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DAS MAGAZIN FÜR LUFTFAHRT, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER<br />
Ein Magazin von<br />
Österreich € 6,50<br />
Schweiz sFr. 11,50<br />
Luxemburg € 6,90<br />
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Schweden SKR 89,00<br />
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Juni 2013<br />
www.flugzeugclassic.de<br />
Boeing B-29 »Superfortress« | Supermarine Spitfire | Heinkel He 111 Z<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />
Die frühen Jahre des erfolgreichsten<br />
Jagdfliegers aller Zeiten<br />
Lockheed P-38 am Meeresgrund<br />
■ Avro Lancaster<br />
Erfolgreich in Zivil<br />
Ein Wrack gibt sein Geheimnis preis<br />
■ Tudor-Absturz<br />
Avros schwarzer Tag<br />
Messerschmitt Me 264<br />
Mythos »Amerika-<br />
Bomber«<br />
■ Horten H IV<br />
Nurflügler nachgebaut!
Schlachten, Technik,<br />
Feldherren<br />
Das neue Heft ist da.<br />
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Editorial<br />
Nachhilfe-Unterricht<br />
Er hat vermutlich die meisten Bf-109-Typen geflogen,<br />
die es weltweit gibt, und hat höchstwahrscheinlich<br />
auch die meisten Stunden auf<br />
diesem Muster in seinem Flugbuch stehen. Nein, die<br />
Rede ist nicht von <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong>, sondern von Walter<br />
Eichhorn. Kein lebender Pilot saß so oft im Cockpit<br />
der »109« wie der Ex-Lufthansa-Kapitän und Airshow-Pilot.<br />
In diesem Heft treffen sich Eichhorn und<br />
<strong>Hartmann</strong> wieder: Der eine auf Seite 6 in einer Unfallmeldung,<br />
der andere in unserer Titelgeschichte, in<br />
der wir die frühen Jahre des späteren Jagdflieger-As-<br />
ses erzählen. Was viele nicht wissen: Beide verband<br />
eine Lehrer-Schüler-Beziehung. Als ich vor vielen<br />
Jahren Walter Eichhorn in seinem Zuhause in Bad<br />
Camberg besuchte, sah ich dort ein Bild an der Wand,<br />
das die beiden beim Bf-109-»Theorie-Unterricht«<br />
zeigt. Eichhorn erzählte mir damals, wie er sich bei<br />
dem ehemaligen Jagdflieger wertvolle Tipps für seine<br />
Flüge auf den Traditionsflugzeugen der Messerschmitt<br />
Stiftung holte. Wie <strong>Hartmann</strong>s eigene Bekanntschaft<br />
mit der Bf 109 wiederum aussah, erfahren<br />
Sie, liebe Leser, ab Seite 14.<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />
als Flugschüler<br />
Foto Sammlung P. Cronauer<br />
Zu den Mythen des Zweiten Weltkriegs gehört<br />
ohne Zweifel das Thema »Amerikabomber«.<br />
War es nur eine Blaupause übereifriger<br />
Ingenieure, die ohnehin keine<br />
Chance besaß, jemals umgesetzt zu werden,<br />
oder verhinderte nur das Kriegsende Bombenangriffe<br />
auf New York? Herbert Ringlstetter<br />
stellt ab Seite 36 ein außergewöhnliches<br />
Projekt vor und gibt verblüffende Antworten<br />
auf diese Fragen.<br />
Fragen warfen auch die beiden P-38 Lightning<br />
auf, die Taucher vor der französischen<br />
Mittelmeerküste entdeckt haben. Wer hat sie<br />
geflogen und vor allem: Was führte zu ihrem<br />
Absturz? Flugzeug-Wracks sind nämlich bedeutend<br />
mehr als ein Haufen Altmetall, sie<br />
sind erzählte Geschichte! Sehen Sie selbst,<br />
ab Seite 52.<br />
Viel Lesevergnügen mit der neuesten<br />
Ausgabe von <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong>!<br />
Markus Wunderlich,<br />
Chefredakteur<br />
Markus Wunderlich<br />
Wir stellen vor<br />
Peter Cronauer ist seit früher<br />
Jugend mit dem »Fliegervirus«<br />
infiziert. Er schreibt<br />
seit Jahren über Luftfahrt-,<br />
Technik- und jüngere Zeitgeschichte<br />
für Film- und<br />
Printmedien im In- und Ausland.<br />
Unter anderem war er Chefredakteur<br />
der Zeitschrift »JET & PROP«, bei der »Traditionsgemeinschaft<br />
JG 52« fungiert er als<br />
»2. Historiker« – und hat somit eine ideale<br />
Quellenlage, wenn es um ehemalige Geschwaderangehörige<br />
wie den ehemaligen<br />
Jagdflieger <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> geht.<br />
Wolfgang Mühlbauer ist seit<br />
frühester Kindheit von allem<br />
fasziniert, das starre Flügel<br />
hat. Waren es früher vorwiegend<br />
einzelne Flugzeugtypen,<br />
sind inzwischen die Fragen<br />
nach dem »Wie« und<br />
»Warum die Dinge so kommen mussten, wie<br />
sie kamen« in den Vordergrund gerückt. Er<br />
liebt die kleinen menschlichen Details oder die<br />
Anekdoten, die sich um Flugzeuge und ihre<br />
Schöpfer ranken. Seit 1998 ist er im unternehmensgeschichtlichen<br />
Kommuniktaionsbereich<br />
eines Luft- und Raumfahrtkonzerns tätig.<br />
Herbert Ringlstetter arbeitet<br />
als freier Autor, Grafiker und<br />
Künstler mit Schwerpunkt<br />
auf der historischen Luftfahrt,<br />
insbesondere der<br />
1930er- und 1940er-Jahre, die<br />
ihn schon als Kind magisch<br />
anzog. Seit seinem 21. Lebensjahr ist er Privatpilot,<br />
die Fliegerei beschäftigt ihn also nicht<br />
nur theoretisch. Seine Serie »Typengeschichte«<br />
hat seit 2002 einen festen Platz in <strong>FLUGZEUG</strong><br />
<strong>CLASSIC</strong>. Die Farbzeichnungen sind stetige<br />
Begleiter seiner Artikel; inzwischen schmücken<br />
sie auch andere Beiträge im Heft.<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
3
INHALT <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 06-13<br />
14<br />
als<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> war der erfolgreichste Jagdflieger aller Zeiten.<br />
Schon als Flugschüler zeigte er eine besondere Begabung,<br />
er in der Bf 109 D Platz nahm<br />
ZEITGESCHICHTE<br />
Die frühen Jahre des Jagdflieger-Asses<br />
TITELTHEMA<br />
Nicht vom Himmel gefallen … . . . . . . . . . . . 14<br />
… ist <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> gleich in zweifacher Hinsicht:<br />
Abgestürzt ist er als Jagdflieger nicht, doch auch er<br />
hatte zu Beginn noch viel zu lernen!<br />
TECHNIK – AVRO LANCASTER TEIL 3<br />
Lebensabend als Transporter und Seeaufklärer<br />
Frontschwein wird Lückenbüßer . . . . . . . . . . 22<br />
Kaum war der Krieg aus, wusste man nicht, wohin<br />
mit der alten Lancaster. Welchen Zweck konnte<br />
der bewährte Haudegen im Frieden erfüllen?<br />
OLDTIMER<br />
Spitfire der Battle of Britain Memorial Flight<br />
Die ewige Heldin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />
Gelebter Technik-Patriotismus: Eine Spitfire Mk XVI<br />
wurde aufwendig restauriert, um die Rolle der RAF<br />
im Zweiten Weltkrieg zu betonen.<br />
TITELTHEMA<br />
TECHNIK – TYPENGESCHICHTE<br />
Messerschmitt Me 264: Aufklärer und Bomber – Teil 1<br />
Der »Amerikabomber« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
… war eines der ehrgeizigsten Projekte der deutschen<br />
Luftwaffe. Entgingen die USA nur knapp verheerenden<br />
Luftangriffen?<br />
TECHNIK – COCKPIT<br />
Das Schleppflugzeug Heinkel He 111 Z<br />
Heinkel im Doppelpack . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
Aus zwei mach eins: Heinkels kurioses Zwillings-Flugzeug<br />
setzte eine ausgefeilte Instrumentierung voraus.<br />
Seit Jahrzehnten kämpft<br />
die Spitfire TE311<br />
bereits an der Werbefront! 30<br />
Die Umfrage auf www.flugzeug-classic.de – Sie haben abgestimmt:<br />
Der Testflug einer<br />
Avro Tudor 2 endete am<br />
23. August 1947 kurz<br />
nach dem Start in einer<br />
Katastrophe – die Führungsriege<br />
von Avro kam dabei um.<br />
Historische Flugunfälle ...<br />
Besuchen Sie unsere Website und machen Sie bei der aktuellen Umfrage mit!<br />
78,2 %<br />
... sind technisch interessant, wenn man sieht, wie sich die Ursachen im Vergleich zu heute verändert haben.<br />
15,6 %<br />
... stellen ungeachtet der Ursache dramatischen Lesestoff voller Spannung dar.<br />
6,2 %<br />
... wurden leider nicht so penibel untersucht, wie es die heutigen Methoden zulassen.<br />
4
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Der<br />
Luftkrieg<br />
1939–1945<br />
»Unternehmen Zitadelle«<br />
Nach dem Krieg sollte die Lancaster auch als Passagier-Maschine<br />
22 eingesetzt werden. Hier eine »Lancastrian« mit Strahltriebwerken<br />
SERIE<br />
Kampf um die Lufthoheit bei Kursk<br />
»Unternehmen Zitadelle« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />
Im Sommer 1943 entbrannte bei Kursk eine mörderische<br />
Materialschlacht, die auch in der Luft ausgetragen<br />
wurde. Gelang es der Luftwaffe, den Himmel<br />
im Osten 1943 noch einmal zu beherrschen?<br />
TITELTHEMA<br />
OLDTIMER<br />
Taucherfund im Mittelmeer: P-38 »Lightning«<br />
Stummer Zeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />
Heute liegt die P-38 friedlich auf dem Grund des<br />
Meeres. Doch ihrer letzten Ruhe ging ein hochdramatischer<br />
Luftkampf an Frankreichs Küste voraus!<br />
ZEITGESCHICHTE<br />
Avro Tudor<br />
Das Kreuz mit den Steuerseilen . . . . . . . . . 66<br />
Es war ein scheinbar winziges Missgeschick, doch<br />
es verursachte den katastrophalen Absturz einer<br />
Testmaschine. Mit an Bord: die Führungsriege des<br />
Herstellers.<br />
Das »Unternehmen Zitadelle« soll das Blatt wenden. Mit einer ge-<br />
46 waltigen Anstrengung versucht die Luftwaffe, ihren Teil beizutragen<br />
OLDTIMER<br />
Hortens legendärer Nurflügler<br />
Nur Flügel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />
Hortens Gleiter gehören ohne Zweifel zu den faszinierendsden<br />
Fluggeräten der klassischen Luftfahrt.<br />
Einem hessischen Verein ist es nun gelungen, die<br />
Horten IV nachzubauen!<br />
LESERALBUM<br />
Erschütternde Bilder des Luftkrieges<br />
Bomben und Trümmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />
Den Bildern dieser Alben fehlen die Beschriftungen,<br />
dennoch schaffen sie es, beim Betrachter einen zutiefst<br />
bewegenden Eindruck zu hinterlassen.<br />
66<br />
Passagier-Flugzeug mit Bomber-Genen:<br />
Avro Tudor<br />
Flugzeuge in dieser Ausgabe<br />
Avro Lancaster .................. 22<br />
Avro Tudor......................... 66<br />
Beechcraft D-185 ............. 10<br />
Boeing B-17........................ 9<br />
Boeing B-29........................ 9<br />
Focke-Wulf Fw 190............. 48<br />
Gotha Go 145 ................... 74<br />
Heinkel He 111................. 77<br />
Henschel Hs 129 ............. 49<br />
Jakowlew Jak-9.................. 49<br />
Junkers Ju 87.............. 47, 74<br />
Lawotschkin La-5............... 49<br />
Lockheed P-38 ...................52<br />
McDonnell F-4F Phantom .....10<br />
Messerschmitt Bf 109 ....... 14<br />
Messerschmitt Me 264.......36<br />
North American P-51...........12<br />
Petljakow Pe-2....................49<br />
Republic P-47.......................8<br />
Supermarine Spitfire ...........30<br />
RUBRIKEN<br />
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />
Bild des Monats. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
Panorama . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
Background. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />
Modellbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />
Termine/Museumstipp/Bücher . . . . . 64<br />
Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />
<strong>Vorschau</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />
6<br />
Boeing B-29 »Superfortress« | Supermarine Spitfire | Heinkel He 111 Z<br />
DAS MAGAZIN FÜR LUFTFAHRT, ZEITGESCHICHTE UND OLDTIMER<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />
Die frühen Jahre des erfolgreichsten<br />
Jagdfliegers aller Zeiten<br />
Lockheed P-38 am Meeresgrund<br />
Ein Wrack gibt sein Geheimnis preis<br />
■ Avro Lancaster<br />
Erfolgreich in Zivil<br />
■ Tudor-Absturz<br />
Avros schwarzer Tag<br />
■ Horten H IV<br />
Nurflügler nachgebaut!<br />
TITELBILD<br />
Bf 109: H. Ringlstetter<br />
<strong>Hartmann</strong>: H. Ringlstetter<br />
P-38: Séverine Bär, Profil:<br />
Juanita Franzi<br />
Me 264: H. Ringlstetter<br />
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Messerschmitt Me 264<br />
Mythos »Amerika-<br />
Bomber«<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
5
BILD DES MONATS<br />
»Das Phantom« der Luftwaffe<br />
Auf Kurzbesuch in Neuburg war diese F-4F<br />
Phantom II des JG 71 »Richthofen« aus Wittmund.<br />
Geflogen von Oberleutnant Alexander<br />
Pfeiffer, begleitete diese sonderbemalte<br />
Phantom im »Retrolook« des Tarnschemas<br />
»Norm 72« den letzten Flug des Neuburger<br />
Kommodore Oberst Andreas Pfeiffer. Gleichzeitig<br />
sorgte das trübe Wetter in Verbindung<br />
mit der Phantom, die in ihrem Aussehen an<br />
eine fabrikneue F-4F aus den 1970er-Jahren<br />
erinnert, dafür, dass man sich um Jahrzehnte<br />
zurückversetzt fühlte.<br />
Das bemerkenswerte Schauspiel ließ<br />
bei den Beteiligten allerdings auch Wehmut<br />
aufkommen, denn die Sonderbemalung ist<br />
dem Umstand geschuldet, dass die F-4F<br />
Phantom II der Luftwaffe im Juni außer<br />
Dienst gestellt werden (siehe auch Panorama,<br />
Seite 10).<br />
Text und Foto Andreas Zeitler<br />
6
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
7
PANORAMA<br />
■ DUXFORD AIRSHOW<br />
Legendäre<br />
»Warbirds«<br />
in Formation!<br />
Mit einem Formationsflug wird die »Eagle Squadron«<br />
am Sonntag, den 26. Mai 2013, während<br />
der Duxford-Frühjahrs-Luftschau des Imperial War<br />
Museum zu sehen sein. Die Formation besteht mit der<br />
Hurricane, der Spitfire, der Thunderbolt und der Mustang<br />
aus vier der erfolgreichsten alliierten Flugzeugmuster.<br />
Die »Adlerstaffel« gedenkt damit der Ankunft<br />
der US-Luftwaffe (USAAF) auf der RAF-Basis Duxford<br />
vor 70 Jahren.<br />
Stefan Krüger ■<br />
Hier sind Nerven aus Stahl gefragt:<br />
Die Thunderbolt der »Adlerstaffel«<br />
beim Kunstflug Foto John Dibbs<br />
Vor 70 Jahren: Frisch eingetroffene US-Piloten verpassen<br />
einem britischen Kameraden das Wappen der<br />
Eagle Squadron<br />
Foto IWM Duxford<br />
■ HA-1112-M1L<br />
Buchón verunglückt<br />
Herber Schlag für die deutsche Warbirdszene:<br />
Am 19. April wurde die HA-1112-<br />
M1L Buchón der Air Fighter Academy, Hangar<br />
10, auf Usedom bei einem Rollunfall<br />
schwer beschädigt. Am Steuer saß Walter<br />
Eichhorn. Propeller und Motor sind massiv in<br />
Mitleidenschaft gezogen. In den kommenden<br />
Wochen wird über das weitere Schicksal des<br />
Flugzeugs entschieden. Die Bundesstelle für<br />
Flugunfalluntersuchungen hat ihre Arbeit<br />
aufgenommen.<br />
Markus Wunderlich ■<br />
Eines der Glanzstücke der Air Fighter<br />
Academy, die Buchón, in authentischer<br />
Luftwaffenbemalung, ist wohl Geschichte<br />
Foto Air Fighter Academy<br />
8
Die TBM Avenger von Lieutenant Lupo war an den Angriffen auf das japanische<br />
Schlachtschiff Yamato beteiligt. Nachdem Lupo seine Torpedos<br />
verschossen hatte, warf er eine leere Cola-Flasche auf das Schiff ...<br />
■ NATIONAL WWII MUSEUM<br />
»Kaktus-Geschwader«<br />
und »Cola-Bomber«<br />
A<br />
m<br />
»Hängt auch nur rum«: die SBD-3 Dauntless<br />
Stiehlt allen anderen die Schau: die B-17E »My Gal Sal«<br />
12. Januar 2013 hat das National WWII<br />
Museum in New Orleans sein neues<br />
Boeing Center eröffnet. Es soll zur Erinnerung<br />
an die Amerikaner dienen, die am Krieg beteiligt<br />
waren. Der Luftkrieg wird durch eine<br />
Reihe von Flugzeugikonen repräsentiert.<br />
Unter den Exponaten sticht die B-17E »My<br />
Gal Sal« mit der Baunummer 41-9032 hervor,<br />
die im Juni 1942 auf dem Flug nach England<br />
bei schlechtem Wetter auf der grönländischen<br />
Eiskappe bruchlandete. Das Wrack wurde<br />
1995 geborgen. Die Restaurierung begann im<br />
Jahr 2000 in Cincinnati und machte mehr als<br />
80 000 Arbeitsstunden erforderlich, bevor das<br />
Flugzeug dem Museum gestiftet wurde.<br />
Ein zweites herausragendes Ausstellungsstück<br />
ist die SBD-3 Dauntless mit der Werknummer<br />
06508. Es handelt sich bei ihr um einen<br />
Einsatzveteranen aus der Schlacht um<br />
Guadalcanal, der als Teil der »Cactus Air Force«<br />
von Henderson Field aus von den Marine<br />
Scout Bombing Squadrons (VMSB) 141 und<br />
132 eingesetzt wurde. Danach tat sie auf dem<br />
Flugzeugträger USS Enterprise bei der Bombing<br />
Squadron (VB) 10 Dienst. Der Sturzbomber<br />
war später einer von vielen, die bei<br />
der Pilotenschulung auf dem Michigansee<br />
verloren gingen. Er wurde 1990 von der Firma<br />
A&T Recovery geborgen. Die Dauntless<br />
ist eine Langzeit-Leihgabe vom National Naval<br />
Museum of Aviation.<br />
Auch die TBM-3E Avenger mit der Baunummer<br />
69374 dient dem Gedenken an den<br />
Pazifik-Krieg. Sie wurde im Februar 1945 in<br />
Dienst gestellt und im Januar 1956 ausgemustert.<br />
Später war sie einige Zeit im USS<br />
Midway Museum ausgestellt. Der Torpedobomber<br />
stellt im Boeing Center die Maschine<br />
von Lieutenant (junior grade) Thomas C.<br />
Lupo während der Luft- und Seeschlacht im<br />
Golf von Leyte dar.<br />
Dave McDonald ■<br />
■ SIKORSKY S-38<br />
Heia Safari!<br />
Vor Kurzem machte Kermit Weeks einen<br />
Überraschungsbesuch im niederländischen<br />
Aviodrome, um den Transport ihrer<br />
Sikorsky S-38 »Osa's Ark« in die USA vorzubereiten.<br />
Die Sikorsky gehörte nicht zur<br />
Sammlung des Aviodrome, sie hatte dort<br />
lediglich über den Winter einen Zwischenstopp<br />
eingelegt. Die Maschine soll zerlegt<br />
und bis zur Sun ’n Fun Airshow 2013 in<br />
Florida wieder flugtüchtig gemacht werden.<br />
Beschafft wurde die S-38 mit ihren Zebrastreifen<br />
kurz nach dem Kauf der mit »Giraffentarnung«<br />
versehenen einmotorigen<br />
S-39. Kermit Weeks hat nun beide in seinem<br />
»fliegenden Zoo«. Roger Soupart ■<br />
Die Sikorsky mit<br />
»Zebratarnung«<br />
■ BOEING B-29 SUPERFORTRESS<br />
»Is’ was, Doc?«<br />
Die Restaurierung der Boeing B-29 Superfortress<br />
»Doc« musste vor drei Jahren<br />
aufgrund fehlender Mittel vorübergehend<br />
eingestellt werden. Mittlerweile hat<br />
sich jedoch eine Gruppe Geschäftsleute aus<br />
Wichita in Kansas zusammengeschlossen,<br />
die den Bomber Anfang 2013 erworben haben.<br />
Ziel der »Doc’s Friends«, so die Bezeichnung<br />
der Gruppe, ist es, die B-29 flugtüchtig<br />
zu restaurieren. Boeing hat für dieses<br />
Projekt eine eigene Halle zur Verfügung gestellt,<br />
in der nun die Freiwilligen mit den Arbeiten<br />
beginnen können, die schätzungsweise<br />
zwei Jahre dauern werden.<br />
Die B-29-70-BW mit der Werknummer<br />
44-69972 wurde im Boeing-Werk in Wichita<br />
produziert und im Juli 1951 der 7th Radar<br />
Calibration Squadron zugewiesen. Am<br />
14. März 1956 verlegte man sie nach China<br />
Lake, um sie als Bodenziel zu verwenden.<br />
Im April 1998 wurde der Bomber, der sich<br />
inzwischen um viele seiner Teile beraubt<br />
sah, vom Übungsgelände geborgen und innerhalb<br />
von drei Tagen ins US Aviation Museum<br />
nach Inyokern, Kalifornien, transportiert.<br />
Dort begann sogleich die Restaurierung,<br />
doch die dortigen Einrichtungen<br />
reichten für die umfangreichen Arbeiten<br />
nicht aus, sodass die Maschine nach Wichita<br />
gebracht wurde. Gelingt es, das Projekt<br />
abzuschließen, wäre die »Doc« die zweite<br />
flugfähige B-29 weltweit. Dave McDonald ■<br />
Die »Doc« im Boeing-Werk in Wichita<br />
Foto Doc’s Friends<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
9
PANORAMA<br />
■ MCDONNELL F-4F PHANTOM II<br />
Phantom im »Retrolook«<br />
Die deutschen F-4F Phantom II werden<br />
Ende Juni ausgemustert; um an die aktive<br />
Zeit der F-4F zu erinnern, erhielten zwei<br />
»Phantome« nun eine Retro-Bemalung.<br />
In den Jahren 1973 bis 1975 stießen insgesamt<br />
175 F-4F zur Luftwaffe. Ihre Tarnbemalung<br />
war angelehnt an das zuvor verwendete<br />
Muster des F-104 Starfighters. Optimiert für<br />
den Tiefflug, passten sich die großen, markant<br />
voneinander abgetrennten Farbflächen des<br />
Tarnmusters »Norm 72« an die deutsche<br />
Landschaft an. Jedoch zeigten sich insbesondere<br />
die Kampfverbände, bei denen die Phantom<br />
als Abfangjäger eingesetzt wurde, mit<br />
dieser Wahl zusehends unzufrieden, da sie in<br />
großen Höhen sehr schnell entdeckt wurde.<br />
Die »Norm 81« war die Folge, die in den<br />
1980er-Jahren Einzug hielt und erst in den<br />
1990er-Jahren durch den aktuellen grauen<br />
Sichtschutz abgelöst wurde. In Erinnerung<br />
an die lange Dienstzeit wurden<br />
daher zwei Maschinen des Jagdgeschwader<br />
71 »Richthofen« aus<br />
Wittmund, Ostfriesland, mit<br />
den entsprechenden Lackierungen versehen:<br />
die Phantom F-4F 38+10 in »Norm 72« und<br />
die 38+33 in »Norm 81A«. Komplettiert werden<br />
soll dieses Duo mit einer weiteren Sonderbemalung<br />
auf der F-4F 37+01, der allerersten<br />
deutschen Phantom, die sicherlich<br />
der Star beim Tag der offenen Tür<br />
anlässlich des »Phantom-Pharewell«<br />
beim Jagdgeschwader 71 »Richthofen«<br />
in Wittmund am 29. Juni 2013<br />
sein wird.<br />
Andreas Zeitler ■<br />
Foto Andreas Zeitler<br />
■ BEECHCRAFT D-18S<br />
Betagte Beech sucht ein Zuhause!<br />
In Speyer steht zurzeit eine lädierte, zweimotorige<br />
Beechcraft D-18S zum Verkauf.<br />
Die Maschine kam Anfang 1945 unter der Bezeichnung<br />
C-45 als Verbindungs- und Transportflugzeug<br />
der USAAF nach Europa.<br />
Nach Kriegsende wurde sie den niederländischen<br />
Streitkräften als Aufbauhilfe überlassen<br />
und 1946 unter der Kennung PH-UBY<br />
Den künftigen Besitzer<br />
erwartet viel Arbeit<br />
tder Niederländischen Luftfahrtschule (Rijksluchtvaartschool)<br />
übergeben, um mit ihr fortan<br />
Piloten zu schulen. 1962 kam es dann zu<br />
einem Rollschaden, der dazu führte, dass die<br />
Maschine stillgelegt wurde. Beim Abbremsen<br />
der Motoren rutschte der Mechaniker von der<br />
Bremse ab und rollte in eine Halle, wobei beide<br />
Flügel beschädigt wurden.<br />
Das Cockpit ist weitgehend<br />
komplett<br />
Die nächsten Jahre verbrachte die Beech 18<br />
bei einem Bauern. Bedingt durch die lange<br />
Standzeit im Freien, ist ein Wiederaufbau in<br />
einen flugfähigen Zustand nicht mehr möglich.<br />
2011 kam sie über einen holländischen<br />
Flugzeugenthusiasten nach Deutschland und<br />
steht nun zum Verkauf. Sie eignet sich sehr<br />
gut als statisches Museumsstück.<br />
Aufgrund des damaligen Unfalls fehlen die<br />
Außenflügel, die Höhenruder, die Motorträger<br />
und die Triebwerksabdeckungen. Der Rumpf<br />
ist abgeschliffen und für eine spätere Lackierung<br />
vorbereitet. Die Cockpitausstattung ist<br />
fast vollständig: Steuerhörner, Ruderpedale,<br />
Triebwerkskonsole, Fahrwerksbetätigung und<br />
Instrumentenbrett sind vorhanden. Ein Funkgerät<br />
kann optional erworben werden.<br />
Die Maschine lässt sich in Rumpf, Flügel<br />
mit Fahrwerk, Höhen- und Seitenruder zerlegen<br />
und ist mit einem Autoanhänger gut zu<br />
transportieren. Das Gesamtgewicht beträgt etwa<br />
600 Kilogramm. Auskünfte unter info@ingenius-pro.de<br />
Peter W. Cohausz ■<br />
10
■ B-17F »MEMPHIS BELLE«<br />
Bomber wieder<br />
komplett<br />
Die B-17F »Memphis<br />
Belle« des US-amerikanischen<br />
Air Force Museum<br />
hat ihren verloren<br />
gegangenen Zündschalter<br />
(»primer knob«) der<br />
Co-Pilotenseite zurückerhalten.<br />
Das Fundstück befand sich zuvor<br />
im Besitz von Ralph Barrett, der es<br />
in den 1960er-Jahren zufällig auf dem<br />
Gelände der Tennessee Air National Guard<br />
Memphis gefunden hatte. Er wusste<br />
nicht, dass es zur B-17 »Memphis Belle«<br />
gehörte, die einige Kilometer entfernt bei<br />
der Army National Guard ausgestellt war.<br />
Dies fand er<br />
erst vor wenigen<br />
Jahren<br />
heraus und<br />
übergab den<br />
Zündknopf<br />
dem Museum.<br />
Bugansicht der B-17F<br />
»Memphis Belle« Foto USAF<br />
»Primer knob« der<br />
B-17F »Memphis<br />
Belle« Foto USAF<br />
Werner<br />
Fischbach ■<br />
■ FARMAN III<br />
»Flügellahmer« Gitterschwanz<br />
Ein Neuzugang in der Ausstellung des<br />
Luftwaffenmuseums Berlin-Gatow ist<br />
ab März 2013 der Nachbau eines Farman<br />
III Gitterschwanzes aus dem Jahr<br />
1910. Dieser in der Pionierzeit relativ weit<br />
verbreitete Typ wurde von der Firma Albatros<br />
in Berlin-Johannisthal als F 1 und F 2<br />
in Lizenz gebaut und als Schulflugzeug<br />
eingesetzt. Er gehörte zu den ersten Militärmaschinen<br />
Deutschlands.<br />
Der Albatros-Farman-<br />
Gitterrumpf, zusammengebaut,<br />
aber<br />
noch ohne Motor<br />
Der flugfähige Nachbau ist 1999 beim<br />
»Historischen Flugzeugbau« in Fürstenwalde<br />
entstanden und sollte mit einem<br />
105 PS Walter Minor in die Luft gehen, wozu<br />
es aber nicht mehr kam, obwohl die Belastungstests<br />
gut verlaufen sind. Der beim<br />
Original verwendete 50-PS-Gnôme-Rhône-<br />
Umlaufmotor wird beim Nachbau durch<br />
eine Attrappe dargestellt.<br />
Peter W. Cohausz ■<br />
Foto Ralf Heldenmaier, MHM Gatow<br />
»Piggi« ...<br />
»Piggis« der FFS »S«, 1957<br />
… ist der Spitzname für das wohl bislang<br />
»fleißigste« Flugzeug der Bundesluftwaffe.<br />
Dessen ziviler Prototyp, die viersitzige<br />
Piaggio P.149, startet vor 60 Jahren am<br />
19. Juni 1953 zum Erstflug. Erfolg wäre ihr<br />
kaum beschert gewesen, hätte die Bundeswehr<br />
nicht Ersatz für ihre »gelben<br />
Drachen« (L-18C) und »Zitronenbomber«<br />
(Harvard Mk.IV) gesucht. Grundvoraussetzung<br />
für die Beschaffung ist, dass die<br />
Maschine ebenso einen Lycoming-Motor<br />
hat wie die Do 27. So entsteht bald eine eigens<br />
