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Lynyrd Skynyrd • Garland Jeffreys • Joan Armatrading • Neil Taylor • Bobby Kimball • Blues Project • Squackett<br />
D: € 6,<strong>50</strong> • Schweiz CHF 12,00 • A • L • NL • I • B: € 7,00 • Nr. 3/2012 • Juni/Juli • www.goodtimes-magazin.de<br />
Happy Birthday<br />
Procol Harum<br />
Mat<strong>the</strong>w Fisher – Alleingänge<br />
des Hammond-Meisters<br />
Dr. John<br />
Legende aus<br />
New Orleans<br />
David Bowie<br />
Der Mann, der<br />
an ZIGGY drehte<br />
Joe Walsh<br />
Neue Dynamik<br />
mit Jeff Lynne<br />
T. REX<br />
<strong>50</strong> JAHRE<br />
ROLLING<br />
STONES<br />
Joe Bonamassa • Paul Vincent • The Band From Rockall • Big Bro<strong>the</strong>r & The Holding Company • Caro • Europe
INHALT<br />
Ausgabe 118 · Juni/Juli 2012<br />
10 <strong>Rolling</strong>-S<strong>to</strong>nes-Special<br />
<strong>50</strong> <strong>Jahre</strong> – <strong>50</strong> Fakten<br />
Ein halbes Jahrhundert: LIVE – LIVE – LIVE !<br />
Das Museum in Lüchow<br />
22 Dr. John<br />
Voodoo-Meister<br />
23 David Bowie/Ken Scott<br />
ZIGGY – ein legendärer Quickie<br />
24 T. Rex<br />
ELECTRIC WARRIOR – wie neu geboren<br />
26 Die Mitmacher<br />
Aus dem Schatten auf die Platten<br />
28 Mat<strong>the</strong>w Fisher (Procol Harum)<br />
Alleingänge des Hammond-Meisters<br />
66 <strong>GoodTimes</strong>-Tipp<br />
Hot'n'Nasty – Howlin Rain<br />
68 Blues Project<br />
Blues-Porträt No. 35<br />
69 Lynyrd Skynyrd<br />
Alte Meister, neue Songs<br />
69 Squackett<br />
Chris, Steve & die fantastische Amanda<br />
70 Geburtstage<br />
Roger McGuinn – Arthur Brown – Taj Mahal<br />
71 Big Bro<strong>the</strong>r & The Holding Company (Sam Andrew)<br />
Live-Dokument mit Janis<br />
72 Neil Taylor<br />
Zurück auf Anfang<br />
72 Band From Rockall<br />
Brückenschlag mit Tradition<br />
74 Live<br />
Porsche <strong>Music</strong> Night – Randy Newman – Uriah Heep –<br />
Nazareth – Stranglers – Ro<strong>the</strong>r Blues-Tage – Cavern Beatles<br />
77 Paul Vincent<br />
Sprachstörung<br />
78 Omega – <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Space-Rock: Höhenflug im Westen<br />
82 Joe Walsh<br />
Neue Dynamik mit Jeff Lynne<br />
83 Joe Bonamassa<br />
Bis die Saiten qualmen ...<br />
84 Christian-Simon-Kolumne<br />
Mit El<strong>to</strong>n am Piano<br />
85 The Furious Swampriders<br />
Nun reiten sie wieder<br />
85 Europe<br />
Neustart mit John & Joey<br />
87 <strong>GoodTimes</strong>-Newcomer<br />
Dry The River – Aidan<br />
88 Library <strong>Music</strong><br />
Perlen aus dem Leihhaus<br />
91 Caro<br />
Am Wendepunkt<br />
92 Es war einmal ...<br />
Ein Blick zurück auf Denkwürdiges<br />
94 <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong> Star-Club – die Feiern<br />
Beat-Spektakel für die Ewigkeit<br />
96 Joan Armatrading<br />
Jeder Song ist ein Dikta<strong>to</strong>r<br />
97 Garland Jeffreys<br />
Reggae, Dub, Rock<br />
101 Bobby Kimball<br />
Kreuzverhör<br />
102 Howie Casey (& The Seniors)<br />
Band-Archiv<br />
104 The Savages<br />
Spurensuche<br />
106 ... zuguterletzt<br />
Klaus Luley – Sound It Out – Ballroomshakers<br />
<strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes, S. 10 T. Rex, S. 24<br />
Omega, S. 78<br />
RUBRIKEN<br />
4 Aktuell – Neues aus der Szene<br />
30 CD/Vinyl-Vorstellungen<br />
58 DVD/Blu-ray-Vorstellungen<br />
60 Buch-Vorstellungen<br />
62 <strong>GoodTimes</strong>-Shop<br />
64 Kleinanzeigen<br />
kult!<br />
Edi<strong>to</strong>rial<br />
No.6<br />
65 Abo-Bestellschein<br />
86 Kolumne: Tatzes Streifzüge<br />
98 Konzertkalender<br />
102 His<strong>to</strong>ry<br />
105 Leserbriefe<br />
106 Impressum<br />
Schon wieder <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes?! Dies mögen manche Good-<br />
Times-Leser(innen) mit Blick auf das Cover dieser Ausgabe<br />
denken. Aber der einmalige Anlass verlangt geradezu danach,<br />
die Herren Jagger, Richards, Watts und Wood einmal<br />
mehr prominent zu präsentieren: Schließlich begehen sie<br />
den <strong>50</strong>. Geburtstag ihrer Band – und das sind schlappe drei<br />
Jahrzehnte mehr, als unser Magazin mit dem letzten Heft<br />
gefeiert hat! In diesen 20 <strong>GoodTimes</strong>-<strong>Jahre</strong>n hat – außer<br />
den S<strong>to</strong>nes-Konkurrenten Beatles – kein anderer Act so oft die Titelgeschichte<br />
es<br />
ic<br />
ht<br />
e<br />
geliefert, wenn dies ein entsprechender Anlass rechtfertigte. Und Ihre Reaktionen,<br />
liebe Leserinnen und Leser, haben dann jeweils diese redaktionelle Entscheidung für<br />
richtig befunden: Zieren die S<strong>to</strong>nes (oder Beatles) die Frontseite, greifen messbar<br />
mehr Interessenten zu.<br />
Die S<strong>to</strong>nes feiern ein halbes Jahrhundert – auch ein Beleg dafür, dass die Rock- und<br />
Popmusik in die <strong>Jahre</strong> gekommen ist. Aber: Wirklich gealtert ist sie dabei nicht!<br />
Runde Jubiläen häufen sich, was seinen Niederschlag in dieser Ausgabe gefunden<br />
hat: Das T.-Rex-Kultalbum ELECTRIC WARRIOR und auch David Bowies ZIGGY<br />
STARDUST wurden gerade in Form einer 40-<strong>Jahre</strong>-Deluxe-Edition neu aufgelegt –<br />
klar, für uns war da jeweils eine Geschichte Pflicht! Die runden Geburtstage (vorn<br />
mit einer „6" oder sogar „7") nehmen ebenfalls deutlich zu; leider auch die Todestage,<br />
was für unsere Rubrik „Es war einmal ..." eine zunehmend schärfere Auswahl<br />
erfordert. Ähnliches gilt für „Vers<strong>to</strong>rben", die wohl umfassendste Auflistung ihrer<br />
Art in deutschen Magazinen; auch hier liefern wir eine große Namensvielfalt, denn<br />
Sidemen oder Macher im Hintergrund waren für den Erfolg von Stars oft ebenso<br />
wichtig und sind darum allemal einen Kurznachruf wert.<br />
Nein, die Inhalte gehen uns nicht aus, ganz im Gegenteil. Und wir werden uns<br />
weiter bemühen, Ihren Erwartungen an <strong>GoodTimes</strong> so gut wie möglich gerecht zu<br />
werden; ganz egal, wer nun gerade das Cover ziert – ob die S<strong>to</strong>nes, die Beatles oder<br />
Jimmy Joe & The Johnnys aus dem Hinterwald!<br />
Bleiben Sie uns treu, empfehlen Sie uns weiter!<br />
Herzlichst, Ihr<br />
Fabian Leibfried<br />
-Herausgeber/Chefredakteur-<br />
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PS: Ab sofort ist <strong>GoodTimes</strong> auch als eMagazine für PC, Lap<strong>to</strong>p,<br />
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<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 3
News Aktuell News Aktuell<br />
Die Nachricht dürfte viele Classic-Rock-<br />
Fans frustrieren: Tourveranstalter Wizard<br />
Promotions hat die für Juni angesetzte Festival<strong>to</strong>ur<br />
„Rock The Nation 2012" ersatzlos<br />
abgeblasen. Also entgehen einem Bad<br />
Company (mit Paul Rodgers), Bachman<br />
& Turner und Blue Öyster Cult, die<br />
schon lange nicht mehr in Deutschland zu<br />
erleben waren, sowie Roger Chapman.<br />
Als Grund wurden „logistische Gründe" angegeben+++<br />
Im November wird Kult-Gitarrist Jeff<br />
Beck, der mit Buddy Guy im Februar im<br />
Weißen Haus bei US-Präsident Barack Obama<br />
gespielt hatte und seinen Auftritt Ende<br />
März bei der „Slacker Canadian <strong>Music</strong><br />
Week" wegen Studio-Aufnahmen abgesagt<br />
hatte, zu mehreren Shows nach Deutschland<br />
kommen+++<br />
Als DVD und Blu-ray gibt es am 28.5.<br />
"Yel low Submarine", den Kult-Kinofilm<br />
der Beatles. Das Zeichentrickwerk wurde<br />
digital restauriert, parallel gibt es eine CD<br />
mit der Filmmusik. Und auch RAM, das<br />
gemeinsame Album<br />
von Paul & Linda<br />
McCartney aus dem<br />
Jahr 1971 wird dann<br />
in den Plattenläden<br />
stehen bzw. via Internet<br />
downzuloaden n<br />
sein+++<br />
Mit einer Duo-Akustik<strong>to</strong>ur werden die<br />
beiden singenden Blues-Band-Mitglieder<br />
Dave Kelly (g) und Gary Fletcher (b)<br />
im Herbst durch Deutschland <strong>to</strong>uren+++<br />
Im Sommer wollen Deep Purple ihr neues<br />
Studiowerk einspielen, um dann im November<br />
mit der Vorgruppe Edguy in den deutschen<br />
Rockhallen einzuheizen+++<br />
Nur sieben Gigs wird Ex-Supertramp<br />
Roger Hodgson im Rahmen seiner<br />
„Break fast In America Tour" im Juni/Juli<br />
hier zu Lande spielen, doch im nächsten<br />
Jahr werde er wieder eine sehr viel<br />
ausgiebigere Deutschland-Tour spielen,<br />
kündigte der singende Gitarrist und Keyboarder<br />
an+++<br />
Graham Gouldman, 10cc-Mastermind<br />
und Hitlieferant par excellence für viele<br />
Kollegen, hat ein neues Solo-Album fertig.<br />
Noch ist unklar, wann es auf welchem Label<br />
erscheinen wird+++<br />
Der Titel stand bei Redaktionsschluss<br />
zwar noch nicht fest, doch das neue<br />
Aerosmith-Album soll nun endlich im Juli<br />
erscheinen. „Einige der Songs haben ein<br />
ähnliches Feeling wie unser frühes Material",<br />
sagte Gitarrist Joe Perry dem englischen<br />
Magazin „Classic Rock". „Außerdem haben<br />
wir einige Riffs benutzt, die wir seit <strong>Jahre</strong>n<br />
herumliegen haben, die aber irgendwie nie<br />
zu den jeweiligen Alben passten"+++<br />
Als Weltpremiere auf Vinyl hat Sireena Records<br />
die Veröffentlichung des Yes-Albums<br />
OPEN YOUR EYES von 1997 auf Doppel-LP<br />
angekündigt. Auf CD wird es in nächster<br />
Zeit JUST ONE NIGHT der Hamburger Bad<br />
News Reunion, MOTSCHKERN IS' GSUND<br />
des Wiener Liedermachers Arik Brauer, NEW<br />
VIEWS der Prog-Rocker Tribute, ZZEBRA<br />
der gleichnamigen Art-Rocker sowie HUN-<br />
DE WOLLT IHR EWIG LEBEN? von Family 5,<br />
der deutschen Punk/New-Wave- und Funkband<br />
um Peter Hein geben+++<br />
Im Juni 2006 gaben die Heavy-Rock-<br />
Veteranen Cactus („die amerikanischen<br />
Led Zeppelin") ihr Livecomeback und<br />
veröffentlichten die CD CACTUS V. Mitte<br />
Juli kommen sie für drei Shows nach<br />
Deutschland (15. München, 16. Nürnberg,<br />
17. Dortmund). Mit dabei sind die Originalmitglieder<br />
Carmine Appice (dr) Jim<br />
McCarty (g), den erkrankten Tim Bogert<br />
ersetzt Pete Bremy (b/voc), als Sänger<br />
amtiert Jimmy Kunes (Ex-Savoy Brown),<br />
Harp spielt Randy Pratt+++<br />
Ein von der britischen Band persönlich<br />
ediertes Boxset wird am 27. Juli erscheinen:<br />
Blur 21: THE BOX enthält alle sieben<br />
Studio-Alben plus fünfeinhalb Stunden unveröffentlichtes<br />
Material (65 bislang unbekannte<br />
Songs!) plus doppelt so viele Raritäten,<br />
drei DVDs und die „Collec<strong>to</strong>r's Edition"<br />
eines Buches mit raren/unveröffentlichten<br />
Fo<strong>to</strong>s sowie eine limitierte Vinylsingle von<br />
Seymour, der ersten gemeinsamen Band der<br />
Blur-Musiker+++<br />
Rock + Pop<br />
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Wall Of Fame • P.O. Box 19<strong>50</strong> • 48580 Gronau<br />
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Goldene Schallplatten, Signaturen etc. von Abba<br />
