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Motorsport Magazin So tickt der Champ - alles über Cortese (Vorschau)

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INHALT.ausgabe 28<br />

IN DIESER AUSGABE<br />

Stephan Heublein, Chefredakteur<br />

Aller guten<br />

Dinge sind drei<br />

Dritter Streich - Drei Finger streckte Sebastian Vettel in die Luft.<br />

In einem spannenden Finale sicherte er sich seinen dritten<br />

WM-Titel in Folge - nach gerade einmal fünf vollen Jahren in <strong>der</strong><br />

Formel 1. Grund genug für das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> nachzuforschen,<br />

wo das noch hinführen soll - was kann Vettel in den<br />

nächsten Jahren noch erreichen? Welche Rekorde kann er noch<br />

brechen? Das Ergebnis: Es gibt noch viel zu erreichen für ihn...<br />

Drei <strong>Champ</strong>ions - Die Zahl drei ist in diesem Monat sehr gefragt.<br />

Mit Jorge Lorenzo, Marc Marquez und Sandro <strong>Cortese</strong> beleuchten<br />

wir gleich alle drei Motorradweltmeister <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Klassen. Dabei hat unsere Redakteurin Maria Pohlmann ein ganz<br />

beson<strong>der</strong>es Auge auf den ersten Moto3-<strong>Champ</strong>ion geworfen. Was<br />

macht diesen Sandro <strong>Cortese</strong> so gut? Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

forschte im Umfeld des Deutschen und för<strong>der</strong>te einige spannende<br />

und bislang unbekannte Fakten zutage.<br />

Drei Zugaben - Ein <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> in Händen ist gut, aber<br />

lei<strong>der</strong> reichen 116 Seiten geballtes Racing nicht aus, um alle<br />

Fahrer, Teams und Ereignisse des <strong>Motorsport</strong>-Jahres 2012<br />

gebührend zu würdigen. Also dachten wir uns, warum legen wir<br />

nicht gleich noch drei Hefte obendrauf? Als kleines Geschenk gibt<br />

es unter www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com/goto/racemag/ gleich drei<br />

kostenlose E-<strong>Magazin</strong>e mit Rückblicken und Teamanalysen - eines<br />

für Formel 1, eines für MotoGP und Superbike sowie eines für<br />

DTM, WRC & Co. Gleich reinklicken!<br />

Formel 1<br />

vettel: Blick in die Zukunft 22<br />

statistik: Formel-1-Rekorde 26<br />

alonso: Der letzte Samurai 28<br />

interview: Peter Sauber 32<br />

hülkenberg: Explosionsgefahr 36<br />

saison 2012: Dar<strong>über</strong> sprach die F1-Welt 40<br />

button: Hamiltons schweres Erbe 46<br />

top-5: Der perfekte Fahrer 50<br />

history: Legendäre Teamchefs 54<br />

Automobil<br />

interview: Bruno Spengler 58<br />

rückblick: Indycar 2.0 62<br />

interview: André Lotterer 66<br />

technik: Audi R18 e-tron quattro 68<br />

wrc: Wie<strong>der</strong> im Leerlauf 70<br />

splitter: ADAC <strong>Motorsport</strong> 72<br />

Motorrad<br />

motogp: Jorge Lorenzo 76<br />

moto2: Marc Marquez 80<br />

moto3: Sandro <strong>Cortese</strong> 86<br />

interview: Graziano Rossi 88<br />

reglement: Rosarote Zukunft . 92<br />

top-5: Die dümmsten Regelän<strong>der</strong>ungen 96<br />

interview: Cal Crutchlow 100<br />

ducati: Die Ära nach Rossi 104<br />

kiefer racing: Ein Neubeginn 108<br />

wsbk: Eine Seifenoper namens Ducati 110<br />

Service<br />

Boxenstopp 4<br />

Kolumnen 14<br />

ZIELGERADE 112<br />

Impressum 114<br />

Foto: adrivo/Sutton Titelfotos: adrivo/Sutton, milagro, BMW, Red Bull<br />

2 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Pro VS.<br />

Gelingt Vettel <strong>der</strong> vierte Streich?<br />

Jubelt Sebastian Vettel<br />

auch in <strong>der</strong> Saison<br />

2013 <strong>über</strong> den<br />

WM-Titel?<br />

+++ PRO +++<br />

+++ CONTRA +++<br />

Fotos: adrivo/sutton, red bull<br />

Die Formel 1 ist ein unvorhersehbares Pflaster - das hat die Saison<br />

2012 mit sieben verschiedenen Siegern in den ersten sieben Rennen<br />

bewiesen. Um den Weltmeister 2013 zu erfahren, kann man entwe<strong>der</strong><br />

eine Hellseherin kontaktieren, mit einer Zeitmaschine zum Saisonfinale<br />

nach Brasilien reisen o<strong>der</strong> die Statistik <strong>der</strong> letzten Jahre zur Hilfe<br />

nehmen.<br />

Diese spricht eine deutliche Sprache pro Sebastian Vettel - jüngster<br />

Weltmeister, jüngster Doppelweltmeister, jüngster Dreifach-<strong>Champ</strong>ion.<br />

Manche mögen diese Rekorde nicht auf das Konto des Deutschen<br />

schreiben, son<strong>der</strong>n auf das Bankkonto von Red-Bull-Boss Dietrich<br />

Mateschitz o<strong>der</strong> auf das Zeichenbrett von Design-Genie Adrian Newey<br />

- und sie haben Recht. Zumindest zum Teil.<br />

Derartige Erfolge lassen sich nicht ohne die richtigen Leute um einen<br />

herum, das nötige Budget und das beste Auto einfahren. Und genau<br />

diese Zutaten sind mit ein Grund, weshalb Vettel auch in <strong>der</strong> neuen<br />

Formel-1-Saison wie<strong>der</strong> zu den Titelfavoriten zählt. Ein an<strong>der</strong>er ist<br />

das Reglement, das sich 2013 kaum verän<strong>der</strong>t.<br />

Hinzu kommen sein fahrerisches Talent, seine Fahrzeugbeherrschung,<br />

seine Rennintelligenz und seine mentale Stärke. Er lässt sich in keinen<br />

Psychokrieg manövrieren, verzichtet auf jegliche Tricks sowie auf die<br />

Schützenhilfe seines Teamkollegen Mark Webber. Er weiß eben um<br />

seine eigenen Stärken.<br />

Text: Kerstin Hasenbichler<br />

Aller guten Dinge sind drei - damit ist dann aber erst einmal Schluss.<br />

Auch die Erfolgsserie von Sebastian Vettel und Red Bull wird ein Ende<br />

finden. 2013 ist <strong>der</strong> perfekte Zeitpunkt dafür. Die Formel 1 folgt schon<br />

seit jeher Wellenbewegungen, irgendwann kommt stets <strong>der</strong> Einbruch.<br />

Nach drei Jahren als Fahrer- und Teamchampion haben die Stiere nun<br />

ausgedient.<br />

Gegen Ende eines Reglement-Zyklus rücken die Teams stets enger<br />

zusammen. Selbst ein Stardesigner wie Adrian Newey kann dann keine<br />

Geniestreiche mehr auf das Zeichenbrett zaubern. Stattdessen werden<br />

die Fortschritte immer kleiner und die Abstände schmelzen - und dann<br />

schlägt die Konkurrenz erbarmungslos zu.<br />

Mit McLaren, Ferrari, Lotus und vielleicht Mercedes sowie Überraschungsteams<br />

wie Sauber und Force India gibt es so viele starke Gegner<br />

mit schnellen Autos wie noch nie. Das gilt natürlich ebenso für Vettels<br />

Rivalen am Lenkrad. Lewis Hamilton mag 2013 mit dem Silberpfeil noch<br />

eine stumpfe Waffe im WM-Kampf haben (vielleicht <strong>über</strong>rascht er aber<br />

auch alle), doch Fernando Alonso, Jenson Button und Kimi Räikkönen<br />

sind mindestens auf einem Niveau mit dem Dreifach-<strong>Champ</strong>ion.<br />

Zudem ist auch Vettel nicht perfekt. Viele Rivalen und Experten werfen<br />

ihm vor, dass seine Leistungen nicht ganz so gut seien, wenn er kein<br />

<strong>über</strong>legenes Auto habe. <strong>So</strong> hatten er und Red Bull in <strong>der</strong> ersten Jahreshälfte<br />

2012 durchaus zu kämpfen. <strong>So</strong>lche Schwächeperioden könnten<br />

Vettel im nächsten Jahr schnell den vierten Titel in Serie kosten.<br />

Text: Stephan Heublein<br />

4 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Text: Maria Pohlmann, falko schoklitsch<br />

Der achte Sieg und<br />

ein Todesfall<br />

Der Macau Motorrad Grand Prix 2012 bot<br />

in den Häuserschluchten <strong>der</strong> asiatischen<br />

Glücksspielstadt einen glorreichen Sieger<br />

und einen tragischen Todesfall. Der traurige<br />

Zwischenfall ereignete sich am Donnerstag<br />

im Qualifying, als Luis Filipe de <strong>So</strong>usa Carreira<br />

nach einem schweren Unfall seinen<br />

Verletzungen erlag. Im wegen Regen auf<br />

<strong>So</strong>nntag verschobenen Rennen konnte <strong>der</strong><br />

Brite Michael Rutter dann recht souverän<br />

seinen achten Macau-Erfolg einfahren.<br />

Macau ist eines <strong>der</strong><br />

gefährlichsten<br />

Motorradrennen<br />

Fotos: milagro, macau gp<br />

Bradls berühmte Vorgänger<br />

01<br />

02<br />

03 04<br />

01: Jorge Lorenzo<br />

Der Weltmeister <strong>der</strong><br />

Jahre 2010 und 2012<br />

erkämpfte sich in <strong>der</strong><br />

Saison 2008 die Krone<br />

des besten Neulings.<br />

Der Spanier holte einen<br />

Sieg und insgesamt<br />

sechs Podestplätze.<br />

02: Valentino Rossi<br />

Der wohl immer noch<br />

bekannteste Motorradrennfahrer<br />

<strong>der</strong> Welt<br />

belegte im Jahr 2000 bei<br />

seinem Einstieg in die<br />

500cc-Klasse gleich<br />

Platz zwei in <strong>der</strong><br />

Weltmeisterschaft.<br />

03: Dani Pedrosa<br />

Der Honda-Werksfahrer<br />

setzte sich 2006 im<br />

Kampf <strong>der</strong> Top-Neulinge<br />

gegen Casey Stoner<br />

durch. Der Australier fuhr<br />

allerdings eine<br />

Satelliten-Honda.<br />

04: Daijiro Kato<br />

Der 2003 viel zu früh<br />

verstorbene Japaner<br />

sicherte sich in seinem<br />

ersten MotoGP-Jahr<br />

2002 auf <strong>der</strong> unterlegenen<br />

Honda NSR 500<br />

Gesamtrang sieben und<br />

damit den Platz als<br />

bester Rookie.<br />

6 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


5 Fragen<br />

an Andrea<br />

Dovizioso<br />

19 Mal MotoGP<br />

2013<br />

Die mutigen<br />

MotoGP-Stars<br />

und das<br />

Spaßmobil<br />

Andrea<br />

Dovizioso<br />

stellte sich<br />

unseren Fragen<br />

1. Wenn es einen Film <strong>über</strong> dich gäbe, wie<br />

würde <strong>der</strong> Titel lauten?<br />

Ich habe zwei Ideen: die erste ist ‚Never Give<br />

Up‘ und die an<strong>der</strong>e ist mehr <strong>über</strong> mich, also<br />

‚Wer ist Dovizioso in dieser Welt‘, ‚Wie wichtig<br />

bin ich‘. Ich denke, ich bin nicht wichtig, aber<br />

ich finde es interessant, wie ich sein und mich<br />

verhalten muss.<br />

2. Welcher Superheld wärst du gern?<br />

Diese Frage ist schwer, ich weiß es nicht.<br />

3. Wann hast du das letzte Mal richtig einen<br />

draufgemacht?<br />

Vor zwei Wochen.<br />

4. Was ist dein Lieblings-Anmachspruch?<br />

Ich würde wirklich gerne wissen, was ich<br />

sagen muss. Das Problem ist, dass alle Frauen<br />

verschieden sind, also will jede Frau etwas<br />

an<strong>der</strong>es hören. Es ist unmöglich, das zu<br />

wissen! Das ist wirklich mies und sehr schwer<br />

für uns Männer, denn jede Frau ist an<strong>der</strong>s.<br />

5. Welchen Star würdest du gern einmal<br />

treffen?<br />

Ich sehe mir gerne Filme an und mag deshalb<br />

ziemlich viele Schauspieler. Will Smith ist ein<br />

interessanter Mensch, um einmal herauszufinden,<br />

wie er wirklich ist und ich denke, er ist<br />

ziemlich intelligent. Girl? - Keine Ahnung...<br />

Julia Roberts, denn in jedem Film ist sie<br />

immer so intelligent und so wun<strong>der</strong>schön.<br />

Wenn man die Leute trifft, können sie besser<br />

o<strong>der</strong> schlechter sein, als man erwartet. Je<strong>der</strong><br />

kennt sie aus den Filmen, aber das ist nicht<br />

die Realität. Es ist wirklich interessant, wie die<br />

Leute so in echt sind.<br />

Stefan Bradl war <strong>der</strong> beste Neuling<br />

<strong>der</strong> abgelaufenen Saison 2012<br />

Der beste MotoGP-Neuling<br />

Stefan Bradl konnte seine starke Debütsaison in <strong>der</strong> MotoGP mit dem<br />

Titel des Rookie of the Year feiern. Der Deutsche kam bei je<strong>der</strong> seiner<br />

Zielankünfte in <strong>der</strong> Saison 2012 unter die Top-10, sein bestes Ergebnis<br />

war Platz vier in Mugello. »Als ich zum LCR Team kam, habe ich mir ein<br />

wenig <strong>So</strong>rgen gemacht, da alle so professionell waren«, sagte Bradl.<br />

»Mit <strong>der</strong> Zeit haben wir uns besser kennengelernt und jetzt kann ich<br />

sagen, dass das Team für mich wie eine zweite Familie ist.«<br />

Der MotoGP-Kalen<strong>der</strong> für die Saison 2013 sieht<br />

18 Grands Prix vor. Das Rennen in Deutschland ist<br />

für den 7. Juli auf dem Sachsenring vorgesehen.<br />

Neu hinzukommen soll <strong>der</strong> Lauf in Austin, Texas<br />

am 21. April. Obwohl in früheren Versionen des<br />

Kalen<strong>der</strong>s berücksichtigt, wurde ein geplantes<br />

Rennen in Argentinien gestrichen. Grund dafür<br />

waren Streitigkeiten zwischen <strong>der</strong> spanischen<br />

und argentinischen Regierung, da YPF, die Tochter<br />

des Erdölunternehmens Repsol in Argentinien,<br />

verstaatlicht wurde.<br />

7. April....................Katar*<br />

21. April..................Amerika<br />

5. Mai.....................Jerez<br />

19. Mai...................Frankreich<br />

2. Juni....................Mugello<br />

16. Juni..................Katalonien<br />

29. Juni..................Nie<strong>der</strong>lande***<br />

7. Juli......................Deutschland<br />

21. Juli....................Laguna Seca****<br />

18. August..............Indianapolis<br />

25. August..............Tsch. Republik<br />

1. September..........Großbritannien<br />

15. September........San Marino<br />

29. September........Aragon<br />

13. Oktober............Malaysia<br />

20. Oktober............Australien<br />

27. Oktober............Japan<br />

10. November.........Valencia<br />

* Nachtrennen / ** Noch zu bestätigen<br />

*** Samstagsrennen / **** Nur MotoGP


Die lange angestrebte Kooperation mit <strong>der</strong><br />

japanischen Super GT ist endlich unter<br />

Dach und Fach. Ab 2014 werden die Japaner<br />

das gleiche technische Reglement nutzen,<br />

Die Japaner<br />

dürfen bald in<br />

<strong>der</strong> DTM<br />

mitmischen<br />

so haben es ITR und GTA entschieden. <strong>So</strong><br />

soll es den Herstellern möglich gemacht<br />

werden, ihre Autos gleich in beiden Meisterschaften<br />

einsetzen zu können. Während<br />

Audi, BMW und Mercedes in Japan an<br />

den Start gehen könnten, würden sich<br />

hierzulande die Tore für Nissan, Honda<br />

o<strong>der</strong> Lexus öffnen.<br />

Fotos: wtcc, f3euro series, nascar, super gt, racepress<br />

DTM startet<br />

2013<br />

in Russland<br />

Der DTM-Rennkalen<strong>der</strong> für die kommende Saison<br />

beinhaltet gleich zwei erstaunliche Überraschungen.<br />

Das bisher so gelobte Show-Event in München wurde<br />

gestrichen, während man sich im August auf den Weg<br />

nach Russland machen will, um ein Rennen vor den<br />

Toren <strong>der</strong> Hauptstadt auszutragen. »Der Schritt nach<br />

Moskau ist für die DTM ein wichtiger Baustein, um<br />

neue Märkte zu erschließen«, so ITR-Chef Hans-Werner<br />

Aufrecht. Ansonsten bleibt, unter an<strong>der</strong>em mit Auftakt<br />

und Finale in Hockenheim, quasi <strong>alles</strong> beim alten.<br />

05.05.2013..........................Hockenheim<br />

19.05.2013..........................Brands Hatch<br />

02.06.2013..........................Red Bull Ring<br />

16.06.2013..........................Lausitzring<br />

07.07.2013..........................Norisring<br />

21.07.2013..........................Zandvoort<br />

04.08.2013..........................Moskau<br />

18.08.2013..........................Nürburgring<br />

01.09.2013..........................Oschersleben<br />

15.09.2013..........................Hockenheim<br />

8 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Text: fabian schnei<strong>der</strong>, stephan vornbäumen<br />

Nach einer <strong>über</strong>legenen Saison war es keine Überraschung, dass einer <strong>der</strong><br />

drei Chevrolet-Piloten die WTCC-Krone gewinnen würde. Die Entscheidung<br />

fiel allerdings erst beim Finale auf dem spektakulären Stadtkurs von Macau.<br />

Trotz eines Sieges von Ex-Weltmeister Yvan Muller und eines Unfalls im<br />

ersten Rennen reichte es am Ende für den Briten. »Es wird eine Zeit lang<br />

dauern, bis ich realisiert haben werde, dass ich Weltmeister bin«, jubelte<br />

Huff nach seinem ersten Titel.<br />

Brad Keselowski<br />

feiert seinen<br />

ersten Titel in<br />

<strong>der</strong> NASCAR<br />

Rob Huff ist<br />

Tourenwagen-Weltmeister<br />

NASCAR Sensation<br />

Die Sensation ist geglückt: Brad<br />

Keselowski setzte sich beim<br />

Finale <strong>der</strong> NASCAR Serie gegen<br />

Jimmie Johnson durch und krönte<br />

sich zum <strong>Champ</strong>ion. Bereits vor<br />

zwei Jahren hatte Keselowski die<br />

Nationwide-Serie gewonnen.<br />

Beim Showdown in Homestead-<br />

Miami reichte Keselowski ein 15.<br />

Rang zum ersten Titelgewinn.<br />

Sein einziger Titelkonkurrent<br />

Johnson beendete das Rennen<br />

nach einem technischen Defekt<br />

in <strong>der</strong> Garage. Gleichzeitig war es<br />

<strong>der</strong> erste NASCAR-Titel für Roger<br />

Penske und sein Dodge-Team.<br />

Euro Serie wird zur<br />

Europameisterschaft<br />

Die Formel 3 Euro Serie soll noch bekannter werden und erhält vom Automobil-Weltverband<br />

das Prädikat FIA Formel-3-Europameisterschaft. Mit <strong>der</strong> sportlichen Durchführung<br />

wurde <strong>der</strong> Deutsche <strong>Motorsport</strong>bund beauftragt. Rennen sollen dabei nicht<br />

nur im Rahmen <strong>der</strong> DTM, son<strong>der</strong>n auch bei <strong>der</strong> WTCC und <strong>der</strong> WEC ausgetragen werden.<br />

»Die Formel-3-Europameisterschaft bildet eine neue Gelegenheit, die Grundwerte <strong>der</strong><br />

FIA durch eine neue und aufregende Serie fortan auch mit einem größeren und jüngeren<br />

Publikum zu teilen«, freut sich FIA-Präsident Jean Todt.<br />

Schluss mit dem<br />

Formel-3-<br />

Serien-Durcheinan<strong>der</strong><br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 9


BOXENSPION<br />

01<br />

Mark Sutton<br />

Life Through a Lens<br />

01: Old School<br />

Dieses Bild zeigt die Kontraste in Indien. Auf <strong>der</strong> einen Seite <strong>der</strong> wahrscheinlich<br />

älteste Traktor <strong>der</strong> Welt und auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite <strong>der</strong> Red<br />

Bull Renault RB8. Der Traktor hat vielleicht noch fünf Euro Materialwert,<br />

<strong>der</strong> Formel-1-Bolide ist wohl um die fünf Millionen wert. Diese Kontraste<br />

erlebt man an <strong>der</strong> Strecke <strong>über</strong>all: Außerhalb leben Menschen in Armut,<br />

direkt daneben steht die Multi-Millionen-Dollar-Strecke. Was <strong>der</strong> Traktor<br />

in <strong>der</strong> Boxengasse zu suchen hatte? Ich glaube, sie wollten die Leitplanken<br />

reparieren und das war das einzige Fahrzeug mit Schweißwerkzeug.<br />

Vielleicht ist es ein Oldtimer, keine Ahnung, aber es ist definitiv ein<br />

wahnsinniger Kontrast mit dem Formel-1-Auto im Hintergrund.<br />

Fotos: adrivo/Sutton, mercedes<br />

02<br />

02: Der Iceman ist zurück<br />

Ein lustiges Plakat, das ich ursprünglich gar nicht gesehen hatte. Angeblich<br />

interessiert sich in Korea niemand für <strong>Motorsport</strong>, aber es gibt<br />

einige Fans, die auch ihre Lieblinge unter den Fahrern haben. Jemand<br />

wies mich auf dieses Plakat hin und dann machte ich mich auf den Weg<br />

dorthin und fotografierte es durch den Zaun. Zum Glück passte mein<br />

70-200mm Objektiv durch den Zaun - das war eine lustige Aktion. Die<br />

Fans lieben Kimi. Er ist ein echter Charakter und gerne etwas ironisch.<br />

Es gab einige Banner wie dieses. Ich weiß nicht, woher sie sie hatten,<br />

aber so sind die Rennfans eben.<br />

03<br />

03: Cowboy-Style<br />

Wir wussten nicht, dass die Fahrer in Austin mit diesen Cowboy-Hüten<br />

auf das Podium kommen würden. Stattdessen rechneten wir mit den<br />

immer gleichen, langweiligen Pirelli-Kappen. Das war eine klasse PR-<br />

Idee von Pirelli. Ich glaube, sie haben es in den 80er Jahren schon mal<br />

gemacht. Lewis war ziemlich <strong>über</strong>rascht, als er seinen Hut aufsetzte,<br />

aber als er auf das Podium hinausging, zeigte er darauf - das war ein<br />

klasse Moment. Ich wusste nichts von den Hüten, aber ich erwartete,<br />

dass Lewis nach seinem Sieg irgendetwas auf dem Podium machen<br />

würde. Man kann die Emotionen richtig gehend fühlen und wie er auf<br />

den Hut zeigt, ist absolut perfekt. Mir ist aufgefallen, dass keiner <strong>der</strong><br />

Fahrer seinen Hut in die Menge geworfen hat - alle haben ihn behalten.<br />

Es war eine einmalige Aktion und ist sicher ein tolles Andenken.<br />

10 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Text: Manuel Sperl<br />

Goodbye,<br />

Schumi!<br />

Michael Schumacher trat in Brasilien zu<br />

seinem letzten Formel-1-Rennen an. Im<br />

Regenchaos von Interlagos ließ er noch<br />

einmal sein Talent aufblitzen und kämpfte<br />

sich vom 14. auf den 7. Platz nach vorne. »In<br />

gewisser Weise ist es bezeichnend, dass<br />

ich meine Karriere auf Platz sieben beendet<br />

habe, auf dem ich sie vor 308 Rennen beim<br />

Qualifying in Spa-Francorchamps 1991 auch<br />

begonnen habe - und das <strong>alles</strong> mit <strong>der</strong><br />

Startnummer sieben nach dem Gewinn von<br />

sieben WM-Titeln«, so Schumacher.<br />

Alain<br />

Prost<br />

Niki<br />

Lauda<br />

Jackie<br />

Stewart<br />

Nelson<br />

Piquet<br />

Der vierfache Weltmeister Alain<br />

Prost beendete seine Karriere 1993<br />

in Australien. Ayrton Senna feierte<br />

seinen letzten F1-Sieg vor Prost.<br />

Auf dem Siegerpodium umarmten<br />

sich die beiden Erzrivalen, bevor<br />

Senna den Franzosen bei Williams<br />

ersetzte.<br />

Niki Lauda beendete seine Karriere<br />

zum zweiten und letzten Mal 1985<br />

in Australien. Bitter: In Führung<br />

liegend fiel er mit einem Reifenschaden<br />

aus, Teamkollege Prost<br />

wurde Weltmeister.<br />

Jackie Stewart sollte 1973 in<br />

Watkins Glen sein 100. und letztes<br />

F1-Rennen fahren, doch nach dem<br />

tödlichen Trainingsunfall seines<br />

Teamkollegen Francois Cevert<br />

verzichtete Tyrrell auf den Start.<br />

Trotzdem sicherte sich Stewart<br />

seinen dritten WM-Titel.<br />

Nelson Piquets letztes Rennen<br />

1991 in Adelaide dauerte genau<br />

14 Runden, dann wurde <strong>der</strong> Australien<br />

Grand Prix wegen starker<br />

Regenfälle abgebrochen. Piquets<br />

204. Rennen war gleichzeitig das<br />

kürzeste aller Zeiten.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 11


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Fangio bis zur ungestümen Jugendlichkeit des Sebastian Vettel.


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<strong>der</strong> gleichnamigen Filmreihe von Luc Besson und Robert<br />

Mark Kamen mit Jason Statham in <strong>der</strong> Hauptrolle und verfolgt<br />

die Abenteuer des Transporters Frank Martin (Chris Vance) - ein<br />

schweigsamer Ex-Elitesoldat mit klaren Prinzipien: Än<strong>der</strong>e nie den<br />

Deal, nenne keine Namen und öffne nie das Paket.<br />

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Schaltwippen sorgen für ein authentisches Race-<br />

Feeling. Wem das nicht reicht, <strong>der</strong> kann sich auch<br />

auf Vibrationen des Lenkrads und <strong>der</strong> Pedale freuen.<br />

Alles<br />

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Features.


Text: FALKO SCHOKLITSCH<br />

Die Nachfolger<br />

stehen parat<br />

Casey Stoner wird<br />

vermisst werden, aber wie lange? Zwei Rookies wollen die Lücke füllen.<br />

Fotos: milagro<br />

Es klang durchaus etwas hart und vielleicht auch ein wenig herzlos, als Carmelo<br />

Ezpeleta nach <strong>der</strong> Bekanntgabe von Casey Stoners Rücktritt rasch sagte, <strong>der</strong><br />

Verlust sei nicht so groß, die MotoGP werde auch nach ihm weitergehen. Mit<br />

Stoner ging schließlich nicht irgendwer, son<strong>der</strong>n einer <strong>der</strong> besten Fahrer <strong>der</strong> aktuellen<br />

Generation - und das noch dazu im zarten Alter von 27 Jahren. <strong>So</strong> sehr die Fahrkünste<br />

des Australiers auch vermisst werden, auf gewisse Weise hatte Ezpeleta aber durchaus<br />

recht. Die MotoGP wird weitergehen und die nächsten Superstars stehen bereits in<br />

den Startlöchern.<br />

Allen voran Marc Marquez, <strong>der</strong> gleich bei seinem ersten MotoGP-Test in Valencia<br />

<strong>über</strong>zeugen konnte. Er war noch nie auf <strong>der</strong> Maschine gesessen und musste wegen<br />

Schlechtwetters fast bis zum Ende des zweiten und letzten Testtages warten, bevor er<br />

aufsteigen durfte. Dann hielt er sich aber nicht mit langen Aufwärmrunden auf, son<strong>der</strong>n<br />

drehte trotz nach wie vor etwas feuchter Strecke am Gas. Am Ende des Tages war er<br />

auf rund 1,1 Sekunden an seinen Honda-Teamkollegen Dani Pedrosa herangekommen,<br />

<strong>der</strong> Bestzeit gefahren hatte. Gerade einmal 28 Runden hatte <strong>der</strong> 19-jährige Spanier<br />

gedreht, aber mit seiner Vorstellung hatte er auch die letzten Zweifler eines besseren<br />

belehrt - falls es nach seinem Sieg vom letzten Startplatz im Moto2-Rennen am <strong>So</strong>nntag<br />

davor <strong>über</strong>haupt noch welche gab.<br />

Mit Marquez und<br />

Iannone gibt es gleich<br />

zwei künftige Stars<br />

Marquez hatte sich auf dem Weg in die MotoGP schon viel Mist anhören müssen,<br />

immer wie<strong>der</strong> wurde ihm vorgeworfen, er würde bevorzugt behandelt und bekäme<br />

die besten Teile, zwischendurch hieß es sogar, sein Team hätte geschummelt und<br />

an <strong>der</strong> Elektronik herum gepfuscht. Die Schummel-Vorwürfe wurden schnell entkräftet<br />

und die vermeintliche Bevorzugung ereignete sich wohl größtenteils, als<br />

das Talent unter den Fahrern aufgeteilt wurde. Mit Marquez ist ein zukünftiger<br />

Weltmeister in die MotoGP gekommen, das scheint mittlerweile klar. Dass er auch<br />

schon so viele Nei<strong>der</strong> hat, ist nur ein weiteres Zeichen dafür, wie gut er wirklich<br />

ist.Doch Marquez ist nicht alleine in <strong>der</strong> Rookie-Klasse 2013. Enfant Terrible Andrea<br />

Iannone hinterließ bei seinem ersten offiziellen MotoGP-Test ebenfalls einen starken<br />

Eindruck. Auf <strong>der</strong> noch immer nicht sensationellen Ducati lag er rund 1,5 Sekunden<br />

hinter Pedrosa und lediglich neun Zehntelsekunden hinter Werks-Fahrer Nicky<br />

Hayden. Er hatte den Vorteil, seine Maschine vorher schon einmal gefahren zu<br />

haben, dennoch war seine Leistung einigen aufgefallen.<br />

Auffällig bei Marquez wie bei Iannone war, wie unbekümmert sie an die Sache herangingen.<br />

Für den Italiener dürfte es sogar ein Vorteil gewesen sein, dass er vor <strong>der</strong> Ducati<br />

von keiner an<strong>der</strong>en MotoGP-Maschine verdorben wurde, da er so ohne Vorurteile<br />

aufstieg und einfach so fuhr, wie es das Motorrad verlangte - und nicht so, wie er es<br />

von einem an<strong>der</strong>en MotoGP-Bike vielleicht erwartete. Für Marquez gilt <strong>der</strong>weil sowieso<br />

das, was auch schon bei Stoner <strong>der</strong> Fall war: er setzt sich einfach auf <strong>alles</strong>, was zwei<br />

Rä<strong>der</strong> hat und ist verdammt schnell damit.<br />

In <strong>der</strong> Gesamtansicht bedeutet das, zwei neue und spektakuläre Rookies sind bereit<br />

für ihren Einstieg, mit dem Briten Bradley Smith könnte noch ein dritter dazukommen.<br />

Beson<strong>der</strong>s von Marquez und Iannone ist zu erwarten, dass sie im kommenden Jahr<br />

für einiges an Aufsehen sorgen werden und wenn die Fans erst sehen, was sie wirklich<br />

auf dem Kasten haben, dürfte Ezpeletas Aussage eintreffen: Stoners Verlust ist nicht<br />

so groß. Es darf allerdings durchaus als Ironie erachtet werden, dass MotoGP-Vermarkter<br />

Dorna sich unbedingt internationaler Aufstellen will und die Stoner-Nachfolger dann<br />

ausgerechnet aus den alten Märkten Italien und Spanien kommen.<br />

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Text: Kerstin Hasenbichler<br />

Krieg<br />

<strong>der</strong> Dosen<br />

Das Red-Bull-Imperium regiert die F1. Doch die Konkurrenz pirscht sich nicht nur auf <strong>der</strong> Piste an.<br />

Mit Red Bull<br />

und Lotus gibt<br />

es 2013 zwei<br />

fahrende Dosen<br />

In den letzten drei Jahren verlieh Red Bull Sebastian Vettel<br />

wahrlich Flügel. Die Bilanz: Titelhattrick in <strong>der</strong> Fahrer- und<br />

Konstrukteurswertung. Alles begann mit einer Vision. Als vor<br />

acht Jahren Red-Bull-Oberhaupt Dietrich Mateschitz mit einem<br />

eigenen Formel-1-Rennstall an den Start ging, wurden er und seine<br />

Mannschaft noch belächelt. Was sollte auch eine Getränkedose<br />

gegen <strong>Motorsport</strong>kaliber à la Ferrari o<strong>der</strong> McLaren ausrichten? Die<br />

Antwort: einiges. Erst schnappte sich Red Bull Design-Genie Adrian<br />

Newey von McLaren und verpflichtete dann auch noch Shootingstar<br />

Sebastian Vettel. Newey zauberte innerhalb <strong>der</strong> ersten drei Jahre<br />

ein konkurrenzfähiges Auto aus dem Hut, mit dem Vettel Traditionsrennställe<br />

wie McLaren, Ferrari o<strong>der</strong> Mercedes alt aussehen ließ.<br />

Die einstige Party-Truppe mischte die Königsklasse des <strong>Motorsport</strong>s<br />

ordentlich auf, damit waren <strong>der</strong> Marke Red Bull die Schlagzeilen<br />

sicher - ein Traum für jeden PR-Berater. Dieser Job wird 2013 ein<br />

Stückchen härter, denn Coca Cola hat es nach einem Jahrzehnt an<br />

Bauchlandungen satt, nur die Nummer zwei hinter dem österreichischen<br />

Platzhirsch auf dem Energy-Drink-Markt zu sein. Deshalb<br />

steigt <strong>der</strong> US-Hersteller mit seinem Energy-Getränk ‚Burn‘ in den<br />

Formel-1-Ring und for<strong>der</strong>t Red Bull zum Werbe-Duell. Und <strong>der</strong> Name<br />

ist Programm, das Ziel: zählbare Erfolge o<strong>der</strong> besser ausgedrückt<br />

‚Burn, Red Bull, Burn!‘ Schon mehrfach hatte Coca Cola versucht,<br />

gegen Red Bull zu triumphieren, doch <strong>der</strong> Hersteller <strong>der</strong> süßen<br />

Brause hatte einfach zu lange den Energy-Drink-Markt unterschätzt.<br />

Nun heißt es, Boden gutzumachen und welche Plattform wäre da<br />

besser geeignet als die Königsklasse des <strong>Motorsport</strong>s? Immerhin<br />

ist die Formel 1 seit 2012 auch wie<strong>der</strong> in den USA mit einem Grand<br />

Prix am Start, 2014 sollen zusätzlich noch vor <strong>der</strong> legendären New<br />

Yorker Skyline die Motoren aufheulen. Schon länger wurde <strong>über</strong><br />

einen Einstieg von Coca Cola in die Formel 1 gemunkelt. Als Teams<br />

wurden allerdings McLaren und Mercedes ins Spiel gebracht, die<br />

angeblich mit ihrer langen Formel-1-Tradition punkten sollten. Am<br />

Ende entschied sich <strong>der</strong> Brausegetränk-Hersteller für Lotus. Tradition<br />

kann zwar nur <strong>der</strong> Name an sich vorzeigen, dennoch braucht<br />

sich <strong>der</strong> Rennstall nach <strong>der</strong> Saison 2012 vor Namen wie Mercedes<br />

o<strong>der</strong> McLaren nicht verstecken. Hätte das Team die Coca Cola-<br />

Scheinchen schon in <strong>der</strong> abgelaufenen Saison gehabt, wäre die<br />

WM vielleicht ganz an<strong>der</strong>s verlaufen. Doch das wird wohl kaum<br />

das Killerargument für den Sponsorendeal gewesen sein. Viel mehr<br />

könnte ein Iceman das Feuer bei Coca Cola entfacht haben. Kimi<br />

Räikkönen ist zwar bekannt dafür, keinen Bock auf PR-Arbeit zu<br />

haben, doch als Imageträger könnte Coca Cola keinen besseren<br />

finden. Auch wenn die Journalisten ihn nicht beson<strong>der</strong>s lieben, die<br />

jüngere Klientel von Coca Cola tut das umso mehr. Er gilt als echter<br />

Charakterkopf, nicht nur seine Funksprüche sind legendär, auch<br />

sein freches Werbevideo für eine Sportartikelfirma ist ein Youtube-<br />

Knüller - Entführung inklusive. Dass er mit einem konkurrenzfähigen<br />

Auto um Siege mitkämpfen kann, hat er 2012 bewiesen. Wenn Lotus<br />

es schafft, das Geld von Coca Cola in ein konkurrenzfähiges Auto<br />

und Erfolge umzuwandeln, dann muss sich Red Bull warm<br />

anziehen.<br />

Fotos: adrivo/Sutton, milagro<br />

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+++ IM Vergleich +++ IM Vergleich +++ IM Vergleich+++<br />

<strong>Champ</strong>agner-Dusche <strong>So</strong> leicht lässt sich ein erfahrener Haudegen und ein echtes Superhirn wie Adrian Newey nicht<br />

nass machen! Der Red-Bull-Technikchef hatte nach all den Jahren wohl keine Lust mehr auf <strong>Champ</strong>agner in den Augen und schnappte sich auf dem<br />

Weg zur Siegerehrung die Schutzbrille eines Mechanikers. Am Ende warf er sie in die Menge - genau in die Hände von Helmut Marko! Noch Nachholbedarf<br />

gibt es diesbezüglich in <strong>der</strong> MotoGP: Die engen Kleidchen erinnern an die kompakte Aerodynamik von Neweys Formel-1-Autos, aber <strong>der</strong><br />

flexible Brillen-Trend hat sich hier noch nicht durchgesetzt. Ihren Spaß haben die Fahrer auf dem Podium trotzdem. Nur Kimi Räikkönen dürfte<br />

sich noch immer fragen, warum er seinen ersten Sieg nach dem Comeback ausgerechnet beim Großen Preis von Abu Dhabi holen musste, wo es auf<br />

dem Podium Rosenwasser statt <strong>Champ</strong>agner gibt...<br />

Fotos: adrivo/Sutton, dtm<br />

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Foto: lotus f1 team<br />

phänomen<br />

räikkönen<br />

Kimi Räikkönen weiß,<br />

was er tut. Bei Romain<br />

Grosjean konnte man<br />

sich dessen in <strong>der</strong><br />

vergangenen Saison<br />

nicht immer sicher sein.<br />

Kimi Räikkönen ist an<strong>der</strong>s. Simulator? Braucht er nicht.<br />

Testfahrten? Wozu, wenn das Wetter woan<strong>der</strong>s viel<br />

schöner ist? Track Walk? Kimi weiß doch schon, wo er<br />

2001 ein offenes Tor gesehen hat. Vor seinem Comeback<br />

kündigten viele <strong>der</strong> so genannten Experten an,<br />

dass Kimi bereits nach wenigen Rennen im Mittelfeld<br />

die Lust verlieren würde. Pustekuchen. Lotus war von<br />

Anfang an konkurrenzfähig und <strong>der</strong> Iceman schnappte<br />

sich sogar den dritten Platz in <strong>der</strong> WM. <strong>So</strong> wird das<br />

also gemacht, Schumi und Mercedes. Statt Kimi zu<br />

kritisieren, war er plötzlich <strong>der</strong> große Held, <strong>der</strong> coole<br />

