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Fräulein Mode Spezial Teil 2 (Vorschau)

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2,90<br />

EURO<br />

christina kruse<br />

MEXIKO<br />

<strong>Mode</strong> für<br />

Gerechtigkeit<br />

KANYE WEST<br />

Ich stellte mir vor,<br />

wie ich ihm den Speichel<br />

von den Lippen lecke<br />

JOHAN LINDEBERG<br />

ICH BIN GELANGWEILT<br />

VON MACHOS<br />

-<strong>Spezial</strong>-<br />

MODE<br />

<strong>Teil</strong><br />

2<br />

„Einsamkeit<br />

muss sein”<br />

TÖTEN IM<br />

ANZUG<br />

<strong>Mode</strong> und<br />

Gewalt<br />

VIVIENNE<br />

WESTWOOD<br />

bloggt für die<br />

Klimarevolution<br />

ANTIFRÄULEIN<br />

Alexa Chung<br />

VOGUE-CHEFIN<br />

CHRISTIANE ARP<br />

DIE JOGGINGHOSE IST<br />

TOTAL UNTERSCHÄTZT<br />

AUSGABE 09/2013<br />

A 3,20 EUR<br />

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Kraftstoffverbrauch kombiniert: 5,9–3,8 l/100 km; CO 2<br />

-Emission kombiniert: 139–99 g/km.


BALLY


Illustration: Kasia Mars<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

MODE-<strong>Spezial</strong>-<br />

2<br />

12<br />

Als Shootingstar des schwedischen <strong>Mode</strong>designs gestaltet<br />

sie Streetwear mit einem High-Fashion-Twist.<br />

<strong>Fräulein</strong> schenkte sie das Schnittmuster für eines<br />

ihrer all time favorite-<strong>Teil</strong>e.<br />

122<br />

Warum Alexa Chung berühmt ist, weiß niemand mehr so richtig. Als<br />

gescheiterte <strong>Mode</strong>ratorin hat sie den Titel It-Girl kultiviert. Das macht<br />

sie zum Antifräulein dieser Ausgabe.<br />

Sie gehört seit den Neunzigern zu den ganz<br />

großen deutschen <strong>Mode</strong>ls. Gleichzeitig ist sie<br />

auf dem besten Weg eine bekannte Künstlerin<br />

zu werden. Als wir die New Yorkerin in<br />

Manhattan zum Interview trafen, haben wir<br />

sie so bodenständig erlebt, als besuchte man<br />

sie in ihrer Heimat in der Lüneburger Heide.<br />

Weil sie die Einsamkeit schätzt und man ihr<br />

den Spaß vor der Kamera immer noch ansieht,<br />

ist sie das <strong>Fräulein</strong> dieser Ausgabe.<br />

93<br />

40<br />

Was für Paris die aufwendige Haute Couture, für<br />

Mailand das erlesene Material, könnte für Mexiko das<br />

traditionelle Handwerk werden. Junge Designer<br />

führen die <strong>Mode</strong> des Landes mit den Webtechniken<br />

der Mayas in die Fashion-<strong>Mode</strong>rne.<br />

Auch wenn der Hip-Hop-<br />

Star über die Jahre immer<br />

peinlicher wurde, will<br />

unsere Autorin Doris<br />

Hardt ihm immer noch<br />

den Speichel von<br />

den Lippen lecken<br />

und schaut sich<br />

seinen Schwanz<br />

im Internet an.<br />

58<br />

Er gilt als der talentierteste Designer<br />

seit Yves Saint Laurent. Obwohl der<br />

große Belgier Dries van Noten seit<br />

Jahrzehnten als wichtigster <strong>Mode</strong>macher<br />

überhaupt gilt, hat er sich seine<br />

Unabhängigkeit bewahrt. <strong>Fräulein</strong><br />

gab er eines seiner raren Interviews.<br />

Er leitet die Ethical Fashion Initiative<br />

der UNO. Im interview spricht er<br />

über die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen<br />

der <strong>Mode</strong>industrie und<br />

seine Zusammenarbeit mit Vivienne<br />

Westwood.<br />

22<br />

78<br />

124<br />

Als <strong>Mode</strong>l wurde sie von<br />

Richard Prince, Terry<br />

Richardson und Ryan Mc-<br />

Ginley fotografiert. Mittlerweile<br />

hypnotisiert sie das<br />

Publikum mit ihrer klaren<br />

Stimme. <strong>Fräulein</strong> erzählte<br />

Hannah Cohen, welches<br />

Outfit sie bei ihrer Beerdigung<br />

tragen will.<br />

Kate and Laura Mulleavy haben mit<br />

ihren von Horrorfilmen beeinflussten,<br />

ätherischen Kollektionen die amerikanische<br />

<strong>Mode</strong> erobert – von Anna<br />

Wintour bis Michelle Obama.<br />

20


CONTRIBUTORS<br />

RANDALL BACHNER<br />

Dieses Foto entstand während, Sturm Sandy<br />

in New York tobte. Good to hear that you were<br />

safe and many thanks for the Coverstory –<br />

again!<br />

BERNAT BUSCATO<br />

bewies auch dieses Mal, dass er ein<br />

<br />

<br />

NELLA BELJA überlegte in hochschwangerem<br />

Zustand verzweifelt, was sie zum Telefonin-<br />

<br />

tragen solle. Mittlerweile ist klar, was ihr am<br />

<br />

Nella!<br />

NORA ZUM FELDE<br />

hat gar keinen Grund sich im Schrank<br />

zu verstecken... Für uns traf sie Show-DJ<br />

und Pariser Legende Michel Gaubert zum<br />

<br />

KATRIN FUNCKE<br />

Danke, liebe Katrin, für deine Kreativität und<br />

<br />

<br />

schön charmant und dennoch frech wie du.<br />

Bleib’ uns treu!<br />

MARK PILLAI<br />

ist zum ersten Mal<br />

bei <strong>Fräulein</strong> dabei –<br />

und wenn es nach<br />

uns ginge, gerne bald<br />

wieder! Für diese<br />

<br />

<br />

<br />

Casting-Projekt<br />

zur Verfügung<br />

und erklärt uns, wie<br />

diese und andere<br />

Castings ablaufen.<br />

BELA BORSODI<br />

<strong>Fräulein</strong>-Comeback – und das gleich mit so<br />

einer tollen Strecke! Komm’ uns bald wieder<br />

in Berlin besuchen.<br />

DAVID TORCASSO<br />

ist längst nicht mehr wegzudenken.<br />

<br />

vollen<br />

Essay über Gewalt und <strong>Mode</strong><br />

und half uns zwischendurch mit<br />

kleinen Texten aus. Danke, danke!<br />

Flat-Tarif inklusive Music-Flat<br />

KASIA MARS<br />

ist dieses Mal unser<br />

Contributor mit<br />

Sternchen! Denn sie<br />

illustrierte nicht nur das<br />

Inhaltsverzeichnis und<br />

unsere Sachen-gibtes-Seite,<br />

sondern auch<br />

den neuen <strong>Fräulein</strong>-<br />

Schriftzug auf dem<br />

Cover! Konfettiregen und<br />

Blumensträuße nur für<br />

dich, liebe Kasia!<br />

10<br />

MARIE-SOPHIE MÜLLER<br />

ist auch im zweiten<br />

<br />

unsere Frau in New<br />

York. Letztes Mal traf sie<br />

Waris, dieses Mal unser<br />

<strong>Fräulein</strong> Christina Kruse.<br />

Wir freuen uns schon<br />

auf mehr – egal ob aus<br />

New York oder Berlin!<br />

Klingt gut: Surfen, Telefonieren, SMSen, so viel du willst – alles mit drin.<br />

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VON GRÖßE 40 BIS 54


EDITORIAL<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

Hinter jedem großartigen Latte Macchiato<br />

verbirgt sich ein Geheimnis.<br />

<br />

-<br />

<br />

Kritik, wenn es so viel Lob gibt.<br />

<br />

klar, dass nicht alle Leser<br />

mit einer monothe-<br />

<br />

gabe etwas anfangen<br />

-<br />

<br />

stellen, da wir denken,<br />

dass es für <strong>Fräulein</strong> ein<br />

nendes<br />

Thema ist. Wir<br />

haben auch bei unserem<br />

<br />

<br />

tikel<br />

über den Stil der<br />

Black Panther-Frauen,<br />

der Essay zu <strong>Mode</strong> und<br />

-<br />

<br />

wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung wird.<br />

signer<br />

vorkommen, die bekannt sind. Ein umfassender Überblick<br />

<br />

<br />

oder anderen Fall berechtigte Gründe zur Kritik an ihnen gibt, gehören<br />

diese Labels in eine Gesamtübersicht ganz selbstverständlich<br />

mit hinein. Sie sind dafür verantwortlich, dass junge Designer<br />

durch,<br />

dass es große kommerzielle Marken gibt, ist es möglich,<br />

dass Gelder für die Förderung von jungen Designern, jungen Talenten<br />

ausgegeben werden können.<br />

<br />

steht, jeder, der sich mit Magazinen ein bisschen beschäftigt,<br />

<br />

den letzten Monaten geleistet hat. Dafür möchte ich mich an dieser<br />

Stelle bedanken. Meine Großmutter, die schlauste Frau, die ich kenne,<br />

hat immer sagt: Der eine liebt ein Rosenblatt, der andere einen Kuh-<br />

blatt.<br />

Das führt zu einer subjektiven Sichtweise und im besten Fall zu<br />

einer Haltung. Wir glauben<br />

an <strong>Fräulein</strong> und arbeiten an<br />

diesem Magazin mit Herzblut<br />

und vollem Einsatz. Wir<br />

lieben, was wir tun, stehen<br />

voll und ganz dahinter und<br />

freuen uns deshalb über<br />

den riesigen Erfolg des<br />

Magazins.<br />

Stolz können wir Ihnen mitteilen,<br />

dass wir im nächsten<br />

<br />

<strong>Fräulein</strong> dann endlich<br />

-<br />

ßerdem<br />

werden wir ab<br />

vice<br />

einrichten. Und alle, die<br />

<br />

weitergehen, können wir beruhigen: Im nächsten Jahr wird es wieder<br />

<br />

ren<br />

wird.<br />

Es freut mich, dass Sie sich so zahlreich mit <strong>Fräulein</strong> auseinandersetzen,<br />

denn es zeigt mir, dass wir etwas richtig machen. <strong>Fräulein</strong> bewegt.<br />

Wir wollen nicht immer bequem sein und nicht immer gefallen.<br />

Wichtig ist uns vor allem: Wir wollen berühren. Wir lieben Men-<br />

<br />

denen nichts wichtiger ist als die Liebe. Die Liebe zur Familie, zu<br />

schen,<br />

die voller Leidenschaft sind und die für das eintreten, an das<br />

sie glauben. Die Menschen also, die sich jeden Tag aufs Neue den Herausforderungen<br />

des Lebens stellen! Diese Menschen sind es, die uns<br />

berühren und uns verändern. Genau darum geht es in <strong>Fräulein</strong>.<br />

<br />

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- no -<br />

76<br />

BOTTEGA VENETA<br />

AGANOVICH<br />

Jetzt Adrenalin Probe fahren.<br />

<br />

Bottega Veneta in Mailand eine modische<br />

<br />

Jeder Look eine Liebeserklärung an die<br />

<br />

hinter dieser und allen vergangenen Kollektionen<br />

seit 2001 ist Tomas Maier. Ein deutscher<br />

<strong>Mode</strong>designer, der in Paris studierte,<br />

anschließend Erfahrungen bei Sonia Rykiel<br />

und Hermès sammelte und eines Tages<br />

nach Miami auswanderte, um dort Bademode<br />

zu entwerfen. Dass seine Kreationen<br />

-<br />

<br />

als Chefdesigner von Bottega Veneta engagierte.<br />

Er führte das Luxushaus zurück zur<br />

Tradition. Die Gründer des Labels, Michele<br />

Taddei und Renzo Zengiaro, entwickelten<br />

fahren,<br />

„intrecciato“ genannt, das bis heute<br />

bei Taschen, Schuhen und anderen Lederwaren<br />

verwendet wird.<br />

- no -<br />

77<br />

Er ist ein romantischer Lyriker, sie eine unbekannte<br />

<strong>Mode</strong>designerin. Er schreibt ihr<br />

Gedichte über eine unerfüllte Liebe und die<br />

Kunst der weiblichen Verführung, sie lässt<br />

sich vorerst nicht von ihrem Studium am<br />

Central Saint Martins ablenken. Irgendwann<br />

wird sie schwach und erwidert seine<br />

Liebe. Doch nicht nur das, sie nutzt seinen<br />

-<br />

ren<br />

gründeten sie ihr gemeinsames Label:<br />

<br />

sondere<br />

am Design: Man kann alles mit allem<br />

kombinieren. Es gibt keine vorgegebe-<br />

<br />

von Einzelstücken. Jede Saison schreibt<br />

Taylor eine neue Geschichte über eine<br />

<br />

verdreht. Mit weiblicher Verführung haben<br />

die Kollektionen auf den ersten Blick vielleicht<br />

nicht unbedingt etwas zu tun, aber<br />

wenn man gerne von starken Frauen in futuristischer<br />

Kleidung verführt wird, ist es<br />

einen zweiten Blick wert.<br />

Die neue A-Klasse mit Doppelkupplungsgetriebe 7G-DCT.<br />

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THE KOOPLES<br />

78<br />

- no -<br />

Wir wissen nicht, was zuerst da<br />

war, der Name des Labels oder<br />

die Idee dahinter. Die Marketing-Strategie<br />

geht jedenfalls<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

-<br />

<br />

schon viel zu coolen Fotos steckt auch gleich noch<br />

eine Message: Die Idee des Labels ist es, dass die<br />

Paare ihre Lieblingssachen tauschen können. Der<br />

Unisex-Look schweißt zusammen. Das denken<br />

<br />

-<br />

-<br />

<br />

2008, doch erst seit diesem Jahr gibt es die<br />

Sachen auch in Deutschland zu kaufen. Wegen des<br />

Erfolgs in Frankreich war das wohl nur eine Frage<br />

der Zeit.<br />

Eine Marke der Daimler AG<br />

Kraftstoffverbrauch innerorts/außerorts/kombiniert: 8,4–4,5/5,1–3,3/6,4–3,8 l/100 km; CO₂-Emissionen kombiniert: 148–98 g/km.<br />

16<br />

Die Angaben beziehen sich nicht auf ein einzelnes Fahrzeug und sind nicht Bestandteil des Angebots, sondern dienen allein Vergleichszwecken zwischen den verschiedenen<br />

Fahrzeugtypen. Das abgebildete Fahrzeug enthält Sonderausstattungen.


VALENTINO<br />

79<br />

Valentino Garavani gründete<br />

1959 zusammen mit seinem<br />

Freund Giancarlo Giammetti<br />

das Label Valentino.<br />

In kürzester Zeit wurde er zum<br />

Lieblingsdesigner von Elisabeth<br />

Taylor und Jackie Kennedy.<br />

Mittlerweile hat sich Garavani in<br />

den Ruhestand verabschiedet.<br />

Doch das Valentino-Imperium<br />

lebt weiter – eigensinnig und<br />

glamourös, ganz im Sinne<br />

seines Gründers.<br />

„I love beauty, it’s not my fault.“ Wer<br />

sich bei diesem Satz einen busselnden,<br />

braun gebrannten Vorzeige-Italiener<br />

vorstellt, hat sehr richtig gedacht.<br />

Valentino Garavani hat nicht nur sein<br />

Label zu einem der größten der Welt ge-<br />

-<br />

<br />

von einem Meister der Couture vorstellt: etwas<br />

überdreht, glamourös und dabei irgendwie<br />

auch immer ein bisschen skurril.<br />

ren<br />

– sein Freund, Berater und Geschäfts-<br />

<br />

tritt<br />

aus seinem Unternehmen bekannt gibt,<br />

tritt auch Giammetti von seinem Posten als<br />

Präsident zurück. Doch ein Künstler dieser<br />

Größe macht das nicht still und leise, sondern<br />

feiert eine Party in Rom, die mehrere<br />

Tage andauert und zu der Prominen-<br />

<br />

eintreffen. Und als wäre das nicht<br />

genug, ließ es sich Valentino nicht<br />

nehmen, eine Couture-Show für<br />

900 geladene Gäste zu zeigen, um<br />

sich am Ende auf dem Laufsteg<br />

ren<br />

rot, Valentino-Rot, das zur<br />

Symbolfarbe des Designers wurde.<br />

Die Gründe für seinen Rückzug<br />

tische<br />

Beteiligungsgesellschaft namens<br />

Permira kaufte im Jahr 2007 die<br />

Mehrheit des Unternehmens auf und<br />

verlängerte Valentinos Vertrag nicht,<br />

sondern ersetzte ihn durch Maria Grazia<br />

Chiuri und Pier Paolo Picciolo, die zuvor<br />

-<br />

- no -<br />

nehmen entworfen haben. Seine Nachfolger<br />

kannten das Haus Valentino also und füh-<br />

<br />

<br />

geben, was andere denken, und dass es<br />

wichtig ist, stets eine Haltung zu wahren.<br />

Seit ihrem Rückzug sind Valentino und<br />

Giammetti nur noch Gäste bei den Fashionshows,<br />

sitzen in der Front Row und<br />

schauen sich nickend das Erbe des Labels<br />

an, das sie einst zusammen erschaffen<br />

haben.<br />

Das geschah im Jahr 1959, als Valentino<br />

nach Rom zurückkehrte, nachdem er in Paris<br />

<strong>Mode</strong>design studiert und anschließend<br />

bei Schneiderlegenden wie Jean Dessès und<br />

Guy Laroche gearbeitet hatte. Schon<br />

damals gilt Valentino Garavani als<br />

<br />

riser<br />

Haute Couture Gesellschaft<br />

gefördert. In seine<br />

Heimat kehrt er schließlich<br />

mit dem Entschluss zurück,<br />

ein eigenes Label zu<br />

gründen. Um diese Vision<br />

<br />

steigt Giammetti, ein<br />

<br />

Student mit keinerlei<br />

Business-Erfahrung, in<br />

das Unternehmen seines<br />

Freundes mit ein. Zu den<br />

ersten Kundinnen gehört<br />

unter anderem die Filmlegende<br />

Elizabeth Taylor. Sie<br />

scheint wie gemacht, um Va-<br />

<br />

<br />

<br />

wird zum Lieblingsdesigner anderer<br />

Film-Diven, aber auch First Lady Jaqueline<br />

Kennedy Onassis lässt sich ihr Hochzeitskleid<br />

von ihm auf den Leib schneidern.<br />

Valentino wird vor allem durch<br />

seine eleganten Entwürfe bekannt,<br />

die den sinnlichen und weiblichen<br />

Kurven mit edlen Materialien<br />

Fotos: Zelinda Zanichelli<br />

Text: Lisa Leinen<br />

Styling : Riccardo Linarello<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

schmeicheln. Ende der 90er-Jahre verkauft<br />

Valentino auf eigenen Wunsch hin sein Unternehmen<br />

an einen Konzern, dessen Tochtergesellschaft<br />

GFT bereits seit einiger Zeit<br />

zeichnen<br />

des Vertrags soll Valentino<br />

<br />

Millionen Euro konnten diese<br />

Tränen nicht zurückhalten.<br />

sturz<br />

wird das Unternehmen<br />

2002 von einem italienischen<br />

Konzern aufgekauft,<br />

2005 wird die Valentino Fa-<br />

<br />

Beim dritten Verkauf 2007<br />

wird Valentinos Vertrag nicht<br />

mehr verlängert, weder als<br />

Chefdesigner noch als Berater.<br />

reits<br />

74 Jahre alt und dennoch<br />

näher am modischen Puls<br />

als mancher Jungdesigner.<br />

Der Vanity Fair-Journalist Matt<br />

Tyrnauer wollte dieses Phänomen<br />

auch visuell festhalten und<br />

tinos<br />

in seinem Unternehmen.<br />

Die Dokumentation „Valentino –<br />

ter<br />

ganz nah. Mit allen Dramen und<br />

<br />

Glamour-Veranstaltungen und der dazu-<br />

<br />

<br />

18<br />

19


Interview: Lisa Leinen<br />

SARAH<br />

COLETTE<br />

Zusammen mit ihrer Mutter gründete<br />

Sarah, die ihren Nachnamen ungern<br />

in der Öffentlichkeit liest, einen<br />

Store im Zentrum von Paris, der mehr<br />

als nur reine Verkaufsfläche ist.<br />

Colette wurde zum weltweiten<br />

Concept Store-Vorreiter und zu<br />

einer Oase der Trendrecherche. Egal<br />

ob <strong>Mode</strong>, Musik, Kunst oder Design,<br />

Sarah entscheidet intuitiv, was sie<br />

mag und verkauft. Wahrscheinlich<br />

hat sie genau das so weit gebracht.<br />

Dieses Jahr feiert Colette sein 15-jähriges<br />

Bestehen. Erinnern Sie sich an die Anfänge,<br />

im Jahr 1997?<br />

SARAH COLETTE Meine Mutter und ich entdeckten<br />

diesen leeren Laden und hatten<br />

sofort eine Vision, dort <strong>Mode</strong>, Kunst,<br />

Beauty, Design und sogar Gastronomie<br />

zu vereinen. Dann ging alles ganz schnell.<br />

Wir haben den Vertrag unterschrieben und<br />

Colette gegründet. Das war aufregend, Paris<br />

war zu der Zeit noch ganz anders als<br />

heute...<br />

Wie fühlt es sich an, so etwas Besonderes<br />

mit der eigenen Mutter erschaffen zu haben?<br />

S CGroßartig! Wir sind ständig auf der Suche<br />

nach etwas Neuem. Wir schauen nicht<br />

zurück, sondern nach vorne. Manchmal realisieren<br />

wir nicht so ganz, was wir erschaffen<br />

haben, selbst nach all den Jahren.<br />

Wir sind sehr glücklich, so frei und unabhängig<br />

zu sein und das zu tun, was uns<br />

<br />

Von wem haben Sie Ihr Gespür für <strong>Mode</strong><br />

gelernt?<br />

S CDas mit Colette ging so schnell und<br />

- no -<br />

80<br />

-<br />

<br />

ich erst nach und nach verstanden, durch<br />

-<br />

<br />

intuitiv.<br />

Colette ist mittlerweile nicht mehr nur ein<br />

Shop im Zentrum von Paris, sondern auch<br />

eine eigene Marke, eine Philosophie – wie<br />

erklären Sie sich diesen Erfolg?<br />

S CEs ist unmöglich, das zu erklären. Wir<br />

sind jeden Tag aufs Neue erstaunt über den<br />

Erfolg. Wir wollen auch gar nicht so tun, als<br />

-<br />

<br />

Designer und die Künstler, mit denen wir<br />

arbeiten.<br />

Haben Sie jemals daran gedacht, weitere<br />

Colette-Filialen zu eröffnen?<br />

S CNein, daran haben wir kein Interesse.<br />

Wir sind ein recht kleines Team und wir<br />

wollen den Fokus sehr gerne auch weiterhin<br />

Wir sind sehr glücklich, das zu tun,<br />

was uns Spaß macht.<br />

auf Paris richten. Wir versuchen, den Store<br />

regelmäßig zu erneuern, sind ständig auf<br />

der Suche nach neuen Künstlern und Desi-<br />

-<br />

<br />

zuletzt in Tokio und New York, diese Erfah-<br />

<br />

Ende des Tages geht es vor allem um unseren<br />

Laden in Paris.<br />

Wie kann man sich Ihren typischen<br />

Arbeitstag vorstellen?<br />

S CKann man nicht, denn jeder Tag sieht<br />

-<br />

<br />

Colette, aber auch die Mitorganisation von<br />

Events und vieles mehr.<br />

Sind Sie denn noch oft im Laden?<br />

S C <br />

regelmäßig dort vorbeizuschauen. Ich<br />

wünschte, ich hätte mehr Zeit dafür.<br />

Welche Designer beobachten Sie zurzeit<br />

besonders? Und wer gehört zu Ihren all<br />

time favorites?<br />

S CIm Moment bin ich ganz angetan<br />

<br />

Mary Katrantzou. Und zu meinen Dauerfavoriten<br />

zähle ich Comme des Garçons,<br />

Junya Watanabe und Jeremy Scott.<br />

Wahrscheinlich würden sich viele Designer<br />

über eine Colette-Kollaboration<br />

freuen – nach welchen Kriterien wählen<br />

Sie diese aus?<br />

S CDas ist das Schöne: Es gibt keine Kriterien<br />

oder Regeln. Wir arbeiten nur mit<br />

<br />

schätzen.<br />

Wie zum Beispiel Hermès. Zurzeit kann<br />

man den Hermès x Colette-Seidenschal<br />

kaufen. Wie kam diese Zusammenarbeit<br />

zustande? Und wie viel Einfluss hatten<br />

Sie auf das Design?<br />

S C<br />

<br />

<br />

2010. In der Folge entstand die Zusammenarbeit,<br />

vor allem mit dem Designer Bali<br />

Barret. Wir haben uns „Brides de Gala“<br />

ausgesucht, ein regelrechter Kult-Entwurf.<br />

Die blauen Punkte darauf symbolisieren<br />

Colette.<br />

Schauen Sie sich auch außerhalb von Paris<br />

gerne fashionweeks an?<br />

S C<br />

London und Mailand. Ich glaube, das ist<br />

wichtig, um zu sehen, wie die <strong>Mode</strong>welt<br />

grade so tickt.<br />

In welcher Stadt kaufen Sie am liebsten ein?<br />

S CIn Tokio.<br />

Was sind für Sie die fünf Must-Haves,<br />

die eine Frau besitzen sollte?<br />

S C <br />

<br />

Delettrez – Byredo-Parfüm – die aktuelle<br />

<br />

SARAH eröffnete 1997 zusammen mit ihrer Mutter<br />

<br />

fr) in Paris. Ihre Karriere begann sie als Prak-<br />

<br />

letzten Jahres ist sie mit dem Künstler und<br />

<br />

SPORTMAX<br />

Erinnern Sie sich an das erste <strong>Fräulein</strong>-Cover?<br />

Dieses zierte die intelligente und be-<br />

derin<br />

der Design Miami und Design Miami/<br />

Basel brachte sie bereits vor einigen Jahren<br />

frischen Wind in die Gestalterszene. Immer<br />

auf der Suche nach neuen, künstlerischen<br />

Herausforderungen nahm sie sich nun der<br />

<br />

an. Zusammen mit dem chinesischen Illustrator<br />

Ying Wu designte sie farbenfrohe Basics<br />

und Tücher, die neben den hübschen<br />

Motiven auch noch auf soziale Probleme<br />

wie Umweltverschmutzung hinweisen sol-<br />

<br />

much.<br />

- no -82<br />

<br />

- no -<br />

81<br />

ALTUZARRA<br />

<br />

<br />

schnell sehr berühmt geworden ist. Eine <strong>Mode</strong>schule<br />

besuchte er nie, sondern studierte Kunstgeschichte<br />

an dem kleinen elitären Swarthmore<br />

College in Pennsylvania. Den Eintritt in die <strong>Mode</strong>welt gelingt ihm<br />

