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FLUGZEUG CLASSIC Erich Hartmann (Vorschau)

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6<br />

DAS MAGAZIN FÜR LUFTFAHRT, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER<br />

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Schweden SKR 89,00<br />

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Juni 2013<br />

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Boeing B-29 »Superfortress« | Supermarine Spitfire | Heinkel He 111 Z<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />

Die frühen Jahre des erfolgreichsten<br />

Jagdfliegers aller Zeiten<br />

Lockheed P-38 am Meeresgrund<br />

■ Avro Lancaster<br />

Erfolgreich in Zivil<br />

Ein Wrack gibt sein Geheimnis preis<br />

■ Tudor-Absturz<br />

Avros schwarzer Tag<br />

Messerschmitt Me 264<br />

Mythos »Amerika-<br />

Bomber«<br />

■ Horten H IV<br />

Nurflügler nachgebaut!


Schlachten, Technik,<br />

Feldherren<br />

Das neue Heft ist da.<br />

Jetzt am Kiosk!<br />

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Editorial<br />

Nachhilfe-Unterricht<br />

Er hat vermutlich die meisten Bf-109-Typen geflogen,<br />

die es weltweit gibt, und hat höchstwahrscheinlich<br />

auch die meisten Stunden auf<br />

diesem Muster in seinem Flugbuch stehen. Nein, die<br />

Rede ist nicht von <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong>, sondern von Walter<br />

Eichhorn. Kein lebender Pilot saß so oft im Cockpit<br />

der »109« wie der Ex-Lufthansa-Kapitän und Airshow-Pilot.<br />

In diesem Heft treffen sich Eichhorn und<br />

<strong>Hartmann</strong> wieder: Der eine auf Seite 6 in einer Unfallmeldung,<br />

der andere in unserer Titelgeschichte, in<br />

der wir die frühen Jahre des späteren Jagdflieger-As-<br />

ses erzählen. Was viele nicht wissen: Beide verband<br />

eine Lehrer-Schüler-Beziehung. Als ich vor vielen<br />

Jahren Walter Eichhorn in seinem Zuhause in Bad<br />

Camberg besuchte, sah ich dort ein Bild an der Wand,<br />

das die beiden beim Bf-109-»Theorie-Unterricht«<br />

zeigt. Eichhorn erzählte mir damals, wie er sich bei<br />

dem ehemaligen Jagdflieger wertvolle Tipps für seine<br />

Flüge auf den Traditionsflugzeugen der Messerschmitt<br />

Stiftung holte. Wie <strong>Hartmann</strong>s eigene Bekanntschaft<br />

mit der Bf 109 wiederum aussah, erfahren<br />

Sie, liebe Leser, ab Seite 14.<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />

als Flugschüler<br />

Foto Sammlung P. Cronauer<br />

Zu den Mythen des Zweiten Weltkriegs gehört<br />

ohne Zweifel das Thema »Amerikabomber«.<br />

War es nur eine Blaupause übereifriger<br />

Ingenieure, die ohnehin keine<br />

Chance besaß, jemals umgesetzt zu werden,<br />

oder verhinderte nur das Kriegsende Bombenangriffe<br />

auf New York? Herbert Ringlstetter<br />

stellt ab Seite 36 ein außergewöhnliches<br />

Projekt vor und gibt verblüffende Antworten<br />

auf diese Fragen.<br />

Fragen warfen auch die beiden P-38 Lightning<br />

auf, die Taucher vor der französischen<br />

Mittelmeerküste entdeckt haben. Wer hat sie<br />

geflogen und vor allem: Was führte zu ihrem<br />

Absturz? Flugzeug-Wracks sind nämlich bedeutend<br />

mehr als ein Haufen Altmetall, sie<br />

sind erzählte Geschichte! Sehen Sie selbst,<br />

ab Seite 52.<br />

Viel Lesevergnügen mit der neuesten<br />

Ausgabe von <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong>!<br />

Markus Wunderlich,<br />

Chefredakteur<br />

Markus Wunderlich<br />

Wir stellen vor<br />

Peter Cronauer ist seit früher<br />

Jugend mit dem »Fliegervirus«<br />

infiziert. Er schreibt<br />

seit Jahren über Luftfahrt-,<br />

Technik- und jüngere Zeitgeschichte<br />

für Film- und<br />

Printmedien im In- und Ausland.<br />

Unter anderem war er Chefredakteur<br />

der Zeitschrift »JET & PROP«, bei der »Traditionsgemeinschaft<br />

JG 52« fungiert er als<br />

»2. Historiker« – und hat somit eine ideale<br />

Quellenlage, wenn es um ehemalige Geschwaderangehörige<br />

wie den ehemaligen<br />

Jagdflieger <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> geht.<br />

Wolfgang Mühlbauer ist seit<br />

frühester Kindheit von allem<br />

fasziniert, das starre Flügel<br />

hat. Waren es früher vorwiegend<br />

einzelne Flugzeugtypen,<br />

sind inzwischen die Fragen<br />

nach dem »Wie« und<br />

»Warum die Dinge so kommen mussten, wie<br />

sie kamen« in den Vordergrund gerückt. Er<br />

liebt die kleinen menschlichen Details oder die<br />

Anekdoten, die sich um Flugzeuge und ihre<br />

Schöpfer ranken. Seit 1998 ist er im unternehmensgeschichtlichen<br />

Kommuniktaionsbereich<br />

eines Luft- und Raumfahrtkonzerns tätig.<br />

Herbert Ringlstetter arbeitet<br />

als freier Autor, Grafiker und<br />

Künstler mit Schwerpunkt<br />

auf der historischen Luftfahrt,<br />

insbesondere der<br />

1930er- und 1940er-Jahre, die<br />

ihn schon als Kind magisch<br />

anzog. Seit seinem 21. Lebensjahr ist er Privatpilot,<br />

die Fliegerei beschäftigt ihn also nicht<br />

nur theoretisch. Seine Serie »Typengeschichte«<br />

hat seit 2002 einen festen Platz in <strong>FLUGZEUG</strong><br />

<strong>CLASSIC</strong>. Die Farbzeichnungen sind stetige<br />

Begleiter seiner Artikel; inzwischen schmücken<br />

sie auch andere Beiträge im Heft.<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

3


INHALT <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 06-13<br />

14<br />

als<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> war der erfolgreichste Jagdflieger aller Zeiten.<br />

Schon als Flugschüler zeigte er eine besondere Begabung,<br />

er in der Bf 109 D Platz nahm<br />

ZEITGESCHICHTE<br />

Die frühen Jahre des Jagdflieger-Asses<br />

TITELTHEMA<br />

Nicht vom Himmel gefallen … . . . . . . . . . . . 14<br />

… ist <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> gleich in zweifacher Hinsicht:<br />

Abgestürzt ist er als Jagdflieger nicht, doch auch er<br />

hatte zu Beginn noch viel zu lernen!<br />

TECHNIK – AVRO LANCASTER TEIL 3<br />

Lebensabend als Transporter und Seeaufklärer<br />

Frontschwein wird Lückenbüßer . . . . . . . . . . 22<br />

Kaum war der Krieg aus, wusste man nicht, wohin<br />

mit der alten Lancaster. Welchen Zweck konnte<br />

der bewährte Haudegen im Frieden erfüllen?<br />

OLDTIMER<br />

Spitfire der Battle of Britain Memorial Flight<br />

Die ewige Heldin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

Gelebter Technik-Patriotismus: Eine Spitfire Mk XVI<br />

wurde aufwendig restauriert, um die Rolle der RAF<br />

im Zweiten Weltkrieg zu betonen.<br />

TITELTHEMA<br />

TECHNIK – TYPENGESCHICHTE<br />

Messerschmitt Me 264: Aufklärer und Bomber – Teil 1<br />

Der »Amerikabomber« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

… war eines der ehrgeizigsten Projekte der deutschen<br />

Luftwaffe. Entgingen die USA nur knapp verheerenden<br />

Luftangriffen?<br />

TECHNIK – COCKPIT<br />

Das Schleppflugzeug Heinkel He 111 Z<br />

Heinkel im Doppelpack . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

Aus zwei mach eins: Heinkels kurioses Zwillings-Flugzeug<br />

setzte eine ausgefeilte Instrumentierung voraus.<br />

Seit Jahrzehnten kämpft<br />

die Spitfire TE311<br />

bereits an der Werbefront! 30<br />

Die Umfrage auf www.flugzeug-classic.de – Sie haben abgestimmt:<br />

Der Testflug einer<br />

Avro Tudor 2 endete am<br />

23. August 1947 kurz<br />

nach dem Start in einer<br />

Katastrophe – die Führungsriege<br />

von Avro kam dabei um.<br />

Historische Flugunfälle ...<br />

Besuchen Sie unsere Website und machen Sie bei der aktuellen Umfrage mit!<br />

78,2 %<br />

... sind technisch interessant, wenn man sieht, wie sich die Ursachen im Vergleich zu heute verändert haben.<br />

15,6 %<br />

... stellen ungeachtet der Ursache dramatischen Lesestoff voller Spannung dar.<br />

6,2 %<br />

... wurden leider nicht so penibel untersucht, wie es die heutigen Methoden zulassen.<br />

4


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Der<br />

Luftkrieg<br />

1939–1945<br />

»Unternehmen Zitadelle«<br />

Nach dem Krieg sollte die Lancaster auch als Passagier-Maschine<br />

22 eingesetzt werden. Hier eine »Lancastrian« mit Strahltriebwerken<br />

SERIE<br />

Kampf um die Lufthoheit bei Kursk<br />

»Unternehmen Zitadelle« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

Im Sommer 1943 entbrannte bei Kursk eine mörderische<br />

Materialschlacht, die auch in der Luft ausgetragen<br />

wurde. Gelang es der Luftwaffe, den Himmel<br />

im Osten 1943 noch einmal zu beherrschen?<br />

TITELTHEMA<br />

OLDTIMER<br />

Taucherfund im Mittelmeer: P-38 »Lightning«<br />

Stummer Zeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

Heute liegt die P-38 friedlich auf dem Grund des<br />

Meeres. Doch ihrer letzten Ruhe ging ein hochdramatischer<br />

Luftkampf an Frankreichs Küste voraus!<br />

ZEITGESCHICHTE<br />

Avro Tudor<br />

Das Kreuz mit den Steuerseilen . . . . . . . . . 66<br />

Es war ein scheinbar winziges Missgeschick, doch<br />

es verursachte den katastrophalen Absturz einer<br />

Testmaschine. Mit an Bord: die Führungsriege des<br />

Herstellers.<br />

Das »Unternehmen Zitadelle« soll das Blatt wenden. Mit einer ge-<br />

46 waltigen Anstrengung versucht die Luftwaffe, ihren Teil beizutragen<br />

OLDTIMER<br />

Hortens legendärer Nurflügler<br />

Nur Flügel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

Hortens Gleiter gehören ohne Zweifel zu den faszinierendsden<br />

Fluggeräten der klassischen Luftfahrt.<br />

Einem hessischen Verein ist es nun gelungen, die<br />

Horten IV nachzubauen!<br />

LESERALBUM<br />

Erschütternde Bilder des Luftkrieges<br />

Bomben und Trümmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />

Den Bildern dieser Alben fehlen die Beschriftungen,<br />

dennoch schaffen sie es, beim Betrachter einen zutiefst<br />

bewegenden Eindruck zu hinterlassen.<br />

66<br />

Passagier-Flugzeug mit Bomber-Genen:<br />

Avro Tudor<br />

Flugzeuge in dieser Ausgabe<br />

Avro Lancaster .................. 22<br />

Avro Tudor......................... 66<br />

Beechcraft D-185 ............. 10<br />

Boeing B-17........................ 9<br />

Boeing B-29........................ 9<br />

Focke-Wulf Fw 190............. 48<br />

Gotha Go 145 ................... 74<br />

Heinkel He 111................. 77<br />

Henschel Hs 129 ............. 49<br />

Jakowlew Jak-9.................. 49<br />

Junkers Ju 87.............. 47, 74<br />

Lawotschkin La-5............... 49<br />

Lockheed P-38 ...................52<br />

McDonnell F-4F Phantom .....10<br />

Messerschmitt Bf 109 ....... 14<br />

Messerschmitt Me 264.......36<br />

North American P-51...........12<br />

Petljakow Pe-2....................49<br />

Republic P-47.......................8<br />

Supermarine Spitfire ...........30<br />

RUBRIKEN<br />

Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />

Bild des Monats. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Panorama . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

Background. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

Modellbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

Termine/Museumstipp/Bücher . . . . . 64<br />

Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />

<strong>Vorschau</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />

6<br />

Boeing B-29 »Superfortress« | Supermarine Spitfire | Heinkel He 111 Z<br />

DAS MAGAZIN FÜR LUFTFAHRT, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />

Die frühen Jahre des erfolgreichsten<br />

Jagdfliegers aller Zeiten<br />

Lockheed P-38 am Meeresgrund<br />

Ein Wrack gibt sein Geheimnis preis<br />

■ Avro Lancaster<br />

Erfolgreich in Zivil<br />

■ Tudor-Absturz<br />

Avros schwarzer Tag<br />

■ Horten H IV<br />

Nurflügler nachgebaut!<br />

TITELBILD<br />

Bf 109: H. Ringlstetter<br />

<strong>Hartmann</strong>: H. Ringlstetter<br />

P-38: Séverine Bär, Profil:<br />

Juanita Franzi<br />

Me 264: H. Ringlstetter<br />

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Mythos »Amerika-<br />

Bomber«<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

5


BILD DES MONATS<br />

»Das Phantom« der Luftwaffe<br />

Auf Kurzbesuch in Neuburg war diese F-4F<br />

Phantom II des JG 71 »Richthofen« aus Wittmund.<br />

Geflogen von Oberleutnant Alexander<br />

Pfeiffer, begleitete diese sonderbemalte<br />

Phantom im »Retrolook« des Tarnschemas<br />

»Norm 72« den letzten Flug des Neuburger<br />

Kommodore Oberst Andreas Pfeiffer. Gleichzeitig<br />

sorgte das trübe Wetter in Verbindung<br />

mit der Phantom, die in ihrem Aussehen an<br />

eine fabrikneue F-4F aus den 1970er-Jahren<br />

erinnert, dafür, dass man sich um Jahrzehnte<br />

zurückversetzt fühlte.<br />

Das bemerkenswerte Schauspiel ließ<br />

bei den Beteiligten allerdings auch Wehmut<br />

aufkommen, denn die Sonderbemalung ist<br />

dem Umstand geschuldet, dass die F-4F<br />

Phantom II der Luftwaffe im Juni außer<br />

Dienst gestellt werden (siehe auch Panorama,<br />

Seite 10).<br />

Text und Foto Andreas Zeitler<br />

6


<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

7


PANORAMA<br />

■ DUXFORD AIRSHOW<br />

Legendäre<br />

»Warbirds«<br />

in Formation!<br />

Mit einem Formationsflug wird die »Eagle Squadron«<br />

am Sonntag, den 26. Mai 2013, während<br />

der Duxford-Frühjahrs-Luftschau des Imperial War<br />

Museum zu sehen sein. Die Formation besteht mit der<br />

Hurricane, der Spitfire, der Thunderbolt und der Mustang<br />

aus vier der erfolgreichsten alliierten Flugzeugmuster.<br />

Die »Adlerstaffel« gedenkt damit der Ankunft<br />

der US-Luftwaffe (USAAF) auf der RAF-Basis Duxford<br />

vor 70 Jahren.<br />

Stefan Krüger ■<br />

Hier sind Nerven aus Stahl gefragt:<br />

Die Thunderbolt der »Adlerstaffel«<br />

beim Kunstflug Foto John Dibbs<br />

Vor 70 Jahren: Frisch eingetroffene US-Piloten verpassen<br />

einem britischen Kameraden das Wappen der<br />

Eagle Squadron<br />

Foto IWM Duxford<br />

■ HA-1112-M1L<br />

Buchón verunglückt<br />

Herber Schlag für die deutsche Warbirdszene:<br />

Am 19. April wurde die HA-1112-<br />

M1L Buchón der Air Fighter Academy, Hangar<br />

10, auf Usedom bei einem Rollunfall<br />

schwer beschädigt. Am Steuer saß Walter<br />

Eichhorn. Propeller und Motor sind massiv in<br />

Mitleidenschaft gezogen. In den kommenden<br />

Wochen wird über das weitere Schicksal des<br />

Flugzeugs entschieden. Die Bundesstelle für<br />

Flugunfalluntersuchungen hat ihre Arbeit<br />

aufgenommen.<br />

Markus Wunderlich ■<br />

Eines der Glanzstücke der Air Fighter<br />

Academy, die Buchón, in authentischer<br />

Luftwaffenbemalung, ist wohl Geschichte<br />

Foto Air Fighter Academy<br />

8


Die TBM Avenger von Lieutenant Lupo war an den Angriffen auf das japanische<br />

