirkus ein.<br />

François Prins ■<br />

Foto Dave McDonald<br />

»Souterrain« mal anders: das als Hausboot<br />

benutzte Rumpfstück einer Do 24<br />

Foto François Prins<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

13


TECHNIK<br />

<strong>Nachtjagd</strong><br />

EIN WETTLAUF MIT DER TECHNIK<br />

Kampf um Deutsch<br />

Ende 1943 war sich die RAF sicher, die Luftherrschaft über Deutschland errungen zu<br />

haben. Doch dann meldeten sich die deutschen Nachtjäger unerwartet und eindrucksvoll<br />

zurück …<br />

Von Dietmar Hermann<br />

Stoisch brummten die schweren britischen<br />

Bomber der Nikolaikirche im Herzen<br />

Hamburgs entgegen, und es sah<br />

nicht so aus, als ob sie jemand aufhalten könnte.<br />

Die Flak schoss blind, die Nachtjäger irrten<br />

ziellos umher. Dann öffneten die Lancaster<br />

ihre Bombenschächte und begannen ein Zerstörungswerk,<br />

welches das Antlitz des alten<br />

Hamburg buchstäblich ausbrennen sollte. Es<br />

war die Nacht vom 24. auf den 25. Juli, die<br />

Operation »Gomorrha« hatte begonnen.<br />

Die Luftwaffe erlebt ein Debakel<br />

Das Ergebnis war in jeder Hinsicht verheerend.<br />

Innerhalb weniger Tage wurde ein großer<br />

Teil der Hansestadt zerstört, zig Tausende<br />

Zivilisten sind vor allem dem »Feuersturm«<br />

zum Opfer gefallen, den die Bomben des<br />

zweiten Großangriffs entfacht hatten. Die<br />

deutsche Luftwaffe hingegen hatte es noch<br />

nicht einmal vermocht, die Bomber auch nur<br />

nennenswert zu stören. Wie war so ein Debakel<br />

möglich?<br />

Im Sommer 1943 warf die RAF zum ersten<br />

Mal Massen von Stanniolstreifen ab. Diese<br />

Stanniolstreifen, von den Briten »Window«<br />

genannt, waren so zugeschnitten, dass ihre<br />

Funkreflexionen die deutschen Funkmessgeräte<br />

am Boden und in den Nachtjägern völlig<br />

blendeten. Damit hatte die RAF freies Spiel<br />

über Deutschlands nächtlichem Himmel. Die<br />

Folge war eine Serie von verheerenden Bombenangriffen,<br />

die mit »Gomorrha« ihren Anfang<br />

nahmen. Die bis dahin gut organisierte<br />

deutsche <strong>Nachtjagd</strong> wurde davon völlig über-<br />

rumpelt, und die RAF verlor kaum noch Maschinen<br />

an die Nachtjäger. Entsprechend optimistisch<br />

gebärdete sich der Chef des britischen<br />

Bomberkommandos, Luftmarschall<br />

Arthur Harris. Mit der anschließenden »Luftschlacht<br />

um Berlin« wollte er gar den Krieg<br />

Damit hatte die RAF freies Spiel über<br />

Deutschlands nächtlichem Himmel.<br />

entscheiden. In der Zeit vom 18. November<br />

1943 bis zum 24. März 1944 flogen die Briten<br />

16 nächtliche Großangriffe gegen die Reichshauptstadt.<br />

Sein Plan war es, Berlin »von einem<br />

Ende zum anderen zu zerstören«. Harris<br />

tönte, dass dieser Kampf 400 bis 500 eigene<br />

Bomber kosten würde, Deutschland aber den<br />

Verlust des Krieges. Er glaubte, mit dem Masseneinsatz<br />

seiner Viermots gegen Berlin und<br />

14


lands Nachthimmel<br />

Hochgerüsteter Hightech-Jäger der Nacht:<br />

Messerschmitt Bf 110 G-4/R1 des NJG 3<br />

mit FuG 202 Lichtenstein B/C<br />

Foto Sammlung Ringlstetter<br />

andere wichtige Städte die deutsche Kapitulation<br />

bis zum 1. April 1944 erzwingen zu<br />

können. Es wurde höchste Zeit, dass die Verteidiger<br />

Gegenmaßnahmen ergriffen.<br />

Wettlauf geht in die nächste Runde<br />

Wenige Wochen vor dem schweren Angriff<br />

auf Hamburg flogen erstmalig einmotorige<br />

Jäger bei Nacht gegen die schweren britischen<br />

Bomber. Da sie über keinerlei <strong>Nachtjagd</strong>ausrüstung<br />

verfügten, waren sie auf Sicht angewiesen,<br />

und die bekamen sie von den Flak-<br />

Scheinwerfern. Das Ganze ging zurück auf<br />

einen Vorschlag von Major Hajo Herrmann,<br />

es wurde später bekannt unter dem Namen<br />

»Wilde Sau«. Beim ersten Einsatz schossen<br />

die Jäger seines Versuchskommandos zwölf<br />

Bomber ab. Nach »Gomorrha« wurden nun<br />

auch die zweimotorigen Nachtjäger in gleicher<br />

Weise eingesetzt.<br />

Der Erfolg konnte sich sehen lassen: Trotz<br />

aller Störmaßnahmen gelang es den Jägern,<br />

insgesamt 123 britische Viermots während<br />

der drei schweren Angriffe auf Berlin am<br />

24. August und am 1. und 4. September 1943<br />

abzuschießen. Herrmann erhielt daher noch<br />

im September den Befehl, drei neue Geschwader<br />

aufzubauen, um die <strong>Nachtjagd</strong> zu<br />

verstärken. Mit Beginn der Schlechtwetter -<br />

periode nahmen allerdings die Erfolge der<br />

»Wilden Sau« ab, während die eigenen Verluste<br />

anstiegen. Doch diese Zeit hatte ausgereicht,<br />

um die zweimotorige <strong>Nachtjagd</strong> neu<br />

auszurichten.<br />

Die Führung hatte sich ein neues Verfahren<br />

ausgedacht, bei dem auch die Funkmesstechnik<br />

wieder zum Einsatz kommen sollte.<br />

Nachtjäger, meist in Staffelstärke, werden bei<br />

einem Bombenangriff über verschiedene<br />

Funkfeuer versammelt. Die Bodenstationen<br />

führen die Jäger dann zu den von »Win dow«-<br />

Wolken verseuchten Einflugwegen, denn dort<br />

fliegen auch die Bomber. Danach suchen sich<br />

die Nachtjäger mit ihrem Bord radar eigenständig<br />

ihr Ziel. Dieses Verfolgungsverfahren,<br />

auch »Zahme Sau« genannt, geht zurück auf<br />

einen am 29. Juli 1943 gemachten Vorschlag<br />

von Oberst von Loßberg, einem ehemaligen<br />

Kampfflieger, der nun Abteilungsleiter im<br />

Technischen Amt war. Damit gewann die<br />

<strong>Nachtjagd</strong> eine neue Dynamik.<br />

1942 testete man das Lichtenstein-BC-Gerät an einer He 111, um herauszufinden, ob eine darunter<br />

fliegende Maschine angepeilt und mit Abwurfmunition bekämpft werden kann Foto Sammlung Cohausz<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

15


TECHNIK<br />

<strong>Nachtjagd</strong><br />

Mit der Einführung des neuen FuG-220-Radargeräts konnten die Nachtjäger erstmals wieder<br />

erfolgreich eingesetzt werden. Hier eingebaut in einer Bf 110 G-4 in Werneuchen<br />

der im Sommer 1943 das bislang übliche Lichtenstein-B/C-Bordfunkmessgerät<br />

der Nachtjäger<br />

erblinden ließ, begann sich das Bild jedoch<br />

zu wandeln. Die Bomberverluste der<br />

RAF stiegen im Januar und Februar 1944 wieder<br />

an. Dafür gab es zwei Gründe, von denen<br />

die britische Luftwaffe aber zunächst keinerlei<br />

Kenntnis besaß. Die anwachsenden deut-<br />

ne Verfolgungs-<strong>Nachtjagd</strong> möglich war. Im<br />

November flogen bereits rund 50 Nachtjäger<br />

mit SN2, auch wenn es noch einige Kinderkrankheiten<br />

besaß und noch nicht völlig betriebssicher<br />

war.<br />

Das neue Funkmessgerät hatte allerdings<br />

auch seinen Preis. Durch die größere Wellenlänge<br />

fielen nämlich die Antennen deutlich<br />

Auch eine neue, raffinierte Bewaffnung trug<br />

zu den steigenden britischen Verlusten bei.<br />

Einbauübersicht der Schrägbewaffnung in einer<br />

Bf 110 G-4/R 8 Zeichnung via Herbert Ringlstetter<br />

Im November 1943 glaubte das britische<br />

Bomberkommando indes, endgültig die Luftherrschaft<br />

über Deutschland errungen zu haben.<br />

Nach dem technischen »K. o.« durch den<br />

massenhaften Einsatz von Stanniolstreifen,<br />

schen Erfolge beruhten zum einen auf dem<br />

neuen, verbesserten <strong>Nachtjagd</strong>radar. Es wurde<br />

von Telefunken in Rekordzeit entwickelt<br />

und lief unter der Bezeichnung Lichtenstein<br />

SN 2, auch als FuG 220 bekannt.<br />

Die Entwicklung des SN 2 erhielt im August<br />

1943 höchste Priorität, und im September<br />

konnten damit die ersten Maschinen<br />

ausgerüstet werden. Das neue SN-2-Funkmessgerät<br />

vereinte zwei Vorteile in sich: Es<br />

arbeitete zum einen im UKW-Bereich mit einer<br />

langen Wellenlänge und damit außerhalb<br />

des von den Briten gestörten Spektrums. Außerdem<br />

besaß es mit 120 Grad einen deutlich<br />

größeren Öffnungswinkel gegenüber den<br />

24 Grad des alten Gerätes, womit ein Bomber<br />

nun schnell erfasst werden konnte. Es erlaubte<br />

zudem, den Gegner schon in sehr großer<br />

Entfernung zu orten, sodass erstmals ei-<br />

wuchtiger aus. Die weit ausladenden Antennen<br />

am Rumpfbug erhielten deshalb sehr<br />

schnell den treffenden Beinamen »Hirschgeweih«.<br />

Wurde es in die Messerschmitt Bf 110<br />

eingebaut, kam das Flugzeug praktisch an<br />

seine Leistungsgrenze.<br />

Neben der verbesserten Funkmesstechnik<br />

trug aber auch eine raffinierte neue Bewaffnungsvariante,<br />

nämlich die »schräge Musik«,<br />

zu den steigenden britischen Verlusten bei. Bei<br />

der »schrägen Musik« handelte es sich um eine<br />

im Winkel zwischen 68 und 72 Grad nach<br />

oben gerichtete Waffe, die einen Abschuss von<br />

unten erlaubt. Über den Erfinder dieses Systems<br />

wird viel spekuliert. Erste Überlegungen<br />

dazu gab es schon 1941, die man damals aber<br />

noch nicht aufgegriffen hatte. Erstmals umgesetzt<br />

wurde die Idee von Waffenoberfeldwebel<br />

Paul Mahle, der bei einem Besuch der<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, Dietmar Hermann<br />

16


Bf 110 G-4 der IV./NJG 1 in St. Trond, Herbst 1944, geflogen<br />

von Gruppenkommandeur Major Schnaufer. Er galt als einer der<br />

erfolgreichsten Nachtjäger der Welt<br />

Zeichnung Herbert Ringlstetter<br />

Cockpit und Instrumentierung der Ju 88<br />

Vollgepackt mit Hochtechnologie der 1940er-Jahre: Sicht- und Peilgeräte<br />

machten es den deutschen Verteidigern möglich, der Nacht ihre <strong>Geheimnis</strong>se<br />

zu entlocken.<br />

Fotos (3) Sammlung Cohausz<br />

Waffenerprobungsstelle Tarnewitz den versuchsweisen<br />

Einbau von Schrägwaffen zur<br />

Abwehr feindlicher Jäger in einer Do 217 sah.<br />

Die Achillesferse der Lancaster<br />

Dies ließ ihm keine Ruhe. Er wusste, wenn es<br />

ihm gelänge, ein solches System in die Bf 110<br />

einzubauen, könnte man damit die schweren<br />

britischen Bomber von unten bekämpfen.<br />

Die deutschen Piloten<br />

hatten dabei keine Gegenwehr zu<br />

befürchten, da die RAF-Viermots<br />

keine Abwehrwaffen für diese<br />

Feuerrichtung besaßen. Die Nachtjäger<br />

konnten sich somit unter die<br />

Feind-Maschine »schieben« und<br />

mit einem gezielten Feuerstoß<br />

die breiten Tragflächen mit den<br />

schweren Motoren und den großen<br />

Treibstofftanks treffen. Der<br />

So sah ein Pilot eine<br />

Lancaster in seinem Revi 16<br />

Foto Peter Cohausz<br />

Einer der legendären<br />

»Window«-Streifen.<br />

Dieser ist 24,7 Zentimeter<br />

lang und 0,6<br />

Zentimeter breit<br />

Foto Peter Cohausz<br />

Cockpit einer Ju 88 G-6. Das große Instrument ist die Funkpeiltochter<br />

des Peil G 6, darunter die Geräte des Kurskopplers<br />

Platz des Funkers in der Ju 88 C-6. Das Sichtgerät des SN 2 hatte er zwischen<br />

den Beinen. Dahinter Geräteblöcke des FuG 10 und des FuG 16<br />

Die »Wilde Sau« flog nachts<br />

mit Bf 109 und Fw 190<br />

Das Fernabstimmgerät zum SN 2 saß an der linken Kabinenwand der<br />

Ju 88 C-6. Darunter ist der elektrische Hauptschaltkasten angeordnet<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

17


TECHNIK<br />

<strong>Nachtjagd</strong><br />

Bei dieser Ju 88 G-6 mit Jumo-213-A-Motoren war die schräge Musik<br />

im hinteren Rumpfbereich angeordnet. Zudem handelt es sich<br />

um die späte Variante mit schräg gestellten Antennen des SN 2<br />

Bomber hatte dann keine Chance mehr. Mahle<br />

machte sich im Juli 1943 an die Arbeit und verankerte<br />

zwei 20-mm-MG-FF, angebracht auf<br />

einer Holzplatte, im Rumpf des Bf 110 Nachtjägers.<br />

Das Reflexvisier fand seinen Platz im<br />

Überrollbügel hinter dem Kopf des Piloten,<br />

sodass das Fadenkreuz auf eine Scheibe am<br />

Kabinendach projiziert wurde. Mahle gehörte<br />

zur II./NJG 5 in Parchim, und die Flugzeugführer<br />

der Gruppe erprobten wenig später die<br />

Schrägkanonen erstmals im Einsatz.<br />

Das neue Verfahren bewährt sich<br />

In der Nacht zum 18. August 1943 sollten 600<br />

Bomber das Raketentestzentrum Peenemünde<br />

in Schutt und Asche legen. Die Luftwaffe<br />

glaubte, dass wieder Berlin das Hauptziel<br />

sei, worauf sie die meisten Nachtjäger dorthin<br />

entsandte, aber eben nicht alle. Rund<br />

30 Nachtjäger erzielten in dieser Nacht 42 Abschüsse.<br />

Hauptmann Manfred Meurer, Gruppenkommandeur<br />

der II./NJG 5 schrieb in einem<br />

Erfahrungsbericht vom 2. Oktober 1943,<br />

dass seine Maschinen mit der versuchsweise<br />

eingebauten Schrägbewaffnung, ohne Verluste<br />

und ohne einen Treffer zu erleiden, 18 Abschüsse<br />

erzielen konnten. Der Erfolg sprach<br />

sich schnell herum, und es dauerte nicht lange,<br />

bis sich die Schrägbewaffnung auch bei<br />

den anderen Nachtjägern durchsetzte.<br />

Die britischen Verluste stiegen Zug um<br />

Zug weiter an. In der Nacht vom 21. auf den<br />

22. Januar 1944 bombardierten 648 britische<br />

Viermots Magdeburg – sie verloren 57 ihrer<br />

Bomber. Vom 19. auf den 20. Februar war ihr<br />

Ziel Leipzig, von 823 Flugzeugen gingen hier<br />

78 verloren. Allein im Januar 1944 büßten sie<br />

im Durchschnitt sechs Prozent ihrer Maschinen<br />

ein, im Februar über sieben.<br />

Schwere Verluste der RAF<br />

Der Höhepunkt der Verluste kam im März<br />

1944. Schon bei dem Angriff auf Berlin am<br />

24. und 25. März kehrten 57 von 648 Viermots<br />

nicht mehr zurück. Doch es sollte noch schlimmer<br />

kommen. Das Bomberkommando erlebte<br />

bei dem Angriff am 30. März gegen Nürnberg<br />

ein völliges Debakel. In dieser Nacht starte-<br />

Der <strong>Nachtjagd</strong>-Profi<br />

Major Victor von Loßberg war <strong>Nachtjagd</strong>-<br />

Spezialist. Er galt als Initiator des Jagdverfahrens<br />

»Zahme Sau«. Damit einher<br />

ging eine Reorganisation der <strong>Nachtjagd</strong>,<br />

weil sich das bisherige, vom General der<br />

<strong>Nachtjagd</strong> Josef Kammhuber entwickelte<br />

»Himmelbett«-Verfahren als nicht mehr<br />

zeitgemäß erwies. Loßberg war ein erfahrener<br />

Kampfflieger und unter anderem<br />

Gruppenkommandeur der III./KG 26 bis<br />

August 1941, bevor er ins Technische<br />

Amt des RLM wechselte.<br />

■<br />

Junkers Ju 88 G-6 des NJG 6 im<br />

Mai 1945. Die schwarze Bemalung<br />

des Seitenleitwerks sollte eine<br />

leistungsschwächere C-Variante der<br />

»88« vortäuschen<br />

Zeichnungen H. Ringlstetter - Aviaticus<br />

18


Verbesserte Funkmessgeräte<br />

Noch Ende des Jahres 1943 begann die<br />

Luftwaffe das verbesserte Funkgerät<br />

FuG 220 Lichtenstein SN-2 in den Nachtjägern<br />

einzubauen. Da es mit niedrigerer Frequenz<br />

von 90 MHz arbeitete, war es weit<br />

weniger empfindlich gegen elektronische<br />

Störmaßnahmen als sein Vorgänger<br />

FuG 202 Lichtenstein B/C.<br />

Allerdings musste, wegen der<br />

größeren Wellenlänge, die<br />

Antennen anlage deutlich vergrößert<br />

werden. Diese Antennen,<br />

die schnell den passenden<br />

Spitznamen<br />

»Hirschgeweih« erhielten, reduzierten<br />

die Höchst geschwindigkeit<br />

der Nachtjäger<br />

um rund 20 km/h. Die ersten<br />

SN-2-Geräte hatten noch<br />

eine schlechte Auflösung, die<br />

ein Heranführen bis auf<br />

500 Meter zum Ziel ermöglichte.<br />

Daher wurde oftmals<br />

noch eine zusätzliche kleinere Antenne an<br />

der Flugzeugnase und ein zweites Lichtenstein<br />

B/C oder C-1 für den Abstandsbereich<br />

unter 500 Metern eingebaut. Im Frühjahr<br />

1944 konnte auch der untere<br />

Abstandsbereich abgedeckt werden, nachdem<br />

das SN-2 verbessert worden war. ■<br />

Übersicht der Lichtenstein SN 2-Anlage<br />

Erprobungsmaschine Ju 88 C-6 mit »Hirschgeweih«<br />

für das Lichtenstein SN 2<br />

Fotos (2) Sammlung Cohausz<br />

ten 795 Bomber, davon 572 Lancaster und 214<br />

Halifax, um die Stadt »zu schleifen«. Doch die<br />

deutsche <strong>Nachtjagd</strong>führung erkennt trotz der<br />

Ablenkungsmanöver sehr früh das eigentliche<br />

Ziel der Bomber. Die Nachtjäger werden zu<br />

zwei Funkfeuer entlang der Bomberroute dirigiert.<br />

Noch im Anflug werden die Viermots<br />

über Belgien gestellt.<br />

Auch Oberleutnant Martin Drewes, Kommandeur<br />

der III./NJG 1, startet zum Abfangeinsatz.<br />

Er ist nicht allein, er fliegt zusammen<br />

mit seinem Bordfunker Erich Handke<br />

und dem Bordschützen Georg Petz.<br />

Mit dem neuen Lichtenstein SN2 sind<br />

die Nachtjäger wieder in der Lage, ihre<br />

Ziele zu finden. Handke dirigiert<br />

Drewes bis auf 1000 Meter an den<br />

Bomber heran, und in der mondhellen Nacht<br />

entdecken sie schließlich ihre Beute. Handke<br />

kann den Nachtjäger nur bis auf 500 heranführen,<br />

da dem SN 2 die Nahauflösung fehlt.<br />

Bei nur geringem Geschwindigkeits-Überschuss<br />

schiebt sich Drewes Nachtjäger unter<br />

Nur wenige Minuten danach stürzt die<br />

Lancaster brennend zu Boden.<br />

die Lancaster. Der Viermot fehlt noch immer<br />

eine Bodenwanne mit entsprechender Bewaffnung,<br />

sodass sie nach unten blind und wehrlos<br />

ist. Oberleutnant Drewes zielt mit seinem<br />

Reflexvisier am Kabinendach auf den linken<br />

Innenmotor der Lancaster. Dieses Visier ist auf<br />

die Schrägbewaffnung justiert, die im Rumpf<br />

hinter der Kabine eingebaut ist. Zwei 20-mm-<br />

Kanonen schießen in einem Winkel von<br />

72 Grad schräg nach oben, als Drewes auf seinen<br />

Auslöseknopf drückt. Kleine aufblitzende<br />

Flammen zeigen die Treffer in der Tragfläche.<br />

Der Einsatz der »schrägen Musik« ist nicht<br />

ungefährlich. Trifft er den Rumpf, könnten die<br />

Geschosse zur Explosion der Bomben führen,<br />

und die Lancaster würde den Nachtjäger dabei<br />

mit in die Tiefe reißen. Schnell breitet sich der<br />

Brand aus. Daher kurvt seine Maschine steil<br />

weg, um sich aus der Gefahrenzone zu bringen.<br />

Nur wenige Minuten danach stürzt die<br />

Lancaster brennend zu Boden.<br />

Bis zum Morgengrauen verlor die RAF 95<br />

ihrer Bomber. Insgesamt setzte die Luftwaffe<br />

zur Abwehr der 795 feindlichen Bomber in<br />

dieser Nacht 246 ein- und zweimotorige<br />

Nachtjäger ein. Die größte Luftschlacht in der<br />

Nacht entschied die Luftwaffe für sich. Sie<br />

verlor in dieser Nacht nur fünf Nachtjäger.<br />

Durch diesen Erfolg zwang die Luftwaffe die<br />

RAF zur vorübergehenden Einstellung ihrer<br />

Sichtgerät für das FuG 220<br />

Foto Sammlung Cohausz<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

19


TECHNIK<br />

<strong>Nachtjagd</strong><br />

Die Ju 88 G-1 wurde auch von den Briten in der Luft erprobt. Gut zu erkennen<br />

sind die Seiten- und Höhenantennen auf der Tragfläche für das FuG 227<br />

Foto David Horn Collection/1000aircraftphotos.com<br />

Diese Bf 110 G-4 landete versehentlich in Dübendorf in der Schweiz, was erhebliche<br />

politische Spannungen hervorrief, da die deutsche Seite fürchtete, dass britische<br />

Agenten Einblicke in den hochgeheimen Nachtjäger erhalten. Die Maschine wurde<br />

schließlich von deutschen Spezialisten am 19. Mai 1944 gesprengt. Die Besatzung<br />

unter Leutnant Johnen konnte indes nach Deutschland zurückkehren<br />

Bomberoffensive. Harris Offensive stellte sich<br />

damit als Fehlschlag heraus.<br />

Das britische Bomberkommando erlitt mit<br />

zwölf Prozent der eingesetzten Maschinen die<br />

schwersten Verluste seit Beginn der Nachtbomberoffensive<br />

überhaupt. Selbst das Ziel<br />

Nürnberg wurde verfehlt, denn die Pfad -<br />

finder setzten ihre Leuchtmarkierungen bei<br />

Schweinfurt ab, und die meisten Bomben fielen<br />

außerhalb der Stadt.<br />

Britische Gegenmaßnahmen<br />

Der Einsatz der schrägen Musik blieb den Briten<br />

bis Ende 1943 verborgen. Obwohl die<br />

Flugzeugverluste der Bomber auffällig hoch<br />

blieben, wurde ein direkter Zusammenhang<br />

mit einer neuartigen Bewaffnung zunächst<br />

nicht hergestellt. Die Antwort lieferten heimgekehrte<br />

beschädigte britische Viermots. Bei<br />

Tragflächendurchschüssen konnte der Schusswinkel<br />

des Angreifers relativ leicht durch<br />

Das NJG 100 setzte mehrere Fw 189 als Nachtjäger ein. Selbst hier wurde ein<br />

MG 151 als Schrägbewaffnung eingebaut<br />

Das Fug-202-Lichtenstein-BC-Sichtgerät im Detail<br />

Foto Archiv Hafner<br />

20


Stahlstäbe, die durch die Ein- und Ausschusslöcher<br />

der Tragflächen geschoben wurden, ermittelt<br />

werden. Die Deutschen verwendeten<br />

im Einsatz eine Kombination von Spreng- und<br />

panzerbrechender Munition. Hätten sie ausschließlich<br />

Sprengmunition eingesetzt, wäre<br />

das nicht passiert und die Schräge Musik sicherlich<br />

noch länger geheim geblieben.<br />

Die ersten Gegenmaßnahmen, um »schräg«<br />

angreifende Nachtjäger abzuwehren, waren<br />

eher provisorischer Art. Kleine Sichtfenster im<br />

Rumpf sollten den Angreifer entdecken helfen.<br />

Außerdem stattete man die Bomber wieder<br />

mit nach unten gerichteten Waffen aus. Dies<br />

war allerdings wenig erfolgreich, da die Sicht<br />

Richtung Erdboden sehr eingeschränkt war<br />

und die neu angebrachten Maschinengewehre<br />

die Geschwindigkeit des Flugzeugs weiter verringerten.<br />

Vorschläge, auf die komplette Bewaffnung<br />

zu verzichten, um die Bomber<br />

schneller gegenüber den deutschen Nachtjägern<br />

zu machen, wurden verworfen.<br />

Daraufhin begannen erste Versuche mit<br />

radarbasierten Lösungen. Modifikationen des<br />

im Einsatz befindlichen »Monica«-Heckwarnradars<br />

brachten hier keine Besserung, da<br />

sie den Bereich unter dem Bomber nicht ausreichend<br />

erfassen konnten. Zu allem Übel<br />

nutzten die Nachtjäger dessen Emissionen,<br />

um den Bomber aufzuspüren. Eine prakti -<br />

kable Lösung fanden die Briten erst, als sie<br />

das H2S-Bodenradar erweiterten, das mit einigen<br />

Modifikationen und Zusatzbildschirm<br />

den Nahbereich besser auflösen und so einen<br />

anfliegenden Nachtjäger hinter oder unter<br />

dem Flugzeug besser erkennen konnte.<br />

Der Einsatz der schrägen Musik blieb den<br />

Briten bis Ende 1943 verborgen.<br />

Neben den technischen Verbesserungen<br />

spielte den Alliierten aber auch das Glück in die<br />

Hände: Denn am 13. Juli 1944 gelangten sie in<br />

den Besitz des kostbaren, neuen FuG 220, nachdem<br />

eine voll ausgerüstete Ju 88 G-1 wegen eines<br />

Navigationsfehlers irrtümlich auf der RAF-<br />

Basis Woodbridge in England gelandet war.<br />

Der Technikwettlauf geht weiter<br />

Die Besatzung des Obergefreiten Hans Mäckle<br />

von der III./NJG 2 bemerkte den Fehler zu<br />

spät und hatte keine Zeit mehr, die geheime<br />

Radarausrüstung zu zerstören. Neben dem<br />

FuG 220 war in der Junkers auch das den<br />

Alliierten bis dahin unbekannte FuG 227<br />

Flensburg eingebaut, das die Emissionen des<br />

Heinkel He 219 A-2 mit FuG 220. Der<br />

Nachtjäger flog 1944 bei der 2. Staffel<br />

des NJG 1<br />

Zeichnung H. Ringlstetter - Aviaticus<br />

in britischen Bombern installierten Monica-<br />

Radarwarngerätes anpeilen konnte. Diese<br />

Erkenntnis führte dazu, dass die Briten umgehend<br />

alle Monica-Radarwarnanlagen abschalteten<br />

und einige Frequenzbereiche des<br />

SN-2 blockierten. Deutsche Nachtjäger erhielten<br />

daraufhin eine neue Version der »Hirschgeweih«-Antenne<br />

mit um 45 Grad geneigten<br />

Dipolen für einen besseren Empfang der nicht<br />

blockierten Frequenzen.<br />

■<br />

»Rudeltaktik«<br />

Die »Zahme Sau« war im Prinzip eine Verfolgungsnachtjagd.<br />

Die Nachtjäger kreisten<br />

um ein zugewiesenes Funkfeuer und<br />

wurden anschließend in den feindlichen<br />

Bomberstrom eingeschleust. Hier kam<br />

es bei den Nachtjägern auf Reichweite<br />

und möglichst lange Flugdauer an. Daher<br />

ist es zu erklären, dass die Bf 110 trotz<br />

Zusatztanks mehr und mehr gegenüber<br />

der Ju 88 ins Hintertreffen geriet. ■<br />

Am 13. Juli 1944 landete dieser verbesserte Nachtjäger vom Typ Ju 88 G-1 versehentlich in<br />

Woodbridge, Großbritannien<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

21


TECHNIK<br />

Consolidated B-24 Liberator<br />

BEWÄHRUNG IN FERNOST UND NORDAFRIKA – TEIL 2<br />

In fremden Die<br />

Zuhause kritisch beäugt, beginnt die Liberator langsam, aber sicher ihr wahres Poten -<br />

zial zu entwickeln – gerade rechtzeitig, um sich in Fernost und in Nordafrika die ersten<br />

Sporen im Dienste der US-Streitkräfte zu verdienen<br />

Von Wolfgang Mühlbauer<br />

Weder das Bomber Command der<br />

RAF noch das US-Militär sind mit<br />

den ersten Liberator zufrieden (siehe<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2012). Trotzdem<br />

gilt sie für das US Army Air Corps (ab März<br />

1942 US Army Air Forces) und seine Air<br />

Power Doktrin als unumgänglich. Consolidated<br />

fährt darum ab Spätherbst 1941 zweigleisig.<br />

Zum einen baut man die restlichen von<br />

den Briten bestellten Flugzeuge, die zugleich<br />

konstruktiv verbessert sind, und liefert sie<br />

aus. Andererseits wird mit Hochdruck an einer<br />

voll kampftauglichen Version für die eigenen<br />

Luftstreitkräfte gearbeitet.<br />

So verlassen zunächst 140 Liberator II –<br />

auch LB-30 genannt – bis Anfang 1942 die<br />

Werkhallen. Während ihre Vorgänger LB-<br />

30A und LB-30B ursprünglich für Frankreich<br />

gedacht, dann aber von der RAF übernommen<br />

worden waren, ist die LB-30 von<br />

Beginn an nur für die Briten bestimmt. Viele<br />

Erkenntnisse aus den bisherigen Einsatzerfahrungen<br />

der RAF fließen in ihre Konzeption<br />

ein.<br />

22


nsten gereift<br />

Ursprünglich sollen die B-24D des Halverson Provisional Detachment nach<br />

China verlegen, werden aber stattdessen ab Juni 1942 in Nordafrika belassen<br />