über ein Praktikum bei Marc Jacobs in New York. Danach geht er<br />

zurück nach Paris, wo er aufgewachsen ist, um für zwei Jahre bei<br />

<br />

seinen Einfallsreichtum wett. 2008 gründete er sein eigenes Label<br />

in New York. Sein Glück war es, dass er in Paris einen guten Draht<br />

<br />

<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

Kleidung für die erwachsene Frau. Cathy Horn schreibt in der New<br />

York Times, wie schön es wäre, endlich mal keinen neuen Fussel-<br />

<br />

frau,<br />

die sein Label managt. Es könnte also sein, dass wir bei der<br />

<br />

<br />

schon jetzt.<br />

20 21


- no -<br />

83<br />

RODARTE<br />

Kate und Laura Mulleavy ist etwas<br />

Erstaunliches gelungen: Mit ihren<br />

düsteren, von Horrorfilmen inspirierten<br />

Entwürfen überzeugten die Rodarte-<br />

Schwestern nach ein paar wenigen<br />

Kollektionen nicht nur Kirsten Dunst<br />

und Chloë Sevigny, sondern auch<br />

Anna Wintour und Michelle Obama<br />

von ihren Couture-Visionen.<br />

Kurz nachdem das Psycho-Märchen „Black<br />

<br />

der Film als Oscar-Favorit. Und tatsächlich<br />

-<br />

<br />

2011, im Kodak Theatre entgegen. Zur Verleihung<br />

trug sie eine lilafarbene Robe ihres<br />

Lieblingslabels Rodarte. Doch nicht nur an<br />

<br />

Film schufen die Designerschwestern Kate<br />

rung<br />

für Portmans Rolle als Ballerina am<br />

Rande zum Wahnsinn. Doch das war nicht<br />

das erste Mal, dass das Label Rodarte in der<br />

Öffentlichkeit gefeiert wurde.<br />

2001 beendeten Kate und Laura Mulleavy<br />

ihr Studium der Kunstgeschichte und Englischen<br />

Literatur an der UC Berkeley, Kalifornien.<br />

In den Jahren darauf brachte ihre<br />

Mutter ihnen das Nähen bei. 2005 gründeten<br />

sie schließlich ihr eigenes Label. Ihre<br />

erste Kollektion umfasste zwar nur zehn<br />

<strong>Teil</strong>e, wurde aber sofort von US<br />

<br />

wahrgenommen, die ihnen riet:<br />

lich<br />

– bleibt dabei!“ Das Magazin<br />

„Womens Wear Daily“ wählte<br />

kurz darauf ein <strong>Teil</strong> ihrer<br />

Debütkollektion für das Cover<br />

tember<br />

2010 zeigten sie ihre<br />

Entwürfe zum ersten Mal auf<br />

der New York Fashion Week.<br />

Seitdem sind die Mulleavy-<br />

Schwestern „Everybody’s Darlings“<br />

der <strong>Mode</strong>szene. Zeitweise<br />

hörte man leise Stimmen der Kritik, ihre<br />

nig,<br />

zu wenig kommerziell. Doch die Mulleavy-Schwestern<br />

konterten: „Wir wollen<br />

schöne <strong>Mode</strong> erschaffen. Tragbarkeit ist<br />

subjektiv“, sagte Laura einmal in einem Interview<br />

mit dem amerikanischen W-Maga-<br />

„Wir wollen schöne <strong>Mode</strong><br />

erschaffen.<br />

Tragbarkeit ist subjektiv.“<br />

<br />

Balance gefunden zu haben. Rodarte steht<br />

im Kern für romantische, beinahe feenhaf-<br />

ßergewöhnlichen<br />

Muster in Kombination<br />

mit einem ungewöhnlichen Materialmix<br />

steht nicht einfach nur für mutiges Design,<br />

ein Rodarte-Kleid scheint stets eine Geschichte<br />

zu erzählen. Ihre vielseitigen Ein-<br />

<br />

hin zum australischen Outback – lassen die<br />

<br />

ihres Studiums durchschimmern.<br />

Fernab der Laufstegkollektionen entwickelte<br />

sich besonders bei den <strong>Mode</strong>bloggern ein<br />

<br />

„Radarte“ oder „Rohearte“ wurden als<br />

Schriftzug auf unifarbene T-Shirts und Pullover<br />

gedruckt und zum Verkaufsschlager.<br />

Umso schöner, wenn man bedenkt, dass Rodarte<br />

der Mädchenname ihrer Mutter ist,<br />

den die Fans nun stolz auf der Brust tragen.<br />

<br />

<br />

Michelle Obama gehören zu ihren Fans.<br />

Kate und Laura Mulleavy wurden mit un-<br />

-<br />

<br />

widmete ihnen im letzten Jahr sogar eine<br />

Einzelausstellung. Die Rodarte-Schwestern<br />

zeigen: <strong>Mode</strong> muss man nicht studiert haben,<br />

das Wichtigste ist, man hat sie im Blut.<br />

Fotos: Hadley Hudson<br />

Text: Lisa Leinen<br />

Styling : Götz Offergeld<br />

Haare: Cecilia Romero mit<br />

Produkten von Marlies Möller<br />

<br />

for Chanel<br />

<br />

<br />

22<br />

23


DRIES<br />

VAN<br />

NOTEN<br />

Der Belgier ist der letzte große<br />

unabhängige und erfolgreiche<br />

Fashiondesigner dieser Zeit. <strong>Mode</strong><br />

sieht er als kreativen Ausdruck und<br />

nicht als Wachstumsbusiness.<br />

In einem seltenen Interview erklärt<br />

Dries van Noten, warum er mit<br />

Farben arbeitet, die ihm nicht auf<br />

Anhieb gefallen, und warum ihn die<br />

Unordnung seines Gartens entspannt.<br />

Dries Van Noten wird von vielen für einen<br />

Weltenwanderer gehalten. Dabei reist er<br />

meist nur mit dem Fahrrad durch belgische<br />

Landschaften. Und ins zehn Kilometer entfernte<br />

Lier in seinen Garten voller Obstbäume,<br />

selbst angebautem Gemüse und<br />

Wiesen. Zu mehr bleibt<br />

keine Zeit. Trotzdem ge-<br />

<br />

<strong>Mode</strong>designer, der zu der<br />

<br />

ne<br />

moderne Klarheit mit<br />

den Traditionen und Stoffen<br />

anderer Kulturen in<br />

eine Einheit zu bringen.<br />

Kein anderer beherrscht<br />

wie er, das Exotische mit<br />

dem Klassischen, das Folkloristische<br />

mit dem Uniformierten<br />

zu verbinden.<br />

Dries Van Noten-Stücke<br />

sind <strong>Mode</strong>, aber nicht modisch.<br />

„Ich entwerfe Kleidung,<br />

weil ich fest an ih-<br />

<br />

glaube, nicht, um noch mehr davon zu machen“,<br />

erklärt er im Interview. So ein Satz<br />

klänge aus dem Mund anderer Designer kokett.<br />

Doch dem 54-Jährigen ist es ernst<br />

damit.<br />

Für die aktuelle Herbst/Winter-Kollektion<br />

<br />

<br />

<br />

Text: Julia Christian<br />

Styling: Götz Offergeld<br />

<br />

<br />

- no -84<br />

<br />

und koreanischen Kostümen, ließ sie foto-<br />

<br />

Muster auf seine Entwürfe. Nicht 1:1, Van<br />

<br />

<br />

legte quer, was horizontal gehört, ließ far-<br />

tärischem<br />

Khaki oder Flanell auf einer Jacke<br />

kollidieren oder gürtete messerscharfe,<br />

<br />

<br />

Jahr, zwei für Männer, zwei für Frauen, es<br />

gibt keine Pre-Collections, keine It-Bags<br />

und während andere <strong>Mode</strong>häuser ihre jährlichen<br />

Umsätze oft zu etwa 50 Prozent mit<br />

cessoires<br />

sollten sein, was ihr Name sagt:<br />

Beiwerk. 6 Prozent bringt dieses Beiwerk<br />

an Umsatz im Jahr, 94 Prozent die Kleidung.<br />

Etwa 70 Millionen Euro insgesamt. Das ist<br />

ein Witz, vergleicht man den Umsatz mit<br />

Marken wie Gucci oder Prada.<br />

Man muss diese Zahlen kennen, um zu verstehen,<br />

was diesen Mann antreibt. Ein<br />

<br />

-<br />

<br />

an einen der revolutionärsten <strong>Mode</strong>designer<br />

seiner Zeit denken lässt, der Früchte<br />

einkocht, 2008 zum „Designer of the Year“<br />

-<br />

<br />

Quadratmeter großes Lagerhaus am Godefriduskaai<br />

kein Garn und keine Paillette<br />

verlässt, die er nicht gesehen hat.<br />

Dries Van Noten tut dies, weil er als einer<br />

der wenigen verbliebenen und gleichzeitig<br />

bekannten Designer noch immer zu hundert<br />

Prozent unabhängig ist. Van Noten leitet<br />

sein Unternehmen auf altmodische Weise:<br />

Er kontrolliert täglich Verkaufszahlen und<br />

gestaltet seine weltweiten Stores selbst.<br />

Der Belgier arbeitet nicht so viel und so unaufhörlich,<br />

damit sein Unternehmen<br />

weiter wächst.<br />

<br />

besitzt er nicht. Dries Van<br />

Noten fühlt sich verantwortlich.<br />

Für Zulieferer in<br />

grund<br />

derer er in jeder Saison<br />

Stickereien in seine<br />

Kollektionen integriert, da-<br />

<br />

Überleben haben. Oder für<br />

mal<br />

ging er in den Neunzigern<br />

fast bankrott. Einmal<br />

als 1990 irakische Soldaten<br />

Kuwait besetzten und den<br />

Zweiten Golfkrieg entfachten.<br />

Van Notens schon<br />

vorher fertiggestellte Kol-<br />

<br />

weils<br />

benannt werden – alle Blazernamen<br />

lischen<br />

skirt) – hießen die Stücke unter anderem<br />

Baghdad oder Saddam. Der amerikanische<br />

Zoll verbot die Einfuhr aller georderten<br />

<strong>Teil</strong>e. Die zweite Krise begann, als die<br />

25


„Der Garten ist mein<br />

Zufluchtsort. Während man<br />

beim Design das Resultat<br />

bestimmen kann, hat man im<br />

Garten keine Kontrolle. “<br />

Holdinggesellschaften Mitte der Neunziger<br />

nicht nur Designer, sondern auch Produktionsstätten<br />

aufkauften. Dries Van Notens<br />

<br />

<br />

<br />

schlossen,<br />

die, wenn sie eine Linie verkaufen<br />

wollten, auch die anderen Linien aus<br />

men<br />

mussten. So blieb vielen Läden für andere<br />

Designer kein Budget. Van Noten ent-<br />

<br />

beit<br />

dafür zu sorgen, die Marke und seine<br />

<br />

Verantwortung fühlt er aber auch gegenüber<br />

denen, die seine <strong>Mode</strong> tragen. Weil sie<br />

einem gefallen, soll man die Stücke kaufen.<br />

Nicht weil auf dem Etikett sein Name steht.<br />

Oder weil irgendein <strong>Mode</strong>l auf einem Plakat<br />

darin glänzt. Deshalb macht er keine Werbung.<br />

Hat er noch nie.<br />

gewöhnliche<br />

Prints und Strukturen zu einer<br />

Einheit zu verbinden, brachten ihm den<br />

Ruf ein, der größte Farbkünstler seit Yves<br />

Saint Laurent zu sein. Beide eint die Sensibilität,<br />

die verschiedensten Kulturen nicht<br />

tieren.<br />

Dafür muss man nicht selber reisen.<br />

Dafür reicht ein offener Blick und ein Geist,<br />

der träumen kann. Und vielleicht ein 18<br />

Hektar großer Garten. „Der ist mein Zu-<br />

<br />

Resultat bestimmen kann, hat man im Garten<br />

keine Kontrolle. Man kann das Wetter<br />

nicht vorhersehen, nicht, wie die Blumen<br />

wachsen werden, glauben Sie es oder nicht,<br />

<br />

zutiefst.“<br />

DRIES VAN NOTENboren,<br />

wo er auch studierte. Sein gleichnamiges<br />

Label gründete er 1986. Unter diesem entwirft<br />

er jährlich vier Kollektionen, für Herren und<br />

Damen. Van Noten gehört zu den legendären


COSTUME<br />

NATIONAL<br />

85<br />

- no -<br />

In Italien hatte Ennio Capasa kein<br />

Glück. Mit seinem Umzug nach Paris<br />

kam der Erfolg. Trotzdem wird seinem<br />

eigenwilligen Label Costume National<br />

immer noch zu wenig Aufmerksamkeit<br />

zuteil.<br />

Der Name Costume National geht angeblich<br />

auf ein französisches Buch zurück, was sich<br />

mit Uniformen auseinandersetzt. Mit Uniformen<br />

haben die Entwürfe des italieni-<br />

<br />

recht wenig gemeinsam. Viel naheliegender<br />

wären sie als Hommage an Frankreich zu<br />

sehen, dem das Label Costume National seinen<br />

Erfolg zu verdanken hat. Denn die erste<br />

Laufsteg-Präsentation im Jahr 1987 in Mailand<br />

wurde nicht sonderlich viel beachtet.<br />

<br />

und Carlo – ihrem Glück und ihrem Werk<br />

eine neue Chance zu geben, und zwar in Pa-<br />

<br />

<br />

<br />

um eine Schuh- und eine Herrenkollektion.<br />

Während die Damenkollektion immer noch<br />

in Paris gezeigt wird, schicken sie die Herrenkollektion<br />

in Mailand über den Laufsteg.<br />

Seit 2002 gibt es außerdem die Luxuslinie<br />

Costume National Luxe. So recht will dies<br />

<br />

in jungen Jahren so genervt von der gut betuchten<br />

und exklusiven Kundschaft seiner<br />

Eltern gewesen sein. Diese besaßen einige<br />

Luxus-Boutiquen in Mailand. Von <strong>Mode</strong><br />

nicht wirklich angetan, beginnt Ennio trotz-<br />

<br />

<br />

Einladung von Designer Yamamoto nach Ja-<br />

<br />

und Stoffe in Kleidungsstücke umzusetzen.<br />

Klassisch, fast statisch und dennoch sehr<br />

verführerisch wirken seine Entwürfe. Er<br />

selbst nennt seine <strong>Mode</strong> gerne „Underground-Chic“,<br />

was – seien wir ehrlich – die<br />

meisten Designer gerne zur Beschreibung<br />

<br />

aber. In seiner aktuellen Kollektion widmetet<br />

er einige Entwürfe den Künstlern Mau-<br />

<br />

einiger Zeit auch die Website des Unterneh-<br />

merksamkeit<br />

für ein Label, dem oftmals zu<br />

wenig davon geschenkt wird.<br />

Fotos: Debora Mittelstaedt<br />

Interview: Nella Beljan<br />

Styling: Deborah Ferguson<br />

Hair : Cecilia Romero mit<br />

Produkten von Marlies Möller<br />

<br />

<br />

„Proserpina“, aus dem eine Zeile titelgebend<br />

für Ihr neues Album ist, hat mich sofort<br />

stark berührt. Worum geht es?<br />

MARTHA WAINWRIGHT <br />

freut mich. Das Lied hat meine Mutter Kate<br />

McGarrigle kurz vor ihrem Tod geschrie-<br />

<br />

<br />

viel mit antiker Mythologie beschäftigt.<br />

<br />

Frühling. Die Göttin wurde von Pluto in die<br />

Unterwelt entführt, er zwang sie dazu, als<br />

nas<br />

Mutter war untröstlich über den Verlust<br />

ihrer Tochter und setzte alles daran, sie<br />

zurückzubekommen. Ich wollte dieses Lied<br />

unbedingt auf meiner Platte haben, damit<br />

ben.<br />

Meine Mutter wiederum hat den Song<br />

für ihre Kinder geschrieben, aber es ist in<br />

erster Linie ein Mutter-Tochter-Lied. Während<br />

sie im Sterben lag, konnte ich nicht<br />

zu ihr reisen, da mein kleiner Sohn zwei<br />

Monate zu früh zur Welt kam und im Brutkasten<br />

lag. Dann „Come home to Mama“ zu<br />

hören, ist herzzerreißend. Ich habe mir des-<br />

<br />

<br />

ein Foto von mir genommen, auf dem ich<br />

nackt bin und etwas sexy in die Kamera blicke.<br />

Das bekommt dann gleich den Touch<br />

von: „Cum home to momma!“ (sagt es im<br />

Slang) – und verdreht die eigentliche Be-<br />

<br />

- no -<br />

86<br />

eigene verstorbene Mutter sowie an mich<br />

als verwaiste Tochter, die gerade selbst erst<br />

Mutter wurde. Ich bin ein ziemlich schuldbewusster<br />

Mensch, mir tun viele Dinge sehr<br />

leid: Mit meiner Mutter hatte ich eine ziem-<br />

<br />

war oft wütend auf sie<br />

und ziemlich schwierig<br />

im Umgang.<br />

Veränderte sich Ihre<br />

Beziehung, als Sie wussten,<br />

dass Ihre Mutter<br />

schwerkrank war?<br />

M WJa, wir haben viel<br />

über das Vergangene ge-<br />

ren<br />

keine blöden Thera-<br />

<br />

wir haben sehr direkt<br />

miteinander gestritten.<br />

Da ging es auch richtig<br />

zur Sache, denn meine<br />

Mutter war eine brillante<br />

und offene Frau. Danach<br />

war unser Verhältnis vollkommen<br />

neu, das war unglaublich wohltuend, da wir<br />

nun beide darauf aus waren, gut miteinander<br />

zu sein. Meine Mutter war eine liebevolle<br />

Mutter, wie man sie sich wünscht. Sie hat<br />

sogar ihre internationale Karriere zurückgestellt,<br />

um Rufus und mich in Kanada<br />

<br />

aus dem Musikgeschäft zurückgezogen.<br />

<br />

in ihrem Leben. Meine Mutter hat mit uns<br />

Kindern auch immer gesungen, unser Haus<br />

war voller Musik. Rufus und ich haben deshalb<br />

auch diesen Film über sie gemacht, der<br />

in diesem Jahr beim Sundance Film Festival<br />

gezeigt wurde: „Sing me the songs that say<br />

I love you.“<br />

Ein Jahr bevor Ihre Mutter an Krebs<br />

MARTHA<br />

WAINWRIGHT<br />

Eigentlich hat Martha Wainwright nichts<br />

mit Fashion zu tun. Weil wir sie aber für<br />

eine Ausnahmekünstlerin halten, deren<br />

Musik und Texte uns zutiefst<br />

berühren, haben wir sie trotzdem in<br />

unsere <strong>Mode</strong>ausgabe genommen. Denn<br />

wir wünschen uns viel mehr charakterstarke<br />

Frauen wie Martha Wainwright<br />

in der <strong>Mode</strong>welt.<br />

erkrankte, haben Sie Ihren Ehemann,<br />

den Produzenten Brad Albeta, kennengelernt.<br />

M WJa, er war, als ich ihn kennenlernte,<br />

noch in einer anderen Beziehung, aber ich<br />

habe ihn von mir überzeugen können.<br />

Daher kommt also die<br />

Zeile „I know that you’re<br />

married, but I’ve got feelings,<br />

too“?<br />

M WDas ist unfair! Das<br />

ist der Titel meines Vor-<br />

<br />

<br />

habe einen ziemlichen<br />

Drang zu erobern und<br />

bin vielen Männern<br />

bumtitel<br />

ist nicht nur<br />

auf meinen Ehemann<br />

gemünzt. Insofern muss<br />

ich zugeben, dass ich<br />

mich immer mehr angestrengt<br />

habe, wenn es<br />

mir jemand schwer gemacht hat. Das sind<br />

<br />

man kommt schwer dagegen an. Ich fand<br />

mich nie hübsch, kannte aber keine Scham<br />

und habe versucht, die Leute dazu zu bewe-<br />

<br />

auch klar, dass diese Beziehungen immer<br />

scheitern.<br />

Warum klappte es dann jetzt auf einmal,<br />

sich fest an jemanden zu binden?<br />

M WWissen Sie, mein Mann und ich sind<br />

<br />

so krank wurde, sagte ich zu Brad: Lass uns<br />

heiraten und ein Kind bekommen. Dann<br />

weiß sie, dass ihre Tochter ebenfalls<br />

etwas Ordnung in ihr chaotisches Leben<br />

<br />

<br />

29


und mir. Sich zu entschuldigen,<br />

hilft schon mal.<br />

Ihre ganze Familie plaudert in<br />

den Songs gerne aus dem Nähkästchen.<br />

Ihre Tante hat das so<br />

kommentiert: „Die Bühne ist ihr<br />

Wohnzimmer.“ Ihr Vater Loudon<br />

Wainwright III hat zum Beispiel<br />

einen ziemlich hässlichen Song<br />

mit dem Titel „Hitting you“ über<br />

Sie geschrieben…<br />

M WJa, ich hatte mit meinem<br />

Bruder bei meiner Mutter gelebt<br />

und war als Teenie zu ihm gezogen,<br />

auf diese Zeit bezog er sich<br />

in diesem Song über diese Frau,<br />

die mir unglaublich leidtat. Er<br />

sang davon, dass sie einen Neuanfang<br />

machen sollten, aber jeder<br />

für sich und räumlich voneinander<br />

getrennt. Er habe genug<br />

von diesem Streiten, da sei er lieber<br />

allein als mit ihr. Irgendwann<br />

sagte er dann, dass das<br />

Lied von mir handelte. Das war<br />

ein ziemlicher Schock. Es hat<br />

mich ziemlich stark verletzt. Und<br />

ich war böse auf ihn. Ich war damals<br />

gerade mal 14 Jahre und<br />

hatte meine ersten Jungsgeschichten.<br />

Und mein Vater war in<br />

seiner Midlife Crisis. Loudon ist<br />

ein bisschen lächerlich, wenn es<br />

um seine Songtexte geht. Er<br />

schreibt seit dreißig Jahren<br />

Songs über seine Familie, aber<br />

will keinerlei Fragen dazu beant-<br />

<br />

einen dann mit dem, was er über<br />

uns geschrieben hat. Und unterwerfen<br />

uns erneut unter sein<br />

<br />

Man“, das Lied, das mein Vater<br />

über Rufus, der gern gestillt<br />

wurde, schrieb, ist da noch harmlos.<br />

Sie hatten mit dem Song „Bloody Motherfucking<br />

Asshole“ aber einen handfesten<br />

Konter: „Poetry is no place for a heart that<br />

is a whore!“<br />

M W (lacht) Ich sag ja, ich war ziemlich<br />

sauer.<br />

Ihre Mutter hat ihren Kindern zuliebe auf<br />

die internationale Karriere verzichtet. War<br />

die Geburt Ihres Kindes ein ähnlicher<br />

Schnitt?<br />

M W <br />

<br />

<br />

aufgenommen und wollte ganz bewusst<br />

nicht zu viel Zeit nach der Geburt meines<br />

Babys dafür vergehen lassen. Eigentlich<br />

<br />

und ich war selbst überrascht, dass sie teilweise<br />

auch so aggressiv wurde. Wenn auch<br />

einige traurige Songs dabei sind. Das war<br />

eine so verwirrende Zeit, dass ich einen so<br />

unglaublichen Verlust erlitten hatte und<br />

gleichzeitig dieses unglaublich große Geschenk<br />

mit meinem eigenen Kind erhielt.<br />

<br />

es ist, als ob ich dieses Licht überall wieder-<br />

<br />

über dieses Wundervolle schreiben, denn<br />

siert.<br />

Ich muss nun Verantwortung tragen.<br />

Ich kann meine Mutter nicht mehr um Rat<br />

bitten, sie ist nicht mehr da.<br />

MARTHA WAINWRIGHT wurde 1976 geboren, als<br />

Tochter der Musik London Wainwright III und<br />

wright<br />

ist Musiker. Vor Kurzem ist ihr drittes<br />

Studioalbum „Come Home to Mama“ erschienen.<br />

<br />

ihrer Mutter und die beinah gleichzeitige Geburt<br />

ihres Sohnes.<br />

31


THE ROW<br />

87<br />

- no -<br />

Es war zugegebenermaßen nur eine Frage der Zeit, bis sie selbst zu Designerinnen werden.<br />

hene<br />

Gäste auf allen möglichen Fashionshow. Nachdem sie ihre erste Karriere als Kinderstars<br />

irgendwann in der Pubertät verwarfen, beschlossen sie, Unternehmerinnen zu werden.<br />

Die Kreationen ihres 2006 gegründeten Labels The Row zeichnen sich durch<br />

minimalistische Eleganz aus, völlig losgelöst von Trendwellen, wie sie selbst sagen. Schlicht<br />

das, was Frauen tragen wollen.<br />

CAROL LIM<br />

88<br />

- no -<br />

<br />

Design von Kenzo übernommen hat,<br />

ist der Name Carol Lim in aller Munde.<br />

Doch es war vor allem die Gründung<br />

ny,<br />

der diesen Erfolg möglich machte.<br />

<br />

schnell mehr als eine coole Boutique,<br />

<br />

In eigenen Kreationen und Kollaborationen<br />

mit unterschiedlichen Part-<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Sebastian Kimm<br />

BRIAN<br />

ATWOOD<br />

<br />

<br />

an der F.I.T. in New York. Den Studiumsabschluss<br />

in der Tasche arbeitete der <strong>Mode</strong>-<br />

<br />

in Mailand diverse italienische Labels so<br />

lang, bis Gianni Versace sein Talent erkannte<br />

und ihn einstellte. Für Versace arbeitete<br />

<br />

eigenen Kollektion debütierte. Parallel zu<br />

seinem Label heuert er bei Bally als Kreativdirektor<br />

an und modernisiert nebenbei<br />

das italienischen Traditionshaus. 2010 konzentriert<br />

er sich wieder ganz auf seine<br />

Schuhkollektion. Die wird von Hollywood-<br />

<br />

Mit der Mischung aus Glamour, Sexyness,<br />

Eleganz und einer gewissen Robustheit<br />

<br />

- no - Gründung immer noch den<br />

89<br />

Zeitgeist.<br />

BEDA ACHERMANN<br />

-<br />

onal<br />

Bekanntheit erlangte. In der<br />

Schweiz darf man ihn mit Fug und<br />

<br />

und <strong>Mode</strong> nennen. In den achtziger<br />

Jahren revolutionierte er bei der Männer<br />

Vogue in München die <strong>Mode</strong>foto-<br />

<br />

den völlig neuartigen Inszenierungen<br />

von <strong>Mode</strong>.<br />

<br />

Ich arbeitete mit den damals jungen<br />

Fotografen Mario Testino, Max Vadakul,<br />

Michael Comte, Herb Ritts oder<br />

mann.<br />

Er ließ Frauen mit zu großen<br />

Nasen ablichten, zeigte den jungen<br />

Sylvester Stallone in Pose oder hatte<br />

mann<br />

verachtet nichts mehr als Mittelmaß.<br />

Deshalb lieben es bekannte<br />

Fotografen, mit dem Schweizer, der<br />

am liebsten Jogginghosen von Lanvin<br />

trägt, zu arbeiten.<br />

<br />

für die <strong>Mode</strong>labels Strenesse, Windsor<br />

oder JOOP! tätig. Seine Designs<br />

<br />

<br />

<br />

Handwerkskunst, genährt von historischem<br />

Wissen.<br />

- no -<br />

90<br />

Walter Pfeiffer<br />

- No -<br />

91<br />

Fotos: David Fischer<br />

Text: Lisa Leinen<br />

Styling: Götz Offergeld<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

MAISON<br />

MARTIN<br />

M A R ELA G I<br />

32


Es ist erstaunlich, dass das Geheimnis<br />

um das wahre Antlitz von Martin<br />

Margiela immer noch nicht gelüftet<br />

wurde. Denn den Einfluss des großen<br />

unbekannten Avantgardisten der<br />

<strong>Mode</strong>welt kann man gar nicht hoch<br />

genug einschätzen. Mittlerweile ist<br />

seine Marke an Diesel verkauft - und<br />

längst nicht mehr so geheimnisvoll<br />

und schwer zu bekommen wie noch<br />

vor ein paar Jahren. Margiela selbst<br />

bleibt allerdings ein Mysterium.<br />

Eigentlich wollte er hinter seinem Label<br />

verschwinden. Doch genau diese Vision<br />

on<br />

ein, als ihm lieb sein sollte. Wer ist Martin<br />

Margiela? Gibt es ihn wirklich? Bis heute<br />

ist das nicht geklärt. Es existiert kein öffentliches<br />

Foto des avantgardistischen Desig-<br />

<br />

Was wir zu wissen glauben: 1988 gründete<br />

Martin Margiela zusammen mit Jenny<br />

Meirens, einer Einzelhandelskauffrau aus<br />

Er nähte zusammen, was nicht zusammengehörte,<br />

recycelte alte <strong>Mode</strong> oder gar Plastiktüten, kehrte Nähte nach<br />