für die Luftwaffe geschaffene Ausführung<br />
mit der Bezeichnung<br />
P.149D. Bis 1959 hat<br />
Piaggio selbst 72 der Trainer<br />
nach Deutschland geliefert.<br />
190 weitere entstehen in<br />
Lizenz beim Focke Wulf<br />
Flugzeugbau; BMW übernimmt<br />
den Nachbau der Lycomings.<br />
Im selben Jahr<br />
Foto BMVg nimmt die Luftwaffe auf den<br />
»Piggis« zunächst die fliegerische<br />
Grundausbildung auf. Hier wird sie<br />
aber bald abgelöst und dient ab 1961 zur<br />
Auswahlschulung und Eignungsprüfung<br />
beim Fluganwärterregiment. Dass sie kein<br />
echter Militärtrainer ist, zeigen ernsthafte<br />
Konstruktionsmängel, etwa am Fahrwerk<br />
oder den Flächenaufhängungen. Doch das<br />
lässt sich alles in den Griff bekommen, und<br />
so machen Tausende künftiger Bundeswehrpiloten<br />
beim »Screening« auf der<br />
»Piggi« ihre ersten fliegerischen Erfahrungen.<br />
Wobei sie nicht selten Blut und Wasser<br />
schwitzen, wenn sie ihr Ausbilder zum ersten<br />
Mal bei der Gefahreneinweisung ins<br />
Trudeln bringt. Hunderttausende Flugstunden<br />
werden so absolviert, wobei 19 der<br />
Schulflugzeuge verloren gehen – in mehr<br />
als 30 Jahren Ausbildungsbetrieb, wohlgemerkt.<br />
Daneben dient die P.149D unter anderem<br />
als Zieldarsteller oder ist zahlreich<br />
den Einsatzverbänden zugeteilt, die alles<br />
mögliche damit anstellen. Als man »Piggi«<br />
im März 1990 endgültig außer Dienst<br />
stellt, ist sie das älteste noch fliegende Muster<br />
der Bundeswehr – und darf sich getrost<br />
als das wohl einzige bezeichnen, in dem<br />
jahrzehntelang so ziemlich jeder Luftwaffenpilot<br />
mal seinen Allerwertesten platzieren<br />
durfte.<br />
Wolfgang Mühlbauer ■<br />
»Piggis« des JaboG 49,<br />
1989 Foto via Sedlak<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
11
PANORAMA<br />
BADEN-WÜRTTEMBERG IN FAHRT<br />
Oldtimer-Festival<br />
Unter dem Motto »Mobile Legenden/Baden-Württemberg<br />
in Fahrt« versammelt sich<br />
auf dem Fluggelände der Gemeinde Eutingen<br />
im Gäu für ein Sommer-Wochenende<br />
alles, was durch unsere jüngere Geschichte<br />
gerollt, geflogen und gefahren ist.<br />
Unter anderem werden eine Diabolo, verschiedene<br />
Klemm- und Bücker-Maschinen<br />
und eine russische Antonow, der derzeit<br />
größte einmotorige Doppeldecker der Welt,<br />
zu sehen sein.<br />
Für ein weiteres Highlight in luftiger Höhe<br />
sorgt das Technikmuseum Sinsheim: Es<br />
schickt eine Jak-Staffel, die Kunstflüge vorführen<br />
wird.<br />
»Baden-Württemberg in Fahrt« findet am<br />
22. und 23. Juni 2013 statt. Weitere Informationen<br />
unter www.bw-in-fahrt.de<br />
Foto Michael Gdynia<br />
■ P-51 D »LOUISIANA KID«<br />
»Mustang« in freier Wildbahn<br />
Seit Ende Februar ist die historische Luftfahrt<br />
in Deutschland um eine North American<br />
P-51D-25 NA reicher. Die Maschine mit<br />
der Seriennummer 44-73254 und der US-<br />
Kennung N6328T steht in Albstadt-Degerfeld,<br />
ihr Besitzer ist Flugkapitän Wilhelm<br />
Heinz. Heinz ist auch Miteigentümer und<br />
Pilot der bekannten Bf 109 G »Rote Sieben«.<br />
Die Mustang wurde 1947 von der USAF<br />
an die Royal Canadian Air Force geliefert und<br />
der in Manitoba stationierten No. 402nd<br />
Squadron zugeteilt. Nachdem sie ausgemustert<br />
worden war, ging sie durch diverse zivile<br />
Hände, wobei sie 1963 in den USA einen<br />
Bruch erlitt. Don Weber baute die Maschine<br />
danach komplett neu auf, indem er Flugzeugzelle<br />
und Motor ersetzte. Wie bei den<br />
meisten privaten Mustang ist der Rumpftank<br />
entfernt worden, um Platz für einen zweiten<br />
Sitz zu schaffen.<br />
Nach 40 Jahren unfallfreien Betriebs hat<br />
Weber das Flugzeug schließlich an Wilhelm<br />
Heinz abgegeben. Die Maschine besitzt noch<br />
eine gültige US-Verkehrszulassung in der<br />
FAA-Experimental-Kategorie, die auch Einsätze<br />
bei Airshows erlaubt, und es ist geplant,<br />
sie unter anderem beim Flugplatzfest in Albstadt-Degerfeld<br />
Ende August und eine Woche<br />
später auf dem Oldtimertreffen Hahnweide<br />
vorzuführen. Mittelfristig soll die<br />
»Louisiana Kid« eine deutsche Zulassung erhalten.<br />
Weitere Infos bei Facebook auf der Seite<br />
»Mustang P-51 D Louisiana Kid« und unter<br />
www.heinzaero.com Michael Weber ■<br />
FLIEGERFILM AUF DVD UND BLU-RAY<br />
Red Tails<br />
Anthony Hemingways Actionstreifen »Red<br />
Tails« ist nun auf DVD und Blu-Ray erhältlich.<br />
Der 60-Millionen-Dollar-Blockbuster erzählt<br />
die Geschichte der ersten afroamerikanischen<br />
Einheit der US-Luftwaffe im Zweiten<br />
Weltkrieg und geizt dabei nicht mit spektakulären<br />
Luftkampfszenen (siehe <strong>FLUGZEUG</strong><br />
<strong>CLASSIC</strong> 12/2012). »Red Tails« erscheint<br />
am 17. Mai 2013 auf DVD und im limitierten<br />
SteelBook auf Blu-Ray.<br />
■ 30. PIPER-TREFFEN<br />
Schmidgaden ruft die Cubs<br />
Es war schwer zu sagen, was daraus werden<br />
würde, als der Aero-Club Schmidgaden in<br />
Nordbayern erstmals die aktiven Piloten von<br />
J-3C Cub und PA-18 Super Cub zum Fly-In<br />
einlud. Das war 1984, und es kamen immerhin<br />
24 Maschinen. Entstanden aus einer Idee von<br />
Peter Arbogast, dem Vorstand des Clubs und<br />
PA-18-Besitzer, entwickelte sich das Piper-Treffen<br />
schnell zu einem lieb gewonnenen Ritual<br />
innerhalb dieses verschworenen Zirkels. Jetzt,<br />
vom 21. bis 23. Juni, trifft<br />
man sich zum 30. Mal – und<br />
wieder in Schmidgaden.<br />
Zwischenzeitlich war man<br />
auch schon anderswo: etwa<br />
in Büsum an der Nordsee<br />
und im österreichi schen<br />
Wels. Peter Arbogast ist inzwischen<br />
75 Jahre alt, und<br />
mit ihm sind auch die Maschinen<br />
und ihre Piloten älter<br />
geworden; das Piper-<br />
Treffen hat längst familiäre<br />
Züge angenommen. Prämiert<br />
werden traditionell die schönste Cub,<br />
ebenso die Crew mit dem weitesten Anflug,<br />
auch der älteste und jüngste Pilot. Für internationales<br />
Flair haben Cub-Fans aus Italien, Belgien,<br />
Niederlande, Schweden und Großbritannien<br />
gesorgt. Bisweilen hat es das Wetter mit<br />
den Fernfliegern nicht gut gemeint. Arbogast:<br />
»Aber es war nie so schlimm, dass gar keiner<br />
da war …«<br />
Stefan Bartmann ■<br />
Dicht gedrängt: Auch beim 30. Treffen<br />
mangelt es an »Parkplätzen«<br />
Foto Peter Arbogast<br />
12
Legende und Meilenstein der deutschen Luftwaffe<br />
BF 109 K- 4<br />
9./JG 77 – » weiße 2 «<br />
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Mit der K-Reihe schloss sich das letzte Kapitel der Messerschmitt<br />
Bf 109, die mit ca. 33.000 Maschinen aller Bau reihen<br />
das meistgebaute Jagdflugzeug der Welt war. Diese letzte<br />
Einsatzversion war aus den Erfahrungen mit der G-Reihe<br />
entwickelt worden und besaß serienmäßig sämtliche Verbesserungen<br />
der G-Varianten, mit denen das Flugzeug nochmals<br />
an das Leistungsniveau alliierter Muster anschließen konnte.<br />
Doch die Effekte der Mangelwirtschaft und der unzureichende<br />
Ausbildungsstand der jungen Piloten ließen die neuen Qualitäten<br />
der K-Baureihe nicht mehr zur Geltung kommen.<br />
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ZEITGESCHICHTE<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />
DIE FRÜHEN JAHRE DES JAGDFLIEGER-ASSES<br />
Nicht vom Him<br />
gefallen …<br />
352 bestätigte Luftsiege machten <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> nicht nur zu einem der weltweit<br />
bekanntesten Jagdflieger des Zweiten Weltkriegs, sondern gleichzeitig zu einer Projek -<br />
tionsfläche und Symbolfigur. Im Kalten Krieg wurde er von verschiedenen Seiten vereinnahmt<br />
und instrumentalisiert – das Spektrum reichte von »Held« bis »Kriegsverbrecher«<br />
–, und insgesamt wurde über ihn womöglich mehr geschrieben und gesagt,<br />
als er jemals selbst geäußert hat. Wie entstand der Mythos <strong>Erich</strong> »Bubi« <strong>Hartmann</strong>?<br />
Von Peter Cronauer<br />
14
mel<br />
Hier ist er noch ein unbeschriebenes Blatt: <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> als Rekrut im Jahr 1941.<br />
Bekannt wurde <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong>, als er beim<br />
legendären Jagdgeschwader 52 flog.<br />
Hier eine Messerschmitt Bf 109 G-2 der<br />
II. Gruppe des JG 52 im Sommer 1942.<br />
<strong>Hartmann</strong> stieß erst im Oktober 1942 hinzu<br />
Foto Sammlung Ringlstetter<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
15
ZEITGESCHICHTE<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />
Erlebnis des Fliegens in der Gemeinschaft: In den 1930erund<br />
1940er-Jahren erfreute sich die Segelfliegerei bei der<br />
Jugend großer Beliebtheit<br />
Foto Sammlung Ringlstetter<br />
Wäre das 20. Jahrhundert anders verlaufen,<br />
wäre er wahrscheinlich<br />
Arzt geworden. So wie sein Vater,<br />
Dr. Alfred <strong>Hartmann</strong>, oder sein ein Jahr jüngerer<br />
Bruder gleichen Namens, der nach dem<br />
Krieg ebenfalls Mediziner wurde. Auch hätte<br />
er in China aufwachsen können, wo die<br />
Familie während der<br />
1920er-Jahre vorübergehend<br />
gelebt hatte.<br />
Doch revolutionäre<br />
Unruhen und damit<br />
einhergehende Gräueltaten<br />
vertrieben die<br />
<strong>Hartmann</strong>s aus dem bis<br />
dahin als Paradies empfundenen<br />
»Reich der<br />
Mitte« zurück in das<br />
nicht minder un ruhige<br />
Europa, in das Deutschland<br />
der Nachkriegszeit,<br />
der Wirtschaftskrisen,<br />
der ideologischen und<br />
politischen Zerrissenheit.<br />
In Weil im Schönbuch<br />
schufen sie sich ein neues<br />
Zuhause.<br />
Der ältere der beiden<br />
Söhne galt nicht als »Intellektuellen-Typ«.<br />
Der<br />
heranwachsende <strong>Erich</strong><br />
<strong>Hartmann</strong> wird als »durchschnittlicher Schüler«<br />
beschrieben, der »seine Schulpflichten<br />
ohne Schwierigkeiten oder Ehrgeiz erfüllte«<br />
und dessen Anstrengungen nur so weit gingen,<br />
»als es für die Ablegung der Examina<br />
notwendig war«.<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />
als Pimpf, unten<br />
seine Eltern<br />
Alfred und Elisabeth.<br />
Die Mutter<br />
war eine begeisterte<br />
Fliegerin<br />
Er liebte Sport, vor allem Skilaufen,<br />
Schwimmen, Tauchen oder Leichtathletik,<br />
wobei man ihm einen gewissen »Drang nach<br />
der Bestleistung im Wettbewerb« attestierte,<br />
und die Neigung, eigene Grenzen auszuloten.<br />
Tadellose Haltung<br />
So kam es schon mal vor, dass er sich zu einem<br />
Skisprungwettbewerb anmeldete, ohne<br />
jemals von einer großen Sprungschanze<br />
gefahren zu sein, und dann auf Anhieb<br />
33 Meter weit flog, mit anschließender tadelloser<br />
Landung. Sein Wesen wird als »geradeheraus,<br />
offen und ehrlich«<br />
geschildert, ein<br />
ehemaliger Lehrer<br />
bezeichnete<br />
ihn noch Jahrzehnte<br />
später als<br />
einen Jungen, »den<br />
man sofort mochte«.<br />
All dies unterschied<br />
ihn nicht von<br />
vielen seiner Altersgenossen,<br />
die später<br />
ebenfalls zu Flugzeugführern<br />
wurden.<br />
Doch im Gegensatz<br />
zu jenen, die häufig<br />
erst bei der Flieger-HJ<br />
oder dann beim Mili-<br />
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Peter Cronauer<br />
16
Bücker Bü 133<br />
C »Jungmeister« der<br />
Jagdflieger-Vorschule<br />
2 in Lachen-<br />
Speyerdorf, in der<br />
auch <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />
an die Jagdfliegerei<br />
herangeführt<br />
wurde<br />
Zeichnung Ringlstetter/<br />
Aviaticus<br />
tär mit der Luftfahrt in Berührung kamen,<br />
wurde <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong>s Leidenschaft fürs<br />
Fliegen bereits in frühen Jahren entfacht:<br />
Schon seine Mutter war eine begeisterte<br />
Fliegerin.<br />
Beinahe in die Wiege gelegt<br />
Ende der 1920er-Jahre, als noch überwiegend<br />
Männer den Luftraum dominierten, trat Elisabeth<br />
<strong>Hartmann</strong> einem auf dem Flugplatz<br />
Böblingen beheimateten Fliegerclub bei und<br />
erwarb den Flugzeugführerschein. 1930 kaufte<br />
die Familie <strong>Hartmann</strong> sogar eine Beteiligung<br />
an einer zweisitzigen Klemm, und von<br />
nun an legten die Mutter und ihre beiden<br />
Söhne regelmäßig die rund zehn Kilometer<br />
vom Wohnort zum Flugplatz zurück, flogen<br />
an Wochenendtagen, sofern es die Witterungsverhältnisse<br />
erlaubten, oder arbeiteten<br />
an der Maschine. Die Weltwirtschaftskrise<br />
bewirkte jedoch auch hier eine Zäsur: 1932<br />
musste das Flugzeug verkauft werden; Sohn<br />
<strong>Erich</strong> war zu diesem Zeitpunkt längst mit<br />
dem »Fliegervirus« infiziert.<br />
Als die Nationalsozialisten im Januar 1933<br />
die Macht im Reich übernahmen, war er noch<br />
nicht einmal elf Jahre alt, doch drei Jahre später<br />
immerhin alt genug, um endlich selbst das<br />
Fliegen zu erlernen: Für ihn und andere Interessierte<br />
gründete die Mutter in Weil im<br />
Schönbuch einen eigenen Segelfliegerclub mit<br />
einem SG 38 für die Anfängerschulung und<br />
einem Grunau Baby für die Fortgeschrittenen.<br />
Sie selbst fungierte dabei als Ausbilderin, und<br />
auf diese Weise erfuhren ihre Söhne und deren<br />
Kameraden die gesamte Bandbreite der<br />
Plackerei, die diese Art des Segelfliegens seinerzeit<br />
bedeutete: die Arbeit am Hang, das<br />
Hochziehen per Gummiseilen, die Wartungsund<br />
Reparaturarbeiten … Noch dreißig Jahre<br />
später blickte <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> gerne auf<br />
diese Zeit zurück: »Segelfliegen war ein großartiger<br />
Sport und darüber hinaus noch mehr.<br />
Es vermittelte mir ein wundervolles Gefühl<br />
für das Fliegen. Die Empfindung und die unterbewusste<br />
Gegenwart der Luft um einen he-<br />
Leichtflugzeug Klemm L 20. Die Flugleidenschaft von <strong>Hartmann</strong>s Mutter brachte der Familie die<br />
Halterbeteiligung an einer L 20<br />
Foto Sammlung Ringlstetter<br />
Der Klassiker unter den Segelflugzeugen und damals in allen Segelfluggruppen zu finden:<br />
Grunau Baby. Auch <strong>Hartmann</strong> flog diesen Typ<br />
Foto Sammlung Ringlstetter<br />
Schulische und militärische Ausbildung<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> wurde am 19. April 1921 in<br />
Weissach geboren. Mitte der 1920er-Jahre<br />
siedelte die Familie nach Changsha um,<br />
und als sie wenige Jahre später wieder<br />
nach Deutschland zurückkehrten, sprachen<br />
die beiden Söhne zunächst besser Chinesisch<br />
als Deutsch. Das eine Schuljahr, das<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> später auf der 1936 gegründeten<br />
»Nationalpolitischen Erziehungsanstalt<br />
NPEA« in Rottweil verbrachte, blieb<br />
ihm nachhaltig in schlechter Erinnerung. Im<br />
Frühjahr 1937 ließ der Vater seine beiden<br />
Söhne auf die Internatsoberschule in Korntal<br />
wechseln, wo <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> im Frühjahr<br />
1940 das Abitur machte. Anschließend,<br />
im Alter von 18 Jahren, meldete er sich<br />
freiwillig zur Luftwaffe. Im Oktober 1940<br />
begann sein soldatischer Werdegang mit<br />
der militärischen Grundausbildung beim<br />
Flieger-Ausbildungsregiment 10 in Neu kuhren<br />
bei Königsberg. Anschließend absol -<br />
vierte er die Luftkriegsschule 2 in Berlin-<br />
Gatow, gefolgt von der Jagdfliegervorschule<br />
2 in Lachen-Speyerdorf, der Jagdfliegerschule<br />
2 in Zerbst-Anhalt und schließlich<br />
der Jagdergänzungsgruppe Ost im oberschlesischen<br />
Gleiwitz. Im Oktober 1942<br />
wurde Leutnant <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> an die Front<br />
versetzt; zunächst flog er bei der 7. Staffel<br />
des Jagdgeschwaders 52.<br />
■<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
17
ZEITGESCHICHTE<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />
Startbereite Messerschmitt Bf 109 D einer<br />
Jagdfliegerschule. Mit rund 700 PS hatte<br />
die »Dora« schon ordentlich Dampf unter<br />
der Haube<br />
Foto Sammlung Ringlstetter<br />
rum, die einen trägt, das Segelflugzeug fortbewegt,<br />
macht einen zum Teil des Geschehens.<br />
Man wird im wahrsten Sinne des Wortes<br />
Vogelmensch.«<br />
Früh übt sich …<br />
»Der Motorflug kam später in der Luftwaffe<br />
nicht als etwas Fremdes für mich. Ich sah meine<br />
Mutter, meinen Bruder und all meine jungen<br />
Freunde fliegen, und ich selbst flog. Deshalb<br />
war für mich das Einsteigen in ein<br />
Flugzeug genauso normal wie das Einsteigen<br />
in ein Auto. Das frühe Vertrautwerden mit<br />
Flugzeugen, das mit dem Segelfliegen kam,<br />
hat mir bis auf den heutigen Tag geholfen.<br />
Wenn ich in einem Flugzeug sitze und etwas<br />
schief geht, bekomme ich immer vorher ein<br />
schlechtes Gefühl. Häufig bekomme ich dieses<br />
Gefühl, bevor ein Versagen überhaupt<br />
durch irgendwelche Instrumente angezeigt<br />
wird. Ich fühle es in meinem Hosenboden. Es<br />
gibt keinen Zweifel daran, dass das Gefühl<br />
für alles, was mit Flugzeugen zusammenhängt,<br />
umso höher entwickelt ist, je früher<br />
man mit dem Fliegen angefangen hat.«<br />
Dieses »Hosenboden«-Gefühl, mitunter<br />
auch »Popometer« genannt, entwickelte er<br />
sehr schnell. Als 14-Jähriger erflog er seinen<br />
Lehrjahre: Gruppenbild der »Aufsicht B« der Luftkriegsschule 2 in Berlin-Gatow mit Fahnenjunker<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> (hintere Reihe, dritter von rechts) im Jahr 1941<br />
ersten Schein, hatte bis zum Ende des Jahres<br />
1937 die »A«-, »B«- und »C«-Prüfungen abgelegt<br />
und fungierte bald selbst als Segelfluglehrer<br />
in der Flieger-HJ. Doch das Fliegen<br />
blieb für ihn Hobby, Sport und Leidenschaft;<br />
eine wie auch immer geartete berufliche Perspektive<br />
verband er damit nicht. Die galt nach<br />
wie vor dem Beruf des Mediziners, doch als<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> im April 1940 das Abitur<br />
machte, wurde er – so wie alle seine Altersgenossen<br />
– vor vollendete Tatsachen gestellt:<br />
Seit fast einem Dreivierteljahr herrschte Krieg,<br />
und es war abzusehen, dass auch er Soldat<br />
werden würde.<br />
Besorgter Vater<br />
Andere flogen die ersten Luftschlachten des<br />
Krieges, die gleichgeschaltete Presse berichtete<br />
darüber, und selbstverständlich ging die offizielle<br />
Kriegsrhetorik auch an Jugendlichen<br />
wie <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> nicht spurlos vorüber.<br />
Auch er begeisterte sich für die Jagdflieger,<br />
deren Namen nun die Runde machten, und in<br />
dieser aufgeheizten Atmosphäre hatten es Bedenkenträger<br />
schwer.<br />
Zu jenen zählte Vater <strong>Hartmann</strong>. Er hatte<br />
den Ersten Weltkrieg als Militärarzt miterlebt<br />
und bezweifelte, dass dieser neuerliche Krieg<br />
gewonnen werden könne; zumal mit unabsehbaren<br />
Folgen für die Heimat. Als sich der<br />
Sohn schließlich freiwillig zur Luftwaffe meldete,<br />
wofür er immerhin die genehmigende<br />
Unterschrift des Vaters benötigte, trug zu dessen<br />
Einverständnis womöglich der weit verbreitete<br />
Glaube bei, dass dieser Krieg ohnehin<br />
nicht lange dauere. Im günstigsten Fall sei er<br />
18
schon beendet, bevor <strong>Erich</strong> die immerhin<br />
rund zwei Jahre dauernde Ausbildung zum<br />
Jagdflieger abgeschlossen habe, dann könne<br />
er immer noch studieren.<br />
Talent und »Schwein« gehabt<br />
Im Oktober 1940 begann in Neukuhren bei<br />
Königsberg <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong>s militärischer<br />
Werdegang. Nach der sechsmonatigen<br />
Grundausbildung verbrachte er ein knappes<br />
Jahr auf der Luftkriegsschule 2 in Berlin-Gatow.<br />
Dort saß er Anfang März 1941 erstmals<br />
selbst am Steuerknüppel eines Motorflugzeuges,<br />
und gut zweieinhalb Wochen später,<br />
nach insgesamt 73 Schulflügen unter Anleitung<br />
seines Fluglehrers, einem Feldwebel namens<br />
Kolberg, ließ ihn dieser zum ersten Alleinflug<br />
»von der Leine«. Natürlich profitierte<br />
der junge Nachwuchsflieger dabei von seiner<br />
reichlichen Segelflugerfahrung, doch darüber<br />
hinaus legte er schon bald eine seltene Begabung<br />
an den Tag: Schon bei seinem ersten<br />
Luftschießen Ende Juni 1942 feuerte er aus<br />
seiner Schulungs-»Dora« 50 Schuss MG-Munition<br />
auf ein geschlepptes Ziel, wobei knapp<br />
die Hälfte seiner Geschosse traf.<br />
Und dass dies kein Zufall war, stellte er in<br />
der Folge gleich noch mehrfach unter Beweis.<br />
Dabei zählte Schießen und Treffen mit Vorhalt,<br />
noch dazu aus großer Distanz, zu den<br />
schwierigsten Herausforderungen, die ein<br />
Jagdflieger seinerzeit zu meistern hatte. Den<br />
meisten fiel das anfangs äußerst schwer, ganz<br />
gleich, für welche Nation sie flogen, doch offenbar<br />
war <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> in dieser Hinsicht<br />
eine Art Naturtalent. Im Nachhinein bestä -<br />
tigten dies gleich mehrere Kriegskameraden<br />
unabhängig voneinander, darunter auch ihrerseits<br />
so erfolgreiche »Asse« wie Walter<br />
Krupinski oder Walter Wolfrum.<br />
Andererseits hatte er, der später mehr<br />
als 1400 Einsätze flog und bei 825 »Feindberührungen«<br />
niemals ernsthaft verwundet<br />
werden sollte, auch mehr als einmal das nötige<br />
»Schwein«, um zu überleben. Dass ein<br />
Schutzengel dabei gelegentlich auch Umwege<br />
in Kauf nimmt, erfuhr <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> bereits<br />
als Angehöriger der Ergänzungsjagdgruppe<br />
Ost am eigenen Leib: Ende August<br />
flog er von Gleiwitz aus zum Platz seiner ehemaligen<br />
Jagdfliegerschule 2 in Zerbst. Vor Ort<br />
stach ihn offenbar der Hafer: Er flog den Platz<br />
im Tiefflug an, erschreckte das dortige Personal<br />
mit gesteuerten Rollen und Achten aus<br />
dem Repertoire seiner Kunstflugeinweisung<br />
und hatte bei seiner Rückkehr nach Gleiwitz<br />
offensichtlich immer noch nicht genug, denn<br />
Er donnerte in zehn Meter Höhe auf dem<br />
Rücken fliegend über den Flugplatz hinweg.<br />
Messerschmitt Bf 109 D der Jagd -<br />
fliegerschule 2 in Zerbst, wo <strong>Hartmann</strong><br />
mit außerordentlichen Schießleistungen<br />
glänzte<br />
Zeichnung Ringlstetter/Aviaticus<br />
hier donnerte er in zehn Meter Höhe auf dem<br />
Rücken fliegend über den Flugplatz hinweg.<br />
Seiner Landung folgte die umgehend befohlene<br />
Meldung beim Kommandeur, der ihm einen<br />
kräftigen »Anschiss« verpasste, ihn zu<br />
neun Tagen Stubenarrest verdonnerte und für<br />
die Dauer von 90 Tagen die Einbehaltung von<br />
zwei Dritteln seines Wehrsoldes anordnete.<br />
Was auch immer <strong>Hartmann</strong> zu dieser<br />
Show-Einlage veranlasst haben mag, ob jugendlicher<br />
Übermut oder ein ihm eigenes<br />
sportliches Draufgängertum, das ihm schon<br />
als Schüler den Spitznamen »Wildsau« eingebracht<br />
hatte, lange bevor er »Bubi« wurde –<br />
Vorgesetzte deuten dergleichen Vorfälle vor<br />
allem als einen Mangel an Disziplin und Ausdruck<br />
von fehlendem Verantwortungsbewusstseins.<br />
Der Übeltäter selbst sah seine<br />
Bestrafung im Nachhinein als Glück im Unglück:<br />
»Diese Woche Stubenarrest rettete mir<br />
das Leben. Nach Plan sollte ich an diesem<br />
Nachmittag einen Schießeinsatz fliegen. Mein<br />
Stubenkamerad übernahm den Flug an meiner<br />
Stelle in dem Flugzeug, das ich sonst flog.<br />
Kurz nach dem Start hatte er Motorschaden<br />
und machte neben der Eisenbahnstrecke Hindenburg–Kattowitz<br />
eine Bauchlandung, wobei<br />
er ums Leben kam.«<br />
Bedrohliche Dimensionen<br />
Im Herbst 1942 endete <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong>s Ausbildung<br />
zum Jagdflieger, Anfang Oktober<br />
versetzte man ihn zum JG 52 an die Front. Seit<br />
seiner Meldung als Freiwilliger waren fast<br />
zwei Jahre vergangen, und schon damals lag<br />
Übungseinsitzer Focke-Wulf Fw 56 »Stößer«. Die 240 PS starke Maschine war nichts für Anfänger,<br />
sondern zur Fortgeschrittenen-Schulung bestimmt<br />
Foto Sammlung Ringlstetter<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
19
ZEITGESCHICHTE<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong><br />
Eine fliegende Junkers Ju 87 D – <strong>Hartmann</strong> blieb<br />
diese Erfahrung verwehrt, er zog es vor, den Stuka<br />
in die Hütte der Flugleitung zu steuern<br />
Foto Sammlung Ringlstetter<br />
der Feldzug gegen Polen bereits mehr als ein<br />
Jahr zurück. Im Frühjahr jenes Jahres 1940<br />
hatte die Wehrmacht Dänemark und Norwegen<br />
besetzt, im Sommer endete dann der<br />
»Westfeldzug« mit der Kapitulation Frankreichs,<br />
und als <strong>Hartmann</strong> zur Grundausbildung<br />
nach Neukuhren fuhr, stand Großbritannien<br />
vermeintlich allein auf weiter Flur.<br />
Doch der Krieg endete damals nicht, vielmehr<br />
nahm er seither immer bedrohlichere<br />
Ausmaße an. Mittlerweile stand die Wehrmacht<br />
auf dem Balkan, in Griechenland und<br />
sogar in Nordafrika, und seit der Kriegserklärung<br />
vom Dezember 1941 standen die<br />
USA nun auch offiziell an der Seite Großbritanniens.<br />
Dessen Bomber erschienen immer<br />
häufiger am Nachthimmel über dem Reich,<br />
während in den Weiten des Atlantiks eine<br />
gnadenlose Schlacht zwischen deutschen<br />
U-Booten und alliierten Geleitzügen tobte.<br />
Als <strong>Hartmann</strong> an der Front eintraf, hatte Hermann Graf als erster Jagdflieger die Anzahl von<br />