bis Zappa. Das weltweit größte Angebot an Raritä ten<br />
aus dem Bereich Rock+Pop Memorabilia.<br />
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© Pressefo<strong>to</strong><br />
Can – THE LOST TAPES ist eine 3-CD-Box<br />
betitelt, die die deutschen Rockpioniere gemeinsam<br />
mit Mute Records über ihr eigenes<br />
Spoon-Label veröffentlichen. Zusammengetragen<br />
hat das Ganze Keyboarder Irmin<br />
Schmidt mit Jono Podmore. Die Mastertapes<br />
mit mehr als 30 Stunden Musik waren<br />
entdeckt worden, als das legendäre Can-<br />
Studio in Weilerswist aufgelöst und leergeräumt<br />
wurde. Laut Schmidt handelt es sich<br />
dabei um unveröffentlichte Soundtracks<br />
und Stücke, die es nicht auf die jeweiligen<br />
Alben schafften+++<br />
Zum Record S<strong>to</strong>re Day haben PIL (Public<br />
Image Ltd.), die Band um den früheren Sex-<br />
Pis<strong>to</strong>ls-Sänger John Lydon/Johnny Rotten<br />
die 4-Song-EP „One Drop" veröffentlicht.<br />
Ende Mai folgt mit THIS IS PIL das erste<br />
neue Studio-Album der Gruppe seit 20 <strong>Jahre</strong>n.<br />
Aufgenommen wurde es in Steve Winwoods<br />
Studio in Cotswolds+++<br />
Zusätzlich zu der von Anfang an geplanten<br />
„Black-Sabbath-Ersatz-Show" in Dortmund<br />
wird es am 20. Juni ein Gastspiel von Ozzy<br />
Osbourne & Friends in Mannheim geben.<br />
Mit dabei sind neben dem Sänger auch Sabbath-Gründungsmitglied<br />
Geezer Butler und<br />
Ozzys langjähriger Gitarrist Zakk Wylde als<br />
Special Guest mit seiner Black Label Society+++<br />
Bei ihrer alljährlichen Convention in New<br />
York wird die Songwriters Hall Of Fame am<br />
14. Juni erstmals einen Pioneer Award verleihen.<br />
Als erster Songschmied-Pionier wird<br />
Woody Guthrie (1912–1967) posthum<br />
geehrt+++<br />
Das verspricht nach den Eindrücken ihrer<br />
ersten gemeinsamen Gigs ein interessantes<br />
Tochter/Sohn-Projekt zu werden: Cassie<br />
Taylor & Jack Moore. Während die<br />
Tochter von Trance-Blueser Otis Taylor<br />
auf der Bühne ausgesprochenes Charisma<br />
entwickelt, steht der Sohn von Gary<br />
Moore (spielt eine Les Paul seines Dads)<br />
schüchtern am Bühnenrand. Im Hamburger<br />
Down<strong>to</strong>wn Bluesclub, wo in der Zugabe<br />
Opener Will Wilde mit seiner Harp<br />
zu den beiden stieß, schob Taylor ihren<br />
Partner handfest nach vorn ins Scheinwerferlicht,<br />
an anderen Orten „musste" er in<br />
ihrem Schlepptau durchs Publikum marschieren.<br />
Im Frühherbst werden beide ihr<br />
erstes gemeinsames Album in Hamburg<br />
einspielen+++<br />
© Hypertension <strong>Music</strong><br />
Ende April war die kleine Sensation perfekt:<br />
Deutschlands (Jazz-)Vorzeigebasser Hellmut<br />
Hattler und Trompeter Joo Kraus haben<br />
sich nach zwölfjähriger Funkstille wie-<br />
der als Tab Two zusammengetan und fünf<br />
gemeinsame Konzerte absolviert. Weitere<br />
sieben Shows folgen bis August. Anlass war/<br />
ist die Veröffentlichung des Triple-Album<br />
TWO THUMBS UP von Tab Two. Außerdem<br />
feierte Hattler seinen 60. Geburtstag am<br />
12. April im Augsburger Club Roxy. Auf der<br />
Bühne standen dabei neben seinem aktuellen<br />
Projekt Hattler auch Kraan, Joo Kraus &<br />
Deep Dive Corp. sowie Siyou'n'Hell+++<br />
Henrik Freischlader & Gary Moore's<br />
Blues gastieren am Pfingstwochenende<br />
als Headliner beim traditionsreichen<br />
Grolsch Blues Festival in Schöppingen.<br />
Der führende deutsche Blues-<br />
Rocker bringt dabei mit Pete Rees (b),<br />
Vic Martin (keys, Bee Gees, Eurythmics)<br />
und Darrin Mooney (dr, Primal Scream)<br />
einstige Mitstreiter Moores mit, wenn er<br />
Vorlagen des 2011 vers<strong>to</strong>rbenen Nordiren<br />
anstimmt. Blues-Insidern längst geläufige<br />
Namen locken am 26./27.5. nach<br />
Schöppingen: Kenny Neal und Lucky Peterson<br />
(mit Tochter Tamara). Aber auch<br />
benachbarte Genres sind im westlichen<br />
Münsterland unter dem Mot<strong>to</strong> „Americana<br />
trifft Folk trifft Punk trifft Blues"<br />
vertreten. Dafür stehen Namen wie Delta<br />
Moon, Shane Dwight, Keith B. Brown,<br />
Cee Cee James, Mason Rack Band, The<br />
Hackensaw Boys, und die Ben Poole<br />
Band. Infos (auch in Sachen Camping)<br />
gibt's unter www.kulturring-schoeppingen.de+++<br />
Die Firma Paramount Pictures hat die Rechte<br />
an einem Film erworben, der auf Ideen<br />
von Ringo Starr und Dave Stewart<br />
(Eurythmics) basiert und den Titel „Hole<br />
In The Fence” tragen soll. Medienberichten<br />
zufolge ist es ein „Drama des Älterwerdens”<br />
und dreht sich um eine Gruppe von Kids, die<br />
eine Band gründen, um aus ihrer depressiv<br />
stimmenden, von Bergbauminen geprägten<br />
Kleinstadt zu entfliehen+++<br />
Das Bangen um Bee-Gees-Star Robin<br />
Gibb geht weiter, allerdings gibt es Hoffnungsschimmer<br />
am Horizont: Der 62-Jährige<br />
ist aus seinem wochenlangen Koma<br />
erwacht und soll wieder kommunizieren<br />
können. Nach einer Behandlung wegen<br />
Darm- und Magenproblemen Ende vergangenen<br />
<strong>Jahre</strong>s war Gibb, der laut seinem<br />
Arzt an Dickdarmkrebs in fortgeschrittenem<br />
Stadium leidet, wegen einer Lungenentzündung<br />
in ein Londoner Krankenhaus<br />
eingeliefert worden und ins Koma gefallen.<br />
Der Sänger habe geweint, als ihm Ehefrau<br />
Dwina und seine Kinder Roy Orbisons<br />
"Crying" vorspielten, berichteten britische<br />
Medien+++<br />
Bobby Vee hat Ende April auf seiner<br />
Website bekannt gegeben, dass er bereits<br />
vor einem Jahr mit der Diagnose konfron-<br />
Seite 4 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
News Aktuell News<br />
Unsere Gewinner der Verlosung<br />
aus Heft 1/2012<br />
Stichwort "<br />
The Cavern Beatles"<br />
5x T-Shirt + Poster:<br />
– Toni Franc, Aschaffenburg<br />
– C.-H. Clausen, Trochtelfingen<br />
– Bernhard Müller, Aschaffenburg<br />
– Ot<strong>to</strong> Blunch, Cottbus<br />
– Jürgen Dünisch, Schalkalden<br />
Stichwort "<br />
Poster"<br />
5x Poster:<br />
– Michael Haak, Leipzig<br />
– Achim Streich, Hemer<br />
– Ines Kindler, Rellingen<br />
– Olaf Kalugin, Heilbronn<br />
– Friedhelm Gehlen, Duisburg<br />
Stichwort "<br />
DVD Paul Rogers"<br />
10x DVD:<br />
– D. Angermann, Dresden<br />
– Andreas Hadam, Hildesheim<br />
– Roland Titze, Kulmbach<br />
– Ralph Stange, Großpostwitz<br />
– Willi Löffler, Griesheim<br />
– Bärbel Hinrichsen, Kiel<br />
– Gaby Schönleben, Rohr<br />
– Barbara Hennig, Dreieich<br />
– Detlef Denzau, Hartha<br />
– Dieter Abendroth, Berlin<br />
Unsere Gewinner der Verlosung<br />
aus Heft 2/2012<br />
Stichwort "<br />
Mega Records"<br />
– Hans Könighausen, Jüchen<br />
– Helmut Mertz, Gunzgen (Schweiz)<br />
– Bernhard Zudrop, Gütersloh<br />
– Horst Sonnenschein, Melsungen<br />
– Margit & Harald Legler, Zanvoort<br />
(Niederlande)<br />
tiert worden sei, sich im Anfangsstadium<br />
einer Alzheimer-Erkrankung zu befinden.<br />
Doch nicht genug damit, seine Ehefrau<br />
Karen, mit der er seit 48 <strong>Jahre</strong>n verheiratet<br />
ist, wartet derweil dringend auf eine Spenderlunge<br />
für eine notwendige Transplantation.<br />
Um sich abzulenken, hat der 69-jährige<br />
Pop- und R&B-Sänger in den letzten<br />
Monaten an einer CD gearbeitet, für die er<br />
neue Songs geschrieben und auch einige<br />
seiner Lieblingslieder aufgenommen hat.<br />
Das Veröffentlichungsdatum steht noch<br />
ebenso wenig fest wie der Titel+++<br />
Neue Studio-Alben von Magnum (September,<br />
Deutschland-Tour ab 25.10.) und<br />
Fair Warning (November) hat das Hannoveraner<br />
Label SPV für den Herbst angekündigt.<br />
Vorher schon gibt es LIVING<br />
LIKE A RUNAWAY von Lita Ford und die<br />
Wiederveröffentlichung von Virgin Steeles<br />
LIFE AMONGST THE RUINS (beide<br />
15.6.)+++<br />
Beim renommierten South By Southwest<br />
Festival in Austin, Texas, ist die Filmdokumentation<br />
„Beware Of Mr. Baker” uraufgeführt<br />
worden. Das Werk handelt vom eigenwilligen<br />
(Cream-)Schlagzeuger Ginger<br />
Baker und wurde mit dem Preis der Grand<br />
Jury ausgezeichnet. Den Publikumspreis<br />
heimste die Paul-Simon-Doku „Under<br />
African Skies" ein+++<br />
Leider um zwei Tage zu spät, nach dem<br />
Abschluss der Redaktionsarbeit, kam BAL-<br />
LAST DER REPUBLIK, das neue Album der<br />
Toten Hosen – da es auch nicht vorab<br />
zum Reviewen zur Verfügung stand, folgt<br />
eine Besprechung in der nächsten Ausgabe.<br />
„Als Geschenk von uns an unsere Fans<br />
zu unserem 30. Geburtstag" bezeichnete<br />
Sänger Campino die CD DIE GEISTER, DIE<br />
WIR RIEFEN mit 15 Songs, die es nur als<br />
Sonderedition im Paket mit dem neuen<br />
Studiowerk gibt. Diverse Gedichte, Lieder<br />
und Manifeste haben sich die Hosen dafür<br />
unter den Nagel gerissen. Derweil war die<br />
Band, die am 10. April ihr Jubiläumskonzert<br />
im Bremer Schlachthof gab, wieder zu<br />
ihren Wohnzimmergigs unter dem Mot<strong>to</strong><br />
„Magical Mystery Tour" durch die ganze<br />
Republik unterwegs und gastierte unter<br />
anderem im Partykeller von Ex-Fußballnationalspieler<br />
Jens Jeremies (Bayern + 1860<br />
München, Dynamo Dresden). Und Campino<br />
war im Gästeblock zu sehen, als Fortuna<br />
Düsseldorf bei der SpVgg Greu<strong>the</strong>r<br />
Fürth um den Relegationsplatz in der<br />
zweiten Liga kämpfte+++<br />
Einen neuen Vertrag hat Sängerin Gladys<br />
Knight unterzeichnet, diesmal allerdings<br />
nicht für Plattenaufnahmen. Sie wird in der<br />
TV-Serie „The First Family" die Mutter eines<br />
fiktiven US-Präsidenten spielen+++<br />
Ihr eigenes Label hat die Dortmunder Band<br />
Axxis gegründet. Doch nicht nur ihr eigenes<br />
neues Album REDISCOVERED (Review<br />
S. 37) hat sie auf Phonotraxx Records<br />
veröffentlicht, sondern Anfang Mai auch<br />
Scheiben ihrer Kollegen Mercury Falling<br />
(INTO THE VOID, progressiver Power-Metal)<br />
und Dawn Of Destiny (PRAYING TO THE<br />
WORLD, viertes Studio-Album) darauf herausgebracht+++<br />
Die Broadcast <strong>Music</strong> International (BMI)<br />
hat sich für Carole King entschieden: Die<br />
Sängerin und Songschmiedin wird durch die<br />
BMI mit dem Icon Award For Songwriting<br />
2012 geehrt. Überreicht wird der Preis am<br />
15. Mai in Beverly Hills+++<br />
Wegen massiven Rückenproblemen musste<br />
Gregg Allman beim vorletzten Abend<br />
(25.3.) der traditionellen Konzertreihe der<br />
Allman Bro<strong>the</strong>rs Band die Bühne im New<br />
Yorker Beacon Theatre eine halbe Stunde<br />
vor dem Ende der Show verlassen. Er<br />
wurde in ein Krankenhaus eingeliefert und<br />
verpass te auch den letzten Gig 2012. Der<br />
Start der Promotionaktivitäten zur Veröffentlichung<br />
seiner neuen Au<strong>to</strong>biografie „My<br />
Cross To Bear” wurde vom 1. auf den 8. Mai<br />
verschoben, da sich Allman zu einem Gesundheitscheck<br />
in die Mayo Clinic in Jacksonville,<br />