Schlachtschiff Yamato beteiligt. Nachdem Lupo seine Torpedos<br />

verschossen hatte, warf er eine leere Cola-Flasche auf das Schiff ...<br />

■ NATIONAL WWII MUSEUM<br />

»Kaktus-Geschwader«<br />

und »Cola-Bomber«<br />

A<br />

m<br />

»Hängt auch nur rum«: die SBD-3 Dauntless<br />

Stiehlt allen anderen die Schau: die B-17E »My Gal Sal«<br />

12. Januar 2013 hat das National WWII<br />

Museum in New Orleans sein neues<br />

Boeing Center eröffnet. Es soll zur Erinnerung<br />

an die Amerikaner dienen, die am Krieg beteiligt<br />

waren. Der Luftkrieg wird durch eine<br />

Reihe von Flugzeugikonen repräsentiert.<br />

Unter den Exponaten sticht die B-17E »My<br />

Gal Sal« mit der Baunummer 41-9032 hervor,<br />

die im Juni 1942 auf dem Flug nach England<br />

bei schlechtem Wetter auf der grönländischen<br />

Eiskappe bruchlandete. Das Wrack wurde<br />

1995 geborgen. Die Restaurierung begann im<br />

Jahr 2000 in Cincinnati und machte mehr als<br />

80 000 Arbeitsstunden erforderlich, bevor das<br />

Flugzeug dem Museum gestiftet wurde.<br />

Ein zweites herausragendes Ausstellungsstück<br />

ist die SBD-3 Dauntless mit der Werknummer<br />

06508. Es handelt sich bei ihr um einen<br />

Einsatzveteranen aus der Schlacht um<br />

Guadalcanal, der als Teil der »Cactus Air Force«<br />

von Henderson Field aus von den Marine<br />

Scout Bombing Squadrons (VMSB) 141 und<br />

132 eingesetzt wurde. Danach tat sie auf dem<br />

Flugzeugträger USS Enterprise bei der Bombing<br />

Squadron (VB) 10 Dienst. Der Sturzbomber<br />

war später einer von vielen, die bei<br />

der Pilotenschulung auf dem Michigansee<br />

verloren gingen. Er wurde 1990 von der Firma<br />

A&T Recovery geborgen. Die Dauntless<br />

ist eine Langzeit-Leihgabe vom National Naval<br />

Museum of Aviation.<br />

Auch die TBM-3E Avenger mit der Baunummer<br />

69374 dient dem Gedenken an den<br />

Pazifik-Krieg. Sie wurde im Februar 1945 in<br />

Dienst gestellt und im Januar 1956 ausgemustert.<br />

Später war sie einige Zeit im USS<br />

Midway Museum ausgestellt. Der Torpedobomber<br />

stellt im Boeing Center die Maschine<br />

von Lieutenant (junior grade) Thomas C.<br />

Lupo während der Luft- und Seeschlacht im<br />

Golf von Leyte dar.<br />

Dave McDonald ■<br />

■ SIKORSKY S-38<br />

Heia Safari!<br />

Vor Kurzem machte Kermit Weeks einen<br />

Überraschungsbesuch im niederländischen<br />

Aviodrome, um den Transport ihrer<br />

Sikorsky S-38 »Osa's Ark« in die USA vorzubereiten.<br />

Die Sikorsky gehörte nicht zur<br />

Sammlung des Aviodrome, sie hatte dort<br />

lediglich über den Winter einen Zwischenstopp<br />

eingelegt. Die Maschine soll zerlegt<br />

und bis zur Sun ’n Fun Airshow 2013 in<br />

Florida wieder flugtüchtig gemacht werden.<br />

Beschafft wurde die S-38 mit ihren Zebrastreifen<br />

kurz nach dem Kauf der mit »Giraffentarnung«<br />

versehenen einmotorigen<br />

S-39. Kermit Weeks hat nun beide in seinem<br />

»fliegenden Zoo«. Roger Soupart ■<br />

Die Sikorsky mit<br />

»Zebratarnung«<br />

■ BOEING B-29 SUPERFORTRESS<br />

»Is’ was, Doc?«<br />

Die Restaurierung der Boeing B-29 Superfortress<br />

»Doc« musste vor drei Jahren<br />

aufgrund fehlender Mittel vorübergehend<br />

eingestellt werden. Mittlerweile hat<br />

sich jedoch eine Gruppe Geschäftsleute aus<br />

Wichita in Kansas zusammengeschlossen,<br />

die den Bomber Anfang 2013 erworben haben.<br />

Ziel der »Doc’s Friends«, so die Bezeichnung<br />

der Gruppe, ist es, die B-29 flugtüchtig<br />

zu restaurieren. Boeing hat für dieses<br />

Projekt eine eigene Halle zur Verfügung gestellt,<br />

in der nun die Freiwilligen mit den Arbeiten<br />

beginnen können, die schätzungsweise<br />

zwei Jahre dauern werden.<br />

Die B-29-70-BW mit der Werknummer<br />

44-69972 wurde im Boeing-Werk in Wichita<br />

produziert und im Juli 1951 der 7th Radar<br />

Calibration Squadron zugewiesen. Am<br />

14. März 1956 verlegte man sie nach China<br />

Lake, um sie als Bodenziel zu verwenden.<br />

Im April 1998 wurde der Bomber, der sich<br />

inzwischen um viele seiner Teile beraubt<br />

sah, vom Übungsgelände geborgen und innerhalb<br />

von drei Tagen ins US Aviation Museum<br />

nach Inyokern, Kalifornien, transportiert.<br />

Dort begann sogleich die Restaurierung,<br />

doch die dortigen Einrichtungen<br />

reichten für die umfangreichen Arbeiten<br />

nicht aus, sodass die Maschine nach Wichita<br />

gebracht wurde. Gelingt es, das Projekt<br />

abzuschließen, wäre die »Doc« die zweite<br />

flugfähige B-29 weltweit. Dave McDonald ■<br />

Die »Doc« im Boeing-Werk in Wichita<br />

Foto Doc’s Friends<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

9


PANORAMA<br />

■ MCDONNELL F-4F PHANTOM II<br />

Phantom im »Retrolook«<br />

Die deutschen F-4F Phantom II werden<br />

Ende Juni ausgemustert; um an die aktive<br />

Zeit der F-4F zu erinnern, erhielten zwei<br />

»Phantome« nun eine Retro-Bemalung.<br />

In den Jahren 1973 bis 1975 stießen insgesamt<br />

175 F-4F zur Luftwaffe. Ihre Tarnbemalung<br />

war angelehnt an das zuvor verwendete<br />

Muster des F-104 Starfighters. Optimiert für<br />

den Tiefflug, passten sich die großen, markant<br />

voneinander abgetrennten Farbflächen des<br />

Tarnmusters »Norm 72« an die deutsche<br />

Landschaft an. Jedoch zeigten sich insbesondere<br />

die Kampfverbände, bei denen die Phantom<br />

als Abfangjäger eingesetzt wurde, mit<br />

dieser Wahl zusehends unzufrieden, da sie in<br />

großen Höhen sehr schnell entdeckt wurde.<br />

Die »Norm 81« war die Folge, die in den<br />

1980er-Jahren Einzug hielt und erst in den<br />

1990er-Jahren durch den aktuellen grauen<br />

Sichtschutz abgelöst wurde. In Erinnerung<br />

an die lange Dienstzeit wurden<br />

daher zwei Maschinen des Jagdgeschwader<br />

71 »Richthofen« aus<br />

Wittmund, Ostfriesland, mit<br />

den entsprechenden Lackierungen versehen:<br />

die Phantom F-4F 38+10 in »Norm 72« und<br />

die 38+33 in »Norm 81A«. Komplettiert werden<br />

soll dieses Duo mit einer weiteren Sonderbemalung<br />

auf der F-4F 37+01, der allerersten<br />

deutschen Phantom, die sicherlich<br />

der Star beim Tag der offenen Tür<br />

anlässlich des »Phantom-Pharewell«<br />

beim Jagdgeschwader 71 »Richthofen«<br />

in Wittmund am 29. Juni 2013<br />

sein wird.<br />

Andreas Zeitler ■<br />

Foto Andreas Zeitler<br />

■ BEECHCRAFT D-18S<br />

Betagte Beech sucht ein Zuhause!<br />

In Speyer steht zurzeit eine lädierte, zweimotorige<br />

Beechcraft D-18S zum Verkauf.<br />

Die Maschine kam Anfang 1945 unter der Bezeichnung<br />

C-45 als Verbindungs- und Transportflugzeug<br />

der USAAF nach Europa.<br />

Nach Kriegsende wurde sie den niederländischen<br />

Streitkräften als Aufbauhilfe überlassen<br />

und 1946 unter der Kennung PH-UBY<br />

Den künftigen Besitzer<br />

erwartet viel Arbeit<br />

tder Niederländischen Luftfahrtschule (Rijksluchtvaartschool)<br />

übergeben, um mit ihr fortan<br />

Piloten zu schulen. 1962 kam es dann zu<br />

einem Rollschaden, der dazu führte, dass die<br />

Maschine stillgelegt wurde. Beim Abbremsen<br />

der Motoren rutschte der Mechaniker von der<br />

Bremse ab und rollte in eine Halle, wobei beide<br />

Flügel beschädigt wurden.<br />

Das Cockpit ist weitgehend<br />

komplett<br />

Die nächsten Jahre verbrachte die Beech 18<br />

bei einem Bauern. Bedingt durch die lange<br />

Standzeit im Freien, ist ein Wiederaufbau in<br />

einen flugfähigen Zustand nicht mehr möglich.<br />

2011 kam sie über einen holländischen<br />

Flugzeugenthusiasten nach Deutschland und<br />

steht nun zum Verkauf. Sie eignet sich sehr<br />

gut als statisches Museumsstück.<br />

Aufgrund des damaligen Unfalls fehlen die<br />

Außenflügel, die Höhenruder, die Motorträger<br />

und die Triebwerksabdeckungen. Der Rumpf<br />

ist abgeschliffen und für eine spätere Lackierung<br />

vorbereitet. Die Cockpitausstattung ist<br />

fast vollständig: Steuerhörner, Ruderpedale,<br />

Triebwerkskonsole, Fahrwerksbetätigung und<br />

Instrumentenbrett sind vorhanden. Ein Funkgerät<br />

kann optional erworben werden.<br />

Die Maschine lässt sich in Rumpf, Flügel<br />

mit Fahrwerk, Höhen- und Seitenruder zerlegen<br />

und ist mit einem Autoanhänger gut zu<br />

transportieren. Das Gesamtgewicht beträgt etwa<br />

600 Kilogramm. Auskünfte unter info@ingenius-pro.de<br />

Peter W. Cohausz ■<br />

10


■ B-17F »MEMPHIS BELLE«<br />

Bomber wieder<br />

komplett<br />

Die B-17F »Memphis<br />

Belle« des US-amerikanischen<br />

Air Force Museum<br />

hat ihren verloren<br />

gegangenen Zündschalter<br />

(»primer knob«) der<br />

Co-Pilotenseite zurückerhalten.<br />

Das Fundstück befand sich zuvor<br />

im Besitz von Ralph Barrett, der es<br />

in den 1960er-Jahren zufällig auf dem<br />

Gelände der Tennessee Air National Guard<br />

Memphis gefunden hatte. Er wusste<br />

nicht, dass es zur B-17 »Memphis Belle«<br />

gehörte, die einige Kilometer entfernt bei<br />

der Army National Guard ausgestellt war.<br />

Dies fand er<br />

erst vor wenigen<br />

Jahren<br />

heraus und<br />

übergab den<br />

Zündknopf<br />

dem Museum.<br />

Bugansicht der B-17F<br />

»Memphis Belle« Foto USAF<br />

»Primer knob« der<br />

B-17F »Memphis<br />

Belle« Foto USAF<br />

Werner<br />

Fischbach ■<br />

■ FARMAN III<br />

»Flügellahmer« Gitterschwanz<br />

Ein Neuzugang in der Ausstellung des<br />

Luftwaffenmuseums Berlin-Gatow ist<br />

ab März 2013 der Nachbau eines Farman<br />

III Gitterschwanzes aus dem Jahr<br />

1910. Dieser in der Pionierzeit relativ weit<br />

verbreitete Typ wurde von der Firma Albatros<br />

in Berlin-Johannisthal als F 1 und F 2<br />

in Lizenz gebaut und als Schulflugzeug<br />

eingesetzt. Er gehörte zu den ersten Militärmaschinen<br />

Deutschlands.<br />

Der Albatros-Farman-<br />

Gitterrumpf, zusammengebaut,<br />

aber<br />

noch ohne Motor<br />

Der flugfähige Nachbau ist 1999 beim<br />

»Historischen Flugzeugbau« in Fürstenwalde<br />

entstanden und sollte mit einem<br />

105 PS Walter Minor in die Luft gehen, wozu<br />

es aber nicht mehr kam, obwohl die Belastungstests<br />

gut verlaufen sind. Der beim<br />

Original verwendete 50-PS-Gnôme-Rhône-<br />

Umlaufmotor wird beim Nachbau durch<br />

eine Attrappe dargestellt.<br />

Peter W. Cohausz ■<br />

Foto Ralf Heldenmaier, MHM Gatow<br />

»Piggi« ...<br />

»Piggis« der FFS »S«, 1957<br />

… ist der Spitzname für das wohl bislang<br />

»fleißigste« Flugzeug der Bundesluftwaffe.<br />

Dessen ziviler Prototyp, die viersitzige<br />

Piaggio P.149, startet vor 60 Jahren am<br />

19. Juni 1953 zum Erstflug. Erfolg wäre ihr<br />

kaum beschert gewesen, hätte die Bundeswehr<br />

nicht Ersatz für ihre »gelben<br />

Drachen« (L-18C) und »Zitronenbomber«<br />

(Harvard Mk.IV) gesucht. Grundvoraussetzung<br />

für die Beschaffung ist, dass die<br />

Maschine ebenso einen Lycoming-Motor<br />

hat wie die Do 27. So entsteht bald eine eigens<br />

für die Luftwaffe geschaffene Ausführung<br />

mit der Bezeichnung<br />

P.149D. Bis 1959 hat<br />

Piaggio selbst 72 der Trainer<br />

nach Deutschland geliefert.<br />

190 weitere entstehen in<br />

Lizenz beim Focke Wulf<br />

Flugzeugbau; BMW übernimmt<br />

den Nachbau der Lycomings.<br />

Im selben Jahr<br />

Foto BMVg nimmt die Luftwaffe auf den<br />

»Piggis« zunächst die fliegerische<br />

Grundausbildung auf. Hier wird sie<br />

aber bald abgelöst und dient ab 1961 zur<br />

Auswahlschulung und Eignungsprüfung<br />

beim Fluganwärterregiment. Dass sie kein<br />

echter Militärtrainer ist, zeigen ernsthafte<br />

Konstruktionsmängel, etwa am Fahrwerk<br />

oder den Flächenaufhängungen. Doch das<br />

lässt sich alles in den Griff bekommen, und<br />

so machen Tausende künftiger Bundeswehrpiloten<br />

beim »Screening« auf der<br />

»Piggi« ihre ersten fliegerischen Erfahrungen.<br />

Wobei sie nicht selten Blut und Wasser<br />

schwitzen, wenn sie ihr Ausbilder zum ersten<br />

Mal bei der Gefahreneinweisung ins<br />

Trudeln bringt. Hunderttausende Flugstunden<br />

werden so absolviert, wobei 19 der<br />

Schulflugzeuge verloren gehen – in mehr<br />

als 30 Jahren Ausbildungsbetrieb, wohlgemerkt.<br />

Daneben dient die P.149D unter anderem<br />

als Zieldarsteller oder ist zahlreich<br />

den Einsatzverbänden zugeteilt, die alles<br />

mögliche damit anstellen. Als man »Piggi«<br />

im März 1990 endgültig außer Dienst<br />

stellt, ist sie das älteste noch fliegende Muster<br />

der Bundeswehr – und darf sich getrost<br />

als das wohl einzige bezeichnen, in dem<br />

jahrzehntelang so ziemlich jeder Luftwaffenpilot<br />

mal seinen Allerwertesten platzieren<br />

durfte.<br />

Wolfgang Mühlbauer ■<br />

»Piggis« des JaboG 49,<br />

1989 Foto via Sedlak<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

11


PANORAMA<br />

BADEN-WÜRTTEMBERG IN FAHRT<br />

Oldtimer-Festival<br />

Unter dem Motto »Mobile Legenden/Baden-Württemberg<br />

in Fahrt« versammelt sich<br />

auf dem Fluggelände der Gemeinde Eutingen<br />

im Gäu für ein Sommer-Wochenende<br />

alles, was durch unsere jüngere Geschichte<br />

gerollt, geflogen und gefahren ist.<br />

Unter anderem werden eine Diabolo, verschiedene<br />

Klemm- und Bücker-Maschinen<br />

und eine russische Antonow, der derzeit<br />

größte einmotorige Doppeldecker der Welt,<br />

zu sehen sein.<br />

Für ein weiteres Highlight in luftiger Höhe<br />

sorgt das Technikmuseum Sinsheim: Es<br />

schickt eine Jak-Staffel, die Kunstflüge vorführen<br />

wird.<br />

»Baden-Württemberg in Fahrt« findet am<br />

22. und 23. Juni 2013 statt. Weitere Informationen<br />

unter www.bw-in-fahrt.de<br />

Foto Michael Gdynia<br />

■ P-51 D »LOUISIANA KID«<br />

»Mustang« in freier Wildbahn<br />

Seit Ende Februar ist die historische Luftfahrt<br />

in Deutschland um eine North American<br />

P-51D-25 NA reicher. Die Maschine mit<br />

der Seriennummer 44-73254 und der US-<br />

Kennung N6328T steht in Albstadt-Degerfeld,<br />

ihr Besitzer ist Flugkapitän Wilhelm<br />

Heinz. Heinz ist auch Miteigentümer und<br />

Pilot der bekannten Bf 109 G »Rote Sieben«.<br />

Die Mustang wurde 1947 von der USAF<br />

an die Royal Canadian Air Force geliefert und<br />

der in Manitoba stationierten No. 402nd<br />

Squadron zugeteilt. Nachdem sie ausgemustert<br />

worden war, ging sie durch diverse zivile<br />

Hände, wobei sie 1963 in den USA einen<br />

Bruch erlitt. Don Weber baute die Maschine<br />

danach komplett neu auf, indem er Flugzeugzelle<br />

und Motor ersetzte. Wie bei den<br />

meisten privaten Mustang ist der Rumpftank<br />

entfernt worden, um Platz für einen zweiten<br />

Sitz zu schaffen.<br />

Nach 40 Jahren unfallfreien Betriebs hat<br />

Weber das Flugzeug schließlich an Wilhelm<br />

Heinz abgegeben. Die Maschine besitzt noch<br />

eine gültige US-Verkehrszulassung in der<br />

FAA-Experimental-Kategorie, die auch Einsätze<br />

bei Airshows erlaubt, und es ist geplant,<br />

sie unter anderem beim Flugplatzfest in Albstadt-Degerfeld<br />

Ende August und eine Woche<br />

später auf dem Oldtimertreffen Hahnweide<br />

vorzuführen. Mittelfristig soll die<br />

»Louisiana Kid« eine deutsche Zulassung erhalten.<br />

Weitere Infos bei Facebook auf der Seite<br />

»Mustang P-51 D Louisiana Kid« und unter<br />

www.heinzaero.com Michael Weber ■<br />

FLIEGERFILM AUF DVD UND BLU-RAY<br />

Red Tails<br />

Anthony Hemingways Actionstreifen »Red<br />

Tails« ist nun auf DVD und Blu-Ray erhältlich.<br />

Der 60-Millionen-Dollar-Blockbuster erzählt<br />

die Geschichte der ersten afroamerikanischen<br />

Einheit der US-Luftwaffe im Zweiten<br />

Weltkrieg und geizt dabei nicht mit spektakulären<br />

Luftkampfszenen (siehe <strong>FLUGZEUG</strong><br />

<strong>CLASSIC</strong> 12/2012). »Red Tails« erscheint<br />

am 17. Mai 2013 auf DVD und im limitierten<br />

SteelBook auf Blu-Ray.<br />

■ 30. PIPER-TREFFEN<br />

Schmidgaden ruft die Cubs<br />

Es war schwer zu sagen, was daraus werden<br />

würde, als der Aero-Club Schmidgaden in<br />

Nordbayern erstmals die aktiven Piloten von<br />

J-3C Cub und PA-18 Super Cub zum Fly-In<br />

einlud. Das war 1984, und es kamen immerhin<br />

24 Maschinen. Entstanden aus einer Idee von<br />

Peter Arbogast, dem Vorstand des Clubs und<br />

PA-18-Besitzer, entwickelte sich das Piper-Treffen<br />

schnell zu einem lieb gewonnenen Ritual<br />

innerhalb dieses verschworenen Zirkels. Jetzt,<br />

vom 21. bis 23. Juni, trifft<br />

man sich zum 30. Mal – und<br />

wieder in Schmidgaden.<br />

Zwischenzeitlich war man<br />

auch schon anderswo: etwa<br />

in Büsum an der Nordsee<br />

und im österreichi schen<br />

Wels. Peter Arbogast ist inzwischen<br />

75 Jahre alt, und<br />

mit ihm sind auch die Maschinen<br />

und ihre Piloten älter<br />

geworden; das Piper-<br />

Treffen hat längst familiäre<br />

Züge angenommen. Prämiert<br />

werden traditionell die schönste Cub,<br />

ebenso die Crew mit dem weitesten Anflug,<br />

auch der älteste und jüngste Pilot. Für internationales<br />

Flair haben Cub-Fans aus Italien, Belgien,<br />

Niederlande, Schweden und Großbritannien<br />

gesorgt. Bisweilen hat es das Wetter mit<br />

den Fernfliegern nicht gut gemeint. Arbogast:<br />

»Aber es war nie so schlimm, dass gar keiner<br />

da war …«<br />

Stefan Bartmann ■<br />

Dicht gedrängt: Auch beim 30. Treffen<br />

mangelt es an »Parkplätzen«<br />

Foto Peter Arbogast<br />

12


Legende und Meilenstein der deutschen Luftwaffe<br />

BF 109 K- 4<br />

9./JG 77 – » weiße 2 «<br />

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Mit der K-Reihe schloss sich das letzte Kapitel der Messerschmitt<br />

Bf 109, die mit ca. 33.000 Maschinen aller Bau reihen<br />

das meistgebaute Jagdflugzeug der Welt war. Diese letzte<br />

Einsatzversion war aus den Erfahrungen mit der G-Reihe<br />

entwickelt worden und besaß serienmäßig sämtliche Verbesserungen<br />

der G-Varianten, mit denen das Flugzeug nochmals<br />

an das Leistungsniveau alliierter Muster anschließen konnte.<br />

Doch die Effekte der Mangelwirtschaft und der unzureichende<br />

Ausbildungsstand der jungen Piloten ließen die neuen Qualitäten<br />

der K-Baureihe nicht mehr zur Geltung kommen.<br />

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ZEITGESCHICHTE<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />

DIE FRÜHEN JAHRE DES JAGDFLIEGER-ASSES<br />

Nicht vom Him<br />

gefallen …<br />

352 bestätigte Luftsiege machten <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> nicht nur zu einem der weltweit<br />

bekanntesten Jagdflieger des Zweiten Weltkriegs, sondern gleichzeitig zu einer Projek -<br />

tionsfläche und Symbolfigur. Im Kalten Krieg wurde er von verschiedenen Seiten vereinnahmt<br />

und instrumentalisiert – das Spektrum reichte von »Held« bis »Kriegsverbrecher«<br />

–, und insgesamt wurde über ihn womöglich mehr geschrieben und gesagt,<br />

als er jemals selbst geäußert hat. Wie entstand der Mythos <strong>Erich</strong> »Bubi« <strong>Hartmann</strong>?<br />

Von Peter Cronauer<br />

14


mel<br />

Hier ist er noch ein unbeschriebenes Blatt: <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> als Rekrut im Jahr 1941.<br />

Bekannt wurde <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong>, als er beim<br />

legendären Jagdgeschwader 52 flog.<br />

Hier eine Messerschmitt Bf 109 G-2 der<br />

II. Gruppe des JG 52 im Sommer 1942.<br />

<strong>Hartmann</strong> stieß erst im Oktober 1942 hinzu<br />

Foto Sammlung Ringlstetter<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

15


ZEITGESCHICHTE<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />

Erlebnis des Fliegens in der Gemeinschaft: In den 1930erund<br />

1940er-Jahren erfreute sich die Segelfliegerei bei der<br />

Jugend großer Beliebtheit<br />

Foto Sammlung Ringlstetter<br />

Wäre das 20. Jahrhundert anders verlaufen,<br />

wäre er wahrscheinlich<br />

Arzt geworden. So wie sein Vater,<br />

Dr. Alfred <strong>Hartmann</strong>, oder sein ein Jahr jüngerer<br />

Bruder gleichen Namens, der nach dem<br />

Krieg ebenfalls Mediziner wurde. Auch hätte<br />

er in China aufwachsen können, wo die<br />

Familie während der<br />

1920er-Jahre vorübergehend<br />

gelebt hatte.<br />

Doch revolutionäre<br />

Unruhen und damit<br />

einhergehende Gräueltaten<br />

vertrieben die<br />

<strong>Hartmann</strong>s aus dem bis<br />

dahin als Paradies empfundenen<br />

»Reich der<br />

Mitte« zurück in das<br />

nicht minder un ruhige<br />

Europa, in das Deutschland<br />

der Nachkriegszeit,<br />

der Wirtschaftskrisen,<br />

der ideologischen und<br />

politischen Zerrissenheit.<br />

In Weil im Schönbuch<br />

schufen sie sich ein neues<br />

Zuhause.<br />

Der ältere der beiden<br />

Söhne galt nicht als »Intellektuellen-Typ«.<br />

Der<br />

heranwachsende <strong>Erich</strong><br />

<strong>Hartmann</strong> wird als »durchschnittlicher Schüler«<br />

beschrieben, der »seine Schulpflichten<br />

ohne Schwierigkeiten oder Ehrgeiz erfüllte«<br />

und dessen Anstrengungen nur so weit gingen,<br />

»als es für die Ablegung der Examina<br />

notwendig war«.<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />

als Pimpf, unten<br />

seine Eltern<br />

Alfred und Elisabeth.<br />

Die Mutter<br />

war eine begeisterte<br />

Fliegerin<br />

Er liebte Sport, vor allem Skilaufen,<br />

Schwimmen, Tauchen oder Leichtathletik,<br />

wobei man ihm einen gewissen »Drang nach<br />

der Bestleistung im Wettbewerb« attestierte,<br />

und die Neigung, eigene Grenzen auszuloten.<br />

Tadellose Haltung<br />

So kam es schon mal vor, dass er sich zu einem<br />

Skisprungwettbewerb anmeldete, ohne<br />

jemals von einer großen Sprungschanze<br />

gefahren zu sein, und dann auf Anhieb<br />

33 Meter weit flog, mit anschließender tadelloser<br />

Landung. Sein Wesen wird als »geradeheraus,<br />

offen und ehrlich«<br />

geschildert, ein<br />

ehemaliger Lehrer<br />

bezeichnete<br />

ihn noch Jahrzehnte<br />

später als<br />

einen Jungen, »den<br />

man sofort mochte«.<br />

All dies unterschied<br />

ihn nicht von<br />

vielen seiner Altersgenossen,<br />

die später<br />

ebenfalls zu Flugzeugführern<br />

wurden.<br />

Doch im Gegensatz<br />

zu jenen, die häufig<br />

erst bei der Flieger-HJ<br />

oder dann beim Mili-<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, Peter Cronauer<br />

16


Bücker Bü 133<br />

C »Jungmeister« der<br />

Jagdflieger-Vorschule<br />

2 in Lachen-<br />

Speyerdorf, in der<br />

auch <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />

an die Jagdfliegerei<br />

herangeführt<br />

wurde<br />

Zeichnung Ringlstetter/<br />

Aviaticus<br />

tär mit der Luftfahrt in Berührung kamen,<br />

wurde <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong>s Leidenschaft fürs<br />

Fliegen bereits in frühen Jahren entfacht:<br />

Schon seine Mutter war eine begeisterte<br />

Fliegerin.<br />

Beinahe in die Wiege gelegt<br />

Ende der 1920er-Jahre, als noch überwiegend<br />

Männer den Luftraum dominierten, trat Elisabeth<br />

<strong>Hartmann</strong> einem auf dem Flugplatz<br />

Böblingen beheimateten Fliegerclub bei und<br />

erwarb den Flugzeugführerschein. 1930 kaufte<br />

die Familie <strong>Hartmann</strong> sogar eine Beteiligung<br />

an einer zweisitzigen Klemm, und von<br />

nun an legten die Mutter und ihre beiden<br />

Söhne regelmäßig die rund zehn Kilometer<br />

vom Wohnort zum Flugplatz zurück, flogen<br />

an Wochenendtagen, sofern es die Witterungsverhältnisse<br />

erlaubten, oder arbeiteten<br />

an der Maschine. Die Weltwirtschaftskrise<br />

bewirkte jedoch auch hier eine Zäsur: 1932<br />

musste das Flugzeug verkauft werden; Sohn<br />

<strong>Erich</strong> war zu diesem Zeitpunkt längst mit<br />

dem »Fliegervirus« infiziert.<br />

Als die Nationalsozialisten im Januar 1933<br />

die Macht im Reich übernahmen, war er noch<br />

nicht einmal elf Jahre alt, doch drei Jahre später<br />

immerhin alt genug, um endlich selbst das<br />

Fliegen zu erlernen: Für ihn und andere Interessierte<br />

gründete die Mutter in Weil im<br />

Schönbuch einen eigenen Segelfliegerclub mit<br />

einem SG 38 für die Anfängerschulung und<br />

einem Grunau Baby für die Fortgeschrittenen.<br />

Sie selbst fungierte dabei als Ausbilderin, und<br />

auf diese Weise erfuhren ihre Söhne und deren<br />

Kameraden die gesamte Bandbreite der<br />

Plackerei, die diese Art des Segelfliegens seinerzeit<br />

bedeutete: die Arbeit am Hang, das<br />

Hochziehen per Gummiseilen, die Wartungsund<br />

Reparaturarbeiten … Noch dreißig Jahre<br />

später blickte <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> gerne auf<br />

diese Zeit zurück: »Segelfliegen war ein großartiger<br />

Sport und darüber hinaus noch mehr.<br />

Es vermittelte mir ein wundervolles Gefühl<br />

für das Fliegen. Die Empfindung und die unterbewusste<br />

Gegenwart der Luft um einen he-<br />

Leichtflugzeug Klemm L 20. Die Flugleidenschaft von <strong>Hartmann</strong>s Mutter brachte der Familie die<br />

Halterbeteiligung an einer L 20<br />

Foto Sammlung Ringlstetter<br />

Der Klassiker unter den Segelflugzeugen und damals in allen Segelfluggruppen zu finden:<br />

Grunau Baby. Auch <strong>Hartmann</strong> flog diesen Typ<br />

Foto Sammlung Ringlstetter<br />

Schulische und militärische Ausbildung<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> wurde am 19. April 1921 in<br />

Weissach geboren. Mitte der 1920er-Jahre<br />

siedelte die Familie nach Changsha um,<br />

und als sie wenige Jahre später wieder<br />

nach Deutschland zurückkehrten, sprachen<br />

die beiden Söhne zunächst besser Chinesisch<br />

als Deutsch. Das eine Schuljahr, das<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> später auf der 1936 gegründeten<br />

»Nationalpolitischen Erziehungsanstalt<br />

NPEA« in Rottweil verbrachte, blieb<br />

ihm nachhaltig in schlechter Erinnerung. Im<br />

Frühjahr 1937 ließ der Vater seine beiden<br />

Söhne auf die Internatsoberschule in Korntal<br />

wechseln, wo <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> im Frühjahr<br />

1940 das Abitur machte. Anschließend,<br />

im Alter von 18 Jahren, meldete er sich<br />

freiwillig zur Luftwaffe. Im Oktober 1940<br />

begann sein soldatischer Werdegang mit<br />

der militärischen Grundausbildung beim<br />

Flieger-Ausbildungsregiment 10 in Neu kuhren<br />

bei Königsberg. Anschließend absol -<br />

vierte er die Luftkriegsschule 2 in Berlin-<br />

Gatow, gefolgt von der Jagdfliegervorschule<br />

2 in Lachen-Speyerdorf, der Jagdfliegerschule<br />

2 in Zerbst-Anhalt und schließlich<br />

der Jagdergänzungsgruppe Ost im oberschlesischen<br />

Gleiwitz. Im Oktober 1942<br />

wurde Leutnant <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> an die Front<br />

versetzt; zunächst flog er bei der 7. Staffel<br />

des Jagdgeschwaders 52.<br />

■<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

17


ZEITGESCHICHTE<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />

Startbereite Messerschmitt Bf 109 D einer<br />

Jagdfliegerschule. Mit rund 700 PS hatte<br />

die »Dora« schon ordentlich Dampf unter<br />

der Haube<br />

Foto Sammlung Ringlstetter<br />

rum, die einen trägt, das Segelflugzeug fortbewegt,<br />

macht einen zum Teil des Geschehens.<br />

Man wird im wahrsten Sinne des Wortes<br />

Vogelmensch.«<br />

Früh übt sich …<br />

»Der Motorflug kam später in der Luftwaffe<br />

nicht als etwas Fremdes für mich. Ich sah meine<br />

Mutter, meinen Bruder und all meine jungen<br />

Freunde fliegen, und ich selbst flog. Deshalb<br />

war für mich das Einsteigen in ein<br />

Flugzeug genauso normal wie das Einsteigen<br />

in ein Auto. Das frühe Vertrautwerden mit<br />

Flugzeugen, das mit dem Segelfliegen kam,<br />

hat mir bis auf den heutigen Tag geholfen.<br />

Wenn ich in einem Flugzeug sitze und etwas<br />

schief geht, bekomme ich immer vorher ein<br />

schlechtes Gefühl. Häufig bekomme ich dieses<br />

Gefühl, bevor ein Versagen überhaupt<br />

durch irgendwelche Instrumente angezeigt<br />

wird. Ich fühle es in meinem Hosenboden. Es<br />

gibt keinen Zweifel daran, dass das Gefühl<br />

für alles, was mit Flugzeugen zusammenhängt,<br />

umso höher entwickelt ist, je früher<br />

man mit dem Fliegen angefangen hat.«<br />

Dieses »Hosenboden«-Gefühl, mitunter<br />

auch »Popometer« genannt, entwickelte er<br />

sehr schnell. Als 14-Jähriger erflog er seinen<br />

Lehrjahre: Gruppenbild der »Aufsicht B« der Luftkriegsschule 2 in Berlin-Gatow mit Fahnenjunker<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> (hintere Reihe, dritter von rechts) im Jahr 1941<br />

ersten Schein, hatte bis zum Ende des Jahres<br />

1937 die »A«-, »B«- und »C«-Prüfungen abgelegt<br />

und fungierte bald selbst als Segelfluglehrer<br />

in der Flieger-HJ. Doch das Fliegen<br />

blieb für ihn Hobby, Sport und Leidenschaft;<br />

eine wie auch immer geartete berufliche Perspektive<br />

verband er damit nicht. Die galt nach<br />

wie vor dem Beruf des Mediziners, doch als<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> im April 1940 das Abitur<br />

machte, wurde er – so wie alle seine Altersgenossen<br />

– vor vollendete Tatsachen gestellt:<br />

Seit fast einem Dreivierteljahr herrschte Krieg,<br />

und es war abzusehen, dass auch er Soldat<br />

werden würde.<br />

Besorgter Vater<br />

Andere flogen die ersten Luftschlachten des<br />

Krieges, die gleichgeschaltete Presse berichtete<br />

darüber, und selbstverständlich ging die offizielle<br />

Kriegsrhetorik auch an Jugendlichen<br />

wie <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> nicht spurlos vorüber.<br />

Auch er begeisterte sich für die Jagdflieger,<br />

deren Namen nun die Runde machten, und in<br />

dieser aufgeheizten Atmosphäre hatten es Bedenkenträger<br />

schwer.<br />

Zu jenen zählte Vater <strong>Hartmann</strong>. Er hatte<br />

den Ersten Weltkrieg als Militärarzt miterlebt<br />

und bezweifelte, dass dieser neuerliche Krieg<br />

gewonnen werden könne; zumal mit unabsehbaren<br />

Folgen für die Heimat. Als sich der<br />

Sohn schließlich freiwillig zur Luftwaffe meldete,<br />

wofür er immerhin die genehmigende<br />

Unterschrift des Vaters benötigte, trug zu dessen<br />

Einverständnis womöglich der weit verbreitete<br />

Glaube bei, dass dieser Krieg ohnehin<br />

nicht lange dauere. Im günstigsten Fall sei er<br />

18


schon beendet, bevor <strong>Erich</strong> die immerhin<br />

rund zwei Jahre dauernde Ausbildung zum<br />

Jagdflieger abgeschlossen habe, dann könne<br />

er immer noch studieren.<br />

Talent und »Schwein« gehabt<br />

Im Oktober 1940 begann in Neukuhren bei<br />

Königsberg <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong>s militärischer<br />

Werdegang. Nach der sechsmonatigen<br />

Grundausbildung verbrachte er ein knappes<br />

Jahr auf der Luftkriegsschule 2 in Berlin-Gatow.<br />

Dort saß er Anfang März 1941 erstmals<br />

selbst am Steuerknüppel eines Motorflugzeuges,<br />

und gut zweieinhalb Wochen später,<br />

nach insgesamt 73 Schulflügen unter Anleitung<br />

seines Fluglehrers, einem Feldwebel namens<br />

Kolberg, ließ ihn dieser zum ersten Alleinflug<br />

»von der Leine«. Natürlich profitierte<br />

der junge Nachwuchsflieger dabei von seiner<br />

reichlichen Segelflugerfahrung, doch darüber<br />

hinaus legte er schon bald eine seltene Begabung<br />

an den Tag: Schon bei seinem ersten<br />

Luftschießen Ende Juni 1942 feuerte er aus<br />

seiner Schulungs-»Dora« 50 Schuss MG-Munition<br />

auf ein geschlepptes Ziel, wobei knapp<br />

die Hälfte seiner Geschosse traf.<br />

Und dass dies kein Zufall war, stellte er in<br />

der Folge gleich noch mehrfach unter Beweis.<br />

Dabei zählte Schießen und Treffen mit Vorhalt,<br />

noch dazu aus großer Distanz, zu den<br />

schwierigsten Herausforderungen, die ein<br />

Jagdflieger seinerzeit zu meistern hatte. Den<br />

meisten fiel das anfangs äußerst schwer, ganz<br />

gleich, für welche Nation sie flogen, doch offenbar<br />

war <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> in dieser Hinsicht<br />

eine Art Naturtalent. Im Nachhinein bestä -<br />

tigten dies gleich mehrere Kriegskameraden<br />

unabhängig voneinander, darunter auch ihrerseits<br />

so erfolgreiche »Asse« wie Walter<br />

Krupinski oder Walter Wolfrum.<br />

Andererseits hatte er, der später mehr<br />

als 1400 Einsätze flog und bei 825 »Feindberührungen«<br />

niemals ernsthaft verwundet<br />

werden sollte, auch mehr als einmal das nötige<br />

»Schwein«, um zu überleben. Dass ein<br />

Schutzengel dabei gelegentlich auch Umwege<br />

in Kauf nimmt, erfuhr <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> bereits<br />

als Angehöriger der Ergänzungsjagdgruppe<br />

Ost am eigenen Leib: Ende August<br />

flog er von Gleiwitz aus zum Platz seiner ehemaligen<br />

Jagdfliegerschule 2 in Zerbst. Vor Ort<br />

stach ihn offenbar der Hafer: Er flog den Platz<br />

im Tiefflug an, erschreckte das dortige Personal<br />

mit gesteuerten Rollen und Achten aus<br />

dem Repertoire seiner Kunstflugeinweisung<br />

und hatte bei seiner Rückkehr nach Gleiwitz<br />

offensichtlich immer noch nicht genug, denn<br />

Er donnerte in zehn Meter Höhe auf dem<br />

Rücken fliegend über den Flugplatz hinweg.<br />

Messerschmitt Bf 109 D der Jagd -<br />

fliegerschule 2 in Zerbst, wo <strong>Hartmann</strong><br />

mit außerordentlichen Schießleistungen<br />

glänzte<br />

Zeichnung Ringlstetter/Aviaticus<br />

hier donnerte er in zehn Meter Höhe auf dem<br />

Rücken fliegend über den Flugplatz hinweg.<br />

Seiner Landung folgte die umgehend befohlene<br />

Meldung beim Kommandeur, der ihm einen<br />

kräftigen »Anschiss« verpasste, ihn zu<br />

neun Tagen Stubenarrest verdonnerte und für<br />

die Dauer von 90 Tagen die Einbehaltung von<br />

zwei Dritteln seines Wehrsoldes anordnete.<br />

Was auch immer <strong>Hartmann</strong> zu dieser<br />

Show-Einlage veranlasst haben mag, ob jugendlicher<br />

Übermut oder ein ihm eigenes<br />

sportliches Draufgängertum, das ihm schon<br />

als Schüler den Spitznamen »Wildsau« eingebracht<br />

hatte, lange bevor er »Bubi« wurde –<br />

Vorgesetzte deuten dergleichen Vorfälle vor<br />

allem als einen Mangel an Disziplin und Ausdruck<br />

von fehlendem Verantwortungsbewusstseins.<br />

Der Übeltäter selbst sah seine<br />

Bestrafung im Nachhinein als Glück im Unglück:<br />

»Diese Woche Stubenarrest rettete mir<br />

das Leben. Nach Plan sollte ich an diesem<br />

Nachmittag einen Schießeinsatz fliegen. Mein<br />

Stubenkamerad übernahm den Flug an meiner<br />

Stelle in dem Flugzeug, das ich sonst flog.<br />

Kurz nach dem Start hatte er Motorschaden<br />

und machte neben der Eisenbahnstrecke Hindenburg–Kattowitz<br />

eine Bauchlandung, wobei<br />

er ums Leben kam.«<br />

Bedrohliche Dimensionen<br />

Im Herbst 1942 endete <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong>s Ausbildung<br />

zum Jagdflieger, Anfang Oktober<br />

versetzte man ihn zum JG 52 an die Front. Seit<br />

seiner Meldung als Freiwilliger waren fast<br />

zwei Jahre vergangen, und schon damals lag<br />

Übungseinsitzer Focke-Wulf Fw 56 »Stößer«. Die 240 PS starke Maschine war nichts für Anfänger,<br />

sondern zur Fortgeschrittenen-Schulung bestimmt<br />

Foto Sammlung Ringlstetter<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

19


ZEITGESCHICHTE<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />

Eine fliegende Junkers Ju 87 D – <strong>Hartmann</strong> blieb<br />

diese Erfahrung verwehrt, er zog es vor, den Stuka<br />

in die Hütte der Flugleitung zu steuern<br />

Foto Sammlung Ringlstetter<br />

der Feldzug gegen Polen bereits mehr als ein<br />

Jahr zurück. Im Frühjahr jenes Jahres 1940<br />

hatte die Wehrmacht Dänemark und Norwegen<br />

besetzt, im Sommer endete dann der<br />

»Westfeldzug« mit der Kapitulation Frankreichs,<br />

und als <strong>Hartmann</strong> zur Grundausbildung<br />

nach Neukuhren fuhr, stand Großbritannien<br />

vermeintlich allein auf weiter Flur.<br />

Doch der Krieg endete damals nicht, vielmehr<br />

nahm er seither immer bedrohlichere<br />

Ausmaße an. Mittlerweile stand die Wehrmacht<br />

auf dem Balkan, in Griechenland und<br />

sogar in Nordafrika, und seit der Kriegserklärung<br />

vom Dezember 1941 standen die<br />

USA nun auch offiziell an der Seite Großbritanniens.<br />

Dessen Bomber erschienen immer<br />

häufiger am Nachthimmel über dem Reich,<br />

während in den Weiten des Atlantiks eine<br />

gnadenlose Schlacht zwischen deutschen<br />

U-Booten und alliierten Geleitzügen tobte.<br />

Als <strong>Hartmann</strong> an der Front eintraf, hatte Hermann Graf als erster Jagdflieger die Anzahl von<br />