200 Abschüssen erreicht und übertroffen. Hier ist er umgeben von weiteren »Assen« des JG 52<br />
Zudem stand die Wehrmacht seit dem<br />
Sommer 1941 in einem verlustreichen Kampf<br />
gegen einen weiteren Feind, von dem man inzwischen<br />
wusste, dass man ihn anfangs unterschätzt<br />
hatte: die UdSSR. China verlassend,<br />
hatte der damals fünfeinhalb Jahre alte <strong>Erich</strong><br />
<strong>Hartmann</strong> gemeinsam mit Bruder und Mutter<br />
in wochenlanger Fahrt Russland mit der<br />
Transsibirischen Eisenbahn durchquert. – Als<br />
20-Jähriger kehrte er nun in jenes Riesenreich<br />
zurück, das fortan sein Leben prägen sollte.<br />
Ein Hauch von Vergänglichkeit<br />
Auch hatte der Luftkrieg ständig neue Personalien<br />
und Rekorde geboren. Von den Jagdfliegern,<br />
deren Namen in der Frühphase des<br />
Krieges in aller Munde waren, lebten manche<br />
bereits nicht mehr. Das galt unter anderem für<br />
Werner Mölders oder auch für Franz von<br />
Werra, der verschollen war. Statt ihrer gingen<br />
neue Stars am Himmel auf, zum Beispiel der<br />
Name Hermann Graf, der bei den Kämpfen<br />
um Stalingrad als erster Jagdflieger der Luftkriegsgeschichte<br />
die bis dahin unvorstellbar<br />
hohe Anzahl von 200 Luftsiegen nicht nur erreichte,<br />
sondern sogleich auch noch überstieg.<br />
Doch sie alle waren inzwischen schon von einem<br />
Hauch Vergänglichkeit umgeben, denn<br />
das Kriegsgeschehen hatte stets schnelle Wen-<br />
20
dungen parat, was sich gerade in jenen Tagen<br />
am Schicksal Hans Joachim Marseilles zeigte,<br />
dessen »Stern von Afrika« nur vier Tage<br />
nach Grafs Erfolg über Pitomnik in der Wüste<br />
unterging.<br />
Anfang Oktober 1942, nach seinem Abschied<br />
von der Ergänzungsjagdgruppe Ost<br />
und drei Tagen Heimaturlaub, machte sich<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> auf den Weg. Gemeinsam<br />
mit drei weiteren Leutnants stand er in der<br />
Krakauer Flugzeugschleuse vor einem den<br />
Kopf schüttelnden Kommandeur, der, in seinen<br />
Unterlagen wühlend, betonte, ihm lägen<br />
seitens des JG 52 keine aktuellen Anforderungen<br />
für neue Maschinen vor. Deshalb<br />
könne er sie auch nicht mit Messerschmitts<br />
zum Gefechtsstand des JG 52 nach Maikop<br />
fliegen lassen. Allerdings habe er einige<br />
Stukas, die nach Mariupol an der Nordküste<br />
des Asowschen Meeres zu überführen seien,<br />
und von dort aus sei es dann bis Maikop nicht<br />
mehr weit. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong> noch nie eine Ju 87 geflogen,<br />
doch kurz darauf kletterte er in das unbekannte<br />
Flugzeug, ließ den Motor warmlaufen,<br />
sah die anderen bereits starten und wollte ihnen<br />
hinterher. Doch ein Bremsdefekt machte<br />
die Junkers am Boden unkontrollierbar, und<br />
<strong>Hartmann</strong>s Weg zur Startbahn endete in der<br />
Hütte eines Flugleiters, der gerade noch ins<br />
Freie springen konnte, bevor der Holzpropeller<br />
des Flugzeugs den ebenfalls hölzernen<br />
Verschlag, die darin vorhandenen Unterlagen<br />
und sich selbst zu Kleinholz hackte.<br />
Besorgte Augen- und Ohrenzeugen eilten<br />
herbei, allen voran der Platzkommandant,<br />
und der reichlich betretene <strong>Hartmann</strong> stellte<br />
sich innerlich auf eine mehr als nur kräftige<br />
Standpauke ein, da rettete ihn einer seiner<br />
bereits abgeflogenen Kameraden: Mit stotterndem<br />
Motor und langer Rauchfahne setzte<br />
einer der drei anderen Stuka wieder zur<br />
Landung an, die dann in einem Kopfstand<br />
endete, weil ihr Pilot zu heftig in die Bremsen<br />
stieg. Wütend und entsetzt zugleich entschied<br />
der Platzkommandant, dass diese beiden<br />
Grünschnäbel bereits genügend Schaden angerichtet<br />
hätten und dass sie nun mit einer<br />
Ju 52 an die Front geflogen werden sollten. –<br />
Mit jemand anderem am Steuer.<br />
In der ohrenbetäubend dröhnenden Maschine<br />
fand sich zwischen dem Transportgut<br />
eine nur wenige Tage alte Berliner Zeitung. Darin<br />
lasen die beiden unfreiwilligen Passagiere<br />
vom aktuellen Kriegsgeschehen im Südabschnitt<br />
der Ostfront, von den Vorstößen nach<br />
Stalingrad und zu den Ölquellen von Baku.<br />
Das JG 52 lag hier mitten im Geschehen, und<br />
Ein Bremsdefekt machte die Junkers am<br />
Boden unkontrollierbar.<br />
nicht nur Hermann Graf gehörte diesem berühmt<br />
gewordenen Geschwader an, sondern<br />
auch noch eine ganze Reihe weiterer namhafter<br />
»Experten«. Zu ihnen stieß schon bald ein<br />
noch gänzlich unbeschriebenes Blatt hinzu: ein<br />
junger Leutnant namens <strong>Erich</strong> <strong>Hartmann</strong>. ■<br />
Fortsetzung folgt.<br />
Eine Auswahl an ergänzender Literatur:<br />
Barbas, Bernd: »Die Geschichte der III. Grup -<br />
pe des Jagdgeschwaders 52«. Eigenverlag<br />
Deutscher Standard-Jäger im<br />
Sommer/Herbst 1942: Messerschmitt<br />
Bf 109 G-2 der 7./Jagdgeschwader 52<br />
an der Ostfront<br />
Zeichnung Ringlstetter/Aviaticus<br />
Bergström, Christer/Antipov, Vlad/Sundin,<br />
Claes: »Graf & Grislawski – A pair of<br />
aces«. Eagle Editions 2003<br />
Kurowski, Franz: »Balkenkreuz und Roter<br />
Stern«. Podzun-Pallas 1984<br />
Toliver, Raymond/Constable, Trevor:<br />
»Holt <strong>Hartmann</strong> vom Himmel!«. Motorbuch<br />
Verlag 1971<br />
<strong>Hartmann</strong>, Ursula: »Der Jagdflieger <strong>Erich</strong><br />
<strong>Hartmann</strong>«. Motorbuch Verlag 1978<br />
Rall, Günther/Braatz, Kurt (Hrsg.): »Mein<br />
Flugbuch – Erinnerungen 1938–2004«.<br />
NeunundzwanzigSechs Verlag 2004<br />
Braatz, Kurt: »Walter Krupinski – Jagdflieger,<br />
Geheimagent, General«. NeunundzwanzigSechs<br />
Verlag 2010<br />
Wolfrum, Walter/Cronauer, Peter (Hrsg.):<br />
»Unbekannte Pflicht – Meine Erinnerungen<br />
als Jagd- und Kunstflieger 1923–2009«.<br />
NeunundzwanzigSechs Verlag 2009<br />
Sommer 1942 im Südabschnitt der Ostfront: Waffen justieren auf freiem Feld<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
21
TECHNIK<br />
Avro Lancaster<br />
LEBENSABEND ALS TRANSPORTER UND SEEAUFKLÄRER – TEIL 3<br />
Vom Frontschwein<br />
zum Lückenbüßer<br />
Kaum ist der Krieg mit Deutschland zu Ende, beginnt<br />
die RAF, ihre Lancaster aufs Altenteil zu schicken. Zwar<br />
läuft die Produktion noch bis März 1946 weiter, doch<br />
der Bomber selbst fungiert nur mehr als Übergangslösung<br />
Von Wolfgang Mühlbauer<br />
22
Die letzte Bombe, die eine Lancaster im<br />
Kampfeinsatz auf deutsches Gebiet<br />
wirft, fällt am 25. April 1945 (siehe<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 08/2012). Zwei Wochen<br />
später kapituliert die Wehrmacht bedingungslos.<br />
Normalerweise hätte damit auch<br />
das Bomber Command der RAF sein verlustreiches<br />
Ringen hinter sich – wäre Churchill<br />
nicht die politische Verpflichtung eingegangen,<br />
im Anschluss an diesen Sieg den strategischen<br />
Luftkrieg gegen Japan massiv zu unterstützen.<br />
Die Vorbereitungen dafür laufen seit Ende<br />
1943. Very Long Range Bomber Force (VLR)<br />
heißt die Streitmacht, die dafür aufgestellt wird<br />
und anfänglich von Burma und Indien aus<br />
operieren soll. Woran es zunächst mangelt, ist<br />
das passende Fluggerät mit entsprechend hoher<br />
Reichweite aus eigener Produktion.<br />
Auch deshalb arbeitet Avro schon länger<br />
am Lincoln-Bomber (siehe Kasten S. 28). Ursprünglich<br />
als eine rundum leistungsfähigere<br />
Version der Lancaster projektiert, hatte der<br />
voraussichtliche Konstruktionsaufwand die<br />
vertretbaren Grenzen des Serienrahmens bald<br />
gesprengt. Aus dem Vorhaben geht darum im<br />
Einverständnis mit den offiziellen Stellen<br />
eine eigenständige Neuentwicklung hervor,<br />
deren Prototyp Anfang Juni 1944 erstmals<br />
startet. Volle Einsatzbereitschaft wird der erste<br />
Lincoln-Verband aber nicht vor August<br />
1945 erreichen.<br />
Veraltet, aber noch lange nicht überflüssig:<br />
Auf die Lancaster warteten<br />
nach dem Krieg noch viele unterschiedliche<br />
Aufgaben. Diese Lancaster<br />
WU-01 ist die erste, die von der französischen<br />
Aèronavale als Patrouillenflugzeug<br />
übernommen wird<br />
Foto Sammlung Mühlbauer<br />
Mehr Reichweite – aber wie?<br />
Als man am 24. Februar desselben Jahres die<br />
»Tiger Force«, wie die VLR von nun an heißt,<br />
offiziell aufstellt, führt also zunächst kein Weg<br />
an der Lancaster vorbei. Schließlich will die<br />
RAF bis Spätsommer zehn Bomber Squadrons<br />
in Fernost bereitstellen. Deren Erstausrüstung<br />
soll vorwiegend auf Tropenstandard<br />
gebrachte Maschinen des Typs B.Mk.I (FE)<br />
und B.Mk.VII (FE) umfassen.<br />
Um ihren Aktionsradius dem fernöstlichen<br />
Kriegsschauplatz adäquat anzugleichen, setzt<br />
man bereits seit geraumer Zeit auf das Konzept<br />
der Luftbetankung. Anfang 1944 erhält<br />
die Flight Refuelling Ltd. den Auftrag, ein<br />
passendes Tankflugzeug und das zugehörige<br />
Treibstoffübernahmesystem für die Lancaster-Flotte<br />
der VLR zu entwickeln.<br />
Der Tanker verfügt über zwei zusätzliche<br />
Treibstoffbehälter samt Schlauchtrommel und<br />
Winde im Bombenschacht. Die Empfängermaschine<br />
besitzt eine starre Tanksonde im<br />
Heck sowie ein beschwertes, von einer Winde<br />
gezogenes Schleppkabel. Dies wird zunächst<br />
für die Spritübergabe abgerollt und anschließend<br />
vom »Tankwart« mithilfe einer Leine,<br />
an der sich kleine Enterhaken befinden, eingefangen.<br />
Nachdem es an Bord des Tankers<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
23
TECHNIK<br />
Avro Lancaster<br />
Ihr gelingt am 23. November 1946 der erste<br />
strahlgetriebene internationale Passagierflug:<br />
Lancastrian WH742 mit zwei RR-Nene-Düsenaggregaten<br />
Foto via Buttler<br />
Diese Lancaster B.Mk.I (FE) trägt wie alle für<br />
Fernost bestimmten Maschinen ein charakteristisches<br />
schwarz-weißes Tarnschema<br />
Foto Sammlung Mühlbauer<br />
24
gezogen ist, befestigt er daran den Treibstoffschlauch,<br />
der dann wiederum mithilfe des besagten<br />
Schleppkabels auf die Heckkupplung<br />
des Empfängerflugzeugs gezogen wird.<br />
Prototypen für Tanker und Empfänger<br />
sind Anfang November 1944 fertig; die erste<br />
Treibstoffübernahme klappt einen Monat später.<br />
Anfänglich sollen 530 Lancaster entsprechend<br />
umgebaut werden, doch der Plan zerschlägt<br />
sich bis April 1945 wieder. Zwar<br />
erprobt man das komplizierte Verfahren weiter,<br />
sein großflächiger Einsatz aber ist vom<br />
Tisch. Es bleibt bei elf modifizierten Maschinen,<br />
von denen einige weiterhin Erprobungszwecken<br />
dienen.<br />
Alternativ testet Avro einen sogenannten<br />
Saddle Tank im Rumpfrücken. Er fasst etwas<br />
mehr als 5450 Liter und soll bis zu 5075 Kilometer<br />
Gefechtsreichweite bei einer Bombenladung<br />
von gut 2,7 Tonnen ermöglichen –<br />
knapp 1050 Kilometer mehr als vorher. Zwei<br />
Flugzeuge werden passend hergerichtet; die<br />
ersten Starts finden im Mai 1945 statt. Doch<br />
ihre Flugeigenschaften gelten als »unzumutbar«,<br />
und es bleibt beim Versuch.<br />
Unabhängig davon stehen viele B.Mk.VII<br />
(FE) bei der RAF in Indien und vor allem in<br />
Ägypten bis 1947 hinein im Einsatz. Und<br />
beim Coastal Command feiert die Lancaster<br />
sogar erst im Herbst 1945 ihren Einstand: als<br />
Ersatz für die Liberator und kostengünstiges<br />
Avro Lancaster B.Mk.10MR mit der<br />
Seriennummer KB973 und der Kennung<br />
AJ-973. Sie gehörte 1956 zur No 407<br />
Squadron der RCAF<br />
Zeichnung Juanita Franzi<br />
Altlast beim Bomber Command<br />
Nachdem am 15. August der Waffenstillstand<br />
mit Japan in Kraft tritt, ist das Ende der Tiger<br />
Force besiegelt. Sie wird bis 31. Oktober 1945<br />
aufgelöst – ohne dass eine der dafür vorgesehenen<br />
Maschinen des Bomber Command je<br />
an ihrem Bestimmungsort auf Okinawa angelangt<br />
wäre.<br />
Nun geht die RAF vollends dazu über, ihre<br />
Bomber Groups bis Jahresende von vormals<br />
sechs auf zwei zu reduzieren und damit<br />
auch den Bestand an Lancaster kontinuierlich<br />
abzubauen. Der kompromisslos für den<br />
Kampf gegen Deutschland geschaffene Bomber<br />
ist mit Kriegsende schlicht überholt. Dass<br />
die Viermot, die bald nur noch als Lückenbüßer<br />
fungiert, nicht sofort der Lincoln weicht,<br />
hängt mit ihrer hohen Anzahl und Verfügbarkeit<br />
zusammen, insbesondere, da die Produktion<br />
aufgrund bestehender Verträge noch<br />
bis März 1946 läuft.<br />
Wie wenig man mit den Maschinen anfangen<br />
kann, zeigt sich zum Beispiel daran, dass<br />
die meisten davon nach nur 150 Flugstunden<br />
verschrottet werden. Im März 1950 verlässt<br />
die letzte Lancaster die aktiven Einsatzverbände<br />
des Bomber Command, drei Jahre später<br />
ist sie endgültig aus dessen Reihen verschwunden.<br />
LL681 (G-AHJU) ist eine der Maschinen, die der Flight Refuelling Ltd. zur Entwicklung eines Luftbetankungsverfahrens<br />
für die Tiger Force zugeteilt sind<br />
Foto via Buttler<br />
Gelungene Symbiose: Avro York<br />
Avro York C.Mk.I Foto Sammlung Mühlbauer<br />
1942 beginnt Avro zunächst privat mit der<br />
Entwicklung dieses Passagier- und Frachtflugzeuges<br />
auf Basis der Lancaster. Man gestaltet<br />
einen neuen, kastenförmigen Rumpf<br />
mit doppelt so großem Volumen, behält aber<br />
Tragflächen, Fahrwerke und Antrieb des<br />
Bombers bei. Erstflug der York genannten<br />
Maschine ist am 5. Juli 1942. Dank ihrer<br />
Rumpfauslegung lässt sie sich auch als<br />
effizientes Zivilflugzeug nutzen, von dem immerhin<br />
44 Stück entstehen und mit großem<br />
Erfolg eingesetzt werden. Einer der fünf Prototypen<br />
dient Winston Churchill bald als Reiseflugzeug.<br />
Die BOAC übernimmt im Februar<br />
1944 ihre erste York I. Weitere Airlines im<br />
In- und Ausland folgen in den Nachkriegsjahren.<br />
208 Exemplare baut man als Militärtransporter<br />
vom Typ C.Mk.I meist für die<br />
RAF; zusätzlich stehen einige davon in<br />
Diensten der südafrikanischen und australischen<br />
Streitkräfte. Eine Anzahl C.Mk.I findet<br />
nach ihrer Ausmusterung bei der RAF den<br />
Weg nach Kanada und Frankreich. Die letzten<br />
Exemplare fliegen noch bis 1964. ■<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
25
TECHNIK<br />
Avro Lancaster<br />
Technologieträger Lancaster<br />
Die Lancaster bietet eine ausgezeichnete Basis zur Erprobung neuer Strahltriebwerke, Propellerturbinen,<br />
Bordsysteme und Technologien oder für aerodynamische Forschungsaufgaben. Mit ihrer<br />
Hilfe lassen sich insbesondere die jeweils eingebauten Antriebsaggregate relativ gefahrlos im<br />
Flug sowie in großen Höhen testen.<br />
LL735 mit Metrovick F.2/1 Strahltriebwerk<br />
im Heck<br />
Foto Avro<br />
TW911 mit zwei Armstrong-Siddeley-<br />
Python-Turboprops Foto Sammlung Mühlbauer<br />
PA474 mit Testvorrichtung zur<br />
Laminarprofilforschung Foto BAC<br />
Übergangsmuster bis zur Einführung der<br />
Avro Shackelton. Für diesen Zweck werden<br />
etwas mehr als 160 B.Mk.I- und insbesondere<br />
Mk.III-Bomber zu ASR/GR-Mk.III-Seeaufklärern<br />
umgebaut. Sie bleiben teilweise bis<br />
1954 im Dienst. Zwei Jahre später ist die Lancaster<br />
dann auch beim Coastal Command<br />
Geschichte.<br />
Über Eis, Meer und Pampa<br />
Nach Großbritannien wird Kanada zum<br />
wichtigsten Betreiber der Lancaster in der<br />
Nachkriegszeit: 420 Maschinen vom Typ<br />
B.Mk.X (ab 1950 B.Mk.10) hat die Royal Canadian<br />
Air Force (RCAF) nach Kriegsende im<br />
Bestand – 229 davon kommen letztlich zur<br />
weiteren Verwendung. Viele passt man Spezialaufgaben<br />
an und modernisiert sie, wobei<br />
Defensivwaffen und Abwehrstände meist<br />
wegfallen. Für die RCAF verkörpern sie ebenfalls<br />
nur eine preiswerte, wenn auch oft langlebige<br />
Zwischenlösung. Exemplarisch seien<br />
der Seeaufklärer B.Mk.10MR (ab 1956 MP)<br />
oder der Aufklärungsbomber B.Mk.10P genannt<br />
– er ist es auch, der am längsten genutzt<br />
wird, nämlich bis ins Frühjahr 1964 hinein.<br />
Frankreichs Marineflieger erhalten zwischen<br />
1951 und 1954 insgesamt 32 B.Mk.I- und<br />
22 B.Mk.VII-Bomber, die zur U-Boot-Jagd und<br />
Seeüberwachung modifiziert werden. Unter<br />
anderem versieht man jede davon mit Doppelsteuerung<br />
sowie internen Zusatztanks; der<br />
obere Drehturm und die Abwehrwaffen entfallen.<br />
Fünf weitere B.Mk.VII übernimmt<br />
Frankreich 1953/54 als zivil registrierte Rettungsflugzeuge<br />
mit einem abwerfbaren Boot<br />
unter dem Rumpf. Die letzten Lancaster fliegen<br />
bei der Aèronavale bis Juli 1964.<br />
Für die Luftstreitkräfte Argentiniens bedeutet<br />
es hingegen einen Quantensprung, als<br />
sie die altgedienten Viermotorigen einführt.<br />
Denn als die Fuerza Aérea Argentina zwischen<br />
Mai 1948 und Januar 1949 unter anderem<br />
15 Lancaster B.Mk.I aus Überschussbeständen<br />
erhält, erlangt sie als erste Luftwaffe<br />
Südamerikas strategische Angriffsfähigkeit.<br />
Technische Daten – Avro Lancaster B.Mk.VII<br />
Länge<br />
21,18 m<br />
Höhe<br />
5,97 m<br />
Spannweite 31,08 m<br />
Flügelfläche 120,77 m²<br />
Triebwerk vier flüssigkeitsgekühlte Packard Merlin 24<br />
12-Zylinder-Reihenmotoren mit je 1620 PS Leistung<br />
Max. Startmasse 39 010 kg<br />
Höchstgeschw. 442 km/h<br />
Reichweite 4092 km mit 3175 kg Bombenlast<br />
Dienstgipfelhöhe 7620 m<br />
Bewaffnung vier 12,7-mm-MG sowie zwei 7,65-mm-MG in drei<br />
Waffenständen<br />
maximal 8165 kg Bombenlast (Normalbestückung)<br />
Besatzung sieben Mann<br />
Als Ergebnis weiterführender Versuche gelingt am 28. April 1948<br />
erstmals die Treibstoffübernahme mithilfe des sogenannten<br />
Schlauch- und Windsack-Systems<br />
Foto via Buttler<br />
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TECHNIK<br />
Avro Lancaster<br />
Mehr als 130 Lancaster B.Mk.III werden nach dem Krieg<br />
zur Seeaufklärern vom Typ ASW/GR.III umgerüstet und<br />
beim RAF Coastal Command in Dienst gestellt<br />
Foto Sammlung Mühlbauer<br />
Der Reichweitentank auf dem Rumpfrücken erhöht zwar den Aktionsradius<br />
signifikant, führt aber im Gegenzug zu inakzeptablem<br />
Flugverhalten<br />
Foto via Buttler<br />
Die Royal Canadian Air Force lässt nach Kriegsende zahlreiche<br />
B.Mk.X-Bomber modernisieren. Der Aufklärungsbomber B.Mk.10P<br />
bleibt bis 1964 im Dienst<br />
Foto RCAF<br />
Die Flugzeuge kämpfen teilweise 1955 im<br />
Rahmen der Revolutionswirren; viele werden<br />
später zu Transportern umgebaut. Erst 1966<br />
wandern die letzten Exemplare auf den<br />
Schrottplatz.<br />
Das Königreich Ägypten nutzt den Bomber<br />
ebenfalls während der Nachkriegsjahre:<br />
Nachfolger Avro Lincoln<br />
Avro Lincoln B.Mk.II<br />
Foto BAC<br />
1949/50 übernimmt man neun B.Mk.I als Gegenpol<br />
zu den B-17 und behelfsmäßig umgerüsteten<br />
C-47 der Israelis. Doch schnell einsetzender<br />
Ersatzteilmangel minimiert den<br />
Nutzwert der Bomber entscheidend. Sie sind<br />
nur selten in der Luft und bis 1956 wieder<br />
ausgemustert.<br />
Die Avro Lincoln, von der 604 Stück gebaut<br />
werden, entsteht als direkte Weiterentwicklung<br />
der Lancaster. Die ersten Exemplare<br />
stellt man im August 1945 in Dienst. Zugleich<br />
ist die Lincoln der letzte Bombertyp<br />
mit Kolbenmotoren für die RAF. Zum Einsatz<br />
im Zweiten Weltkrieg kommt es nicht mehr –<br />
stattdessen kämpfen zahlreiche Maschinen<br />
in den 1950er-Jahren gegen die aufständischen<br />
Mau-Mau in Kenia sowie gegen die<br />
kommunistische Guerilla im damaligen Malaya.<br />
Die RAF mustert ihre letzten Lincoln<br />
im März 1963 aus. Australien erhält seine<br />
ersten Maschinen Ende 1946. Viele davon<br />
nehmen später ebenfalls am Kampf um<br />
Malaya statt, ehe man sich 1961 endgültig<br />
von dem Bomber trennt. Argentinien übernimmt<br />
1947/48 insgesamt 30 Stück. Ähnlich<br />
wie bei der Lancaster entstehen auch<br />
von der Lincoln diverse Umbauten als Testplattformen<br />
für Strahltriebwerke oder Propellerturbinen.<br />
■<br />
Erheblich wichtigere Verdienste erwirbt<br />
sich die Lancaster dagegen als fliegender<br />
Prüfstand und Technologieträger. Vorreiter<br />
ist der ursprüngliche Prototyp BT308, der ab<br />
Ende Juni 1943 dazu dient, das Metropolitan-Vickers-F.2/1-Düsentriebwerk<br />
zu erproben.<br />
Das Strahlaggregat ist zu diesem Zweck<br />
im Heck untergebracht und erhält seine Arbeitsluft<br />
über einen markanten Lufteinlauf,<br />
der kurz vor den Leitwerken aus der Rumpfoberseite<br />
ragt.<br />
LL735, eine Lancaster B.Mk.II, dient ein<br />
Jahr später ähnlich modifiziert zur Flugerprobung<br />
des F.2/1- sowie des F.2/4-Beryl-<br />
Triebwerks. Bis 1950 hinein wird eine Handvoll<br />
weiterer Bomber unterschiedlicher<br />
Versionen zu fliegenden Prüfständen für<br />
Strahlantriebe umgestrickt. Parallel dazu lässt<br />
sich die Lancaster hervorragend zum Testen<br />
neuer Propellerturbinen heranziehen.<br />
Umbau zum Transporter<br />
All diesen Spezialflugzeugen sind wertvolle<br />
Daten über Leistungsumfang und Betriebs -<br />
sicherheit, insbesondere der getesteten Strahltriebwerke,<br />
zu verdanken – Erkenntnisse, die<br />
damals gar nicht hoch genug einzuschätzen<br />
sind. Zusätzlich zieht man passend umgebaute<br />
Einzelexemplare unter anderem<br />
dazu heran, ein Böenausgleichssystem und<br />
ferngesteuerte Abwehrstände zu erproben<br />
oder laminare Tragflächenprofile zu optimieren.<br />
Ferner verwendet man sie auch als Drohnenträger.<br />
28
Avro Lancastrian Mk.III der Qantas mit<br />
der Kennung VH-EAV. Das Flugzeug wurde<br />
im November 1951 nach einem Unfall<br />
abgeschrieben<br />
Zeichnung Juanita Franzi<br />
Besondere Verdienste erwirbt sich die<br />
Lancastrian bei der Berliner Luftbrücke.<br />
In noch größerem Umfang entstehen<br />
Fracht- und Zivilumbauten des Bombers. Den<br />
Anfang macht 1943 die kanadische Victory<br />
Aircraft. Dort rüstet man eine einzelne<br />
B.Mk.X für den Canadian Government Trans-<br />
Atlantic Air Service zu unbewaffneten Frachtund<br />
Passagierflugzeugen mit verglastem Bug<br />
und Zusatztanks im Waffenschacht um. Acht<br />
weitere Maschinen mit stromlinienförmigem<br />
Bug- und Heckkonus, bezeichnet als Lancaster<br />
XPP, folgen.<br />
Im Frühjahr 1945 gibt die BOAC in England<br />
30 ähnliche Exemplare, Lancastrian genannt,<br />
in Auftrag. Da an den Neubau reiner<br />
Airliner vorerst noch nicht zu denken ist, darf<br />
Avros Viermot hier erstmals Lückenbüßer<br />
spielen. Der schmale Rumpf schränkt die<br />
Fluggastkapazität auf nur neun Personen ein,<br />
weshalb die BOAC-Maschinen praktisch nur<br />
als VIP-Transporter dienen. Mehrere weitere<br />
Airlines sowie die argentinische Handelsmarine<br />
nutzen den Typ später ebenfalls.<br />
Vergessener Pionier<br />
Für Schlagzeilen sorgt das unerklärliche Verschwinden<br />
der G-AGWH »Star Dust«, einer<br />
Lancastrian der BOAC. Sie geht am 2. August<br />
1946 verloren – laut ihres letzten verstümmelten<br />
Funkspruchs scheinbar beim Landeanflug<br />
auf Santiago de Chile. Spuren finden<br />
sich erst im Januar 2003 am Fuße des rund<br />
100 Kilometer östlich gelegenen Tupungato<br />
Vulkans, gegen den die Maschine offenbar geprallt<br />
ist. Wahrscheinlich hat starker Jetstream<br />
die Geschwindigkeit der »Star Dust« signifikant,<br />
jedoch von der Crew unbemerkt, verringert.<br />
Da die damals übliche Koppelnavigation<br />
wegen des Schneesturms unmöglich<br />
ist, leitet der Pilot den Sinkflug allein anhand<br />
der relativen Fluggeschwindigkeit und der<br />
verstrichenen Flugzeit ein – und befindet sich<br />
dabei unglücklicherweise noch innerhalb der<br />
Andenkette.<br />
Letzten Endes entstehen 82 Lancastrian,<br />
die mehrheitlich beim Militär Dienst tun. Der<br />
Typ ist im Vergleich zu anderen modifizierten<br />
Bombern schnell und hat eine hohe Reichweite.<br />
Nebenbei wird er das erste Flugzeug,<br />
das die RAF zu einer Weltumrundung einsetzt.<br />
Besondere Verdienste erwirbt sich die<br />
Die BOAC betreibt insgesamt 30 Lancastrian<br />
Lancastrian bei der Berliner Luftbrücke: über<br />
5000 Versorgungsflüge absolvieren die 15 hier<br />
eingesetzten Transporter.<br />
Davon unabhängig, fungieren zehn umgebaute<br />
Lancastrian als Erprobungsträger für<br />
Strahl- oder Propellerturbinen. Das bekannteste<br />
Exemplar dürfte die VH742 sein, mit der<br />
am 23. November 1946 der erste rein düsengetriebene<br />
internationale Passagierflug von<br />
London nach Paris gelingt. Eine Pionierleistung,<br />
die längst vergessen ist.<br />
Von einst 7377 gebauten Lancaster steht<br />
heute gut ein Dutzend insbesondere in Kanada<br />
und Großbritannien in Museen, zwei<br />
davon sind sogar flugfähig. Hierzulande<br />
muss man sich dagegen mit Wrackfunden zufriedengeben,<br />
wobei das wohl eindrucksvollste<br />
Exponat im Deutschen Technikmuseum<br />
in Berlin ausgestellt ist. Es handelt sich<br />
um die Tragfläche einer im September 1943<br />
abgeschossenen Maschine, die man 1997 aus<br />
dem Wünsdorfer See geborgen hat. ■<br />
Quellen (Auswahl):<br />
Buttler, T.: »Avro Lancaster.« Warpaint<br />
Series No 89, 2012<br />
Delve, K.: »A. Lancaster.« Crowood Press 1999<br />
Jacobs, P.: »Lancaster Story.« Arms and<br />
Armour Press 1996<br />
Die kanadischen Luftstreitkräfte nutzen bis 1961<br />
zwei Lancaster B.Mk.10DR als Trägerflugzeuge für<br />