Florida, begab. Der singende Keyboarder<br />
hatte sich im vorletzten Jahr einer<br />
Lebertransplantation unterzogen+++<br />
Zum dritten Mal hat sich Neil Diamond<br />
getraut: Am 21.4. heiratete der 71-jährige<br />
Sänger und Songschmied seine Managerin<br />
Katie McNeil in Los Angeles. Für die<br />
42-Jährige ist es die erste Ehe+++<br />
Auch Alt-Rock'n'Roller Jerry Lee Lewis<br />
kriegt nicht genug vom Heiraten: Er gab<br />
zum siebten Mal sein Ja-Wort, diesmal in<br />
Natchez, Mississippi. Die neue Gattin des<br />
76-Jährigen heißt Judith Brown, ist 62 und<br />
war früher einmal mit seinem Cousin Rusty<br />
verheiratet. Übrigens war Lewis zwischendurch<br />
mal mit Rustys Schwester Myra in den<br />
Stand der (dritten) Ehe getreten+++<br />
Dok<strong>to</strong>rtitel für die Eagles: Das angesehene<br />
Berklee College Of <strong>Music</strong> in Bos<strong>to</strong>n hat bei<br />
seinem alljährlichen Schulfest diese Ehrenwürde<br />
an die kalifornischen (Country-)<br />
Rocker verliehen+++<br />
Motörhead erweitern ihre eigene Getränkekollektion<br />
um einen Wodka (oder Vödka,<br />
um bei der von der Band bevorzugten<br />
Schreibweise zu bleiben). Erst im vergangenen<br />
Jahr hatten Lemmy & Co. den Motörhead<br />
Shiraz erfolgreich auf dem Getränkemarkt<br />
eingeführt. Im „Motörhead Vödka"<br />
stecke der wahre Geist des Rock'n'Roll, erklärte<br />
die Band in einer Mitteilung. „Schenk'<br />
dir ein Glas Motörhead Vödka ein und drehe<br />
deine Anlage voll auf!", so der Appell der<br />
Gruppe. Und nebenbei verriet Lemmy noch<br />
sein Lieblings-Vödka-Rezept: „Vodka, Tomatensaft<br />
und Tabasco – das ist mein persönlicher<br />
Eye-Opener! Man hat dann am<br />
nächsten Tag zwar einen Kater, aber was<br />
soll's ..."+++<br />
Das Rock-Festival, das vom 1. bis 3. Juni<br />
am Pfingstwochenende parallel in Nürnberg<br />
( "<br />
Rock im Park", Zeppelinfeld)<br />
und in der Eifel ( "<br />
Rock am Ring")<br />
stattfindet, schlägt 2012 alle Rekorde.<br />
Bereits drei Monate vorher waren beide<br />
Events mit 160.000 verkauften Tickets<br />
ausverkauft. In Nürnberg (70.000) waren<br />
bei Redaktionsschluss noch einige wenige<br />
Restbestände an Tagestickets zu haben.<br />
Die Begeisterung der Fans liegt sowohl<br />
am Line-Up, das mit solch internationalen<br />
Größen wie Metallica, Soundgarden, Marilyn<br />
Manson, Motörhead, Gossip und deutschen<br />
Top-Acts wie Dick Brave und den<br />
Toten Hosen aufwartet, als auch an der<br />
perfekten Organisation mit Campingsite<br />
im Grünen, Gastronomie und Entertainment.<br />
Infos unter www.rock-im-park.com<br />
bzw. www.rock-am-ring.com+++<br />
© H. Ölschlegel<br />
/<br />
SAMSTAG 01. SEPTEMBER 2012<br />
HUBERT von GOISERN+STOPPOK<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 5
Aktuell News Aktuell<br />
Wann das nächste Album von Status Quo<br />
erscheint, ist derzeit noch offen, zumal<br />
die Band ja den ganzen Sommer hindurch<br />
Konzerte gibt. Klar ist nur, dass Francis Rossi,<br />
Rick Parfitt & Co. im November wieder<br />
durch Deutschland <strong>to</strong>uren. Derzeit sind sieben<br />
Shows gebucht, als Vorgruppe werden<br />
die Österreicher von Opus wohl mit ihrem<br />
Ohrwurm „Live Is Life" versuchen, die Quo-<br />
Fans in Stimmung zu bringen+++<br />
Jetzt steht es endlich fest: THAT'S WHY<br />
GOD MADE THE RADIO, das neue Album<br />
der Beach Boys zum <strong>50</strong>-jährigen Bestehen,<br />
erscheint am 5. Juni, zwischen<br />
dem 3. und 5. August geben Brian Wilson,<br />
Mike Love, Al Jardine, Bruce Johns<strong>to</strong>n und<br />
David Marks Konzerte in Deutschland. Bei<br />
Redaktionsschluss waren Interviews mit<br />
Mitgliedern der Pop-Veteranen in Aussicht<br />
gestellt, aber noch nicht bestätigt. Mehr in<br />
der nächsten Ausgabe+++<br />
Poison-Sänger Brett Michael hat sich für<br />
sein neues Solo-Album GET YOUR ROCK<br />
ON namhafte Gäste ins Studio geholt: Joe<br />
Perry (Aerosmith), Ace Frehley (Ex-Kiss),<br />
Gary Rossing<strong>to</strong>n und Ricky Medlocke (beide<br />
Lynyrd Skynyrd) spielten Gitarre, Michael<br />
Anthony (Chickenfoot, Ex-Van Halen) Bass,<br />
und Vinnie Paul trommelte+++<br />
Reichlich Hörfutter für die Liebhaber anspruchsvollen<br />
Gitarrenspiels kommt in<br />
den nächsten Wochen und Monaten in<br />
die Plattenläden: SHAPE SHIFTER heißt<br />
das neue, inzwischen 36. (!) Album von<br />
Santana mit 13 Songs, das der Bandleader<br />
den Indianern gewidmet hat. Mit von<br />
der Partie ist bei zwei Songs sein Sohn<br />
Salvador an den Keyboards. Rein instrumental<br />
hingegen präsentiert sich Slide-<br />
König Sonny Landreth auf ELEMENTAL<br />
JOURNEY. Als Gäste steuern Joe Satriani<br />
und Eric Johnson Gitarrentöne bei. Und<br />
dann wären da noch die Sechs-Saiten-Virtuosen<br />
Michael Landau und Robben Ford,<br />
die sich mit Gary Novak (dr) und Jimmy<br />
Haslip (b) zur Formation Renegade<br />
Creation zusammengetan und BULLET<br />
eingespielt haben+++<br />
Jeweils als Doppel-CD kommen die Neuauflagen<br />
von Twisted Sisters Konzertmitschnitten<br />
LIVE AT HAMMERSMITH und<br />
CLUB DAZE II über Armoury Records+++<br />
Chris Robinson scheint reichlich Songideen<br />
zu haben. Jedenfalls wird der frühere Sänger<br />
der Black Crowes 2012 gleich zwei<br />
Alben seiner neuen Truppe Chris Robinson<br />
Bro<strong>the</strong>rhood in kurzem Abstand<br />
veröffentlichen: Das Debüt BIG MOON<br />
RITUAL ist für Anfang Juni angekündigt,<br />
im September soll dann schon THE<br />
MAGIC DOOR folgen. Die Bro<strong>the</strong>rhood-<br />
Tour startete bereits vor dem Erscheinen<br />
der CD Anfang Mai in New Orleans. In der<br />
Bruderschaft aktiv sind neben dem Sänger<br />
Gitarrist Neal Casal (Ex-Ryan Adams),<br />
Keyboarder Adam MacDougall (Ex-Black<br />
Crowes), Drummer George Sluppick und<br />
Bassist Mark „Muddy" Dut<strong>to</strong>n (Ex-Burning<br />
Tree)+++<br />
Vier Songs, darunter ein französisch betitelter,<br />
wird die EP „Raise Your Fist In The<br />
Air" enthalten, die Metal-Queen Doro für<br />
Anfang August angekündigt hat. Erhältlich<br />
sein wird das Teil als CD wie auch auf Vinyl<br />
(und inzwischen natürlich digital)+++<br />
Bob Dylan ist der Musikvertreter unter<br />
den 13 Persönlichkeiten, die US-Präsident<br />
Barack Obama mit der Presidential Medal<br />
Of Freedom auszeichnen wird, dem höchsten<br />
Zivilorden, den die Vereinigten Staaten<br />
verleihen. In einer Pressemitteilung<br />
bezeichnete Obama Dylan als „einen der<br />
einflussreichsten Musiker des 20. Jahrhunderts".<br />
Die Orden werden noch in diesem<br />
Frühjahr im Weißen Haus an die Empfänger<br />
überreicht+++<br />
Erstmals findet vom 27. bis 29. Juli das<br />
Greenville <strong>Music</strong> Festival im brandenburgischen<br />
Paaren/Glienen 30 Kilometer<br />
westlich von Berlin statt. „Aufgeschlossenheit<br />
und Toleranz gegenüber neuen<br />
Entwicklungen gehören zu den prägenden<br />
Charaktereigenschaften des Festivals", versprechen<br />
die Veranstalter, ebenso die Beachtung<br />
ökologischer Aspekte. Als Headliner<br />
haben sie für die Premiere Iggy Pop & The<br />
S<strong>to</strong>oges, die Flaming Lips und The Roots<br />
verpflichtet. Weiter stehen auf der Besetzungsliste:<br />
Donots, Layla Zoe, Turbonegro,<br />
Wirtz, Kettcar, Selig, Dizzee Rascal, Noah &<br />
The Whale, Philipp Poisel. Zum Programm<br />
gehört auch ein Filmfestival. Infos unter<br />
www.greenvillefestival.com+++<br />
Gleich zwei Projekte haben die Wilson-<br />
Schwestern Nancy und Ann, ins Haus stehen:<br />
Mit ihrer Band Heart wollen sie im<br />
Ok<strong>to</strong>ber eine neue Studio-CD (FANATIC)<br />
und parallel dazu eine (schriftliche) Au<strong>to</strong>biografie<br />
veröffentlichen, doch vorher soll<br />
noch im Juni eine 4-CD-Box mit dem Titel<br />
STRANGE EUPHORIA erscheinen, eine Label<br />
übergreifende Retrospektive+++<br />
Der US-„<strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>ne” hat seine 2003<br />
erstmals erstellte Liste der „<strong>50</strong>0 Greatest<br />
Albums" überarbeitet. Dabei gehören El<strong>to</strong>n<br />
Johns selbst betiteltes Debüt und die<br />
ebenfalls 1970 erschienene Beach-Boys-<br />
Stichwort: Tollwood<br />
<strong>GoodTimes</strong> verlost unter allen Teilnehmern, Stichwort: Verlosung<br />
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hier ist der Einsendeschluss am 18.06.<br />
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Einsendeschluss ist der 20.07.2012!<br />
Seite 6 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
News Aktuell News<br />
LP SUNFLOWER sowie David Bowies<br />
Hitsammlung CHANGESONE (1976)<br />
zu den etwa 30 Longplayern, die<br />
aus der Bestenliste geflogen sind.<br />
Neuzugänge sind stattdessen Kayne<br />
West, Radiohead, Lil Wayne und<br />
Amy Winehouse. Zu der Erstellung<br />
der „<strong>50</strong>0 Greatest Albums", die in<br />
den USA in gebundener Form verkauft<br />
wird, hatten mehrere hundert<br />
Journalisten, Plattenfirmenverantwortliche<br />
und Musiker beigetragen.<br />
Die Liste war 2005 erstmals revidiert<br />
worden+++<br />
Zumindest für Nordrhein-Westfalen<br />
His<strong>to</strong>risches wird sich am 5. und 6.<br />
April 2013 in der His<strong>to</strong>rischen Stadthalle<br />
Wuppertal ereignen: Dann<br />
treten Procol Harum, das Sinfonieorchester<br />
Wuppertal und die<br />
Kan<strong>to</strong>rei Barmen-Gemarke (Dirigent:<br />
David Firma) zusammen auf. Tänzerisch<br />
begleitet werden die Band und<br />
das 140-köpfige Ensemble dabei<br />
von Jo Ann Endicott, Bénédicte Billiet,<br />
Alexandros Sarakasidis und Safet<br />
Mistele mit einem Ausschnitt aus<br />
„Kontakthof für Jugendliche"+++<br />
EM ROCKPARTY 2012 heißt eine<br />
Doppel-CD, mit der Warner ab dem<br />
18.5. auf Käufer unter den Fußballfans<br />
hofft. Die erste CD trägt den<br />
Untertitel „Wir rocken die Vorrunde",<br />
die zweite „Party bis zum Finale".<br />
Zu hören sind u.a. die Toten Hosen,<br />
Red Hot Chili Peppers, BossHoss,<br />
The Over<strong>to</strong>nes, Wheatus, Snoop<br />
Dog, Chumbawamba, Fatboy Slim,<br />
die Beatsteaks, Lenny Kravitz, Roger<br />
Cicero, Udo Lindenberg, Nickelbag,<br />
Coldplay, Billy Talent, Iggy Pop,<br />
Mando Diao, Hubert von Goisern und<br />
natürlich Gerry & The Pacemakers<br />
("You'll Never Walk Alone"), schwerpunktmäßig<br />
mit „siegessicheren internationalen<br />
Party-, Rock- und Fußballhits",<br />
wie Warner die Compilation<br />
mit 42 Songs anpreist+++<br />
Mit der Single "Starlight" (in elektrischer<br />
wie akustischer Version) haben<br />
sich die Schweizer Hard Rocker<br />
Gotthard am 20.4. mit ihrem neuen<br />
Sänger Nic Maeder zu Gehör gemeldet.<br />
Das dazu gehörige Mutteralbum<br />
FIREBIRTH kommt am 1. Juni heraus+++<br />
30-jähriges Jubiläum feiert das<br />
Finkenbach-Festival, das Guru<br />
Guru alljährlich ausrichten. Und<br />