außen und zerschnitt Schnitte.<br />

Brüssel, das Label Maison Martin Margiela.<br />

Zu Beginn gab er Interviews, ließ sich sogar<br />

<br />

ausbrach. Er wollte dagegenhalten und seine<br />

<strong>Mode</strong> in den Vordergrund stellen. Seitdem<br />

hieß es immer Maison Martin Margiela,<br />

ein kollektives „wir“-Gefühl, das ausdrücken<br />

sollte, das nicht nur er designt,<br />

sondern ein ganzes Team. <strong>Mode</strong>ls wurden<br />

-<br />

<br />

über den Laufsteg geschickt, im Lookbook<br />

wurden die Gesichter mit schwarzen Bal-<br />

<br />

dankbares Winken des Chefdesigners,<br />

stattdessen soll Margiela heimlich im<br />

<br />

zum Markenzeichen wurde. Genau wie die<br />

schriftet<br />

sind. Ist die 6 eingekreist, handelt<br />

es sich um die Damenkollektion, die 10<br />

steht für die Herrenkollektion und die 22<br />

für Schuhe. Diese Baumwollwäschebänder<br />

ausgeschnitten<br />

werden, wurden aber<br />

schnell zum Statussymbol, durch die vier<br />

schräg gestellten weißen Nähte, die von<br />

außen an der Kleidung sichtbar sind.<br />

Die Entwürfe des avantgardistischen<br />

<br />

<br />

außergewöhnlich und – auf den ersten<br />

35


Blick – eher Kunst als <strong>Mode</strong>. Er nähte zusammen,<br />

was nicht zusammengehörte, recycelte<br />

alte <strong>Mode</strong> oder gar Plastiktüten,<br />

kehrte Nähte nach außen und zerschnitt<br />

Schnitte, um etwas Neues zu erschaffen<br />

und die Konstruktion von <strong>Mode</strong> zur Schau<br />

zu stellen. Umso interessanter, dass Margiela<br />

von 1997 bis 2004 zudem als Chefdesigner<br />

beim französischen Traditionshaus<br />

Hermès fungierte.<br />

Seit 2005 gehört Maison Martin Margiela<br />

tung<br />

von Renzo Rosso. Im Dezember 2009<br />

wird bestätigt, was in der Szene längst<br />

vermutet wurde: Martin Margiela verlässt<br />

-<br />

<br />

zu groß. Seitdem entwirft ein Designteam<br />

die Kollektionen.<br />

- no -<br />

92<br />

Fotos: Randall Bachner<br />

Text: David Torcasso<br />

Styling: Bernat Buscato<br />

Haare: Cecilia Romero mit<br />

Produkten von Marlies Möller<br />

<br />

<br />

<br />

CELINE<br />

Obwohl es die Marke Céline seit<br />

1945 gibt, scheint sie erst heute<br />

auf dem Höhepunkt des Erfolgs<br />

angekommen zu sein. Eines hat sich<br />

jedoch nie geändert: Die schlichte<br />

Eleganz der Kollektionen<br />

richteten sich an die moderne<br />

kosmopolitische Frau.<br />

<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

jüngen.<br />

Der aktuelle Erfolg ist aber vor allem<br />

der charismatischen Chefdesignerin<br />

machen: Der gekonnte Umgang mit<br />

feinstem Leder macht die Röcke und<br />

<br />

ihre modernistische Schlichtheit wir-<br />

lich.<br />

Genau deshalb ist die <strong>Mode</strong> des<br />

Labels für die selbstbewusste Frau im<br />

den<br />

Partys tragbar. „Sie ist dynamisch,<br />

sie arbeitet, sie reist viel und<br />

sie verlässt sich nicht auf extravagante,<br />

allzu exzentrische Kleidung<br />

um die Leute von ihrer Persönlichkeit<br />

zu überzeugen“, sagte Gründe-<br />

<br />

<br />

Die aktuelle Kollektion zeigt Farb-<br />

<br />

auch Schwarz-Weiß-Kombination<br />

mit engen und weiten Hosen.<br />

Durch ihre modernistische Schlichtheit wirken die<br />

Entwürfe von Céline nie pompös.<br />

line<br />

ist schlicht, modern, zugleich klassisch,<br />

<br />

-<br />

regt<br />

und souverän. Fließende Röcke, aufwendig<br />

verarbeitete Blusen und weiche<br />

Strickwaren lieben die Trägerinnen von<br />

kenden<br />

Hosen in geraden und dezenten<br />

Schnitten. Doch die wahren Schmuckstücke<br />

des Labels sind die Taschen in vielfälti-<br />

<br />

<br />

<br />

Phoebe Philo bei den Schuhen<br />

<br />

Obwohl das Label für seinen<br />

cleanen Stil bekannt ist, kreierte<br />

die Engländerin ein<br />

<br />

blick<br />

sorgte für Stirnrun-<br />

<br />

Fuß für Hunderte Euro?<br />

We don‘t think so.<br />

38


Fotos: Fabrica Social, Carla Fernandez, Text: Manuel Almeida Vergara<br />

MEXIKO-<br />

no −<br />

Die <strong>Mode</strong>designer Mexikos<br />

entdecken das Potenzial traditioneller<br />

Handwerkstechniken in Verbindung<br />

mit einem sozialen Bewusstsein und<br />

finden so ihren Platz innerhalb der<br />

internationalen Fashionszene.<br />

93<br />

FEATURE<br />

Mehr denn je richtet sich die zeitgenössische<br />

<strong>Mode</strong> an ein internationales Publikum.<br />

Ob Paris, Berlin, Schanghai oder Bogota<br />

– durch das Internet verbreiten sich<br />

ten.<br />

Manchmal sogar schneller. Wahrscheinlich<br />

ist kaum ein<br />

<br />

stärker global ausgerichtet.<br />

Man könnte die <strong>Mode</strong><br />

sogar als weltweites Ge-<br />

stehen,<br />

das Looks, Traditionen<br />

und Trends aus<br />

allen <strong>Teil</strong>en der Welt zusammenträgt<br />

und dabei<br />

zu einem interkulturellen<br />

<br />

Gleichzeitig wird es für viele<br />

Designer immer wichtiger,<br />

zumindest die Marken-<br />

<br />

den Kollektionen zu thematisieren.<br />

Manchmal sogar<br />

die des Landes, in dem<br />

die Marke entstanden ist.<br />

Eine starke eigene Identität<br />

ist gerade in der globalisierten<br />

Welt wie unserer<br />

wichtiger denn je. In Mexiko<br />

ist das insofern anders,<br />

als dass es dort<br />

kaum Marken gibt, die<br />

über die Landesgrenzen hinaus bekannt<br />

sind. Beobachten kann man aber, dass auch<br />

die aktuelle mexikanische <strong>Mode</strong> zu ihren<br />

rade<br />

durch die Rückbesinnung auf eine lange<br />

Tradition wirkt sie zurzeit moderner<br />

denn je.<br />

Was in Deutschland eine eher stiefmütterli-<br />

tag.<br />

Während sich hier in jüngster Vergan-<br />

<br />

Willhelm vielleicht – niemand so recht an<br />

die Wiederbelebung der deutschen Tracht<br />

herangetraut hat, machen die mexikanischen<br />

Designer von der modischen Vergangenheit<br />

ihres Landes in Gestaltung und<br />

<br />

binden sie so in das Bild des modernen<br />

<br />

sich im Trendthema Ethical Fashion.<br />

Soziale Verantwortung, ökologisches Handeln,<br />

wirtschaftliche Fairness ist die Idee<br />

<br />

von Emilienne Limón und Dulce Martínez<br />

gegründet, fördert das Projekt, unabhängig<br />

<br />

Frauen bei der Entwicklung<br />

und Herstellung<br />

von Kleidung. Jedes Stück<br />

ist ein Unikat, das von<br />

seiner Macherin frei<br />

<br />

wird. Designs, die den<br />

<br />

Trends schaffen sollen,<br />

bei<br />

unwichtig, auf die Fertigung<br />

kommt es ihr an:<br />

„Wenn wir im Rahmen<br />

unseres Projekts ein Kleidungsstück<br />

herstellen,<br />

dann glaube ich, dass wir<br />

uns dabei gleichzeitig<br />

auch selbst ein bisschen<br />

neu erschaffen, als Gesellschaft<br />

und als Individuum“,<br />

sagt Martinez, die<br />

Industriedesign an der<br />

<br />

Universität von Mexiko<br />

studierte und bereits ihre<br />

<br />

handwerklichen Fertigkeit<br />

von Mayafrauen in Yucatan schrieb.<br />

<br />

sich in den Einzelstücken jedoch trotzdem<br />

sche<br />

Form der Tunika, wird in Oberteilen<br />

setzte<br />

Schals erinnern an die traditionellen<br />

43


farbenreichen Kernaussage der aktuellen<br />

Kollektion – eine zeitgemäße Sicht auf die<br />

Trachtenkultur des Landes. „Die Handwerkerinnen<br />

hinterlassen in jedem Stück, das<br />

sie herstellen, eine<br />

Vision ihrer Kultur<br />

und ihrer Umgebung.<br />

Sie tun das<br />

mit einer Technik,<br />

die sie seit Jahren<br />

<br />

Martínez. Der gesamte<br />

Erlös des<br />

rück<br />

in das Projekt,<br />

bei dem den<br />

<strong>Teil</strong>nehmerinnen in<br />

<br />

marktorientiertes<br />

Wissen vermittelt<br />

wird. Fabrica Social<br />

gibt momentan<br />

<br />

nicht nur die Möglichkeit, mit ihren handwerklichen<br />

Fähigkeiten zur Zukunft der<br />

mexikanischen <strong>Mode</strong> beizutragen, sondern<br />

auch die Chance, ihr Können eigenständig<br />

und gewinnbringend zu nutzen. Ganz im<br />

Sinne des Grundgedankens „Fair Trade“ hat<br />

<br />

<br />

und gewährt dem Kunden Einblicke in den<br />

<br />

<br />

sich der Ethical Fashion verschrieben. Mit<br />

der Gründung des Labels Taller Flora gelang<br />

ihr die Verschmelzung von mexi-<br />

kanischem Kostüm mit global ausgerichte-<br />

<br />

von einheimischen Schneidern unter fairen<br />

Bedingungen und mithilfe von traditionellen<br />

Handwerkstechniken anfertigen.<br />

Die Umsetzung einer<br />

solchen Linie ist<br />

nicht immer einfach,<br />

braucht die<br />

Herstellung der <strong>Teil</strong>e<br />

manchmal einige<br />

Monate. Carla Fernandez,<br />

die mit ihrer<br />

Familie in Mexiko-<br />

Stadt lebt, unterstützt<br />

ihr Projekt<br />

mit Erlösen aus ihrer<br />

nach ihr be-<br />

<br />

die industriell hergestellt<br />

wird. Für<br />

die wurde Fernandez<br />

2008 bereits mit<br />

dem „International<br />

<br />

British Council ausgezeichnet. Während<br />

Fabrica Social gestalterisch sehr nah an der<br />

mexikanischen Tracht bleibt, sind die Krea-<br />

diger,<br />

die Schnitte avantgardistischer, Farben<br />

und Muster zukunftsorientierter. So<br />

-<br />

metrischen<br />

Formen und überweiten angesetzten<br />

Ärmeln auf eine exzentrische Weise<br />

ristischen<br />

Charakter. Ist das klassische<br />

Muster in der mexikanischen Kostüm-<br />

geschichte von akkuraten Quadraten und<br />

<br />

verzerrt Carla Fernandez die und verwendet<br />

sie in einigen <strong>Teil</strong>en ausschließlich in<br />

Schwarz und Weiß.<br />

Dulce Martínez von Fabrica Social schätzt<br />

nicht nur diesen Mut zur Tradition an ihrem<br />

Land: „Ich mag es, dass die Menschen Me-<br />

gehen.<br />

Mexiko ist nicht so sehr ein Land des<br />

Trends, dafür aber eines der Chancen und<br />

Möglichkeiten. Deswegen liebe ich es, ein<br />

<br />

der sonst so trendabhängigen <strong>Mode</strong>welt<br />

macht für die Szene Mexikos besonders<br />

Sinn, da sie sich im globalen Vergleich ihren<br />

Status noch erarbeiten muss. Was für Paris<br />

die aufwendige Haute Couture, für Mailand<br />

das erlesene Material und für Berlin die lässige<br />

Streetwear ist, das könnte für Mexiko-<br />

Stadt alsbald schon das traditionelle Handwerk<br />

und ein soziales Engagement sein.<br />

Nennen wir beides zusammen einfach Mexicouture.<br />

Ein Markenzeichen, das sich<br />

<br />

<br />

einem modernen Bewusstsein für die Um-<br />

sche<br />

Gesicht des Landes. Ein Gesicht, das<br />

gleichermaßen von der Vergangenheit Mexikos<br />

und der Gegenwart der Welt zu erzählen<br />

weiß.<br />

„ Die Handwerkerinnen<br />

hinterlassen in jedem<br />

Stück, das sie herstellen,<br />

eine Vision ihrer Kultur und<br />

ihrer Umgebung.“<br />

fabricasocial.org<br />

carlafernandez.com<br />

Lassen Sie uns zu Beginn über Ihre Kindheit<br />

sprechen. Wann entdeckten Sie Ihre Liebe<br />

zur Musik?<br />

MICHEL GAUBERT Das war wahrscheinlich so<br />

mit sechs. Ich habe diese ganzen Musik-<br />

Sendungen im Fernsehen gesehen, die Namen<br />

habe ich vergessen, so was in der<br />

<br />

einerseits die Musik, aber vor allem<br />

die Performance der Musiker, das ganze<br />

Drumherum.<br />

Haben Sie als Kind selbst musiziert, zum<br />

Beispiel ein Instrument gespielt?<br />

M G Nein, niemals. Ich meine, ich habe angefangen,<br />

Klavier zu lernen, aber ich war zu<br />

<br />

auf. Musik ist ein gutes Mittel sich auszudrücken,<br />

auch wenn man selbst kein Ins-<br />

<br />

erfahren, indem ich ihren Musikgeschmack<br />

kennenlernte. Das funktioniert nicht im-<br />

<br />

hört, aber wenn das nicht der Fall ist, sagt<br />

es eine Menge.<br />

Welche Musik hat Sie damals besonders<br />

fasziniert?<br />

M G T-Rex, David Bowie, Roxy Music und<br />

<br />

Jahre. Wie gesagt: Mich hat immer das<br />

Ganze interessiert, nicht nur die Musik,<br />

sondern insbesondere die Erscheinung der<br />

Musiker, welche Geschichten die Verbin-<br />

machung<br />

einer Band zusammen erzählen.<br />

Was für ein Kosmos da kreiert wird. Leon-<br />

teressiert.<br />

Er ist ein guter Musiker, aber er<br />

<br />

normal. Ich mochte Rebellen schon immer<br />

ganz gerne.<br />

Spielte Musik eine Rolle in Ihrem Elternhaus?<br />

Welchen Beruf übten Ihre Eltern aus?<br />

M G Ich stamme aus Bougeval, das liegt<br />

etwa zehn Kilometer westlich von Paris.<br />

Mein Vater hat nicht gearbeitet. Er musste<br />

das nicht, wir hatten genug Geld. Musik war<br />

kein großes Thema in meiner Familie. Meine<br />

Mutter besaß einige Buchläden in Paris.<br />

Sie sammelte Bildbände und Magazine über<br />

<strong>Mode</strong>. Das hat mich wahnsinnig fasziniert.<br />

Hat diese frühe Prägung in Bezug auf die<br />

<strong>Mode</strong> zu Ihrem Werdegang beigetragen?<br />

M G mals<br />

keine Gedanken gemacht. Die Zeiten<br />

waren anders als heute. Ich bin jeden<br />

<br />

Leute getroffen, allerhand Dinge entdeckt,<br />

auch Drogen. Wir haben damals wirklich<br />

viele Drogen genommen.<br />

Wann hat Ihre Laufbahn als Fashion-DJ<br />

begonnen?<br />

M G Zuerst habe ich angefangen, für die<br />

Shows befreundeter Designer die Musik<br />

auszuwählen. Das waren keine bekannten<br />

Leute. Danach habe ich für das Pariser Pa-<br />

<br />

für deren Stücke ich den Sound gemacht<br />

habe. Ich habe angefangen, mich in die jeweilige<br />

gedankliche Umgebung des Stücks<br />

einzuarbeiten, dessen Stimmung zu erfassen<br />

und Musik auszuwählen, die damit<br />

<br />

Stimmt die Geschichte, dass Sie Karl Lagerfeld<br />

in einem Plattenladen kennengelernt<br />

haben, in dem Sie arbeiteten?<br />

M G Ja, Karl war Stammkunde dort und eines<br />

Tages fragte er mich, ob ich für ihn arbeiten<br />

wolle. Das war 1990. Wir kannten<br />

<br />

der Palace-Zeit.<br />

Wie erarbeiten Sie den Sound für eine Fashion-Show?<br />

Sprechen Sie sich mit den<br />

Designern ab? Sehen Sie sich vorher die<br />

Kollektion an?<br />

M G Ich arbeite mit den meisten Designern<br />

sehr eng und bereits sehr lange zusammen.<br />

Ich arbeite mit Karl seit 20 Jahren, mit Nicolas<br />

Ghesquiere seit 1998, mit Raf Simons<br />

seit 8 Jahren. Sie kennen mich und ich ken-<br />

<br />

zwei Monate vor der Show alle Entwürfe,<br />

sodass ich mir von ihr einen Eindruck machen<br />

kann. Bei Raf Simons weiß ich, was er<br />

<br />

in welche Richtung der Sound gehen soll.<br />

Bei Chanel ist alles sehr offen, ich habe viel<br />

en<br />

Bands. Dieses Jahr haben die Chromatics<br />

<br />

Sie unterhalten ein riesiges Archiv von Tonträgern,<br />

sind ständig auf Reisen, haben<br />

Termine. Wie viele Mitarbeiter beschäftigen<br />

Sie?<br />

M G Fünf. Mit mir sind wir zu sechst.<br />

So viele! Das hätte ich nicht gedacht.<br />

M G den.<br />

Die meisten sind zu sehr mit ihrem eigenen<br />

Geschmack beschäftigt. Sie wollen<br />

unbedingt die Musik unterbringen, die ihnen<br />

besonders gut gefällt, dabei verstehen<br />

sie gar nicht, worum es geht...<br />

...es muss passen!<br />

M G Genau.<br />

94<br />

- no -<br />

Interview: Nora zum Felde<br />

MICHEL<br />

GAUBERT<br />

Im ersten <strong>Teil</strong> der <strong>Mode</strong>ausgabe<br />

haben wir Michel Gaubert, den<br />

Musikgott der Pariser Fashionszene,<br />

kurz vorgestellt. Jetzt<br />

spricht er im Interview über die<br />

musikalischen Vorlieben von Karl<br />

Lagerfeld und Raf Simons, über<br />

Drogen und seine Mutter.<br />

44


Fotos: Irina Gavrich<br />

Styling: Felix Leblhuber<br />

<br />

<br />

SPORT<br />

- no -<br />

95<br />

MAX


Dass es in der <strong>Mode</strong> nicht nur grell<br />

und laut zugehen muss, zeigt das<br />

Label Max Mara seit mehr als einem<br />

halben Jahrhundert. Wo andere<br />

Labels sich neu erfanden, liegt<br />

die Stärke des italienischen<br />

Traditionshauses in Disziplin und<br />

Verlässlichkeit.<br />

Max Mara gehört zu den Labels, die man<br />

sich immer mal wieder ins Gedächtnis rufen<br />

muss. Denn es fällt nicht sonderlich<br />

<br />

besonders innovative Designs. Trotzdem<br />

zeigt Max Mara stets tolle Kollektionen und<br />

das konstant seit vielen Jahrzehnten. Max<br />

Mara zählt zu den größten italienischen Er-<br />

<br />

sich bis heute in Familienbesitz. Präsident<br />

ist Luigi Maramotti, Sohn des Gründers<br />

<br />

sein eigenes Label und taufte es „Confezioni<br />

<br />

wurde der Name in Max Mara geändert.<br />

„Mara“ stammt vom Nachnamen Maramotti<br />

ab, „Max“ war eine Hommage an einen<br />

Grafen Max, der zu der Zeit in der gleichen<br />

<br />

Äußeres bekannt war.<br />

Maramotti war einer der Ersten, die es<br />

schafften, <strong>Mode</strong> für eine größere Masse zu<br />

gen<br />

Materialien und exquisiten Wünschen<br />

treu zu bleiben. Bis heute steht Max Mara<br />

für schlichte, edle Luxusmode, mit graden<br />

<br />

<br />

-<br />

-<br />

<br />

<br />

<strong>Mode</strong>marken, letztes Jahr wurde ein Ge-<br />

<br />

<br />

liste des Labels liest sich gut – von Lagerfeld,<br />

über Narciso Rodriguez und Franco<br />

Moschino bis hin zum Erfolgs-Duo<br />

Dolce&Gabbana, alle sammelten ihre Erfahrungen<br />

beim italienischen Traditionshaus.<br />

Seit Mitte der 60er-Jahre überwacht<br />

Laura Lusuardi als Kreativdirektorin alle<br />

Kollektionen und sorgt für eine konstante<br />

<br />

49


Interview: Hendrik Lakeberg<br />

- no -<br />

96<br />

THOMAS<br />

LENTHAL<br />

Er gilt als einer der profiliertesten<br />

Artdirektoren der Welt. Thomas<br />

Lenthal entwickelt Kampagnen für<br />

Labels wie Yves Saint Laurent, Dior<br />

oder Emporio Armani. Der kultivierte<br />

Franzose entwarf das Design des<br />

Numéro Magazins und gibt das<br />

wunderbare Paradis Magazin heraus.<br />

Seinen kritischen Blick auf die<br />

Branche hat er sich dennoch bewahrt.<br />

Herr Lenthal, wie erkennen Sie, dass eine<br />

Idee gut ist?<br />

THOMAS LEHNTHAL Wenn sich ein inneres<br />

Gefühl von Harmonie einstellt. Es fühlt sich<br />

<br />

ist fast wie eine chemische Reaktion. Die<br />

meisten werden dieses Gefühl kennen. Es<br />

ist, wie wenn du jemanden triffst, mit dem<br />

<br />

Und wann ist eine Kampagne oder eine<br />

Magazinstrecke gelungen?<br />

T LUm gute Bilder zu kreieren, braucht es<br />

-<br />

<br />

mir faul vor. Nicht faul im Sinne, dass man<br />

<br />

Es geht eher um einen Mangel an kreativem<br />

<br />

sönlich<br />

ist. Ist es ehrlich gemeint, ist es ori-<br />

<br />

<br />

ist heute stärker denn je von der Vergan-<br />

gen<br />

auch für Musik und Film – für die ganze<br />

Kultur. Es ist natürlich schön, gut gemachte<br />

-<br />

<br />

<br />

<br />

die jedes Mal aufs Neue interessant. Seine<br />

<br />

<br />

schön und anheimelnd aussieht, dann ist es<br />

nicht mehr als Eyecandy. Das ist grundsätzlich<br />

auch okay. Es ist, was die Industrie von<br />

<br />

Foto aber dann gelungen, wenn ich es nicht<br />

sofort verstehe. Wenn ich es immer wieder<br />

anschauen kann und es trotzdem interessant<br />

bleibt. Dabei sogar bedeutsamer wird.<br />

Wie bei guter Kunst.<br />

Wird es nicht schwierig, dieses Besondere<br />

zu erkennen, wenn man sich andauernd<br />

mit <strong>Mode</strong>fotografie beschäftigt und<br />

sie ständig anschaut?<br />

T L<br />

deshalb im Moment kaum von <strong>Mode</strong>foto-<br />

<br />

ich auf dem neuesten Stand sein muss. Und<br />

<br />

<br />

<br />

Musik, lese ein Buch oder schaue mir<br />

Malerei an.<br />

Wie sind Sie zu Ihrem Job gekommen?<br />

„Ich mag Retro nicht. Ich mag diese Eins-zu-eins-Umsetzung<br />

nicht, wenn mit einer Emotion gespielt wird,<br />

die alles nostalgisiert.“<br />

T L <br />

<br />

war eine seltsame und interessante Zeit für<br />

<br />

großen Designer, die großen Fotografen waren<br />

noch da. Helmut Newton und Guy Bour-<br />

hen<br />

unglaublich aus. Das <strong>Mode</strong>business<br />

war insgesamt viel kleiner, gleichzeitig war<br />

geben<br />

und viel enthusiastischer und ambitionierter<br />

als heute. Schnell dachte ich,<br />

wow, ich möchte <strong>Teil</strong> davon sein und mich<br />

mit dieser fantastischen Bilderwelt umgeben.<br />

Sie ist wie eine bessere Welt. Mit der<br />

<br />

<br />

– mit Distanz auf die <strong>Mode</strong> zu schauen. Meine<br />

wichtigste Fähigkeit ist wahrscheinlich,<br />

dass ich jemandem Bilder erklären kann,<br />

<br />

gegenüber steht.<br />

Kampagnenmotive müssen nicht nur den<br />

Entscheidern und Kreativdirektoren und<br />

Fotografen, sondern vor allem dem Publikum<br />

gefallen. Denken Sie, das Publikum<br />

merkt, wenn etwas wirklich neu oder gewagt<br />

ist?<br />

T L<br />

<br />

muss. Ich versuche natürlich zu vermeiden,<br />

-<br />

-<br />

<br />

meines Jobs. Wenn man für eine sehr großen<br />

<strong>Mode</strong>marke arbeitet, dann hat die einen<br />

<br />

<br />

sie es am Ende mögen werden, einfach weil<br />

sie so oft mit ihm konfrontiert werden.<br />

Darin liegt auch etwas Unheimliches, aber<br />

es ist die Wahrheit: Wenn man etwas oft ge-<br />

<br />

Publikum.<br />

Wir werden mit so vielen Bildern und Informationen<br />

geflutet, wird es dabei schwieriger<br />

in Ihrer Arbeit, einen Zeitgeist zu<br />

treffen, die richtigen Bilder im richtigen<br />

Moment zu liefern?<br />

T LIch muss den Zeitgeist nicht treffen.<br />

Wir stellen ihn her. Die Luxusindustrie informiert<br />

den Rest der Welt, was ihn aus-<br />

gandamaschinen,<br />

die es gibt. Wie viele<br />

Frauen wollen wie Gisele sein! Es ist beängstigend.<br />

Die <strong>Mode</strong>industrie hat einen<br />

<br />

wie wir die Welt sehen, wie wir uns selber<br />

sehen, was Schönheit ist. Wie ein Frauen-<br />

<br />

sein soll. Hinzu kommt, dass die <strong>Mode</strong>in-<br />

<br />

der Welt ist, was die Werbung angeht. Eine<br />

<br />

braucht mindestens zwei Jahre. Eine Kam-<br />

<br />

Monate. Von der Zeit, in der man anfängt<br />

über sie nachzudenken, bis zum Punkt, an<br />

<br />

<br />

werden.<br />

Kann man bei dieser Geschwindigkeit, dem<br />

wirtschaftlichen Druck, ernsthaft über die<br />

Verantwortung der <strong>Mode</strong> oder ihren kulturellen<br />

Wert nachdenken?<br />

T LOb <strong>Mode</strong> wertvoll ist, weiß ich nicht.<br />

tung,<br />

weil wir ein Ideal formen. Was wir<br />

ge<br />

Leute denken, was sie begehrenswert<br />

<br />

aber auch auf die Einstellung dem Leben<br />

gegenüber, auf Sex und Beziehungen.<br />

Würden Sie sagen, dass das, was Sie<br />

machen, in gewisser Weise Kunst ist?<br />

T L <br />

kreatives Erzeugnis, das bleibende Kraft<br />

hat. In diesem Sinne gibt es sehr wenig Mo-<br />

<br />

ren<br />

noch mal anschauen, um zu sagen, was<br />

davon bleibenden Wert hatte. Wenn ich mir<br />

aber die großen <strong>Mode</strong>bilder des 20. Jahrhunderts<br />

anschaue, dann sind die meisten<br />

immer noch schön und herausfordernd. Zu<br />

hersehbar.<br />

Für die Industrie ist das natürlich<br />

wichtig, weil das sicherstellen soll, dass<br />

kommerzielle Ziele erreicht werden. Das<br />

Problem ist nur: Ich habe das Gefühl, dass<br />

seit etwa 20 Jahren in Sachen Design und<br />

<br />

entwickelt sich sehr schnell, aber die Menschen<br />

sind 2012 fast genauso angezogen wie<br />

<br />

in der <strong>Mode</strong> von 1972 zu 1962 und zu 1952<br />

anschaut, dann sind sie riesig. Schauen Sie<br />

<br />

die Gebäude. Wie sich Kleidung verändert<br />

hat. Ich glaube, wir wiederholen uns vor<br />

allem, weil das im Sinne der Industrie besser<br />

kalkulierbar ist als ständig auf neue<br />

Trends zu setzen.<br />

Vielleicht ist der Hang zu Wiederholung<br />

oder die Besinnung auf Klassiker, Tradition<br />

und Herkunft in der <strong>Mode</strong> auch eine<br />

Reaktion auf die Schnelligkeit des Internets<br />

und die rasante technologische<br />

Entwicklung.<br />

T LIch würde das gerne glauben, aber ich<br />

bin mir nicht sicher, ob das stimmt. Ich verstehe<br />

natürlich, warum wir uns lieber an<br />

der Vergangenheit als an der Zukunft orientieren.<br />

Was Sie beschreiben, ist eine ver-<br />

<br />

liche.<br />

Und klar, gibt es gute Gründe, verängstigt<br />

zu sein.<br />

Wir sollten also weniger ängstlich sein?<br />

T L<br />

wie die Industrie gearbeitet hat, war bis in<br />

<br />

so ökonomisch gedacht. Man hat immer<br />

siert<br />

das in der Technologie, aber bei der<br />

<strong>Mode</strong> stagniert die Entwicklung.<br />

China ist ein großer Wachstumsmarkt für<br />

die Luxus- und <strong>Mode</strong>industrie. Wird sich<br />

dadurch die Ästhetik der <strong>Mode</strong> und der<br />

Kampagnen insgesamt ändern?<br />

T L<br />

investiert dort riesige Summen. Das geht so<br />

weit, dass eigentlich monatlich erscheinende<br />

Magazine zwei Mal im Monat auf den<br />

<br />

nicht alle unterzubringen wären. Marie<br />

Claire, Elle und andere Magazine sind in<br />

China das ganze Jahr über so dick wie die<br />

<br />

<br />

eine klare Meinung haben. Man muss sehr<br />

wachsam sein. Im Moment zeigen wir den<br />

Chinesen, was wir für schön oder cool hal-<br />

<br />

<br />

man die Menge an teuren Handtaschen<br />

nimmt, die in China verkauft werden,<br />

<br />

zu funktionieren.<br />

50<br />

51


Denken Sie, dass man langfristig eine neue<br />

Bildsprache für den chinesischen Markt<br />

finden muss?<br />

T LDer chinesische Markt ändert sich sehr<br />

schnell. Immer wenn ich in China war, hatte<br />

ich aber den Eindruck, dass es dort eine<br />

Menge sehr kluge Menschen gibt, die ein<br />

gutes Verständnis für die dortigen Entwicklungen<br />

haben. Interessant ist: Mittlerweile<br />

verkaufen sich Kelley Bags in China nicht<br />

mehr so gut, weil es zu viele gibt. Wenn<br />

<br />

<br />

-<br />

fremdlich<br />

zu hören, dass die Kelley Bag in<br />

China ein Trend ist, der so schnell vorbeigehen<br />

kann wie er gekommen ist.<br />

Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?<br />

T Lnung.<br />

Die Marken investieren Unmengen an<br />

Geld und niemand stellt groß Fragen. Die<br />

Luxusindustrie ist keine Branche, die sich<br />

<br />

auszeichnet. Ihr liegt vor allem ein kauf-<br />

<br />

ßerdem<br />

läuft ja alles. Die Umsätze sind<br />

enorm. Es geht eher darum, Logistik und<br />

Kalkulation unter Kontrolle zu bringen.<br />

<br />

Schuhe tragen soll, das kümmert gerade<br />

niemanden. Wichtig ist vor allem eine Strategie<br />

zu entwickeln, um den Chinesen mitzuteilen,<br />

wie groß und erfolgreich eine Marke<br />

ist. Denn das ist es, was sie mögen.<br />

Wenn eine Kelley Bag ein flüchtiger Trend<br />

ist, besteht dann nicht die Gefahr, dass der<br />

wirtschaftliche Erfolg der europäischen<br />

Marken wie ein Strohfeuer abbrennt?<br />

T LNun, sie müssen es schaffen, begehrenswert<br />

und kostbar zu bleiben. Das ist<br />

eine Herausforderung, wenn sie die Größe<br />

und Verbreitung von Coca-Cola haben. Wie<br />

macht man Coca-Cola kostbar? Ich weiß es<br />

nicht.<br />

THOMAS LENTHAL<br />

wurde anschließend Kreativdirektor der<br />

Glamour. 1999 gründete er zusammen mit Ba-<br />

<br />

eigenes Magazin Paradis. Zwischendurch machte<br />

er sich auch in der Werbung einen Namen,<br />

<br />

Laurent. Er lebt und arbeitet in Paris.<br />

Interview: Lisa Leinen<br />

SCHNITTMUSTER<br />

- no -<br />

97<br />

CARIN<br />

WESTER<br />

Carin Wester ist der Inbegriff<br />

der skandinavischen <strong>Mode</strong>: ungezwungen,<br />

klassisch, detailverliebt<br />

– und tragbar. Die Schwedin<br />

perfektionierte einen Alltagslook,<br />

in dem sie ihn mit den typischen<br />

Carin Wester-Prints und dezenten<br />

Twists veredelt. Als Schnittmuster<br />

wählte sie eine wahre Streetwear-<br />

Allzweckwaffe: ein Cappy inklusive<br />

angenähtem Schal. Trucker Shawl<br />

nennt Wester das.<br />

Wie war Ihr Arbeitstag?<br />

CARIN WESTER Wir sind immer noch ein<br />

recht kleines Team und ich kümmere<br />

<br />

heutiger Tag: Kaffee trinken mit dem<br />

Team, Meeting, Telefonanrufe tätigen,<br />

zwei Interviews geben, unser neues Büro<br />

anschauen, Moods für die kommende<br />

<br />

und sammeln und zwei Entwürfe mei-<br />

chen.<br />

Das war’s.<br />

Designen und nähen Sie ab und an noch<br />

Kleidung nur für Sie selbst? Oder tragen<br />

Sie Ihre Kollektion?<br />

C W Ich stelle mir gerne vor, dass ich alles<br />

tragen könnte, was ich kreiere. Früher<br />

war mein Stil gewagter. Ich habe mir<br />

näht<br />

oder Second Hand-Kleidung gekauft,<br />

um sie dann nach meinen Vorstellungen<br />

zu zerschneiden und zu verschönern.<br />

Heutzutage bin ich ich da etwas<br />

fauler, ich mag bequeme Kleidung und<br />

Sneakers mittlerweile viel lieber.<br />

Wann haben Sie beschlossen, dass Sie<br />

<strong>Mode</strong>designerin werden wollten?<br />

C W <br />

als ich zu einer Party eingeladen war.<br />

Dort sah ich dieses Mädchen, die ihr<br />

Kleid mithilfe eines Burda-Schnittmusters<br />

genäht hatte. Das hat mich so beeindruckt,<br />

dass ich meine Mutter am nächsten<br />

Tag gezwungen habe, mit mir zum<br />

Markt zu gehen, um Stoffe und Schnittmuster<br />

zu kaufen. Ich wollte mir auch so<br />

<br />

ganz gut und so wurde ich irgendwann<br />

richtig süchtig nach diesem Gefühl. Ich<br />

<br />

<br />

Freunde aus der Schule nach mir fragen<br />

würde, war ich wohl die, die niemals ein<br />

<br />

Sie haben am Beckmanns College of<br />

Design in Schweden studiert. Glauben<br />

Sie, Ihre Entwürfe hätte sich mit einem<br />

Studium in Frankreich oder England<br />

verändert?<br />

C W Seit ich denken kann, beziehe ich<br />

meine Umwelt sehr stark in mein Tun<br />

und Handeln mit ein, also ja, ich bin mir<br />

sicher, mein Design wäre heute ein ganz<br />

anderes.<br />

Was inspiriert Sie?<br />

C W Meine Umgebung. Bei der letzten<br />

sessen<br />

von Essen und Restaurants. Welche<br />

schöne Vorstellung dachte ich die<br />

tags<br />

zu vereinen: Essen und <strong>Mode</strong>...<br />

Wie würden Sie den Stil Ihres Labels<br />

beschreiben?<br />

C W Es gab mal einen Journalisten, der<br />

<br />

hat. Diese Bezeichnung mochten wir alle<br />

so gerne, dass wir sie seitdem immer verwenden.<br />

Ich mag es, wenn Leute sagen,<br />

man könne sehen, dass es sich um ein<br />

Carin Wester-Stück handelt.<br />

Wie stellen Sie sich die Frau vor, die<br />

Carin Wester trägt?<br />

C W Ein bisschen wie mich selbst: Eine<br />

Frau, die <strong>Mode</strong> mit Besonderheiten und<br />

eine Liebe zum Detail mag. Die gute<br />

Qualität schätzt und einen Kleiderschrank<br />

besitzt, der gefüllt ist mit einer<br />

Mischung aus aktueller <strong>Mode</strong> und all<br />

time favorites.<br />

Sie arbeiten mit auffälligen Prints –<br />

woher kommt diese Passion?<br />

C W Ich liebe es zu zeichnen! Ich hatte<br />

während meines Studiums einen Neben-<br />

„Wir Skandinavier haben den populären<br />

, Everyday Style‘ kultiviert.“<br />

job, bei dem ich Prints für ein Unternehmen<br />

entworfen habe. Es war ein toller Job! Bei<br />

meinen eigenen Entwürfen habe ich oft-<br />

<br />

mich an den Schnitt der Kleidung wage.<br />

In Deutschland wurde Sie vor allem durch<br />

<strong>Mode</strong>blogger bekannt, die stolz ihre Carin<br />

Wester-Outfits posteten. Was denken<br />

Sie generell über das Phänomen <strong>Mode</strong>blog?<br />

C W Ich muss zugeben, dass viele der <strong>Mode</strong>blogger<br />

sehr wichtig für uns waren und<br />

immer noch sind. Indem sie ihre Out-<br />

<br />

<br />

merksam.<br />

Wie haben Sie die Veränderung von Print<br />

auf Digital erlebt – und wie viel Einfluss<br />

hatte es vielleicht sogar auf Ihre Karriere?<br />

C W Natürlich ist es großartig, dass alle<br />

<br />

in die Welt geschickt werden können.<br />

Wir haben einen eigenen Blog angelegt,<br />

<br />

ein neues Produkt auf den Markt kommt<br />

oder wir einen Moment mit den Lesern teilen<br />

wollen. Oder aber, wenn wir einen Event<br />

ankündigen wollen. Das funktioniert ein-<br />

<br />

gebe zu, es gibt nichts Schöneres, als ein<br />

Magazin in den Händen zu halten und<br />

durchzublättern.<br />

Was denken Sie, warum skandinavische<br />

<strong>Mode</strong> so beliebt ist?<br />

C W ren<br />

„Everyday Style“ kultiviert, den so viele<br />

mögen und tragen können. Die Preise sind<br />

erschwinglich und die Qualität ist gut. Zudem<br />

sind wir gut darin, neue Trends aufzu-<br />

nen,<br />

sondern auch auf der Straße gut<br />

aussehen und die Menschen darin nicht wie<br />

verkleidet erscheinen lassen.<br />

Welche anderen Designer schätzen Sie?<br />

C W <br />

mag es auch, Vintage-Klassiker zu kaufen,<br />

wie einen Burberry-Trenchcoat, eine Chanel-Tasche<br />

oder Charles Jourdan-Stilettos.<br />

son<br />

Martin Margiela und Isabel Marant<br />

vorbei.<br />

Und welche Designer haben Sie früher<br />

inspiriert?<br />

C W Das war gar kein bekannter Name,<br />

sondern die erste Show, die ich mir am<br />

Beckmans-College angesehen habe. Diese<br />

<br />

sofort begeistert und mich dazu ermutigt,<br />

mich dort zu bewerben.<br />

Gibt es einen Prominenten, den Sie gerne<br />

einmal einkleiden würden?<br />

C W <br />

eine Frau auf der Straße an mir vorbeigeht<br />

<br />

und Carin Wester trägt.<br />

Greifen Sie immer noch selbst zu Schere<br />

und Nähmaschine?<br />

C W Leider viel zu wenig, weil ich mittlerweile<br />

Leute eingestellt habe, die das viel<br />

<br />

setzte ich mich gerne vor der Show hin, um<br />

mitzuhelfen. Ein bisschen Handarbeit wirkt<br />

<br />

Wie genau arbeiten Sie an einem Schnittmuster?<br />

C W Ich versuche so viele Farben und Ideen<br />

<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

<br />

in die Druckerei für einen ersten Entwurf.<br />

Dann setzten wir uns wieder zusammen<br />

und wieder und so entsteht erst das<br />

Schnittmuster und schließlich das fertige<br />

Kleidungsstück.<br />

Aus welchem Grund haben Sie dieses<br />

Schnittmuster für <strong>Fräulein</strong> gewählt?<br />

C W Es ist ein all time favorite von mir, ein<br />

<br />

CARIN WESTER studierte <strong>Mode</strong>design am Beckmans<br />

College of Design in Stockholm und grün-<br />

<br />

Kollektionen werden jedes Jahr bei der Mercedes<br />

Benz Fashion Week in Stockholm gezeigt.<br />

52<br />

53


NR. 9<br />

THE TRUCKER SHAWL<br />

How to measure:<br />

10,5 cm<br />

18 cm<br />

23 cm<br />

9 cm<br />

160 cm<br />

12 cm<br />

A<br />

39 cm<br />

150 cm<br />

40 cm<br />

2<br />

INSTRUCTIONS:<br />

1. Measure your cap. The measurements in the picture is<br />

taken from the cap we used.<br />

2. Adjust measurements to the the pattern.<br />

3. Put the pattern pieces on the fabric. Please note which<br />

pieces should be cut twice.<br />

4. Stitch 1 cm from edge and turn together the scarf piece A.<br />

Press.<br />

5. Piece B. Stitch 1 cm from edge and turn only the the edges<br />

of the cap. Press.<br />

6. Put the piece over the cap and handstitch it together.<br />

7. Stitch the dart on piece C. Press<br />

8. Press and turn the edges. Handstich piece C on to the cap.<br />

9. Handstich the straight part of piece A on to the cap. Measure<br />

the middle and place it on the middle front part on the cap.<br />

10. Ready!<br />

Shopping list:<br />

- Approximately 150 cm of our favorite fabric.<br />

Recommended to use a lightweight fabric.<br />

- One cap. Buy one or use one you have at home.<br />

C<br />

10,5 cm<br />

B<br />

23 cm<br />

18 cm<br />

12 cm<br />

2 1<br />

9 cm<br />

39 cm<br />

23 cm<br />

14 cm<br />

54<br />

55


FENDI<br />

ARMANI, MARNI<br />

Fotos: Bela Borsodi<br />

<br />

Styling: Vanessa Giudici<br />

Printing: Lutz + Schmitt<br />

ACCESSOIRES<br />

Für die <strong>Mode</strong>industrie werden sie<br />

immer wichtiger: Die Beiwerke,<br />

die einem Outfit den entscheidenden<br />

Schliff geben. Deshalb erzählt<br />

<strong>Fräulein</strong>-Autorin Alexa von Heyden<br />

die Geschichte der Accessoires von<br />

der Antike bis in die Gegenwart und<br />

der Fotograf Bela Borsodi lichtete<br />

einige besonders schöne Exemplare<br />

ab – angelehnt an berühmte Kunstwerke.<br />

Die wahre Kunst des Stylings<br />

liegt nämlich auch im Detail. Vor<br />

allem natürlich in den Accessoires.<br />

Wer sich gerne mit <strong>Mode</strong> beschäftigt, der<br />

<br />

wieder über den Begriff „Statement“: Statement<br />

Kette, Statement Bag, Statement Pie-<br />

<br />

hör<br />

ist zunächst vor allem als ein lautes und<br />

begeistertes „Ja!“ zur <strong>Mode</strong> zu verstehen.<br />

zente<br />

zu setzen – gerade wenn der Trend<br />

insgesamt in Richtung Schlichtheit geht. Zu<br />

weißem T-Shirt und schlichter Jeans wird<br />

eine bunte Tasche oder ein auffälliges Paar<br />

<br />

Geschmack der Trägerin besonders betont.<br />

Kurz: In der <strong>Mode</strong> dreht sich zurzeit alles<br />

<br />

- no -<br />

98<br />

Der kanadische Streetstyle-Fotograf Tom-<br />

<br />

<br />

die <strong>Mode</strong>-Redakteure bei der Fashion Week<br />

in New York, Paris oder Mailand trugen:<br />

<br />

<br />

Dior, Isabel Marant und Pierre<br />

-<br />

<br />

teuren Uhr und dem Collier de Chi-<br />

<br />

vergessen die exzentrischen Hüte<br />

<br />

gerne mal eine große Plastik-Kirsche<br />

oder ein Goldenes Ei auf dem<br />

<br />

Entscheidung von Tommy Ton sich<br />

solchen Details zu widmen: Heute<br />

ten<br />

Streetstyle-Fotografen der<br />

Welt, der mit einem Bild bis zu<br />

2.000 US Dollar verdient. Und von<br />

was träumt der Mann? Er würde<br />

natürlich selbst gerne Designer<br />

sein. Den ersten Schritt hat er dieses<br />

Jahr gemacht und für das Label<br />

Club Monaco eine dreiteilige Taschen-Kollektion<br />

entworfen.<br />

<br />

einigen Fällen aber auch mit „der Krise“ zu<br />

tun. Sogar das iPhone Case will ein Eyecatcher<br />

sein – der <strong>Mode</strong>-Fan kann sich vielleicht<br />

keine Marc Jacobs-Tasche leisten,<br />

aber eine funky Plastik-Hülle mit dem Logo<br />

des Designers ist drin. Ebenfalls schwer angesagt<br />

ist das Bunny Case mit Häschen-Oh-<br />

<br />

oder Katzen-Ohren aus schwarzem Tüll<br />

56<br />

ROGER VIVIER<br />

CÉLINE


egegnet, sollte sich nicht wundern. Vermutlich<br />

stammen sie von Maison Michel, ei-<br />

<br />

– dabei wurde das Unternehmen bereits<br />

<br />

<br />

2006 ist Laetitia Crahay die Chefdesignerin<br />

<br />

<br />

Schmuckdesign bei Chanel. Die Begeiste-<br />

<br />

te<br />

Erfolgsgeschichten – und den großen Luxushäusern<br />

riesige Umsätze. So verzeich-<br />

<br />

-<br />

zent<br />

und 21,4 Prozent, beides im Vergleich<br />

zum Vorjahr). Das liegt natürlich auch an<br />

der allgemein steigenden Nachfrage auf<br />

dem chinesischen Markt nach westlichen<br />

Luxusmarken. Trotzdem wachsen die Um-<br />

<br />

zahl der etablierten Labels nicht nur dort<br />

besonders schnell.<br />

gebunden.<br />

Die Römer brauchten die Fibel,<br />

<br />

<br />

Zudem war die Fibel ein Glücksbringer oder<br />

verriet etwas über den gesellschaftlichen<br />

Rang ihres Besitzers. Fächer und die Fä-<br />

<br />

<br />

„Ich liebe Sie!“), das Taschentuch war Lu-<br />

<br />

<br />

damit es für den Fall der Fälle griffbereit<br />

war. Die Männer trugen das Taschentuch<br />

loch<br />

ihrer Jacke – ein Vorläufer des Ein-<br />

lier,<br />

wurde elegant um die Schulter getragen<br />

und sollte das Ungeziefer von seinem Besit-<br />

<br />

soires<br />

hat die <strong>Mode</strong>-Geschichte allerhand<br />

vergessene Kuriositäten zu bieten, angefan-<br />

bändern,<br />

Tabakbeutel und Krawatten für<br />

Damen, Galanterie-Degen für den Herrn,<br />

Mühlsteinkrägen, Taillengarnituren, Federfächern,<br />

Sonnenschirmen, Schmuckkämmen,<br />

dem Fichu – ein weißes dreieckiges<br />

Baumwoll- oder Leinentuch, mit dem man<br />

<br />

Muff. Die Perlenkrägen, die dank Olivia Palermo<br />

wieder in sind, trugen übrigens<br />

WHO´S WHO<br />

<br />

<br />

<br />

Miss Palermo.<br />

Heute gilt also vor allem: Ketten, Schuhe<br />

oder Taschen sind für Fashionistas wie die<br />

Farbe für den Künstler. Es ist eine Frage des<br />

Charakters, wie dick man sie aufträgt.<br />

2012 starb eine Frau, die wegen ihrer Vorlie-<br />

<br />

Stilikone galt: die italienische <strong>Mode</strong>journa-<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Vor einigen Jahren widmete ihr das Londo-<br />