Ryan KDA-4 Drohnen<br />
Foto Sammlung Mühlbauer<br />
Foto Sammlung Mühlbauer<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
29
OLDTIMER<br />
Spitfire-Restaurierung<br />
SPITFIRE DER BATTLE OF BRITAIN MEMORIAL FLIGHT<br />
Die ewige Heldin<br />
30
Ihre »Rente« hat sich diese Spitfire Mk XVI sicherlich anders vorgestellt: Anstatt<br />
einen ruhigen Lebensabend in einem Museum zu verbringen, ist diese Maschine<br />
ständig auf Achse. Ihr Auftrag: Sie soll die RAF repräsentieren! Von Richard Paver<br />
»Botschafter« der RAF: Nach einer aufwendigen<br />
Restaurierung fliegt die Spitfire TE311 für die<br />
Battle of Britain Memorial Flight (BBMF)<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
31
OLDTIMER<br />
Spitfire-Restaurierung<br />
Kamerascheu? Keineswegs! Squadron Leader<br />
Dunc Mason präsentiert mit einem schwindelerregenden<br />
Manöver die Unterseite der Spitfire<br />
Einsatzflugzeuge haben naturgemäß mit<br />
Verschleiß und Witterung zu kämpfen.<br />
Doch diese längst ausgemusterte Spit -<br />
fire Mk XVI mit der Seriennummer TE311<br />
muss sich hinter den »Jungspunden« nicht<br />
verstecken, denn gefordert wird sie auch heute<br />
noch, im hohen Alter.<br />
Die TE311 ist eine der seltenen Spitfire mit<br />
Vollsichthaube, gekappten Tragflächen und<br />
flachem Rücken. Sie kam nach einer umfangreichen<br />
Restaurierung zur RAF Battle of Britain<br />
Memorial Flight (BBMF) und wurde dort<br />
erstmals am 19. Oktober 2012 versuchsweise<br />
geflogen. Das Restaurierungsprojekt selbst<br />
hatte bereits im Oktober 2001 begonnen. Es<br />
war nach mehr als 58 Jahren der erste Flug<br />
dieser Maschine, die 2013 auf Airshows in<br />
Großbritannien zu sehen sein soll.<br />
Die »Gnade der späten Geburt«: Der Hersteller<br />
lieferte die TE311 am 8. Juni 1945 an die<br />
RAF aus. Somit konnte sie nicht mehr am<br />
Krieg in Europa teilnehmen. Sie wurde stattdessen<br />
bis zum Februar 1946 bei der Central<br />
Flying School auf der RAF-Basis Hullavington,<br />
Wiltshire, eingesetzt. Anschließend lagerte<br />
man sie ein, bis sie 1951 mit der Nummer<br />
1689 zur Ferry Pilot Training Flight kam.<br />
Es war nach mehr als 58 Jahren<br />
der erste Flug dieser Maschine.<br />
Im Juni 1951 erlitt sie hier bei einem Flugunfall<br />
leichte Schäden. Nach der Reparatur<br />
wechselte sie im Juli 1952 zum Flying Training<br />
Command auf dem RAF-Stützpunkt<br />
Benson. Im Dezember 1954 wurde sie schließlich<br />
aus dem Flugbetrieb genommen, da es innerhalb<br />
der RAF keine Verwendung mehr<br />
für sie gab. Die Spitfire erhielt die RAF Maintenance<br />
Ser. No. 7241M (Wartungsnummer<br />
7241M) und kam als »Gate Guardian« (»Torwache«)<br />
zur RAF-Basis Tangmere.<br />
Die TE311 1967 als Spitfire Mk I. Der Rumpfrücken wurde für Film -<br />
aufnahmen erhöht<br />
Der Rumpf der TE311 wird 2001 auf dem RAF-Stützpunkt Coningsby für<br />
die geplante Restaurierung »entblättert«<br />
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Richard Paver<br />
32
Stationen der Restaurierung und Wartung<br />
Oben rechts: Der Rumpf erhält 2003 seine Außenhaut zurück. Links: das Cockpit wirkt im März 2011 bereits fast wie neu. Unten rechts: Das Rolls-<br />
Royce-Merlin-Triebwerk während der Winter-Wartung in Coningsby im Januar 2013<br />
So weit, so gewöhnlich. Doch 1967 eröffnete<br />
sich ihr ein neuer Karriereweg, als die<br />
britische Luftwaffe sie an die Spitfire Productions<br />
Ltd. für den Film »Die Luftschlacht<br />
um England« auslieh. Hierzu wurde sie lediglich<br />
in rollfähigen Zustand versetzt und<br />
mit einer Rückenattrappe ausgerüstet, um<br />
eine Spitfire Mk I aus der Zeit um 1940 darzustellen.<br />
Öffentlichkeitsarbeit à la RAF<br />
Nach den Dreharbeiten kehrte sie zum Militär<br />
zurück und erhielt wieder ihren normalen<br />
flachen Rücken. Für kurze Zeit war sie dann<br />
als statisches Exponat auf dem RAF-Stützpunkt<br />
Benson nahe Oxford ausgestellt, bis<br />
man sie Mitte der 1970er-Jahre für die RAF<br />
Exhibition Flight auswählte.<br />
Ende der 1970er- bis Mitte der 1980er-Jahre<br />
nutzte die RAF zwei nicht flugtüchtige,<br />
aber originale Spitfire Mk XVI als Ausstellungsobjekte,<br />
um die britische Luftwaffe in<br />
den Augen der Öffentlichkeit aufzuwerten.<br />
Hierfür war die in Abingdon beheimatete<br />
RAF Exhibition Flight (RAF EF) zuständig.<br />
Bei den beiden Spitfire handelt es sich um<br />
besagte TE311 und die Mk XVI, TB382, mit<br />
Die TE311 im Jahr 1982, als sie<br />
noch bei der RAF EF Dienst tat<br />
hohem Rücken. Beide Jäger waren im Wesentlichen<br />
komplett und verfügten auch über<br />
Motoren, doch ihr Ausstellungsleben bestand<br />
darin, ständig zerlegt und per Straßentransport<br />
zu zahlreichen Veranstaltungen gekarrt<br />
zu werden. Schwerer wog jedoch der Umstand,<br />
dass sie sich ständig der Witterung ausgesetzt<br />
sahen, was von beiden Flugzeugen<br />
schließlich seinen Tribut forderte. Zwar besaßen<br />
sie einen wetterfesten, nicht authentischen,<br />
glänzenden Farbanstrich. Dennoch befanden<br />
sich die betagten Spitfire Ende der<br />
1990er-Jahre in einem erbärmlichen Zustand.<br />
Während der Zeit bei der RAF EF trug die<br />
TE311 viele Jahre lang einen Standard-Tagtarnanstrich<br />
ohne Verbandskennzeichen. Ende<br />
der 1990er-Jahre wurde die TE311 schließlich<br />
umlackiert, um die LZ-V MK178 der<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
33
OLDTIMER<br />
Spitfire-Restaurierung<br />
Das Tarnschema passt. Dunc Mason<br />
im Dezember 2012 nahe Coningsby<br />
66 Squadron darzustellen. Mit diesem Farbschema<br />
stellte man die TE311 auf der Spitfire-<br />
Show in Duxford im Mai 1998 zusammen mit<br />
der TB382 aus – einer der letzten gemeinsamen<br />
Auftritte der beiden Maschinen bei der<br />
RAF EF.<br />
Ungewisse Zukunft<br />
Danach modernisierte die RAF EF ihren<br />
Bestand an Ausstellungsflugzeugen, indem<br />
sie sich pflegeleichte Jet-Replikate aus Kunststoff<br />
zulegte. 1999 entschied man schließlich,<br />
die beiden Spitfire abzustoßen. Doch<br />
vor dem beabsichtigten Verkauf wurden die<br />
beiden Flugzeuge zerlegt und zum Heimatflugplatz<br />
der BBMF transportiert, um zu<br />
sehen, ob noch irgendwelche Teile verwertbar<br />
waren.<br />
Paul Blackah, Chefingenieur der BBMF,<br />
plante, eine der beiden Maschinen Zug um<br />
Zug in flugtüchtigen Zustand zu restaurieren<br />
und nicht, wie ursprünglich vorgesehen, zu<br />
verkaufen. Seine Wahl fiel auf die TE311, da<br />
man ihren Erhaltungszustand höher einstufte.<br />
Sein Langzeitplan sah vor, die TE311 durch<br />
ein größtenteils aus Freiwilligen bestehendes<br />
Team herrichten zu lassen. Den Hauptteil der<br />
anfallenden Kosten gedachte man durch einen<br />
Tausch zu decken: So sollten dem Unternehmen<br />
Airframe Assemblies Flächen und<br />
Rumpf der TB382 überlassen werden, während<br />
Airframe Assemblies im Gegenzug die<br />
Flächen der TE311 restaurierte.<br />
Mit Herz und Flügeln<br />
2003 erhielt Blackah grünes Licht, und er<br />
schickte die Tragflächen auf die Reise. Das<br />
Freiwilligenteam der BBMF begann gleich darauf,<br />
den Rumpf zu restaurieren, allerdings<br />
ohne Einweisung und nur ein bis maximal<br />
zwei Beplankungsteile gleichzeitig. Ferner<br />
trieb man für die TE311 einen überholten<br />
Packard-Merlin-266-Motor auf.<br />
Doch das kräftigste Herz nutzt freilich<br />
nichts, wenn dem zukünftigen Adler die<br />
Squadron Leader Ian Smith (BBMF) kontrolliert im März 2011 den Restaurationsfortschritt<br />
der TE311<br />
Januar 2013: Das alte Mädchen darf die Wintermonate nun in der Halle<br />
in Coningsby verbringen, wo sie auch gewartet wird<br />
34
Teil des »Gesundheits-Checks«: Die Spitfire wurde im Januar 2013 aufgebockt,<br />
um ihr Fahrwerk zu testen<br />
Direkt hinter dem Fahrwerksschacht ist der Motorkühler auf der<br />
Tragflügelunterseite<br />
Schwingen fehlen. Diese brachte man end -<br />
lich – runderneuert – im Mai 2010 an der<br />
Spitfire an.<br />
Es wurde entschieden, der Spitfire das Verbandskennzeichen<br />
4D-V der 74 Squadron zu<br />
geben. Es handelt sich hierbei um die Maschine<br />
von Tony Reeves, die er 1945 als Staffelführer<br />
flog. Die 74 Squadron gehörte zur<br />
145 Wing, 2nd Tactical Air Force, die 1945 zur<br />
Luftnahunterstützung und zur bewaffneten<br />
Aufklärung für die vorrückenden Bodentruppen<br />
eingesetzt wurde. Für Erdkampfeinsätze<br />
konnte die Spitfire bis zu 1000 Pfund Bomben<br />
mitführen. Die LF-XVI-Versionen waren für<br />
solche Einsätze besonders gut geeignet, da sie<br />
mit ihren gekappten Flächen auch die hohen<br />
g-Belastungen beim Hochziehen nach Steilangriffen<br />
besser verkrafteten. Sie wiesen außerdem<br />
eine höhere Rollgeschwindigkeit gegenüber<br />
den Maschinen mit elliptischen Flächen<br />
normaler Spannweite auf.<br />
Wieder in ihrem Element<br />
Die 74 Squadron war eine der berühmtesten<br />
RAF-Jagdstaffeln und als »The Tiger Squadron«<br />
bekannt. Sie war seit 1917 Fronteinsatzstaffel,<br />
bis sie 1992 ihre Phantom ausmusterte<br />
und aufgelöst wurde. Im März 1945 ersetzte<br />
die Einheit ihre Spitfire Mk IXe durch die<br />
Mk XVI und rückte aus den Niederlanden<br />
nach B105 Drope vor, einem kleinen Grasplatz<br />
in Norddeutschland nahe der niederländischen<br />
Grenze. Dort blieb sie vom 16. April bis<br />
zum 11. Mai 1945. Aus diesem Grund stellt die<br />
TE311 heute eine Spitfire der 74 Squadron dar,<br />
wie sie einige Tage vor Ende des Zweiten<br />
Weltkriegs in Europa ausgesehen hätte.<br />
Der letzte Kampfeinsatz der Staffel war eine<br />
bewaffnete Aufklärungsmission im Bereich<br />
Wilhelmshaven. Wenige Tage nach<br />
Kriegsende kehrte die Einheit schließlich nach<br />
Großbritannien zurück und wurde bereits im<br />
Juni 1945 auf die strahlgetriebene Gloster Meteor<br />
umgerüstet.<br />
Geschichtsträchtig ist die rüstige TE311 somit<br />
allemal, doch den Amtsschimmel berührt<br />
dies nicht, und er sollte für Paul Blackah noch<br />
kräftig und ausdauernd wiehern. Denn 2011<br />
Mit ihren gekappten Flächen konnte sie<br />
auch die hohen g-Belastungen verkraften.<br />
Die TE311 Ende der 1990er-Jahre. Ihre Zeit bei<br />
der RAF-EF neigt sich dem Ende entgegen<br />
ersuchte dieser die Militärluftfahrtbehörde<br />
darum, die Spitfire wieder fliegen lassen zu<br />
dürfen, ein Prozedere, das sich bis weit in den<br />
Oktober 2012 hinziehen sollte.<br />
Die ersten Bodenprüfläufe fanden im August<br />
2012 statt, und am 19. Oktober startete<br />
Staffelführer Ian Smith, ehemaliger kommandierender<br />
Offizier der BBMF, mit der TE311<br />
zu ihrem ersten Testflug. Dieser musste mit<br />
ausgefahrenem Fahrwerk durchgeführt werden,<br />
da es sich nicht einfahren ließ. Erst nachdem<br />
man den Fahrwerk-Bedienhebel und die<br />
Hydraulikpumpe ausgetauscht hatte, war der<br />
Fehler behoben. Es folgten daraufhin weitere<br />
Testflüge mit dem neuen kommandierenden<br />
Offizier der BBMF, Staffelführer Dunc Mason<br />
und Flight Lieutenant Anthony Parkinson.<br />
Der bei der BBMF als »Parky« bekannte Anthony<br />
Parkinson schilderte mir, wie wundervoll<br />
und wendig diese spezielle Spitfire sich<br />
im Flug verhält – insbesondere der Packard<br />
Merlin und die gekappten Flächen verleihen<br />
dem Jäger eine außerordentlich hohe Rollgeschwindigkeit.<br />
Mir wurde die besondere Ehre zuteil, die<br />
Spitfire im Fluge während der offiziellen Pressevorstellung<br />
am 14. Dezember 2012 zu fotografieren.<br />
An diesem Tag wurden wir zuvor<br />
für das Rendezvous mit Mason eingewiesen,<br />
der die Spitfire für die Luftaufnahmen an<br />
dem bitterkalten, aber außerordentlich klaren<br />
Dezembertag fliegen würde. Aufgrund der<br />
Jahreszeit war das herrschende Licht bei niedrigem<br />
Sonnenstand extrem kontrastreich –<br />
vermutlich einer der kältesten Bildflüge, die<br />
ich je unternommen habe.<br />
■<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
35
TECHNIK<br />
Typengeschichte<br />
Sie sollte die USA in Angst und Schrecken versetzen:<br />
Die Me 264 V1 mit Jumo-211-Motoren und VDM-Propellern<br />
MESSERSCHMITT ME 26 4: AUFKLÄRER UND BOMBER – Teil 1<br />
Vom »Bananenflugzeug«<br />
zum »Amerikabomber«<br />
Es war ein kolossales Projekt: Die deutsche Führung forderte einen Bomber, der in der<br />
Lage war, den Atlantik zu überfliegen, um Städte in den USA zu bombardieren. Messerschmitt<br />
stellte sich der Herausforderung …<br />
Von Herbert Ringlstetter<br />
Schon früh begeisterte sich Willy Messerschmitt<br />
für die Idee eines Langstrecken-Flugzeugs<br />
mit einer Reichweite<br />
von mindestens 15 000 Kilometern. Die Ausschreibung<br />
des Reichsluftfahrtministeriums<br />
(RLM) für ein Wettbewerbsflugzeug, mit<br />
dem ein Weltflug durchgeführt werden könne,<br />
bot Messerschmitt 1935 erstmals die<br />
Möglichkeit, seinen Traum umzusetzen.<br />
1937 musste das Projekt 1053 (Bf 164) jedoch<br />
beendet werden, das RLM hatte inzwischen<br />
andere Prioritäten. Einen weiteren Schritt<br />
hin zum Langstre cken-Flugzeug machte<br />
Messerschmitt mit dem Großflugzeugprojekt<br />
Bf 165, das vermutlich mit den in der<br />
Entwicklung befindlichen Fernbombern<br />
Dornier Do 19 und Junkers Ju 89 konkurrierte.<br />
Doch bereits nach dem Bau einer Attrappe<br />
wurden die Arbeiten an der Maschine<br />
1938 eingestellt.<br />
Einem Gerücht nach sollte für die 1940<br />
in Tokio geplante Olympiade ein hoch exklusiver,<br />
fliegender Pressedienst eingerichtet<br />
werden. Hitler wolle persönlich mit der Maschine<br />
zu den Spielen nach Japan reisen und<br />
habe sie in Auftrag gegeben.<br />
Bei Messerschmitt machte man sich an die<br />
Arbeit: Mit dem Projekt 1062 wollte man den<br />
»Führerwunsch« erfüllen. Vom RLM erhielt<br />
die zweimotorige Maschine die Bezeichnung<br />
Me 261. Parallel dazu untersuchte man eine<br />
vergrößerte Variante mit vier Triebwerken<br />
und einer gewünschten Reichweite von<br />
36
Hochmoderner Arbeitsplatz<br />
Die Bugpartie der Me 264 V1 samt Führerraum während der Fertigung. Die Sitze (re. fehlt noch)<br />
waren mit Rückenpanzern versehen, das Ruderhorn konnte geschwenkt werden. Das Bugrad<br />
wurde beim Einziehen um 90 Grad gedreht und hatte einen Durchmesser von 935 mm<br />
etwa 20 000 Kilometern. Offiziell war das<br />
Projekt 1061 für den »Transport hochwertiger<br />
Frisch güter aus tropischen Überseegebieten«<br />
gedacht. Werksintern bekam die Maschine<br />
den Spitznamen »Bananenflugzeug«. Die<br />
Entwicklungsarbeiten begannen vorerst ohne<br />
Regierungsauftrag und mit geringem Aufwand.<br />
Doch der Kriegsbeginn am 1. September<br />
1939 setzte neue Zielvorgaben. Die Typen<br />
Bf 109 und Bf 110 verlangten die ganze Aufmerksamkeit<br />
der Augsburger, neue Typen befanden<br />
sich in der Entwicklung und P 1061<br />
hatte plötzlich keine Bedeutung mehr.<br />
Ruf nach einem Fernbomber<br />
1940 verschärfte sich die Kriegslage zusehends,<br />
und das Verhältnis zu den noch nicht<br />
direkt am Krieg beteiligten USA wurde immer<br />
angespannter. Das RLM forderte ein<br />
Fernstkampfflugzeug mit einer Mindestreichweite<br />
von unglaublichen 12 000 Kilometern.<br />
Für Willy Messerschmitt bedeutete dies<br />
erneut die Möglichkeit, seinen Traum vom<br />
idealen Flugzeug wahr werden zu lassen.<br />
Ab 20. Dezember 1940 nahm man die<br />
Arbeiten am Projekt 1061 wieder auf, allerdings<br />
waren es keine Südfrüchte mehr, die<br />
transportiert werden sollten. Dennoch berücksichtigte<br />
man eine zivile Nutzbarkeit.<br />
Die Reichweite des Langstreckenvogels sollte<br />
nun sogar bis zu 20 000 beziehungsweise<br />
15 000 Kilometer mit einer Bombenlast von<br />
5000 Kilogramm betragen. Voraussetzung dafür<br />
war ein geringstmöglicher Luftwiderstand.<br />
Dies schloss selbstverständlich auch<br />
die Abwehrbewaffnung ein, die im Rumpf<br />
versenkbar sein sollte.<br />
Die Leistungsfähigkeit der Maschine setzte<br />
starke und zuverlässige Triebwerke voraus.<br />
Man dachte dabei beispielsweise an den in<br />
der Entwicklung stehenden DB 603 von<br />
Daimler-Benz. Die Entwurfsarbeiten kamen<br />
zügig voran. Die Erfahrungen mit den Typen<br />
Bf 164, Bf 165 und der Me 261 erwiesen sich<br />
als überaus wertvoll.<br />
Um den gestiegenen Anforderungen im<br />
Seekrieg gerecht zu werden, verlangte das<br />
RLM Anfang 1941 die Entwicklung eines<br />
Fernaufklärers, der mit U-Booten zusammenarbeiten,<br />
mit Geleitzügen Kontakt halten<br />
und Flächenaufklärung durchführen sollte.<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
37
TECHNIK<br />
Typengeschichte<br />
Das Seitenleitwerk basierte auf dem der Me 261<br />
und wurde praktisch geometrisch vergrößert<br />
Bei der Erstmotorisierung der Me 264 V1 griff man notgedrungen auf Jumo-211-J-Motoren zurück<br />
Der vorgesehene Abwehrstand im hinteren Teil<br />
des Rumpfes (C-Stand) mit einem MG 151. Er<br />
wird hier mittels Funktionsattrappe erprobt<br />
Dabei wurden auch Störflüge an der Ostküste<br />
der USA in Erwägung gezogen, wenn<br />
möglich sogar mit bis zu 2000 Kilogramm<br />
Abwurflast im Rumpf. Das RLM erteilte<br />
Messerschmitt den offiziellen Entwicklungsund<br />
Bauauftrag für das Me 264 genannte<br />
Fernstkampfflugzeug.<br />
Kommt der »Amerikabomber« 1942?<br />
Bei Messerschmitt in Augsburg woll te man<br />
das Langstrecken-Flugzeug so schnell wie<br />
möglich in die Luft bekommen. Bereits im<br />
Mai 1942 sollte die Flug erprobung beginnen<br />
– eine sehr optimistische Zeitplanung. Im Vordergrund<br />
stand für Messerschmitt das speziell<br />
auf Langstreckentauglichkeit getrimmte Flugzeug.<br />
Ausrüstungsfragen standen zunächst<br />
hinten an. Der Antrieb, der größtmögliche<br />
Leistung und Betriebssicherheit gewährleisten<br />
musste, bildete den technischen Schwachpunkt<br />
des Langstrecken-Vorhabens. Infrage<br />
kamen zu dieser Zeit jedoch nur die Motoren<br />
Junkers Jumo 211 und BMW 801. Die damit errechneten<br />
Reichweiten und Nutzlasten bei voll<br />
ausgerüsteter Maschine konnten zwar durchaus<br />
beeindrucken, kamen aber nicht an die<br />
vom RLM geforderten Werte heran.<br />
Messerschmitt suchte nach Möglichkeiten,<br />
die Leistung zu steigern. Luftbetankung und<br />
der Schlepp durch eine zweite Maschine standen<br />
zur Diskussion. Oder auch die Verwendung<br />
von Starthilfen bei Überlast für mehr<br />
Treibstoff. Zudem erwog man die Umrüstung<br />
auf sechs Motoren. Von den Aggregaten<br />
DB 603 H und Jumo 213 A-2 erhoffte man sich<br />
Der Antrieb bildete den technischen<br />
Schwachpunkt des Vorhabens.<br />
beträchtliche Reichweiten- und Leistungssteigerungen.<br />
Doch diese befanden sich noch in<br />
der Erprobung und waren nicht betriebsbereit.<br />
Bis März 1941 waren die Konstruktionszeichnungen<br />
für Rumpf, Flächen und Leitwerk<br />
des ersten V-Musters fertiggestellt, und<br />
im Mai 1941 begann der Bau des ersten Versuchsflugzeugs.<br />
Die Ausrüstung sollte erst<br />
später, nachdem sie detailliert festgelegt war,<br />
eingebaut werden.<br />
Das Beinahe-Aus<br />
Anfang Januar 1942 ließ das RLM, bedingt<br />
durch die veränderte Kriegslage, die Arbeiten<br />
an der Me 264 fast völlig einstellen. Zudem<br />
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Ringlstetter<br />
38
Messerschmitt Me 264<br />
Messerschmitt Me 264 V1<br />
Lackierung: RLM 70/71/65<br />
© Herbert Ringlstetter/Aviaticus.com<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
39
TECHNIK<br />
Typengeschichte<br />
Die schlanke Maschine kam Messerschmitts Vorstellung vom »Optimal-Flugzeug« schon recht nahe<br />
wies man auf die fehlende Entwicklungskapazität<br />
bei Messerschmitt hin. Mit verantwortlich<br />
dafür dürften auch die großen Probleme<br />
mit dem »Unglücksvogel« Me 210<br />
gewesen sein. Messerschmitt protestiere energisch,<br />
was Ende April 1942 in einer amtlichen<br />
Untersuchung mündete. Das Ergebnis: Die<br />
Me 264 ist unverzichtbar. Sowohl die Entwicklungsarbeit<br />
als auch die Einsatzmöglichkeit<br />
als Seefernaufklärer gaben der »264« die<br />
nötige Wichtigkeit. Zumindest konnten die<br />
Endmontage der Me 264 V1 und der bereits<br />
begonnene Bau von zwei weiteren V-Mustern<br />
fortgesetzt werden.<br />
Me-264-Rumpfkostruktion - der kreisrunde Querschnitt zog sich bis ins Heck durch<br />
Notgedrungen mit Jumo 211<br />
Als Antrieb für die Me 264 V1 baute man vier<br />
Jumo-211-J-V-12-Motoren mit einer Startleistung<br />
von jeweils 1420 PS ein, wie sie auch im<br />
mittleren Bomber Junkers Ju 88 Verwendung<br />
fanden. Zwar lagen die Leistungen des<br />
Jumo 211 weit hinter denen des geplanten<br />
DB 603 oder Jumo 213, doch zumindest galt<br />
das Aggregat als zuverlässig und ausgereift.<br />
Ein sehr auffallendes Charakteristikum<br />
der Me 264 war der kreisrunde, vollends aus<br />
Leichtmetall in Schalenbauweise gefertigte<br />
Rumpf, der im Verhältnis zur Spannweite der<br />
Tragflächen ungewöhnlich kurz ausfiel.<br />
In die freitragenden Flächen des Schulterdeckers<br />
waren je Flügel neun Treibstoffbehälter<br />
integriert, die zusammen 26 400 Liter Kraftstoff<br />
aufnehmen konnten. Außerdem waren bis zu<br />
sechs Zusatzbehälter an Außenträgern geplant.<br />
Laut Planung war auch eine weit gehend im<br />
Rumpf versenkbare Defen sivbewaffnung unerlässlicher<br />
Bestandteil der aerodynamisch<br />
günstigen Form. Die Bombenlast sollte im Mittelrumpf<br />
mitgeführt werden, aber man behielt<br />
40
Während des Einbaus der Treibstofftanks in die Flächen der Me 264, links die Backbordfläche, rechts die Steuerbordfläche<br />
sich auch die Möglichkeit vor, unter den Flügeln<br />
Träger für Außenlasten wie Torpedos<br />
oder Luftminen zu montieren.<br />
Weiterhin fällt das damals für deutsche<br />
Flugzeuge ungewöhnliche Bugradfahrwerk<br />
auf, das komplett einziehbar war. Die äußeren<br />
Fahrgestelle verschwanden nach dem Start in<br />
den Flügeln und inneren Motorgondeln.<br />
Das Leitwerk mit dem als Endscheiben<br />
ausgelegtem Seitenleitwerk entsprach dem<br />
der Me 261, nur dass es um 15 Prozent vergrößert<br />
war. Das Höhenleitwerk wies eine<br />
leichte V-Stellung auf. Man entwickelte es aus<br />
Kapazitätsgründen bei Fokker in Holland.<br />
Die V1 verfügte weder über eine Abwurfanlage<br />
noch über Bewaffnung oder Panzerung.<br />
Eine Druckkabine war ebenfalls nicht eingebaut,<br />
aber für später angedacht.<br />
Im Dezember 1942 bereitete sich Chef -<br />
einflieger Karl Baur auf den Erstflug mit der<br />
Me 264 V1 vor. Über die Flugerprobung und<br />
weitere Geschichte der Me 264 lesen Sie im<br />
zweiten Teil in der nächsten Ausgabe von<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong>.<br />
■<br />
Tragflächenbau in für Messerschmitt typischen Hellingen<br />
Bei der Konstruktion der Me 264 legte man auf die aerodynamische<br />
Ausgestaltung besonders hohen Wert<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
41
TECHNIK<br />
Cockpit<br />
DAS SCHLEPP<strong>FLUGZEUG</strong> HEINKEL HE 111 Z<br />
Heinkel im Doppe<br />
»Doppelt« hält in diesem Fall wohl nicht unbedingt besser, doch schleppt es mehr: Die<br />
»Zwillings-Heinkel« war eine ungewöhnliche Antwort auf den Nachschubhunger der<br />
Fronttruppen, der mehr und mehr Transportraum verlangte<br />
Von Peter W. Cohausz<br />
He 111 Z im Einsatz. Man beachte die Zusatztanks,<br />
das MG FF im rechten Rumpfbug und die<br />
Spiralen auf den Propellerhauben! Foto Sammlung Griehl<br />
Im Jahr 1941 suchte man für die neu entwickelten<br />
Großlastensegler mit bis zu 35 Tonnen<br />
Startgewicht ein passendes Schlepp -<br />
flugzeug. Mangels geeigneten Geräts schlug<br />
ein Referent des RLM die Heinkel He 111 als<br />
Zwillingsflugzeug vor. Bei zwei He 111 H-6<br />
wurden dafür der rechte beziehungsweise linke<br />
Außenflügel weggelassen und die beiden<br />
Maschinen dann unter Einbau eines Mittelstücks<br />
mit einem weiteren Junkers Jumo 211 F<br />
und zwei zusätzlichen Tanks verbunden. Zusätzlich<br />
wurden Abwurftanks mitgeführt.<br />
»Giganten«-Schlepper<br />
Die Entwicklungsarbeiten für die He 111 Z<br />
liefen über den Sommer 1941, während<br />
gleichzeitig Schleppversuche mit zwei oder<br />
drei regulären He 111 vor einer Me 321 »Gigant«<br />
durchgeführt wurden. Diese erwiesen<br />
sich jedoch als wenig erfolgreich, zu kompliziert<br />
und auch als zu gefährlich.<br />
Im Herbst 1941 flog die erste He 111 Z erfolgreich<br />
und auch die ersten Schleppversuche<br />
ab Januar 1942 mit der Me 321 mit bis zu<br />
20 Tonnen Nutzlast zeigten gute Ergebnisse.<br />
So bestellte das RLM zu dem inzwischen ge-<br />
Fotos, soweit nicht anders angegeben, Sammlung Cohausz<br />
42
lpack<br />
Mit gleich fünf Boliden konnte die »Zwillings-Heinkel« auch<br />
schwere Lastensegler wie die Me 321 schleppen. Hier die<br />
He 111 Z, Kennzeichen DG+DY Foto Sammlung Petrick Rarität: ein seltenes Privatfoto der Kabine der He 111 Z mit der großen<br />
Triebwerksbedienkonsole und der Gerätetafel rechts<br />
bauten zweiten Versuchsmuster zehn weitere<br />
He 111 Z, die zwischen August 1942 und Januar<br />
1943 ausgeliefert wurden.<br />
Eine fabrikneue abgestellte He 111 Z,<br />
noch ohne Bewaffnung<br />
Ausgeklügelte Steuerung<br />
Zum ersten Einsatz der He 111 Z kam es bei<br />