die Liste der am 17. und 18.8.<br />
in Finkenbach auftretenden Acts<br />
kann sich wahrlich sehen lassen:<br />
Mit dabei sind neben den Gastgebern<br />
Jane, Epitaph, Man, Hattler,<br />
Rufus Zuphall, Bröselmaschine,<br />
die Ax Genrich Band, Vibravoid<br />
und Space Debris+++<br />
kult! No.6<br />
JETZT erhältlich!<br />
Beim Auftritt von Bruce Springsteen<br />
am ersten Wochenende des<br />
New Orleans Jazz Fest am 29. April<br />
kam Dr. John auf die Bühne und<br />
steuerte ein funky Piano bei, als der<br />
Boss das vielgecoverte "Something<br />
You Got" anstimmte, das Chris Kenner<br />
1961 in der Crescent City geschrieben<br />
hatte. Zuvor hatte Dr. John<br />
mit seiner zehnköpfigen Band Lower<br />
911 ein eigenes Set gespielt+++<br />
Während eines Radio-Interviews hat<br />
Gene Simmons kürzlich erzählt, dass<br />
Eddie Van Halen sich 1982 bei<br />
Kiss als Nachfolger von Ace Frehley<br />
ins Gespräch gebracht habe. „Er sagte<br />
damals, dass David Lee Roth ihn in<br />
den Wahnsinn treibe", so Simmons.<br />
Kiss hätten ihn schließlich abgelehnt,<br />
„weil er schlicht zu groß und bekannt<br />
war"+++<br />
Noch bis Juli ist Gitarrist Snowy<br />
White mit Roger Waters in Südund<br />
Nordamerika auf Tour unterwegs.<br />
Von Mexiko aus meldete sich<br />
White bei <strong>GoodTimes</strong> und berichtete,<br />
er wisse noch nicht genau, was<br />
er nach der Konzertreise machen<br />
werde. „Vielleicht beginne ich mit<br />
der Arbeit an einem neuen Album,<br />
habe aber noch keine Pläne für eigene<br />
Konzerte – auf jeden Fall kommt<br />
im September eine DVD von mir heraus"+++<br />
Der süafrikanische Songschreiber<br />
Guys Hobbs hat El<strong>to</strong>n John und<br />
Bernie Taupin verklagt. Sein Vorwurf:<br />
Die beiden hätten für Johns 1986er<br />
Hit "Nikita” den Text geklaut, den er<br />
1982 für sein Lied "Natasha" verfasst<br />
habe. Hobbs erklärte, er habe seine<br />
Lyrics 1984 an mehrere namhafte<br />
Musikverlage geschickt, darunter Big<br />
Pig <strong>Music</strong>, wo damals El<strong>to</strong>n John beheimatet<br />
war. 2001 habe er den Text<br />
von "Nikita" erstmals wahrgenommen<br />
und Übereinstimmungen bemerkt.<br />
Offen blieb, warum Hobbs erst jetzt<br />
aktiv wurde+++<br />
Die Singer/Songwriterin Shawn<br />
Colvin meldet sich nach längerer<br />
Funkstille am 22.6. mit dem Album<br />
AS FALL DOWN auch hier zu Lande<br />
wieder zu Gehör+++<br />
Trevor Rabin, einst Gitarrist bei Yes,<br />
kann seit vielen <strong>Jahre</strong>n auf eine erfolgreiche<br />
Solokarriere verweisen, auch im<br />
Bereich der Filmmusik („Armageddon",<br />
„National Treasure", „Get Smart"). Am<br />
29.6. legt er nun mit JACARANDA<br />
sein erstes Solo-Album seit 1989 vor,<br />
das er im<br />
Alleingang<br />
eingespielt<br />
hat. Nur<br />
fürs Schlagzeug<br />
holte<br />
er sich renommierte<br />
Kollegen<br />
dazu: Vinnie i Colaiuta, Lou Molino<br />
sowie Sohn Ryan. Allerdings war<br />
auch der eine oder andere (weibliche)<br />
Gast bei einzelnen Nummern dabei,<br />
als er den Mix aus Rock, Prog-Rock<br />
und Jazz produzierte: Tal Wilkenfeld<br />
(Jeff Beck, Herbie Hancock) am Bass<br />
sowie Sängerin Liz Constintine+++<br />
XENOPHONIE heißt das in diesen<br />
Tagen neu erscheinende Album der<br />
Fehlfarben. Die Band um Sänger<br />
Peter Hein sowie den Pyrola<strong>to</strong>r wurde<br />
wieder von Moses Schneider produziert,<br />
und zwar im renommierten<br />
Hansa-Studio in Berlin+++<br />
In den „Top <strong>50</strong> der Unterhaltungsmillionäre",<br />
die die englische Zeitung<br />
"Sunday Times” jedes Jahr neu<br />
erstellt, belegt Sir Paul McCartney<br />
Rang drei. Sein Vermögen ist<br />
demnach um 170 Millionen auf 665<br />
Millionen Pfund gewachsen. Vor ihm<br />
liegen der Plattenfirmenboss Clive<br />
Calder und Theaterproduzent Cameron<br />
Mackin<strong>to</strong>sh. Mick Jagger rangiert<br />
auf Platz 10 (190 Mio.)+++<br />
Der Filmzweig des Firmenimperiums<br />
des einstigen Virgin-Gründers<br />
Richard Branson hat die Filmrechte<br />
an Robert Greenfields Buch „Exile on<br />
Main Street: A Season In Hell” über<br />
die <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes erworben. Darin<br />
geht es vor allem um den wilden<br />
Sommer, den die Band 1972 in Südfrankreich<br />
verbrachte, als sie dort EXI-<br />
LE ON MAIN STREET aufnahm+++<br />
Die in den USA momentan ungemein<br />
angesagte Country-Popsängerin Taylor<br />
Swift führt derzeit Gespräche darüber,<br />
ob sie in der Verfilmung des Lebens von<br />
Joni Mitchell die kanadische Singer/<br />
Songwriterin verkörpern soll. Regie wird<br />
Katie Jacobs führen, die die US-TV-Serie<br />
„House” produziert hat+++<br />
Die Asia-Originalbesetzung (Geoff<br />
Downes, Steve Howe, Carl Palmer, John<br />
Wet<strong>to</strong>n) hat ein neues Studio-Album<br />
eingespielt. XXX erscheint am 2. Juli.<br />
Außerdem gibt es ihr 1982er Debüt noch<br />
in diesem Jahr als Collec<strong>to</strong>r's Edition+++<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 7<br />
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Lesen, was Spaß macht!
Vers<strong>to</strong>rben<br />
Robert Sherman (*19.12.1925) komponierte<br />
(vielfach gemeinsam mit seinem<br />
Bruder Richard) die Musik für zahlreiche<br />
Disney-Zeichentrickfilme („Dschungelbuch",<br />
„Mary Poppins"). Aus der Feder des<br />
Brüderduos stammte auch ”You’re Sixteen”,<br />
das zum Chart-Topper für Johnny<br />
Burnette (1960) und Ringo Starr (1974)<br />
wurde. Starb am 5.3.<br />
Gene "<br />
Joe" Byrd (*21.5.1933) profilierte<br />
sich als Pianist und Bassist, begleitete Jimmy<br />
Wi<strong>the</strong>rspoon, Mose Allison und Coleman<br />
Hawkins, leitete sein eigenes Trio. Der<br />
Bruder von Jazz-Legende Charlie Byrd kam<br />
am 6.3. bei einem Au<strong>to</strong>unfall ums Leen.<br />
Jimmy Ellis (*15.11.1937) war 1972 singender<br />
Mitbegründer der Trammps, die<br />
ihren größten Hit (#11) 1978 mit "Disco<br />
Inferno” landeten und die Disco-Welle mit<br />
anschoben, starb am 8.3. in einem Pflegeheim.<br />
Buddy Bugs" Henderson<br />
"<br />
(*20.10.1943), eigenwilliger texanischer<br />
Blues-Rocker, veröffentlichte auf dem<br />
Bremer Label Taxim<br />
und war seit vielen<br />
<strong>Jahre</strong>n gern gesehener<br />
Livegast auf<br />
deutschen Bühnen.<br />
Hatte 1966 als Mitglied<br />
von Mouse &<br />
The Traps den US-<br />
Hit "A Public Execution" kreiert, der einer<br />
der Garagen-Rockklassiker schlechthin<br />
war. Erlag am 8.3. einem Leberkrebsleiden.<br />
Terry Teene (*Februar 1942 als Terry<br />
Knutson), sang (Rockabilly), spielte diverse<br />
Instrumente und schrieb mehr als 300<br />
Songs, gehörte Terry & The Pirates und<br />
The Fireballs an und arbeitete auch als<br />
Clown. Als er am 9.3. mit dem Fahrrad<br />
unterwegs war, rammte ihn ein Lkw mit<br />
tödlichen Folgen.<br />
Michael Hossack (*17.10.1946) trommelte<br />
ab 1971 bei den Doobie Bro<strong>the</strong>rs,<br />
war bei vielen Reunions dabei. Krebs raffte<br />
ihn am 12.3. dahin.<br />
Eddie King (*21.4.1938), singender<br />
Bluesgitarrist mit eigener Band (Kingsmen),<br />
begleitete auch Willie Dixon, Sonny<br />
Boy Williamson II und Koko Taylor, bis ihn<br />
am 13.3. der Prostatakrebs besiegte.<br />
Cedric Sharpley (31.12.1952) saß für<br />
Gary Numan und dessen Tubeway Army<br />
am Schlagzeug. Der gebürtige Südafrikaner<br />
erlag am 13.3. einem Herzinfarkt.<br />
Eric Lowen (*23.10.1951) arbeitete zunächst<br />
als Songwriting-Duo mit Dan Navarro<br />
für David Lee Roth, die Bangles, Four<br />
Tops, Temptations und Dave Edmunds. Ihr<br />
größter Erfolg war 1984 Pat Benatars Hit<br />
"We Belong”. Später wurden Lowen & Navarro<br />
auch selbst auf der Bühne und im<br />
Studio aktiv. Erhielt 2004 die Diagnose<br />
ALS, eine tödliche Muskelkrankheit, die ihn<br />
am 23.3. das Leben kostete.<br />
Vince Lovegrove (*19.3.1947) sang ab<br />
1966 in Australien gemeinsam mit einem<br />
gewissen Bon Scott bei The Valentines. Er<br />
machte den Reibeisensänger mit seinen<br />
späteren AC/DC-Kollegen bekannt, arbeitete<br />
selbst als Musikjournalist, Manager (AC/<br />
DC, Cold Chisel, Jimmy Barnes, The Divinyls).<br />
Starb am 24.3. bei einem Au<strong>to</strong>unfall.<br />
Nick Noble (*21.6.1926) war vor allem in<br />
den <strong>50</strong>er <strong>Jahre</strong>n als Populär-Sänger erfolgreich,<br />
auch in den 60ern mit Country, feierte<br />
1978 ein kurzes Comeback, veröffentlichte<br />
insgesamt 109 Singles. Starb am 24.3.<br />
Earl Scruggs (*6.1.1924) war eine Banjo-<br />
Legende, einer der profiliertesten Bluegrass-<br />
Künstler und prägte zahllose Generationen<br />
mit seinem Gitarren- und Banjospiel. Arbeitete<br />
schon in den 40er <strong>Jahre</strong>n mit Bill<br />
Monroe, später im Duo mit Lester Flatt (g).<br />
Ihr erfolgreichster Song war die Titelmelodie<br />
der TV-Serie „Beverly Hillbillies" (1963:<br />
#44). Scruggs starb am 28.3. in einem<br />
Krankenhaus in Nashville.<br />
Jerry "<br />
Boogie" McCain (*18.6.1930)<br />
schlug sich als Bluessänger und Harpspieler<br />
durchs Leben, war mit ”East Of The Sun"<br />
und "Wine-O-Wine" bis zu seinem Ableben<br />
am 28.3. mittelprächtig erfolgreich.<br />
Jimmy Little (*1.3.1937) unter schrieb als<br />
einer der ersten australischen Aborigines<br />
1956 einen Plattenvertrag, veröffentlichte<br />
als Singer/Songwriter über 30 Alben, bis<br />
gesundheitliche Probleme sein Erdendasein<br />
am 2.4. beendeten.<br />
Barney McKenna (*16.12.1939) griff für<br />
die Dubliners in die Banjo- und Mandolinensaiten<br />
und war bis zu seinem Ableben<br />
am 5.4. das letzte echte Gründungsmitglied<br />
und spielte auch mit den Pogues.<br />
Jim Marshall (*29.7.1923) fing einst als<br />
Schlagzeuger an, arbeitete dann als Drumlehrer<br />
(Mitch Mitchell und Mickey Waller<br />
nahmen Unterricht bei ihm). Betrieb ein Instrumentaliengeschäft<br />
(vor allem Gitarren).<br />
Zu Weltruhm gelangte er allerdings durch<br />
die von ihm entwickelten und nach ihm benannten<br />
Verstärkeranlagen. Legendär sind<br />
die so genannten Marshall-Türme, die viele<br />
Gitarristen von Jimi Hendrix und Jimmy<br />
Page über Pete Townshend, Ritchie Blackmore<br />
oder Michael Schenker bis zu Eddie<br />
Van Halen und Slash auf der Bühne stehen<br />
hatten. Verstarb am 5.4.<br />
Cynthia Dall (*12.3.1971) war als Singer/<br />
Songwriterin eher lo-fi-mäßig aktiv, unter<br />
anderem mit ihrem damaligen Freund Bill<br />
Callahan bei der kalifornischen Band Smog.<br />
Sie veröffentlichte Soloscheiben, war singend<br />
auf einem Remix des Notwist-Songs<br />
"Torture Day" zu hören, verdiente durch<br />
ihre Fo<strong>to</strong>grafie dazu und starb am 5.4. in<br />
Sacramen<strong>to</strong> während der Arbeit an neuen<br />
Demos.<br />
David Shriver (*5.7.1935) war gemeinsam<br />
mit Eddie Cochran Mitglied von The<br />