-<br />

<br />

<br />

Balenciaga, Fendi, Galliano und Poiret bewundern<br />

konnte. Für einen Ball hängte sie<br />

sich einst sogar zwei tote Tauben um den<br />

<br />

Was sie von allen anderen unterschied, war<br />

ihre Persönlichkeit– zweifelsohne nach wie<br />

<br />

Vermutlich hat der Trend<br />

zu Accessoires in einigen<br />

Fällen aber auch mit „der<br />

Krise“ zu tun.<br />

58 FURLA


Foto: Fabien, Text: Doris Hardt<br />

KANYE<br />

WEST<br />

Zugegeben, Kanye Wests Sexappeal<br />

hat in den letzten Jahren gelitten. Der<br />

Fall vom smartesten zum peinlichsten<br />

Popstar des Planeten ging schnell.<br />

Trotzdem machten unsere Autorin<br />

die Fotos von seinem Schwanz im<br />

Internet genauso heiß wie sein erster<br />

großer Hit, den er mit gebrochenem<br />

Kiefer einsang.<br />

<br />

hört, der für einen kurzen Moment alles<br />

verändert. Die Welt wird groß. Die Zu-<br />

-<br />

<br />

<br />

schlecht wird gut. Vor neun Jahren ist mir<br />

PIN-UP<br />

-99<br />

- no<br />

<br />

-<br />

<br />

Stimme, guter Flow, schöne Produktion.<br />

Hübsche Geschichte auch: Kanye verar-<br />

<br />

gebrochenem und verdrahtetem Kiefer. Ich<br />

<br />

<br />

<br />

große Rolle, aber Kanye wirkte auf ihm so<br />

souverän, er war das Zentrum der Smartness<br />

auf diesem Planeten. Ich stellte mir<br />

vor, wie ich ihm im Studio zärtlich den<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

war wirklich so gut, dass es mein Leben<br />

verbessert hat. Vielleicht sind also meine<br />

<br />

gentlich<br />

nicht so meiner. Beziehungsweise:<br />

<br />

einfach alles sehr, um im Register zu<br />

bleiben: fresh.<br />

Der kleine, überraschend<br />

<br />

überraschend guten Verhältnissen,<br />

der genauso<br />

<br />

Lifestyle-Quatsch reimt<br />

wie über tatsächlich relevante<br />

Themen. Der von<br />

Jay-Z unter die Fittiche ge-<br />

<br />

<br />

Mann attraktiv). Der das<br />

ganze Grauen nach Katrina<br />

auf den Punkt bringt,<br />

als er sagt: „George Bush<br />

doesn’t care about black<br />

<br />

rausbringt.<br />

Der sich aufs<br />

<br />

<br />

wenn er mal wieder<br />

einen Preis nicht gekriegt<br />

hat, dessen Selbstverliebtheit<br />

einem Schauer über<br />

<br />

Peinlichkeit kann sexy<br />

sein, denn manchmal hat<br />

sie etwas Furchtloses.<br />

Und als er Taylor Swift bei<br />

der Dankesrede unterbrach,<br />

weil er fand, Beyon-<br />

60<br />

<br />

<br />

guten Freund, und das ist cool.<br />

Dann kam „808s&Heartbreak“, ein blödes<br />

-<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

amtliches Siegel auf diese Entwicklung. Ich<br />

meine, hey, total nachvollziehbar, dass es<br />

Ich stellte mir vor, wie<br />

ich ihm im Studio<br />

zärtlich den Speichel<br />

von den Lippen lecke.<br />

toll ist, so einen gigantischen Hintern zu betatschen,<br />

aber Kim Kardashian hat in ihrem<br />

Leben noch keinen einzigen auch nur halbwegs<br />

schlauen Satz gesagt. Ich hatte ihn für<br />

<br />

<br />

Mann sagen kann.<br />

Und dann ist da noch Kanyes Nebenkarriere<br />

in der <strong>Mode</strong>. Er scheint ja ein genuines<br />

Interesse zu haben für das Metier, was<br />

<br />

echt schlecht. Und diese arrogante Kanye-<br />

Dreistigkeit funktioniert halt nur, wenn<br />

Können dahintersteckt. Kanye West, hat<br />

gestellt,<br />

ist ein ziemlicher Douchebag und<br />

ich hatte ein bisschen die Hitze verloren für<br />

<br />

Twisted Fantasy“ gemacht und seither kann<br />

ich wieder nicht anders, als absolut im Büro<br />

auf den Not Safe For Work-Link zu klicken,<br />

wenn in einem amerikanischen Blog be-<br />

<br />

Douchebag man eigentlich sein muss, um<br />

als Kanye West irgendeinem Mädel ein Foto<br />

von seinem Schwanz zu schicken.<br />

KANYE WEST<br />

arbeitet zunächst als Produzent für erfolgreiche<br />

<br />

<br />

der erfolgreichsten Musiker unserer Zeit. Seit<br />

<br />

Kardashian liiert.<br />

Mit Genehmigung von Stella Magazine und The Interview People<br />

-100<br />

- no<br />

Fotos: Vivienne Westwood, Text: Vicki Woods<br />

VIVIENNE<br />

WESTWOOD<br />

Auch mit 71 Jahren ist sie Rebellin und<br />

Querdenkerin geblieben. Zusammen<br />

mit Malcom McLaren hat Vivienne<br />

Westwood den Punklook erfunden<br />

und seit den Achtzigern die <strong>Mode</strong>welt<br />

geprägt wie keine andere Designerin.<br />

Unsere Autorin Vicki Woods erhielt<br />

eine Audienz bei der ungekrönten<br />

Fashionkönigin.<br />

Bevor ich in den Eurostar gestiegen bin,<br />

um Madame Vivienne Westwood in Paris<br />

zu treffen, ging ich noch einmal die diversen<br />

Rahmenbedigungen fürs Interview durch,<br />

die mir zuvor via E-Mail mitgeteilt worden<br />

<br />

mehr ohne Rahmenbedigungen.) Eine war<br />

kollektion<br />

Westwoods, die aus einem<br />

neuen Metall namens Palladium gefertigt<br />

wird. Dieses ist zwar nicht gänzlich<br />

neu, wurde aber erst vor nicht allzu<br />

<br />

von einem Prüfungsamt zum Edelmetall<br />

ernannt.<br />

<br />

über ihr leidenschaftliches Engagement für<br />

<br />

ihrer ganz eigenen Klima-Revolution in<br />

Form ihrer Red Label Show bei der London<br />

Fashion Week zeigte. Zudem würde sie gerne<br />

über „die Organisation Cool Earth, allgemeines<br />

Umweltbewusstsein and all ihre<br />

-<br />

<br />

vorab ihren Blog activeresistance.co.uk anschauen,<br />

wo man ihr Engagement auch<br />

<br />

mich zu ihrer Zusammenarbeit mit der<br />

Ethical Fashion Initiative informieren, mit<br />

sons<br />

eine Handtaschen-Kollektion in Nairobi,<br />

Kenia, entwerfen und herstellen lässt.<br />

Ordnungsgemäß klickte ich mich durch die<br />

Webseiten. Ich blieb bei einem Foto hängen,<br />

worauf sie in kurzen Shorts und einem ihrer<br />

Klimarevolutions-Shirts abgebildet war<br />

-<br />

<br />

skurill aus. Sie hatte sich dicke, schwarze<br />

<br />

nannte es „Non-Smiley Face“. Das gleiche<br />

-<br />

<br />

<br />

Sacque back-Kleider tragen können, in dem<br />

sie sicherlich unglaublich entzückend ausgesehen<br />

hätte. Stattdessen entschied sie<br />

<br />

Look. Ich muss zugeben, dass es nicht wirk-<br />

61<br />

hört,<br />

mich einer Klimarevolution anzu-<br />

<br />

ten ist es wohl das, was Vivienne Westwood<br />

am meisten am Herzen liegt. Sie erzählt<br />

allen Interviewern, wie sehr sie sich<br />

wünscht, dass die Leute auf die Straße gehen,<br />

um die Regierung auf die globale Erwärmung<br />

aufmerksam zu machen. Sie erzählt<br />

nahezu jedem, den sie trifft, dass der<br />

wichtigste Mensch auf unserem Planeten<br />

James Lovelock ist, ein 94-jähriger Klima-<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

„Millionen Lebewesen werden sterben,<br />

noch bevor das Jahrhundert zu Ende ist.<br />

-<br />

tischen<br />

Regionen.“<br />

<br />

steige, um zur Residenz des britischen Bot-<br />

<br />

jeglichen Debatten über Schiefergasgewinnung<br />

mittels Clean Fracking mit meiner<br />

<br />

herauszumanövrieren. Ich bin immer noch<br />

zu verliebt in die Erinnerung an ihre bril-<br />

<br />

ren,<br />

was auch ich gegen den Klimawandel<br />

tun kann.


Doch kaum im Hof angekommen, erhebt sich<br />

das Herz – wie immer, wenn man in Paris<br />

eintrifft. Der britische Botschafter, Sir Peter<br />

Ricketts, hat sehr gute Laune – wie wahrscheinliche<br />

jeder, der in einem Palast wohnt,<br />

leons<br />

Schwester für George III. gekauft wur-<br />

<br />

mit leicht bekleideten <strong>Mode</strong>ls,<br />

die ihren Walk und die<br />

dazugehörigen Drehungen<br />

in herrschaftlichen Zimmern<br />

üben. Ich entdecke<br />

Georgia May Jagger, die<br />

zwar nicht als <strong>Mode</strong>l für die<br />

Show über den Catwalk<br />

gesicht<br />

zum Launch der<br />

Palladium-Schmuckkollektion<br />

ist. So schlendert sie<br />

<br />

durch die Hallen, die übergroße<br />

Tiara und eine dazugehörige<br />

Kette sind nicht zu<br />

übersehen. Sie wirken wie<br />

Blumen, die aus gefrorener<br />

<br />

mit den Blitzlichtern der zahlreichen Fotografen<br />

um die Wette funkeln.<br />

Sie ist ein tolles Mädchen, sage ich zu Westwood,<br />

die sofort antwortet: „Oh ja, das ist<br />

sie! Sie ist so sexy, ein wildes kleines Mädchen.<br />

Schon als sie noch ganz klein war,<br />

umgab sie eine geheimnisvolle Sexyness.<br />

oh‘.“<br />

Plötzlich sehe auch ich Georgia mit<br />

<br />

Westwood mir vermitteln will. Vivienne<br />

Westwood sagt immer frei heraus, was sie<br />

denkt. Trotzdem ist sie dabei ziemlich klar<br />

<br />

die schlechteste Politikerin der Welt, denn<br />

bei ihr würde alles ganz offen kommuni-<br />

-<br />

-<br />

<br />

-<br />

<br />

Jahren und sie haben mir noch nie etwas<br />

<br />

<br />

<strong>Mode</strong> brauchte es einige Zeit für Vivienne<br />

Westwood, bis sie mit ihren Entwürfen in<br />

der großen <strong>Mode</strong>welt ankam. Die 70er waren<br />

ihre Punk-Dekade. Sie führte ein aufregendes<br />

und umtriebiges Leben und wohnte<br />

mit ihrem damaligen Partner Malcom<br />

McLaren in einer kleinen Sozialwohnung in<br />

Balham, London. Zusammen besaßen sie<br />

<br />

Let It Rock, dann Too Fast to Live, anschließend<br />

Too Young to Die und schließlich SEX<br />

<br />

hieß. Diesen traute ich mich damals kaum<br />

zu betreten: das Sortiment war so verrückt,<br />

-<br />

<br />

Ich erinnere mich an ein T-Shirt, das bei<br />

SEX verkauft wurde, auf dem zwei Männer<br />

mit Cowboy-Kleidung, untenrum aber nackt<br />

und in voller Pracht abgbildet waren. Im<br />

Jahr 1976 gaben Westwood und McLaren<br />

<br />

Seditionaries.<br />

Dann kamen die 80er; Vivienne trennte sich<br />

von McLaren und begann sich einen Namen<br />

als Designerin zu machen. Bekannt wurde<br />

sie damals unter anderem, weil so viele<br />

Mainstream-Designer ihre Entwürfe ko-<br />

<br />

<br />

dersäume,<br />

Lacroix’ Miniröcke mit Reif,<br />

Gaultiers kegelförmige BHs, die nach außen<br />

<br />

Grunde eine Hommage an die britische Designerin.<br />

Damals in den 80ern, als Westwoods<br />

Kollektionen von der Presse gefeiert<br />

Vivienne Westwood sagt immer frei heraus, was sie<br />

denkt. Sie wäre wahrscheinlich die schlechteste<br />

Politikerin der Welt, denn bei ihr würde alles ganz offen<br />

kommuniziert und verkündet werden.<br />

wurden, vertrat sie eine klare und einzigartige<br />

Position: Sie war eine Frau, sie war Britin<br />

und gleichzeitig eine der innovativsten<br />

Designerinnen des Jahrhunderts.<br />

Ich arbeitete damals für das Tatler<br />

<br />

<br />

show-Partys eingeladen. Dabei trug ich<br />

-<br />

<br />

großzügigste Designer,<br />

was Geschenke anging),<br />

aber die Schöns-<br />

<br />

<br />

<br />

in Vivienne Westwood<br />

gekleidet. Sie erntete<br />

am laufenden Band<br />

-<br />

<br />

der italienischen Mo-<br />

<br />

Valentino, Versace, die<br />

<br />

sie rumschlichen und<br />

ihr Sätze zuriefen wie<br />

„Che Bellissima“ und „Sie sind ein tolles<br />

<br />

so weiter. Das war sie in der Tat. Sie führte<br />

-<br />

-<br />

<br />

Fahne so glamourös wie niemand anderes.<br />

Karl Lagerfeld verriet Romilly eines Tages<br />

seine Begeisterung für Vivienne Westwood.<br />

Nach der Show gehen wir nach oben, wo Vi-<br />

<br />

Frau, die dafür verantwortlich ist, mir etwas<br />

über die Palladium-Schmuckkollektion<br />

zu erzählen, die Frau, die dafür verantwortlich<br />

ist, dass Westwood etwas über den Klimawandel<br />

erzählt, der charmante Botschaf-<br />

<br />

<br />

<br />

im Moment dafür verantwortlich ist, das<br />

Leben zurück in Vivienne zu hauchen.<br />

<br />

Zustand, in den Designer vor allem nach einer<br />

Show verfallen, nachdem sie tagelang<br />

<br />

ausgeschüttet, aber kaum Nahrung zu sich<br />

genommen haben. Der junge Fotograf bittet<br />

sie an einen Tisch und richtet seine Kamera<br />

auf sie. In dieser Position harrt er für gefühlte<br />

40 Minuten ohne Pause aus. Sie wirkt<br />

leicht zebrechlich, ihre Haut wirkt noch<br />

blasser als sonst und hüllt sich um die ma-<br />

<br />

Das Kleid trug sie auch zur Show. Der Fotograf<br />

redet nicht mit ihr, gibt ihr keinerlei<br />

on<br />

nicht. Er schaut zu ihr, schaut wieder auf<br />

seine Kamera. Sie bewegt sich keinen Zentimeter,<br />

und wenn doch, rückt sie sofort<br />

<br />

sorge mich ein bisschen um das Foto. Die<br />

Frau ist 71 Jahre alt, keine 50 mehr. Eine gefühlte<br />

Ewigkeit vergeht. Dann sagt sie:<br />

„Können wir aufhören, bitte? Ich sitze hier<br />

schon eine ganze Weile, ohne mich zu bewegen,<br />

und ich bin müde und wir machen<br />

immer nur das gleiche Foto.“ Der Fotograf<br />

nimmt seine Kamera runter. Besser ist das.<br />

<br />

<br />

<br />

größer, mit langem, dunklem Haar und<br />

Bart. Kennengelernt haben sie sich in Wien,<br />

als sie Gast-Professorin für <strong>Mode</strong> an der<br />

<br />

war. Ich hake das Palladium-Thema als<br />

Erstes ab und frage, wie sie am Design des<br />

dreas<br />

die Schmückstücke gestaltet habe,<br />

<br />

Liebling“ an. Er erzählt, dass der Glanz sehr<br />

<br />

anders bei künstlichem Licht aussieht. „Du<br />

kannst ein einducksvolles Schmuckstück<br />

erschaffen mit federleichtem Material. Das<br />

macht es so schön und so wirkungsvoll.“<br />

Ich frage, ob sie verheiratet sind. „Wir sind<br />

seit über zwanzig Jahren verheiratet“, sagt<br />

Westwood. „Wir haben uns im Gemeindehaus<br />

in Wandsworth trauen lassen.“ Ich:<br />

„Wandworth! Wie romantisch.“ „Ja, und<br />

keiner wusste davon.“ Westwood erzählt<br />

weiter: „Hätten wir nicht geheiratet, hätte<br />

reich<br />

war damals noch nicht in der EU.“<br />

Jemima Khan, die im Frühjahr mit ihr ein<br />

Interview für das britische Magazin New<br />

Statesman geführt hatte, fragte sie damals,<br />

<br />

ich checke nochmals, wie beständig ihre<br />

ministin?<br />

Nein, sagt sie, denn sie verstehe<br />

-<br />

testieren<br />

müssen, um zu zeigen, dass sie so<br />

gut wie die Männer sind. „Ich würde nie-<br />

fer<br />

der Gesellschaft bin. Nur weil ich als<br />

<br />

dass „Frauen in anderen Kulturen unterstützt<br />

werden sollen. Und auch in unserer<br />

Gesellschaft, wenn sie in irgendeiner Weise<br />

<br />

len.<br />

Ich fände es wirklich beängstigend in<br />

dieser Gesellschaft ein Mann zu sein.“<br />

sche<br />

Themen, aber nicht für Parteien oder<br />

Politiker. „Ich lese kaum Zeitung. Ich würde<br />

diese Leute nicht mal erkennen, wenn sie<br />

einen Raum betreten würden. David Cameron,<br />

den würde ich erkennen, und auch Ed<br />

Miliband – die sind beide hinterher.“ Hinterher?<br />

„Ja, sie leben nicht in der realen<br />

Welt, sie sind einfach hinter unserer Zeit,<br />

sie wissen nicht, was in der Welt da drau-<br />

ren<br />

Job behalten und irgendwie erzählen ihnen<br />

irgendwelche Leute, was sie tun und<br />

sagen sollen und das machen sie dann<br />

auch.“ Ich will wissen, ob sie Tony Blair ge-<br />

<br />

<br />

ich wusste nicht, wer er war. Ich habe ihn<br />

ehrlich gesagt erst verwechselt – wer ist der<br />

andere, der bereits verstorben ist – Tony…?<br />

Er war Verteidigungsminister für eine kur-<br />

<br />

mir ein, wen sie gemeint hatte. Tony Banks,<br />

der Schrecken aller Jäger, der die Hetzjagd<br />

auf Füchse kritisierte.<br />

Ich frage sie, ob ein Schwert involviert ist,<br />

wenn eine Frau zur Dame geadelt wird<br />

<br />

2006 den Verdienstorden Order of the Bri-<br />

<br />

wenn ich auf einen Ritter treffe, ist dieser<br />

ganz verzückt von der Tatsache, dass er mit<br />

<br />

zwar eine kleine Frau, aber sie benutzt ein<br />

recht großes Schwert zum Ritterschlag).<br />

Westwood nimmt diese alberne Frage sehr<br />

ernst. „Nein, es gab kein Schwert. Nicht wie<br />

bei einem Ritter. Und das Schlimmste daran<br />

ist“, antwortet sie energisch, „wenn du zum<br />

Ritter geadelt wirst, wird deine Frau auto-<br />

<br />

-<br />

<br />

Mann legt ein überraschtes „Ich?“-Gesicht<br />

auf. „Wir lieben es, verheiratet zu sein. Ich<br />

<br />

-<br />

<br />

uns scheidet‘ viel klarer. Das ist doch schön.<br />

as,<br />

dass ich gerne noch lange leben würde,<br />

um zu sehen, wo das mit der Klimaerwärmung<br />

hinführt. Und wenn ich noch 20 wei-<br />

<br />

ob wir es geschafft hätten, etwas zu ändern<br />

oder nicht. Ich würde das wirklich gerne<br />

wissen.“ Ich antworte ihr: „Zwei Wörter:<br />

Queen. Mum. Denken Sie an sie, behalten<br />

<br />

101 Jahren.“ „Dann will ich noch mal 10 Jahre<br />

mehr leben“, sagt sie ernst. „Ich will chi-<br />

ben<br />

können. Ich habe das Gefühl, dass<br />

darin das Geheimnis des Universums verborgen<br />

ist.“<br />

VIVIENNE WESTWOOD wurde 1941 als Vivienne<br />

Isabel Swire geboren. Eigentlich gelernte Grundschullehrerin,<br />

begann sie mit dem Nähen von<br />

Kinderkleidung für ihre beiden Söhne und machte<br />

diese Leidenschaft schließlich zu ihrem Beruf.<br />

<br />

62<br />

63


Wert. Und mir ging es um die Idee: Diese<br />

Männer inszenieren und machen seit vielen<br />

Jahrzehnten <strong>Mode</strong> und ich wollte drei Menschen<br />

versammeln, die das Bild der VOGUE<br />

<br />

Was halten Sie von der <strong>Mode</strong>-Blogger-<br />

Szene, welchen Einfluss hat sie?<br />

C AÜber jeden, der sich mit <strong>Mode</strong> beschäftigt,<br />

freue ich mich. Und ich weiß, dass Print<br />

<br />

deshalb arbeiten bei uns auch beide Redaktionen<br />

seit rund einem Jahr eng zusammen.<br />

Die Synergie-Effekte sind schon jetzt sehr<br />

nalismus<br />

– egal in welchem Medium. Es ist<br />

leider immer noch so, dass der in der Online-Welt<br />

oft leidet. Das fängt beim ganz<br />

Grundsätzlichen an. Und es gibt keinen<br />

Blogger, der annähernd eine ähnliche Bedeutung<br />

hätte wie eine Suzy Menkes. Das,<br />

- no -<br />

101<br />

Gibt es eine Kollektion, in der Sie diesen<br />

kulturellen Anspruch konkret umgesetzt<br />

finden?<br />

C A <br />

sind zeitgleich oft in Kollektionen mehrerer<br />

<br />

-<br />

-<br />

-<br />

„ Die Jogginghose ist komplett unterschätzt,<br />

denn wenn sie mir hilft mich gut zu fühlen, ist sie ein<br />

wunderbares Kleidungsstück.“<br />

Foto: Matthias Ziegler, Interview: Nella Beljan<br />

CHRISTIANE<br />

ARP<br />

Seit knapp zehn Jahren prägt Christiane<br />

Arp die deutsche <strong>Mode</strong>landschaft<br />

maßgeblich – als Chefredakteurin der<br />

deutschen VOGUE. Warum man für<br />

eine Tasche auch mal 3.000 Euro und<br />

mehr ausgeben kann, darauf würde<br />

die leidenschaftlich <strong>Mode</strong>begeisterte<br />

vermutlich diese Antwort geben: Weil<br />

<strong>Mode</strong> nicht nur ein ebenso wichtiger<br />

<strong>Teil</strong> der Kultur ist wie Literatur, Musik<br />

und Kunst. Sondern weil man die<br />

Kraft der <strong>Mode</strong> nicht unterschätzen<br />

darf.<br />

Wann tritt der Moment ein, in dem Christiane<br />

Arp die Heels abstreift?<br />

CHRISTIANE ARP Wenn die VOGUE Party<br />

macht! (lacht) Es stimmt, ich mag hohe<br />

Schuhe. Frauen bewegen sich darin anders,<br />

-<br />

<br />

auch sehr sexy. Es gibt Zeiten, in denen ein<br />

<br />

<br />

Sie haben mal über das Front (ein legendärer<br />

Club in Hamburg) gesagt: „Gegen die<br />

Jungs sahen wir Mädchen alt aus.“ Sie trugen<br />

enge Jeans und T-Shirts, Leder-Accessoires<br />

oder waren als Frauen geschminkt.<br />

Hat unser Geschlecht, modisch gesehen,<br />

immer noch das Nachsehen?<br />

C ABestimmt nicht. Den Look, den ich im<br />

Front gesehen habe, kannte ich einfach<br />

noch nicht, das war neu. Die Jungs in dieser<br />

Szene hatten einen eigenen Stil entwickelt.<br />

<br />

wusste, man war immer Zaungast. Das war<br />

eine tolle Position. Von dort hieß es näm-<br />

<br />

Wie entscheiden Sie, ob Sie etwas toll<br />

finden?<br />

C AIch versuche, allem Neuen gegenüber<br />

meine Unschuld zu bewahren. Man muss<br />

<br />

von anderen und auch von den eigenen Vorstellungen.<br />

Das ist sehr wichtig, um seiner<br />

Emotion, und nur seiner Emotion, zu<br />

vertrauen.<br />

Entscheiden Sie so auch, welcher Designer<br />

es zu Ihnen ins Heft schafft?<br />

C ADas ist eine Mischung aus Gefühl und<br />

Erfahrung. Ich darf mich in meiner Einschätzung<br />

eines jungen Designers nicht ir-<br />

<br />

Eins, das man nicht überhört.<br />

Nach welchen Kriterien laden Sie in den<br />

VOGUE Salon, mit dem Sie Nachwuchs<br />

fördern, ein?<br />

C AGenau so. Ich schaue mir so viel wie<br />

<br />

-<br />

<br />

wurde ich aufmerksam, weil eine meiner<br />

freundet<br />

ist und mir sagte: „Schau mal, die<br />

machen gerade ihre erste Kollektion, das<br />

könnte Dir gefallen“, und so bekam ich<br />

schon sehr früh ihre Entwürfe zu Gesicht.<br />

Sie fördern den Nachwuchs engagiert. Bei<br />

der Jubiläumsausgabe der VOGUE waren<br />

Karl Lagerfeld, Bruce Weber und Peter<br />

Lindbergh Ihre Co-Chefredakteure. Warum<br />

haben Sie sich für so erfahrene Männer<br />

entschieden und nicht für jüngere Kandidaten?<br />

C AWeil ich es so wollte! Das Wissen, das<br />

diese drei haben, ist von unschätzbarem<br />

was sie leistet, kann man nur machen,<br />

wenn man aus unglaublich viel Wissen<br />

<br />

Warum ist <strong>Mode</strong> denn wichtig und sollte<br />

die gleiche Relevanz wie bildende Kunst,<br />

Literatur oder Musik haben?<br />

C AWenn man <strong>Mode</strong> begreift, weiß man<br />

von der Macht der <strong>Mode</strong>. Wenn man gut angezogen<br />

ist, kommt man einfach besser<br />

durch den Tag. Sie fühlen sich selbstbewusster<br />

und stärker – und dabei geht es<br />

nicht darum, das neueste <strong>Teil</strong> anzuhaben.<br />

Für mich ist es zudem eine Form des Res-<br />

<br />

anzuziehen.<br />

Wie begegnen Sie dem Vorwurf der Oberflächlichkeit?<br />

C Afessionell<br />

mit <strong>Mode</strong> beschäftigt, doch gar<br />

<br />

großen kreativen Teams haben so viel an<br />

-<br />

bar<br />

und das kann ich nur beurteilen, wenn<br />

ich das Wissen habe, um diese Referenzen<br />

zu erkennen. <strong>Mode</strong> ist immer auch<br />

<br />

Das begreifen viele Menschen nicht,<br />

weil sie nicht richtig hinschauen oder es<br />

ignorieren.<br />

mantische Ode an diese Frauen. Es ist toll,<br />

wenn ich so eine Entwicklung beobachten<br />

kann. <strong>Mode</strong>design ist eine Gabe und benötigt<br />

ein großes Können. Es ist nicht nur eine<br />

<br />

Wie sind denn die Deutschen darin, sind<br />

sie gut angezogen?<br />

C AEs gibt nicht den einen deutschen Stil,<br />

es ist ein Konglomerat von unterschiedli-<br />

<br />

die Frauen anders an als in Düsseldorf oder<br />

Berlin.<br />

Apropos: Passiert es Ihnen, dass Sie zwei<br />

Stunden mit jemandem zusammen saßen<br />

und dann vergessen haben, was derjenige<br />

trug?<br />

C A<br />

Weil Ihr Grauen so groß war?<br />

C A (lacht) Nein, das Grauen würde ich mir<br />

<br />

<br />

wissen, dass sie auf mich treffen?<br />

<br />

von der VOGUE. Sagen Sie mir, was dann<br />

los ist!<br />

Oh, sehr gern! Man steht morgens hochschwanger<br />

vorm Kleiderschrank und überlegt<br />

sich ganz genau, was man anzieht, weil<br />

man mit Ihnen telefonieren wird.<br />

C A (lacht) Wann kommt denn Ihr Baby?<br />

64<br />

65


In weniger als vier Wochen.<br />

C AUnd was haben Sie an? Etwas, in dem<br />

Sie sich gut fühlen? Dann hätten wir ja sky-<br />

<br />

Dafür hätte ich noch meine Wohnung aufräumen<br />

müssen. Ich trage aber keinen Jogger!<br />

Obwohl, die Jogginghose wird ja völlig<br />

unterschätzt…<br />

C Aschätzt,<br />

denn wenn sie mir hilft mich gut zu<br />

fühlen, ist sie ein wunderbares Kleidungsstück.<br />

Ich muss nur lernen, damit umzugehen.<br />

Wenn man dem vermeintlich schlech-<br />

<br />

wie den Lieblingsstücken, dann entwickeln<br />

sie einen eigenen Stil. Ich trage sie zum Bei-<br />

-<br />

<br />

<br />

kombinieren. Das kam automatisch, man<br />

sitzt viel auf dem Fußboden, weil man etwas<br />

richtet. Und auf einmal merkt man, wie<br />

toll diese Lässigkeit ist.<br />

Mit welchen Fotografen arbeiten Sie gern<br />

zusammen?<br />

C AIch arbeite mit Peter Lindbergh sehr<br />

gern zusammen, Karl Lagerfeld ist sicher<br />

<br />

Jackson … als ich ihn kennenlernte, war er<br />

<br />

wie mit den Kleidern: Diejenigen, die uns<br />

gefallen, kommen ins Heft.<br />

Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?<br />

C ADas ist ein 24/7-Prozess. Ich setze mich<br />

nicht hin und überlege. Oder wenn, dann<br />

entstehen daraus nicht die großen, maßgeblichen<br />

Entscheidungen. Die wirklich zündenden<br />

Ideen kommen, wenn ich gar nicht<br />

daran denke. Wenn ich jogge, wenn ich eine<br />

Wand sehe, an der die Farbe besonders<br />

schön abblättert und ich meinen Blick nicht<br />

<br />

aus meiner „Lieblingszeitschrift“, meine<br />

<br />

<br />

Musikrezensionen, Gedichte oder Fragmente.<br />

Und in einem ruhigen Moment, zum Bei-<br />

<br />

ich mir das an. Da entstehen meine Bilder<br />

<br />

<br />

Tollste!<br />

CHRISTIANE ARP wurde in Niedersachsen geboren<br />

<br />

<br />

Text: Lisa Leinen<br />

DIDIER<br />

LUDOT<br />

Didier Ludot gehört vielleicht nicht<br />

zu den bekanntesten, aber zu den<br />

exquisitesten Vintage-Händlern<br />

unserer Zeit. Seit fast 40 Jahren<br />

verkauft er in seinen insgesamt drei<br />

Läden in der Pariser Innenstadt edle<br />

Couture-Kunst und beinah vergessene<br />

Prêt-à-porter <strong>Mode</strong>.<br />

Monsieur Ludot kann kein Englisch –<br />

gegebenermaßen<br />

würde es auch ein bisschen<br />

das Bild von ihm zerschlagen.<br />

<br />

der Nähe des Palais Royals, verkauft der<br />

Franzose seit fast 40 Jahren exquisite<br />

Vintagekleidung. Sooft es geht, ist er noch<br />

selbst im Laden<br />

und steht seinen<br />

Stammkundinnen<br />

mit Rat zur<br />

Seite. Manche<br />

von ihnen besucht<br />

er auch zu<br />

Hause, bringt<br />

ihnen die neusten<br />

alten Kleider,<br />

oder er holt welche ab. Dann durchstöbert<br />

er den Kleiderschrank zusammen<br />

mit den wohlhabenden Damen der Pariser<br />

Gesellschaft und bekommt zu jedem<br />

Kleidungsstück die Geschichte erzählt.<br />

Wo es gekauft wurde, wann es getragen<br />

wurde, an was es die einstige Trägerin<br />

erinnert. Solche Geschichten mag Ludot.<br />

Er kennt seine Kundinnen, und sie kennen<br />

ihn. Woher diese Passion kommt? Er<br />

erzählt von seiner Kindheit und den Kleiderschränken<br />

seiner Großmutter und<br />

Mutter, die so ausgesehen haben müssen<br />

wie die seiner heutigen Kundinnen: Chanel-Kostüm<br />

auf dem Bügel, daneben ein<br />

Dior-Kleid und irgendwo dazwischen<br />

noch ein Mantel von Balenciaga. Zudem<br />

hütet er ein Kleid von Yves Saint Laurent<br />

in seinem Privatbesitz, das einst Catherine<br />

Deneuve gehörte. Im Interview rät er<br />

dazu, in schöne, teure Kleidung zu inves-<br />

-<br />

<br />

- no -<br />

102<br />

Leute geben, die schöne Vintage-Kleidung<br />

schätzen und kaufen werden. Balenciaga,<br />

Dior, Lacroix zählte er zu seinen Lieblingsdesignern,<br />

früher wie heute. Dabei ist es<br />

lem<br />

französische Designer nennt. Sie haben<br />

am besten verstanden, wie man Eleganz<br />

ausdrückt, erklärt er. Er schwärmt<br />

von seinem Besuch<br />

im Couture-<br />

<br />

das er einst besichtigen<br />

durfte.<br />

Schnell fügt er<br />

hinzu, dass er<br />

Couture übrigens<br />

für die einzige<br />

gebliebene<br />

<br />

nicht mehr das, was sie mal war, nicht<br />

mehr gut verarbeitet. Didier Ludot lebt in<br />

den großen, vergangenen Pariser <strong>Mode</strong>zeiten.<br />

Die Faszination für Vintage basiert für<br />

ihn auf der Erinnerung an etwas Gutes,<br />

Edles, Vergangenes. Ob er jemals etwas<br />

Besonderes in den Innentaschen der Kleidung<br />

gefunden habe? „Keine Diamanten“,<br />

<br />

Eintrittskarten.“ Mehr will er nicht verraten.<br />

Und wahrscheinlich ist es das,<br />

was seine Kundinnen an ihm schätzen:<br />

Diskretion.<br />

- no -<br />

103<br />

OLIVIER RIZZO<br />

Blättert man zurzeit in den großen <strong>Mode</strong>magazinen, kommt man an Olivier Rizzo kaum vorbei.<br />