der Versorgung des Kuban-Brückenkopfes an<br />
der Ostfront. Im Januar 1944 waren noch acht<br />
der He 111 Z vorhanden und im September<br />
1944 nur noch vier. Bei Kriegsende waren wohl<br />
noch zwei He 111 Z beim KG 200 übrig, die<br />
in Dedelsdorf bei Celle gesprengt worden sind.<br />
Weiterentwicklungen der He 111 Z zum<br />
Fernbomber mit der Gleitbombe Hs 293 oder<br />
zum Höhenbomber wurden bei Heinkel zum<br />
Teil noch begonnen, aber aufgrund der kritischen<br />
Arbeitskräftesituation im Werk schließlich<br />
aufgegeben.<br />
Die Heinkel He 111 Z wurde vom linken<br />
Rumpf aus gesteuert und hier befand sich im<br />
Wesentlichen auch die gesamte Instrumentierung.<br />
Flugzeugführer, Bordmechaniker, Funker<br />
und ein Bordschütze saßen hier beisammen.<br />
In der rechten Hälfte befanden sich ein<br />
Beobachter, ein Monteur und ein weiterer<br />
Bordschütze.<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
43
TECHNIK<br />
Cockpit<br />
2<br />
Die Triebwerksgerätetafel<br />
der He 111 Z im Flug<br />
1<br />
Die Instrumentenanordnung der He 111 Z<br />
im linken Rumpf entsprach nach den vorliegenden<br />
Fotos in der Auslegung den späteren<br />
He 111 mit der Triebwerksgerätetafel an der<br />
rechten Cockpitseite und den Flugüberwachungs-<br />
und Navigationsgeräten vor dem Pilotensitz.<br />
3<br />
4<br />
5<br />
Triebwerksinstrumentierung bei der He 111 Z im linken Rumpf<br />
Nr. Gerät Anzeigebereich Gerätenummer<br />
Die Reihen jeweils von oben:<br />
1 Kraftstoffverbrauchsanzeiger 0–500 l/h Fl 20812<br />
rechts daneben Messstellenumschalter Motor 1–5<br />
2 5 elektrische Drehzahlanzeiger 500–3000 U/min Fl 20284<br />
3 5 Ladedruckmesser 0,6–1,8 ata Fl 20555<br />
4 5 Kraftstoff-/Schmierstoff-Druckmesser 0–2/0–10 kg/cm² Fl 20512-2<br />
5 Temperaturanzeiger (Motoren 1 und 2 jeweils paarweise):<br />
Kühlstoff 0–120° C Fl 20342-2<br />
oder 0–130° C Fl 20342<br />
Schmierstoff 0–160° C Fl 20343<br />
Überdimensionierte Gerätetafeln<br />
Zur Ausrüstung gehörten eine Siemens-Kurssteuerung<br />
K4ü, eine Funknavigationsanlage<br />
Peil G VIa sowie die Funkgeräte FuG 10,<br />
FuG 17 und der Feinhöhenmesser FuG 101.<br />
Bedingt durch die fünf Motoren, war die<br />
Triebwerksgerätetafel auf eine beachtliche<br />
Größe angewachsen und weiter nach vorn<br />
versetzt worden, sodass die Piloten sie besser<br />
ablesen konnten. In der Mitte der Kanzel<br />
war unten eine große Bedienkonsole mit den<br />
fünf langen Gashebeln, den manuellen und<br />
elektrischen Luftschrauben-Verstellschaltern<br />
und den Zündschaltern angeordnet.<br />
Rechts neben der Triebwerksgerätetafel befanden<br />
sich oben eine Betriebsdatentafel, darunter<br />
eine Funkpeilanzeige KT/p2 (Fl 23474),<br />
das Fernbediengerät für den Zielflug FB 65/B<br />
(Ln 26722) und die Kopfhörer-Anschlussdose<br />
ADb 12 für den Beobachter. Die Auflistung<br />
wurde nach historischen Fotos rekonstruiert.<br />
Die Bedienung der Kühlstoff- und<br />
Schmierstoffanlage sowie die der Fahrwerke<br />
war getrennt. Im linken Rumpf befand sich<br />
der Bordmechaniker, der das Fahrwerk der<br />
linken Hälfte sowie die Motoren 1 und 2 bediente.<br />
Im rechten Cockpit fand sich für<br />
Notfälle ein weiteres Steuer und eine Notinstrumentierung.<br />
Ebenso bediente und überwachte<br />
man hier die Öl- und Kühlanlage für<br />
die Triebwerke 3 bis 5 sowie das Fahrwerk<br />
des rechten Rumpfes.<br />
Kommunikation ist alles<br />
Die Besatzungen der beiden Flugzeughälften<br />
waren also im besonderen Maße darauf angewiesen,<br />
miteinander zu kommunizieren<br />
und zu harmonieren!<br />
Von den weiteren Instrumententafeln in<br />
der He 111 Z und aus dem rechten Cockpit<br />
liegen bisher leider keine Abbildungen oder<br />
Betriebsanleitungen vor. Insofern kann diese<br />
Cockpitbeschreibung nur einen teilweisen<br />
Einblick geben, vermutlich in die He-111-Z-<br />
Kleinserie nach den zwei Prototypen. Es ist<br />
wahrscheinlich, dass die Ausrüstung in den<br />
einzelnen Maschinen zum Teil auch geringfügig<br />
variiert hat.<br />
■<br />
Zwei zivile Heinkel-Ingenieure auf einem Testflug in einer He 111 Z. Vorne sind die fünf langen<br />
Gashebel zu erkennen<br />
Foto Sammlung Dabrowski<br />
Quelle:<br />
Griehl, Manfred: »Heinkel He 111«.<br />
Stuttgart 1997<br />
Koos, Volker: »Ernst Heinkel Flugzeug -<br />
werke 1933-1945«. Königswinter 2003<br />
Luftfahrt History Heft 5. Siegen o.J.<br />
44
Anflughilfe<br />
BACKGROUND<br />
RAF-BOMBER : IM DICHTEN NEBEL SICHER RUNTER<br />
Rettende Feuerwalze<br />
Im Jahre 1958 verstarb, weltberühmt und hoch geehrt,<br />
Straßenhund Fido (»der Getreue«) im toskanischen<br />
Borgo San Lorenzo. Er war nach dem Tode<br />
seines Herrn stets zur gleichen Bushaltestelle zurückgekehrt,<br />
um auf ihn zu warten – 14 Jahre lang, über<br />
5000 Mal. Carlo Soriani, der Besitzer des Hundes, war<br />
1943 bei einem alliierten Bombenangriff auf die Stadt<br />
ums Leben gekommen.<br />
ES WAREN DIE TIERLIEBEN BRITEN, die »FIDO« als<br />
Symbol für Treue und Zuverlässigkeit aufgriffen und<br />
noch im selben Jahr zum Wohl heimkehrender Bomber-Crews<br />
einsetzten, doch nicht etwa durch die Anschaffung<br />
vierbeiniger Staffelmaskottchen. FIDO stand<br />
für Fog Investigation and Dispersal Operation, ein Paket<br />
von Anstrengungen zur Beseitigung des Nebels an<br />
Start- und Landebahnen.<br />
Der typisch britische Nebel an den küstennahen<br />
Bomberplätzen der Royal Air Force war nach Augenzeugen<br />
oft so dicht, dass man die Hand am ausgestreckten<br />
Arm nicht mehr sehen konnte. Flugzeuge, die<br />
teils zu Hunderten vom Feindeinsatz zurückkehrten<br />
und wegen schlechter Sicht nirgendwo<br />
landen konnten, mussten Kurs aufs<br />
Meer nehmen, die Crews per Fallschirm<br />
noch über der Küste aussteigen. Die Verluste<br />
»ohne Feindeinwirkung« durch<br />
Nebel hatten im Verlauf des Krieges solche<br />
Formen angenommen, dass Winston<br />
Churchill persönlich die Beschaffung eines<br />
Gegenmittels anordnete.<br />
BRITISCHE WOCHENSCHAU-AUFNAHMEN zeigen<br />
Luftwaffenhelferinnen, die im Lagezentrum<br />
»FIDO«-Hundemarken an Flugplatz-Symbole hängen.<br />
Der Zuschauer spürt förmlich die Erleichterung der<br />
Bombercrews, rettende Landebahnen erreichen zu<br />
können. Der Aufwand war riesig: Über 450 000 Liter<br />
Flugbenzin fackelten an einer FIDO-Landebahn pro<br />
Stunde ab, bei großen Plätzen auch das Doppelte.<br />
Als letzte Basis nutzte RAF Manston in der Nähe<br />
von Dover bis 1949 diese verschwenderische Methode.<br />
FIDO kam an Zivilflughäfen nur versuchsweise zum<br />
Einsatz. Vorarbeiten an einer Start- und Landebahn in<br />
London Heathrow wurden wieder eingestellt, ein ähnliches<br />
System am Los Angeles International Airport<br />
wurde 1953 abgebaut.<br />
HEUTE IST DAS FIDO-SYSTEM in Vergessenheit geraten.<br />
Automatische Landungen mit Radarüberwachung<br />
haben die »Feuerwalzen« überflüssig gemacht;<br />
die Bronzestatue des treuen Hundes aber steht stolz<br />
auf der Piazza Dante in seiner Heimatstadt.<br />
Rolf Stünkel ■<br />
So sieht eine Anflughilfe aus, wenn Geld und Umweltschutz<br />
keine Rolle spielen: Eine B-17 der 493 BG landet mithilfe<br />
von FIDO am 16. November 1944 in Großbritannien Foto USAF<br />
»Der Aufwand<br />
war riesig:<br />
450 000 Liter<br />
Flugbenzin<br />
fa ckelten pro<br />
Stunde ab,<br />
bei großen<br />
Plätzen auch<br />
das Doppelte.«<br />
16 FLIEGERHORSTE der Royal Air<br />
Force wurden mit Pipelines seitlich der<br />
Landebahnen ausgerüstet, durch die<br />
Flugbenzin gepumpt und in festen Abständen<br />
aus Düsen als Nebel ausgestoßen<br />
wurde. Die Benzinwolke wurde<br />
(oft einfach manuell durch vorbeifahrende<br />
oder laufende »Anzünder«) in eine<br />
dichte Feuerwand zu beiden Seiten<br />
der Runway verwandelt, die man besonders<br />
bei Nacht gut aus der Luft<br />
sehen konnte. Mit dieser Technik, FI-<br />
DO genannt, löste sich der Nebel über<br />
der Bahn für eine Weile auf. Die gelandeten<br />
Maschinen konnten für den Flug<br />
zu ihren angestammten Geschwadern<br />
aufgetankt und, falls nötig, repariert<br />
werden.<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
45
SERIE<br />
Der<br />
Luftkrieg<br />
von 1939–1945<br />
KAMPF UM DIE LUFTHOHEIT BEI KURSK<br />
Unternehmen<br />
»Zitadelle«<br />
Trügerische Sommeridylle 1943 an der Ostfront:<br />
DIeser Bf 109 G-6 der I./JG 52 steht die gewaltigste<br />
Materialschlacht des Ostfeldzuges bevor<br />
Foto Sammlung Ringlstetter<br />
Im Juli 1943 kommt es zwischen Orel und Charkow zur größten Panzerschlacht<br />
des Zweiten Weltkriegs, bei der die deutschen und sowjetischen Flieger verbissen<br />
um die Luftherrschaft kämpften. Denn beide Seiten wussten: Ohne Luftunterstützung<br />
sind die Bodentruppen verloren!<br />
Von Peter Cronauer<br />
Im Kriegswinter 1942/43 drängt die Rote<br />
Armee die Wehrmacht im Südabschnitt<br />
der Ostfront weit nach Westen zurück.<br />
Nach dem Untergang der 6. Armee in Stalingrad,<br />
dem Rückzug der deutschen Truppen<br />
aus dem Kaukasus zum Kuban, den erbittert<br />
geführten Schlachten am Mius, um Charkow,<br />
Kursk und Orel stabilisiert sich im April 1943<br />
vorübergehend ein neuer Frontverlauf von<br />
der Kuban-Halbinsel über das Asowsche<br />
Meer hinweg nach Norden. An der Nahtstelle<br />
zwischen dem Süd- und Mittelabschnitt<br />
konzentriert sich nun das Kriegsgeschehen<br />
auf drei beulenartige Vorsprünge, die jeweils<br />
tief in das Gebiet des Gegners hineinragen:<br />
Die von der Wehrmacht gehaltenen Bögen<br />
um Orel und Charkow und der dazwischen<br />
von der Roten Armee gehaltene Bogen um<br />
Kursk. Alle drei bieten unter anderem die<br />
Möglichkeit, den jeweiligen Gegner in einer<br />
zangenförmigen Angriffsbewegung zu umfassen<br />
und einzukesseln.<br />
Genau das beabsichtigt die Wehrmacht mit<br />
dem »Unternehmen Zitadelle«. Und die Führung<br />
der Roten Armee, die aufgrund zuverlässiger<br />
Spionage zu jeder Zeit genauestens<br />
über die deutschen Pläne informiert ist, bereitet<br />
sich entsprechend darauf vor: Sie baut<br />
den rund 190 Kilometer breiten und etwa<br />
150 Kilometer tiefen Kursker Bogen zu einem<br />
1.9.1939 Polenfeldzug<br />
Beginn des Zweiten Weltkriegs<br />
10.5.1940 Westfeldzug<br />
9.4.1940 »Unternehmen<br />
Weserübung«<br />
10.7. bis 31.10.1940<br />
Luftschlacht um England<br />
22.6.1941 Deutscher<br />
Angriff auf die UdSSR<br />
7.12.1941 Japanischer<br />
Überfall auf Pearl Harbor<br />
1939 1940 1941 1942<br />
46
Junkers Ju 87 D-3 der 5./StG 2,<br />
Oblivskaya Mitte 1943. Geflogen wurde<br />
sie von Oberleutnant Günther Schmidt<br />
Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus<br />
Verlauf der Kämpfe im Kursker Bogen<br />
Diese Hs 129 B-2 von der 8.(PZ)/Sch.G. 1 zeigt ihre Abschussbilanz auf der<br />
Seitenflosse<br />
Foto via L. Bennoit<br />
Kartographie: KGS und Grafik Schlaich<br />
Bei Kursk wurden erstmals Panzer V »Panther« eingesetzt. Der »Panther«<br />
war sehr kampfstark aber bei Kursk noch nicht ausgereift Foto Sammlung Ringlstetter<br />
2.2.1943 Untergang der<br />
6. Armee in Stalingrad<br />
1943 1944 1945<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
47
SERIE<br />
Der<br />
Luftkrieg<br />
von 1939–1945<br />
Focke-Wulf Fw 190 A-5 der 5./JG 54<br />
mit sehr individuellem Tarnanstrich<br />
Foto Sammlung Ringlstetter<br />
tief gestaffelten Verteidigungssystem aus, in<br />
dem sich die Schlagkraft der Angreifer erst<br />
einmal abnutzen soll, bevor dann die eigenen<br />
Truppen zum Gegenangriff übergehen.<br />
Bewährtes Vorgehen<br />
Die deutsche Planung entspricht der bewährten<br />
Blitzkriegstrategie vergangener Tage:<br />
In einem Doppelangriff von Süden und Norden<br />
sollen die Panzerverbände der Heeresgruppe<br />
Süd unter Generalfeldmarschall<br />
<strong>Erich</strong> von Manstein sowie diejenigen der<br />
von Generalfeldmarschall Günther von Kluge<br />
befehligten Heeresgruppe Mitte den Kursker<br />
Frontbogen im Rückraum abschneiden<br />
und die dort vorhandenen sowjetischen Truppen<br />
einkesseln.<br />
Wie bei ähnlichen Operationen in der Vergangenheit<br />
ist auch hier wieder massive Luftunterstützung<br />
vorgesehen: Die Luftflotte 4<br />
unter Generaloberst Otto Deßloch ist für den<br />
Angriff von Süden verantwortlich, die von<br />
Generaloberst Ritter von Greim geführte Luftflotte<br />
6 trägt die Verantwortung im Norden,<br />
die operative Führung obliegt den Fliegerkorps<br />
VIII. und I. unter den Generalmajoren<br />
Seidemann und Deichmann.<br />
Zur Verstärkung der beiden Fliegerkorps<br />
ziehen die Luftflotten 4 und 6 zahlreiche Verbände<br />
von anderen Frontabschnitten ab und<br />
zusätzliche aus der Heimat heran. Somit führt<br />
die Luftwaffe beim »Unternehmen Zitadelle«<br />
insgesamt zwischen 1700 und knapp 1900<br />
Flugzeuge ins Feld, je nachdem, welcher Quelle<br />
man hier Glauben schenken mag. Die aufgebotene<br />
Typenvielfalt vermittelt zudem einen<br />
Eindruck von der Breite des Einsatzspektrums:<br />
Neben Aufklärern, Jagd-, Stuka-, Schlacht- und<br />
Kampffliegerverbänden werden unter anderem<br />
auch Stör- und Nahkampfgruppen sowie<br />
Nachtjäger und Luftnachrichten-Regimenter<br />
herangeführt. Die ihnen gegenüberstehenden<br />
sowjetischen Luftstreitkräfte sind ihnen zahlenmäßig<br />
deutlich überlegen.<br />
Hüben wie drüben erfordert die Konzentration<br />
derart vieler Flugzeuge auf vergleichsweise<br />
engem Raum eine gut funktionierende<br />
Bodenorganisation. Auf deutscher<br />
Seite ist das in Minsk ansässige und von Generalleutnant<br />
Veit Fischer kommandierte<br />
»XXVII. Spezial Luftwaffenkommando Moskau«<br />
für die reibungslose Arbeit der Bodendienste<br />
und das Funktionieren der Nachschublinien<br />
zuständig. Den eigentlichen<br />
Aufbau führen die Luftgaukommandos von<br />
Kiew und Minsk durch. Insgesamt werden<br />
mehrere Feld-Arbeits-Bataillone, Kräfte des<br />
Reichsarbeitsdienstes, diverse Luftwaffen-<br />
Die deutsche Planung entspricht der bewährten<br />
Blitzkriegstrategie vergangener Tage.<br />
Kommandostäbe, Flugplatz-Betriebs-Kompanien<br />
und Lastwagenkolonnen für den Aufbau<br />
der notwendigen Infrastruktur und die Organisation<br />
des Nachschubs bereitgestellt. Die<br />
Vorbereitungen auf die Schlacht um den<br />
Kursker Bogen ziehen sich über Wochen und<br />
Monate hin. Mehrfach verschiebt die oberste<br />
deutsche Führung den Angriffstermin nach<br />
hinten, unter anderem, weil der Einsatz neuer<br />
Panzertypen wie »Tiger« und »Panther«<br />
abgewartet werden soll. Doch jeder dieser Tage<br />
stärkt nicht nur die Position der Wehrmacht,<br />
sondern auch die der Roten Armee.<br />
Gefürchtet bei den Bodentruppen und ein harter Gegner für die deutschen Jagdflieger: Das Erdkampfflugzeug<br />
Iljuschin Il-2 Schturmowik (Schlachtflugzeug)<br />
Foto Sammlung Ringlstetter<br />
Oberfeldwebel Hubert Strassl schoss zwischen dem 5. und 8. Juli 30 Jagdflugzeuge ab und<br />
kam dann selbst bei einem missglückten Fallschirmabsprung ums Leben Foto via TG JG 52<br />
48
Speziell für den Kampf gegen Bodentruppen<br />
konzipiert: Henschel Hs 129 B-1<br />
vom Schlachtgeschwader 1<br />
Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus<br />
Sie nutzt die Zeit, um ihre Stellungen auszubauen<br />
und weiterhin Verstärkungen und neues<br />
Gerät heranzuführen. Schon in den Wochen<br />
und Monaten vor dem eigentlichen<br />
Angriffsbeginn liefern sich die beiden Luftstreitkräfte<br />
einen regen Schlagabtausch, nehmen<br />
wiederholt Nachschubwege, Vorratsdepots,<br />
Sammelstellen oder Flugplätze des<br />
Gegners ins Visier; doch das große Aufeinandertreffen<br />
steht erst noch bevor.<br />
Beide wollen den Präventivschlag<br />
In den frühen Morgenstunden des 5. Juli 1943<br />
beginnt das »Unternehmen Zitadelle«. Die im<br />
Raum Orel stationierten Flieger Generalmajor<br />
Deichmanns sollen mit konzentrierten Luftangriffen<br />
den Vorstoß von Generaloberst Walter<br />
Models 9. Armee vorbereiten, begleiten<br />
und unterstützen, indem sie sowjetische Artillerie-,<br />
Flak- und Pak-Stellungen, Truppenkonzentrationen,<br />
Panzerbereitstellungen,<br />
Bunker sowie Nachschubstraßen und -depots<br />
von der Front bis ins Hinterland in rollenden<br />
Angriffen bombardieren.<br />
Den gleichen Auftrag haben auch die<br />
der von Süden vorstoßenden 4. Panzerarmee<br />
Generaloberst Hermann Hoths zugewiesenen<br />
Verbände des VIII. Fliegerkorps. Dessen<br />
Kampfflieger, Stukas, Jagd- und Schlachtmaschinen<br />
stehen auf den fünf Flugplätzen bei<br />
Charkow eng beieinander, ihre Besatzungen<br />
bereiten sich auf den bevorstehenden Einsatz<br />
vor. Unmittelbar vor der Startphase herrscht<br />
auf dem Gefechtsstand in Mikojanowka fieberhafte<br />
Anspannung. Zuerst sollen die<br />
Kampfgeschwader starten, sich über den Plätzen<br />
sammeln und auf ihren anschließend startenden<br />
Jagdschutz warten, um dann gemeinsam<br />
zur Front zu fliegen. Noch befindet sich<br />
kein einziger Bomber in der Luft, da treffen<br />
alarmierende Meldungen ein. Horchfunker<br />
melden den Start größerer Verbände jenseits<br />
der Front, kurz darauf erfassen »Freya«-Radargeräte<br />
um Charkow den Anflug von mehreren<br />
Hundert Maschinen.<br />
Harte und zähe Gegner<br />
Mitte 1943 hatte es die Luftwaffe mit einem zähen Gegner zu tun. Die Jäger Lawotschkin La-5 (oben)<br />
und Jakowlew Jak-9 (Mitte) waren der Bf 109 G und Fw 190 A gewachsen. Mit der Petljakow Pe-2<br />
stand ein leistungsstarkes Mehrzweck-Kampfflugzeug zur Verfügung<br />
Fotos (3) Sammlung Ringlstetter<br />
Lawotschkin La-5<br />
Jakowlew Jak-9<br />
Petljakow Pe-2<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
49
SERIE<br />
Der<br />
Luftkrieg<br />
von 1939–1945<br />
Wurde während der Schlacht erfolgreich als Panzerjäger erprobt:<br />
Junkers Ju 87 G-1 mit zwei 37-mm-Kanonen Flak 18. Sturzflugbremsen<br />
und MG-Bewaffnung wurden entfernt<br />
Foto Sammlung Ringlstetter<br />
Davon, dass die Gegenseite von den Angriffsvorbereitungen<br />
weiß, ist auszugehen.<br />
Dass sie aber offensichtlich auch den genauen<br />
Ort und den exakten Zeitpunkt kennt, ist eine<br />
böse Überraschung. Laut ihren Befehlen sind<br />
die deutschen Flieger unter anderem auch<br />
angewiesen worden, russische Flugplätze anzugreifen<br />
und die sowjetischen Flugzeuge<br />
»zu vernichten, bevor sie zum Angriff starten<br />
können«.<br />
Überraschungseffekt dahin<br />
Jetzt kommt ihnen ihr Gegner genau auf jene<br />
Weise zuvor. Auf einmal steht die gesamte<br />
Operation auf der Kippe. Aus deutscher<br />
Sicht könnten die Angriffsvorhaben in einer<br />
Katastrophe enden, bevor sie überhaupt begonnen<br />
haben; minutenlang schwankt alles<br />
zwischen Scheitern und Gelingen. Doch die<br />
deutschen Jäger reagieren schnell: Kaum erfahren<br />
sie von der Bedrohung, steigen sie ihr<br />
auch schon entgegen.<br />
General Seidemann und der ebenfalls anwesende<br />
Generalstabschef der Luftwaffe,<br />
Hans Jeschonnek, werden Augenzeuge, wie<br />
Hunderte sowjetischer Maschinen, darunter<br />
zahlreiche Il-2, zunächst in großer Höhe bei<br />
klarem Himmel über den Gefechtsstand hinweg<br />
in Richtung Charkow ziehen, dann aber<br />
sogleich von deutschen Jagdflugzeugen angegriffen<br />
werden. Seidemann sagt später: »Es<br />
war ein ganz selten gesehenes Schauspiel.<br />
Überall brennende und abstürzende Maschinen!<br />
Binnen kürzester Frist wurden rund 120<br />
Sowjets abgeschossen. Die eigenen Verluste<br />
waren so gering, dass man von einem totalen<br />
Luftsieg sprechen konnte; denn die Folge<br />
dieses Vernichtungsschlages war die deutsche<br />
Luftüberlegenheit im ganzen Kampfgebiet<br />
des VIII. Fliegerkorps.«<br />
Bei Orel wurde diese LaG-5 des 240. IAP abgeschossen und anschließend inspiziert Foto via L. Bennoit<br />
Seidemanns Einschätzung stimmt zwar<br />
für den Augenblick, ist aber nicht von langer<br />
Dauer. Denn die klare Überlegenheit der<br />
deutschen Jagdflugzeuge gegenüber ihren<br />
sowjetischen Kontrahenten ist schon seit<br />
Langem dahin. Längst bekommen es die<br />
deutschen Flieger nicht mehr mit veralteten<br />
Modellen wie der I-16 oder der I-153 zu tun,<br />
so wie das zu Beginn des Krieges der Fall<br />
war, sondern mit modernen MiGs, LaGGs<br />
oder Yaks.<br />
Der Gegner hat gelernt<br />
Und auch die sowjetischen Piloten beherrschen<br />
ihre Flugzeuge, ziehen ihre Lehren aus<br />
den bitteren Lektionen der Vergangenheit<br />
und passen ihre Taktik dem deutschen Vorbild<br />
an. So schießt beispielsweise am dritten<br />
Tag des »Unternehmen Zitadelle« eine sowjetische<br />
Jagdmaschine der 16. Luftarmee zwei<br />
Ju 87 und zwei Bf 109 im Luftkampf ab. Am<br />
Steuer der La 5 sitzt ein bislang noch unbekannter<br />
Pilot, der im weiteren Verlauf des<br />
Krieges noch von sich reden machen wird –<br />
sein Name ist Ivan Koshedub. Er wird später<br />
als der erfolgreichste alliierte Jagdflieger in<br />
die Annalen eingehen und bleibt keineswegs<br />
der einzige sowjetische Jagdflieger, der in<br />
diesen Tagen zwischen Orel und Charkow<br />
Luftsiege erzielt.<br />
Insgesamt übersteigen zwar die sowjetischen<br />
Flugzeugverluste bei Weitem die der<br />
Deutschen, doch im Gegensatz zu jenen besitzt<br />
die Sowjetunion offenbar unendliche<br />
Reserven; jedenfalls gleicht das Reservekorps<br />
der STAVKA sämtliche Verluste an<br />
Flugzeugen und Besatzungen mühelos wieder<br />
aus.<br />
50
In der logischen Konsequenz verschiebt jeder<br />
deutsche Flugzeugverlust das Kräfteverhältnis<br />
zugunsten der sowjetischen Luftstreitkräfte,<br />
und der chronische Treibstoffmangel<br />
verschärft die Lage noch zusätzlich.<br />
Schon bei der Vorbereitung des »Unternehmen<br />
Zitadelle« hatte die Beschaffung von<br />
ausreichenden Mengen an Flugbenzin die<br />
Verantwortlichen vor nahezu unlösbare Probleme<br />
gestellt: Erhaltenen Dokumenten zufolge<br />
benötigte die Luftwaffe im Jahr 1943<br />
monatlich im Durchschnitt 350 000 Tonnen<br />
Flugbenzin, bekam aber lediglich 160 000 Tonnen<br />
geliefert, was bedeutet, dass gut die Hälfte<br />
der geplanten Einsätze nicht geflogen werden<br />
konnte. Als konkretes Beispiel bekamen<br />
die Kampffliegerverbände der Luftflotte 6 im<br />
Juni 1943 gerade einmal 5722 Tonnen des blau<br />
gefärbten Flugbenzins B-4 mit 91 Oktan, obwohl<br />
ihr tatsächlicher Bedarf 8634 Tonnen betrug.<br />
Und Verbände, die auf höhere Klopffestigkeit<br />
des Treibstoffs angewiesen waren, traf<br />
es noch weitaus schlimmer: So erhielten die<br />
mit Fw 190 ausgerüsteten Verbände noch<br />
nicht einmal die Hälfte des benötigten grün<br />
kolorierten Treibstoffes C-3.<br />
Erdrückende Übermacht<br />
Insgesamt verwandelt sich das als Blitzkrieg<br />
geplante »Unternehmen Zitadelle« rasch in<br />
einen zermürbenden, Menschen und Material<br />
verschlingenden Abnutzungskrieg. Der<br />
großen numerischen und materiellen Überlegenheit<br />
der Roten Armee ist die Wehrmacht<br />
letztlich nicht gewachsen. Daran ändern auch<br />
die Aufsehen erregenden Erfolge der IV.(Pz)/<br />
SG 9 unter ihrem Kommandeur, Hauptmann<br />
Bruno Meyer, nichts: Die vier Staffeln jener<br />
Schlachtfliegergruppe sind mit zweimotorigen<br />
Henschel Hs 129 B-2 ausgerüstet, die unter<br />
ihren Rümpfen jeweils eine 3-cm-Kanone<br />
vom Typ MK 101 tragen. Entsprechende Versuche<br />
bei der Erprobungsstelle der Luftwaffe<br />
in Rechlin hatten ergeben, dass die Geschosse<br />
der MK 101 mit ihrem Hartkern aus<br />
Wolfram 80 Millimeter starke Panzerplatten<br />
glatt durchschlugen. Die für sowjetische Panzer<br />
verheerende Wirkung jener Kombination<br />
aus MK 101 und Hs 129 stellten Bruno Meyer<br />
und seine Flugzeugführer im Verlauf des<br />
»Unternehmen Zitadelle« vielfach unter Beweis,<br />
ebenso wie auch ein anderer, der zum<br />
am höchsten ausgezeichneten Ordenträger<br />
der gesamten Wehrmacht werden sollte:<br />
Hans-Ulrich Rudel.<br />
Auch er war ab dem 5. Juli im Raum Kursk<br />
im Einsatz und schrieb angesichts der materiellen<br />
Überlegenheit des Gegners: »Beim Anblick<br />
dieser Panzermassen fällt mir meine<br />
Kanonenmaschine ein, die ich von der Krim<br />
mitgenommen habe (siehe <strong>FLUGZEUG</strong><br />
<strong>CLASSIC</strong> 3/2013). Bei diesem Riesenangebot<br />
an Zielen wäre ein Versuch möglich. Ich lasse<br />
die erste Staffel mit Bomben hinter mir herfliegen,<br />
ich fliege die einzige Kanonenmaschine.<br />
Im ersten Einsatz explodieren vier<br />
Feindpanzer. Bis zum Abend sind es zwölf<br />
geworden.« Umgehend lässt Rudel die übrigen<br />
»Kanonenvögel« samt Besatzungen in<br />
Heeresaufklärer Focke-Wulf Fw 189 A-1<br />
der 5./(H)12, die 1943 im Südabschnitt<br />
der Ostfront operierte<br />
Zeichnung H. Ringlstetter/Aviaticus<br />
den Einsatzraum nachkommen und stellt somit<br />
die erste aus Junkers Ju 87 bestehende<br />
»Panzerknacker-Staffel« auf: »Wir stürzen uns<br />
mal von rückwärts, mal von der Seite auf die<br />
Stahlkolosse. Der Gleitwinkel ist nicht allzu<br />
steil, um ganz dicht an den Boden herangehen<br />
zu können und so auch beim Abfangen<br />
keine Schwierigkeiten durch das eventuelle<br />
Durchsacken der Maschine zu bekommen.<br />
Wir müssen versuchen, die Panzer immer an<br />