Äußerlich unterscheidet sie sich von den<br />

Vorläufern besonders durch den 79 Zentimeter<br />

längeren Vorderrumpf, in dem nun auch<br />

der Navigator leidlich Platz hat. Gerüchten<br />

zufolge steckt Firmenchef Reuben Fleet persönlich<br />

dahinter: Ihm erschien angeblich die<br />

»Nase« des Bombers zu »platt« und damit das<br />

Flugzeug unattraktiv. In Wahrheit war die Verlängerung<br />

nachträglich vom französischen Auftraggeber<br />

verlangt worden. Der Antrieb ist dagegen<br />

gleich geblieben: vier Pratt & Whitney<br />

R-1830-33 Motoren ohne Lader, dafür aber mit<br />

effizienteren Curtiss Electric Luftschrauben.<br />

Außerdem ist die Leitwerksfläche größer<br />

und der hintere Rumpfbereich breiter geworden.<br />

Der Kampfwert steigt dank beschusssicherer<br />

Tanks sowie der Möglichkeit, mittig<br />

auf dem Rumpfrücken und im Heck Drehtürme<br />

einrüsten zu können, spürbar. Die Maschinen<br />

erhalten nach ihrer Übernahme durch<br />

die RAF zwei je vierfach bestückte elektro-hydraulische<br />

Drehstände von Boulton Paul.<br />

Insgesamt treffen vorerst 65 Liberator II in<br />

England ein – die restlichen 75 Stück reißt sich<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

23


TECHNIK<br />

Consolidated B-24 Liberator<br />

Entsteht als verbesserte Serienversion für die RAF: LB-30 Liberator<br />

II. Als Defensivbewaffnung kommen britische Boulton-<br />

Paul-Drehstände zum Einbau<br />

Foto via Buttler<br />

Fertigung der B-24D<br />

Für die Massenherstellung der B-24D und<br />

ihrer Nachfolger wird der Liberator Produc -<br />

tion Pool ins Leben gerufen, um die hohen<br />

Produktionsraten sicherzustellen. Nach umfangreicher<br />

Vorbereitung läuft die Fertigung<br />

ab Dezember 1941 bei Consolidated in San<br />

Diego an. Nur fünf Monate später sind auch<br />

die ersten B-24D im neuen Zweigwerk in<br />

Fort Worth, Texas, fertig. Ab Juli beginnt zusätzlich<br />

die Lizenzproduktion bei Douglas in<br />

Tulsa, Oklahoma. In beiden Fällen leistet<br />

San Diego Starthilfe und liefert zahlreiche<br />

Fertigungslinie der B-24D in San Diego<br />

Komponenten. Generell erhalten Maschinen<br />

aus San Diego das Fertigungskürzel CO,<br />

während CF für Flugzeuge aus Fort Worth<br />

steht und DT für solche aus Tulsa. San Diego<br />

stellt 2415, Fort Worth 303 und Tulsa<br />

zehn B-24D her – andere Quellen sprechen<br />

von 2381, 305 und zehn Exemplaren. Für<br />

die Produktion der Folgeversionen werden<br />

zwei weitere Lizenzbetriebe in den Pool einbezogen:<br />

Ford (FO) mit dem Werk Willow<br />

Run, Michigan, und North American (NT) in<br />

Dallas, Texas.<br />

■<br />

Foto Consolidated<br />

das US Air Corps erst einmal selbst unter den<br />

Nagel. Wider Erwarten wandern die britischen<br />

Flugzeuge nicht geschlossen zum Coastal<br />

Command – so könnte man aufgrund früherer<br />

Erfahrungen zumindest annehmen. Zumal<br />

sich die Viermot hier als Seeaufklärer gut<br />

bewährt und dringend mehr davon gebraucht<br />

werden. Nein, die RAF will die Liberator II<br />

tatsächlich als strategischen Bomber nutzen.<br />

In Etappen nach Indien<br />

Freilich nicht über Westeuropa, sondern zunächst<br />

im mittleren Osten. Hier, wo bisher<br />

meist nur älteres Fluggerät vorhanden ist,<br />

nimmt man die Liberator II schon dank ihrer<br />

großen Reichweite mit Freuden. Allerdings<br />

sind es nur einzelne Exemplare, die im Dezember<br />

1941 in Nordafrika eintreffen. Von<br />

hier aus fliegen sie bis in den folgenden Juni<br />

hinein Angriffe auf Italien sowie gegen die<br />

Streitkräfte der Achsenmächte oder bringen<br />

Nachschub für Partisanen auf dem Balkan,<br />

ehe man sie wieder abzieht.<br />

Die ersten beiden Liberator-Bombergruppen<br />

der RAF – die No 159 und No 160 Sqn –<br />

werden im Januar 1942 in England aufgestellt<br />

und sollen in Indien kämpfen. Doch bleiben<br />

beide Verbände ab März beziehungsweise<br />

Juni mehrere Monate mit ihren Bombern im<br />

Mittleren Osten hängen, wo sie intensiv an<br />

den Kriegshandlungen teilnehmen.<br />

Während die No 159 Sqn schließlich bis<br />

Oktober 1942 in Indien anlangt, muss die<br />

No 160 Sqn zahlreiche Flugzeuge an das RAF<br />

Middle East Command abgeben, ehe der Verband<br />

Anfang 1943 in Ceylon eintrifft. Beim<br />

Middle East Command beginnt wenig später<br />

schon die Umrüstung auf den Nachfolger<br />

Liberator B.Mk.III, wohingegen die letzten<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, USAF<br />

24


B-24D, serial 41-11622, »Edna Elizabeth«,<br />

der 98th BG USAAF, stationiert in<br />

Fayid. Sie musste nach dem Angriff auf<br />

Ploesti am 12. Juni 1942 in der Türkei<br />

notlanden<br />

Zeichnung Juanita Franzi<br />

Liberator II im Fernen Osten noch bis August<br />

1943 an vorderster Font kämpfen. Viele davon<br />

hat man zwischenzeitlich zu Transportern<br />

umgerüstet, die teilweise zivil bei der BOAC<br />

oder der Quantas fliegen. Die letzten sind<br />

noch 1949 bei der Berliner Luftbrücke dabei.<br />

Nun wieder einige Jahre zurück: Am<br />

19. Dezember 1941 ist die erste von neun<br />

gebauten B-24C in San Diego fertig. Die Maschinen<br />

fungieren als Vorserie für die eigentliche<br />

erste Einsatzvariante der USAAF: die<br />

B-24D. Ihr Antrieb aus vier Pratt & Whitney<br />

R-1830-41 samt Turboladern ist ebenso direkt<br />

von der XB-24B übernommen wie die selbstdichtenden<br />

Tanks. Weiterhin gibt es einen elektro-hydraulischen<br />

Drehturm von Martin auf<br />

dem Rumpfrücken unmittelbar hinter dem<br />

Cockpit und einen weiteren von Consolidated<br />

im Heck. Beide Waffenstände sind mit je<br />

zwei 12,7-mm-MG bestückt. Ähnlich wie bei<br />

der LB-30 ist der Vorderrumpf verlängert, und<br />

zwar um 78 Zentimeter. Weitere Abwehrkraft<br />

liefert ein manuell bedientes MG an der hinteren<br />

Rumpfunterseite – die sogenannte Tunnel<br />

Gun, die der Schütze auf dem Bauch liegend<br />

bedient.<br />

Endlich voll kampftauglich<br />

Trotz allem taugt auch die B-24C nicht zum<br />

Gefecht und dient nur Schul- und Trainingszwecken.<br />

Recht bald stuft man sie ähnlich der<br />

B-24A als »restricted« ein und ändert die Typbezeichnung<br />

entsprechend in RB-24C. Die<br />

neun sogenannten Production Breakdown<br />

Aircraft stellen ohnehin nur die Generalprobe<br />

für die Massenfertigung dar, deren Vorbereitungen<br />

bei Consolidated seit Jahresmitte 1941<br />

auf Hochtouren laufen (siehe Kasten S. 24).<br />

Bereits am 23. Januar 1942 steht die erste<br />

B-24D zur Auslieferung bereit – mit vier<br />

R-1830-43 Motoren, die ihre Kraft auf Hamilton<br />

Standard Propeller übertragen. Im Laufe<br />

der Herstellung schwenkt die Fertigungslinie<br />

in San Diego auf R-1830-65 Triebwerke um,<br />

während die beiden anderen beteiligten Werke<br />

in Fort Worth und Tulsa weiterhin die ursprünglichen<br />

Motoren verwenden.<br />

C-87 Liberator Express<br />

1942 wird die serienmäßige Fertigung eines Langstreckentransporters ähnlich dem britischen Transporter<br />

LB-30 Liberator II durch Umbau der B-24D beschlossen. Das Musterflugzeug ist im August<br />

fertig. Der durchgehende Frachtraum ist über eine Seitentür zugänglich, alternativ haben bis zu 25<br />

Passagiere Platz. 257 der C-87 Liberator Express genannten Maschinen sowie sechs C-87A VIP-Transporter<br />

entstehen von September 1942 bis August 1944; hinzu kommen fünf AT-22 Besatzungstrainer.<br />

Chinesische Truppen gehen<br />

an Bord einer C-87<br />

C-87 »Gulliver II« auf Trinidad,<br />

April 1943<br />

Die letzte gebaute C-87,<br />

s/n 44-52987, auf Werksflug<br />

Von Beginn an ist die Massenproduktion<br />

der B-24D von oft einsatzbedingten Verbesserungen<br />

und Modifikationen gekennzeichnet.<br />

Ein Paradebeispiel dafür ist die Abwehrbewaffnung.<br />

So wird der ursprüngliche Heckturm<br />

A-6 von Consolidated später vom A-6A<br />

mit verbesserten Sichtverhältnissen abgelöst.<br />

Davon unabhängig verlässt der Bomber anfangs<br />

die Fertigung mit nur einer zusätzlichen<br />

Kugellafette für ein 12,7-mm-MG in der Bug-<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

25


TECHNIK<br />

Consolidated B-24 Liberator<br />

Zahlreiche LB-30 der RAF werden im Laufe der Zeit zu<br />

unbewaffneten Transportern umgerüstet und teilweise<br />

auch nach dem Krieg genutzt<br />

Foto via Buttler<br />

B-24E – der fehlerhafte Klon von Ford<br />

Dient meist nur als Trainer: B-24E<br />

Die B-24E unterscheidet sich nur marginal<br />

von der B-24D. Die Mehrzahl der Flugzeuge<br />

hat R-1830-65-Motoren sowie verbesserte<br />

Luftschrauben. Hauptauftragnehmer ist<br />

Ford in seiner aus dem Boden gestampften,<br />

wahrhaft gigantischen Fertigungsanlage Willow<br />

Run. Sie arbeitet nach dem Fließbandsystem<br />

des Autofabrikanten – wovor Fachleute<br />

ausdrücklich warnen. Und tatsächlich<br />

produziert man dort zwar Bomber in Rekordzeit,<br />

braucht aber lange, um in Hinblick auf<br />

die Fertigungsqualität mit den restlichen<br />

Werken im Production Pool gleichzuziehen.<br />

Bei Ford gebaute B-24E in Ladd Field, Alaska<br />

Foto USAF<br />

Deren Flexibilität im Fertigungsablauf, vor allem<br />

bei Sofortänderungen, bleibt wegen<br />

des Fließbandprinzips dagegen unerreichbar.<br />

So fungiert die B-24E praktisch nur als<br />

Lehrstück, gilt nie als fehlerfrei oder kampftauglich.<br />

Verwendung findet sie fast nur in<br />

Nordamerika als Trainer. Dennoch werden<br />

801 Exemplare hergestellt – selbst als der<br />

mangelnde Einsatzwert längst feststeht.<br />

490 Stück fertigt Ford selbst; für weitere<br />

144 aus Fort Worth sowie 167 Maschinen<br />

aus Tulsa liefert Willow Run zahlreiche Baugruppen.<br />

■<br />

Foto USAF<br />

kanzel, später kann man dort bis zu drei dieser<br />

Waffen einrüsten. Die Tunnel Gun weicht<br />

ab dem 77. Serienexemplar einem über Peris -<br />

kop gesteuerten Bendix-Kugelturm mit zwei<br />

12,7-mm-MG, der sich schnell als ebenso nutzlos<br />

wie in der B-17E (siehe <strong>FLUGZEUG</strong> CLAS-<br />

SIC 04/2012) erweist – weshalb man nach 279<br />

entsprechend ausgelieferten Maschinen wieder<br />

auf die Tunnel Gun zurückgreift.<br />

LB-30 an die Pazifikfront<br />

Das bleibt so lange Übergangslösung, bis ab<br />

dem Produktionsblock 140 ein Sperry-Kugelturm<br />

zum Einbau kommt. Er lässt sich, ganz<br />

im Gegensatz zur B-17, auch während des Fluges<br />

aus- oder einfahren und jederzeit vom<br />

Schützen wieder verlassen. Im Laufe der Produktion<br />

kann die intern beförderte Abwurflast<br />

von anfänglich bis zu acht 500-kg-Bomben auf<br />

die gleiche Anzahl mit je 750 Kilogramm gesteigert<br />

werden. Hinzu kommen Unterflügel -<br />

aufhängungen für zwei 1800-kg-Bomben, die<br />

man aber kaum nutzt. Zu guter Letzt durchlaufen<br />

viele der insgesamt 2728 (nach anderer<br />

Quelle 2696) produzierten B-24D ab Herbst<br />

1942 in den Modification Yards der USAAF eine<br />

Nachrüstung auf Drehtürme im Bug.<br />

Ironischerweise sind die ersten Viermot<br />

aus San Diego, die für die USA in den Krieg<br />

ziehen, von den Briten einkassierte LB-30,<br />

genauer gesagt zwölf Flugzeuge der 11th<br />

Bomb Squadron (BS), einem Verband der 7th<br />

Bombardement Group (BG). Die Gruppe hat<br />

sie kurz nach Kriegseintritt gegen ihre B-17E<br />

ausgetauscht und soll mit dem Rest des Geschwaders<br />

auf die Philippinen verlegen.<br />

Doch der schnelle japanische Vormarsch verhindert<br />

das. Stattdessen finden sie sich nach<br />

und nach auf Java ein. Dort starten einige in<br />

26


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TECHNIK<br />

Consolidated B-24 Liberator<br />

Die insgesamt neun gebauten B-24C gelten als<br />

Vorserie der anschließend in Massenproduktion<br />

hergestellten Einsatzversion B-24D Foto Consolidated<br />

Diese Liberator II, s/n AL579, gehört zur No 159 Sqn – einem jener zwei<br />

Liberator-Verbände der RAF, die 1942 in Nordafrika kämpfen Foto RAF<br />

Ab Ende Januar 1942 sind die ersten B-24D fertig zur Auslieferung an<br />

die amerikanischen Streitkräfte<br />

der Nacht vom 16. auf den 17. Januar 1942<br />

erstmals gegen die Invasionsstreitkräfte.<br />

Weitere Einsätze, oft Seite an Seite mit den<br />

B-17E des Geschwaders, folgen. Als Anfang<br />

März der endgültige Rückzug nach Nordaustralien<br />

befohlen wird, sind nur mehr vier<br />

LB-30 übrig.<br />

Einer jener Bomber fliegt weiter nach Indien,<br />

um sich hier einem B-17E-Verband des<br />

Geschwaders anzuschließen, der mit seinen<br />

Maschinen den Nukleus der Mitte Februar<br />

aus der Taufe gehobenen 10. US-Luftflotte bildet.<br />

Der größere Teil der requirierten LB-30<br />

bleibt jedoch weit weg vom großen Kampfgetümmel<br />

und ist in Alaska, auf den Aleuten<br />

Technische Daten – Consolidated B-24D<br />

oder in Panama stationiert. 23 Stück davon<br />

werden im Lauf der Zeit wieder an die Briten<br />

zurückgegeben.<br />

Ideal für Fernost<br />

In Indien trifft dann am 7. April 1942 erstmals<br />

eine B-24D ein – zugleich die erste Maschine<br />

ihrer Art, die man in ein aktives Kriegsgebiet<br />

schickt. Sie gehört zur 436th BS, damals nördlich<br />

von Kalkutta stationiert. Erst Anfang Oktober<br />

finden weitere fünf davon den Weg<br />

dorthin. Das verdeutlicht, wie wenig Priorität<br />

moderne Nachschubgüter für den Kriegsschauplatz<br />

in Indien, Burma und China vorerst<br />

genießen.<br />

Länge<br />

20,23 m<br />

Höhe<br />

5,46 m<br />

Spannweite<br />

33,53 m<br />

Flügelfläche 97,36 m²<br />

Triebwerk<br />

vier luftgekühlte Pratt & Whittney R-1830-43 Twin Wasp<br />

14-Zylinder-Doppelsternmotoren mit je 1200 PS Startleistung<br />

Startmasse<br />

27 216 kg<br />

Höchstgeschwindigkeit 488 km/h in 7620 m Höhe<br />

Reichweite<br />

maximal 5630 km<br />

Dienstgipfelhöhe<br />

9754 m<br />

Bewaffnung<br />

zehn 12,7-mm-Browning-MG<br />

maximal 3990 kg Bombenlast<br />

Besatzung<br />

bis zu zehn Mann<br />

Dabei ist eines längst klar geworden: Die<br />

LB-30/B-24 ist der am besten geeignete<br />

schwere Bomber für den Einsatz im Pazifik<br />

und fernöstlichen Raum – vor allem dank ihrer<br />

im Vergleich zur B-17 höheren Reichweite,<br />

Ausdauer und Bombenlast sowie der Fähigkeit,<br />

auch stark überladen vom Boden zu<br />

kommen. Dennoch ist oft massive Überredungskunst<br />

nötig, um den Widerwillen jener<br />

Besatzungen zu überwinden, die zuvor die so<br />

oft glorifizierte B-17 geflogen haben. Manchmal<br />

hilft hier nur die Drohung mit dem<br />

Kriegsgericht.<br />

Nadelstiche gegen Japan<br />

Erst gegen Jahresende sind die schweren<br />

Bomberverbände der Alliierten im indischburmesischen<br />

Kriegsgebiet einheitlich organisiert.<br />

Man beginnt, sie auf die B-24 umzustellen,<br />

und gewinnt langsam, aber stetig an<br />

Stärke. Im Süd- und Südwestpazifik dauert es<br />

ebenfalls bis in den Herbst 1942 hinein, ehe<br />

sich die USAAF dort ausreichend reorganisiert<br />

und die B-24D in nennenswerter Anzahl<br />

auftaucht. Mehr als Nadelstiche lassen sich also<br />

in Fernost fast das gesamte Jahr über mit<br />

ihr nicht austeilen. Davon aber sind einige<br />

recht bemerkenswert – wie etwa der Langstreckenangriff<br />

jener besagten fünf Maschinen<br />

der 436th BS am 21. Oktober 1942 auf die Lin-<br />

Hsi Kohlegruben nördlich von Peking.<br />

28


B-24D der 9th BS der 7th BG USAAF,<br />

stationiert Anfang 1943 auf der Pandaveswar<br />

Air Force Base, Indien<br />

Zeichnung Juanita Franzi<br />

Die »Festung Europa« gerät zum ersten<br />

mal wider Erwarten nicht von England, sondern<br />

von Nordafrika aus durch die B-24 der<br />

USAAF in Bedrängnis. Es handelt sich dabei<br />

um 23 Flugzeuge des Halverson Provisional<br />

Detachment (Halpro) unter dem Befehl des<br />

gleichnamigen Colonels. Sie gehören zur 98th<br />

BG, die man in Florida aufgestellt hat, um<br />

Tokyo zu bombardieren. Als sie auf der langen<br />

Überführungsroute Richtung Fernost Anfang<br />

Juni 1942 in Ägypten eintreffen, presst man sie<br />

hier aber kurzerhand ins Kampfgeschehen.<br />

Erstmals im Visier: Ploesti<br />

Am 11. Juni 1942 startet Halverson an Bord einer<br />

B-24D mit zwölf weiteren Maschinen zum<br />

ersten Bombenangriff der Amerikaner auf das<br />

europäische Festland. Ziel sind die Ölraffinerien<br />

im rumänischen Ploesti. Am frühen Morgen<br />

des folgenden Tages werfen zehn der<br />

Bomber ihre Last auf die Astra Romana Raffinerie<br />

ab, der Rest auf sekundäre Ziele. Zwar<br />

richtet der eher symbolische Angriff kaum<br />

Schaden an, wirbelt aber viel Staub auf. Fortan<br />

wird die Luftverteidigung dieser für das<br />

Dritte Reich lebenswichtigen Anlagen systematisch<br />

ausgebaut. Zu Recht, denn Ploesti<br />

wird in nicht allzu ferner Zukunft verstärkt<br />

von der B-24 heimgesucht werden.<br />

Eine B-24D der 7th BG, stationiert auf der in Indien gelegenen Pandaveswar Army Air Base,<br />

nähert sich ihrem Angriffsziel Rangoon<br />

Der Rückflug nach Ägypten gelingt Halversons<br />

Bombern aber nicht. Seine Maschine<br />

landet mit fünf anderen im Irak, drei weitere<br />

gehen in Syrien, die restlichen vier in der<br />

Türkei nieder. Um diplomatische Verwicklungen<br />

zu vermeiden, überlässt man sie den<br />

Die ›Festung Europa‹ gerät erstmals von Nordafrika<br />

aus durch die B-24 in Bedrängnis.<br />

Türken, die sie im August ihren Streitkräften<br />

eingliedern. Die US-Crews müssen eine Zeit<br />

lang als Instruktoren herhalten, wobei sich<br />

eine davon am 15. September mit einer der<br />

B-24D nach Zypern absetzt. Der Bomber<br />

wird im Anschluss jedoch wieder der Türkei<br />

zurückgegeben. Lesen Sie in einer kommenden<br />

Ausgabe von <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong>,<br />

wie es mit den Einsätzen der B-24D über<br />

Europa und ihrer technischen Entwicklung<br />

weitergeht.<br />

■<br />

Quellen (Auswahl):<br />

Bowman, M.: Consolidated B-24 Liberator.<br />

Crowood Aviation Press.<br />

Dorr, R., und Lake, J.: Consolidated B-24<br />

Liberator. In: International Air Power Review,<br />

Vol.4, S. 126ff.<br />

Dorr, R.: B-24 Liberator Units of the Pacific<br />

War. Osprey Combat Aircraft 11.<br />

O’Leary, M.: Consolidated B-24 Liberator.<br />

Osprey Production to Frontline 4.<br />

Vorbereitung zum Feindflug: eine B-24D der 27th Divisonal Squadron wird<br />

startklar gemacht, um japanische Stützpunkte auf den Aleuten anzugreifen<br />

Als sie an der Front nicht mehr gebraucht werden, lässt die USAAF viele ihrer<br />

noch verbliebenen LB-30 zu Transportern ähnlich der C-87 umbauen<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

29


ZEITGESCHICHTE<br />

Nachrichten-Ju 52<br />

DER RÄTSELHAFTE FLUG EINER JU 52<br />

Das Geisterflug<br />

Es ist ein Fliegerkrimi: Eine Luftwaffen-Ju-52 überfliegt<br />

die Schweizer Grenze und meldet sich nicht<br />

mehr. Über Frankreich fällt die Junkers schließlich<br />

französischen Jägern zum Opfer. Mit an Bord:<br />

Erwin Hädrich. Jahrelang trug sein Sohn<br />

Klaus-Erwin die Puzzleteile dieses<br />

Rätsels zusammen. Hier ist<br />

die Geschichte<br />

Von Peter W. Cohausz<br />

Die Junkers fliegt unbeirrt weiter nach<br />

Nordwesten und macht keine Anstalten<br />

abzudrehen. Längst ist es zu spät,<br />

denn die Deutschen werden bereits gejagt.<br />

Französische Jagdflugzeuge lassen die dreimotorige<br />

Maschine nicht aus den Augen.<br />

Schließlich befand man sich seit gut einem<br />

halben Jahr mit den »Boches« im Kriegszustand.<br />

Und so laden die französischen Piloten<br />

ihre Waffen durch, schalten das Reflexvisier<br />

ein und greifen an. Rasch kommt die Jagdmeute<br />

näher. Mit ihren 486 km/h Höchstgeschwindigkeit<br />

sind die Moranes fast dreimal<br />

so schnell wie die Ju 52.<br />

Die Geschossgarben pfeifen der alten Ju<br />

ums Leitwerk, erfassen sie schließlich. Eine<br />

ganze Weile hämmern die Maschinengewehre<br />

auf den langsamen Riesen ein, bis er<br />

schließlich Feuer fängt. Abwehrfeuer gibt es<br />

nicht, und Fallschirme sind auch keine zu sehen.<br />

Noch einen Kilometer fliegt die Ju 52 stur<br />

weiter, als wolle sie nicht wahrhaben, was da<br />

gerade mit ihr geschieht. Dann stürzt die Maschine<br />

in die Tiefe …<br />

Dabei hat der Tag für die Besatzung der<br />

Junkers am Morgen des 7. April 1940 noch<br />

vielversprechend begonnen. Sie gehören zur<br />

9. Flieger-Versuchs-Kompanie im Luftnachrichten-Schul-<br />

und Versuchsregiment am Fliegerhorst<br />

in Köthen, in der Magdeburger Börde.<br />

An diesem Frühlingstag erhalten sie einen<br />

besonderen Flugauftrag: ein unbewaffneter<br />

Flug über Stuttgart nach Ulm, um ein neues<br />

Funkverfahren auszuprobieren … Rückkehr<br />

am nächsten Tag.<br />

An Bord sind neun Mann: Flugzeugführer<br />

Feldwebel Gerhard Weinberg, Kommandant<br />

und Copilot Hauptmann Biel, Funker Feldwe-<br />

bel Erwin Hädrich, Feldwebel Engelhardt, Unteroffizier<br />

Heinz Fischer, Feldwebel Horst Link,<br />

Unteroffizier Erich Berndt, Leutnant Deutschbauer<br />

und Unteroffizier Horst Winkler.<br />

Plötzlich wird es still<br />

Ihre Junkers Ju 52/3mg mit dem Kennzeichen<br />

CN+DT hat ihnen bereits im Polen-Einsatz<br />

treue Dienste geleistet. Der Flug wird mit einer<br />

Zwischenlandung in Böblingen bei Stuttgart<br />

unterbrochen, ehe sie um 16:08 Uhr wieder<br />

Richtung Ulm starten.<br />

Die Junkers steigt auf eine größere Höhe,<br />

und die Flieger setzen sogleich ihre Sauerstoffmasken<br />

auf, ehe sie mit der Navigationsarbeit<br />

beginnen und dann die Kurssteuerung einschalten.<br />

Während die Motoren ruhig und zuverlässig<br />

vor sich hin brummen, erproben die<br />

Männer die Funkanlagen. Dann wird es plötz-<br />

30


zeug<br />

Fliegerporträt von Erwin<br />

Hädrich. Sein Sohn versuchte<br />

zu enträtseln, warum ...<br />

... die Nachrichten-Ju CN+DT verloren<br />

ging. Hier ist neben der<br />

Maschine die zerlegbare Bodenantenne<br />

aufgebaut. Gut erkennbar<br />

sind auch die zwei vorderen<br />

Antennenmasten<br />

lich seltsam still, Funksprüche erreichen die<br />

Bodenstellen fortan nicht mehr. Doch nicht nur<br />

das: Die Ju 52 weicht langsam von ihrem vorgesehenen<br />

Kurs ab und fliegt der schweizerischen<br />

Grenze entgegen! Um 17:03 Uhr lässt sie<br />

schließlich den deutschen Luftraum hinter<br />

sich; noch immer meldet sich die Besatzung<br />

nicht. Was haben die jungen Flieger vor?<br />

Unbeirrt setzen sie ihren Flug fort und erreichen<br />

Basel. Sie befinden sich nun gefährlich<br />

nahe am französischen Luftraum. Ist es womöglich<br />

ein Geheimauftrag, der sie hierher<br />

geführt hat? Immerhin wäre dies eine Erklärung<br />

für die absolute Funkstille, die sie noch<br />

immer einhalten. Unbemerkt bleiben sie allerdings<br />

nicht. Denn kaum haben sie die<br />

Grenze überflogen, wird die Junkers von<br />

französischer Flak beschossen, die jedoch keine<br />

Treffer verbuchen kann.<br />

Parallel dazu sind bereits acht französische<br />

MS-406-Jäger der Groupe de Chasse GC II/7<br />

»Nice« aus Luxeuil les Bains unter Staffelkapitän<br />

Papin und drei MS 406 der GC I/6 aus<br />

Chissey auf Patrouille. Sie erreichen die »Ju«<br />

gegen 16:20 Uhr französischer Zeit bei Meurcourt<br />

und schießen sie in Brand. Nach etwa<br />

einem Kilometer explodiert einer der Tanks,<br />

und die linke Tragfläche der Ju 52 bricht ab.<br />

Das ist das Ende.<br />

Die letzte Ehre<br />

Die Absturzstelle auf einer Wiese am Rand eines<br />

Waldes sieht grauenhaft aus. Französisches<br />

Militär und Polizei sichern den Bereich,<br />

untersuchen das Wrack und beginnen, die<br />

sterblichen Überreste der Besatzung zu bergen.<br />

Zwei davon sind völlig verbrannt. Die<br />

Leichen werden in ihre Fallschirme eingewickelt<br />

und in einfache Holzsärge gelegt. Im<br />

Rathaus von Meurcourt werden sie mit einer<br />

Totenwache aufgebahrt.<br />

Zu diesem Zeitpunkt des Krieges ist noch<br />

Raum für Ehrerweisungen. Am 9. April gibt es<br />

einen Gottesdienst in der Dorfkirche im<br />

Beisein von zwei Militärgeistlichen beider Konfessionen.<br />

Danach werden die Toten mit militärischen<br />

Ehren auf dem Dorffriedhof beigesetzt.<br />

Bei jedem Sarg wird salutiert und ein<br />

Horn spielt. Eine französische Mutter vertritt<br />

die abwesenden deutschen Angehörigen. Eine<br />

zweite Mutter widmet den Gefallenen ein Gedicht:<br />

»Da das Schicksal es so gewollt hat, übergeben<br />

wir Euch unserer heimatlichen Erde zur<br />

letzten Ruhestätte. Ich bringe Euch Blumen, bescheidene<br />

Blumen Frankreichs, Blumen der Erinnerung,<br />

begleitet von unserer Bewunderung<br />

für Eure erfüllte Pflicht. Der Gedanke an Eure<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