Der talentierte Stylist ist exklusiv verantwortlich für die aktuellen Prada- oder Louis<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

-<br />

<br />

van Beirendonck, bis er sich selbstständig machte. Heute kreiert der Workaholic nicht nur<br />

<br />

<br />

YANG LI<br />

Seine Praktika während des <strong>Mode</strong>designstudiums<br />

am Central St. Martins College<br />

absolvierte er bei Gareth Pugh und Raf Simons,<br />

von dem er gelernt hat, wie man eine<br />

Kollektion nicht nur entwirft, sondern auch<br />

strategisch ausrichtet. Mittlerweile hat<br />

Yang Li sein eigenes Label gegründet, letztes<br />

Jahr zeigte er sein Debüt. Seine <strong>Mode</strong><br />

- no -<br />

on,<br />

die sich im Detail zeigt. Wir sind uns si-<br />

mus<br />

wird man noch viel<br />

104<br />

hören.<br />

CLAIRE WAIGHT KELLER<br />

Pro Saison gibt es immer Kollektionen, die<br />

man bestaunt und für ihre Extravaganz feiert.<br />

Und es gibt jene Kollektionen, die man<br />

sich nicht nur auf dem Laufsteg, sondern<br />

auch ganz gut an sich selbst vorstellen<br />

-<br />

-<br />

<br />

das eigene Leben sein muss: Claire Waight<br />

Keller, seit Sommer letzten Jahres Chefdesignerin<br />

des französischen Luxushauses und<br />

nebenbei noch Mutter von drei Kindern. Die<br />

gebürtige Engländerin arbeitete zuvor bei<br />

<br />

von Tom Ford bei Gucci und zuletzt als<br />

Chefdesignerin bei Pringle of Scotland.<br />

- no -<br />

105<br />

JAMES DEAN (CONVERSE)<br />

James Dean war das erste große, welt-<br />

<br />

rebellischen Jugend, die sich in den<br />

Fünfzigern nicht mehr an den Werten<br />

der Eltern orientieren wollte. James<br />

<br />

neuen Unabhängigkeitswillen und einen<br />

Freiheitsdrang, auf dem von da an<br />

Generationen von Jugendkulturen be-<br />

<br />

nicht nur leidenschaftlich Porsche<br />

te,<br />

denn er verunglückte in einem), er<br />

trug auch gerne die leichten Stoffturnschuhe<br />

der Marke Converse – und<br />

machte sie damit zum Kult. Seitdem<br />

<br />

Punks bis zu den Indierockern der Ge-<br />

<br />

lich<br />

ein Basketballschuh, der 1917 zum<br />

ersten Mal auf den Markt kam, wurde<br />

er ein Symbol der Jugendkultur. Etwas<br />

weniger bekannt ist Converse’ Jack<br />

Purcell, benannt nach einem Tennis-<br />

<br />

Chuck war dies der Lieblingsschuh von<br />

<br />

nur schwer zu kriegen, legt Converse<br />

den Jack Purcell wieder auf, sodass<br />

<br />

Geschichte wieder mit Stil tragen<br />

können.<br />

- no -<br />

106<br />

© Phil Stern/CPI.<br />

66<br />

67


Text: Lisa Leinen<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Thanks to Tina Newland & JN Casting<br />

<br />

107<br />

- no -<br />

ALEXANDER<br />

MCQUEEN


Der britische <strong>Mode</strong>star nahm sich<br />

2009 das Leben. Kurz danach übernahm<br />

seine rechte Hand Sarah Burton<br />

die Stelle als Chefdesignerin von<br />

Alexander McQueen. Das menschliche<br />

Drama um den großen Designer und<br />

seine <strong>Mode</strong> scheint vorerst beendet,<br />

sodass sich die Aufmerksamkeit<br />

in Zukunft ganz auf die dramatisch<br />

schönen Entwürfe des Labels richten<br />

wird. Hoffentlich.<br />

der britischen <strong>Mode</strong> hielt er seitdem von<br />

Saison zu Saison aufrecht: Er verzückte bei<br />

seinen Shows nicht nur durch Designkunst,<br />

<br />

steg.<br />

So schickte er seine <strong>Mode</strong>ls einmal<br />

blutverschmiert und in zerrissener Kleidung<br />

gehüllt oder mit Wölfen an der Leine<br />

über den Laufsteg. Er verstand es, seinen<br />

handwerklichen Perfektionismus mit<br />

kunstvollen Entwürfen zu kombinieren.<br />

Das erkannte auch das Traditionshaus<br />

Givenchy und ernannte McQueen 1997<br />

überraschend zum Chefdesigner der Haute<br />

Couture. Doch McQueen überzeugte zwar<br />

die Presse, aber nicht die Kunden.<br />

Ende 2000 verkaufte er 51% seines eigenen<br />

schen<br />

Luxusgüterkonzerns PPR, und zugleich<br />

der größte Konkurrent der LVMH<br />

siegelte<br />

er seinen Weggang von Givenchy<br />

endgültig. Fortan konzentrierte er sich nur<br />

noch auf sein eigenes Label, gründete eine<br />

-<br />

rationen<br />

ein. Zudem entwarf er seit 2004<br />

<br />

Im Mai 2007 nahm sich seine langjährige<br />

Mentorin Isabella Blow das Leben. Nicht<br />

ganz unbeteiligt daran war wohl McQueen<br />

selber. Blow soll den Deal mit der Gucci<br />

<br />

eine der wenigen von McQueens Team ohne<br />

<br />

<br />

dieser Entscheidung und erhängte sich in<br />

seiner Londoner Wohnung. Er hinterließ<br />

So dramatisch wie seine Kollektionen auf dem Laufsteg<br />

wirkten, so dramatisch war auch das Leben des Designers.<br />

Es gab Stimmen, die nach dem ersten<br />

Schock über den Selbstmord des enigmati-<br />

fel<br />

hatten, ob und wie das nach seinem<br />

Gründer benannte Label weitergeführt<br />

werden sollte. Diese sollten jedoch bald verstummen,<br />

als die neue Chefdesignerin Sarah<br />

Burton 2010 ihre erste Kollektion in Pa-<br />

<br />

im theatralischen <strong>Mode</strong>kosmos des Briten.<br />

Seit 1996 arbeitete sie als die rechte Hand<br />

McQueens und verstand seine Ideen und<br />

Visionen wie kaum jemand anderes aus sei-<br />

<br />

<br />

ten<br />

und Sarah Burton das von ihr entworfe-<br />

<br />

<br />

<br />

Lebzeiten genug. Doch so dramatisch wie<br />

seine Kollektionen auf dem Laufsteg wirkten,<br />

so dramatisch war auch das Leben des<br />

Designers und die Geschichte seines Labels.<br />

Denn trotz seines immensen Erfolgs versank<br />

das gefeierte <strong>Mode</strong>wunderkind nach<br />

den Shows immer öfter in einem Strudel<br />

<br />

reits<br />

als 16-Jähriger lernte er die englische<br />

Schneiderkunst bei den Maßschneidern der<br />

<br />

ein <strong>Mode</strong>designstudium am Central Saint<br />

<br />

<br />

der Starstylistin und Muse Isabella Blow<br />

<br />

<br />

der McQueen. Seinen Ruf als Enfant terrible<br />

mert<br />

euch um meine Hunde. Sorry, ich liebe<br />

<br />

beerdigt werden. Es wird vermutet, dass<br />

<br />

Freitod gewesen ist. Kurz nach dem Tod<br />

reits<br />

angefangen Herbst/Winter-Kollektion<br />

2010 fort. „Dinge stehen nicht still! Es<br />

muss weitergehen“, sagte McQueen einmal<br />

zu ihr.<br />

71


CARVEN<br />

Vom Haute-Couture-Haus zum Ready-To-Wear-Label. Was sich meist eher umgekehrt entwickelt,<br />

ist beim französischen Label Carven tatsächlich so geschehen. Es war einmal eine<br />

größe<br />

von 1,55 m wurde sie in den Boutiquen kaum fündig auf der Suche nach einem edlen<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

jedoch ins Stocken. Die Geschäftsführung entschied, dass man wieder näher an die Frauen<br />

- no -<br />

das Telefon von Guillaume Henry, ehemaliger Givenchy-Designer. Seitdem feiert<br />

das Unternehmen ein Comeback, das von Jahr zu Jahr überzeugender ist.<br />

108<br />

HELMUT LANG<br />

<br />

- no -<br />

110<br />

- no -<br />

WOLFGANG<br />

JOOP<br />

109<br />

<br />

Menschen der Branche darf sein Name natürlich<br />

nicht fehlen: Helmut Lang. Der Ös-<br />

<br />

maßgeblich und machte sich einen Namen<br />

als „Vater der Coolness“. Charakteristisch<br />

<br />

<strong>Mode</strong>, vornehmlich in klassischen Farben<br />

wie Schwarz, Weiß und Beige. Er kombinierte<br />

hochwertige Stoffe mit damals noch<br />

unüblichen Hightech-Materialien und wurde<br />

durch seinen schlichten, avantgardistischen<br />

Stil zum Stardesigner der Kreativen.<br />

Das nach ihm benannte Label gründete er<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

90er wurden seine Kollektionen in Paris gezeigt,<br />

anschließend in New York. Lang verabschiedete<br />

sich im Jahr 2005 von dem Unternehmen,<br />

das aber weiterhin besteht. Er<br />

selbst lebt auf Long Island und arbeitet<br />

mittlerweile als Künstler.<br />

JEREMY SCOTT<br />

Denkt man an den Designer Jeremy<br />

Scott, sieht man sofort seine klobigen<br />

-<br />

<br />

giganten<br />

geworden. Bekannt ist der<br />

<br />

kreischgrünen Pullover und wild ge-<br />

<br />

aus Kansas stammenden Designer ist<br />

laut und auffällig.<br />

Es ist seine Berufung: Neben eigenen<br />

Kollektionen kreiert er Ouftifts für die<br />

Großen im Showbusiness. Scott hat<br />

wardess<br />

umgewandelt und selbst Miss<br />

Piggy ein Kostüm geschneidert. Egal<br />

aus welchem Musikgenre – sie alle mögen<br />

Jeremy Scotts verrückte Kreationen:<br />

Katy Perry, Björk, Lana del Rey,<br />

Beth Ditto, Justin Bieber oder Lady<br />

Gaga sind nur einige. Seine Verbindung<br />

von Fashion und Fun ist einzigartig<br />

<br />

Stars lieben das. Dabei sind nicht nur<br />

Kleider, sondern scheinbar die ganze<br />

<br />

auch schon Nachtclubs eingerichtet<br />

und aktuell dem Kleinwagen Smart<br />

seine bekannten Flügel angesetzt. Flie-<br />

<br />

<br />

- no -<br />

111<br />

APE SHALL NEVER KILL APE<br />

THE<br />

BATHING<br />

APE<br />

<br />

Text: David Torcasso<br />

Styling: Götz Offergeld<br />

<br />

<br />

<br />

ren,<br />

Jil Sander kehrte dieses Jahr nach jah-<br />

<br />

<br />

<strong>Mode</strong> aus. 2001 stieg er aus dem von ihm<br />

gegründeten Unternehmen JOOP! aus. Er<br />

<br />

<br />

dafür Wunderkind. 2011 wurde es stiller um<br />

<br />

Couture-Look, denn Investoren zogen ihr<br />

<br />

schließlich mit einer souveränen neuen<br />

Kollektion zurück. Der Potsdamer lässt sich<br />

nicht unterkriegen. Es war ihm immer<br />

schon egal, was andere denken.<br />

- no -<br />

112<br />

76


Es gab immer schon einen<br />

Zusammenhang von <strong>Mode</strong>, Männern<br />

und Gewalt. Der Anzug von James<br />

Bond war nicht nur perfekt geschnitten,<br />

er stand für die westliche und<br />

männliche Überlegenheit. Das hat<br />

sich geändert. Der Mann ist immer<br />

mehr zu einer tragischen Figur geworden,<br />

dem die Fähigkeit zur Gewalt<br />

als lästiges Übel anhaftet. Der neue<br />

James-Bond-Film „Skyfall“, aber<br />

auch Filmhelden wie Ryan Goslings<br />

Stuntfahrer in „Drive“ zeigen dies.<br />

Dennoch tragen beide weiterhin die<br />

modischen Insignien der Männlichkeit.<br />

Die werden umso attraktiver,<br />

denn sie verleihen der Ruine Mann<br />

eine letzte Würde.<br />

Es kann sogar einen Fashion-Moment ge-<br />

<br />

eine eingefrorene Leiche mit einem Messer<br />

zerschneidet. So cool und stilvoll gekleidet<br />

<br />

<br />

niemand. Weil Mortensen alias Nikolai eben<br />

<br />

keinen Hehl macht. Er ist bereit zur Gewalt,<br />

aber wendet sie nicht als Statussymbol seiner<br />

Gattung – dem Mann – an. Mortensen<br />

ist nicht nur durch seine Tattoos gezeichnet,<br />

-<br />

-<br />

<br />

<br />

<br />

gewaltsamen Männer können uns in Zeiten<br />

der Krise und Verunsicherung beruhigen,<br />

weil sie symbolisch eine Entwicklung in der<br />

<br />

sich in unserer Kultur immer weniger<br />

durch Heldentum und Machismus, sondern<br />

aus einer verzweifelten Notwendigkeit, in<br />

<br />

bestehen zu können. Wenn diese Gewalt in<br />

chen“<br />

oder in unserer Fotostrecke mit der<br />

aktuellen Kollektion des Labels Mr. Bathing<br />

<br />

Verletzlichkeit statt für strahlendes Helden-<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

auch bei den Helden unserer Zeit eine Ver-<br />

<br />

Dresscode des etablierten weißen Mannes<br />

In der Ausübung von männlicher<br />

Gewalt liegt mittlerweile eine tragische<br />

Aussichtslosigkeit<br />

<br />

Überlegenheit zu unterstreichen, ist sie<br />

<br />

Würde geworden, an die sich der gebrochene<br />

Held klammern kann.<br />

Die neuen Helden sind nicht mehr unbesiegbar,<br />

sondern rechnen jederzeit mit ih-<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

verwahrlost im letzten Dark Knight-Film<br />

zwischenzeitlich wie ein Obdachloser in<br />

seiner gigantischen Villa, inklusive fusseligem<br />

Bart und fettigen Haaren. Erst der ty-<br />

<br />

die Wut und Entschlossenheit zurück, we-<br />

-<br />

<br />

<br />

den sechziger und siebziger Jahren, ist nur<br />

noch der Schatten seiner selbst. Das Bild<br />

des treffsicheren Frauenhelden, der mit<br />

Gewalt und Tod die Welt rettet, ist längst<br />

überholt. Denn die wahren Probleme der<br />

Menschheit lassen sich nicht mit mehr mit<br />

<br />

onen<br />

und Schießereien willenlos in die<br />

<br />

mehr. Sie wissen mittlerweile, dass Macho<br />

<br />

Tod reißen wird. Bond hat in den letzten<br />

zehn Jahren nicht nur mit Bösewichten,<br />

sondern besonders mit seiner Männlichkeit<br />

<br />

smarten technischen Gimmicks und einer<br />

zynischen Rücksichtslosigkeit frohlockend<br />

zur Strecke gebracht, kriegt er heute nach<br />

gesetzten<br />

M. Und bringt er seine Verfolger<br />

um, möchte die Frau nicht mehr mit ihm<br />

schlafen, weil sie geschockt ist von der rohen<br />

Gewalt, zu der er fähig ist. Trotzdem<br />

wird in dem neuen James Bond „Skyfall“<br />

geschossen und getötet, was das Zeug hält.<br />

Die Gewalt ist, was ihm bleibt, obwohl ihn<br />

niemand mehr dafür verehrt. Die Zeichen<br />

<br />

<br />

Gesicht, erstickt seinen Kummer und<br />

dern<br />

in unzähligen Whiskeys. Er ist geschwächt<br />

und entschwindet seiner selbst,<br />

<br />

blickt.<br />

Genau in diesen Momenten schafft Bond es<br />

<br />

zu erreichen. Seine Verletzlichkeit nicht<br />

mehr hinter Machogehabe zu verstecken,<br />

sondern zu ihr zu stehen – das hat der<br />

<br />

Missionen immer besser gelernt. Und damit<br />

<br />

des modernen Mannes, zurückerobert.<br />

Doch die Realität zeigt: Gewalt ist männlich.<br />

<br />

<br />

Cowboys mit rauchendem Colt oder die<br />

<br />

<br />

Sondern Frauen, Schwarze und Latinos.<br />

„Macho, weiß, von gestern“ titelte die Wochenzeitung<br />

Die Zeit kürzlich. Die weißen<br />

Männer des Westens sind bedroht – ja vielleicht<br />

ist sogar die westliche Welt bedroht,<br />

-<br />

<br />

es noch schlechter. In Zeiten der Krise und<br />

<br />

ihre männlich dominierte Militärkraft.<br />

Diese Macht hält das Riesenland auf dem<br />

-<br />

<br />

stärker einschränken muss. Krieg ist die<br />

<br />

sich nicht so recht trennen von ihrem Sta-<br />

<br />

darauf längst nicht mehr haben, wenn sie es<br />

denn jemals gehabt hätten.<br />

<br />

walt liegt also mittlerweile eine tragische<br />

79


macht nichts besser, sondern meistens nur<br />

noch schlimmer. Diese Tragik, die immer<br />

auch eine des modernen Mannes ist, zeigt<br />

sich in den neuen Filmhelden, in dem Kontrast<br />

zwischen den Insignien der männli-<br />

<br />

<br />

technischen Gimmicks und einem zer-<br />

<br />

<strong>Mode</strong>, dass genau das den klassisch männlichen<br />

Stil wiederum zeitgemäß werden<br />

-<br />

batten.<br />

Und ihre Wirkung wird umso stärker,<br />

wenn es vor allem die <strong>Mode</strong> ist, die dem<br />

Mann ein Stück seiner alten Würde lässt.<br />

Sie kleidet die Ruine der Männlichkeit in<br />

alte Symbole, die aber mittlerweile eine<br />

ganze andere Bedeutung haben.<br />

Unter diesen neuen Helden ist auch der namenlose<br />

virtuose Stuntfahrer in dem Film<br />

„Drive“. Obwohl man kaum brutaler sein<br />

<br />

nachdenklichen Blick. Seit der Film in den<br />

Kinos lief, lieben alle Frauen den vorher unscheinbaren<br />

– nicht zu schönen, aber auch<br />

<br />

-<br />

-<br />

<br />

und das der jungen Mutter, für die er ein-<br />

<br />

seine Brutalität.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

dem stillen Namenlosen, obwohl er zuvor<br />

mit kalter Entschlossenheit Dutzende Menschen<br />

umbringt. Man tut dies vielleicht<br />

auch, weil er am Schluss des Films nicht<br />

wohl<br />

auch sie von ihm fasziniert ist. Er<br />

weiß, dass er nicht gut für die Frau ist, dass<br />

er ihr Unheil bringen wird. Er verzichtet zu<br />

ihren Gunsten auf eine gemeinsame Zu-<br />

-<br />

<br />

<br />

leihen<br />

auch Goslings Fahrer eine tragische<br />

Würde. Der Zuschauer ist Zeuge eines großen<br />

Fashion-Moments. Denn vorher hätte<br />

wohl kaum jemand ernsthaft diese Jacke<br />

tragen wollen. Gosling hat ihr die Coolness<br />

zurückgegeben.<br />

- no -<br />

113<br />

MR. BATHING APE<br />

<br />

man vor allem einen Trend verdeutlichen:<br />

Die Streetwear-Labels von einst<br />

werden erwachsen – genau wie ihre<br />

Kunden. Gestartet vor einem guten<br />

<br />

gao)<br />

wurde diese Sonderlinie seines<br />

<br />

<br />

<br />

Krawatten-Kollektion zu lancieren.<br />

<br />

Sortiment vor allem mit Logos bedruckte<br />

T-Shirts, Sweatshirts und<br />

Sneaker. Die Krawatten-Kollektion war<br />

allerdings innerhalb so kurzer Zeit<br />

ausverkauft, dass Nigo bewusst wurde:<br />

Eine Menge Fans seiner Marke tra-<br />

<br />

auch, denn zusammen mit dem Undercover-Designer<br />

Jun Takahashi hatte er<br />

<br />

Fünfzigern entwickelt und war ein Bewunderer<br />

von Prince Charles’ Kleidungsstil<br />

geworden. Nigo entschied<br />

sich also unter dem Namen Mr. Ba-<br />

lektion<br />

im englischen Stil auszuarbei-<br />

<br />

züge,<br />

die das Herzstück einer jeden<br />

Kollektion ausmachen, auf den ersten<br />

Blick so klassisch wie nur möglich:<br />

Enganliegende Schnitte, Weste unter<br />

dem Sakko, die Schuhe rahmengenäht.<br />

Den eigenen Charakter gewinnen die<br />

<br />

ten Twist. Das Logo, ein gezwirbelter<br />

<br />

Hemdbrust genäht. Fliegen und Kra-<br />

<br />

<br />

<br />

Seite der Lederschuhe, die davon abge-<br />

<br />

hergestellt werden.<br />

Natürlich ist Nigo, der auch mit Pharrell<br />

Williams die Marken Billionaire Boys Club<br />

und Ice Cream betreibt, ein Designer, der<br />

<br />

<br />

<strong>Mode</strong>ls und Nigo selber immer ein bisschen<br />

sos<br />

in amerikanischen Filmen der Fünfziger<br />

und englischen Workingclass-Kids der<br />

gleichen Zeit. Dadurch, dass die Bilder<br />

<br />

Protagonisten unverkennbar asiatisch aus-<br />

-<br />

-<br />

<br />

<br />

<br />

tor<br />

mit dem Zusammenhang von <strong>Mode</strong> und<br />

Gewalt auseinandergesetzt. Natürlich ist<br />

<br />

eine friedliche, aber die Coolness, die sie für<br />

Männer attraktiv macht, basiert mit Sicherheit<br />

auch auf diffusen Erinnerungen an alte<br />

<br />

ein Grund, warum sich Nigo und seine Kun-<br />

ressieren.<br />

Wie der Designer sind sie mit al-<br />

<br />

Filme, Bücher, Comics, Musik sind als Ein-<br />

<br />

lokale Tradition, Familie oder die Wirklich-<br />

<br />

nau<br />

die macht diese Kleidung zu einer<br />

schlüssigen Weiterentwicklung der Streetwear.<br />

Denn diejenigen, die immer schon am<br />

liebsten rare und fantasievoll bedruckte<br />

gen<br />

und nie ohne Skateboard auf die Straße<br />

gegangen sind, werden nicht einfach zu ei-<br />

<br />

sie ihn schon tragen müssen.<br />

83


CHRISTIAN<br />

LOUBOUTIN<br />

Fotos: Christian Hagemann<br />

Text: Lisa Leinen<br />

<br />

-114<br />

- no<br />

Er lässt Frauen auf waghalsigen<br />

Kunstwerken wie auf Wolken gehen.<br />

Der französische Schuhdesigner<br />

cleveren Innovation, beruht – wie so oft –<br />

auf einem Zufall. Nachdem seine eingereichten<br />

Skizzen aus der Druckerei wieder-<br />

<br />

<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

<br />

Ob ihm klar war, dass diese rote Sohle ihm<br />

einmal so viel Geld und Ruhm einbringen<br />

würde?<br />

Der Beginn seiner Karriere war eher mühselig.<br />

Er wollte seine ersten Entwürfe an die<br />

fen,<br />

doch sie zeigten keinerlei Interesse. Zu<br />

dieser Zeit hatte Louboutin bereits eine wilde<br />

Zeit. Mit 12 Jahren ist er von zu Hause<br />

von Monaco. Stars wie Catherine Deneuve,<br />

<br />

Lady Gaga und Sarah Jessica Parker folgten.<br />

Seine beste Kundin ist angeblich Bestseller-<br />

boutins<br />

besitzen soll und es fertig bringt,<br />

bei einem einzigen Einkauf 80 Paar auf einmal<br />

zu kaufen. So etwas nennt man dann<br />

<br />

natürlich ein Schuh-Sammler. Laut eigenen<br />

<br />

Paare, die nach Farben und nach „Louboutin“<br />

und „Nicht-Louboutin“ sortiert sind.<br />

Der heute 48-Jährige machte die Stilettos in<br />

den 80ern und 90ern wieder zum schöns-<br />

<br />

dabei oftmals 12 cm und mehr hoch, durch<br />

ein verstecktes Plateau in der Sohle hilft er<br />

den Damen beim Schummeln und lässt sie<br />

Christian Louboutin herrscht über<br />

das Reich der High Heels. Seine<br />

Ausbildung absolvierte er nicht nur<br />

bei dem Schuhmacher Roger Vivier,<br />

sondern vor allem bei den Tänzerinnen<br />

im Pariser Nachtleben.<br />

<br />

für die meisten Frauen ist er das wohl auch.<br />

Christian Louboutin: Der Star unter den Luxus-Schuhdesignern<br />

und bekannt durch<br />

waghalsige Kreationen mit roter Sohle. Die<br />

wurde zu seinem Markenzeichen. Immer<br />

wieder musste er es gegenüber anderen<br />

Firmen vor Gericht verteidigen – erst im<br />

vergangenen Jahr gegen Yves Saint Lau-<br />

<br />

weggelaufen, um bei Freunden zu wohnen,<br />

<br />

anfänglichen Misserfolgen in seiner Heimatstadt<br />

Paris lebte er ein Jahr lang in Indien,<br />

weil er sich zu dessen Kultur hingezogen<br />

fühlte. 1981 kam er zurück in die<br />

<br />

neue Schuhentwürfe. Mit denen tingelte er<br />

zu jedem Couture-Haus der Stadt. Charles<br />

Jourdan, seinerzeit einer der bekanntesten<br />

Schudesigner Frankreichs, stellte ihn ein.<br />

Dort lernte er das Handwerk der Schuhmacherkunst<br />

und traf andere Meister. So auch<br />

Roger Vivier, bei dem er anschließend arbeitete.<br />

Es folgten Stationen bei Chanel,<br />

Maud Frizon und Yves Saint Laurent. 1991<br />

eröffnete er seinen ersten eigenen Laden.<br />

Seine erste Kundin war Prinzessin Caroline<br />

graziös wirken. Diese Denkansätze stammen<br />

aus seiner Zeit im Pariser Nachtleben,<br />

wo er den Tänzerinnen in ihren Plateaus<br />

zusah und ihnen Fleisch einkaufen musste,<br />

um ihre Füße zu kühlen. Er nahm sich zum<br />

Vorsatz, kleine Kunstwerke für Frauen zu<br />

schaffen, sie aber dennoch wie auf Wolken<br />

gehen zu lassen.<br />

CHRISTIAN LOUBOUTINren,<br />

wo er auch heute noch lebt und arbeitet.<br />

Er verkauft im Jahr bis zu 600.000 Paar<br />

Schuhe und ließ sich die rote Sohle als sein<br />

Markenzeichen schützen. In über 20 Jahren<br />

hat er nicht einmal Werbung für sein Unternehmen<br />

geschaltet.<br />

85


- no -115<br />

A.P.C.<br />

Die Pariser Frauen schaffen es fast immer,<br />

stilvoll gekleidet zu sein, ohne dass es angestrengt<br />

wirkt. Dahinter stecken oft drei sim-<br />

<br />

bekannt für seine minimalistischen Frauen-<br />

und Männerkleider, die auf Tragbarkeit<br />

<br />

einfach. Das Ready-to-wear-Label hat in<br />

-<br />

-<br />

<br />

Genauso genial schlicht wie die Kleidung ist<br />

-<br />

<br />

en<br />

stammenden Designer Jean Touitou, der<br />

zuerst an der Universität Sorbonne in Paris<br />

Linguistik und Geschichte studierte und<br />

währenddessen beginnt, <strong>Mode</strong>entwürfe zu<br />

<br />

sitz.<br />

Mittlerweile bitten ihn Stars wie Kanye<br />

<br />

-<br />

beitern<br />

verkauft werden, haben klare Linien<br />

und einfache Muster. Weder Logos noch<br />

sonstiger unnötiger Schnickschnack stört<br />

das zeitgenössische Design. Deswegen wird<br />

<br />

bezeichnet. Die gedeckte Farbwahl in Ver-<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

die eigentlich in ihrem wahrem Zweck zur<br />

Tarnung dienen. Das Label streut in die<br />

Frauen- und Männerlinie gerne auch Ca-<br />

<br />

Die Franzosen wollen aber keineswegs nur<br />

<br />

Mit Carharrt oder Vanessa Seward haben<br />

sie schon Kleidung entwickelt. Mit Nike,<br />

Vans oder Porselli Schuhe. Der neuste<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