Funksprüche absetzte und selbst eine für an<strong>der</strong>e peinliche<br />

Irrfahrt in ein Highlight verwandelte. Kimi weiß<br />

eben wirklich, was er tut. - Stephan Heublein<br />

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Text: Stephan Heublein<br />

Blick in<br />

die Zukunft<br />

Weltmeister - zum Dritten. Sebastian Vettel eifert den GröSSten des<br />

Sports nach. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> wagt einen Blick in die Zukunft:<br />

Wie geht es mit Vettel weiter? Was kann er noch gewinnen? Welche<br />

Rekorde brechen?<br />

»Nimm den Helm ab!« Die ersten Worte, die dem frisch gebackenen<br />

Dreifach-<strong>Champ</strong>ion zu Ohren kamen, waren so ganz<br />

und gar nicht feierlich. Kaum war Sebastian Vettel aus seinem<br />

stark in Mitleidenschaft gezogenen Auto ausgestiegen,<br />

umarmte ihn Michael Schumacher mit eben diesem Rat:<br />

»Für die Zuschauer und einen selbst sind die Emotionen sehr<br />

wichtig, es ist schade, wenn man den Titel feiert und je<strong>der</strong><br />

sieht nur den Helm. Das habe ich auch erst später verstanden.«<br />

Es war <strong>der</strong> letzte Akt eines Generationswechsels.<br />

Selbst Schumacher gab zu, dass er nun entspannt in den<br />

Ruhestand gehen und Vettel des Feld <strong>über</strong>lassen könne. Der<br />

Red-Bull-Star könnte in Zukunft sogar einen noch größeren<br />

Bekanntheitsgrad erreichen, als ihn <strong>der</strong> Rekordchampion in<br />

den vergangenen Jahren genoss. Die neue Generation an<br />

Kartfahrern wird Vettel nacheifern, so wie er einst Schumacher<br />

zum Vorbild hatte. Vettel selbst stehen für die Zukunft<br />

alle Wege offen, sogar jene, um sein Idol zu <strong>über</strong>treffen.<br />

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Fotos: adrivo/Sutton, red bull<br />

Szenario 1: Vettel erreicht Legendenstatus<br />

Michael Schumacher ist durch seine Erfolge quasi zu einem Synonym für die Formel<br />

1 in aller Welt geworden. Mit seiner frischen, unbekümmerten und witzigen Art spricht<br />

Sebastian Vettel sogar ein noch größeres Publikum an. Bei TV-Auftritten wie bei »Wetten<br />

dass...?« verzauberte er ein Millionenpublikum als Entertainer. Aber Vettel kann auch<br />

ernst und nachdenklich sein. Trotz seines jungen Alters ist er in den vergangenen<br />

Jahren zu einer charismatischen Persönlichkeit gereift, hat dabei aber nicht den Boden<br />

unter den Füßen verloren und weiß sehr wohl, die Glamourwelt des Formel-1-Paddocks<br />

von <strong>der</strong> realen zu unterscheiden - und weist etwa in Indien auch genau daraufhin.<br />

Nicht viele Rennfahrer schweifen nach einem Sieg auf <strong>der</strong> Pressekonferenz vom<br />

üblichen PR-Blabla zu einer Wertediskussion <strong>über</strong> das Land und die westliche Auffassung<br />

ab. Mit seinem Interesse für die Welt außerhalb <strong>der</strong> Formel 1 erinnert Vettel<br />

sogar ein wenig an Ayrton Senna, <strong>der</strong> sich vor allem in seiner Heimat Brasilien sozial<br />

stark engagierte und noch heute als Legende verehrt wird. Vettel könnte am Ende<br />

seiner Karriere einen ähnlichen Status erreichen.<br />

→<br />

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Szenario 2:<br />

Vettel bricht<br />

alle Rekorde<br />

Schneller als Senna, Stewart und Lauda. Auf <strong>der</strong> Rennstrecke traf Sebastian<br />

Vettel nie auf sie, seinen dritten Titel gewann er jedoch weit vor ihnen. Der<br />

jüngste dreifache <strong>Champ</strong>ion ist auch <strong>der</strong> jüngste GP-Sieger und auf bestem<br />

Wege, weitere Rekorde zu brechen, die zum Großteil von Michael Schumacher<br />

gehalten werden. »Er ist mit 25 Jahren drei Mal Weltmeister und Schumacher<br />

war damals bei weitem noch nicht so weit«, traut Alexan<strong>der</strong> Wurz<br />

dem Deutschen sogar mehr als sieben WM-Titel zu. Selbst Schumacher<br />

sieht bei Vettel alle Voraussetzungen, zukünftig alle Bestmarken an sich zu<br />

reißen. »Er ist talentiert, schnell, clever, hat im Moment das richtige Team<br />

an seiner Seite«, erklärt Schumacher, den es zumindest offiziell stolz machen<br />

würde, wenn sein Kumpel Vettel seine Rekorde <strong>über</strong>bieten würde. »Ich bin<br />

mir nicht sicher, ob sieben Titel genug sind, um Sebastian fernzuhalten«,<br />

bestätigt Kai Ebel im Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. »Er hat noch<br />

alle Zeit <strong>der</strong> Welt, ihn zu <strong>über</strong>holen.« Tatsächlich fuhr Vettel 2012 erst seine<br />

fünfte volle Formel-1-Saison - mehr als die Hälfte davon beendete er als<br />

Weltmeister.<br />

Szenario 3:<br />

Vettel wechselt<br />

das Team<br />

Maranello ruft. Seit Monaten, eigentlich sogar schon<br />

Jahren, erklingen sirenenhaft Wechselgerüchte, die<br />

Vettel eine rote Zukunft bei Ferrari nachsagen. In den<br />

Geheimkellern in Maranello müssten sich die Vorverträge<br />

geradezu stapeln. In <strong>der</strong> Vergangenheit mag<br />

nichts an diesen Gerüchten dran gewesen sein, das<br />

bedeutet jedoch nicht, dass Vettel nach dem Gewinn<br />

weiterer Titel nicht doch irgendwann eine neue Aufgabe<br />

suchen und in Maranello fündig werden könnte.<br />

Immerhin gab er selbst schon oft genug zu, dass <strong>der</strong><br />

Mythos Ferrari auf jeden Formel-1-Fahrer eine gewisse<br />

Anziehungskraft ausübe - und Fernando Alonso wird<br />

auch nicht ewig bei den Roten fahren und die Alleinherrschaft<br />

für sich beanspruchen. Doch es gibt nicht<br />

nur Ferrari. Auch <strong>der</strong> Mythos <strong>der</strong> Silberpfeile kann in<br />

einem deutschen Fahrer Interesse wecken. Vettel<br />

pflegte schon immer ein gutes Verhältnis zu Mercedes<br />

und könnte die letzte Rettung sein, wenn auch Lewis<br />

Hamilton das Team in naher Zukunft nicht zu den<br />

ersehnten Triumphen führen kann. Nach all den Rekorden<br />

auch erster Silberpfeil-Weltmeister seit Juan<br />

Manuel Fangio zu werden, würde sicherlich gut in<br />

seinen Lebenslauf passen.<br />

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Szenario 4:<br />

Vettels Red Bull<br />

Lebenswerk<br />

Ferrari? Wer braucht schon Ferrari? Vettel kann sich mit Red Bull sein eigenes<br />

Lebenswerk erschaffen. Schumacher suchte einst eine neue Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

bei <strong>der</strong> Scu<strong>der</strong>ia und baute sich mit seiner roten Siegesserie ein Denkmal in<br />

Maranello. Vettel kann dies bei Red Bull gelingen - für dieses Kunststück muss<br />

er das Team nicht wechseln. Red Bull Racing besitzt noch nicht die jahrzehntelange<br />

Formel-1-Historie und den Status legendärer Marken wie Ferrari o<strong>der</strong><br />

McLaren, umso größer ist die Verlockung und auch die Herausfor<strong>der</strong>ung für<br />

Vettel, im Laufe seiner Karriere Red Bull Racing zu einem eigenen Mythos à<br />

la Ferrari zu machen - o<strong>der</strong> wenigstens den Grundstein dafür zu legen. Die<br />

Voraussetzungen dafür sind glänzend: Die Technikabteilung ist exzellent<br />

besetzt, die Mannschaft steht voll hinter Vettel und so lange genügend Dosen<br />

verkauft werden, braucht das Team den Rotstift nicht zu fürchten. Mit weiteren<br />

Erfolgen auf <strong>der</strong> Strecke und seinem Auftreten daneben könnte Vettel sein<br />

Lebenswerk unsterblich machen. Alexan<strong>der</strong> Wurz glaubt schon jetzt, dass<br />

Vettel und Red Bull etwas ganz Beson<strong>der</strong>es vollbringen: »Wir können alle froh<br />

sein, Zeitzeugen von so großen Ereignissen zu sein.«<br />

Fotos: adrivo/Sutton, red bull<br />

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Fotos: adrivo/Sutton, red bull<br />

Text: Manuel Sperl<br />

Formel 1Rekorde<br />

Meiste Siege<br />

Bis zu Michael Schumachers Rekordmarke<br />

(91) ist es noch ein langer Weg. Mit 26 Erfolgen<br />

ist Vettel aber <strong>der</strong> zweiterfolgreichste aktive<br />

F1-Pilot, nur vier Siege hinter Fernando Alonso,<br />

und liegt vor Größen wie Jim Clark, Niki Lauda<br />

und Juan Manuel Fangio.<br />

Meiste Pole Positions<br />

Vettel ist nicht umsonst <strong>der</strong> jüngste Pole-Mann <strong>der</strong> F1-Geschichte.<br />

Das Qualifying war in den vergangenen Jahren seine beson<strong>der</strong>e<br />

Stärke. Mit 36 Poles liegt er bereits auf Platz 3 hinter Schumacher<br />

(68) und Ayrton Senna (65).<br />

Meiste schnellste<br />

Rennrunden<br />

In dieser Disziplin wartet<br />

noch viel Arbeit auf Vettel.<br />

Mit sechs schnellsten Rennrunden<br />

holte er sich 2012<br />

zwar die meisten, doch insgesamt<br />

liegt er mit 15<br />

schnellsten Runden nur auf<br />

Rang 17. Michael Schumacher<br />

ist mit 77 unangefochtener<br />

Spitzenreiter. Kimi<br />

Räikkönen könnte mit vier<br />

weiteren schnellsten Runden<br />

mit Alain Prost auf Platz<br />

zwei gleichziehen.


Höchste Siegquote<br />

An<strong>der</strong>e Zeiten, an<strong>der</strong>e Sitten. Doch Fangios 24 Siege in 51 Formel-1-Rennen<br />

(Siegquote: 47%) sind mehr als nur beeindruckend.<br />

Vettel kommt in seinen 101 Grand Prix bei 26 Siegen auf<br />

eine Quote von 25,7%. Schumachers Siegquote sank in seiner<br />

zweiten Karriere auf 29,5%.<br />

Sebastian Vettel ist auf <strong>der</strong> Jagd. Kaum ein Fahrer ist so heiSS<br />

darauf, die schnellste Rennrunde zu fahren wie er. Aber nicht nur in<br />

dieser Statistik hat <strong>der</strong> jüngste Dreifach-<strong>Champ</strong>ion <strong>der</strong> Geschichte<br />

noch viel Arbeit vor sich, um alle abzuhängen<br />

Jüngster <strong>Champ</strong>ion<br />

Vettel heimst einen Rekord nach dem an<strong>der</strong>en<br />

ein: Jüngster Weltmeister mit 23 Jahren und<br />

134 Tagen, jüngster Doppelweltmeister mit 24<br />

Jahren und 98 Tagen sowie jüngster Dreifach-<br />

<strong>Champ</strong>ion mit 25 Jahren und 145 Tagen. Bis zum<br />

ältesten Weltmeister ist es noch ein langer<br />

Weg: Fangio holte seinen letzten Titel 1957 im<br />

Alter von 46 Jahren und 41 Tagen.<br />

Meiste Titel in Folge<br />

Drei Mal in Folge gewann Sebastian Vettel den<br />

WM-Titel - das gelang bislang nur Fangio und<br />

Schumacher. Letzterer setzte aber noch einen<br />

drauf und holte von 2000 bis 2004 fünf Mal<br />

hintereinan<strong>der</strong> den WM-Pokal.<br />

Meiste GP-Starts<br />

Rubens Barrichello wird auf<br />

absehbare Zeit die klare Nummer<br />

1 unter den GP-Methusalems<br />

bleiben (322 Starts). Nach<br />

dem Rücktritt von Schumacher<br />

ist Button mit 228 GP-Starts<br />

<strong>der</strong> nächste aktive Fahrer. Vettel<br />

hat in Austin gerade mal die<br />

100er Marke geknackt.<br />

Meiste Führungsrunden<br />

Auch diese Statistik führt Schumacher (5111) an - weit vor Ayrton<br />

Senna (2987) und Alain Prost (2684). Vettel hat sich immerhin<br />

mit 1753 Führungsrunden auf Platz sieben gemausert. Als nächstes<br />

<strong>über</strong>holt er Jackie Stewart (1921) und Jim Clark (1943).<br />

Logischerweise bietet sich bei den Führungskilometern das gleiche<br />

Bild: Schumacher führt mit 24.144 km souverän. Vettel<br />

kommt auf 9.243 km.<br />

Schnellste WM-Entscheidung<br />

Vettel dominierte die Formel-1-Saison 2011 beinahe<br />

nach Belieben, doch Michael Schumacher machte mit<br />

<strong>der</strong> Konkurrenz im Jahr 2002 noch schnelleren Prozess.<br />

Nach elf von 17 Rennen, also 64,7% <strong>der</strong> gesamten<br />

Saison, krönte er sich zum <strong>Champ</strong>ion. Vettel<br />

wartete in seinem dominanten Jahr bis zum 15. von<br />

19 Rennen, bis er den Titel eintütete - er stand also<br />

nach 78,9% <strong>der</strong> Saison als <strong>Champ</strong>ion fest.<br />

Meiste Hattricks<br />

22 Mal fuhr Schumacher von <strong>der</strong> Pole zum Sieg und erzielte dabei<br />

die schnellste Rennrunde. Rekord. Vettel gelang dieses Kunststück<br />

erst fünf Mal.<br />

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Herz, Kampfgeist und den Unwillen, aufzugeben<br />

- Fernando Alonso verkörpert alle Qualitäten<br />

eines Samurais. Und wie ein japanischer Krieger<br />

wird er gestärkt aus <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lage 2012 hervorgehen.<br />

Text: Kerstin Hasenbichler<br />

28 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fotos: adrivo/Sutton<br />

Fernando Alonso ist - wie je<strong>der</strong> gute<br />

Samurai - ein Meister <strong>der</strong><br />

psychologischen Kriegsführung<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 29


Schmeißt Alonso<br />

das Handtuch?<br />

Niemals! Ein<br />

echter Samurai<br />

gibt niemals auf.<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

In <strong>der</strong> Weite des Meeres liegt ein gewisser Trost. Es gibt we<strong>der</strong> Vergangenheit,<br />

noch Zukunft. Doch plötzlich wird Fernando Alonso wie<strong>der</strong> die<br />

Unerbittlichkeit <strong>der</strong> Realität bewusst. 25. November 2012, die Flagge ist<br />

gefallen, das Ziel Weltmeister mit Ferrari zu werden zum dritten Mal<br />

verfehlt. Die Chance, sich als jüngster Dreifach-<strong>Champ</strong>ion in den Annalen <strong>der</strong><br />

Formel-1-Geschichte zu verewigen, ist ebenfalls vertan. Im Moment <strong>der</strong> größten<br />

Enttäuschung, versucht Alonso Stärke zu beweisen. »Wenn du mit 100 Prozent<br />

dabei bist und etwas mit dem Herzen tust, musst du einfach stolz sein.« Im Inneren<br />

hat Alonso aber längst erkannt, dass man mit Stolz allein in <strong>der</strong> Formel 1 nicht<br />

weit kommt. Es braucht eine enorme Willenskraft und individuelle Stärke, um aus<br />

<strong>der</strong>artigen emotionalen U-Turns als noch größerer Rennfahrer hervorzugehen.<br />

Alonso sieht sich auf dem besten Wege, waren doch <strong>der</strong> Respekt und die Zuneigung,<br />

die ihm aus dem Paddock entgegengebracht wurden, noch nie größer gewesen als<br />

2012.<br />

Nur ein wil<strong>der</strong><br />

Franzose aus <strong>der</strong><br />

Schweiz hatte ein<br />

handfestes Mittel<br />

gegen den<br />

Samurai<br />

»Ein Samurai zögert nicht, kennt keine Erschöpfung und nicht die geringste Entmutigung<br />

bis er sein Ziel erreicht hat.« Für Alonso nicht nur irgendeine fernöstliche<br />

Floskel, son<strong>der</strong>n eine Lebenseinstellung, die er mit einem Samurai-Tattoo auf<br />

seinem Rücken untermauert. Der Samurai steht für Herz, Kampfgeist und den<br />

Unwillen, aufzugeben. Eigenschaften, die Alonso in <strong>der</strong> abgelaufenen Saison auszeichneten.<br />

Der Samurai ist ein Krieger, dem jedes Mittel Recht ist, um sein Ziel<br />

zu erreichen. Eine Einstellung, die Alonso teilt. Wenn es seinem Erfolg dient, opfert<br />

<strong>der</strong> Spanier auch mal seinen Teamkollegen. Wer erinnert sich nicht an den Singapur<br />

GP 2008, als Nelson Piquet Junior vom Team beauftragt wurde, absichtlich in die<br />

Mauer zu krachen, um Alonso den Sieg zu sichern? Alonso beteuerte stets, nichts<br />

davon gewusst zu haben, doch sein aktueller Teamkollege Felipe Massa sah das<br />

an<strong>der</strong>s. Der Brasilianer warf damals Alonso Mitwisserschaft vor, kurz darauf veranlasste<br />

ihn Ferrari seine Aussagen zu relativieren. »Meine Aussagen beruhten auf<br />

keinen Fakten.«<br />

Fakt ist, dass Fernando Alonso damals bei Renault wie heute bei Ferrari den Ton<br />

angibt. In Austin brach die Scu<strong>der</strong>ia absichtlich das Siegel am Getriebe von Massa,<br />

um eine Strafversetzung zu kassieren und Alonso eine Position nach vorne zu<br />

bringen. Damit startete er auf <strong>der</strong> sauberen Seite und nicht auf jener mit weniger<br />

Grip. »<strong>So</strong> manches Team hat schmutzige Tricks angewandt o<strong>der</strong> bestimmte Dinge<br />

getan, die nach unserer Ansicht <strong>über</strong> dem Limit waren. Aber ich wurde in dem<br />

Glauben erzogen, dass Ehrlichkeit am längsten währt«, kommentierte Sebastian<br />

Vettel Ferraris Aktion. <strong>So</strong> kritikwürdig <strong>der</strong> Trick von Ferrari auch war, so brachte<br />

er dennoch Erfolg - mit Platz drei hielt Alonso seine WM-Chance aufrecht. Und<br />

30 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


an<strong>der</strong>s als Vettel konnte Alonso nach dem Rennen ohne schlechtes Gewissen<br />

in den Spiegel schauen, denn ein Samurai ordnet sich nun mal nicht den<br />

üblichen westlichen Prinzipien unter. Stattdessen nutzt er die Kunst <strong>der</strong> psychologischen<br />

Kriegsführung, um den Gegner mürbe zu machen. Eine Kunst,<br />

die Alonso nahezu weltmeisterlich beherrscht. »Wir sind nirgendwo die Besten,<br />

aber <strong>über</strong>all gut. Ich bin nicht <strong>der</strong> Stärkste in <strong>der</strong> Qualifikation, nicht <strong>der</strong> Beste<br />

auf Stadtkursen und nicht <strong>der</strong> Schnellste im Regen. Und im Trockenen sind<br />

wir chancenlos. Aber ich versuche immer, das Beste aus dem Auto zu holen«,<br />

gab Alonso zu Protokoll.<br />

Trotz <strong>der</strong> kolportierten Schwächen des F2012 führte <strong>der</strong> Spanier die Fahrerwertung<br />

zur Saisonmitte mit 44 Punkten Vorsprung an. Angesichts dieser<br />

außergewöhnlichen Leistung wurde Alonso von Ferrari, Formel-1-Experten<br />

und den Medien in den Himmel gelobt. »Er ist ein Phänomen, das von keiner<br />

Statistik erfasst werden kann«, titelte La Republica. Die österreichische Kronen<br />

Zeitung bezeichnete Alonso als den cleversten Fahrer im Feld. Und Sebastian<br />

Vettel? Er schäumte vor Wut, war er doch <strong>der</strong> Ansicht, dass <strong>der</strong> Ferrari gar<br />

nicht so schlecht war, wie es Alonso immer darstellte. Als Alonsos Vorsprung<br />

schmolz, stellte <strong>der</strong> Ferrari-Pilot sofort klar, dass er nicht dabei war, gegen Vettel<br />

zu verlieren, son<strong>der</strong>n gegen das Design-Genie Adrian Newey. »Wir kämpfen<br />

nicht gegen Vettel, son<strong>der</strong>n gegen Newey. Wenn wir alle das gleiche Auto hätten,<br />

würden wir in <strong>der</strong> WM vorne liegen«, erklärte <strong>der</strong> Spanier. Ein lobendes Wort<br />

zu Vettels Aufholjagd? Fehlanzeige! Lieber streute er einem an<strong>der</strong>en Gegner<br />

Rosen. »Lewis [Hamilton] ist <strong>der</strong> Einzige, <strong>der</strong> auch ohne das beste Auto die<br />

Fähigkeit besitzt, zu gewinnen. Die an<strong>der</strong>en gewinnen nur, wenn das Auto gut<br />

ist.« Zwischen den Zeilen hieß das nichts an<strong>der</strong>es, als dass er Vettel nicht für<br />

stark genug hielt, in einem mäßigen Auto Wun<strong>der</strong>dinge wie er selbst im Ferrari<br />

zu vollbringen - o<strong>der</strong> Alonso wollte zumindest Vettel und die Welt dies glauben<br />

lassen. Psychologische Kriegsführung eben.<br />

In <strong>der</strong> Schlussphase <strong>der</strong> Weltmeisterschaft verschärfte Alonso die Tonart<br />

noch einmal. Der Ferrari-Pilot ließ sich zusammen mit Felipe Massa mit<br />

einem gewaltigen Paintball-Gewehr in den Händen ablichten. Darunter die<br />

Message: »Bereit für die letzten beiden Rennen«. Via Twitter verbreitete sich<br />

das Foto wie ein Lauffeuer. Die Botschaft war jedem klar: Alonso wird vor<br />

nichts Halt machen, um die Führung zurückzuerobern. Würden Weltmeisterschaften<br />

im Kopf des Gegners und nicht auf <strong>der</strong> Strecke entschieden,<br />

dann hätte keiner gegen Alonso den Hauch einer Chance. Doch wie<strong>der</strong><br />

schlägt die Unerbittlichkeit <strong>der</strong> Realität zu: hätte, wäre und wenn existieren<br />

in <strong>der</strong> Formel 1 nicht. Fakt ist, dass Fernando Alonso den Titel nicht gewonnen<br />

hat. Große Gefühlsausbrüche erwartete man deswegen vom Spanier<br />

vergebens. Nur kurz schien er nach dem Saisonfinale den Tränen nahe zu<br />

sein. <strong>So</strong>fort schloss er die Augen, als wollte er verhin<strong>der</strong>n, dass jemand in<br />

ihn hineinsehen konnte - ein Samurai hätte es ihm wohl gleich getan. Gilt<br />

bei den japanischen Kriegern doch nach außen hin, ‚keine Schwäche zu<br />

zeigen‘. Und wie ein Samurai es täte, wird Alonso die Wut, die Trauer und<br />

den Frust <strong>über</strong> die verpasste Weltmeisterschaft in Leidenschaft umwandeln<br />

und aus <strong>der</strong> Enttäuschung Ehrgeiz für die bevorstehende Saison gewinnen.<br />

Via Twitter verkündete er kurz nach dem Saisonfinale, man habe mal wie<strong>der</strong><br />

deutlich mehr geleistet, als von Ferrari erwartet worden sei. Ein zwinkern<strong>der</strong><br />

Smiley folgte dem Satz. Wer die subtile Art des Spaniers kennt, weiß, dass es<br />

sich dabei um eine Kampfansage in Richtung Red Bull handelt, in <strong>der</strong> Art:<br />

»Ich versuche es nächstes Jahr wie<strong>der</strong>, 2013 greifen wir wie<strong>der</strong> an.« Und auch<br />

eine Spitze in Richtung des neuen, alten <strong>Champ</strong>ions konnte sich Alonso nicht<br />

verkneifen. »Wir haben vielleicht nicht die meisten Punkte geholt, aber Fans<br />

und Kollegen sind sich einig, wer dieses Jahr <strong>der</strong> Beste war.« In <strong>der</strong> Tat feierten<br />

die Tifosi ihren Helden Alonso und richteten ihren Zorn voll und ganz auf<br />

Ferrari. Die Teamführung reagierte prompt und entschuldigte sich bei Alonso.<br />

»Wir müssen 2013 vom Start weg ein Auto haben, das im höchsten Maß<br />

konkurrenzfähig ist«, for<strong>der</strong>te Präsident Luca di Montezomolo. Alonso wird<br />

dann auf jeden Fall zur Stelle sein, denn ein Samurai kennt nicht die geringste<br />

Entmutigung, bis er sein Ziel erreicht hat.<br />

Fernando Alonso<br />

quetschte den<br />

Ferrari in <strong>der</strong><br />

Saison 2012 bis<br />

aufs Letzte aus<br />

Alonsos Samurai-Weisheiten<br />

»Es gibt kein Zurück. Wir kämpfen lieber, als ehrenlos<br />

aufzugeben.«<br />

23. November - Vor dem WM-Finale<br />

»Ein Samurai zögert nicht, kennt keine Erschöpfung und<br />

nicht die geringste Entmutigung bis er sein Ziel erreicht hat.«<br />

4. November - Nach Platz 2 in Abu Dhabi<br />

»Wenn dein Schwert bricht, kämpfe mit den Händen. Wenn<br />

sie dir abgeschnitten werden, stoße den Feind mit den<br />

Schultern o<strong>der</strong> beiße ihn mit deinen Zähnen.«<br />

28. Oktober - Nach Platz 2 in Indien<br />

»Wenn <strong>der</strong> Feind glaubt, dass du <strong>über</strong> die Berge angreifst,<br />

komme <strong>über</strong> das Meer. Wenn er denkt, dass du <strong>über</strong> das<br />

Meer kommst, greife <strong>über</strong> die Berge an.«<br />

7. Oktober - Nach dem Ausfall in Japan<br />

»Nur ein Krieger kennt den Weg, um unbesiegbar zu werden.<br />

Sein Leben ist eine Herausfor<strong>der</strong>ung und Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

sind nie gut o<strong>der</strong> böse, es sind einfach<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen.«<br />

26. September - Nach Platz 3 in Singapur<br />

»Ein Krieger spricht keine Worte, die einen schwachen Geist<br />

offenbaren. Die Stärke des Herzens findet sich selbst in<br />

kleinen Dingen.«<br />

24. August - Nach dem Ende <strong>der</strong> <strong>So</strong>mmerpause<br />

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Höhen<br />

und<br />

Text: Karin Sturm<br />

Tiefen<br />

Teamchef, Talentför<strong>der</strong>er und Überlebenskünstler. Peter Sauber hat sich mit seinem<br />

kleinen Privatrennstall im Haifischbecken Formel 1 durchgesetzt. Jetzt <strong>über</strong>gibt<br />

er den Staffelstab an Monisha Kaltenborn. Im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> blickt er<br />

auf eine bewegte Rennsportzeit zurück.<br />

Peter Sauber und<br />

das Mercedes<br />

Junior-Team<br />

Peter Sauber nimmt<br />

Felipe Massa auf<br />

den Arm<br />

32 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fotos: sauber<br />

1968: Peter Sauber<br />

im VW Käfer<br />

Sauber-Mercedes<br />

C9 führt den Start<br />

in Le Mans an<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 33


Sagen wir es mal so: Es gibt Teams, die können es<br />

sich erlauben, Verluste zu machen, wenn man einen<br />

Hersteller o<strong>der</strong> einen Besitzer im Hintergrund hat,<br />

<strong>der</strong> die Verluste deckt. Und da gibt es halt einige,<br />

die das tun. Bei uns ist aber niemand da, <strong>der</strong> die<br />

Verluste deckt, deshalb können wir es uns auch<br />

nicht leisten, dauerhaft Verluste zu machen. Das<br />

kann man mal in einem Jahr machen, aber man<br />

muss es dann irgendwann wie<strong>der</strong> ausgleichen.<br />

Werden die Mittelfeld-Teams das auf die Dauer<br />

<strong>über</strong>haupt durchstehen können?<br />

Das wird nur die Zeit zeigen...<br />

Platz 4 in <strong>der</strong><br />

Konstrukteurs-WM<br />

für Sauber 2001<br />

Wo Höhen sind, sind auch Tiefen - Sie haben sicher<br />

auch einige Enttäuschungen erlebt?<br />

Sicher - das ist normal, das hat man in jedem<br />

Berufsleben. Und wenn man im Sport involviert<br />

ist, dann hat man vermutlich mehr Enttäuschungen,<br />

Peter Sauber<br />

<strong>über</strong>lässt das<br />

Tagesgeschäft<br />

Monisha<br />

Kaltenborn<br />

Peter Sauber fährt<br />

den Sauber C3<br />

MSM: Was ist Ihre schönste Erinnerung aus mehr<br />

als 40 Jahren <strong>Motorsport</strong>?<br />

PETER SAUBER: Sportlich gesehen ist das Schönste<br />

vermutlich immer noch <strong>der</strong> Doppelsieg beim<br />

24-Stunden-Rennen in Le Mans. Das steht auch<br />

<strong>über</strong> allem Erreichten in <strong>der</strong> Formel 1. Nur wenn<br />

man im Sportwagen-Geschäft drin ist, weiß man,<br />

auf welch hohem Niveau die Autos sind. Deshalb<br />

schätze ich das immer noch als den größten Erfolg<br />

ein.<br />

Würde ein Formel-1-Sieg daran etwas än<strong>der</strong>n,<br />

hätte es etwas geän<strong>der</strong>t, wenn Sergio Perez zum<br />

Beispiel in Malaysia gewonnen hätte?<br />

Nein, ich glaube nicht. Le Mans ist etwas Spezielles.<br />

Dass die Formel-1-Teams das etwas<br />

an<strong>der</strong>s sehen, ist klar. Das stört mich aber auch<br />

nicht.<br />

Halten Sie dann die Formel 1 im Moment generell<br />

für <strong>über</strong>bewertet?<br />

Das glaube ich nicht. Hier hat man schon die<br />

hellsten Köpfe in <strong>der</strong> Technik, die besten Fahrer<br />

und die größten Budgets.<br />

Ist Letzteres eher negativ?<br />

Wenn man die Entwicklung im Sport weltweit<br />

betrachtet, dann ist es offensichtlich wichtig, dass<br />

man viel Geld ausgibt. Ob das im Fußball ist, in <strong>der</strong><br />

NHL o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> NBA. Da kann man immer an<br />

<strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Gehälter ablesen, wie wichtig die Serie<br />

und wie gut <strong>der</strong> Spieler ist. Und so lange das Geld<br />

diese Levels definiert, ist es halt wichtig. Lei<strong>der</strong>!<br />

Gibt es heute <strong>über</strong>haupt noch die Möglichkeit, in<br />

<strong>der</strong> Formel 1 Geld zu verdienen o<strong>der</strong> ist es ein<br />

reines Verlustgeschäft?<br />

als wenn man in irgendeinem 08/15 Job arbeitet.<br />

Denn <strong>der</strong> Sport besteht nun mal aus Höhen und<br />

Tiefen.<br />

Was war dann <strong>der</strong> Tiefpunkt?<br />

Am bittersten waren natürlich immer die schweren<br />

Unfälle. Vor allem <strong>der</strong> von Karl Wendlinger, dann<br />

auch <strong>der</strong> von Sergio Perez, auch wenn <strong>der</strong> dank <strong>der</strong><br />

sichereren Autos glimpflich verlief. Aber <strong>der</strong> Unfall<br />

von Karl war wirklich schlimm, <strong>der</strong> hat schon sehr<br />

gezehrt. Und dann auch <strong>der</strong> von Robert Kubica in<br />

Kanada, da war schon sehr viel Glück dabei, dass<br />

nicht mehr passiert ist. Und dann gibt es natürlich<br />

Enttäuschungen, die man in <strong>der</strong> Formel 1 permanent<br />

erlebt, menschliche und sportliche - das gehört<br />

einfach dazu.<br />

Wenn Sie zurückschauen, wie lässt sich Sergio<br />

34 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Perez mit an<strong>der</strong>en Fahrern vergleichen, die Sie als<br />

ganz junge Piloten im Team gehabt haben? Mit<br />

Kimi Räikkönen o<strong>der</strong> Michael Schumacher zum<br />

Beispiel, auch wenn das in <strong>der</strong> Gruppe C war.<br />

Es ist grundsätzlich schwierig, Fahrer miteinan<strong>der</strong><br />

zu vergleichen. Natürlich könnte man sagen, <strong>der</strong><br />

eine hat seine Stärken hier, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e da, <strong>der</strong> eine<br />

hat dieses Naturell, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e jenes. Aber das würde<br />

ich nie machen, einen unserer jetzigen Fahrer mit<br />

einem an<strong>der</strong>en zu vergleichen.<br />

Wie sehen Sie seinen Wechsel zu McLaren - eher<br />

mit Stolz o<strong>der</strong> auch mit Enttäuschung, nachdem<br />

Sie ihm die Chance gegeben haben?<br />

Also die Chance hat ihm Telmex gegeben. Dieses<br />

ganze Zusammenspiel, Perez, Telmex und Sauber<br />

wird ja gern etwas falsch dargestellt. Auch im<br />

Zusammenhang mit Esteban Gutierrez übrigens.<br />

Telmex ist auf uns zugekommen, weil sie <strong>der</strong> Überzeugung<br />

waren, dass sie in ihrer Scu<strong>der</strong>ia Telmex<br />

einen Fahrer haben, <strong>der</strong> reif ist für die Formel 1.<br />

Wir haben diesen Fahrer gekannt, weil wir ihn in<br />

<strong>der</strong> GP2 beobachtet haben und wir haben gesagt,<br />

ja, wir glauben, das ist okay. <strong>So</strong> sind wir mit Telmex<br />

zusammen gekommen. Perez war nach zwei Jahren<br />

frei, es hat uns also niemand einen Fahrer weggenommen,<br />

we<strong>der</strong> McLaren noch sonst irgendjemand.<br />

Er war frei. Unsere Aufgabe war es aus <strong>der</strong><br />

Sicht von Telmex, und Telmex ist in dieser Sache<br />

unser Auftraggeber, diesen jungen Mann so schnell<br />

wie möglich so weit zu bringen, dass er für ein Top-<br />

Team in Frage kommt. Natürlich hat man da eher<br />

die Roten im Blickfeld gehabt, deshalb hat er auch<br />

in <strong>der</strong> Ferrari Academy einen Vertrag bekommen,<br />

was aus unserer Sicht keinen Sinn gemacht hat, denn<br />

da sind eigentlich Fahrer drin, die noch nicht in <strong>der</strong><br />

Formel 1 sind. Das war eine Geste gegen<strong>über</strong><br />

Telmex von Ferrari. Ferrari wollte ihn dann aber<br />

nicht, weil sie <strong>der</strong> Meinung waren, dass es zu früh<br />

ist, o<strong>der</strong> weil sie lieber mit Felipe weitermachen<br />

wollten o<strong>der</strong> wie auch immer. Das mit McLaren<br />

kam für mich schon <strong>über</strong>raschend. Es gab zwar<br />

Gerüchte, aber letztendlich war es für mich doch<br />

Fotos: sauber, adrivo/Sutton<br />

JJ Lehto beim<br />

Südafrika GP in<br />

Kyalami 1993<br />

»Dass Schumacher sehr schnell ist, hat man sehr<br />

bald gemerkt. in Le Mans ist er aber zum beispiel<br />

nicht nur die schnellsten Runden gefahren, son<strong>der</strong>n<br />

hat auch am wenigsten Benzin gebraucht.«<br />

<strong>über</strong>raschend. Aber es war ja für uns alle auch ein<br />

bisschen <strong>über</strong>raschend, dass Hamilton zu Mercedes<br />

geht. Und dann musste man bei McLaren natürlich<br />

etwas unternehmen.<br />

Sie sagen, die Situation mit Gutierrez würde auch<br />

immer falsch dargestellt - inwiefern?<br />

Mit Gutierrez liegt <strong>der</strong> Fall ganz an<strong>der</strong>s als bei<br />

Perez. Gutierrez ist bei uns seit vier Jahren unter<br />

Vertrag. Vor vier Jahren kannte ich den Namen<br />

Slim noch nicht und auch den Namen Telmex<br />

nicht. Dieser Kontakt hat also <strong>über</strong>haupt nichts<br />

mit Mexiko zu tun. Esteban hat damals das Weltfinale<br />

<strong>der</strong> Formel BMW gewonnen und normalerweise<br />

hat <strong>der</strong> Sieger dann von BMW, von Mario<br />

Theissen, einen Formel-1-Test als Geschenk<br />

bekommen. Obwohl BMW zu dem Zeitpunkt,<br />

Ende 2009, aber schon draußen war, hat Mario uns<br />

gebeten, ob wir nicht Esteban trotzdem diesen<br />

Testtag geben könnten. Wir haben das gemacht,<br />

aber wenn wir jemanden zu einem Test einladen<br />

und ihm das ermöglichen, dann halten wir<br />

anschließend auch ein bisschen die Hand drauf.<br />

Wir haben ihn natürlich weiter beobachtet und<br />

haben diesen Vertrag verlängert. Esteban wird, weil<br />

er Mexikaner ist, zwar von Telmex unterstützt, ich<br />

weiß nicht, in welchem Umfang, er war aber nie<br />

ein Fahrer <strong>der</strong> Scu<strong>der</strong>ia Telmex, hatte nie einen<br />

direkten Vertrag mit ihnen. Mit Esteban verbindet<br />

uns nur eine Beziehung, die auf seiner Performance<br />

basiert und nicht auf <strong>der</strong> Kasse von Telmex.<br />

Haben Sie es je bereut, dass Sebastian Vettel, <strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> BMW-Zeit ja kurz da war, Ihrem Team sozusagen<br />

entwischt ist?<br />

Ich weiß es nicht - aber eigentlich nicht, nein...<br />

Warum nicht, weil Sie ihm nicht das Umfeld hätten<br />

bieten können, das er für seinen Aufstieg ganz an<br />

die Spitze gebraucht hat?<br />

Das ist eine Entscheidung, die BMW hätte treffen<br />

müssen. Und BMW wäre ja in einer ganz an<strong>der</strong>en<br />

Position gewesen, ihm das zu bieten. Man kann das<br />

<strong>alles</strong> so gar nicht vergleichen.<br />

Michael Schumacher kam als ganz junger Fahrer<br />

zu Ihnen. Haben Sie damals schon geahnt, was aus<br />

ihm werden könnte?<br />

Als Schumacher im Winter 1989-90 zu uns kam,<br />

haben wir <strong>über</strong>haupt nicht an die Formel 1 gedacht,<br />

nicht einmal in Ansätzen. Dass Schumacher sehr<br />

schnell ist, hat man sehr schnell gemerkt, und auch<br />

dass da noch mehr war. Zum Beispiel in Le Mans,<br />

da ist er nicht nur die schnellsten Runden gefahren,<br />

son<strong>der</strong>n hat auch am wenigsten Benzin, am<br />

wenigsten Reifen, am wenigsten Bremsen gebraucht.<br />

Er war nicht nur ein sehr schneller, er war auch ein<br />

sehr guter Fahrer.<br />

Hätten Sie sich dann doch gewünscht, dass sie ihn<br />

mal für die Formel 1 kriegen, gerade am Anfang,<br />

wo das vielleicht noch möglich gewesen wäre?<br />

Sicher, das war ja auch die Idee, und zusammen mit<br />

Mercedes hätte das ja auch wahrscheinlich funktioniert<br />

damals. Aber allein ging das nicht.<br />

Wenn Sie noch einmal neu anfangen könnten -<br />

würden Sie dann <strong>alles</strong> wie<strong>der</strong> genauso machen?<br />

Man muss diese Frage ja grundsätzlich beantworten,<br />

man kann nicht sagen, ja, ich möchte neu anfangen,<br />

aber ich möchte aus den Fehlern lernen. Das funktioniert<br />

nicht. Und deshalb muss ich ganz klar sagen:<br />

Ja, ich würde <strong>alles</strong> wie<strong>der</strong> so machen.<br />

Was wollen Sie in Zukunft machen?<br />

Ich weiß noch nicht, wie viel sich wirklich än<strong>der</strong>t.<br />

Sicher, ich kann mir jetzt aussuchen, zu welchen<br />

Rennen ich kommen will. Es ist ja nicht so, dass ich<br />

aufhören wollte. Mir geht es eigentlich gut und ich<br />

mag auch noch. Aber wenn Sie ein Team haben, das<br />

diese Aufgabe erfüllen kann, dann müssen Sie dem<br />

Team auch die Möglichkeit geben, diesen Job zu<br />

machen. Das eine ist, eine Nachfolgeregelung zu<br />

finden, was sehr schwer ist, nicht nur in <strong>der</strong> Formel<br />

1. Wenn Sie die aber haben, und Sie lassen die dann<br />

verhungern, dann ist das sicherlich die falsche<br />

Lösung. Darum war es sehr wichtig, diesen Schritt<br />

zu machen. Aber die Firma gehört weiterhin mehrheitlich<br />

mir. Deshalb bin ich weiter in die wichtigen<br />

Entscheidungen eingebunden. Aber sicher nicht im<br />

Tagesgeschäft, we<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Firma noch an den<br />

Rennstrecken.<br />

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Nico Hülkenberg<br />

beeindruckte mit<br />

starken Leistungen<br />

bei Force India<br />

36 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Explosionsgefahr<br />

Text: Stephan Heublein<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

Intelligent, bescheiden, zurückhaltend.<br />

Nico Hülkenberg scheint so gar<br />

nichts mit dem »unglaublichen Hulk«<br />

gemein zu haben. In seiner zweiten<br />

Formel-1-Saison bewies er dennoch<br />

seine Durchschlagskraft und empfahl<br />

sich für höhere Aufgaben - vielleicht<br />

sogar bei Ferrari. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

hörte sich im Paddock um.