31


ZEITGESCHICHTE<br />

Nachrichten-Ju 52<br />

Erwin Hädrichs Nachrichten Ju 52, CN+DT zwischen Transportmaschinen<br />

Lieben, die Ihr daheim gelassen habt, und die<br />

Größe Eures Opfers für das Vaterland möge jeden<br />

Hass verscheuchen und unserer Hoffnung<br />

auf Frieden Platz machen.«<br />

Ein Sohn auf Spurensuche<br />

In den meisten Fällen wäre so eine tragische<br />

Geschichte hier zu Ende gewesen und heute<br />

völlig vergessen. Aber Klaus-Erwin Hädrich,<br />

dem Sohn des Bordfunkers Erwin Hädrich,<br />

hat das Schicksal seines Vaters keine Ruhe gelassen.<br />

Er wurde am 4. Oktober 1940 geboren<br />

und hat somit seinen Vater nie kennengelernt.<br />

Das Fotoalbum und die Dokumente seines<br />

Vaters, insbesondere eine Anzahl »Rundbriefe«<br />

an die Hinterbliebenen des Absturzes, bildeten<br />

für ihn die Grundlage, um das tragische<br />

Ereignis akribisch in einer Familienchronik zu<br />

dokumentieren. Viele Informationen hat er<br />

auch von seiner Mutter bekommen, die ihre<br />

Kenntnisse wiederum von Freunden und Kameraden<br />

seines Vaters hatte.<br />

Und dies ist seine Geschichte: Erwin Martin<br />

Hädrich wird am 17. Juli 1913 in Lübeck<br />

geboren und besucht dort die Mittelschule.<br />

Am 2. Mai 1935 tritt er in Waasow der Wehrmacht<br />

bei und wird bis September 1936<br />

Die Besatzungen der<br />

Nachrichten-Ju lebten<br />

meist direkt bei ihren<br />

Maschinen<br />

als Bordfunker und<br />

Fliegerschütze ausgebildet.<br />

Es muss wohl<br />

eine besondere Ausbildungsrichtung<br />

gewesen<br />

sein, denn im<br />

Juni 1936 reist er in einer<br />

Ju 52 nach Tripolis<br />

in Libyen. Das ist<br />

schon in den 1930er-<br />

Jahren etwas ganz Besonderes<br />

und geht natürlich<br />

nur in Zivil!<br />

Im Januar 1936 verpflichtet sich Erwin<br />

Hädrich für zwölf Jahre Dienst, und ab April<br />

1936 gehört er zur 9./Flieger-Versuchs-Kompanie<br />

des II./Ln-Schul- und Versuchsregiments<br />

in Köthen. Diese Einheit ist dort seit<br />

November 1937 stationiert und bildet Bodenund<br />

Bordfunker sowie Mannschaften für<br />

Hochfrequenzgeräte aus. Hier werden auch<br />

Funknavigationsverfahren wie die X- und<br />

Erinnerung an<br />

den Polenfeldzug<br />

Y-Leitstrahlverfahren<br />

entwickelt, die insbesondere<br />

bei den Luftangriffen<br />

auf England<br />

bekannt werden sollen.<br />

Stationiert sind bei<br />

der Einheit überwiegend<br />

Nachrichten-Ju<br />

52, eine Sonderausführung<br />

mit einer erweiterten und leistungsstarken<br />

Funkanlage (FuG 100). Von außen sind<br />

die Maschinen am doppelten Antennenmast<br />

direkt hinter dem Führerraum zu erkennen.<br />

Auftrag der Nachrichten-Junkers ist es,<br />

Funkverbindungen über größere Entfernungen<br />

von neu errichteten Feldflugplätzen oder<br />

›Die Größe Eures Opfers für das Vaterland<br />

möge jeden Hass verscheuchen.‹<br />

gerade eingenommenen und gesicherten<br />

Flugplätzen des Gegners herzustellen.<br />

Deshalb fliegen diese Maschinen auch immer<br />

bei den ersten Transportverbänden mit.<br />

Nach der Landung wird eine große, teleskopartig<br />

verspannte Bodenantenne neben der<br />

Maschine aufgebaut, und Informationen über<br />

den Zustand des Platzes und den Verlauf der<br />

Operation werden an das Hauptquartier des<br />

jeweiligen Fliegerkorps übermittelt, das die<br />

Luftwaffeneinsätze koordiniert.<br />

Die Ju 52 als Wohnstatt<br />

Die Besatzung wohnt bei der Maschine in<br />

einem großen Zelt. Zu einer Nachrichten-Ju<br />

gehören neben der Stammcrew aus Kommandant,<br />

Flugzeugführer, Bordfunker und<br />

Bordmechaniker auch drei Peilfunker, zwei<br />

Angehörige von Fernsprechkompanien und<br />

ein Flugsicherungsfunker.<br />

In Köthen wohnt Erwin Hädrich in einer<br />

privaten Wohnung außerhalb der Kaserne. So<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, Klaus-Erwin Hädrich<br />

32


Junkers Ju 52/3m, CN+DT, der<br />

9. Flieger-Versuchs-Kompanie.<br />

Die Gestaltung der Unterseite der<br />

Maschine ist spekulativ<br />

Zeichnung Herbert Ringlstetter<br />

Französisches Militär untersucht die Absturzstelle<br />

verbringt er die dienstfreie Zeit bei seiner<br />

Frau. Sein Nachbar ist Gerhard Weinberg,<br />

der Pilot der Ju 52. Am 1. Juli 1939 heiratet<br />

Hädrich seine Verlobte Irma Restorf.<br />

Eine dunkle Vorahnung<br />

Ihr Glück ist nur von kurzer Dauer, denn der<br />

schicksalhafte 7. April 1940 naht. Erwin Hädrich<br />

deutet wohl an, dass der geplante Flug<br />

für Versuchszwecke etwas Besonderes werden<br />

würde, denn seine Frau wird unruhig –<br />

vielleicht hat sie eine Vorahnung … Deshalb<br />

kehrt er morgens nochmals kurz zur Wohnung<br />

zurück, nachdem er diese bereits verlassen<br />

hatte. Er versucht, seine Frau zu beruhigen,<br />

und verabschiedet sich mit den Worten<br />

»Mach Dir keine Sorgen, mit dieser alten<br />

Mühle kommen wir immer wieder zurück!«<br />

Er ist nur 27 Jahre alt geworden.<br />

Sein Sohn Klaus-Erwin wird später nicht<br />

der Erste sein, der Licht in das rätselhafte Unglück<br />

bringen will. Bereits dem Vater des verstorbenen<br />

Horst Link, Stabsoffizier der Luftwaffe<br />

Oberstleutnant Eugen Link, ließ das<br />

Ereignis und vor allem die mysteriöse Absturzursache<br />

keine Ruhe. Er begann in seiner<br />

Freizeit zu recherchieren.<br />

Eugen Link war mehrmals in Meurcourt,<br />

untersuchte die Absturzstelle, sprach mit<br />

deutschen und französischen Augenzeugen,<br />

vermutlich sogar mit den Jagdfliegern, welche<br />

die Ju 52 abgeschossen hatten, nahm Kontakt<br />

zu deutschen Dienststellen auf und kümmerte<br />

sich um die Grabpflege. Es gelang ihm<br />

sogar, vor Ort Fotos aufzutreiben: Die Bilder<br />

zeigen, wie die Toten geborgen wurden, ebenso,<br />

wie die frischen Gräber aussahen.<br />

Er behielt die Ergebnisse seiner Recherchen<br />

nicht für sich: Eugen Link stellte mehrere<br />

Rundbriefe zusammen, die er bis 1942 an<br />

die Angehörigen der Besatzung verschickte.<br />

Transport der Särge zum Begräbnis mit einer Militäreskorte<br />

Die Toten werden in die Fallschirme gewickelt<br />

und in Holzsärge gelegt<br />

Das Rathaus von Meurcourt, in dem die Toten<br />

aufgebahrt wurden<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

33


ZEITGESCHICHTE<br />

Nachrichten-Ju 52<br />

Erwin Hädrich<br />

an seiner Ju 52<br />

Noch bis 1944 übernahm Paul Winkler diese<br />

Aufgabe; sein Sohn Horst Winkler kam<br />

ebenfalls in der Ju 52 ums Leben. Diese Briefe<br />

gewähren einen seltenen, tiefen Einblick in<br />

die damaligen Gedanken, die Ängste und<br />

den Umgang mit der Trauer bei einem solchen<br />

Verlust.<br />

Die Detektivarbeit beginnt<br />

In den ersten drei Schriftstücken bittet Link<br />

Angehörige, sich bei ihm zu melden, und beschreibt<br />

die Grabpflege.<br />

Darüber hinaus beginnt er auch mit seiner<br />

Recherchearbeit. Auf einer Karte zeichnet er<br />

den geplanten und tatsächlichen Flugweg<br />

Im Tod vereint – die Gräber der neun Flieger in Meurcourt<br />

Die aus den Wrackteilen<br />

gefertigten<br />

Gedenkmünzen<br />

und ein Stück<br />

Fallschirmseide<br />

eines Besatzungsmitgliedes<br />

nach und stellt erste Vermutungen über die<br />

Absturzursache an: Gab es einen Navigationsfehler,<br />

weil sie den Bodensee mit dem<br />

Neuenburger See verwechselt haben? Setzte<br />

die Funkanlage aus? Link legt die Stirn in<br />

Falten und beugt sich über seine Notizen.<br />

Schwer stützt er sich mit den Unterarmen auf<br />

seinem Schreibtisch ab. Ein Riss in der Sauerstoffzufuhr?<br />

Aber wer hat die Maschine<br />

dann nach Frankreich geflogen? Und vor allem:<br />

weshalb? Der Wind … Ihr Auftrag lautete,<br />

die Funkanlagen zu testen. Also haben<br />

sie die Kurssteuerung eingeschaltet, nachdem<br />

sie die vorgesehene Flughöhe erreicht hatten.<br />

Seine Vermutung: Als die Sauerstoffzufuhr<br />

unterbrochen wird, werden die Flieger müde,<br />

ihre Gesichter färben sich grau, die Lippen<br />

blau. Nach und nach verlieren sie das Bewusstsein.<br />

Vom Rest des Fluges bekommen<br />

sie nichts mehr mit. Die Junkers steuert indes<br />

selbstständig nach Süden und driftet dabei<br />

durch den Wind nach Westen, Richtung<br />

Frankreich, ab – so könnte es<br />

gewesen sein …<br />

Im Rundbrief vom<br />

19. Dezember 1940 fasst<br />

Eugen Link seine Ergebnisse<br />

schließlich zusammen,<br />

es klingt fast wie<br />

ein Trost: Er glaubt, dass<br />

die Flieger schon über<br />

deutschem Hoheitsgebiet<br />

den sogenannten »Höhentod«<br />

durch Sauerstoffmangel<br />

erlitten haben, »was in<br />

Wirklichkeit mit einer leichten<br />

Heiterkeit beginnt und<br />

ohne Schmerz den Lebensfaden in<br />

einer Sekunde erlöschen lässt. Die<br />

Windrichtung ließ die Ju 52 allein die<br />

Kurve fliegen.«<br />

Zum 7. April 1941 verschickt er die<br />

nächste Mitteilung, in welcher er nochmals<br />

ausführlich die Todesursache, den Abschuss<br />

und das Begräbnis beschreibt (Auszüge):<br />

»Das Hinausgehen aus dem Leben in den<br />

nachtodlichen Zustand konnte keinem (…)<br />

der Toten weh getan haben. Diese Überzeugung<br />

kann ich nach sechstägigem Aufenthalt<br />

in Luxeuil-les-Bains und in Meurcourt<br />

Er glaubt, dass die Flieger schon über Deutschland<br />

den Höhentod erlitten haben.<br />

aussprechen. Aus über 50 Gesprächen mit<br />

Augenzeugen, Fliegeroffizieren, aus Schilderungen<br />

des Staffelkapitäns Papin und seiner<br />

sieben Jagdflieger, aus dem Verhalten<br />

der Maschine im Flakfeuer von Belfort und<br />

bei der Begegnung mit acht Morane-Einsitzern,<br />

aus der Lage der Fallschirme, der<br />

Körperlage und aus vielen anderen, in 18<br />

Autofahrten zusammengetragenen Einzelheiten<br />

ergibt sich mir – der 300 Feindflüge<br />

hinter sich hat und auch 52 Mal mit<br />

neuzeitlichen Maschinen mitflog – die Überzeugung,<br />

dass alle neun schon vor 17 Uhr<br />

über deutschem Boden im leichten Höhenrausch<br />

aus dem Leben schieden und sowohl<br />

die französische Flak wie die acht Morane-<br />

Jäger einen fliegenden Sarg bekämpften, der<br />

ohne Feindeinwirkung den Benzinvorrat<br />

34


ausgeflogen hätte und bei ebenem Gelände<br />

mit neun unversehrten Körpern tief in<br />

Frankreich noch hätte landen können.«<br />

Die Rundbriefe gehen weiter<br />

Nicht alle Angehörigen sind von den Rundbriefen<br />

begeistert und lehnen weiteren Kontakt<br />

ab. Nicht zuletzt wegen des ganzen Aufwands<br />

und seiner Bemühungen verschweigt<br />

Link aber auch seine Enttäuschung darüber<br />

nicht: »Aber 10 000 Hinterbliebene der Luftwaffe<br />

wären froh, wenn sie so bedient wären,<br />

wie ich es tun durfte.«<br />

Ab 1942 verfasst Paul Winkler aus Berlin<br />

in Vertretung für den nach Kreta abkommandierten<br />

Link die weiteren Rundbriefe. Er war<br />

der Vater von Unteroffizier Horst Winkler.<br />

In seinem ersten Rundbrief 1/1942 schreibt er<br />

vom »Aufklärungsdienst« der Gefallenen. Gemeint<br />

hat er damit wohl den Einsatz als Funker<br />

in der Nachrichten-Ju, denn für Aufklärungsflüge<br />

hatte die Luftwaffe 1940 bereits leistungsfähigere<br />

und schnellere Flugzeuge als die<br />

behäbige Ju 52, zum Beispiel die Do 17.<br />

1943 erscheinen zwei Rundbriefe, in denen<br />

unter anderem davon die Rede ist, dass die<br />

Morane-Saulnier MS.406C1, 1 Escadrille,<br />

GC I/6 im April 1940. Geflogen<br />

wurde sie von Sergent Václav Jicha, der<br />

vier Luftsiege errungen hatte<br />

Zeichnung Herbert Ringlstetter<br />

Der Höhentod<br />

Zum Höhentod führt die Hochschule für<br />

Angewandte Wissenschaften in Hamburg<br />

aus: »Ab 4000 m über NN (Störungsschwelle)<br />

stellt sich eine Leistungsminderung<br />

ein, die mit zunehmender Höhe<br />

schwerer wird. Mit Erreichen der kritischen<br />

Schwelle (6000 bis 8000 m ü. NN) werden<br />

vom Sauerstoffmangel zuerst die darauf<br />

empfindlichen Zellen des Gehirns betroffen:<br />

Abnahme der Eigenkritik, Trägheit<br />

des Denkvermögens, ein Zustand der allgemeinen<br />

Körper- und Willensschwäche<br />

und ein Hochgefühl (Höhenrausch) stellen<br />

sich ein. Diese Symptome sind Warnzeichen<br />

in Höhen über 3000 Meter und erfordern<br />

ein rasches Verlassen der Höhe.<br />

Bei nicht sofortigem Handeln tritt Bewusstlosigkeit,<br />

Abnahme der Herztätigkeit und<br />

schließlich der Höhentod ein (lethale<br />

Schwelle). Als Zeitreserve bis zum Eintritt<br />

der Bewusstlosigkeit gilt: 7000 m:<br />

7 Minuten, 8000 m: 3 Minuten, 9000 m:<br />

80 Sekunden.« ■<br />

Oberstleutnant Links Skizze, mit der befohlenen<br />

und der tatsächlichen Flugroute<br />

Rechts: Lageplan der Absturzstelle<br />

neun Toten auf den Soldatenfriedhof nach<br />

Lure umgebettet wurden.<br />

Am 1. Januar 1944 folgt der letzte Rundbrief.<br />

Oberstleutnant Link berichtet: »Die<br />

neun wurden würdig überführt und liegen<br />

auf dem Heldenfriedhof der Flieger in Lure<br />

an der schönsten Stelle mit Bank und Bäumen,<br />

breit auseinandergezogen, mit Holzkreuzen<br />

in Form des Eisernen Kreuzes.«<br />

Es soll nicht ihre letzte Ruhestätte bleiben:<br />

Zwischen 1957 und 1962 werden die Toten erneut<br />

exhumiert und dann endgültig auf<br />

der Kriegsgräberstätte in Andilly/Meurhe-et-<br />

Moselle beigesetzt.<br />

■<br />

Bemerkungen:<br />

Die deutschen Dienstgrade sind nicht gesichert,<br />

da in den historischen Dokumenten zum<br />

Teil die französischen Bezeichnungen des Bergungskommandos<br />

übernommen wurden. Das<br />

Kennzeichen der Ju 52 könnte auch GN+DT<br />

gelautet haben. Gesichert sind nur die beiden<br />

Buchstaben DT. Das »D« war gelb oder weiß.<br />

Nach Kriegsbeginn scheinen die schwarzen<br />

drei Buchstaben außerdem mit Tarnfarbe übermalt<br />

worden zu sein, sodass das komplette<br />

Kennzeichen nur mit Mühe aus den Farbschattierungen<br />

rekonstruiert werden kann.<br />

Klaus-Erwin Hädrich würde sich freuen,<br />

wenn sich vielleicht noch Leser melden<br />

und die eine oder andere bislang unbekannte<br />

Information zum Schicksal seines<br />

Vaters liefern könnten. Hinweise leitet<br />

die Redaktion weiter.<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

35


TECHNIK<br />

Typengeschichte<br />

Die fertiggestellte Bv 155 V1 in Hamburg- Finkenwärder<br />

(heute: Finkenwerder). Der Extrem-Höhenjäger startete<br />

am 8. Februar 1945 zum Erstflug<br />

HÖHENJÄGER BLOHM & VOSS BV 155<br />

Der Griff nach<br />

extremer Höhe<br />

In der deutschen Luftverteidigung klaffte eine folgenschwere Lücke, und sie hatte einen<br />

Namen: »Mosquito«. So hoch und schnell wie sie flog, war kein deutscher Jäger fähig,<br />

sie abzufangen. Ein Höhenjäger musste endlich entwickelt werden ... Von Herbert Ringlstetter<br />

Bei Messerschmitt arbeitete man 1942 im<br />

Auftrag des Reichsluftfahrtministeriums<br />

(RLM) an einem speziellen Jäger,<br />

der modernisierten Bf 109 T, für den Flugzeugträger<br />

»Graf Zeppelin«. Zudem stand ein<br />

für den Einsatz in großen Höhen geeignetes<br />

Jagdflugzeug auf dem Entwicklungsplan. Als<br />

Basis diente beiden Projekten der Standardjäger<br />

Messerschmitt Bf 109.<br />

Nötig gemacht hatte die Entwicklung eines<br />

Höhenjägers der in großer Höhe fliegende<br />

und dabei noch überaus schnelle Aufklärer<br />

und Jagdbomber de Havilland Mosquito.<br />

Denn kein deutsches Jagdflugzeug war 1942<br />

in der Lage, die »Mosquito« abzufangen. Zudem<br />

erwartete die Luftwaffenführung über<br />

kurz oder lang den Einsatz von US-ame rikanischen<br />

Langstreckenbombern (B-29), die<br />

ebenfalls in sehr großen Flughöhen operieren<br />

sollten.<br />

Um die Bf 109 den Erfordernissen in großen<br />

Höhen anzupassen, vergrößerten die Ingenieure<br />

zunächst die Tragflächen. Durch diese<br />

einfache Maßnahme erhielt die »109« bei<br />

geringerer Luftdichte genügend Auftrieb. Ein<br />

Daimler-Benz DB 628 mit Lader sollte für die<br />

nötige Höhenleistung sorgen. Eine Einsatz-<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, Herbert Ringlstetter<br />

36


Rumpfattrappe der Bv 155. Die Motorabgase wurden über Rohre mit 14 Zentimeter Durchmesser (etwa so groß wie Ofenrohre) an den Rumpfseiten<br />

entlang dem mittig installierten Turbolader TKL 15 zugeführt<br />

Der noch offene Kettentrieb mit dem die Kabinenhaube geöffnet und<br />

geschlossen werden kann<br />

Der Rumpf der Bv 155 V1 nimmt Gestalt an. Deutlich sind die Einbuchtungen<br />

für die Abgasrohre und das Ladeluftrohr zu sehen<br />

höhe von bis zu 14 Kilometern wollte man auf<br />

diese Weise erreichen. Bezeichnet wurde das<br />

Höhenjäger-Projekt als Me 155.<br />

Da es bei Messerschmitt an ausreichender<br />

Entwicklungskapazität fehlte, verlegte man die<br />

weiteren Arbeiten nach Frankreich zur SNCAN<br />

in Paris. Dort verlief die Entwicklung jedoch<br />

schleppend und ohne wirklichen Fortschritt.<br />

Im Februar 1943 stellte man die Arbeiten am<br />

Trägerflugzeug Bf 109 T ein, da für die »Graf<br />

Zeppelin« der endgültige Baustopp verhängt<br />

worden war. Das Höhenjäger-Projekt wurde in<br />

Augsburg weiter verfolgt, nun jedoch auf Basis<br />

der Me 209, die sich als Nachfolgemodell der<br />

Bf 109 in der Entwicklung befand.<br />

Auf Anregung des RLM mündete das Vorhaben<br />

im Entwurf eines Extrem-Höhenjägers,<br />

dem Projekt P 1091. Angetrieben von einem<br />

Höhenmotor DB 628 oder DB 603, beide mit<br />

Die Maschine sollte in der Lage sein, eine Flughöhe<br />

von 17,5 Kilometern zu erreichen.<br />

Turbolader TKL 15 der Firma Hirth, sollte die<br />

Maschine in der Lage sein, eine Flughöhe von<br />

sagenhaften 17,5 Kilometern zu erreichen.<br />

Man rechnete jedoch mit einer langen Entwicklungszeit,<br />

sodass der Serienbau des jetzt<br />

schon benötigten Höhenjägers noch lange auf<br />

sich warten lassen würde. Das RLM strebte<br />

daher Mitte 1943 nach einer schnellen Lösung:<br />

Die Bf 109 G der laufenden Serie sollten<br />

zielführend umgebaut werden.<br />

Die Bf 109 G als Höhenjäger<br />

In einer ersten Entwicklungsstufe verlängerten<br />

die Messerschmitt-Ingenieure kurzerhand<br />

die Tragflächen zweier Bf 109 G-5 (V54 und<br />

V55), indem sie Zwischenstücke mit gleichbleibender<br />

Flügeltiefe einsetzten. Als Triebwerk<br />

war der DB 628 vorgesehen. Da dessen<br />

Entwicklung im Verlauf der Arbeiten aber<br />

eingestellt wurde, behielten die Maschinen ihre<br />

DB 605 A. Von diesen als Bf 109 H bezeichneten<br />

Flugzeugen mit einer Spannweite von<br />

Gigantisch für ein Jagdflugzeug: Die Spannweite<br />

der »155« maß 20,5 Meter


TECHNIK<br />

Typengeschichte<br />

über 13 Metern wurden nur wenige Maschinen<br />

im französischen Guyancourt gebaut und<br />

im Sommer 1944 ausge liefert. Sie kamen anschließend<br />

in geringem Umfang an der Westfront<br />

zum Einsatz, überwiegend wohl als Höhenaufklärer.<br />

In einer zweiten Entwicklungsstufe sollte<br />

die Spannweite nochmals vergrößert und<br />

auch der Rumpf verlängert werden.<br />

Der reichhaltig instrumentierte, aber noch nicht ganz fertiggestellte Flugzeugführerraum der V1<br />

Ein neuer Entwurf entsteht<br />

Beim Höhenjäger der Stufe drei, dem Projekt<br />

P 1091 beziehungsweise nun Me 155 B-1 genannt,<br />

sollten wie in Stufe zwei etliche Teile,<br />

so etwa die Kabine der Me 209, übernommen<br />

werden. Im August 1943 wurde die konstruktive<br />

Ausführung von Messerschmitt nun<br />

an die Firma Blohm & Voss Flugzeugbau<br />

in Finkenwärder übergeben. Dort war, anders<br />

als bei Messerschmitt, Konstruktionskapazität<br />

frei. Zunächst wurde das Projekt von einer<br />

eigens abgestellten Ingenieursgruppe von<br />

Blohm & Voss im Messerschmitt-Stammwerk<br />

bei Augsburg und später teilweise noch in<br />

Oberammergau weiterverfolgt, wobei die Zusammenarbeit<br />

mitunter nicht ohne Reibungen<br />

verlief. Denn Chefkonstrukteur Richard<br />

Vogt und seine Mannschaft entdeckten mehr<br />

und mehr Entwurfsmängel an der Messerschmitt-Maschine,<br />

was letztlich zu einem nahezu<br />

neuen Flugzeug führte, wenngleich die<br />

Abmessungen und die Auslegung prinzipiell<br />

gleich blieben. Im Frühjahr 1944 ging das Projekt<br />

ganz in die Hände von Blohm & Voss<br />

über und erhielt die Bezeichnung Bv 155 B.<br />

Im November 1943 begann man mit dem Bau<br />

des ersten V-Musters.<br />

Die Bv 155 im Detail<br />

Der Rumpf des Extrem- Hö henjägers entstand<br />

nun in gängiger Schalenbauweise aus Dur -<br />

aluminium. Das freitragende Höhenleitwerk<br />

war wie bei der Bf 109 hoch an der Seitenflosse<br />

angesetzt und bestand ebenfalls aus<br />

Leichtmetall, genau wie das Seitenleitwerk.<br />

Als Triebwerk wählte man einen DB 603 A.<br />

Dessen Abgase wurden durch Rohre mit<br />

14 Zentimeter Durchmesser links und rechts<br />

am Rumpf entlang geleitet und einem in<br />

Rumpfmitte verbauten Turbolader TK 15 (Gerät<br />

2279) zugeführt. Die komprimierte Ladeluft<br />

wurde vom Lader durch ein weiteres Rohr mit<br />

identischem Durchmesser dem Motor zugeführt.<br />

Den Vortrieb besorgte ein verstellbarer<br />

Vierblatt-Holzpropeller mit 3,90 Meter Durchmesser.<br />

Der in großen Höhen ebenfalls steigende<br />

Kühlbedarf wurde durch zwei große Kühler<br />

unterhalb der aus Dural gefertigten Tragflächen<br />

gedeckt. Diese befanden sich im Messerschmitt-Entwurf<br />

noch auf der Oberseite. Für<br />

das mit großer Spurweite stehende Hauptfahrwerk<br />

dickte man die Flügel vor den Kühlern<br />

auf, um genug Raum für die Räder zu schaffen.<br />

38


Blohm & Voss Bv 155 V1<br />

W.Nr. 360051<br />

Finkenwärder, Februar 1945<br />

Lackierung: RLM 81/82/76<br />

Laut Vorgabe des RLM für den<br />

Sichtschutzanstrich sollten die Flächen aus<br />

Ersparnisgründen auf den Unterseiten keine<br />

Lackierung mehr erhalten. Wie auf Fotos zu<br />

sehen, erhielt die Bv 155 V1 noch einen<br />

Komplettanstrich<br />

© Herbert Ringlstetter/Aviaticus.com<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

39


TECHNIK<br />

Typengeschichte<br />

Die von den B&V-Entwicklern favorisierte Bv 155 C mit zentraler Kühleranordnung<br />

Die angestrebte Einsatzhöhe betrug 15<br />

bis 16 Kilometer und dementsprechend<br />

fielen auch die Tragflächen der Bv 155 aus.<br />

So verlängerten die Konstrukteure deren<br />

Spannweite auf beeindruckende 20,50 Meter.<br />

Dies war und ist eine aerodynamische<br />

Angelegenheit, da eine große Streckung<br />

(Verhältnis von Spannweite zu Flügeltiefe)<br />

den induzierten Widerstand verringert und<br />

die Geschwindigkeit erhöht. Klappen an<br />

den Innen- und Außenflächen dienten dazu,<br />

die Landegeschwindigkeit zu verringern.<br />

Zu den Flügelenden hin schlossen sich<br />

Querruder an.<br />

Technische Daten – Blohm & Voss Bv 155 (*Me 155 B)<br />

Einsatzzweck<br />

Höhen-Jagdflugzeug<br />

Besatzung 1<br />

Antrieb<br />

Daimler-Benz DB 603 U (A); flüssigkeitsgekühlter, hängender<br />

V-12-Zylinder- Reihenmotor mit Turbolader Hirth TKL 15<br />

Startleistung<br />

1610 PS bei 2500 U/min<br />

Leistung<br />

1600 PS in 10 000 m<br />

1450 PS in 15 000 m<br />

Sondernotleistung 1800 PS mit GM 1<br />

Luftschraube<br />

4-Blatt-Verstellpropeller<br />

Länge<br />

12,05 m<br />

Spannweite<br />

20,50 m<br />

Höhe<br />

4,18 m (waagerecht)<br />

Flügelfläche 39,00 m²<br />

Leergewicht<br />

4870 kg<br />

Rüstgewicht<br />

5520 kg (A), 5125 kg (B), 5100 kg (C), 5440 kg (D)<br />

Abfluggewicht max.<br />

6020 kg<br />

Kraftstoffmenge max. 1200 Liter<br />

Höchstgeschwindigkeit 420 km/h in Meereshöhe 520 km/h in 6000 m<br />

600 km/h in 10 000 m 650 km/h in 12 000 m<br />

690 km/h in 16 000 m<br />

Anfangssteigleistung 11,5 m/s<br />

Steigleistung<br />

3,9 m/s in 16 000 m<br />

29 min auf 16 000 m<br />

Reichweite<br />

460 km mit 595 Liter Kraftstoff in Meereshöhe<br />

560 km mit 595 Liter Kraftstoff in 10 000 m<br />

590 km mit 595 Liter Kraftstoff in 16 000 m<br />

1080 km mit 1200 Liter Kraftstoff in Meereshöhe<br />

1350 km mit 1200 Liter Kraftstoff in 10 000 m<br />

1440 km mit 1200 Liter Kraftstoff in 16 000 m<br />

Dienstgipfelhöhe<br />

16 950 m<br />

Maximal Flughöhe<br />

17 100 m<br />

Vorgesehene Varianten der Bewaffnung<br />

A 1 x MK 108 – 30 mm mit 60 Schuss<br />

2 x MG 151/20 – 20 mm mit 200 Schuss<br />

B 1 x MK 108 – 30 mm mit 60 Schuss<br />

2 x MG 151 – 15 mm mit 200 Schuss<br />

C 3 x MK 108 – 30 mm mit 60 Schuss<br />

D 3 x MK 108 mit 60 Schuss, 2 davon als Rüstsatz unter<br />

den Flächen<br />

Abwurflast<br />

An Trägern unter den Flächen möglich<br />

*Die Daten entsprechen weitestgehend dem für die Me 155 erarbeiteten Typenblatt<br />