<br />

Handwäsche entwickelt. Freuen wir uns,<br />

auf das, was da noch kommt!<br />

LOUIS VUITTON<br />

Aus dem traditionsbewussten<br />

Kofferhersteller Louis Vuitton ist<br />

in über 120 Jahren Geschichte<br />

die wertvollste <strong>Mode</strong>marke<br />

überhaupt geworden. Wie kein<br />

anderes Label verkörpert es eine<br />

Luxuswelt, die auf der ganzen Welt<br />

verstanden wird.<br />

<br />

<br />

<strong>Mode</strong>ls samt dazugehörigem Kofferträger<br />

ausstiegen, um die Herbst/Winter-Kol-<br />

nen<br />

Maßstab in Sachen Show-Inszenie-<br />

<br />

<br />

haben. Ob es das wert war? Wahrscheinlich<br />

schon, denn die Presseresonanz<br />

Louis Vuitton begann seine Karriere als Kofferpacker.<br />

war – trotz einem insgesamt großen Me-<br />

<br />

Neubesetzung der Chefdesigner anderer<br />

großer Häuser – riesig. Es dürfte dem Luxuskonzern<br />

LVMH, zu dem Louis Vuitton<br />

seit 1987 gehört und der zuletzt einen<br />

<br />

gab, aber wohl auch egal sein. Denn über<br />

<br />

Konzern noch seine Kundschaft beschweren.<br />

Inhaltlich versetzte Jacobs mit<br />

der Show nicht nur das Label, sondern<br />

auch die Zuschauer zurück zu den Ur-<br />

marke:<br />

Louis Vuitton begann seine Karri-<br />

<br />

<br />

darauf eröffnete er erst seine eigene<br />

Werkstatt und gründete im Jahr 1854 in<br />

Paris sein nach ihm benanntes Unterneh-<br />

<br />

die die feine Gesellschaft an das Reisege-<br />

<br />

Mobilität grundsätzlich wandelte und im-<br />

schiff<br />

gereist wurde statt mit der Kutsche.<br />

Er eröffnete sein erstes eigenes<br />

Geschäft mit dem Namen Louis Vuitton<br />

Malletier in der Nähe des heutigen Place<br />

<br />

<br />

hergestellt aus feinstem Leder, leicht,<br />

hig.<br />

Es wird sogar berichtet, dass man<br />

nach dem Untergang der Titanic, 1912, einige<br />

unsinkbare Louis Vuitton-Reisekoffer<br />

auf dem Ozean treiben sehen konnte.<br />

Schnell wurden seine Waren zum begehrten<br />

Statussymbol und so eröffnete<br />

er 1885 seinen ersten Laden außerhalb<br />

Frankreichs, in London auf der Oxford-<br />

<br />

<br />

Merkmale, das Damier. Ein schachbrettartiges<br />

Muster auf wasserfestem Leinen-<br />

<br />

<br />

Louis Vuitton im Jahr 1892 stirbt, übernimmt<br />

sein Sohn George Vuitton die Leitung.<br />

Er ist es auch, der das legendäre<br />

Monogrammuster entwirft, indem er die<br />

Initialien seines Vaters schwungvoll<br />

ineinander drucken lässt. Dieses Logo<br />

wird zum Grundstein des Label-Kults.<br />

<br />

Vuitton zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

auch die erste Damenhandtasche des Un-<br />

-<br />

<br />

-<br />

ten<br />

Großstadtfrauen, am liebsten in einer<br />

Vintage-Version. 1914 wird der bis dato<br />

- no -116<br />

Fotos: David Fischer<br />

Text: Lisa Leinen<br />

Styling: Götz Offergeld<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

86


tens damit zur Weltmarke im Luxussegement.<br />

Seit 1987 gehört die Marke zum<br />

Luxusunternehmen LVMH, die<br />

<br />

nessy<br />

zusammensetzt. 1989 wur-<br />

stand<br />

ernannt und schloss<br />

anschließend den bisherigen Louis<br />

Vuitton-Firmenleiter Henry<br />

Racamier wegen Differenzen<br />

über die Zukunft des Luxuskonzerns<br />

aus. Racamier wollte die<br />

Marke Louis Vuitton zurück in<br />

ault<br />

hatte das Gegenteil vor. Er<br />

begann den heute größten Luxuskonzern<br />

des Planeten zu formieren<br />

und wurde zum reichsten<br />

Mann Frankreichs. Zu LVMH gehören<br />

unter anderem auch Given-<br />

<br />

und Fendi. 1990 wurde Yves Ce-<br />

<br />

von Louis Vuitton. Er verlässt das<br />

<br />

Zukunft wird er sich um die Stiftung<br />

Foundation Louis Vuitton<br />

<br />

kümmern. Seine Nachfolge tritt<br />

<br />

<br />

Karriere bei Louis Vuitton blickt<br />

rück.<br />

Seit 1997 arbeitet er für das<br />

französische Traditionshaus. Un-<br />

<br />

<br />

Designer für die Damenkollektion<br />

und als Kreativdirektor für die<br />

on.<br />

Dieses Jahr feiert er sein<br />

15-jähriges Firmenjubiläum. Keine<br />

Selbstverständlichkeit in einer<br />

Zeit, in der sich das Besetzungskarussel<br />

bei den großen <strong>Mode</strong>häusern<br />

immer schneller dreht.<br />

Neben seinen Kollektionen sind<br />

<br />

Künstlern, mit denen Jacobs dem eingesessenen<br />

Label <strong>Mode</strong>rnität und Glamour ein-<br />

-<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

bunten Punkte und machte sie damit nicht<br />

nur zum Sammelstück für <strong>Mode</strong>-, sondern<br />

auch für Kunstliebhaber.<br />

Das Louis Vuitton-Logo ist unter Marc Ja-<br />

<br />

wenig subtilen Erkennungszeichen einer<br />

aufstrebenden Elite geworden, die ihren<br />

Status stolz vor sich her trägt.<br />

<br />

Vuitton-Store in Schanghai neu.<br />

Da die Lederwaren besonders<br />

im asiatischen Markt viele Käu-<br />

-<br />

de<br />

Blogger Todd Selby zum<br />

bahn<br />

auf die Reise von Paris<br />

nach Schanghai geschickt. Passend<br />

auch hierbei der Bezug zu<br />

<br />

Jacobs im Frühling 2012 in<br />

gen<br />

des Unternehmens. Nebst<br />

den Taschen, die durch die Kofferträger<br />

ins rechte Licht gerückt<br />

wurden, schickte er auch<br />

die <strong>Mode</strong>ls in nostalgischen Entwürfen<br />

über den Laufsteg und<br />

verlieh dem diesjährigen Brokatstoff-Trend<br />

seine Handschrift.<br />

Für die Ready to Wear-<br />

<br />

<br />

<br />

riert von George Vuittons ikonischem<br />

Vuitton-Damier. In der<br />

Kollektion steckt zudem ein<br />

ziger,<br />

Minirock inklusive. Mit<br />

klaren und stimmigen Statements<br />

hatte Jacobs noch nie ein<br />

Problem. Wahrscheinlich steht<br />

die Marke gerade deshalb wie<br />

kein anderes Unternehmen für<br />

Luxus, der auf der ganzen Welt<br />

verstanden wird.<br />

90


- no -<br />

117<br />

Foto: Stefan Armbruster<br />

Interview: Hendrik Lakeberg<br />

HEIKO<br />

KEINATH &<br />

ALEX<br />

WIEDERIN<br />

Als Kreativdirektoren entwickeln sie<br />

mit ihren Agenturen Buero New York<br />

und Buero Swiss Kampagnen für Hugo<br />

Boss, Cavalli, Jill Stuart oder Sonia<br />

Rykiel. Sie arbeiten mit Fotografen<br />

wie Terry Richardson, David Sims<br />

oder Mario Sorrenti und gestalteten<br />

Carine Roitfelds Buch „Irreverent“.<br />

Heiko Keinath und Alex Wiederin sind<br />

dafür verantwortlich, wie wir <strong>Mode</strong><br />

sehen. Trotzdem warnen sie vor einer<br />

zunehmenden Kommerzialisierung,<br />

denn im Endeffekt geht es in der<br />

<strong>Mode</strong> und in der <strong>Mode</strong>fotografie um<br />

Inspiration und Gefühle – und nicht<br />

nur um Bilanzen.<br />

Was macht ein gelungenes <strong>Mode</strong>foto aus?<br />

ALEX WIEDERIN Ein schönes Foto sollte nicht<br />

nur schön sein, sondern dir auch zeigen,<br />

was du noch nicht gesehen hast. Ein Foto<br />

lem<br />

zurzeit ist jedoch: Man zieht viele Ideen<br />

-<br />

<br />

<br />

Helmut Newton angelehnt ist. Es gibt nur<br />

sehr wenige Fotografen, die versuchen<br />

<br />

für das <strong>Mode</strong>design. Wir reviveln und recyclen.<br />

Ein Stylist versucht kaum noch ein<br />

<br />

nen<br />

besonderen Dreh gibt. Carine Roitfeld<br />

<br />

getragen. Das war echtes Styling. Mittlerweile<br />

verwendet man in einer Editorial-<br />

Strecke den Laufsteg-Look und nimmt ein,<br />

<br />

gleiche Look, wie ihn die Marke vorgibt. Ich<br />

möchte übrigens auch keine Fashionshoots<br />

mehr sehen, in denen einem Titten entge-<br />

<br />

War die Sexualisierung der <strong>Mode</strong> der<br />

letzte große Trend?<br />

A W Ich sehe das nicht als Trend. Es ist das,<br />

was den Stylisten übrig geblieben ist. In einem<br />

Magazin, das moderelevant sein möch-<br />

<br />

darstellen, weil ansonsten die Presseagenturen<br />

dem Stylisten oder dem Magazin kei-<br />

<br />

Kollektionen abbildest, ist das dann noch<br />

<br />

nicht. Deshalb kam es zu dem naheliegenden<br />

Schritt, dem <strong>Mode</strong>l nur ein Hemd anzuziehen<br />

oder Unterwäsche.<br />

Wo sehen Sie die wichtigsten Impulse in<br />

der <strong>Mode</strong>fotografie der letzten Jahre?<br />

HEIKO KEINATH Diese kommerziellen Ver-<br />

hen<br />

sich wie ein roter Faden durch die Mo-<br />

<br />

<br />

nen<br />

und bei Magazinstrecken anders. Es<br />

<br />

konnte man an zwei Händen abzählen. Linda,<br />

Claudia, Nadja, Naomi, etc. Die wurden<br />

von drei, vier Fotografen rauf und runter fo-<br />

<br />

tollen glamourösen Effekt. Die Klamotte an<br />

sich wurde als Styling gesehen, aber vor allem<br />

für die Person, die sie trägt. Der Name<br />

Linda Evangelista war so berühmt wie der<br />

Designer selber. Er stand für einen Charak-<br />

eint.<br />

Man hat dem Fotografen gesagt: Nimm<br />

-<br />

<br />

Die Fotografen konnten etwas kreieren, was<br />

<br />

mer<br />

noch auf ihn Bezug nimmt. Die Frauen,<br />

<br />

kann und von denen meine Mutter oder<br />

mein Vater den Namen gehört haben, sind<br />

<br />

<br />

kennt kaum noch jemand außerhalb der<br />

ke<br />

und die Klamotten sind wichtiger als das<br />

Gesicht. Das sagt viel aus. Wenn du ein Foto<br />

nicht mehr über den Charakter oder die<br />

<br />

darfst, dann wird das Bild als solches natür-<br />

<br />

Helmut Newton war der Faktor Sex auch<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

A W Verändert hat sich zusätzlich auch der<br />

Kostendruck. Man schickte einen Fotografen<br />

in die Karibik und verwendete aus dem<br />

<br />

<br />

und viel mehr an einem Tages hinbekom-<br />

<br />

anderer.<br />

H KMan muss viel mehr Klamotten sehen<br />

als noch in den Neunzigern. Den Schuh, die<br />

<br />

das Kleid darf nicht angeschnitten sein. Bei<br />

6 bis 8 Motiven am Tag ist das fast ein Ma-<br />

<br />

größeren Zeitdruck.<br />

A W Früher wurden die <strong>Mode</strong>häuser von<br />

Designern geführt, denen es nicht darum<br />

ging, dass ein Foto den Look genau wie auf<br />

dem Laufsteg zeigt. Es sollte vor allem Gefühle<br />

auslösen. Es ging um Kreation. Heute<br />

werden die großen <strong>Mode</strong>häuser von Geschäftsleuten<br />

geführt, die vorgeben, dass<br />

das, was sich gut verkauft, auch auf dem<br />

<br />

hat sich in der Hinsicht stark geändert. Wir<br />

sind zu Problemlösern und Dienstleistern<br />

geworden. Wohingegen es früher mehr um<br />

Emotionen ging, was für eine Frau bzw. einen<br />

Charakter etabliert man für die jeweilige<br />

Marke oder das <strong>Mode</strong>haus. Deswegen ist<br />

es zurzeit auch so wahnsinnig schwierig für<br />

<br />

mit den großen Häusern anstatt eine völlig<br />

eigene Ästhetik zu entwickeln.<br />

Trotzdem entstehen immer noch schöne<br />

Kampagnen. Wie funktioniert es, dass am<br />

Ende nicht nur der Auftraggeber, sondern<br />

auch Sie selber zufrieden sind?<br />

A W <br />

<br />

liefern müssen, die idealerweise alle irgendwie<br />

„iconic“ sind, versuchen wir trotzdem<br />

-<br />

-<br />

<br />

<br />

gen ändern sich nur. Der Rhythmus wurde<br />

schneller und er wird noch schneller werden.<br />

Dabei ist es – wie Sie sagen – nicht so,<br />

<br />

gibt, im Gegenteil. Sie sind nur deutlich referenzierter<br />

zu Bildern, die schon entstanden<br />

sind. Man denkt in der <strong>Mode</strong> insgesamt<br />

strategischer als noch in den Neunzigern.<br />

Durch das Internet und zum Beispiel Facebook<br />

sind wir ständig mit Snapshots konfrontiert,<br />

was man zum <strong>Teil</strong> in der aktuellen<br />

<strong>Mode</strong>fotografie wiederfindet. Wird<br />

die <strong>Mode</strong>fotografie insgesamt wieder<br />

natürlicher?<br />

92 93


A W <br />

<br />

<br />

Jeder hat eine Kamera am Handy, jeder<br />

kann ständig Bilder machen. Um Emotionen<br />

auszulösen oder Träume darzustellen<br />

sind diese Bilder meistens aber nicht die<br />

richtigen. Ich denke, es gibt zwei große<br />

Strömungen: einerseits werden Bilder fast<br />

<br />

<br />

dazu führt, dass man das <strong>Mode</strong>l im echten<br />

<br />

würde, wenn es einem begegnet. Die andere<br />

Seite ist der natürlichere Weg, für den bei-<br />

<br />

etwas für sich. Es kommt aber im Endeffekt<br />

bei beidem auf den Fotografen an. Der muss<br />

<br />

H K<br />

<br />

Foto irgendwie zum Funktionieren bringen.<br />

Das übermäßige Retuschieren ist allerdings<br />

ein Trend, der nachgelassen hat. Im Endeffekt<br />

geht es vor allem um eines: Ein Foto hat<br />

für mich grundsätzlich einen hohen künstlerischen<br />

Wert. Das Schöne ist, dass die Fo-<br />

<br />

Ein Kunstwerk oder einen Film herzustel-<br />

-<br />

<br />

Moment – Retusche hin oder her. Ein Bild<br />

kommuniziert. Es sagt dir etwas, das dich<br />

<br />

Bann zieht. Kunst ist da viel subjektiver und<br />

<br />

<br />

anderen Menschen, einfach weil es wun-<br />

<br />

ist der Sonnenuntergang. Das ist natürlich<br />

ein Klischee, aber jeder schaut so ein Bild<br />

gerne an und erkennt die Schönheit darin.<br />

Die Herausforderung liegt darin, ein Foto so<br />

hinzubekommen dass die, die es anschau-<br />

<br />

Fotograf in dem Moment, in dem er es gemacht<br />

hat. Wenn das gelingt, dann kann<br />

-<br />

<br />

es beschützen, denn wenn es nicht mehr da<br />

ist, dann sieht es ziemlich grau aus.<br />

A W Wir versuchen Gefühle und einen Moment<br />

festzuhalten, die der, der auf das<br />

„ Ein <strong>Mode</strong>foto idealisiert, aber es zwingt dich zu nichts.“<br />

Bild schaut, nacherleben kann.<br />

H K <br />

eine ist wild, in ihm wachsen ungestört Blumen,<br />

die Natur übernimmt das Design. Der<br />

linig<br />

und kantig. Beide Formen können eine<br />

Schönheit haben. Beide erzeugen aber un-<br />

<br />

mich in einem natürlichen Garten besser,<br />

leichter und aufgehobener als in einem geo-<br />

<br />

Foto übertragen bedeutet das für mich: Das<br />

<br />

bekommt man vor einem Shoot ein sehr<br />

<br />

halte es für wichtig, dem Fotografen auch<br />

mal zu sagen, mit dem <strong>Mode</strong>l aus dem Set-<br />

<br />

Die Zeit der Supermodels ist vorbei. Bedeutet<br />

das, dass es weniger gute <strong>Mode</strong>ls gibt?<br />

A W <br />

auch durch die neue Schnelllebigkeit der<br />

Branche aufgelöst. Vielleicht haben die Su-<br />

stört.<br />

Es gab nicht genug für die vielen<br />

Kunden.<br />

H K <br />

viele tolle <strong>Mode</strong>ls. Mehr denn je würde ich<br />

fast sagen.<br />

A W Ich würde sogar noch einen Schritt<br />

weitergehen: Jeder Mensch ist schön. Und<br />

<br />

<br />

Trotzdem besteht nach wie vor diese seltsame<br />

Diskrepanz zwischen dem sogenannten<br />

Size Zero Ideal der <strong>Mode</strong>ls und den<br />

Kundinnen, die sich die Kleidung kaufen.<br />

A W <br />

nicht alle ausgesehen wie ihre Statuen. Die<br />

<br />

wird bleiben. Sie ist von Kultur zu Kultur<br />

verschieden und sie ändert sich.<br />

H KEin <strong>Mode</strong>foto idealisiert, aber es<br />

zwingt dich zu nichts. Man kann Schönheitsideale<br />

kritisieren, aber die <strong>Mode</strong>industrie<br />

hat nicht die Verantwortung dafür, wenn<br />

ein <strong>Mode</strong>l auf einem Foto einen sehr braunen<br />

Teint hat und sich in Frankreich Tausende<br />

junge Frauen im Solarium verbrennen. Ich<br />

halte es für wichtig, Freiheit zu lassen – sowohl<br />

für die <strong>Mode</strong>industrie als auch für den<br />

Konsumenten –, sich zu entscheiden, ob er<br />

oder sie das Ideal annehmen möchte wie es<br />

94<br />

gezeigt wird oder eben nicht.<br />

A W Viel interessanter als die Diskussion<br />

<br />

<br />

Wer leistet sie sich? Wer ist noch wirklich<br />

modisch? Den Ton geben zurzeit die Blogger<br />

vor den Fashion Shows an. Die versuchen<br />

zwar aufzufallen, aber haben oft kaum Hintergrundwissen<br />

zur <strong>Mode</strong>. Das macht sie<br />

<br />

Was passiert eigentlich, wenn ein Kunde<br />

auf Sie zugeht und sich einen neuen Kampagnenlook<br />

wünscht? Nehmen wir mal das<br />

Beispiel Versace.<br />

A W Das ist ein Haus, das auf eine lange<br />

Tradition und Kultur zurückschaut. Ein<br />

Versace-Mädchen ist blond. Wenn man das<br />

Image der Marke ändern wollte, könnte<br />

man dort anfangen. Die Frage ist nur: Macht<br />

<br />

ändern? Wahrscheinlich nicht. Versaces<br />

<br />

rum:<br />

Wenn Kunden ihr Image ändern oder<br />

<br />

eher: Wie kann ich mich von der Versace-<br />

Frau abgrenzen? Wie verbildliche ich den<br />

Charakter meiner Marke? Wo steht meine<br />

<strong>Mode</strong>?<br />

H KUnser Ziel ist dabei immer den soge-<br />

<br />

Trend dort aufzugreifen, wo man ihn noch<br />

<br />

<br />

<br />

Und natürlich hat man eine vorherbe-<br />

<br />

<br />

Fuß in Versace kleiden. Man muss sich mit<br />

<br />

voraus sein. Das ist das Schöne an <strong>Mode</strong>.<br />

Sie ist kein Märchenland, sie trägt viel Ver-<br />

<br />

verstanden. Sie sieht in der <strong>Mode</strong> auch die<br />

-<br />

schaftszweig,<br />

der stetig wächst. <strong>Mode</strong> ist<br />

deutung<br />

als viele denken. Die Entscheidung,<br />

was du morgens anziehst, ändert deinen<br />

Tag. <strong>Mode</strong> ist <strong>Teil</strong> des Lebens wie Essen<br />

und Trinken.<br />

ALEX WIEDERIN UND HEIKO KEINATH gelten als<br />

<br />

und gestalteten zahlreiche Magazine und<br />

<br />

<br />

für große <strong>Mode</strong>häuser. Darunter Hugo Boss oder<br />

Sonia Rykiel.<br />

118<br />

Fotos: Randall Bachner<br />

<br />

- no -<br />

Styling: Bernat Buscato<br />

Haare: Benoit Moeyaert for SDSH Salon NY using<br />

Bumble & Bumble<br />

<br />

Post Production: House Tribeca<br />

<strong>Mode</strong>l: Christina Kruse<br />

CHRISTINA KRUSE<br />

95<br />

Shirt COSTUME NATIONAL


Rollkragen-Pullover SPORTMAX<br />

<strong>Mode</strong>ls werden „Mädchen“ genannt,<br />

auch wenn sie schon Mitte 30 sind.<br />

Christina Kruse ist eine Frau. Schon<br />

als sie 1995 als Teenager von Steven<br />

Meisel für die italienische Vogue fotografiert<br />

wurde, war sie eine Frau. Ihr<br />

großer, schlanker Körper hat etwas<br />

Einschüchterndes. Über elegant geschwungenen<br />

Lippen und einer stolzen<br />

Nase sitzt ein Paar blauer Augen<br />

mit wachem und distanziertem Blick.<br />

Das ist die Christina Kruse, die wir<br />

von Fotos kennen.<br />

In einem Café um die Ecke ihres<br />

Apartments in Gramercy Park,<br />

Manhatten, in dem sie mit ihrem<br />

8-jährigen Sohn und ihrem Verlobten<br />

lebt, hat eine Frau Platz genommen,<br />

deren Körper man unter einer weiten<br />

Strickjacke kaum ausmachen kann.<br />

Das Gesicht verdeckt eine große<br />

schwarze Hornbrille. Die weißblonden<br />

langen Haare hat sie beiläufig nach<br />

hinten gesteckt. Sie lacht viel und<br />

obwohl sie seit mehr als 17 Jahren in<br />

New York lebt, verrät der trockene<br />

norddeutsche Klang ihrer Stimme,<br />

woher sie kommt.<br />

Weil Christina Kruse auch mitten<br />

in Manhattan so unprätentiös und<br />

authentisch wirkt, als würde man sie<br />

in ihrem Heimatdorf in der Lüneburger<br />

Heide besuchen. Weil sie mit<br />

über 30 immer noch eines der besten<br />

<strong>Mode</strong>ls überhaupt ist und man ihr den<br />

Spaß an der Arbeit vor der Kamera<br />

anmerkt. Weil sie die Einsamkeit zu<br />

schätzen weiß und auf dem besten<br />

Weg ist, eine bekannte Künstlerin zu<br />

werden, ist Christina Kruse das <strong>Fräulein</strong><br />

dieser Ausgabe.<br />

Sie leben die längste Zeit Ihres Lebens im<br />

Ausland. In welcher Sprache fühlen Sie<br />

sich zu Hause?<br />

CHRISTINA KRUSE Irgendwo zwischen Deutsch<br />

und Englisch.<br />

Es gibt Menschen, die sind in einer<br />

Sprache, die nicht ihre Muttersprache ist,<br />

geistreicher, witziger und freier – so als sei<br />

das eine selbstgewählte Chance, für sich<br />

selbst die richtige Sprache zu finden. Können<br />

Sie das nachempfinden?<br />

C KVollkommen. Wenn ich Englisch<br />

-<br />

-<br />

<br />

<br />

mir: „der Zebrastreifen“.<br />

Wo sind Sie geboren?<br />

C KZwanzig Minuten südlich von Hamburg.<br />

In der Lüneburger Heide<br />

Hat es Ihre Eltern nie gestört, dass Sie so<br />

weit weggezogen sind?<br />

C K schickt,<br />

da war ich 16. Ich bin für ein Jahr<br />

auf eine amerikanische High School gegangen.<br />

Mein Vater hat mich schon, seitdem ich<br />

dreizehn war, gefragt, ob ich nicht mal ins<br />

geschlagen<br />

– er selbst hat eine Zeitlang da<br />

<br />

<br />

<br />

Wohin hat es Sie verschlagen?<br />

C K<br />

<br />

sern.<br />

Man brauchte 15 Minuten mit dem<br />

refree,<br />

ansonsten: Wüste.<br />

Sie waren dort für ein paar Monate?<br />

C KEin Jahr und das war ein tolles Jahr.<br />

Ich hab immer noch Freunde aus der Zeit.<br />

War es dann nicht schwierig zurückzukommen?<br />

C KNein, der Plan war ja weiter zur Schule<br />

<br />

-<br />

<br />

Fernstudium zu machen, durch das viele<br />

-<br />

<br />

gab keine E-Mail. Lustig eigentlich.<br />

Wo wurden Sie entdeckt?<br />

C K<br />

gefragt, ob ich nicht Lust hätte, aber damals<br />

hat es mich nicht wirklich interessiert. Ich<br />

bin ja wirklich ein Mädchen vom Dorf, mir<br />

war dieser ganze <strong>Mode</strong>lwahn gar nicht so<br />

bekannt. Dann hat mich aber noch einmal<br />

now<br />

von Mega <strong>Mode</strong>ls, der jetzt immer<br />

<br />

kann man ja mal einen Sommer machen<br />

<br />

Sommer ist lang.<br />

Sind Sie direkt nach New York?<br />

C KNein, erst wurde ich nach Mailand geschickt.<br />

(zieht die Augenbrauen weit hoch)<br />

Nicht Ihr Ding?<br />

C KDas war alles furchtbar interessant, es<br />

<br />

wahnsinnig dekadent und unwirklich. Es<br />

gab Zeiten, in denen ich dachte, ich sei auf<br />

einem Film-Set.<br />

Damals duften bei Versace nur <strong>Mode</strong>ls mit<br />

Rockstar boyfriends laufen, oder?<br />

C KNicht das ich wüsste, aber Versace war<br />

ein Erlebnis. Schon die Probe war ein<br />

Event, da haben Leute versucht in die Halle<br />

hen.<br />

Das war die Zeit von Linda, Naomi,<br />

<br />

mit einer Handbewegung durch) – die liefen<br />

einfach so an mir vorbei. Es war sehr beein-<br />

<br />

zu sehen.<br />

Was kam nach Mailand?<br />

C K <br />

und bin dann nach Paris gegangen, da fand<br />

ich die Situation nicht so dramatisch anders.<br />

Ich glaube, wenn man anfängt als <strong>Mode</strong>l<br />

zu arbeiten, ist man schnell in ähnlichen<br />

Kreisen. Leute, die gern ausgehen und sich<br />

mit jungen schlanke Damen umgeben. Man<br />

<br />

Nacht von einem Club zum anderen und<br />

<br />

<br />

waren einsame Dinner im Sushiladen an<br />

<br />

<br />

Nachtclub in Paris) ... doch, das war eine interessante<br />

Zeit.<br />

Gab es denn eine Phase, in der Sie dachten:<br />

Das ist jetzt bald vorbei, was kommt dann?<br />

C K-<br />

<br />

was ich mit meinem Leben anfangen sollte,<br />

der Erfolg als <strong>Mode</strong>l konnte ja jede Minute<br />

vorbei sein. Schon damals hab ich mich ge-<br />

halten<br />

hat.<br />

Was war Ihre Lösung?<br />

C KMein damaliger Freund sagte: Mach es<br />

doch so wie Ellen von Unwerth. Kauf dir<br />

<br />

auch gemacht. Ich habe mir innerhalb von<br />

zwei Stunden eine halbe Studioeinrichtung<br />

<br />

dann habe ich mich nicht getraut andere<br />

ren<br />

zu der Zeit alle selbst <strong>Mode</strong>ls und die<br />

wollten sofort Polaroids sehen und da steigt<br />

der Druck dann natürlich enorm, ich konnte<br />

ja schlecht sagen: Nein, die zeige ich dir<br />

nicht. Dass sie auf den Bildern unbedingt<br />

schön aussehen wollten, das war für mich<br />

hemmend und das war auch nicht mein<br />

Thema.<br />

Mir ist Ihr Name mal auf der Website<br />

einer Fotografenrepräsentanz begegnet.<br />

Kann man Sie auch als Fotografin für<br />

97


Fotoshoots buchen?<br />

C K <br />

man mich gefragt, ob ich eine Geschichte<br />

<br />

würde. War auch alles wunderbar, aber ich<br />

habe nebenbei als <strong>Mode</strong>l gearbeitet, das<br />

war einfach alles ein bisschen viel. Ich bin<br />

<br />

genau, wonach ich suche. Ich gucke durch<br />

die Kamera, sehe ein wunderschönes Mädchen,<br />

einen wunderschönen Mantel ... Und<br />

jetzt?<br />

Wie machen Sie das, wenn Sie selber vor<br />

der Kamera stehen?<br />

C K <br />

nicht um einen Mantel oder eine Hose. Da<br />

gibt es etwas, bei dem ich das Gefühl habe,<br />

es ausdrücken zu wollen.<br />

Wie in Ihren Reisebüchern?<br />

C KDiese Bücher sind auf meinen jahrelangen<br />

Reisen als <strong>Mode</strong>l entstanden. Ich<br />

<br />

und das waren die kleinen Bücher, Tinte,<br />

<br />

von mir selbst gemacht habe, wenn ich<br />

abends allein in irgendwelchen Hotelzimmern<br />

saß.<br />

War das für Sie ein Tagebuch oder ein<br />

Kunstprojekt?<br />

C KIch habe nie gedacht, ich sei eine<br />

<br />

Test mit detaillierten technischen Einzel-<br />

<br />

Zeiten, welche Gels ich benutzte und welche<br />

det<br />

wurde. Nach und nach brauchte ich das<br />

alles nicht mehr aufzuschreiben und der<br />

Platz in den Büchern wurde langsam mit<br />

Zeichnungen und Collagen gefüllt.<br />

Ein Freund, der sie gesehen hat, meinte<br />

also: Die müssen Sie zeigen, das ist Kunst!<br />

C Kmacht<br />

habe, habe ich niemals daran gedacht,<br />

dass diese Sachen jemals irgendwo<br />

hängen würden (lacht).<br />

Ihnen war es nicht zu privat diese Art Tagebücher<br />

auszustellen?<br />

C KIn jedem Foto und jeder Collage steckt<br />

ein <strong>Teil</strong> von mir, einfach weil ich es gemacht<br />

vate<br />

Person, aber da fühlte ich keine Grenze<br />

überschritten.<br />

Was antworten Sie, wenn Sie jemanden<br />

treffen, der Sie fragt, was Sie machen?<br />

C K (überlegt)<br />

man nichts weiter erklären (lacht)-<br />

<br />

selbstkritisch ist und sich seine eigenen und<br />

Du stehst da als <strong>Mode</strong>l von neun bis fünf und<br />

kriegst x-Tausende von Dollar... „I dont like it<br />

anymore?“ I dont think so!<br />

Mantel ACNE


Bluse SACAI<br />

Pullover ACNE<br />

LOUIS VUITTON


VALENTINO<br />

Schuhe CÉLINE<br />

neuen Grenzen gerade selber steckt.<br />

Ich bin <strong>Mode</strong>l, das sagen Sie nicht? Klingt<br />

einfach.<br />

C KWenn jemand Genaueres wissen will,<br />

<br />

<strong>Mode</strong>l.<br />

Was haben Sie in der letzten Woche<br />

fotografiert?<br />

C KDie Schule meines Sohnes – die denken<br />

<br />

auch ständig um Gefallen gebeten.<br />

Können die sich denn keinen leisten?<br />

C K <br />

wird da um alles Mögliche gebeten. Ein<br />

bisschen frech. Helena Christensen hatte<br />

ihr Kind auf der Schule und hat, so wie es<br />

scheint, die ganzen Fotoarbeiten für die<br />

Schule übernommen. Jetzt ist ihr Sohn alt<br />

genug, dass er nicht mehr dort zur Schule<br />

geht und jetzt bin ich dran. Ich habe schon<br />

alles gemacht: Weihnachtsmarkt, Familien-<br />

<br />

mit Kindern, Schule, Klassenzimmer, Leh-<br />

<br />

Wie wäre es mit Deutschunterricht?<br />

C K<br />

aber schon das Oktoberfest als Gastlehrerin<br />

durchgenommen.<br />

Da scheint mir hier sowieso wichtiger zu<br />

sein als in Deutschland. Nirgends so viel<br />

Oktoberfestbier getrunken wie in New York.<br />

C KOh ja! Besonders interessant übrigens:<br />

die Schleifenbindung der Schürzen.<br />

Das sagt was über die Verfügbarkeit der<br />

Dame aus, oder?<br />

C KGenau. Vorderseite, Mitte: Jungfrau,<br />

Rückseite, Mitte: Witwe, Vorderseite<br />

rechts: in festen Händen,<br />

Vorderseite links: noch zu haben.<br />

Und wo haben Sie Ihre Schleife?<br />

C KIch hab gar keine Schleife.<br />

Meine Schleife ... oh, ich bin verlobt!<br />

(Zeigt auf ihren linken Ringfinger,<br />

an dem ein schmaler Ring<br />

mit einem kleinen Diamanten<br />

steckt)<br />

Herzlichen Glückwunsch!<br />

C KJa, ich bin verlobt, ... tatsächlich.<br />

Seit vier, fünf Monaten. Mal<br />

gucken, wie das geht.<br />

Wer ist es?<br />

C KJemand, den ich schon seit 17<br />

Jahren kenne. Ein Creative Director,<br />

mit dem ich schon 1995 gearbeitet<br />

habe.<br />

Was ist Ihnen an einem Mann<br />

wichtig?<br />

C KEs sollte jemand sein, mit<br />

dem ich gern zusammen bin und<br />

der mich so nimmt wie ich bin. Ich<br />

meine das ganz ehrlich. Man trifft<br />

selten Menschen, die man 24<br />

Stunden um sich haben kann. Ich<br />

bin ein Eigenbrötler, wenn ich<br />

<br />

mich habe, dann fangen Sachen an<br />

mich zu irritieren... (lacht). Ein<br />

bisschen Einsamkeit muss sein. Er<br />

ist auch sehr ruhig, macht sein<br />

ert<br />

etwa zwei Jahre, bis man jemanden<br />

anfängt gut kennenzulernen.<br />

Wir sind jetzt erst eineinhalb<br />

<br />

ich die Verlobung fast ein bisschen<br />

verfrüht, aber warum nicht.<br />

Hat er Sie gefragt?<br />

C KHat er. Eigentlich wollte ich nie heiraten,<br />

aber man kann ja auch erst mal für eine<br />

Weile verlobt sein, das kann auch gern fünf,<br />

sechs, sieben Jahre dauern. Das Verlobtsein<br />

ist schon ein Schritt für sich, es macht die<br />

Beziehung ein bisschen ernsthafter. Heiraten<br />

kann man immer noch.<br />

Welche Rolle spielt <strong>Mode</strong> in Ihrem Leben?<br />

C KIn meinem Kleiderschrank herrscht<br />

Ruhe – ich bevorzuge Kleidung in Schwarz,<br />

Blau, Grau und Weiß, zwischendurch ein<br />

<br />

<br />

schöner, als mir gut gekleidete exzentrische<br />

Menschen anzusehen und bewundere sie dafür,<br />

dass sie sich so mühelos stilvoll kleiden.<br />

Ich müsste mir zu viele Gedanken darüber<br />

machen, was bei mir gut<br />

aussehen könnte, und dazu<br />

habe ich morgens um halb<br />

sieben einfach keine Lust.<br />

Was sind deine drei Lieblingsstücke?<br />

C KEine blaue Strickjacke,<br />

schwarzer V-Neck-Pullover,<br />

weißes T-Shirt.<br />

Welche Designer mögen Sie?<br />

C KYamamoto für die besten<br />

Schnitte, Jil Sander für<br />

ihre Klarheit und die wunderbaren<br />

Materialien und<br />

Rogan macht gute Jeans.<br />

Das Coverfräulein der letzten<br />

Ausgabe, ...<br />

... Caroline de Maigret – die<br />

mag ich sehr gerne!<br />

... sagt im Interview, dass<br />

sie das <strong>Mode</strong>ln erst im zweiten<br />

Anlauf wirklich genießen<br />

kann, weil man in ihr<br />

nicht mehr nur das <strong>Mode</strong>l<br />

vor der Kamera sieht, sondern<br />

die Frau Caroline de<br />

Maigret. Können Sie das<br />

nachvollziehen?<br />

C KJa, klar, <strong>Mode</strong>ln ist ein<br />

zeitlich bedingter Job. Irgendwann<br />

muss man sich<br />

etwas anderes überlegen.<br />

Eventuell wird man wiederentdeckt,<br />

und dann sind<br />

es eben Frauen, die etwas<br />

Besonderes machen, über<br />

die man etwas erzählen<br />

kann. Und genießt man es<br />

mehr? Sicher. Es läuft ja<br />

jetzt eher nach seinen Bedingungen,<br />

und man ist gelassener,<br />

denn man ist ja<br />

<br />

abhängig.<br />

Sie scheinen ein pragmatischer<br />

Mensch zu sein.<br />

C K <br />

Kolleginnen sagen: „I don’t like it anymore“.<br />

Natürlich mag man das nach einer gewissen<br />

Zeit nicht mehr, wenn es alles ist, was man<br />

hat. Ich höre das oft in letzter Zeit. Mädchen,<br />

die viel jünger sind als ich und jammern,<br />

dass sie das <strong>Mode</strong>ln nicht mehr mögen,<br />

es sei nicht erfüllend. Dann denke ich:<br />

Wie hast du dir das vorgestellt? Ich verstehe<br />

<br />

Hast du dir nicht irgendwann etwas anderes<br />

überlegt? Zeit hast du doch genug bei<br />

dem vielen Warten oder am Flughafen sitzen,<br />

oder?<br />

Was ist das <strong>Mode</strong>ln für Sie?<br />

C KGanz ehrlich... es gibt keinen besseren<br />

Job unter der Sonne. Du kommst morgens<br />

rein, die Leute sind nett, die möchten, dass<br />

du gut gelaunt bist, sie massieren dir den<br />

<br />

kriegst x-Tausende von Dollar... „I dont like<br />

<br />

ja nicht, dass ich nichts anderes mehr<br />

machen kann.<br />

Shirt & Hose MARNI<br />

Rollkragen-Pullover & Trenchcoat<br />

JOLIBE<br />

Gibt es einen Fotografen, mit dem Sie besonders<br />

gern oder immer wieder zusammenarbeiten?<br />

C KJa, deshalb ist mein Sommerjob auch so<br />

ausgedehnt, glaube ich. Es ist Steven Meisel,<br />

mit dem habe ich angefangen, der hat<br />

mich sozusagen entdeckt, damals in Paris<br />

und seitdem arbeite ich immer wieder mit<br />

ihm.<br />

Wann zuletzt?<br />

C KVor etwa zwei Monaten hat er mich gefragt,<br />

ob ich einverstanden wäre, eine Ge-<br />

102<br />

103


schichte für die italienische Vogue zu foto-<br />

<br />

sieht, auch das Cover würde jemand anderen<br />

zeigen. Na klar wäre das ok, habe ich<br />

gesagt.<br />

Wenn Sie beschreiben werden, dann oft als<br />

„the teutonic blonde“, mit der hellen Hautfarbe,<br />

den langen, weißblonden Haaren und<br />

dem sehnigen Körper.<br />

C KHaha, das hört sich ja an wie eine<br />

Wikingerathletin!<br />

Ganz genau. Wie sehen Sie sich selber?<br />

C KIch mach mir darüber eigentlich keine<br />

Gedanken.<br />

Das glaube ich Ihnen nicht.<br />

C KSie könnten mich fragen: Was würden<br />

Sie in dieser oder jeder Situation machen?<br />

Ich habe natürlich moralische und ethische<br />

Grundsätze – ich weiß, was ich mag und<br />

<br />

<br />

schwierig zu beantworten.<br />

Finden Sie sich selbst schön?<br />

C KSagen wir’s mal so. Ich bin verdammt<br />

glücklich, dass ich Kleider gut tragen kann<br />

und fotogen bin, was etwas anderes als<br />

Schönsein ist. Es gibt ganz viele hübsche<br />

Mädchen. Tatiana Patitz würde ich als<br />

schön beschreiben. Ich mag Gesichter, die<br />

ungewöhnlich sind, die eigen sind – hab ich<br />

selbst eins davon? Das überlasse ich anderen<br />

Leuten, das zu beurteilen.<br />

Was ist mit Ihren langen blonden Haaren.<br />

Könnten Sie die zum Beispiel einfach abschneiden,<br />

wenn Sie Lust darauf hätten?<br />

C KWenn ich wollte, könnte ich es natürlich.<br />

Wenn Sie mich fragen, was schlecht für<br />

den Beruf ist: Ich habe zwei große Tattoos<br />

auf dem linken Oberarm, die wären, wenn<br />

mich die Meinung anderer Leute interessieren<br />

würde, vielleicht mehr ein Problem<br />

(lacht).<br />

Seit wann haben Sie die Tattoos?<br />

C KDas eine seit 2001, das andere seit 2010.<br />

Haben sie eine Bedeutung?<br />

C KDie Kobra steht für das ewige Leben<br />

und stellt ein J dar, das andere ist ein Zirkel<br />

mit Waage. Es steht für Balance und bildet<br />

<br />

Wofür stehen J und A?<br />

C K <br />

Jan, meinen Bruder, der verstorben ist.<br />

Ihr einziger Bruder?<br />

C KNein, ich habe noch zwei. Ich bin die<br />

Älteste, Jan war in der Mitte. Meine Brüder<br />

sind klasse – einer wohnt in München, der<br />

andere wohnt wieder in der Heide.<br />

Wie alt ist Ihr Sohn?<br />

CÉLINE<br />

C K<br />

Sprechen Sie Deutsch zu Hause?<br />

C K-<br />

<br />

mal in Deutschland bei meiner Mutter ist –<br />

<br />

New York in New York und in Deutschland<br />

<br />

Möchten Sie noch mehr Kinder?<br />

C KDas weiß ich nicht. Mal sehen, was die<br />

Verlobungszeit so bringt.<br />

CHRISTINA KRUSE stammt eigentlich aus der<br />

<br />

16 Jahren als <strong>Mode</strong>l entdeckt und lebt seit fast 20<br />

Jahren in New York. Neben dem <strong>Mode</strong>ln arbeitet<br />

<br />

COSTUME NATIONAL<br />

104


CARLO<br />

RIVETTI<br />

Der <strong>Mode</strong>impresario sieht<br />

sich selber als José Mourinho<br />

von Stone Island. Das ist<br />

nicht die einzige Verbindung<br />

zum Fußball, den die Marke<br />

hat. Doch nicht nur englische<br />

Fußball-Fans tragen die robuste<br />

Outdoorwear mit Stolz<br />

– auch innerhalb der <strong>Mode</strong><br />

wird Rivettis Stone Island vor<br />

allem für die Verwendung von<br />

innovativen Materialien geschätzt<br />

– und gilt als einer der<br />

ersten Streetwear-Marken<br />

überhaupt.<br />

Sie stammen aus einer Familie mit<br />

einer langen Tradition in der Textilindustrie.<br />

Können Sie uns erzälen,<br />

wie Sie zu Stone Island gekommen sind?<br />

CARLO RIVETTI Meine Familie arbeitet mittlerweile<br />

in der 8. Generation mit <strong>Mode</strong> und<br />

rik<br />

an, in den 1920ern siedelten wir uns in<br />

der Nähe von Turin an und übernahmen die<br />

<br />

-<br />

<br />

die einzigartige Idee, Wollstoff zu gummie-<br />

tierfreudig.<br />

Nach dem 2. Weltkrieg ging<br />

<br />

<br />

eine Familie, die Kleidung nach theoretischen<br />

Maßeinheiten fertigen ließ. Daraus<br />

-<br />

-<br />

-<br />

<br />

GFT stand für Made in Italy im <strong>Mode</strong>bereich.<br />

Wir waren nun sehr gut im formellen<br />

<strong>Teil</strong> des <strong>Mode</strong>business, aber ich sah 1982,<br />