»Nico ist ein toller<br />

Typ: eloquent,<br />

zurückhaltend und<br />

bescheiden. Er ist<br />

immer schnell, immer<br />

gut und immer<br />

unsichtbar. Er ist<br />

nicht <strong>der</strong> extrovertierte<br />

Typ, <strong>der</strong> jodelt<br />

und schreit, son<strong>der</strong>n<br />

behält immer einen<br />

klaren Kopf.«<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

Wer in <strong>der</strong> Formel 1 fahren möchte,<br />

muss früh aufstehen. Das war eine<br />

<strong>der</strong> ersten Lektionen, die Nico Hülkenberg<br />

in <strong>der</strong> Königsklasse lernte. Entspannt<br />

saß er im Flieger in Richtung Jerez de la Frontera.<br />

Die morgendliche Abflugzeit und selbst, dass das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> neben ihm Platz nahm,<br />

störten ihn nicht. Schließlich ging es an jenem<br />

frühen Montagmorgen im Dezember 2007 nicht<br />

nur ins sonnige Südspanien, son<strong>der</strong>n allen voran<br />

in Richtung seines ersten Formel-1-Tests mit<br />

Williams. Schon damals galt Hülkenberg als eine<br />

<strong>der</strong> größten deutschen Nachwuchshoffnungen.<br />

Sein Manager war kein Geringerer als Willi<br />

Weber. Der strahlende, aber auch belastende<br />

Name Michael Schumacher war allgegenwärtig.<br />

»Im Fernsehen sehen die F1-Autos ziemlich groß<br />

aus, aber in Wirklichkeit sind sie sehr klein«,<br />

fasste Hülkenberg für das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

seine ersten Eindrücke zusammen. »Für so ein<br />

kleines Auto steckt sehr viel Energie und Power<br />

drin - das kann man gar nicht beschreiben, das<br />

muss man selbst fühlen.«<br />

Fünf Jahre später ist Hülkenberg mit <strong>der</strong> Power<br />

<strong>der</strong> putzigen, kleinen Rennautos bestens vertraut.<br />

In seiner zweiten Saison als Stammfahrer wusste<br />

er ein ums an<strong>der</strong>e Mal zu <strong>über</strong>zeugen und ließ<br />

mit einem fünften Platz in Valencia, einem<br />

vierten Rang in Belgien, Platz sechs in Korea<br />

sowie Führungsrunden in Brasilien aufhorchen.<br />

Danach setzten die Gerüchteköche »Hulk« sogar<br />

schon auf ein springendes Pferd - als Nachfolger<br />

von Felipe Massa sollte er Ferrari verstärken. Eine<br />

Rolle, die ihm bereits in <strong>der</strong> Anfangsphase seiner<br />

Karriere als Weber-Schützling und Schumacher-<br />

Nachfolger angedichtet wurde. »Ich halte extrem<br />

viel davon, wie sich Nico in <strong>der</strong> zweiten Saisonhälfte<br />

geschlagen hat«, verrät Christian Danner<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. »Für mich hat er<br />

absolut das Zeug dazu, für ein Top-Team zu<br />

fahren.« Hülkenbergs ehemaliger Williams-<br />

Teamkollege Alexan<strong>der</strong> Wurz stimmt Danner<br />

grundsätzlich zu. Vom Talent her sieht <strong>der</strong> Österreicher<br />

kein Problem. »Aber es kommt immer<br />

darauf an, wie sich die Fahrer mental mit <strong>der</strong><br />

Aufgabe weiterentwickeln«, mahnt Wurz. Für<br />

Hülkenberg war 2012 <strong>der</strong> zweite Anlauf in <strong>der</strong><br />

Formel 1. In seiner ersten Formel-1-Saison bei<br />

Williams hatte er wenig Zeit, sich mit <strong>der</strong> Aufgabe<br />

zu entwickeln. »Er wurde ins zu kalte Wasser<br />

geworfen«, glaubt Wurz. Dennoch hat Hülkenberg<br />

in seiner Debütsaison und seinem Jahr<br />

als Freitagsfahrer bei Force India einige Lektionen<br />

gelernt, die er jetzt besser umzusetzen weiß.<br />

»Der Neustart seiner Karriere war mental recht<br />

gut für ihn, um zu wissen, was hier abgeht«, so<br />

Wurz. »Ich sehe keinen Grund, warum er keine<br />

Möglichkeiten haben sollte, bis ganz oben durchzustarten.«<br />

Ob das dann bei Ferrari sein wird,<br />

wagt Marc Surer zu bezweifeln. Er erinnert daran,<br />

dass nur wenige sieglose Fahrer nach Maranello<br />

wechselten. Ferrari sei vielmehr die letzte Station<br />

einer Rennfahrerkarriere. »Für Hülkenberg ist<br />

es noch ein bisschen weit weg«, glaubt Surer.<br />

Aber Ferrari ist - entgegen dem Glauben <strong>der</strong><br />

Tifosi - nicht <strong>alles</strong>. Mit Hans-Joachim Stuck traut<br />

ein weiterer ehemaliger Formel-1-Pilot Hülkenberg<br />

den Sprung zu einem Spitzenteam zu, egal<br />

ob Ferrari, Red Bull o<strong>der</strong> McLaren. Für den<br />

Moment sind sich die Experten einig, dass <strong>der</strong><br />

Deutsche bei Sauber gut aufgehoben ist. »Das ist<br />

eine gute weitere Station in seiner Karriere, vor<br />

allem weil er da nicht gleich mit einem Fahrer<br />

wie Fernando Alonso kämpfen muss«, bestätigt<br />

Stuck. Von manchen Seiten innerhalb des Formel-1-Paddocks<br />

wurde Hülkenbergs Wechsel<br />

von Force India zu Sauber trotzdem etwas argwöhnisch<br />

beäugt. Immerhin sah es für viele mehr<br />

wie ein Schritt zur Seite als nach vorne aus. Sauber<br />

beendete die Saison in <strong>der</strong> Konstrukteurswertung<br />

zwar einen Platz vor Force India auf<br />

Gesamtrang sechs, aber großartig bessere<br />

Erfolgsaussichten suggeriert die aktuelle Situation<br />

nicht. Für Danner ist das Entscheidende an<br />

Hülkenbergs Wechsel wie sich seine Karriere<br />

nach Sauber weiterentwickelt. Die Schlüsselfrage<br />

ist, ob Sauber ein besseres Sprungbrett zu einem<br />

Spitzenteam ist als Force India? »<strong>So</strong> gesehen<br />

macht es für mich schon eher Sinn«, sagt Danner.<br />

»Nicht weil ich mir nicht vorstellen kann, dass<br />

man auch von Force India zu McLaren o<strong>der</strong> Ferrari<br />

wechseln könnte, aber bei Sauber gab es in<br />

<strong>der</strong> Historie immer wie<strong>der</strong> Fahrer, die nach oben<br />

weggekauft wurden.« Dazu gehören unter an<strong>der</strong>em<br />

so illustre Namen wie Kimi Räikkönen,<br />

Felipe Massa und nun auch Sergio Perez. »<strong>So</strong><br />

gesehen ist das erwiesenermaßen ein besseres<br />

Sprungbrett nach oben.«<br />

Für Stuck kommt noch ein weiterer entscheiden<strong>der</strong><br />

Punkt hinzu: Bei Sauber erhält er die<br />

notwendige Zeit, um weiter zu reifen, ohne dem<br />

Erwartungsdruck eines Weltmeisterteams ausgesetzt<br />

zu sein. »Ferrari ist ja nicht immer ein<br />

Traumteam, die Scu<strong>der</strong>ia übt einen wahnsinnigen<br />

Druck auf die Fahrer aus«, betont Stuck.<br />

»Man muss immer vorne fahren. Du hast die<br />

italienische Pressemafia, was natürlich im positiven<br />

Sinne gemeint ist, die immer vor dir, hinter<br />

dir, neben dir o<strong>der</strong> auch manchmal im Weg steht.<br />

Ferrari ist wirklich ein heißer Sitzplatz, gut, dass<br />

er Sauber vorher noch mitnimmt.« Die Voraussetzungen<br />

in Hinwil sieht Stuck als ausgezeichnet<br />

an. Das Team werde von Monisha Kaltenborn<br />

sehr gut geführt, die technischen Anlagen sind<br />

38 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Von Sauber soll <strong>der</strong><br />

Aufstieg zu einem<br />

Spitzenteam<br />

gelingen<br />

Die Experten sehen<br />

in Nico Hülkenberg<br />

jede Menge<br />

Potenzial<br />

Nico Hülkenberg<br />

ist gefragt: Auch<br />

auf dem Radar <strong>der</strong><br />

Topteams<br />

mo<strong>der</strong>n und Hülkenberg sei jung genug, um<br />

noch zwei Jahre lang bei Sauber zu lernen, um<br />

dann voll ausgebildet zu einem Topteam zu<br />

wechseln. Im Gegenzug dazu sind die Besitz- und<br />

Finanzverhältnisse bei Force India immer wie<strong>der</strong><br />

Gegenstand wil<strong>der</strong> Spekulationen. »Dazu hat<br />

Sauber ein sehr gutes Auto, aus dem die Fahrer<br />

in diesem Jahr nicht immer das Maximum<br />

herausgeholt haben«, erinnert Surer. »Ich glaube,<br />

dass Hülkenberg dazu in <strong>der</strong> Lage ist, das Team<br />

nach vorne zu bringen.« Zudem könne er sich<br />

als Deutscher schnell integrieren. »Da kann man<br />

nur sagen: Auf geht‘s!«, sagt Stuck. »Daumen<br />

drücken, dass er im nächsten Jahr regelmäßig<br />

vorne mitfährt.«<br />

Die Anlagen dazu hat Hülkenberg in den<br />

Augen <strong>der</strong> Experten auf alle Fälle. »Er ist<br />

unglaublich konzentriert; hat unglaubliche<br />

Fähigkeiten, im Cockpit <strong>alles</strong> zu machen und <strong>alles</strong><br />

mitzubekommen«, analysiert Danner. »Er ist nie<br />

<strong>über</strong>rascht.« Auch Surer lobt diese Rennintelligenz,<br />

die Hülkenberg im richtigen Moment exakt<br />

in die Tat umsetzen kann. Aber auch abseits <strong>der</strong><br />

Strecke weiß Hülkenberg mit seiner smarten Art<br />

zu <strong>über</strong>zeugen. »In <strong>der</strong> heutigen Formel 1 ist es<br />

ganz wichtig, dass man mit Datenausdrucken<br />

nicht nur Papiere vor sich liegen hat, son<strong>der</strong>n das<br />

man auch lernt, daraus etwas zu machen«, erklärt<br />

<strong>der</strong> Schweizer. Das kann Hülkenberg ebenso gut<br />

umsetzen wie er im Cockpit clever jede sich bietende<br />

Situation ausnutzt. »Er kann sich im Zweikampf<br />

strategisch positionieren«, beschreibt Danner.<br />

»Seine ganzen Überholmanöver in dieser<br />

Saison waren super.« In Korea <strong>über</strong>holte Hülkenberg<br />

mit Lewis Hamilton und Romain Grosjean<br />

sogar zwei Fahrer auf einen Schlag. »Er setzt all<br />

seine Fähigkeiten trotz des ganzen Rennstresses<br />

im richtigen Moment ein. Er hat es einfach drauf«,<br />

lobt Danner. »Ich habe ihm das auch persönlich<br />

gesagt. Er ist einer von den Fahrern, die wirklich<br />

hart dran sind. Er fährt nicht nur herum und<br />

schaut einmal wie es geht.« Dabei bleibt Hülkenberg<br />

stets analytisch und verfällt nicht in positive<br />

wie negative Gefühlsausbrüche. <strong>So</strong> analysiert er<br />

einen Unfall ganz sachlich, ohne Anschuldigungen.<br />

»Nico ist ein toller Typ: eloquent, zurückhaltend<br />

und bescheiden«, beschreibt Stuck. »Er<br />

ist immer schnell, immer gut und immer unsichtbar.<br />

Er ist nicht <strong>der</strong> extrovertierte Typ, <strong>der</strong> jodelt<br />

und schreit, wenn er Punkte macht, son<strong>der</strong>n<br />

behält immer einen klaren Kopf.« Perfekt ist aber<br />

bekanntlich niemand. »Als Person muss er noch<br />

explodieren, damit man auf ihn aufmerksam<br />

wird«, fügt Stuck hinzu. Spätestens wenn <strong>der</strong><br />

grüne Muskelprotz aus ihm herausbricht, ist<br />

»Hulk« wohl auch bereit für die Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

in einem Topteam.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 39


Dar<strong>über</strong><br />

Text: Kerstin Hasenbichler<br />

sprach die<br />

F1-Welt 2012<br />

Fernando Alonso und Sebastian Vettel beherrschten den Titelkampf,<br />

aber nicht alle Schlagzeilen gehörten in dieser Saison ihnen. Das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> blickt zurück: Boxenfeuer, Reifenroulette und<br />

Pistenrambos - diese zehn Top-Themen bewegten die F1-Welt 2012.<br />

40 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fotos: adrivo/sutton<br />

Adrian Newey<br />

Zwei Jahre Rallye waren genug. 2012 kehrte Kimi Räikkönen auf die Bühne <strong>der</strong><br />

Formel 1 zurück und strafte alle Kritiker Lügen, die nach seinem unrühmlichen<br />

Abschied bei Ferrari 2009 nicht an ein erfolgreiches Comeback des Finnen<br />

glaubten. Mit seinem Sieg in Abu Dhabi, sechs Podestplätzen und Platz drei in <strong>der</strong><br />

Gesamtwertung legte Räikkönen ein Bil<strong>der</strong>buch-Comeback hin. »Ich habe am<br />

Anfang des Jahres gesagt, dass ich nicht glaube, dass Kimi es hinbekommt.<br />

Deswegen muss ich mich echt an <strong>der</strong> eigenen Nase packen und zugeben: ich<br />

hatte Unrecht«, räumt Christian Danner im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> ein. »Kimi ist aus<br />

dem Stand wie<strong>der</strong> voll dabei, seine Leistung ist einfach super.« Autos ohne<br />

Tankstopps, DRS, Pirelli-Reifen - Räikkönen kam mit allen mo<strong>der</strong>nen Gegebenheiten<br />

perfekt zurecht. »Er macht sich <strong>über</strong> die Reifen keine Gedanken, fragt auch<br />

nicht groß nach. Er macht einfach instinktiv<br />

<strong>alles</strong> richtig«, lobt Paul Hembery. Mit<br />

seinem unglaublichen Talent, seinem<br />

Fahrgefühl und seinem Speed schaffte<br />

<strong>der</strong> Finne das, was viele an<strong>der</strong>e sich<br />

nach einem Comeback mühsam<br />

wie<strong>der</strong> erarbeiten mussten. Das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> zieht vor <strong>der</strong><br />

Leistung des Iceman den Hut.<br />

Kimi Räikkönen<br />

lehrte seine<br />

Kritiker das<br />

Fürchten<br />

Nicht nur<br />

Fernando Alonso<br />

sah in Adrian<br />

Newey einen<br />

Erfolgsfaktor<br />

Comeback<br />

King:<br />

Kimi<br />

Räikkönen<br />

Sebastian Vettel ist <strong>der</strong> jüngste Dreifach-Weltmeister in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong><br />

Formel 1. Doch diesen Erfolg schreiben seine Kritiker hauptsächlich Adrian<br />

Newey zu. Das Design-Genie sorgte 2012 für allerhand Gesprächsstoff - im<br />

positiven als auch im negativen Sinne. Als <strong>der</strong> RB8 in <strong>der</strong> ersten Saisonhälfte<br />

vor allem bei <strong>der</strong> Höchstgeschwindigkeit hinter den direkten Konkurrenten<br />

hinterherfuhr und die Dominanz <strong>der</strong> letzten Jahre wie weggeblasen schien,<br />

wurde Newey an den Pranger gestellt. Ihm wurde vorgeworfen, bei <strong>der</strong><br />

Konstruktion des Autos zu sehr am Limit gearbeitet zu haben. Doch <strong>der</strong><br />

mediale Gegenwind sollte bald drehen: <strong>So</strong> galt Newey dann auch als Initiator<br />

für die fulminante Aufholjagd in <strong>der</strong> zweiten Saisonhälfte. Für Fernando Alonso<br />

stand fest, dass <strong>der</strong> geistige Vater von Kinky Kylie, Luscious Liz, Randy Mandy,<br />

Kate und Kate‘s Dirty Sister die eigentliche Triebfe<strong>der</strong> <strong>der</strong> Red-Bull-Erfolge ist.<br />

»Wenn wir alle mit ähnlichen Autos fahren würden, denke ich, dass wir in <strong>der</strong><br />

Meisterschaft führen würden, aber wir kämpfen gegen Neweys Rennwagen«,<br />

klagte Alonso. Trotz <strong>der</strong> endlosen Diskussionen um seine Person hielt sich<br />

Newey bescheiden im Hintergrund. Es ist nicht die Art des Briten, große Töne<br />

zu spucken, er arbeitet lieber verdeckt am nächsten Weltmeister-Auto.


McLaren-Formschwankungen<br />

Wenn 24 Fahrer auf eine Kurve zurasen, dann bleiben Kollisionen nie gänzlich<br />

aus. In <strong>der</strong> Startphase galt die Formel 1 seit jeher als Verdrängungswettbewerb<br />

- und würde es für den besten »Verdränger« Punkte geben, dann hätte<br />

Romain Grosjean - o<strong>der</strong> <strong>der</strong> ‚Verrückte aus Kurve eins‘ wie ihn Mark Webber<br />

nennt - 2012 die Weltmeisterschaft souverän gewonnen. Unerfahrenheit und<br />

Profilierungsdrang ergaben bei Jungspunden wie Grosjean o<strong>der</strong> den südamerikanischen<br />

Kampfhähnen Pastor Maldonado und Sergio Pérez eine unheilvolle<br />

Mischung. Jenson Button sprach nach einer folgenschweren Begegnung<br />

mit Kamui Kobayashi von einem Armutszeugnis für die Formel 1: »Ein paar<br />

von uns scheinen nicht begriffen zu haben, dass ein Rennen länger geht als<br />

zwei Kurven.« Auch Nico Rosberg verging das Lachen: »Das macht so keinen<br />

Spaß. Einige gehen einfach zu viel Risiko, das muss sich än<strong>der</strong>n. Eine<br />

Handvoll Fahrer ist zu extrem.« Wachgerüttelt wurde diese Handvoll Fahrer<br />

durch die Rennsperre von Grosjean, nachdem dieser in Spa-Francorchamps<br />

eine Massenkarambolage ausgelöst hatte. Das letzte Mal wurde die »Höchststrafe«<br />

zuvor 1994 für Mika Häkkinen ausgesprochen<br />

Gefährliche Pistenrambos<br />

McLaren begann<br />

ungewohnt stark,<br />

ließ dann aber für<br />

einige Zeit ebenso<br />

stark nach<br />

McLaren gab <strong>der</strong> Konkurrenz 2012 Rätsel auf. In den ersten Rennen<br />

schien das Team unschlagbar zu sein, doch die Performance <strong>der</strong> Chrompfeile<br />

schwankte stark. Der Speed des MP4-27 unterlag sowohl innerhalb<br />

<strong>der</strong> Rennwochenenden vom Training <strong>über</strong> das Qualifying bis zum Grand<br />

Prix als auch im Laufe <strong>der</strong> Saison von Wochenende zu Wochenende<br />

unterschiedlich starken Schwankungen. Mal superschnell, mal chancenlos.<br />

Die Fahrer konnten sich darauf keinen Reim machen. »Unser Auto ist<br />

aerodynamisch stark und auch mechanisch ist es nicht so schlecht, aber<br />

manchmal scheint es nicht zu passen - und damit meine ich die vier<br />

Dinger, die den Kurs berühren«, schob Jenson Button den Schwarzen<br />

Peter in Richtung Reifen. Als klar wurde, dass diese Berg- und Talfahrt<br />

McLaren abermals den WM-Titel kosten würde, regnete es harsche Kritik<br />

von <strong>der</strong> Insel. Allen voran Teamchef Martin Whitmarsh musste sich<br />

anhören, er sei zu weich und lasse den nötigen Ehrgeiz vermissen. »Ich<br />

verschwende keine Zeit damit, nachzudenken, was in den Medien<br />

geschrieben wird«, gab sich Whitmarsh äußerlich stark. Allerdings hatte er<br />

auch keine Zeit, dar<strong>über</strong> nachzudenken, versuchte er doch mit allen<br />

Mitteln, Lewis Hamilton zu halten. Für McLaren ein ebenso aussichtloser<br />

Kampf wie das Titelrennen.<br />

Romain Grosjean<br />

räumte in<br />

Spa-Francorchamps<br />

massiv auf<br />

42 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fotos: adrivo/sutton<br />

Diskussionen<br />

um Bahrain<br />

»Die Medien wollen eine gute Geschichte und wenn es keine gibt, dann erfinden<br />

sie eine«, erklärte Bernie Ecclestone. Trotz täglicher Berichte <strong>über</strong> Anschläge und<br />

Tote sah <strong>der</strong> F1-Zampano keinen Anlass, den Großen Preis von Bahrain zum<br />

zweiten Mal in Folge abzusagen. In <strong>der</strong> Tat war rund um die Rennstrecke in<br />

Manama »Business as usual« angesagt. Die Verantwortlichen versuchten, das<br />

Leben <strong>der</strong> Teams, Journalisten und F1-Gäste so angenehm wie möglich zu<br />

gestalten. Doch je weiter man sich <strong>der</strong> Rennstrecke entfernte, desto näher kam<br />

man <strong>der</strong> Realität. Auf <strong>der</strong> Rückfahrt zum Hotel landete ein Teambus von Force<br />

India inmitten einer Demonstration. Menschen rollten brennende Reifen auf die<br />

Autobahn und warfen mit Molotowcocktails um sich. Ein Brandsatz detonierte<br />

nicht unweit des Busses. Nur mittels Tränengas konnte die Polizei die Situation<br />

unter Kontrolle bringen. Ecclestone betont zwar stets, dass die F1 sich nicht in<br />

politische Dinge einmischt, dennoch sahen viele die Austragung des Rennens als<br />

ein Statement an. »Es kann als politisches Signal erachtet werden, wenn du das<br />

Rennen fährst, und es kann als politisches Signal erachtet werden, wenn du nicht<br />

fährst«, brachte es Christian Horner auf den Punkt.<br />

Pastor Maldonado<br />

gelang <strong>der</strong> erste<br />

Williams-Sieg seit<br />

Brasilien 2004<br />

Williams-Sensationssieg<br />

Acht Jahre musste Williams warten - beim Großen Preis von Spanien war<br />

die Sensation dann perfekt. Die Pole Position holte sich Pastor Maldonado<br />

durch eine Strafversetzung von Hamilton, doch den Sieg hatte er sich nach<br />

einem souveränen Kampf gegen Fernando Alonso verdient. Über den ersten<br />

Sieg eines Venezolaners in <strong>der</strong> Formel 1 sowie den ersten Triumph für<br />

Williams seit Brasilien 2004 freute sich vor allem Frank Williams. »Junge,<br />

Junge - wir haben diesen Sieg gebraucht, wie man sich vielleicht vorstellen<br />

kann. Die Mannschaft ist natürlich total aus dem Häuschen. Als Englän<strong>der</strong><br />

kann ich sagen: Wir werden da nicht emotional«, sagte Sir Frank im Scherz.<br />

Sein Humor sollte ihm schnell vergehen, denn Freud und Leid gingen für<br />

Williams in Spanien Hand in Hand. Wenige Stunden nach <strong>der</strong> Siegesfeier<br />

entbrannte plötzlich ein Feuer in <strong>der</strong> Williams-Box, bei dem neun Personen<br />

verletzt wurden. Auslöser war ein Kurzschluss in <strong>der</strong> Tankpumpe. »Das war<br />

ein Weckruf und unterstreicht noch einmal deutlich, wie viele Gefahren es<br />

gibt, wenn Benzin, Benzindämpfe und Elektrik zusammenspielen. Wir<br />

müssen wachsam bleiben«, betonte Christian Horner.<br />

Die Scheichs<br />

bemühten sich<br />

vor<strong>der</strong>gründig um<br />

ein positives Bild<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 43


Horrorcrash<br />

von Maria de Villota<br />

Plötzlich war die Gefahr wie<strong>der</strong> präsent, die Gewissheit da: Die Formel 1<br />

bleibt ein lebensgefährliches Unternehmen. Das zeigte <strong>der</strong> Unfall von Maria<br />

de Villota am 3. Juli auf dem Flughafengelände in Duxford. Die Marussia-<br />

Testfahrerin krachte am Ende ihrer Installationsrunde unkontrolliert in die<br />

La<strong>der</strong>ampe eines Teamlasters und zog sich schwerste Kopf- und Gesichtsverletzungen<br />

zu. Trotz Notoperation verlor de Villota ihr rechtes Auge sowie<br />

ihren Geruchs- und Geschmackssinn. »Ich werde noch lange Zeit Schmerzen<br />

haben«, verriet de Villota. Bei aller Betroffenheit mehrten sich auch<br />

kritische Stimmen, Marussia habe seine mediale Präsenz verstärken wollen,<br />

die Spanierin sei aber noch nicht reif für einen F1-Test gewesen. Letzteres<br />

wurde durch eine Untersuchung seitens<br />

Marussia untermauert, die einen<br />

technischen Defekt als Unfallursache<br />

ausschloss. Nichtsdestotrotz<br />

sieht de Villota ihre Karriere als<br />

Rennfahrerin nicht als beendet<br />

an. Ob sie allerdings eine<br />

Rennlizenz erhält, steht in den<br />

Sternen.<br />

Schicksals-Schlag<br />

für Marussia-<br />

Testerin Maria de<br />

Villota<br />

Kein Sieg, mehr<br />

Frust als Lust:<br />

Michael Schumacher<br />

hatte sich sein<br />

Comeback an<strong>der</strong>s<br />

vorgestellt<br />

Schumachers<br />

unwürdiges Karriereende<br />

Maria de Villota<br />

möchte trotz ihres<br />

Unfalls in ein<br />

Renncockpit<br />

zurückkehren<br />

»Ich habe beschlossen, meine Formel-1-Karriere zum Saisonende zu beenden,<br />

im Bewusstsein, noch immer mit den Besten <strong>der</strong> Welt mithalten zu können. Das<br />

macht mich stolz, und auch deshalb habe ich mein Comeback nie bereut.« Am<br />

4. Oktober gab Michael Schumacher zum zweiten und letzten Mal seinen<br />

Rücktritt bekannt. Der generelle Tenor zu seinem Comeback fiel allerdings eines<br />

Rekordweltmeisters unwürdig aus - abgeschlagen, chancenlos, teilweise im<br />

direkten Zweikampf mit dem hinteren Mittelfeld. Unbestritten ließen die<br />

Schwächen des Mercedes kaum eine bessere Leistung in den drei Jahren zu,<br />

dennoch sind Ex-Weltmeister wie Nigel Mansell, Jody Scheckter und Jackie<br />

Stewart <strong>über</strong>zeugt, dass Schumachers Legendenstatus durch das erfolglose<br />

Comeback angekratzt wurde. Selbst Schumacher gingen nach seinem<br />

vorletzten F1-Rennen in Austin die Worte aus: »Das Rennen kann ich fast nur in<br />

ironische Worte kleiden. Da gibt es nichts, was wir schön reden könnten und<br />

wollten.« Mit lediglich einem Podestplatz in Valencia in <strong>der</strong> Saison 2012 endete<br />

die zweite Karriere des Michael Schumacher. Kein Vergleich zu seinem ersten<br />

F1-Abschnitt, in dem er 91 Rennen und 7 Titel gewann.<br />

44 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Reifenchaos<br />

Back in USA<br />

Fotos: adrivo/sutton<br />

Die Formel 1 und die USA verbindet eine komplizierte Beziehung. Nach einer<br />

desaströsen Vorstellung 2007 in Indianapolis dauerte es fünf Jahre, ehe die<br />

F1-Motoren auf amerikanischen Boden wie<strong>der</strong> aufheulten. Mit 117.429 Zuschauern,<br />

die das Rennen am <strong>So</strong>nntag in Austin verfolgten, war die USA-Rückkehr ein<br />

voller Erfolg. »Ich habe schon mehrfach gesagt, dass die F1-Fanszene in Amerika<br />

unterschätzt wird. Wir brauchten bislang einfach nur eine Strecke, auf <strong>der</strong> wir ein<br />

Rennen vernünftig austragen können. Die haben wir nun endlich«, freute sich<br />

Mario Andretti. Dem Freudentaumel schloss sich Bernie Ecclestone an: »Das<br />

Rennen war fantastisch. Es ist großartig, wenn <strong>alles</strong> so klappt wie geplant.« Der<br />

Circuit of the Americas ist bereits die zehnte Station <strong>der</strong> Formel 1 in den Vereinigten<br />

Staaten. »Wir haben sehr viel Aufwand betrieben, in den USA eine richtig<br />

coole Fahrerstrecke, eine Berg- und Tal-Bahn zu bauen«, erklärt Alexan<strong>der</strong> Wurz.<br />

Und das ist gelungen - 20 Kurven zählt <strong>der</strong> 5,516 Kilometer lange Kurs, neunmal<br />

geht‘s rechts herum, elfmal links. Als Markenzeichen gilt <strong>der</strong> Anstieg zur Kurve<br />

eins, dem höchsten Punkt <strong>der</strong> Strecke. Nun soll es auch mit <strong>der</strong> Formel 1 in den<br />

Staaten weiter aufwärts gehen.<br />

Die Reifen sorgten<br />

für spannende<br />

Rennen und<br />

<strong>über</strong>raschende<br />

Ergebnisse<br />

Die Formel 1<br />

konnte beim<br />

US-Comeback in<br />

Austin<br />

<strong>über</strong>zeugen<br />

Button, Alonso, Rosberg, Vettel, Webber, Maldonado und Hamilton - sieben<br />

verschiedene Sieger in den ersten sieben Rennen. Für die einen war <strong>der</strong><br />

Saisonauftakt 2012 das Zeugnis einer großen Ausgeglichenheit des Feldes, für<br />

an<strong>der</strong>e einfach <strong>der</strong> Gipfel <strong>der</strong> Unvorhersehbarkeit. Beim Auslöser waren sich<br />

alle schnell einig: Es lag an den Reifen. Michael Schumacher galt als<br />

schärfster Kritiker <strong>der</strong> Pirelli-Reifen. »Teilweise fahren wir mit 60 o<strong>der</strong> 70<br />

Prozent durch die Kurven. <strong>So</strong>bald du ein bisschen schneller fährst, fliegen die<br />

Reifen von <strong>der</strong> Felge«, kritisierte er und stellte die Frage in den Raum, ob die<br />

Reifen eine so entscheidende Rolle spielen sollten. »O<strong>der</strong> sollten sie etwas<br />

länger halten, damit wir ein normales Renntempo an den Tag legen können<br />

und nicht herumfahren wie ein Safety-Car.« Selbst Reifenflüsterer Jenson<br />

Button gab zu, manchmal aus den Reifen nicht schlau zu werden. Pirelli<br />

konterte mit dem Argument, dass nicht alle Teams Probleme mit den Reifen<br />

hätten. »Sie haben einfach ihre Hausaufgaben gemacht«, stellte Paul Hembery<br />

klar. Der Saisonverlauf gab dem Reifenhersteller Recht. Die F1-Saison wurde<br />

zu keiner Achterbahn o<strong>der</strong> Wun<strong>der</strong>tüte wie Kritiker prophezeiten, nach einer<br />

gewissen Zeit setzten sich die besten Fahrer und Teams durch und die Fans<br />

durften sich <strong>über</strong> actionreiche und spannende Rennen freuen.<br />

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Fotos: mclaren


Text: Kerstin Hasenbichler<br />

Drei Jahre nach all den Zweifeln, ob er Lewis Hamilton gewachsen ist, ist McLaren<br />

nun Jenson Buttons Team. Sein Schicksal ist es jetzt, McLaren wie<strong>der</strong> zu dem<br />

Erfolgsteam zu machen, das es einst war. Ist er dem gewachsen? Das <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> ermittelt.<br />

ls er die schwarz-weiß karierte Flagge sah, fiel die<br />

Anspannung wie ein Stein von ihm. Er riss die Arme<br />

in die Höhe, ballte die rechte Hand zu einer Faust und<br />

führte mit seinem Boliden auf<br />

<strong>der</strong> Start-Ziel-Geraden ein kleines Tänzchen auf.<br />

Auf beiden Seiten des Funks war Jubel zu hören,<br />

doch keiner jubelte lauter als Jenson Button. Mit<br />

seiner Siegesfahrt in Spa-Francorchamps bewies<br />

<strong>der</strong> Brite einmal mehr seine fahrerischen Qualitäten.<br />

Ab 2013 sind auch seine Lea<strong>der</strong>-Qualitäten<br />

gefragt. Nach drei Jahren und 58 gemeinsamen<br />

Rennen ist die McLaren-Fahrerpaarung Jenson<br />

Button und Lewis Hamilton Geschichte. »Es ist<br />

ein Neustart. Für das Team ist es die erste Saison<br />

seit 2006, in <strong>der</strong> es nicht mit Lewis an den Start<br />

geht«, erklärt Button.<br />

Das Schicksal, das Ron Dennis einst für Lewis<br />

Hamilton vorgesehen hatte, ist nun das von Jenson<br />

Button geworden. Es ist an ihm, McLaren wie<strong>der</strong> zu dem Erfolgsteam zu<br />

machen, das es einst war, dem langen Warten auf den Fahrer- (seit 2008) und<br />

Konstrukteurstitel (seit 1998) ein Ende zu setzen. Viele Experten sind <strong>über</strong>zeugt,<br />

dass er das Zeug zum Teamlea<strong>der</strong> hat. »Button gehört zu den sechs<br />

besten Fahrern, die es in <strong>der</strong> Formel 1 gibt und ist ein echter Lea<strong>der</strong>. Ich bin<br />

<strong>über</strong>zeugt, dass er es schafft, die Führungsrolle bei McLaren zu <strong>über</strong>nehmen«,<br />

sagt Hans-Joachim Stuck dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Alexan<strong>der</strong> Wurz sieht<br />

auf Button in den kommenden Monaten keine<br />

großen Probleme zukommen, denn für ihn hat er<br />

längst die Lea<strong>der</strong>-Rolle bei McLaren eingenommen.<br />

»Am Anfang schwamm er gegen den Strom,<br />

weil es Lewis‘ Zuhause war, aber in den letzten zwei<br />

Jahren hat er das Team hinter sich gebracht und<br />

sich zum Teamlea<strong>der</strong> gemausert.«<br />

Gerade in Zeiten, in denen <strong>der</strong> Erfolg auf sich warten<br />

lässt, wachsen manche Fahrer <strong>über</strong> sich hinaus<br />

und werden zu echten Führungspersönlichkeiten.<br />

Sie halten das Team zusammen, motivieren und<br />

pushen die einzelnen Mitglie<strong>der</strong> nach dem Motto<br />

‚zusammen gewinnen, zusammen verlieren‘. Dieses<br />

Mantra hat Button schon vor vielen Jahren verinnerlicht.<br />

»Das Herz und die Seele <strong>der</strong> Mannschaft<br />

steckt in meinem Auto. Wenn ich einen Grand Prix gewinne, dann gewinne<br />

ich ihn mit meinem Team. Wir gewinnen gemeinsam, wir verlieren gemeinsam<br />

- so muss es sein«, stellt er klar. An<strong>der</strong>s als an<strong>der</strong>e Piloten sagt er solche<br />

Sätze nicht nur, weil sie PR-technisch gut klingen, son<strong>der</strong>n weil er sie →<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 47