Der Flugzeugführer in der Bv 155 saß in einer<br />

Druckkabine und sollte im Notfall per Katapultsitz<br />

aussteigen können. Dieser war von<br />

Heinkel entwickelt worden und 1944/45 bereits<br />

in etlichen Flugzeugmustern eingebaut.<br />

Für die Installation des Schleudersitzes war<br />

extra ein Spezialist von der E-Stelle Rechlin zu<br />

Blohm & Voss gekommen, da die Sache auch<br />

seine Tücken hatte und es schon zu teils tödlichen<br />

Unfällen gekommen war. Als erste<br />

Bv 155 sollte die V5 einen Katapultsitz erhalten.<br />

Als Starrbewaffnung waren in einer ersten<br />

Variante eine durch die hohle Propellernabe<br />

feuernde Motorkanone MK 108, Kaliber<br />

30 mm, sowie zwei Maschinengewehre<br />

MG 151/20 in den Flächen vorgesehen.<br />

C-Serie mit Kinnkühler<br />

Unzufrieden waren die Ingenieure indes mit<br />

der Anordnung der beiden Kühler unter den<br />

Flächen. Ein besseres Ergebnis sollte ein großer<br />

Lufteinlass unterhalb des Motors erzielen.<br />

Die Bv 155 C genannte Ausführung wurde<br />

daher auch für die wahrscheinlichere Serienversion<br />

gehalten. Wenigstens eine Holzattrappe<br />

des Rumpfes wurde noch gebaut. Ein<br />

fliegendes Exemplar der »Cäsar« entstand<br />

aber nicht mehr.<br />

Der Zentralkühler-Variante soll eine als V4<br />

bezeichnete Version mit seitlich links und<br />

rechts sowie mittig unterhalb des Rumpfes<br />

angeordneten Kühleinlässen vorausgegangen<br />

sein, deren Umsetzung aber aufwendiger gewesen<br />

wäre.<br />

»... nicht zu verantworten«<br />

Nach einiger Verzögerung bezüglich des möglichen<br />

Erstflugtermins der Bv 155 V1 stand<br />

das langflächige Versuchsflugzeug am 8. Februar<br />

1945 in Hamburg-Finkenwärder endlich<br />

zum Erstflug bereit. Um etwa zwei Stunden<br />

verzögert wurde dieser durch eine Unachtsamkeit<br />

von Flugkapitän und Chef einflieger<br />

Helmut Wasa Rodig: Beim Anschnallen stieß<br />

er gegen den Auslöser für den Kabinendach-<br />

Notabwurf, worauf sich die Haube mit einem<br />

lauten Knall in hohem Bogen verabschiedete.<br />

Nachdem das verstauchte Teil wieder zurechtgerückt<br />

war, rollte Rodig zum Start und<br />

zog die Bv 155 V1 von der Bahn.<br />

Doch der Flug währte nicht lange, da sehr<br />

viel Kühlstoff ausströmte. Aber auch sonst zeigte<br />

sich Rodig von der träge ansprechenden Maschine<br />

nicht begeistert. Probleme mit den Rudern<br />

und der unzureichenden Längsstabilität<br />

sowie zahlreiche weitere Beanstandungen veranlassten<br />

Helmut Rodig zur Feststellung: »Im<br />

derzeitigen Zustand ist die Durchführung einer<br />

weiteren Erprobung nicht zu verantworten. Es<br />

ist beabsichtigt, nach provisorischer Abhilfe<br />

noch wenige Flüge durchzuführen, um einen<br />

groben Eindruck über die Eigenschaften des<br />

Flugzeuges zu gewinnen.«<br />

40


Höhenmotor Daimler-Benz DB 603 U (A), der zusammen mit einem<br />

Hirth-Turbolader TKL 15 selbst in 10 000 Meter Höhe noch 1600 PS und<br />

in 15 000 Meter noch 1450 PS abgab<br />

Das innere Flügelsegment nahm das Fahrwerk und den mächtigen Kühler<br />

auf. Um das Hauptfahrwerk komplett verkleidet aufnehmen zu können,<br />

musste die Fläche aufgedickt werden<br />

Dennoch stieg die geringfügig veränderte<br />

Bv 155 bereits zwei Tage später wieder<br />

auf. Diesmal verlief der Flug weniger problematisch.<br />

Auch fuhr Rodig erstmals das<br />

Fahrwerk ein, was geschlagene 16 Sekunden<br />

dauerte. Im Anschluss überarbeitete man<br />

die Maschine erneut. So verlegten die Ingenieure<br />

unter anderem die Kühlstoffleitung<br />

im Bereich zwischen Brandschott und Motor.<br />

Am 28. Februar 1945 hob die Bv 155 V1<br />

schließlich zum dritten Mal ab. Flugkapitän<br />

Rodig erreichte dabei eine Geschwindigkeit<br />

von 450 km/h. Ein Höhenflug war aufgrund<br />

der anhaltenden Schwierigkeiten mit<br />

der Triebwerksanlage, den Witterungsverhältnissen<br />

und der prekären Treibstofflage<br />

nicht möglich.<br />

Letzte Versuche<br />

Ihren vierten und letzten Flug absolvierte<br />

die Bv 155 V1 am 24. April 1945. Oberfeldwebel<br />

Kurt Reuth, Einflieger bei Blohm &<br />

Voss, sollte die Maschine für Triebwerksarbeiten<br />

zu einer Messerschmitt-Werft nach<br />

Neumünster überführen. Dort kam sie jedoch<br />

nie an. Reuth bekam nach etwa fünf<br />

Minuten Probleme mit dem Motor und entschied<br />

sich für eine Notlandung auf dem in<br />

der Nähe von Neumünster gelegenen Platz<br />

Kleinkummerfeld. Oberfeldwebel Reuth<br />

legte die kränkelnde V1 auf den Bauch, für<br />

die 16 Sekunden der Fahrwerksmechanik<br />

blieb ihm nach eigener Bekundung keine<br />

Zeit mehr.<br />

Das Flugzeug hatte spätestens nach der unsachgemäßen<br />

Bergung nur noch Schrottwert.<br />

Kurz darauf rückten britische Truppen in Finkenwärder<br />

ein, gefolgt von US-Amerikanern,<br />

die nach brauchbarem Material suchten.<br />

Das zweite Versuchsflugzeug der Bv 155<br />

befand sich bei Kriegsende in weit fortgeschrittenem<br />

Bauzustand und war zu etwa<br />

Chefeinflieger Rodig zeigte sich von der träge<br />

ansprechenden Maschine nicht begeistert.<br />

Enorm waren auch die Spurweite<br />

des Fahrwerks und die Breite der<br />

hölzernen Luftschraubenblätter<br />

Bv 155 V2 in Farnborough. Die Briten gaben<br />

den Extrem-Höhenjäger später an die USA ab,<br />

wo er bis heute auf seine Restaurierung wartet<br />

90 Prozent fertiggestellt. Für weitere Bv 155<br />

waren Baugruppen oder einzelne Teile vorhanden.<br />

Insgesamt sollten laut Fertigungsplan<br />

bis Juni 1945 sieben Bv 155, drei B-<br />

sowie vier C-Maschinen, gebaut werden. Die<br />

Bv 155 V2 ging nach Farnborough in England<br />

und wurde dort bei einer Kriegsbeute-Ausstellung<br />

präsentiert. Nach ihrer Untersuchung<br />

kam sie in die USA. Neben anderen interessanten<br />

Beutemaschinen wartet sie seit<br />

vielen Jahren in der Paul Garber Restauration<br />

Facility, dem Depot des Smithsonian Air and<br />

Space Museums, in Silverhill/Maryland bei<br />

Washington auf ihre Restaurierung. ■<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

41


TECHNIK<br />

Cockpit<br />

DAS GRÖSSTE TRANSPORT<strong>FLUGZEUG</strong> DES ZWEITEN WELTKRIEGES<br />

Verwundbarer Riese<br />

»Koloss«, »Riese«, »Gigant« – an Spitznamen mangelte es<br />

der Me 323 wahrlich nicht. Unverwundbar war sie indes<br />

keineswegs, und auch die Steuerung dieser monströsen<br />

Maschine setzte eine ausgefeilte Instrumentierung voraus<br />

Von Peter W. Cohausz<br />

Der Eingang in das gepanzerte Me-323-Cockpit<br />

Bereits 1941 entstand mit dem Lastensegler<br />

Me 321 ein eigens für die Invasion<br />

Großbritanniens konstruierter Transporter.<br />

Parallel dazu entwickelte Messerschmitt<br />

aber auch eine motorisierte Version<br />

dieses Giganten, die Me 323. Sie sollte es möglich<br />

machen, den ständigen Nachschubhunger<br />

der Fronttruppen zu stillen.<br />

Um diesen Koloss in die Luft zu bringen,<br />

bauten die Ingenieure in den Flügeln zunächst<br />

vier 990-PS-Gnôme-Rhône-Sternmotoren<br />

ein, die man zuvor in Frankreich in großen<br />

Mengen erbeutet hatte. Dadurch sollte<br />

die deutsche Triebwerksproduktion entlastet<br />

werden. Der Einbau von Motoren machte es<br />

allerdings erforderlich, die Tragflächen dieses<br />

ehemaligen Lastenseglers zu verstärken. Außerdem<br />

musste man die Landekufen durch<br />

ein festes Vielradfahrwerk für weiche Bodenverhältnisse<br />

ersetzen.<br />

In die Luft mit Raketenkraft<br />

Die im April 1941 beginnende Flugerprobung<br />

ergab bald, dass die Flugleistungen mit vier<br />

Antrieben nicht ausreichten, und so hatte der<br />

Gigant schließlich mit sechs Gnôme Rhône<br />

14 N 48/49 seine endgültige Form gefunden.<br />

Diese Version flog Anfang August 1941 erstmals<br />

mit dieser Triebwerksanlage.<br />

Ein Nachteil des motorisierten »Giganten«<br />

bestand darin, dass die Treibstofftanks die<br />

Zuladung auf elf bis zwölf Tonnen reduzier-<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Cohausz<br />

42


Die stärker bewaffnete Me 323 E<br />

Foto Sammlung Zeemann<br />

ten. Überlaststarts waren nur mit Raketen -<br />

unterstützung möglich. Der Einsatz von bis<br />

zu acht dieser »Rauchgeräte« erhöhte die<br />

Frachtmenge auf bis zu 15 Tonnen – das entspricht<br />

der Last von fünf Ju 52!<br />

Bei den Serienvarianten der ab Frühjahr<br />

1942 gebauten Maschinen handelte es sich um<br />

Führergerätebrett einer Me 323 D<br />

Instrumentierung einer Me 323 D im Führerraum<br />

Nr. Gerät Anzeigebereich Gerätenummer<br />

1 Ladedruckmesser 0,6–1,8 ata Fl 20555<br />

2 elektrischer Drehzahlanzeiger (Jaeger) 300–3200 U/min franz. Gerät<br />

darüber Selbstschalterkasten<br />

3 Zündschalter Fl 21118<br />

4 Fahrtmesser 50–350 km/h Fl 22228<br />

5 Schauzeichen für die Staurohrheizung Fl 32525-3<br />

6 Grobhöhenmesser 0–6000 m Fl 22316-6<br />

7 Feinhöhenmesser 0–1000 m Fl 22316-1<br />

darüber Borduhr Bo UK 1 Fl 23885<br />

8 Variometer -15/+15 m/s Fl 22382<br />

9 elektrischer Wendezeiger Fl 22407<br />

10 Horizont (pneumatisch) Fl 22426<br />

11 Führertochterkompass Fl 23334<br />

rechts daneben Deviationstabelle Fl 23906<br />

und Netzausschalter Fl 32315-2<br />

darunter Anzeigegerät für Funknavigation AFN 2 Ln 27002<br />

Abweichend davon gab es auch folgende Instrumentenanordnung bei früheren Versionen:<br />

7 Führertochterkompass am Platz der Borduhr<br />

Borduhr am Steuerhorn<br />

7 AFN 2 unter dem Feinhöhenmesser<br />

11 Horizont am Platz von Tochterkompass und AFN 2<br />

Die linke Cockpitseite<br />

der Me 323 D<br />

Foto Archiv Hafner<br />

Foto Archiv Hafner<br />

Linke Seite des Führerraums<br />

Nr. Gerät Anzeigebereich Gerätenummer<br />

1 Pressluftdruckmesser 0–50 kg/cm²<br />

2 Trimmung<br />

3 Kopfhörer-Anschlussdose<br />

4 Sprechknopf Spk.f.1 Ln 26663<br />

5 Auslöse- und Kontrollkasten AKS-M6 für die Starthilferaketen Fl 18330-6<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

43


TECHNIK<br />

Cockpit<br />

Im Flug bot die Me 323 ein imposantes<br />

Bild; bei dieser Maschine steht das rechte<br />

Triebwerk<br />

Foto Sammlung F. Selinger<br />

Gerätebrett für zwei Motoren im Bordwart raum<br />

Bordwartraum, Gerätebrett vorne für zwei Motoren<br />

Nr. Gerät Anzeigebereich Gerätenummer<br />

1 Ladedruckmesser 0,6–1,8 ata Fl 20555<br />

2 elektrischer Drehzahlanzeiger (Jaeger) 300–3200 U/min franz. Gerät<br />

3 Schmierstofftemperaturanzeiger 0–120° C Fl 20308<br />

rechte Reihe links daneben Borduhr Fl 23885<br />

4 Kraftstoffdruckmesser 0–1 kg/cm² Fl 20504-1<br />

5 Schmierstoffdruckmesser 0–10 kg/cm² Fl 20504-10<br />

6 Zündschalter Fl 21118<br />

links daneben Reststandswarnlampen (rot) Fl 32262-1<br />

rechts daneben Anlassschalter Fl 21212-1 ?<br />

hier nicht sichtbar ist der Kraftstoffvorratsanzeiger 0–900 Liter Fl 20723<br />

Der Raum des Funkers war eng. Hier sitzt er vor den Geräten des FuG 10<br />

Foto Archiv Hafner<br />

die Me 323 D und die besser bewaffnete<br />

Me 323 E mit stärkeren 1140-PS-Motoren. Insgesamt<br />

212 Exemplare beider Typen haben<br />

die Werkhallen verlassen. Zum Teil handelte<br />

es sich dabei auch um umgebaute Me-321-<br />

Lastensegler. Aufgrund der »gigantischen«<br />

Abmessungen fand die Endmontage bei Messerschmitt<br />

in Leipheim und Regensburg-<br />

Obertraubling unter freiem Himmel statt.<br />

Einzelstücke blieben die »Flakkreuzer«<br />

Me 323 E-2/WT mit insgesamt 15 Maschinen -<br />

gewehren. Aber auch diese starke Bewaffnung<br />

konnte die langsame Marschgeschwindig<br />

keit von nur 210 km/h und die eher behäbigen<br />

Flugeigenschaften nicht ausgleichen,<br />

sodass die »Gigant« ein leichtes Ziel blieb.<br />

Kampfzonentransporter<br />

Haupteinsatzgebiet war zunächst ab Herbst<br />

1942 der Mittelmeerraum, wo sie half, die<br />

Truppen der Achsenmächte in Nordafrika zu<br />

versorgen. Nachdem sie dort jedoch hohe<br />

Verluste erlitten hatte, wurden die verbliebenen<br />

Maschinen ab Mai 1943 bis Ende 1944<br />

ausschließlich an der Ostfront eingesetzt. Die<br />

Me 323 ist somit der erste echte Kampfzonentransporter<br />

gewesen.<br />

Komplette »Giganten« sind nicht erhalten<br />

geblieben, aber mehrere Holmteile, die nach<br />

1945 zum Teil als Dachträger einer Halle gedient<br />

hatten. So ist das Luftwaffenmuseum in<br />

Berlin im Besitz eines vollständigen Holms.<br />

Hier bekommt man einen Eindruck von der<br />

Größe dieser Riesen.<br />

Die Me 323 hatte ein vergrößertes und<br />

gepanzertes Cockpit, da hier aufgrund der<br />

von der Lastenseglervariante gebliebenen<br />

hohen Steuerdrücke zwei Mann und eine<br />

wesentlich umfangreichere Instrumentierung<br />

untergebracht werden mussten. Die<br />

Sitze waren jedoch bequemer und die großen<br />

Steuerräder waren durch zwei Steuerhörner<br />

ersetzt worden.<br />

44


Cockpit einer<br />

frühen Me 323 D<br />

Das Instrumentenbrett umfasste links die<br />

Navigations- und Flugüberwachungsgeräte<br />

und in der Mitte und rechts die Zündschalter,<br />

die Drehzahlmesser und die Ladedruckmesser<br />

für die sechs Triebwerke sowie einen Sicherungskasten.<br />

Die Zündschalter konnten mit einem<br />

Zentralhebel gleichzeitig geschaltet werden.<br />

Auf der linken Cockpitseite waren ein<br />

Pressluftdruckmesser für die Anlassanlage<br />

der Gnôme-Rhône-Motoren, das Trimmrad,<br />

die Kopfhörer-Anschlussdose und der Auslöse-<br />

und Kontrollkasten für die Starthilferaketen<br />

angeordnet.<br />

Steuerung der Motoren<br />

Hinter dem Cockpit hatte der Funker seinen<br />

eigenen Bereich. Bedient wurden die Triebwerke<br />

von zwei getrennten Bordwarträumen<br />

aus, die zwischen den jeweils inneren<br />

Motoren saßen. Auf insgesamt drei Instrumententafeln<br />

je Bordwartraum waren dort<br />

die Geräte untergebracht, mit denen die<br />

Gnôme-Rhône-Antriebe schließlich gesteuert<br />

werden konnten. Hinzu kamen je ein<br />

Bedienkasten mit den Luftschraubenverstellschaltern<br />

sowie ein elektrischer Sicherungskasten.<br />

Der Bedienkasten für die Luftschraubenverstellung<br />

Foto Archiv Hafner<br />

Bordwartraum, Gerätebrett rechts<br />

für den dritten Motor<br />

Nr. Gerät Anzeigebereich Gerätenummer<br />

1 Ladedruckmesser 0,6–1,8 ata Fl 20555<br />

2 elektrischer Drehzahlanzeiger (Jaeger) 300–3200 U/min franz. Gerät<br />

3 Schmierstofftemperaturanzeiger 0–120° C Fl 20308<br />

4 Kraftstoffdruckmesser 0–1 kg/cm² Fl 20504-1<br />

5 Schmierstoffdruckmesser 0–10 kg/cm² Fl 20504-10<br />

6 Zündschalter Fl 21118<br />

links daneben Anlassschalter Fl 21212-1 ?<br />

rechts daneben Reststandswarnlampe (rot) Fl 32262-1<br />

Unklar ist der Einbauort der Kraftstoffvorratsanzeigers 0–900 Liter Fl 20723<br />

Gerätebrett für einen Motor im Bordwartraum<br />

Foto Archiv Hafner<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

45


TECHNIK<br />

Cockpit<br />

Eine Infanterieeinheit<br />

vor dem Flug mit einer<br />

Me 323 D<br />

Der Schaltkasten Fl 18330-6 für die<br />

Starthilferaketen Foto Fernandez-Sommerau<br />

Ein französischer Drehzahlmesser von<br />

Jaeger bis 3200 U/min<br />

Der Ladedruckmesser Fl 20555 konnte nach den<br />

Betriebsbereichen des Motors eingestellt werden<br />

Vorgesehen waren auf dem Führergerätebrett<br />

noch elektrische Stellungsanzeiger<br />

für die Höhenflossentrimmung (Fl 22852)<br />

und für die Landeklappe (Fl 22851). Über<br />

dem Führergerätebrett war zudem ein FK 38<br />

(Fl 23233) als Notkompass angebracht. Der<br />

Funker hatte ebenfalls Fahrtmesser, Grobhöhenmesser<br />

und eine Borduhr an seinem<br />

Arbeitsplatz.<br />

Auf der rechten Kabinenseite war die<br />

Leuchtpistole angeordnet. Die Besatzung verständigte<br />

sich untereinander mittels Bosch-<br />

Die Me 323 ist somit der erste echte<br />

Kampfzonentransporter gewesen.<br />

Hörnern (Hupen) und Druckknöpfen. Hinzu<br />

kamen verschiedene Bedienhebel für die<br />

Triebwerke und die Kraftstoffanlage. Für die<br />

Luftschraubenverstellung gab es zwei Bedienkästen<br />

für jeweils drei Motoren. Mit Druckknöpfen<br />

konnte die Segelstellung gerastet wer-<br />

den, und für die Endstellungen der Propellerblätter<br />

gab es rote und grüne Lampen.<br />

Die Auflistungen wurden nach Fotos rekonstruiert.<br />

Einzelne Geräte können anhand<br />

der Abbildungen jedoch nicht eindeutig identifiziert<br />

werden, da bisher keine Ersatzteil -<br />

listen der Me 321 und 323 vorliegen. ■<br />

Quellen:<br />

Archiv Hafner<br />

Flugzeug Classic 8/2008<br />

Flugzeughandbuch Me 323 D-1, D-2, D-6,<br />

Ausgabe Oktober 1943<br />

46


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SERIE<br />

Der<br />

Luftkrieg<br />

von 1939–1945<br />

LUFTANGRIFFE AUF DEUTSCHE STÄDTE<br />

»Battle of the<br />

Ruhr«<br />

Sie weisen den Bomben den Weg:<br />

Mosquitos, hier eine B.IV der No 105<br />

Squadron, September 1942.<br />

Die DZ353 im Vordergrund fliegt<br />

später als Pfadfinder bei der No 8<br />

Group (PFF) Foto Sammlung Mühlbauer<br />

In Schutt und Asche: 1943 nahmen die Bombenangriffe auf Deutschland an Intensität<br />

zu, und der »große Brand« suchte zunehmend die Zivilbevölkerung heim, während die<br />

Luftwaffe mit aller Kraft versuchte, das Schlimmste zu verhindern Von Peter Cronauer<br />

Im ersten Halbjahr 1943 kann das Oberkommando<br />

der Wehrmacht kaum noch<br />

Erfolge verkünden. Die Niederlage von<br />

Stalingrad ist weiterhin in aller Munde, im<br />

Mai kapitulieren die verbliebenen Achsen-<br />

Truppen in Nordafrika, und noch im selben<br />

Monat wird es auch um die bislang so lautstark<br />

propagierte »Atlantikschlacht« der<br />

U-Boot-Fahrer auffällig still.<br />

Hintergrundinformationen oder gar Details<br />

dringen hier kaum an die deutsche Öffentlichkeit.<br />

Ohnehin richtet sich deren Aufmerksamkeit<br />

vielmehr auf das, was direkt<br />

über ihren Köpfen und im Anschluss unmittelbar<br />

um sie herum geschieht: Der Bombenkrieg<br />

nimmt immer beängstigendere Dimensionen<br />

an. Die Folgen der im Februar 1942<br />

vom britischen Luftfahrtministerium verabschiedeten<br />

»Area Bombing Directive« samt<br />

»Dehousing Paper« (siehe <strong>FLUGZEUG</strong><br />

<strong>CLASSIC</strong> 3/2012) sind im Deutschen Reich<br />

weder zu übersehen noch zu verheimlichen<br />

und schon gar nicht schön zu reden. Und<br />

selbst die sogenannten »1000-Bomber-Angriffe«<br />

auf Köln (siehe <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

9/2012), Essen oder Bremen waren nur weitere<br />

Entfesselungsstufen und bedeuteten keineswegs<br />

das Ende der Eskalation.<br />

Zudem steht das Bomber Command der<br />

RAF im Westen längst nicht mehr alleine auf<br />

weiter Flur: Ab Februar 1942 bereitete ein Vorauskommando<br />

um US-Brigadegeneral Ira C.<br />

Eaker die Stationierung des ersten US Army<br />

Bomber Command in Europa vor, und ab<br />

Mitte Juni begann unter dem Decknamen<br />

»Bolero« die Verlegung der ersten vom Kom-<br />

1.9.1939 Polenfeldzug<br />

Beginn des Zweiten Weltkriegs<br />

10.5.1940 Westfeldzug<br />

9.4.1940 »Unternehmen<br />

Weserübung«<br />

10.7. bis 31.10.1940<br />

Luftschlacht um England<br />

22.6.1941 Deutscher<br />

Angriff auf die UdSSR<br />

7.12.1941 Japanischer<br />

Überfall auf Pearl Harbor<br />

1939 1940 1941 1942<br />

48


mandeur der 8. USAAF, Generalmajor Carl<br />

Spaatz, in Carolina aufgestellten Einheiten<br />

nach England. Der ehemalige Luxusliner<br />

»Queen Elisabeth« schaffte das Bodenpersonal<br />

samt Ausrüstung über »den großen<br />

Teich«, Jagd- und sonstige kleinere Maschinen<br />

erreichten ebenfalls als Schiffsfracht ihr<br />

neues Einsatzgebiet. Am 23. Juni machten<br />

sich schließlich auch die ersten schweren US-<br />

Bomber auf den rund 6000 Kilometer langen<br />

Luftweg von Nordamerika aus über Labrador,<br />

Grön-, Is- und Schottland bis nach Großbritannien.<br />

127 Luftstützpunkte stellte die<br />

RAF ihren US-amerikanischen Bündnispartnern<br />

in England zur Verfügung, und von dort<br />

aus griffen diese am 17. August erstmals ins<br />

Luftkriegsgeschehen auf dem europäischen<br />

Kriegsschauplatz ein: Ein Dutzend B-17 E der<br />

97th Bomb Group, begleitet von vier Spitfire-<br />

Staffeln, bombardierte den Verschiebebahnhof<br />

von Sotteville-les-Rouen. Seither wurde<br />

die Präsenz der schweren strategischen US-<br />

Bomberflotte in Europa kontinuierlich weiter<br />

ausgebaut und verstärkt.<br />

Durchwachsene Bilanz<br />

Zwar warfen britische und US-amerikanische<br />

Bomber 1942 insgesamt fast 54 000 Tonnen<br />

Bomben auf das Deutsche Reich und von der<br />

Wehrmacht besetzte Gebiete ab – Hitlers »Vergeltungsschläge«<br />

erreichten nicht einmal ein<br />

Sechzehntel davon –, trotzdem zog das britische<br />

Oberkommando am Ende des Jahres eine<br />

eher durchwachsene Bilanz: Laut Winston<br />

Churchill wurden »die deutsche Kriegsproduktion<br />

und die moralische Widerstandskraft<br />

der Zivilbevölkerung nicht erkennbar geschwächt«.<br />

Die Theorie des »Moral Bombings«<br />

hatte also nicht funktioniert (siehe<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 3/2012), und nach der<br />