Kelly Four und später auf zahlreichen<br />
Cochran-Hits zu hören; er griff später live<br />
und im Studio auch für die Beatles und<br />
Trini Lopez in seine Basssaiten und begleitete<br />
viele Acts in der „Ed Sullivan Show".<br />
Ging am 9.4. für immer.<br />
Jim Niven, Keyboarder der zwischen 1976<br />
und 1981 führenden australischen New-<br />
Wave-Band The Sports (Hit: "Who Listens<br />
To The Radio", 1979), nachdem er zuvor bei<br />
der The Captain Matchbox Whoopee Band<br />
aktiv gewesen war; verlor am 9.4. den kurzen,<br />
aber heftigen Kampf gegen den Krebs.<br />
Ritchie Teeter (*16.3.1951) trommelte<br />
zunächst für die Punkcombo The Dicta<strong>to</strong>rs,<br />
Anfang der 80er <strong>Jahre</strong> auch für die Schwermetaller<br />
Twisted Sister (ist allerdings auf<br />
keiner Platte zu hören). Zog sich früh aus<br />
der Musikwelt zurück, Speiseröhrenkrebs<br />
stand am 10.4. in seinem Totenschein.<br />
Barbara Buchholz (*8.12.1959 in Duisburg)<br />
sang und spielte Flöte und Theremin<br />
(berührungslos gespieltes elektronisches<br />
Musikinstrument), unter anderem für<br />
Reichlich Weiblich. Erlag am 10.4. einem<br />
Krebsleiden.<br />
Andrew Love (*21.11.1941) führte gemeinsam<br />
mit Wayne Jackson die legendären<br />
Memphis Horns an, spielte selbst<br />
Saxofon und war so auf über <strong>50</strong>-Nummer-<br />
1-Hits zu hören, veredelte u.a. Elvis Presleys<br />
"Suspicious Minds", Neil Diamonds "Sweet<br />
Caroline", Al Greens "Let’s Stay Toge<strong>the</strong>r"<br />
oder Dusty Springfields "Son Of A Preacher<br />
Man". Im Februar 2012 wurden die<br />
Memphis Horns mit dem Grammy Lifetime<br />
Achievement Award ausgezeichnet. Seine<br />
2002 diagnostizierte Alzheimer-Erkrankung<br />
kostete Love am 12.4. das Leben.<br />
Chris Gambles (alias Slip) landete mit der<br />
englischen Band Audio Rush 2004 die Hits<br />
"She’s Got Them Looks” und "The Rules Of<br />
Freedom”. Bis zu seinem allzu frühen endgültigen<br />
Abschied am 16.4. wurde er nur<br />
49 <strong>Jahre</strong> alt.<br />
Richard Dick" Clark (*30.11.1929)<br />
"<br />
brachte als Radio- und TV-Pionier, vor allem<br />
aber vier Jahrzehnte lang als Gastgeber<br />
der US-Kult-Serie „American Bandstand"<br />
(von 1957 bis 1963 täglich, danach immer<br />
samstags) viele Rock'n'Roll-, Pop- und<br />
Rockkarrieren auf den Weg, kreierte 1972<br />
die damals einzigartige Show „Dick Clark’s<br />
New Year’s Rockin’ Eve" auf dem New Yorker<br />
Time Square wurde oft als „America’s<br />
Oldest Teenager" bezeichnet. 1959 wurde<br />
er in einem spektakulären Prozess vom<br />
Payola-Vorwurf (DJ-Bestechung durch<br />
Promoter und Plattenfirmen) freigesprochen.<br />
Unterhielt in Branson, Missouri, ein<br />
Livemusik-Theater, bis er am 18.4. einem<br />
Herzinfarkt erlag.<br />
Curtis Hillman (*24.2.1961), der Neffe<br />
von Chris Hillman, spielte Bass in Bands<br />
wie Mrs. Green und auch The Green Thing,<br />
ehe er sich mehr und mehr einen Namen<br />
als Web-Designer machte. Starb am 18.4.<br />
an Darmkrebs.<br />
Mark "<br />
Levon" Helm (*26.5.1940) schrieb<br />
als singender Schlagzeuger mit The Band<br />
(und an der Seite Bob Dylans) Rockgeschichte,<br />
vor allem auch mit dem Kult-Konzertfilm<br />
„The Last Waltz" (Regie: Martin<br />
Scorsese), prägte den Folk-Rock der Hippie-<br />
Ära, nachdem ihn Ronnie Hawkins zuvor<br />
zu seinen Hawks gelotst hatte. Er arbeitete<br />
mit Dr. John und Booker T., veröffentlichte<br />
Soloplatten und eine Au<strong>to</strong>biografie. In<br />
seinem e in einer e Scheune e in Woods<strong>to</strong>ck,<br />
New York, eingerichteteten<br />
Studio entstanden<br />
nicht<br />
nur viele Platten<br />
(auch Carl<br />
Carl<strong>to</strong>n arbeitete<br />
dort), sondern<br />
richtete<br />
dort bis kurz vor seinem krebsbedingten<br />
Ableben am 19.4. auch regelmäßig Konzerte<br />
und legendäre Jamsessions aus.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Paul La Raia<br />
Greg Ham (*27.9.1953) prägte mit seinem<br />
Saxofon (und Flöte sowie Keyboards)<br />
den Sound der australischen Men At Work<br />
und von deren größten Hits "Who Can<br />
It Be Now?" (1981) und "Down Under"<br />
(1983). Ham wurde am 19.4. <strong>to</strong>t in seinem<br />
Haus in Melbourne aufgefunden.<br />
Bert Weedon (*10.5.1920) wirkte mehr<br />
im Hintergrund, beeinflusste durch seine<br />
Gitarren-Lehrbücher („Play In A Day")<br />
aber zahllose britische Gitarristen, darunter<br />
auch Eric Clap<strong>to</strong>n, Brian May, Keith<br />
Richards, John Lennon, Paul McCartney,<br />
Jimmy Page oder Pete Townshend. Er<br />
spielte in der BBC Showband, begleitete<br />
Frank Sinatra, Nat King Cole, Judy Garland,<br />
Adam Faith, Billy Fury und Tommy<br />
Steele. Ging am 20.4. für immer.<br />
Chris Ethridge (*1947) bearbeitete seinen<br />
Bass für die International Subma rine<br />
Band und die Flying Burri<strong>to</strong> Bro<strong>the</strong>rs,<br />
schrieb einige Songs gemeinsam mit Gram<br />
Parsons, war auf Platten von Judy Collins,<br />
Leon Russell, Johnny Winter, Randy Newman,<br />
Ry Cooder, Linda Ronstadt, The Byrds<br />
oder Jackson Browne zu hören und spielte<br />
zuletzt in Willie Nelsons Tourband, bis er<br />
am 23.4. wegen eines Bauchspeicheldrüsenkrebsleidens<br />
das Zeitliche segnete.<br />
Charles "<br />
Skip" Pitts (*7.4.1947) spielte<br />
seine Gitarre für Albert King, Cyndi Lauper,<br />
Wilson Pickett, Sam & Dave, Rufus<br />
Thomas, Al Green, die Isley Bro<strong>the</strong>rs und<br />
Isaac Hayes ("Theme From Shaft") – legendär<br />
in Musikerkreisen war sein Wah-<br />
Wah-Einsatz; auch als Schauspieler aktiv<br />
(„Black Snake Moan"); veröffentlichte<br />
2011 ein letztes Album mit seiner eigenen<br />
Band Bo-Keys. Am 1.5. erlag er einem<br />
Krebsleiden.<br />
Lloyd Brevett (*1.8.1931) war 1964 als<br />
Kontrabass spielendes Gründungsmitglied<br />
der Ska- und Reggae-Pioniere The Skatalites,<br />
denen er 2004 den Rücken kehrte.<br />
Erlag am 1.5. den Folgen eines im März<br />
erlittenen Schlaganfalls.<br />
Adam Yauch (*5.8.1964) machte unter<br />
dem Künstlernamen MCA als gelernter<br />
Bassist und Ex-Punk mit den Beastie<br />
Boys den HipHop und Rap salonfähig – ihr<br />
LICENSED TO ILL 1986 war das erste Album<br />
des Genres in den Billboard-Charts.<br />
Nur wenige Wochen nach der Aufnahme<br />
der Beastie Boys in die Rock'n'Roll Hall Of<br />
Fame erlag er am 4.5. einem Krebsleiden<br />
(Ohrspeicheldrüse).<br />
Seite 8 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
PRÄSENTIEREN<br />
beat beat beat<br />
The Last Cut<br />
Racey Christie The Manfreds<br />
The Searchers<br />
*Waldstraße 312, 63071 Offenbach<br />
Beginn: 19.00 Uhr, Einlass: 18.00 Uhr<br />
Ermäßigter Eintrittspreis für <strong>GoodTimes</strong>-Leserinnen und -Leser 26,– E<br />
(einschl. Versandkosten). Abendkasse: 34,– E<br />
Die Stadthalle Offenbach ist seit Mitte der 60er <strong>Jahre</strong> Kultstätte lege<br />
ndärer Konzerte.<br />
Fast alle Aufzeichnungen der Fernsehsendung beat beat beat fanden dort statt.<br />
Nach den großen Erfolgen in den vergangenen <strong>Jahre</strong>n fol gt am 6. Okt<br />
ober 2012 die 7. Auflage von beat beat beat.<br />
Alle Bands haben jede Menge Hits im Gepä ck und werden si cher für eine Superstimmung sorgen. In den Pausen können Sie<br />
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Swinging Sixties sehen. Außerdem findet im Foyer der Stadthalle wieder ein Schallplattenmarkt statt, wo für Sie die<br />
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2/37660-160, email: goodti<br />
time s@ nikma.de<br />
*<br />
Moderation Werner Reinke
THE ROLLING STONES<br />
<strong>50</strong> JAHRE – <strong>50</strong> FAKTEN<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
01.<br />
The Rollin' S<strong>to</strong>nes<br />
Male<br />
July 12/1962; Marquee Club<br />
London<br />
City Of Westminster<br />
Drew N. Hamold<br />
12th July 62<br />
Bis die ultimative Besetzung der <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes in den Startblöcken<br />
stand, gab's viel rein/raus. Neben den<br />
schon genannten Dick Taylor (b) und Tony Chapman<br />
(dr) mischten z.B. Carlo Little (dr) und Ricky<br />
Fenson (alias Brown; b) mit. Und auch der spätere<br />
Kinks-Schlagzeuger Mick Avory und<br />
der Gitarrist Geoff Bradford waren<br />
kurzzeitig mit an Bord – beide kamen<br />
allerdings über Proben mit dem harten Kern der Crew nicht<br />
hinaus. Als der Steinschlag zur Lawine wurde, waren beide bereits<br />
Geoff Bradford<br />
Mick Avory<br />
verabschiedet worden.<br />
Im Rahmen ihrer dritten USA-Tournee spielten die S<strong>to</strong>nes am 6.5.1965<br />
02.<br />
auch in Clearwater, Florida. Das Konzert wurde wegen massiver Tumulte<br />
abgebrochen, die Band rettete sich ins noble Jack Tar Harrison Hotel, wo<br />
man sich bis heute angeblich nicht an<br />
die langhaarigen Gäste erinnern kann.<br />
Ein Totalversagen der PR-Verantwortlichen,<br />
denn Keith Richards war in der<br />
Nacht zum 7.5. aufgewacht: „Ich hatte<br />
plötzlich dieses Riff im Kopf, schaltete<br />
meinen Cassettenrecorder ein und<br />
spielte es drauf." Der Gitarrist hatte<br />
mal eben "Satisfaction" in die Welt gesetzt,<br />
einen der berühmtesten Rocksongs der bisherigen i Geschichte ht und damals<br />
die Hymne aller Aufsässigen. Etwa <strong>50</strong>0 Versionen sind bis heute aufgenommen<br />
und offiziell veröffentlicht worden – von Otis Redding, Chris Farlowe, Mountain<br />
und anderen bis hin zum Ukulele Orchestra, Daniel Küblböck und Mick Swagger<br />
& The Sesame Street Cobble S<strong>to</strong>nes für die „Sesamstraße" ("I Can't Get No Cooperation";<br />
CD: BORN TO ADD).<br />
Am 7.7.1962 meldet das UK-Musikmagazin "<br />
Disc", dass ein geplanter Auftritt von Alexis Korner's<br />
Blues Incorporated im Londoner Marquee Club ausfällt. Ersatz an jenem 12.7.: "<br />
Mick Jagger and <strong>the</strong><br />
<strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes" – jene Newcomer, die eigentlich (noch) Rollin' S<strong>to</strong>nes heißen. Vier Tage später kündigt<br />
die "<br />
Jazz News" eine falsche Besetzung für diesen Gig an, denn Drummer Mick Avory (später bei den<br />
Kinks) ist gar nicht dabei. Auf der Bühne stehen: Mick Jagger (voc), Keith Richards (g), Elmo Lewis<br />
(g; = Brian Jones), Dick Taylor (b; später bei den Pretty Things), Ian Stewart (p) und Tony Chapman<br />
(dr; Ex-Presidents). Korner spielt zeitgleich eine "<br />
Jazz Club"-<br />
Radio-Show – am Schlagzeug sitzt Charlie Watts. Der debütiert mit<br />
den S<strong>to</strong>nes live erst am 17.1.1963 im Marquee, nachdem Bassist Bill<br />
Wyman bereits am 15.12.1962 in der Sandover Hall/Richmond zur<br />
Band ges<strong>to</strong>ßen war (andere Quellen nennen den 14.12. im Ricky<br />
Tick Club von Windsor). Bis sich die Besetzung Jagger-Richards-<br />