Große Chance:<br />

Button ist <strong>der</strong><br />

Titelanwärter<br />

bei McLaren<br />

wirklich so meint. »Man muss stets man selbst sein.<br />

Die Leute im Team merken sofort, was Fake und was<br />

Echt ist«, weiß <strong>der</strong> Brite. Immerhin sitzt er Stunden<br />

um Stunden mit seinen Ingenieuren zusammen, brütet<br />

<strong>über</strong> Ideen und baut mehr als nur Arbeitsbeziehungen<br />

auf. »Es ist wichtig, dass man sich blind versteht. Meine<br />

Leute wissen genau, wenn ich einen schlechten Tag<br />

habe und wie sie dann mit mir umgehen müssen - und<br />

umgekehrt«, erzählt Button.<br />

Geheime Telemetriedaten via Twitter zu verbreiten<br />

o<strong>der</strong> sich auf seinem Helm als »Hard as a Motherfucker«<br />

zu outen, ist nicht <strong>der</strong> Stil des Briten. »Lewis<br />

ist jemand, <strong>der</strong> manchmal die Leute verärgert, was<br />

zu Streitereien führt. Button ist das nicht. Er ist<br />

intelligent, ruhig und arbeitet konsequent«, sagt<br />

Marc Surer. Konsequent gilt es auch das Auto weiterzuentwickeln,<br />

um die Formschwankungen des<br />

letzten Jahres abzustellen und 2013 <strong>über</strong> die Saison<br />

hinweg konkurrenzfähig zu sein. »Jenson wird sich<br />

bei den Wintertests und am Anfang <strong>der</strong> Saison<br />

selbst in gewisse Höhen pushen müssen«, betont<br />

Wurz gegen<strong>über</strong> dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Wie<br />

man ein Auto weiterentwickelt, hat Button in seinen<br />

13 Jahren in <strong>der</strong> Formel 1 gelernt. Schon bei BAR,<br />

Honda und Brawn GP hatte er diesen Job inne,<br />

somit weiß er genau, was von ihm verlangt wird.<br />

»Als Fahrer kann man zwar nicht sagen, welche<br />

Aero-Teile auf das Auto gehören - das ist die Arbeit<br />

<strong>der</strong> Genies im Windkanal und <strong>der</strong> Ingenieure - aber<br />

man kann sagen, wie sich das Auto anzufühlen hat«,<br />

betont Button. »Ich kann dem Team sehr viel Input<br />

geben, aber ich bin kein Designer.« Mit dem richtigen<br />

Material will er zeigen, dass er Hamilton in<br />

nichts nachsteht, auch nicht im Qualifying.<br />

<strong>So</strong> möchte<br />

Jessica ihren<br />

Jenson auch<br />

2013 oft sehen<br />

Das Zeittraining war das Herrscherfeld des Briten.<br />

Wenn es um den reinen Speed geht, war Hamilton<br />

stets <strong>der</strong> bessere McLaren-Pilot. Das weiß Button.<br />

»Ich habe Lewis nicht so oft geschlagen wie ich das<br />

gerne getan hätte. Aber ich wusste stets, dass ich am<br />

<strong>So</strong>nntag ein gutes Rennen zeigen kann.« <strong>So</strong> geschehen<br />

auch beim Saisonfinale in Brasilien. Hamilton<br />

stand zwar auf <strong>der</strong> Pole Position, doch <strong>der</strong> Sieg ging<br />

an Button - wie für ihn typisch bei schwierigen<br />

Mischbedingungen. Bei <strong>der</strong> Premiere in Austin mauserte<br />

er sich intelligent und mit <strong>der</strong> nötigen Aggressivität<br />

mit neun echten Positionswechseln zum Überholkönig.<br />

Applaus gab es seitens <strong>der</strong> Experten und<br />

Teamchef Martin Whitmarsh: »Eine große Leistung<br />

von Jenson.« Nichtsdestotrotz sind kritische Stimmen<br />

geblieben, die befürchten, dass McLaren mit<br />

Hamilton einen echten Racer verloren hat und damit<br />

auch künftige Siege und WM-Titel. »Als Haudegen<br />

und Racer wird Hamilton McLaren fehlen. Lewis<br />

gibt immer <strong>alles</strong> und macht auch manchmal Unmögliches<br />

möglich - das kann Button nicht«, behauptet<br />

Surer.<br />

Button sei nur in einem speziellen Arbeitsfenster<br />

unschlagbar. »Jenson ist ein Fahrer, <strong>der</strong> ein relativ<br />

schmales Arbeitsfenster hat. Wenn er da drin ist, ist<br />

48 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Button ist nicht<br />

nur auf <strong>der</strong><br />

Strecke schnell<br />

unterwegs<br />

er Weltklasse. Wenn er da rausfällt, ist er gehandicapt.<br />

Das ist sein Problem. Er muss das Fenster so<br />

haben, wie er es braucht. Wenn <strong>alles</strong> stimmt, dann<br />

muss man sich warm anziehen«, meint Danner. Den<br />

Beweis lieferte Button 2009, als er die ersten sieben<br />

Rennen <strong>der</strong> Saison gewann, aber auch 2011 als er<br />

einen aggressiveren, aber auch fehleranfälligeren<br />

Hamilton in den Schatten stellte. Martin Brundle<br />

ist <strong>über</strong>zeugt, dass es für Button nicht bei seinem<br />

einen WM-Titel mit Brawn GP bleiben wird. »Jenson<br />

muss nur seine Leistungen noch konstanter<br />

abrufen.« Der Meinung ist auch Hans-Joachim<br />

Stuck. »Von den besten zehn Fahrern im Feld kann<br />

je<strong>der</strong> Weltmeister werden, wenn er im richtigen<br />

Auto sitzt. Man darf nie vergessen, dass das Sportgerät,<br />

in dem die Burschen sitzen, einen prozentual<br />

sehr hohen Anteil an dem Puzzle, ein Rennen zu<br />

gewinnen, hat. Deshalb sind die Top-Piloten für<br />

mich alle Titelkandidaten, wenn das Material passt<br />

- also auch Button.«<br />

Button <strong>über</strong>zeugt Experten und Fahrerkollegen<br />

zudem mit seiner Erfahrung, seinem sanften, Reifen<br />

schonenden Fahrstil und seiner Ruhe. »Seine Erfahrung<br />

macht ihn stark, aber auch die Tatsache, dass<br />

er schwer aus <strong>der</strong> Ruhe zu bringen ist«, erzählt Sebastian<br />

Vettel. Hinzu kommt, dass Button als einer<br />

<strong>der</strong> fittesten Piloten im Fahrerfeld gilt. Ein Triathlon<br />

<strong>über</strong> die olympische Distanz von 1,5 Kilometer<br />

Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren und 10 Kilometer<br />

Laufen in unter zwei Stunden stellt für ihn<br />

kein Problem dar. Button geht eben in allen<br />

Bereichen seines Lebens akribisch vor. Ob er damit<br />

McLarens Neustart in eine erfolgreiche Zukunft<br />

führen kann, wird sich zeigen. Fest steht nur, dass<br />

Button an seinen Erfolgen bzw. Misserfolgen in den<br />

nächsten Jahren gemessen wird. Gelingt es ihm,<br />

McLaren in die richtige Richtung zu führen, dann<br />

kann er als geschichtsträchtiger Fahrer in die<br />

McLaren-Historie eingehen wie einst Ayrton Senna,<br />

Alain Prost und Mika Häkkinen.<br />

»Als Haudegen und Racer wird Hamilton McLaren fehlen.<br />

Lewis gibt immer <strong>alles</strong> und macht auch manchmal<br />

Unmögliches möglich - das kann Button nicht.«<br />

Button gilt als<br />

Reifenflüsterer<br />

par excellence<br />

Button gibt nun<br />

endgültig den<br />

Ton bei<br />

McLaren an<br />

Buttons pluspunkte<br />

Teamrückhalt: »Ich glaube nicht, dass Hamilton Teamlea<strong>der</strong><br />

war. Dass Jenson bei McLaren klar kommt, das<br />

wissen wir schon.« (Christian Danner)<br />

Weiterentwicklung: »Jenson ist sowieso <strong>der</strong> bessere<br />

Arbeiter als Lewis Hamilton. Lewis wird dem Team bei<br />

<strong>der</strong> Entwicklung sicherlich nicht fehlen.« (Marc Surer)<br />

Buttons herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

Sergio Perez: »Jetzt wird Jenson gefragt sein. Er wird<br />

sich am Anfang selbst in gewisse Höhen pushen müssen.«<br />

(Alexan<strong>der</strong> Wurz)<br />

Fehlende Konstanz: »Button ist ein Fahrer, <strong>der</strong> ein<br />

relativ schmales Arbeitsfenster hat. Wenn er da rausfällt,<br />

ist er gehandicapt.« (Christian Danner)<br />

Jenson Button<br />

sieht McLaren<br />

2013 als sein<br />

Team an<br />

Fotos: mclaren, adrivo/sutton<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 49


Text: Kerstin Hasenbichler<br />

Der perfekte<br />

Fahrer<br />

Bastelstunde im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Vollgastier, Reifenflüsterer,<br />

Professor: Wir haben die Qualitäten <strong>der</strong> Besten <strong>der</strong> Besten unter die<br />

Lupe genommen und basteln uns den perfekten Rennfahrer.<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

Wer ist <strong>der</strong> Beste <strong>der</strong> Besten? Unzählige Vergleiche und Analysen wurden schon angestellt,<br />

doch wirklich vergleichen ließen sich die Fahrer aus so vielen Jahrzehnten nie. Im aktuellen<br />

Fahrerfeld gilt Fernando Alonso als <strong>der</strong> kompletteste Fahrer. Für viele ist Michael Schumacher<br />

mit seinen sieben WM-Titeln die unangefochtene Nummer 1, während an<strong>der</strong>e Ayrton Senna<br />

als den Besten <strong>der</strong> Besten ansehen. Mit seinem dritten WM-Titel gehört auch Sebastian<br />

Vettel in diese Riege. Den Speed, das Durchsetzungsvermögen und die körperliche Fitness<br />

haben alle Vier gemein. Diese Eigenschaften allein machen aber noch keinen perfekten<br />

Fahrer aus - wie beim Auto zählt das Gesamtpaket. Dazu braucht es auch...<br />

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1. Rennintelligenz<br />

Die erste Anfor<strong>der</strong>ung an einen perfekten Fahrer ist schnell gefunden: Intelligenz.<br />

Schnell Autofahren können sie alle, aber <strong>der</strong> Schnellste muss nicht immer <strong>der</strong> Beste<br />

sein. Den entscheidenden Unterschied macht die Rennintelligenz eines Fahrers aus.<br />

Er muss ein Rennen vom Cockpit aus lesen können, wissen, wann er angreifen muss<br />

und wann er es sein lassen sollte. »Um erfolgreich zu sein, braucht es diese Rennintelligenz«,<br />

bestätigt Marc Surer. Im Rennen gilt es, taktische Cleverness zu beweisen.<br />

Statt von 55 Runden lang das Maximum aus den Reifen herauszuquetschen, ist es<br />

intelligenter, die Reifen und an<strong>der</strong>e Verschleißteile <strong>über</strong> das Rennen hinweg perfekt<br />

einzuteilen. »Professor« Alain Prost und Fernando Alonso gehören ganz klar in die<br />

Kategorie »intelligente Rennfahrer«. Letzterer sammelte dank dieser Qualität 2012<br />

fleißig WM-Punkte trotz schwächerem Boliden. Doch mit Intelligenz allein kann sich<br />

kein Fahrer in den Geschichtsbüchern des <strong>Motorsport</strong>s verewigen...<br />

2. Stärke im<br />

Zweikampf und im Regen<br />

Auch wer ein Rennen aus dem Cockpit lesen kann, ist nicht<br />

davor gefeit, irgendwann den Gegner auf <strong>der</strong> Strecke <strong>über</strong>holen<br />

zu müssen. Kein Zweiter erfüllt die Anfor<strong>der</strong>ung »Zweikampfstärke«<br />

besser als Lewis Hamilton. Kein an<strong>der</strong>er Fahrer<br />

<strong>über</strong>holt so oft wie er, kein weiterer so erfolgreich wie er.<br />

»Lewis ist <strong>der</strong> beste Fahrer <strong>der</strong> Welt. Er ist unglaublich schnell<br />

und macht keine Kompromisse«, sagt Niki Lauda. Dank dieser<br />

Qualität führte <strong>der</strong> Brite die Diskussionen <strong>über</strong> eine langweilige<br />

Formel 1 ohne Überholmanöver schon vor <strong>der</strong> Einführung von<br />

DRS ad absurdum. Der perfekte Fahrer weiß um den Entertainment-Faktor<br />

<strong>der</strong> Formel 1 und zeigt daher atemberauende<br />

Überholmanöver, von denen es hieß, dass sie unmöglich sind.<br />

Aussichtslose Situationen wie ein Start von hinten bei einem<br />

chaotischen Regenrennen ohne Sicht, dafür mit Aquaplaning-<br />

Gefahr schrecken ihn nicht ab, son<strong>der</strong>n motivieren ihn nur<br />

noch mehr zu Höchstleistungen. Eine Eigenschaft, die Ayrton<br />

Senna in Donington 1993 zeigte, als er seine Gegner auf<br />

regennasser Fahrbahn wie Fahrschüler aussehen ließ. Wer<br />

aber auf schmierigem Untergrund nicht ins Kiesbett rutschen<br />

will, <strong>der</strong> braucht auch...<br />

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3. Konzentrationsfähigkeit<br />

Der perfekte Fahrer ist also intelligent, verfügt aber auch <strong>über</strong> »Eier«,<br />

um gegen seine Gegner im Trockenen als auch im Nassen zu glänzen.<br />

Fehlt noch eine Konzentrationsfähigkeit, die ihresgleichen sucht. Gibt es<br />

nicht? Gibt es doch! Die besten Beispiele heißen Ayrton Senna und Sebastian<br />

Vettel. »Ich glaube, dass ist einfach eine Fähigkeit, die man hat<br />

o<strong>der</strong> nicht«, erklärt Gerhard Berger. Der perfekte Fahrer treibt die Konkurrenz,<br />

dank <strong>der</strong> Fähigkeit seine Leistung im Qualifying bzw. Rennen<br />

auf den Punkt abzurufen, an den Rand <strong>der</strong> Verzweiflung. Als Sahnehäubchen<br />

könnte auch <strong>der</strong> eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Rekord herausspringen wie bei<br />

Vettel, <strong>der</strong> 2011 die meisten Pole Positions (15 in 18 Rennen) in einer<br />

Saison holte o<strong>der</strong> Senna, <strong>der</strong> mit 65 Poles die Bestenliste anführt. »Kein<br />

an<strong>der</strong>er konnte auf einer einzigen Runde so viel aus dem Auto herausholen<br />

wie er. Auf Strecken wie Spa o<strong>der</strong> Monza, wo Alain Prost die<br />

Standards setzte, nahm er diesem eine Sekunde ab«, erinnert sich <strong>der</strong><br />

ehemalige McLaren-Teammanager Jo Ramirez.<br />

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4. Coolness<br />

»Mentale Stärke ist, wenn <strong>der</strong> Kopf weiß, was er will, egal woher <strong>der</strong><br />

Wind pfeift«, erklärt Alexan<strong>der</strong> Wurz. Nur, wer <strong>über</strong> diese Qualität verfügt<br />

- abgesehen von Intelligenz, Zweikampfstärke und Konzentrationsfähigkeit<br />

- schafft es zum Heldenstatus. Den perfekten Fahrer darf <strong>der</strong> ganze<br />

»Bullshit«, <strong>der</strong> rund um seine Person passiert, nicht interessieren. Er<br />

konzentriert sich nur auf eine Sache: Rennfahren und Rennen gewinnen.<br />

Auch jede Ablenkung seitens des Renningenieurs ist nicht erlaubt, denn<br />

<strong>der</strong> perfekte Fahrer sollte wissen, was er tut, wenn er in einem 700 PS<br />

starken Boliden sitzt. Wer dann noch <strong>über</strong> eine ganz schöne Portion an<br />

Coolness verfügt, wie etwa Kimi Räikkönen, <strong>der</strong> braucht auch nicht stundenlang<br />

im Simulator zu hocken. Zwei, drei Runden auf <strong>der</strong> Rennstrecke<br />

reichen ihm völlig aus, um ein Gefühl für den Kurs und das Auto zu<br />

entwickeln. Ein cooler Fahrer kann sich auch mit einem Eis abkühlen,<br />

wenn es ihm während einer Rennunterbrechung zu heiß im Cockpit wird.<br />

Die Kritik und <strong>der</strong> Druck, den so eine Situation auslöst, prallt an ihm ab.<br />

In <strong>der</strong> heutigen Medienwelt eine immens wichtige Stärke.<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

5. Führungsqualitäten<br />

Die Meinung an<strong>der</strong>er muss dem perfekten Piloten egal sein, doch nicht die Meinung<br />

seiner Mannschaft. Nach außen ist die Formel 1 ein Ein-Mann-Sport, doch je<strong>der</strong><br />

starke Fahrer hat ein starkes Team hinter sich. Nur wenige haben das Glück, in<br />

ein starkes Team zu kommen, die meisten müssen die Mannschaft erst aufbauen<br />

und an die Spitze führen. Das bedarf harter Arbeit sowie harter Worte, wie den<br />

Vergleich einer heiligen Halle in Maranello mit <strong>der</strong> Werkstatt eines Go-Kart-Kumpels.<br />

Der perfekte Fahrer muss die Fähigkeit besitzen, die Ingenieure unter Druck zu<br />

setzen, damit diese <strong>über</strong> sich selbst hinaus wachsen. Nächtliche Telefonanrufe,<br />

um eine Idee mitzuteilen, sind da keine Ausnahme. Michael Schumacher besaß<br />

diese Fähigkeit. »Schumacher war die treibende Kraft bei Ferrari. Er hat hart dafür<br />

gearbeitet, um Ferrari an die Spitze zu bringen«, sagte Jack Brabham. Nur gepaart<br />

mit diesen Führungsqualitäten kann die Gleichung aufgehen: Rennintelligenz +<br />

Zweikampfstärke + Konzentrationsfähigkeit + Coolness = erfolgreiche<br />

Formel-1-Karriere.<br />

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ken<br />

tyrrell<br />

Frank<br />

Williams<br />

Text: Fre<strong>der</strong>ik Hackbarth<br />

Zeitlose Machthaber<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

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colin<br />

chapman<br />

Flavio<br />

briatore<br />

Sie stehen an <strong>der</strong> Spitze, tragen die Verantwortung und müssen schnell Entscheidungen treffen:<br />

Die Teamchefs sind das Herzstück eines jeden Rennstalls. Elf Männer und seit Monisha Kaltenborns<br />

Führungs<strong>über</strong>nahme bei Sauber erstmals auch eine Frau standen dem Jahrgang 2012 vor.<br />

Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> blickt auf ihre legendären Vorgänger.<br />

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Fotos: adrivo/Sutton<br />

das Rennen gewann. Ein Jahr später flog <strong>der</strong> als<br />

‚Crashgate‘ bekannte Schwindel auf und Briatore<br />

wurde aus <strong>der</strong> Formel 1 verbannt.<br />

Nigel Mansell mit<br />

Sir Frank Williams<br />

Erster Test:<br />

Ken Tyrrell<br />

präsentiert stolz<br />

den sechsrädrigen<br />

P34<br />

Colin Chapman<br />

<strong>über</strong>wacht den<br />

Lotus 87<br />

Was definiert einen mo<strong>der</strong>nen<br />

Teamchef im <strong>Motorsport</strong>? Ausgeprägte<br />

Führungsqualitäten<br />

muss er haben, schnell Entscheidungen<br />

treffen können und letzten Endes die<br />

Konsequenzen für das Handeln aller Mitarbeiter<br />

im Team tragen - in <strong>der</strong> Vollgasbranche wohl<br />

mit <strong>der</strong> stressigste Job von allen. Und doch ist<br />

jenes Privileg nur wenigen Auserwählten vorbehalten,<br />

die den Traumberuf an <strong>der</strong> Spitze<br />

eines so spannenden Projekts ausüben dürfen,<br />

wie dem eines Formel-1-Teams. Doch auch für<br />

die Machthaber in <strong>der</strong> F1 gilt: Der Grat zwischen<br />

Ruhm und Ehre, Versagen und Tragödie<br />

ist schmal - Beispiel gefällig? Flavio Briatore.<br />

Fast zwei Jahrzehnte lang galt <strong>der</strong> Italiener als<br />

eine <strong>der</strong> schillerndsten Figuren im Fahrerlager.<br />

Mit Michael Schumacher bei Benetton und später<br />

Fernando Alonso bei Renault feierte er Doppelweltmeisterschaften,<br />

dem großen Erfolg<br />

folgte als För<strong>der</strong>er zweier Rennlegenden zu Lebzeiten<br />

das große Geld und gesellschaftlich <strong>der</strong><br />

Aufstieg in die High <strong>So</strong>ciety. Von schönen<br />

Frauen umgeben sah man den heute 62-Jährigen<br />

auf Yachten und Partys, doch sobald irgendwo<br />

ein Motor aufheulte, war <strong>der</strong> ehemalige Versicherungsagent<br />

wie<strong>der</strong> voll in seinem Element,<br />

gab vom Kommandostand aus die entscheidenden<br />

Befehle - manchmal auch die falschen,<br />

wie sich 2008 in Singapur zeigte. Ein ausgeklügeltes<br />

Possenspiel hatte sich Briatore mit seinen<br />

Strategen ausgedacht. Während <strong>der</strong> eine Pilot<br />

des Teams, Nelsinho Piquet absichtlich einen<br />

Unfall verursachte, wurde die Renntaktik des<br />

an<strong>der</strong>en, Fernando Alonso, so angepasst, dass<br />

dieser anschließend vom durch den Crash auf<br />

die Strecke gerufenen Safety Car profitierte und<br />

Dass Schlitzohrigkeit ein zwingend notwendiger<br />

Charakterzug für die Führungsfiguren <strong>der</strong><br />

Königsklasse ist, war da längst bekannt. Zwielichtige<br />

Unternehmergrößen, die ihr im Überfluss<br />

vorhandenes Spielgeld, mit zumeist wenig<br />

Erfolg, auf <strong>der</strong> internationalen <strong>Motorsport</strong>bühne<br />

ausgaben, gab es in <strong>der</strong> Geschichte<br />

zuhauf. <strong>So</strong> zahlreich wie <strong>der</strong>lei Teams spätestens<br />

in den Siebzigerjahren aus dem Boden schossen,<br />

genauso schnell waren sie im Normalfall auch<br />

wie<strong>der</strong> Vergangenheit. Zu wahrer Größe reichte<br />

es eigentlich nur für einen an<strong>der</strong>en Schlag<br />

Teamchef, für den <strong>der</strong> Technikpioniere.<br />

Untrennbar mit diesem Prototypen eines Taktgebers<br />

verknüpft ist Colin Chapman. Als Erfin<strong>der</strong><br />

im klassischen Sinne bereicherte er in seiner<br />

dreißigjährigen Schaffensperiode den Automobilrennsport<br />

um so manche bahnbrechende<br />

Innovation. Der Lotus 25 als erster Rennwagen<br />

mit einem Vollmonocoque bescherte Jim Clark<br />

1963 seinen ersten WM-Titel. Vier Jahre später<br />

im Lotus 49 hatte <strong>der</strong> Motor erstmals eine mittragende<br />

Funktion, 1970 führte Chapman die<br />

Keilform ein und acht Jahre später revolutionierte<br />

<strong>der</strong> Englän<strong>der</strong> mit dem Lotus 79 den<br />

aerodynamischen Nutzen des Unterbodens und<br />

<strong>der</strong> Flügel am Boliden, <strong>der</strong> sich nahezu am<br />

Asphalt festkrallte. Dass das atemlose Leben<br />

eines Teamchefs eben jenes sehr stressig machte,<br />

bezahlte Chapman mit seinem eigenen - 1982<br />

starb <strong>der</strong> geniale Entwickler im Alter von nur<br />

54 Jahren an einem Herzinfarkt, nicht jedoch<br />

ohne seinem Lotus-Team mit seiner Idee eines


aktiven Fahrwerks noch ein wertvolles Vermächtnis<br />

zu hinterlassen.<br />

Flavio<br />

Briatore sieht<br />

mit Michael<br />

Schumacher die<br />

Daten an<br />

Zu den großen Namen zählte zu jener Zeit<br />

längst auch das Williams-Team, benannt nach<br />

Grün<strong>der</strong> und Eigner Frank Williams, <strong>der</strong> mit<br />

70 Jahren selbst heute noch im aktiven Dienst<br />

ist. Eine Leistung, die ob <strong>der</strong> außergewöhnlichen<br />

Umstände und harten Schicksalsschläge,<br />

die ‚Sir Frank‘ in seinem Leben erlitt, umso<br />

beeindrucken<strong>der</strong> wirkt. Am Anfang seiner beispiellosen<br />

Karriere griff <strong>der</strong> Mann aus <strong>So</strong>uth<br />

Shields selbst gerne ins Lenkrad. Schnell<br />

erkannte er jedoch, dass er am Rande <strong>der</strong> Rennstrecke<br />

eine weit bessere Figur abgab als auf ihr.<br />

Getrieben von seinem großartigen Geschäftssinn<br />

gründete er 1966 Frank Williams Racing<br />

Cars, um anschließend in <strong>der</strong> Formel 3 und<br />

Formel 2 anzutreten. Mit einem gekauften<br />

Brabham-Chassis setzte er mit Piers Courage<br />

1969 erstmals auch ein Auto in <strong>der</strong> Formel 1<br />

ein. Es folgte eine Wartezeit von sieben langen<br />

Jahren voller Misserfolg und finanzieller Probleme,<br />

die so weit gingen, dass Williams seine<br />

geschäftlichen Telefongespräche von einer Telefonzelle<br />

aus führen musste, weil seine Leitung<br />

wegen nicht bezahlter Rechnungen abgeklemmt<br />

wurde. Zur Saison 1977 formierte sich das Team<br />

dann aber neu und gemeinsam mit Patrick Head<br />

realisierte Williams in den Folgejahren den Aufstieg<br />

zum eigenständigen Konstrukteur. Die<br />

harte Arbeit trug schnell Früchte - 1979 gelang<br />

mit Clay Regazzoni beim Heimspiel in Silverstone<br />

<strong>der</strong> erste Sieg, 1980 fuhr man mit Alan<br />

Jones die erste Weltmeisterschaft ein. In den<br />

folgenden zwei Jahrzehnten reifte die Marke<br />

zum erfolgreichsten Formel-1-Team seiner Epoche.<br />

Neun Konstrukteurs-, sieben Fahrertitel<br />

und 114 Rennsiege fuhr die Truppe aus Grove<br />

bis heute ein und ist damit das erfolgreichste<br />

Privatteam <strong>der</strong> Historie - zudem ist es seit März<br />

2011 an <strong>der</strong> Frankfurter Börse notiert.<br />

Dass Williams neben <strong>der</strong> sportlichen<br />

Erfolgsgeschichte ein denkbar<br />

schweres Schicksal aufgebürdet<br />

bekam, ist eine ganz an<strong>der</strong>e<br />

Geschichte. Am 7. März 1986 kam <strong>der</strong> Teamgrün<strong>der</strong><br />

auf <strong>der</strong> Rückreise von Testfahrten im<br />

südfranzösischen Le Castellet mit seinem Mietwagen<br />

von <strong>der</strong> Straße ab, <strong>über</strong>schlug sich mehrmals<br />

und war fortan querschnittsgelähmt. Das<br />

schwere Los, seitdem an den Rollstuhl gefesselt<br />

zu sein, trug er jedoch stets mit Fassung - das<br />

Wort Aufgeben war im Wortschatz des passionierten<br />

<strong>Motorsport</strong>liebhabers nie existent:<br />

Sicher mit ein Grund für die unnachahmlichen<br />

Triumphe seiner Truppe. Dass langfristige<br />

Nachhaltigkeit trotz großer Erfolge aber keinesfalls<br />

gewährleistet ist, demonstrierte das Beispiel<br />

eines an<strong>der</strong>en britischen Teamgrün<strong>der</strong>s - auch<br />

Ken Tyrrell stieg mit seinem gleichnamigen<br />

Team zu höchsten Ehren auf, jedoch gute zehn<br />

Jahre früher als Williams, als sich <strong>der</strong> Erfolg<br />

finanziell noch nicht so lohnte. Ende <strong>der</strong> Sechzigerjahre<br />

gelang Tyrrell nach Engagements in<br />

nie<strong>der</strong>en Rennserien <strong>der</strong> Aufstieg in die Formel<br />

1 - in den ersten beiden Jahren setzte <strong>der</strong> Brite<br />

gemeinsam mit Chassislieferant Matra Kundenautos<br />

ein, wobei das Privatteam schnell erfolgreicher<br />

war als die parallel bestehende Werkstruppe.<br />

Bereits im zweiten Jahr gelang mit<br />

Starfahrer Jackie Stewart völlig <strong>über</strong>raschend<br />

<strong>der</strong> Titelgewinn. Mittlerweile als Werksteam am<br />

Start kamen 1971 und 1973 noch zwei weitere<br />

<strong>Champ</strong>ionate für die nahezu unschlagbare<br />

Kombination hinzu.<br />

Nachdem Stewart für das Ende seines dritten<br />

Titeljahres jedoch seinen Rücktritt verkündet<br />

hatte und beim Saisonfinale im amerikanischen<br />

Watkins Glen mit François Cevert <strong>der</strong> Mann<br />

tödlich verunglückte, <strong>der</strong> die glorreiche Zukunft<br />

des Teams bilden sollte, geriet <strong>der</strong> schwer gebeutelte<br />

Rennstall ins Hintertreffen. Erst Mitte <strong>der</strong><br />

Siebzigerjahre sorgten Tyrrells Mannen mit<br />

einer technischen Neuerung wie<strong>der</strong> für hochgezogene<br />

Augenbrauen. In den Jahren 1976 und<br />

1977 hatten die Tyrrells sechs Rä<strong>der</strong> - trotz des<br />

vermeintlich großen Potenzials <strong>der</strong> Erfindung,<br />

gestand <strong>der</strong> enttäuschte Teameigner letztendlich<br />

ein: »Wir steckten <strong>alles</strong> in den sechsrädrigen<br />

P34, denn er war ein bestechendes technisches<br />

Experiment - lei<strong>der</strong> aber eben doch ein Irrweg,<br />

<strong>der</strong> uns mehr als nur diese beiden Jahre zurückwarf.«<br />

Davon erholte sich sein Team nie wie<strong>der</strong>.<br />

Immerhin als Talentför<strong>der</strong>er konnte sich Tyrell<br />

anschließend noch einen Namen machen,<br />

brachte mit Patrick Depailler, Didier Pironi,<br />

Michele Alboreto, Stefan Bellof und Jean Alesi<br />

den einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en verheißungsvollen<br />

Piloten ins Oberhaus. Wenige Jahre vor seinem<br />

Tod verkaufte <strong>der</strong> große und dadurch autoritär<br />

wirkende Brite mit den markant langen<br />

Gesichtszügen seinen Rennstall an British American<br />

Racing. Über Umwege ist das Team heutzutage<br />

genau genommen das Mercedes-Werks-<br />

Team unter Fe<strong>der</strong>führung von Ross Brawn, <strong>der</strong><br />

sich mit <strong>der</strong> Honda-Konkursmasse 2009 als<br />

wohl größter Überraschungsweltmeister selbst<br />

einen Eintrag in den Gesichtsbüchern sicherte<br />

und seinen Platz in <strong>der</strong> Ruhmeshalle <strong>der</strong> legendärsten<br />

F1-Teamchefs somit auch als noch<br />

aktiver sportlicher Leiter sicher hat.<br />

Colin Chapman<br />

und Nigel Mansell<br />

Ozzy Ozbourne<br />

fand Flavio cool<br />

Dass Schlitzohrigkeit ein zwingend<br />

notwendiger Charakterzug<br />

für f1-Führungsfiguren ist,<br />

war längst bekannt. Zwielichtige<br />

gröSSen, die ihr im Überfluss<br />

vorhandenes Spielgeld,<br />

mit zumeist wenig Erfolg, auf<br />

<strong>der</strong> <strong>Motorsport</strong>bühne ausgaben,<br />

gab es in <strong>der</strong> Geschichte<br />

zuhauf. Zu wahrer GröSSe<br />

reichte es eigentlich nur für<br />

einen an<strong>der</strong>en Schlag Teamchef,<br />

für den <strong>der</strong> Technikpioniere.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 57


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Foto: citroen<br />

groSSe<br />

fuSSstapfen<br />

Nur (Hubschrauber)<br />

fliegen ist schöner:<br />

Mikko Hirvonen lehrte<br />

seinem Citroen bei <strong>der</strong><br />

Rallye Sardinien das<br />

Fliegen.<br />

Nach neun Titeln sagt eine Legende Goodbye. Sebastien<br />

Loeb zieht sich aus <strong>der</strong> WRC zurück und hinterlässt<br />

ein großes Loch bei Citroen. Nun ist es an Mikko<br />

Hirvonen und Dani <strong>So</strong>rdo, die entstandene Lücke bestmöglich<br />

zu füllen. Leicht wird das aber nicht, denn<br />

Hirvonen holte bisher zwar 14 Siege, blieb aber immer<br />

<strong>der</strong> »ewige Zweite«. <strong>So</strong>rdo hingegen feierte bei Citroen<br />

keinen einzigen Triumph, während Loeb gleichzeitig<br />

fünf Titel holte. Aber nichts ist unmöglich, wenn beide<br />

ihren eigenen Weg finden und nicht versuchen, Loebs<br />

Erfolge zu kopieren. Denn schon Wilhelm Busch<br />

wusste: »Wer in den Fußstapfen eines an<strong>der</strong>en wandelt,<br />

hinterlässt keine eigenen Spuren.« - Marion Rott<br />

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Fotos: racepress, bmw


Vom Jäger<br />

zum Gejagten<br />

Text: Robert Seiwert<br />

Bruno Spengler gelang die Sensation: Mit DTM-Rückkehrer BMW<br />

feierte er auf Anhieb den Titelgewinn. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

unterhielt sich mit dem <strong>Champ</strong>ion <strong>über</strong> seine Gründe für den<br />

Wechsel, Vorwürfe <strong>der</strong> Konkurrenz und seine neue Rolle.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 61


MSM: Wenn ich vor <strong>der</strong> Saison mit dir<br />

gewettet hätte, dass du im ersten Jahr mit<br />

BMW auf Anhieb die Meisterschaft<br />

gewinnst, hättest du dich darauf<br />

eingelassen?<br />

BRUNO SPENGLER: Ich würde nie auf den<br />

Verlauf einer Saison wetten, denn es kommt<br />

immer an<strong>der</strong>s, als man denkt. Bei solchen<br />

Dingen bin ich vorsichtig, aber ich hätte niemals<br />

gedacht, in meiner ersten Saison mit<br />

BMW den Titel zu holen. Das Ziel lautete,<br />

das Auto so schnell wie möglich zu entwickeln<br />

und vielleicht einen Sieg und ein paar<br />

Podiumsplätze einzufahren - dass es dann so<br />

gut für uns lief, war natürlich sensationell.<br />

Eine Hammer-Saison!<br />

Was ging dir beim Finale in Hockenheim in<br />

den letzten Rennrunden durch den Kopf, als<br />

Gary Paffett immer näher kam?<br />

Die letzten Runden waren sehr speziell für<br />

mich, aber auch <strong>der</strong> Start: Das war wohl mein<br />

bester Beginn in <strong>der</strong> gesamten Saison. Gary<br />

fuhr im letzten Stint während <strong>der</strong> Gelbphase<br />

recht aggressiv und ging in Kurve eins häufig<br />

sehr weit nach außen - in diesem Bereich<br />

machte er fast eine halbe Sekunde gut und<br />

kam immer näher. Auf dem restlichen Teil<br />

<strong>der</strong> Strecke war er jedoch nicht schneller und<br />

ich wusste, dass er mich eigentlich nicht<br />

mehr abfangen konnte. Deshalb konzentrierte<br />

ich mich darauf, keine Fehler zu<br />

machen und blickte nur nach vorn. Das war<br />

Gänsehaut pur und eine geile Atmosphäre,<br />

vor so vielen Zuschauern durchs Motodrom<br />

zu fahren.<br />

Konntest du das Rennen zwischenzeitlich<br />

kontrollieren o<strong>der</strong> musstest du permanent<br />

Vollgas geben?<br />

In <strong>der</strong> DTM besteht gar nicht die Möglichkeit,<br />

kontrolliert an <strong>der</strong> Spitze zu fahren. Du<br />

musst permanent <strong>alles</strong> geben, denn das Feld<br />

liegt unheimlich eng zusammen. Du kannst<br />

die Pace nicht einfach rausnehmen, son<strong>der</strong>n<br />

musst konstant deine Runden fahren und<br />

bloß keine Fehler machen.<br />

Du bist häufig nur knapp am Titelgewinn<br />

vorbeigeschrammt. Ist <strong>der</strong> Meisterschaftserfolg<br />

in gewisser Weise eine Genugtuung<br />

nach dem Motto: ‚Schaut her, ich kann es<br />

doch‘?<br />

Ich muss niemandem etwas beweisen. In fünf<br />

Jahren kämpfte ich viermal um die Meisterschaft<br />

und damit habe ich gezeigt, absolut<br />

siegfähig zu sein. Kleine Details und etwas<br />

Glück entscheiden am Ende <strong>über</strong> den Titelgewinn.<br />

Wenn ich an die vergangenen Saisons<br />

denke, ärgere ich mich nicht, dass es<br />

damals nicht geklappt hat. Da hatte ich nicht<br />

selten Pech und technische Probleme, doch<br />

dieses Mal lief es einfach für mich.<br />

Dabei hattest du einen turbulenten Saisonbeginn:<br />

Zwei Ausfälle, ein zweiter Platz und<br />

ein Sieg in den ersten vier Rennen, während<br />

Gary Paffett in <strong>der</strong> Meisterschaft weg zog.<br />

Hast du dir danach <strong>über</strong>haupt noch Chancen<br />

auf den Titel ausgerechnet?<br />

Als Gary die Wertung zur Saisonhälfte mit<br />

37 Punkten Vorsprung anführte, dachte ich<br />

mir schon, dass es für mich ein bisschen<br />

schwierig mit dem Titelgewinn werden<br />

könnte. Nach den beiden Nullrunden in<br />

Hockenheim und am Red Bull Ring war die<br />

Meisterschaft natürlich kein Thema. Aber ich<br />

habe auch in den letzten Jahren nie zu früh<br />

daran gedacht und wollte erst einmal abwarten,<br />

was in <strong>der</strong> zweiten Saisonhälfte passiert<br />

- in <strong>der</strong> DTM können sich die Dinge immer<br />

schnell verän<strong>der</strong>n. Ich gewann dann drei <strong>der</strong><br />

letzten fünf Rennen und dank des neuen<br />

Punktesystems sind Siege noch wertvoller<br />

im Vergleich zu früher.<br />

Hast du nach dem Finale am Hockenheimring<br />

noch einmal mit deinen langjährigen<br />

Weggefährten Gary Paffett und Norbert<br />

Haug gesprochen?<br />

Norbert Haug ist ein Sportsmann und er hat<br />

mir zum Titel gratuliert. Vielleicht hat er sich<br />

ja auch ein wenig für mich gefreut. Natürlich<br />

war die Situation für ihn schwierig, er ist ein<br />

echter Racer und wollte die Meisterschaft mit<br />

Mercedes gewinnen. Gary war nach dem<br />

Finale ziemlich enttäuscht, was ich verstehen<br />

kann: Er führte die Gesamtwertung die ganze<br />

Saison lang an und verlor sie erst im letzten<br />

Rennen. Auch er hätte den Titel zweifellos<br />

verdient gehabt.<br />

Hast du dir vor dem Finale in Hockenheim<br />

bei deinem Teamkollegen und Titelvorgänger<br />

Martin Tomczyk Tipps geholt?<br />

Nein, dar<strong>über</strong> haben wir uns nicht unterhalten.<br />

Er wünschte mir vor dem Rennen viel<br />

Glück und hoffte, dass ich den Titel hole.<br />

Auch vor unserer gemeinsamen Zeit bei<br />

B M W hatten w i r n i e Probleme<br />

miteinan<strong>der</strong>.<br />

Welche Rolle gefällt dir besser: die des<br />

Gejagten o<strong>der</strong> die des Jägers?<br />

Ich habe mit beiden Rollen absolut kein Problem.<br />

Ich bin stolz, nächstes Jahr die Nummer<br />

eins auf dem Auto zu haben, aber meine<br />

Herangehensweise än<strong>der</strong>t sich nicht. Ich<br />

werde mein Bestes geben und versuche, so<br />

viele Siege wie möglich zu erzielen. Es läuft<br />

Das BMW-Wun<strong>der</strong>:<br />

Titel-Triple im<br />

ersten Jahr<br />

BMW lieferte in <strong>der</strong><br />

Comebacksaison<br />

saubere Arbeit ab<br />

Bruno Spengler<br />

stach Gary Paffett<br />

im Titelduell aus<br />

62 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fotos: racepress<br />

jetzt nicht einfacher für uns, nur, weil ich als<br />

Meister ins neue Jahr starte.<br />

Brauchtest du nach all den verpassten<br />

Titelchancen mit Mercedes einen neuen<br />

Impuls? War das ein Grund für den Wechsel<br />

zu BMW?<br />

Nein, das war <strong>über</strong>haupt nicht <strong>der</strong> Grund.<br />

Ich hatte einfach große Lust, eine neue<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung zu suchen. Es war für mich<br />

unheimlich interessant, mit BMW ein Auto<br />

von Null auf zu entwickeln, mich mit den<br />

Ingenieuren auszutauschen und meine<br />

Erfahrung einzubringen. Diese Möglichkeit<br />

hat man nicht so oft in seiner Karriere und<br />

deshalb habe ich mich für den Wechsel entschieden.<br />

An die Meisterschaft habe ich<br />

zunächst gar nicht gedacht.<br />

Ein Vorwurf <strong>der</strong> Konkurrenz: BMW hatte<br />

mehr Zeit, das Auto zu entwickeln und<br />

durfte zudem einen komplett neuen Motor<br />

aufbauen. War das euer entscheiden<strong>der</strong><br />

Vorteil?<br />

Das sehe ich an<strong>der</strong>s. Ein DTM-Auto ist<br />

immer noch ein DTM-Auto. Der Bolide, den<br />

ich in diesem Jahr fuhr, unterscheidet sich<br />

nicht großartig von den Autos, in denen ich<br />

in den vergangenen Saisons unterwegs war.<br />

Mercedes und Audi besitzen einen großen<br />

Erfahrungsvorsprung im Vergleich zu BMW:<br />

Es geht um die grundlegenden Dinge, wie<br />

Setup-Einstellungen, Boxenstopps und das<br />

Verhalten bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen.<br />

Ich denke nicht, dass wir einen<br />

Vorteil hatten - wenn <strong>über</strong>haupt, waren wir<br />

zu Beginn <strong>der</strong> Saison benachteiligt. Zum<br />

Motor: Mercedes und Audi kennen ihre<br />

Aggregate seit vielen Jahren, während wir<br />

<strong>über</strong>haupt keine Vorkenntnisse besaßen.<br />

Die DTM-Autos dürfen für die kommende<br />

Saison nicht verän<strong>der</strong>t werden. Ist das automatisch<br />

ein Vorteil für BMW?<br />

Ich denke nicht, dass das ein großer Vorteil<br />

für uns sein wird. Alle drei Hersteller hatten<br />

in diesem Jahr sehr starke Gesamtpakete.<br />

Unser M3 war sensationell, aber es gibt noch<br />

ein paar Dinge am Setup und dem Fahrwerk,<br />

die wir verbessern können. Ich bin sicher,<br />

dass Mercedes und Audi <strong>über</strong> den Winter<br />

ebenfalls hart arbeiten werden. Sie werden<br />

es uns kommende Saison sicherlich nicht<br />

einfach machen, ich erwarte einen harten<br />

Kampf. Es steht nirgendwo geschrieben, dass<br />

wir 2013 genauso stark sein werden wie in<br />

<strong>der</strong> abgelaufenen Saison.<br />

In dieser Saison gab es mehr und zum Teil<br />

sehr harte Duelle auf <strong>der</strong> Strecke als in den<br />

»ich hätte niemals<br />

gedacht, in meiner<br />

ersten Saison mit<br />

BMW den Titel zu holen.<br />

Das Ziel lautete,<br />

das Auto so schnell<br />

wie möglich zu entwickeln<br />

und vielleicht<br />

einen Sieg und ein<br />

paar Podiumsplätze<br />

einzufahren - dass es<br />

dann so gut lief, war<br />

sensationell. Eine<br />

Hammer-Saison!«<br />

vergangenen Jahren. Wie bewertest du das<br />

aus Fahrersicht?<br />

Das Feld lag in diesem Jahr aus zwei Gründen<br />

enger zusammen: Es kamen vier zusätzliche<br />

Autos hinzu und alle Boliden waren auf<br />

dem gleichen Stand, weil die Vorjahreswagen<br />

abgeschafft wurden. Alle hatten die gleichen<br />

Chancen und deshalb knallte es öfter mal.<br />

Außerdem gab es ein paar grenzwertige Aktionen<br />

von Neulingen, aber das gehört dazu.<br />

Unfälle passieren eben.<br />

Ein Novum in diesem Winter: Zahlreiche<br />

Fahrer werden mit einem Wechsel zu einem<br />

an<strong>der</strong>en Hersteller in Verbindung gebracht<br />

- so etwas gab es früher nicht. Wie bewertest<br />

du diese Entwicklung?<br />

Für die Serie und die Fans ist das sehr gut.<br />

<strong>So</strong> bleibt es auch <strong>über</strong> den Winter absolut<br />

spannend. Die DTM ist die mit Abstand<br />

beste Tourenwagenserie <strong>der</strong> Welt und da<br />

gehört es einfach dazu, dass Fahrerwechsel<br />

ein Thema sind. In <strong>der</strong> Formel 1 wird auch<br />

viel <strong>über</strong> die Cockpits spekuliert.<br />

In <strong>der</strong> neuen Saison gastiert die DTM zum<br />

ersten Mal in Russland. Insgesamt gibt es<br />

dann wie<strong>der</strong> zehn Rennen. Wie siehst du den<br />

Rennkalen<strong>der</strong>?<br />

Ich finde das sehr gut, es sollte sogar noch<br />

mehr Rennen pro Saison geben. Als Rennfahrer<br />

willst du so viel wie möglich fahren<br />

und deshalb begrüße ich diese Entscheidung.<br />

Ich freue mich schon riesig auf das Rennen<br />

in Moskau. Ich war noch nie zuvor in Russland<br />

und das wird für alle eine spannende<br />

Erfahrung.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 63


Fotos: gt1 wm<br />

Rubens<br />

Barrichello fand<br />

sich gut in den<br />

USA ein<br />

Ryan Hunter-<br />

Reay sicherte<br />

sich den Titel<br />

Fotos: indycar<br />

64 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


IndyCar 2.0<br />

Text: Fre<strong>der</strong>ik Hackbarth<br />

Dem groSSen Technologietransfer im Winter folgte 2012 eine bis zur letzten Runde spannende<br />