dass da eine neue Welle kommen würde,<br />

-<br />

-<br />

- no -<br />

119<br />

<br />

Wir suchten nach dem besten Label, das<br />

den<br />

zwei Marken, die von dem Designer<br />

Massimo Osti gegründet wurde. Das waren<br />

beite<br />

ich also mit Stone Island.<br />

Als Sie die Marke damals kauften, haben<br />

Sie sie verändert?<br />

C RNein, wir habe nichts verändert. Das ist<br />

wie mit der Natur. Sie entwickelt sich durch<br />

-<br />

<br />

schon damals so stark, man kann sie nur<br />

langsam weiter entwickeln. Viele der Kol-<br />

<br />

<br />

<br />

Größen.<br />

Inwiefern?<br />

C RDie Kleidung der 80er war anders ge-<br />

<br />

wie heute. Das Größensystem hat sich stark<br />

<br />

so wichtig. Die Produkte waren so neu und<br />

unerwartet, dass die Größen noch kein Thema<br />

waren. Viel wichtiger war die Innovation<br />

der Stoffe.<br />

Stone Island hat das Image, in Sachen Materialien<br />

sehr fortschrittlich zu sein. Welche<br />

Materialien hat Stone Island als Erstes<br />

verwendet?<br />

C R <br />

<br />

den<br />

Stoff eingesetzt haben. Er<br />

basierte auf Polyester, der mit ei-<br />

<br />

<br />

Wir haben 1985 auch als Erste<br />

mit einem termosensitiven Stoff<br />

gearbeitet, der die Farbe mit der<br />

<br />

Würden Sie sagen, dass zurzeit<br />

so viel in der Bekleidungstechnologie<br />

passiert wie in den Anfangsjahren<br />

von Stone Island?<br />

C R<br />

Wir schauen uns sehr viel<br />

mehr in anderen Bereichen als<br />

der klassischen <strong>Mode</strong>-Textilindustrie<br />

nach neuen Material-<br />

mobilbranche<br />

oder im Gesundheitssektor.<br />

Die Technologie<br />

schreitet sehr schnell voran.<br />

Gleichzeitig ist die ökonomische<br />

Situation insgesamt nicht gut. Ein wichtiger<br />

<br />

<br />

geben. Ein neues Gefühl, eine neue<br />

Erfahrung.<br />

Haben Sie deshalb die Linie Stone Island<br />

Shadow gegründet?<br />

C RStone Island Shadow ist meine Formel<br />

1. Mit Stone Island muss ich die Geschichte<br />

des Labels berücksichtigen, seine Tradition<br />

<br />

forschen und radikal auf Innovation zu setzen.<br />

<strong>Teil</strong>weise testen wir bei Shadow ein<br />

neues Material, ein anderes Layering, viel-<br />

<br />

in die normale Stone Island-Kollektion<br />

aufzunehmen.<br />

Haben Sie eigentlich nie daran gedacht, eine<br />

Frauenlinie zu lancieren?<br />

C RNiemals.<br />

Warum nicht?<br />

C RStone Island ist eine Marke für Männer.<br />

Es gibt nur eine Möglichkeit für Frauen<br />

Stone Island zu tragen: Indem sie ein <strong>Teil</strong><br />

von ihrem Freund klauen und es anziehen.<br />

CARLO RIVETTI gilt als Pate der Marke Stone<br />

<br />

Stone Island zeigte man dem leidenschaftlichen<br />

<br />

gegen Deutschland. Dab ei hatte er Tränen in<br />

<br />

- no -<br />

120<br />

CASTINGS<br />

MARK PILLAI<br />

Fotos: Mark Pillai<br />

Protokoll: Daniel Seetal<br />

106


Der Fotograf Mark Pillai lebt in Paris<br />

und arbeitet für Magazine wie Elle,<br />

Vogue oder Dazed and Confused. Für<br />

seine Shootings ist er auf Castings<br />

angewiesen. <strong>Fräulein</strong> erzählte er,<br />

wie diese funktionieren und warum<br />

er sich entschlossen hat, <strong>Mode</strong>ls zu<br />

freien Castings einzuladen, die keinen<br />

Zweck haben, außer ein schönes<br />

Porträt.<br />

Ich kann mich noch gut an die ersten Castings<br />

erinnern. Ich habe mich gefühlt als<br />

müsste ich zum ersten Mal eine viel erfah-<br />

tent<br />

in Hamburg und sollte für den Fotografen,<br />

bei dem ich arbeitete, Polaroids<br />

machen, auf Grund derer er sich dann für<br />

<br />

ganzen tollen <strong>Mode</strong>ls kamen in<br />

sein kleines Büro. Ich stand<br />

schüchtern mit der Kamera da<br />

und habe gefragt, ob ich ein Foto<br />

machen darf. Ich wusste gar<br />

nicht, was ich mit diesen Wahnsinnsfrauen<br />

vor mir anfangen<br />

sollte. Mittlerweile ist das ganz<br />

anders.<br />

Bei einem Casting läuft es meisten<br />

so ab: Man hat bestimmte<br />

Vorgaben, sagen wir die Kollektion<br />

eines bestimmten Labels,<br />

ein bestimmter Look oder ein<br />

bestimmtes Sujet. Damit soll<br />

man bis zu 16 Seiten füllen. Man<br />

braucht also eine Frau, die auch<br />

nend<br />

bleibt. Man muss sich vorstellen<br />

können, wie sie mit dem<br />

<br />

wird, was man mit ihren Haaren<br />

machen kann. Passt sie vom<br />

<br />

die nötige Eleganz? Stimmen die<br />

<br />

Castings laufen heute meistens<br />

über E-Mail. Man bekommt von<br />

<strong>Mode</strong>lagenturen sogenannte Packages<br />

geschickt, die bis zu 20<br />

<strong>Mode</strong>ls beinhalten können. Die<br />

Portfolios sind als PDF herunterladbar.<br />

Zusätzlich ist es für mich von<br />

<br />

treffen kann, um mir ein eigenes Bild von<br />

ihnen machen zu können. Die Wahl des <strong>Mode</strong>ls<br />

ist für mich essenziell für ein Shooting.<br />

Wenn das Casting nicht stimmt, dann wird<br />

die ganze Fotostrecke meistens nichts.<br />

Wenn du nach dem Casting eine Favoritin<br />

hast, ist noch lange nicht sicher, dass du sie<br />

auch bekommst. Manchmal beginnt die<br />

ganze Suche dann noch einmal von vorne.<br />

Man kann das mit einem Puzzle vergleichen,<br />

das nach und nach fertig wird.<br />

Manchmal geht das sehr schnell. Manchmal<br />

entscheidet sich erst einen Tag vor dem<br />

Shoot, mit welchem <strong>Mode</strong>l du arbeitest.<br />

Man darf auch nicht vergessen, dass diese<br />

<br />

Mädchen kommen vielleicht gerade von einem<br />

anderen Casting für eine <strong>Mode</strong>nschau,<br />

wo sie mit 50 anderen in der Schlange warten<br />

mussten, um begutachtet zu werden.<br />

Manche sind müde, manche sehr verunsichert.<br />

Kurz bevor ich sie sehe, ziehen sie<br />

sich schnell wieder die High Heels an, weil<br />

<br />

oft, dass sie die Schuhe wieder ausziehen<br />

können, damit sie sich wohler fühlen. Man<br />

muss behutsam sein, denn viele Mädchen<br />

sind noch sehr jung und unerfahren und<br />

kommen oft von weit her.<br />

Es gibt Tage, da habe ich Ruhe und Muße,<br />

da nehme ich mir Zeit für eigene GoSees.<br />

Das sind dann keine themen- oder kunden-<br />

<br />

an und frage, ob „New Faces“ in der Stadt<br />

sind, welche ich noch nicht gesehen habe.<br />

<br />

als die <strong>Mode</strong>ls für einen bestimmten Zweck<br />

zu casten. Ich habe keine Vorgaben, kein<br />

<br />

und ganz auf das Mädchen einlassen und<br />

chen<br />

Momenten überraschende Bilder.<br />

Diese Fotos sind Übungen für mich, Skiz-<br />

<br />

Über die Jahre ist so ein Casting-Tagebuch<br />

entstanden mit mittlerweile über 1200 <strong>Mode</strong>ls.<br />

Meistens verbringe ich nur eine kurze<br />

Zeit mit den Mädchen. Dabei versuche ich<br />

etwas über die Person zu erfahren. Es ist<br />

ziemlich oft der Fall, dass die Frauen, wel-<br />

Wenn andere sagen, ein<br />

bestimmtes <strong>Mode</strong>l sei nicht<br />

gut, dann denke ich<br />

manchmal : „Doch, die ist<br />

cool, die ist stark, die ist<br />

nicht wie jede andere Frau.“<br />

Oft erkenne ich das aber<br />

auch erst mit dem Blick<br />

durch die Kamera.<br />

che anfangs wie ein Mauerblümchen wir-<br />

<br />

<br />

kleiden, entdecke ich am Ende vielleicht<br />

eine ganz andere Seite. Wenn andere sagen,<br />

ein bestimmtes <strong>Mode</strong>l sei nicht gut, dann<br />

denke ich manchmal : „Doch, die ist cool,<br />

die ist stark, die ist nicht wie jede andere<br />

Frau.“ Oft erkenne ich das aber auch erst<br />

mit dem Blick durch die Kamera.<br />

Ich glaube schon, dass ich mich inzwischen<br />

ganz gut in die <strong>Mode</strong>ls hineinversetzen<br />

kann. Um allerdings etwas Unerwartetes<br />

von ihnen zu bekommen, muss ich sie teilweise<br />

herausfordern. Es hängt vom <strong>Mode</strong>l<br />

und von meiner Stimmung ab, wie diese<br />

<br />

ich in zwei Minuten ein tolles Bild habe. Es<br />

kann aber auch sein, dass ich mich langsam<br />

<br />

<br />

ständigen:<br />

„I show you“, das verstehen die<br />

meisten noch. Ich versuche ihnen dann vorzumachen,<br />

was ich meine. Manchmal wirke<br />

ich dabei wie ein Clown hinter der Kamera,<br />

<br />

nur um das Bild.<br />

MARK PILLAI wurde in Pforzheim geboren und<br />

lebt mit seiner Familie in Paris. Seine Fotos sind<br />

in verschiedenen internationalen Publikationen<br />

erschienen, u.a. in Dazed and Confused UK, Ten,<br />

VOGUE<br />

gehören außerdem Hugo Boss, JOOP!, Givenchy<br />

und H&M.<br />

109


ZORA MANN &<br />

HANNAH<br />

HALLERMANN<br />

- no -<br />

121<br />

Fotos: Kristin Loschert<br />

Interview: Daniel Seetal


Zora Cahusac Mann war in den Neunzigern<br />

auf dem Sprung Supermodel<br />

zu werden. Helmut Newton, David<br />

LaChapelle und Karl Lagerfeld fotografierten<br />

sie. Sie war das Gesicht von<br />

Kampagnen für Prada, Louis Vuitton<br />

oder Chanel. Trotzdem entschied sie<br />

sich für ein Studium an der elitären<br />

Kunsthochschule Villa Arson in Nizza<br />

und fing noch mal von vorne an. Dort<br />

lernte sie ihre beste Freundin, die<br />

Künstlerin Hannah Hallermann, kennen.<br />

Zusammen teilen sich die beiden<br />

in Berlin ein Atelier. <strong>Fräulein</strong> fotografierte<br />

sie in den Kleidern des Labels<br />

Augustin Teboul und sprach mit ihnen<br />

über Freundschaft, Macho-Professoren<br />

und was sie aneinander lieben.<br />

Können Sie sich an den ersten Moment erinnern,<br />

an dem Sie sich begegnet sind?<br />

ZORA MANN Nicht genau. Wir haben uns<br />

länger angenähert. Wir sind nicht sofort<br />

Freundinnen geworden.<br />

HANNAH HALLERMANN <br />

befreundet waren, habe ich zu Zora mal gesagt,<br />

dass ich sie anfangs sehr seltsam fand.<br />

<br />

vor mir gehabt hätte, weil ich immer so laut<br />

<br />

lief in erster Linie über die Kunst und nicht<br />

thisch<br />

waren.<br />

Z MWir haben uns bei Hängungen unserer<br />

<br />

wir ein Team geworden und haben uns immer<br />

wieder unterstützt. Du hattest eine<br />

Wärme und eine Großzügigkeit, die ich vorher<br />

nicht gekannt habe.<br />

H HEin Moment, an dem ich Zora zu schätzen<br />

gelernt habe, war, als wir uns zufällig<br />

trafen und ich sie gefragt habe, wie es mit<br />

der Malerei läuft. Zora meinte: „Es läuft<br />

richtig Scheiße.“ Ich fand das toll, weil das<br />

so gerade heraus und direkt kam.<br />

Was sucht man in einer Freundin?<br />

Z MOft ist es so wie in der Liebe, dass man<br />

jemanden erkennt. Eine Verbundenheit und<br />

<br />

H H<br />

ich als Wahl-Schwestern. Was mir an Zora<br />

immer gefallen hat, ist ihre Eigenheit. Sie<br />

<br />

nicht kannte, auch in der Kunst. Den Mut,<br />

sich gesellschaftlichen Konventionen nicht<br />

<br />

der Malerei“, das kam aus vollem Herzen.<br />

Es hatte etwas Unmaskiertes.<br />

Ist diese Lautheit bei Hannah etwas, das<br />

Sie als Pendent zu sich gesehen haben?<br />

Z MVollkommen. In Hannahs lautem La-<br />

<br />

sehr leidenschaftlich für das ein, was sie<br />

<br />

Als <strong>Mode</strong>l war <strong>Mode</strong> für Sie natürlich wichtig.<br />