200 Abschüssen erreicht und übertroffen. Hier ist er umgeben von weiteren »Assen« des JG 52<br />

Zudem stand die Wehrmacht seit dem<br />

Sommer 1941 in einem verlustreichen Kampf<br />

gegen einen weiteren Feind, von dem man inzwischen<br />

wusste, dass man ihn anfangs unterschätzt<br />

hatte: die UdSSR. China verlassend,<br />

hatte der damals fünfeinhalb Jahre alte <strong>Erich</strong><br />

<strong>Hartmann</strong> gemeinsam mit Bruder und Mutter<br />

in wochenlanger Fahrt Russland mit der<br />

Transsibirischen Eisenbahn durchquert. – Als<br />

20-Jähriger kehrte er nun in jenes Riesenreich<br />

zurück, das fortan sein Leben prägen sollte.<br />

Ein Hauch von Vergänglichkeit<br />

Auch hatte der Luftkrieg ständig neue Personalien<br />

und Rekorde geboren. Von den Jagdfliegern,<br />

deren Namen in der Frühphase des<br />

Krieges in aller Munde waren, lebten manche<br />

bereits nicht mehr. Das galt unter anderem für<br />

Werner Mölders oder auch für Franz von<br />

Werra, der verschollen war. Statt ihrer gingen<br />

neue Stars am Himmel auf, zum Beispiel der<br />

Name Hermann Graf, der bei den Kämpfen<br />

um Stalingrad als erster Jagdflieger der Luftkriegsgeschichte<br />

die bis dahin unvorstellbar<br />

hohe Anzahl von 200 Luftsiegen nicht nur erreichte,<br />

sondern sogleich auch noch überstieg.<br />

Doch sie alle waren inzwischen schon von einem<br />

Hauch Vergänglichkeit umgeben, denn<br />

das Kriegsgeschehen hatte stets schnelle Wen-<br />

20


dungen parat, was sich gerade in jenen Tagen<br />

am Schicksal Hans Joachim Marseilles zeigte,<br />

dessen »Stern von Afrika« nur vier Tage<br />

nach Grafs Erfolg über Pitomnik in der Wüste<br />

unterging.<br />

Anfang Oktober 1942, nach seinem Abschied<br />

von der Ergänzungsjagdgruppe Ost<br />

und drei Tagen Heimaturlaub, machte sich<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> auf den Weg. Gemeinsam<br />

mit drei weiteren Leutnants stand er in der<br />

Krakauer Flugzeugschleuse vor einem den<br />

Kopf schüttelnden Kommandeur, der, in seinen<br />

Unterlagen wühlend, betonte, ihm lägen<br />

seitens des JG 52 keine aktuellen Anforderungen<br />

für neue Maschinen vor. Deshalb<br />

könne er sie auch nicht mit Messerschmitts<br />

zum Gefechtsstand des JG 52 nach Maikop<br />

fliegen lassen. Allerdings habe er einige<br />

Stukas, die nach Mariupol an der Nordküste<br />

des Asowschen Meeres zu überführen seien,<br />

und von dort aus sei es dann bis Maikop nicht<br />

mehr weit. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte<br />

<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> noch nie eine Ju 87 geflogen,<br />

doch kurz darauf kletterte er in das unbekannte<br />

Flugzeug, ließ den Motor warmlaufen,<br />

sah die anderen bereits starten und wollte ihnen<br />

hinterher. Doch ein Bremsdefekt machte<br />

die Junkers am Boden unkontrollierbar, und<br />

<strong>Hartmann</strong>s Weg zur Startbahn endete in der<br />

Hütte eines Flugleiters, der gerade noch ins<br />

Freie springen konnte, bevor der Holzpropeller<br />

des Flugzeugs den ebenfalls hölzernen<br />

Verschlag, die darin vorhandenen Unterlagen<br />

und sich selbst zu Kleinholz hackte.<br />

Besorgte Augen- und Ohrenzeugen eilten<br />

herbei, allen voran der Platzkommandant,<br />

und der reichlich betretene <strong>Hartmann</strong> stellte<br />

sich innerlich auf eine mehr als nur kräftige<br />

Standpauke ein, da rettete ihn einer seiner<br />

bereits abgeflogenen Kameraden: Mit stotterndem<br />

Motor und langer Rauchfahne setzte<br />

einer der drei anderen Stuka wieder zur<br />

Landung an, die dann in einem Kopfstand<br />

endete, weil ihr Pilot zu heftig in die Bremsen<br />

stieg. Wütend und entsetzt zugleich entschied<br />

der Platzkommandant, dass diese beiden<br />

Grünschnäbel bereits genügend Schaden angerichtet<br />

hätten und dass sie nun mit einer<br />

Ju 52 an die Front geflogen werden sollten. –<br />

Mit jemand anderem am Steuer.<br />

In der ohrenbetäubend dröhnenden Maschine<br />

fand sich zwischen dem Transportgut<br />

eine nur wenige Tage alte Berliner Zeitung. Darin<br />

lasen die beiden unfreiwilligen Passagiere<br />

vom aktuellen Kriegsgeschehen im Südabschnitt<br />

der Ostfront, von den Vorstößen nach<br />

Stalingrad und zu den Ölquellen von Baku.<br />

Das JG 52 lag hier mitten im Geschehen, und<br />

Ein Bremsdefekt machte die Junkers am<br />

Boden unkontrollierbar.<br />

nicht nur Hermann Graf gehörte diesem berühmt<br />

gewordenen Geschwader an, sondern<br />

auch noch eine ganze Reihe weiterer namhafter<br />

»Experten«. Zu ihnen stieß schon bald ein<br />

noch gänzlich unbeschriebenes Blatt hinzu: ein<br />

junger Leutnant namens <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong>. ■<br />

Fortsetzung folgt.<br />

Eine Auswahl an ergänzender Literatur:<br />

Barbas, Bernd: »Die Geschichte der III. Grup -<br />

pe des Jagdgeschwaders 52«. Eigenverlag<br />

Deutscher Standard-Jäger im<br />

Sommer/Herbst 1942: Messerschmitt<br />

Bf 109 G-2 der 7./Jagdgeschwader 52<br />

an der Ostfront<br />

Zeichnung Ringlstetter/Aviaticus<br />

Bergström, Christer/Antipov, Vlad/Sundin,<br />

Claes: »Graf & Grislawski – A pair of<br />

aces«. Eagle Editions 2003<br />

Kurowski, Franz: »Balkenkreuz und Roter<br />

Stern«. Podzun-Pallas 1984<br />

Toliver, Raymond/Constable, Trevor:<br />

»Holt <strong>Hartmann</strong> vom Himmel!«. Motorbuch<br />

Verlag 1971<br />

<strong>Hartmann</strong>, Ursula: »Der Jagdflieger <strong>Erich</strong><br />

<strong>Hartmann</strong>«. Motorbuch Verlag 1978<br />

Rall, Günther/Braatz, Kurt (Hrsg.): »Mein<br />

Flugbuch – Erinnerungen 1938–2004«.<br />

NeunundzwanzigSechs Verlag 2004<br />

Braatz, Kurt: »Walter Krupinski – Jagdflieger,<br />

Geheimagent, General«. NeunundzwanzigSechs<br />

Verlag 2010<br />

Wolfrum, Walter/Cronauer, Peter (Hrsg.):<br />

»Unbekannte Pflicht – Meine Erinnerungen<br />

als Jagd- und Kunstflieger 1923–2009«.<br />

NeunundzwanzigSechs Verlag 2009<br />

Sommer 1942 im Südabschnitt der Ostfront: Waffen justieren auf freiem Feld<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

21


TECHNIK<br />

Avro Lancaster<br />

LEBENSABEND ALS TRANSPORTER UND SEEAUFKLÄRER – TEIL 3<br />

Vom Frontschwein<br />

zum Lückenbüßer<br />

Kaum ist der Krieg mit Deutschland zu Ende, beginnt<br />

die RAF, ihre Lancaster aufs Altenteil zu schicken. Zwar<br />

läuft die Produktion noch bis März 1946 weiter, doch<br />

der Bomber selbst fungiert nur mehr als Übergangslösung<br />

Von Wolfgang Mühlbauer<br />

22


Die letzte Bombe, die eine Lancaster im<br />

Kampfeinsatz auf deutsches Gebiet<br />

wirft, fällt am 25. April 1945 (siehe<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 08/2012). Zwei Wochen<br />

später kapituliert die Wehrmacht bedingungslos.<br />

Normalerweise hätte damit auch<br />

das Bomber Command der RAF sein verlustreiches<br />

Ringen hinter sich – wäre Churchill<br />

nicht die politische Verpflichtung eingegangen,<br />

im Anschluss an diesen Sieg den strategischen<br />

Luftkrieg gegen Japan massiv zu unterstützen.<br />

Die Vorbereitungen dafür laufen seit Ende<br />

1943. Very Long Range Bomber Force (VLR)<br />

heißt die Streitmacht, die dafür aufgestellt wird<br />

und anfänglich von Burma und Indien aus<br />

operieren soll. Woran es zunächst mangelt, ist<br />

das passende Fluggerät mit entsprechend hoher<br />

Reichweite aus eigener Produktion.<br />

Auch deshalb arbeitet Avro schon länger<br />

am Lincoln-Bomber (siehe Kasten S. 28). Ursprünglich<br />

als eine rundum leistungsfähigere<br />

Version der Lancaster projektiert, hatte der<br />

voraussichtliche Konstruktionsaufwand die<br />

vertretbaren Grenzen des Serienrahmens bald<br />

gesprengt. Aus dem Vorhaben geht darum im<br />

Einverständnis mit den offiziellen Stellen<br />

eine eigenständige Neuentwicklung hervor,<br />

deren Prototyp Anfang Juni 1944 erstmals<br />

startet. Volle Einsatzbereitschaft wird der erste<br />

Lincoln-Verband aber nicht vor August<br />

1945 erreichen.<br />

Veraltet, aber noch lange nicht überflüssig:<br />

Auf die Lancaster warteten<br />

nach dem Krieg noch viele unterschiedliche<br />

Aufgaben. Diese Lancaster<br />

WU-01 ist die erste, die von der französischen<br />

Aèronavale als Patrouillenflugzeug<br />

übernommen wird<br />

Foto Sammlung Mühlbauer<br />

Mehr Reichweite – aber wie?<br />

Als man am 24. Februar desselben Jahres die<br />

»Tiger Force«, wie die VLR von nun an heißt,<br />

offiziell aufstellt, führt also zunächst kein Weg<br />

an der Lancaster vorbei. Schließlich will die<br />

RAF bis Spätsommer zehn Bomber Squadrons<br />

in Fernost bereitstellen. Deren Erstausrüstung<br />

soll vorwiegend auf Tropenstandard<br />

gebrachte Maschinen des Typs B.Mk.I (FE)<br />

und B.Mk.VII (FE) umfassen.<br />

Um ihren Aktionsradius dem fernöstlichen<br />

Kriegsschauplatz adäquat anzugleichen, setzt<br />

man bereits seit geraumer Zeit auf das Konzept<br />

der Luftbetankung. Anfang 1944 erhält<br />

die Flight Refuelling Ltd. den Auftrag, ein<br />

passendes Tankflugzeug und das zugehörige<br />

Treibstoffübernahmesystem für die Lancaster-Flotte<br />

der VLR zu entwickeln.<br />

Der Tanker verfügt über zwei zusätzliche<br />

Treibstoffbehälter samt Schlauchtrommel und<br />

Winde im Bombenschacht. Die Empfängermaschine<br />

besitzt eine starre Tanksonde im<br />

Heck sowie ein beschwertes, von einer Winde<br />

gezogenes Schleppkabel. Dies wird zunächst<br />

für die Spritübergabe abgerollt und anschließend<br />

vom »Tankwart« mithilfe einer Leine,<br />

an der sich kleine Enterhaken befinden, eingefangen.<br />

Nachdem es an Bord des Tankers<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

23


TECHNIK<br />

Avro Lancaster<br />

Ihr gelingt am 23. November 1946 der erste<br />

strahlgetriebene internationale Passagierflug:<br />

Lancastrian WH742 mit zwei RR-Nene-Düsenaggregaten<br />

Foto via Buttler<br />

Diese Lancaster B.Mk.I (FE) trägt wie alle für<br />

Fernost bestimmten Maschinen ein charakteristisches<br />

schwarz-weißes Tarnschema<br />

Foto Sammlung Mühlbauer<br />

24


gezogen ist, befestigt er daran den Treibstoffschlauch,<br />

der dann wiederum mithilfe des besagten<br />

Schleppkabels auf die Heckkupplung<br />

des Empfängerflugzeugs gezogen wird.<br />

Prototypen für Tanker und Empfänger<br />

sind Anfang November 1944 fertig; die erste<br />

Treibstoffübernahme klappt einen Monat später.<br />

Anfänglich sollen 530 Lancaster entsprechend<br />

umgebaut werden, doch der Plan zerschlägt<br />

sich bis April 1945 wieder. Zwar<br />

erprobt man das komplizierte Verfahren weiter,<br />

sein großflächiger Einsatz aber ist vom<br />

Tisch. Es bleibt bei elf modifizierten Maschinen,<br />

von denen einige weiterhin Erprobungszwecken<br />

dienen.<br />

Alternativ testet Avro einen sogenannten<br />

Saddle Tank im Rumpfrücken. Er fasst etwas<br />

mehr als 5450 Liter und soll bis zu 5075 Kilometer<br />

Gefechtsreichweite bei einer Bombenladung<br />

von gut 2,7 Tonnen ermöglichen –<br />

knapp 1050 Kilometer mehr als vorher. Zwei<br />

Flugzeuge werden passend hergerichtet; die<br />

ersten Starts finden im Mai 1945 statt. Doch<br />

ihre Flugeigenschaften gelten als »unzumutbar«,<br />

und es bleibt beim Versuch.<br />

Unabhängig davon stehen viele B.Mk.VII<br />

(FE) bei der RAF in Indien und vor allem in<br />

Ägypten bis 1947 hinein im Einsatz. Und<br />

beim Coastal Command feiert die Lancaster<br />

sogar erst im Herbst 1945 ihren Einstand: als<br />

Ersatz für die Liberator und kostengünstiges<br />

Avro Lancaster B.Mk.10MR mit der<br />

Seriennummer KB973 und der Kennung<br />

AJ-973. Sie gehörte 1956 zur No 407<br />

Squadron der RCAF<br />

Zeichnung Juanita Franzi<br />

Altlast beim Bomber Command<br />

Nachdem am 15. August der Waffenstillstand<br />

mit Japan in Kraft tritt, ist das Ende der Tiger<br />

Force besiegelt. Sie wird bis 31. Oktober 1945<br />

aufgelöst – ohne dass eine der dafür vorgesehenen<br />

Maschinen des Bomber Command je<br />

an ihrem Bestimmungsort auf Okinawa angelangt<br />

wäre.<br />

Nun geht die RAF vollends dazu über, ihre<br />

Bomber Groups bis Jahresende von vormals<br />

sechs auf zwei zu reduzieren und damit<br />

auch den Bestand an Lancaster kontinuierlich<br />

abzubauen. Der kompromisslos für den<br />

Kampf gegen Deutschland geschaffene Bomber<br />

ist mit Kriegsende schlicht überholt. Dass<br />

die Viermot, die bald nur noch als Lückenbüßer<br />

fungiert, nicht sofort der Lincoln weicht,<br />

hängt mit ihrer hohen Anzahl und Verfügbarkeit<br />

zusammen, insbesondere, da die Produktion<br />

aufgrund bestehender Verträge noch<br />

bis März 1946 läuft.<br />

Wie wenig man mit den Maschinen anfangen<br />

kann, zeigt sich zum Beispiel daran, dass<br />

die meisten davon nach nur 150 Flugstunden<br />

verschrottet werden. Im März 1950 verlässt<br />

die letzte Lancaster die aktiven Einsatzverbände<br />

des Bomber Command, drei Jahre später<br />

ist sie endgültig aus dessen Reihen verschwunden.<br />

LL681 (G-AHJU) ist eine der Maschinen, die der Flight Refuelling Ltd. zur Entwicklung eines Luftbetankungsverfahrens<br />

für die Tiger Force zugeteilt sind<br />

Foto via Buttler<br />

Gelungene Symbiose: Avro York<br />

Avro York C.Mk.I Foto Sammlung Mühlbauer<br />

1942 beginnt Avro zunächst privat mit der<br />

Entwicklung dieses Passagier- und Frachtflugzeuges<br />

auf Basis der Lancaster. Man gestaltet<br />

einen neuen, kastenförmigen Rumpf<br />

mit doppelt so großem Volumen, behält aber<br />

Tragflächen, Fahrwerke und Antrieb des<br />

Bombers bei. Erstflug der York genannten<br />

Maschine ist am 5. Juli 1942. Dank ihrer<br />

Rumpfauslegung lässt sie sich auch als<br />

effizientes Zivilflugzeug nutzen, von dem immerhin<br />

44 Stück entstehen und mit großem<br />

Erfolg eingesetzt werden. Einer der fünf Prototypen<br />

dient Winston Churchill bald als Reiseflugzeug.<br />

Die BOAC übernimmt im Februar<br />

1944 ihre erste York I. Weitere Airlines im<br />

In- und Ausland folgen in den Nachkriegsjahren.<br />

208 Exemplare baut man als Militärtransporter<br />

vom Typ C.Mk.I meist für die<br />

RAF; zusätzlich stehen einige davon in<br />

Diensten der südafrikanischen und australischen<br />

Streitkräfte. Eine Anzahl C.Mk.I findet<br />

nach ihrer Ausmusterung bei der RAF den<br />

Weg nach Kanada und Frankreich. Die letzten<br />

Exemplare fliegen noch bis 1964. ■<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

25


TECHNIK<br />

Avro Lancaster<br />

Technologieträger Lancaster<br />

Die Lancaster bietet eine ausgezeichnete Basis zur Erprobung neuer Strahltriebwerke, Propellerturbinen,<br />

Bordsysteme und Technologien oder für aerodynamische Forschungsaufgaben. Mit ihrer<br />

Hilfe lassen sich insbesondere die jeweils eingebauten Antriebsaggregate relativ gefahrlos im<br />

Flug sowie in großen Höhen testen.<br />

LL735 mit Metrovick F.2/1 Strahltriebwerk<br />

im Heck<br />

Foto Avro<br />

TW911 mit zwei Armstrong-Siddeley-<br />

Python-Turboprops Foto Sammlung Mühlbauer<br />

PA474 mit Testvorrichtung zur<br />

Laminarprofilforschung Foto BAC<br />

Übergangsmuster bis zur Einführung der<br />

Avro Shackelton. Für diesen Zweck werden<br />

etwas mehr als 160 B.Mk.I- und insbesondere<br />

Mk.III-Bomber zu ASR/GR-Mk.III-Seeaufklärern<br />

umgebaut. Sie bleiben teilweise bis<br />

1954 im Dienst. Zwei Jahre später ist die Lancaster<br />

dann auch beim Coastal Command<br />

Geschichte.<br />

Über Eis, Meer und Pampa<br />

Nach Großbritannien wird Kanada zum<br />

wichtigsten Betreiber der Lancaster in der<br />

Nachkriegszeit: 420 Maschinen vom Typ<br />

B.Mk.X (ab 1950 B.Mk.10) hat die Royal Canadian<br />

Air Force (RCAF) nach Kriegsende im<br />

Bestand – 229 davon kommen letztlich zur<br />

weiteren Verwendung. Viele passt man Spezialaufgaben<br />

an und modernisiert sie, wobei<br />

Defensivwaffen und Abwehrstände meist<br />

wegfallen. Für die RCAF verkörpern sie ebenfalls<br />

nur eine preiswerte, wenn auch oft langlebige<br />

Zwischenlösung. Exemplarisch seien<br />

der Seeaufklärer B.Mk.10MR (ab 1956 MP)<br />

oder der Aufklärungsbomber B.Mk.10P genannt<br />

– er ist es auch, der am längsten genutzt<br />

wird, nämlich bis ins Frühjahr 1964 hinein.<br />

Frankreichs Marineflieger erhalten zwischen<br />

1951 und 1954 insgesamt 32 B.Mk.I- und<br />

22 B.Mk.VII-Bomber, die zur U-Boot-Jagd und<br />

Seeüberwachung modifiziert werden. Unter<br />

anderem versieht man jede davon mit Doppelsteuerung<br />

sowie internen Zusatztanks; der<br />

obere Drehturm und die Abwehrwaffen entfallen.<br />

Fünf weitere B.Mk.VII übernimmt<br />

Frankreich 1953/54 als zivil registrierte Rettungsflugzeuge<br />

mit einem abwerfbaren Boot<br />

unter dem Rumpf. Die letzten Lancaster fliegen<br />

bei der Aèronavale bis Juli 1964.<br />

Für die Luftstreitkräfte Argentiniens bedeutet<br />

es hingegen einen Quantensprung, als<br />

sie die altgedienten Viermotorigen einführt.<br />

Denn als die Fuerza Aérea Argentina zwischen<br />

Mai 1948 und Januar 1949 unter anderem<br />

15 Lancaster B.Mk.I aus Überschussbeständen<br />

erhält, erlangt sie als erste Luftwaffe<br />

Südamerikas strategische Angriffsfähigkeit.<br />

Technische Daten – Avro Lancaster B.Mk.VII<br />

Länge<br />

21,18 m<br />

Höhe<br />

5,97 m<br />

Spannweite 31,08 m<br />

Flügelfläche 120,77 m²<br />

Triebwerk vier flüssigkeitsgekühlte Packard Merlin 24<br />

12-Zylinder-Reihenmotoren mit je 1620 PS Leistung<br />

Max. Startmasse 39 010 kg<br />

Höchstgeschw. 442 km/h<br />

Reichweite 4092 km mit 3175 kg Bombenlast<br />

Dienstgipfelhöhe 7620 m<br />

Bewaffnung vier 12,7-mm-MG sowie zwei 7,65-mm-MG in drei<br />

Waffenständen<br />

maximal 8165 kg Bombenlast (Normalbestückung)<br />

Besatzung sieben Mann<br />

Als Ergebnis weiterführender Versuche gelingt am 28. April 1948<br />

erstmals die Treibstoffübernahme mithilfe des sogenannten<br />

Schlauch- und Windsack-Systems<br />

Foto via Buttler<br />

26


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TECHNIK<br />

Avro Lancaster<br />

Mehr als 130 Lancaster B.Mk.III werden nach dem Krieg<br />

zur Seeaufklärern vom Typ ASW/GR.III umgerüstet und<br />

beim RAF Coastal Command in Dienst gestellt<br />

Foto Sammlung Mühlbauer<br />

Der Reichweitentank auf dem Rumpfrücken erhöht zwar den Aktionsradius<br />

signifikant, führt aber im Gegenzug zu inakzeptablem<br />

Flugverhalten<br />

Foto via Buttler<br />

Die Royal Canadian Air Force lässt nach Kriegsende zahlreiche<br />

B.Mk.X-Bomber modernisieren. Der Aufklärungsbomber B.Mk.10P<br />

bleibt bis 1964 im Dienst<br />

Foto RCAF<br />

Die Flugzeuge kämpfen teilweise 1955 im<br />

Rahmen der Revolutionswirren; viele werden<br />

später zu Transportern umgebaut. Erst 1966<br />

wandern die letzten Exemplare auf den<br />

Schrottplatz.<br />

Das Königreich Ägypten nutzt den Bomber<br />

ebenfalls während der Nachkriegsjahre:<br />

Nachfolger Avro Lincoln<br />

Avro Lincoln B.Mk.II<br />

Foto BAC<br />

1949/50 übernimmt man neun B.Mk.I als Gegenpol<br />

zu den B-17 und behelfsmäßig umgerüsteten<br />

C-47 der Israelis. Doch schnell einsetzender<br />

Ersatzteilmangel minimiert den<br />

Nutzwert der Bomber entscheidend. Sie sind<br />

nur selten in der Luft und bis 1956 wieder<br />

ausgemustert.<br />

Die Avro Lincoln, von der 604 Stück gebaut<br />

werden, entsteht als direkte Weiterentwicklung<br />

der Lancaster. Die ersten Exemplare<br />

stellt man im August 1945 in Dienst. Zugleich<br />

ist die Lincoln der letzte Bombertyp<br />

mit Kolbenmotoren für die RAF. Zum Einsatz<br />

im Zweiten Weltkrieg kommt es nicht mehr –<br />

stattdessen kämpfen zahlreiche Maschinen<br />

in den 1950er-Jahren gegen die aufständischen<br />

Mau-Mau in Kenia sowie gegen die<br />

kommunistische Guerilla im damaligen Malaya.<br />

Die RAF mustert ihre letzten Lincoln<br />

im März 1963 aus. Australien erhält seine<br />

ersten Maschinen Ende 1946. Viele davon<br />

nehmen später ebenfalls am Kampf um<br />

Malaya statt, ehe man sich 1961 endgültig<br />

von dem Bomber trennt. Argentinien übernimmt<br />

1947/48 insgesamt 30 Stück. Ähnlich<br />

wie bei der Lancaster entstehen auch<br />

von der Lincoln diverse Umbauten als Testplattformen<br />

für Strahltriebwerke oder Propellerturbinen.<br />

■<br />

Erheblich wichtigere Verdienste erwirbt<br />

sich die Lancaster dagegen als fliegender<br />

Prüfstand und Technologieträger. Vorreiter<br />

ist der ursprüngliche Prototyp BT308, der ab<br />

Ende Juni 1943 dazu dient, das Metropolitan-Vickers-F.2/1-Düsentriebwerk<br />

zu erproben.<br />

Das Strahlaggregat ist zu diesem Zweck<br />

im Heck untergebracht und erhält seine Arbeitsluft<br />

über einen markanten Lufteinlauf,<br />

der kurz vor den Leitwerken aus der Rumpfoberseite<br />

ragt.<br />

LL735, eine Lancaster B.Mk.II, dient ein<br />

Jahr später ähnlich modifiziert zur Flugerprobung<br />

des F.2/1- sowie des F.2/4-Beryl-<br />

Triebwerks. Bis 1950 hinein wird eine Handvoll<br />

weiterer Bomber unterschiedlicher<br />

Versionen zu fliegenden Prüfständen für<br />

Strahlantriebe umgestrickt. Parallel dazu lässt<br />

sich die Lancaster hervorragend zum Testen<br />

neuer Propellerturbinen heranziehen.<br />

Umbau zum Transporter<br />

All diesen Spezialflugzeugen sind wertvolle<br />

Daten über Leistungsumfang und Betriebs -<br />

sicherheit, insbesondere der getesteten Strahltriebwerke,<br />

zu verdanken – Erkenntnisse, die<br />

damals gar nicht hoch genug einzuschätzen<br />

sind. Zusätzlich zieht man passend umgebaute<br />

Einzelexemplare unter anderem<br />

dazu heran, ein Böenausgleichssystem und<br />

ferngesteuerte Abwehrstände zu erproben<br />

oder laminare Tragflächenprofile zu optimieren.<br />

Ferner verwendet man sie auch als Drohnenträger.<br />

28


Avro Lancastrian Mk.III der Qantas mit<br />

der Kennung VH-EAV. Das Flugzeug wurde<br />

im November 1951 nach einem Unfall<br />

abgeschrieben<br />

Zeichnung Juanita Franzi<br />

Besondere Verdienste erwirbt sich die<br />

Lancastrian bei der Berliner Luftbrücke.<br />

In noch größerem Umfang entstehen<br />

Fracht- und Zivilumbauten des Bombers. Den<br />

Anfang macht 1943 die kanadische Victory<br />

Aircraft. Dort rüstet man eine einzelne<br />

B.Mk.X für den Canadian Government Trans-<br />

Atlantic Air Service zu unbewaffneten Frachtund<br />

Passagierflugzeugen mit verglastem Bug<br />

und Zusatztanks im Waffenschacht um. Acht<br />

weitere Maschinen mit stromlinienförmigem<br />

Bug- und Heckkonus, bezeichnet als Lancaster<br />

XPP, folgen.<br />

Im Frühjahr 1945 gibt die BOAC in England<br />

30 ähnliche Exemplare, Lancastrian genannt,<br />

in Auftrag. Da an den Neubau reiner<br />

Airliner vorerst noch nicht zu denken ist, darf<br />

Avros Viermot hier erstmals Lückenbüßer<br />

spielen. Der schmale Rumpf schränkt die<br />

Fluggastkapazität auf nur neun Personen ein,<br />

weshalb die BOAC-Maschinen praktisch nur<br />

als VIP-Transporter dienen. Mehrere weitere<br />

Airlines sowie die argentinische Handelsmarine<br />

nutzen den Typ später ebenfalls.<br />

Vergessener Pionier<br />

Für Schlagzeilen sorgt das unerklärliche Verschwinden<br />

der G-AGWH »Star Dust«, einer<br />

Lancastrian der BOAC. Sie geht am 2. August<br />

1946 verloren – laut ihres letzten verstümmelten<br />

Funkspruchs scheinbar beim Landeanflug<br />

auf Santiago de Chile. Spuren finden<br />

sich erst im Januar 2003 am Fuße des rund<br />

100 Kilometer östlich gelegenen Tupungato<br />

Vulkans, gegen den die Maschine offenbar geprallt<br />

ist. Wahrscheinlich hat starker Jetstream<br />

die Geschwindigkeit der »Star Dust« signifikant,<br />

jedoch von der Crew unbemerkt, verringert.<br />

Da die damals übliche Koppelnavigation<br />

wegen des Schneesturms unmöglich<br />

ist, leitet der Pilot den Sinkflug allein anhand<br />

der relativen Fluggeschwindigkeit und der<br />

verstrichenen Flugzeit ein – und befindet sich<br />

dabei unglücklicherweise noch innerhalb der<br />

Andenkette.<br />

Letzten Endes entstehen 82 Lancastrian,<br />

die mehrheitlich beim Militär Dienst tun. Der<br />

Typ ist im Vergleich zu anderen modifizierten<br />

Bombern schnell und hat eine hohe Reichweite.<br />

Nebenbei wird er das erste Flugzeug,<br />

das die RAF zu einer Weltumrundung einsetzt.<br />

Besondere Verdienste erwirbt sich die<br />

Die BOAC betreibt insgesamt 30 Lancastrian<br />

Lancastrian bei der Berliner Luftbrücke: über<br />

5000 Versorgungsflüge absolvieren die 15 hier<br />

eingesetzten Transporter.<br />

Davon unabhängig, fungieren zehn umgebaute<br />

Lancastrian als Erprobungsträger für<br />

Strahl- oder Propellerturbinen. Das bekannteste<br />

Exemplar dürfte die VH742 sein, mit der<br />

am 23. November 1946 der erste rein düsengetriebene<br />

internationale Passagierflug von<br />

London nach Paris gelingt. Eine Pionierleistung,<br />

die längst vergessen ist.<br />

Von einst 7377 gebauten Lancaster steht<br />

heute gut ein Dutzend insbesondere in Kanada<br />

und Großbritannien in Museen, zwei<br />

davon sind sogar flugfähig. Hierzulande<br />

muss man sich dagegen mit Wrackfunden zufriedengeben,<br />

wobei das wohl eindrucksvollste<br />

Exponat im Deutschen Technikmuseum<br />

in Berlin ausgestellt ist. Es handelt sich<br />

um die Tragfläche einer im September 1943<br />

abgeschossenen Maschine, die man 1997 aus<br />

dem Wünsdorfer See geborgen hat. ■<br />

Quellen (Auswahl):<br />

Buttler, T.: »Avro Lancaster.« Warpaint<br />

Series No 89, 2012<br />

Delve, K.: »A. Lancaster.« Crowood Press 1999<br />

Jacobs, P.: »Lancaster Story.« Arms and<br />

Armour Press 1996<br />

Die kanadischen Luftstreitkräfte nutzen bis 1961<br />

zwei Lancaster B.Mk.10DR als Trägerflugzeuge für<br />

Ryan KDA-4 Drohnen<br />

Foto Sammlung Mühlbauer<br />

Foto Sammlung Mühlbauer<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

29


OLDTIMER<br />

Spitfire-Restaurierung<br />

SPITFIRE DER BATTLE OF BRITAIN MEMORIAL FLIGHT<br />

Die ewige Heldin<br />

30


Ihre »Rente« hat sich diese Spitfire Mk XVI sicherlich anders vorgestellt: Anstatt<br />

einen ruhigen Lebensabend in einem Museum zu verbringen, ist diese Maschine<br />

ständig auf Achse. Ihr Auftrag: Sie soll die RAF repräsentieren! Von Richard Paver<br />

»Botschafter« der RAF: Nach einer aufwendigen<br />

Restaurierung fliegt die Spitfire TE311 für die<br />

Battle of Britain Memorial Flight (BBMF)<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

31


OLDTIMER<br />

Spitfire-Restaurierung<br />

Kamerascheu? Keineswegs! Squadron Leader<br />

Dunc Mason präsentiert mit einem schwindelerregenden<br />

Manöver die Unterseite der Spitfire<br />

Einsatzflugzeuge haben naturgemäß mit<br />

Verschleiß und Witterung zu kämpfen.<br />

Doch diese längst ausgemusterte Spit -<br />

fire Mk XVI mit der Seriennummer TE311<br />

muss sich hinter den »Jungspunden« nicht<br />

verstecken, denn gefordert wird sie auch heute<br />

noch, im hohen Alter.<br />

Die TE311 ist eine der seltenen Spitfire mit<br />

Vollsichthaube, gekappten Tragflächen und<br />

flachem Rücken. Sie kam nach einer umfangreichen<br />

Restaurierung zur RAF Battle of Britain<br />

Memorial Flight (BBMF) und wurde dort<br />

erstmals am 19. Oktober 2012 versuchsweise<br />

geflogen. Das Restaurierungsprojekt selbst<br />

hatte bereits im Oktober 2001 begonnen. Es<br />

war nach mehr als 58 Jahren der erste Flug<br />

dieser Maschine, die 2013 auf Airshows in<br />

Großbritannien zu sehen sein soll.<br />

Die »Gnade der späten Geburt«: Der Hersteller<br />

lieferte die TE311 am 8. Juni 1945 an die<br />

RAF aus. Somit konnte sie nicht mehr am<br />

Krieg in Europa teilnehmen. Sie wurde stattdessen<br />

bis zum Februar 1946 bei der Central<br />

Flying School auf der RAF-Basis Hullavington,<br />

Wiltshire, eingesetzt. Anschließend lagerte<br />

man sie ein, bis sie 1951 mit der Nummer<br />

1689 zur Ferry Pilot Training Flight kam.<br />

Es war nach mehr als 58 Jahren<br />

der erste Flug dieser Maschine.<br />

Im Juni 1951 erlitt sie hier bei einem Flugunfall<br />

leichte Schäden. Nach der Reparatur<br />

wechselte sie im Juli 1952 zum Flying Training<br />

Command auf dem RAF-Stützpunkt<br />

Benson. Im Dezember 1954 wurde sie schließlich<br />

aus dem Flugbetrieb genommen, da es innerhalb<br />

der RAF keine Verwendung mehr<br />

für sie gab. Die Spitfire erhielt die RAF Maintenance<br />

Ser. No. 7241M (Wartungsnummer<br />

7241M) und kam als »Gate Guardian« (»Torwache«)<br />

zur RAF-Basis Tangmere.<br />

Die TE311 1967 als Spitfire Mk I. Der Rumpfrücken wurde für Film -<br />

aufnahmen erhöht<br />

Der Rumpf der TE311 wird 2001 auf dem RAF-Stützpunkt Coningsby für<br />

die geplante Restaurierung »entblättert«<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, Richard Paver<br />