Einschätzung des Oberbefehlshabers des<br />

Bomber Commands der RAF, Arthur Harris,<br />

war das Jahr 1942 eher »ein Jahr der Vorbereitungen,<br />

das dem Gegner wenig Schaden<br />

zufügte, uns aber in der Überzeugung bekräftigte,<br />

dass wir ihn mit der Bomberwaffe<br />

doch zu Boden schlagen könnten«.<br />

Dass diese Einschätzung keinesfalls unbegründet<br />

war, zeigt unter anderem ein seinerzeit<br />

geheimer Bericht des Sicherheitsdienstes<br />

der SS zur innenpolitischen Lage vom 30. Juli<br />

Früh als Ziel erkannt:<br />

Bereits im Ersten<br />

Weltkrieg galt die<br />

»Rüstungsschmiede«<br />

Ruhrgebiet als wichtiges<br />

Angriffsziel der<br />

britischen Luftwaffe<br />

Foto picture-alliance/akg<br />

Flammendes Inferno:<br />

So wie hier in Braunschweig<br />

sah es auch<br />

in vielen Städten des<br />

Ruhrgebiets aus<br />

Foto RAF<br />

Heinkel He 219 A-0 mit FuG 212. Major<br />

Streib schoss bei seinem ersten Einsatz<br />

auf dem neuen Muster in der Nacht<br />

vom 11. auf 12. Juni 1943 fünf britische<br />

Bomber ab Zeichnung H. Ringlstetter – Aviaticus<br />

1942: »Die Befürchtungen vor einer weiteren<br />

Verschärfung der feindlichen Luftangriffstätigkeit<br />

beschränken sich im Gegensatz zu den<br />

vergangenen Monaten nicht nur auf die städtische,<br />

sondern greifen in zunehmendem Maße<br />

auch auf die ländliche Bevölkerung über,<br />

die neben ihrem Leben vor allem um die mögliche<br />

Vernichtung ihres ganzen Hab und<br />

Gutes und der kommenden Ernte bangt. Zahlreiche<br />

Volksgenossen geben in diesem Zusammenhang<br />

(…) der Befürchtung Ausdruck,<br />

dass die Beherrschung des Luftraums im Westen<br />

nicht mehr in deutscher Hand sei.«<br />

Zynismus im Bombenkrieg<br />

Da jener Bericht dem britischen Bomberkommando<br />

unbekannt geblieben sein dürfte,<br />

stand aus dessen Perspektive die erkennbare<br />

2.2.1943 Untergang der<br />

6. Armee in Stalingrad<br />

1943 1944 1945<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

49


SERIE<br />

Der<br />

Luftkrieg<br />

von 1939–1945<br />

Diese Lancaster wurde mit einer kombinierten<br />

Abwurflast aus Sprengbomben und einer<br />

»Cookie«-Luftmine beladen<br />

Foto RAF<br />

Wirkung jener strategischen Luftangriffe noch<br />

in keinem »akzeptablen« Verhältnis zum Aufwand,<br />

der dafür getrieben werden musste,<br />

wie folgende zynische Aufstellung zeigt:<br />

Rund zwei Drittel der getöteten Zivilisten waren<br />

Frauen, Kinder und alte Menschen. Auf<br />

ein Menschenleben kamen drei Tonnen Bomben,<br />

die von einem viermotorigen Bomber<br />

mit sechs bis acht Mann Besatzung ins Ziel<br />

getragen wurden. Einhundert getötete Zivilisten<br />

erforderten somit den Einsatz von ebenso<br />

vielen schweren viermotorigen Bombern,<br />

von denen dann im Einsatz durchschnittlich<br />

sechs Maschinen abgeschossen wurden, was<br />

den Verlust von 40 bis 50 Mann fliegenden<br />

Personals bedeutete. Und in dieser Hinsicht<br />

machte das Bomber Command über dem<br />

Reichsgebiet dieselbe Erfahrung, die schon<br />

Schwerfällig, aber stark bewaffnet:<br />

Nachtjäger Dornier Do 217 J-1<br />

die Luftwaffe im Einsatz über England machte:<br />

Flugzeuge waren leichter zu ersetzen als<br />

gut ausgebildete und erfahrene Besatzungen.<br />

Ernüchternder Ausblick<br />

Andererseits hatte sich die Taktik des »Bomberstroms«<br />

bewährt: Die Unfallquote durch<br />

Zusammenstöße in der Luft konnte im Lauf<br />

der Zeit gesenkt werden, während die Treffgenauigkeit<br />

des Flächenbombardements verbessert<br />

wurde. Zwar bestand in der engen<br />

Formation die Gefahr, selbst von herabfallenden<br />

Bomben getroffen zu werden, doch insgesamt<br />

war der Bomberstrom das probate<br />

Mittel, um die deutsche Luftraumverteidigung<br />

bei Nacht zu überrennen. Insbesondere<br />

das »Himmelbett«-Verfahren der deutschen<br />

<strong>Nachtjagd</strong>. Dennoch blieben Luftwaffe und<br />

Flak ein gefährlicher Gegner, den man nicht<br />

unterschätzen durfte: Im Durchschnitt büßte<br />

das britische Bomberkommando bei jedem<br />

Einsatz zwischen fünf und sechs Prozent der<br />

eingesetzten Maschinen ein, und dass ihre<br />

Oberbefehlshaber ursprünglich mit weitaus<br />

höheren Verlusten gerechnet hatten, spendete<br />

den britischen Besatzungen keinen wirklichen<br />

Trost. Die hohe Wahrscheinlichkeit, dass<br />

es innerhalb von zwanzig Einsätzen auch einen<br />

selbst »erwischt«, drückte auf die Moral.<br />

Auch galt es immer wieder, Rückschläge<br />

hinzunehmen, vor allem dann, wenn es der<br />

Gegenseite wieder einmal gelang, ein wichtiges<br />

technisches Hilfsmittel lahmzulegen,<br />

wie zum Beispiel die Ausschaltung des Funknavigationsverfahrens<br />

»GEE« durch »Heinrich«-Störsender<br />

(siehe auch den Artikel auf<br />

S. 14). Allerdings gab es gerade in dieser<br />

Hinsicht zum Jahresende neue Hoffnung: Am<br />

20. Dezember greifen Mosquito-Bomber ein<br />

Kraftwerk im ostholländischen Lutterade an,<br />

wobei sie von einem neuartigen Fernführungssystem<br />

namens »Oboe« (»Observer<br />

Bombing Over Enemy«) geleitet werden, das<br />

Bombenabwürfe selbst aus großen Höhen<br />

und ohne Sicht ermöglicht.<br />

Getrennt fliegen, gemeinsam schlagen<br />

Und dies sind nur einige Aspekte, unter denen<br />

die Führung des Bomber Command der RAF<br />

in das neue Kriegsjahr 1943 startet – und in die<br />

Konferenz von Casablanca. Bekanntlich wurde<br />

bei jenem Treffen Roosevelts mit Churchill<br />

50


und hochrangigen Militärs beider Nationen<br />

die »unconditional surrender« (»bedingungslose<br />

Kapitulation«) des Deutschen Reiches, Italiens<br />

und Japans zum gemeinsamen Kriegsziel<br />

erklärt. Die Delegationen erörterten aber auch<br />

Fragen der künftigen gemeinsamen Luftkriegsführung.<br />

Am Ende einigte man sich auf<br />

die »Combined Bomber Offensive« (CBO) der<br />

anglo-amerikanischen Kampfverbände, wobei<br />

die US-Flieger ihrer Überzeugung treu blieben,<br />

wonach nur möglichst gezielte Tagesangriffe<br />

zum Erfolg führten, während die RAF ihr Konzept<br />

des nächtlichen Flächenbombardements<br />

beibehielt. Im Klartext hieß dies: Die USAAF<br />

soll am Tag Industrieanlagen und ähnlich relevante<br />

Ziele bombardieren und die RAF Wohnviertel<br />

im Schutz der Nacht. Im optimalen Fall<br />

rund um die Uhr.<br />

Hierfür wurden Zielkategorien festgelegt,<br />

wonach U-Boot-Stützpunkte und -Produktions<br />

anlagen oberste Priorität besaßen. Danach<br />

ging es darum, die Bedrohung für den Nachschub<br />

zu verringern, auch im Hinblick auf<br />

eine mögliche bevorstehende Invasion. An<br />

zweiter Stelle stand die Flugzeugindustrie der<br />

Achsenmächte, die USAAF und RAF gleichermaßen<br />

zu schaffen machte, gefolgt von<br />

Hauptverkehrsknotenpunkten, Ölraffinerien<br />

und synthetischen Treibstoffwerken sowie<br />

Kugellagerfabriken und allgemeiner Rüstungsindustrie.<br />

Das diesbezügliche Abschluss-Kommuniqué<br />

der Konferenz enthält<br />

nochmals die bis heute umstrittene Luftkriegstheorie<br />

Giulio Douhets und weist<br />

»Terrorangriffe« auf zivile Wohnviertel als<br />

»mutmaßlich entscheidendes Mittel der<br />

Kriegs führung« aus. Der Chef des Bomber<br />

Commands, Arthur Harris, notierte dazu im<br />

Nachhinein: »Casablanca beseitigte die letzten<br />

moralischen Hemmungen, wir erhielten<br />

für den Bombenkrieg völlig freie Hand.«<br />

»Die Schlacht um die Ruhr«<br />

Am Abend des 5. März 1943 beginnt eine Serie<br />

schwerer Luftangriffe, die als »Battle oft<br />

the Ruhr« (Schlacht um die Ruhr) in die An-<br />

nalen eingehen werden. Dabei ist die Bezeichnung<br />

»Ruhr« eher symbolisch als geografisch<br />

zu verstehen, denn mit Ausnahme<br />

von Hagen bombardiert das Bomber Command<br />

der RAF innerhalb der folgenden fünf<br />

Monate sämtliche Großstädte an Rhein und<br />

Ruhr, darunter Essen, Duisburg, Düsseldorf,<br />

Gelsenkirchen, Wuppertal, Bochum, Dortmund,<br />

Oberhausen, aber auch Köln, Mannheim<br />

oder Aachen. Und doch haben sie eines<br />

gemeinsam: Sie alle liegen innerhalb der<br />

Reichweite des neuen »Oboe«-Gerätes und<br />

seiner Sender.<br />

Die britische Vorgehensweise ist dabei nahezu<br />

immer die gleiche: Mit »Oboe« ausgerüstete<br />

De Havilland Mosquito fliegen als<br />

Bei einem derartigen Angriff entsteht aus<br />

mehreren Brandherden ein Feuersturm.<br />

»Pfadfinder« vorneweg und markieren das<br />

Zielgebiet mit Leuchtkörpern. Wenige Minuten<br />

später erreicht dann der Bomberstrom das<br />

Stadtgebiet, und die Maschinen – De Havilland<br />

Mosquitos, Wickers Wellingtons, Short<br />

Stirlings, Handley Page Halifax und Avro<br />

Lancaster in unterschiedlicher Anzahl und<br />

Kombination – öffnen ihre Bombenschächte.<br />

Ihre tödliche Last besteht aus einem breiten<br />

Spektrum unterschiedlicher Abwurfwaffen,<br />

das von bis zu mehreren Tonnen schweren<br />

Luftminen über Sprengbomben unterschiedlicher<br />

Kaliber bis hin zu Brandbomben und<br />

Phosphorkanistern reicht. Bei den auch als<br />

»Wilde Sau«-Jäger Focke-Wulf<br />

Fw 190 A-6, 1943, geflogen von Major<br />

Hajo Hermann als Kommodore des<br />

JG 300<br />

Zeichnung H. Ringlstetter – Aviaticus<br />

»Blockbuster« (Wohnblockknacker) bezeichneten<br />

Luftminen ist der Name Programm: Sie<br />

decken großflächig Dachstühle ab, sprengen<br />

Fassaden und reißen Fenster und Türen samt<br />

Rahmen aus dem Mauerwerk. Die Sprengbomben<br />

verfeinern das Werk der Zerstörung,<br />

die in die entstandenen Löcher und Trümmerhaufen<br />

hineinregnenden Brandbomben<br />

und Phosphorkanister setzen Dachstühle,<br />

Treppenhäuser, Fachwerk und sonstiges<br />

Brennbares in Brand. Abhängig von der Bebauungsdichte,<br />

der Beschaffenheit von Bauund<br />

sonstigen Materialien sowie von weiteren<br />

thermischen und klimatischen Faktoren,<br />

können auf diese Weise verheerende Flächenbrände<br />

entstehen. Bei einem derartig konzentrierten<br />

Angriff auf Wuppertal entsteht aus<br />

mehreren Brandherden im Stadtteil Barmen<br />

ein Feuersturm, dem in der Nacht vom 29. auf<br />

den 30. Mai mehrere Tausend Menschen zum<br />

Opfer fallen.<br />

Verheerende Wirkung<br />

Natürlich kommt es bei manchen Einsätzen<br />

auch zu Pannen, fallen »Oboe«-Geräte aus,<br />

werden Leuchtmarkierungen an falscher Stelle<br />

gesetzt oder sind die Wetterverhältnisse so<br />

schlecht, dass nicht einmal das moderne<br />

Bodenradar »S2S« einen reibungslosen Einsatzverlauf<br />

garantiert. Wie auch immer, die<br />

Die Mosquito B.Mk.IX ist von Anfang an mit »Oboe« ausgerüstet<br />

und kommt ab April 1943 an der Front zum Einsatz<br />

Foto Sammlung Mühlbauer<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

51


SERIE<br />

Der<br />

Luftkrieg<br />

von 1939–1945<br />

Die Halifax B.II Sers. I (Spezial), BB324, ZA-X,<br />

der 10 Squadron nahm an der »Battle of the<br />

Ruhr« teil und galt nach einem Angriff auf Mülheim<br />

am 22./23. Juni 1943 als vermisst<br />

Wirkung ist verheerend, der Bomberstrom<br />

stellt seine Effizienz unter Beweis. Am Abend<br />

des 5. März werden über der Innenstadt von<br />

Essen innerhalb von einer halben Stunde mehr<br />

als 1000 Tonnen Bomben abgeworfen, andere<br />

Stadtzentren trifft weit mehr als die doppelte<br />

Last. Jahrhundertealte Stadtkerne gehen in<br />

Flammen auf, sinken in Trümmer, sind nach<br />

dem jeweiligen Angriff nur noch eine Erinnerung<br />

an etwas, das noch am Vortag existierte.<br />

(Über Angriffe auf die Eder-, Möhne- und Sorpe-<br />

sowie Ennepe-Talsperren berich tet FLUG-<br />

ZEUG <strong>CLASSIC</strong> demnächst separat.)<br />

Krieg der Worte<br />

Dabei haben Zyniker auf beiden Seiten Hochkonjunktur.<br />

Beispielsweise funkt Arthur Harris<br />

in der Nacht vom 23. auf den 24. Mai 1943,<br />

während mehr als 700 Maschinen über 2000<br />

Tonnen über Dortmund abwerfen, an eine der<br />

beteiligten Besatzungen: »1939 hat Göring versichert,<br />

dass keine einzige Bombe auf das<br />

Ruhrgebiet fallen wird. Gratuliere zu der soeben<br />

gelieferten ersten 100 000. Tonne Bomben<br />

als Antwort an den Reichsmarschall.«<br />

Auf der Gegenseite gibt der Reichspressechef<br />

Otto Dietrich am 13. März 1943 Äußerungen<br />

des Reichsministers für Propaganda und<br />

Volksaufklärung, Dr. Joseph Goebbels, weiter:<br />

»Zum Luftkrieg bemerke der Minister, dass die<br />

Engländer immer genau wüssten, was zerstört<br />

worden sei, während wir über unsere Luftangriffe<br />

keine genauen Tatsachenberichte erhielten.<br />

Wir seien zu offen und zu ehrlich in<br />

unserer Berichterstattung und setzten Nachrichten<br />

in die Welt, während wir Propaganda<br />

treiben sollten. In diesem Zusammenhang weise<br />

der Minister es auch zurück, Angaben über<br />

Zerstörungen von Kirchen zu geben, da wir<br />

aus den Angaben der Engländer über zerstörte<br />

Kirchen jeweils geschlossen haben, welchen<br />

Erfolg wir hatten. Nach dem Prozentsatz der<br />

getroffenen Kirchen haben wir die Zerstörung<br />

an Bahnhöfen und Industriestätten beurteilt.<br />

Diese Anhaltspunkte dürften wir den Engländern<br />

in Zukunft nicht mehr geben. Dagegen<br />

sei selbstverständlich, dass man Berichte über<br />

einzelne weltbekannte Kulturdenkmäler, die<br />

zerstört worden sind, herausgebe.«<br />

Zudem bereitet das »Oboe«-Gerät der<br />

deutschen Führung Kopfzerbrechen. Göring<br />

fragt sich, wie der Engländer selbst bei dichtestem<br />

Nebel »bei uns die kleinste Dreckmühle«<br />

finden könne. Hitler vermutet, die<br />

Bomben würden durch Infrarotstrahlen ins<br />

Ziel gelenkt, und wieder andere Sachverständige<br />

gehen von Funkbaken aus, die von britischen<br />

Agenten in der Nähe relevanter Ziele<br />

aufgestellt werden und erst dann zu senden<br />

beginnen, wenn sie von einem Flugzeug aus<br />

Trotzdem stoßen die britischen Flieger<br />

zunehmend auf Widerstand.<br />

per Funkstrahl eingeschaltet werden. Die von<br />

den Angriffen betroffene Bevölkerung leidet<br />

immens. Die Zahl der Getöteten geht in die<br />

Tausende, Zigtausende werden verletzt,<br />

Hunderttausende obdachlos.<br />

Trotzdem stoßen die britischen Flieger zunehmend<br />

auf Widerstand. Über Ruhr und<br />

Rhein treffen sie schon bald auf die größte<br />

Flak-Ansammlung, die es je gegeben hat, sodass<br />

bald nur noch vom »Happy Valley«<br />

oder vom »Valley of no return« (Tal ohne<br />

Nach dem Krieg wurde das Werk vollendet: Die Kruppwerke nach Demontage<br />

der Maschinen und Sprengung der Werkshallen Foto picture-alliance/dpa<br />

Die Spuren des Krieges sind bis heute sichtbar: Ehemaliger Luftschutzbunker<br />

in Wuppertal-Langerfeld<br />

Foto Frank Vincentz<br />

52


Wiederkehr) die Rede ist. Und auch die deutschen<br />

Nachtjäger tragen zur sinkenden<br />

Kampfmoral der britischen Besatzungen bei:<br />

Alleine im Juni 1943 schießen sie im »Himmelbett«-Verfahren<br />

235 Bomber ab, so viele<br />

wie noch nie zuvor. In der Nacht vom 3. auf<br />

den 4. Juli, als an die 600 britische Flugzeuge<br />

wieder einmal Köln angreifen, dürften<br />

sich manche ihrer Besatzungsmitglieder verwundert<br />

die Augen gerieben haben, als sie<br />

über der von Bränden, Flakscheinwerfern<br />

und Pfadfinder-Leuchtkugeln hell erleuchteten<br />

Domstadt plötzlich von einsitzigen Tagjägern<br />

angegriffen werden. Alleine zwölf von<br />

insgesamt 30 in jener Nacht abgeschossenen<br />

Bombern fielen jenen Fw 190 und Bf 109 zum<br />

Opfer – es war die Geburtsstunde der »Wilden<br />

Sau«.<br />

Doch allen Zerstörungen zum Trotz ging<br />

die dem »Moral Bombing« zugrundeliegende<br />

These, wonach sich die getroffene Bevölkerung<br />

gegen ihre Machthaber auflehne, auch beim<br />

»Battle of the Ruhr« nicht auf. Statt zunehmend<br />

organisierten Widerstands, wie er beispielsweise<br />

nach vergleichbaren Bombenangriffen<br />

bei der norditalienischen Bevölkerung<br />

konstatiert wurde, begannen die »Volksgenossen«<br />

am nächsten Morgen in aller Frühe mit<br />

den Aufräumarbeiten. Allerdings ist im Geheimen<br />

Bericht des Sicherheitsdienstes der SS<br />

zur innenpolitischen Lage vom 6. Mai 1943<br />

von einer gewissen Animosität gegenüber der<br />

Reichshauptstadt die Rede, die sich nicht zuletzt<br />

in einem Vers widerspiegele, der an Rhein<br />

und Ruhr kursiere und sich auf Goebbels<br />

Sportpalastrede zum »Totalen Krieg« beziehe:<br />

Avro Lancaster Mk.III, WS-R, »Spirit of<br />

Russia« der 9th Squadron, Juni 1943,<br />

während der »Battle of the Ruhr«. Im Februar<br />

1945 wurde sie einer Ausbildungseinheit<br />

zugeteilt Zeichnung Juanita Franzi<br />

»Lieber Tommy, fliege weiter,<br />

wir sind alle Bergarbeiter.<br />

Fliege weiter nach Berlin,<br />

die haben alle ›ja‹ geschrien.«<br />

Mit dem Flächenangriff auf Remscheid,<br />

bei dem in der Nacht vom 30. auf den 31. Juli<br />

1943 mehr als 1200 Menschen getötet<br />

wurden, endete die »Battle of the Ruhr«. Zu<br />

diesem Zeitpunkt hatte die »Operation<br />

Gomorrha« weite Teile Hamburgs bereits<br />

schwer getroffen ...<br />

■<br />

Die anderen Kriegsschauplätze im Überblick<br />

Liberator GR Mk.III VLR der No 120 Squadron in Aldergrove. Die<br />

Langstrecken-Seeaufklärer machen ab Frühjahr 1943 Jagd auf deutsche<br />

U-Boote<br />

Foto Sammlung Mühlbauer<br />

Ostfront, Mittelmeerraum, Nordafrika,<br />

Reichsverteidigung … insgesamt überfordert<br />

der Luftkrieg des ersten Halbjahres<br />

1943 die Kräfte der deutschen Luftwaffe,<br />

allen Umstrukturierungen und zahlreichen<br />

Verlegungen zum Trotz.<br />

Im Westen: Im März 1943 fügen die deutschen<br />

»Wolfsrudel« den alliierten Geleitzügen<br />

im Nordatlantik nochmals schwere Verluste<br />

zu, doch anschließend bricht ihre<br />

Erfolgsbilanz ein. Ab April besitzen die Alliierten<br />

die absolute Lufthoheit über dem<br />

Ozean: Viermotorige Langstrecken-Seeaufklärer<br />

und Flugboote decken das Seegebiet<br />

nahezu lückenlos ab. Diese und auch die<br />

Flugzeuge der die Geleitzüge begleitenden<br />

Flugzeugträger machen nun mithilfe neuer<br />

Radargeräte, verbesserter Wasserbomben<br />

und Suchscheinwerfer verstärkt Jagd auf<br />

deutsche U-Boote. Nachdem alleine im Mai<br />

mehr als 40 dieser »grauen Wölfe« versenkt<br />

Diese B24D kann nach dem Bombenangriff auf Rom am 19. Juli<br />

1943 nur mit eingefahrenem Bugrad landen. Sie gehörte zur 376th<br />

BG der 9th AF<br />

Foto USAF<br />

werden, stellt der Oberbefehlshaber der<br />

Kriegsmarine, Großadmiral Karl Dönitz, den<br />

U-Boot-Krieg gegen alliierte Konvois vorübergehend<br />

ein.<br />

Im Süden: Am Samstag, den 10. Juli,<br />

landen erste anglo-amerikanische Truppen<br />

auf Sizilien, der »Italienfeldzug« der westlichen<br />

Alliierten beginnt. »Operation Husky«<br />

wird durch zahlreiche schwere strategische<br />

Luftangriffe vorbereitet und begleitet, unter<br />

anderem bombardieren am Montag, den<br />

19. Juli, Bomber der 9th Air Force sowie der<br />

Northwest African Tactical Air Force (NATAF)<br />

erstmals Ziele im Stadtgebiet von Rom. Die<br />

Besatzungen werden angewiesen, Schäden<br />

an Kirchen und Kulturdenkmälern möglichst<br />

zu vermeiden, was jedoch nicht durchgängig<br />

gelingt.<br />

Im Osten: Für das »Unternehmen Zitadelle«,<br />

die deutsche Sommeroffensive im<br />

Raum Kursk-Orel, zieht die Wehrmacht nochmals<br />

starke Kräfte zusammen. Allerdings<br />

steht sie einem zahlenmäßig deutlich überlegenen<br />

Gegner gegenüber, der durch seinen<br />

Geheimdienst bestens über die deutschen<br />

Vorbereitungen und Planungen<br />

informiert ist. Im Verlauf der am 5. Juli beginnenden<br />

größten Panzer- und Luftschlacht<br />

des Zweiten Weltkriegs fügen die von fast<br />

allen Ostfront-Abschnitten sowie aus der<br />

Reichsverteidigung zusammengezogenen<br />

Verbände der Luftwaffe ihren Gegnern horrende<br />

Verluste zu, doch sind sie nicht mehr<br />

so wie einst imstande, das Geschehen zu<br />

beeinflussen. Die Offensive wird erfolglos<br />

abgebrochen, am 12. Juli gehen die Sowjets<br />

zum Gegenangriff über, Hitler stellt das »Unternehmen<br />

Zitadelle« ein, ein Teil der Luftwaffenverbände<br />

wird vom Osten nach Italien<br />

verlegt. Die deutsche Offensivkraft ist endgültig<br />

dahin. Von nun an liegt die Initiative<br />

bis zum Kriegsende bei der Roten Armee. ■<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

53


MODELLBAU<br />

MESSERSCHMITT BF 109 E-7/TROP IN 1:72 VON AIRFIX/GLOW2B<br />

Bastelspaß zum Taschengeld-Preis<br />

Schickt man jemanden »in die Wüste«, bedeutet<br />

dies eigentlich nichts Gutes. Doch<br />

die neueste Bf 109 im Maßstab 1:72, die Airfix<br />

2012 auf den Markt gebracht hat, muss gewiss<br />

nicht in unwirtliche Gegenden verbannt<br />

werden, auch wenn die E-7 als Tropenversion<br />

dafür besonders geeignet erscheint.<br />

Der Kit aus neuen Formen weist recht<br />

gute Gravuren an den Oberflächen auf und<br />

besitzt ein im Hinblick auf den Maßstab<br />

ziemlich gut ausgestattetes Cockpit. Ferner<br />

verfügt der Bausatz über eine Motor-Imitation<br />

mit abnehmbarer Haube.<br />

Der Bau der »Wüsten-109« geht recht zügig<br />

voran, da die Einzelteile sehr gut passen<br />

Modellbausatz:<br />

Messerschmitt Bf 109 E-7/Trop<br />

Kit-Nr.: Airfix A02062<br />

Maßstab: 1:72<br />

Hersteller: Airfix/Glow2b<br />

Preis: 8,99 €<br />

Kommentar: Neuer Spritzgussbausatz,<br />

62 Teile, Decals für zwei Maschinen<br />

Plus: Gratfreie Teile, gutes Cockpit und<br />

Fahrwerk, gute Passgenauigkeit, separate<br />

Start- und Landeklappen; Motorimitation<br />

Minus: Etwas zu tiefe Gravuren, aber das<br />

ist Geschmacksache<br />

In den Weiten Nordafrikas durfte der abwerfbare Treibstoff-Tank nicht fehlen<br />

Die Rumpfhälften vor dem Zusammenbau mit<br />

dem fertigen Cockpit<br />

Die verschliffenen Komponenten der Messerschmitt<br />

vor dem Zusammenfügen<br />

Die Unterseiten sind bereits hellblau; nun wird<br />

Sandgelb aufgetragen<br />

Modell und Fotos Othmar Hellinger<br />

54


Aus Liebe<br />

zum Detail<br />

Das weiße Band steht für den südlichsten Kriegsschauplatz, nämlich den Mittelmeerraum<br />

und somit keine umständliche Nacharbeit<br />

verlangen. Bei den Tragflächen können<br />

die beiden Start- und Landeklappen<br />

ein- oder ausgefahren dargestellt werden.<br />

Da mir die schnittige Wüstenmaschine<br />

»Schwarze 8« des JG 27 schon immer gut<br />

gefallen hat, habe ich mich für dieses<br />

Flugzeug entschieden.<br />

Lackiert habe ich das gute Stück mit<br />

Farben von Gunze. Auf der Unterseite<br />

habe ich RLM 78 Hellblau aufgetragen,<br />

während ich für die Oberseiten RLM 79<br />

mit Flecken in RLM 80 Olivgrün verwendet<br />

habe. Die Abziehbilder lassen sich<br />

sehr gut aufbringen und werden von mir<br />

anschließend mit Klarlack versiegelt. Das<br />

Fazit: ein Kit für den Taschengeldbereich,<br />

purer Bastelspaß und für Anfänger bestens<br />

geeignet.<br />

■<br />

Othmar Hellinger<br />

Jeden Monat<br />

neu am Kiosk!<br />

Nur am Boden zu empfehlen: Die Cockpit-Haube lässt sich aufgeklappt darstellen<br />

Die Tarnung ist komplett, das weiße Rumpfband<br />

musste noch nachgetragen werden<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

Sicherlich nicht die beste Startbahn, aber<br />

ein mehr als gelungenes Mini-Diorama


MODELLBAU<br />

Jet-Koloss in 1:32: MiG-23 in NVA-Ausführung<br />

MIG-23 MF »FLOGGER B« IN 1:32 VON TRUMPETER/FALLER<br />

Die MiG-23 MF ist in diesem Maßstab ein wahrer<br />

Koloss und hat jede Menge für den Bastler zu bieten<br />

Foto A. Höhne<br />

Foto A. Höhne<br />

Sämtliche Luftbremsen sind ausstellbar, so wie<br />

diese Flosse unter dem Rumpfende. Sie kann<br />

aber auch eingeklappt angebracht werden<br />

Der Enkel der Schturmovik<br />

Es mag dem Modellbauer so vorkommen, sich die einzelnen Baustufen reibungslos abarbeiten.<br />

Eine gelungene Zugabe ist das se-<br />

als hätte er ein 3D-Puzzle in der Hand,<br />

wenn er zum ersten Mal die prall gefüllte parat beigefügte Triebwerk, das Modellbauer<br />

Andreas Höhne eigentlich auf dem eigens<br />

Schachtel öffnet. Satte 565 Bauteile, die auf<br />

29 grauen und vier transparenten Gussästen mitgelieferten Transportwagen darstellen<br />

verteilt sind, bietet der chinesische Hersteller<br />

Trumpeter zum Zusammenbau an. Ent-<br />

ungenauigkeiten nicht möglich; somit ver-<br />

wollte. Leider war dies aufgrund von Pass -<br />

stehen soll der sowjetische Schwenkflügeljet schwand die Turbine im Rumpf. Modellbauer<br />

aufgepasst: Nicht das entsprechende<br />

MiG-23 MF.<br />

Die Fahrwerksbeine sind in Weißmetall Buggewicht vergessen, da sonst der Jet nicht<br />

ausgeführt und tragen zum sicheren Stand auf den Bugrädern stehen bleibt. Schön umgesetzt<br />

hingegen haben die Chinesen die ver-<br />

des schweren Modells bei. Gummireifen runden<br />

das Fahrwerk ab. Die Bauteile besitzen schiedenen Außenlasten. Hier kann man sei-<br />

feine Gravuren an den Modelloberflächen.<br />

Wie immer beginnt<br />

Die Cockpitwanne mit Schleudersitz,<br />

Steuerknüppel und den eingebauten<br />

der Bau mit dem Cockpit, das<br />

Seitenkonsolen in voller Pracht<br />

recht gut ausgestaltet ist. Die Teile<br />

passen hervorragend zusammen.<br />

Dank der Ätzteile von eduard ist<br />

Mit Ätzteilen von eduard werden<br />

das Instrumentenbrett der MiG<br />

das Instrumentenbrett und auch<br />

schon ein Kunstwerk für sich<br />

die Seitenkonsolen aufgewertet.<br />

alleine, wo jeder Strich und jede<br />

Schaut einfach besser aus! Dank<br />

Ziffer in den Uhren sichtbar ist<br />

der guten Bauanleitung lassen<br />

ne eigene Konfiguration wählen. Mit den Decals<br />

hat Andreas Höhne eine DDR-Maschine<br />

aus den 1980er-Jahren dargestellt.<br />

■<br />

Othmar Hellinger<br />

Modellbausatz: MiG-23 MF Flogger B<br />

Kit-Nr.: 03209<br />

Maßstab: 1:32<br />

Hersteller: Trumpeter/Faller<br />

Preis: ca. 90,00 €<br />

Kommentar: Neuer Spritzgussbausatz,<br />

565 Teile<br />

Plus: Metallfahrwerk, Gummireifen,<br />

umfangreiche Außenlasten, toll eingerichtetes<br />

Cockpit, separates Triebwerk mit<br />

Transportwagen<br />

Minus: Passprobleme der Bauteile im<br />

mittleren Rumpfbereich<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, Othmar Hellinger; Modell Andreas Höhne<br />

56


Foto hk-models<br />

Fotos, soweit nichts anders angegeben, Othmar Hellinger<br />

B-25J UND B-17G VON HK-MODELS<br />

Nicht täuschen lassen: Was hier so<br />

klein wirkt, sprengt später die Vitrine<br />

Die Riesen kommen!<br />

Auch im Modellbau denken die Chinesen nenausstattung. Die Spannweite des fertigen<br />

offenbar in großen Maßstäben: So hat Modells beträgt fast einen (!) Meter. Damit<br />

HK-Models Ende letzten Jahres die B-25J<br />

in 1:32 als »Strafer« mit Bug-MG herausgebracht.<br />

Inzwischen sind auch sämtliche Zurüstteile<br />

im Handel erschienen, und FLUG-<br />

ZEUG <strong>CLASSIC</strong> wird das gebaute Modell in<br />

diesem Jahr noch vorstellen.<br />

Ferner erreichte uns von HK ein Testshot<br />

der gigantischen B-17G. Das Bild verspricht<br />

sich der Bastler nicht lange mit der Platzfrage<br />

quälen muss, enthält der Bausatz als Sahnehäubchen<br />

eine passende Wandhalterung. Der<br />

Kit 01E04 ist für ca. 275 Euro erhältlich.<br />

Die Bausätze können über den Importeur<br />

Axels Modellbau Shop in Bodenfelde oder<br />

den Fachhandel bezogen werden.<br />

E-Mail: info@hk-models.de oder Website:<br />

ein gelungenes Kit mit vielen sehr gut detaillierten<br />

www.hk-models.de, Tel. 0 55 71/91 91 00. ■<br />

Teilen und einer umfangreichen In-<br />

Othmar<br />

Hellinger<br />

Modellbausatz: B-25J Strafer<br />

Kit-Nr.: 01E02<br />

Preis: ca. 185,00 €<br />

Diese Version besitzt eine vollverkleidete<br />

Bugnase samt Bewaffnung. Mit Ätzteilen<br />

und Brassinrädern von eduard, einem<br />

Metallfahrwerk von SAC und den tollen<br />

Decals 32056 von Zotz kann der Modellbauer<br />

die B-25 noch weiter aufpeppen.<br />

Die »Mistel« ist sicherlich<br />

eine der skurilsten Flugmaschinen<br />

der Luftwaffe<br />

gewesen und heute eine<br />

echte Herausforderung für<br />

Modellbauer! Wie Sie ein<br />

solches Projekt meistern<br />

können, erfahren sie in<br />

der neusten Ausgabe von<br />

ModellFan, die ab dem<br />

22. April im Handel erhältlich<br />

ist.<br />

Modellbau-News<br />

REVELL: SPECIAL HOBBY<br />

Bla T-2 Buckeye blalddflalsd »Camouflaged<br />

Trainer« in 1:48<br />

flasd<br />

REVELL: (Kit: SH48129). Der<br />

Bla Hersteller blalddflalsd aus Tschechien<br />

erfreut uns Mo-<br />

flasd<br />

dellbauer mit einer<br />

weiteren Variante des Jettrainers. Der Kit besitzt recht<br />

gute Gravuren an den Oberflächen, ein voll eingerichtetes<br />

Cockpit und verschiedene Resinteile. Ein<br />

Photoätzrahmen zur Verfeinerung des Cockpits liegt<br />

ebenfalls bei. Mit den Decals lassen sich insgesamt<br />

fünf Maschinen der griechischen Luftwaffe und der<br />

US Navy darstellen. Preis: 47,99 €<br />

EDUARD<br />

Nieuport 17 Weekend<br />

Edition in 1:48 (Kit:<br />

8432). Die tschechische<br />

Firma hat den<br />

französischen Doppeldecker<br />

in italienischen<br />

Farben und Decals in die Läden gebracht. Der Kit<br />

besteht »nur« aus Plastikteilen und kann in relativ<br />

kurzer Zeit gebaut werden. Eine preiswerte Alternative<br />

für uns Modellbauer. Preis: 13,50 €<br />

REVELL<br />

Junkers Ju 52/3m in<br />

1:144 (Kit: 04843).<br />

Das Unternehmen aus<br />

Bünde beschert uns<br />

die berühmte »Tante<br />

Ju« im kleinen Maßstab. Die 56 Bauteile sind<br />

sauber gefertigt und die Wellblechdarstellung auch<br />

recht gelungen. Mit den Teilen lassen sich sowohl<br />

die Rad- als auch die Skiversion bauen. Zwei<br />

Transporter können mit den Decals dargestellt<br />

werden. Preis: 11,99 €<br />

AIRFIX/GLOW2B<br />

North American F-51D<br />

Mustang in 1:72 (Kit:<br />

A02047). Der Hersteller<br />

aus England kommt mit<br />

einer komplett neuen<br />

Mustang auf den Markt. Die Modelloberflächen<br />

besitzen gute Gravuren, die Passgenauigkeit der<br />

Bauteile ist recht gut, und die Detaillierung für den<br />

Maßstab kann sich sehen lassen. Je eine Maschine<br />

der USAF und der ROKAF (südkoreanische Luftwaffe)<br />

können gebaut werden. Preis: 8,99 €<br />

EDUARD<br />

Bf 110 G-2 ProfiPack<br />

in 1:72 (Kit: 7085).<br />

eduard setzt mit einer<br />

weiteren Variante der<br />

Bf 110 die 72er-Reihe<br />

fort. Die Bauteile sind<br />

exakt gespritzt und weisen fein gravierte Oberflächen<br />

auf. Die Inneneinrichtung ist für diesen<br />

Maßstab herausragend gelungen. Mit den Ätzteilen<br />

lassen sich das Cockpit und verschiedene Partien<br />

des Flugzeuges hervorragend detaillieren. Tolle<br />

Decals lassen den Bau von vier Maschinen der<br />

deutschen Luftwaffe darstellen. Preis: 21,79 €<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