Jones-Wyman-Watts(-Stewart) stabilisiert, kommt es noch zu mehreren<br />
kurzfristigen Wechseln. Feststeht: Als "<br />
Geburtstag" der <strong>Rolling</strong><br />
S<strong>to</strong>nes gilt bis heute der 12.7.1962. Was seitdem geschah, füllt inzwischen<br />
Hunderte von Büchern, Magazinen und Dateien. <strong>GoodTimes</strong> erinnert in einem bunten Mix an<br />
ausgesuchte Fakten und Kurioses, an Namen und Nachrichten, an Verblüffendes und Vergessenes – und<br />
damit zwangsläufig nicht mal an die Spitze des gern zitierten Eisbergs ...<br />
03.<br />
Seite 10 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Sie hatten ihren Namen schon im Herbst 1957 eintragen und damit<br />
schützen lassen: Kenneth S<strong>to</strong>ne (*1932; g),<br />
Keith S<strong>to</strong>ne (*1928; g) und Bill S<strong>to</strong>ne (*1919; banjo)<br />
aus Bris<strong>to</strong>l waren demnach, völlig korrekt, The <strong>Rolling</strong><br />
S<strong>to</strong>nes. Als Mick & Co. dann 1965 voll im Saft standen,<br />
muckten die Brüder kurz auf und pochten auf<br />
ihr Firmenschild. Das Skiffle- und Western- Swingtrio<br />
sorgte damit vorübergehend für Presserummel, zu<br />
rechtlichen Schritten kam es jedoch nicht. Wie die spürbar wilderen Musikanten<br />
aus London die Sache regeln ließen, ist bis heute nicht durchgesickert. Der eher<br />
biedere Dreier jedenfalls machte als S<strong>to</strong>ne Bro<strong>the</strong>rs weiter.<br />
04.<br />
Mit den Alben THROUGH THE PAST, DARKLY (Achteckhülle), STICKY<br />
FINGERS (Reißverschluss) und SOME GIRLS („die-cut"/gestanzt) folgten<br />
noch weitere ungewöhnliche Cover-Varianten.<br />
Doch den Auftakt machte am 8.12.1967 THEIR<br />
SATANIC MAJESTIES REQUEST mit dem spektakulären<br />
3-D-Motiv („Wackelbild") nach einem Fo<strong>to</strong><br />
von Michael Cooper (1941–1973, Drogen<strong>to</strong>d) – er<br />
hatte u.a. auch den Umschlag für SGT. PEPPER der<br />
Beatles geliefert. Grundlage für den ungewöhnlichen<br />
LP-Titel war eine offizielle, amtliche Formulierung<br />
aus britischen Reisepässen. Dort hieß es „Her<br />
Britannic Majesty's Secretary of State requests and<br />
requires ...".<br />
Als der Abgang von Mick Taylor eingetütet war, ging Ende 1974 die<br />
05.<br />
Suche nach einem geeigneten Nachfolger los, wurde fast wöchentlich<br />
ein neuer Saitenrupfer durch die Schlagzeilen der Musikpresse getrieben. Aus<br />
heutiger Sicht eher lächerlich, dass Koryphäen wie Jeff Beck und Rory Gallagher
darunter waren, weil schließlich ein Teamplayer gesucht wurde,<br />
der – natürlich – Keith Richards nicht zu eng auf den Pelz rücken<br />
durfte. Bevor der offenbar pflegeleichte Wayne<br />
Ron Wood den Zuschlag erhielt, waren u.a.<br />
Perkins<br />
Peter Framp<strong>to</strong>n, Shuggie Otis, Wayne Perkins<br />
und Harvey Mandel mit in der spekta-<br />
Shuggie Otis<br />
kulären Verlosung um den prestigeträchtigen Job.<br />
Trauer bei den Fans, ein erster massiver<br />
06.<br />
Einschnitt in der S<strong>to</strong>nes-His<strong>to</strong>rie: Am<br />
3.7.1969 war Brian Jones – erst kurz zuvor gefeuert<br />
– unter bis heute nicht verbindlich geklärten Umständen<br />
im Swimming Pool seiner Cotchford Farm<br />
in Hartfield, Sussex, ertrunken. Bereits zwei Tage<br />
später spielte die Band ein Free Concert im Londoner<br />
Hyde Park vor über geschätzten<br />
2<strong>50</strong>.000 Menschen. Bei dieser<br />
Gelegenheit wurde<br />
der neue Gitarrist<br />
Mick Taylor<br />
(*17.1.1949 in<br />
Welwyn Garden<br />
City;<br />
Ex-John-<br />
Mick Taylor Mayall)<br />
vorgestellt,<br />
der dem Sound der Gruppe<br />
bis Ende 1974 auf sechs Alben neue,<br />
zusätzliche Qualitäten verlieh.<br />
Nicht nur böse Zungen<br />
07.<br />
erfanden eine Gesamtüberschrift<br />
für die musikalischen<br />
Solo-Aktivitäten<br />
einzelner S<strong>to</strong>nes-<br />
Urmitglieder:<br />
„Das Geld musste<br />
weg." Fest steht,<br />
dass Mick Jagger<br />
mit der Single<br />
"Memo From Turner"<br />
zwar einen<br />
Songriesen schuf,<br />
doch keines seiner<br />
eigenen Alben<br />
(SHE'S THE<br />
BOSS, PRIMITIVE COOL, WANDERING SPIRIT, GODDESS IN<br />
THE DOORWAY) erreichte das Format der Bandproduktionen.<br />
Für Keith Richards TALK IS CHEAP, MAIN<br />
OFFENDER, LIVE und Bill Wymans MON-<br />
KEY GRIP, STONE ALONE und BILL WYMAN<br />
gilt dasselbe (er überzeugt erst seit 1997<br />
mit seinen Rhythm Kings). Charlie Watts<br />
fuhr u.a. mit FROM ONE CHARLIE, WARM AND TENDER und<br />
LONG AGO & FAR AWAY separat auf der jazzigen Schiene e<br />
und versuchte erst gar nicht „steinig" zu wirken. Brian Jones<br />
(PRESENTS THE PIPES OF PAN AT JOUJOUKA) hatte sich<br />
ohnehin nur auf die Rolle eines Koordina<strong>to</strong>rs beschränkt.<br />
Dass es für einige der Alleingänge sogar Chartnotierungen –<br />
zwischen Platz 6 und 166 – gab, dürfte eher der Popularität<br />
der Personen geschuldet sein.<br />
Nach Altamont, so heißt es, hatten die<br />
08.<br />
einst freien, superkreativen, friedensbewegten<br />
Sixties ihre Unschuld verloren. Am<br />
6.12.1969 spielten die S<strong>to</strong>nes – nach dreimaliger<br />
Ortsverlegung – auf dem wenig geeigneten n<br />
Altamont Speedway nahe Livermore in Kalifornien.<br />
Ordner waren Hell's Angels, generell lag Aggression<br />
in der Luft. Mick Jagger stimmte gerade "Under My<br />
Thumb" an, da zog der 18-jährige Meredith Hunter<br />
vor der zu flachen Bühne eine Schusswaffe. Der Höllenengel<br />
Alan Passaro (21) reagierte, zog seinerseits<br />
ein Messer und erstach den unter Drogen stehenden en<br />
„Fan". Ein Gericht entschied 1971 für den Rocker:<br />
Fo<strong>to</strong>: © Zill/Bildarchiv Hallhuber<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 11<br />
Notwehr, Freispruch. Im Dokumentarfilm „Gimme Shelter" (1970) sind Grauen<br />
und Umstände sowie Reaktionen auf das Horrorkonzert festgehalten. Passaro<br />
wurde am 29.3.1985 <strong>to</strong>t aus einem Trinkwasserreservoir gefischt, er trug 10.000<br />
Dollar ungeklärter Herkunft bei sich. Fazit: einer der dunkelsten Momente in der<br />
Bandgeschichte.<br />
09.<br />
Rettung aus New York. Als die S<strong>to</strong>nes 1967 rundum um im Sumpf steckten,<br />
mit SATANIC ... eine widersprüchliche LP gezimmert<br />
hatten und der Abpfiff drohte, kam Jimmy Miller.<br />
Der Produzent (Jahrgang 1942) führte die Band zurück<br />
zur Form; Singles wie "Jumpin' Jack Flash" und "Honky<br />
Tonk Women" wurden Klassiker, die Albumreihe BEGGARS<br />
BANQUET, LET IT BLEED, STICKY FINGERS, EXILE ON<br />
MAIN ST und GOAT'S HEAD SOUP ist unübertroffen. Auch<br />
Family, die Spencer Davis Group, Spooky Tooth, Blind<br />
Faith, Traffic, Move, Steve Gibbons,<br />
Motörhead, Primal Scream und Sänger<br />
William Topley profitierten von<br />
seiner Richtlinienkompetenz. Am<br />
22.10.1994 starb „König Midas"<br />
aus Colorado (Drogen, Alkohol, Leberschaden)<br />
in seiner Heimatstadt<br />
Boulder.<br />
10.<br />
16 Mark + 10 Pfennig „Kulturab-<br />
gabe". Endlich<br />
hatten<br />
die staatlich<br />
geprüften<br />
„SPUs"<br />
(Schallplattenunterhalter = Discjockeys) legales Futter:<br />
anfangs mit ro(s)tbraunem Label, dann – als die Farbe<br />
zur Neige ging – in Hellblau.<br />
11.<br />
S<strong>to</strong>nes-Alben für den Verkauf<br />
gegen Devisen in<br />
Intershops gab es bereits seit 1975<br />
(MADE IN THE SHADE). Der Erstling<br />
auf dem DDR-eigenen Amiga-Label<br />
kam erst 1982 in die Läden: THE<br />
ROLLING STONES (855 885) reihte<br />
sich zwischen Kuddel & Hein (855<br />
884) und den Puhdys (855 886) ein<br />
– das Cover wurde von der (West-)<br />
NO. 2 übernommen, enthalten war<br />
eine Kopplung mit <strong>60s</strong>-Titeln. Preis:<br />
Mehr Masse war nie zuvor und danach bei<br />
einem Konzert der <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes: nach<br />
Veranstalter- und Polizeischätzungen schlappe 1,5<br />
Millionen begeisterte Zuschauer. Ort des Geschehens:<br />
der Copacabana<br />
Beach in Rio de Janeiro am 18.2.2006. 2006 An jenem Samstag<br />
spielte die Band einen bewährten 20-Titel-Mix aus<br />
Hits wie "Jumpin' Jack Flash", "Wild Horses", "Miss<br />
You", "Midnight Rambler" und neueren Tracks ("Rain<br />
Fall Down", "Rough Justice", "Oh No, Not You Again").<br />
12.<br />
Karel Gotts Deutsch-Fassung von "Paint It Black" ist Kult, generell erfreuen<br />
sich S<strong>to</strong>nes-Vorlagen großer Belieb<strong>the</strong>it:<br />
Wer in die vierstellige Menge an Cover-Versionen eintauchen<br />
möchte, tippt www.nzentgraf.de ein. Finnen ("Jo<br />
riittää"), Ex-Jugoslawen ("Uzmi ili ostavi"), Spanier ("Aqui<br />
en mi nube") usw. – alles da, mit zum Teil abenteuerlichem<br />
Gerumpel. Groß ist die Süd/Mittelamerika-Frak-tion,<br />
u.a. mit Mexikanern ("Pequena ayuda de mama"),<br />
Urus ("La neurastenia") und vor allem Los Loving Darks<br />
aus Bolivien ("Conneccion", "El Adivino", "Complicado"). Warum gibt es eigentlich<br />
keine Kopplung STONES AROUND THE GLOBE?<br />
13.<br />
<strong>50</strong> JAHRE – <strong>50</strong> FAKTEN<br />
Bierdeckel und Kaffeepötte, Popcorn-Eimer und Puzzles, Feuerzeuge<br />
und Klamotten satt: S<strong>to</strong>nes-Erinnerungsstücke unterschieden sich von
jeher kaum von denen anderer Top-Bands (und die dafür<br />
abzudrückenden Taler auch nicht). Nie im Handel war allerdings<br />
ein Gratisteil, das Discjockeys zum Abspielen der<br />
nicht eben überzeugenden Doppel-LP LOVE YOU LIVE<br />
animieren sollte – mit dem Signal, dass die Band auch<br />
1977 noch Biss hatte, gab es eine klappbare Kauleiste fürs<br />
Regal in der guten Stube.<br />
14.<br />
Nicht nur auf Vinyl, auch auf Zelluloid<br />
sind künstlerische Aktivitäten<br />
von S<strong>to</strong>nes-Mitgliedern verewigt. Mick Jagger<br />
wirkte (als Turner) in Nicolas<br />
Roegs „Performance" (1970)<br />
mit, spielte den Outlaw „Ned<br />
Kelly" (Regie: Tony Richardson;<br />
1970) und war in Geoff Murphys<br />
„Freejack" (1992) dabei. Sein Mitwirken i in Werner Her-<br />
zogs<br />
„Fitzcarraldo" musste 1982 aus terminlichen Gründen<br />
abgebrochen werden. Keith Richards<br />
gab – ungenannt – einen Soldaten in<br />
Volker Schlöndorffs „Michael Kohlhaas<br />
– Der Rebell" (1969) und war<br />
2007 an der Seite von Johnny Depp<br />
„Captain Teague" in „Fluch der Karibik<br />
– Am Ende der Welt" (Regie: Gore<br />
Verbinski). Brian Jones blieb zwar unsichtbar, lieferte aber<br />
bereits 1967 die Filmmusik für Volker Schlöndorffs „Mord<br />
und Totschlag". Hauptrolle: Anita Pallenberg.<br />
15.<br />
„Auf geht's, meine Drei-Akkord-Wunder!" So scheuchte Pianist Ian Stewart<br />
seine Mit-Steine stets auf die Bühne. „Abgang, du passt optisch<br />
nicht zur Band!" Fiktive Worte, mit denen der Ur-S<strong>to</strong>ne gefeuert wurde. „Stu",<br />
geboren am 18.7.1938 im schottischen Pittenweem, war gut genug fürs Spielen,<br />
doch seine zu grob geratenen Gesichtszüge<br />