32


Stationen der Restaurierung und Wartung<br />

Oben rechts: Der Rumpf erhält 2003 seine Außenhaut zurück. Links: das Cockpit wirkt im März 2011 bereits fast wie neu. Unten rechts: Das Rolls-<br />

Royce-Merlin-Triebwerk während der Winter-Wartung in Coningsby im Januar 2013<br />

So weit, so gewöhnlich. Doch 1967 eröffnete<br />

sich ihr ein neuer Karriereweg, als die<br />

britische Luftwaffe sie an die Spitfire Productions<br />

Ltd. für den Film »Die Luftschlacht<br />

um England« auslieh. Hierzu wurde sie lediglich<br />

in rollfähigen Zustand versetzt und<br />

mit einer Rückenattrappe ausgerüstet, um<br />

eine Spitfire Mk I aus der Zeit um 1940 darzustellen.<br />

Öffentlichkeitsarbeit à la RAF<br />

Nach den Dreharbeiten kehrte sie zum Militär<br />

zurück und erhielt wieder ihren normalen<br />

flachen Rücken. Für kurze Zeit war sie dann<br />

als statisches Exponat auf dem RAF-Stützpunkt<br />

Benson nahe Oxford ausgestellt, bis<br />

man sie Mitte der 1970er-Jahre für die RAF<br />

Exhibition Flight auswählte.<br />

Ende der 1970er- bis Mitte der 1980er-Jahre<br />

nutzte die RAF zwei nicht flugtüchtige,<br />

aber originale Spitfire Mk XVI als Ausstellungsobjekte,<br />

um die britische Luftwaffe in<br />

den Augen der Öffentlichkeit aufzuwerten.<br />

Hierfür war die in Abingdon beheimatete<br />

RAF Exhibition Flight (RAF EF) zuständig.<br />

Bei den beiden Spitfire handelt es sich um<br />

besagte TE311 und die Mk XVI, TB382, mit<br />

Die TE311 im Jahr 1982, als sie<br />

noch bei der RAF EF Dienst tat<br />

hohem Rücken. Beide Jäger waren im Wesentlichen<br />

komplett und verfügten auch über<br />

Motoren, doch ihr Ausstellungsleben bestand<br />

darin, ständig zerlegt und per Straßentransport<br />

zu zahlreichen Veranstaltungen gekarrt<br />

zu werden. Schwerer wog jedoch der Umstand,<br />

dass sie sich ständig der Witterung ausgesetzt<br />

sahen, was von beiden Flugzeugen<br />

schließlich seinen Tribut forderte. Zwar besaßen<br />

sie einen wetterfesten, nicht authentischen,<br />

glänzenden Farbanstrich. Dennoch befanden<br />

sich die betagten Spitfire Ende der<br />

1990er-Jahre in einem erbärmlichen Zustand.<br />

Während der Zeit bei der RAF EF trug die<br />

TE311 viele Jahre lang einen Standard-Tagtarnanstrich<br />

ohne Verbandskennzeichen. Ende<br />

der 1990er-Jahre wurde die TE311 schließlich<br />

umlackiert, um die LZ-V MK178 der<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

33


OLDTIMER<br />

Spitfire-Restaurierung<br />

Das Tarnschema passt. Dunc Mason<br />

im Dezember 2012 nahe Coningsby<br />

66 Squadron darzustellen. Mit diesem Farbschema<br />

stellte man die TE311 auf der Spitfire-<br />

Show in Duxford im Mai 1998 zusammen mit<br />

der TB382 aus – einer der letzten gemeinsamen<br />

Auftritte der beiden Maschinen bei der<br />

RAF EF.<br />

Ungewisse Zukunft<br />

Danach modernisierte die RAF EF ihren<br />

Bestand an Ausstellungsflugzeugen, indem<br />

sie sich pflegeleichte Jet-Replikate aus Kunststoff<br />

zulegte. 1999 entschied man schließlich,<br />

die beiden Spitfire abzustoßen. Doch<br />

vor dem beabsichtigten Verkauf wurden die<br />

beiden Flugzeuge zerlegt und zum Heimatflugplatz<br />

der BBMF transportiert, um zu<br />

sehen, ob noch irgendwelche Teile verwertbar<br />

waren.<br />

Paul Blackah, Chefingenieur der BBMF,<br />

plante, eine der beiden Maschinen Zug um<br />

Zug in flugtüchtigen Zustand zu restaurieren<br />

und nicht, wie ursprünglich vorgesehen, zu<br />

verkaufen. Seine Wahl fiel auf die TE311, da<br />

man ihren Erhaltungszustand höher einstufte.<br />

Sein Langzeitplan sah vor, die TE311 durch<br />

ein größtenteils aus Freiwilligen bestehendes<br />

Team herrichten zu lassen. Den Hauptteil der<br />

anfallenden Kosten gedachte man durch einen<br />

Tausch zu decken: So sollten dem Unternehmen<br />

Airframe Assemblies Flächen und<br />

Rumpf der TB382 überlassen werden, während<br />

Airframe Assemblies im Gegenzug die<br />

Flächen der TE311 restaurierte.<br />

Mit Herz und Flügeln<br />

2003 erhielt Blackah grünes Licht, und er<br />

schickte die Tragflächen auf die Reise. Das<br />

Freiwilligenteam der BBMF begann gleich darauf,<br />

den Rumpf zu restaurieren, allerdings<br />

ohne Einweisung und nur ein bis maximal<br />

zwei Beplankungsteile gleichzeitig. Ferner<br />

trieb man für die TE311 einen überholten<br />

Packard-Merlin-266-Motor auf.<br />

Doch das kräftigste Herz nutzt freilich<br />

nichts, wenn dem zukünftigen Adler die<br />

Squadron Leader Ian Smith (BBMF) kontrolliert im März 2011 den Restaurationsfortschritt<br />

der TE311<br />

Januar 2013: Das alte Mädchen darf die Wintermonate nun in der Halle<br />

in Coningsby verbringen, wo sie auch gewartet wird<br />

34


Teil des »Gesundheits-Checks«: Die Spitfire wurde im Januar 2013 aufgebockt,<br />

um ihr Fahrwerk zu testen<br />

Direkt hinter dem Fahrwerksschacht ist der Motorkühler auf der<br />

Tragflügelunterseite<br />

Schwingen fehlen. Diese brachte man end -<br />

lich – runderneuert – im Mai 2010 an der<br />

Spitfire an.<br />

Es wurde entschieden, der Spitfire das Verbandskennzeichen<br />

4D-V der 74 Squadron zu<br />

geben. Es handelt sich hierbei um die Maschine<br />

von Tony Reeves, die er 1945 als Staffelführer<br />

flog. Die 74 Squadron gehörte zur<br />

145 Wing, 2nd Tactical Air Force, die 1945 zur<br />

Luftnahunterstützung und zur bewaffneten<br />

Aufklärung für die vorrückenden Bodentruppen<br />

eingesetzt wurde. Für Erdkampfeinsätze<br />

konnte die Spitfire bis zu 1000 Pfund Bomben<br />

mitführen. Die LF-XVI-Versionen waren für<br />

solche Einsätze besonders gut geeignet, da sie<br />

mit ihren gekappten Flächen auch die hohen<br />

g-Belastungen beim Hochziehen nach Steilangriffen<br />

besser verkrafteten. Sie wiesen außerdem<br />

eine höhere Rollgeschwindigkeit gegenüber<br />

den Maschinen mit elliptischen Flächen<br />

normaler Spannweite auf.<br />

Wieder in ihrem Element<br />

Die 74 Squadron war eine der berühmtesten<br />

RAF-Jagdstaffeln und als »The Tiger Squadron«<br />

bekannt. Sie war seit 1917 Fronteinsatzstaffel,<br />

bis sie 1992 ihre Phantom ausmusterte<br />

und aufgelöst wurde. Im März 1945 ersetzte<br />

die Einheit ihre Spitfire Mk IXe durch die<br />

Mk XVI und rückte aus den Niederlanden<br />

nach B105 Drope vor, einem kleinen Grasplatz<br />

in Norddeutschland nahe der niederländischen<br />

Grenze. Dort blieb sie vom 16. April bis<br />

zum 11. Mai 1945. Aus diesem Grund stellt die<br />

TE311 heute eine Spitfire der 74 Squadron dar,<br />

wie sie einige Tage vor Ende des Zweiten<br />

Weltkriegs in Europa ausgesehen hätte.<br />

Der letzte Kampfeinsatz der Staffel war eine<br />

bewaffnete Aufklärungsmission im Bereich<br />

Wilhelmshaven. Wenige Tage nach<br />

Kriegsende kehrte die Einheit schließlich nach<br />

Großbritannien zurück und wurde bereits im<br />

Juni 1945 auf die strahlgetriebene Gloster Meteor<br />

umgerüstet.<br />

Geschichtsträchtig ist die rüstige TE311 somit<br />

allemal, doch den Amtsschimmel berührt<br />

dies nicht, und er sollte für Paul Blackah noch<br />

kräftig und ausdauernd wiehern. Denn 2011<br />

Mit ihren gekappten Flächen konnte sie<br />

auch die hohen g-Belastungen verkraften.<br />

Die TE311 Ende der 1990er-Jahre. Ihre Zeit bei<br />

der RAF-EF neigt sich dem Ende entgegen<br />

ersuchte dieser die Militärluftfahrtbehörde<br />

darum, die Spitfire wieder fliegen lassen zu<br />

dürfen, ein Prozedere, das sich bis weit in den<br />

Oktober 2012 hinziehen sollte.<br />

Die ersten Bodenprüfläufe fanden im August<br />

2012 statt, und am 19. Oktober startete<br />

Staffelführer Ian Smith, ehemaliger kommandierender<br />

Offizier der BBMF, mit der TE311<br />

zu ihrem ersten Testflug. Dieser musste mit<br />

ausgefahrenem Fahrwerk durchgeführt werden,<br />

da es sich nicht einfahren ließ. Erst nachdem<br />

man den Fahrwerk-Bedienhebel und die<br />

Hydraulikpumpe ausgetauscht hatte, war der<br />

Fehler behoben. Es folgten daraufhin weitere<br />

Testflüge mit dem neuen kommandierenden<br />

Offizier der BBMF, Staffelführer Dunc Mason<br />

und Flight Lieutenant Anthony Parkinson.<br />

Der bei der BBMF als »Parky« bekannte Anthony<br />

Parkinson schilderte mir, wie wundervoll<br />

und wendig diese spezielle Spitfire sich<br />

im Flug verhält – insbesondere der Packard<br />

Merlin und die gekappten Flächen verleihen<br />

dem Jäger eine außerordentlich hohe Rollgeschwindigkeit.<br />

Mir wurde die besondere Ehre zuteil, die<br />

Spitfire im Fluge während der offiziellen Pressevorstellung<br />

am 14. Dezember 2012 zu fotografieren.<br />

An diesem Tag wurden wir zuvor<br />

für das Rendezvous mit Mason eingewiesen,<br />

der die Spitfire für die Luftaufnahmen an<br />

dem bitterkalten, aber außerordentlich klaren<br />

Dezembertag fliegen würde. Aufgrund der<br />

Jahreszeit war das herrschende Licht bei niedrigem<br />

Sonnenstand extrem kontrastreich –<br />

vermutlich einer der kältesten Bildflüge, die<br />

ich je unternommen habe.<br />

■<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

35


TECHNIK<br />

Typengeschichte<br />

Sie sollte die USA in Angst und Schrecken versetzen:<br />

Die Me 264 V1 mit Jumo-211-Motoren und VDM-Propellern<br />

MESSERSCHMITT ME 26 4: AUFKLÄRER UND BOMBER – Teil 1<br />

Vom »Bananenflugzeug«<br />

zum »Amerikabomber«<br />

Es war ein kolossales Projekt: Die deutsche Führung forderte einen Bomber, der in der<br />

Lage war, den Atlantik zu überfliegen, um Städte in den USA zu bombardieren. Messerschmitt<br />

stellte sich der Herausforderung …<br />

Von Herbert Ringlstetter<br />

Schon früh begeisterte sich Willy Messerschmitt<br />

für die Idee eines Langstrecken-Flugzeugs<br />

mit einer Reichweite<br />

von mindestens 15 000 Kilometern. Die Ausschreibung<br />

des Reichsluftfahrtministeriums<br />

(RLM) für ein Wettbewerbsflugzeug, mit<br />

dem ein Weltflug durchgeführt werden könne,<br />

bot Messerschmitt 1935 erstmals die<br />

Möglichkeit, seinen Traum umzusetzen.<br />

1937 musste das Projekt 1053 (Bf 164) jedoch<br />

beendet werden, das RLM hatte inzwischen<br />

andere Prioritäten. Einen weiteren Schritt<br />

hin zum Langstre cken-Flugzeug machte<br />

Messerschmitt mit dem Großflugzeugprojekt<br />

Bf 165, das vermutlich mit den in der<br />

Entwicklung befindlichen Fernbombern<br />

Dornier Do 19 und Junkers Ju 89 konkurrierte.<br />

Doch bereits nach dem Bau einer Attrappe<br />

wurden die Arbeiten an der Maschine<br />

1938 eingestellt.<br />

Einem Gerücht nach sollte für die 1940<br />

in Tokio geplante Olympiade ein hoch exklusiver,<br />

fliegender Pressedienst eingerichtet<br />

werden. Hitler wolle persönlich mit der Maschine<br />

zu den Spielen nach Japan reisen und<br />

habe sie in Auftrag gegeben.<br />

Bei Messerschmitt machte man sich an die<br />

Arbeit: Mit dem Projekt 1062 wollte man den<br />

»Führerwunsch« erfüllen. Vom RLM erhielt<br />

die zweimotorige Maschine die Bezeichnung<br />

Me 261. Parallel dazu untersuchte man eine<br />

vergrößerte Variante mit vier Triebwerken<br />

und einer gewünschten Reichweite von<br />

36


Hochmoderner Arbeitsplatz<br />

Die Bugpartie der Me 264 V1 samt Führerraum während der Fertigung. Die Sitze (re. fehlt noch)<br />

waren mit Rückenpanzern versehen, das Ruderhorn konnte geschwenkt werden. Das Bugrad<br />

wurde beim Einziehen um 90 Grad gedreht und hatte einen Durchmesser von 935 mm<br />

etwa 20 000 Kilometern. Offiziell war das<br />

Projekt 1061 für den »Transport hochwertiger<br />

Frisch güter aus tropischen Überseegebieten«<br />

gedacht. Werksintern bekam die Maschine<br />

den Spitznamen »Bananenflugzeug«. Die<br />

Entwicklungsarbeiten begannen vorerst ohne<br />

Regierungsauftrag und mit geringem Aufwand.<br />

Doch der Kriegsbeginn am 1. September<br />

1939 setzte neue Zielvorgaben. Die Typen<br />

Bf 109 und Bf 110 verlangten die ganze Aufmerksamkeit<br />

der Augsburger, neue Typen befanden<br />

sich in der Entwicklung und P 1061<br />

hatte plötzlich keine Bedeutung mehr.<br />

Ruf nach einem Fernbomber<br />

1940 verschärfte sich die Kriegslage zusehends,<br />

und das Verhältnis zu den noch nicht<br />

direkt am Krieg beteiligten USA wurde immer<br />

angespannter. Das RLM forderte ein<br />

Fernstkampfflugzeug mit einer Mindestreichweite<br />

von unglaublichen 12 000 Kilometern.<br />

Für Willy Messerschmitt bedeutete dies<br />

erneut die Möglichkeit, seinen Traum vom<br />

idealen Flugzeug wahr werden zu lassen.<br />

Ab 20. Dezember 1940 nahm man die<br />

Arbeiten am Projekt 1061 wieder auf, allerdings<br />

waren es keine Südfrüchte mehr, die<br />

transportiert werden sollten. Dennoch berücksichtigte<br />

man eine zivile Nutzbarkeit.<br />

Die Reichweite des Langstreckenvogels sollte<br />

nun sogar bis zu 20 000 beziehungsweise<br />

15 000 Kilometer mit einer Bombenlast von<br />

5000 Kilogramm betragen. Voraussetzung dafür<br />

war ein geringstmöglicher Luftwiderstand.<br />

Dies schloss selbstverständlich auch<br />

die Abwehrbewaffnung ein, die im Rumpf<br />

versenkbar sein sollte.<br />

Die Leistungsfähigkeit der Maschine setzte<br />

starke und zuverlässige Triebwerke voraus.<br />

Man dachte dabei beispielsweise an den in<br />

der Entwicklung stehenden DB 603 von<br />

Daimler-Benz. Die Entwurfsarbeiten kamen<br />

zügig voran. Die Erfahrungen mit den Typen<br />

Bf 164, Bf 165 und der Me 261 erwiesen sich<br />

als überaus wertvoll.<br />

Um den gestiegenen Anforderungen im<br />

Seekrieg gerecht zu werden, verlangte das<br />

RLM Anfang 1941 die Entwicklung eines<br />

Fernaufklärers, der mit U-Booten zusammenarbeiten,<br />

mit Geleitzügen Kontakt halten<br />

und Flächenaufklärung durchführen sollte.<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

37


TECHNIK<br />

Typengeschichte<br />

Das Seitenleitwerk basierte auf dem der Me 261<br />

und wurde praktisch geometrisch vergrößert<br />

Bei der Erstmotorisierung der Me 264 V1 griff man notgedrungen auf Jumo-211-J-Motoren zurück<br />

Der vorgesehene Abwehrstand im hinteren Teil<br />

des Rumpfes (C-Stand) mit einem MG 151. Er<br />

wird hier mittels Funktionsattrappe erprobt<br />

Dabei wurden auch Störflüge an der Ostküste<br />

der USA in Erwägung gezogen, wenn<br />

möglich sogar mit bis zu 2000 Kilogramm<br />

Abwurflast im Rumpf. Das RLM erteilte<br />

Messerschmitt den offiziellen Entwicklungsund<br />

Bauauftrag für das Me 264 genannte<br />

Fernstkampfflugzeug.<br />

Kommt der »Amerikabomber« 1942?<br />

Bei Messerschmitt in Augsburg woll te man<br />

das Langstrecken-Flugzeug so schnell wie<br />

möglich in die Luft bekommen. Bereits im<br />

Mai 1942 sollte die Flug erprobung beginnen<br />

– eine sehr optimistische Zeitplanung. Im Vordergrund<br />

stand für Messerschmitt das speziell<br />

auf Langstreckentauglichkeit getrimmte Flugzeug.<br />

Ausrüstungsfragen standen zunächst<br />

hinten an. Der Antrieb, der größtmögliche<br />

Leistung und Betriebssicherheit gewährleisten<br />

musste, bildete den technischen Schwachpunkt<br />

des Langstrecken-Vorhabens. Infrage<br />

kamen zu dieser Zeit jedoch nur die Motoren<br />

Junkers Jumo 211 und BMW 801. Die damit errechneten<br />

Reichweiten und Nutzlasten bei voll<br />

ausgerüsteter Maschine konnten zwar durchaus<br />

beeindrucken, kamen aber nicht an die<br />

vom RLM geforderten Werte heran.<br />

Messerschmitt suchte nach Möglichkeiten,<br />

die Leistung zu steigern. Luftbetankung und<br />

der Schlepp durch eine zweite Maschine standen<br />

zur Diskussion. Oder auch die Verwendung<br />

von Starthilfen bei Überlast für mehr<br />

Treibstoff. Zudem erwog man die Umrüstung<br />

auf sechs Motoren. Von den Aggregaten<br />

DB 603 H und Jumo 213 A-2 erhoffte man sich<br />

Der Antrieb bildete den technischen<br />

Schwachpunkt des Vorhabens.<br />

beträchtliche Reichweiten- und Leistungssteigerungen.<br />

Doch diese befanden sich noch in<br />

der Erprobung und waren nicht betriebsbereit.<br />

Bis März 1941 waren die Konstruktionszeichnungen<br />

für Rumpf, Flächen und Leitwerk<br />

des ersten V-Musters fertiggestellt, und<br />

im Mai 1941 begann der Bau des ersten Versuchsflugzeugs.<br />

Die Ausrüstung sollte erst<br />

später, nachdem sie detailliert festgelegt war,<br />

eingebaut werden.<br />

Das Beinahe-Aus<br />

Anfang Januar 1942 ließ das RLM, bedingt<br />

durch die veränderte Kriegslage, die Arbeiten<br />

an der Me 264 fast völlig einstellen. Zudem<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Ringlstetter<br />

38


Messerschmitt Me 264<br />

Messerschmitt Me 264 V1<br />

Lackierung: RLM 70/71/65<br />

© Herbert Ringlstetter/Aviaticus.com<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

39


TECHNIK<br />

Typengeschichte<br />

Die schlanke Maschine kam Messerschmitts Vorstellung vom »Optimal-Flugzeug« schon recht nahe<br />

wies man auf die fehlende Entwicklungskapazität<br />

bei Messerschmitt hin. Mit verantwortlich<br />

dafür dürften auch die großen Probleme<br />

mit dem »Unglücksvogel« Me 210<br />

gewesen sein. Messerschmitt protestiere energisch,<br />

was Ende April 1942 in einer amtlichen<br />

Untersuchung mündete. Das Ergebnis: Die<br />

Me 264 ist unverzichtbar. Sowohl die Entwicklungsarbeit<br />

als auch die Einsatzmöglichkeit<br />

als Seefernaufklärer gaben der »264« die<br />

nötige Wichtigkeit. Zumindest konnten die<br />

Endmontage der Me 264 V1 und der bereits<br />

begonnene Bau von zwei weiteren V-Mustern<br />

fortgesetzt werden.<br />

Me-264-Rumpfkostruktion - der kreisrunde Querschnitt zog sich bis ins Heck durch<br />

Notgedrungen mit Jumo 211<br />

Als Antrieb für die Me 264 V1 baute man vier<br />

Jumo-211-J-V-12-Motoren mit einer Startleistung<br />

von jeweils 1420 PS ein, wie sie auch im<br />

mittleren Bomber Junkers Ju 88 Verwendung<br />

fanden. Zwar lagen die Leistungen des<br />

Jumo 211 weit hinter denen des geplanten<br />

DB 603 oder Jumo 213, doch zumindest galt<br />

das Aggregat als zuverlässig und ausgereift.<br />

Ein sehr auffallendes Charakteristikum<br />

der Me 264 war der kreisrunde, vollends aus<br />

Leichtmetall in Schalenbauweise gefertigte<br />

Rumpf, der im Verhältnis zur Spannweite der<br />

Tragflächen ungewöhnlich kurz ausfiel.<br />

In die freitragenden Flächen des Schulterdeckers<br />

waren je Flügel neun Treibstoffbehälter<br />

integriert, die zusammen 26 400 Liter Kraftstoff<br />

aufnehmen konnten. Außerdem waren bis zu<br />

sechs Zusatzbehälter an Außenträgern geplant.<br />

Laut Planung war auch eine weit gehend im<br />

Rumpf versenkbare Defen sivbewaffnung unerlässlicher<br />

Bestandteil der aerodynamisch<br />

günstigen Form. Die Bombenlast sollte im Mittelrumpf<br />

mitgeführt werden, aber man behielt<br />

40


Während des Einbaus der Treibstofftanks in die Flächen der Me 264, links die Backbordfläche, rechts die Steuerbordfläche<br />

sich auch die Möglichkeit vor, unter den Flügeln<br />

Träger für Außenlasten wie Torpedos<br />

oder Luftminen zu montieren.<br />

Weiterhin fällt das damals für deutsche<br />

Flugzeuge ungewöhnliche Bugradfahrwerk<br />

auf, das komplett einziehbar war. Die äußeren<br />

Fahrgestelle verschwanden nach dem Start in<br />

den Flügeln und inneren Motorgondeln.<br />

Das Leitwerk mit dem als Endscheiben<br />

ausgelegtem Seitenleitwerk entsprach dem<br />

der Me 261, nur dass es um 15 Prozent vergrößert<br />

war. Das Höhenleitwerk wies eine<br />

leichte V-Stellung auf. Man entwickelte es aus<br />

Kapazitätsgründen bei Fokker in Holland.<br />

Die V1 verfügte weder über eine Abwurfanlage<br />

noch über Bewaffnung oder Panzerung.<br />

Eine Druckkabine war ebenfalls nicht eingebaut,<br />

aber für später angedacht.<br />

Im Dezember 1942 bereitete sich Chef -<br />

einflieger Karl Baur auf den Erstflug mit der<br />

Me 264 V1 vor. Über die Flugerprobung und<br />

weitere Geschichte der Me 264 lesen Sie im<br />

zweiten Teil in der nächsten Ausgabe von<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong>.<br />

■<br />

Tragflächenbau in für Messerschmitt typischen Hellingen<br />

Bei der Konstruktion der Me 264 legte man auf die aerodynamische<br />

Ausgestaltung besonders hohen Wert<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

41


TECHNIK<br />

Cockpit<br />

DAS SCHLEPP<strong>FLUGZEUG</strong> HEINKEL HE 111 Z<br />

Heinkel im Doppe<br />

»Doppelt« hält in diesem Fall wohl nicht unbedingt besser, doch schleppt es mehr: Die<br />

»Zwillings-Heinkel« war eine ungewöhnliche Antwort auf den Nachschubhunger der<br />

Fronttruppen, der mehr und mehr Transportraum verlangte<br />

Von Peter W. Cohausz<br />

He 111 Z im Einsatz. Man beachte die Zusatztanks,<br />

das MG FF im rechten Rumpfbug und die<br />

Spiralen auf den Propellerhauben! Foto Sammlung Griehl<br />

Im Jahr 1941 suchte man für die neu entwickelten<br />

Großlastensegler mit bis zu 35 Tonnen<br />

Startgewicht ein passendes Schlepp -<br />

flugzeug. Mangels geeigneten Geräts schlug<br />

ein Referent des RLM die Heinkel He 111 als<br />

Zwillingsflugzeug vor. Bei zwei He 111 H-6<br />

wurden dafür der rechte beziehungsweise linke<br />

Außenflügel weggelassen und die beiden<br />

Maschinen dann unter Einbau eines Mittelstücks<br />

mit einem weiteren Junkers Jumo 211 F<br />

und zwei zusätzlichen Tanks verbunden. Zusätzlich<br />

wurden Abwurftanks mitgeführt.<br />

»Giganten«-Schlepper<br />

Die Entwicklungsarbeiten für die He 111 Z<br />

liefen über den Sommer 1941, während<br />

gleichzeitig Schleppversuche mit zwei oder<br />

drei regulären He 111 vor einer Me 321 »Gigant«<br />

durchgeführt wurden. Diese erwiesen<br />

sich jedoch als wenig erfolgreich, zu kompliziert<br />

und auch als zu gefährlich.<br />

Im Herbst 1941 flog die erste He 111 Z erfolgreich<br />

und auch die ersten Schleppversuche<br />

ab Januar 1942 mit der Me 321 mit bis zu<br />

20 Tonnen Nutzlast zeigten gute Ergebnisse.<br />

So bestellte das RLM zu dem inzwischen ge-<br />

Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Cohausz<br />

42


lpack<br />

Mit gleich fünf Boliden konnte die »Zwillings-Heinkel« auch<br />

schwere Lastensegler wie die Me 321 schleppen. Hier die<br />

He 111 Z, Kennzeichen DG+DY Foto Sammlung Petrick Rarität: ein seltenes Privatfoto der Kabine der He 111 Z mit der großen<br />

Triebwerksbedienkonsole und der Gerätetafel rechts<br />

bauten zweiten Versuchsmuster zehn weitere<br />

He 111 Z, die zwischen August 1942 und Januar<br />

1943 ausgeliefert wurden.<br />

Eine fabrikneue abgestellte He 111 Z,<br />

noch ohne Bewaffnung<br />

Ausgeklügelte Steuerung<br />

Zum ersten Einsatz der He 111 Z kam es bei<br />

der Versorgung des Kuban-Brückenkopfes an<br />

der Ostfront. Im Januar 1944 waren noch acht<br />

der He 111 Z vorhanden und im September<br />

1944 nur noch vier. Bei Kriegsende waren wohl<br />

noch zwei He 111 Z beim KG 200 übrig, die<br />

in Dedelsdorf bei Celle gesprengt worden sind.<br />

Weiterentwicklungen der He 111 Z zum<br />

Fernbomber mit der Gleitbombe Hs 293 oder<br />

zum Höhenbomber wurden bei Heinkel zum<br />

Teil noch begonnen, aber aufgrund der kritischen<br />

Arbeitskräftesituation im Werk schließlich<br />

aufgegeben.<br />

Die Heinkel He 111 Z wurde vom linken<br />

Rumpf aus gesteuert und hier befand sich im<br />

Wesentlichen auch die gesamte Instrumentierung.<br />

Flugzeugführer, Bordmechaniker, Funker<br />

und ein Bordschütze saßen hier beisammen.<br />

In der rechten Hälfte befanden sich ein<br />

Beobachter, ein Monteur und ein weiterer<br />

Bordschütze.<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

43


TECHNIK<br />

Cockpit<br />

2<br />

Die Triebwerksgerätetafel<br />

der He 111 Z im Flug<br />

1<br />

Die Instrumentenanordnung der He 111 Z<br />

im linken Rumpf entsprach nach den vorliegenden<br />

Fotos in der Auslegung den späteren<br />

He 111 mit der Triebwerksgerätetafel an der<br />

rechten Cockpitseite und den Flugüberwachungs-<br />

und Navigationsgeräten vor dem Pilotensitz.<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Triebwerksinstrumentierung bei der He 111 Z im linken Rumpf<br />