57


Markt<br />

Anzeigen<br />

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Argus<br />

Flugmotoren und mehr...<br />

Lebendige Chronik eines deutschen<br />

Unternehmens und Dokumentation<br />

ihrer Produktpalette vom Anfang der<br />

Fliegerei bis zur Gegenwart<br />

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deutschen Luftfahrtgeschichte vom<br />

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Flügel-Luftschiff“ von 1877<br />

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Modellbauversand Hanke · Merxhausener Str. 17 · 37627 Heinade · Tel.: (0 55 64) 2 00 90 62<br />

58


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FertigmodellE<br />

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Bf-109E JG51<br />

Maßstab 1:72;<br />

Länge ca. 12,3 cm<br />

Best-Nr.: AC99303<br />

Warbirdmodelle Unterberg<br />

Im Euler 24, 63584 Gründau<br />

Tel.: 06051-6189862, Fax: 06051-6189863<br />

F-104G JG32„Bavaria“<br />

Best-Nr.: 8530<br />

F-104 Starfighter<br />

Maßstab 1:72; Länge ca. 23,5 cm<br />

Metallmodell<br />

nur19 € 29 €<br />

F-104S Italian AF<br />

nur19 €<br />

„The Last Starfighter“<br />

Best-Nr.: 8521<br />

PT-17 Stearman<br />

Maßstab 1:48<br />

Spannweite ca. 20,3 cm<br />

Metallmodell<br />

mit Pilotenfiguren, Ständer<br />

Best-Nr.: HA8106<br />

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Riesengroßes Sortiment an Fertigmodellen in 1:72 + 1:48 z.Bsp.: FW-190, Spitfire, P-51, Stearman,<br />

F-100, F-101, F-102, F-104, F-105, F-106, F-111, F-4, F-5, F-14, F-15, F-16, F-18, F-22, Mig´s, usw. Und weitere Exoten!<br />

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Absturz im Kinzigtal<br />

berichtet über die ersten Flugbewegungen<br />

seit 1895 sowie<br />

über den Aufbau und<br />

Untergang der Militärluftfahrt<br />

im hessischen Kinzigtal.<br />

Erhältlich in jeder klassischen<br />

Buchhandlung sowie in jeder<br />

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Preis von 24,90 €.<br />

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Herr Helmut Gassner,<br />

Tel. (089)<br />

13 06 99 – 520<br />

helmut.gassner<br />

@verlagshaus.de<br />

ISBN: 978-3981441901<br />

Verlag Sauer UG, Gründau<br />

www.flugzeugclassic.de<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

59


TERMINE / MUSEUMSTIPP<br />

TERMINE 2013<br />

FÜR DEUTSCHLAND,<br />

ÖSTERREICH UND SCHWEIZ<br />

APRIL<br />

20. April<br />

34. Internationale Flugzeug-Veteranen-<br />

Teile-Börse, Technik Museum Speyer,<br />

Peter Seelinger, Tel. 06341/809 06 od.<br />

0175/585 43 43, pseelinger@t-online.de<br />

24.–27. April<br />

AERO – Messe für allgemeine Luftfahrt,<br />

Messe & Flughafen Friedrichshafen,<br />

www.messe-friedrichshafen.de<br />

MAI<br />

11./12. Mai<br />

Historische Flugtage & 2. Militärhist. Treffen,<br />

Verkehrslandeplatz Großenhain, www.grossflugtage.de<br />

9.–12. Mai<br />

Flugtage, Sonderlandeplatz Laucha<br />

Dorndorf, www.lsv-laucha.npage.de<br />

18.–20. Mai<br />

Grunau-Baby-Treffen/Tag der offenen Tür<br />

(Sonntag), Sonderlandeplatz Bamberg-<br />

Breitenau, www.aeroclub-bamberg.de<br />

25./26. Mai<br />

Airportfestival, Flughafen Niederrhein/<br />

Weese, www.airport-weeze.de<br />

30. Mai.–2. Juni<br />

Flugtage, Sonderlandeplatz Kehl-Sundheim,<br />

www.kehler-flugtage.de<br />

JUNI<br />

6./7. Juni<br />

Flugtag, Verkehrslandeplatz Leipzig-Altenburg,<br />

www.grossflugtage.de<br />

14.–16. Juni<br />

Klassikwelt am Bodensee,<br />

Messe & Flughafen Friedrichshafen,<br />

www.messe-friedrichshafen.de<br />

15./16. Juni<br />

Fly-In, Ambri, Schweiz, www.p3aviation.ch<br />

22./23. Juni<br />

Oldtimertreffen, Segelfluggelände Eutingen,<br />

www.bw-in-fahrt.de<br />

28./29. Juni<br />

Airpower 2013, Internationale Airshow, Fliegerhorst<br />

Hinterstoisser, Zeltweg, Österreich,<br />

www.airpower.gv.at<br />

29. Juni<br />

Tag der offenen Tür/Flyout F-4 Phantom,<br />

Jagdgeschwader 71, Fliegerhorst Wittmund,<br />

www.phantom-pharewell.de<br />

JULI<br />

6./7. Juli<br />

Airshow, Verkehrslandeplatz Coburg Brandensteinsebene,<br />

www.aeroclub-coburg.de<br />

12./13. Juli<br />

Scalaria Air Challenge, Wolfgangsee,<br />

Österreich, www.airchallenge.info<br />

28. Juli<br />

Tag der offenen Tür, Kampfhubschrauber -<br />

regiment 26/Roth, www.deutschesheer.de<br />

AUGUST<br />

3./4. August<br />

Flugplatzfest, Sonderlandeplatz<br />

Bad Frankenhausen,<br />

www.aeroclub-frankenhausen.de<br />

8.–11. August<br />

Seefliegertreffen, Rostock/Marienehe,<br />

www.hansesail.com<br />

10./11. August<br />

Flugtage, Verkehrslandeplatz Bautzen,<br />

www.flugtage-bautzen.de<br />

16.–18. August<br />

Airday Nordholz/100 Jahre Deutsche<br />

Marineflieger, Marineflieger-Stützpunkt<br />

Nordholz, www.airday-nordholz.de<br />

17./18. August<br />

Oldtimer/Doppeldecker Fly-In, Segelflug -<br />

gelände Montabaur, www.biplanes.de<br />

23.–25. August<br />

Quaxmeet 2013, Fly-In am Flughafen<br />

Paderborn-Lippstadt, www.quax-flieger.de<br />

23.–25. August<br />

Tannkosh Fly-In, Verkehrslandeplatz<br />

Tannheim, www.tannkosh.de<br />

24./25. August<br />

Flugplatzfest, Sonderlandeplatz Albstadt-<br />

Degerfeld, www.lsv-degerfeld.de<br />

24. August<br />

Hunterfest, Flugplatz St. Stephan, Schweiz,<br />

www.hunterverein.ch<br />

31. August/1. September<br />

Flugtage, Dittingen, Schweiz,<br />

www.flugtage.ch/c<br />

31. August/1. September<br />

Flugplatzfest, Sonderlandeplatz Krefeld-<br />

Egelsberg, www.flugplatzfest-krefeld.de<br />

EUROPA<br />

APRIL<br />

27./28. April<br />

Oldtimer Fly-In, Strasbourg Neuhof,<br />

Frankreich, www.aileshistoriquesdurhin.fr<br />

MAI<br />

18./19. Mai<br />

Oldtimer Airshow, La Ferte Alais/Cerny,<br />

Frankreich, www.ajbs.fr<br />

20. Mai<br />

Airshow, Oostwold, Niederlande,<br />

www.oostwold-airshow.nl<br />

25. Mai<br />

Airshow, Caslav Airbase, Tschechien,<br />

www.openday2013.cz<br />

JUNI<br />

1./2. Juni<br />

Airshow, Pardubice, Tschechien,<br />

www.aviatickapout.cz<br />

8./9. Juni<br />

Aero Show, Göteborg, Schweden,<br />

www.aeroseum.se<br />

14./15. Juni<br />

Airshow, Volkel Airbase, Niederlande,<br />

www.defensie.nl/luchtmachtdagen<br />

17.–23. Juni<br />

50. Internationale Paris Airshow,<br />

Flughafen Le Bourget/Paris, Frankreich,<br />

www.paris-air-show.com<br />

JULI<br />

13./14. Juli<br />

Flying Legends Airshow, Duxford Airfield,<br />

Großbritannien, www.iwm.org.uk<br />

20./21. Juli<br />

Royal International Air Tattoo, RAF Fairford,<br />

Großbritannien, www.airtattoo.com/airshow<br />

AUGUST<br />

10./11. August<br />

Wings and Wheels, Ursel Airfield, Belgien,<br />

www.wingsandwheels.be<br />

17./18. August<br />

Oldtimer Fly-In, Schaffen-Diest, Belgien,<br />

www.flyin.dac.be<br />

17./18. August<br />

Airshow, Roskilde, Dänemark,<br />

www.airshow.dk<br />

24./25. August<br />

Airshow, Radom-Sadkow, Polen,<br />

www.airshow.sp.mil.pl<br />

31. August/1. September<br />

SIAF 2013 Airshow, Sliac Airbase,<br />

Slowakei, www.siaf.sk<br />

27. August–1. September<br />

MAKS – Internationaler Luft-und Raumfahrt<br />

Salon, Moskau/Zhukovsky, Russland,<br />

www.aviasalon.com<br />

WELTWEIT<br />

APRIL<br />

9.–14. April<br />

Sun ’n Fun Fly-In, Lakeland, Florida, USA,<br />

www.sun-n-fun.org<br />

JULI<br />

29. Juli–4. August<br />

EAA AirVenture Oshkosh, Wittman Regional<br />

Airport, Wisconsin, USA, www.airventure.org<br />

Alle Angaben sind ohne Gewähr.<br />

Kurzfristige Änderungen treten häufig ein,<br />

eventuell beim Veranstalter nachfragen!<br />

Sie planen eine Veranstaltung? Teilen Sie uns<br />

diese bitte möglichst frühzeitig mit:<br />

Fax: 09 51/4 28 23, E-Mail: janluftfahrt@aol.com,<br />

Alexander Nüßlein, J.A.N. Luftfahrtdokumentation<br />

BÜCHER<br />

Fokker D.21<br />

Fokkers laatste eenmotorige jager<br />

In holländischer Sprache<br />

240 S., über 400 s/w- und Farbfotos,<br />

elf Farbprofile. Lanasta, Emmen (NL).<br />

ISBN 978-90-8616-099-0.<br />

Preis: 39,80 €<br />

Bezugsquelle: Fachbuchhandlung<br />

Schmidt. www.christian-schmidt.com.<br />

Tel. 089/70 32 27<br />

PETER DE JONG<br />

Holländischer Jäger<br />

Die Fokker D.21 war im Vergleich zur<br />

Spitfire und Bf 109 zwar veraltet, dennoch<br />

errang sie eine beachtliche internationale<br />

Bedeutung. Es waren insbesondere<br />

die Finnen, die sie für ein brauchbares<br />

Kampfflugzeug hielten und erfolgreich<br />

nutzten. Der Autor zeichnet die interessante<br />

Entwicklungs- und Einsatzgeschichte<br />

der D.21 tiefschürfend nach,<br />

üppig illustriert mit guten Fotos und Abbildungen.<br />

Zwar gibt es nur eine kurze,<br />

englischsprachige Zusammenfassung,<br />

doch sollte der holländische Originaltext<br />

hierzulande niemanden abschrecken.<br />

Wer sich für die D.21 interessiert, kommt<br />

an diesem Buch nicht vorbei! WM<br />

FRANK GÜTH (HRSG.)<br />

Fliegerschicksale<br />

Die Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte<br />

Rhein/Mosel e.V. berichtet<br />

über regionale Ereignisse zwischen 1914<br />

und 1945. Zudem wird auch einigen<br />

Abstürzen in den ersten Jahren nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg angemessen Platz<br />

gewidmet. Im Vordergrund stehen die<br />

Schicksale der direkt beteiligten Protagonisten.<br />

Der inhaltliche Bogen des gut zu<br />

lesenden Buches reicht von den Nachforschungen<br />

am Absturzort bis hin zu den<br />

ebenso interessanten wie oft erschütternden<br />

Gesprächen mit Zeitzeugen – oder<br />

eben den unmittelbar Beteiligten, was die<br />

besondere Würze ausmacht. Dazu gibt es<br />

reichlich Bildmaterial.<br />

WM<br />

… als der Himmel<br />

glühte und die Erde brannte …<br />

Deutsche und alliierte Fliegerschicksale<br />

zwischen 1914 und<br />

1947<br />

202 S., ca. 300 Fotos und Abbildungen.<br />

Helios Verlags- und Buchvertriebsgesellschaft.<br />

ISBN 978-<br />

86933-083-9. Preis: 38,50 €<br />

Bezugsquelle: Fachbuchhandlung<br />

Schmidt. www.christianschmidt.com.<br />

Tel. 089/70 32 27<br />

60


Das seltenste Flugzeug in der Sammlung<br />

ist die Fw 190 D-13 »Langnase«<br />

Jäger-Legenden nebeneinander:<br />

Fw 190 A<br />

und Bf 109 E<br />

Wenn ein Milliardär seinem Hobby frönt …<br />

In den späten 1990er-Jahren hat der Milliardär<br />

Paul Allen begonnen, seltene »Warbirds«,<br />

überwiegend aus dem Zweiten Weltkrieg,<br />

zu sammeln. Seine Leidenschaft für die<br />

Luftfahrtgeschichte ist die Motivation, diese<br />

Raritäten zu sammeln, nach höchsten Standards<br />

der Authentizität restaurieren zu lassen<br />

und sie in seinem Museum der Öffentlichkeit<br />

zu präsentieren.<br />

Anders als in den meisten Luftfahrtmuseen<br />

sind die Flugzeuge fast ausnahmslos flugfähig<br />

und werden an besonderen Tagen den Besuchern<br />

in der Luft vorgeführt. Dabei werden<br />

Das »Kraftei« der Luftwaffe: Messerschmitt<br />

Me 163 B »Komet«<br />

die Typen nach Herkunftsländern oder Themen<br />

zusammengestellt wie zum Beispiel<br />

»American Airpower«, »Pacific Legends«,<br />

»Luftwaffe day« oder »Battle of Britain«.<br />

Die Sammlung umfasst inzwischen rund<br />

20 Flugzeuge und Flugkörper, weitere selte -<br />

ne Stücke werden zurzeit restauriert. Unter<br />

den Flugzeugtypen finden sich überwiegend<br />

bekannte Legenden des Zweiten Weltkriegs<br />

aus fünf Ländern wie zum Beispiel Curtiss<br />

Tomahawk, Hellcat, Hurricane, Schturmovik,<br />

Zero, Mitchell, Mustang, Thunderbolt, Rata<br />

oder Spitfire.<br />

Die berüchtigte bemannte V1. Sie wird aus<br />

verständlichen Gründen nicht mehr geflogen<br />

Auf den deutschen Besucher warten Leckerbissen<br />

wie Fieseler Storch, Fw 190 A, die<br />

letzte Fw 190 D-13, Bf 109 E, Me 163 oder Fieseler<br />

Reichenberg.<br />

In einem gut sortierten Museumsshop können<br />

zahlreiche Souvenirs, Bücher, DVDs und<br />

vieles mehr erworben werden.<br />

Peter W. Cohausz ■<br />

Fotos Rudolf Herrgen mit bestem Dank.<br />

Checkliste<br />

Flying Heritage Collection<br />

Paine Field, 3407 109th Street SW,<br />

Everett, WA 98204, USA<br />

Telefon: 001/206/3424242<br />

Website: www.flyingheritage.com<br />

Öffnungszeiten:<br />

Täglich 10 bis 17 Uhr von Memorial Day (Ende<br />

Mai) bis Labour Day (Anfang September),<br />

ansonsten Di bis So 10 bis 17 Uhr<br />

Thanksgiving Day (Ende November) und Heiligabend<br />

geschlossen<br />

Eintrittspreise:<br />

Erwachsene 12,00 $<br />

Kinder 6 bis 15 Jahre 8,00 $<br />

Kinder unter 6 Jahren frei<br />

Rentner und Soldaten 10,00 $<br />

Gruppen ab 15 Personen 10,00 $/Person<br />

MUSEUMSTIPP<br />

»Wir zwei«<br />

Mit der Spirit of St. Louis über<br />

den Atlantik<br />

192 S., mit farbigen Karten zum<br />

Ausklappen und historischen<br />

Aufnahmen.<br />

MavenPress. ISBN: 978-3-<br />

941719-05-7. Preis: 19,90 €<br />

CHARLES LINDBERGH<br />

Der erste Atlantik-Flug<br />

Untrennbar mit seiner Maschine »Spirit of<br />

St. Louis« verbunden, präsentiert sich<br />

Charles Lindbergh in seiner Autobiographie,<br />

die kurz nach seinem im Mai 1927<br />

absolvierten Atlantiküberflug entstanden<br />

ist. Noch geprägt vom Erlebnis des Rekordflugs,<br />

beschreibt er sehr detailreich,<br />

wie er sich darauf vorbereitet hat und den<br />

Flug anschließend durchführte. Diese neu<br />

erschienene, ins Deutsche übersetzte Ausgabe<br />

enthält zudem ein Geleitwort von<br />

seiner Tochter Reeve und ist eine Empfehlung<br />

für alle, die sich nicht nur für den<br />

historischen Flug interessieren, sondern<br />

auch in die wilde Welt der Fliegerei in den<br />

1920er-Jahren abtauchen wollen. AZ<br />

M. FORSLUND UND TH. VALLET<br />

Schwedens Propellerjäger<br />

Vorgestellt werden hier die kolbenmotorgetriebenen<br />

Jagdflugzeuge der schwedischen<br />

Streitkräfte von Mitte der 1920er-<br />

Jahre bis zum Ende ihrer Ära. Die optisch<br />

wie inhaltlich hochwertige Publikation<br />

befasst sich mit einer Vielzahl entsprechender<br />

Muster, die von »Eigengewächsen«<br />

über amerikanische, britische oder<br />

italienische Jägertypen reichen. Darunter<br />

Exoten wie die Saab J 21A oder die J 6 SA<br />

14 Jaktfalken. Historiker wie Modellbauer<br />

können sich freuen, denn zu den Texten<br />

und Tabellen gibt es zahlreiche Farbprofile<br />

vom Feinsten sowie viele tolle<br />

Fotos. Fazit: Runde Angelegenheit mit<br />

gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. WM<br />

Swedish<br />

Fighter Colours 1925–1954<br />

Piston engined<br />

In englischer Sprache<br />

264 S., 353 s/w und Farbfotos,<br />

79 Farbprofile. Mushroom Model<br />

Publications. ISBN 978-83-<br />

61421-72-6. Preis: 46,00 €<br />

Bezugsquelle: Sound<br />

Tonträger/Bücher. www.soundbm.com.<br />

Tel. 0177/288 29 68<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

61


ZEITGESCHICHTE<br />

Hans Bertram<br />

FLUGPIONIERE KÄMPFEN UMS ÜBERLEBEN<br />

Verschollen in A<br />

Es ist der Alptraum eines jeden Piloten: Nach einer Notwasserung mitten im Nirgendwo<br />

sahen sich zwei Fliegerpioniere einer feindlichen Umwelt gegenüber. Der ungleiche<br />

Kampf ums Überleben begann …<br />

Von Jim Grant<br />

sche Gemeinden in Asien und Australien besuchen<br />

und ausloten, ob sich hier Exportmöglichkeiten<br />

für deutsche Flugzeuge ergaben. Zudem<br />

war es seine Absicht, Landeplätze für<br />

Wasserflugzeuge und Landflugplätze zu erkunden.<br />

Letzteres brachte den Fliegerpionieren<br />

prompt den Verdacht ein, im Auftrag der deutschen<br />

Regierung zu spionieren.<br />

Das große Abenteuer beginnt<br />

Die Junkers W.33c mit der zivilen Kennung<br />

D-1925 und dem treffenden Spitznamen »Atlantis«<br />

hob am 29. Februar 1932 in Köln zu ih-<br />

Für die meisten Piloten, die gezwungen<br />

sind, eine Notwasserung hinzulegen, ist<br />

das Schlimmste überstanden, sobald sie<br />

wieder festen Boden unter den Füßen haben.<br />

Für Hans Bertram und Adolf Klausmann hingegen<br />

sollte der eigentliche Höllentrip erst<br />

jetzt beginnen, als sie 42 Tage an der Nordküste<br />

Westaustraliens ums nackte Überleben<br />

kämpfen mussten.<br />

Die Gründe, die Bertram dazu brachten, mit<br />

seiner Junkers W.33c um die halbe Welt nach<br />

Australien zu fliegen, waren eine Mischung aus<br />

Kommerz und Abenteuerlust: Er wollte deutrem<br />

großen Abenteuer ab. Die Besatzung bestand<br />

neben Pilot Bertram und Bordmechaniker<br />

Adolph Klausmann noch aus dem Copiloten<br />

Thom und dem Fotografen Alexander<br />

von Lagorio. Ihre erste Etappe war Friedrichshafen.<br />

Von da aus ging es über die Alpen<br />

– ein alptraumhafter Flug, bei dem sie blind<br />

zwischen den Bergketten manövrieren mussten.<br />

Nun hieß es, Europa Lebewohl zu sagen:<br />

Ihre nächste Station außerhalb Italiens führte<br />

sie ins türkische Alexandretta (Iskenderun),<br />

ehe sie mit verstopftem Vergaser am 18. März<br />

Bagdad erreichten.<br />

62


ustralien<br />

Die vorübergehend verlassene<br />

»Atlantis«: Hier<br />

begann der Höllentrip<br />

von ...<br />

... Hans Bertram im australischen Busch<br />

Über Basra und weitere Zwischenstationen<br />

erreichte die unermüdliche Junkers<br />

schließlich Karatschi in Britisch-Indien. Dort<br />

zog man sie aus dem Wasser und gewährte<br />

ihr eine zumindest rudimentäre Wartung.<br />

Außerdem erneuerte man ihren schwarzen<br />

Anstrich an den Flügelunterseiten und<br />

Schwimmern.<br />

Eher gemächlich ging es am 29. März die<br />

Küste entlang nach Madras, wo die »Atlantis«<br />

am 8. April eintraf. Mit der Gemütlichkeit<br />

war es jedoch schlagartig vorbei, als sie am<br />

Hier machte die tapfere Junkers Bekanntschaft<br />

mit Monsun-Gewitterfronten.<br />

15. nach Akyab (heute Sittwe, Myanmar) weiterflog.<br />

Hier machte die tapfere Junkers Bekanntschaft<br />

mit Monsun-Gewitterfronten,<br />

durch die sie auch noch wiederholt hindurchfliegen<br />

musste. Der durchgeschüttelten<br />

Besatzung wurden dann ein paar ruhige<br />

Flugtage gegönnt. So ging es zwischen dem<br />

16. April und 2. Mai über Rangun, Bangkok,<br />

Penang, Singapur und Palembang nach Batavia<br />

(heute Jakarta), der Hauptstadt Niederländisch-Indiens<br />

(heute Indonesien).<br />

Hier traf Bertram die verhängnisvolle Entscheidung,<br />

den Pionier-Flug auf Australien<br />

auszudehnen. Zuvor hatten ihn viele Einladungen<br />

erreicht, in denen er aufgefordert<br />

wurde, mit der »Atlantis« auch »Down Under«<br />

zu besuchen. Dies bedeutete jedoch,<br />

dass er Thom und von Lagorio zurücklassen<br />

musste. Denn nur so konnte er gewährleisten,<br />

dass der Treibstoff auch reichte, um die<br />

Timorsee zu überqueren und die großen Entfernungen<br />

zwischen den weit verstreut liegenden<br />

»Tankstellen« entlang der australischen<br />

Küste zu bewältigen.<br />

Doch bevor die »Atlantis« zu ihrem neuen<br />

Abenteuer aufbrach, flog Bertram die Maschine<br />

am 7. Mai zum niederländischen Marineflugplatz<br />

in Morokrembangan bei Surabaya,<br />

wo sie mit Ausnahme des Motors<br />

vollständig überholt wurde.<br />

Vom Kurs abgekommen<br />

Bertram hatte beschlossen, in der Nacht vom<br />

14. auf den 15. Mai von Kupang (Timor) nach<br />

Australien aufzubrechen. Sein Ziel war es,<br />

Darwin bei Morgengrauen zu erreichen, um<br />

so die größtmögliche öffentliche Aufmerksamkeit<br />

zu erregen.<br />

Beim Start war der Himmel noch klar.<br />

Doch schon bald gerieten die beiden Deutschen<br />

in dichte Wolkenformationen, die bis<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

63


ZEITGESCHICHTE<br />

Hans Bertram<br />

Die »Atlantis« steht nach der Bruchlandung in<br />

Kalgoorlie wieder auf ihrem Fahrwerk<br />

Außer Kontrolle: Die »Atlantis« bei der missglückten<br />

Landung in Kalgoorlie. Das am Boden schleifende<br />

Rumpfheck und die rechte Tragfläche<br />

wirbeln Schmutz auf<br />

zu drei Kilometer in die Höhe ragten und<br />

Bertram zwangen, stundenlang nach Instrumenten<br />

zu fliegen. Um 5:25 Uhr sah er das<br />

Meer, schätzte, dass der Wind mit 4 km/h aus<br />

Südosten wehte und ging auf etwas südlicheren<br />

Kurs, um wieder auf seine vorgesehene<br />

Route zu gelangen.<br />

Tatsächlich befand sich Bertram jedoch bereits<br />

weit westlich seines Bestimmungsortes –<br />

die Kursänderung führte ihn noch weiter von<br />

seinem Ziel weg. Und die Uhr tickte, denn<br />

der Treibstoff ging zur Neige! Kurz nach Sonnenaufgang<br />

fassten sie sich schließlich ein<br />

Herz und wasserten mit fast leerem Tank in<br />

der erstbesten Bucht, die ihnen dafür als geeignet<br />

erschien.<br />

Vermeintliche Rettung<br />

Sie brachten die »Atlantis« ans Ufer und<br />

mussten zu ihrem Entsetzen feststellen, dass<br />

sie nicht die geringste Ahnung hatten, wo sie<br />

sich befanden. Aber was wäre ein guter Flieger,<br />

wenn er nicht auch das liquide Element<br />

meistern könnte! Sie montierten einen der<br />

Schwimmer ab und funktionierten diesen<br />

kurzerhand zu einem Kanu um. Es zeigte sich<br />

jedoch rasch, dass sie bessere Flieger als Seemänner<br />

waren. Als sie die Küste entlangfuhren,<br />

beschädigte nämlich die aufgewühlte See<br />

ihr »Junkers-Kanu«, und um ein Haar wären<br />

sie ertrunken. Mit letzter Kraft erreichten sie<br />

das rettende Ufer. Endlich an Land, konnten<br />

sie ihr Glück kaum fassen: Da waren Menschen!<br />

Doch seltsamerweise rührten sich diese<br />

nicht. Es waren Aborigines, die die beiden<br />

»vom Himmel gefallenen« Deutschen mit der<br />

Ankunft eines ihrer Götter in Verbindung<br />

brachten. Daher wahrten sie einen Respektabstand,<br />

der für die beiden Europäer sicher-<br />

lich schmeichelhaft war, sie aber ihrer Rettung<br />

keinen Schritt näher brachte.<br />

In der Zwischenzeit lief die Suche nach den<br />

Junkers-Fliegern an, an der sich sowohl die<br />

Niederländer mit einem Zerstörer als auch die<br />

australische Regierung beteiligten, die unter<br />

anderem ein Postflugzeug der West Australian<br />

Airways in Wyndham charterte. Die Besatzung<br />

inspizierte gründlich alle möglichen<br />

Sie wasserten mit fast leerem Tank in der<br />

erstbesten Bucht, die geeignet erschien.<br />

Landeorte innerhalb des ausgewie senen Suchgebiets,<br />

doch fand sich keine Spur. Die »Atlantis«<br />

schien genauso vom Meer verschluckt<br />

worden zu sein wie der sagenhafte Kontinent,<br />

nach dem sie benannt worden war.<br />

Die Hoffnung war bereits im Schwinden,<br />

als am 1. Juni zwei Aborigines ein vorbeifahrendes<br />

Missionsboot anhielten und ihnen ein<br />

Von links: Klausmann, Bertram und Constable Marshall, Leiter des Suchtrupps,<br />

mit zwei der Aborigines, die die Flieger entdeckt hatten<br />

Das lebensrettende Kanu, das aus dem linken Schwimmer der Junkers<br />

W.33c, D-1925 »Atlantis«, gebaut wurde. Cape Bemier, W.A., ca. 1932<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, RAAFA Aviation Heritage Museum of WA<br />

64


Junkers W 33g der Bertram Atlantis Expedition.<br />

Die Schwimmer wurden erst später<br />

schwarz lackiert Zeichnung Herbert Ringlstetter<br />

Zigarettenetui mit den Initialen HB sowie ein<br />

Taschentuch übergaben. Die beiden konnten<br />

zwar keine genauen Angaben über den Fundort<br />

machen, doch es bedeutete, dass Bertram<br />

und Klausmann viel weiter westlich gelandet<br />

waren, als alle angenommen hatten. Wegen<br />

fehlender Funkgeräte dauerte es, bis diese<br />

Nachricht Wyndham erreichte. Doch nachdem<br />

nun sicher war, dass die Flieger Australien<br />

erreicht hatten, wurde die Suche wieder<br />

aufgenommen.<br />

Die Entdeckung von »Atlantis«<br />

Western Australian Airways stellte erneut eine<br />

Maschine zur Verfügung, die die Küstenlinie<br />

abflog. »Da!«, rief der Pilot am zweiten Tag der<br />

Suche plötzlich. »Ist das nicht …?« Sie hatten<br />

tatsächlich »Atlantis« entdeckt, zumindest das<br />

Flugzeug. Es befand sich in der Nähe von<br />

Rocky Island, 160 Kilometer westlich von<br />

Wyndham. Die beiden Deutschen waren jedoch<br />

nicht zu sehen. Die Wyndham Meat<br />

Works sandten daraufhin ein Boot aus. Innen,<br />

an einem der Cockpit-Fenster, fand die Besatzung<br />

des Bootes folgende Notiz: »27. Mai 1932.<br />

Australien. Haben heute das Flugzeug in einem<br />

zum Boot umfunktionierten Schwimmer<br />

in westlicher Richtung verlassen. Bertram.«<br />

Die Deutschen blieben jedoch unauffindbar.<br />

Erst am 22. Juni lasen freundliche Aborigines<br />

die halb verhungerten, halb verdursteten Männer<br />

auf. Sie waren dem Tode nahe, doch die<br />

Ureinwohner konnten sie dazu bringen, ausreichend<br />

zu essen und zu trinken. Nach einer<br />

Woche traf ein Polizei-Suchtrupp ein, der die<br />

beiden Flieger wieder zurück in die Zivilisa -<br />

tion brachte. So gelangten sie am 6. Juli nach<br />

Wyndham und wurden dort in ein Krankenhaus<br />

eingeliefert. Mit normaler Verpflegung<br />

und unter ärztlicher Betreuung kam Bertram<br />

rasch wieder zu Kräften, doch Klausmanns<br />

geistiger Zustand hatte sich derart verschlechtert,<br />

dass er nie wieder vollständig genas.<br />

Die Junkers wird wieder flott gemacht<br />

Die Kosten für die Suchaktion beliefen sich<br />

auf 361 Britische Pfund, die später von den<br />

Junkers Flugzeug- und Motorenwerken übernommen<br />

wurden.<br />

Am 18. September kehrten Bertram und<br />

Fred Sexton, ein Mechaniker der Western<br />

Die unverwüstliche Junkers<br />

Zäh wie die »Tante Ju«: Auch nach ihrer unfreiwilligen Salzkur und einer unsanften »Amputation«<br />

konnte die Junkers W 33 in kurzer Zeit wieder flugtüchtig gemacht werden<br />

Der neue, kleinere<br />

Schwimmer wird für<br />

den Anbau an die<br />

Junkers vorbereitet<br />

Die unterschiedlich großen<br />

Schwimmer waren auch für<br />

einen erfahrenen Wasserflugzeug-Piloten<br />

wie Bertram<br />

eine Herausforderung<br />

Die »Atlantis« wird in Freemantle auf den Kai<br />

gehoben, bevor sie zum Flughafen Maylands<br />

transportiert wird, um dort ein Fahrgestell zu<br />

erhalten. Unter der linken Tragfläche befindet<br />

sich der kleinere Schwimmer<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