IndyCar-Saison - getreu dem Motto: Chassis, Motor - <strong>alles</strong> neu. Nur eines blieb<br />

beim Alten: Will Power verlor wie<strong>der</strong> einmal auf <strong>der</strong> Zielgeraden.<br />

Am Ende war es eine kurze IndyCar-Saison, die bereits am<br />

15. September und nach nur 15 Rennen ihr Ende fand - und<br />

doch war dieses so viel besser als das des Vorjahres. Rückblende:<br />

Beim Saisonfinale 2011 in Las Vegas verunglückte<br />

Ex-<strong>Champ</strong>ion Dan Wheldon tödlich. Die Tragödie riss die<br />

ganze Serie in ein tiefes Loch, schnell wurde allumfassende<br />

Kritik laut, genauso wie <strong>der</strong> Ruf nach unausweichlichen Verän<strong>der</strong>ungen zur<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Sicherheit. Dieser notwendige Schritt erfolgte im Winter<br />

2012: Planmäßig wurde das neue Dallara-Chassis an die Teams ausgegeben,<br />

das zu Ehren Wheldons die Bezeichnung DW12 trägt. Der erste große Schnitt<br />

im technischen Bereich <strong>der</strong> Serie nach fast zehn Jahren wurde zudem durch<br />

die Einführung neuer Motoren komplettiert. Mit Chevrolet, Honda und Lotus<br />

machten sich drei Hersteller an den Einsatz <strong>der</strong> neuen 2,2 Liter V6-Turboaggregate.<br />

Vor dem Saisonstart Ende März fanden schließlich ausgiebige Testfahrten<br />

statt, bei denen die Piloten recht schnell die gravierenden Umstellungen<br />

zu spüren bekamen und sich nicht wenige mit dem Handling des<br />

Boliden unzufrieden zeigten.<br />

Als die Saison in St. Petersburg endlich losging, waren <strong>der</strong>lei Probleme zwar<br />

bei weitem noch nicht ausgemerzt, da sich alle Piloten und Teams jedoch vor<br />

die gleichen Anfor<strong>der</strong>ungen gestellt sahen, tat dieser Umstand einem guten<br />

Wettbewerb keinen Abbruch. Auch personell war zum Saisonstart für Abwechslung<br />

gesorgt. Mit Formel-1-Rekordstarter Rubens Barrichello erhielt die Serie<br />

einen prominenten Neuzugang. An <strong>der</strong> Seite seines Freundes Tony Kanaan<br />

griff <strong>der</strong> ehemalige Ferrari-Star für KV Racing ins Lenkrad und beendete sein<br />

Debüt auf dem 17. Platz. »Ich habe das Gefühl, dass die Strategie hier eine<br />

viel größere Rolle spielt, als sie das für mich in <strong>der</strong> Formel 1 getan hat«,<br />

erkannte <strong>der</strong> Brasilianer früh die Unterschiede zu seinem vorhergegangenen<br />

Engagement. Das Abenteuer IndyCar bereitete dem Routinier, <strong>der</strong> sich urplötzlich<br />

in <strong>der</strong> ungewohnten Rolle des Rookies wie<strong>der</strong>fand, letzten Endes aber<br />

doch eine Menge Freude. Beson<strong>der</strong>s beeindruckt zeigte sich Barrichello von<br />

seinen ersten Erfahrungen im Oval. »Wirklich verdammt schnell und sehr,<br />

sehr an<strong>der</strong>s als <strong>alles</strong>, was ich bisher jemals ausprobiert habe. <strong>So</strong> nah wie<br />

hier, waren die Mauern noch nie«, sagte <strong>der</strong> 40-Jährige breit grinsend. Mit<br />

dem Geschehen an <strong>der</strong> Spitze hatte <strong>der</strong> letztendlich Gesamtzwölfte selbstredend<br />

wenig zu tun - dort waren es trotz aller Neuerungen die alten<br />

Bekannten, die für Spannung sorgten.<br />

hingegen weit weniger gut. Erst beim Saisonhighlight in Indianapolis gelang<br />

Titelverteidiger Dario Franchitti ein wenig Rehabilitation - er gewann den<br />

Klassiker nach einem harten Zweikampf mit Takuma Sato in <strong>der</strong> Schlussrunde<br />

zum dritten Mal nach 2007 und 2010. Währenddessen kam es im Hinterfeld<br />

zu ganz an<strong>der</strong>en Problemen, konnte mit Lotus einer <strong>der</strong> drei Motorenlieferanten<br />

doch so gar keine Qualität generieren. Von den lahmenden Triebwerken<br />

ausgebremst, trennte sich ein Team nach dem an<strong>der</strong>en vom Unternehmen<br />

und wechselte teils unter Klage zur Konkurrenz - lediglich Simona de Silvestros<br />

HVM-Truppe hielt bis zuletzt an den schwächelnden Aggregaten fest<br />

und bezahlte das mit Platzierungen am Ende des Feldes.<br />

Während mit Simon Pagenaud als bestem Rookie des Jahres und Chevrolet<br />

als Herstellermeister die übrigen Ehrungen vergleichsweise früh vergeben<br />

waren, spitzte sich <strong>der</strong> Titelkampf ganz vorne auf ein Duell zwischen Power<br />

und Ryan Hunter-Reay zu. Letzterer gewann in den <strong>So</strong>mmermonaten gleich<br />

drei Rennen hintereinan<strong>der</strong> und <strong>über</strong>nahm zwischenzeitlich die Tabellenführung<br />

- ins große Finale in Fontana ging aber wie<strong>der</strong> einmal Power als Führen<strong>der</strong>,<br />

zeigte nach zwei Vizetiteln in den Vorjahren jedoch erneut Nerven.<br />

Ausgerechnet im Zweikampf mit seinem schärfsten Rivalen rutschte <strong>der</strong><br />

Australier nach 54 Runden in die Mauer - obwohl er das Rennen nach Reparaturarbeiten<br />

seiner Penske-Crew kurzzeitig fortsetzte, hatte er dem vierten<br />

Platz Hunter-Reays nichts mehr entgegenzusetzen. Dieser reichte dem<br />

31-Jährigen aus Dallas in seiner sechsten IndyCar-Saison zum Titel mit<br />

Andretti Autosport - mit denkbar knappen drei Punkten Vorsprung.<br />

Die ersten vier Saisonrennen gingen <strong>alles</strong>amt an die Penske-Truppe um Will<br />

Power und Hélio Castroneves. Beim großen Rivalen Ganassi lief es zu Beginn<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 65


André Lotterer<br />

gewann in diesem<br />

Jahr zum zweiten<br />

Mal die legendären<br />

24 Stunden<br />

von Le Mans<br />

sowie die Fahrer-<br />

WM in <strong>der</strong> WEC. Im<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

spricht er<br />

<strong>über</strong> den Reiz des<br />

Klassikers an <strong>der</strong><br />

Sarthe, gefährliche<br />

Amateure<br />

und das Leben im<br />

Schatten von Sebastian<br />

Vettel.<br />

MSM: Welcher Erfolg ist dir persönlich wichtiger:<br />

Dein zweiter Sieg in Le Mans o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Gewinn des Fahrertitels in <strong>der</strong> WEC?<br />

ANDRE LOTTERER: Die 24 Stunden von Le<br />

Mans sind das Highlight des Jahres und daran<br />

wird sich auch in Zukunft nichts än<strong>der</strong>n. Deshalb<br />

hat <strong>der</strong> Erfolg an <strong>der</strong> Sarthe einen höheren<br />

Stellenwert für mich als <strong>der</strong> Gesamtsieg in <strong>der</strong><br />

Langstrecken-Weltmeisterschaft. Aber: Früher<br />

verlief die Saison eher enttäuschend, wenn du<br />

als Fahrer in Le Mans nicht gut abgeschnitten<br />

hast. Dank <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einführung <strong>der</strong> WM<br />

hast du jetzt trotzdem die Chance, Erfolge zu<br />

feiern - wir haben in dieser Saison beides<br />

gewonnen, das war sensationell.<br />

Was macht für dich den beson<strong>der</strong>en Reiz an<br />

den 24 Stunden von Le Mans aus?<br />

Le Mans ist eine ganz beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />

Auf den langen Geraden erreichen die<br />

Autos Spitzengeschwindigkeiten von mehr als<br />

300 km/h, nirgendwo an<strong>der</strong>s spürt man den<br />

Speed so sehr wie in Le Mans. Wenn du im<br />

Auto sitzt, bist du in deiner eigenen Welt, <strong>alles</strong><br />

an<strong>der</strong>e verschwimmt vor deinen Augen. In Le<br />

Mans fährt man nicht nur gegen an<strong>der</strong>e<br />

Piloten, son<strong>der</strong>n auch gegen sich selbst. Das<br />

macht den großen Reiz an einem so langen<br />

Rennen aus.<br />

Wie hast du die Zwischenzeit verbracht, in<br />

<strong>der</strong> deine Teamkollegen im Auto saßen?<br />

Wenn ich weiß, dass ich nachts nicht im Auto<br />

sitze, versuche ich zu schlafen, um möglichst<br />

fit zu sein, wenn ich den Wagen <strong>über</strong>nehme.<br />

Knifflig wird es, wenn man selbst in <strong>der</strong> Nacht<br />

gefahren ist: Der Körper ist danach voller<br />

Adrenalin und es ist schwierig, einschlafen zu<br />

können. Wenn man anfängt, müde zu werden,<br />

wird es oft schon wie<strong>der</strong> Zeit für den nächsten<br />

eigenen Einsatz. Man muss sich in gewisser<br />

Weise dazu zwingen, etwas zu schlafen.<br />

Toyota kam in <strong>der</strong> zweiten Saisonhälfte ins<br />

Rollen und bot Audi Paroli. Sind die Japaner<br />

ein würdiger Nachfolger für Peugeot?<br />

Es hat mich nicht <strong>über</strong>rascht, dass Toyota eine<br />

starke Leistung gezeigt und das Auto schnell<br />

entwickelt hat. Interessant sind die unterschiedlichen<br />

Antriebskonzepte. Toyota nutzt<br />

Kampf gegen<br />

66 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


einen Benzinmotor mit Hybridantrieb auf <strong>der</strong><br />

Hinterachse - das hat Vor- und Nachteile. Auf<br />

den schnelleren Strecken, wie Le Mans, sind<br />

wir mit unserem Audi R18 e-tron quattro stärker.<br />

In Sao Paulo o<strong>der</strong> Shanghai profitiert<br />

Toyota vor allem wegen <strong>der</strong> engen Kurven. Die<br />

Leistung richtet sich sehr stark nach den verschiedenen<br />

Streckenlayouts.<br />

Neben euch Profis gehen auch unerfahrene<br />

Amateure an den Start. Ist das gefährlich?<br />

Man lernt sehr schnell, dass es unter Umständen<br />

gefährlich werden kann, wenn man auf<br />

einen Amateur trifft. Ich versuche jedes Mal,<br />

die <strong>über</strong>rundeten Autos möglichst sicher zu<br />

<strong>über</strong>holen und gehe immer davon aus, dass sie<br />

mich nicht im Rückspiegel sehen. Auf diese<br />

Art vermeidet man Schwierigkeiten am besten.<br />

Aber das gehört zum Sport dazu, damit musst<br />

du umgehen können.<br />

Du bist zweifacher Le-Mans-Sieger und WEC-<br />

Weltmeister, trotzdem spricht man in Deutschland<br />

nur <strong>über</strong> Sebastian Vettel und die Formel<br />

1. Ärgert dich das ein wenig?<br />

Ich habe mich medial eigentlich nie in den<br />

Vor<strong>der</strong>grund gestellt, weil mir <strong>der</strong> Sport das<br />

Wichtigste ist. In Deutschland hat man den<br />

japanischen Rennsport, in dem ich seit vielen<br />

Jahren aktiv bin, nicht auf dem Schirm. Dank<br />

meiner Erfolge auf <strong>der</strong> Langstrecke bin ich<br />

medial mehr in den Fokus gerückt und die<br />

Anerkennung tut gut, aber die Formel 1 hat in<br />

Deutschland den mit Abstand höchsten Stellenwert<br />

in <strong>der</strong> Berichterstattung.<br />

Warum bist du nach Japan gegangen?<br />

Japan bot mir die beste Möglichkeit, meinen<br />

professionellen Status zu behalten. Aus sportlicher<br />

Sicht war Japan sehr reizvoll für mich,<br />

denn damals wollte ich lieber Formel- als Tourenwagen<br />

fahren.<br />

Unterscheidet sich die Mentalität <strong>der</strong> japanischen<br />

Rennfahrer im Vergleich zu Europa?<br />

Ich würde sagen, dass untereinan<strong>der</strong> mehr<br />

Respekt herrscht. Viele Piloten fahren seit sehr<br />

vielen Jahren gegeneinan<strong>der</strong>, da respektiert<br />

man sich mehr. Die Japaner fahren auch<br />

aggressiv, aber das ist sehr sauberer Sport.<br />

Fotos: audi<br />

sich selbst<br />

Text: Robert Seiwert<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 67


Audi R18 e-tron quattro<br />

Le Mans Dominator<br />

510 PS, V6-Turbodiesel und Hybrid als Extra-Kick: Andre Lotterer erklärt den Audi R18<br />

e-tron quattro mit dem audi einen Doppelsieg bei den 24h von Le Mans feierte.<br />

Text: Robert Seiwert<br />

68 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Hybridantrieb: »Der Hybridantrieb ist eine tolle<br />

Sache, weil uns mehr Leistung zur Verfügung steht<br />

- je schneller, desto besser. Während <strong>der</strong> Rennen<br />

muss man sehr effizient mit diesem System arbeiten:<br />

Wenn es die Streckenbedingungen zulassen, kann<br />

man den Hybridantrieb aggressiv auf <strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>achse<br />

nutzen. An<strong>der</strong>erseits besteht auch die Möglichkeit,<br />

den Zusatzboost weicher und damit <strong>über</strong> eine längere<br />

Distanz einzusetzen.«<br />

<strong>So</strong>und: »Als ich erstmals vom offenen Formelauto<br />

ins geschlossene Cockpit gewechselt bin, wurde mir<br />

richtig bewusst, wie wichtig <strong>der</strong> <strong>So</strong>und beim Rennfahren<br />

ist. Der Motorenklang hilft dabei, die richtigen<br />

Bremspunkte zu finden und möglichst konstant zu<br />

fahren. Ein etwas leiserer Motor im LMP hat aber auch<br />

Vorteile: Wenn du drei Stunden am Stück fährst, hilft<br />

die Ruhe auf mentaler Ebene. Der R18 klingt wie ein<br />

Düsenjet, gepaart mit leichtem Dieselsound - das ist<br />

etwas Beson<strong>der</strong>es.«<br />

Aerodynamik: »In Le Mans fahren wir mit einem<br />

speziellen Paket, das weniger Downforce liefert, da<br />

dort <strong>der</strong> Topspeed immens wichtig ist. Auf den restlichen<br />

Strecken kommt ein an<strong>der</strong>es Package mit<br />

höherer Traktion zum Einsatz. Damit macht das<br />

Fahren auch sehr viel Spaß, denn je schneller du in<br />

den engen Kurven bist, desto mehr wirst du für deine<br />

Mühe belohnt.«<br />

Aero-Finne: »Die Finne hinter dem Cockpit ist laut<br />

Reglement vorgeschrieben. Ihr Zweck: Sie soll einen<br />

Überschlag verhin<strong>der</strong>n, wenn sich das Auto einmal<br />

quer stellt. Ein LMP ist sehr leicht und hat eine Fläche<br />

von mehr als zehn qm, wenn zu viel Luft unter<br />

den Unterboden strömt, könnte er theoretisch wie<br />

ein Blatt Papier durch die Luft wirbeln. Die Finne<br />

verhin<strong>der</strong>t das.«<br />

Cockpit: »Für mich ist das Cockpit perfekt, es passt<br />

wie ein Handschuh. Audi hat mich in einem 3D-Modell<br />

vermessen und einiges an mich angepasst, weil ich<br />

größer bin als meine Teamkollegen Marcel Fässler<br />

und Benoit Treluyer. Es ist schon ein wenig verrückt,<br />

in solch ein optisch kleines Cockpit einzusteigen, aber<br />

trotzdem ausreichend Platz zu haben. Es ist quasi<br />

mein mobiles Büro.«<br />

Technik-Feature: »Der Audi R18 verfügt <strong>über</strong> einen<br />

digitalen statt des üblichen Innenspiegels, weil das<br />

Auto keine Heckscheibe hat. Die Kamera ist in einem<br />

kleinen Gehäuse am Heck des Autos angebracht,<br />

welches bei Bedarf sogar beheizt werden kann. Das<br />

ist ein ziemlich cooles Technikfeature, das nur die<br />

wenigsten Rennwagen besitzen.«<br />

Beleuchtung: »Ich bin sehr froh, dass Audi die tollen<br />

LED-Lichter entwickelt hat. Wenn du in Le Mans<br />

nachts mit <strong>über</strong> 300 km/h unterwegs bist, kannst du<br />

nie zu wenig Sicht haben. Wenn du im Dunkeln fährst,<br />

fühlt sich das Fahren viel schneller an als bei Tageslicht.<br />

Außerdem sieht das Auto bei Nacht dank <strong>der</strong><br />

LEDs noch cooler aus.«<br />

Vergleich: »Der größte Unterschied zum Formel-<br />

1-Auto ist klar: Wir haben ein Dach <strong>über</strong> dem Kopf.<br />

Der R18 wiegt wegen des Reglements 900 kg, ein<br />

F1-Bolide wesentlich weniger - das hat großen Einfluss<br />

bei Richtungswechseln. Ansonsten sind die<br />

Unterschiede trotz verschiedener Philosophien nicht<br />

so groß. Wir haben ebenfalls Carbonbremsen sowie<br />

Schaltwippen am Lenkrad. Ich glaube nicht, dass<br />

ein Formel-1-Auto in Le Mans schneller wäre als<br />

ein LMP.«<br />

Fotos: audi<br />

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Fotos: adrivo/sutton<br />

70 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Text: Marion Rott<br />

Die letzten Jahre in<br />

<strong>der</strong> Rallye-Weltmeisterschaft<br />

waren<br />

schwierig, doch mit<br />

dem Einstieg neuer<br />

Hersteller sollte<br />

wie<strong>der</strong> an die rosigen<br />

Zeiten angeknüpft<br />

werden. Der<br />

Ausstieg von Ford<br />

lässt die Seifenblase<br />

aber platzen.<br />

Die Rallye-Weltmeisterschaft ruft bei den meisten<br />

Menschen in Deutschland ein großes Fragezeichen<br />

in den Köpfen hervor. Oftmals folgt<br />

die Assoziation mit <strong>der</strong> Rallye Dakar o<strong>der</strong><br />

wenige, eher reifere Semester erinnern sich noch<br />

an die glorreichen Zeiten von Walter Röhrl.<br />

Dieses Phänomen gilt aber auch für an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong>,<br />

so beklagte sich Sebastien Loeb unlängst,<br />

dass in seinem Heimatland Frankreich kaum ein<br />

Mensch Notiz von seinen Leistungen nehmen<br />

würde.<br />

Tatsächlich ist <strong>der</strong> einst so beliebte Sport in den<br />

letzten Jahren immer mehr in ein Schattendasein<br />

geraten. Die Hersteller kehrten <strong>der</strong> Serie den<br />

Rücken, so verließen zwischen 2003 und 2005<br />

Hyundai, Mitsubishi, Peugeot und Skoda die<br />

WRC. Zwischendurch stieg Suzuki kurz ein, nur<br />

wenig später aber wie<strong>der</strong> aus - und nahm Subaru<br />

gleich mit. Am Ende blieben mit Ford und<br />

Citroen noch die beiden erfolgreichsten Hersteller<br />

zurück. Namhafte Piloten standen auf einmal<br />

ohne Cockpit da und selbst Weltmeister wie Petter<br />

<strong>So</strong>lberg mussten ein Privatteam gründen, um<br />

<strong>über</strong>haupt weiterfahren zu können.<br />

Mit <strong>der</strong> Rallye Sardinien sollte 2011 <strong>der</strong> große<br />

Schritt nach vorne gelingen. Mini fuhr zum<br />

ersten Mal mit und schon ein Jahr später war <strong>der</strong><br />

Werksstatus anvisiert und die Teilnahme an allen<br />

Saisonevents programmiert. Bevor die BMW-<br />

Tochter zusammen mit Prodrive auch nur einen<br />

Kilometer fahren konnte, das nächste Feuerwerk:<br />

Volkswagen gab seinen werksseitigen Einstieg in<br />

die WRC ab 2013 bekannt.<br />

Die Rallye-Welt schien rosarot - aber nicht lange.<br />

Noch während <strong>der</strong> Saison machte Mini immer<br />

mehr Abstriche, eine ganze WM-Saison sei wohl<br />

doch zu früh, zu kostenintensiv, nicht rentabel,<br />

hieß es. Es kam, wie es kommen musste: Mini<br />

wird das werksseitige Engagement nach 2012<br />

wie<strong>der</strong> beenden. Nun muss Partner Prodrive<br />

alleine die Eisen aus dem Feuer holen.<br />

Eine schmerzhafte Entwicklung für den erhofften,<br />

großen Vierkampf, aber da waren ja immer<br />

noch die drei Gladiatoren Citroen, Volkswagen<br />

und Ford - dachte man. Nun die Kehrtwende,<br />

denn Ende Oktober machte auch Ford einen<br />

Rückzieher. War im vergangenen Jahr mit Hängen<br />

und Würgen noch ein neues Zwei-Jahres-<br />

Engagement ausgehandelt worden, erklärte <strong>der</strong><br />

Konzern nun nicht einmal zwölf Monate später<br />

den werksseitigen Ausstieg. Die Europäische<br />

Wirtschaftskrise, <strong>der</strong> Rückgang <strong>der</strong> Verkaufszahlen<br />

und die Finanzierung <strong>der</strong> Mitarbeitergehälter<br />

würden einen weiteren Einsatz in gleicher<br />

Form nicht zulassen.<br />

Und da waren‘s nur noch zwei. Zwar wird<br />

M-Sport weiterhin mit dem Fiesta RS WRC starten<br />

und die Marke in <strong>der</strong> WRC somit erhalten,<br />

die Frage nach <strong>der</strong> Konkurrenzfähigkeit muss<br />

aber mit einem sehr großen Fragezeichen versehen<br />

werden. Ein Blick auf diesjährige Ford-<br />

Privatfahrer wie Mads Östberg macht deutlich:<br />

Es gab immer wie<strong>der</strong> ein kurzes Aufbäumen,<br />

ein kleines Ausrufezeichen, aber <strong>der</strong> große Wurf<br />

war unter normalen Bedingungen nicht möglich.<br />

Neben <strong>der</strong> werksseitigen Unterstützung<br />

laufen M-Sport nun auch die guten Piloten<br />

davon. Jari-Matti Latvala, das aufstrebende<br />

Talent <strong>der</strong> Mannschaft, suchte nach dem werksseitigen<br />

Ausstieg alsbald sein Heil in <strong>der</strong> Flucht<br />

und heuerte bei VW an - <strong>der</strong> Rettung in <strong>der</strong><br />

Not? VW hat viel Geld investiert und sich für<br />

die WRC sogar aus <strong>der</strong> Rallye Dakar zurückgezogen.<br />

Allerdings ist das Engagement zunächst<br />

bis 2015 befristet. <strong>So</strong>llte sich <strong>der</strong> Erfolg nicht<br />

einstellen, können die Wolfsburger die Reißleine<br />

ziehen. Was passiert aber, wenn sich mangels<br />

Konkurrenz <strong>der</strong> Erfolg zwar einstellt, die<br />

Weltöffentlichkeit aber keine Notiz davon<br />

nimmt? Auch Volkswagen fährt - ähnlich wie<br />

alle an<strong>der</strong>en Hersteller - nicht zum Spaß an <strong>der</strong><br />

Freude mit. Die Ziele lauten <strong>über</strong>all gleich: Die<br />

Generierung eines positiven Images, die Steigerung<br />

<strong>der</strong> Medienpräsenz und <strong>der</strong><br />

Absatzzahlen.<br />

Die WRC wollte mit Vollgas durchstarten, doch<br />

anscheinend erwischte sie beim Hochschalten<br />

nur den Leerlauf. Wenn VW nicht ab dem<br />

ersten Moment um Siege kämpft und Ford <strong>der</strong><br />

fehlenden Werksunterstützung Tribut zollen<br />

muss, wird Citroen 2013 erneut Alleinunterhalter<br />

an <strong>der</strong> Spitze sein. Doch selbst die Franzosen<br />

kämpfen mit schlechten Zahlen und zogen<br />

einen Ausstieg in Betracht. Nun gilt es für alle<br />

Beteiligten, schnell zu handeln und die WRC<br />

sowohl für das Fernsehen als auch für neue<br />

Hersteller wie<strong>der</strong> interessanter zu gestalten.<br />

Also schalten - aber bitte nicht in den<br />

Rückwärtsgang.<br />

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Lucas Auer<br />

<strong>über</strong>zeugte in<br />

seiner<br />

Debütsaison in<br />

<strong>der</strong> Formel 3<br />

Fotos: adAC, ats formel-3-cup<br />

Talent - Lucas Auer<br />

Formel 1 im Blut<br />

Text: Robert Seiwert<br />

Lucas Auer ist <strong>der</strong> Neffe des ehemaligen Formel-1-Stars Gerhard Berger. Der 18-Jährige schlug einen<br />

ungewöhnlichen Karriereweg ein und ist auf dem besten Weg nach oben. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> stellt<br />

den jungen Österreicher vor.<br />

Die Anfänge<br />

»Wie üblich begann meine Rennsportkarriere<br />

im Kart. Im Alter von sechs Jahren betrieb ich<br />

den Sport immer professioneller, 2011 stieg ich<br />

in den Formelsport auf. Hier schlug ich jedoch<br />

nicht den gängigen Weg ein, stattdessen fuhr ich<br />

in <strong>der</strong> JK Asia Racing Series. Das war eine tolle<br />

Erfahrung, weil ich in Asien mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

auf mich allein gestellt war - das hat mir geholfen,<br />

schnell erwachsen zu werden. Nach einem<br />

Ausflug in die neuseeländische Toyota Racing<br />

Series landete ich zu Beginn dieses Jahres im<br />

Formel-3-Cup.«<br />

Die Erfolge<br />

»Meine bislang größten Erfolge waren <strong>der</strong><br />

Gesamtsieg in <strong>der</strong> JK Asia Racing Series, die ich<br />

2011 als Rookie gewinnen konnte, sowie meine<br />

erste Saison im F3-Cup. Mit Van Amersfoort<br />

Racing wurde ich nach zwei Siegen und neun<br />

Podiumsplatzierungen auf Anhieb Vize-<strong>Champ</strong>ion<br />

und bester Rookie <strong>der</strong> Serie - ein tolles<br />

Gefühl. In den Jahren 2006 und 2007 gewann<br />

ich außerdem die deutsche DMV Kartmeisterschaft,<br />

2010 wurde ich Gesamtzweiter in <strong>der</strong><br />

deutschen Junioren-Kartmeisterschaft.«<br />

Das Ziel<br />

»Hat nicht je<strong>der</strong> Nachwuchspilot das gleiche<br />

Ziel? Natürlich will ich in die Formel 1, aber <strong>der</strong><br />

Weg dorthin ist lang und schwierig. Deshalb<br />

gehe ich diese Herausfor<strong>der</strong>ung Schritt für<br />

Schritt an. Nach meinem Vize-Titel im F3-Cup<br />

würde ich gerne innerhalb <strong>der</strong> Formel 3 aufsteigen.<br />

Mein Onkel Gerhard Berger unterstützt<br />

mich mit guten Tipps. Gerhard verfügt als ehemaliger<br />

F1-Pilot <strong>über</strong> so viel Erfahrung in diesem<br />

Geschäft und davon kann ich nur profitieren.<br />

Natürlich kann sein Name ein Türöffner<br />

sein, aber ich versuche, meinen eigenen Weg im<br />

<strong>Motorsport</strong> zu gehen.«<br />

Die Ausbildung<br />

»Nach neun Jahren in <strong>der</strong> Schule wollte ich<br />

lieber arbeiten gehen, als weiter die Schulbank<br />

zu drücken. Unter <strong>der</strong> Woche bin ich im Transportunternehmen<br />

meiner Mutter beschäftigt.<br />

Ich finde es wichtig, eine Alternative zu haben,<br />

denn die <strong>Motorsport</strong>welt ist schnelllebig und<br />

man weiß nie, was passieren kann. <strong>So</strong>llte es mit<br />

einer Karriere im Rennsport jedoch nicht klappen,<br />

geht für mich eine kleine Welt unter. Ich<br />

liebe das Racing und das Drumherum und<br />

möchte eigentlich nichts an<strong>der</strong>es mehr<br />

machen.«<br />

Die Hobbys<br />

»Der <strong>Motorsport</strong> nimmt sehr viel Zeit in<br />

Anspruch, da bleibt kaum Raum für Hobbys.<br />

Mit Freunden treffe ich mich gerne zum Fußball<br />

spielen und als Österreicher ist Ski fahren natürlich<br />

Pflicht. Baseball spiele ich auch gelegentlich<br />

in meiner Freizeit, aber nur zum Zeitvertreib.<br />

Entwe<strong>der</strong> machst du etwas zu 100 Prozent o<strong>der</strong><br />

einfach nur aus Spaß - man will ja immer <strong>der</strong><br />

Beste sein.«<br />

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Historischer<br />

Erfolg<br />

Große Ehre für Ken Roczen, Marcus Schiffer und Max<br />

Nagl: Das Motocross-Trio »Team Deutschland«<br />

gewann die Wahl zum ADAC <strong>Motorsport</strong>ler des Jahres.<br />

Historisch: Nagl, Roczen und Schiffer triumphierten<br />

im September erstmals in <strong>der</strong> 66-jährigen Geschichte<br />

beim Motocross of Nations, <strong>der</strong> offiziellen Motocross-<br />

Mannschaftsweltmeisterschaft. »Wir stehen jetzt in<br />

einer Reihe mit ganz großen Fahrern wie Schumacher,<br />

Vettel, Röhrl o<strong>der</strong> Loeb, um nur einige zu nennen«,<br />

war Nagl begeistert. Das erfolgreiche Trio setzte sich<br />

bei <strong>der</strong> Jury-Wahl knapp gegen DTM-<strong>Champ</strong>ion Bruno<br />

Spengler durch.<br />

ADAC MX Masters 2013<br />

27.-28.04. Fürstlich Drehna<br />

11.-12.05. Reutlingen<br />

22.-23.06. Aichwald<br />

20.-21.07. Tensfeld<br />

10.-11.08. Ried (A)<br />

31.8.-01.09. Gaildorf<br />

14.-15.09. Jauer<br />

21.-22.09. Holzgerlingen<br />

Vorläufiger<br />

Rennkalen<strong>der</strong> 2013<br />

26.-28.04. Oschersleben<br />

10.-12.05. Spa-Francorchamps (B)<br />

07.-09.06. Sachsenring<br />

19.-21.07. Nürburgring*<br />

09.-11.08. Red Bull Ring (A)<br />

30.08.-01.09. Lausitzring<br />

13.-15.09. Slovakiaring (SK)<br />

27.-29.09. Hockenheim<br />

* vorbehaltlich finaler Bestätigung<br />

Auf nach Spa!<br />

Das ADAC GT Masters geht auch in <strong>der</strong> Saison 2013 mit acht<br />

Veranstaltungen und 16 Rennen in Deutschland und dem benachbarten<br />

Ausland an den Start. Zwei Rennstrecken feiern nächstes<br />

Jahr Premiere: Erstmals gastiert die Serie auf <strong>der</strong> belgischen<br />

Formel-1-Strecke von Spa-Francorchamps. Vor dem Saisonfinale<br />

in Hockenheim debütiert das ADAC GT Masters zudem auf dem<br />

Slovakiaring.<br />

Kirchhöfers<br />

Sahnehäubchen<br />

ADAC Junior<br />

<strong>Motorsport</strong>ler des<br />

Jahres: Marvin<br />

Kirchhöfer<br />

Neun Siege, 16 Podiums und sieben Pole Positions - Marvin<br />

Kirchhöfer war in <strong>der</strong> ADAC Formel Masters Saison 2012<br />

nicht zu stoppen und krönte sich zum neuen Meister <strong>der</strong><br />

Nachwuchsserie. Beeindruckend: Kirchhöfer gewann fünf<br />

<strong>der</strong> letzten sechs Saisonrennen. Als Sahnehäubchen auf einer<br />

starken Saison wurde Kirchhöfer zum ADAC Junior-<strong>Motorsport</strong>ler<br />

des Jahres gewählt. »Ich bin sehr <strong>über</strong>rascht <strong>über</strong><br />

die Auszeichnung, damit hätte ich niemals gerechnet«, freute<br />

sich <strong>der</strong> 18-Jährige, <strong>der</strong> nächste Saison wohl in den ATS<br />

Formel-3-Cup aufsteigt.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 73


74 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Foto: milagro<br />

talent ist<br />

nicht <strong>alles</strong><br />

Das Ende <strong>der</strong><br />

Weltmeister-Saison von<br />

Jorge Lorenzo war<br />

beinahe so spektakulär<br />

wie seine Punktejagd<br />

davor<br />

Talentiert, verdammt schnell, aggressiv und von allen<br />

bewun<strong>der</strong>t: Marc Marquez ist <strong>der</strong> neue spanische Star<br />

<strong>der</strong> Königsklasse und zeigt schon früh, dass er dank<br />

seines Tempos mit den ganz Großen mithalten kann.<br />

Das konnte Jorge Lorenzo bei seinem Einstieg in die<br />

MotoGP auch. Doch <strong>der</strong> <strong>über</strong>trieb es im ersten Jahr,<br />

stürzte oft, verletzte sich ernsthaft und spielte sogar<br />

mit dem Gedanken, den Helm an den Nagel zu hängen.<br />

Da die beiden Spanier von vielen Beobachtern verglichen<br />

werden, wäre Marquez wohl gut beraten, nicht<br />

zu stürmisch heranzugehen und in seinem Lehrjahr<br />

auch zu lernen anstatt nach den Sternen zu greifen<br />

- Talent ist nicht immer <strong>alles</strong>. - Maria Pohlmann<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 75