Nr. Gerät Anzeigebereich Gerätenummer<br />

Die Reihen jeweils von oben:<br />

1 Kraftstoffverbrauchsanzeiger 0–500 l/h Fl 20812<br />

rechts daneben Messstellenumschalter Motor 1–5<br />

2 5 elektrische Drehzahlanzeiger 500–3000 U/min Fl 20284<br />

3 5 Ladedruckmesser 0,6–1,8 ata Fl 20555<br />

4 5 Kraftstoff-/Schmierstoff-Druckmesser 0–2/0–10 kg/cm² Fl 20512-2<br />

5 Temperaturanzeiger (Motoren 1 und 2 jeweils paarweise):<br />

Kühlstoff 0–120° C Fl 20342-2<br />

oder 0–130° C Fl 20342<br />

Schmierstoff 0–160° C Fl 20343<br />

Überdimensionierte Gerätetafeln<br />

Zur Ausrüstung gehörten eine Siemens-Kurssteuerung<br />

K4ü, eine Funknavigationsanlage<br />

Peil G VIa sowie die Funkgeräte FuG 10,<br />

FuG 17 und der Feinhöhenmesser FuG 101.<br />

Bedingt durch die fünf Motoren, war die<br />

Triebwerksgerätetafel auf eine beachtliche<br />

Größe angewachsen und weiter nach vorn<br />

versetzt worden, sodass die Piloten sie besser<br />

ablesen konnten. In der Mitte der Kanzel<br />

war unten eine große Bedienkonsole mit den<br />

fünf langen Gashebeln, den manuellen und<br />

elektrischen Luftschrauben-Verstellschaltern<br />

und den Zündschaltern angeordnet.<br />

Rechts neben der Triebwerksgerätetafel befanden<br />

sich oben eine Betriebsdatentafel, darunter<br />

eine Funkpeilanzeige KT/p2 (Fl 23474),<br />

das Fernbediengerät für den Zielflug FB 65/B<br />

(Ln 26722) und die Kopfhörer-Anschlussdose<br />

ADb 12 für den Beobachter. Die Auflistung<br />

wurde nach historischen Fotos rekonstruiert.<br />

Die Bedienung der Kühlstoff- und<br />

Schmierstoffanlage sowie die der Fahrwerke<br />

war getrennt. Im linken Rumpf befand sich<br />

der Bordmechaniker, der das Fahrwerk der<br />

linken Hälfte sowie die Motoren 1 und 2 bediente.<br />

Im rechten Cockpit fand sich für<br />

Notfälle ein weiteres Steuer und eine Notinstrumentierung.<br />

Ebenso bediente und überwachte<br />

man hier die Öl- und Kühlanlage für<br />

die Triebwerke 3 bis 5 sowie das Fahrwerk<br />

des rechten Rumpfes.<br />

Kommunikation ist alles<br />

Die Besatzungen der beiden Flugzeughälften<br />

waren also im besonderen Maße darauf angewiesen,<br />

miteinander zu kommunizieren<br />

und zu harmonieren!<br />

Von den weiteren Instrumententafeln in<br />

der He 111 Z und aus dem rechten Cockpit<br />

liegen bisher leider keine Abbildungen oder<br />

Betriebsanleitungen vor. Insofern kann diese<br />

Cockpitbeschreibung nur einen teilweisen<br />

Einblick geben, vermutlich in die He-111-Z-<br />

Kleinserie nach den zwei Prototypen. Es ist<br />

wahrscheinlich, dass die Ausrüstung in den<br />

einzelnen Maschinen zum Teil auch geringfügig<br />

variiert hat.<br />

■<br />

Zwei zivile Heinkel-Ingenieure auf einem Testflug in einer He 111 Z. Vorne sind die fünf langen<br />

Gashebel zu erkennen<br />

Foto Sammlung Dabrowski<br />

Quelle:<br />

Griehl, Manfred: »Heinkel He 111«.<br />

Stuttgart 1997<br />

Koos, Volker: »Ernst Heinkel Flugzeug -<br />

werke 1933-1945«. Königswinter 2003<br />

Luftfahrt History Heft 5. Siegen o.J.<br />

44


Anflughilfe<br />

BACKGROUND<br />

RAF-BOMBER : IM DICHTEN NEBEL SICHER RUNTER<br />

Rettende Feuerwalze<br />

Im Jahre 1958 verstarb, weltberühmt und hoch geehrt,<br />

Straßenhund Fido (»der Getreue«) im toskanischen<br />

Borgo San Lorenzo. Er war nach dem Tode<br />

seines Herrn stets zur gleichen Bushaltestelle zurückgekehrt,<br />

um auf ihn zu warten – 14 Jahre lang, über<br />

5000 Mal. Carlo Soriani, der Besitzer des Hundes, war<br />

1943 bei einem alliierten Bombenangriff auf die Stadt<br />

ums Leben gekommen.<br />

ES WAREN DIE TIERLIEBEN BRITEN, die »FIDO« als<br />

Symbol für Treue und Zuverlässigkeit aufgriffen und<br />

noch im selben Jahr zum Wohl heimkehrender Bomber-Crews<br />

einsetzten, doch nicht etwa durch die Anschaffung<br />

vierbeiniger Staffelmaskottchen. FIDO stand<br />

für Fog Investigation and Dispersal Operation, ein Paket<br />

von Anstrengungen zur Beseitigung des Nebels an<br />

Start- und Landebahnen.<br />

Der typisch britische Nebel an den küstennahen<br />

Bomberplätzen der Royal Air Force war nach Augenzeugen<br />

oft so dicht, dass man die Hand am ausgestreckten<br />

Arm nicht mehr sehen konnte. Flugzeuge, die<br />

teils zu Hunderten vom Feindeinsatz zurückkehrten<br />

und wegen schlechter Sicht nirgendwo<br />

landen konnten, mussten Kurs aufs<br />

Meer nehmen, die Crews per Fallschirm<br />

noch über der Küste aussteigen. Die Verluste<br />

»ohne Feindeinwirkung« durch<br />

Nebel hatten im Verlauf des Krieges solche<br />

Formen angenommen, dass Winston<br />

Churchill persönlich die Beschaffung eines<br />

Gegenmittels anordnete.<br />

BRITISCHE WOCHENSCHAU-AUFNAHMEN zeigen<br />

Luftwaffenhelferinnen, die im Lagezentrum<br />

»FIDO«-Hundemarken an Flugplatz-Symbole hängen.<br />

Der Zuschauer spürt förmlich die Erleichterung der<br />

Bombercrews, rettende Landebahnen erreichen zu<br />

können. Der Aufwand war riesig: Über 450 000 Liter<br />

Flugbenzin fackelten an einer FIDO-Landebahn pro<br />

Stunde ab, bei großen Plätzen auch das Doppelte.<br />

Als letzte Basis nutzte RAF Manston in der Nähe<br />

von Dover bis 1949 diese verschwenderische Methode.<br />

FIDO kam an Zivilflughäfen nur versuchsweise zum<br />

Einsatz. Vorarbeiten an einer Start- und Landebahn in<br />

London Heathrow wurden wieder eingestellt, ein ähnliches<br />

System am Los Angeles International Airport<br />

wurde 1953 abgebaut.<br />

HEUTE IST DAS FIDO-SYSTEM in Vergessenheit geraten.<br />

Automatische Landungen mit Radarüberwachung<br />

haben die »Feuerwalzen« überflüssig gemacht;<br />

die Bronzestatue des treuen Hundes aber steht stolz<br />

auf der Piazza Dante in seiner Heimatstadt.<br />

Rolf Stünkel ■<br />

So sieht eine Anflughilfe aus, wenn Geld und Umweltschutz<br />

keine Rolle spielen: Eine B-17 der 493 BG landet mithilfe<br />

von FIDO am 16. November 1944 in Großbritannien Foto USAF<br />

»Der Aufwand<br />

war riesig:<br />

450 000 Liter<br />

Flugbenzin<br />

fa ckelten pro<br />

Stunde ab,<br />

bei großen<br />

Plätzen auch<br />

das Doppelte.«<br />

16 FLIEGERHORSTE der Royal Air<br />

Force wurden mit Pipelines seitlich der<br />

Landebahnen ausgerüstet, durch die<br />

Flugbenzin gepumpt und in festen Abständen<br />

aus Düsen als Nebel ausgestoßen<br />

wurde. Die Benzinwolke wurde<br />

(oft einfach manuell durch vorbeifahrende<br />

oder laufende »Anzünder«) in eine<br />

dichte Feuerwand zu beiden Seiten<br />

der Runway verwandelt, die man besonders<br />

bei Nacht gut aus der Luft<br />

sehen konnte. Mit dieser Technik, FI-<br />

DO genannt, löste sich der Nebel über<br />

der Bahn für eine Weile auf. Die gelandeten<br />

Maschinen konnten für den Flug<br />

zu ihren angestammten Geschwadern<br />

aufgetankt und, falls nötig, repariert<br />

werden.<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

45


SERIE<br />

Der<br />

Luftkrieg<br />

von 1939–1945<br />

KAMPF UM DIE LUFTHOHEIT BEI KURSK<br />

Unternehmen<br />

»Zitadelle«<br />

Trügerische Sommeridylle 1943 an der Ostfront:<br />

DIeser Bf 109 G-6 der I./JG 52 steht die gewaltigste<br />

Materialschlacht des Ostfeldzuges bevor<br />

Foto Sammlung Ringlstetter<br />

Im Juli 1943 kommt es zwischen Orel und Charkow zur größten Panzerschlacht<br />

des Zweiten Weltkriegs, bei der die deutschen und sowjetischen Flieger verbissen<br />

um die Luftherrschaft kämpften. Denn beide Seiten wussten: Ohne Luftunterstützung<br />

sind die Bodentruppen verloren!<br />

Von Peter Cronauer<br />

Im Kriegswinter 1942/43 drängt die Rote<br />

Armee die Wehrmacht im Südabschnitt<br />

der Ostfront weit nach Westen zurück.<br />

Nach dem Untergang der 6. Armee in Stalingrad,<br />

dem Rückzug der deutschen Truppen<br />

aus dem Kaukasus zum Kuban, den erbittert<br />

geführten Schlachten am Mius, um Charkow,<br />

Kursk und Orel stabilisiert sich im April 1943<br />

vorübergehend ein neuer Frontverlauf von<br />

der Kuban-Halbinsel über das Asowsche<br />

Meer hinweg nach Norden. An der Nahtstelle<br />

zwischen dem Süd- und Mittelabschnitt<br />

konzentriert sich nun das Kriegsgeschehen<br />

auf drei beulenartige Vorsprünge, die jeweils<br />

tief in das Gebiet des Gegners hineinragen:<br />

Die von der Wehrmacht gehaltenen Bögen<br />

um Orel und Charkow und der dazwischen<br />

von der Roten Armee gehaltene Bogen um<br />

Kursk. Alle drei bieten unter anderem die<br />

Möglichkeit, den jeweiligen Gegner in einer<br />

zangenförmigen Angriffsbewegung zu umfassen<br />

und einzukesseln.<br />

Genau das beabsichtigt die Wehrmacht mit<br />

dem »Unternehmen Zitadelle«. Und die Führung<br />

der Roten Armee, die aufgrund zuverlässiger<br />

Spionage zu jeder Zeit genauestens<br />

über die deutschen Pläne informiert ist, bereitet<br />

sich entsprechend darauf vor: Sie baut<br />

den rund 190 Kilometer breiten und etwa<br />

150 Kilometer tiefen Kursker Bogen zu einem<br />

1.9.1939 Polenfeldzug<br />

Beginn des Zweiten Weltkriegs<br />

10.5.1940 Westfeldzug<br />

9.4.1940 »Unternehmen<br />

Weserübung«<br />

10.7. bis 31.10.1940<br />

Luftschlacht um England<br />

22.6.1941 Deutscher<br />

Angriff auf die UdSSR<br />

7.12.1941 Japanischer<br />

Überfall auf Pearl Harbor<br />

1939 1940 1941 1942<br />

46


Junkers Ju 87 D-3 der 5./StG 2,<br />

Oblivskaya Mitte 1943. Geflogen wurde<br />

sie von Oberleutnant Günther Schmidt<br />

Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus<br />

Verlauf der Kämpfe im Kursker Bogen<br />

Diese Hs 129 B-2 von der 8.(PZ)/Sch.G. 1 zeigt ihre Abschussbilanz auf der<br />

Seitenflosse<br />

Foto via L. Bennoit<br />

Kartographie: KGS und Grafik Schlaich<br />

Bei Kursk wurden erstmals Panzer V »Panther« eingesetzt. Der »Panther«<br />

war sehr kampfstark aber bei Kursk noch nicht ausgereift Foto Sammlung Ringlstetter<br />

2.2.1943 Untergang der<br />

6. Armee in Stalingrad<br />

1943 1944 1945<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

47


SERIE<br />

Der<br />

Luftkrieg<br />

von 1939–1945<br />

Focke-Wulf Fw 190 A-5 der 5./JG 54<br />

mit sehr individuellem Tarnanstrich<br />

Foto Sammlung Ringlstetter<br />

tief gestaffelten Verteidigungssystem aus, in<br />

dem sich die Schlagkraft der Angreifer erst<br />

einmal abnutzen soll, bevor dann die eigenen<br />

Truppen zum Gegenangriff übergehen.<br />

Bewährtes Vorgehen<br />

Die deutsche Planung entspricht der bewährten<br />

Blitzkriegstrategie vergangener Tage:<br />

In einem Doppelangriff von Süden und Norden<br />

sollen die Panzerverbände der Heeresgruppe<br />

Süd unter Generalfeldmarschall<br />

<strong>Erich</strong> von Manstein sowie diejenigen der<br />

von Generalfeldmarschall Günther von Kluge<br />

befehligten Heeresgruppe Mitte den Kursker<br />

Frontbogen im Rückraum abschneiden<br />

und die dort vorhandenen sowjetischen Truppen<br />

einkesseln.<br />

Wie bei ähnlichen Operationen in der Vergangenheit<br />

ist auch hier wieder massive Luftunterstützung<br />

vorgesehen: Die Luftflotte 4<br />

unter Generaloberst Otto Deßloch ist für den<br />

Angriff von Süden verantwortlich, die von<br />

Generaloberst Ritter von Greim geführte Luftflotte<br />

6 trägt die Verantwortung im Norden,<br />

die operative Führung obliegt den Fliegerkorps<br />

VIII. und I. unter den Generalmajoren<br />

Seidemann und Deichmann.<br />

Zur Verstärkung der beiden Fliegerkorps<br />

ziehen die Luftflotten 4 und 6 zahlreiche Verbände<br />

von anderen Frontabschnitten ab und<br />

zusätzliche aus der Heimat heran. Somit führt<br />

die Luftwaffe beim »Unternehmen Zitadelle«<br />

insgesamt zwischen 1700 und knapp 1900<br />

Flugzeuge ins Feld, je nachdem, welcher Quelle<br />

man hier Glauben schenken mag. Die aufgebotene<br />

Typenvielfalt vermittelt zudem einen<br />

Eindruck von der Breite des Einsatzspektrums:<br />

Neben Aufklärern, Jagd-, Stuka-, Schlacht- und<br />

Kampffliegerverbänden werden unter anderem<br />

auch Stör- und Nahkampfgruppen sowie<br />

Nachtjäger und Luftnachrichten-Regimenter<br />

herangeführt. Die ihnen gegenüberstehenden<br />

sowjetischen Luftstreitkräfte sind ihnen zahlenmäßig<br />

deutlich überlegen.<br />

Hüben wie drüben erfordert die Konzentration<br />

derart vieler Flugzeuge auf vergleichsweise<br />

engem Raum eine gut funktionierende<br />

Bodenorganisation. Auf deutscher<br />

Seite ist das in Minsk ansässige und von Generalleutnant<br />

Veit Fischer kommandierte<br />

»XXVII. Spezial Luftwaffenkommando Moskau«<br />

für die reibungslose Arbeit der Bodendienste<br />

und das Funktionieren der Nachschublinien<br />

zuständig. Den eigentlichen<br />

Aufbau führen die Luftgaukommandos von<br />

Kiew und Minsk durch. Insgesamt werden<br />

mehrere Feld-Arbeits-Bataillone, Kräfte des<br />

Reichsarbeitsdienstes, diverse Luftwaffen-<br />

Die deutsche Planung entspricht der bewährten<br />

Blitzkriegstrategie vergangener Tage.<br />

Kommandostäbe, Flugplatz-Betriebs-Kompanien<br />

und Lastwagenkolonnen für den Aufbau<br />

der notwendigen Infrastruktur und die Organisation<br />

des Nachschubs bereitgestellt. Die<br />

Vorbereitungen auf die Schlacht um den<br />

Kursker Bogen ziehen sich über Wochen und<br />

Monate hin. Mehrfach verschiebt die oberste<br />

deutsche Führung den Angriffstermin nach<br />

hinten, unter anderem, weil der Einsatz neuer<br />

Panzertypen wie »Tiger« und »Panther«<br />

abgewartet werden soll. Doch jeder dieser Tage<br />

stärkt nicht nur die Position der Wehrmacht,<br />

sondern auch die der Roten Armee.<br />

Gefürchtet bei den Bodentruppen und ein harter Gegner für die deutschen Jagdflieger: Das Erdkampfflugzeug<br />

Iljuschin Il-2 Schturmowik (Schlachtflugzeug)<br />

Foto Sammlung Ringlstetter<br />

Oberfeldwebel Hubert Strassl schoss zwischen dem 5. und 8. Juli 30 Jagdflugzeuge ab und<br />

kam dann selbst bei einem missglückten Fallschirmabsprung ums Leben Foto via TG JG 52<br />

48


Speziell für den Kampf gegen Bodentruppen<br />

konzipiert: Henschel Hs 129 B-1<br />

vom Schlachtgeschwader 1<br />

Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus<br />

Sie nutzt die Zeit, um ihre Stellungen auszubauen<br />

und weiterhin Verstärkungen und neues<br />

Gerät heranzuführen. Schon in den Wochen<br />

und Monaten vor dem eigentlichen<br />

Angriffsbeginn liefern sich die beiden Luftstreitkräfte<br />

einen regen Schlagabtausch, nehmen<br />

wiederholt Nachschubwege, Vorratsdepots,<br />

Sammelstellen oder Flugplätze des<br />

Gegners ins Visier; doch das große Aufeinandertreffen<br />

steht erst noch bevor.<br />

Beide wollen den Präventivschlag<br />

In den frühen Morgenstunden des 5. Juli 1943<br />

beginnt das »Unternehmen Zitadelle«. Die im<br />

Raum Orel stationierten Flieger Generalmajor<br />

Deichmanns sollen mit konzentrierten Luftangriffen<br />

den Vorstoß von Generaloberst Walter<br />

Models 9. Armee vorbereiten, begleiten<br />

und unterstützen, indem sie sowjetische Artillerie-,<br />

Flak- und Pak-Stellungen, Truppenkonzentrationen,<br />

Panzerbereitstellungen,<br />

Bunker sowie Nachschubstraßen und -depots<br />

von der Front bis ins Hinterland in rollenden<br />

Angriffen bombardieren.<br />

Den gleichen Auftrag haben auch die<br />

der von Süden vorstoßenden 4. Panzerarmee<br />

Generaloberst Hermann Hoths zugewiesenen<br />

Verbände des VIII. Fliegerkorps. Dessen<br />

Kampfflieger, Stukas, Jagd- und Schlachtmaschinen<br />

stehen auf den fünf Flugplätzen bei<br />

Charkow eng beieinander, ihre Besatzungen<br />

bereiten sich auf den bevorstehenden Einsatz<br />

vor. Unmittelbar vor der Startphase herrscht<br />

auf dem Gefechtsstand in Mikojanowka fieberhafte<br />

Anspannung. Zuerst sollen die<br />

Kampfgeschwader starten, sich über den Plätzen<br />

sammeln und auf ihren anschließend startenden<br />

Jagdschutz warten, um dann gemeinsam<br />

zur Front zu fliegen. Noch befindet sich<br />

kein einziger Bomber in der Luft, da treffen<br />

alarmierende Meldungen ein. Horchfunker<br />

melden den Start größerer Verbände jenseits<br />

der Front, kurz darauf erfassen »Freya«-Radargeräte<br />

um Charkow den Anflug von mehreren<br />

Hundert Maschinen.<br />

Harte und zähe Gegner<br />

Mitte 1943 hatte es die Luftwaffe mit einem zähen Gegner zu tun. Die Jäger Lawotschkin La-5 (oben)<br />

und Jakowlew Jak-9 (Mitte) waren der Bf 109 G und Fw 190 A gewachsen. Mit der Petljakow Pe-2<br />

stand ein leistungsstarkes Mehrzweck-Kampfflugzeug zur Verfügung<br />

Fotos (3) Sammlung Ringlstetter<br />

Lawotschkin La-5<br />

Jakowlew Jak-9<br />

Petljakow Pe-2<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

49


SERIE<br />

Der<br />

Luftkrieg<br />

von 1939–1945<br />

Wurde während der Schlacht erfolgreich als Panzerjäger erprobt:<br />

Junkers Ju 87 G-1 mit zwei 37-mm-Kanonen Flak 18. Sturzflugbremsen<br />

und MG-Bewaffnung wurden entfernt<br />

Foto Sammlung Ringlstetter<br />

Davon, dass die Gegenseite von den Angriffsvorbereitungen<br />

weiß, ist auszugehen.<br />

Dass sie aber offensichtlich auch den genauen<br />

Ort und den exakten Zeitpunkt kennt, ist eine<br />

böse Überraschung. Laut ihren Befehlen sind<br />

die deutschen Flieger unter anderem auch<br />

angewiesen worden, russische Flugplätze anzugreifen<br />

und die sowjetischen Flugzeuge<br />

»zu vernichten, bevor sie zum Angriff starten<br />

können«.<br />

Überraschungseffekt dahin<br />

Jetzt kommt ihnen ihr Gegner genau auf jene<br />

Weise zuvor. Auf einmal steht die gesamte<br />

Operation auf der Kippe. Aus deutscher<br />

Sicht könnten die Angriffsvorhaben in einer<br />

Katastrophe enden, bevor sie überhaupt begonnen<br />

haben; minutenlang schwankt alles<br />

zwischen Scheitern und Gelingen. Doch die<br />

deutschen Jäger reagieren schnell: Kaum erfahren<br />

sie von der Bedrohung, steigen sie ihr<br />

auch schon entgegen.<br />

General Seidemann und der ebenfalls anwesende<br />

Generalstabschef der Luftwaffe,<br />

Hans Jeschonnek, werden Augenzeuge, wie<br />

Hunderte sowjetischer Maschinen, darunter<br />

zahlreiche Il-2, zunächst in großer Höhe bei<br />

klarem Himmel über den Gefechtsstand hinweg<br />

in Richtung Charkow ziehen, dann aber<br />

sogleich von deutschen Jagdflugzeugen angegriffen<br />

werden. Seidemann sagt später: »Es<br />

war ein ganz selten gesehenes Schauspiel.<br />

Überall brennende und abstürzende Maschinen!<br />

Binnen kürzester Frist wurden rund 120<br />

Sowjets abgeschossen. Die eigenen Verluste<br />

waren so gering, dass man von einem totalen<br />

Luftsieg sprechen konnte; denn die Folge<br />

dieses Vernichtungsschlages war die deutsche<br />

Luftüberlegenheit im ganzen Kampfgebiet<br />

des VIII. Fliegerkorps.«<br />

Bei Orel wurde diese LaG-5 des 240. IAP abgeschossen und anschließend inspiziert Foto via L. Bennoit<br />