65


ZEITGESCHICHTE<br />

Hans Bertram<br />

Australian Airways (WAA), mit einem Ersatzschwimmer<br />

zu dem gestrandeten Flugzeug<br />

zurück. Der Schwimmer war zwar kleiner<br />

als das Original, erfüllte jedoch trotzdem<br />

seinen Zweck. Die Maschine sah sich von ihrer<br />

Ankunft in Australien am 15. Mai bis zum<br />

18. September ungeschützt der Witterung<br />

ausgesetzt und war mittlerweile von einer<br />

Salzschicht überzogen. Bertram und Sexton<br />

versuchten, den Motor anzulassen, und zu<br />

Sextons Überraschung sprang dieser schon<br />

beim ersten Versuch an. Er reinigte Zündkerzen<br />

und Anlasser, beseitigte die Salzschicht<br />

und montierte den Ersatzschwimmer. Erstaunlicherweise<br />

waren bei der unverwüstlichen<br />

Junkers keinerlei Anzeichen von Korrosion<br />

vorhanden. Schließlich starteten sie am<br />

21. September nach Perth.<br />

Trotz der ungleichen Schwimmer zeigte die<br />

»Atlantis« nach dem Start keinerlei ungewöhnliches<br />

Flugverhalten. Allerdings musste<br />

Bertram beim Starten und Wassern genau auf<br />

Windrichtung und Tide achten, da der Flügel<br />

mit dem kleineren Schwimmer dazu neigte,<br />

ins Wasser einzutauchen. Nach ihrer Ankunft<br />

erhielt die tapfere Junkers von WAA ein Fahrwerk<br />

und wurde komplett durch gecheckt.<br />

Hans Bertram und Adolf Klausmann über Melbourne im Oktober 1932<br />

Das Replikat der »Atlantis« während der Dreharbeiten zu »Flug in die Hölle«, Broome ca. 1980<br />

Missglückte Landung<br />

Anschließend setzte die »Atlantis« endlich ihren<br />

Flug rund um Australien fort, um zuletzt<br />

über Niederländisch-Ostindien nach<br />

Deutschland zurückzukehren. Am 29. September<br />

legte Bertram jedoch eine ziemlich harte<br />

Landung vor mehr als 500 Zuschauern hin.<br />

Dabei hob die Maschine wieder ab, traf dann<br />

hart am Boden auf und rollte auf die Besucher<br />

zu. Die Zuschauer nahmen flugs die Beine in<br />

die Hand und stoben wie eine aufgescheuchte<br />

Herde auseinander. Glücklicherweise gelang<br />

es Bertram, die Junkers wieder unter Kontrolle<br />

zu bekommen und sowohl den Flüchtenden<br />

als auch dem Clubhaus auszuweichen. Allerdings<br />

legte er dabei einen Baum um, überquerte<br />

eine Straße und durchbrach einen Zaun,<br />

bevor die Junkers zum Stehen kam. Der Propeller<br />

war zerschmettert und ein Flügel leicht<br />

beschädigt, ebenso die Fahrwerkstreben. Bertram<br />

bat WAA telefonisch um Hilfe, und Fred<br />

Sexton wurde ausgesandt, das Flugzeug zu reparieren,<br />

was bis zum 2. Oktober dauerte. Am<br />

nächsten Tag konnte Bertram mit einem Pressevertreter<br />

nach Adelaide aufbrechen, bevor es<br />

weiter nach Melbourne ging. Während der folgenden<br />

fünf Wochen besuchte er Tasmanien,<br />

Sydney, Newcastle und Brisbane, ehe er nach<br />

Melbourne zurückkehrte, um seinen Heimflug<br />

vorzubereiten.<br />

Neuer Rekord?<br />

Die Gesamtflugstrecke bis zu diesem Zeitpunkt<br />

betrug 33 292 Kilometer. Bertram wollte<br />

einen Rekord für die Strecke Australien–<br />

66


Das ramponierte Replikat nach den Dreharbeiten. Heute ist es in einem<br />

australischen Museum ausgestellt<br />

Erhalten: das improvisierte »Junkers-Kanu« im Freemantle Maritime<br />

Museum<br />

Deutschland aufstellen oder alternativ wenigstens<br />

eine geeignete Route für einen<br />

Linienflug erkunden. Er versicherte sich dazu<br />

der Hilfe des außerordentlich erfahrenen<br />

»Scotty« Allan als Copilot.<br />

Als sie am 9. Dezember Melbourne verließen,<br />

war die Maschine mit Mustern australischer<br />

Produkte beladen, die Bertram nach<br />

Deutschland mitnehmen wollte. Ihre erste<br />

Station war Darwin, das sie über einen Tankstopp<br />

in Alice Springs nach 20 Stunden<br />

Flugzeit erreichten. Anschließend ging es<br />

über Birma (Niederländisch-Indien) weiter<br />

nach Surabaya.<br />

Endlich wieder zu Hause<br />

Das Pech war jedoch weiterhin ein zuverlässiger<br />

Begleiter der »Atlantis«: Bei dem Versuch,<br />

in Surabaya zu starten, kam die Junkers<br />

am 13. Dezember von der Piste ab und landete<br />

in einem der parallel dazu verlaufenden<br />

Gräben. Dabei scherte das Fahrwerk ab, und<br />

der rechte Flügel wurde so stark beschädigt,<br />

dass er nicht mehr instand gesetzt werden<br />

konnte. Junkers schickte Ersatzteile, und die<br />

niederländische Marine führte die notwendigen<br />

Reparaturen durch.<br />

Es dauerte fast vier Monate, bis das Flugzeug<br />

wieder startklar war und die »Atlantis«<br />

am 11. April den Flug fortsetzen konnte. Allerdings<br />

ohne Allan, denn dieser kehrte zuvor<br />

nach Australien zurück. Bertram trat schließlich<br />

über Batavia, Akyab (Sitwe), Allahabad<br />

(wo der rechte Flügel beschädigt wurde, als er<br />

einen Fahnenmast berührte), Jodhpur, Karat -<br />

schi, Buschehr, Aleppo und Athen den Rückflug<br />

an. Als er schließlich Berlin erreichte, waren<br />

seit seinem Start in Surabaya gerade<br />

einmal sieben Tage vergangen! Seine Ankunft<br />

auf dem Flughafen Tempelhof war für die<br />

Berliner natürlich eine Sensation – sehr zum<br />

Leidwesen einiger anderer Piloten, die just an<br />

diesem Tag an einer Flugschau teilnahmen<br />

und denen Bertram freilich die Show stahl.<br />

Das Pech war jedoch weiterhin ein<br />

zuverlässiger Begleiter der ›Atlantis‹.<br />

Vom Start bis zur Landung in Tempelhof<br />

war die Junkers 321 Stunden und 24 Minuten<br />

in der Luft gewesen. Und mit Ausnahme von<br />

Routine-Wartungsarbeiten waren an dem Motor<br />

keinerlei Arbeiten durchgeführt worden.<br />

Klausmann, der nicht in der Lage war, nach<br />

Deutschland zurückzufliegen, kehrte per Schiff<br />

zurück. Der abgetrennte Schwimmer, der als<br />

Kanu gedient hatte, blieb an dem Ort liegen,<br />

wo er aufgegeben worden war, und wurde erst<br />

1978 vom Western Australi-an Museum wieder<br />

entdeckt. Man reparierte ihn und stellte ihn<br />

im Fremantle Maritime Museum aus.<br />

1985 produzierte die Australian Broadcasting<br />

Commission (ABC) als deutsch-französisch-australische<br />

Coproduktion einen vierteiligen<br />

Spielfilm mit dem Titel »A Flight into<br />

Hell« (Flug in die Hölle), in dem der dramatische<br />

Überlebenskampf der Verschollenen<br />

geschildert wird. Der Film basiert auf Bertrams<br />

gleichnamigem Buch.<br />

■<br />

Quellen:<br />

Zeitungen aus den Jahren 1932 und 1933<br />

Hans Bertram mit einem Modell seiner Junkers W.33c im November 1985<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

67


FILM<br />

»Quax in Afrika«<br />

Versteht keinen Spaß mehr: In »Quax in Afrika« fordert<br />

Fluglehrer Groschenbügel Respekt und Disziplin!<br />

»DISZIPLIN! DISZIPLIN! DISZIPLIN!«<br />

Der fliegende<br />

Herrenmensch<br />

In die deutschen Kinos schafft es »Quax in Fahrt« erst<br />

acht Jahre nach Kriegsende – umgetauft in »Quax in<br />

Afrika«, ein befremdlicher Restposten aus dem NS-<br />

Produktionsnachlass. Hauptdarsteller Heinz Rühmann<br />

muss sich neu erfinden …<br />

Von Stefan Bartmann<br />

Eine »Notlandung in dümmlichem Klamauk«<br />

nennt ganz unverhohlen das Fischer-Filmlexikon<br />

diese verkrampft um<br />

Leichtigkeit bemühte Fliegerkomödie. Dabei<br />

waren für Heinz Rühmann, den leidenschaftlichen<br />

Sportpiloten, beide »Quax«-Filme eine<br />

Herzensangelegenheit – und dies umso<br />

mehr, nachdem sein Projekt »Vagabunden<br />

der Luft«, in dem er gemeinsam mit seinem<br />

verehrten Freund Ernst Udet hatte spielen<br />

wollen, 1933 an internen Widerständen bei<br />

der Ufa noch während der Vorbereitung gescheitert<br />

war.<br />

Der große Erfolg von »Quax, der Bruchpilot«<br />

von 1941 zog fast zwangsläufig die Fortsetzung<br />

»Quax in Fahrt« nach sich. Begonnen<br />

1943 im beschaulichen Kempten-Durach, ist<br />

der attraktive fliegerische Teil von »Quax in<br />

Afrika« (wie er bei seiner späten Premiere<br />

1953 heißen wird) schon etwa bei der Hälfte<br />

des Films erledigt. Der »Europaflug 1932« endet<br />

für Quax nämlich in einer Bruchlandung<br />

mit der D-ELLI in der afrikanischen Steppe –<br />

beziehungsweise im Sand der Mark Brandenburg.<br />

»Arische Überlegenheit«<br />

Es folgt der Crash der beiden anderen Teams<br />

der Fliegerschule »Bergried«, als sie ihrem<br />

Lehrer und Anführer zu Hilfe kommen wollen.<br />

Inspiriert wurde dieser Teil der Handlung<br />

ziemlich sicher von den Erlebnissen<br />

Ernst Udets und Elly Beinhorns, die Anfang<br />

1931 – in verschiedenen Regionen und auf<br />

verschiedenen Flügen – tatsächlich eine Zeit<br />

lang in Afrika als verschollen galten, was zu<br />

Hause für Schlagzeilen gesorgt hatte.<br />

Was nun kommt, ist deutsche Klamotte<br />

und deutscher Humor: Die D-ELLI kann repariert<br />

werden, Quax wird von Eingeborenen<br />

als »vom Himmel gefallener Gott« verehrt<br />

und mit der wilden Banani verehelicht. Nach<br />

einigem belanglosen Hin und Her und dem<br />

Beweis arischer Überlegenheit (die D-ELLI<br />

wird per Gummiseilstart (!) in die Luft befördert)<br />

entscheidet sich Quax letzten Endes<br />

doch für eine standesgemäße Heirat in »Bergried«<br />

und lässt die todtraurige Banani im »Urwald«<br />

zurück …<br />

Mehr Story gibt’s nicht. Zudem will sich<br />

dieser Setzbaukasten nicht recht zusammenfügen,<br />

und mit gut eineinhalb Stunden Laufzeit<br />

weist »Quax-II« deutliche Längen auf,<br />

sieht man von den knorrigen Dialogen einmal<br />

ganz ab. Die »Quax«-Filme mit ihrem<br />

Schenkelklopferwitz sind ohnehin ein ziemlich<br />

deutsches Phänomen und jenseits des<br />

deutschsprachigen Raums so gut wie unbekannt<br />

– obwohl »Quax, der Bruchpilot« noch<br />

während des Krieges im Ausland gezeigt<br />

wurde, so auch in Schweden, wohin Rühmann<br />

persönlich zur Uraufführung geflogen<br />

war.<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, via Stefan Bartmann<br />

68


Die Schluss-Szene in »Bergried« offenbart eine kleine Logiklücke. Denn eigentlich sind zwei der drei<br />

Klemms in »Afrika« zu Bruch gegangen …<br />

Foto Deutsche Kinemathek<br />

Denkt man sich die magere Geschichte<br />

und den unangenehmen Kasernenhof-Ton<br />

von »Quax-II« komplett weg, bleiben die gefällige<br />

Filmmusik von Werner Bochmann<br />

und wunderbare Flugaufnahmen – etwa<br />

vom fliegerischen Leben in Kempten-Durach,<br />

das als »Bergried« dient (siehe FLUG-<br />

ZEUG <strong>CLASSIC</strong> 3/2013). Auch die Vorgängergeschichte<br />

spielte auf jenem fiktiven Flugplatz;<br />

gedreht wurde 1941 jedoch in Prien am<br />

Chiemsee.<br />

Starke Kamera<br />

Dass »Quax in Afrika« optisch durchaus vorzeigbar<br />

geraten ist, hat er vor allem Heinz von<br />

Jaworsky zu verdanken, dem wohl besten<br />

Heinz Rühmann – Der Mitläufer<br />

Wer über die »Quax«-Filme<br />

spricht, kommt an Heinz Rühmann<br />

nicht vorbei. Mit dessen<br />

Einordnung haben die (Film-)<br />

Historiker bis heute ihre Probleme<br />

– insbesondere, was seine<br />

kritischen NS-Jahre betrifft, in<br />

denen seine Karriere einen produktiven<br />

Höhenflug erlebte.<br />

Zur Verklärung taugt der<br />

Schauspieler jedenfalls nicht.<br />

Rühmann selbst hat sich nie<br />

ausführlicher zu seinen Jahren<br />

im »Dritten Reich« geäußert – allenfalls in<br />

kollegial-unverbindlichen Aussagen. Er genoss<br />

seine Privilegien und war zweifellos ein<br />

gut funktionierender Teil des Systems bis<br />

zum bitteren Ende. Noch im August 1944<br />

wurde er in die exklusive Liste der »unverzichtbaren<br />

Künstler« aufgenommen.<br />

Rühmanns schauspielerisches Repertoire<br />

war in seinen jungen Jahren nicht allzu breit.<br />

In den 1930ern hatte er den Typus des unterschätzten<br />

»Kleinen Mannes« entwickelt,<br />

der sich im Rahmen seiner Möglichkeiten<br />

eingerichtet hat und selten<br />

über die Stränge schlägt; auch<br />

privat lebte Rühmann so. Die<br />

meisten seiner Volksgenossen<br />

im NS-Deutschland konnten<br />

sich in dieser bedrängten Position<br />

sehr konkret wiederfinden.<br />

Wer intensiver mit ihm zu tun<br />

hatte, erkannte meist schnell,<br />

wie der Publikumsliebling (der<br />

bei fünf Filmen selbst Regie<br />

führte) wirklich war: spröde,<br />

kleinlich, eher humorlos. Rühmann<br />

schrieb all das seinem sorgfältigen,<br />

ja, pedantischen Charakter zu.<br />

Heinz Rühmann war kein Held des Widerstands,<br />

aber es gibt Beispiele, dass es ihm<br />

bisweilen an Rückgrat nicht mangelte, wenn<br />

es um seine Freunde ging. So zog er sich<br />

Goebbels’ Unmut zu, als er sich 1944 vehement<br />

für den Filmkomponisten Erich Knauf<br />

einsetzte. Vergebens – Knauf starb unter dem<br />

Fallbeil. Der selbstbewusste Ufa-Star Hans<br />

Albers hat sich bekanntlich einige saftige<br />

Frechheiten genehmigt, die wohl nur ihm und<br />

Foto picture-alliance/dpa<br />

sonst keinem erlaubt waren. Rühmann agierte<br />

sehr viel kontrollierter und stakste wie auf<br />

Zehenspitzen durchs »Dritte Reich«. Erst nach<br />

dem Krieg konnte er sich zu einer Art pazifistischer<br />

Haltung aufraffen, die sich in seinen Filmen<br />

spiegelt und dort zum Pathos steigert –<br />

wie in »Der Herr vom andern Stern« von 1948.<br />

In seiner 1982 erschienenen Autobiographie<br />

»Das war’s« (und »Ein Leben in Bildern«,<br />

’87) erweist sich Rühmann als pingeliger<br />

Chronist mit selektiver Erinnerung. Auffallend<br />

ist der beiläufige Plauderton, wenn er seine<br />

NS-Jahre sichtet. Für eine schonungslose<br />

Selbstabrechnung war Rühmann nicht geschaffen.<br />

Mit 90 Jahren drehte er seinen letzten Film:<br />

Wim Wenders’ rührend-verkopfter »In weiter<br />

Ferne, so nah!«. Darin geht es auch um<br />

Schuld und Erinnerung. Im Oktober 1994<br />

starb Heinz Rühmann – und der Blick auf sein<br />

wechselvolles Leben wurde kritischer. Vorher<br />

verspürte niemand das Bedürfnis, auf dem<br />

verehrten alten Schauspieler herumzuhacken,<br />

der den Deutschen in dunkelster Zeit einige<br />

ihrer liebsten Filme geschenkt hatte. ■<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

69


FILM<br />

»Quax in Afrika«<br />

Viel Aufwand für hautnahe<br />

Bilder. Chef-Kameramann<br />

Heinz von Jaworsky sorgte<br />

für die fliegerische Atmosphäre<br />

War noch richtig komisch: »Quax, der Bruchpilot« von 1941. Klamauk<br />

mit geschickt versteckter Propaganda<br />

Foto picture-alliance<br />

deutschen Kameramann jener Jahre, wenn es<br />

um dramatische Flugaufnahmen ging. Schon<br />

im »Bruchpiloten« hatte Jaworsky bewiesen,<br />

dass er der richtige Mann für diese anspruchsvolle<br />

Aufgabe war. Auch die indizierten<br />

Propagandastreifen »D III 88« (1939) und<br />

»Kampfgeschwader Lützow« (1941) tragen<br />

seine Handschrift.<br />

Die Eröffnungssequenz von »Quax-II« ist<br />

eine brillant gefilmte Air-to-Air-Szene und ein<br />

gutes Beispiel für seine starke Arbeit, die immer<br />

ganz dicht dran am Geschehen bleibt. Bisweilen<br />

sind die schweren Kameras im Fahrwerk,<br />

zwischen den Flügelstielen oder auf<br />

dem Randbogen montiert. In einigen Aufnahmen<br />

sitzt Rühmann selbst am Knüppel.<br />

Unkomische Entgleisungen<br />

Als »Quax in Fahrt« geschnitten und zur Vorführung<br />

freigegeben wird, liegt das Regime<br />

bereits am Boden. Der letzte NS-Streifen, ein<br />

Bergfilm, wird nur noch begonnen, um den<br />

Beteiligten den Volkssturm zu ersparen; in<br />

den Kameras ist gar kein Film mehr … So<br />

kommt auch »Quax-II« nicht mehr in die<br />

deutschen Kinos und wandert in die Konkursmasse<br />

des »Dritten Reiches«. Die Alliierten<br />

erkennen sofort den wahren Geist der<br />

»Quax«-Filme und verbieten beide Teile. Erst<br />

am 28. Februar 1953 flimmert »Quax in Afrika«,<br />

wie er jetzt heißt, erstmals über eine Leinwand<br />

in Düsseldorf.<br />

Man liest heute nicht<br />

viel Gutes über den<br />

Spätstarter »Quax in<br />

Afrika«, dessen Humor<br />

bereits 1953 schwerfällig und gestrig wirken<br />

musste. Auch darum ist dem »Bruchpiloten«-<br />

Nachfolger nicht die Hingabe zuteil geworden<br />

wie seinem mit eher lockerer Hand gedrehten<br />

Vorgänger. Schlimmer noch: »Quax<br />

in Afrika« wird allgemein mit spitzen Fingern<br />

angefasst.<br />

Mit spitzen Fingern angefasst und tief in<br />

den Giftschränken des Fernsehens versenkt.<br />

Kurzkritik<br />

Selbstgefälliger, alberner<br />

»Bruchpilot«-<br />

Irrläufer, der auch<br />

mit den Jahren nicht<br />

besser wird. Brillante<br />

Flugaufnahmen<br />

stehen in starkem<br />

Kontrast zur dünnen<br />

Story. In Tendenz<br />

und Tonfall<br />

fragwürdig, filmhistorisch<br />

durchaus interessant. Als DVD<br />

problemlos erhältlich.<br />

■<br />

Der Film leidet sowohl an seinem uninspirierten<br />

Plot als auch an seinen rassistischen<br />

und unkomischen Entgleisungen. Das herablassende,<br />

vulgäre Menschenbild in den »Afrika«-Szenen<br />

wäre eine eigene Untersuchung<br />

wert; es spiegelt das Denken seiner Entstehungszeit<br />

wider. Bemerkenswerter<br />

ist, dass sich die<br />

demokratischen Filmbewerter<br />

im spröden Adenauer-<br />

Deutschland offenbar nicht daran gestört haben.<br />

Das Zeitalter der »political correctness«<br />

sollte noch ein paar Jahrzehnte auf sich warten<br />

lassen. Kein Wunder, dass »Quax in Afrika«<br />

tief in den Giftschränken des Fernsehens<br />

versenkt wurde und nur in Ausschnitten bisweilen<br />

hervorgeholt wird.<br />

Die Filmographie des passionierten Fliegers<br />

Heinz Rühmann ist lang, doch die beiden<br />

»Quax«-Teile sind seine einzigen Spielfilme<br />

aus der Welt der Sportfliegerei. Die zehn<br />

Jahre zwischen der Entstehung von »Quax in<br />

Afrika« und dessen Uraufführung sind für<br />

ihn die beruflich und finanziell schwierigsten.<br />

Der populäre Schauspieler muss eine lange<br />

Entnazifizierung über sich ergehen lassen<br />

und unangenehme Fragen beantworten. Eine<br />

kurze (in Rangsdorf gedrehte) Wochenschausequenz,<br />

die ihn als »Kurierflieger« auf<br />

einer Bü 181 zeigt, bringt ihn nach 1945 in Erklärungsnöte.<br />

Dabei hatte Rühmann hauptsächlich<br />

seine private Fliegerei am Laufen halten<br />

wollen und sich dieser Gefälligkeit zu<br />

Propagandazwecken nicht entziehen können.<br />

Schließlich wird er als »Mitläufer« abgefertigt.<br />

Liest man in seinen Erinnerungen,<br />

wird man den Eindruck nicht los, als fühlte er<br />

sich selbst mit diesem harmlosen Label noch<br />

ungerecht behandelt … Nach einem langen<br />

Durchhänger und der Insolvenz seiner eigenen<br />

Produktionsfirma »Comedia« 1951 gelingt<br />

ihm 1956 mit »Der Hauptmann von Köpenick«<br />

ein völlig unerwartetes Comeback<br />

70


Dünne Story, tolle Flugaufnahmen. Später kommen allerdings auch Miniatur-Modelle zum Einsatz. An<br />

Dreharbeiten im Ausland ist 1943/44 nicht mehr zu denken<br />

bei Kritik und Publikum, gekrönt vom späten<br />

Glanzstück »Der Tod des Handlungsreisenden«<br />

als TV-Produktion 1968.<br />

Fluchtkino<br />

Ungezählte HJ-Pimpfe sind gruppenweise in<br />

»Quax, der Bruchpilot« geschleust worden,<br />

wie sich der Schauspieler Horst Frank erinnerte.<br />

Nur Unterhaltung oder ein »ausgeklügeltes<br />

Machwerk der Wehrertüchtigungspropaganda«?<br />

So steht es in Torsten Körners<br />

lesenswerter Rühmann-Biographie »Ein guter<br />

Freund«. Die Antwort liegt wohl irgendwo<br />

dazwischen; über den Klassiker von 1941<br />

kann man sehr verschiedener Meinung sein.<br />

Bei »Quax in Afrika« stellt sich diese heikle<br />

Frage erst gar nicht. Denn auf seltsame, verquerte<br />

Weise ist diese holprige Fliegerklamotte<br />

weniger propagandistisch geraten als<br />

der vermeintlich lässigere »Bruchpilot«. Die<br />

Zielvorgabe von 1943/44 war eine andere:<br />

pure Ablenkung des gebeutelten Publikums<br />

von den Zumutungen des fünften Kriegsjahres<br />

– Fluchtkino mit einem Wort. Die zackigen<br />

Sprüche klingen wohlvertraut, aber<br />

sie be-deuten nichts mehr. Das Ganze bemühte<br />

»Disziplin-Können-Kameradschafts«-<br />

Geschwurbel, auf das der Film immer wieder<br />

penetrant zurückkommt, ist nur mehr Kulisse,<br />

Sprechblase, Gewölk …<br />

■<br />

Buchtipp: »Ein guter Freund – Heinz Rühmann«, von Torsten Körner<br />

Heinz Rühmanns Leben und Karriere spiegeln<br />

fast ein ganzes Jahrhundert deutsche<br />

Geschichte – vom Kaiserreich in die Weimarer<br />

Republik, vom NS-Deutschland zur Bundesrepublik.<br />

Rühmann, der vom Theater<br />

kam, hat die Anfänge des Tonfilms erlebt<br />

und den »kleinen Mann« so perfekt verkörpert<br />

wie kein Zweiter. Seine erfolgreichen<br />

Jahre im »Dritten Reich« entwickelten sich<br />

für ihn zu einem schier unmöglichen Spagat,<br />

den er nicht unbeschadet überstehen<br />

würde. Nach seinem Tod 1994 blieben viele<br />

Fragen unbeantwortet.<br />

Torsten Körner gelingt in seiner glänzend<br />

recherchierten Rühmann-Biographie »Ein<br />

guter Freund« etwas Schwieriges: Er bringt<br />

dem Leser das Idol nahe, ohne es an Distanz<br />

fehlen zu lassen. Zwar ist Rühmanns<br />

fliegerische Karriere mit nur wenigen Seiten<br />

abgehakt, wer jedoch die auffallenden<br />

Lücken in seiner Autobiographie »Das war’s«<br />

gefüllt haben möchte, ist hier richtig. Körner<br />

zeichnet das Porträt eines dünnhäutigen,<br />

in sich gekehrten Mimen, der ohne<br />

Foto picture-alliance/dpa<br />

Verdrängung nicht »Heinz Rühmann« hätte<br />

sein können. Rühmanns bekanntes Zitat:<br />

»Ich war Schauspieler, sonst nichts« bekommt<br />

somit tiefere Bedeutung.<br />

Eine bezeichnende Begebenheit schilderte<br />

der Filmproduzent Artur Brauner. Ende<br />

der 1950er-Jahre fuhren er und Rühmann<br />

mit dem Auto nach Prag. Dort wollte man<br />

sich die Schauplätze des nächsten Rühmann-Films<br />

»Der brave Soldat Schwejk« ansehen.<br />

Auf dem Weg: die KZ-Gedenkstätte<br />

Theresienstadt (die vorletzte Lebensstation<br />

des Rühmann-Freundes Kurt Gerron). Man<br />

hielt an. Brauner, der 49 Verwandte im Holocaust<br />

verloren hatte, fragte Rühmann, ob<br />

er mit ihm einen Blick auf den Ort werfen<br />

wolle. Rühmann wollte nicht – und blieb<br />

wartend im Wagen. Gelegenheit kommt nur<br />

einmal im Leben …<br />

■<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

71


OLDTIMER<br />

Flugzeugmodelle<br />

Die P-51D Mustang ist Parks neuestes Modell, ihre unzähligen<br />

Aluminiumnieten sind echt. Mittels Steuerknüppel und Seitenruderpedalen<br />

können die Steuerflächen bewegt werden<br />

MODELLE AUS ALUMINIUM<br />

Ein Zahnarzt<br />

als »Flugzeugbauer«<br />

Auch so kann Recycling funktionieren: Young Park fertigt aus gebrauchtem Aluminium<br />

Flugzeugmodelle an, deren Detailgrad schlichtweg atemberaubend ist Von Craig Libuse<br />

Vielen Menschen treibt es bereits den<br />

Angstschweiß auf die Stirn, wenn sie<br />

alleine das Wort »Zahnbohrer« hören.<br />

Doch dass man damit nicht nur den<br />

empfindlichen Beißerchen zu Leibe rücken<br />

Young Park bei der Arbeit in seiner Garage<br />

Foto George F. Lee, Honolulu Star-Bulletin<br />

kann, beweist der Zahnarzt Young C. Park<br />

aus Honolulu.<br />

Schon als Kind baute er Modellflugzeuge<br />

und ließ sie fliegen. Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

entdeckte er ein neues Material, mit<br />

Cockpit-Detail von Parks zweiter<br />

F4U-D Corsair<br />

Foto Young Park<br />

dem er seiner Leidenschaft frönen konnte:<br />

Aluminium! Denn dieses lag nun nutzlos und<br />

in Massen auf militärischen Schrottplätzen<br />

rum, und Park beschloss, dass aus dem Altmetall<br />

der Flugzeuge wieder Flugzeuge werden<br />

sollten – nur deutlich kleinere.<br />

Die Ästhetik des Metalls<br />

Als er ein großes Modell der Lockheed Vega<br />

anfertigte, entschied er, Tür und Instrumententafel<br />

nicht aus Balsaholz, sondern aus Aluminium<br />

anzufertigen. Sie fielen so schön aus,<br />

dass er das unfertige Flugzeugmodell in seiner<br />

Garage aufhängte und damit begann,<br />

eine Corsair im Maßstab 1:16 zu bauen. Angeregt<br />

hierzu hatte ihn ein Artikel über historische<br />

Flugzeuge, in dem ein kurz zuvor<br />

restauriertes Jagdflugzeug mit sandgestrahlter<br />

Aluminiumoberfläche zu sehen war.<br />

Dieses »fabrikneue« Aussehen gefiel ihm und<br />

ist auch der Grund dafür, weshalb er seinen<br />

Modellen keinen Farbanstrich gibt.<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, Craig Libuse<br />

72


Cockpitansicht des ersten Corsair-Modells.<br />

Besonders gut zu erkennen sind Cockpitdetails<br />

wie der Gashebel-Mechanismus<br />

Schnittmodell der Corsair. Beeindruckend ist die hohe Detailgenauigkeit, die von den Cockpit-<br />