ihren schwächeren Punkten zu treffen. Das<br />
›Unternehmen Zitadelle‹ verwandelt sich rasch<br />
in einen zermürbenden Abnutzungskrieg.<br />
sind die Flanken und die Rückseite. Dort befinden<br />
sich der Motor und die Kühlanlage.<br />
Hier konnte nur eine dünne Panzerplatte eingebaut<br />
werden, in die auch noch Löcher eingearbeitet<br />
werden, um die Kühlung des Motors<br />
zu gewährleisten. Dort lohnt es sich<br />
hinzuhalten.«<br />
Den Ablauf der Ereignisse änderten sie jedoch<br />
nicht: Die deutschen Vorstöße blieben<br />
bald liegen, nach wenigen Tagen wurde das<br />
»Unternehmen Zitadelle« abgeblasen, es begann<br />
die sowjetische Gegenoffensive. Mehrere<br />
Tausend Kilometer weit entfernt hatte<br />
unterdessen eine andere »Operation« Erfolg:<br />
Am 10. Juli 1943 landeten britische und USamerikanische<br />
Truppen auf Sizilien – »Operation<br />
Husky« nahm ihren Lauf.<br />
■<br />
Abgeschossener sowjetischer Panzer vom Typ T-34. Die Panzertruppe<br />
der Roten Armee erlitt während »Zitadelle« sehr hohe Verluste Foto PK<br />
Die »schwarzen Männer« der III./JG 51 haben alle Hände voll zu tun<br />
Foto via W. Dettling<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
51
OLDTIMER<br />
Wrackfund<br />
TAUCHERFUND IM MITTELMEER: P-38 »LIGHTNING«<br />
Stummer Zeuge<br />
eines Luftkampfes<br />
Wracktaucher suchen nicht nur nach »Schätzen«, sie<br />
suchen nach Antworten, und so enträtselten sie auch<br />
die Geschichte zweier P-38. Es ist die Geschichte eines<br />
dramatischen Luftkampfes …<br />
Von Christian König<br />
52
Was blieb von den<br />
einstigen Kämpfen<br />
der P-38 über dem<br />
Mittelmeer? Unterwasserfunde<br />
…<br />
Foto Lockheed-Martin<br />
… wie diese P-38 von Lieutenant Greenup, nahe der südfranzösischen<br />
Küste in 40 Meter Tiefe, stellen für Luftfahrt-<br />
Archäologen Schatztruhen unerzählter Geschichte dar<br />
Foto Séverine Bär<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
53
OLDTIMER<br />
Wrackfund<br />
Als Eskorte für ihre B-17 und B-24 setzte<br />
die USAAF auch die P-38 Lightning ein<br />
Foto Lockheed-Martin<br />
Wann immer wagemutige Taucher<br />
auf ein Wrack in den trüben Tiefen<br />
stoßen, stellt sich die peinsame Frage,<br />
wer der arme Teufel war, der die Maschine<br />
zuletzt gesteuert hat, und wie es dazu kam,<br />
dass das Flugzeug nun als stummer Zeuge<br />
sein Dasein am Meeresgrund fristet. So erging<br />
es auch dem Taucher Marcel Camilleri, als er<br />
die Wracks zweier P-38 nahe der französischen<br />
Küste entdeckte. Ihre Geschichte beginnt<br />
mitten im Zweiten Weltkrieg.<br />
Kaum hatte die Heeresgruppe Afrika am<br />
13. Mai 1943 kapituliert, begann der Sturm<br />
auf die »Festung Europa«. So landeten die<br />
Alliierten noch im Juli auf Sizilien, im September<br />
fassten sie Fuß in Italien. Noch bedrohlicher<br />
wurde die Lage für die »Achse«,<br />
als es den Alliierten im Januar 1944 gelang,<br />
bei Anzio einen weiteren Brückenkopf hinter<br />
den deutschen Linien zu bilden.<br />
Von ihren südfranzösischen Einsatzhäfen<br />
aus versuchte die Luftwaffe nun, diesen gefährlichen<br />
Brückenkopf zu bekämpfen, was<br />
zur Folge hatte, dass die USAAF und RAF ihrerseits<br />
vermehrt Angriffe gegen diese Flugplätze<br />
flogen.<br />
Zum Schutz der Einsatzhäfen verlegte die<br />
I. Gruppe des Jagdgeschwaders 2 »Richthofen«<br />
unter ihrem Gruppenkommandeur, Major<br />
<strong>Erich</strong> Hohagen, nach Les Milles, einem<br />
30 Kilometer von Marseille entfernt liegenden<br />
Vorort von Aix-en-Provence in Südfrankreich.<br />
Die erste Gruppe rüstete gerade auf die Focke-<br />
Wulf Fw 190 A-6 um, die als »Pulkzerstörer«<br />
entworfen worden war. Ihre Bewaffnung bestand<br />
aus zwei über dem Triebwerk lafettierten<br />
7,92-mm-MG 17 und vier 20-mm-MG 151/<br />
20E (»elektrisch«), die in den Tragflächen-Wurzeln<br />
und in den Außenflügeln untergebracht<br />
waren. Den alliierten Jagdflugzeugen war sie<br />
damit ebenbürtig, und dank des ETC 501<br />
konnte sie auch einen 300-Liter-Abwurftank<br />
mit sich führen, der ihre Reichweite steigerte.<br />
Ein ungleicher Kampf<br />
Die I./2 flog vor allem Einsätze im Küstenraum<br />
zwischen Perpignan nahe der nordspanischen<br />
Grenze und Nizza. Mit der Super -<br />
marine Spitfire Mk VIII und Mk IX der RAF<br />
und mit der amerikanischen P-38, P-40 und<br />
P-47 trafen die »Richthofen«-Flieger allerdings<br />
auf einen schweren Gegner. Zudem sah<br />
sich die I. Gruppe der Übermacht von knapp<br />
Dringend benötigt: Um die Fer -<br />
tigung der P-38 zu beschleunigen,<br />
wurden viele Maschinen<br />
unter freiem Himmel montiert<br />
Foto Lockheed-Martin<br />
Hier war die Welt noch in Ordnung: der später gefallene<br />
Riley (links) und der in Gefangenschaft<br />
geratene Greenup (rechts) Foto 49th FS Assoc.<br />
54
700 Bombern und permanenten Störangriffen<br />
durch die 12th Air Force der US-Luftwaffe<br />
und der nicht minder gefährlichen Desert Air<br />
Force ausgesetzt. Dennoch gelangen spektakuläre<br />
Einzelerfolge. So erzielte der Kapitän<br />
der 1. Staffel Siegfried »Wumm« Lemke am<br />
27. Januar 1944 seinen 12. bis 14. Luftsieg, als<br />
er innerhalb von nur 16 Minuten drei Spitfire<br />
bei Marseille und Hyères abschoss, während<br />
Leutnant Süss, ebenfalls 1./JG 2, gegen<br />
11:02 Uhr eine weitere Spitfire bezwang.<br />
Doch damit war der Tag für die »Richthofen«-Flieger<br />
noch lange nicht überstanden.<br />
Innerhalb von 16 Minuten schoss Staffelkapitän<br />
Siegfried Lemke drei Spitfire ab.<br />
Denn nach dem Luftkampf mit diesem aus<br />
B-24-Bombern und diversen Jagdflugzeugen<br />
bestehenden Bomberpulk flog sogleich der<br />
zweite ein, und bereits gegen 12:05 Uhr meldete<br />
Oberleutnant Georg Schröder, 4./JG 2,<br />
den Abschuss einer amerikanischen Boeing B-<br />
17 im Raum Pertuis; 15 Minuten später konnte<br />
Unteroffizier Otto Karbeum eine P-38 bezwingen.<br />
In seiner Meldung nannte er das<br />
südfranzösische Städtchen Cassis als Ort des<br />
Abschusses. Die gemeldeten Erfolge korrespondieren<br />
mit den Einsätzen, die im Kriegstagebuch<br />
der USAAF aufgelistet sind.<br />
Second Lieutenant Harry R. Greenups<br />
P-38J-15-LO Lightning, 44-23149, wie sie<br />
1943/44 in Italien stationiert war. Sie<br />
gehörte zur 14th Fighter Group der<br />
15th Air Force<br />
Zeichnung Juanita Franzi<br />
Die anerkannten Luftsiege durch Flugzeugführer<br />
der 4./JG 2 beziehen sich auf ein<br />
relativ kleines Zeitfenster. Und auch die<br />
Tatsache, dass Montpellier (E-Hafen der<br />
III. Gruppe Kampfgeschwader 26) und Salonde-Provence<br />
(Stab und I./KG 26) laut Combat<br />
Chronology der USAAF ausschließlich von<br />
B-17 bombardiert wurden, erleichtert die Aufklärung<br />
der Geschehnisse.<br />
Die Fliegenden Festungen gehörten zu den<br />
32nd, 352nd, 353rd und 419th Bomb Squadrons<br />
der 301st Bombardment Group (Heavy).<br />
Nach den amerikanischen Unterlagen wurde<br />
der Bomberpulk von deutschen Jägern<br />
Flugzeugführer der 49th FS beim Briefing durch einen Einsatz-Offizier.<br />
Die deutsche Luftwaffe war für die alliierten Piloten 1944 noch immer<br />
ein große Herausforderung<br />
Foto 49th FS Assoc.<br />
P-38 bei der Waffenerprobung. Jeder fünfte Schuss der Kaliber 50 Gewehre<br />
war Leuchtspur. Geschossen wurde in 3-Sekunden-Feuerstößen<br />
Foto Lockheed-Martin<br />
B-17 der 301st BG sollten am 27. Januar 1944 den<br />
Flugplatz Montpellier-Frejorgues angreifen<br />
Foto USAF<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
55
OLDTIMER<br />
Wrackfund<br />
Fw 190 des JG 2 »Richthofen«. In ihnen fanden die Lieutenants<br />
Greenup und Riley mit ihren P-38 einen sehr gefährlichen Gegner<br />
Foto Kleinert<br />
angegriffen, als er die Küste zwischen Marseilles<br />
und Toulon erreichte. So wurde auf<br />
amerikanischer Seite auch Leutnant James G.<br />
Riley jr. (Dienstnummer O-800593) in einen<br />
heftigen Luftkampf verwickelt, den er verlor.<br />
Dramatisches Luftgefecht<br />
Nach wenigen Minuten musste Rileys P-38<br />
G-15LO mit der Werknummer 43-2543 einige<br />
Treffer einstecken. Sie verschwand – eine<br />
weithin sichtbare, schwarze Rauchfahne<br />
hinter sich herziehend – in der Tiefe. Unteroffizier<br />
Otto Karbeum gab an, den Abschuss<br />
um 12:20 Uhr erzielt zu haben. Ein<br />
Vergleich mit der »Honor Roll 14th Fighter<br />
Group Jun 1941–Nov 1945« enthält einen<br />
Kommentar von Second Lieutenant Green up,<br />
wonach der Luftkampf ab zirka 12:30 Uhr im<br />
Luftraum zwischen Marseille und Toulon<br />
stattgefunden habe. Hinsichtlich Zeit und Ort<br />
sind die unterschiedlichen Quellen also nahezu<br />
stimmig.<br />
Second Lieutenant Harry R. Greenup<br />
(O-750576), der ebenfalls eine bei Lockheed<br />
gefertigte P-38G-15LO mit der Werknummer<br />
43-2545 geflogen hatte, drehte von den B-17<br />
ab und nahm den Kampf mit den deutschen<br />
Focke-Wulf-Jägern frontal auf. Greenup<br />
bekam jedoch bald darauf große Probleme,<br />
und er versuchte, seine Gegner nach unten<br />
auszukurven.<br />
Damit geriet er aber in Reichweite deutscher<br />
Flak, die auf der Insel Verte vor Ciotat<br />
lag, und über der Bucht von Les Lecques endete<br />
der Flug. Greenup stellte die Propeller<br />
Er nahm den Kampf mit den deutschen<br />
Focke-Wulf-Jägern frontal auf.<br />
auf Segelstellung und legte eine perfekte Notwasserung<br />
hin.<br />
Vom Boden aus hatte man das Geschehen<br />
beobachtet, und ein Rettungsboot konnte den<br />
entkräfteten Piloten aus dem Wasser ziehen.<br />
In der Erfolgsliste des Jagdgeschwaders 2<br />
taucht für den 27. Janaur 1944 nur eine P-38<br />
auf. Ein weiterer Luftsieg über eine P-38 wurde<br />
möglicherweise nicht als solcher anerkannt.<br />
Wahrscheinlicher ist aber, dass der Abschuss<br />
von Harry Greenup auf das Konto der<br />
Flak ging. Der aus Ohio stammende Greenup<br />
verbrachte den Rest des Krieges im Stalag<br />
Luft I in Barth-Vogelsang (Mecklenburg-Vorpommern);<br />
Riley hingegen fiel.<br />
1944 gelang es der deutschen Seite noch, geschlossene Staffeln an den Feind heranzuführen. Die<br />
Aufnahme zeigt Fw 190 beim JG 2 »Richthofen«<br />
Foto Kleinert<br />
Leutnant Siegfried »Wumm« Lemke bei der Verleihung<br />
des Ritterkreuzes im Juni 1944 Foto BA/MA<br />
56
Als man Mitte der 1990er-Jahre verstärkt<br />
nach der P-38 des berühmten Literaten Antoine<br />
de Saint-Exupéry suchte, fand der Direktor<br />
des Aquanaut Tauch Centers in Les Lecques,<br />
Marcel Camilleri, die Wracks von zwei Lockheed<br />
P-38 »Lightning« in unmittelbarer Küstennähe.<br />
Während eine Maschine im Laufe der<br />
Jahre durch unzählige Fischernetze beschädigt<br />
worden war, lag die zweite auf dem Rücken<br />
und erschien weitestgehend intakt. Nach über<br />
200 Tauchgängen gelang es Camilleri und einigen<br />
Helfern, im Cockpit der ersten P-38 ein<br />
Typenschild mit der Seriennummer 43-2543<br />
zu entdecken. In die Freude über den Fund<br />
mischte sich die Enttäuschung, dass es sich<br />
nicht um die Maschine des französischen<br />
Dichterfürsten Saint-Exupéry handelte. Camilleri<br />
hatte die Maschine des unglücklichen<br />
Second Lieutenant Riley gefunden.<br />
Ein nasses Grab<br />
Der von Karbeum genannte Abschussort, das<br />
südfranzösische Städtchen Cassis, liegt etwa<br />
zehn Kilometer westlich von Ciotat, wo Rileys<br />
Maschine heute auf dem Meeresgrund<br />
liegt. Parallel arbeitete man an der Identifizierung<br />
der zweiten P-38. Auf dem Rücken<br />
liegend, machte sie es den Tauchern noch<br />
schwerer, eine eindeutige Identifizierung vorzunehmen.<br />
Die mittlere Flugzeugzelle und<br />
MACR 2058 zu der von Olt. Georg Schröder<br />
abgeschossenen B-17 F Foto 301st BG Assoc.<br />
die Tragflächen waren weitestgehend unbeschädigt,<br />
lediglich das Backbord-Triebwerk,<br />
der mächtige 1325 PS V12 Allison V-1710-51,<br />
war herausgebrochen. Beide Propeller standen<br />
mahnend im Sand. Obschon beide P-38<br />
Focke-Wulf Fw 190 A-6 im typischen<br />
Tarnanstrich aus RLM 74/75/76, wie<br />
sie Anfang 1944 bei der I. Gruppe des<br />
JG 2 geflogen wurde<br />
Zeichnung Herbert Ringlstetter<br />
nicht weit voneinander entfernt lagen, hatten<br />
sich kaum Fischernetze an dieser Lightning<br />
verfangen. Ihre vier Browning-M2-<br />
Maschinengewehre und die International-<br />
Harvester-M2-Bordkanone (20 Millimeter)<br />
nebst Unmengen gegurteter Munition waren<br />
vorhanden. Auch der VHF-Antennenmast<br />
AN-104 A, der in der Nase der P-38 vor dem<br />
Bugfahrwerk eingebaut war, stand noch unangetastet<br />
da.<br />
Marcel Camilleri wusste, dass er die Seriennummer<br />
im Cockpit der Lightning finden<br />
würde. In mehreren Tauchgängen schaufelte<br />
man in 40 Meter Tiefe den Weg ins Cockpit<br />
frei, bevor sich Camilleri mit seinen nicht gerade<br />
handlichen Sauerstoffflaschen hineinzwängen<br />
konnte. Dort entdeckte er die Seriennummer<br />
43-2545. Damit stand fest, dass er<br />
Greenups P-38 gefunden hatte.<br />
■<br />
Quelle:<br />
Geschwaderchroniken der beteiligten<br />
Verbände<br />
Archiv C. König<br />
Aix-en-Provence<br />
1<br />
Les Milles<br />
1 Flugplatz der I./JG 2<br />
2 Absturzort der P-38<br />
Marseilles<br />
2<br />
Cassis<br />
Toulon<br />
Ort des Geschehens: die Südostküste Frankreichs<br />
bei Marseille Karte Archiv <strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />
Der rechteckige Gegenstand unter der Steuerbordtragfläche ist die Halterung für den 150 Gallon<br />
long range auxiliary fuel tank<br />
Foto Séverine Bär<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
57
MODELLBAU<br />
Im Gegensatz zum historischen Vorbild gehört der Hasegawa-<br />
Bausatz der Arado Ar 234 nicht mehr in die Kategorie<br />
»Hightech«. Dennoch ist er gut gefertigt!<br />
ARADO AR 234 B-2 1:48 VON HASEGAWA/FALLER<br />
Zum Jungfernflug<br />
Nach dem Bericht in <strong>FLUGZEUG</strong> CLAS-<br />
SIC 9/2012 über die Versuchsflüge der<br />
Ar 234 und den bevorstehenden Jahrestag zum<br />
70. Erstflug des Jetbombers – am 15. Juni 1943<br />
erhob sich zum ersten Male die Ar 234 V1 vom<br />
Flugplatz Rheine – war die Idee geboren, ein<br />
Modell der B-2-Variante zu bauen.<br />
Der japanische Hersteller Hasegawa<br />
brachte schon vor Jahren den Kit in 1:48 auf<br />
den Markt, dem verschiedene Ausführungen<br />
folgten. (Revell nahm sich auch dieser Bausätze<br />
an und produzierte drei Versionen für die alle recht genau bemalt werden müssen<br />
rersitz, Instrumentenbrett und Seitenkonsolen,<br />
den europäischen Markt.) Der Hasegawa-Kit aufgrund der guten Einsicht. Deswegen suchte<br />
ich mir noch eine geeignete Pilotenfigur aus<br />
zeigt sich immer noch gut gefertigt in hellgrauem<br />
und transparentem Kunststoff. Der Zinn. Die Maschine benötigt nämlich einiges<br />
Clou: Das gesamte Rumpfvorderteil des an Gewicht, damit sie auf dem Bugrad stehen<br />
Cockpits ist als Glasteil ausgeführt; das erleichtert<br />
das Lackieren.<br />
gen hinten und die Cockpitkanzel vorne ange-<br />
bleibt. Am Rumpf, wo die Kameraabdeckun-<br />
Hauptbaustelle an der »234« ist das aufwendig<br />
gestaltete Cockpit mit Flugzeugfüh-<br />
Schleifarbeiten nötig. Das Fahrwerk habe<br />
bracht werden, sind ein paar Spachtel- und<br />
ich<br />
bei meinem Modell nicht nach Anleitung eingebaut,<br />
sondern erst ganz zum Schluss – so lackiert<br />
es sich einfacher. Triebwerke und Tragfläche<br />
lassen sich problemlos zusammenbauen<br />
und werden nacheinander mit Rumpf bzw.<br />
Tragfläche verbunden. Die Höhenflossen kommen<br />
dazu, und fertig ist der Rohbau.<br />
Nun geht es ans Abkleben der Kanzel und<br />
der Fahrwerksschächte. Erste Farbe ist RLM 76<br />
Hellblau für die Unterseiten, Zusatztanks und<br />
die Bombe. Auf Originalfotos sieht man genau,<br />
dass der Übergang von der Ober- zur Unterseite<br />
verlaufend ist und nicht scharfkantig. So<br />
nahm ich UHU-Patafix und deckte damit den<br />
Rumpf sowie die Triebwerksgondeln ab. Der<br />
Rest bekam Tamiya-Klebeband mit Küchenpapier.<br />
Die erste Farbschicht auf der Oberseite<br />
besteht aus RLM 82 Hellgrün über alles.<br />
Nach Tamiya-Klebeband und Post-It-Zettel<br />
folgt der zweite Farbton RLM 81 Braunviolett.<br />
Gunze-Farben trocknen schnell, dadurch lässt<br />
sich die Lackierung an einem Abend erledigen.<br />
In der Zwischenzeit bekamen die Zusatzstarthilfen<br />
ihre silberne und die Fallschirme eine<br />
leinenfarbene Bemalung.<br />
Lackierung in RLM<br />
76 Hellblau<br />
Abgeklebt für Oberseiten<br />
RLM 81 Hellgrün, zum<br />
Schluss folgt RLM 82<br />
Braunviolett<br />
Die leichten Alterungsspuren wurden mit den<br />
Weathering Sets von Tamiya gemacht<br />
Modell und Fotos Othmar Hellinger<br />
58
Die Ar 234 vor der Endmontage<br />
Aus Liebe<br />
zum Detail<br />
Das fast fertig zusammengebaute<br />
Cockpit, mit Tesaband<br />
und Zwinge gesichert,<br />
beim Trocknen des<br />
Klebers<br />
Die Einzelteile des Cockpitbereichs.<br />
Die Glasteile<br />
sind innen bereits mit<br />
RLM 66 Schwarzgrau<br />
lackiert<br />
Nachdem dann die Maschine komplett<br />
in Farbe erstrahlte, brachte ich die Abziehbilder<br />
auf. Gunze-Farben haben übrigens<br />
noch einen Vorteil: Man muss nicht<br />
extra farblosen Glanzlack oder eine Future-Schicht<br />
aufbringen, um die berüchtigten<br />
Silve ringeffekte bei den Decals zu vermeiden.<br />
Sind die Decals an der richtigen<br />
Stelle, genügt nur noch eine Schicht farbloses<br />
Seidenmatt auf dem Flieger, und er<br />
Das verglaste Cockpit bot<br />
dem Piloten eine gute Sicht<br />
kann nach der Trocknung dezent gealtert<br />
werden. Das sollte man allerdings nicht<br />
übertreiben, denn die Jets waren nicht allzu<br />
lange im Einsatz. Meine Arado 234<br />
stellt die Maschine von Oberfeldwebel<br />
Bruchlos der 8./KG76 dar, der den Angriff<br />
auf die Brücke von Remagen mitgeflogen<br />
ist.<br />
■<br />
Othmar Hellinger<br />
Jeden Monat<br />
neu am Kiosk!<br />
Das Tarnschema<br />
erfordert viel<br />
Abklebearbeit!<br />
Voll aufmunitioniert mit Starthilfe,<br />
Zusatztanks und Bombe<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013
MODELLBAU<br />
Die Sabre ist immer noch der Inbegriff<br />
vom Beginn des modernen Jetzeitalters<br />
NORTH AMERICAN F-86L VON SPECIAL HOBBY/HASEGAWA 1:72<br />
Die Decals kamen ohne zusätzliche<br />
farblose Glanzlackschicht aus<br />
Aus zwei mach eins!<br />
Hin und wieder muss ein Modellbauer von Special Hobby ist nur eine tiefgezogene<br />
auch Rosinenpickerei betreiben: Ab 1956 Haube enthalten, während Hasegawa eine<br />
wurden 981 F-86D zur L-Version umgerüstet. sauber gespritzte Haube mit passendem<br />
Der auffälligste Unterschied war der größere Rumpf anbietet. Rumpf und Flügel ließen<br />
Flügel. Modellbauer Paul Sched ahmte diesen sich problemlos anpassen, sodass Paul Sched<br />
Umbau nun nach, indem er die Tragfläche nur geringfügig spachteln musste. Mit ein<br />
aus dem Special Hobby Kit mit dem Rumpf wenig Lackieraufwand gestaltete sich das<br />
der F-86D von Hasegawa kombinierte. Der Cockpit anschließend sehr ansehnlich, und<br />
Grund: In dem ansonsten sehr guten Bausatz die Tropfenhaube gewährt einen guten Einblick.<br />
Auf eine weiße Grundierung kam Fluorescent<br />
Orange, und zuletzt nutzte er Revell<br />
Silber 99, um das Modell vollständig zu lackieren.<br />
Den Abschluss bilden die hervorragenden<br />
Decals von SH.<br />
■<br />
Paul Sched/Othmar Hellinger<br />
Beeindruckend:<br />
die vergrößerte<br />
Flügelspannweite<br />
Modell und Fotos Paul Sched<br />
DOUGLAS A-1J SKYRAIDER VON ZOUKEI-MURA IN 1:32<br />
Veredelter »Himmelsräuber«<br />
Bei den Japanern kommt eben niemand zu<br />
gute und feine Gravuren. Die reich bebilderte<br />
kurz: Nach der Marine-Version ist nun<br />
Bauanleitung führt auf 39 Seiten verständlich<br />
auch die USAF-Variante der Skyraider in der<br />
SWS-Serie unter der Nummer 07 erhältlich,<br />
und der neue Kit steht seinem Vorgänger in<br />
nichts nach! Besondere Highlights sind wieder<br />
das teileintensive Cockpit und der ausgezeichnete<br />
durch den Bau des Flugzeuges. Beim Hersteller<br />
sind auch Zusatzteile wie Piloten und<br />
Bomben erhältlich. Weitere Infos unter<br />
www.zoukeimura.co.jp oder bei Traudl’s<br />
Modellbauladen in München (www.traudls<br />
Motor. Die Oberflächendetails sind<br />
modellbau.com). Preis: zirka 200,- Euro. ■<br />
hervorragend nachgebildet und besitzen sehr<br />
Othmar Hellinger<br />
Fotos Othmar Hellinger<br />
60
Modell Guido Schwarz, Fotos Othmar Hellinger<br />
ARADO AR 196 A-3 VON REVELL IN 1:72<br />
Störrischer<br />
»kleiner Bruder«<br />
Klein, aber fein: Die Arado Ar 196 A-3 war<br />
ein durch einen Sternmotor BMW 132K angetriebener<br />
Tiefdecker mit Schwimmern und<br />
das standardmäßige Katapult-Bordflugzeug<br />
der deutschen Großkampfschiffe im Zweiten<br />
Weltkrieg. Der Bausatz selbst besteht aus 41<br />
grauen und drei Klarsichtbauteilen, welche sich<br />
auf insgesamt fünf Gussästen übersichtlich verteilen.<br />
Die dreiseitige, in 20 Bauschritte unterteilte<br />
Bauanleitung lässt keine Fragen offen. Die<br />
beiden Decalsätze erlauben wahlweise den Bau<br />
einer Arado der 5./Bordfliegergruppe 196 im<br />
August 1941 in Brest-Hourtin, Frankreich,<br />
oder einer Maschine<br />
der Seenotrettungsgruppe<br />
10 des Seenot-<br />
bereitschafts-<br />
Kommandos IX in<br />
Die überhöhte Kanzel<br />
bot einen guten<br />
Rundumblick für<br />
die Seeaufklärung<br />
Tromsoe, Norwegen, im September 1943. Erstere<br />
erschien mir als farblich eindrucksvoller<br />
und war auch aufgrund fast gratfreier Bauteile<br />
zügig gebaut. Nur das Schwimmergestänge<br />
unterhalb und die drei Klarsichtteile wollten<br />
anfangs einfach nicht zueinander passen. Nach<br />
mehreren Schleif- und Anpassarbeiten wurde<br />
dieses Problem jedoch gelöst. Bemalt wurde die<br />
Arado mit Revell »Aqua Color«, wobei hier<br />
zwei Tarnfarben erst nach Revell-Manier gemischt<br />
werden mussten. Fazit: Die Modellbauer,<br />
denen der Platz und die Zeit für 1:32-Version<br />
fehlen, haben mit diesem Modell ein recht<br />
gutes Abbild des Originals, jedoch nicht so detailreich<br />
wie der »große Bruder« in 1:32. ■<br />
Guido Schwarz/Othmar Hellinger<br />
Charakteristisch: das durchgehende Höhenruder<br />
und die davor aufgesetzte Seitenflosse<br />
Die Spitfire ist nach wie<br />
vor Kult, und ModellFan<br />
zeigt Ihnen mit der neuesten<br />
Ausgabe, wie Sie eine<br />
Spitfire Mk.XIV im Großmaßstab<br />
1:32 zum Fotoaufklärer<br />
PR.XIX umbauen<br />
können!<br />
ModellFan 6/2013 ist ab<br />
dem am 27. Mai 2013<br />
am Kiosk erhältlich.<br />
Modellbau-News<br />
REVELL: HASEGAWA/FALLER<br />
Bla Messerschmitt blalddflalsd Bf flasd 109<br />
F-4/B »Jabo« in 1:32<br />
REVELL: (Kit: 08228). Der Hersteller<br />
blalddflalsd aus Japan flasd erfreut<br />
Bla<br />
uns Modellbauer mit<br />
einer weiteren Variante<br />
des berühmten Jagdflugzeuges,<br />
diesmal als Jagdbomber. Der Kit mit<br />
seinen 161 Einzelteilen hat sehr gute Gravuren an<br />
den Oberflächen und ein voll eingerichtetes Cockpit<br />
mit Pilotenfigur. Mit den Decals lassen sich drei<br />
Maschinen darstellen. Preis: 79,99 €<br />
REVELL<br />
Hudson Mk.I/II Patrol<br />
Bomber in 1:72 (Kit:<br />
04838). Aus Bünde<br />
kommt die Nachbildung<br />
des bekannten<br />
Patrouillen- und -U-Boot-Jägers der englischen<br />
Luftwaffe mit feinen Oberflächengravuren und einer<br />
tollen Cockpiteinrichtung. Der Decalbogen lässt den<br />
Bau von zwei Flugzeugen zu. Preis: 13,50 €<br />
TRUMPETER/GLOW2B<br />
Messerschmitt Bf 109<br />
F-4/Trop in 1:32 (Kit:<br />
02293). Auch die<br />
Chinesen bringen jetzt<br />
die berühmte »Gelbe<br />
14« von Marseille in<br />
die Läden. Die gut 240<br />
Bauteile sind recht gut gespritzt und besitzen gute<br />
und feine Gravuren auf den Oberflächen. Motor und<br />
Cockpit sind mit umfangreichen Teilen aufwendig<br />
dargestellt. Drei Maschinen der Tropen-109 können<br />
mit den Decals gebaut werden. Preis: 38,99 €<br />
HASEGAWA/FALLER<br />
F6F-5 Hellcat »Pacific<br />
Aces« in 1:48 (Kit:<br />
07313). Der Hersteller<br />
aus Japan kommt mit<br />
einer weiteren Farbvariante<br />
des US-Marinejägers<br />
auf den Markt. Die Modelloberflächen der<br />
knapp 100 Bauteile besitzen sehr gute Gravuren,<br />
die Passgenauigkeit ist gewohnt gut und die<br />
Detaillierung für den Maßstab kann sich sehen<br />
lassen. Zwei Maschinen der USN können gebaut<br />
werden. Preis: 48,99 €<br />
WINGNUT WINGS<br />
Sopwith Snipe early and<br />
late in 1:32 (Kit: 32020<br />
und 32054). Wieder ein -<br />
mal überraschen uns die<br />
Neuseeländer mit zwei englischen<br />
Jagddoppeldeckern aus dem Ersten Welt -<br />
krieg. Die 113 Teile sind hervorragend gestaltet<br />
und weisen sehr feine Details an den Oberflächen<br />
auf. Die Einrichtung in Form von Cockpit, Bewaffnung<br />
und Motor ist atemberaubend umgesetzt<br />
worden. Mit den Decals von Cartograf können<br />
jeweils fünf Maschinen dargestellt werden<br />
(www. wingnutwings.com). Preis: je ca. 65,00 €<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
61
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<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
63
TERMINE / MUSEUMSTIPP<br />
TERMINE 2013<br />
FÜR DEUTSCHLAND,<br />