Seidemanns Einschätzung stimmt zwar<br />

für den Augenblick, ist aber nicht von langer<br />

Dauer. Denn die klare Überlegenheit der<br />

deutschen Jagdflugzeuge gegenüber ihren<br />

sowjetischen Kontrahenten ist schon seit<br />

Langem dahin. Längst bekommen es die<br />

deutschen Flieger nicht mehr mit veralteten<br />

Modellen wie der I-16 oder der I-153 zu tun,<br />

so wie das zu Beginn des Krieges der Fall<br />

war, sondern mit modernen MiGs, LaGGs<br />

oder Yaks.<br />

Der Gegner hat gelernt<br />

Und auch die sowjetischen Piloten beherrschen<br />

ihre Flugzeuge, ziehen ihre Lehren aus<br />

den bitteren Lektionen der Vergangenheit<br />

und passen ihre Taktik dem deutschen Vorbild<br />

an. So schießt beispielsweise am dritten<br />

Tag des »Unternehmen Zitadelle« eine sowjetische<br />

Jagdmaschine der 16. Luftarmee zwei<br />

Ju 87 und zwei Bf 109 im Luftkampf ab. Am<br />

Steuer der La 5 sitzt ein bislang noch unbekannter<br />

Pilot, der im weiteren Verlauf des<br />

Krieges noch von sich reden machen wird –<br />

sein Name ist Ivan Koshedub. Er wird später<br />

als der erfolgreichste alliierte Jagdflieger in<br />

die Annalen eingehen und bleibt keineswegs<br />

der einzige sowjetische Jagdflieger, der in<br />

diesen Tagen zwischen Orel und Charkow<br />

Luftsiege erzielt.<br />

Insgesamt übersteigen zwar die sowjetischen<br />

Flugzeugverluste bei Weitem die der<br />

Deutschen, doch im Gegensatz zu jenen besitzt<br />

die Sowjetunion offenbar unendliche<br />

Reserven; jedenfalls gleicht das Reservekorps<br />

der STAVKA sämtliche Verluste an<br />

Flugzeugen und Besatzungen mühelos wieder<br />

aus.<br />

50


In der logischen Konsequenz verschiebt jeder<br />

deutsche Flugzeugverlust das Kräfteverhältnis<br />

zugunsten der sowjetischen Luftstreitkräfte,<br />

und der chronische Treibstoffmangel<br />

verschärft die Lage noch zusätzlich.<br />

Schon bei der Vorbereitung des »Unternehmen<br />

Zitadelle« hatte die Beschaffung von<br />

ausreichenden Mengen an Flugbenzin die<br />

Verantwortlichen vor nahezu unlösbare Probleme<br />

gestellt: Erhaltenen Dokumenten zufolge<br />

benötigte die Luftwaffe im Jahr 1943<br />

monatlich im Durchschnitt 350 000 Tonnen<br />

Flugbenzin, bekam aber lediglich 160 000 Tonnen<br />

geliefert, was bedeutet, dass gut die Hälfte<br />

der geplanten Einsätze nicht geflogen werden<br />

konnte. Als konkretes Beispiel bekamen<br />

die Kampffliegerverbände der Luftflotte 6 im<br />

Juni 1943 gerade einmal 5722 Tonnen des blau<br />

gefärbten Flugbenzins B-4 mit 91 Oktan, obwohl<br />

ihr tatsächlicher Bedarf 8634 Tonnen betrug.<br />

Und Verbände, die auf höhere Klopffestigkeit<br />

des Treibstoffs angewiesen waren, traf<br />

es noch weitaus schlimmer: So erhielten die<br />

mit Fw 190 ausgerüsteten Verbände noch<br />

nicht einmal die Hälfte des benötigten grün<br />

kolorierten Treibstoffes C-3.<br />

Erdrückende Übermacht<br />

Insgesamt verwandelt sich das als Blitzkrieg<br />

geplante »Unternehmen Zitadelle« rasch in<br />

einen zermürbenden, Menschen und Material<br />

verschlingenden Abnutzungskrieg. Der<br />

großen numerischen und materiellen Überlegenheit<br />

der Roten Armee ist die Wehrmacht<br />

letztlich nicht gewachsen. Daran ändern auch<br />

die Aufsehen erregenden Erfolge der IV.(Pz)/<br />

SG 9 unter ihrem Kommandeur, Hauptmann<br />

Bruno Meyer, nichts: Die vier Staffeln jener<br />

Schlachtfliegergruppe sind mit zweimotorigen<br />

Henschel Hs 129 B-2 ausgerüstet, die unter<br />

ihren Rümpfen jeweils eine 3-cm-Kanone<br />

vom Typ MK 101 tragen. Entsprechende Versuche<br />

bei der Erprobungsstelle der Luftwaffe<br />

in Rechlin hatten ergeben, dass die Geschosse<br />

der MK 101 mit ihrem Hartkern aus<br />

Wolfram 80 Millimeter starke Panzerplatten<br />

glatt durchschlugen. Die für sowjetische Panzer<br />

verheerende Wirkung jener Kombination<br />

aus MK 101 und Hs 129 stellten Bruno Meyer<br />

und seine Flugzeugführer im Verlauf des<br />

»Unternehmen Zitadelle« vielfach unter Beweis,<br />

ebenso wie auch ein anderer, der zum<br />

am höchsten ausgezeichneten Ordenträger<br />

der gesamten Wehrmacht werden sollte:<br />

Hans-Ulrich Rudel.<br />

Auch er war ab dem 5. Juli im Raum Kursk<br />

im Einsatz und schrieb angesichts der materiellen<br />

Überlegenheit des Gegners: »Beim Anblick<br />

dieser Panzermassen fällt mir meine<br />

Kanonenmaschine ein, die ich von der Krim<br />

mitgenommen habe (siehe <strong>FLUGZEUG</strong><br />

<strong>CLASSIC</strong> 3/2013). Bei diesem Riesenangebot<br />

an Zielen wäre ein Versuch möglich. Ich lasse<br />

die erste Staffel mit Bomben hinter mir herfliegen,<br />

ich fliege die einzige Kanonenmaschine.<br />

Im ersten Einsatz explodieren vier<br />

Feindpanzer. Bis zum Abend sind es zwölf<br />

geworden.« Umgehend lässt Rudel die übrigen<br />

»Kanonenvögel« samt Besatzungen in<br />

Heeresaufklärer Focke-Wulf Fw 189 A-1<br />

der 5./(H)12, die 1943 im Südabschnitt<br />

der Ostfront operierte<br />

Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus<br />

den Einsatzraum nachkommen und stellt somit<br />

die erste aus Junkers Ju 87 bestehende<br />

»Panzerknacker-Staffel« auf: »Wir stürzen uns<br />

mal von rückwärts, mal von der Seite auf die<br />

Stahlkolosse. Der Gleitwinkel ist nicht allzu<br />

steil, um ganz dicht an den Boden herangehen<br />

zu können und so auch beim Abfangen<br />

keine Schwierigkeiten durch das eventuelle<br />

Durchsacken der Maschine zu bekommen.<br />

Wir müssen versuchen, die Panzer immer an<br />

ihren schwächeren Punkten zu treffen. Das<br />

›Unternehmen Zitadelle‹ verwandelt sich rasch<br />

in einen zermürbenden Abnutzungskrieg.<br />

sind die Flanken und die Rückseite. Dort befinden<br />

sich der Motor und die Kühlanlage.<br />

Hier konnte nur eine dünne Panzerplatte eingebaut<br />

werden, in die auch noch Löcher eingearbeitet<br />

werden, um die Kühlung des Motors<br />

zu gewährleisten. Dort lohnt es sich<br />

hinzuhalten.«<br />

Den Ablauf der Ereignisse änderten sie jedoch<br />

nicht: Die deutschen Vorstöße blieben<br />

bald liegen, nach wenigen Tagen wurde das<br />

»Unternehmen Zitadelle« abgeblasen, es begann<br />

die sowjetische Gegenoffensive. Mehrere<br />

Tausend Kilometer weit entfernt hatte<br />

unterdessen eine andere »Operation« Erfolg:<br />

Am 10. Juli 1943 landeten britische und USamerikanische<br />

Truppen auf Sizilien – »Operation<br />

Husky« nahm ihren Lauf.<br />

■<br />

Abgeschossener sowjetischer Panzer vom Typ T-34. Die Panzertruppe<br />

der Roten Armee erlitt während »Zitadelle« sehr hohe Verluste Foto PK<br />

Die »schwarzen Männer« der III./JG 51 haben alle Hände voll zu tun<br />

Foto via W. Dettling<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

51


OLDTIMER<br />

Wrackfund<br />

TAUCHERFUND IM MITTELMEER: P-38 »LIGHTNING«<br />

Stummer Zeuge<br />

eines Luftkampfes<br />

Wracktaucher suchen nicht nur nach »Schätzen«, sie<br />

suchen nach Antworten, und so enträtselten sie auch<br />

die Geschichte zweier P-38. Es ist die Geschichte eines<br />

dramatischen Luftkampfes …<br />

Von Christian König<br />

52


Was blieb von den<br />

einstigen Kämpfen<br />

der P-38 über dem<br />

Mittelmeer? Unterwasserfunde<br />

…<br />

Foto Lockheed-Martin<br />

… wie diese P-38 von Lieutenant Greenup, nahe der südfranzösischen<br />

Küste in 40 Meter Tiefe, stellen für Luftfahrt-<br />

Archäologen Schatztruhen unerzählter Geschichte dar<br />

Foto Séverine Bär<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

53


OLDTIMER<br />

Wrackfund<br />

Als Eskorte für ihre B-17 und B-24 setzte<br />

die USAAF auch die P-38 Lightning ein<br />

Foto Lockheed-Martin<br />

Wann immer wagemutige Taucher<br />

auf ein Wrack in den trüben Tiefen<br />

stoßen, stellt sich die peinsame Frage,<br />

wer der arme Teufel war, der die Maschine<br />

zuletzt gesteuert hat, und wie es dazu kam,<br />

dass das Flugzeug nun als stummer Zeuge<br />

sein Dasein am Meeresgrund fristet. So erging<br />

es auch dem Taucher Marcel Camilleri, als er<br />

die Wracks zweier P-38 nahe der französischen<br />

Küste entdeckte. Ihre Geschichte beginnt<br />

mitten im Zweiten Weltkrieg.<br />

Kaum hatte die Heeresgruppe Afrika am<br />

13. Mai 1943 kapituliert, begann der Sturm<br />

auf die »Festung Europa«. So landeten die<br />

Alliierten noch im Juli auf Sizilien, im September<br />

fassten sie Fuß in Italien. Noch bedrohlicher<br />

wurde die Lage für die »Achse«,<br />

als es den Alliierten im Januar 1944 gelang,<br />

bei Anzio einen weiteren Brückenkopf hinter<br />

den deutschen Linien zu bilden.<br />

Von ihren südfranzösischen Einsatzhäfen<br />

aus versuchte die Luftwaffe nun, diesen gefährlichen<br />

Brückenkopf zu bekämpfen, was<br />

zur Folge hatte, dass die USAAF und RAF ihrerseits<br />

vermehrt Angriffe gegen diese Flugplätze<br />

flogen.<br />

Zum Schutz der Einsatzhäfen verlegte die<br />

I. Gruppe des Jagdgeschwaders 2 »Richthofen«<br />

unter ihrem Gruppenkommandeur, Major<br />

<strong>Erich</strong> Hohagen, nach Les Milles, einem<br />

30 Kilometer von Marseille entfernt liegenden<br />

Vorort von Aix-en-Provence in Südfrankreich.<br />

Die erste Gruppe rüstete gerade auf die Focke-<br />

Wulf Fw 190 A-6 um, die als »Pulkzerstörer«<br />

entworfen worden war. Ihre Bewaffnung bestand<br />

aus zwei über dem Triebwerk lafettierten<br />

7,92-mm-MG 17 und vier 20-mm-MG 151/<br />

20E (»elektrisch«), die in den Tragflächen-Wurzeln<br />

und in den Außenflügeln untergebracht<br />

waren. Den alliierten Jagdflugzeugen war sie<br />

damit ebenbürtig, und dank des ETC 501<br />

konnte sie auch einen 300-Liter-Abwurftank<br />

mit sich führen, der ihre Reichweite steigerte.<br />

Ein ungleicher Kampf<br />

Die I./2 flog vor allem Einsätze im Küstenraum<br />

zwischen Perpignan nahe der nordspanischen<br />

Grenze und Nizza. Mit der Super -<br />

marine Spitfire Mk VIII und Mk IX der RAF<br />

und mit der amerikanischen P-38, P-40 und<br />

P-47 trafen die »Richthofen«-Flieger allerdings<br />

auf einen schweren Gegner. Zudem sah<br />

sich die I. Gruppe der Übermacht von knapp<br />

Dringend benötigt: Um die Fer -<br />

tigung der P-38 zu beschleunigen,<br />

wurden viele Maschinen<br />

unter freiem Himmel montiert<br />

Foto Lockheed-Martin<br />

Hier war die Welt noch in Ordnung: der später gefallene<br />

Riley (links) und der in Gefangenschaft<br />

geratene Greenup (rechts) Foto 49th FS Assoc.<br />

54


700 Bombern und permanenten Störangriffen<br />

durch die 12th Air Force der US-Luftwaffe<br />

und der nicht minder gefährlichen Desert Air<br />

Force ausgesetzt. Dennoch gelangen spektakuläre<br />

Einzelerfolge. So erzielte der Kapitän<br />

der 1. Staffel Siegfried »Wumm« Lemke am<br />

27. Januar 1944 seinen 12. bis 14. Luftsieg, als<br />

er innerhalb von nur 16 Minuten drei Spitfire<br />

bei Marseille und Hyères abschoss, während<br />

Leutnant Süss, ebenfalls 1./JG 2, gegen<br />

11:02 Uhr eine weitere Spitfire bezwang.<br />

Doch damit war der Tag für die »Richthofen«-Flieger<br />

noch lange nicht überstanden.<br />

Innerhalb von 16 Minuten schoss Staffelkapitän<br />

Siegfried Lemke drei Spitfire ab.<br />

Denn nach dem Luftkampf mit diesem aus<br />

B-24-Bombern und diversen Jagdflugzeugen<br />

bestehenden Bomberpulk flog sogleich der<br />

zweite ein, und bereits gegen 12:05 Uhr meldete<br />

Oberleutnant Georg Schröder, 4./JG 2,<br />

den Abschuss einer amerikanischen Boeing B-<br />

17 im Raum Pertuis; 15 Minuten später konnte<br />

Unteroffizier Otto Karbeum eine P-38 bezwingen.<br />

In seiner Meldung nannte er das<br />

südfranzösische Städtchen Cassis als Ort des<br />

Abschusses. Die gemeldeten Erfolge korrespondieren<br />

mit den Einsätzen, die im Kriegstagebuch<br />

der USAAF aufgelistet sind.<br />

Second Lieutenant Harry R. Greenups<br />

P-38J-15-LO Lightning, 44-23149, wie sie<br />

1943/44 in Italien stationiert war. Sie<br />

gehörte zur 14th Fighter Group der<br />

15th Air Force<br />

Zeichnung Juanita Franzi<br />

Die anerkannten Luftsiege durch Flugzeugführer<br />

der 4./JG 2 beziehen sich auf ein<br />

relativ kleines Zeitfenster. Und auch die<br />

Tatsache, dass Montpellier (E-Hafen der<br />

III. Gruppe Kampfgeschwader 26) und Salonde-Provence<br />

(Stab und I./KG 26) laut Combat<br />

Chronology der USAAF ausschließlich von<br />

B-17 bombardiert wurden, erleichtert die Aufklärung<br />

der Geschehnisse.<br />

Die Fliegenden Festungen gehörten zu den<br />

32nd, 352nd, 353rd und 419th Bomb Squadrons<br />

der 301st Bombardment Group (Heavy).<br />

Nach den amerikanischen Unterlagen wurde<br />

der Bomberpulk von deutschen Jägern<br />

Flugzeugführer der 49th FS beim Briefing durch einen Einsatz-Offizier.<br />

Die deutsche Luftwaffe war für die alliierten Piloten 1944 noch immer<br />

ein große Herausforderung<br />

Foto 49th FS Assoc.<br />

P-38 bei der Waffenerprobung. Jeder fünfte Schuss der Kaliber 50 Gewehre<br />

war Leuchtspur. Geschossen wurde in 3-Sekunden-Feuerstößen<br />

Foto Lockheed-Martin<br />

B-17 der 301st BG sollten am 27. Januar 1944 den<br />

Flugplatz Montpellier-Frejorgues angreifen<br />

Foto USAF<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

55


OLDTIMER<br />

Wrackfund<br />

Fw 190 des JG 2 »Richthofen«. In ihnen fanden die Lieutenants<br />

Greenup und Riley mit ihren P-38 einen sehr gefährlichen Gegner<br />

Foto Kleinert<br />

angegriffen, als er die Küste zwischen Marseilles<br />

und Toulon erreichte. So wurde auf<br />

amerikanischer Seite auch Leutnant James G.<br />

Riley jr. (Dienstnummer O-800593) in einen<br />

heftigen Luftkampf verwickelt, den er verlor.<br />

Dramatisches Luftgefecht<br />

Nach wenigen Minuten musste Rileys P-38<br />

G-15LO mit der Werknummer 43-2543 einige<br />

Treffer einstecken. Sie verschwand – eine<br />

weithin sichtbare, schwarze Rauchfahne<br />

hinter sich herziehend – in der Tiefe. Unteroffizier<br />

Otto Karbeum gab an, den Abschuss<br />

um 12:20 Uhr erzielt zu haben. Ein<br />

Vergleich mit der »Honor Roll 14th Fighter<br />

Group Jun 1941–Nov 1945« enthält einen<br />

Kommentar von Second Lieutenant Green up,<br />

wonach der Luftkampf ab zirka 12:30 Uhr im<br />

Luftraum zwischen Marseille und Toulon<br />

stattgefunden habe. Hinsichtlich Zeit und Ort<br />

sind die unterschiedlichen Quellen also nahezu<br />

stimmig.<br />

Second Lieutenant Harry R. Greenup<br />

(O-750576), der ebenfalls eine bei Lockheed<br />

gefertigte P-38G-15LO mit der Werknummer<br />

43-2545 geflogen hatte, drehte von den B-17<br />

ab und nahm den Kampf mit den deutschen<br />

Focke-Wulf-Jägern frontal auf. Greenup<br />

bekam jedoch bald darauf große Probleme,<br />

und er versuchte, seine Gegner nach unten<br />

auszukurven.<br />

Damit geriet er aber in Reichweite deutscher<br />

Flak, die auf der Insel Verte vor Ciotat<br />

lag, und über der Bucht von Les Lecques endete<br />

der Flug. Greenup stellte die Propeller<br />

Er nahm den Kampf mit den deutschen<br />

Focke-Wulf-Jägern frontal auf.<br />

auf Segelstellung und legte eine perfekte Notwasserung<br />

hin.<br />

Vom Boden aus hatte man das Geschehen<br />

beobachtet, und ein Rettungsboot konnte den<br />

entkräfteten Piloten aus dem Wasser ziehen.<br />

In der Erfolgsliste des Jagdgeschwaders 2<br />

taucht für den 27. Janaur 1944 nur eine P-38<br />

auf. Ein weiterer Luftsieg über eine P-38 wurde<br />

möglicherweise nicht als solcher anerkannt.<br />

Wahrscheinlicher ist aber, dass der Abschuss<br />

von Harry Greenup auf das Konto der<br />

Flak ging. Der aus Ohio stammende Greenup<br />

verbrachte den Rest des Krieges im Stalag<br />

Luft I in Barth-Vogelsang (Mecklenburg-Vorpommern);<br />

Riley hingegen fiel.<br />

1944 gelang es der deutschen Seite noch, geschlossene Staffeln an den Feind heranzuführen. Die<br />

Aufnahme zeigt Fw 190 beim JG 2 »Richthofen«<br />

Foto Kleinert<br />

Leutnant Siegfried »Wumm« Lemke bei der Verleihung<br />

des Ritterkreuzes im Juni 1944 Foto BA/MA<br />

56


Als man Mitte der 1990er-Jahre verstärkt<br />

nach der P-38 des berühmten Literaten Antoine<br />

de Saint-Exupéry suchte, fand der Direktor<br />

des Aquanaut Tauch Centers in Les Lecques,<br />

Marcel Camilleri, die Wracks von zwei Lockheed<br />

P-38 »Lightning« in unmittelbarer Küstennähe.<br />

Während eine Maschine im Laufe der<br />

Jahre durch unzählige Fischernetze beschädigt<br />

worden war, lag die zweite auf dem Rücken<br />

und erschien weitestgehend intakt. Nach über<br />

200 Tauchgängen gelang es Camilleri und einigen<br />

Helfern, im Cockpit der ersten P-38 ein<br />

Typenschild mit der Seriennummer 43-2543<br />

zu entdecken. In die Freude über den Fund<br />

mischte sich die Enttäuschung, dass es sich<br />

nicht um die Maschine des französischen<br />

Dichterfürsten Saint-Exupéry handelte. Camilleri<br />

hatte die Maschine des unglücklichen<br />

Second Lieutenant Riley gefunden.<br />

Ein nasses Grab<br />

Der von Karbeum genannte Abschussort, das<br />

südfranzösische Städtchen Cassis, liegt etwa<br />

zehn Kilometer westlich von Ciotat, wo Rileys<br />

Maschine heute auf dem Meeresgrund<br />

liegt. Parallel arbeitete man an der Identifizierung<br />

der zweiten P-38. Auf dem Rücken<br />

liegend, machte sie es den Tauchern noch<br />

schwerer, eine eindeutige Identifizierung vorzunehmen.<br />

Die mittlere Flugzeugzelle und<br />

MACR 2058 zu der von Olt. Georg Schröder<br />

abgeschossenen B-17 F Foto 301st BG Assoc.<br />

die Tragflächen waren weitestgehend unbeschädigt,<br />

lediglich das Backbord-Triebwerk,<br />

der mächtige 1325 PS V12 Allison V-1710-51,<br />

war herausgebrochen. Beide Propeller standen<br />

mahnend im Sand. Obschon beide P-38<br />

Focke-Wulf Fw 190 A-6 im typischen<br />

Tarnanstrich aus RLM 74/75/76, wie<br />

sie Anfang 1944 bei der I. Gruppe des<br />

JG 2 geflogen wurde<br />

Zeichnung Herbert Ringlstetter<br />

nicht weit voneinander entfernt lagen, hatten<br />

sich kaum Fischernetze an dieser Lightning<br />

verfangen. Ihre vier Browning-M2-<br />

Maschinengewehre und die International-<br />

Harvester-M2-Bordkanone (20 Millimeter)<br />

nebst Unmengen gegurteter Munition waren<br />

vorhanden. Auch der VHF-Antennenmast<br />

AN-104 A, der in der Nase der P-38 vor dem<br />

Bugfahrwerk eingebaut war, stand noch unangetastet<br />

da.<br />

Marcel Camilleri wusste, dass er die Seriennummer<br />

im Cockpit der Lightning finden<br />

würde. In mehreren Tauchgängen schaufelte<br />

man in 40 Meter Tiefe den Weg ins Cockpit<br />

frei, bevor sich Camilleri mit seinen nicht gerade<br />

handlichen Sauerstoffflaschen hineinzwängen<br />

konnte. Dort entdeckte er die Seriennummer<br />

43-2545. Damit stand fest, dass er<br />

Greenups P-38 gefunden hatte.<br />

■<br />

Quelle:<br />

Geschwaderchroniken der beteiligten<br />

Verbände<br />

Archiv C. König<br />

Aix-en-Provence<br />

1<br />

Les Milles<br />

1 Flugplatz der I./JG 2<br />

2 Absturzort der P-38<br />

Marseilles<br />

2<br />

Cassis<br />

Toulon<br />

Ort des Geschehens: die Südostküste Frankreichs<br />

bei Marseille Karte Archiv <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

Der rechteckige Gegenstand unter der Steuerbordtragfläche ist die Halterung für den 150 Gallon<br />

long range auxiliary fuel tank<br />

Foto Séverine Bär<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

57


MODELLBAU<br />

Im Gegensatz zum historischen Vorbild gehört der Hasegawa-<br />

Bausatz der Arado Ar 234 nicht mehr in die Kategorie<br />

»Hightech«. Dennoch ist er gut gefertigt!<br />

ARADO AR 234 B-2 1:48 VON HASEGAWA/FALLER<br />

Zum Jungfernflug<br />

Nach dem Bericht in <strong>FLUGZEUG</strong> CLAS-<br />

SIC 9/2012 über die Versuchsflüge der<br />

Ar 234 und den bevorstehenden Jahrestag zum<br />

70. Erstflug des Jetbombers – am 15. Juni 1943<br />

erhob sich zum ersten Male die Ar 234 V1 vom<br />

Flugplatz Rheine – war die Idee geboren, ein<br />

Modell der B-2-Variante zu bauen.<br />

Der japanische Hersteller Hasegawa<br />

brachte schon vor Jahren den Kit in 1:48 auf<br />

den Markt, dem verschiedene Ausführungen<br />

folgten. (Revell nahm sich auch dieser Bausätze<br />

an und produzierte drei Versionen für die alle recht genau bemalt werden müssen<br />

rersitz, Instrumentenbrett und Seitenkonsolen,<br />

den europäischen Markt.) Der Hasegawa-Kit aufgrund der guten Einsicht. Deswegen suchte<br />

ich mir noch eine geeignete Pilotenfigur aus<br />

zeigt sich immer noch gut gefertigt in hellgrauem<br />

und transparentem Kunststoff. Der Zinn. Die Maschine benötigt nämlich einiges<br />

Clou: Das gesamte Rumpfvorderteil des an Gewicht, damit sie auf dem Bugrad stehen<br />

Cockpits ist als Glasteil ausgeführt; das erleichtert<br />

das Lackieren.<br />

gen hinten und die Cockpitkanzel vorne ange-<br />

bleibt. Am Rumpf, wo die Kameraabdeckun-<br />

Hauptbaustelle an der »234« ist das aufwendig<br />

gestaltete Cockpit mit Flugzeugfüh-<br />

Schleifarbeiten nötig. Das Fahrwerk habe<br />

bracht werden, sind ein paar Spachtel- und<br />

ich<br />

bei meinem Modell nicht nach Anleitung eingebaut,<br />

sondern erst ganz zum Schluss – so lackiert<br />

es sich einfacher. Triebwerke und Tragfläche<br />

lassen sich problemlos zusammenbauen<br />

und werden nacheinander mit Rumpf bzw.<br />

Tragfläche verbunden. Die Höhenflossen kommen<br />

dazu, und fertig ist der Rohbau.<br />

Nun geht es ans Abkleben der Kanzel und<br />

der Fahrwerksschächte. Erste Farbe ist RLM 76<br />

Hellblau für die Unterseiten, Zusatztanks und<br />

die Bombe. Auf Originalfotos sieht man genau,<br />

dass der Übergang von der Ober- zur Unterseite<br />

verlaufend ist und nicht scharfkantig. So<br />

nahm ich UHU-Patafix und deckte damit den<br />

Rumpf sowie die Triebwerksgondeln ab. Der<br />

Rest bekam Tamiya-Klebeband mit Küchenpapier.<br />

Die erste Farbschicht auf der Oberseite<br />

besteht aus RLM 82 Hellgrün über alles.<br />

Nach Tamiya-Klebeband und Post-It-Zettel<br />

folgt der zweite Farbton RLM 81 Braunviolett.<br />

Gunze-Farben trocknen schnell, dadurch lässt<br />

sich die Lackierung an einem Abend erledigen.<br />

In der Zwischenzeit bekamen die Zusatzstarthilfen<br />

ihre silberne und die Fallschirme eine<br />

leinenfarbene Bemalung.<br />

Lackierung in RLM<br />

76 Hellblau<br />

Abgeklebt für Oberseiten<br />

RLM 81 Hellgrün, zum<br />

Schluss folgt RLM 82<br />

Braunviolett<br />

Die leichten Alterungsspuren wurden mit den<br />

Weathering Sets von Tamiya gemacht<br />

Modell und Fotos Othmar Hellinger<br />

58


Die Ar 234 vor der Endmontage<br />

Aus Liebe<br />

zum Detail<br />

Das fast fertig zusammengebaute<br />

Cockpit, mit Tesaband<br />

und Zwinge gesichert,<br />

beim Trocknen des<br />

Klebers<br />

Die Einzelteile des Cockpitbereichs.<br />

Die Glasteile<br />

sind innen bereits mit<br />

RLM 66 Schwarzgrau<br />

lackiert<br />

Nachdem dann die Maschine komplett<br />

in Farbe erstrahlte, brachte ich die Abziehbilder<br />

auf. Gunze-Farben haben übrigens<br />

noch einen Vorteil: Man muss nicht<br />

extra farblosen Glanzlack oder eine Future-Schicht<br />

aufbringen, um die berüchtigten<br />

Silve ringeffekte bei den Decals zu vermeiden.<br />

Sind die Decals an der richtigen<br />

Stelle, genügt nur noch eine Schicht farbloses<br />

Seidenmatt auf dem Flieger, und er<br />

Das verglaste Cockpit bot<br />

dem Piloten eine gute Sicht<br />

kann nach der Trocknung dezent gealtert<br />

werden. Das sollte man allerdings nicht<br />

übertreiben, denn die Jets waren nicht allzu<br />

lange im Einsatz. Meine Arado 234<br />

stellt die Maschine von Oberfeldwebel<br />

Bruchlos der 8./KG76 dar, der den Angriff<br />

auf die Brücke von Remagen mitgeflogen<br />

ist.<br />

■<br />

Othmar Hellinger<br />

Jeden Monat<br />

neu am Kiosk!<br />

Das Tarnschema<br />

erfordert viel<br />

Abklebearbeit!<br />

Voll aufmunitioniert mit Starthilfe,<br />

Zusatztanks und Bombe<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013


MODELLBAU<br />

Die Sabre ist immer noch der Inbegriff<br />

vom Beginn des modernen Jetzeitalters<br />

NORTH AMERICAN F-86L VON SPECIAL HOBBY/HASEGAWA 1:72<br />

Die Decals kamen ohne zusätzliche<br />

farblose Glanzlackschicht aus<br />

Aus zwei mach eins!<br />

Hin und wieder muss ein Modellbauer von Special Hobby ist nur eine tiefgezogene<br />

auch Rosinenpickerei betreiben: Ab 1956 Haube enthalten, während Hasegawa eine<br />

wurden 981 F-86D zur L-Version umgerüstet. sauber gespritzte Haube mit passendem<br />

Der auffälligste Unterschied war der größere Rumpf anbietet. Rumpf und Flügel ließen<br />

Flügel. Modellbauer Paul Sched ahmte diesen sich problemlos anpassen, sodass Paul Sched<br />

Umbau nun nach, indem er die Tragfläche nur geringfügig spachteln musste. Mit ein<br />

aus dem Special Hobby Kit mit dem Rumpf wenig Lackieraufwand gestaltete sich das<br />

der F-86D von Hasegawa kombinierte. Der Cockpit anschließend sehr ansehnlich, und<br />

Grund: In dem ansonsten sehr guten Bausatz die Tropfenhaube gewährt einen guten Einblick.<br />

Auf eine weiße Grundierung kam Fluorescent<br />

Orange, und zuletzt nutzte er Revell<br />

Silber 99, um das Modell vollständig zu lackieren.<br />

Den Abschluss bilden die hervorragenden<br />

Decals von SH.<br />

■<br />

Paul Sched/Othmar Hellinger<br />

Beeindruckend:<br />

die vergrößerte<br />

Flügelspannweite<br />

Modell und Fotos Paul Sched<br />

DOUGLAS A-1J SKYRAIDER VON ZOUKEI-MURA IN 1:32<br />

Veredelter »Himmelsräuber«<br />

Bei den Japanern kommt eben niemand zu<br />

gute und feine Gravuren. Die reich bebilderte<br />

kurz: Nach der Marine-Version ist nun<br />

Bauanleitung führt auf 39 Seiten verständlich<br />

auch die USAF-Variante der Skyraider in der<br />

SWS-Serie unter der Nummer 07 erhältlich,<br />

und der neue Kit steht seinem Vorgänger in<br />

nichts nach! Besondere Highlights sind wieder<br />

das teileintensive Cockpit und der ausgezeichnete<br />

durch den Bau des Flugzeuges. Beim Hersteller<br />

sind auch Zusatzteile wie Piloten und<br />

Bomben erhältlich. Weitere Infos unter<br />

www.zoukeimura.co.jp oder bei Traudl’s<br />

Modellbauladen in München (www.traudls<br />

Motor. Die Oberflächendetails sind<br />

modellbau.com). Preis: zirka 200,- Euro. ■<br />

hervorragend nachgebildet und besitzen sehr<br />

Othmar Hellinger<br />

Fotos Othmar Hellinger<br />

60


Modell Guido Schwarz, Fotos Othmar Hellinger<br />

ARADO AR 196 A-3 VON REVELL IN 1:72<br />

Störrischer<br />

»kleiner Bruder«<br />

Klein, aber fein: Die Arado Ar 196 A-3 war<br />

ein durch einen Sternmotor BMW 132K angetriebener<br />

Tiefdecker mit Schwimmern und<br />

das standardmäßige Katapult-Bordflugzeug<br />

der deutschen Großkampfschiffe im Zweiten<br />

Weltkrieg. Der Bausatz selbst besteht aus 41<br />

grauen und drei Klarsichtbauteilen, welche sich<br />

auf insgesamt fünf Gussästen übersichtlich verteilen.<br />

Die dreiseitige, in 20 Bauschritte unterteilte<br />

Bauanleitung lässt keine Fragen offen. Die<br />

beiden Decalsätze erlauben wahlweise den Bau<br />

einer Arado der 5./Bordfliegergruppe 196 im<br />

August 1941 in Brest-Hourtin, Frankreich,<br />

oder einer Maschine<br />

der Seenotrettungsgruppe<br />

10 des Seenot-<br />

bereitschafts-<br />

Kommandos IX in<br />

Die überhöhte Kanzel<br />

bot einen guten<br />

Rundumblick für<br />

die Seeaufklärung<br />

Tromsoe, Norwegen, im September 1943. Erstere<br />

erschien mir als farblich eindrucksvoller<br />

und war auch aufgrund fast gratfreier Bauteile<br />

zügig gebaut. Nur das Schwimmergestänge<br />

unterhalb und die drei Klarsichtteile wollten<br />

anfangs einfach nicht zueinander passen. Nach<br />

mehreren Schleif- und Anpassarbeiten wurde<br />

dieses Problem jedoch gelöst. Bemalt wurde die<br />

Arado mit Revell »Aqua Color«, wobei hier<br />

zwei Tarnfarben erst nach Revell-Manier gemischt<br />

werden mussten. Fazit: Die Modellbauer,<br />

denen der Platz und die Zeit für 1:32-Version<br />

fehlen, haben mit diesem Modell ein recht<br />

gutes Abbild des Originals, jedoch nicht so detailreich<br />

wie der »große Bruder« in 1:32. ■<br />

Guido Schwarz/Othmar Hellinger<br />

Charakteristisch: das durchgehende Höhenruder<br />

und die davor aufgesetzte Seitenflosse<br />

Die Spitfire ist nach wie<br />

vor Kult, und ModellFan<br />

zeigt Ihnen mit der neuesten<br />

Ausgabe, wie Sie eine<br />

Spitfire Mk.XIV im Großmaßstab<br />

1:32 zum Fotoaufklärer<br />

PR.XIX umbauen<br />

können!<br />

ModellFan 6/2013 ist ab<br />

dem am 27. Mai 2013<br />

am Kiosk erhältlich.<br />

Modellbau-News<br />

REVELL: HASEGAWA/FALLER<br />

Bla Messerschmitt blalddflalsd Bf flasd 109<br />

F-4/B »Jabo« in 1:32<br />

REVELL: (Kit: 08228). Der Hersteller<br />

blalddflalsd aus Japan flasd erfreut<br />

Bla<br />

uns Modellbauer mit<br />

einer weiteren Variante<br />

des berühmten Jagdflugzeuges,<br />

diesmal als Jagdbomber. Der Kit mit<br />

seinen 161 Einzelteilen hat sehr gute Gravuren an<br />

den Oberflächen und ein voll eingerichtetes Cockpit<br />

mit Pilotenfigur. Mit den Decals lassen sich drei<br />

Maschinen darstellen. Preis: 79,99 €<br />

REVELL<br />

Hudson Mk.I/II Patrol<br />

Bomber in 1:72 (Kit:<br />

04838). Aus Bünde<br />

kommt die Nachbildung<br />

des bekannten<br />

Patrouillen- und -U-Boot-Jägers der englischen<br />

Luftwaffe mit feinen Oberflächengravuren und einer<br />

tollen Cockpiteinrichtung. Der Decalbogen lässt den<br />

Bau von zwei Flugzeugen zu. Preis: 13,50 €<br />

TRUMPETER/GLOW2B<br />

Messerschmitt Bf 109<br />

F-4/Trop in 1:32 (Kit:<br />

02293). Auch die<br />

Chinesen bringen jetzt<br />

die berühmte »Gelbe<br />

14« von Marseille in<br />

die Läden. Die gut 240<br />

Bauteile sind recht gut gespritzt und besitzen gute<br />

und feine Gravuren auf den Oberflächen. Motor und<br />

Cockpit sind mit umfangreichen Teilen aufwendig<br />

dargestellt. Drei Maschinen der Tropen-109 können<br />

mit den Decals gebaut werden. Preis: 38,99 €<br />

HASEGAWA/FALLER<br />

F6F-5 Hellcat »Pacific<br />

Aces« in 1:48 (Kit:<br />

07313). Der Hersteller<br />

aus Japan kommt mit<br />

einer weiteren Farbvariante<br />

des US-Marinejägers<br />

auf den Markt. Die Modelloberflächen der<br />

knapp 100 Bauteile besitzen sehr gute Gravuren,<br />

die Passgenauigkeit ist gewohnt gut und die<br />

Detaillierung für den Maßstab kann sich sehen<br />

lassen. Zwei Maschinen der USN können gebaut<br />

werden. Preis: 48,99 €<br />

WINGNUT WINGS<br />

Sopwith Snipe early and<br />

late in 1:32 (Kit: 32020<br />

und 32054). Wieder ein -<br />

mal überraschen uns die<br />

Neuseeländer mit zwei englischen<br />

Jagddoppeldeckern aus dem Ersten Welt -<br />

krieg. Die 113 Teile sind hervorragend gestaltet<br />

und weisen sehr feine Details an den Oberflächen<br />

auf. Die Einrichtung in Form von Cockpit, Bewaffnung<br />

und Motor ist atemberaubend umgesetzt<br />

worden. Mit den Decals von Cartograf können<br />

jeweils fünf Maschinen dargestellt werden<br />

(www. wingnutwings.com). Preis: je ca. 65,00 €<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

61


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<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