Jorge Lorenzo<br />

hat seine<br />

Yamaha voll im<br />

Griff<br />

Das Warten,<br />

bevor die Action<br />

ihren Lauf<br />

nimmt<br />

Jorge Lorenzo<br />

kann Siege<br />

ausgiebig<br />

genießen<br />

<strong>Champ</strong>ion of<br />

the World<br />

Text: Maria Pohlmann<br />

Im Sattel bringt<br />

Jorge Lorenzo<br />

vollen Einsatz<br />

76 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Unter dem Helm<br />

ist man ganz<br />

auf sich gestellt<br />

Hätte er einen<br />

Wunsch, wäre<br />

es mehr<br />

Motor-Power<br />

Jorge Lorenzo gewann 2012 seinen zweiten MotoGP-Titel.<br />

Aber was macht den Mallorquiner zum Weltmeister? Hat<br />

er verdient gewonnen? Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> hörte sich<br />

bei seinen Konkurrenten um.<br />

Er hat sich den<br />

Respekt seiner<br />

Gegner<br />

erarbeitet<br />

Fotos: milagro<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 77


Fotos: milagro<br />

Hinter dem <strong>Champ</strong>ion steht ein erfahrenes Team<br />

»We are the champions - my friends and we‘ll<br />

keep on fighting - till the end - We are the champions,<br />

we are the champions. No time for losers<br />

‚cause we are the champions - of the world!«<br />

An seinen Gesangsfähigkeiten könnte<br />

Jorge Lorenzo noch etwas feilen, an<br />

einer an<strong>der</strong>en seiner Begabungen gibt<br />

es allerdings kaum noch Verbesserungspotential:<br />

dem Motorradfahren. Der Mallorquiner<br />

ist zum zweiten Mal <strong>der</strong> beste Motorradfahrer<br />

<strong>der</strong> Welt und hatte nach dem Gewinn<br />

<strong>der</strong> MotoGP-Weltmeisterschaft auf Phillip Island<br />

allen Grund, gemeinsam mit seinem Teammanager<br />

freudige Gesänge anzustimmen. Wilco<br />

Zeelenberg ist <strong>über</strong>zeugt: »Natürlich ist er sehr<br />

talentiert, aber am Ende sind sie alle recht talentiert.<br />

Er war einfach konstanter als die an<strong>der</strong>en<br />

und das ist leicht zu sagen, aber es ist sehr schwer<br />

umzusetzen.«<br />

Beson<strong>der</strong>s schwer ist es aus Sicht des Teammanagers,<br />

unter allen Umständen - also egal ob<br />

Regen, wechselhafte Verhältnisse o<strong>der</strong> <strong>So</strong>nne -<br />

und auf je<strong>der</strong> <strong>der</strong> 18 Rennstrecken im GP-Kalen<strong>der</strong><br />

nicht nur schnell zu sein, son<strong>der</strong>n sich auch<br />

konstant unter den Top-2 wie<strong>der</strong>zufinden.<br />

Lorenzo verließ 2012 kaum einen GP-Austragungsort<br />

ohne auf dem Podest zu stehen. Lediglich<br />

in Assen und Valencia sah er die schwarzweiß-karierte<br />

Flagge nicht. »Das machte ihn am<br />

Ende zum <strong>Champ</strong>ion. Er war nicht immer <strong>der</strong><br />

Schnellste, aber <strong>der</strong> Konstanteste. Er holte zehn<br />

zweite Plätze und sechs Siege und das brachte<br />

ihm den Titel schon vor dem letzten Rennwochenende«,<br />

resümiert Zeelenberg, <strong>der</strong> mit<br />

»Man braucht einfach<br />

diese Welt-<br />

meister-Mentali-<br />

tät. Jorge Lorenzo<br />

hat diese Weltmeister-Mentalität,<br />

was mehr o<strong>der</strong><br />

weniger bedeutet,<br />

dass man niemals<br />

aufgibt und bis<br />

zum bitteren Ende<br />

kämpft.«<br />

geschwellter Brust auf das zweite Titeljahr seines<br />

Schützlings zurückblickt.<br />

Lorenzo hatte aber durchaus nicht immer Grund<br />

zum Jubeln und musste sich beson<strong>der</strong>s gegen die<br />

<strong>über</strong>legenen Konkurrenten aus dem Hause<br />

Honda durchbeißen. Während ihm Casey Stoner<br />

das Leben noch in <strong>der</strong> ersten Saisonhälfte schwer<br />

machte, war es Dani Pedrosa, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> zweiten<br />

Hälfte die Führung im Kampf um Siege <strong>über</strong>nahm.<br />

Nicht selten musste sich <strong>der</strong> Yamaha-Pilot<br />

mit dem zweiten Platz abfinden. »Er fuhr eine<br />

sehr gute Saison. Er war immer auf dem Podest,<br />

also immer auf Platz eins o<strong>der</strong> zwei. Das ist sehr<br />

schwer zu schaffen. Um Weltmeister zu werden,<br />

braucht man Glück, aber er war auch konstant<br />

schnell, egal unter welchen Bedingungen - ob<br />

nass o<strong>der</strong> trocken. Er fuhr eine sehr gute Saison«,<br />

lobte Pedrosa seinen Landsmann, dem er sich<br />

nur um 18 Punkte geschlagen geben musste.<br />

Lorenzo musste lange bangen und bemerkte, dass<br />

<strong>der</strong> Honda-Fahrer seine stärkste MotoGP-Saison<br />

fuhr. »Er hat sieben Rennen gewonnen und für<br />

uns war es schwer, die Angriffe abzuwehren, aber<br />

wir haben es mit Intelligenz und ohne in den<br />

entscheidenden Momenten Fehler zu machen<br />

geschafft«, blickt <strong>der</strong> 25-Jährige stolz zurück.<br />

Stoner hatte nach seiner Verletzung keine Chance<br />

mehr, in den Titelkampf einzugreifen und<br />

bewun<strong>der</strong>te die Konstanz Lorenzos. »Er ist<br />

immer vorne, er ist immer beständig. Er war so<br />

extrem konstant, abgesehen von seinen Ausfällen<br />

in Assen und Valencia war er immer Erster o<strong>der</strong><br />

Zweiter im Rennen.« Der Australier ist sich<br />

sicher, dass sein Sturz in Indianapolis definitiv<br />

dabei geholfen hat, seine Rivalen den zweiten<br />

Titel einzubringen, da dieser etwas beruhigter<br />

sein konnte, als einer seiner stärksten Konkurrenten<br />

im Aus war. »Aber er ist auch so eine fantastische<br />

Saison gefahren und ihn zu schlagen,<br />

wäre so o<strong>der</strong> so sehr schwierig geworden. Das<br />

zeigt allen, dass es nicht nur am reinen Speed<br />

liegt. Dani und ich waren dieses Jahr des Öfteren<br />

schneller als er, aber er hat sich eben auch ab und<br />

zu mit dem zweiten Platz abgefunden, wenn sein<br />

78 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Die perfekte Einheit aus Fahrer und Motorrad<br />

Tempo nicht ausgereicht hat. Am Ende war es<br />

also nur diese Konstanz.« Andrea Dovizioso beobachtete<br />

den Kampf <strong>der</strong> Top-3 in diesem Jahr<br />

eher von weiter hinten. »Casey und Dani haben<br />

wirklich gut gekämpft und waren so unglaublich<br />

schnell auf einem guten Bike, aber Lorenzo war<br />

noch etwas kämpferischer als die beiden«,<br />

schil<strong>der</strong>t er. Lorenzo sei schlichtweg <strong>der</strong> Beste<br />

gewesen, meinte <strong>der</strong> Italiener, <strong>der</strong> nicht nur zu<br />

seinem Markenkollegen hält, weil er 2012 selbst<br />

auf <strong>der</strong> Satelliten-Yamaha saß, son<strong>der</strong>n auch<br />

seine Fahrweise bewun<strong>der</strong>t. »Es ist gut, dass<br />

Lorenzo gewonnen hat, sicherlich hätte ich auch<br />

Dani die Chance auf den Titel gegönnt, aber<br />

Lorenzo war einfach schneller.« Cal Crutchlow<br />

pilotierte ebenso die M1 und weiß, was Lorenzo<br />

zum <strong>Champ</strong>ion machte: »Seine Konstanz und<br />

sein Tempo. Er ist einfach <strong>der</strong> Beste in <strong>der</strong> Welt.<br />

Wenn man so konstant ist wie er und in jedem<br />

Rennen Erster o<strong>der</strong> Zweiter wird, verdient man<br />

es einfach Weltmeister zu sein.«<br />

Anerkennung bekommt <strong>der</strong> Spanier<br />

auch von einem ehemaligen <strong>Champ</strong>ion:<br />

»Lorenzo ist wirklich stark«,<br />

sagt Nicky Hayden. »Schon in diesem<br />

Winter nach dem Test in Malaysia, als wir<br />

nach Jerez zum Testen kamen, habe ich mich<br />

mit Filippo [Preziosi] unterhalten und es ging<br />

immer nur darum ‚Casey ist da stark, Casey ist<br />

dort stark‘ und ich habe ihm gesagt, dass er<br />

Lorenzo nicht vergessen soll und dass ich auf<br />

ihn tippen würde, wenn ich einen WM-Tipp<br />

abgeben müsste«, so Hayden weiter, <strong>der</strong> wohl<br />

besser beraten wäre, sein Vermögen in Sportwetten<br />

zu investieren, anstatt sich weiter mit<br />

<strong>der</strong> Desmosedici herumzuärgern. Für den<br />

Amerikaner stand Lorenzo also schon vor Saisonbeginn<br />

ganz oben auf <strong>der</strong> Favoritenliste<br />

und das beson<strong>der</strong>s durch seinen Fleiß. »Er<br />

arbeitet an den Wochenenden, bei den Tests<br />

und <strong>über</strong>haupt immer extrem hart. Er ist am<br />

Freitag im ersten Training immer <strong>der</strong> Erste auf<br />

<strong>der</strong> Strecke und gleich schnell. Selbst beim Test<br />

in Malaysia, als es am Nachmittag heiß war,<br />

saßen die meisten Leute einfach in ihrer Box<br />

herum, aber er ist einen Long-Run gefahren.<br />

Einige an<strong>der</strong>e Fahrer hatten auch dar<strong>über</strong><br />

nachgedacht, Long-Runs zu fahren, aber er war<br />

<strong>der</strong> Einzige, <strong>der</strong> eine komplette Rennsimulation<br />

zurückgelegt hat. Es war klar, dass er<br />

schon vor Saisonstart bereit ist.«<br />

Bereit war Lorenzo auch beim Rennen in Assen,<br />

bei dem ihm Alvaro Bautista allerdings nach<br />

einem unglücklichen Anbremsmanöver schon<br />

in <strong>der</strong> ersten Runde um alle Siegchancen brachte.<br />

Nach Aufregung und Strafe legte sich <strong>der</strong> spanische<br />

Ärger und am Saisonende bemerkte auch<br />

Bautista: »Er war das ganze Jahr <strong>über</strong> sehr konstant.<br />

Zu Beginn <strong>der</strong> Saison holte er gute Ergebnisse<br />

und am Ende hat er nur versucht, den<br />

Punktevorsprung vor Pedrosa zu halten. Ich<br />

denke, dass die Verletzung von Casey ein wichtiger<br />

Moment in <strong>der</strong> Saison war, denn Casey hatte<br />

ihm viel Druck gemacht. Nachdem er gestürzt<br />

ist und verletzt war, konnte Lorenzo ruhiger sein,<br />

denn <strong>der</strong> Vorsprung auf Dani war viel größer als<br />

<strong>der</strong> auf Casey. Insgesamt konnte er in <strong>der</strong> ersten<br />

Saisonhälfte viele Punkte holen und in <strong>der</strong> zweiten<br />

Hälfte dann einfach den Vorsprung<br />

halten.«<br />

<strong>So</strong>gar in <strong>der</strong> kurzen <strong>So</strong>mmerpause trainierte<br />

Lorenzo im Texas Tornado Bootcamp fleißig<br />

weiter. Colin Edwards sah noch etwas<br />

Bestimmtes im späteren Weltmeister: »Er war<br />

<strong>der</strong> Schnellste, das ganze Jahr <strong>über</strong>. Ich weiß<br />

nicht genau, wie ich das beschreiben soll. Man<br />

braucht einfach diese Weltmeister-Mentalität.<br />

Manchmal findet man die und bei Lorenzo habe<br />

ich das schon im Boot-Camp gesehen, er<br />

kämpfte wie ein Löwe und konnte am Ende eine<br />

anständige Runde fahren. Er hat diese Weltmeister-Mentalität,<br />

was mehr o<strong>der</strong> weniger heißt,<br />

dass man niemals aufgibt und bis zum bitteren<br />

Ende kämpft.« Auch Edwards selbst musste auf<br />

<strong>der</strong> CRT-Maschine in dieser Saison hart kämpfen,<br />

Erfolge ließen aber auf sich warten. Danilo<br />

Petrucci konnte sich im ersten Claiming Rule<br />

Jahr stetig verbessern und blickte des Öfteren<br />

an die Tabellenspitze. »Jorge ist einer meiner<br />

Lieblingsfahrer, er ist so professionell. Er denkt<br />

an jedes Detail. Er ist auch mein Freund und<br />

ich freue mich sehr, dass er die Meisterschaft<br />

gewinnen konnte.«<br />

Das ganze MotoGP-Fahrerfeld ist sich einig:<br />

Lorenzo war nicht immer <strong>der</strong> Schnellste, aber<br />

schlichtweg <strong>der</strong> Beste und ist verdienter Weltmeister.<br />

Der Mallorquiner bewies 2012, dass es<br />

nicht nur den reinen Speed braucht, um die heiß<br />

begehrte WM-Trophäe mit nach Hause zu nehmen:<br />

Ein Weltmeister zeichnet sich beson<strong>der</strong>s<br />

durch harte Arbeit, Geduld, Konstanz und<br />

Kampfeswillen aus. Doch auch ein kleines<br />

Quäntchen Glück muss dabei sein, damit <strong>der</strong><br />

<strong>Champ</strong>ion of the World am Ende Queen-Hits<br />

trällern kann.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 79


Der beste<br />

Fahrer <strong>der</strong> Welt<br />

125ccm-Weltmeister, Moto2-Weltmeister und schon stehen<br />

erste MotoGP Tests an. Marc Marquez wird von vielen<br />

kritisiert, doch niemand kann dem jungen Spanier sein<br />

auSSergewöhnliches Talent absprechen.<br />

Text: Maria Pohlmann


Fotos: milagro<br />

Marc Marquez<br />

durfte den<br />

Moto2-Titel<br />

feiern<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 81


trauen aufbauen, aber das macht er einfach nicht«,<br />

bewun<strong>der</strong>t Cal Crutchlow den Moto2-<strong>Champ</strong>, <strong>der</strong><br />

schon zum Auftakt in Katar seinen ersten Sieg 2012<br />

feiern durfte. Auch in Estoril, Assen, auf dem Sachsenring,<br />

in Indianapolis, Brünn, Misano, Motegi<br />

und Valencia erklang die spanische Nationalhymne<br />

für Marquez. Platz drei auf Philipp Island sollte ihm<br />

zum Titelgewinn reichen. »Ich versuche, einfach<br />

nur konzentriert zu sein, das ist <strong>alles</strong>«, verrät er dem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> sein durchaus erfolgreiches<br />

Geheimnis. Doch Konzentration ist nicht <strong>alles</strong>:<br />

Schon in <strong>der</strong> 125ccm-Klasse erkämpfte Marquez<br />

seinen ersten WM-Titel mit ausgerenkter Schulter<br />

und auch seine triumphale Moto2-Saison begann<br />

mit gesundheitlichen Problemen nach seinem heftigen<br />

Sturz in Malaysia 2011. Doch <strong>der</strong> 19-Jährige<br />

bekam die Kurve, darf sich nun MotoGP-Rookie<br />

nennen und Casey Stoner im Repsol Honda Team<br />

nachfolgen. »Mein Traum war es immer, in <strong>der</strong><br />

MotoGP zu fahren und mich zu den besten Fahrern<br />

<strong>der</strong> Geschichte zu gesellen. Es ist ein Privileg, in<br />

meinem ersten Jahr gleich beim besten Team in <strong>der</strong><br />

MotoGP zu sein«, freut er sich.<br />

urückhaltend steht er in <strong>der</strong> Repsol<br />

Z<br />

Honda Box; eine Hand auf seinem<br />

neuen Arbeitsgerät. Hun<strong>der</strong>te<br />

Fotografen und Journalisten drängen<br />

sich um ihn herum und wollen<br />

unbedingt ein erstes Bild, ein erstes<br />

Statement von Dani Pedrosas<br />

neuem Teamkollegen, obwohl dieser an seinem<br />

ersten MotoGP-Testtag in Valencia nicht einmal<br />

die Möglichkeit hatte, auch nur eine Runde auf <strong>der</strong><br />

RC213V zu drehen. »Ich bin so gespannt darauf,<br />

das Bike zu probieren, aber bei diesem Wetter ist<br />

es wohl besser, wenn ich nicht rausfahre und versuche,<br />

ruhig zu bleiben. Wir haben noch viele Tage<br />

vor uns«, erklärt Marc Marquez, dem genau das<br />

Gleiche schon bei seinem allerersten Moto2-Test<br />

passiert war. Auch damals musste er einen weiteren<br />

Tag abwarten, um sein Bike zum ersten Mal zu<br />

probieren. Wie <strong>der</strong> Spanier in <strong>der</strong> mittleren Kategorie<br />

bewies, tat diese Verzögerung seinem Erfolg<br />

keinen Abbruch, denn erst zwei Tage vor seinem<br />

ersten Auftritt als offizieller Honda-Werksfahrer<br />

nahm er die Goldmedaille <strong>der</strong> Moto2-Klasse bei<br />

<strong>der</strong> FIM Gala in Valencia entgegen.<br />

Marquez machte sich in seiner siegreichen zweiten<br />

Moto2-Saison einige Feinde, zog dank seiner spektakulären<br />

Fahrweise und seines Talents aber gleichzeitig<br />

eine Menge Bewun<strong>der</strong>er an. Mit seinem<br />

aggressiven Überholmanöver gegen Tom Lüthi in<br />

Katar, dem umstrittenen Ausscheiden von Pol<br />

Espargaro in Barcelona, seinem harten Abdrängen<br />

von Mika Kallio im Motegi-Training und dem von<br />

ihm verursachten Sturz Simone Corsis am Freitag<br />

in Valencia sammelte Marquez bereits mehrere<br />

Verwarnungen, Strafen und Kritik. Dabei wirkt <strong>der</strong><br />

Spanier oft eher zurückhaltend. <strong>So</strong>bald er auf <strong>der</strong><br />

Strecke ist, fährt er allerdings die Krallen aus.<br />

Obwohl sich einige Fahrer, Teammitglie<strong>der</strong> und<br />

Zuschauer wohl sogar noch größere Strafen für den<br />

jungen Wilden gewünscht hätten, bewies <strong>der</strong> Suter-<br />

Pilot beim Japan Grand Prix, warum gerade er den<br />

Moto2-Titel trotzdem verdient hat. Nach einem<br />

Schaltfehler am Start arbeitete sich Marquez sukzessive<br />

durch das komplette Fahrerfeld, gewann das<br />

Rennen und hinterließ seine Kritiker damit fast<br />

sprachlos. Die wenigen Gegner, die in Motegi noch<br />

nicht <strong>über</strong>zeugt waren, verstummten spätestens in<br />

Valencia. Beim Saisonfinale gelang Marquez das<br />

gleiche Kunststück nach einer Strafversetzung auf<br />

die letzte Startposition unter schwierigsten<br />

Wetterbedingungen.<br />

»er ist im Moment vermutlich<br />

DER beste Fahrer<br />

<strong>der</strong> Welt. Ich glaube<br />

nicht, dass er 2013 gegen<br />

Lorenzo und Pedrosa um<br />

den Titel mitkämpfen<br />

kann, aber er wird hin<br />

und wie<strong>der</strong> vorne sein. es<br />

ist, als würde mir das<br />

bekannt vorkommen«<br />

»Alle regen sich dar<strong>über</strong> auf, dass er Leute rauskegelt,<br />

sich und an<strong>der</strong>e verletzt, aber ihn stört das<br />

einfach gar nicht. In <strong>der</strong> nächsten Kurve ist das<br />

wie<strong>der</strong> vergessen. Allein wenn man bedenkt, wie<br />

oft er in letzter Zeit in <strong>der</strong> Qualifikation fast gestürzt<br />

ist und in <strong>der</strong> Runde darauf seine schnellste Zeit<br />

fuhr. Je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e würde erst einmal etwas langsamer<br />

fahren und Runde für Runde wie<strong>der</strong> Ver-<br />

Marquez weiß<br />

auch, wie man<br />

Siege und Titel<br />

richtig feiert<br />

Nach seiner erfolgreichen Moto2-Siegfahrt in<br />

Valencia stand für Marquez direkt <strong>der</strong> erste Test auf<br />

<strong>der</strong> neuen Maschine an. Stoner gab ihm nur den<br />

Tipp, auf seinem Bike Spaß zu haben und den hatte<br />

<strong>der</strong> Spanier nach einem ersten vergeudeten Testtag<br />

dann am Mittwoch. »Am Anfang war es ziemlich<br />

schwierig, aber auch sehr schön, die Power des<br />

Motorrads zu spüren. Wir hatten die ganze Zeit<br />

extrem viel Wheelie, was vielleicht das Schwierigste<br />

war. Schritt für Schritt habe ich viel ausprobiert.<br />

Jedes Mal, wenn ich rausfuhr, wurde ich schneller<br />

und bekam mehr Vertrauen zum Bike. Der Start<br />

war gut. Die Elektronik ist ganz an<strong>der</strong>s als in <strong>der</strong><br />

Moto2, auch die Bremsen, die Power, die Reifen<br />

und viele an<strong>der</strong>e Dinge werden Zeit brauchen.«<br />

Dazu sei auch <strong>der</strong> erste Kontakt mit seinem neuen<br />

Team gut gewesen. Marquez konnte einige treue<br />

Gefährten wie Emilio Alzamora mitbringen und<br />

bemerkte bei den Honda-Jungs sofort <strong>der</strong>en Knowhow<br />

mit dem Bike und die langjährige Erfahrung<br />

in <strong>der</strong> Königsklasse.<br />

Doch auch Andrea Dovizioso glaubt, dass <strong>der</strong> Rookie<br />

etwas Zeit brauchen wird, um sich an <strong>alles</strong> zu<br />

gewöhnen. »Ich bin fünf Runden hinter ihm hergefahren,<br />

um zu sehen, wie er fährt. Sicherlich hat<br />

er nach dem Wechsel zum ersten Mal auf dem Bike<br />

noch immer den Moto2-Fahrstil. Er fährt die Kurven<br />

also recht weit, aber die Rundenzeit war gut<br />

und ich denke, dass er die Zeit haben wird, um das<br />

82 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Marquez gilt für<br />

viele Fahrer<br />

und Experten<br />

als heiße Aktie<br />

zu verstehen.« Für Marquez sei <strong>der</strong> größte Unterschied<br />

zur Moto2-Maschine sein Gefühl zum Vor<strong>der</strong>rad<br />

gewesen, das speziell auf <strong>der</strong> Start-Ziel-<br />

Geraden in Valencia regelmäßig abhob. Trotzdem<br />

nahm er sich nicht allzu viel Zeit und pushte weiter.<br />

Schon beim zweiten Test in Malaysia schraubte <strong>der</strong><br />

Fahrer aus Cervera seine Rundenzeit bis auf 2:01.56<br />

Minuten herunter, womit er nur eine Sekunde hinter<br />

<strong>der</strong> Pole-Position-Zeit <strong>der</strong> vergangenen Saison<br />

lag. Nicky Hayden scherzt: »Ich finde, dass Marquez<br />

definitiv noch ein weiteres Jahr in <strong>der</strong> Moto2<br />

gebraucht hätte. Ich weiß nicht genau, was die an<strong>der</strong>en<br />

Fahrer <strong>über</strong> ihn gesagt haben, aber ich dachte<br />

mir nur: Bleib doch bitte mindestens noch ein Jahr<br />

in <strong>der</strong> Moto2.« Dabei hatte <strong>der</strong> Amerikaner seinen<br />

neuen Konkurrenten noch nicht einmal auf <strong>der</strong><br />

Strecke gesehen, son<strong>der</strong>n nur auf die Rundenzeiten<br />

geschaut. »Und die waren echt schnell. Man findet<br />

sicherlich nicht einen Typen im Fahrerlager, <strong>der</strong><br />

sagt, dass er hier und dort Probleme haben und<br />

nicht schnell sein wird. Es ist klar, dass er schnell<br />

sein wird. Das ist nur eine Frage <strong>der</strong> Zeit und es<br />

wurde auch deutlich, dass er genauso aggressiv ist<br />

wie immer. Das fiel mir beson<strong>der</strong>s im ersten Sektor<br />

auf, wo noch die meisten Pfützen waren und es<br />

deshalb nur davon abhing, wie viel man riskieren<br />

will. Es wurde deutlich, dass er sehr eifrig und entschlossen<br />

ist. Es wird interessant für die Klasse und<br />

den Sport. Alle werden sich dafür interessieren, wie<br />

er abschneidet. Viele Leute mögen seinen Fahrstil,<br />

es gibt also keinen Zweifel daran, dass es spannend<br />

wird«, prognostiziert Hayden.<br />

Fotos: milagro<br />

Marquez schürt<br />

die Erwartungen<br />

<strong>der</strong><br />

MotoGP-Welt<br />

Marquez wird<br />

im ersten Jahr<br />

auch Lehrgeld<br />

bezahlen<br />

»Ich denke, er ist im Moment vermutlich DER beste<br />

Fahrer <strong>der</strong> Welt. Ich glaube nicht, dass er nächstes<br />

Jahr gegen Lorenzo und Pedrosa um den Titel mitkämpfen<br />

kann, aber er wird hin und wie<strong>der</strong> vorne<br />

sein. Ich habe das Gefühl, als würde mir das<br />

bekannt vorkommen«, spielt Crutchlow auf Marco<br />

Simoncelli an. »Er ist etwas Beson<strong>der</strong>es, daran gibt<br />

es keinen Zweifel. Was seinen Speed angeht, erinnert<br />

er mich sehr an Lorenzo, aber etwas an<strong>der</strong>s.<br />

Er ist schnell. Ich habe noch nie gesehen, dass einer<br />

mit einem GP-Bike auf <strong>der</strong> Geraden fast einen<br />

Highsi<strong>der</strong> hat und in <strong>der</strong> nächsten Runde genauso<br />

fährt. Ich denke, wir werden tolle Dinge von ihm<br />

sehen. Er ist schon besiegbar, je<strong>der</strong> ist besiegbar.<br />

Wenn er aber einmal an die Spitze kommt, wird er<br />

auch dort bleiben.«<br />

Viele sind sich sicher, dass Marquez auch in <strong>der</strong><br />

Königsklasse wie eine Bombe einschlagen wird,<br />

doch zahlte er auch in an<strong>der</strong>en Kategorien ein<br />

hohes Lehrgeld für seinen unbeschreiblichen<br />

Speed. Allerdings ist schon nach zwei Tests sicher:<br />

Marc Marquez ist verdammt schnell und steht<br />

nicht nur in <strong>der</strong> Repsol Honda Box herum. Er<br />

brennt eine schnelle Runde nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en in<br />

den Asphalt, fühlt sich auf <strong>der</strong> RC213V immer<br />

besser und steigert sich rasant - Runde für Runde,<br />

Run für Run und Tag für Tag.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 83


Fotos: milagro<br />

84 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Was macht Sandro<br />

<strong>Cortese</strong> zum Weltmeister?<br />

Das <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> hat sich in <strong>der</strong><br />

Red Bull Ajo <strong>Motorsport</strong><br />

Box umgehört<br />

und das ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Geheimnis von Teamchef,<br />

Ingenieur und Teamkollegen<br />

erfahren.<br />

Text: Maria Pohlmann<br />

Mit Gelassenheit<br />

zur Traumsaison<br />

17Rennen, 15 Podestplätze, darunter fünf<br />

Siege, und die Ehrenrunde ging auch nach<br />

Saisonende noch weiter. Sandro <strong>Cortese</strong> eilte Freude<br />

strahlend von einem Empfang zum nächsten - als Weltmeister.<br />

»Es war eine wun<strong>der</strong>bare Saison für mich.<br />

Wenn mir jemand vorher gesagt hätte, dass ich eine so<br />

gute Saison haben würde, hätte ich es nicht geglaubt.<br />

Es ist wie ein Traum. Ich genieße jede Minute«, sagt<br />

<strong>Cortese</strong> nach dem letzten Rennen seiner Erfolgssaison.<br />

Endlich hatte er es zum ersehnten WM-Titel geschafft.<br />

Dabei war das Abschlussrennen eher Nebensache,<br />

schließlich durfte sich <strong>der</strong> 22-Jährige schon zur drittletzten<br />

Runde in Malaysia als Weltmeister betiteln und<br />

Gratulationen entgegennehmen. »Das war ein unbeschreibliches<br />

Gefühl, wenn einem jemand wie Vale,<br />

Max Biaggi o<strong>der</strong> Loris Capirossi zum Titel gratuliert.<br />

Das sind Legenden des <strong>Motorsport</strong>s - das macht einen<br />

natürlich extrem stolz«, erklärt er.<br />

Das erste Jahr in <strong>der</strong> neu geschaffenen Moto3-Klasse<br />

stellte für <strong>Cortese</strong> nicht nur einen Neuanfang beim Red<br />

Bull Ajo <strong>Motorsport</strong> Team dar, son<strong>der</strong>n direkt den<br />

Durchbruch. Teamchef Aki Ajo hatte sich den Berkheimer<br />

nach einem Jahr im Racing Team Germany zu<br />

Beginn <strong>der</strong> Saison zurück ins Team geholt. Das Verhältnis<br />

zwischen Fahrer und Teamchefs sei nie schlecht<br />

gewesen, betont Ajo. »Ich hatte allerdings nicht die<br />

Chance, ihm 2011 ein Paket zu bieten«, erklärt er. →<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 85


Die Eltern waren<br />

mächtig stolz<br />

auf Sandro<br />

<strong>Cortese</strong><br />

»Ich denke, dass wir beide in dem Jahr, in dem wir<br />

nicht zusammengearbeitet haben, weitergewachsen<br />

sind und somit fiel es uns leicht, in diesem Jahr<br />

durchzustarten. Es fühlt sich noch wärmer und<br />

enger an als 2009 und 2010«, beschreibt er. Mit<br />

geschwellter Brust blickt <strong>der</strong> Teamchef auf die Saison<br />

zurück und ist stolz auf seine Crew. »Es gibt<br />

viele Teams, in denen es sich anfühlt, als hätte man<br />

zwei Parteien in einem Team, aber wir versuchen<br />

immer, wie eine große Familie zu sein und dar<strong>über</strong><br />

bin ich wirklich glücklich.«<br />

Teil <strong>der</strong> Familie ist auch Chefingenieur<br />

Patrick Unger, <strong>der</strong> erst seit diesem Jahr<br />

intensiv mit <strong>Cortese</strong> zusammenarbeitet,<br />

ihn aber bereits eine Weile kennt. »Wir sind schon<br />

gemeinsam in <strong>der</strong> IDM gefahren und ich habe ihn<br />

verfolgt, als er in die Weltmeisterschaft gekommen<br />

ist. Mittlerweile ist er lange dabei und hat beson<strong>der</strong>s<br />

am Anfang auch etwas Zeit gebraucht, die ganzen<br />

Strecken kennenzulernen, außerdem ist er verschiedene<br />

Motorrä<strong>der</strong> gefahren.« Im letzten Jahr habe<br />

sich <strong>der</strong> Deutsche aber zur Perfektion entwickelt.<br />

»Er hat die ersten Rennen gewonnen, wodurch es<br />

ihm leichter gefallen ist, auf dem Motorrad die Ruhe<br />

zu bewahren und sich das Rennen besser einzuteilen.<br />

Das ist ihm schon im letzten Jahr gelungen,<br />

allerdings hatte er in <strong>der</strong> letzten Saison stark begonnen,<br />

im <strong>So</strong>mmer etwas nachgelassen und zum Ende<br />

erst wie<strong>der</strong> richtig Gas gegeben. Das konnte er in<br />

diesem Jahr abstellen. Bis auf zwei Rennen war er<br />

an jedem Wochenende auf dem Podest, was ihm<br />

letztlich so früh den WM-Titel gesichert hat.«<br />

Ajo sieht es ähnlich und bemerkt, dass sich sein<br />

Schützling gegen<strong>über</strong> den Vorjahren extrem stei-<br />

Der WM-Erfolg<br />

wurde auf <strong>der</strong><br />

Strecke gefeiert<br />

gern konnte. »Momentan ist es wirklich seine<br />

Erfahrung und dass er clever genug ist, diese Erfahrung<br />

zu nutzen. 2009 und 2010 hatte ich das Gefühl,<br />

dass diese Erfahrung noch ein bisschen fehlte und<br />

vielleicht hatte er sich selbst bei allem zu viel Druck<br />

gemacht.« Wenn es im Zeittraining bei <strong>Cortese</strong> gut<br />

lief, machte er sich damals im Rennen oft zu viel<br />

Druck und das führte zu Fehlern. »Jetzt hat er sich<br />

aber wirklich verän<strong>der</strong>t. Ich habe schon zu Beginn<br />

<strong>der</strong> Saison bemerkt, dass er viel ruhiger ist und ich<br />

denke auch, dass es ein bisschen mit <strong>der</strong> Verbindung<br />

<strong>der</strong> Nationalitäten zusammenhing: die finnische,<br />

deutsche und italienische Mentalität scheinen<br />

wirklich gut zusammenzupassen«, lobt Ajo<br />

seinen Weltmeister.<br />

Seine gesamte Crew hat beobachtet, wie <strong>Cortese</strong><br />

sich gesteigert hat. Unger ist <strong>über</strong>zeugt, dass <strong>der</strong><br />

KTM-Pilot beson<strong>der</strong>s mental besser heranging. »Er<br />

<strong>Cortese</strong> und sein<br />

Team passten gut<br />

zusammen<br />

ist sehr ruhig geworden und denkt viel nach. Er ist<br />

extrem zielstrebig, auch abseits <strong>der</strong> Rennstrecke.«<br />

Damit spielt <strong>der</strong> Ingenieur auch auf das intensive<br />

Winterprogramm seines Fahrers an. Die gute Vorbereitung<br />

brachte <strong>Cortese</strong> in diesem Jahr den<br />

gewünschten Erfolg. »Dass er schnell fahren kann,<br />

haben wir schon früher gesehen, aber das auch<br />

wirklich auf den Punkt zu bringen und diese Leistung<br />

bei jedem Rennen abrufen zu können zeichnete<br />

ihn in dieser Saison aus. Er war bei jedem Test,<br />

in jedem Training und in jedem Qualifying vorne<br />

und gut dabei, konnte aber auch entscheiden, wann<br />

er einmal unter schlechten Bedingungen nicht zu<br />

hart pushen sollte. Das war sehr schlau und<br />

<strong>über</strong>legt.«<br />

Arthur Sissis konnte sich im Laufe des Jahres viel<br />

von seinem erfahrenen Teamkollegen abschauen<br />

und freut sich für <strong>Cortese</strong> und die ganze Truppe:<br />

»Für das ganze Team war die Saison echt gut, denn<br />

86 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


sie haben die WM gewonnen.« Was <strong>Cortese</strong>s<br />

Geheimnis zum Erfolg ist, weiß <strong>der</strong> Australier allerdings<br />

nicht. »Keine Ahnung, er ist einfach verdammt<br />

gut.« Der Weltmeister selbst meint es hingegen<br />

genau sagen zu können: Seine konstant guten<br />

Ergebnisse brachten ihm den Titel. »Ich glaube, das<br />

hat je<strong>der</strong> gesehen.« Teamchef Ajo hat noch viel<br />

mehr gesehen und meint, dass acht WM-Jahre ihre<br />

Spuren bei <strong>Cortese</strong> hinterlassen haben. »Er punktet<br />

mit Erfahrung, er hat in diesen acht Jahren in <strong>der</strong><br />

Weltmeisterschaft wirklich viel gelernt. Er ist ein<br />

guter Mensch und sammelt gute Menschen um<br />

sich, denn er versteht wirklich in jedem Bereich,<br />

wie es funktioniert: mit den Medien, mit dem Team,<br />

seiner Familie, mit allen Partnern kann er wun<strong>der</strong>bar<br />

umgehen.« Und genau diese Personen, die <strong>der</strong><br />

Er war bei jedem Test,<br />

in jedem Training und<br />

in jedem Qualifying<br />

vorne, konnte aber<br />

auch entscheiden,<br />

wann er einmal unter<br />

schlechten Bedingungen<br />

nicht zu<br />

hart pushen sollte<br />

Moto3-Weltmeister um sich sammelte, sind es, die<br />

ihm auch in schwierigen Situationen wie beim Rennen<br />

in Japan zur Seite stehen. »Je<strong>der</strong> Mechaniker,<br />

jede Person hier im Team ist mit Leib und Seele<br />

dabei und voller Euphorie. Alle fiebern mit und<br />

wollen so gut wie möglich abschneiden. Da gehört<br />

es einfach dazu, dass man auch einmal <strong>über</strong>schwänglich<br />

reagiert. Am Ende muss man so etwas<br />

in wenigen Zehntelsekunden entschieden und je<strong>der</strong><br />

will schließlich gewinnen«, rechtfertigt Unger.<br />

Aber auch Ajo weiß, dass niemand perfekt ist -<br />

selbst Weltmeister <strong>Cortese</strong> nicht. Dennoch hat<br />

<strong>Cortese</strong> seinem Teamchef in diesem Jahr viel<br />

Freude bereitet. Der Finne wünscht sich, dass sein<br />

Pilot auch weiterhin die Ruhe bewahrt und hart<br />

arbeitet. Schließlich steht für <strong>Cortese</strong> ab <strong>der</strong> nächsten<br />

Saison ein neues Abenteuer an: Nach acht<br />

Lernjahren in <strong>der</strong> kleinen Kategorie, die von<br />

Höhen und Tiefen geprägt waren, steigt er in die<br />

Moto2 auf und kann es selbst kaum erwarten:<br />

»Jetzt geht es mit <strong>der</strong> Moto2 auf ein neues Level,<br />

ich bin so gespannt darauf.« In <strong>der</strong> Moto3 könne<br />

sich <strong>der</strong> <strong>Champ</strong> laut seinem Chefingenieur so o<strong>der</strong><br />

so kaum noch steigern. »Es gibt sehr wenige<br />

Bereiche, in denen er sich noch verbessern muss.<br />

Ich würde mir wünschen, dass er im nächsten Jahr<br />

mit dem neuen Motorrad langsam anfängt und<br />

nach und nach immer besser zurechtkommt und<br />

wirklich Geduld hat, das Motorrad und seinen<br />

Fahrstil weiterzuentwickeln. Ich hoffe, dass er<br />

nicht versucht, bei den ersten Tests auf Biegen und<br />

Brechen Bestzeiten zu fahren und dann stürzt«,<br />

erklärt Unger, <strong>der</strong> auch <strong>über</strong>zeugt ist, dass <strong>der</strong><br />

zukünftige Moto2-Pilot dank seinem Fahrstil gut<br />

abschneiden kann. »Man könnte ihn mit Johann<br />

Zarco vergleichen, Sandro hat einen ähnlichen<br />

Fahrstil. Johann war schon in den ersten Moto2-<br />

Rennen stark und Sandro würde ich ähnlich einschätzen.«<br />

Ajo ist ebenso <strong>über</strong>zeugt, dass <strong>Cortese</strong><br />

als Weltmeister und Profi-Fahrer beste Chancen<br />

hat, gut in <strong>der</strong> neuen Kategorie zurechtzukommen.<br />

Ajo ist sich genau wie Unger sicher, dass <strong>der</strong><br />

Moto3-Weltmeister nichts <strong>über</strong>stürzen sollte. »Ich<br />

denke schon, dass er seine Zeit brauchen wird, um<br />

ein gutes Gefühl zu bekommen. Beson<strong>der</strong>s er<br />

selbst muss es verstehen, ruhig zu bleiben und sich<br />

selbst diese Zeit zu geben.«<br />

Maverick Vinales<br />

war ein sehr harter<br />

Gegner<br />

Fotos: milagro, red bull content pool<br />

Berkheim feierte mit<br />

<strong>Cortese</strong> eine<br />

Riesenparty<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 87


Graziano und Valentino<br />

Rossi lieben den<br />

Motorradsport und<br />

leben ihn so intensiv<br />

wie möglich<br />

Alternative:<br />

Fotos: milagro<br />

Musiker<br />

88 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Text: Maria Pohlmann


Valentino Rossi wird an den Rennstrecken oft von seinem<br />

Vater Graziano begleitet, <strong>der</strong> selbst eine bemerkenswerte<br />

Geschichte zu erzählen hat. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

traf sich mit Graziano Rossi.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 89