kickten ihn raus. Immerhin<br />
durfte er noch Geräte tragen und<br />
bei Konzerten mitmachen – wie ein<br />
Aussätziger hinter einem Vorhang.<br />
Er bearbeitete die Tasten u.a. für Led<br />
Zeppelin, die Yardbirds, George Thorogood,<br />
die Downliners Sect, Stray<br />
Cats und Rocket 88. Zu seinen besten<br />
S<strong>to</strong>nes-Nummern gehörten "Around And Around", "Down The Road Apiece",<br />
"S<strong>to</strong>ned", "2120 South Michigan Avenue", "Flight <strong>50</strong>5". Über seinen Rauswurf<br />
hat er sich nie öffentlich beklagt, er hat ihn dennoch abgrundtief verletzt –<br />
„auch wenn er selbst und vor allem andere oft das Gegenteil behauptet haben",<br />
so seine Frau Cynthia. Am 12.12.1985 erlitt Stu im Wartezimmer seines Arztes<br />
in London einen Herzinfarkt und starb. Da waren Jammern und Geheule groß.<br />
16.<br />
Es bedeutete ein Wagnis, gelang und hatte einiges Gefolge. Trotz erheblicher<br />
Bedenken seitens der Decca-Verkaufsabteilung<br />
erschien am 17.4.1964 das LP-Debüt<br />
der S<strong>to</strong>nes in einem Cover ohne den Bandnamen, ohne<br />
Albumtitel – und das bei einem Erstling von noch wenig<br />
bekannten Newcomern!<br />
Der Mut<br />
wurde belohnt:<br />
Genau diese ungewöhnliche<br />
Strategie weckte zusätzliches<br />
Interesse, war Branchengespräch und fand<br />
Nachahmer (u.a. ROLLING STONES NO.2;<br />
Them/THE ANGRY YOUNG THEM). Die<br />
Deutschen trauten der Sache nicht und<br />
manipulierten sogar eine Werbung in der Zeitschrift „Leg auf". Für eine Wiederveröffentlichung<br />
von 1988 (London/ABKCO 820 047) setzten die Macher noch<br />
einen drauf – nun war auch noch das Label-Logo verschwunden ...<br />
17.<br />
Er hatte zu Beginn keine Ahnung, davon aber ganz viel – und avancierte<br />
blitzartig zu einem der wichtigsten Manager der gesamten Popgeschichte:<br />
Andrew Loog Oldham (*29.1.1944 in Padding<strong>to</strong>n). Der Ex-Barmann<br />
aus dem Flamingo Club bastelte den S<strong>to</strong>nes ihr Böse-Buben-Image, er feuerte<br />
Ian Stewart (weil ihm dessen Kinn nicht passte), schloss Jagger/Richards stundenlang<br />
in einer Küche ein, um sie zum Komponieren zu zwingen; er wollte gern<br />
Phil Spec<strong>to</strong>r sein, schrieb wirre Klappentexte und gründete das Immediate-Label.<br />
1967 traf ihn selbst der Stiefel: Der Mohr hatte seine Schuldigkeit getan, der<br />
Mohr durfte gehen.<br />
18.<br />
Hunderte S<strong>to</strong>nes-Bücher sind schon erschienen, darunter<br />
viele gute und sinnvolle – auch wenn sie schon<br />
etliche <strong>Jahre</strong> auf dem Umschlag haben und darum punktuell<br />
zwangsläufig überholt sind. Fakten, Fakten: Dieter Hoffmann<br />
legte 1991 mit „Das Weißbuch" den ultimativen<br />
Grundstein für Sammler, er ordnete<br />
auf 575 Seiten erstmals einen kaum<br />
noch überschaubaren Veröffentlichungsdschungel<br />
(New Media Records GmbH,<br />
Winsen). Felix Aeppli erweiterte 1996 das<br />
Spektrum mit dem hochklassigen „The<br />
Ultimate Guide 1962–1995" (607 Seiten;<br />
Record Information Services, Bromley):<br />
Platten, Sessions, Konzerte, Filme, Solowerke. Harmlos-char-mant<br />
hatte alles 1964 begonnen: Pete Goodmans „Our Own<br />
S<strong>to</strong>ry" (188 Seiten, Corgi Books, London), das erste S<strong>to</strong>nes-<br />
Buch überhaupt. Die Suche lohnt ...<br />
19.<br />
Wer auch immer die perfide Löschung veranlasste<br />
– es war doch eher<br />
peinlich und einfach unschön, was 2005<br />
rund um die (obendrein inhaltlich nicht sehr gelungene)<br />
Compilation RARITIES 1971–2003 geschah.<br />
Obwohl er auf diversen der 16 enthaltenen<br />
Tracks maßgeblich beteiligt war, wurde Bassist<br />
und Langzeitkumpel Bill Wyman – ausgestiegen<br />
1993 – vom Cover-Fo<strong>to</strong> der LP- und der CD-<br />
Ausgabe entfernt. Um dies zu korrigieren, zeigt<br />
<strong>GoodTimes</strong> das unverfälschte Originalmotiv.<br />
20.<br />
Es lief so gut: von "It's All Over Now" (7/1964) bis<br />
"Get Off Of My<br />
Cloud" (10/1965) nur Einser in den UK-Charts,<br />
fünf am Stück. Dann riss die Kette. Vor "Paint It Black"<br />
(5/1966 wieder ganz oben) kam der<br />
"19th Nervous Breakdown" – sehr<br />
lang, ebenfalls gut, ein unvergessliches<br />
Wyman-Bassgewummer am<br />
Schluss. Doch ausgerechnet ein Super-Softie<br />
kappte die Strecke, und ausgerechnet war's eine<br />
Beatles-Cover-Version, die den Lauf ruinierte: "Michelle",<br />
ein Samenzieher der soften Overlanders aus London, hatte erst "Keep On Running"<br />
(Spencer Davis Group) von Platz 1 geschossen und hielt die S<strong>to</strong>nes (#2) auf<br />
Distanz. Nicht übel für eine Eintagsfliege ...<br />
21.<br />
DTP 90013 lautet die Kennung für eine der obskursten deutschen Raritäten<br />
von Jagger ger&Co.: THE FANTASTIC ROLLING STONES. Eine<br />
MC von 1965 im Überformat<br />
120 x 77 x 12 mm<br />
– und mit veränderter<br />
Abspielgeschwindigkeit<br />
nur (!) verwendbar auf<br />
dem vier Kilo schweren<br />
Monster Grundig C 100<br />
(System: DC-International),<br />
das keine zwei <strong>Jahre</strong><br />
im Handel und ohne<br />
kompatiblen Nachfolger<br />
blieb. Die Kassette hatte<br />
ein weltweit einzigartiges<br />
Tracklisting, nie wurde<br />
woanders das Cover für<br />
irgendein Format (Single, EP, LP, CD) verwendet. Fast ein Wunder, dass Raubdrucker<br />
noch kein Album daraus strickten ...<br />
22.<br />
Who-Boss Pete Townshend war der Lauda<strong>to</strong>r, als die <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes (inklusive<br />
Ian Stewart, Brian Jones und Mick Taylor) 1989 – ein Jahr nach<br />
Seite 12 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
23.<br />
Chuck Leavell wird fanseitig als S<strong>to</strong>nes-<br />
Keyboarder hingenommen, kaum mehr.<br />
Sein „Vorgänger" Ian McLagan hatte weitaus bessere<br />
Karten, und Band-Mitgründer Ian Stewart ist ohnehin<br />
über jeden Zweifel erhaben. Einer bleibt: die<br />
Koryphäe, der sympathische Alleskönner zwischen<br />
Pop, Blues, Boogie – Nicky<br />
Hopkins (*1944). Einer der<br />
besten, angesehensten und<br />
meistbeschäftigten Session-<br />
Tastenmänner der Rockgeschichte,<br />
hat der Londoner<br />
unverwechselbare Highlights<br />
hinterlassen. Für Jagger<br />
& Co. prägte er Alben wie<br />
THEIR SATANIC MAJESTIES<br />
REQUEST, LET IT BLEED,<br />
STICKY FINGERS, EXILE ON<br />
MAIN ST(REET), GOAT'S<br />
HEAD SOUP und drückte<br />
einzelnen Songs wie "We<br />
Love You", "She's A Rainbow",<br />
"Sympathy For The<br />
Devil" und vielen anderen<br />
seinen Stempel auf. Zeitlebens<br />
litt der Spindeldürre<br />
an einer Darmerkrankung,<br />
der er 1994 in Nashville erlag.<br />
„Wir stehen tief in Nicky<br />
Hopkins' Schuld" hatten<br />
die S<strong>to</strong>nes auf der Cover-<br />
Rückseite von BEGGARS<br />
BANQUET wissen lassen –<br />
damit war schon 1968 alles gesagt.<br />
24.<br />
Die Beatles traten auf, die Kinks, Who,<br />
Yardbirds, Animals, Spencer Davis Group<br />
und und und – nahezu die gesamte britische Sixties-Chefetage<br />
stand irgendwann mal leibhaftig auf<br />
den Bühnen vom Star-Club, dem „Beat-Club" oder<br />
bei „Beat! Beat! Beat!", um den Germanen einzuheizen.<br />
Nur bei Jagger & Co. hat es offenbar nie<br />
gepasst, es blieb bei Filmeinspielungen.<br />
25.<br />
den Beatles – in die Rock'n'Roll Hall Of Fame in<br />
Cleveland aufgenommen wurden. Weitere Preisträger<br />
damals: Dion, Otis Redding, Stevie Wonder sowie<br />
Phil Spec<strong>to</strong>r als „Non-Performer". Bill Wyman<br />
und Charlie Watts blieben der Zeremonie fern, Mick<br />
Jagger verpasste in seiner Dankesrede Ex-Manager<br />
Allen Klein einen verbalen Tritt in den Hintern.<br />
Ein Potpourri der Klöpse. Auch Mick & Co. haben schon mächtig in den<br />
Mülleimer gelangt, denn Tourstress – wodurch auch immer verursacht<br />
... – trifft halt jeden mal. Wozu das führen kann, belegt die CD-„Sonderpressung"<br />
13 NERVOUS BREAKDOWNS (ohne Label; 13/65:45). Nur die<br />
verkniffensten „Steinis" werden nicht schmunzeln können,<br />
wenn ihre Lieblinge live komplett neben der Spur arbeiten. Zu<br />
den Highlights (1972–1999; u.a. Köln, London, Amsterdam,<br />
Seattle, Madrid) gehört Jaggers „Starfucker"-Text, obwohl<br />
seine Freunde „It's Only Rock'n'Roll" spielen ...<br />
26.<br />
Rätselraten, auch nach 44 <strong>Jahre</strong>n: Bis heute tauchen in Booklets, auf<br />
Hüllen etc. hinter dem Song "Child Of The Moon" die mysteriösen<br />
Buchstaben „rmk" auf. Variante 1:<br />
Es sind die Initialen der Vornamen<br />
der Kinder von ABKCO-Boss und<br />
Rechtehalter Allen Klein – eher Unfug,<br />
denn die Ableger heißen Jade<br />
und Jody. Variante 2: auf ein Aufnahmepro<strong>to</strong>koll<br />
gekritzelter (seit<br />
März 1968 nie hinterfragter und immer wieder übernommener) Technikerhinweis<br />
für „remote mic kill", eine Abschaltfunktion für Mikrofongespräche während<br />
einer Aufnahme im Studio. Variante 3: Abkürzung für „remake"; als Erinnerung,<br />
um keine falsche Fassung des Songs zu verwenden, der auch als Frühversion<br />
von den 1967er Sessions (Juli und Ok<strong>to</strong>ber) zu THEIR SATANIC MAJESTIES<br />
REQUEST existiert.<br />
27.<br />
Keine S<strong>to</strong>nes-LP verkaufte sich<br />
in den USA besser als SOME<br />
GIRLS von 1978: Rund sieben Millionen n<br />
Exemplare wechselten den Besitzer. Der<br />
Clou – das „die-cut"-Cover (= gestanzt)<br />
im „sash window"-Verfahren (= Schiebefenster)<br />
– geriet jedoch zum werbewirksamen<br />
Rohrkrepierer.<br />
Hüllenkünstler Peter Corris<strong>to</strong>n<br />
hatte, offenbar ohne zu<br />
fragen, auf der Innenhülle<br />
Damenporträts verwendet.<br />
Die Ladies (bzw. ihre Rechtsnachfolger)<br />
Farrah Fawcett,<br />
Raquel Welch, Marilyn<br />
Monroe, Liza Minnelli für<br />
ihre Mutter Judy Garland,<br />
Lucille Ball klagten. Folge:<br />
Die Bilder mussten gelöscht<br />
und neue Innentaschen gefertigt<br />
werden. Nicht vor<br />
Gericht zogen u.a. Brigitte<br />
Bardot, Gina Lollobrigida,<br />
Liz Taylor und Joan Collins.<br />
28.<br />
New Orleans), ihre Gesangsleistung auf "Gimme Shelter"<br />
(LET IT BLEED, 1969) ist bis heute beispielhaft für den Job<br />
einer Sessionmusikerin. Lange <strong>Jahre</strong> präsentierte die Band<br />
den Song live ohne Backing, so dermaßen überragend war<br />
Clay<strong>to</strong>ns Vorlage. Erst die ebenso großartige Lisa Fischer<br />
(*16.9.1963 Brooklyn, New York) brachte Abhilfe. Als sie<br />
in den <strong>Rolling</strong> Tross geholt wurde, avancierte die Nummer<br />
permanent zu einem Bühnenereignis.<br />
29.<br />
Die S<strong>to</strong>nes und<br />
Mädchen, Frauen,<br />
Damen etc. – S<strong>to</strong>ff für ein<br />
Buch mit Katalogumfang.<br />
Rein musikalisch verdienen<br />
vor allem zwei eine Extraerwähnung:<br />
Merry Clay<strong>to</strong>n<br />
(*25.12.1948.1948 in Gert Town,<br />