Einbauten bis zu den Hydraulikleitungen in den Flügeln reicht<br />

Foto Young Park<br />

Außerdem wollte er das hochglanzpolierte<br />

Aussehen vieler überrestaurierter Flugzeuge<br />

vermeiden, wie sie heute oft zu sehen sind.<br />

Sein erstes Schnittmodell der F4U Corsair<br />

konstruierte er nur mithilfe von Handwerkzeugen<br />

und einem Zahnbohrer. Später legte er<br />

sich eine kleine Dreh- und Fräsmaschine zu<br />

und fertigte innerhalb eines Jahrzehnts eine<br />

zweite Corsair sowie ein Schnittmodell der<br />

P-51 Mustang an.<br />

Die Perspektive des Künstlers<br />

Park ist ein bescheidener Mann mit<br />

sanfter Stimme, der dieses<br />

Hob by einfach als persönliche<br />

Herausforderung ansah.<br />

Sein Ziel war es, ein Militärflugzeug<br />

mit den Augen<br />

eines guten Malers und nicht<br />

wie ein technischer Fotograf zu<br />

sehen. So fertigte er beispielsweise<br />

die Kaliber .50-Patronen<br />

der P-51 etwas größer, als sie im Original<br />

waren. Denn im richtigen Maßstab hätten sie<br />

die Gesamterscheinung gestört!<br />

Die Joe Martin Foundation wählte ihn<br />

schließlich 2002 zum Metallhandwerker des<br />

Jahres. Seine Modelle befinden sich heute im<br />

Museum der Stiftung in Carlsbad, Kalifornien.<br />

Weitere Informationen über Dr. Park unter<br />

www.CraftsmanshipMuseum.com/Park.htm■<br />

Die P-51D Mustang ist mit einem Rolls Royce<br />

Merlin V12 ausgerüstet. Parks Bau zeigt den<br />

Motor teilweise als Schnittmodell<br />

Linker Flügel mit den drei Browning MG und<br />

Munitionsgurten. Jede Patrone besteht aus<br />

Hülse, Geschoss und Anzündhütchen<br />

Bei Parks erster Corsair<br />

fehlen die Verkleidungen<br />

auf der linken Rumpfseite<br />

und den Flügeln, um<br />

die Details im Inneren<br />

sichtbar zu machen. Die<br />

rechte Rumpfseite ist<br />

dagegen voll beplankt<br />

Foto Young Park<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

73


LESERALBUM<br />

JUNKERS JU 88 AN DER OSTFRONT<br />

Stukaflieger und<br />

Bomber – Teil 3<br />

3000 Einsatzflüge? Noch dazu als deutscher Kampfflieger? War so etwas möglich?<br />

An der Ostfront gab es diese Rekorde tatsächlich, und die Fotos davon sind nicht<br />

die einzigen Raritäten in diesem einzigartigen Fotoalbum<br />

Von Peter W. Cohausz<br />

Ju 88 A, V4+NR, der<br />

7./KG 1 (III. Gruppe)<br />

Möglicherweise<br />

stammt das<br />

Fotoalbum von<br />

Oberfeldwebel<br />

Windisch, Beobach<br />

ter an Bord<br />

der Junkers<br />

Ju 88 des Ritterkreuzträgers<br />

Major<br />

Hans Keppler<br />

vom KG 1<br />

Im letzten Teil des Leseralbums begeben<br />

wir uns auf die Spuren des Kampfgeschwaders<br />

KG 1 »Hindenburg« und seiner<br />

Einsätze an der Ostfront. Die Bilder<br />

vermitteln einen lebhaften Eindruck von<br />

der Eiseskälte, dem undurchdringlichen<br />

Schlamm, aber auch von den kleinen Freuden,<br />

die die Flieger zwischendurch immer<br />

wieder erleben durften.<br />

Das Kampfgeschwader KG 1 »Hindenburg«<br />

entstand am 1. Mai 1939 in Kolberg, zunächst<br />

nur mit dem Stab und der I. Gruppe.<br />

Die Gruppen II, III und IV (Ergänzungsgruppe)<br />

folgten dann bis zum Sommer 1940. Ausgestattet<br />

war das Geschwader mit der Heinkel<br />

He 111. Ihre ersten Missionen flogen die<br />

»Hindenburg«-Kampfflieger 1939 in Polen,<br />

gefolgt vom Frankreichfeldzug 1940 und<br />

74


Auszeichnungen, Jubiläumsflüge und »Fliegergeburtstage«<br />

nach Brüchen mussten natürlich gefeiert werden.<br />

An der Wand hängen zwei Bilder aus den bekannten<br />

Messerschmitt-Farbkalendern<br />

Hier hat Major Hans Keppler (zweiter von links)<br />

gerade sein Ritterkreuz erhalten, weshalb auch<br />

die Maschine damit geschmückt ist. Er war<br />

vom 15. August bis zu seinem Tod am 3. September<br />

1942 Kommodore des KG 1<br />

Parken in zweiter Reihe kann gefährlich sein:<br />

Auf dem Schlitten liegt eine SC-1000-Bombe<br />

»Hermann«. Hinten steht eine abgedeckte Heinkel<br />

He 111. Das »WL« im Kennzeichen steht für<br />

die Luftwaffe<br />

Die letzte Besprechung kurz vor dem Start oder Meldung nach der Rückkehr vom Feindflug<br />

Einsätzen gegen England. 1941 rüstete man<br />

das KG 1 auf Junkers Ju 88 A um, ehe es in<br />

den Raum Leningrad an die Ostfront ging.<br />

Im Reichsgebiet stellte die Luftwaffenführung<br />

»Hindenburg« anschließend neu auf.<br />

Danach ging es für den Stab und die I. und<br />

II. Gruppe im Sommer 1943 nach Italien zum<br />

Einsatz gegen die auf Sizilien gelandeten Alliierten.<br />

Die III. Gruppe hingegen verschlug<br />

es wieder an die Ostfront.<br />

1944 verlegte das Geschwader endgültig<br />

ins Reich. Dort starteten die Bomber von<br />

Plätzen in Nord- und Ostdeutschland zu ihren<br />

letzten Flügen. Zum Teil erhielt das Geschwader<br />

in diesem Jahr auch die Heinkel<br />

He 177 als Einsatzmaschine.<br />

Das Fotoalbum hat Skye-Jens Moog zur<br />

Verfügung gestellt.<br />

Eine Besatzung des KG 1 wartet darauf,<br />

dass der erste Wart die Maschine<br />

freigibt. Der temporäre Wintertarn -<br />

anstrich ist bereits stark verwittert<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

75


LESERALBUM<br />

Junkers Ju 88 A-4, V4+FS,<br />

der 8. Staffel des KG 1<br />

Verbandsflug in Linienformation. An den Unterseiten<br />

fallen die starken Abgasspuren und die durch den Film<br />

relativ dunkel wirkenden gelben Tragflächenenden auf<br />

Sensation: Hier wird der 3000. Feindflug im Osten gefeiert, mit Kranz<br />

und handgemaltem Schild für den Fotografen<br />

76


In der Aufregung etwas<br />

unscharf, aber spektakulär:<br />

drei Ju 88 A des KG 1 drehen<br />

nach links ab<br />

Gruppenbild zum 300. Feindflug. Warme<br />

russische Mützen waren im Winter begehrte<br />

Beutestücke<br />

Eine Maschine der 8. Staffel bei<br />

einem Verbandsflug im Sommer<br />

Die schlechten Bodenverhältnisse<br />

auf den russischen Feldflugplätzen<br />

produzierten manches »Fliegerdenkmal«.<br />

Hier hat es die<br />

Ju 88 a, V4+GS, der 8./KG 1<br />

erwischt. Mit der Leine soll die<br />

Maschine auf die Luftsäcke des<br />

Anhängers gezogen werden<br />

Nahaufnahme der Ju 88 A, V4+GS«. Die zersplitterten Holzpropeller-Blätter<br />

haben viel Energie »vernichtet«, so dass die Motoren<br />

wahrscheinlich keine größeren Schäden abbekommen haben. Gut<br />

zu sehen auch der temporäre Wintertarnanstrich aus Kalkmilch<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

77


LESERALBUM<br />

Fünf Ju 88 A der 8. Staffel des KG 1 im<br />

Verbandsflug. Schön zu erkennen ist die<br />

Wirkung des Wintertarnanstrichs<br />

Eine Rarität zum Schluss: Hier haben sich 1945 drei Flieger für ein<br />

Erinnerungsfoto vor einem getarnten Mistelgespann aus Ju 88 und<br />

Fw 190 aufgestellt<br />

»Vorsicht!« steht auf der geöffneten Bodenwanne geschrieben, was<br />

angesichts der Tatsache, dass die Soldaten hier gerade mit Muskelkraft<br />

versuchen, eine 250-kg-Bombe anzubringen, eine mehr als passende<br />

Mahnung ist<br />

SIE haben seltene Bilder oder sind auf bisher unveröffentlichte Fotoalben gestoßen? Dann schicken Sie uns<br />

die Aufnahmen zur Veröffentlichung an: <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong>, Infanteriestraße 11a, 80797 München<br />

78


Fliegen bei Dunkelheit<br />

BACKGROUND<br />

DIE TÜCKEN DES NACHTFLUGS<br />

Nachts sind<br />

alle Katzen grau<br />

Nachtsichtgeräte, »Night vision goggles«, tragen<br />

Kampfpiloten auf F-16 oder Hubschraubern<br />

bei ihren Einsätzen. Als der Nachttiefflug in<br />

Deutschland in den 1960er-Jahren Routine wurde, gab<br />

es solche Zaubergläser noch nicht. Starfighter-Piloten<br />

»franzten« in Bodennähe, wo kein Funkpeilgerät mehr<br />

etwas empfängt, per Auge, Stoppuhr, Kompass und<br />

Trägheitsnavigationsgerät. Ab 1967 gab es sogenannte<br />

Radarbildvorhersagen, »Schattenspiele« von Miniaturlandschaften,<br />

erstellt von einer eigens dafür aufgebauten<br />

Zentrale der Luftwaffe in Büchel. Die Schwarz-<br />

Weiß-Schattenkonturen von Bergen und Hindernissen<br />

waren als Papierstreifen direkt auf die 1:50 000-<br />

Zielanflugkarten gedruckt und zeigten, wie das Radarbild<br />

am Drehpunkt X oder Ziel Y aussehen würde.<br />

Eine tolle Sache viele Jahrzehnte vor<br />

Navi und GPS.<br />

DIE BERUFSFLIEGEREI nach Instr<br />

umenten macht heute keinen Unterschied<br />

mehr zwischen Tag und<br />

Nacht; es gibt nur Sicht-, aber keine<br />

Helligkeitsmindestwerte für den Anflug.<br />

Doch eigentlich ist unser Auge<br />

nicht gut zum Nachtflug geeignet.<br />

Auf der Netzhaut-Oberfläche befinden<br />

sich zwei Arten von Sinneszellen,<br />

Zapfen und Stäbchen. Bei Helligkeit<br />

arbeiten die Zapfen; sie unterscheiden<br />

Farben, sind aber recht licht -<br />

unempfindlich. Im Dunkeln schaltet<br />

das Auge auf Nachtbetrieb um: Stäbchen,<br />

ringförmig um die Zapfen angebracht,<br />

reagieren sensibel auf das<br />

einfallende Licht. Leider sind sie farbenblind<br />

und lassen darum bei Nacht<br />

»alle Katzen grau« werden.<br />

AUF DEM GELBEN FLECK in der<br />

Netzhautgrube gibt es nur Zapfen;<br />

am Blinden Fleck, wo der Sehnerv<br />

austritt, verschwinden anvisierte Dinge<br />

plötzlich – »Wegsehen« bringt sie wieder zurück.<br />

Die Pupille kann sich im Dunkeln bis zu sieben Millimeter<br />

öffnen, damit viel Licht auf die Netzhaut<br />

kommt; mit zunehmendem Alter lässt diese Fähigkeit<br />

nach. Die sensible Netzhaut kann sich in zehn Sekunden<br />

auf helles Sonnenlicht einstellen, aber nachts erreichen<br />

die Stäbchen erst nach rund 45 Minuten ihre<br />

volle Empfindlichkeit. Rotlicht stört nicht.<br />

NACHTS FÄLLT DER MENSCH besonders leicht auf<br />

optische Illusionen herein. Der Gleichgewichtssinn<br />

wird übertölpelt, helles Scheinwerferlicht blendet. In<br />

der Luft täuschen Straßenlichter Landebahnen vor,<br />

Sterne verwandeln sich in einen glitzernden »Horizont«.<br />

Das Hirn spielt gern den Autokinese-Streich: Feste<br />

Lichter und Sterne gaukeln (relative) Bewegungen<br />

vor und sorgen für ein kurzes Vertigo. Lässt der Pilot<br />

den Blick wandern, verschwindet der Spuk wieder.<br />

AUCH WENN NACHTSICHTGERÄTE den Nachtflug<br />

heute sicherer machen: Es macht noch immer<br />

Spaß, wie die Vampire bei Mondlicht durch die Nacht<br />

zu streifen und rechtzeitig vor dem ersten Sonnenstrahl<br />

wieder im Bett zu liegen. Dracula lässt grüßen.<br />

Für Nachtflug-Fans: »Der Lotse«, Roman von Frederick<br />

Forsyth. Ein junger britischer Luftwaffenpilot<br />

verliert am Weihnachtsabend auf dem Heimflug von<br />

Celle nach Großbritannien die Orientierung und erlebt<br />

Wundersames: Eine alte Maschine taucht neben ihm<br />

auf und bietet Lotsendienste an.<br />

Piper-Verlag: München 2012, ISBN 3492301223<br />

Rolf Stünkel ■<br />

»Der Gleichgewichtssinn<br />

wird übertölpelt,<br />

helles Scheinwerferlicht<br />

blendet.«<br />

Nachtflüge sind reiz-,<br />

aber auch anspruchsvoll.<br />

Hier das trägergestützte<br />

U-Jagdflugzeug Breguet<br />

Br. 1050 Alize Foto Peter Doll<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 5/2013<br />

79


LESERBRIEFE<br />

Leserbriefe<br />

Boeing B-24 Liberator<br />

Leserbrief in Heft 3/2013<br />

Siegfried Datzmann schreibt,<br />

dass er vor rund 30 Jahren auf<br />

dem Friedhof Hochmutting in<br />

Oberschleißheim Gräber gefallener<br />

amerikanischer Soldaten entdeckt<br />

habe. Tatsächlich gibt es<br />

dort sechs Gräber von gefallenen<br />

Angehörigen der Royal Air Force<br />

(RAF). Es handelt sich um die Besatzung<br />

einer Lancaster I der No<br />

9th Squadron mit der Kennung<br />

WS-G und der Seriennummer<br />

W4185. Am 21. Dezember 1942<br />

fand der erste Luftangriff auf<br />

Oberschleißheim statt. Der Flugplatz<br />

wurde getroffen, im Ort<br />

mehrere Wohnhäuser. Fünf Oberschleißheimer<br />

Bürger und ein<br />

Fronturlauber kamen dabei um.<br />

Die Zahl der Toten im Flugplatzbereich<br />

ist nicht überliefert. Nach<br />

Zeitzeugenberichten sind mehrere<br />

Luftwaffenhelferinnen umgekommen.<br />

Die Fliegerhorstturnhalle<br />

war für die Weihnachtsfeier<br />

vorbereitet, die wenige Minuten<br />

nach dem Bombenangriff beginnen<br />

hätte sollen.<br />

Die Lancaster wurde gegen<br />

21:00 Uhr von der sogenannten<br />

Moosflak getroffen. Über dem Ort<br />

Rothschwaige brach sie auseinander.<br />

Zeitzeugen erzählten, es war,<br />

als hätte der Himmel gebrannt.<br />

Der Rumpf kam neben der Straße<br />

zwischen Oberschleißheim und<br />

Dachau herunter. An Bord befanden<br />

sich fünf Tote und ein Schwerverletzter,<br />

der Überlieferung nach<br />

der Pilot. Er wurde geborgen,<br />

starb aber leider noch in der gleichen<br />

Nacht im Fliegerhorstkrankenhaus<br />

in Oberschleißheim. Das<br />

siebte Besatzungsmitglied, der<br />

Bordmechaniker Sergeant Slater,<br />

überlebte den Absturz leicht verletzt.<br />

Leider sind keine Details<br />

Ich habe nicht schlecht gestaunt,<br />

als ich ausgerechnet in Ihrer<br />

März-Ausgabe einen Artikel über<br />

die Marineflieger entdeckt habe.<br />

Schließlich sind wir im Jubi lä ums -<br />

jahr »100 Jahre Marineflie ger«.<br />

Das ist per se schon »classic«, und<br />

der im Artikel abgebil dete Marinehubschrauber<br />

»Seaking« gehört<br />

mit seinen knapp 40 Jahren trotz<br />

immer noch exzellenter Flugeigenschaften<br />

und mehrfacher Modernisierung<br />

bei allem Respekt<br />

doch eher zu einer vergangenen<br />

Generation seiner Art.<br />

Es hat nicht lange gedauert,<br />

bis ich Inhalt, Duktus und Vorleben<br />

des Autors in Verbindung<br />

bringen konnte: Das muss ein<br />

ehemaliger Marinejagdbomberflieger<br />

geschrieben haben, denn<br />

sein Gram über die erheblichen<br />

Reduzierungen der letzten 20 Jahre<br />

bei den Marinefliegern, die seit<br />

2005 zur endgültigen Außerdienststellung<br />

der noch in Zeiten<br />

des Kalten Krieges als »Hammer<br />

der Flotte« bezeichneten Waffensysteme<br />

F 104 Starfighter und<br />

später MRCA Tornado führten,<br />

war überdeutlich herauszulesen.<br />

Glückwunsch, Herr Stünkel. In<br />

Ihrem Artikel haben Sie das bei einigen<br />

Marinefliegern seit 2003 als<br />

sehr emotional empfundene Thema<br />

»Aufgabe der Marinejagdbomber«<br />

unerwartet und vor allem<br />

für intime Kenner der Materie<br />

auf eine interessante Art wiederbelebt.<br />

Mir, als letztem Kommanüberliefert,<br />

vermutlich gelang<br />

ihm der Absprung mit dem Fallschirm.<br />

Er wurde von den SS-Leuten<br />

des KZ Dachau aufgegriffen,<br />

im dortigen Krankenhaus behandelt<br />

und später an die Luftwaffe<br />

übergeben. Den Rest des Krieges<br />

verbrachte er in Kriegsgefangenschaft.<br />

Alle Versuche, Herrn Slater<br />

in England ausfindig zu machen<br />

und mit ihm in Kontakt zu kommen,<br />

blieben leider erfolglos.<br />

Die Lancaster-Besatzung, zwei<br />

Kanadier und vier Engländer,<br />

wurden am 23. Dezember 1942<br />

vormittags mit allen militärischen<br />

Ehren auf dem Gemeindefriedhof<br />

in Oberschleißheim beigesetzt, im<br />

Ortsteil Hochmutting. Auffällig<br />

ist, dass der 1933 von den Na -<br />

tionalsozialisten abgesetzte Oberschleißheimer<br />

Bürgermeister Haselsberger<br />

aktiv daran mitgewirkt<br />

hat. Der Überlieferung nach hat<br />

auch der Schweizer Generalkon-<br />

Sie wollen uns schreiben?<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

GeraMond Verlag GmbH<br />

Infanteriestraße 11a<br />

80797 München<br />

sul an der Beisetzungszeremonie<br />

teilgenommen. Bilder von der Zeremonie<br />

sind in der Flugwerft<br />

Schleißheim zu sehen.<br />

Insgesamt wurden bis Kriegsende<br />

105 alliierte Soldaten und<br />

mehr als 50 Militärangehörige<br />

der deutschen Seite in Oberschleißheim<br />

beigesetzt. Bis auf<br />

die Lancaster-Besatzung wurden<br />

alle kurz nach Kriegsende umgebettet.<br />

In einigen Fällen wurden<br />

nur die stark verbrannten Überreste<br />

von Flugzeugbesatzungen<br />

bestattet. Sieben alliierte Soldaten<br />

konnten deshalb bis heute nicht<br />

identifiziert werden. Auch auf<br />

der deutschen Seite gibt es einige<br />

Unbekannte, SS-Leute, die am<br />

30. April 1945 bei den Kämpfen<br />

auf der sogenannten Panzerwiese<br />

gefallen sind und weder Kennmarken<br />

noch sonstige zur Identifikation<br />

tauglichen Dokumente<br />

bei sich trugen.<br />

Grab der englisch-kanadischen Lancaster-Crew: Fenwicke-Clennell,<br />

Edward, RAF, Pilot-Officer und Pilot (Flugzeugführer); Warren, Jack Passmore,<br />

RAF (Volunteer Reserve), Flight Sergeant und Observer (Beobachter<br />

oder Navigator); Clarkson, Robert Guy, RCAF, Pilot-Officer und Air Bomber<br />

(Bombenschütze); Baker, Jack Halton, RAF (Volunteer Reserve), Sergeant<br />

und Air Bomber (Bombenschütze); Edwards, John Frederick, RCAF, Flight<br />

Sergeant und Air Gunner/Wireless Operator (Bordschütze); Moffat, John<br />

Alexander Wilson, RAF (Volunteer Reserve), Pilot Officer und Air Gunner<br />

(Bordschütze, Bordfunker)<br />

Anbei ein Foto vom Grab der<br />

englisch-kanadischen Lancaster-<br />

Crew.<br />

Günter Braun,<br />

Oberschleißheim per E-Mail<br />

Background<br />

»Seeluftstreitkräfte«<br />

»Marineflieger – Rolle rückwärts«<br />

in Heft 3/2012<br />

80


deur der Fliegenden Gruppe des<br />

Marinefliegergeschwader 2, hat es<br />

gefallen, auch wenn die rein sachlichen<br />

Argumente für die damalige<br />

Entscheidung zur Aufgabe der<br />

Fähigkeit »Seekriegsführung aus<br />

der Luft« am Ende zugegebenermaßen<br />

wohl die richtigen waren.<br />

Es hat eben nur weh getan, aber an<br />

dieses Gefühl gewöhnt man sich,<br />

muss man sich eben gewöhnen.<br />

In jedem Ende steckt ja auch<br />

ein Anfang, und den haben wir<br />

mit der Neuaufstellung des Marinefliegerkommandos<br />

auf dem<br />

Marinefliegerstützpunkt Nordholz<br />

bei Cuxhaven im vergangenen<br />

Herbst und die damit verbundene<br />

Zusammenlegung der<br />

verbleibenden Marinefliegergeschwader<br />

3 »Graf Zeppelin« und<br />

Marienfliegergeschwader 5 erfolgreich<br />

vollzogen.<br />

Damit kann sich Nordholz<br />

nach fast 100 Jahren Marinefliegerei<br />

in Deutschland zu Recht »Heimat<br />

der Marineflieger« nennen,<br />

denn nirgendwo sonst in der<br />

Bundeswehr ist die Fachkompetenz<br />

der Marineflieger so konzentriert<br />

wie hier in Nordholz.<br />

Stellt man sich vor, dass die<br />

Pioniere der Militärfliegerei aus<br />

dem Jahr 1913 den Lauf der Geschichte<br />

im Jahr 2013 hätten erleben<br />

dürfen, dann wären sie sicher<br />

sehr stolz darauf, dass es in der<br />

Bundeswehr ausgerechnet Marineflieger<br />

sind, die seit Jahren mit<br />

allen verfügbaren Flugzeugmustern<br />

nahezu durchgehend im<br />

Auslandseinsatz sind oder tagtäglich<br />

hoheitliche Verpflichtungen<br />

der Bundesrepublik Deutschland<br />

über See erfüllen.<br />

Die Marineflieger sind trotz<br />

ihrer bewegten 100-jährigen Geschichte<br />

noch da, und ich hoffe,<br />

es setzt sich die Erkenntnis durch,<br />

dass man sie auch in Zukunft<br />

brauchen wird, weil sie eben<br />

mehr sind als nur Flieger.<br />

Vielleicht ist was dran an dem<br />

Appell des Kommandeurs der<br />

Nordseeflieger an seine Marineflieger<br />

aus dem Kriegsjahr 1917:<br />

»Ihr seid Flieger, Seeleute und<br />

Soldaten zugleich. Jeder dieser<br />

drei Berufe erfordert allein schon<br />

einen ganzen Kerl.«<br />

Heute würden allerdings folgerichtig<br />

auch die weiblichen<br />

Marineflieger in diesem Ausspruch<br />

Erwähnung finden.<br />

Hans-Jörg Detlefsen,<br />

Kapitän zur See, per E-Mail<br />

Anmerkung der Redaktion Leserbriefe<br />

spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion<br />

wider. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe<br />

aus Gründen der Darstellung eines<br />

möglichst umfassenden Meinungsspektrums<br />

unserer Leser Sinn wahrend zu kürzen.<br />

Anzeige<br />

Messerschmitt Me 163 zu verkaufen<br />

Ab sofort steht das Replikat einer<br />

Me 163 »Komet« inklusive eines Walter-<br />

Triebwerkes (rechtes Bild) zum Verkauf.<br />

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Frau Gabriele Heiß unter der<br />

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per Mail: g.heiss@ewetel.net


VORSCHAU<br />

Nr. 143 I 5/13 I Mai I 14. Jahrgang<br />

Die »Lightning« am Meeresboden<br />

Schwerer<br />

Anfang für<br />

ein Ass<br />

Mit 352 Luftsiegen ging<br />

Erich Hartmann als »erfolgreichster<br />

Jagdflieger<br />

der Luftkriegsgeschichte«<br />

in die Annalen ein. Doch<br />

aller Anfang ist schwer,<br />

und so zahlte auch er<br />

zunächst viel Lehrgeld,<br />

als er gegen Ende 1942<br />

zur III./JG 52 an die<br />

Front kam.<br />

Internet: www.flugzeugclassic.de<br />

vereinigt mit<br />

Redaktionsanschrift<br />

Flugzeug Classic<br />

Infanteriestr. 11a, 80797 München<br />

Tel. +49 (0) 89.13 06 99.720<br />

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Richard Chapman (Koordination), Stefan Krüger (Volontär)<br />

Ständige Mitarbeiter<br />

Stefan Bartmann, Peter W. Co hausz, Dietmar Hermann,<br />

Othmar Hellinger, Lino von Gartzen, Wolfgang Mühlbauer,<br />

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Layout Ralph Hellberg, Rico Oehme<br />

Leserservice, Kundenservice<br />

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Anzeigenleitung <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

Helmut Gassner<br />

Tel. +49 (0) 89.13 06 99.520<br />

helmut.gassner@verlagshaus.de<br />

Anzeigendisposition <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

Johanna Eppert<br />

Tel. +49 (0) 89.13 06 99.130<br />

Fax. +49 (0) 89.13 06 99.100<br />

johanna.eppert@verlagshaus.de<br />

Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 20 gültig ab 1.1.2013<br />

Litho ludwigmedia, Zell am See, Österreich<br />

Druck Stürtz, Würzburg<br />

Verlag<br />

GeraMond Verlag GmbH<br />

Infanteriestraße 11a, 80797 München<br />

www.geramond.de<br />

Geschäftsführung<br />

Clemens Hahn, Carsten Leininger<br />

Herstellungsleitung Zeitschriften<br />

Sandra Kho<br />

Vertrieb Zeitschriften Dr. Regine Hahn<br />

Vertrieb/Auslieferung<br />

Bahnhofsbuchhandel, Zeitschriften handel:<br />

MZV, Unterschleißheim<br />

Im selben Verlag erscheinen außerdem:<br />

Seltene Einblicke<br />

Sieht schmissig aus, die Spitfire Mk. XVI, nicht? Wir<br />

haben Zutritt erhalten zum Herz der Restaurierungswerkstatt:<br />

So wurde der neueste Zugang der »Battle of<br />

Britain Memorial Flight« auf Vordermann gebracht!<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013 erscheint am 13. Mai 2013<br />

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tität der Maschine. Alles über die Hintergründe<br />

im nächsten Heft!<br />

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Ihrer Wahl,<br />

z. B. den<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

Isolierbecher<br />

Lieber Leser,<br />

Sie haben Freunde,<br />

die sich ebenso für<br />

Oldtimer der Lüfte<br />

begeistern wie Sie?<br />

Dann empfehlen Sie<br />

uns doch weiter! Ich<br />

freue mich über jeden<br />

neuen Leser.<br />

Ihr Chefredakteur<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

Markus Wunderlich<br />

Preise Einzelheft € 5,90 (D), € 6,50 (A), sFr. 11,50 (CH)<br />

(bei Einzelversand zzgl. Versandk.); Jahresabonnement<br />

(12 Hefte) € 63,72 incl. MwSt., im Ausland zzgl. Versandk.<br />

Für Mitglieder der »Freunde der Lufthansa JU 52 e.V.« gilt ein<br />

Verbandspreis von € 54,12 pro Jahr (12 Ausgaben).<br />

ISSN 1617-0725 • 52469<br />

Erscheinen und Bezug<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> erscheint monatlich. Sie erhalten <strong>FLUGZEUG</strong><br />

<strong>CLASSIC</strong> in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz im Bahnhofsbuchhandel,<br />

an gut sortierten Zeitschriftenkiosken sowie direkt<br />

beim Verlag.<br />

© 2013 by GeraMond Verlag. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen<br />

Beiträge undAbbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Durch Annahme<br />

eines Manu skripts erwirbt der Verlag das ausschließliche Recht<br />

zur Veröffentlichung. Für unverlangt eingesandte Fotos und Manuskripte<br />

wird keine Haftung übernommen. Ge richts stand ist München.<br />

Verantwortlich für den redak tio nel len Inhalt: Markus Wunderlich; verantwortlich<br />

für die Anzeigen: Helmut Kramer, beide: Infanterie straße<br />

11a, 80797 München.<br />

Dieses Heft enthält historische Abbildungen aus der Zeit der nationalsozialistischen<br />

Diktatur, sie können Hakenkreuze oder andere<br />

verfassungsfeindliche Symbole beinhalten. Soweit solche Fotos in diesem<br />

Heft veröffentlicht werden, dienen sie zur Berichterstattung über<br />

Vorgänge des Zeitgeschehens und dokumentieren die militärhistorische<br />

und wissenschaftliche Forschung. Diese Publikation befindet sich<br />

damit im Einklang mit der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland,<br />

insbesondere § 86 (3) StGB. Wer solche Abbildungen aus diesem<br />

Heft kopiert und sie propagandistisch im Sinne von § 86 und § 86a<br />

StGB verwendet, macht sich strafbar! Redaktion und Verlag distanzieren<br />

sich ausdrücklich von jeglicher nationalsozialistischer Gesinnung.


Die deutsche Luftwaffe.<br />

NEU!<br />

Die Nachtjäger und Bomber der<br />

deutschen Luftwaffe: Ein faszinierender<br />

und profunder Überblick<br />

über die Kampfflugzeuge<br />

1935 – 1945.<br />

192 Seiten · ca. 320 Abb.<br />

19,3 x 26,1 cm<br />

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sFr. 21,90 € 14,95<br />

ISBN 978-3-86245-326-9<br />

Peter Cronauer, 2. Historiker der »Traditionsgemeinschaft JG 52«,<br />

kennt viele ehemalige Jagdflieger persönlich. In diesem Band<br />

lässt er sechs von ihnen zu Wort kommen, vom Ritterkreuzträger<br />

bis zum Nachwuchspiloten im letzten Aufgebot. Sie berichten<br />

von ihren Erlebnissen und Einsätzen, vom Eismeer bis Nordafrika,<br />

von der Ostfront bis in die Normandie, am Tag und in<br />

der Nacht.<br />

224 Seiten · ca. 70 Abb. · 14,3 x 22,3 cm<br />

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ISBN 978-3-86245-329-0 € 22,99<br />

Pioniergeist, Innovationen,<br />

Technikeuphorie: Die Geschichte<br />

der zivilen und militärischen<br />

Luftfahrt 1933 – 1945 kompetent<br />

erzählt und üppig bebildert.<br />

144 Seiten · ca. 200 Abb.<br />

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Alle Kampfflugzeuge, Transporter<br />

und Hubschrauber der Luftwaffe<br />

seit 1955: Dargestellt in ausführlichen<br />

Porträts und mit hochwertigen<br />

Aufnahmen.<br />

144 Seiten · ca. 220 Abb.<br />

22,3 x 26,5 cm<br />

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sFr. 34,90 € 24,95<br />

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Faszination Technik<br />

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