63


TERMINE / MUSEUMSTIPP<br />

TERMINE 2013<br />

FÜR DEUTSCHLAND,<br />

ÖSTERREICH UND SCHWEIZ<br />

MAI<br />

18.–20. Mai<br />

Grunau-Baby-Treffen/Tag der offenen Tür<br />

(Sonntag), Sonderlandeplatz Bamberg-<br />

Breitenau, www.aeroclub-bamberg.de<br />

25./26. Mai<br />

Fliegerfest, Sonderlandeplatz Eichstätt,<br />

www.fliegerclub-eichstaett.de<br />

25./26. Mai<br />

Airportfestival, Flughafen Niederrhein/<br />

Weese, www.airport-weeze.de<br />

30. Mai–2. Juni<br />

Flugtage, Sonderlandeplatz Kehl-Sundheim,<br />

www.kehler-flugtage.de<br />

JUNI<br />

6./7. Juni<br />

Flugtag, Verkehrslandeplatz Leipzig-Altenburg,<br />

www.grossflugtage.de<br />

14.–16. Juni<br />

Klassikwelt am Bodensee,<br />

Messe & Flughafen Friedrichshafen,<br />

www.messe-friedrichshafen.de<br />

15./16. Juni<br />

Fly In, Ambri, Schweiz, www.p3aviation.ch<br />

22./23. Juni<br />

Oldtimertreffen, Segelfluggelände Eutingen,<br />

www.bw-in-fahrt.de<br />

28./29. Juni<br />

Airpower 2013, Internationale Airshow, Fliegerhorst<br />

Hinterstoisser, Zeltweg, Österreich,<br />

www.airpower.gv.at<br />

29. Juni<br />

Tag der offenen Tür/Flyout F-4 Phantom,<br />

Jagdgeschwader 71, Fliegerhorst Wittmund,<br />

www.phantom-pharewell.de/<br />

JULI<br />

6./7. Juli<br />

Airshow, Verkehrslandeplatz Coburg Brandensteinsebene,<br />

www.aeroclub-coburg.de<br />

12./13. Juli<br />

Scalaria Air Challenge, Wolfgangsee, Österreich,<br />

www.airchallenge.info<br />

28. Juli<br />

Tag der offenen Tür, Kampfhubschrauber -<br />

regiment 26/Roth, www.deutschesheer.de<br />

AUGUST<br />

3./4. August<br />

Flugplatzfest, Sonderlandeplatz<br />

Bad Frankenhausen,<br />

www.aeroclub-frankenhausen.de<br />

8.–11. August<br />

Seefliegertreffen, Rostock/Marienehe,<br />

www.hansesail.com<br />

10./11. August<br />

Flugtage, Verkehrslandeplatz Bautzen,<br />

www.flugtage-bautzen.de<br />

16.–18. August<br />

Airday Nordholz/100 Jahre Deutsche Marineflieger,<br />

Marineflieger-Stützpunkt Nordholz,<br />

www.airday-nordholz.de<br />

17./18. August<br />

Oldtimer/Doppeldecker Fly-In, Segelflug -<br />

gelände Montabaur, www.biplanes.de<br />

23.–25. August<br />

Quaxmeet 2013, Fly-In am Flughafen<br />

Paderborn-Lippstadt, www.quax-flieger.de<br />

23.–25. August<br />

Tannkosh Fly-In, Verkehrslandeplatz Tannheim,<br />

www.tannkosh.de<br />

24./25. August<br />

Flugplatzfest, Sonderlandeplatz Albstadt-<br />

Degerfeld, www.lsv-degerfeld.de<br />

24. August<br />

Hunterfest, Flugplatz St. Stephan, Schweiz,<br />

www.hunterverein.ch<br />

31. August/1. September<br />

Flugtage, Dittingen, Schweiz,<br />

www.flugtage.ch/c<br />

31. August/1. September<br />

Flugplatzfest, Sonderlandeplatz Krefeld-<br />

Egelsberg, www.flugplatzfest-krefeld.de<br />

31. August/1. September<br />

Flugtag, Segelfluggelände Dorsten,<br />

Kontakt: Barbara Großelohmann,<br />

Tel. 02365/50 17 53 oder 0172 654 17 00<br />

SEPTEMBER<br />

6.–8. September<br />

Hahnweide Oldtimertreffen, Segelfluggelände<br />

Kirchheim-Teck/Hahnweide,<br />

www.oldtimer-hahnweide.de<br />

7./8. September<br />

Flugplatzfest, Sonderlandeplatz Bad Waldsee-Reute,<br />

www.fliegerwaldsee.de<br />

EUROPA<br />

MAI<br />

18./19. Mai<br />

Oldtimer Airshow, La Ferte Alais/Cerny,<br />

Frankreich, www.ajbs.fr<br />

20. Mai<br />

Airshow, Oostwold, Niederlande,<br />

www.oostwold-airshow.nl<br />

25. Mai<br />

Airshow, Caslav Airbase, Tschechien,<br />

www.openday2013.cz<br />

JUNI<br />

1./2. Juni<br />

Airshow, Pardubice, Tschechien,<br />

www.aviatickapout.cz<br />

8./9. Juni<br />

Aero Show, Göteborg, Schweden,<br />

www.aeroseum.se<br />

14./15. Juni<br />

Airshow, Volkel Airbase, Niederlande,<br />

www.defensie.nl/luchtmachtdagen<br />

17.–23. Juni<br />

50. Internationale Paris Airshow,<br />

Flughafen Le Bourget/Paris, Frankreich,<br />

www.paris-air-show.com<br />

JULI<br />

13./14. Juli<br />

Flying Legends Airshow, Duxford Airfield,<br />

Großbritannien, www.iwm.org.uk<br />

20./21. Juli<br />

Royal International Air Tattoo, RAF Fairford,<br />

Großbritannien, www.airtattoo.com/airshow<br />

AUGUST<br />

10./11. August<br />

Wings and Wheels, Ursel Airfield, Belgien,<br />

www.wingsandwheels.be<br />

17./18. August<br />

Oldtimer Fly-In, Schaffen-Diest, Belgien,<br />

www.flyin.dac.be<br />

17./18. August<br />

Airshow, Roskilde, Dänemark,<br />

www.airshow.dk<br />

24./25. August<br />

Airshow, Radom-Sadkow, Polen,<br />

www.airshow.sp.mil.pl<br />

27. August–1. September<br />

MAKS – Internationaler Luft- und Raumfahrt<br />

Salon, Moskau/Zhukovsky, Russland,<br />

www.aviasalon.com<br />

31. August/1. September<br />

SIAF 2013 Airshow, Sliac Airbase, Slowakei,<br />

www.siaf.sk<br />

WELTWEIT<br />

JULI<br />

29. Juli–4. August<br />

EAA AirVenture Oshkosh, Wittman Regional<br />

Airport, Wisconsin, USA, www.airventure.org<br />

OKTOBER<br />

12./13. Oktober<br />

Commemorative Air Force Airsho, Midland,<br />

Texas, USA<br />

Alle Angaben sind ohne Gewähr.<br />

Kurzfristige Änderungen treten häufig ein,<br />

eventuell beim Veranstalter nachfragen!<br />

Sie planen eine Veranstaltung? Teilen Sie uns<br />

diese bitte möglichst frühzeitig mit:<br />

Fax: 09 51/428 23, E-Mail: janluftfahrt@aol.com,<br />

Alexander Nüßlein, J.A.N. Luftfahrtdokumentation<br />

BÜCHER<br />

Fokker G-1<br />

Volume II – Operational History<br />

In niederländischer Sprache<br />

248 S., über 400 S/W- und Farbfotos,<br />

13 Farbprofile. Lanasta, Emmen (NL).<br />

ISBN 978-90-8616-121-8.<br />

Preis: 42,80 €<br />

Bezugsquelle: Fachbuchhandlung<br />

Schmidt. www.christian-schmidt.com.<br />

Tel. 089/70 32 27<br />

FRITS GERDESSEN ET AL.<br />

Ungewöhnlicher Jäger<br />

Die Fokker G-1 ist das fortschrittlichste<br />

Kampfflugzeug der Niederlande zu Beginn<br />

des Zweiten Weltkrieges. Im zweiten<br />

Teil ihrer Dokumentation beleuchtet<br />

das Autorenquartett deren Einsatzgeschichte,<br />

üppig illustriert mit guten Fotos<br />

und Abbildungen. Ein großer Abschnitt<br />

widmet sich dabei den von der deutschen<br />

Luftwaffe übernommenen Flugzeugen.<br />

»Angst« vor dem niederländischen<br />

Originaltext muss der Leser nicht<br />

haben: Alle Bildunterschriften sowie eine<br />

Zusammenfassung gibt es auch auf Englisch!<br />

Wer sich für die ungewöhnliche<br />

G-1 interessiert, kommt um dieses ausgezeichnete<br />

Werk nicht herum. WM<br />

R. ISHIGURO UND T. JANUSZEWSKI<br />

Japans »Amerika-Bomber«<br />

Japans Marine gilt als die einzige Streitmacht,<br />

die in größerem Umfang U-Bootgestützte<br />

Flugzeuge im Zweiten Weltkrieg<br />

nutzte. Das wichtigste davon ist die<br />

hier vorgestellte E14Y, alliierter Code -<br />

name Glen – zugleich die einzige Feindmaschine,<br />

der es gelang, die USA zu<br />

bombardieren. Das japanisch-polnische<br />

Autorenduo bietet Historikern wie Modellbauern<br />

alles, was das Herz begehrt:<br />

Texte und Tabellen in Kombination mit<br />

zahlreichen Farbprofilen und Maßstabsrissen<br />

sowie tollen Fotos, Handbuchauszügen<br />

und Unterwasser-Farbaufnahmen<br />

vom einzig bekannten Wrack. Fazit: ein<br />

rundum gelungenes Werk. WM<br />

Kugisho E14Y Glen<br />

The Aircraft that bombed America<br />

In englischer Sprache<br />

128 S., 112 S/W- und Farbfotos,<br />

36 Farbprofile. Mushroom Model<br />

Publications. ISBN 978-83-<br />

61421-72-6. Preis: 32,50 €<br />

Bezugsquelle: Sound Tonträger/<br />

Bücher. www.sound-bm.com.<br />

Tel. 0177/288 29 68<br />

64


Schmuckloses<br />

Gebäude mit<br />

»Schätzen« im<br />

Inneren<br />

Fotos Alexander Gilles<br />

Winnetous Erben<br />

Generationen von nicht nur amerikanischen<br />

Piloten haben ihren ersten Flug auf<br />

einer Piper »Cub« absolviert. Der legendäre<br />

kleine, zweisitzige Hochdecker entstand Anfang<br />

der 1930er-Jahre und ist über Jahrzehnte<br />

in großen Stückzahlen in mehreren Versionen<br />

gebaut worden. Auch heute noch erfreut<br />

sich das unverwüstliche Schul- und Sportflugzeug<br />

weltweit großer Beliebtheit.<br />

Auch die späteren, meist nach Indianerstämmen<br />

benannten und eleganten Reiseflugzeuge<br />

von Piper wie Aztec, Comanche,<br />

Ein Mekka für Piper-Fans<br />

Einzelstück Piper PA-41 P,<br />

eine Aztec mit Druckkabine<br />

Cherokee, Chayenne oder Mojave sind aus<br />

der heutigen allgemeinen Luftfahrt nicht<br />

mehr wegzudenken.<br />

Lock Havens Beziehung zu Piper geht zurück<br />

bis ins Jahr 1937, als dort aus der Taylor<br />

Aircraft Company die Piper Aircraft Corporation<br />

wurde und in einem neuen Werk die<br />

Produktion begann. 1987 endete die Fertigung<br />

an diesem Standort und wurde nach<br />

Florida verlegt. In dem früheren Entwicklungsgebäude<br />

von Piper entstand dann ab<br />

1995 das Piper Aviation Museum.<br />

Mit rund einem Dutzend Flugzeugen,<br />

zahlreichen Modellen, Fotografien und Dokumenten<br />

wird die Geschichte des Flugzeugwerks<br />

dokumentiert. Die ausgestellte J-2 Cub<br />

ist die erste, die in Lock Haven gebaut worden<br />

ist. Mit der PA-12 Super Cruiser wurde<br />

1947 zusammen mit einer weiteren PA-12 ein<br />

Weltflug durchgeführt, der vom 9. August bis<br />

zum 10. Dezember dauerte. Weitere Piper-Typen<br />

in der Ausstellung sind unter anderem<br />

J-3C-65 Cub, PA-22 Tri-Pacer, PA-23 Aztec,<br />

PA-24 Comanche oder PA-29 Papoose.<br />

Checkliste<br />

Piper Aviation Museum, One Piper Way,<br />

Lock Haven, Pennsylvania 17745, USA<br />

Tel.: 001 570 748-82 83<br />

Fax: 001 570 893-83 57<br />

E-Mail:<br />

info@pipermuseum.com<br />

Website:<br />

www.pipermuseum.com<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montag bis Freitag 8.00–16.00 Uhr<br />

Samstag<br />

10.00–16.00 Uhr<br />

Sonntag<br />

12.00–16.00 Uhr<br />

Eintrittspreise:<br />

Erwachsene 6,00 $<br />

Kinder 7 bis 15 Jahre 3,00 $<br />

Kinder unter 6 Jahren frei<br />

Rentner ab 55 Jahren 5,00 $<br />

Familien 12,00 $<br />

Sonderpreise für Gruppen<br />

Über das Jahr macht das Museum verschiedene<br />

Veranstaltungen wie Flugtage, Besuche<br />

anderer Luftfahrtmuseen oder Sommercamps<br />

für Kinder. Peter W. Cohausz ■<br />

Piper PA-24<br />

Comanche<br />

MUSEUMSTIPP<br />

CLAES SUNDIN<br />

Edle Profilbilder<br />

ALEXANDER NITSCHKE<br />

Fliegen in Weißenfels<br />

Luftwaffe Fighter Aircraft<br />

Profile Book No 1<br />

Mit englischem Text<br />

132 Seiten, 124 Farbprofiles.<br />

Centura Publishing. www.luftwaffeinprofile.se.<br />

ISBN: 9-789163-<br />

726453. Preis: 40,00 €<br />

Bezugsquelle: Sound Tonträger/<br />

Bücher. www.sound-bm.com.<br />

Tel. 0177/288 29 68<br />

Sundin ist unbestritten ein Meister seines<br />

Faches: Farbprofile aus seiner Hand repräsentieren<br />

die hohe Schule jener spezifischen<br />

Kunstform. Seine Darstellungen<br />

sind voller Details, Feinheiten und op -<br />

tischer Highlights. Zu bewundern sind<br />

124 Zeichnungen allerfeinster Qualität;<br />

großformatig auf hochwertigem Papier<br />

und in sehr guter Qualität gedruckt. Inhaltlich<br />

ist das Werk den ein- und zweimotorigen<br />

Jägern der deutschen Luftwaffe<br />

gewidmet. So finden sich Bf 109,<br />

Bf 110, Me 262 und Fw 190 fast aller Versionen<br />

sowie Nachtjäger vom Typ Ju 88<br />

und Bf 110 wieder. Ein echter Augenschmaus<br />

für Kenner wie Genießer! WM<br />

Luftfahrt- und Luftsportgeschichte rund<br />

um Weißenfels an der Saale bietet dieses<br />

bemerkenswerte Buch. Obwohl es dort<br />

nie einen offiziellen Flugplatz gab, lockte<br />

der Tschirnhügel am östlichen Stadtrand<br />

von den 1920er- bis zu den 1960er-<br />

Jahren stets Segel- und Gleitflieger an. Es<br />

sind insbesondere die Geschichten und<br />

Anekdoten jener Veteranen der Weißenfelser<br />

Luftsportbewegung, die das gut illustrierte<br />

Werk raffiniert würzen, ebenso<br />

wie die 194 Kurzbiographien oder die<br />

aufgeklärten Schicksale diverser vermisster<br />

Kriegsteilnehmer. Lokale Luftfahrtgeschichte<br />

vom Feinsten, die sich absolut<br />

zu lesen lohnt!<br />

WM<br />

Die Flieger vom Tschirnhügel<br />

Weißenfelser Luftfahrt- und<br />

Luftsportgeschichte<br />

362 S., 565 Fotos und Abbildungen.<br />

Arps Verlag Weißenfels.<br />

ISBN 978-3-936341-18-8.<br />

Preis: 34,95 €<br />

Erhältlich im einschlägigen Buchhandel.<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

65


ZEITGESCHICHTE<br />

Flugzeugunglück<br />

AVRO TUDOR<br />

Das Kreuz mit<br />

den Steuerseilen<br />

Zugegeben, die Tudor war<br />

kein schönes Flugzeug.<br />

Ebensowenig glänzte sie<br />

mit guten Flugleistungen.<br />

Doch gründlich ruiniert<br />

wurde ihr Ruf durch einen<br />

Unfall, der die Füh rungsspitze<br />

des Flugzeugherstellers<br />

empfindlich dezimierte<br />

Von Jochen W. Braun/<br />

Markus Wunderlich<br />

Der Zweite Weltkrieg ist noch in vollem<br />

Gange, aber nicht nur für die Briten<br />

steht im Jahr 1944 bereits fest, dass die<br />

Alliierten gewinnen werden. So macht man<br />

sich in Großbritannien daran, für die Zeit danach<br />

ein großes Verkehrsflugzeug zu entwickeln.<br />

Viermotorig muss es sein, weil das Lastenheft<br />

die Möglichkeit einer problemlosen<br />

Atlantiküberquerung vorsieht. Zudem wird<br />

das Flugzeug so schwer werden, dass es mit<br />

weniger Triebwerken gar nicht abheben würde.<br />

Einer der besten Flugzeugkonstrukteure<br />

jener Zeit, der über die Grenzen Großbritanniens<br />

hinaus bekannte und respektvoll gewürdigte<br />

Roy Chadwick, macht sich bei der<br />

Firma A.V. Roe & Co. Ltd. (kurz Avro genannt)<br />

über dieses Projekt her. Auf dem Papier<br />

glänzt es derart vielversprechend, dass<br />

die British Overseas Airways Corporation<br />

(BOAC) vorab schon einmal 20 Exemplare für<br />

den Atlantikverkehr ordert.<br />

Nach der für damalige Zeiten typischen<br />

kurzen Entwicklungszeit fliegt ein erstes<br />

Exemplar der Avro 688 Tudor 1 genannten Serie<br />

bereits am 14. Juni 1945. Einige Superlative<br />

heimst das Flugzeug für sich ein. So ist es<br />

das größte je in Großbritannien gebaute Verkehrsflugzeug<br />

und gleichzeitig das erste, das<br />

über einen Kabinendruckausgleich verfügt.<br />

Trotz seiner Größe ist es nur für zwölf Passagiere<br />

ausgelegt, die jedoch umgeben von einem<br />

noch nie da gewesenen Luxus, der an<br />

heutige Businessjets erinnert, den Atlantik<br />

überqueren werden.<br />

Innen hui, außen pfui könnte man auch sagen,<br />

denn bei der Betrachtung der Maschine<br />

rümpft ein Ästhet unwillkürlich die Nase. Ein<br />

Vergleich mit der zur gleichen Zeit konstruierten,<br />

atemberaubend eleganten Lockheed<br />

Constellation weckt zwangsläufig Erinnerungen<br />

an die Geschichte vom hässlichen Entlein.<br />

Noch kann man ja nicht wissen, dass die Avro<br />

Tudor – ganz anders als in Andersens Märchen<br />

– niemals zum Schwan werden wird.<br />

Das wäre so schlimm ja nicht, wenn das<br />

plumpe Ding wenigstens ansprechende Flugeigenschaften<br />

hätte. Aber auch die lässt es geradeswegs<br />

vollständig vermissen, was sich in<br />

zahllosen Änderungen während der folgenden<br />

Testwochen und -monate zeigt. Und als<br />

die BOAC zur Abnahme schreitet, fordern deren<br />

Fachleute die erschreckende Anzahl von<br />

sage und schreibe 343 Änderungen an und im<br />

Flugzeug.<br />

66


Stand unter keinem guten Stern: Avros Tudor<br />

machte mehr mit Unglücken als mit Erfolgsmeldungen<br />

auf sich aufmerksam. Ein Unfall<br />

war besonders tragisch<br />

Foto Phil Jarrett<br />

Chefkonstrukteur Chadwick lässt dennoch<br />

den Kopf nicht hängen und entwirft eine verbesserte<br />

und vergrößerte Variante, die Avro<br />

689 Tudor 2, deren auffälligstes Merkmal im<br />

Vergleich zur Tudor 1 der um acht Meter gestreckte<br />

Rumpf ist. Im Lastenheft wird eine<br />

maximale Passagierzahl von 60 genannt, weshalb<br />

dieses Flugzeug für Langstreckenbetreiber<br />

höchst interessant erscheint. 79 Bestellungen<br />

gehen in kurzer Zeit ein, unter anderem<br />

von der renommierten Qantas, der BOAC<br />

und der South African Airways (SAA).<br />

Nur sechs Monate dauert die Bauzeit,<br />

dann steht bereits eine Tudor 2 zum Test bereit.<br />

Ziemlich ernüchternd allerdings fällt das<br />

Urteil der Testpiloten nach dem Erstflug am<br />

10. März 1946 aus: Ja, die Maschine lässt sich<br />

gut fliegen. Nein, sie hat die gleichen Mängel,<br />

wie die Tudor 1. Darum wird Monat über<br />

Monat weiter an dem Flugzeug herumgedoktert<br />

und verändert – so auch in der<br />

Nacht zum schicksalsschweren Samstag, dem<br />

23. August 1947.<br />

Einige Zeit ist die Tudor 2 bereits am Boden<br />

gewesen, als in dieser Nacht auch noch<br />

die Steuerseile zum Höhenruder getauscht<br />

werden. Die Testpiloten hatten mangelnde<br />

Steifigkeit festgestellt, und ein Mechaniker<br />

hat den Auftrag bekommen, am besten gleich<br />

völlig neue Seile einzubauen, um festzustellen,<br />

ob die Reklamation eventuell auf eine<br />

Dehnung der alten Seile zurückzuführen ist.<br />

Keine große Sache also, wenn man sie nach<br />

Plan durchführt. Doch einen solchen hat der<br />

Mechaniker nicht … wie auch, es gibt keinen.<br />

So baut er die alten Seile aus und prägt sich<br />

den Weg, den diese in der Maschine gehen,<br />

genau ein. Am Ende der Nacht beginnt er die<br />

Das Urteil der Testpiloten fällt nach dem<br />

Erstflug ziemlich ernüchternd aus.<br />

neuen, strafferen Seile genau so einzubauen<br />

wie die alten, deren Lage er sich gemerkt hat.<br />

Dabei unterläuft ihm ein Fehler, den er aber<br />

nicht bemerkt, weil alles so aussieht, wie er es<br />

in Erinnerung hat. Zwei Kontrolleure überprüfen<br />

die Arbeit. Passt.<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

67


ZEITGESCHICHTE<br />

Flugzeugunglück<br />

Die Avro Tudor 2, G-AGSU, hebt in Woodford zu einem Testflug ab.<br />

Obwohl sie für den Transatlantikverkehr ausgelegt ist, stellt sie für<br />

die US-Konkurrenz keine ernstzunehmende Gefahr dar Foto Phil Jarrett<br />

der Funker John Webster und der Flugingenieur<br />

E. Talbot.<br />

Und noch jemand steigt in die Maschine,<br />

den Kopf voller Gedanken. Es ist Chefkonstrukteur<br />

Roy Chadwick, dem die schlechte<br />

Beurteilung seiner Tudor seit dem Erstflug<br />

vor eineinhalb Jahren keine Ruhe gelassen<br />

hat. Er nimmt seinen Mitarbeiter, den Konstrukteur<br />

Stuart D. Davies, mit an Bord des<br />

Tudor-2-Prototypen, G-ADSU, mit. Die beiden<br />

Männer wollen sich heute zum wiederholten<br />

Mal mit bestimmten Flugeigenschaften<br />

der Maschine befassen. Zu ihnen gesellt sich<br />

auch der kaufmännische Direktor der Avro,<br />

Sir Roy Dobson, um sich vom Fortgang der<br />

aus seiner Sicht schleppenden Weiterentwicklung<br />

zu überzeugen.<br />

Verhängnisvolle Verwechslung: Ein Mechaniker prägte sich den Lauf der Steuerseile für die Querruder<br />

falsch ein – der Fehler blieb trotz Kontrolle unentdeckt … Zeichnung Sammlung Jochen W. Braun<br />

Die Sonne ist schon eine Weile am Himmel<br />

entlanggewandert, als die Maschine aufgetankt<br />

wird und die vier Rolls-Royce-»Merlin«-Motoren<br />

für einen Probelauf stotternd<br />

zum Leben erwachen. Gegen 10:40 Uhr<br />

steigt die Testcrew in das startbereite Flugzeug.<br />

Cheftestpilot Sydney A. »Bill« Thorne<br />

lässt sich in den linken Sitz fallen, Major David<br />

Wilson stellt sich den Copilotensitz ein.<br />

Zwei weitere Männer ergänzen die Crew:<br />

Ein Anruf zur rechten Zeit<br />

Gerade sollen die Motoren angelassen werden,<br />

da wird Dobson von einem seiner Mitarbeiter<br />

wegen eines wichtigen Anrufs aus<br />

dem Flugzeug gebeten. Mit dem Hinweis, es<br />

dauere nur ein paar Minuten, steigt er aus.<br />

Als die Zeit jedoch verrinnt, gibt der ungeduldige<br />

Chadwick um 10:57 Uhr den Befehl<br />

zu starten, und nach gut 700 Metern hebt das<br />

Flugzeug ab in den sonnenhellen Himmel.<br />

Diese Ungeduld rettet Sir Dobson das Leben.<br />

Fünfzehn, zwanzig Meter steigt die Viermot,<br />

fliegt etwa 275 Meter normal geradeaus,<br />

aber dann deutet sich an, dass dieser vermeintlich<br />

routinemäßige Testflug anders verlaufen<br />

wird, denn das Flugzeug neigt sich<br />

kaum merklich nach Steuerbord, ein ungewöhnliches<br />

Flugmanöver in so geringer Flughöhe.<br />

Die Schräglage nimmt stetig zu – bis die<br />

rechte Tragfläche mit den ersten Bäumen kol-<br />

Die Tudor mit ihrem ursprünglichen, kleineren Seitenleitwerk. Um die<br />

Stabilität um die Hochachse zu erhöhen, erhielt sie …<br />

… ein vergrößertes Seitenleitwerk, das man für alle Nachfolgemaschinen<br />

beibehielt<br />

Fotos (2) Phil Jarrett<br />

68


lidiert. In diesem Moment ist der Prototyp<br />

verloren.<br />

Fünfzehn Meter vor dem Flugplatzende<br />

pflügt nun die rechte Flächenspitze durch den<br />

Boden und – immer noch mit voller Motorleistung<br />

– direkt danach knapp über dem Boden<br />

durch den 2,50 Meter hohen Zaun, der<br />

das Ende des Werksgeländes markiert.<br />

Auf der anderen Seite des Zaunes wird die<br />

Furche immer tiefer. Nach einigen Metern<br />

trifft die Fläche auf eine Hecke, hier ist der Boden<br />

durch das Wurzelwerk wesentlich dichter<br />

und der äußere Teil der Fläche bricht ab,<br />

ebenso wie ein Teil der Ruderanlage.<br />

Hoher Besuch: Königin Elisabeth I.<br />

(2. v. r.) im Gespräch mit Roy Chadwick<br />

vor einer Lancaster. Dritter von links:<br />

Avro-Direktor Roy Dobson<br />

Foto François Prins<br />

Katastrophaler Absturz<br />

Immer noch eine tiefe Furche mit dem Flächenstummel<br />

markierend, fliegt die Tudor inzwischen<br />

in erschreckender Schräglage weiter,<br />

verliert dabei weitere Teile der Fläche sowie der<br />

Außenhaut des Flugzeugs. Spanten und Verstrebungen<br />

lösen sich krachend, der verbliebene<br />

Teil des Steuerbordflügels wird abgeschert,<br />

und schließlich schlägt die Tudor 2 mit der Nase<br />

voran auf den Boden, wo der Rumpf sich in<br />

seine Bestandteile aufzulösen beginnt.<br />

Aus einer Bruchfläche heraus sehen die<br />

entsetzten Beobachter einen Körper fliegen.<br />

Es ist der Chefkonstrukteur Roy Chadwick,<br />

den man später mit gebrochenem Schädel aus<br />

einem 65 Meter entfernten Baum bergen<br />

muss. Der 54-Jährige dürfte sofort tot gewesen<br />

sein. Ähnlich ergeht es dem Funker Webster,<br />

auch er erliegt bereits am Unfallort seinen<br />

schweren Schädelverletzungen.<br />

Nur ein kurzes Stück schlittert die Tudor mit<br />

aufgerichtetem Heck und fast auf der Nase, bis<br />

weitere Teile des Rumpfs durch die Wucht des<br />

Zusammenstoßes mit mehreren Eichen brechen.<br />

Das Vorderteil rutscht einen Hang hinab<br />

und bleibt schließlich brennend in einem Teich<br />

liegen, der zur Shirfold Farm gehört. Das Cockpit<br />

läuft zügig voll Wasser – noch bevor die<br />

Helfer eintreffen, sind die beiden verletzten<br />

und eingeklemmten Piloten ertrunken.<br />

Das Vorderteil rutscht einen Hang hinab und<br />

bleibt schließlich brennend liegen.<br />

Doch zwei der sechs Insassen haben überlebt.<br />

Flugingenieur E. Talbot wird schwer<br />

verletzt von den herbeigeeilten Mitarbeitern<br />

der Avro-Werke aus dem brennenden Wrack<br />

gezogen. Stuart Davies kann sich leichtverletzt<br />

selbst in Sicherheit bringen.<br />

Thorne war unstrittig einer der besten<br />

Testpiloten seiner Zeit, ungeheuer erfahren,<br />

besonnen, leidenschaftlicher Flieger und<br />

stets mit 100 Prozent bei der Sache. Wie<br />

konnte so einem Mann ein derartiges Unglück<br />

widerfahren? Akribisch wurde das<br />

Wrack untersucht und sehr bald die Ursache<br />

für den Unfall festgestellt: Die neuen Seile<br />

für die Höhenruder waren über Kreuz<br />

montiert worden (siehe Abbildung S. 68).<br />

Zur Erläuterung des Ablaufs eines Steuerbefehls<br />

Folgendes: Das Steuer dreht ein<br />

Rad in der Steuersäule, über dieses Rad läuft<br />

eine Kette zu zwei weiteren Rädern, diese<br />

sind mit den neuen Seilen verbunden. Normalerweise<br />

folgt dann einer Rechtsdrehung<br />

des Steuerrades auch eine entsprechende Bewegung<br />

der Querruder, das Flugzeug kurvt<br />

nach rechts.<br />

Ein verhängnisvoller Irrtum<br />

Der Mechaniker hatte sich in der Nacht jedoch<br />

den Verlauf der Kette und der Seile<br />

nicht richtig eingeprägt. Er schloss die Kette<br />

über Kreuz an und verband sie dadurch mit<br />

den falschen Seilen. Wenn Thorne nun das<br />

Technische Daten – Avro Tudor 2, G-AGSU<br />

Seriennummer 1235<br />

Erstflug 10.03.1946<br />

Länge<br />

32,19 m<br />

Spannweite<br />

36,58 m<br />

Höhe<br />

6,60 m<br />

Triebwerke<br />

4 x Rolls Royce 621 »Merlin«<br />

Leistung<br />

4 x 1770 PS<br />

Max. Startgewicht 36 300 kg<br />

Anzahl Passagiere max. 60<br />

Dienstgipfelhöhe 8700 m<br />

Max. Reichweite 6500 km<br />

Max. Geschwindigkeit 465 km/h<br />

Anzahl gebaut 11 (Tudor 2); 32 (Tudor, alle Modelle)<br />

Unfalldatum 23.08.1947<br />

Insassen (Unfalltag) Insgesamt 6 (davon 4 Crew)<br />

Tote 4 (davon 3 Crew)<br />

Verletzte 2 (davon 1 Crew)<br />

Roy Chadwick erläutert einem RAF-Kadetten die von ihm entworfene<br />

Avro Lancaster<br />

Foto François Prins<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

69


ZEITGESCHICHTE<br />

Flugzeugunglück<br />

Doppeltes Pech: Beim Crash kam der Bug mit dem<br />

Cockpitbereich in einem Teich zum Liegen – die<br />

zwei Piloten ertranken … Foto Sammlung Jochen W. Braun<br />

Steuerrad nach rechts bewegte, legte sich die<br />

Maschine leicht nach links.<br />

Ein Start erfordert von der Cockpitcrew stets<br />

vollste Konzentration. Thorne hatte dieserart<br />

keine wirkliche Chance, die Tudor 2 zu retten.<br />

Als ungeheuer erfahrener Mann hatte er eine<br />

leichte Neigung des Flugzeugs beim Start in<br />

Richtung einer Flügelspitze wohl einige Hundert<br />

Male erlebt. Seitenwind, eine Böe – was<br />

auch immer, es war stets die Luft, die das Flugzeug<br />

aus der stabilen Lage zu drängen drohte.<br />

Er reagierte instinktiv auf den leichten<br />

Rechtsdrall und korrigierte mit einem ebenso<br />

dezenten Ausschlag des Steuerrades nach<br />

links. Unwissentlich verschlechterte er wegen<br />

der über Kreuz angeschlagenen Seile damit<br />

die Situation des Flugzeugs, es neigte sich<br />

weiter nach rechts. Natürlich meinte Thorne,<br />

er habe nicht weit genug gegengesteuert, und<br />

verstärkte die Drehung der Steuersäule nach<br />

links. Das Resultat war niederschmetternd,<br />

die Maschine kurvte noch steiler nach rechts.<br />

Flugingenieur Talbot sah einen Augenblick<br />

vor dem ersten Aufschlag noch, wie Thorne<br />

das Steuerrad mit Macht bis zum Anschlag<br />

nach links drehte, dann war der Testflug der<br />

Tudor 2 zu Ende. Thorne war erfahren, er hätte<br />

nur ein wenig mehr Zeit und ein wenig<br />

mehr Höhe benötigt, dann wäre er höchstwahrscheinlich<br />

hinter das Geheimnis der<br />

Thorne hatte dieserart keine wirkliche<br />

Chance, die Tudor 2 zu retten.<br />

über Kreuz angeschlossenen Steuerseile gekommen<br />

und hätte die Maschine nebst Insassen<br />

retten können.<br />

Es war übrigens nicht der erste Fall in der<br />

Geschichte der Luftfahrt: Bereits 1927 war ei-<br />

Zweitverwertung: Tragfläche, Fahrwerk und die Triebwerke des Typs Rolls<br />

Royce Merlin 621 übernahm man vom Bomber Avro Lincoln Foto Phil Jarrett<br />

Roy Chadwick und Guy Gibson. Gibson leitete 1943 die Angriffe der<br />

617 Squadron auf deutsche Talsperren Foto François Prins<br />

70


ne Bristow Crusader beim berühmten Rennen<br />

um die Schneider-Trophy mit gekreuzten Seilen<br />

in das Meer gestürzt. Damals allerdings<br />

konnte der Pilot sich retten.<br />

Viele Unfälle, zahlreiche Opfer<br />

Der Tudor war auch ohne diesen Unfall kein<br />

Erfolg zugedacht. Die BOAC trat von den<br />

Verträgen zurück und nahm lieber die Lockheed<br />

Constellation. Von den 32 Exemplaren<br />

der Tudor, die in dreizehn verschiedenen Versionen<br />

bis 1948 gebaut wurden, endete ein<br />

Viertel mit Totalschäden oder Abstürzen.<br />

Über 150 Menschen starben bei diesen Unfällen,<br />

ein Blutzoll, den man heute nicht mehr<br />

hinnehmen würde.<br />

Stuart Davies, der das Unglück leichtverletzt<br />

überlebt hatte, wurde übrigens später<br />

neuer Chefkonstrukteur bei Avro.<br />

■<br />

Die Tudor trug die Gene des Lincoln-Bombers in sich – das drückte die Entwicklungskosten erheblich.<br />