Der Haarschnitt war<br />

an<strong>der</strong>s, die Zeiten<br />

ebenfalls. Motorrad<br />

fuhr die Familie Rossi<br />

aber schon<br />

Drei Siege, sieben Podestplätze und eine Pole Position:<br />

Graziano Rossi muss sich nicht mit den Lorbeeren<br />

seines <strong>So</strong>hnes schmücken, son<strong>der</strong>n kann selbst auf<br />

sechs interessante Jahre in <strong>der</strong> Motorrad-WM zurückblicken. Der<br />

Italiener erlebte 1979 sein erfolgreichstes Jahr in <strong>der</strong> 250ccm-<br />

Klasse, durfte in Jugoslawien seinen ersten Sieg feiern und wurde<br />

Gesamtdritter auf einer Morbidelli. Parallel fuhr Rossi in <strong>der</strong><br />

500ccm-Kategorie mit. Er blieb aber schon immer bescheiden<br />

und meinte einst: »Wenn ich meine Karriere beschreiben müsste,<br />

wären die wohl treffendsten Worte: ‚kurz und unglücklich‘.«<br />

Nur die Wenigsten wissen, dass Graziano Rossi im Februar 1980<br />

- also im Winter vor seiner ersten kompletten 500ccm-Saison -<br />

einen schweren Unfall auf einer öffentlichen Straße hatte, bei dem<br />

er sich ernsthaft verletzte und viel Zeit brauchte, um sich davon<br />

zu erholen. »Daher hatte ich keine wirkliche Chance auf Rennsiege<br />

1980.« Dennoch sicherte sich Rossi Senior den fünften Gesamtrang<br />

- hinter Kenny Roberts, Randy Mamola, Marco Lucchinelli<br />

und Franco Uncini. 1982 erlebte Graziano Rossi einen weiteren<br />

schlimmen Unfall bei den 200 Meilen von Imola, nach dem er<br />

sich komplett aus dem aktiven Rennsport zurückziehen musste.<br />

»Ich kann mich an gar nichts mehr erinnern, aber dank Claudio<br />

Costa bin ich noch am Leben. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte<br />

ich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht <strong>über</strong>lebt. Ich persönlich<br />

glaube, dass die Arbeit von Claudio die wichtigste in <strong>der</strong> gesamten<br />

Meisterschaft ist, da alle Karrieren <strong>der</strong> Teilnehmer zu einem gewissen<br />

Punkt an ihm hängen.«<br />

Heute spielt die eigene Karriere für den 58-Jährigen kaum noch<br />

eine Rolle, schließlich steht jetzt sein <strong>So</strong>hn Valentino Rossi im<br />

Rampenlicht. Schon früh nahm Graziano Rossi seinen <strong>So</strong>hn mit<br />

zur Rennstrecke und entfachte das Feuer des neunfachen Weltmeisters,<br />

das auch nach zwei enttäuschenden Jahren bei Ducati<br />

noch lange nicht erloschen ist. Rossis berühmte Startnummer<br />

46 ist ein Erbstück seines Vaters. Heute sind die »46« und <strong>der</strong><br />

»Doktor« auch außerhalb <strong>der</strong> Motorradwelt wohlbekannt. Der<br />

Grund dafür ist neben Rossis sportlichen Erfolgen vor allem sein<br />

extrovertiertes Verhalten mit Stunt-Einlagen, Verkleidungen und<br />

speziellen Helm- sowie Motorrad-Designs. Mit Beginn <strong>der</strong> Saison<br />

2013 stürzt sich Familie Rossi abermals in ein neues Abenteuer,<br />

das bereits am ersten Testtag nach dem Grand Prix in Valencia<br />

seinen Anfang nahm. Während sich <strong>der</strong> Rückkehrer auf seine erste<br />

Comeback-Ausfahrt auf <strong>der</strong> M1 vorbereitete, machte es sich Papa<br />

Rossi in <strong>der</strong> Yamaha Hospitality bequem, um mit dem <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> auf zwei Karrieren zurückzublicken.<br />

MSM: Was sind deine besten Erinnerungen an deine<br />

Rennkarriere?<br />

GRAZIANO ROSSI: Meine? Das erste Mal, als Valentino mit <strong>der</strong><br />

125er gefahren ist, daran kann ich mich gut erinnern. Ich erinnere<br />

mich vorrangig an seine Rennkarriere und denke selten an meine<br />

eigene zurück. Ich erinnere mich an gar nichts. [lacht] Nein, ich<br />

habe 1979 drei Rennen auf <strong>der</strong> 250ccm-Maschine gewonnen und<br />

sicherlich war <strong>der</strong> erste Sieg in Rijeka, Jugoslawien eine meiner<br />

liebsten Rennmomente, woran ich gerne zurückdenke.<br />

Wäre Valentino möglicherweise heute gar kein Rennfahrer,<br />

Fotos: milagro<br />

Die bekannte 46 fuhr<br />

auch schon bei<br />

Graziano Rossi mit<br />

90 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


»Es sind viele Dinge passiert, die ich viel besser hätte<br />

machen können. Ich hätte zum Beispiel viel mehr Rennen<br />

gewinnen können. Es ist immer besser, <strong>alles</strong> an <strong>der</strong><br />

Spitze zu kontrollieren.«<br />

Oh, da gibt es viele Dinge. Es sind viele Dinge passiert, die ich viel besser<br />

hätte machen können. Ich hätte zum Beispiel viel mehr Rennen gewinnen<br />

können. Es ist immer besser, <strong>alles</strong> an <strong>der</strong> Spitze zu kontrollieren.<br />

Valentino Rossi fährt<br />

wie<strong>der</strong> Yamaha, das<br />

mag <strong>der</strong> Papa<br />

Was ist deine lustigste Erinnerung an Valentinos Kindheit?<br />

Es gab viele Momente. Als er noch klein war und zur Schule ging, haben wir<br />

ständig lustige Sachen erlebt. Seine Schule war immer ziemlich weit weg von<br />

unserem Zuhause und wenn es regnete, kam er mit seinem Scooter immer<br />

zufälligerweise nicht pünktlich in <strong>der</strong> Schule an. Deshalb haben wir zusammen<br />

einen Ape gekauft, also dieses Fahrzeug von Piaggio mit drei Rä<strong>der</strong>n.<br />

Das war wirklich eine witzige Aktion, aber da gab es noch viel mehr.<br />

Ihr seid eine echte Rennfamilie. Denkst du, dass sich diese Tradition fortsetzen<br />

könnte?<br />

Sicherlich, denn Valentino hat jetzt eine sehr schöne Freundin und in den<br />

letzten beiden Jahren habe ich schon öfter gehört, dass Valentino dar<strong>über</strong><br />

geredet hat, Kin<strong>der</strong> zu haben, also eine Familie zu gründen. Warum auch<br />

nicht? Ich denke also schon, dass das gut möglich ist.<br />

Wie würde dein Leben ohne die Erfindung von Motorrä<strong>der</strong>n aussehen?<br />

Ich liebe Musik. Vielleicht wäre ich dann heute Musiker. Gitarre spielen war<br />

meine große Leidenschaft, aber meine Finger sind so breit, deshalb war es<br />

immer sehr schwierig, die richtigen Saiten zu treffen. [lacht]<br />

wenn du einen an<strong>der</strong>en Job gehabt hättest?<br />

Das weiß ich nicht. Ich war schon wichtig für Valentino, ich habe ihm die<br />

Motorrä<strong>der</strong> nahe gebracht. Wahrscheinlich wäre Valentino aber auch mit einem<br />

an<strong>der</strong>en Vater Rennfahrer geworden, denn er hat eine große Leidenschaft fürs<br />

Motorradfahren und daher ist es nicht so wichtig, was ihm sein Vater beibringen<br />

kann. Er hätte es auch <strong>alles</strong> so gelernt und wäre auch ohne mich ein großer<br />

<strong>Champ</strong>ion geworden.<br />

Bist du bei jedem Rennen bei ihm?<br />

Nein, nicht <strong>über</strong>all. Ich fliege nicht zu den Überseerennen, ich bin nur in Europa<br />

dabei. Ich bin jetzt einfach nur sehr glücklich, denn er ist zurück bei Yamaha.<br />

Dieser Wechsel zurück zu Yamaha war sehr schön und sehr wichtig. Er ist sehr<br />

gespannt und hoch motiviert. Uns steht mit Yamaha also ein wun<strong>der</strong>barer Neuanfang<br />

bevor.<br />

Gibst du ihm noch immer Ratschläge?<br />

[lacht] Ich kann dir sagen, dass er elf Jahre alt war, als ich das letzte Mal versucht<br />

habe, ihm einen Ratschlag zu geben. Damals ist er mit dem Mini-Bike gefahren<br />

und ich sagte ihm, dass er auf dem linken Teil <strong>der</strong> Strecke starten soll und nicht<br />

auf dem rechten. Er sah mich nur an und meinte: »Mach dir keine <strong>So</strong>rgen, mach<br />

dir keine <strong>So</strong>rgen.« Seitdem habe ich ihm also nichts mehr beibringen können<br />

und damals war er erst elf.<br />

Was denkst du <strong>über</strong> seinen Wechsel zurück zu Yamaha? Hättest du es genauso<br />

gemacht?<br />

Das ist das Beste, was er machen konnte, die absolut beste Entscheidung, die er<br />

treffen konnte.<br />

Würdest du irgendetwas in deinem Leben an<strong>der</strong>s machen, wenn du es noch<br />

mal leben könntest?<br />

Hast du jemals insgeheim gedacht ‚Verdammt, hätte er nur einen richtigen<br />

Beruf gelernt‘?<br />

Valentinos Job war es schon immer, Rennen zu fahren. Ich denke, er wird<br />

noch drei, vier o<strong>der</strong> fünf Jahre weiter Motorrad fahren und dann die Anzahl<br />

<strong>der</strong> Rä<strong>der</strong> verdoppeln. Ich vermute also, er wird danach Autorennen fahren<br />

und dann bestimmt in Italien in Rente gehen. Dabei aber noch lange keine<br />

Ruhe haben, son<strong>der</strong>n sicherlich an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n beibringen, wie sie gute<br />

Rennfahrer werden. Vielleicht fängt er aber auch endlich an, Gitarre zu spielen<br />

wie Eric Clapton.<br />

Du hast dir also nie gewünscht, dass er vielleicht von klein auf lieber Gitarre<br />

spielt, anstatt Motorrad zu fahren?<br />

Ich habe versucht, ihm das Gitarre spielen beizubringen als er noch sehr klein<br />

war. Da war er glaube ich acht o<strong>der</strong> zehn Jahre alt. Damals habe ich ihm zum<br />

Gitarrenunterricht zu einem Menschen in unserem Ort geschickt. Er ist sogar<br />

drei o<strong>der</strong> vier Monate hingegangen, hat dann aber einfach aufgehört. Es war<br />

einfach nicht seine Leidenschaft, aber er kann ein bisschen was spielen. Wohl<br />

nicht ganz so gut wie Eric Clapton, aber ein paar grundsätzliche Dinge hat<br />

er drauf.<br />

Valentino ist einer <strong>der</strong> erfolgreichsten Motorradfahrer <strong>der</strong> Welt und Vorbild<br />

für viele Nachwuchsfahrer. Was bedeutet das für dich?<br />

Das ist fantastisch! Es ist aber auch eine sehr große Verantwortung, denn er<br />

muss <strong>der</strong> jungen Generation <strong>alles</strong> Gute und Wichtige beibringen und das<br />

allein mit seinem Handeln, denn viele schauen sich ab, was er macht und<br />

sagt.<br />

Was ist dein größter Traum?<br />

Momentan wünsche ich mir einfach, dass Valentino in <strong>der</strong> nächsten<br />

Saison auf <strong>der</strong> Yamaha wie<strong>der</strong> richtig schnell ist. Das würde mir schon<br />

reichen.<br />

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Alle wollen an<br />

<strong>der</strong> Zukunft mit<br />

gestalten<br />

Fotos: milagro<br />

92 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Rosarote<br />

Zukunft?<br />

Text: Maria Pohlmann<br />

Die Weltwirtschaftskrise und das Verbot von Tabakwerbung machten <strong>der</strong><br />

MotoGP in den letzten Jahren schwer zu schaffen. Dorna, Hersteller und IRTA<br />

suchen nach Abhilfe und planen tiefgreifende Än<strong>der</strong>ungen für 2014.<br />

Ich messe den Erfolg nicht an meinen Siegen, son<strong>der</strong>n daran, ob ich<br />

jedes Jahr besser werde.« Tiger Woods gibt das Prinzip vor - die<br />

Weltmeisterschaft macht es nach: Das ständige Streben nach Verbesserung.<br />

Wie <strong>über</strong>all auf <strong>der</strong> Welt dreht sich auch in <strong>der</strong> MotoGP<br />

fast <strong>alles</strong> nur ums liebe Geld. Ständiges Ziel von Dorna-Chef Carmelo<br />

Ezpeleta und Co. ist es, die Kosten für die Teams zu senken, aber gleichzeitig<br />

die Show zu verbessern. Mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Claiming Rule Teams zu<br />

Beginn <strong>der</strong> Saison ist ein erster Schritt getan. Für Fausto Gresini ein eindeutiger<br />

Zugewinn: »Für das nächste Jahr bekomme ich wie<strong>der</strong> ein CRT-<br />

Bike und ich habe dank <strong>der</strong> CRT-Regelung die Möglichkeit, mit zwei<br />

Motorrä<strong>der</strong>n an den Start zu gehen. Sicherlich sind die CRT-Bikes noch<br />

nicht optimal, das wird sich in Zukunft aber <strong>alles</strong> verbessern. Die zweite<br />

Saison wird ein wichtiges Jahr und sicherlich haben wir noch zwei verschiedene<br />

Meisterschaften innerhalb <strong>der</strong> MotoGP. Jetzt ist es wichtig, die<br />

Regeln zu verbessern, <strong>alles</strong> deutlicher zu machen. Ich denke, dass die<br />

MotoGP an sich eine hart umkämpfte Meisterschaft ist. Die großen Hersteller<br />

haben viel mehr Power und <strong>alles</strong> ist bei ihnen besser. Für mich ist<br />

es hingegen wichtig, um den besten CRT-Platz zu kämpfen.«<br />

Der Gresini Honda Teamchef steht nicht alleine da. Tech 3 Boss Herve<br />

Poncharal empfand die CRTs als eine gute Idee, allerdings sei noch nicht<br />

<strong>alles</strong> perfekt. Der Franzose wünscht sich einheitliche Regeln für alle. »Ohne<br />

CRT wäre die Saison aber viel schlechter gelaufen, also können wir sagen,<br />

dass es gut war. Aspar, Avintia, Speed Master, Forward Racing und Ioda<br />

Racing konnten Rennen fahren und diese Teams bringen natürlich auch<br />

Sponsoren in die Meisterschaft. Es hilft also auch <strong>der</strong> Serie, es hilft dem<br />

Sport und es hilft auch, neue Ideen zu bekommen. Wir haben mit ihnen<br />

gelernt. Ich denke, es war eine gute Idee. Vielleicht bleibt es nicht für immer<br />

so, aber es hilft beim Übergang.« Auch Lucio Cecchinello fand, dass das<br />

erste CRT-Jahr ein voller Erfolg war. »Denn wir hatten mehr Motorrä<strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> Startaufstellung und sie haben dazu eine extra Meisterschaft gebildet«,<br />

begründet er. »Sie haben einen beson<strong>der</strong>en Wert eingebracht. Es ist gut,<br />

was die Dorna gemacht hat, wir müssen jetzt aber direkt an den zweiten<br />

Schritt denken. Der zweite Schritt ist die CR-Teams konkurrenzfähiger zu<br />

machen und ich würde sie von nun an auch nicht mehr CR-Teams nennen.<br />

Ich wünsche mir, dass die CRTs schon bald zu Prototypen werden und<br />

mehr Unterstützung von den Werken erhalten.«<br />

Genau diese neue Phase plante die Grand Prix Kommission ausgiebig in<br />

Valencia. »Wir haben an den Regeln gearbeitet, es war nicht leicht, aber<br />

ich bin ziemlich glücklich mit dem En<strong>der</strong>gebnis. Die Regeln sind gut für<br />

alle. Ich glaube, wir werden damit in eine Situation kommen, in <strong>der</strong> alle<br />

dichter beieinan<strong>der</strong> liegen: Die Werksteams und die privaten Teams«, erklärt<br />

Poncharal, <strong>der</strong> die IRTA repräsentiert. Dazu schil<strong>der</strong>t er, dass es dank <strong>der</strong><br />

neuen Vorschriften in Zukunft keine CR-Teams mehr geben wird. »Die<br />

Idee ist, dass Yamaha bis zu acht Bikes haben kann, also vier Bikes wie jetzt:<br />

Zwei Werksmotorrä<strong>der</strong> und zwei im Tech 3 Team, dazu könnten vier Pakete<br />

mit Yamaha M1 Motor wie unseres geleast werden. Sie müssten aber ihr<br />

eigenes Chassis bauen. Honda will fünf Bikes verkaufen, die extrem konkurrenzfähig<br />

sein können. Wenn sie also fünf Motorrä<strong>der</strong> verkaufen und<br />

dazu noch die vier haben, die wir jetzt schon haben, sind wir schon bei<br />

neun und insgesamt bei 17. Ducati wird bei vier Motorrä<strong>der</strong>n bleiben,<br />

Suzuki wird sicherlich zurückkommen. Wenn das <strong>der</strong> Fall sein sollte - <strong>der</strong><br />

sehr wahrscheinlich ist - dann könnten wir einen Grid mit 23 Fahrern<br />

voller Nicht-CRT-Bikes haben und das ist <strong>der</strong> erste Punkt.«<br />

Des Weiteren wurde nach einem Protest von Honda beschlossen, keine<br />

Einheitselektronik einzuführen. <strong>So</strong> müssen die Werksbikes ab 2014 lediglich<br />

eine einheitliche ECU-Hardware nutzen. Alle an<strong>der</strong>en müssen sich mit<br />

Magneti Marelli Hard- und <strong>So</strong>ftware abfinden, dürfen aber das Spritlimit →<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 93


von 24 Litern beibehalten, während die Werke<br />

mit 20 Litern im Rennen auskommen müssen.<br />

»Ich denke, es wird sehr interessant zu verfolgen,<br />

denn 24 Liter könnten vielleicht ein Vorteil sein.<br />

Wir alle wissen, wie wichtig <strong>der</strong> Spritverbrauch<br />

ist. Die Werke müssen die Kraft also reduzieren,<br />

damit sie mit 20 Litern auskommen, während<br />

die an<strong>der</strong>en viel freier sind. Sicherlich werden<br />

die Werksbikes eine an<strong>der</strong>e <strong>So</strong>ftware haben, die<br />

möglicherweise etwas geschickter ist, die an<strong>der</strong>en<br />

werden eine etwas weniger raffinierte <strong>So</strong>ftware<br />

haben, dafür aber mehr Kraftstoff. Ich glaube,<br />

dass es recht interessant wird und das wird sehr<br />

gut für die Show, für die Fans und die Medien.<br />

Denn manchmal kann man ein Privatmotorrad<br />

haben, das ein Werksbike schlägt. Es kommt<br />

natürlich auch noch auf das Niveau des Fahrers<br />

an. Sicherlich sitzen die besten Fahrer auf Werksbikes,<br />

das beeinflusst schon das Ergebnis«,<br />

schätzt Poncharal ein. Das sei allerdings nur <strong>der</strong><br />

technische Teil. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite habe sich<br />

auch je<strong>der</strong> Hersteller gegen<strong>über</strong> <strong>der</strong> Meisterschaft<br />

verpflichtet, die Kosten zu reduzieren und die<br />

Preise für Motoren und Bikes ab 2014 mit <strong>der</strong><br />

Dorna abzusprechen. Cecchinello erinnert: »Wir<br />

dürfen nie vergessen, dass wir eine sportliche<br />

Unterhaltungsplattform sind und als solche müssen<br />

wir die bestmögliche Show liefern.« Die<br />

Lücke zwischen Werks-, Satelliten- und CR-<br />

Teams sei in den letzten Jahren zu groß geworden.<br />

Die Regelän<strong>der</strong>ungen für 2014 sind laut dem<br />

Italiener also <strong>der</strong> nächste Schritt, um den WM-<br />

Zirkus attraktiver zu machen, die Lücke zu verkleinern<br />

und Technologien anzugleichen, um<br />

mehr Spektakel, und Überholmanöver zu<br />

bieten.<br />

Doch die Show ist noch längst nicht<br />

<strong>alles</strong>. Zuletzt waren ebenso die extrem<br />

gesunkenen Gehälter <strong>der</strong> Fahrer im<br />

Gespräch und auch die GP Kommission<br />

hatte das Thema auf dem Tisch. »Es ist deutlich,<br />

dass es eine Zeit gab - als die Tabakindustrie<br />

noch da war, Sponsoren leicht zu finden waren<br />

und es ein größeres Budget gab - in <strong>der</strong> es <strong>über</strong>all<br />

eine riesige Inflation gab. Die Werke haben<br />

immer mehr Bikes zu einem verrückten Preis<br />

verliehen, die Gehälter <strong>der</strong> Fahrer wuchsen auf<br />

ein wahnsinniges Niveau an, sogar die Mechaniker<br />

haben unheimlich viel Geld bekommen, was<br />

absolut realitätsfremd war. Als die Tabakkonzerne<br />

nicht mehr involviert waren, begann die<br />

Krise«, erklärt Poncharal, <strong>der</strong> beobachtete, dass<br />

die Hersteller immer weniger Motorrä<strong>der</strong> verkauften<br />

und <strong>der</strong> Profit damit sank. »Also mussten<br />

wir Entscheidungen treffen. Wir reden zwar oft<br />

<strong>über</strong> das Technische, denn <strong>der</strong> Preis für ein<br />

Motorrad ist enorm wichtig. Ein Team hat aber<br />

hauptsächlich drei große Ausgabenbereiche: Man<br />

hat die Kosten für das Bike, die Kosten für den<br />

Fahrer - die ab und an absolut wahnsinnig waren<br />

- und die Kosten für den Rest, also Angestellte,<br />

94 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Reisen, sagen wir Logistik«, fuhr <strong>der</strong> Tech 3<br />

Teamchef fort. Bis vor vier o<strong>der</strong> fünf Jahren habe<br />

man einen Fahrer für die MotoGP unter 1,5 Millionen<br />

Euro gar nicht ansprechen brauchen. »Das<br />

war unmöglich, selbst bei Leuten, die auf einem<br />

wirklich niedrigen Niveau waren. <strong>So</strong>bald man<br />

dann einen Fahrer wollte, <strong>der</strong> in den Top-5 o<strong>der</strong><br />

6 waren, ging es um zwei o<strong>der</strong> drei Millionen.<br />

Woher soll man das Geld nehmen? Wenn man<br />

genügend Geld zusammenbekommt, würde es<br />

mich auch nicht stören, das zu bezahlen.<br />

Unglücklicherweise ging es auf ein verrücktes<br />

Level, das zu hoch war und jetzt haben wir eine<br />

Situation, die ich auch nicht unterstütze, in <strong>der</strong><br />

einige Fahrer wirklich schlecht bezahlt werden.«<br />

Poncharal teilt Ezpeletas Meinung, dass ein Minimalgehalt<br />

vorgeschrieben werden sollte. Auf eine<br />

Höhe will er sich aber nicht festlegen.<br />

Cecchinello kennt sowohl die Seite des Teambesitzers<br />

als auch die <strong>der</strong> Fahrer. »Das ist schwierig<br />

zu sagen. Als Teambesitzer hat man momentan<br />

Probleme, weil <strong>der</strong> Sponsorenmarkt so gut wie<br />

zusammengebrochen ist. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite<br />

setzt ein Fahrer aber sein Leben aufs Spiel und<br />

strengt sich enorm an, um stark zu sein. Er setzt<br />

sich selbst vielen Risiken aus und ich glaube, dass<br />

das bezahlt werden sollte. Sie sind wirklich sehr<br />

beson<strong>der</strong>e Menschen. Ich mag es nicht, wenn ein<br />

Fahrer ohne Gehalt, also für umsonst fahren muss,<br />

aber es gefällt mir auch nicht, dass ein Fahrer<br />

zehnmal mehr verdient als ein an<strong>der</strong>er. Es wäre<br />

also schön, eine Balance zu finden«, wünscht sich<br />

<strong>der</strong> LCR-Boss. Auch Gresini findet es schwierig.<br />

»Klar ist es wichtig, dass die Fahrer anständiges<br />

Geld verdienen, das hängt aber von <strong>der</strong> ökonomischen<br />

Situation und dem Potential <strong>der</strong> Teams<br />

ab. Vor sechs Jahren zum Beispiel haben die<br />

Piloten unheimlich viel Geld bekommen und<br />

heutzutage ist das einfach nicht mehr möglich.<br />

Die Situation hat sich komplett geän<strong>der</strong>t und das<br />

ist die Realität. Sicherlich würde ich meinen<br />

Piloten gerne mehr Geld geben, wenn ich es hätte.«<br />

Poncharal erinnert sich: »Wir haben einem<br />

MotoGP-Fahrer nie weniger als 300.000 Euro<br />

gezahlt, dazu kommen ihre eigenen Sponsorenverträge.<br />

Ich denke, das ist fair, das ist mein Minimum.«<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite verstehe er aber<br />

beson<strong>der</strong>s die Teammanager in <strong>der</strong> Moto2 und <strong>der</strong><br />

Moto3, die wirklich Probleme hätten, finanzielle<br />

Mittel aufzutreiben. »Wenn dann ein Fahrer kommt<br />

und sagt, dass er etwas Geld hat, wenn man ihn<br />

fahren lässt, dann muss ich das manchmal tun o<strong>der</strong><br />

ich kann mit meinem Team abziehen. Es ist nicht<br />

immer leicht, jemanden zu verurteilen. In einer<br />

idealen Welt sollten viele Dinge rosarot sein, aber<br />

das Leben ist nicht ideal, die Welt ist nicht ideal und<br />

manchmal muss man eine Lösung finden, um zu<br />

<strong>über</strong>leben. Momentan haben wir eine Periode, in<br />

<strong>der</strong> viele Leute Probleme haben und einfach nur<br />

versuchen zu <strong>über</strong>leben.«<br />

Herve<br />

Poncharal<br />

kennt den Weg<br />

Fotos: milagro


»Wir dürfen nie vergessen, dass wir eine sportliche<br />

Unterhaltungsplattform sind und als<br />

solche müssen wir eine Show liefern.«<br />

Das Feld muss<br />

voll und stark<br />

sein<br />

Neue Hersteller<br />

wären<br />

willkommen<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 95


Die dümmsten Text: Falko Schoklitsch<br />

Regelän<strong>der</strong>ungen<br />

Die Motorradwelt steckt voller Überraschungen - gerade auf den Seiten <strong>der</strong> Regelbücher.<br />

Aber nicht jede Regelän<strong>der</strong>ung sorgt für Jubelstürme. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

erinnert an die fünf dümmsten Ideen <strong>der</strong> Regelhüter.<br />

Den Kopf schütteln, bis er so richtig wehtut.<br />

Manchmal scheint einem kein an<strong>der</strong>er Ausweg<br />

zu bleiben. Dabei muss es nicht immer <strong>der</strong><br />

eigene Kopf sein, <strong>der</strong> ein paar heftige Vibrationen<br />

vertragen könnte, denn wie<strong>der</strong> und wie<strong>der</strong><br />

stellt sich die Frage: was haben die sich dabei<br />

gedacht? Wie in allen Bereichen des Lebens<br />

kommt das auch in <strong>der</strong> Motorrad-Weltmeisterschaft<br />

vor, wo die vermeintlich klügsten Köpfe<br />

Ideen ausbrüten wollen, um damit für die<br />

Zukunft nur das Beste zu erreichen. Mehr als<br />

einmal ging aber <strong>der</strong> Schuss nach hinten los,<br />

Grund genug, um bei den Regelän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

vergangenen Jahre nach dem größten Rohrkrepierer-Potential<br />

zu suchen.<br />

5. Das Ende <strong>der</strong> Zweitakter<br />

Je<strong>der</strong> versteht, gerade in <strong>der</strong> hochtechnischen Welt des <strong>Motorsport</strong>s muss man<br />

mit <strong>der</strong> Zeit gehen. Zweitakt-Motorrä<strong>der</strong> waren gestern, Viertakter sind heute.<br />

Dennoch lief vielen ein kalter Schauer <strong>über</strong> den Rücken, als mit <strong>der</strong> Bekanntgabe<br />

<strong>der</strong> Moto3-Weltmeisterschaft das Ende <strong>der</strong> Zweitakt-Ära besiegelt war. Der spezielle<br />

<strong>So</strong>und des Motors und <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Geruch <strong>der</strong> Abgase hatten einfach<br />

etwas für sich. Die eigentliche Idiotie an <strong>der</strong> ganzen Sache ist aber, dass sowohl<br />

Fahrer als auch Techniker vielerorts meinen, die Zweitakter waren einfach die<br />

besseren Rennmaschinen. Dank <strong>der</strong> giftigen Drehmomentkurve waren die Piloten<br />

noch wirklich gefor<strong>der</strong>t, dank <strong>der</strong> Einfachheit des Motors konnten versierte Ingenieure<br />

wirklich noch selbst Hand anlegen. Nicht umsonst hat Casey Stoner vor<br />

seinem Abschied aus <strong>der</strong> MotoGP gesagt, er würde wohl nur dann zurückkommen,<br />

wenn wie<strong>der</strong> mit den alten 500cc-Zweitaktern gefahren wird.<br />

Fotos: milagro<br />

96 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


4. Einheitsreifen<br />

Sparen, sparen, sparen ist seit Jahren das Motto in <strong>der</strong> MotoGP. Überall ist das Geld knapp und<br />

am besten sollte je<strong>der</strong> gratis arbeiten. Da <strong>der</strong> Reifenkrieg zwischen Michelin und Bridgestone<br />

sehr viel Geld verschlang, orientierten sich die Verantwortlichen einfach an den Vorbil<strong>der</strong>n Formel<br />

1 und Superbike-WM. Dort gab es seit Jahren nur einen Reifenhersteller, es funktionierte, also<br />

musste das auch in <strong>der</strong> MotoGP klappen. Gesagt, getan. Das Problem war nur, Bridgestone sah<br />

keinen großen Drang zur Weiterentwicklung mehr, nachdem <strong>der</strong> Deal für die exklusive Belieferung<br />

<strong>der</strong> Zweirad-Königsklasse im Sack war. Die Fahrer beklagen jedes Jahr, dass die Maschinen<br />

zwar schneller, aber die Reifen langsamer geworden sind, es war sogar <strong>der</strong> Begriff Witz für die<br />

Gummisohlen zu hören. Das hat dazu geführt, dass mittlerweile die Hoffnung besteht, <strong>der</strong><br />

Reifenkrieg kommt zurück. Also eine Regel, die zum Wunsch nach Krieg geführt hat...<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 97


3. Die 800er<br />

Hatten die Fahrer die 500cc-Maschinen geliebt, so konnten sie mit den 990ern<br />

zur Anfangszeit <strong>der</strong> MotoGP durchaus auch etwas anfangen. Die Elektronik war<br />

zwar bereits auf dem Vormarsch, aber noch nicht so ausgeprägt, die Maschinen<br />

hatten jede Menge Kraft, das Fahren machte Spaß. Die Regelhüter waren aber<br />

irgendwann <strong>der</strong> Meinung, die Motorrä<strong>der</strong> würden zu schnell und damit zu gefährlich.<br />

Also sollte sich etwas än<strong>der</strong>n. Weniger Hubraum war für die Entschei<strong>der</strong><br />

gleichbedeutend mit weniger Speed. Ende 2006 durften daher die 990er das<br />

Zeitliche segnen, um durch 800cc-Maschinen ersetzt zu werden. Der Einfluss <strong>der</strong><br />

Elektronik stieg damit stark an, doch das wirklich Dumme war, den Verlust <strong>der</strong><br />

Geschwindigkeit auf <strong>der</strong> Geraden machten die Piloten in <strong>der</strong> Kurve wett und die<br />

Kurvengeschwindigkeiten stiegen stark an. Wo passieren jetzt noch einmal die<br />

meisten Stürze? Da hatte wohl jemand nicht ganz bis zum Ende gedacht.<br />

Fotos: milagro<br />

2. CRTs<br />

Eine schrumpfende Anzahl an Teilnehmern ist für jede<br />

Rennserie ein großer Grund zur <strong>So</strong>rge. Wenn es danach<br />

aussieht, dass man als bekannteste Motorrad-Weltmeisterschaft<br />

<strong>der</strong> Welt nur mehr zwölf Starter vorweisen kann, dann<br />

bedeutet das bereits höchste Alarmstufe. <strong>So</strong> sah die Situation<br />

vor <strong>der</strong> Saison 2012 in <strong>der</strong> MotoGP aus. Der Alternativplan<br />

dafür war aber bereits beschlossen. Motorrä<strong>der</strong> mit seriennahen<br />

Motoren und Protoypen-Chassis sollten in so genannten<br />

Claiming Rule Teams (CRTs) die Reihen auffüllen. Das<br />

klingt als Idee prinzipiell brauchbar, konnten so doch für<br />

relativ geringe Kosten gleich zehn weitere Fahrer in <strong>der</strong><br />

Königsklasse begrüßt werden. Der Pferdefuß war allerdings,<br />

dass die neuen Maschinen einerseits hoffnungslos unterlegen<br />

waren und es an<strong>der</strong>erseits eines eigenen Reglements<br />

bedurfte, um die Meisterschaft in <strong>der</strong> Meisterschaft halbwegs<br />

gut aussehen zu lassen. Wie unklug die CRT-Idee<br />

wirklich war, zeigten Aussagen von den Moto2-Teamchefs<br />

Daniel Epp und Michael Bartholemy, die dem <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> sagten, sie würden ihre Fahrer nie mit einem CRT<br />

aufsteigen lassen. Da Honda seine RC213V ab 2014 in abgespeckter<br />

Version an Kunden verkaufen und Yamaha Motoren<br />

sowie Elektronik leasen will, dürfte das CRT-Experiment auch<br />

bald wie<strong>der</strong> zu Ende sein.<br />

98 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


1. Die Rookie-Regel<br />

Wie dumm eine Regel sein kann, zeigt sich erst dann, wenn jene, die sie zunächst<br />

beschlossen haben, bei ihrer Abschaffung argumentieren, dass sie eigentlich<br />

ein Fehler ist. <strong>So</strong> geschehen mit <strong>der</strong> Rookie-Regel, die für die Saison 2008<br />

eingeführt worden war. Sie verbot es, dass MotoGP-Neueinsteiger direkt in ein<br />

Werksteam kommen dürfen, sie mussten zunächst bei einem Satellitenteam<br />

fahren. Das Argument bei <strong>der</strong> Einführung war, die kleinen Teams sollen davon<br />

profitieren, dass sie zukünftige Spitzenfahrer zumindest ein Jahr bei sich haben<br />

können. Das Argument bei <strong>der</strong> Abschaffung war, die kleinen Teams könnten<br />

darunter leiden, wenn sie zukünftige Spitzenfahrer ein Jahr bei sich haben.<br />

Mittlerweile kommen die Spitzenpiloten aus den unteren Klassen durchaus mit<br />

ihren eigenen Sponsoren und ihren eigenen Crews in die MotoGP. Das bedeutet,<br />

kommen sie in ein Satelliten-Team, müssen vorhandene Mitarbeiter gehen und<br />

sobald die Fahrer ins Werksteam weiterziehen, klafft eine Lücke. Sponsorenkonflikte<br />

sind ohnehin programmiert, aber auf ihre eigenen Geldgeber können<br />

die kleinen Teams nicht einfach verzichten. Immerhin haben selbst die Verantwortlichen<br />

gemerkt, dass so etwas ziemlich dumm ist.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 99