ÖSTERREICH UND SCHWEIZ<br />
MAI<br />
18.–20. Mai<br />
Grunau-Baby-Treffen/Tag der offenen Tür<br />
(Sonntag), Sonderlandeplatz Bamberg-<br />
Breitenau, www.aeroclub-bamberg.de<br />
25./26. Mai<br />
Fliegerfest, Sonderlandeplatz Eichstätt,<br />
www.fliegerclub-eichstaett.de<br />
25./26. Mai<br />
Airportfestival, Flughafen Niederrhein/<br />
Weese, www.airport-weeze.de<br />
30. Mai–2. Juni<br />
Flugtage, Sonderlandeplatz Kehl-Sundheim,<br />
www.kehler-flugtage.de<br />
JUNI<br />
6./7. Juni<br />
Flugtag, Verkehrslandeplatz Leipzig-Altenburg,<br />
www.grossflugtage.de<br />
14.–16. Juni<br />
Klassikwelt am Bodensee,<br />
Messe & Flughafen Friedrichshafen,<br />
www.messe-friedrichshafen.de<br />
15./16. Juni<br />
Fly In, Ambri, Schweiz, www.p3aviation.ch<br />
22./23. Juni<br />
Oldtimertreffen, Segelfluggelände Eutingen,<br />
www.bw-in-fahrt.de<br />
28./29. Juni<br />
Airpower 2013, Internationale Airshow, Fliegerhorst<br />
Hinterstoisser, Zeltweg, Österreich,<br />
www.airpower.gv.at<br />
29. Juni<br />
Tag der offenen Tür/Flyout F-4 Phantom,<br />
Jagdgeschwader 71, Fliegerhorst Wittmund,<br />
www.phantom-pharewell.de/<br />
JULI<br />
6./7. Juli<br />
Airshow, Verkehrslandeplatz Coburg Brandensteinsebene,<br />
www.aeroclub-coburg.de<br />
12./13. Juli<br />
Scalaria Air Challenge, Wolfgangsee, Österreich,<br />
www.airchallenge.info<br />
28. Juli<br />
Tag der offenen Tür, Kampfhubschrauber -<br />
regiment 26/Roth, www.deutschesheer.de<br />
AUGUST<br />
3./4. August<br />
Flugplatzfest, Sonderlandeplatz<br />
Bad Frankenhausen,<br />
www.aeroclub-frankenhausen.de<br />
8.–11. August<br />
Seefliegertreffen, Rostock/Marienehe,<br />
www.hansesail.com<br />
10./11. August<br />
Flugtage, Verkehrslandeplatz Bautzen,<br />
www.flugtage-bautzen.de<br />
16.–18. August<br />
Airday Nordholz/100 Jahre Deutsche Marineflieger,<br />
Marineflieger-Stützpunkt Nordholz,<br />
www.airday-nordholz.de<br />
17./18. August<br />
Oldtimer/Doppeldecker Fly-In, Segelflug -<br />
gelände Montabaur, www.biplanes.de<br />
23.–25. August<br />
Quaxmeet 2013, Fly-In am Flughafen<br />
Paderborn-Lippstadt, www.quax-flieger.de<br />
23.–25. August<br />
Tannkosh Fly-In, Verkehrslandeplatz Tannheim,<br />
www.tannkosh.de<br />
24./25. August<br />
Flugplatzfest, Sonderlandeplatz Albstadt-<br />
Degerfeld, www.lsv-degerfeld.de<br />
24. August<br />
Hunterfest, Flugplatz St. Stephan, Schweiz,<br />
www.hunterverein.ch<br />
31. August/1. September<br />
Flugtage, Dittingen, Schweiz,<br />
www.flugtage.ch/c<br />
31. August/1. September<br />
Flugplatzfest, Sonderlandeplatz Krefeld-<br />
Egelsberg, www.flugplatzfest-krefeld.de<br />
31. August/1. September<br />
Flugtag, Segelfluggelände Dorsten,<br />
Kontakt: Barbara Großelohmann,<br />
Tel. 02365/50 17 53 oder 0172 654 17 00<br />
SEPTEMBER<br />
6.–8. September<br />
Hahnweide Oldtimertreffen, Segelfluggelände<br />
Kirchheim-Teck/Hahnweide,<br />
www.oldtimer-hahnweide.de<br />
7./8. September<br />
Flugplatzfest, Sonderlandeplatz Bad Waldsee-Reute,<br />
www.fliegerwaldsee.de<br />
EUROPA<br />
MAI<br />
18./19. Mai<br />
Oldtimer Airshow, La Ferte Alais/Cerny,<br />
Frankreich, www.ajbs.fr<br />
20. Mai<br />
Airshow, Oostwold, Niederlande,<br />
www.oostwold-airshow.nl<br />
25. Mai<br />
Airshow, Caslav Airbase, Tschechien,<br />
www.openday2013.cz<br />
JUNI<br />
1./2. Juni<br />
Airshow, Pardubice, Tschechien,<br />
www.aviatickapout.cz<br />
8./9. Juni<br />
Aero Show, Göteborg, Schweden,<br />
www.aeroseum.se<br />
14./15. Juni<br />
Airshow, Volkel Airbase, Niederlande,<br />
www.defensie.nl/luchtmachtdagen<br />
17.–23. Juni<br />
50. Internationale Paris Airshow,<br />
Flughafen Le Bourget/Paris, Frankreich,<br />
www.paris-air-show.com<br />
JULI<br />
13./14. Juli<br />
Flying Legends Airshow, Duxford Airfield,<br />
Großbritannien, www.iwm.org.uk<br />
20./21. Juli<br />
Royal International Air Tattoo, RAF Fairford,<br />
Großbritannien, www.airtattoo.com/airshow<br />
AUGUST<br />
10./11. August<br />
Wings and Wheels, Ursel Airfield, Belgien,<br />
www.wingsandwheels.be<br />
17./18. August<br />
Oldtimer Fly-In, Schaffen-Diest, Belgien,<br />
www.flyin.dac.be<br />
17./18. August<br />
Airshow, Roskilde, Dänemark,<br />
www.airshow.dk<br />
24./25. August<br />
Airshow, Radom-Sadkow, Polen,<br />
www.airshow.sp.mil.pl<br />
27. August–1. September<br />
MAKS – Internationaler Luft- und Raumfahrt<br />
Salon, Moskau/Zhukovsky, Russland,<br />
www.aviasalon.com<br />
31. August/1. September<br />
SIAF 2013 Airshow, Sliac Airbase, Slowakei,<br />
www.siaf.sk<br />
WELTWEIT<br />
JULI<br />
29. Juli–4. August<br />
EAA AirVenture Oshkosh, Wittman Regional<br />
Airport, Wisconsin, USA, www.airventure.org<br />
OKTOBER<br />
12./13. Oktober<br />
Commemorative Air Force Airsho, Midland,<br />
Texas, USA<br />
Alle Angaben sind ohne Gewähr.<br />
Kurzfristige Änderungen treten häufig ein,<br />
eventuell beim Veranstalter nachfragen!<br />
Sie planen eine Veranstaltung? Teilen Sie uns<br />
diese bitte möglichst frühzeitig mit:<br />
Fax: 09 51/428 23, E-Mail: janluftfahrt@aol.com,<br />
Alexander Nüßlein, J.A.N. Luftfahrtdokumentation<br />
BÜCHER<br />
Fokker G-1<br />
Volume II – Operational History<br />
In niederländischer Sprache<br />
248 S., über 400 S/W- und Farbfotos,<br />
13 Farbprofile. Lanasta, Emmen (NL).<br />
ISBN 978-90-8616-121-8.<br />
Preis: 42,80 €<br />
Bezugsquelle: Fachbuchhandlung<br />
Schmidt. www.christian-schmidt.com.<br />
Tel. 089/70 32 27<br />
FRITS GERDESSEN ET AL.<br />
Ungewöhnlicher Jäger<br />
Die Fokker G-1 ist das fortschrittlichste<br />
Kampfflugzeug der Niederlande zu Beginn<br />
des Zweiten Weltkrieges. Im zweiten<br />
Teil ihrer Dokumentation beleuchtet<br />
das Autorenquartett deren Einsatzgeschichte,<br />
üppig illustriert mit guten Fotos<br />
und Abbildungen. Ein großer Abschnitt<br />
widmet sich dabei den von der deutschen<br />
Luftwaffe übernommenen Flugzeugen.<br />
»Angst« vor dem niederländischen<br />
Originaltext muss der Leser nicht<br />
haben: Alle Bildunterschriften sowie eine<br />
Zusammenfassung gibt es auch auf Englisch!<br />
Wer sich für die ungewöhnliche<br />
G-1 interessiert, kommt um dieses ausgezeichnete<br />
Werk nicht herum. WM<br />
R. ISHIGURO UND T. JANUSZEWSKI<br />
Japans »Amerika-Bomber«<br />
Japans Marine gilt als die einzige Streitmacht,<br />
die in größerem Umfang U-Bootgestützte<br />
Flugzeuge im Zweiten Weltkrieg<br />
nutzte. Das wichtigste davon ist die<br />
hier vorgestellte E14Y, alliierter Code -<br />
name Glen – zugleich die einzige Feindmaschine,<br />
der es gelang, die USA zu<br />
bombardieren. Das japanisch-polnische<br />
Autorenduo bietet Historikern wie Modellbauern<br />
alles, was das Herz begehrt:<br />
Texte und Tabellen in Kombination mit<br />
zahlreichen Farbprofilen und Maßstabsrissen<br />
sowie tollen Fotos, Handbuchauszügen<br />
und Unterwasser-Farbaufnahmen<br />
vom einzig bekannten Wrack. Fazit: ein<br />
rundum gelungenes Werk. WM<br />
Kugisho E14Y Glen<br />
The Aircraft that bombed America<br />
In englischer Sprache<br />
128 S., 112 S/W- und Farbfotos,<br />
36 Farbprofile. Mushroom Model<br />
Publications. ISBN 978-83-<br />
61421-72-6. Preis: 32,50 €<br />
Bezugsquelle: Sound Tonträger/<br />
Bücher. www.sound-bm.com.<br />
Tel. 0177/288 29 68<br />
64
Schmuckloses<br />
Gebäude mit<br />
»Schätzen« im<br />
Inneren<br />
Fotos Alexander Gilles<br />
Winnetous Erben<br />
Generationen von nicht nur amerikanischen<br />
Piloten haben ihren ersten Flug auf<br />
einer Piper »Cub« absolviert. Der legendäre<br />
kleine, zweisitzige Hochdecker entstand Anfang<br />
der 1930er-Jahre und ist über Jahrzehnte<br />
in großen Stückzahlen in mehreren Versionen<br />
gebaut worden. Auch heute noch erfreut<br />
sich das unverwüstliche Schul- und Sportflugzeug<br />
weltweit großer Beliebtheit.<br />
Auch die späteren, meist nach Indianerstämmen<br />
benannten und eleganten Reiseflugzeuge<br />
von Piper wie Aztec, Comanche,<br />
Ein Mekka für Piper-Fans<br />
Einzelstück Piper PA-41 P,<br />
eine Aztec mit Druckkabine<br />
Cherokee, Chayenne oder Mojave sind aus<br />
der heutigen allgemeinen Luftfahrt nicht<br />
mehr wegzudenken.<br />
Lock Havens Beziehung zu Piper geht zurück<br />
bis ins Jahr 1937, als dort aus der Taylor<br />
Aircraft Company die Piper Aircraft Corporation<br />
wurde und in einem neuen Werk die<br />
Produktion begann. 1987 endete die Fertigung<br />
an diesem Standort und wurde nach<br />
Florida verlegt. In dem früheren Entwicklungsgebäude<br />
von Piper entstand dann ab<br />
1995 das Piper Aviation Museum.<br />
Mit rund einem Dutzend Flugzeugen,<br />
zahlreichen Modellen, Fotografien und Dokumenten<br />
wird die Geschichte des Flugzeugwerks<br />
dokumentiert. Die ausgestellte J-2 Cub<br />
ist die erste, die in Lock Haven gebaut worden<br />
ist. Mit der PA-12 Super Cruiser wurde<br />
1947 zusammen mit einer weiteren PA-12 ein<br />
Weltflug durchgeführt, der vom 9. August bis<br />
zum 10. Dezember dauerte. Weitere Piper-Typen<br />
in der Ausstellung sind unter anderem<br />
J-3C-65 Cub, PA-22 Tri-Pacer, PA-23 Aztec,<br />
PA-24 Comanche oder PA-29 Papoose.<br />
Checkliste<br />
Piper Aviation Museum, One Piper Way,<br />
Lock Haven, Pennsylvania 17745, USA<br />
Tel.: 001 570 748-82 83<br />
Fax: 001 570 893-83 57<br />
E-Mail:<br />
info@pipermuseum.com<br />
Website:<br />
www.pipermuseum.com<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag bis Freitag 8.00–16.00 Uhr<br />
Samstag<br />
10.00–16.00 Uhr<br />
Sonntag<br />
12.00–16.00 Uhr<br />
Eintrittspreise:<br />
Erwachsene 6,00 $<br />
Kinder 7 bis 15 Jahre 3,00 $<br />
Kinder unter 6 Jahren frei<br />
Rentner ab 55 Jahren 5,00 $<br />
Familien 12,00 $<br />
Sonderpreise für Gruppen<br />
Über das Jahr macht das Museum verschiedene<br />
Veranstaltungen wie Flugtage, Besuche<br />
anderer Luftfahrtmuseen oder Sommercamps<br />
für Kinder. Peter W. Cohausz ■<br />
Piper PA-24<br />
Comanche<br />
MUSEUMSTIPP<br />
CLAES SUNDIN<br />
Edle Profilbilder<br />
ALEXANDER NITSCHKE<br />
Fliegen in Weißenfels<br />
Luftwaffe Fighter Aircraft<br />
Profile Book No 1<br />
Mit englischem Text<br />
132 Seiten, 124 Farbprofiles.<br />
Centura Publishing. www.luftwaffeinprofile.se.<br />
ISBN: 9-789163-<br />
726453. Preis: 40,00 €<br />
Bezugsquelle: Sound Tonträger/<br />
Bücher. www.sound-bm.com.<br />
Tel. 0177/288 29 68<br />
Sundin ist unbestritten ein Meister seines<br />
Faches: Farbprofile aus seiner Hand repräsentieren<br />
die hohe Schule jener spezifischen<br />
Kunstform. Seine Darstellungen<br />
sind voller Details, Feinheiten und op -<br />
tischer Highlights. Zu bewundern sind<br />
124 Zeichnungen allerfeinster Qualität;<br />
großformatig auf hochwertigem Papier<br />
und in sehr guter Qualität gedruckt. Inhaltlich<br />
ist das Werk den ein- und zweimotorigen<br />
Jägern der deutschen Luftwaffe<br />
gewidmet. So finden sich Bf 109,<br />
Bf 110, Me 262 und Fw 190 fast aller Versionen<br />
sowie Nachtjäger vom Typ Ju 88<br />
und Bf 110 wieder. Ein echter Augenschmaus<br />
für Kenner wie Genießer! WM<br />
Luftfahrt- und Luftsportgeschichte rund<br />
um Weißenfels an der Saale bietet dieses<br />
bemerkenswerte Buch. Obwohl es dort<br />
nie einen offiziellen Flugplatz gab, lockte<br />
der Tschirnhügel am östlichen Stadtrand<br />
von den 1920er- bis zu den 1960er-<br />
Jahren stets Segel- und Gleitflieger an. Es<br />
sind insbesondere die Geschichten und<br />
Anekdoten jener Veteranen der Weißenfelser<br />
Luftsportbewegung, die das gut illustrierte<br />
Werk raffiniert würzen, ebenso<br />
wie die 194 Kurzbiographien oder die<br />
aufgeklärten Schicksale diverser vermisster<br />
Kriegsteilnehmer. Lokale Luftfahrtgeschichte<br />
vom Feinsten, die sich absolut<br />
zu lesen lohnt!<br />
WM<br />
Die Flieger vom Tschirnhügel<br />
Weißenfelser Luftfahrt- und<br />
Luftsportgeschichte<br />
362 S., 565 Fotos und Abbildungen.<br />
Arps Verlag Weißenfels.<br />
ISBN 978-3-936341-18-8.<br />
Preis: 34,95 €<br />
Erhältlich im einschlägigen Buchhandel.<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
65
ZEITGESCHICHTE<br />
Flugzeugunglück<br />
AVRO TUDOR<br />
Das Kreuz mit<br />
den Steuerseilen<br />
Zugegeben, die Tudor war<br />
kein schönes Flugzeug.<br />
Ebensowenig glänzte sie<br />
mit guten Flugleistungen.<br />
Doch gründlich ruiniert<br />
wurde ihr Ruf durch einen<br />
Unfall, der die Füh rungsspitze<br />
des Flugzeugherstellers<br />
empfindlich dezimierte<br />
Von Jochen W. Braun/<br />
Markus Wunderlich<br />
Der Zweite Weltkrieg ist noch in vollem<br />
Gange, aber nicht nur für die Briten<br />
steht im Jahr 1944 bereits fest, dass die<br />
Alliierten gewinnen werden. So macht man<br />
sich in Großbritannien daran, für die Zeit danach<br />
ein großes Verkehrsflugzeug zu entwickeln.<br />
Viermotorig muss es sein, weil das Lastenheft<br />
die Möglichkeit einer problemlosen<br />
Atlantiküberquerung vorsieht. Zudem wird<br />
das Flugzeug so schwer werden, dass es mit<br />
weniger Triebwerken gar nicht abheben würde.<br />
Einer der besten Flugzeugkonstrukteure<br />
jener Zeit, der über die Grenzen Großbritanniens<br />
hinaus bekannte und respektvoll gewürdigte<br />
Roy Chadwick, macht sich bei der<br />
Firma A.V. Roe & Co. Ltd. (kurz Avro genannt)<br />
über dieses Projekt her. Auf dem Papier<br />
glänzt es derart vielversprechend, dass<br />
die British Overseas Airways Corporation<br />
(BOAC) vorab schon einmal 20 Exemplare für<br />
den Atlantikverkehr ordert.<br />
Nach der für damalige Zeiten typischen<br />
kurzen Entwicklungszeit fliegt ein erstes<br />
Exemplar der Avro 688 Tudor 1 genannten Serie<br />
bereits am 14. Juni 1945. Einige Superlative<br />
heimst das Flugzeug für sich ein. So ist es<br />
das größte je in Großbritannien gebaute Verkehrsflugzeug<br />
und gleichzeitig das erste, das<br />
über einen Kabinendruckausgleich verfügt.<br />
Trotz seiner Größe ist es nur für zwölf Passagiere<br />
ausgelegt, die jedoch umgeben von einem<br />
noch nie da gewesenen Luxus, der an<br />
heutige Businessjets erinnert, den Atlantik<br />
überqueren werden.<br />
Innen hui, außen pfui könnte man auch sagen,<br />
denn bei der Betrachtung der Maschine<br />
rümpft ein Ästhet unwillkürlich die Nase. Ein<br />
Vergleich mit der zur gleichen Zeit konstruierten,<br />
atemberaubend eleganten Lockheed<br />
Constellation weckt zwangsläufig Erinnerungen<br />
an die Geschichte vom hässlichen Entlein.<br />
Noch kann man ja nicht wissen, dass die Avro<br />
Tudor – ganz anders als in Andersens Märchen<br />
– niemals zum Schwan werden wird.<br />
Das wäre so schlimm ja nicht, wenn das<br />
plumpe Ding wenigstens ansprechende Flugeigenschaften<br />
hätte. Aber auch die lässt es geradeswegs<br />
vollständig vermissen, was sich in<br />
zahllosen Änderungen während der folgenden<br />
Testwochen und -monate zeigt. Und als<br />
die BOAC zur Abnahme schreitet, fordern deren<br />
Fachleute die erschreckende Anzahl von<br />
sage und schreibe 343 Änderungen an und im<br />
Flugzeug.<br />
66
Stand unter keinem guten Stern: Avros Tudor<br />
machte mehr mit Unglücken als mit Erfolgsmeldungen<br />
auf sich aufmerksam. Ein Unfall<br />
war besonders tragisch<br />
Foto Phil Jarrett<br />
Chefkonstrukteur Chadwick lässt dennoch<br />
den Kopf nicht hängen und entwirft eine verbesserte<br />
und vergrößerte Variante, die Avro<br />
689 Tudor 2, deren auffälligstes Merkmal im<br />
Vergleich zur Tudor 1 der um acht Meter gestreckte<br />
Rumpf ist. Im Lastenheft wird eine<br />
maximale Passagierzahl von 60 genannt, weshalb<br />
dieses Flugzeug für Langstreckenbetreiber<br />
höchst interessant erscheint. 79 Bestellungen<br />
gehen in kurzer Zeit ein, unter anderem<br />
von der renommierten Qantas, der BOAC<br />
und der South African Airways (SAA).<br />
Nur sechs Monate dauert die Bauzeit,<br />
dann steht bereits eine Tudor 2 zum Test bereit.<br />
Ziemlich ernüchternd allerdings fällt das<br />
Urteil der Testpiloten nach dem Erstflug am<br />
10. März 1946 aus: Ja, die Maschine lässt sich<br />
gut fliegen. Nein, sie hat die gleichen Mängel,<br />
wie die Tudor 1. Darum wird Monat über<br />
Monat weiter an dem Flugzeug herumgedoktert<br />
und verändert – so auch in der<br />
Nacht zum schicksalsschweren Samstag, dem<br />
23. August 1947.<br />
Einige Zeit ist die Tudor 2 bereits am Boden<br />
gewesen, als in dieser Nacht auch noch<br />
die Steuerseile zum Höhenruder getauscht<br />
werden. Die Testpiloten hatten mangelnde<br />
Steifigkeit festgestellt, und ein Mechaniker<br />
hat den Auftrag bekommen, am besten gleich<br />
völlig neue Seile einzubauen, um festzustellen,<br />
ob die Reklamation eventuell auf eine<br />
Dehnung der alten Seile zurückzuführen ist.<br />
Keine große Sache also, wenn man sie nach<br />
Plan durchführt. Doch einen solchen hat der<br />
Mechaniker nicht … wie auch, es gibt keinen.<br />
So baut er die alten Seile aus und prägt sich<br />
den Weg, den diese in der Maschine gehen,<br />
genau ein. Am Ende der Nacht beginnt er die<br />
Das Urteil der Testpiloten fällt nach dem<br />
Erstflug ziemlich ernüchternd aus.<br />
neuen, strafferen Seile genau so einzubauen<br />
wie die alten, deren Lage er sich gemerkt hat.<br />
Dabei unterläuft ihm ein Fehler, den er aber<br />
nicht bemerkt, weil alles so aussieht, wie er es<br />
in Erinnerung hat. Zwei Kontrolleure überprüfen<br />
die Arbeit. Passt.<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
67
ZEITGESCHICHTE<br />
Flugzeugunglück<br />
Die Avro Tudor 2, G-AGSU, hebt in Woodford zu einem Testflug ab.<br />
Obwohl sie für den Transatlantikverkehr ausgelegt ist, stellt sie für<br />
die US-Konkurrenz keine ernstzunehmende Gefahr dar Foto Phil Jarrett<br />
der Funker John Webster und der Flugingenieur<br />
E. Talbot.<br />
Und noch jemand steigt in die Maschine,<br />
den Kopf voller Gedanken. Es ist Chefkonstrukteur<br />
Roy Chadwick, dem die schlechte<br />
Beurteilung seiner Tudor seit dem Erstflug<br />
vor eineinhalb Jahren keine Ruhe gelassen<br />
hat. Er nimmt seinen Mitarbeiter, den Konstrukteur<br />
Stuart D. Davies, mit an Bord des<br />
Tudor-2-Prototypen, G-ADSU, mit. Die beiden<br />
Männer wollen sich heute zum wiederholten<br />
Mal mit bestimmten Flugeigenschaften<br />
der Maschine befassen. Zu ihnen gesellt sich<br />
auch der kaufmännische Direktor der Avro,<br />
Sir Roy Dobson, um sich vom Fortgang der<br />
aus seiner Sicht schleppenden Weiterentwicklung<br />
zu überzeugen.<br />
Verhängnisvolle Verwechslung: Ein Mechaniker prägte sich den Lauf der Steuerseile für die Querruder<br />
falsch ein – der Fehler blieb trotz Kontrolle unentdeckt … Zeichnung Sammlung Jochen W. Braun<br />
Die Sonne ist schon eine Weile am Himmel<br />
entlanggewandert, als die Maschine aufgetankt<br />
wird und die vier Rolls-Royce-»Merlin«-Motoren<br />
für einen Probelauf stotternd<br />
zum Leben erwachen. Gegen 10:40 Uhr<br />
steigt die Testcrew in das startbereite Flugzeug.<br />
Cheftestpilot Sydney A. »Bill« Thorne<br />
lässt sich in den linken Sitz fallen, Major David<br />
Wilson stellt sich den Copilotensitz ein.<br />
Zwei weitere Männer ergänzen die Crew:<br />
Ein Anruf zur rechten Zeit<br />
Gerade sollen die Motoren angelassen werden,<br />
da wird Dobson von einem seiner Mitarbeiter<br />
wegen eines wichtigen Anrufs aus<br />
dem Flugzeug gebeten. Mit dem Hinweis, es<br />
dauere nur ein paar Minuten, steigt er aus.<br />
Als die Zeit jedoch verrinnt, gibt der ungeduldige<br />
Chadwick um 10:57 Uhr den Befehl<br />
zu starten, und nach gut 700 Metern hebt das<br />
Flugzeug ab in den sonnenhellen Himmel.<br />
Diese Ungeduld rettet Sir Dobson das Leben.<br />
Fünfzehn, zwanzig Meter steigt die Viermot,<br />
fliegt etwa 275 Meter normal geradeaus,<br />
aber dann deutet sich an, dass dieser vermeintlich<br />
routinemäßige Testflug anders verlaufen<br />
wird, denn das Flugzeug neigt sich<br />
kaum merklich nach Steuerbord, ein ungewöhnliches<br />
Flugmanöver in so geringer Flughöhe.<br />
Die Schräglage nimmt stetig zu – bis die<br />
rechte Tragfläche mit den ersten Bäumen kol-<br />
Die Tudor mit ihrem ursprünglichen, kleineren Seitenleitwerk. Um die<br />
Stabilität um die Hochachse zu erhöhen, erhielt sie …<br />
… ein vergrößertes Seitenleitwerk, das man für alle Nachfolgemaschinen<br />
beibehielt<br />
Fotos (2) Phil Jarrett<br />
68
lidiert. In diesem Moment ist der Prototyp<br />
verloren.<br />
Fünfzehn Meter vor dem Flugplatzende<br />
pflügt nun die rechte Flächenspitze durch den<br />
Boden und – immer noch mit voller Motorleistung<br />
– direkt danach knapp über dem Boden<br />
durch den 2,50 Meter hohen Zaun, der<br />
das Ende des Werksgeländes markiert.<br />
Auf der anderen Seite des Zaunes wird die<br />
Furche immer tiefer. Nach einigen Metern<br />
trifft die Fläche auf eine Hecke, hier ist der Boden<br />
durch das Wurzelwerk wesentlich dichter<br />
und der äußere Teil der Fläche bricht ab,<br />
ebenso wie ein Teil der Ruderanlage.<br />
Hoher Besuch: Königin Elisabeth I.<br />
(2. v. r.) im Gespräch mit Roy Chadwick<br />
vor einer Lancaster. Dritter von links:<br />
Avro-Direktor Roy Dobson<br />
Foto François Prins<br />
Katastrophaler Absturz<br />
Immer noch eine tiefe Furche mit dem Flächenstummel<br />
markierend, fliegt die Tudor inzwischen<br />
in erschreckender Schräglage weiter,<br />
verliert dabei weitere Teile der Fläche sowie der<br />
Außenhaut des Flugzeugs. Spanten und Verstrebungen<br />
lösen sich krachend, der verbliebene<br />
Teil des Steuerbordflügels wird abgeschert,<br />
und schließlich schlägt die Tudor 2 mit der Nase<br />
voran auf den Boden, wo der Rumpf sich in<br />
seine Bestandteile aufzulösen beginnt.<br />
Aus einer Bruchfläche heraus sehen die<br />
entsetzten Beobachter einen Körper fliegen.<br />
Es ist der Chefkonstrukteur Roy Chadwick,<br />
den man später mit gebrochenem Schädel aus<br />
einem 65 Meter entfernten Baum bergen<br />
muss. Der 54-Jährige dürfte sofort tot gewesen<br />
sein. Ähnlich ergeht es dem Funker Webster,<br />
auch er erliegt bereits am Unfallort seinen<br />
schweren Schädelverletzungen.<br />
Nur ein kurzes Stück schlittert die Tudor mit<br />
aufgerichtetem Heck und fast auf der Nase, bis<br />
weitere Teile des Rumpfs durch die Wucht des<br />
Zusammenstoßes mit mehreren Eichen brechen.<br />
Das Vorderteil rutscht einen Hang hinab<br />
und bleibt schließlich brennend in einem Teich<br />
liegen, der zur Shirfold Farm gehört. Das Cockpit<br />
läuft zügig voll Wasser – noch bevor die<br />
Helfer eintreffen, sind die beiden verletzten<br />
und eingeklemmten Piloten ertrunken.<br />
Das Vorderteil rutscht einen Hang hinab und<br />
bleibt schließlich brennend liegen.<br />
Doch zwei der sechs Insassen haben überlebt.<br />
Flugingenieur E. Talbot wird schwer<br />
verletzt von den herbeigeeilten Mitarbeitern<br />
der Avro-Werke aus dem brennenden Wrack<br />
gezogen. Stuart Davies kann sich leichtverletzt<br />
selbst in Sicherheit bringen.<br />
Thorne war unstrittig einer der besten<br />
Testpiloten seiner Zeit, ungeheuer erfahren,<br />
besonnen, leidenschaftlicher Flieger und<br />
stets mit 100 Prozent bei der Sache. Wie<br />
konnte so einem Mann ein derartiges Unglück<br />
widerfahren? Akribisch wurde das<br />
Wrack untersucht und sehr bald die Ursache<br />
für den Unfall festgestellt: Die neuen Seile<br />
für die Höhenruder waren über Kreuz<br />
montiert worden (siehe Abbildung S. 68).<br />
Zur Erläuterung des Ablaufs eines Steuerbefehls<br />
Folgendes: Das Steuer dreht ein<br />
Rad in der Steuersäule, über dieses Rad läuft<br />
eine Kette zu zwei weiteren Rädern, diese<br />
sind mit den neuen Seilen verbunden. Normalerweise<br />
folgt dann einer Rechtsdrehung<br />
des Steuerrades auch eine entsprechende Bewegung<br />
der Querruder, das Flugzeug kurvt<br />
nach rechts.<br />
Ein verhängnisvoller Irrtum<br />
Der Mechaniker hatte sich in der Nacht jedoch<br />
den Verlauf der Kette und der Seile<br />
nicht richtig eingeprägt. Er schloss die Kette<br />
über Kreuz an und verband sie dadurch mit<br />
den falschen Seilen. Wenn Thorne nun das<br />
Technische Daten – Avro Tudor 2, G-AGSU<br />
Seriennummer 1235<br />
Erstflug 10.03.1946<br />
Länge<br />
32,19 m<br />
Spannweite<br />
36,58 m<br />
Höhe<br />
6,60 m<br />
Triebwerke<br />
4 x Rolls Royce 621 »Merlin«<br />
Leistung<br />
4 x 1770 PS<br />
Max. Startgewicht 36 300 kg<br />
Anzahl Passagiere max. 60<br />
Dienstgipfelhöhe 8700 m<br />
Max. Reichweite 6500 km<br />
Max. Geschwindigkeit 465 km/h<br />
Anzahl gebaut 11 (Tudor 2); 32 (Tudor, alle Modelle)<br />
Unfalldatum 23.08.1947<br />
Insassen (Unfalltag) Insgesamt 6 (davon 4 Crew)<br />
Tote 4 (davon 3 Crew)<br />
Verletzte 2 (davon 1 Crew)<br />
Roy Chadwick erläutert einem RAF-Kadetten die von ihm entworfene<br />
Avro Lancaster<br />
Foto François Prins<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
69
ZEITGESCHICHTE<br />
Flugzeugunglück<br />
Doppeltes Pech: Beim Crash kam der Bug mit dem<br />
Cockpitbereich in einem Teich zum Liegen – die<br />
zwei Piloten ertranken … Foto Sammlung Jochen W. Braun<br />
Steuerrad nach rechts bewegte, legte sich die<br />
Maschine leicht nach links.<br />
Ein Start erfordert von der Cockpitcrew stets<br />
vollste Konzentration. Thorne hatte dieserart<br />
keine wirkliche Chance, die Tudor 2 zu retten.<br />
Als ungeheuer erfahrener Mann hatte er eine<br />
leichte Neigung des Flugzeugs beim Start in<br />
Richtung einer Flügelspitze wohl einige Hundert<br />