Genutzt hat es nichts<br />

Foto Phil Jarrett<br />

Quellennachweis:<br />

Allward, Maurice: »Safety in the Air«.<br />

S. 148ff<br />

Brookes, Andrew: »Katastrophen am<br />

Himmel«. S. 45ff<br />

Denham, Terry: »World Directory of Airline<br />

Crashes«. S. 51<br />

Edwards, Allan: »Flights to Hell«. S. 143f<br />

Hengi, B. I.: »Crash«. S. 10<br />

Job, Macarthur: »Air Disaster Volume 4«.<br />

S. 12<br />

Roach, J. R.: »Piston Engine Airliner Production<br />

List«. S. 15<br />

Stewart, Oliver: »Danger in the Air«. S. 67ff<br />

Veronico, Nicholas A.: »Wreckchasing<br />

Volume 2«. S. 109<br />

www.baaa-acro.com<br />

V.l.n.r.: S/Ldr D.Wilson, Capt. R. Shepherd (RR-Testpilot), Flight Engineer E. Talbot und Roy Chadwick<br />

im Cockpit einer Lancastrian.Chadwick und Wilosn starben beim Tudor-Absturz Foto François Prins<br />

Auszug aus der Neuerscheinung<br />

»SOS in den Wolken« von Jochen W. Braun.<br />

192 Seiten, ISBN 978-3-86245-331-3,<br />

Geramond Verlag, Preis: 26,99 €,<br />

Bezugsquelle: www.verlagshaus24.de<br />

Tragen die Mechaniker weiße Overalls, kündigt sich meist wichtiger Besuch an. Hier hat die<br />

Viermot noch ihr altes Seitenleitwerk<br />

Foto Phil Jarrett<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

71


OLDTIMER<br />

Nurflügler-Nachbau<br />

HORTENS LEGENDÄRER GLEITER<br />

Nur Flügel<br />

Getreu dem Motto »Einen statischen Flieger bauen, kann doch jeder!« hat sich ein<br />

hessischer Verein das ehrgeizige Ziel gesteckt, einen der sagenumwobenen Horten-IV-<br />

Segler nachzubauen und in die Luft zu bringen!<br />

Von Peter W. Cohausz<br />

Die eleganten Nurflügler der Gebrüder<br />

Horten sind legendär, und die Diskussionen<br />

über deren Flugeigenschaften<br />

stecken voller Märchen und Mythen, auch<br />

weil der letzte Flug einer Horten fast 50 Jahre<br />

her ist. Schluss damit: Um festzustellen, wie<br />

sich die Horten IV fliegt und welche Leistungen<br />

sie tatsächlich bringt, hat der Verein »Hessisches<br />

Institut für Luftfahrt e.V.« in Darmstadt<br />

einen perfekten Nachbau gefertigt.<br />

Die Geschichte dieses Nachbaus begann<br />

vor etwa zwölf Jahren bei einem Gespräch<br />

zwischen Professor Bernd Ewald von der<br />

TU Darmstadt und Chris Wills, dem Vorstand<br />

des Vintage Glider Clubs. Wäre es nicht<br />

schön, ein Horten-Flugzeug in die Luft zu bekommen?<br />

Ewald war sogleich bereit, sich dafür<br />

zu engagieren.<br />

Er startete das Projekt 2001 mit einem<br />

Aufruf in den »VGC-News«: »Können wir<br />

einen Horten Nurflügler wieder in die Luft<br />

bringen?« In den folgenden Monaten wurde<br />

untersucht, ob sich ein Nachbau realisieren<br />

ließe.<br />

Zwei H IV hatten in Museen in den USA<br />

und in Deutschland überlebt, waren aber<br />

nicht mehr flugfähig. Die Dokumentenlage ist<br />

durchwachsen, und es war zunächst unklar,<br />

ob das für einen flugfähigen Neubau ausreichen<br />

würde.<br />

Freilich gibt es einige Originalzeichnungen,<br />

Fotos, Literatur, die Aussagen von Horten-Piloten<br />

und die dokumentierte Rekonstruktion<br />

des Horten-IV-Mittelstücks im<br />

Deutschen Museum. Die Angaben zu den<br />

Flugleistungen waren jedoch lückenhaft und<br />

Bau der Flügel<br />

Foto Sascha Heuser<br />

Zeitlos elegant: Hortens<br />

Nurflügler hat auch nach<br />

über einem halben Jahrhundert<br />

nichts von seiner<br />

Faszination verloren<br />

Foto Martin Stenger<br />

Mittelstück und Flächen<br />

werden angepasst<br />

Foto Sascha Heuser<br />

Beplankung des Mittelstücks<br />

Foto Sascha Heuser<br />

Teile der Steuerung warten auf den<br />

Einbau<br />

Foto Sascha Heuser<br />

72


widersprüchlich. So lag die Gleitzahl je nach<br />

Quelle zwischen 1:29,5 und 1:37! Gesichert<br />

sind aber angenehme und problemlose Flugeigenschaften<br />

mit stabilem Kurvenflug, sehr<br />

guten Überzieheigenschaften und keiner<br />

Neigung zum Trudeln.<br />

Auf dieser Basis wurde zunächst mittels<br />

CAD (computer-aided design, zu Deutsch:<br />

rechnerunterstütztes Konstruieren) ein komplexes<br />

Modell des Flügels rekonstruiert und<br />

Fehlendes ergänzt. Die TU Darmstadt rechnete<br />

die Aerodynamik nach, ermittelte die<br />

Lasten und die flugfähige Dimensionierung<br />

des Mittelteils.<br />

Kopfzerbrechen bereiteten Ewald allerdings<br />

die Kosten für den Nachbau, die sich<br />

auf etwa 500 000 Euro summierten. Dafür<br />

war kein einzelner Hauptsponsor zu finden.<br />

Nach und nach fanden sich aber immer<br />

mehr Sponsoren, die ihre Arbeitskraft an -<br />

boten und Teile oder Geld spendeten. Das<br />

Luftfahrtbundesamt prüfte den Entwurf<br />

wohlwollend.<br />

Um das Projekts durchzuführen, gründete<br />

man die »Felix-Kracht-Stiftung«, benannt<br />

nach dem bekannten Segelflieger und<br />

Konstrukteur, dem 1937 die erste Alpenüberquerung<br />

mit einem Segelflugzeug glückte<br />

Wie aus dem Ei gepellt:<br />

Die fertige Horten IV mit<br />

Taufnamen und Zulassung<br />

D-4251 Foto Martin Stenger<br />

und der später einer der Väter von Airbus<br />

und Transall wurde.<br />

2002 wurde mit dem Bau begonnen. Professor<br />

Ewald selbst fertigte die ersten Musterrippen<br />

und später auch die Ruder. Die<br />

Hauptholme baute die Akaflieg Darmstadt<br />

im Rahmen ihres Ausbildungsbetriebs, und<br />

die Rippen steuerte die Lehrwerkstatt des<br />

Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt<br />

(DLR) in Oberpfaffenhofen bei. Beschläge<br />

kamen vom Bahn-Ausbesserungswerk<br />

Fulda und die Formklötze für die Beplankungen<br />

ebenfalls von der Lehrwerkstatt<br />

des DLR.<br />

2006 begann der Zusammenbau der Flügel<br />

in der Werkstatt von Sascha Heuser in<br />

Potsdam. In diesem Jahr gab es außerdem<br />

zahlreiche Sachspenden: Bordinstrumente,<br />

Die Horten IV wird auf kommenden Flugtagen<br />

sicher eine beeindruckende Sensation sein.<br />

die Funkanlage, Schleppkupplungen, Anschnallgurte,<br />

Steuerungsteile und die Plexiglashaube.<br />

Einen wichtigen Meilenstein erreichte<br />

man schließlich am 24. August 2007, als das<br />

geschweißte Mittelstück übergeben wurde,<br />

das die Lehrwerkstatt der Lufthansa Technik<br />

AG seit 2004 in über 10 000 Stunden<br />

nachgebaut hatte. Danach konnten Rumpf<br />

und Flächen in der Werkstatt in Potsdam<br />

endlich »verheiratet«, ausgerüstet und beplankt<br />

werden.<br />

Im Sommer 2012 war der Zusammenbau so<br />

weit fertiggestellt, dass die Horten IV am<br />

29. August im Segelflugmuseum in einem feierlichen<br />

Akt auf den Namen »Heinz Scheidhauer«<br />

getauft werden konnte. Scheidhauer<br />

war mit über 1000 Flugstunden auf den Nurflüglern<br />

quasi der Chefpilot der Horten-Brüder<br />

gewesen. In den 1950er-Jahren hatte er in einer<br />

dieser Maschinen sogar die Anden überquert.<br />

Am 14. Februar 2013 wurde die nun fertiggestellte<br />

Horten IV auf dem »August-Euler-Flugplatz«<br />

in Darmstadt-Griesheim der<br />

Öffentlichkeit vorgestellt. Bei einem gut besuchten<br />

Festvortrag stellte Bernd Ewald das<br />

Projekt und seinen Verlauf vor.<br />

Der nächste Akt wird nun dieses Jahr die<br />

Flugerprobung sein. Weitere Spenden wären<br />

dafür selbstverständlich hochwillkommen!<br />

Denn die Horten IV wird auf kommenden<br />

Flugtagen sicher eine beeindruckende Attraktion<br />

sein.<br />

■<br />

Bernd Ewald bei seinem Vortrag am 14. Februar 2013<br />

Foto Martin Stenger<br />

Kein Raum für Platzangst: Ariane Winterfeldt, Lufthansa,<br />

probiert das Liegegefühl in der Horten aus.<br />

Rechts im Bild mit Mütze: Bernd Ewald<br />

Foto via Bernd Ewald<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

73


LESERALBUM<br />

Bruch einer Junkers Ju 87 B des Stukageschwaders 77 auf einem<br />

Feldflugplatz in Frankreich. Das Abzeichen ist kaum zu erkennen,<br />

sie könnte aber zum Stab der III. Gruppe gehört haben. Das 1939<br />

aufgestellte Geschwader flog Einsätze in Polen, im Frankreich-<br />

Feldzug und gegen England. Ab 1941 war es in Russland im<br />

Einsatz, und 1943 wurde daraus das Schlachtgeschwader SG 77.<br />

Flugzeugmuster waren Ju 87 B und D und zuletzt Fw 190 F<br />

ERSCHÜTTERNDE BILDER DES LUFTKRIEGES<br />

Zwischen Bomben<br />

und Trümmern<br />

Den Bildern dieser Alben fehlten die Beschriftungen,<br />

doch das ist auch gar nicht nötig: Trümmer, Wracks und<br />

Bomben sind die häufigsten Motive. Motive, die für sich<br />

selbst sprechen …<br />

Von Peter W. Cohausz<br />

Während des Krieges stirbt die<br />

Wahrheit, nach dem Krieg manchmal<br />

die Sprache als Ganzes. So erging<br />

es auch dem Tischler Max Rieger, als er<br />

aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurückkehrte.<br />

Wie so viele andere Wehrmachtssoldaten<br />

auch, hat er nie über diese Zeit ge-<br />

Max Rieger als Gefreiter beim Wachdienst<br />

vor einer Kommandantur in Frankreich<br />

sprochen. Doch er hat zwei Fotoalben hinterlassen,<br />

die unbeschriftet und insofern genauso<br />

»sprachlos« wie ihr ehemaliger Besitzer<br />

sind. Sie zeigen Wehrmachtssoldaten bei der<br />

Ausbildung mit 3,7-cm-Panzerabwehrgeschützen,<br />

bei Ausmärschen, beim Wacheschieben<br />

oder in der Freizeit.<br />

Der Betrachter folgt Max Rieger in den<br />

Frankreichfeldzug bis an die Atlantikküste.<br />

Man sieht den Vormarsch, aber auch die Spu-<br />

74


Wrack einer französischen<br />

Potez 63. Diese mit zwei<br />

700 PS starken Gnôme-Rhône-Sternmotoren<br />

ausgerüstete<br />

dreisitzige Maschine<br />

wurde überwiegend als<br />

schwerer Jäger eingesetzt.<br />

Die Maschine hatte ausgezeichnete<br />

Flugeigenschaften,<br />

war leicht zu warten<br />

und zum Teil schwer bewaffnet.<br />

Die zu geringe Höchstgeschwindigkeit<br />

führte jedoch<br />

zu schweren Verlusten.<br />

Später setzte die Luftwaffe<br />

den Typ als Verbindungsund<br />

Schulflugzeug ein<br />

Die Reste der TL+BE von hinten. Zum Glück für die Bewohner<br />

und ihre Nachbarn gab es keinen Brand. Der Anstrich<br />

des Flugzeugs könnte einfarbig Grau 02 gewesen sein<br />

Hier hat sich der Pilot<br />

einer Gotha Go 145<br />

wohl in der Höhe verschätzt<br />

und ist in das<br />

Wohnzimmer eines<br />

Hauses in Nordfrankreich<br />

gerauscht. Bei<br />

der Maschine handelte<br />

es sich vermutlich<br />

um die TL+BE, die bei<br />

einer Kuriereinheit<br />

im Einsatz war<br />

ren des Krieges wie erbeutete oder abgeschossene<br />

Panzer, einige abgestürzte Flugzeuge und<br />

nicht zuletzt zerstörte Städte und Gräber.<br />

Zuweilen graben sich aber Schätze auch<br />

von selbst aus: Ralf Possin, der <strong>FLUGZEUG</strong><br />

<strong>CLASSIC</strong> auch Max Riegers Fotoalbum zur<br />

Verfügung gestellt hat, ist versierter Modellbauer<br />

und stets auf der Suche nach historischen<br />

Vorlagen. Ein Arbeitskollege schenkte<br />

ihm daher kurzerhand das Fotoalbum seines<br />

Onkels, der Flieger beim KG 28 gewesen war.<br />

Ralf Possin freute sich sehr über die Bilder und<br />

bedankte sich postwendend mit einem schönen<br />

Modell der Bf 109 G-6 »Rote 13«, geflogen<br />

von Heinrich Bartels, JG 27. Die Wahl war<br />

nicht dem Zufall überlassen, denn Possins<br />

Kollege heißt ebenfalls Heinrich Bartels! ■<br />

Die Fotoalben hat Ralf Possin zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Hier ist eine Henschel Hs 126 auf einer Wiese bruchgelandet. An dem verzogenen Leitwerk ist zu<br />

erkennen, dass es sich vermutlich um einen Totalschaden handelt<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

75


LESERALBUM<br />

Wrack einer französischen Amiot 143. Der 1934 gebaute Bomber, Aufklärer und Begleitschutzjäger (!) wurde zunächst nur<br />

bei nächtlichen Einsätzen gegen Nachrichtenverbindungen eingesetzt. Später erlitt die Amiot 143 schwere Verluste bei Tageinsätzen<br />

gegen den deutschen Brückenkopf bei Sedan und wurde danach nur noch als Transporter geflogen<br />

Auf dem Vormarsch im Westen. Bei jeder Rast<br />

fallen die Soldaten todmüde in einen kurzen Schlaf<br />

Ausbildung an der 3,7-cm-Panzerabwehrkanone 35/36. Im<br />

Einsatz erwies sich dieses Kaliber bald als zu schwach<br />

Ausgebrannte Fairey Battle I der 150 Squadron. Der leichte Bomber war zu Kriegsbeginn bei der RAF weit verbreitet. Im Einsatz gegen die deutsche<br />

Bf 109 E hatte sie jedoch keine Chance, und die Verluste waren dementsprechend schwer. Die 150 Squadron war von August 1938 bis Oktober<br />

1940 mit der Battle ausgerüstet<br />

76


Heinkel He 111 H-5 mit dem Kennzeichen 1T+CB. Sie ist das dritte Flugzeug<br />

des Stabs der I. Gruppe vom KG 28. Für Nachteinsätze sind die<br />

weißen Flächen der Kennzeichen bis auf das Hakenkreuz schwarz übermalt<br />

worden. Es könnte sich bei ihr um die Werknummer 3569 handeln<br />

Wappen des Kampfgeschwaders KG 28. Der<br />

Mond und der auf einer stilisierten Luftmine reitende<br />

Zwerg deuten auf die nächtlichen Mineneinsätze<br />

über dem Kanal und der Nordsee hin<br />

Gefährliche Fracht: Hier wird vermutlich eine<br />

Bombenmine BM 1000 »Monika« abgeladen<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />

77


LESERALBUM<br />

Eine Heinkel He 111 H-5 oder H-6 von vorne. Die Maschine ist für den Tiefangriff auf Schiffsziele ausgelegt, denn in der Bodenwanne ist vorne<br />

ein 20-mm-MG FF eingebaut und das Bombenzielgerät fehlt. Hinzu kommen zwei Messfühler an der Kanzel, die auch auf den Einsatz als Wetter -<br />

flugzeug hindeuten<br />

Abgestellte Heinkel<br />

He 111 H des KG 28<br />

in Dinard oder Nantes.<br />

Die Maschinen haben<br />

den nachträglich angebrachten<br />

Anstrich<br />

für Nachteinsätze, bei<br />

dem die Rumpfunterseiten<br />

und die hellen<br />

Flächen der Kennzeichen<br />

geschwärzt sind<br />

SIE haben seltene Bilder oder sind auf bisher unveröffentlichte Fotoalben gestoßen? Dann schicken Sie uns<br />

die Aufnahmen zur Veröffentlichung an: <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong>, Infanteriestraße 11a, 80797 München<br />

78


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LESERBRIEFE<br />

Leserbriefe<br />

Sie wollen uns schreiben?<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

GeraMond Verlag GmbH<br />

Infanteriestraße 11a<br />

80797 München<br />

Messerschmitt Bf 109<br />

»Unter fremder Flagge«<br />

und »Quax in Afrika«<br />

in Heft 3/2013<br />

Rühmanns Tiger Moth mit Bücker-Werkspilot …<br />

Die von mir gemachten Angaben<br />

stammen aus den Leistungsangaben<br />

der Bf 109 K-4 und K-6 mit<br />

DB 605 ASCM/DCM Motoren vom<br />

11. Dezember 1944. Zuletzt wurden<br />

hier als Anmerkung die noch möglichen<br />

Verbesserungsmaßnahmen<br />

bei der Bf 109 K aufgezeigt. Dabei<br />

ist auch die Angabe mit den symmetrischen<br />

Querrudern.<br />

Von der erwähnten Leistungsmaschine<br />

I gibt es keinen Messerschmitt-Erprobungsbericht,<br />

daher<br />

kann ich keine konkreten Aussagen<br />

zu den Ergebnissen mit den symmetrischen<br />

Querrudern machen. Es<br />

wird auch nicht erläutert, was es mit<br />

diesen Querrudern auf sich hat.<br />

Bei der G-2 hat man in Wiener Neustadt<br />

Messungen mit sonderbehandelten<br />

Oberflächen gemacht. Im<br />

Durchschnitt wurden hier 8 km/h an<br />

Geschwindigkeitsverbesserung erzielt.<br />

Daran kann man schon sehen, dass<br />

die Maßnahmen »Kühlerdurchlauf<br />

und symmetrische Querruder« nur minimale<br />

Geschwindigkeitsverbesserungen<br />

mit sich bringen konnten.<br />

Der Begriff symmetrisch bezieht<br />

sich meiner Meinung nach nicht auf<br />

das Profil des Ruders, sondern auf<br />

den Ausschlag. Im Gegensatz beispielsweise<br />

zur Fw 190 (Ruderausschlag<br />

oben/unten 17°/17°)<br />

war der Ruderausschlag bei der<br />

Bf 109 (oben/unten 22°/11°) unsymmetrisch.<br />

Bei hohen Geschwindigkeiten waren<br />

die Querruder der »109« problerascht<br />

von der Existenz israelischer<br />

Flugzeuge. Und so konnte<br />

mithilfe von ehemaligen »Nazi-<br />

Flugzeugen« der Vormarsch der<br />

Ägypter gestoppt werden, der<br />

Staat Israel hat überlebt – welche<br />

Ironie der Geschichte!<br />

Mit den C-47-Transportern, die<br />

Modi Alon alleine mit seiner S-199<br />

abschoss, wollten die Ägypter am<br />

3. Juni 1948 Tel Aviv bombardieren.<br />

Kann man sich den moralischen<br />

Effekt auf die Bevölkerung<br />

von Tel Aviv heute noch vorstellen,<br />

als ein einzelnes israelisches<br />

Flugzeug die beiden Behelfsbomber<br />

vom Himmel holte? Auf jeden<br />

Fall haben die wenigen Avia S-199<br />

ganz entscheidend zum Überleben<br />

des Staates Israel beigetragen,<br />

und darauf sind die Israelis auch<br />

heute noch sehr stolz!<br />

Zum Artikel über Heinz Rühmann<br />

von Stefan Bartmann habe<br />

Israelische S-199 in Hatzerim<br />

Fotos (3) H.-D. Schneider<br />

Auf Seite 22 und 23 berichtet<br />

Dietmar Hermann über die Avia<br />

S-199 im israelischen Einsatz. Im<br />

Museum der IAF in Hatzerim<br />

steht kein Doppelsitzer, sondern<br />

ein Einsitzer, jetzt mit der Kennung<br />

120.7. Dazu noch ein aktuelles<br />

Foto, denn ich war im Oktober<br />

2011 dort und konnte auch<br />

lange mit dem Museumsdirektor<br />

Brigadegeneral Yaakov Terner, einem<br />

Veteranen aller Kriege seit<br />

dem Sechstagekrieg, reden. Er<br />

hat mir die Rolle der Avia S-199<br />

im Jahr 1948 wesentlich dramatischer<br />

geschildert als Dietmar<br />

Hermann in seinem Artikel.<br />

Demnach standen die ägyptischen<br />

Truppen am 29. Mai 1948<br />

nur 35 Kilometer vor Tel Aviv<br />

und hätten die Stadt am nächsten<br />

Tag sicherlich eingenommen und<br />

damit den israelischen Staat aufgelöst,<br />

wenn nicht buchstäblich<br />

in allerletzter Minute die vier<br />

Piloten Lou Lenart, Modi Alon,<br />

Ezer Weizman und Eddie Cohen<br />

mit den vier hastig zusammengebauten<br />

Avia S-199 die anrückenden<br />

Truppen angegriffen hätten.<br />

Die Ägypter waren völlig überich<br />

zwei Bilder von Rühmanns<br />

Tiger Moth D-EHYS gefunden –<br />

offensichtlich war er bei den Aufnahmen<br />

bei Bücker in Rangsdorf,<br />

denn auf dem einen Bild wirft<br />

der Bücker-Werkspilot Josef Beier<br />

den Propeller der Moth an, und<br />

auf dem anderen lässt sich ein<br />

grimmig dreinblickender Rühmann<br />

von Beier in den Overall<br />

helfen.<br />

Heinz-Dieter Schneider, Siegburg<br />

Messerschmitt Bf 109 K<br />

»Mehr Leistung, mehr<br />

Probleme« in Heft 4/12<br />

Ich lese immer mit großer Freude<br />

Ihre sehr detailreichen Artikel zur<br />

Me 109 und Fw 190, wenn Sie<br />

auch bisweilen eventuell etwas<br />

viel Fachwissen seitens des Lesers<br />

beziehungsweise Laien voraussetzen.<br />

Meine konkrete Frage: In<br />

… Josef Beier, der hier Rühmann behilflich ist<br />

den Artikeln über die Bf 109 K erwähnten<br />

Sie den Begriff »symmetrische<br />

Querruder«. Was ist das,<br />

und wieso konnten sie gegebenenfalls<br />

für weiteren Geschwindigkeitszuwachs<br />

sorgen? Ich kenne<br />

nur »symmetrisches (Flügel-)<br />

Profil«, wie man es zum Beispiel<br />

bei Kunstflug-Maschinen verwendet.<br />

Gerd Kopper, per E-Mail<br />

80


matisch. Bei der Bf 109 F hieß es in<br />

der Kurzbedienungsanweisung »Im<br />

Sturz und besonders beim Abfangen<br />

führt harte Querruderbetätigung<br />

zum Bruch«. Bei Hochgeschwindigkeitsversuchen<br />

im März 1943 hat<br />

man daher den Querruderausschlag<br />

aus Sicherheitsgründen auf<br />

50 Prozent begrenzt.<br />

Dass die bei der Bf 109 eingebauten<br />

Querruder nicht optimal waren,<br />

sieht man auch daran, dass ab<br />

der K-Version ein Flettner zum Kraftausgleich<br />

eingebaut wurde/werden<br />

sollte. Dieses Hilfsruder war aber<br />

strömungstechnisch sicher auch<br />

nicht ideal. Dietmar Hermann<br />

Supermarine Spitfire<br />

»Endlich auf Augenhöhe«<br />

in Heft 2/2013<br />

Der Artikel war für mich sehr interessant.<br />

Insbesondere die Ausführungen<br />

zur Spitfire F.Mk.IIC/<br />

ASR Mk.II. Britische Quellen<br />

schreiben, dass unter der rechten<br />

Tragfläche (entgegengesetzt der<br />

Flugrichtung gesehen) ein Pärchen<br />

von Rauchbomben angebracht<br />

war.<br />

Als Modellbauer interessiert<br />

mich, wo sie genau angebracht<br />

wurden (vermutlich zwischen<br />

Ölkühler und Rumpfmitte, da im<br />

äußeren Tragflächenbereich keine<br />

Aufnahmemöglichkeiten bestanden).<br />

Können Sie eventuell mit einem<br />

Foto oder einer Zeichnung<br />

den »Tatbestand« etwas erhellen?<br />

Vielen Dank für die Unterstützung<br />

und viele weitere interessante<br />

Artikel!<br />

Martin Gentsch, Chemnitz<br />

Leider schweigen sich hier alle mir<br />

bekannten Quellen praktisch vollständig<br />

aus. Selbst die »Spitfire-<br />

Bible« von Morgan und Shacklady<br />

weiß dazu nichts Konkretes zu sagen.<br />

Lediglich in der Modellbaupublikation<br />

SAM Modellers Datafile<br />

No 3 findet sich auf S. 66 der Hinweis<br />

auf ein »small bomb rack fitted<br />

inside of the oil cooler under the<br />

port wing to carry rescue markers«<br />

– ohne dass jedoch die exakte Position<br />

des Bombenschlosses ersichtlich<br />

wäre. Vielleicht weiß aber<br />

einer unsere Leser mehr dazu?<br />

Wolfgang Mühlbauer<br />

Anmerkung der Redaktion Leserbriefe<br />

spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion<br />

wider. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe<br />

aus Gründen der Darstellung eines<br />

möglichst umfassenden Meinungsspektrums<br />

unserer Leser Sinn wahrend zu kürzen.<br />

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VORSCHAU<br />

Nr. 144 I 6/13 I Juni I 14. Jahrgang<br />

Die Geschichte der Fw 190 – Teil 2<br />

Die Zelle der Fw 190 war unbestritten ein gelungener Entwurf, doch der neue BMW-801-Doppelsternmotor<br />

hatte noch seine Kinderkrankheiten. Nach ersten Erfahrungen mit der Vorserie<br />

begann die Auslieferung der A-1-Serie an die 6. Staffel des JG 26. Für die RAF völlig unerwartet<br />

flogen Fw-190-Jäger im August 1941 erste Einsätze.<br />

Talsperren im Visier<br />

Operation »Chastise«: Für die<br />

Briten sollte die Zerstörung<br />

deutscher Talsperren nichts<br />

Geringeres als kriegsentscheidend<br />

sein. François Prins und<br />

Peter Cronauer über einen der<br />

verwegendsten Einsätze der<br />

britischen Luftstreitkräfte. Dazu:<br />

Stefan Bartmann über den<br />

Film »The Dam Busters«, die<br />

cineastische Umsetzung der<br />

Angriffe des 16./17. Mai 1943!<br />

Internet: www.flugzeugclassic.de<br />

vereinigt mit<br />

Redaktionsanschrift<br />

Flugzeug Classic<br />

Infanteriestr. 11a, 80797 München<br />

Tel. +49 (0) 89.13 06 99.720<br />

Fax +49 (0) 89.13 06 99.700<br />

redaktion@geramond.de<br />

Redaktion Markus Wunderlich (Chefredakteur)<br />

Richard Chapman (Koordination), Stefan Krüger (Volontär)<br />

Ständige Mitarbeiter<br />

Stefan Bartmann, Peter W. Co hausz, Dietmar Hermann,<br />

Othmar Hellinger, Lino von Gartzen, Wolfgang Mühlbauer,<br />

Alexander Nüßlein, Herbert Ringlstetter, Rolf Stünkel<br />

Layout Ralph Hellberg, Rico Oehme<br />

Leserservice, Kundenservice<br />

GeraMond-Programm<br />

Tel. 0180 – 532 16 17 (14 Cent/Min.)<br />

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Gesamtanzeigenleitung<br />

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Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 20 gültig ab 1.1.2013<br />

Litho ludwigmedia, Zell am See, Österreich<br />

Druck Stürtz, Würzburg<br />

Verlag<br />

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Clemens Hahn, Carsten Leininger<br />

Herstellungsleitung Zeitschriften<br />

Sandra Kho<br />

Vertrieb Zeitschriften Dr. Regine Hahn<br />

Vertrieb/Auslieferung<br />

Bahnhofsbuchhandel, Zeitschriften handel:<br />

MZV, Unterschleißheim<br />

Im selben Verlag erscheinen außerdem:<br />

Supermarines Saurier<br />

Schick, fortschrittlich, aber zu spät: Die Supermarine<br />

Seagull war das letzte der Supermarine-Wasserflugzeuge.<br />

Nick Stroud über ein außergewöhnliches<br />

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Seite zum Verdrängungskampf genötigt wurde.<br />

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Dann empfehlen Sie<br />

uns doch weiter! Ich<br />

freue mich über jeden<br />

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Ihr Chefredakteur<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />

Markus Wunderlich<br />

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Verbandspreis von € 54,12 pro Jahr (12 Ausgaben).<br />

ISSN 1617-0725 • 52469<br />

Erscheinen und Bezug<br />

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Dieses Heft enthält historische Abbildungen aus der Zeit der nationalsozialistischen<br />

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und wissenschaftliche Forschung. Diese Publikation befindet sich<br />

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insbesondere § 86 (3) StGB. Wer solche Abbildungen aus diesem<br />

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Schweizer Automatikwerk 2824-2<br />

Preis: € 695,00<br />

Limitierte Edition 50 Stück<br />

Modell 8015/7a LB Chronograph<br />

Schweizer Präzisionsuhrwerk Valjoux 7750<br />

Preis: € 1.598,00<br />

Edelstahl-Gehäuse mit multi-entspiegeltem Saphirglas, Durchmesser 44mm<br />

<strong>Erich</strong> Fröhlich - Uhrenfabrik<br />

Kandelstraße 4 - 75334 Straubenhardt<br />

Tel.: 07082 3025 Fax: 07082 3026<br />

www.richthofen-uhren.de - info@richthofen-uhren.de

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