Fotos: milagro<br />

Cal Crutchlow ist <strong>der</strong><br />

stärkste MotoGP-Brite<br />

seit langem


Text: Maria Pohlmann<br />

Der Mann<br />

ohne Fehler<br />

Cal Crutchlow konnte sich in seinem zweiten<br />

GP-Jahr stark verbessern, schaffte es sogar<br />

aufs Podium und am Ende auf Platz sieben.<br />

Dem Glück jagt <strong>der</strong> Brite allerdings noch<br />

hinterher.<br />

MSM: Wie würdest du deine Saison<br />

zusammenfassen?<br />

CAL CRUTCHLOW: Manchmal schwierig,<br />

aber viel besser als voriges Jahr. Beson<strong>der</strong>s<br />

wenn man die Punkte bedenkt, da habe ich<br />

in dieser Saison drei Mal so viele wie vorige<br />

Saison gesammelt, was sehr viel besser ist.<br />

Du hast auch während <strong>der</strong> Saison etwas<br />

zugelegt…<br />

Eigentlich finde ich fast, dass ich zu Jahresbeginn<br />

besser war. Ich stand ein paar Mal<br />

auf dem Podium. Ich glaube, dass ich am<br />

Jahresbeginn stärker war als am Ende <strong>der</strong><br />

Saison, denn die Lücke zu den Werksfahrern<br />

ist zum Ende hin immer größer geworden.<br />

Das liegt aber an <strong>der</strong> Maschine. Ich bin<br />

trotzdem glücklich mit den Fortschritten,<br />

die wir im Laufe des Jahres erzielen<br />

konnten.<br />

Was war dein persönlicher Höhepunkt<br />

2012?<br />

Ich würde vielleicht das Podium in Australien<br />

nehmen. Dort ging es mir wirklich<br />

schlecht und ich bin ein gutes Rennen<br />

gefahren. Ich konnte die Lücke zu meinen<br />

Verfolgern aufrechterhalten und in einigen<br />

Runden sogar dichter auf Lorenzo auffahren,<br />

also denke ich, dass wir dort ein echt<br />

gutes Rennen gefahren sind.<br />

Du hast sehr frustriert gewirkt, als Andrea<br />

Dovizioso den Platz bei Ducati bekam…<br />

Ja, also ich war nicht sauer auf Andrea, son<strong>der</strong>n<br />

die Situation ärgerte mich. Ich hatte<br />

ihnen [Ducati] gesagt, dass ich für sie fahren<br />

würde und sie sagten, dass sie mich nehmen<br />

wollten. Aber am Ende haben sie mich nicht<br />

genommen. Wir hatten also schon eine<br />

mündliche Einigung und ich sagte Herve<br />

[Poncharal], dass ich weggehen werde und<br />

dann kam ich zu ihm zurück und musste<br />

ihm sagen, dass ich doch gerne bleiben<br />

würde. Das ist schwierig und war sicherlich<br />

nicht die beste Situation, aber hoffentlich<br />

werde ich eines Tages trotzdem für sie<br />

fahren.<br />

Wie gut o<strong>der</strong> schlecht ist es jetzt für dich,<br />

doch im Tech-3-Team zu bleiben?<br />

Offensichtlich wäre ich natürlich gerne in<br />

einem Werksteam gefahren, aber das Team<br />

hier ist großartig. Man muss sich nur die<br />

Typen anschauen. Ich wäre gerne für<br />

Yamaha gefahren, aber im Werksteam ging<br />

das nicht und daher ist das die nächstbeste<br />

Variante. Sie waren sehr loyal zu mir und<br />

ich auch zu ihnen, aber jetzt freue ich mich<br />

darauf, noch ein Jahr mit ihnen zu arbeiten<br />

und mal sehen, was danach passiert.<br />

Was hältst du von Bradley Smith als deinem<br />

Teamkollegen im nächsten Jahr? Was<br />

ist von ihm zu erwarten? Wirst du ihm<br />

helfen?<br />

Natürlich werde ich ihm helfen, aber ich<br />

denke, er wird es im ersten Jahr schwer<br />

haben. Vielleicht hat er ein genauso hartes<br />

Rookie-Jahr wie ich und dann ein bes-<br />

→<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 101


seres zweites Jahr. Ich freue mich auf jeden Fall darauf,<br />

ihm zu helfen.<br />

Eure Bikes scheinen die einzigen Nicht-Werks-<br />

Maschinen zu sein, die an <strong>der</strong> Spitze mithalten können.<br />

Warum ist das so?<br />

Ja, aber das liegt an den Fahrern. Stefan Bradl und<br />

Alvaro Bautista haben bessere Maschinen als wir. Ich<br />

glaube aber, dass wir ein gutes Team, eine gute Basis<br />

haben und 2012 auch zwei gute Fahrer, denn auch<br />

Andrea ist sehr stark. Es ist ein gutes Gefühl, rauszufahren<br />

und mit den Jungs vorne mitzuhalten.<br />

Würdest du die Satelliten-Honda gerne einmal<br />

testen?<br />

Klar, ich würde sie gerne mal ausprobieren, aber<br />

unglücklicherweise habe ich da diesen Vertrag mit<br />

Yamaha und würde demnach zuerst lieber die Werks-<br />

Yamaha testen, wenn ich die Wahl hätte.<br />

Welches Bike würdest du allgemein gerne fahren,<br />

wenn du freie Wahl hättest?<br />

Oh, da muss ich vorsichtig sein. Ich muss also sagen,<br />

zunächst natürlich die Werks-Yamaha, dann die<br />

Honda und dann die Ducati. Ob das jetzt wirklich<br />

eine wahre Aussage ist, muss je<strong>der</strong> selbst<br />

entscheiden.<br />

Du hast gemeinsam mit Andrea Dovizioso in dieser<br />

Saison ein echt starkes Team gebildet. Wie gut ist es,<br />

als Teamkollegen auf dem gleichen Niveau zu sein<br />

und gegeneinan<strong>der</strong> zu kämpfen?<br />

Ich denke, wir haben großartige Unterhaltung geboten,<br />

aber auch für das Team und unsere Sponsoren<br />

ist es wichtig, dass wir ein gutes Jahr hatten. Ich habe<br />

das Gefühl, dass ich einen größeren Schritt nach<br />

vorne gemacht habe als Andrea. Er war voriges Jahr<br />

Dritter in <strong>der</strong> Meisterschaft, er ist also ein starker<br />

Fahrer. Ich denke, es ist für alle wichtig: für Yamaha,<br />

für Monster, für das Team - es war eine gute Saison.<br />

Was denkst du <strong>über</strong> die geplanten Regelän<strong>der</strong>ungen<br />

wie die Standard-Elektronik für 2014?<br />

Die Dorna und Carmelo [Ezpeleta] geben meiner<br />

Meinung nach ihr Bestes, um die Weltmeisterschaft<br />

stärker und fairer zu machen. Ich glaube, dass die<br />

Entscheidungen, die sie treffen, die Besten sind. Wir<br />

werden natürlich tun, was die Meisterschaft verlangt<br />

und hoffen, dass es die richtige Entscheidung ist, aber<br />

ich habe keine Zweifel, dass es richtig ist.<br />

Was würdest du tun, wenn es deine Aufgabe wäre,<br />

die Rennen spannen<strong>der</strong> zu gestalten und die Kosten<br />

gleichzeitig zu senken?<br />

Das ist schwierig, denn die Hersteller entscheiden<br />

viel. Es ist nicht immer unbedingt Carmelo, <strong>der</strong> alle<br />

Entscheidungen trifft. Denn wenn die Hersteller<br />

sagen, sie können dies o<strong>der</strong> das nicht zu diesem Preis<br />

bauen, dann wird es schwer. Aber ich glaube, dass die<br />

Hersteller und Carmelo ihr Bestes geben, um einen<br />

Kompromiss zu finden. Ich würde einfach mehr Bikes<br />

in die Startaufstellung bringen. Für die Hersteller ist<br />

es aber nicht so leicht, die Maschinen zu bauen.<br />

Kannst du dir vorstellen, ein CRT-Bike zu fahren?<br />

Wenn wir es alle müssten, dann schon, aber wenn es<br />

so läuft wie momentan, dann würde ich es lieber nicht<br />

fahren wollen.<br />

Was wird sich für dich im nächsten Jahr<br />

verän<strong>der</strong>n?<br />

Ich weiß es nicht, ich denke aber, dass es für mich in<br />

diesem Team etwas schwieriger wird, denn ich werde<br />

etwas die Führungsrolle <strong>über</strong>nehmen müssen. Ich<br />

habe aber auch ein großes Ziel: Wenn ich es schaffe,<br />

dicht an Valentino Rossi auf <strong>der</strong> Werksmaschine<br />

heranzukommen, wäre ich sehr froh.<br />

Was wird <strong>der</strong> größte Nachteil im Vergleich zu den<br />

Werks-Yamahas sein?<br />

Wir werden nicht die gleiche Ausstattung und vielleicht<br />

sogar ein schlechteres Gesamtpaket haben als<br />

dieses Jahr. Warum das so ist, kann ich dir aber nicht<br />

sagen. [lacht]<br />

Was machst du im Winter?<br />

Ich fliege nach Amerika. Lucy und ich leben im Winter<br />

immer in Amerika, denn dort ist es warm. In<br />

England, auf <strong>der</strong> Isle of Man, ist es viel zu kalt.<br />

Würdest du gerne einmal auf <strong>der</strong> Isle of Man bei <strong>der</strong><br />

TT mitfahren?<br />

Ja, aber ich habe es noch nie gemacht. Ich würde es<br />

gerne, die Begeisterung dafür ist sehr groß. Wir leben<br />

dort und sehen es jede Woche, das ist großartig. Ich<br />

glaube aber nicht, dass ich das darf. Die Deutschen<br />

lieben die TT, das ist unglaublich. Die meisten Fans,<br />

die r<strong>über</strong>kommen, sind aus Deutschland. Auf den<br />

Schil<strong>der</strong>n steht sogar <strong>alles</strong> auf Englisch und Deutsch.<br />

Da steht dann immer so etwas wie ‚links fahren‘, denn<br />

die Deutschen fahren immer auf <strong>der</strong> rechten<br />

Straßenseite.<br />

Was war <strong>der</strong> größte Fehler, den du je begangen hast?<br />

Ich mache keine Fehler. [lacht] Es war vielleicht falsch,<br />

nicht schon früher in die GP zu kommen. Ich hatte<br />

schon vor meinem Einstieg hier die Möglichkeit,<br />

Grand Prix zu fahren, aber ich bin nicht gekommen.<br />

Das hätte ich vielleicht machen sollen. Zu diesem<br />

Zeitpunkt dachte ich, es wäre die falsche Entscheidung,<br />

schon zu wechseln, aber im Nachhinein denke<br />

ich, dass es wohl eher falsch war, noch nicht zu<br />

kommen.<br />

Was motiviert dich jeden Tag?<br />

Gewinnen! Ansonsten habe ich keinen bestimmten<br />

Motivationsfaktor, das brauche ich nicht. Wenn ich<br />

gewinnen will, ist das Motivation genug für mich.<br />

Was erwartest du für 2013?<br />

Der Traum vom<br />

Werksteam ist nicht in<br />

Erfüllung gegangen<br />

102 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fotos: milagro<br />

Die Dorna und Carmelo geben meiner Meinung nach ihr Bestes,<br />

um die Weltmeisterschaft stärker und fairer zu machen. Ich<br />

glaube, dass die Entscheidungen, die sie treffen, die Besten sind.<br />

Ich erwarte, dass es schwer wird, aber es gibt meiner Meinung nach<br />

keinen Grund, warum wir nicht um das Podest kämpfen sollten.<br />

Ich bin <strong>über</strong>zeugt, dass wir es im nächsten Jahr öfter aufs Treppchen<br />

schaffen können, und natürlich ist es mein Ziel, bester Satelliten-<br />

Fahrer zu werden. Es wird auf jeden Fall schwer mit Marc Marquez<br />

und auch Stefan Bradl wird einen weiteren Schritt nach vorne<br />

machen, genauso wie Alvaro [Bautista]. Wir müssen also auf<br />

Yamaha hoffen, dass sie uns eine gute Maschine hinstellen.<br />

Denkst du, dass auch Siege drin sind?<br />

Ich glaube, dass man viel Glück braucht, um in <strong>der</strong> MotoGP ein<br />

Rennen auf einer Kunden-Maschine zu gewinnen, aber ich werde<br />

das Glück ergreifen, wenn es kommt. Schon seit vielen Jahren<br />

hat kein Satelliten-Fahrer mehr gewonnen, also bin ich hoffentlich<br />

<strong>der</strong> Erste, dem das wie<strong>der</strong> gelingt. Ich würde gerne mit einem<br />

Sieg in <strong>der</strong> Viertakt-Ära in die Geschichtsbücher eingehen. Sete<br />

[Gibernau] konnte einige Rennen gewinnen, aber er saß auf<br />

einer Werksmaschine. Wir sind ein komplettes Satellitenteam,<br />

also können wir das - wenn die Bedingungen stimmen - vielleicht<br />

erreichen.<br />

Wenn er<br />

aufsteigt, bringt<br />

Cal Crutchlow<br />

vollen Einsatz<br />

Seine<br />

Satelliten-<br />

Yamaha hat ihn<br />

bis aufs Podest<br />

getragen


Fotos: milagro<br />

Die<br />

Ara<br />

Auf dem Brickyard wird die schwarzweiß-karierte<br />

Flagge geschwenkt, erst<br />

57 Sekunden hinter dem Sieger <strong>über</strong>quert<br />

Valentino Rossi die Ziellinie. Der Grand<br />

Prix in Indianapolis endet für Ducati in einem<br />

weiteren Desaster. In <strong>der</strong> Anfangsphase muss sich<br />

<strong>der</strong> Italiener sogar gegen die CRT-Piloten wehren.<br />

Exakt 16 Jahre zuvor ging Rossis Stern mit<br />

seinem ersten Sieg in Brünn auf. Ist <strong>der</strong> Tiefpunkt<br />

nun erreicht? Rossi nickt: »Abgesehen von<br />

meinem Sieg im ersten Ducati-Jahr war ich nie<br />

schnell. Es gab viele Probleme.«<br />

Ärger, Frust und kein Licht am Ende des Tunnels<br />

- Rossi entschied sich schon früh in dieser Saison,<br />

die Traum-Ehe mit Ducati aufzulösen und einen<br />

an<strong>der</strong>en Weg einzuschlagen. Dabei steht es um<br />

das Werk in Bologna für das kommende Jahr gar<br />

nicht mal so übel. Mit Audi als neuem Besitzer<br />

und Schirmherr können die Italiener 2013<br />

anscheinend aus den Vollen schöpfen. »Bei<br />

Ducati än<strong>der</strong>t sich jetzt viel. Ducati ist Teil einer<br />

großen Gruppe und das nicht nur mit ökonomischen<br />

Ressourcen, son<strong>der</strong>n einem unglaublichem<br />

Niveau an Technologie«, sagte Technik-<br />

Ass Filippo Preziosi <strong>über</strong>zeugt bei den<br />

November-Testfahrten in Valencia. »Wir warten<br />

auf ein paar Teile, die wir bestellt haben und von<br />

denen wir schon Jahre lang träumten. Jetzt haben<br />

wir die Möglichkeit, diese Teile zu bekommen.<br />

Sicherlich wird es bei Ducati Corse in Zukunft<br />

eine Umstrukturierung geben, damit wir mit<br />

mehr Leuten vom Management bis zur Technik<br />

stärker aufgestellt sind. Das Top-Management<br />

will unbedingt, dass Ducati wie<strong>der</strong> gewinnt.<br />

Wenn man die Ressourcen und den Willen →<br />

nach<br />

Rossi<br />

Text: Maria pohlmann<br />

Valentino Rossi geht, die Probleme mit<br />

<strong>der</strong> Desmosedici bleiben. Das <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> fand heraus, was sich bei Ducati<br />

mit <strong>der</strong> starken Unterstützung von Audi<br />

für 2013 <strong>alles</strong> än<strong>der</strong>n soll<br />

104 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Nach dem gescheiterten<br />

Experiment mit Star Valentino<br />

Rossi blickt Ducati in Richtung<br />

Zukunft


hat, dann hat man zwei große Hilfen, um das<br />

Ergebnis zu erreichen.«<br />

Preziosi war seinen Posten nur eine Woche später<br />

los. Dennoch gibt es keinen Grund zur <strong>So</strong>rge bei<br />

den Tifosi, denn <strong>der</strong> erfahrene Italiener bleibt<br />

Ducati als Direktor für Forschung und Entwicklung<br />

erhalten und wird dem neuen Generaldirektor<br />

von Ducati Corse, Bernhard Gobmeier,<br />

beratend zur Seite stehen. Einer <strong>der</strong> Wenigen,<br />

<strong>der</strong> einen guten Rat abgeben könnte, ist Casey<br />

Stoner, denn er war <strong>der</strong> Einzige, <strong>der</strong> das rote Biest<br />

jemals wirklich beherrschte und die WM-Trophäe<br />

ins italienische Haus holte. Schon beim<br />

Auftaktrennen in Katar 2007 hängte <strong>der</strong> Australier<br />

alle Verfolger ab, fuhr den Sieg ein und ließ<br />

damit alle Kritiker verstummen - er dominierte<br />

nach Lust und Laune. Nachdem er auch Rossi<br />

auf <strong>der</strong> Yamaha hinter sich gelassen hatte, konnte<br />

Stoner auf dem Weg zum ersten Titel bei Ducati<br />

nichts mehr stoppen. Genau auf diese Spur wollen<br />

Preziosi und Co. zurück. »Wir arbeiten uns<br />

schon jetzt durch jedes einzelne Detail, um in<br />

jedem einzelnen Teilbereich stark zu sein. Wir<br />

brauchen natürlich mehr finanzielle Mittel, die<br />

wir jetzt haben, und wir haben auch die Möglichkeit,<br />

mit unseren Kollegen in <strong>der</strong> Gruppe<br />

<strong>über</strong> Elektronik- o<strong>der</strong> Motoren-Material zu sprechen,<br />

um Synergien zu erzeugen«, so Preziosi.<br />

»Wir haben mehr Leute im Management bei<br />

Ducati Corse. Ich denke, wenn Ducati weiterhin<br />

an jeden kleinen Aspekt denkt, dann gibt es keinen<br />

Grund, warum wir nicht schon bald in <strong>der</strong><br />

Lage sein sollten, wie<strong>der</strong> zu gewinnen.« Optimistische<br />

Aussichten und das bei einer fast komplett<br />

neuen Fahrerbesetzung.<br />

Nicky Hayden bleibt Ducati als einziger Pilot<br />

treu. An Rossis Stelle tritt sein Landsmann<br />

Andrea Dovizioso. Hector Barbera musste<br />

Andrea Iannone und Ben Spies im Pramac Team<br />

Platz machen. Beide sollen Werksmaterial erhalten.<br />

Dazu bekommt Testfahrer Franco Battaini<br />

mit Michele Pirro eine Unterstützung. Neue<br />

Struktur - neues Glück? Zumindest Hayden,<br />

Dovizioso, Iannone und Pirro hinterließen beim<br />

Test in Valencia einen guten Eindruck. »Ich bin<br />

sehr glücklich, beson<strong>der</strong>s <strong>über</strong> Dovi. Er ist seine<br />

Bestzeit nach neun Runden gefahren, als <strong>der</strong><br />

Reifen schon ziemlich abgenutzt war. Das ist sehr<br />

gut. Nicky hat nur einen kleinen Abstand zur<br />

Spitze. Wir haben einen neuen Rahmen getestet,<br />

den er mag. Ich bin sehr glücklich, wie unsere<br />

Fahrer arbeiten. Beson<strong>der</strong>s die beiden Jungs bei<br />

Pramac haben sehr hart und in die richtige Richtung<br />

gearbeitet. Ich bin also sehr optimistisch für<br />

die Zukunft«, schätzte Preziosi ein. Dabei war<br />

Spies gar nicht mit von <strong>der</strong> Partie. Der Amerikaner<br />

kurierte eine Verletzung aus, während Pirro<br />

in Spanien direkt die Chance auf eine Testfahrt<br />

»Ich hatte ein bisschen Angst, dass <strong>der</strong> Motor extrem aggressiv<br />

ist, aber er war besser, als ich erwartet hatte.<br />

Nach dem ersten Run war ich ziemlich glücklich.«<br />

Filippo Preziosi wird in Zukunft nicht mehr<br />

die Geschicke <strong>der</strong> Rennabteilung von Ducati<br />

leiten<br />

106 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


in Pramac-Kleidung bekam und für Preziosi nun<br />

als eine <strong>der</strong> neuen Schlüsselpersonen gilt. »Er ist<br />

eines <strong>der</strong> Details, von denen ich sprach. Michele<br />

wird auch in Zukunft mit Franco als Entwicklungsfahrer<br />

tätig sein. Wir investieren viel ins<br />

Testen und sicherlich ist es gut, einen Fahrer zu<br />

haben, <strong>der</strong> sich auf die Fahrbarkeit konzentriert<br />

und einen, <strong>der</strong> auf die Leistung schaut. Das gibt<br />

uns die Möglichkeit, den Fahrern in <strong>der</strong> Meisterschaft<br />

ausgewähltes Material zu liefern. Wir können<br />

also mehrere Rahmen bauen, den aussuchen,<br />

<strong>der</strong> besser ist und ihn den Rennfahrern liefern.«<br />

Einen neuen Rahmen hat die Desmosedici<br />

auch dringend nötig. Während Rossi das<br />

neue Teil schon zur Saisonmitte probieren<br />

durfte, bekam es Hayden erst in Valencia. »Ich<br />

habe mich beim Einlenken besser gefühlt. Ich<br />

denke, wir haben das damit ein bisschen verbessert.<br />

Ich habe mehr Grip gefühlt, wir müssen aber<br />

die Daten noch checken. In einigen <strong>der</strong> schnelleren<br />

Kurven hatten wir ein bisschen Untersteuern,<br />

aber hier ohne die Unebenheiten, konnten<br />

wir die Schräglage richtig mitnehmen, den Grip<br />

am Vor<strong>der</strong>rad beibehalten und das Bike richtig<br />

einlenken. In einigen Bereichen konnte ich damit<br />

wirklich schneller fahren«, zog Hayden ein positives<br />

Fazit. Preziosi erklärte, dass <strong>der</strong> neue Rahmen<br />

einen an<strong>der</strong>en Steifheitsgrad habe. »Wir<br />

wollen das Einlenken verbessern und es scheint,<br />

als hätten wir das mit diesem Rahmen geschafft.«<br />

Damit wäre wohl einer von vielen Teilbereichen<br />

bereits bearbeitet, was aber we<strong>der</strong> Hayden noch<br />

Dovizioso, Iannone o<strong>der</strong> Spies auf die Siegerspur<br />

zurückbringen dürfte.<br />

Denn gerade das Untersteuern war ein langjähriges<br />

Hauptproblem aller Ducati-Piloten. Hayden<br />

ist dennoch guter Dinge: »Je<strong>der</strong> wird die Front<br />

bis zu einem gewissen Grad pushen, vor allem<br />

da wir jetzt mit <strong>der</strong> ganzen Elektronik so viel<br />

Grip am Heck haben. Bin ich <strong>über</strong>zeugt, dass wir<br />

es <strong>über</strong> Nacht lösen? Nein. Aber ich bin <strong>über</strong>zeugt,<br />

wir können es lösen und es gibt keinen<br />

Grund, warum wir das nicht können sollten.«<br />

Ducati gibt sich dabei größte Mühe, denn es wird<br />

in verschiedenen Schritten gearbeitet. »Wir<br />

haben drei verschiedene Rahmen, was die<br />

Dimension angeht. Für jeden Rahmen gibt es<br />

verschiedene Optionen bei <strong>der</strong> Steifheit. Wir<br />

haben zwei verschieden lange Schwingen und<br />

dabei zwei bis drei verschiedene Optionen <strong>der</strong><br />

Steifheit. Wir können also bei jedem Teil das<br />

Beste wählen, um das schnellste Motorrad zu<br />

haben. Was auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite aber noch viel<br />

wichtiger ist: Wir müssen verstehen, in welche<br />

Richtung wir bei den nächsten Schritten gehen.<br />

Also wenn das Ergebnis, das Nicky in Valencia<br />

mit dem Rahmen erzielt hat, in Jerez bestätigt<br />

wird, wissen wir, dass wir die Steifheit in eine<br />

Richtung lenken müssen. Dann können wir einen<br />

weiteren Schritt gehen und in Sepang checken,<br />

ob es einen neuerlichen Leistungsschritt geben<br />

kann«, erklärt Preziosi.<br />

Dovizioso hatte noch eine weitere <strong>So</strong>rge vor dem<br />

Wechsel: »Ich hatte ein bisschen Angst, dass <strong>der</strong><br />

Motor extrem aggressiv ist, aber er war besser, als<br />

ich erwartet hatte. Nach dem ersten Run war ich<br />

glücklich. Die Rundenzeit ist wirklich gut, wir<br />

waren schneller als am Wochenende. Das Gefühl<br />

mit meiner Crew war gut.« Erleichterung bei den<br />

Italienern: Der erste Eindruck Doviziosos war<br />

definitiv positiv und auch Iannone strahlte. »Am<br />

Nachmittag habe ich die Jungs in meinem Team<br />

<strong>über</strong>zeugt, auf Slicks rauszufahren und die Zeiten<br />

sanken noch mehr. Das bedeutet, dass ich die Reifen<br />

ordentlich aufwärmen und richtig pushen<br />

kann: Beides Zeichen meines guten Gefühls auf<br />

dem Bike. Ich freue mich auch <strong>über</strong> mein Team,<br />

die Jungs hören mir bereitwillig zu und <strong>über</strong>denken<br />

meine Vorschläge. Mehr kann ich mir kaum<br />

wünschen.«<br />

Rossi gab selbst zu, dass er in zwei Jahren bei<br />

Ducati we<strong>der</strong> einen Schritt nach vorne gemacht,<br />

noch Stoner verstanden habe, <strong>der</strong> die Desmosedici<br />

bisher als Einziger beherrschen konnte. Mit den<br />

Investitionen von Audi und <strong>der</strong> Anstrengung im<br />

Werk ist für die Ducatisti allerdings noch lange<br />

nichts verloren. Hayden weiß: »Es ist nicht so einfach,<br />

die magische Formel für <strong>alles</strong> zu finden, aber<br />

Ducati hat ein paar gute Ideen und ich hoffe in<br />

jedem Fall, dass wir es schaffen.«<br />

Andrea Dovizoso war bei<br />

seinem Ducati-Einstand<br />

ziemlich zufrieden<br />

Andrea Iannone kommt<br />

ohne MotoGP-Erfahrung.<br />

Vielleicht ein Vorteil<br />

Fotos: milagro<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 107


einText: Maria pohlmann<br />

Neubeginn<br />

Das Kiefer Racing Team will wie<strong>der</strong> ganz vorne landen - in <strong>der</strong> Moto2 war das in <strong>der</strong> zurückliegenden<br />

Saison nahezu unmöglich. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> schaut sich die Pläne<br />

des entthronten Weltmeisterteams für 2013 genauer an.<br />

Fotos: milagro, kiefer racing<br />

108 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


D<br />

er Morgen danach. Ein Moto2-Bike<br />

mit <strong>der</strong> Aufschrift »Kiefer Racing«<br />

scheint am Montag nach dem Saisonfinale<br />

in Valencia in <strong>der</strong> falschen Box zu erwachen.<br />

Tags zuvor saß darauf noch Mike di Meglio,<br />

jetzt steht es in <strong>der</strong> Box des Avintia Blusens<br />

Teams für Toni Elias bereit. Kiefer Racing hat die<br />

Maschine nach einer glücklosen Saison verkauft<br />

und konzentriert sich auf ein an<strong>der</strong>es Projekt:<br />

Moto3. »Die Saison hatten wir uns natürlich<br />

etwas an<strong>der</strong>s vorgestellt, als sie am Ende gelaufen<br />

ist«, gibt Teammanager Stefan Kiefer zu. »Wir<br />

dachten, dass wir mit Max [Neukirchner] einen<br />

erfahrenen Rennfahrer bekommen - was er auch<br />

zweifellos ist - aber lei<strong>der</strong> haben Max und Kiefer<br />

nicht zusammengepasst. Wir waren nicht in <strong>der</strong><br />

Lage, erfolgreiche Motorradrennen zu fahren<br />

und deshalb haben wir unsere Saison in beidseitigem<br />

Einverständnis frühzeitig beendet.« Als<br />

Ersatz sprang di Meglio ein, <strong>der</strong> immerhin einige<br />

Punkte einfahren konnte. »Insgesamt war es eine<br />

schlechte Saison, aber wir sind ganz froh, dass<br />

sie noch so ausgegangen ist«, sagt <strong>der</strong> Teammanager<br />

dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />

Stefan Kiefer und seiner Crew ist es egal, ob sie<br />

in <strong>der</strong> Moto2 o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Moto3 starten. »Entscheidend<br />

war für uns, in den nächsten Jahren wie<strong>der</strong><br />

Erfolg zu haben und mit unseren finanziellen<br />

Mitteln wäre das in <strong>der</strong> Moto2 einfach nicht<br />

möglich gewesen.« Dafür hätte das Team Fahrer<br />

verpflichten müssen, die sechsstellige Summen<br />

for<strong>der</strong>n und das gibt das Sparschwein nicht her.<br />

<strong>So</strong>mit wäre Kiefer wie<strong>der</strong>um auf Fahrer angewiesen<br />

gewesen, die Geld mitbringen. »Dann<br />

wären wir aber erneut nur auf dem 25. Platz<br />

herumgefahren«, so Kiefer. »Das ist definitiv<br />

nicht unsere Intention und deshalb haben wir<br />

gesagt, wir gehen den Schritt zurück in die<br />

Moto3, suchen uns zwei junge deutsche Fahrer<br />

und versuchen, in den nächsten zwei bis drei<br />

Jahren wie<strong>der</strong> erfolgreich zu sein - ähnlich wie<br />

wir das schon mit Stefan Bradl gemacht haben«,<br />

erklärt Kiefer den Plan.<br />

Max Neukirchner<br />

kam 2012 gar<br />

nicht zurecht<br />

Mike di Meglio<br />

half in den<br />

letzten Rennen<br />

aus<br />

Die Moto2 hat<br />

Kiefer vorerst ad<br />

acta gelegt<br />

»Stefan und Jochen Kiefer<br />

wissen einfach, wie man<br />

einen deutschen Fahrer aufbaut,<br />

ihn weiter för<strong>der</strong>t und<br />

ihm die Chance gibt.«<br />

Schon in den letzten Jahren arbeitete die deutsche<br />

Crew mit Kalex zusammen, die Wahl, ab 2013<br />

mit einer Kalex-KTM anzutreten, fiel deshalb<br />

nicht allzu schwer. Die erste Ausfahrt steht für<br />

die Neuzugänge Florian Alt und Toni Finsterbusch<br />

für Anfang Februar an. »Ich bin sehr<br />

gespannt und muss jetzt noch drei Monate warten,<br />

was schon sehr lange ist«, sagt Alt. »Aber<br />

wenn man dann wie<strong>der</strong> aufs Motorrad steigt, ist<br />

man richtig motiviert.« Die Werks-KTM hat er<br />

bereits getestet. Im Kiefer Team fühlt er sich<br />

schon jetzt wohl. »Es ist ein sehr gutes Team und<br />

ich denke, dass wir gut zusammenarbeiten werden<br />

und wenn ich ab Saisonmitte dauerhaft in<br />

die Punkte fahren könnte, wäre das super.« Seinen<br />

Teamkollegen Finsterbusch kennt er bereits<br />

seit einigen Jahren. »Toni und ich verstehen uns<br />

gut«, betont Alt. »Er ist ein guter und auch starker<br />

Teamkollege. Ich gehe also davon aus, dass wir<br />

viele gute Kämpfe haben werden.«<br />

In <strong>der</strong> vergangenen Saison kämpfte Finsterbusch<br />

vor allem mit sich sowie seinen wechselnden<br />

Teams und Motorrä<strong>der</strong>n. Bei Kiefer Racing rechnet<br />

er jetzt mit geregelten Strukturen, um so viel<br />

wie möglich zu lernen und alsbald gemeinsam<br />

mit seinem Teamkollegen regelmäßig Punkte<br />

einzufahren. Für seine Karriere hält er das Kiefer<br />

Team für die beste Lösung: »Stefan Bradl wurde<br />

hier aufgebaut, wurde Weltmeister und fährt jetzt<br />

MotoGP. Stefan [Kiefer] und Jochen [Kiefer]<br />

wissen meiner Meinung nach einfach, wie man<br />

einen deutschen Fahrer aufbaut, ihn weiter för<strong>der</strong>t<br />

und ihm die Chance gibt. Ich hoffe natürlich,<br />

dass es bei mir genauso klappt wie bei Bradl«,<br />

sagt er grinsend. Schon im ersten Moto3-Jahr<br />

konnte Finsterbusch trotz einigen Problemen<br />

dazulernen. »Wenn ich einen Einklang zwischen<br />

meinen Stärken und Schwächen finde, wird es<br />

gut laufen. Auch die Kalex sollte mir ein bisschen<br />

entgegenkommen, weil sie größer ist. Ich bin<br />

guter Dinge.« Mit Alt als altem und neuem Teamkollegen<br />

ist <strong>der</strong> ehemalige IDM-Fahrer ebenso<br />

zufrieden. »Wir schätzen uns gegenseitig, fahren<br />

eigentlich auf dem gleichen Niveau und wir werden<br />

uns sicherlich gut ergänzen. Mein Ziel ist es,<br />

regelmäßig in die Punkte zu fahren. Ich will ein<br />

gutes Jahr schaffen und dann sehen wir<br />

weiter.«<br />

Teammanager Stefan Kiefer will sich auf keine<br />

Wunschplatzierungen seiner beiden neuen Fahrer<br />

festlegen. »In <strong>der</strong> Moto3-Klasse fahren <strong>über</strong><br />

30 Piloten, die sehr gut sind. Für uns ist entscheidend,<br />

dass wir mit den Jungs Schritte nach vorne<br />

machen. Wenn wir im hinteren Mittelfeld beginnen,<br />

ist das für uns <strong>über</strong>haupt kein Problem. Am<br />

Ende <strong>der</strong> Saison sollten wir dann in <strong>der</strong> Lage sein,<br />

in die Punkte zu fahren.«<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 109


Text: Falko Schoklitsch<br />

Potentieller Verrat, eine Trennung, eine neue Ehe, vielleicht auch irgendwann<br />

Amnesie. Die Geschichte rund um Ducati, Althea und Alstare gleicht einer Seifenoper.<br />

W<br />

enn sich Ducati eines sicher nicht vorwerfen lassen muss, dann dass<br />

es Dinge allzu leise abhandelt. Valentino Rossis Verpflichtung, sein<br />

Scheitern und sein Abgang gehören wohl zu den am besten dokumentierten<br />

Ausrutschern <strong>der</strong> <strong>Motorsport</strong>-Geschichte, doch nicht nur in <strong>der</strong><br />

MotoGP sorgt <strong>der</strong> Hersteller für jede Menge Wellen. An<strong>der</strong>norts waren sie<br />

sogar so hoch, dass sich wohl je<strong>der</strong> interessierte Seifenopern-Freund mit reichlich<br />

Verpflegung hingesetzt und zugesehen hätte. Die Protagonisten: Ducati,<br />

Audi, das Althea Team von Genesio Bevilacqua und das Alstare Team von<br />

Francis Batta. Das En<strong>der</strong>gebnis ist relativ einfach zu erklären. Ducati arbeitet<br />

in Zukunft in <strong>der</strong> Superbike-WM mit Alstare, als Fahrer werden Carlos Checa<br />

und Ayrton Badovini die neue Panigale pilotieren. Berücksichtigt man aber,<br />

dass die vergangenen Jahre Althea für den Ducati-Einsatz zuständig war, muss<br />

in <strong>der</strong> Zwischenzeit doch etwas passiert sein.<br />

Natürlich war einiges passiert. Ausgangspunkt war ein etwas nervöser Bevilacqua,<br />

<strong>der</strong> schon früh Nägel mit Köpfen machen wollte. Er hatte seine Sponsoren<br />

in Position gebracht, doch von Ducati kam nichts zurück. Dort ging<br />

gerade <strong>der</strong> Verkauf des Herstellers an Audi <strong>über</strong> die Bühne, bis <strong>der</strong> bestätigt<br />

war, musste <strong>alles</strong> an<strong>der</strong>e warten. Bevilaqua wurde ungeduldig<br />

und schließlich stellte ihn die Offerte von Ducati<br />

nicht zufrieden. »Wir waren bereit, all unsere Ressourcen<br />

zu investieren und unsere Sponsoren für das neue Panigale<br />

Projekt zu bestätigen und da versteht sich von selbst,<br />

dass wir bei Ducati vom gleichen Engagement ausgingen«,<br />

sagte er.<br />

110 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

»Ich habe schon lange<br />

eine gute Beziehung<br />

zu Ernesto Marinelli<br />

und wir sehen die Dinge<br />

gleich. Es wird für uns<br />

sicher kein Problem<br />

sein, Entscheidungen zu<br />

treffen.«<br />

Sein Ärger war enorm, nach seiner Meinung hatte er<br />

<strong>alles</strong> unternommen, um auch in Zukunft erfolgreich mit<br />

dem italienischen Hersteller arbeiten zu können. »Seit<br />

Beginn unserer Geschichte in <strong>der</strong> Superbike hatten wir<br />

ein erfolgreiches Projekt und wir wollten auf diesem Wege weitermachen. Ohne<br />

die Bedingungen dafür, sind wir nicht interessiert, das fortzuführen. Der Hauptgrund<br />

für die Meinungsverschiedenheit liegt offensichtlich auf ökonomischer<br />

Seite und das hat uns stutzig gemacht. Beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Fakt, dass eine Firma wie<br />

Ducati, zuletzt von einem Giganten wie Audi <strong>über</strong>nommen, kein Interesse hat,<br />

in ein neues Produkt zu investieren. In ein Projekt, dass dazu führen würde,<br />

den Erfolg <strong>der</strong> Vergangenheit mit den daraus resultierenden Vorteilen zu wie<strong>der</strong>holen,<br />

die sich bei den Verkäufen äußern würden.«<br />

Abtritt Bevilacqua, Auftritt Batta. Der Belgier hatte sich Ende 2011 zurückgezogen,<br />

als Suzuki nicht mehr in <strong>der</strong> Superbike-WM mitmischen wollte. Eigentlich<br />

hatte er eine Zeit die Nase voll, war aber drauf und dran, sich mit MV<br />

Agusta zusammenzuschließen, doch als sich die Chance mit Ducati auftat,<br />

<strong>über</strong>legte er nicht lange. Batta schlug zu und ist damit auf einmal wie<strong>der</strong> mitten<br />

im Geschäft. »Ich arbeitete bereits mit MV Agusta, dann kam aber die Aussicht,<br />

mit Ducati zu kooperieren und das durfte ich mir nicht entgehen lassen. Alles<br />

ging schnell, wir haben es aber geschafft, das komplette Projekt auf die Beine<br />

zu stellen«, berichtete er.<br />

Die Aufteilung <strong>der</strong> Rollen erfolgt in Zukunft relativ klassisch. Alstare kümmert<br />

sich um die Führung des Teams und beschäftigt zwei Ingenieure sowie den<br />

Rest <strong>der</strong> notwendigen Crew. Für die Telemetrie und die Entwicklung <strong>der</strong><br />

Maschine ist Ducati zuständig. Die wichtigsten Entscheidungsträger werden<br />

Batta und Ducati Superbike-Manager Ernesto Marinelli sein. »Ich habe schon<br />

lange eine gute Beziehung zu Ernesto Marinelli und wir sehen die Dinge gleich.<br />

Es wird sicher kein Problem sein, Entscheidungen zu treffen«, sagte Batta.<br />

Marinelli ergänzte: »Wir werden mit Carlos und <strong>der</strong> Panigale den Sieg angehen.<br />

Nicht mit Althea zu verlängern, hält uns nicht von unserem Ziel ab. In unserer<br />

Geschichte haben wir Strukturen, Form und Thema schon des Öfteren geän<strong>der</strong>t<br />

und hatten trotzdem immer gute Ergebnisse.«<br />

Zukunftsängste hat Batta nach dem Kapitel mit dem<br />

Suzuki-Ausstieg nicht, denn für ihn bietet Ducati eine<br />

ganz an<strong>der</strong>e Firmenkultur als ein japanisches Unternehmen.<br />

»Sie haben Bewun<strong>der</strong>er und ein Image, außerdem<br />

sind sie sehr bekannt. Jetzt haben sie auch starke Technologie<br />

und wenn man das mit <strong>der</strong> Stärke von Audi<br />

zusammennimmt, dann kann man sie als eine <strong>der</strong> stärksten<br />

Motorradmarken ansehen.« Das Budget von<br />

Alstare hatte Batta schnell beisammen, da er sich sofort<br />

mit einem Sponsor einig werden konnte.<br />

Blieb noch das letzte Drama und bei dem spielte <strong>der</strong> Seifenopern-König des<br />

diesjährigen Superbike-Fahrer-Karussells mit, Sylvain Guintoli. Der Franzose<br />

war bereits mit Crescent Suzuki einig gewesen, sagte dann aber für den ersten<br />

Wintertest ab, weil er noch ein an<strong>der</strong>es Vertragsangebot mit Aprilia prüfen<br />

wollte. Daraufhin wurde sein Suzuki-Vertrag für nichtig erklärt. Laut Batta<br />

hatte Guintoli auch mit Alstare eine Vereinbarung, wollte aber ebenfalls lieber<br />

auf Aprilia warten. »Der Vorvertrag lief aus und wir riefen Ayrton an, <strong>der</strong> von<br />

<strong>der</strong> Möglichkeit begeistert war.« Es deutet also <strong>alles</strong> auf ein Happy End in <strong>der</strong><br />

Seifenoper hin, für Batta tut es das ohnehin. »Mit meiner Geschichte und einer<br />

Marke wie Ducati, können wir nur den Sieg anpeilen.«<br />

Fotos: wsbk


Eine sehr<br />

erfolgreiche Ehe ist<br />

zu Ende gegangen<br />

Carlos Checa wird<br />

Ducati weiter die<br />

Treue halten<br />

Der WM-Erfolg 2011<br />

war <strong>der</strong> gemeinsame<br />

Glanzpunkt<br />

2013 kommen<br />

an<strong>der</strong>e Farben und<br />

eine an<strong>der</strong>e Ducati<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 111


Cow-Girl und Stoff-Elch beim<br />

ADAC Truck-Grand-Prix<br />

Bruno Spengler: Vom ewigen Zweiten<br />

zum Überraschungsmeister<br />

Fingerlehre: Sebastian Vettel zeigt<br />

Bernie Ecclestone wie es geht...<br />

Ein großer Pokal für Indycar<br />

<strong>Champ</strong>ion Ryan Hunter-Reay<br />

Davide Valsecchi tritt als GP2-<br />

<strong>Champ</strong> in große Fußstapfen<br />

Das Zweirad-Weltmeister-Trio:<br />

Marquez, Lorenzo, <strong>Cortese</strong>


SuperSeb Loeb tritt mit seinem<br />

neunten Titel ab<br />

Audi krönte sich zu den<br />

Langstreckenkönigen<br />

champions<br />

2012<br />

Brad Keselowski schnappte sich<br />

den NASCAR-Pott<br />

Auch Max Biaggi sagte mit dem<br />

WM-Titel leise Servus<br />

Rob Huff ist<br />

Tourenwagenweltmeister<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 113


auf in die<br />

neue saison:<br />

motorsport-magazin<br />

ausgabe 29 erscheint<br />

am 28.02.2013<br />

foto: red bull contentpool<br />

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