Wie hat sich das geändert, als Sie nach<br />

Nizza auf die Kunsthochschule gegangen<br />

sind?<br />

Z Mstudentin<br />

verkleidet. Ich wollte, dass man<br />

nicht merkt, dass ich <strong>Mode</strong>l war, habe absichtlich<br />

Pullover mit Löchern getragen. Es<br />

war auch die einzige Zeit in meinem Leben,<br />

in der ich Sneaker getragen habe und Hoo-<br />

<br />

-<br />

<br />

beschäftigt zu haben.<br />

War das durchschaubar?<br />

H HJa, schon. Man muss sich vorstellen,<br />

<br />

teilweise in einem engen Minirock mit<br />

High Heels im Metallatelier schweißten.<br />

Zora und ich waren unter den Frauen, die<br />

das nicht gemacht haben. Ich hatte schon<br />

<br />

<br />

als attraktive Frau wahrgenommen zu werden,<br />

sondern für mein Können. Das hat uns<br />

verbunden.<br />

Dass so viele schöne Frauen an der Schule<br />

waren, lag an den männlichen Professoren?<br />

H HNa klar. Ich habe mal den Direktor gefragt,<br />

ob er nicht mal eine Frau als Professorin<br />

einstellen möchte. Da hat er mir auf den<br />

Hintern gehauen, und gesagt, du hast doch<br />

-<br />

113


und ich hatte einen guten Draht zu ihm.<br />

Man wollte mich in der Schule auch durchfallen<br />

lassen, weil man mich für unbelehrbar<br />

hielt. Ich habe einem Professor mal vor<br />

<br />

Z MIch liebe es an dir, dass du so bist.<br />

In der <strong>Mode</strong> ist es offensichtlich, aber würden<br />

Sie sagen, dass es in der Kunst einen<br />

weiblichen Ausdruck gibt?<br />

H H<br />

-<br />

<br />

Frauen fragt man, ob sie weibliche Kunst<br />

machen, aber einen Mann fragt keiner, ob<br />

seine Kunst männlich ist. Es ist ein bisschen,<br />

als ob jemand aus dem nichts sagt, ich<br />

<br />

„ Freunde helfen dabei<br />

Distanz zu gewinnen.“<br />

Sie teilen sich ein Atelier. Inwiefern ist das<br />

für Ihre Arbeit wichtig?<br />

H H <br />

Dimension. Ich vermisse, was es zum Beisiel<br />

im Surrealismus gab, dass Künstler sich<br />

<br />

Dieser ganze Quatsch, dass jeder Künstler<br />

für sich alleine groß werden muss. Warum<br />

soll man in der Kunst nicht eine Freundin<br />

an die Hand nehmen, wenn man denkt,<br />

dass sie etwas Besonderes macht. Eine<br />

<br />

-<br />

<br />

Z MIch glaube auch nicht mehr an diese<br />

<br />

-<br />

<br />

gut. Von ihm kommt auch der schöne<br />

<br />

aber jeder Künstler ist ein Mensch.<br />

H HGenau. Gute Kunst hält für mich eine<br />

<br />

<br />

möglichst viele angeht. Die Schwierigkeit<br />

liegt darin, eine Distanz zu sich und seiner<br />

<br />

Distanz zu gewinnen.<br />

Z MMan macht keine Kunst für sich allein.<br />

H HUnd man macht sie auch nicht allein.<br />

ZORA MANNS<br />

und Radierungen, sind unter zoramann.org<br />

<br />

HANNAH HALLERMANNS Installationen und<br />

Zeichnungen unter: hh-art.com.<br />

114


Fotos: Ethical Fashion Initiative<br />

Interview: Marcel Malachowski<br />

SIMONE<br />

CIPRIANI<br />

Der UN-Generalsekretär hat Simone<br />

Cipriani damit beauftragt, die <strong>Mode</strong>industrie<br />

gerechter und veranwortungsbewusster<br />

zu machen. Der<br />

Italiener spricht als Repräsentant der<br />

Ethical Fashion Initiative zum Beispiel<br />

auf Suzy Menkes´ einflussreicher IHT<br />

Luxury Conference. Vor allem reist er<br />

aber zu den Produktionsstätten der<br />

<strong>Mode</strong>industrie in Afrika und Asien und<br />

entwickelt Maßnahmen gegen die oft<br />

menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen<br />

– mit zunehmendem Erfolg.<br />

Herr Cipriani, Sie haben die Ethical Fashion<br />

Initiative ins Leben gerufen. Warum eigentlich?<br />

Ist das normale <strong>Mode</strong>-Business so<br />

unethisch?<br />

SIMONE CIPRIANI Nun, wenn man sich die<br />

dingungen<br />

vieler Beschäftigter in der Textilindustrie<br />

ansieht, dann muss man leider<br />

sagen: Ja, es gibt sehr viel zu tun. Ich bin<br />

zwar gerade in Genf, von wo aus wir das<br />

ganze Projekt betreuen und weltweit mit<br />

unseren Partnern in Kontakt sind, aber ich<br />

<br />

um mir vor Ort Fabriken und Produktionsstätten<br />

anzusehen. Das, was ich dort sehe,<br />

ist nicht unbedingt das, was man sich unter<br />

<br />

Sondern?<br />

S C-<br />

-<br />

<br />

<br />

meistens miserabel. Selbst wenn die Le-<br />

<br />

<br />

<br />

Leben mit ihm möglich ist. Das muss sich<br />

ändern. Die Ethical Fashion Initiative wur-<br />

de zu diesem Zweck von<br />

der UN-Generalversammlung<br />

ins Leben gerufen.<br />

Ich denke, es war<br />

höchste Zeit – und es ist<br />

sehr gut, dass das Ganze<br />

im Rahmen der UNO geschieht,<br />

so können wir<br />

hoffentlich sehr viel erreichen.<br />

In der Vergangenheit ist<br />

die UNO bei solchen<br />

Projekten eher als korrupt<br />

aufgefallen, einige<br />

wur-den auch schlecht<br />

gemanagt. Millionen von Geldern flossen<br />

in die Hände unfähiger UN-Bürokraten<br />

und bestechlicher Politiker.<br />

S C <br />

aus der Vermittlung zwischen Designern<br />

und großen Kleidungsunternehmen auf der<br />

<br />

<br />

die Idee der Ethical Fashion bekanntmachen,<br />

<strong>Mode</strong>-Ikonen wie Vivienne Westwood<br />

und Stella McCartney unterstützen<br />

-<br />

ten<br />

wir bereits die australische Kette Sun-<br />

Bite und den Schweizer Vertrieb Manor<br />

gewinnen.<br />

Die Fashionszene stand dem Thema bisher<br />

aber eher reserviert gegenüber, obwohl die<br />

Missstände offensichtlich sind.<br />

„Wir brauchen eine Revolution des verantwortlichen<br />

Handelns! Gerade beim Thema <strong>Mode</strong> kann man das<br />

Nützliche sehr gut mit dem Angenehmen verbinden.“<br />

S CDas stimmt leider, aber auch da scheint<br />

sich viel zu ändern. Man muss den Konsu-<br />

ten.<br />

Ihre Kollegin Suzy Menkes hat mich in<br />

diesem Jahr zur Luxury Conference der International<br />

Herald Tribune eingeladen, um<br />

<br />

Friedman von der Financial Times London<br />

hat uns dem britischen Publikum vorgestellt.<br />

Ich denke, auch die Leser der Zeitschrift<br />

<strong>Fräulein</strong> sind sehr aufgeschlossen<br />

für solche Themen. In Deutschland gibt es<br />

viele Menschen, die sich für dieses Thema<br />

interessieren, aber es müssen mehr<br />

werden.<br />

Ethische <strong>Mode</strong> wird oft verwechselt mit<br />

Ethno- und Öko-<strong>Mode</strong>. Vor allem Letztere<br />

ist ja bekanntlich sehr schmerzhaft für die<br />

<br />

<br />

<strong>Mode</strong> haben sich einige sehr unschöne<br />

Trends entwickelt ...<br />

S CDamit haben wir nichts zu tun! Unser<br />

Ziel ist gute <strong>Mode</strong> mit hochwertiger Verar-<br />

dings<br />

sind uns natürlich nachhaltige Produktionsweisen<br />

wichtig. Insgesamt geht es<br />

darum, die ganze Produktionskette umzustellen:<br />

von den Ressourcen bis zum Verkauf.<br />

Wir sind nicht auf Designs festgelegt,<br />

konzentrieren uns aber auch auf schöne<br />

<br />

ge<br />

Länder haben modisch viel zu bieten, die<br />

breite Masse sollte das viel stärker<br />

mitbekommen.<br />

Sie arbeiten auch mit lokalen Designern zum<br />

Beispiel aus Afrika zusammen. Gerade in<br />

Nigeria, der Elfenbeinküste oder Südafrika<br />

ist in Bezug auf die <strong>Mode</strong> sehr viel Interessantes<br />

entstanden.<br />

S CJa, wir möchten unbedingt auch die<br />

Kreativen in diesen Ländern fördern, denn<br />

dort gibt es sehr viele, gute Ideen. Die Globalisierung<br />

ist eine tolle Sache, wenn man<br />

sie richtig und gerecht betreibt, sodass alle<br />

etwas von ihr haben.<br />

Ein Problem könnte sein, dass etwa in den<br />

USA und in Europa die Armut immer größer<br />

wird. Auch in Griechenland oder in Südita-<br />

- no -<br />

122<br />

lien haben viele Menschen durch die mörderische<br />

Politik der großen Unternehmen<br />

und der Schuldenpolitik von Angela Merkel<br />

nicht mehr genug Geld, um ausreichend und<br />

gesund zu essen. Ist da qualitativ hochwertige<br />

Kleidung nicht eher ein nachrangiges<br />

Problem?<br />

S CJa, da haben Sie völlig recht. Die neue<br />

<br />

das bei meinen drei großen Töchtern. Wenn<br />

<br />

<br />

Taschen für 15 Euro – das ist mittlerweile<br />

Standard im Textil-Segment. Ich verlange<br />

natürlich nicht von Leuten, die<br />

<br />

dass sie viel Geld für Kleidung aus-<br />

<br />

können, sollten darüber nachdenken,<br />

Produkte aus einer verantwortlichen<br />

Produktion zu kaufen. Denn<br />

sonst unterstützen sie die Unmenschlichkeit<br />

in der Welt. <strong>Mode</strong> ist<br />

ein Milliarden-Business, man muss<br />

das Geld nur richtig investieren und<br />

dabei an die Zukunft denken.<br />

Normalverdiener sollten also Ihrer<br />

Meinung nach über ihren Tellerrand<br />

schauen und helfen, das Leben anderer<br />

Menschen zu verbessern?<br />

S CJa, unbedingt! Ich bin schockiert,<br />

wenn ich mir den Zustand der<br />

Welt anschaue. So kann das auf keinen<br />

Fall weitergehen. Die Menschen<br />

<br />

die Menschen in den Industrie-Län-<br />

miert<br />

auf Teufel komm raus! Wir<br />

brauchen eine Revolution des verantwortlichen<br />

Handelns! Und gerade<br />

beim Thema <strong>Mode</strong> kann man das<br />

nehmen<br />

verbinden. <strong>Mode</strong> bringt die<br />

Menschen zusammen, sie macht<br />

<br />

auch in ihrer Erwirtschaftung sozial<br />

tur<br />

konnten wir bereits nachweislich<br />

<br />

schaffen bzw. verbessern, in denen<br />

-<br />

<br />

wieder nach Kenia, zurzeit ein<br />

-<br />

<br />

stark in Burkina Faso und Ghana.<br />

Wir hoffen, dort nicht nur die<br />

Produktion für große Unternehmen<br />

verstärken zu können, sondern auch Part-<br />

<br />

gewinnen zu können. Das heißt, zu unseren<br />

Zielen in nächster Zeit gehört zunehmend,<br />

<br />

lassen.<br />

Mit dem Label der ethischen <strong>Mode</strong> wird aber<br />

aus Werbe- und Image-Gründen viel Unsinn<br />

getrieben. Es ist häufig kaum mehr als ein<br />

Marketinggag.<br />

S CVöllig richtig beobachtet, aber bei uns<br />

geht es nur um handfeste Ergebnisse. Wir<br />

können unsere Erfolge vor Ort nachweisen,<br />

die Lebensbedingungen vieler, sehr vieler<br />

<br />

und Umgebung haben sich durch unsere<br />

geladen,<br />

sich dort ein Bild davon zu machen.<br />

Gerade in Kenia haben wir sehr viel er-<br />

<br />

der breiten Konsumentenschichten auf diese<br />

Regionen lenken – auch eine Zusammenarbeit<br />

etwa mit einem Giganten wie Wal-<br />

Mart, wenn sie zielführend wäre, ist nicht<br />

ausgeschlossen.<br />

In Mitteleuropa geht der Markt für Haute<br />

116


Couture zurück. Die mit Abstand größten<br />

Umsätze werden in Russland, China und<br />

den arabischen Ländern erreicht. Sie wünschen<br />

sich auch dort verantwortungsvollere<br />

Konsumenten?<br />

S CIhr Wort in Gottes Ohr! Durch die gesellschaftlichen<br />

Veränderungen dort hoffe<br />

ich natürlich, dass die, die in diesen Ländern<br />

das Geld haben, es verantwortungsbewusst<br />

ausgeben.<br />

Erhoffen Sie sich das auch durch die Politikwechsel<br />

in Europa?<br />

S C <br />

<br />

die Politik um einiges sozial verantwortlicher<br />

wird. Wenn ich in der Welt unterwegs<br />

bin, höre ich viele Schreckensmeldungen<br />

auch aus meiner Heimat Italien. Ich bin zu<br />

Weihnachten wieder in Italien, bei meinen<br />

Eltern. Ich hoffe nicht, dass sich das Land<br />

bis dahin durch die Krise sehr zum Schlech-<br />

<br />

sehr viel Neues und auch Gutes im Gange.<br />

Die Menschen sind nicht mehr so blind wie<br />

früher. Der reine Egoismus ist out.<br />

Denken sie, die <strong>Mode</strong>-Industrie steht insgesamt<br />

vor einer Revolution?<br />

S CIch hoffe es zumindest! Es gibt sehr<br />

viel, was unbedingt verändert werden<br />

<br />

Ich verrate Ihnen noch etwas, Sie sind der<br />

erste Journalist, dem ich´s erzähle: Wir wollen<br />

mit unseren kenianischen Partnern ein<br />

ganz neues Produktionsverfahren zur Ledergerbung<br />

etablieren. Ich komme ja aus<br />

<br />

einem Baum dort lässt sich ein natürlicher<br />

Farbstoff gewinnen. Wir brauchen keine<br />

<br />

weniger mit Giften und Gefährdung für die<br />

ben<br />

möglich, aber auch daran arbeiten wir,<br />

<br />

großartige Neuerung. Die <strong>Mode</strong> der Zukunft<br />

muss eine andere sein als die bisherige.<br />

Das steht für mich fest.<br />

Mio dio, Sie meinen also tatsächlich, die<br />

Menschheit ist noch zu erretten von ihrer<br />

Dummheit und der Kampf für eine wirklich<br />

bessere Welt geht weiter?<br />

S CSi, si, si, was bleibt einem anderes<br />

übrig…<br />

SIMONE CIPRIANIS leitet die Ethical Fashion Initiative<br />

bei der ITC – einer Organisation der UNO.<br />

Die meiste Zeit lebt und arbeitet er genau dort,<br />

<br />

Infos unter: intracen.org<br />

− no −<br />

123<br />

Wann ist ein Kleidungsstück für Sie <strong>Mode</strong>?<br />

DIRK SCHÖNBERGER Wenn es über den<br />

Status eines Nutzobjekts hinausgeht.<br />

Wenn es mehr wird als ein Stück, das<br />

man morgens anzieht.<br />

Und durch was wird dies beeinflusst?<br />

Durch den Menschen, der es anzieht oder<br />

durch das, was es ist?<br />

D SDurch das, was es ist. Es gibt wenige<br />

Fälle, in denen ein weißes T-Shirt <strong>Mode</strong><br />

wird. Dann muss die Person schon sehr<br />

besonders sein. Das gab es sicherlich.<br />

Wenn Marlon Brando ein weißes T-Shirt<br />

<br />

sind vorbei.<br />

Sie sind in Köln geboren und in Leverkusen<br />

aufgewachsen. Gab es für Sie ein<br />

modisches Erweckungserlebnis?<br />

D Sçons<br />

nach Paris kamen, um dort ihre Kollektionen<br />

zu zeigen.<br />

Wie haben Sie davon erfahren?<br />

D SIch habe „The Face“, „i-D“ und<br />

<br />

trem viel Musik gehört. Das Positive am<br />

Rheinland war, dass es für die britische<br />

<br />

ich mir jede Woche die britischen Charts<br />

anhören. Leverkusen, wo ich aufgewachsen<br />

bin, hat mich wenig interessiert, das<br />

nahe gelegene Köln schon mehr. Da konnte<br />

ich alles kaufen, was ich haben wollte:<br />

vor allem Musik und <strong>Mode</strong>. Beides hat<br />

-<br />

<br />

New Wave. Mein Stil war an diesen Ein-<br />

<br />

Den haben Sie dann an sich selbst durchexerziert?<br />

D S<br />

Was war Ihre durchgedrehteste Idee?<br />

Foto: Collier Schorr, Interview: Mareike Nieberding<br />

DIRK<br />

SCHÖNBERGER<br />

Sein Handwerk hat er in Antwerpen<br />

gelernt, seinen Stil im Rheinland als<br />

Fan der britischen Popmusik der<br />

Achtziger. Nach seinem eigenen Label<br />

und einem Zwischenstopp als Chefdesigner<br />

von JOOP! ist Dirk Schönberger<br />

als Kreativdirektor von Adidas einer<br />

der weltweit einflussreichsten deutschen<br />

<strong>Mode</strong>macher der Gegenwart<br />

geworden.<br />

D SDurchgedreht war ich sicher nie –<br />

andere mögen das anders sehen. Ich habe<br />

<br />

Mitschüler Jeans trugen, und richtige<br />

Männerschuhe, während die anderen irgendwelche<br />

beliebigen Schuhe anhatten.<br />

vaters<br />

umgeschneidert, aus dem Jackett<br />

eine Kurzjacke gemacht, und bin damit in<br />

die Schule gegangen.<br />

Gibt es ein Kleidungsstück aus der Zeit,<br />

das Sie niemals weggeben würden?<br />

D S<br />

schenkt.<br />

Den würde ich nie weggeben.<br />

Von Helmut Lang hab ich auch alles auf-<br />

mut<br />

Lang fand ich fantastisch.<br />

Wenn damals jemand zu Ihnen gesagt<br />

hätte, in ein paar Jahren sitzt du bei Joop!<br />

und dann bei Adidas. Hätten Sie sich das<br />

vorstellen können?<br />

D SNatürlich hätte ich mir das vorstellen<br />

lich<br />

gesagt: „Ne, das glaub ich nicht.“<br />

<br />

eine Leidenschaft. Da gab es diese Schuhe,<br />

die ich unbedingt haben wollte.<br />

Welche waren das?<br />

D S <br />

jahrelang keine Turnschuhe getragen.<br />

<br />

<br />

<br />

meine Mutter hat mir einen Vogel gezeigt.<br />

Letztendlich hat meine Großmutter<br />

ihn mir gekauft, weil ich einfach<br />

nicht mehr aufgehört habe, darüber<br />

zu reden.<br />

Sie beharren stets darauf, dass es<br />

in Deutschland keine <strong>Mode</strong>-, sondern<br />

eher eine Textilindustrie gibt. Worin liegt<br />

für Sie der Unterschied?<br />

D S <br />

<br />

<br />

<br />

in Berlin mittlerweile eine wachsende Kultur<br />

von jungen Designern, die das mittel-<br />

<br />

<br />

allem eine Textilindustrie.<br />

Sie haben mal gesagt, „Ich mag Gebäude,<br />

die einen Inhalt nach außen verkörpern“.<br />

Gilt das auch für Ihr <strong>Mode</strong>design?<br />

D S<br />

die für einen Inhalt steht und nicht nur reines<br />

Styling ist.<br />

Was meinen Sie mit Inhalt? Zum Beispiel<br />

eine politische Haltung?<br />

D S<br />

meiner aktuellen Tätigkeit<br />

nicht unbedingt<br />

mein Fokus. Man denke<br />

nur an die Entwicklung<br />

zigern<br />

zu den Neunzigern,<br />

wie das Powerdressing<br />

durch Techno<br />

und die ganze Streetfashion<br />

ersetzt wurde. Da<br />

änderten sich nicht nur<br />

Trends, sondern es fand<br />

eine Veränderung der<br />

Gesellschaft statt. Das<br />

sant,<br />

wenn so etwas<br />

<br />

Wie geht man mit der<br />

Aufgabe um, eine Kollektion<br />

für Adidas zu<br />

entwerfen, die sowohl<br />

den Kids in Chicago als<br />

auch denen in Kyoto und<br />

in Leverkusen gefallen<br />

muss?<br />

D S (lacht)weise<br />

ist natürlich kom-<br />

<br />

Zeit, in der ich vor allem<br />

mein eigenes Label gemacht<br />

habe. Wenn man<br />

eine Kollektion für sich<br />

selbst entwirft, kann<br />

man radikal vorgehen,<br />

seinen eigenen Look de-<br />

<br />

Marke, bei der es nicht<br />

darum geht, <strong>Mode</strong> zu<br />

machen. Das, was wir machen, wird <strong>Mode</strong>.<br />

Es geht nicht darum, einen High-Fashion-<br />

ten<br />

Klamotten zu machen, also genau das,<br />

was unsere Kunden von uns erwarten. Und<br />

<br />

<br />

ganze Bandbreite abzudecken. Deshalb geht<br />

es nie nur um den einen Konsumenten, sondern<br />

um mehr oder weniger alle Konsumenten,<br />

die da draußen rumlaufen und<br />

<br />

Hat sich Ihre Perspektive auf die <strong>Mode</strong>branche<br />

in den Jahren Ihrer Tätigkeit verändert?<br />

D SIn gewisser Weise ja. In den Neunzi-<br />

<br />

Marketinggeschichte und es gab ganz andere<br />

Freiheiten. Heute muss man, egal wie<br />

-<br />

<br />

„Man hat nicht mehr so viel Ruhe, ein Business<br />

aufzubauen. Viele junge Designer werden<br />

einfach verbrannt.“<br />

werden. Dazu wird alles immer schneller<br />

und das Interesse an einem jungen Designer<br />

wird schnell durch den nächsten jungen<br />

Designer ersetzt. Man hat nicht mehr so viel<br />

Ruhe, ein Business aufzubauen. Viele junge<br />

Designer werden einfach verbrannt. Das ist<br />

schade.<br />

Ist der Beruf des Designers vor dem Hintergrund,<br />

den Sie grad ausgeführt haben,<br />

noch erstrebenswert?<br />

D SEr wird immer erstrebenswert sein.<br />

<br />

vielen schönen Blumen drauf, die man<br />

<br />

<br />

manchmal.<br />

Bei Ihrem eigenen Label haben Sie in<br />

einem Maßstab produziert, in dem Sie<br />

die Dinge weitestgehend selbst in der<br />

Hand halten konnten. Wieviel belgischer<br />

Avantgardist steckt noch<br />

in Dirk Schönberger?<br />

D SIch weiß nicht, ob<br />

ich jemals ein belgischer<br />

<br />

<br />

als Designer unter meinem<br />

eigenen Namen werde<br />

ich sicherlich nie der<br />

führte<br />

Designer sein. Ich<br />

werde immer eine gewisse<br />

Unberechenbarkeit haben.<br />

Diese Seite von mir schlummert<br />

im Moment. Das ist<br />

ein bisschen wie der Hulk.<br />

Und der Hulk schläft gerade.<br />

(lacht)<br />

DIRK SCHÖNBERGER studierte<br />

<strong>Mode</strong>design an der ESMOD<br />

in München und ging an-<br />

<br />

Dort gründete er 1996 sein<br />

eigenes Label, verkaufte es<br />

-<br />

<br />

als Chefdesigner bei JOOP!<br />

und seit 2010 als Kreativdirektor<br />

bei adidas.<br />

118


Der schwedische <strong>Mode</strong>mogul Johan<br />

Lindeberg hat sich nach J.Lindeberg<br />

nun ganz auf sein neues Label BLK<br />

DNM (ausgesprochen: Black Denim)<br />

konzentriert. Das ist für ihn Trennungstherapie<br />

und persönlicher Ausdruck<br />

zugleich. Was zunächst nach<br />

dem Gegenteil von cool klingt, ist es<br />

dennoch. In New York gilt BLK DNM<br />

zurzeit als hipstes Label überhaupt.<br />

BLK DNM ist ja ziemlich casual und cool,<br />

Ihr altes Label J.Lindeberg dagegen war<br />

sehr elegant. Was bedeutet Coolness für<br />

Sie? Gehört man zur in-crowd, wenn man<br />

die richtige Marke trägt?<br />

JOHAN LINDEBERG Ich habe so viele Dinge in<br />

meinem Leben gemacht, alles hat seine<br />

Phasen. Eigentlich geht es doch immer darum,<br />

sich selbst auszudrücken, auch mit einer<br />

Marke. Ich habe einige Jahre bei Diesel<br />

als CEO gearbeitet. Danach wollte ich etwas<br />

<br />

lichste,<br />

was mir in meinem Leben im <strong>Mode</strong>bereich<br />

gelungen ist. Da geht es nicht ums<br />

<br />

BLK<br />

DNM<br />

BLACK<br />

DENIM<br />

überall her, wahrscheinlich besonders aus<br />

meiner Vergangenheit. Ich bin in Schweden<br />

aufgewachsen, ich denke, das sieht man<br />

<br />

auch das Raue von Diesel mit Konfektion im<br />

chen<br />

diesen arty Downtown-New-York-<br />

Look mit einem schicken Twist. Es ist eine<br />

<br />

ich am liebsten mag.<br />

Wie kam es dazu?<br />

J L Ich wollte eine neue Marke schaffen.<br />

Dann habe ich mich von meiner Frau getrennt.<br />

Durch den Launch der DNM-Kollektion<br />

konnte ich das verarbeiten. Die Tren-<br />

<br />

Fotos: Hadley Hudson<br />

Interview: Sally Fuls<br />

Styling: Götz Offergeld<br />

Haare: Cecilia Romero mit<br />

Produkten von Marlies Möller<br />

<br />

for Chanel<br />

<br />

<br />

Es gibt eine Redensart, die sagt: Der beste<br />

Weg, um über eine Frau hinwegzukommen,<br />

ist, sie in Literatur zu verwandeln. Haben<br />

Sie Ihre Frau in <strong>Mode</strong> verwandelt?<br />

J L (lacht) Ja, das kann man so sagen. Ich<br />

wollte meine innere Verwüstung in etwas<br />

Positives umkehren. Deswegen habe ich<br />

auch einen Film zum Launch der ersten<br />

Kollektion gedreht. Eigentlich geht es darin<br />

um meine Scheidung – es ist mehr meine<br />

<br />

Trennung gab es drei Dinge, die ich mir vorgenommen<br />

hatte: ein Label gründen und<br />

New York genießen, mit all den Restaurants<br />

und Galerien. Und, am wichtigsten: ein guter<br />

Vater zu sein.<br />

Wie sieht ein Arbeitstag bei Ihnen aus?<br />

J L <br />

den Blog zu BLK DNM. Das ist nicht nur<br />

eine <strong>Mode</strong>marke, es ist ein kreatives Pro-<br />

<br />

für mich entdeckt und bin seitdem ein lei-<br />

-<br />

sonal<br />

sind. Das ist nichts für mich, denn ich<br />

<br />

<br />

um zu erklären, wie ich Dinge sehe, also<br />

auch: Wofür steht meine Marke? Meine<br />

<br />

mit den <strong>Mode</strong>ls und allen Beteiligten. Ich<br />

möchte generell nur mit Leuten arbeiten,<br />

- no -<br />

124<br />

<br />

<br />

raw. Es geht mehr um Persönlichkeiten als<br />

um Schönheiten.<br />

Wonach suchen Sie Ihre <strong>Mode</strong>ls aus?<br />

J L Ich liebe Frauen mit Selbstbewusstsein,<br />

unabhängige Frauen. Eigentlich sollten die<br />

ja eh die Weltherrschaft übernehmen.<br />

Warum das?<br />

J L Es ist einfach an der Zeit! Ich bin gelangweilt<br />

von Macho-Männern. Frauen haben<br />

so viel mehr Potenzial und Wirkung!<br />

Gibt es einen Unterschied für Sie im Entwerfen<br />

von Frauen- und Männerkleidung?<br />

Mögen Sie Ersteres mehr?<br />

J L Vielleicht. Meine Frauen sollen stark<br />

<br />

ne<br />

Dandy-Prise haben. Mick und Bianca<br />

<br />

Mann und eine maskuline Frau.<br />

Sie selbst sind oft auf den Foto Ihrer Kollektionen<br />

zu sehen. Warum?<br />

J L Ich wollte das Ganze dokumentarisch<br />

aussehen lassen. Ein bisschen wie ein Tagebuch.<br />

Und mittlerweile ist mein Gesicht ja<br />

fast bekannter als mein Name.<br />

Gehört das für Sie zur Marke BLK DNM?<br />

Was wollen Sie erreichen?<br />

J L <br />

Energie verbreiten! Das Ganze ist wie eine<br />

Reise. Ich möchte keine Marke machen, die<br />

sich nur an meine Freunde in New York<br />

shion<br />

ist für mich genauso wichtig wie Poli-<br />

<br />

jetzt nicht weiter über Politik reden muss...<br />

Also kam alles ganz natürlich? Keine Marketingstrategie,<br />

nur kreative Impulse?<br />

J L Ja. Ich mag es nicht, Recherchen anstellen<br />

zu müssen. In den 90ern ist Marketing<br />

<br />

<br />

<br />

das, was ich liebe, nicht das, was andere lieben.<br />

Ich habe keine Lust, mir von einem<br />

Händler sagen lassen zu müssen, dass Pink<br />

gerade in ist.


IRIS VAN HERPEN<br />

15 Lippenstifte,<br />

RÄTSEL<br />

- no -129<br />

Illustration: Anje Jager<br />

die <strong>Fräulein</strong> tragen will, und 10 Fehler, die zu finden sind!<br />

Jeder Entwurf ein kleines Kunstwerk. So abgedroschen dieser Satz auch<br />

<br />

<br />

<br />

McQueen und Viktor&Rolf. Ihr eigenes Label gründete sie 2007, seitdem<br />

<br />

Materialien und Formen. Die Kleidung muss dabei nicht tragbar sein.<br />

<br />

-<br />

<br />

Chambre Syndicale de la Haute Couture ernannt – mit gerade mal 28<br />

-<br />

-<br />

-<br />

<br />

Gaga und Sängerin Björk.<br />

- no -<br />

127<br />

- no -<br />

125<br />

NICOLA FORMICHETTI<br />

Liest man die Liste seiner Projekte, stellt<br />

man sich als Erstes die Frage: Wann<br />

schläft dieser Mann eigentlich? Kreativdirektor<br />

bei MUGLER, Stylist und Berater<br />

<br />

denken, wie viel Zeit alleine dies in<br />

<br />

<br />

anderen Magazinen, Blogger und Tumbler-Fan<br />

by Heart und Fashiondirector<br />

<br />

jemand hat die zeitgenössische <strong>Mode</strong> so<br />

gut verstanden wie Nicola Formichetti.<br />

REI<br />

KAWAKUBO<br />

<br />

und Literatur in Tokio studierte, begann<br />

<br />

gründete sie mit Comme des Garçons ihr<br />

eigenes Label. Kawakubo macht es sich<br />

etten<br />

mit neuen Formvariationen zu<br />

durchbrechen. Ihre erste Show in Paris,<br />

1981, galt als Skandal. Dabei war sie die<br />

Erste, die den „Fetzenlook“ salonfähig<br />

machte, indem sie den Outftis unsaubere<br />

-<br />

<br />

-<br />

<br />

- no -<br />

126<br />

- no -<br />

LUIS VENEGAS<br />

128<br />

Er gehört zu der Sorte kreativer Menschen,<br />

in deren Notizbücher man gerne<br />

mal blättern wollen würde. Luis Venegas<br />

ist Redakteur und Herausgeber von<br />

<br />

<br />

X-Men Comix zurückgeht), EY!Megateen<br />

und Candy. Letzteres beschäftigt sich vor<br />

allem mit der Darstellung von Transsexu-<br />

<br />

trägen<br />

renommierter Fotografen wie Bruce<br />

Weber, Terry Richardson, Larry Clark<br />

und vielen anderen. Jeder will ein <strong>Teil</strong><br />

kationen<br />

von Venegas sein. Sein erstes<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

te<br />

er bei seinen jetzigen Projekten nicht<br />

mehr haben.<br />

122<br />

123


Illustration: Katrin Funke, Text: Wäis Kiani<br />

ALEXA<br />

CHUNG<br />

Manche Promis sind berühmt und<br />

man weiß nicht, warum. Auch das<br />

englische Vorzeige-It-Girl Alexa<br />

Chung passt in diese Kategorie.<br />

Unterm Strich nicht mehr als ein<br />

talentloser Kleiderbügel, scheint ihre<br />

einzige Fähigkeit darin zu bestehen,<br />

die richtigen Klamotten zu tragen und<br />

mit hippen Boyfriends anzubändeln.<br />

gleichsweise<br />

harmlos, sorgt dennoch für<br />

viel zu viel Verdruss, obwohl sie eigentlich<br />

nichts tut außer herumzustehen, um ihre<br />

sehr coolen Klamotten zu zeigen und mit<br />

immer gleicher Miene in die Kameras zu<br />

<br />

britische It-Girl, das noch weniger leistete<br />

als die untalentierte Sienna Miller, aber<br />

-<br />

reitet<br />

es mir Wollust, das sonst aus meinem<br />

Wortschatz verbannte Wort hier öffentlich<br />

auf der Zunge zergehen zu lassen: IT-GIRL.)<br />

<br />

schlimm wie Heidekönigin von irgendeinem<br />

Kaff zu sein. Dennoch kultiviert die<br />

<br />

ein It-Girl leisten muss: Das vollkommen<br />

<br />

Mulberry hat eine Tasche nach ihr benannt,<br />

die zu einem Bestseller wurde. Vogue, Elle<br />

<br />

dem Cover. Karl Lagerfeld verliebte sich in<br />

<br />

deswegen in der ersten Reihe. Ihre besten<br />

Freundinnen sind Promi-Kids und endlos<br />

viele Designer bezahlen sie, damit sie ihre<br />

Sachen anzieht. Das High Street Label New<br />

Look ließ sie unter ihrem Namen eine miese<br />

Kollektion entwerfen, nachdem sich alle<br />

<br />

gar<br />

so schnell verkauft, dass die Webseite<br />

des Labels zusammenbrach. Natürlich ist<br />

sie, wie es sich für ein It-Girl gehört, nur mit<br />

It-Boys zusammen, um auch in der Jungs-<br />

<br />

<br />

<br />

130<br />

- no -<br />

ANTIFRÄULEIN<br />

Strokes sein Nachfolger. Wegen ihm ist sie<br />

<br />

bleiben bislang unbeeindruckt. Der It-Girl<br />

Markt ist dort anscheinend schon übersät-<br />

<br />

echte <strong>Mode</strong>ratorin zu werden, scheitert gerade.<br />

2009 hatte sie es schon mal versucht,<br />

ihre MTV-Sendung, wurde nach sechs Mo-<br />

<br />

<br />

men“<br />

sagte sie. Wir glauben, sie hat keine<br />

<br />

Ihre neue US-Show „24-Hour Catwalk“, ist<br />

eine lahme Sendung in der vier Nachwuchsdesigner<br />

in 24 Stunden eine Kollektion erstellen<br />

und sich von einer Jury bewerten<br />

lassen müssen. Nach Durchbruch sieht<br />

auch das nicht aus. Selbst die sonst so lobhudelnden<br />

Medien in ihrer Heimat lästern<br />

über sie. Es ist an der Zeit zu erkennen,<br />

dass sie nicht mehr ist als ein kaum talentiertes,<br />

mittelhübsches Chick, die zur rechten<br />

Zeit am rechten Ort war und in den<br />

von Stylisten für sie zusammengestellten<br />

Looks, die sich alle Mädchen weltweit wünschen<br />

und nicht bezahlen können, ganz cool<br />

<br />

Style. Sie wird, so wie auch Sarah Jessica<br />

<br />

Wenn sie vor einem unerkannt in einer Kinoschlange<br />

in Hackney steht, sieht sie aus<br />

wie eine Million Middleclass Engländerinnen<br />

auch. Sie ist aber schuld, dass der Bubikragen<br />

so weit in den Mainstream vordrang,<br />

dass ihn jetzt jede Yoga-Lehrerin<br />

trägt. Man kann ihr deswegen nicht unbedingt<br />

dankbar sein, und die Idee, Chanel<br />

Nehmt Alexa die Klamotten und es bleibt: nichts.<br />

mit ungekämmten Haaren streetsmarte<br />

<br />

<br />

ist auch nicht gerade beeindruckend. Nehmt<br />

<br />

„Ich denke, es ist an der Zeit, dass Frauen<br />

nicht nach ihrem Äußeren beurteilt werden,<br />

sondern mehr nach ihrem Intellekt“, sagte<br />

sie Fashionista.com. Ihr Wunsch ist uns<br />

Befehl.<br />

ALEXA CHUNG<br />

<br />

entdeckt. Sie arbeitete als Fernsehmoderatorin<br />

<br />

moderierte sie ihre eigene Sendung auf MTV –<br />

allerdings nur für wenige Monate.<br />

124


Als <strong>Mode</strong>l wurde Hannah Cohen von<br />

Terry Richardson, Richard Prince oder<br />

Ryan McGinley fotografiert. Als Sängerin<br />

hat die 26-Jährige gerade ihr erstes<br />

Album veröffentlicht. Wir haben die<br />

New Yorkerin für unsere Rubrik<br />

„Das trag’ ich für die Ewigkeit“ gefragt,<br />

womit sie am liebsten beerdigt werden<br />

möchte. Hannah Cohen wählte<br />

ein Kleid aus den dreißiger<br />

Jahren und erzählte uns, wie sie sich<br />

ihren Tod vorstellt.<br />

− no −<br />

131<br />

Foto: Hannah Cohen, Protokoll: David Torcasso<br />

HANNAH<br />

COHEN<br />

DAS TRAG’ ICH<br />

FÜR DIE<br />

EWIGKEIT<br />

Ich habe mich im vergangenen Jahr oft mit<br />

dem Thema Tod beschäftigt. Im Februar ist<br />

ein guter Freund gestorben. Ich habe viel<br />

Zeit mit seiner Frau verbracht und mit ihr<br />

<br />

alt. Das ist sehr traurig – aber ich bin dankbar<br />

für die Zeit, die ich mit ihm verbringen<br />

durfte. Manchmal bin ich gelassen gegenüber<br />

dem Tod, manchmal macht mir die<br />

<br />

<br />

leben nach dem Tod weiter, vielleicht in ei-<br />

<br />

einfach die Lichter ausgehen und Schluss<br />

ist. Ich bin kürzlich mit einer Freundin von<br />

<br />

„Mach dir keine Sorgen. Wir werden nicht<br />

bei einem Flugzeugabsturz sterben. Das haben<br />

wir nicht verdient.“ Ich denke, ich werde<br />

im Schlaf sterben. Ganz friedlich, natür-<br />

<br />

Viele meiner Freunde und Verwandten sind<br />

Musiker und teilweise früh an Krebs oder<br />

zessives<br />

Leben geführt haben. Mein Vater<br />

hat viel Zeit mit ihnen im Krankenhaus ver-<br />

<br />

auszog, in New York als <strong>Mode</strong>l arbeitete,<br />

<br />

irgendwann realisiert, dass die Kerze bei<br />

diesem Lifestyle relativ rasch runterbrennt.<br />

<br />

nicht für dieses „live fast, die young“-Ding,<br />

das man Musikern gerne zuschreibt.<br />

Ich beschäftige mich auch in meinen Songs<br />

mit dem Tod – aber nicht nur mit dem Tod<br />

als Ende des Lebens, sondern auch etwa<br />

mit dem Tod von Beziehungen. Das Ende<br />

der Liebe kann wie ein „kleiner Tod“ sein.<br />

Ich hatte letzten Sommer großen Liebeskummer.<br />

Ich habe Trauer und Schmerz<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

„Ich bin in das Kleid so verliebt, dass ich es gerne in<br />

meinem Grab tragen würde.”<br />

<br />

amüsant. Und habe mir mit 26 Jahren auch<br />

noch keine großen Gedanken darüber ge-<br />

<br />

genstände<br />

aufbewahren. Ich habe einen<br />

kleinen Schrein in meinem Zimmer über ei-<br />

-<br />

cessoires,<br />

Souvenirs, Geschenke, Bücher<br />

etc. Meine Schwester lebt in London, meine<br />

Eltern in San Francisco, ich in New York.<br />

<br />

mich an sie erinnern. Nicht nur Fotos, sondern<br />

auch Dinge, die ihnen gehören oder sie<br />

mir geschenkt haben. Die Mutter von meinem<br />

Produzenten hat mir vor einigen Monaten<br />

ein wunderschönes Kleid geschenkt.<br />

Ich trage es auf dem Foto, dass ich ihnen geschickt<br />

habe. Es ist von der Mutter ihres<br />

<br />

nicht nur schön, sondern trägt auch eine<br />

Geschichte in sich. Ich trage es nur zu be-<br />

burtstag.<br />

Ich bin in das Kleid so verliebt,<br />

dass ich es gerne in meinem Grab tragen<br />

würde.<br />

Ich möchte auch, dass an meinem Begräbnis<br />

coole Musik, vielleicht von James<br />

so<br />

wünschen, dass die Leute an meinem<br />

Begräbnis eine Party machen. Nicht weil sie<br />

sich freuen, dass ich gegangen bin, sondern<br />

weil das Weinen und Trauern nicht in meinem<br />

Sinne ist. Die Gäste meiner Beerdigung<br />

<br />

verabschieden. Meine Familie und Freunde<br />

sollten fröhlich, nicht traurig sein, wenn sie<br />

das letzte Mal mit mir „zusammen“ sind.<br />

<br />

erzählte mir, wie sie dort ein Begräbnis ver-<br />

<br />

verbrannt, dann versammelt sich die Familie<br />

in einem Kreis um die Urne, essen Bohnen<br />

und verabschieden sich so von dem Toten.<br />

Das ist ein sehr schöner Weg. Ich hoffe<br />

auch, dass das letzte Essen vor meinem<br />

Tod ein besonders gutes sein wird. Weil ich<br />

mag gutes Essen.<br />

Die traditionelle Totenzeremonie in der<br />

<br />

keinen Sinn mehr. Ein Priester, der dich<br />

<br />

seltsam. Das sollten nur deine Freunde tun.<br />

Ich habe aber noch genug Zeit zu entscheiden,<br />

ob ich mich verbrennen lassen oder in<br />

einem Sarg begraben werden soll. Verbren-<br />

<br />

ausstreuen ist irgendwie auch eine schöne<br />

Vorstellung. Falls ich begraben werde, sollen<br />

mein Grabstein mit einem schönen<br />

ne<br />

eine Familie und Kinder haben. Die sollten<br />

das tun, weil sie mich kennen. Vielleicht<br />

wird es aber auch eine Textzeile aus meinen<br />

Songs sein. Wobei das ist noch zu früh jetzt.<br />

Meine besten Songs habe ich noch nicht<br />

geschrieben.<br />

HANNAH COHEN<br />

Francisco nach New York und arbeitet dort als<br />

<strong>Mode</strong>l. Nebenbei brachte sie sich das Gitarre-<br />

<br />

<br />

127


IMPRESSUM<br />

<strong>Fräulein</strong> ist eine<br />

Off One’s Rocker Ltd. Produktion<br />

mit Redaktionssitz:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

www.fraeulein-magazin.com<br />

CHEFREDAKTEUR UND KREATIVDIREKTOR<br />

V.i.S.d.P.<br />

Götz Offergeld<br />

Das Navigationssystem<br />

für die Zukunft<br />

Wer bekommt die Seltenen Erden aus China? Was<br />

machen die Neonazis in Europa? Welche Folgen<br />

hat der Landraub für Afrika? Wie verändert der<br />

Drogenkrieg die Staaten Mittelamerikas? Antworten<br />

auf diese und alle anderen wichtigen Fragen von<br />

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Großformatiges Paperback 14 €, ISBN 978-3-937683-38-6<br />

* Kostenfreier Versand im Inland<br />

ART-DIREKTION<br />

Barbara Krimm, StudioKrimm<br />

REDAKTION<br />

STELLVERTRETENDER CHEFREDAKTEUR<br />

Hendrik Lakeberg<br />

MODE / STIL<br />

Lisa Leinen<br />

BEAUTY<br />

Lisa Leinen<br />

TEXTCHEF<br />

Eckart Eisenblätter<br />

ASSISTENZ DER CHEFREDAKTION<br />

<br />

GRAFIK DEPARTMENT<br />

Robin John Berwing<br />

POST PRODUCTION<br />

Malte Rettberg, Linda Sinewe<br />

FOTOGRAFEN<br />

<br />

Debora Mittelstaedt, Matthias Ziegler, Christian<br />

Hagemann, Zelinda Zanichelli, Hadley Hudson,<br />

Randall Bachner, David Fischer, Irina Gavrich,<br />

Jean-Francois Carly, Kristin Loschert,<br />

Collier Schorr<br />

ILLUSTRATOREN<br />

<br />

AUTOREN<br />

<br />

Vicki Woods, Mareike Nieberding, Sally Fuls,<br />

<br />

<br />

Marcel Malachowski, Wäis Kiani, Doris Hardt<br />

VERLAG<br />

Off Ones Rocker Publishing Ltd.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Geschäftsführer: Hannes von Matthey<br />

Herausgeber: Götz Offergeld<br />

Verlagsleitung: Katharina Kuhn<br />

<br />

<br />

PRESSEKONTAKT<br />

Pauline Hoch<br />

<br />

VERTRIEB<br />

BPV Medien Vertrieb GmbH & Co. KG<br />

Römerstr. 90<br />

79618 Rheinfelden<br />

<br />

DRUCKEREI<br />

Dierichs Druck+Media GmbH & Co. KG<br />

Frankfurter Str. 168<br />

<br />

www.ddm.de<br />

COVER<br />

Foto: Randall Bachner<br />

FRÄULEIN-SCHRIFTZUG<br />

Kasia Mars<br />

Besonderer Dank an<br />

Jan-Nico Meyer<br />

ANZEIGENVERKAUF:<br />

<br />

Niedersachsen)<br />

Dirk Struwe, Medienvermarktung e.K.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Vereinsstr. 20, 41472 Neuss<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Palais Kronberg, Frankfurter Str. 111,<br />

61476 Kronberg<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Bruno Marrenbach, MMS Marrenbach<br />

Medien-Service<br />

Lachenmeyerstr. 25, 81827 München<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

JB Media surl, Jeffrey Byrnes<br />

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Willkommen im<br />

globalen Finanzkasino<br />

Es begann mit der Deregulierung der Finanzmärkte.<br />

Die Konzentration des Reichtums und die Spekulation<br />

nahmen wahnwitzige Formen an. Am Ende<br />

müssen Millionen von Menschen in Nord und Süd<br />

die Zeche zahlen.<br />

Mit Beiträgen von Elmar Altvater, Nicola Liebert, Ulrike<br />

Herrmann, David Graeber, Slavoj Žižek u.a. – und einem<br />

Glossar der wichtigsten Begriffe aus der Welt der Banker<br />

und Finanzjongleure.<br />

broschiert, 112 Seiten, 8,50 €<br />

ISBN 978-3-937683-36-2<br />

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Le Monde diplomatique<br />

PF 61 02 29<br />

10923 Berlin<br />

T (030) 25 90 21 38<br />

F (030) 25 90 25 38<br />

www.monde-diplomatique.de


SACHEN GIBT’S<br />

In der letzten Ausgabe haben wir<br />

die Kleidungsstücke vorgeschlagen,<br />

die jede Frau im Schrank<br />

haben sollte. Diesmal wollen wir<br />

das Gleiche für die Männer tun. Die<br />

Grundregel bleibt gleich: Lieber auf<br />

einzelne all time favorit-<strong>Teil</strong>e sparen<br />

und sie immer wieder mit<br />

gutem<br />

Gefühl neu tragen und kombinieren.<br />

Dreiteiliger Anzug<br />

<br />

kommen, auch nächstes Jahr. Mit einem<br />

-<br />

<br />

dem Kauf noch bei einem Schneider der<br />

<br />

<br />

Hosen leicht zu kurz.<br />

bunte socken<br />

Dunkle Jeans und schwarze Schuhe und dazwischen<br />

blitzt eine gestreifte Socke hervor.<br />

Je bunter, desto besser. Besonders schöne<br />

<br />

GRAUES SWEATSHIRT<br />

Was gibt es Besseres, als am Wochenende<br />

einfach ein bequemes Sweatshirt überzuziehen,<br />

mit dem man sich sowohl auf der<br />

-<br />

<br />

hält warm.<br />

WEISSES HEMD<br />

tung<br />

geschafft hat, muss wohl nicht mehr<br />

geklärt werden. Passt immer. Die schönsten<br />

gibt es von Hermès und Thom Browne<br />

<br />

chino<br />

<br />

Jeans! Egal ob in Beige, Kaki, Schwarz oder<br />

Blau. Vorsicht mit knallbunten Farben.<br />

<br />

und wohl kombiniert sein.<br />

UHR<br />

<br />

<br />

<br />

– NO –<br />

132<br />

Strickjacke<br />

Egal ob übers Hemd oder T-Shirt, wer Car-<br />

<br />

<br />

Klassische Jeans<br />

<br />

Levi’s oder Lee. Wichtig ist nur: Eine Jeans<br />

<br />

WEISSES T-SHIRT<br />

Darf nicht im Kleiderschrank fehlen! Im<br />

besten Falle hat man gleich mehrere zur<br />

Hand, denn ja: Weiße T-Shirts kann man<br />

auch jeden Tag tragen.<br />

Converse Jack<br />

Purcell<br />

Der verkannte all time favorit-Sneaker!<br />

KASCHMIRMANTEL<br />

<br />

immer kühler. Das wenige, was wirklich<br />

wärmt, sind Daunen und Kaschmir.<br />

Portemonnaie<br />

<br />

für Ihn. Da er es im besten Falle mit sich<br />

trägt, sollte es aus einem besonderen Mate-<br />

<br />

schlicht, elegant und vor allem funktional<br />

sein.<br />

Bomberjacke<br />

en<br />

eine Bomberjacke ans Herz gelegt.<br />

Selbstredend tun wir das auch hier. Und<br />

ja, wir verweisen wieder auf die guten Stücke<br />

von Maharishi.<br />

Feuerzeug<br />

Kommt einfach gut, wenn man statt Plastik-<br />

<br />

edles Feuerzeug reichen kann.<br />

PENNYLOAFERS<br />

<br />

man sie bezeichnen mag, sie gehören in den<br />

Schuhschrank jedes Mannes.<br />

130

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