Male erlebt. Seitenwind, eine Böe – was<br />
auch immer, es war stets die Luft, die das Flugzeug<br />
aus der stabilen Lage zu drängen drohte.<br />
Er reagierte instinktiv auf den leichten<br />
Rechtsdrall und korrigierte mit einem ebenso<br />
dezenten Ausschlag des Steuerrades nach<br />
links. Unwissentlich verschlechterte er wegen<br />
der über Kreuz angeschlagenen Seile damit<br />
die Situation des Flugzeugs, es neigte sich<br />
weiter nach rechts. Natürlich meinte Thorne,<br />
er habe nicht weit genug gegengesteuert, und<br />
verstärkte die Drehung der Steuersäule nach<br />
links. Das Resultat war niederschmetternd,<br />
die Maschine kurvte noch steiler nach rechts.<br />
Flugingenieur Talbot sah einen Augenblick<br />
vor dem ersten Aufschlag noch, wie Thorne<br />
das Steuerrad mit Macht bis zum Anschlag<br />
nach links drehte, dann war der Testflug der<br />
Tudor 2 zu Ende. Thorne war erfahren, er hätte<br />
nur ein wenig mehr Zeit und ein wenig<br />
mehr Höhe benötigt, dann wäre er höchstwahrscheinlich<br />
hinter das Geheimnis der<br />
Thorne hatte dieserart keine wirkliche<br />
Chance, die Tudor 2 zu retten.<br />
über Kreuz angeschlossenen Steuerseile gekommen<br />
und hätte die Maschine nebst Insassen<br />
retten können.<br />
Es war übrigens nicht der erste Fall in der<br />
Geschichte der Luftfahrt: Bereits 1927 war ei-<br />
Zweitverwertung: Tragfläche, Fahrwerk und die Triebwerke des Typs Rolls<br />
Royce Merlin 621 übernahm man vom Bomber Avro Lincoln Foto Phil Jarrett<br />
Roy Chadwick und Guy Gibson. Gibson leitete 1943 die Angriffe der<br />
617 Squadron auf deutsche Talsperren Foto François Prins<br />
70
ne Bristow Crusader beim berühmten Rennen<br />
um die Schneider-Trophy mit gekreuzten Seilen<br />
in das Meer gestürzt. Damals allerdings<br />
konnte der Pilot sich retten.<br />
Viele Unfälle, zahlreiche Opfer<br />
Der Tudor war auch ohne diesen Unfall kein<br />
Erfolg zugedacht. Die BOAC trat von den<br />
Verträgen zurück und nahm lieber die Lockheed<br />
Constellation. Von den 32 Exemplaren<br />
der Tudor, die in dreizehn verschiedenen Versionen<br />
bis 1948 gebaut wurden, endete ein<br />
Viertel mit Totalschäden oder Abstürzen.<br />
Über 150 Menschen starben bei diesen Unfällen,<br />
ein Blutzoll, den man heute nicht mehr<br />
hinnehmen würde.<br />
Stuart Davies, der das Unglück leichtverletzt<br />
überlebt hatte, wurde übrigens später<br />
neuer Chefkonstrukteur bei Avro.<br />
■<br />
Die Tudor trug die Gene des Lincoln-Bombers in sich – das drückte die Entwicklungskosten erheblich.<br />
Genutzt hat es nichts<br />
Foto Phil Jarrett<br />
Quellennachweis:<br />
Allward, Maurice: »Safety in the Air«.<br />
S. 148ff<br />
Brookes, Andrew: »Katastrophen am<br />
Himmel«. S. 45ff<br />
Denham, Terry: »World Directory of Airline<br />
Crashes«. S. 51<br />
Edwards, Allan: »Flights to Hell«. S. 143f<br />
Hengi, B. I.: »Crash«. S. 10<br />
Job, Macarthur: »Air Disaster Volume 4«.<br />
S. 12<br />
Roach, J. R.: »Piston Engine Airliner Production<br />
List«. S. 15<br />
Stewart, Oliver: »Danger in the Air«. S. 67ff<br />
Veronico, Nicholas A.: »Wreckchasing<br />
Volume 2«. S. 109<br />
www.baaa-acro.com<br />
V.l.n.r.: S/Ldr D.Wilson, Capt. R. Shepherd (RR-Testpilot), Flight Engineer E. Talbot und Roy Chadwick<br />
im Cockpit einer Lancastrian.Chadwick und Wilosn starben beim Tudor-Absturz Foto François Prins<br />
Auszug aus der Neuerscheinung<br />
»SOS in den Wolken« von Jochen W. Braun.<br />
192 Seiten, ISBN 978-3-86245-331-3,<br />
Geramond Verlag, Preis: 26,99 €,<br />
Bezugsquelle: www.verlagshaus24.de<br />
Tragen die Mechaniker weiße Overalls, kündigt sich meist wichtiger Besuch an. Hier hat die<br />
Viermot noch ihr altes Seitenleitwerk<br />
Foto Phil Jarrett<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
71
OLDTIMER<br />
Nurflügler-Nachbau<br />
HORTENS LEGENDÄRER GLEITER<br />
Nur Flügel<br />
Getreu dem Motto »Einen statischen Flieger bauen, kann doch jeder!« hat sich ein<br />
hessischer Verein das ehrgeizige Ziel gesteckt, einen der sagenumwobenen Horten-IV-<br />
Segler nachzubauen und in die Luft zu bringen!<br />
Von Peter W. Cohausz<br />
Die eleganten Nurflügler der Gebrüder<br />
Horten sind legendär, und die Diskussionen<br />
über deren Flugeigenschaften<br />
stecken voller Märchen und Mythen, auch<br />
weil der letzte Flug einer Horten fast 50 Jahre<br />
her ist. Schluss damit: Um festzustellen, wie<br />
sich die Horten IV fliegt und welche Leistungen<br />
sie tatsächlich bringt, hat der Verein »Hessisches<br />
Institut für Luftfahrt e.V.« in Darmstadt<br />
einen perfekten Nachbau gefertigt.<br />
Die Geschichte dieses Nachbaus begann<br />
vor etwa zwölf Jahren bei einem Gespräch<br />
zwischen Professor Bernd Ewald von der<br />
TU Darmstadt und Chris Wills, dem Vorstand<br />
des Vintage Glider Clubs. Wäre es nicht<br />
schön, ein Horten-Flugzeug in die Luft zu bekommen?<br />
Ewald war sogleich bereit, sich dafür<br />
zu engagieren.<br />
Er startete das Projekt 2001 mit einem<br />
Aufruf in den »VGC-News«: »Können wir<br />
einen Horten Nurflügler wieder in die Luft<br />
bringen?« In den folgenden Monaten wurde<br />
untersucht, ob sich ein Nachbau realisieren<br />
ließe.<br />
Zwei H IV hatten in Museen in den USA<br />
und in Deutschland überlebt, waren aber<br />
nicht mehr flugfähig. Die Dokumentenlage ist<br />
durchwachsen, und es war zunächst unklar,<br />
ob das für einen flugfähigen Neubau ausreichen<br />
würde.<br />
Freilich gibt es einige Originalzeichnungen,<br />
Fotos, Literatur, die Aussagen von Horten-Piloten<br />
und die dokumentierte Rekonstruktion<br />
des Horten-IV-Mittelstücks im<br />
Deutschen Museum. Die Angaben zu den<br />
Flugleistungen waren jedoch lückenhaft und<br />
Bau der Flügel<br />
Foto Sascha Heuser<br />
Zeitlos elegant: Hortens<br />
Nurflügler hat auch nach<br />
über einem halben Jahrhundert<br />
nichts von seiner<br />
Faszination verloren<br />
Foto Martin Stenger<br />
Mittelstück und Flächen<br />
werden angepasst<br />
Foto Sascha Heuser<br />
Beplankung des Mittelstücks<br />
Foto Sascha Heuser<br />
Teile der Steuerung warten auf den<br />
Einbau<br />
Foto Sascha Heuser<br />
72
widersprüchlich. So lag die Gleitzahl je nach<br />
Quelle zwischen 1:29,5 und 1:37! Gesichert<br />
sind aber angenehme und problemlose Flugeigenschaften<br />
mit stabilem Kurvenflug, sehr<br />
guten Überzieheigenschaften und keiner<br />
Neigung zum Trudeln.<br />
Auf dieser Basis wurde zunächst mittels<br />
CAD (computer-aided design, zu Deutsch:<br />
rechnerunterstütztes Konstruieren) ein komplexes<br />
Modell des Flügels rekonstruiert und<br />
Fehlendes ergänzt. Die TU Darmstadt rechnete<br />
die Aerodynamik nach, ermittelte die<br />
Lasten und die flugfähige Dimensionierung<br />
des Mittelteils.<br />
Kopfzerbrechen bereiteten Ewald allerdings<br />
die Kosten für den Nachbau, die sich<br />
auf etwa 500 000 Euro summierten. Dafür<br />
war kein einzelner Hauptsponsor zu finden.<br />
Nach und nach fanden sich aber immer<br />
mehr Sponsoren, die ihre Arbeitskraft an -<br />
boten und Teile oder Geld spendeten. Das<br />
Luftfahrtbundesamt prüfte den Entwurf<br />
wohlwollend.<br />
Um das Projekts durchzuführen, gründete<br />
man die »Felix-Kracht-Stiftung«, benannt<br />
nach dem bekannten Segelflieger und<br />
Konstrukteur, dem 1937 die erste Alpenüberquerung<br />
mit einem Segelflugzeug glückte<br />
Wie aus dem Ei gepellt:<br />
Die fertige Horten IV mit<br />
Taufnamen und Zulassung<br />
D-4251 Foto Martin Stenger<br />
und der später einer der Väter von Airbus<br />
und Transall wurde.<br />
2002 wurde mit dem Bau begonnen. Professor<br />
Ewald selbst fertigte die ersten Musterrippen<br />
und später auch die Ruder. Die<br />
Hauptholme baute die Akaflieg Darmstadt<br />
im Rahmen ihres Ausbildungsbetriebs, und<br />
die Rippen steuerte die Lehrwerkstatt des<br />
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt<br />
(DLR) in Oberpfaffenhofen bei. Beschläge<br />
kamen vom Bahn-Ausbesserungswerk<br />
Fulda und die Formklötze für die Beplankungen<br />
ebenfalls von der Lehrwerkstatt<br />
des DLR.<br />
2006 begann der Zusammenbau der Flügel<br />
in der Werkstatt von Sascha Heuser in<br />
Potsdam. In diesem Jahr gab es außerdem<br />
zahlreiche Sachspenden: Bordinstrumente,<br />
Die Horten IV wird auf kommenden Flugtagen<br />
sicher eine beeindruckende Sensation sein.<br />
die Funkanlage, Schleppkupplungen, Anschnallgurte,<br />
Steuerungsteile und die Plexiglashaube.<br />
Einen wichtigen Meilenstein erreichte<br />
man schließlich am 24. August 2007, als das<br />
geschweißte Mittelstück übergeben wurde,<br />
das die Lehrwerkstatt der Lufthansa Technik<br />
AG seit 2004 in über 10 000 Stunden<br />
nachgebaut hatte. Danach konnten Rumpf<br />
und Flächen in der Werkstatt in Potsdam<br />
endlich »verheiratet«, ausgerüstet und beplankt<br />
werden.<br />
Im Sommer 2012 war der Zusammenbau so<br />
weit fertiggestellt, dass die Horten IV am<br />
29. August im Segelflugmuseum in einem feierlichen<br />
Akt auf den Namen »Heinz Scheidhauer«<br />
getauft werden konnte. Scheidhauer<br />
war mit über 1000 Flugstunden auf den Nurflüglern<br />
quasi der Chefpilot der Horten-Brüder<br />
gewesen. In den 1950er-Jahren hatte er in einer<br />
dieser Maschinen sogar die Anden überquert.<br />
Am 14. Februar 2013 wurde die nun fertiggestellte<br />
Horten IV auf dem »August-Euler-Flugplatz«<br />
in Darmstadt-Griesheim der<br />
Öffentlichkeit vorgestellt. Bei einem gut besuchten<br />
Festvortrag stellte Bernd Ewald das<br />
Projekt und seinen Verlauf vor.<br />
Der nächste Akt wird nun dieses Jahr die<br />
Flugerprobung sein. Weitere Spenden wären<br />
dafür selbstverständlich hochwillkommen!<br />
Denn die Horten IV wird auf kommenden<br />
Flugtagen sicher eine beeindruckende Attraktion<br />
sein.<br />
■<br />
Bernd Ewald bei seinem Vortrag am 14. Februar 2013<br />
Foto Martin Stenger<br />
Kein Raum für Platzangst: Ariane Winterfeldt, Lufthansa,<br />
probiert das Liegegefühl in der Horten aus.<br />
Rechts im Bild mit Mütze: Bernd Ewald<br />
Foto via Bernd Ewald<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
73
LESERALBUM<br />
Bruch einer Junkers Ju 87 B des Stukageschwaders 77 auf einem<br />
Feldflugplatz in Frankreich. Das Abzeichen ist kaum zu erkennen,<br />
sie könnte aber zum Stab der III. Gruppe gehört haben. Das 1939<br />
aufgestellte Geschwader flog Einsätze in Polen, im Frankreich-<br />
Feldzug und gegen England. Ab 1941 war es in Russland im<br />
Einsatz, und 1943 wurde daraus das Schlachtgeschwader SG 77.<br />
Flugzeugmuster waren Ju 87 B und D und zuletzt Fw 190 F<br />
ERSCHÜTTERNDE BILDER DES LUFTKRIEGES<br />
Zwischen Bomben<br />
und Trümmern<br />
Den Bildern dieser Alben fehlten die Beschriftungen,<br />
doch das ist auch gar nicht nötig: Trümmer, Wracks und<br />
Bomben sind die häufigsten Motive. Motive, die für sich<br />
selbst sprechen …<br />
Von Peter W. Cohausz<br />
Während des Krieges stirbt die<br />
Wahrheit, nach dem Krieg manchmal<br />
die Sprache als Ganzes. So erging<br />
es auch dem Tischler Max Rieger, als er<br />
aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurückkehrte.<br />
Wie so viele andere Wehrmachtssoldaten<br />
auch, hat er nie über diese Zeit ge-<br />
Max Rieger als Gefreiter beim Wachdienst<br />
vor einer Kommandantur in Frankreich<br />
sprochen. Doch er hat zwei Fotoalben hinterlassen,<br />
die unbeschriftet und insofern genauso<br />
»sprachlos« wie ihr ehemaliger Besitzer<br />
sind. Sie zeigen Wehrmachtssoldaten bei der<br />
Ausbildung mit 3,7-cm-Panzerabwehrgeschützen,<br />
bei Ausmärschen, beim Wacheschieben<br />
oder in der Freizeit.<br />
Der Betrachter folgt Max Rieger in den<br />
Frankreichfeldzug bis an die Atlantikküste.<br />
Man sieht den Vormarsch, aber auch die Spu-<br />
74
Wrack einer französischen<br />
Potez 63. Diese mit zwei<br />
700 PS starken Gnôme-Rhône-Sternmotoren<br />
ausgerüstete<br />
dreisitzige Maschine<br />
wurde überwiegend als<br />
schwerer Jäger eingesetzt.<br />
Die Maschine hatte ausgezeichnete<br />
Flugeigenschaften,<br />
war leicht zu warten<br />
und zum Teil schwer bewaffnet.<br />
Die zu geringe Höchstgeschwindigkeit<br />
führte jedoch<br />
zu schweren Verlusten.<br />
Später setzte die Luftwaffe<br />
den Typ als Verbindungsund<br />
Schulflugzeug ein<br />
Die Reste der TL+BE von hinten. Zum Glück für die Bewohner<br />
und ihre Nachbarn gab es keinen Brand. Der Anstrich<br />
des Flugzeugs könnte einfarbig Grau 02 gewesen sein<br />
Hier hat sich der Pilot<br />
einer Gotha Go 145<br />
wohl in der Höhe verschätzt<br />
und ist in das<br />
Wohnzimmer eines<br />
Hauses in Nordfrankreich<br />
gerauscht. Bei<br />
der Maschine handelte<br />
es sich vermutlich<br />
um die TL+BE, die bei<br />
einer Kuriereinheit<br />
im Einsatz war<br />
ren des Krieges wie erbeutete oder abgeschossene<br />
Panzer, einige abgestürzte Flugzeuge und<br />
nicht zuletzt zerstörte Städte und Gräber.<br />
Zuweilen graben sich aber Schätze auch<br />
von selbst aus: Ralf Possin, der <strong>FLUGZEUG</strong><br />
<strong>CLASSIC</strong> auch Max Riegers Fotoalbum zur<br />
Verfügung gestellt hat, ist versierter Modellbauer<br />
und stets auf der Suche nach historischen<br />
Vorlagen. Ein Arbeitskollege schenkte<br />
ihm daher kurzerhand das Fotoalbum seines<br />
Onkels, der Flieger beim KG 28 gewesen war.<br />
Ralf Possin freute sich sehr über die Bilder und<br />
bedankte sich postwendend mit einem schönen<br />
Modell der Bf 109 G-6 »Rote 13«, geflogen<br />
von Heinrich Bartels, JG 27. Die Wahl war<br />
nicht dem Zufall überlassen, denn Possins<br />
Kollege heißt ebenfalls Heinrich Bartels! ■<br />
Die Fotoalben hat Ralf Possin zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
Hier ist eine Henschel Hs 126 auf einer Wiese bruchgelandet. An dem verzogenen Leitwerk ist zu<br />
erkennen, dass es sich vermutlich um einen Totalschaden handelt<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
75
LESERALBUM<br />
Wrack einer französischen Amiot 143. Der 1934 gebaute Bomber, Aufklärer und Begleitschutzjäger (!) wurde zunächst nur<br />
bei nächtlichen Einsätzen gegen Nachrichtenverbindungen eingesetzt. Später erlitt die Amiot 143 schwere Verluste bei Tageinsätzen<br />
gegen den deutschen Brückenkopf bei Sedan und wurde danach nur noch als Transporter geflogen<br />
Auf dem Vormarsch im Westen. Bei jeder Rast<br />
fallen die Soldaten todmüde in einen kurzen Schlaf<br />
Ausbildung an der 3,7-cm-Panzerabwehrkanone 35/36. Im<br />
Einsatz erwies sich dieses Kaliber bald als zu schwach<br />
Ausgebrannte Fairey Battle I der 150 Squadron. Der leichte Bomber war zu Kriegsbeginn bei der RAF weit verbreitet. Im Einsatz gegen die deutsche<br />
Bf 109 E hatte sie jedoch keine Chance, und die Verluste waren dementsprechend schwer. Die 150 Squadron war von August 1938 bis Oktober<br />
1940 mit der Battle ausgerüstet<br />
76
Heinkel He 111 H-5 mit dem Kennzeichen 1T+CB. Sie ist das dritte Flugzeug<br />
des Stabs der I. Gruppe vom KG 28. Für Nachteinsätze sind die<br />
weißen Flächen der Kennzeichen bis auf das Hakenkreuz schwarz übermalt<br />
worden. Es könnte sich bei ihr um die Werknummer 3569 handeln<br />
Wappen des Kampfgeschwaders KG 28. Der<br />
Mond und der auf einer stilisierten Luftmine reitende<br />
Zwerg deuten auf die nächtlichen Mineneinsätze<br />
über dem Kanal und der Nordsee hin<br />
Gefährliche Fracht: Hier wird vermutlich eine<br />
Bombenmine BM 1000 »Monika« abgeladen<br />
<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 6/2013<br />
77
LESERALBUM<br />
Eine Heinkel He 111 H-5 oder H-6 von vorne. Die Maschine ist für den Tiefangriff auf Schiffsziele ausgelegt, denn in der Bodenwanne ist vorne<br />
ein 20-mm-MG FF eingebaut und das Bombenzielgerät fehlt. Hinzu kommen zwei Messfühler an der Kanzel, die auch auf den Einsatz als Wetter -<br />
flugzeug hindeuten<br />
Abgestellte Heinkel<br />
He 111 H des KG 28<br />
in Dinard oder Nantes.<br />
Die Maschinen haben<br />
den nachträglich angebrachten<br />
Anstrich<br />
für Nachteinsätze, bei<br />
dem die Rumpfunterseiten<br />
und die hellen<br />
Flächen der Kennzeichen<br />
geschwärzt sind<br />
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<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong><br />
GeraMond Verlag GmbH<br />
Infanteriestraße 11a<br />
80797 München<br />
Messerschmitt Bf 109<br />
»Unter fremder Flagge«<br />
und »Quax in Afrika«<br />
in Heft 3/2013<br />
Rühmanns Tiger Moth mit Bücker-Werkspilot …<br />
Die von mir gemachten Angaben<br />
stammen aus den Leistungsangaben<br />
der Bf 109 K-4 und K-6 mit<br />
DB 605 ASCM/DCM Motoren vom<br />
11. Dezember 1944. Zuletzt wurden<br />
hier als Anmerkung die noch möglichen<br />
Verbesserungsmaßnahmen<br />
bei der Bf 109 K aufgezeigt. Dabei<br />
ist auch die Angabe mit den symmetrischen<br />
Querrudern.<br />
Von der erwähnten Leistungsmaschine<br />
I gibt es keinen Messerschmitt-Erprobungsbericht,<br />
daher<br />
kann ich keine konkreten Aussagen<br />
zu den Ergebnissen mit den symmetrischen<br />
Querrudern machen. Es<br />
wird auch nicht erläutert, was es mit<br />
diesen Querrudern auf sich hat.<br />
Bei der G-2 hat man in Wiener Neustadt<br />
Messungen mit sonderbehandelten<br />
Oberflächen gemacht. Im<br />
Durchschnitt wurden hier 8 km/h an<br />
Geschwindigkeitsverbesserung erzielt.<br />
Daran kann man schon sehen, dass<br />
die Maßnahmen »Kühlerdurchlauf<br />
und symmetrische Querruder« nur minimale<br />
Geschwindigkeitsverbesserungen<br />
mit sich bringen konnten.<br />
Der Begriff symmetrisch bezieht<br />
sich meiner Meinung nach nicht auf<br />
das Profil des Ruders, sondern auf<br />
den Ausschlag. Im Gegensatz beispielsweise<br />
zur Fw 190 (Ruderausschlag<br />
oben/unten 17°/17°)<br />
war der Ruderausschlag bei der<br />
Bf 109 (oben/unten 22°/11°) unsymmetrisch.<br />
Bei hohen Geschwindigkeiten waren<br />
die Querruder der »109« problerascht<br />
von der Existenz israelischer<br />
Flugzeuge. Und so konnte<br />
mithilfe von ehemaligen »Nazi-<br />
Flugzeugen« der Vormarsch der<br />
Ägypter gestoppt werden, der<br />
Staat Israel hat überlebt – welche<br />
Ironie der Geschichte!<br />
Mit den C-47-Transportern, die<br />
Modi Alon alleine mit seiner S-199<br />
abschoss, wollten die Ägypter am<br />
3. Juni 1948 Tel Aviv bombardieren.<br />
Kann man sich den moralischen<br />
Effekt auf die Bevölkerung<br />
von Tel Aviv heute noch vorstellen,<br />
als ein einzelnes israelisches<br />
Flugzeug die beiden Behelfsbomber<br />
vom Himmel holte? Auf jeden<br />
Fall haben die wenigen Avia S-199<br />
ganz entscheidend zum Überleben<br />
des Staates Israel beigetragen,<br />
und darauf sind die Israelis auch<br />
heute noch sehr stolz!<br />
Zum Artikel über Heinz Rühmann<br />
von Stefan Bartmann habe<br />
Israelische S-199 in Hatzerim<br />
Fotos (3) H.-D. Schneider<br />
Auf Seite 22 und 23 berichtet<br />
Dietmar Hermann über die Avia<br />
S-199 im israelischen Einsatz. Im<br />
Museum der IAF in Hatzerim<br />
steht kein Doppelsitzer, sondern<br />
ein Einsitzer, jetzt mit der Kennung<br />
120.7. Dazu noch ein aktuelles<br />
Foto, denn ich war im Oktober<br />
2011 dort und konnte auch<br />
lange mit dem Museumsdirektor<br />
Brigadegeneral Yaakov Terner, einem<br />
Veteranen aller Kriege seit<br />
dem Sechstagekrieg, reden. Er<br />
hat mir die Rolle der Avia S-199<br />
im Jahr 1948 wesentlich dramatischer<br />
geschildert als Dietmar<br />
Hermann in seinem Artikel.<br />
Demnach standen die ägyptischen<br />
Truppen am 29. Mai 1948<br />
nur 35 Kilometer vor Tel Aviv<br />
und hätten die Stadt am nächsten<br />
Tag sicherlich eingenommen und<br />
damit den israelischen Staat aufgelöst,<br />
wenn nicht buchstäblich<br />
in allerletzter Minute die vier<br />
Piloten Lou Lenart, Modi Alon,<br />
Ezer Weizman und Eddie Cohen<br />
mit den vier hastig zusammengebauten<br />
Avia S-199 die anrückenden<br />
Truppen angegriffen hätten.<br />
Die Ägypter waren völlig überich<br />
zwei Bilder von Rühmanns<br />
Tiger Moth D-EHYS gefunden –<br />
offensichtlich war er bei den Aufnahmen<br />
bei Bücker in Rangsdorf,<br />
denn auf dem einen Bild wirft<br />
der Bücker-Werkspilot Josef Beier<br />
den Propeller der Moth an, und<br />
auf dem anderen lässt sich ein<br />
grimmig dreinblickender Rühmann<br />
von Beier in den Overall<br />
helfen.<br />
Heinz-Dieter Schneider, Siegburg<br />
Messerschmitt Bf 109 K<br />
»Mehr Leistung, mehr<br />
Probleme« in Heft 4/12<br />
Ich lese immer mit großer Freude<br />
Ihre sehr detailreichen Artikel zur<br />
Me 109 und Fw 190, wenn Sie<br />
auch bisweilen eventuell etwas<br />
viel Fachwissen seitens des Lesers<br />
beziehungsweise Laien voraussetzen.<br />
Meine konkrete Frage: In<br />
… Josef Beier, der hier Rühmann behilflich ist<br />
den Artikeln über die Bf 109 K erwähnten<br />
Sie den Begriff »symmetrische<br />
Querruder«. Was ist das,<br />
und wieso konnten sie gegebenenfalls<br />
für weiteren Geschwindigkeitszuwachs<br />
sorgen? Ich kenne<br />
nur »symmetrisches (Flügel-)<br />
Profil«, wie man es zum Beispiel<br />
bei Kunstflug-Maschinen verwendet.<br />
Gerd Kopper, per E-Mail<br />
80
matisch. Bei der Bf 109 F hieß es in<br />
der Kurzbedienungsanweisung »Im<br />
Sturz und besonders beim Abfangen<br />
führt harte Querruderbetätigung<br />
zum Bruch«. Bei Hochgeschwindigkeitsversuchen<br />
im März 1943 hat<br />
man daher den Querruderausschlag<br />
aus Sicherheitsgründen auf<br />
50 Prozent begrenzt.<br />
Dass die bei der Bf 109 eingebauten<br />
Querruder nicht optimal waren,<br />
sieht man auch daran, dass ab<br />
der K-Version ein Flettner zum Kraftausgleich<br />
eingebaut wurde/werden<br />
sollte. Dieses Hilfsruder war aber<br />
strömungstechnisch sicher auch<br />
nicht ideal. Dietmar Hermann<br />
Supermarine Spitfire<br />
»Endlich auf Augenhöhe«<br />
in Heft 2/2013<br />
Der Artikel war für mich sehr interessant.<br />
Insbesondere die Ausführungen<br />
zur Spitfire F.Mk.IIC/<br />
ASR Mk.II. Britische Quellen<br />
schreiben, dass unter der rechten<br />
Tragfläche (entgegengesetzt der<br />
Flugrichtung gesehen) ein Pärchen<br />
von Rauchbomben angebracht<br />
war.<br />
Als Modellbauer interessiert<br />
mich, wo sie genau angebracht<br />
wurden (vermutlich zwischen<br />
Ölkühler und Rumpfmitte, da im<br />
äußeren Tragflächenbereich keine<br />
Aufnahmemöglichkeiten bestanden).<br />
Können Sie eventuell mit einem<br />
Foto oder einer Zeichnung<br />
den »Tatbestand« etwas erhellen?<br />
Vielen Dank für die Unterstützung<br />
und viele weitere interessante<br />
Artikel!<br />
Martin Gentsch, Chemnitz<br />
Leider schweigen sich hier alle mir<br />
bekannten Quellen praktisch vollständig<br />
aus. Selbst die »Spitfire-<br />
Bible« von Morgan und Shacklady<br />
weiß dazu nichts Konkretes zu sagen.<br />
Lediglich in der Modellbaupublikation<br />
SAM Modellers Datafile<br />
No 3 findet sich auf S. 66 der Hinweis<br />
auf ein »small bomb rack fitted<br />
inside of the oil cooler under the<br />
port wing to carry rescue markers«<br />
– ohne dass jedoch die exakte Position<br />
des Bombenschlosses ersichtlich<br />
wäre. Vielleicht weiß aber<br />
einer unsere Leser mehr dazu?<br />
Wolfgang Mühlbauer<br />
Anmerkung der Redaktion Leserbriefe<br />
spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion<br />
wider. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe<br />
aus Gründen der Darstellung eines<br />
möglichst umfassenden Meinungsspektrums<br />
unserer Leser Sinn wahrend zu kürzen.<br />
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VORSCHAU<br />
Nr. 144 I 6/13 I Juni I 14. Jahrgang<br />
Die Geschichte der Fw 190 – Teil 2<br />
Die Zelle der Fw 190 war unbestritten ein gelungener Entwurf, doch der neue BMW-801-Doppelsternmotor<br />
hatte noch seine Kinderkrankheiten. Nach ersten Erfahrungen mit der Vorserie<br />
begann die Auslieferung der A-1-Serie an die 6. Staffel des JG 26. Für die RAF völlig unerwartet<br />
flogen Fw-190-Jäger im August 1941 erste Einsätze.<br />
Talsperren im Visier<br />
Operation »Chastise«: Für die<br />
Briten sollte die Zerstörung<br />
deutscher Talsperren nichts<br />
Geringeres als kriegsentscheidend<br />
sein. François Prins und<br />
Peter Cronauer über einen der<br />
verwegendsten Einsätze der<br />
britischen Luftstreitkräfte. Dazu:<br />
Stefan Bartmann über den<br />
Film »The Dam Busters«, die<br />
cineastische Umsetzung der<br />
Angriffe des 16./17. Mai 1943!<br />
Internet: www.flugzeugclassic.de<br />
vereinigt mit<br />
Redaktionsanschrift<br />
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Redaktion Markus Wunderlich (Chefredakteur)<br />
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Ständige Mitarbeiter<br />
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Layout Ralph Hellberg, Rico Oehme<br />
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Im selben Verlag erscheinen außerdem:<br />
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insbesondere § 86 (3) StGB. Wer solche Abbildungen aus diesem<br />
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Preis: € 1.598,00<br />
Edelstahl-Gehäuse mit multi-entspiegeltem Saphirglas, Durchmesser 44mm<br />
<strong>Erich</strong> Fröhlich - Uhrenfabrik<br />
Kandelstraße 4 - 75334 Straubenhardt<br />
Tel.: 07082 3025 Fax: 07082 3026<br />
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