Brian Jones hatte schon Ende 1963 die offiziell unveröffentlichten<br />
Songs "Sure I Do" und " I Want You To Know" gesungen, und Bill<br />
Wymans eher gesprochenes "In Ano<strong>the</strong>r Land" fand<br />
sogar Platz auf der streitbaren SATANIC ...-LP von<br />
1967. Am 18.2.1969 war es dann endlich soweit: In<br />
den Londoner Olympic Studios sang Keith Richards<br />
seinen ersten kompletten Song (nach einer einzelnen<br />
Strophe für "Salt Of The Earth" 1968) – ein Produkt<br />
der Not: Jaggers Part war versehentlich gelöscht<br />
worden, der Meister jedoch gerade in Australien. Richards sprang ein und lieferte<br />
einen Klassiker fürs Gesamtwerk: "You Got The Silver". Ein früherer Take mit<br />
Mick wurde nicht mehr gebraucht.<br />
30.<br />
<strong>50</strong> JAHRE – <strong>50</strong> FAKTEN<br />
Merry Clay<strong>to</strong>n<br />
Eine der kuriosesten deutschen S<strong>to</strong>nes-Veröf-fentlichungen<br />
war und ist die 6-Track-EP AL-<br />
BUM PLAY (Decca DCD 81<strong>50</strong>0) von 1968. Sie war eine e<br />
Gratisgabe, abzuspielen „auf 33", an <strong>Music</strong>boxenaufsteller.<br />
Pech nur, dass fast alle Geräte für Tempo 45 ausgelegt<br />
waren ... Die enthaltenen Titel "Paint It Black", "Time Is<br />
On My Side", "Have You Seen Your Mo<strong>the</strong>r...", "Mo<strong>the</strong>r's<br />
Little Helper" und "Under The Boardwalk" waren in der Laufzeit einfach gekappt<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 13
worden. Interessant dagegen ist "Ruby Tuesday": Hier hatte man aus der Mitte<br />
eine Strophe entfernt, das in sich geschlossene Endprodukt geht damit als kürzere<br />
Fassung des Hits durch. Bootlegger lieferten in den Neunzigern eine Nachpressung<br />
ab. Sie ist leicht zu identifizieren: Beim Mittelloch des Covers fehlt ein<br />
weißer Rundum-Rand, und das Label auf der Platte wurde leicht verändert. 2010<br />
wechselte ein Original bei Ebay für 705 Euro den Besitzer.<br />
31.<br />
Nach achtjähriger Pause veröffentlichten die S<strong>to</strong>nes 2005 wieder ein<br />
Studio-Album, A BIGGER BANG. Resultat: Platz 2 in den UK-Charts,<br />
Rang 3 in den USA und Position 1 in Deutschland (hier wie die Vorgänger VOO-<br />
DOO LOUNGE 1994 und BRIDGES TO BABYLON<br />
1997). Die begleitende, nicht enden wollende Tour<br />
(10.5.05, Toron<strong>to</strong>, bis 26.8.07, London) spülte für<br />
246 Konzerte 558,2 Millionen Dollar in die Kassen.<br />
Geplante Shows in Nürnberg, Leipzig und Frankfurt<br />
mussten 2006 abgesagt werden: Nach einem<br />
Leitersturz 1998<br />
war Keith diesmal angeblich von einer Palme<br />
geplumpst. Er selbst erinnert sich allerdings an<br />
einen Ausrutscher in einem Boot.<br />
32.<br />
Bevor Jagger/Richards zur wertigen<br />
Au<strong>to</strong>renangabe wurde, meldeten die<br />
S<strong>to</strong>nes frühe Eigenkompositionen unter den<br />
Namen Nanker/Phelge zum Urheberrecht an.<br />
Ein „nanker" war so viel wie eine Grimasse<br />
(per Zeigefinger die Augenränder<br />
runterziehen, gleichzeitig die Nase<br />
hochdrücken). „Phelge" hingegen<br />
J. Phelge blieb lange ungeklärt, obwohl real<br />
existent: it t James Phelge, später u.a. Fo<strong>to</strong>graf<br />
und Gitarrenhändler, lebte 1962/63 mit Jagger,<br />
Richards und Jones im selben Gammel-Apartment<br />
in Chelsea (102 Edith Grove). Seine offenherzigen<br />
Erinnerungen an die Frühzeit sind<br />
im lesenswerten Buch „Nankering With The<br />
S<strong>to</strong>nes" (A Cappella Books, 304 S., Chicago,<br />
1998) festgehalten.<br />
33.<br />
Es ist ein gesuchtes Objekt bei<br />
Sammlern, die alles haben müssen,<br />
was auch nur entfernt mit dem Namen <strong>Rolling</strong><br />
S<strong>to</strong>nes zu tun hat. Der erste Tonträger,<br />
der von gleichnamigen Interpreten erschien,<br />
war eine Schellackscheibe mit den Titeln<br />
"Down By The Old Rio<br />
Grande"/"Mountain<br />
Angel" (Vic<strong>to</strong>r V-<br />
34.<br />
40316-A), aufgenommen<br />
in den<br />
Hollywood Recording<br />
Studios<br />
am 15.9.1930. Die beiden <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes: Jimmie<br />
Adams (1888–1933) und Bud Jamison (1895–1944)<br />
– beide eigentlich Schauspieler – aus New Jersey bzw.<br />
Kalifornien.<br />
Die Katalognummer (ABKCO AB 2442) war 1972 schon erteilt, doch<br />
Rechtehalter Allen Klein kippte die von Ex-Manager Andrew Oldham<br />
gekoppelte Compilation NECROPHILIA. Grund:<br />
Sie enthielt zu wenige Tracks, an denen er verdienen<br />
konnte. Das auch optisch opulente Album<br />
(Grafik: Fabio Nicoli, Fo<strong>to</strong>s: Gered Mankowitz)<br />
ersetzte Klein durch den Langweiler MORE<br />
HOT ROCKS. Immerhin erschienen 1974 – nachdem<br />
auch Bill Wymans BLACK BOX abgelehnt<br />
worden war – METAMORPHOSIS mit neun der<br />
NECROPHILIA-Nummern. Erst Bootlegger erweckten<br />
das Urprodukt in Dreifach-Klappverpackung<br />
zum Leben, zu den 15 Titeln gesellten sich noch eine Alternativfassung ti von "Think" sowie "Let The Good Times Roll".<br />
Fo<strong>to</strong>: © Bildarchiv Hartmut Hennig<br />
35.<br />
Es war, so Texter Mick Jagger, „Zeit für eine<br />
Palastrevolution": Als 1968 der "Street Fighting<br />
Man" die LP BEGGARS BANQUET bereicherte, war ein weiterer<br />
Bandklassiker und Schlachtross für Konzerte geboren.<br />
In Deutschland kam die Single auf Platz 7, in den USA nach<br />
lokalen Verboten (Aufruf zum Aufruhr, klar) nur auf Rang<br />
48. Die Briten verzichteten zeitnah sogar auf eine 45er: Erst<br />
als die Band schon das Label gewechselt hatte, schob UK-<br />
Decca den Kämpfer 1971 nach (#21). Für ein sofort aus<br />
dem Verkehr gezogenes Ami-Cover (London 909) mit Prügel-Polizisten<br />
wurden 2008 bei Ebay 9001 Dollar gezahlt,<br />
für eine dänische Variante des Motivs (Decca F 22825) über<br />
600 Dollar. Nur auf Bootlegs existiert eine Frühversion des<br />
Songs mit verändertem Titel ("Did Everybody Pay Their<br />
Dues?"), auf der neben den S<strong>to</strong>nes Nicky Hopkins, Dave Mason und ddie Family-<br />
Mitglieder Roger Chapman, Rick Grech und Jim King zu hören sind.<br />
36.<br />
Nachdem Marianne Faithfull 1968<br />
mal wieder kurz vor dem Empfang<br />
der schwarzen Essensmarken gestanden hatte,<br />
schrieb sie den Text zum au<strong>to</strong>biografischen<br />
Song "Sister Morphine". Der landete<br />
– völlig<br />
unterschätzt<br />
– im Februar<br />
1969 lediglich<br />
auf der B-Seite<br />
ihrer Single<br />
"Something<br />
Better". Komponistenangabe:<br />
Jagger/<br />
Richards, die<br />
den superben<br />
Titel 1971 auf<br />
STICKY FIN-<br />
GERS selbst<br />
veröffentlichten. Seit „La Faithfull" einen langen<br />
Rechtsstreit gewonnen hat, floss rückwirkend<br />
Kohle, und die große Sängerin muss als<br />
Co-Au<strong>to</strong>rin bei allen Veröffentlichungen genannt<br />
werden.<br />
37.<br />
"Con le mie lacrime"<br />
("Mit<br />
meinen Tränen") ist der<br />
einzige offiziell veröffentlichte<br />
S<strong>to</strong>nes-Song in<br />
nicht-englischer Sprache.<br />
Die italienische Version<br />
von "As Tears Go By" erschien<br />
als A-Seite – gekoppelt<br />
mit "Heart Of<br />
S<strong>to</strong>ne" (Decca F 22270; zwei Cover) im April 1966 als 45er.<br />
Neben der Sprache wurde auch das instrumentale Backing<br />
gegenüber dem UK-Original vom Ok<strong>to</strong>ber 1965 verändert.<br />
Der italienische Text stammt von Danpa, ein Pseudonym für<br />
den bekannten Au<strong>to</strong>r Dante Panzuti (Auskunft von dessen Sohn Andrea Maria).<br />
Neben der offiziellen Singlefassung (2:44) existiert eine weitere, geringfügig<br />
veränderte Aufnahme (2:59).<br />
38.<br />
His<strong>to</strong>risches geschah am 27.10.1962. In den Curly Clay<strong>to</strong>n Sound Studios<br />
im Londoner Stadtteil Highbury fanden sich die Herren Mick Jagger<br />
(voc), Keith Richards (g), Brian Jones (g),<br />
Ian Stewart (p), Dick Taylor (b) und Tony<br />
Chapman (dr) ein. Im Line-Up noch nicht<br />
ganz gefestigt, hatten sie 14<br />
Wochen zuvor als Rollin'<br />
S<strong>to</strong>nes den musikalischen<br />
Betrieb aufgenommen<br />
Dick Taylor<br />
– Zeit für eine unkorrigierte (Live-im-Studio-)Aufnahmeses-sion, die erste in der Geschichte der Band. Die Songauswahl<br />
Fo<strong>to</strong>: © K. K.<br />
Seite 14 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
fiel auf Jimmy Reeds "Close Toge<strong>the</strong>r", Willie Dixons "You Can't Judge A Book<br />
(By Looking At Its Cover)" und eine obskure Komposition des amerikanischen<br />
Bluessängers und -pianisten James Burke „St. Louis Jimmy" Oden (1903–1977),<br />
"Soon Forgotten" – sämtlich festgehalten auf einem Emidisc-Azetat, das schon<br />
vor rund 15 <strong>Jahre</strong>n für £ 6000 den Besitzer wechselte.<br />
39.<br />
Die S<strong>to</strong>nes in China – nach mehreren Anläufen seit 1980 erhielt die<br />
Band 2006 endlich grünes Licht dafür; geplante Shows im Rahmen<br />
der 40-Licks-Tour 2002/2003 waren wegen der grassierenden Sars-Seuche<br />
gestrichen worden. Am 6. April<br />
setzte sich von<br />
Nagoya (Japan)<br />
aus ein gigantischer<br />
Tross in<br />
Bewegung: mehr<br />
als 260 Tonnen Gepäck/Ausrüstung,<br />
verstaut in drei Jumbo-<br />
Jets. Zwei Tage später lernten<br />
8000 – mehr oder minder – ausgesuchte<br />
Zuschauer in Shanghai<br />
(„Grand Stage"; Vorprogramm:<br />
Bryant McNeil's Life On Earth)<br />
die Briten kennen, die in 105<br />
Minuten 18 Songs aus ihrer<br />
langen Karriere präsentierten.<br />
Weiterhin auf dem Index blieben<br />
"Brown Sugar", "Honky<br />
Tonk Women", "Let's Spend The<br />
Night Toge<strong>the</strong>r" und "Beast Of<br />
Burden", die das Kulturministerium<br />
wegen Sexismus verboten<br />
hatte (dass Konzert-Song Nr. 4,<br />
Fo<strong>to</strong>: © Bildarchiv Hartmut Hennig<br />
"Bitch", nicht von der Zensur betroffen war, unterstrich die geistige Schlich<strong>the</strong>it<br />
der gesamten Maßnahme).<br />
40.<br />
Krach ums Cover! 1968 hatte der Fo<strong>to</strong>graf Barry Feinstein (*1925) einen<br />
leckeren Lokus in einer Au<strong>to</strong>werkstatt in Hollywood<br />
abgelichtet – die Schmodderwand sollte, gesamtgestaltet<br />
vom Designer Tom Wilkes (1939–2009), die Hülle<br />
von BEGGARS BANQUET zieren. Fast klar: Saubermenschen<br />
bei Decca (UK) und London (USA) hielten verschreckt die<br />
Daumen nach unten: no Klo! Das Innenmotiv der Klapphülle<br />
– ein Bettlerbankett – war bereits vom Fo<strong>to</strong>grafen Michael<br />
Joseph in Sarum Chase, einer Nobelvilla in West Hampstead/London, d auf Film<br />
gebunkert.<br />
Nach monatelangem<br />
Streit gaben<br />
die S<strong>to</strong>nes<br />
nach: Es erschien<br />
eine<br />
nachempfundene, trübweiße Einladungskarte<br />
mit den Buchstaben<br />
R.S.V.P. (= répondez s'il vous plait<br />
= um Antwort wird gebeten).<br />
41.<br />
gefeiertsten<br />
Alben<br />
der Band (worüber man gewiss streiten kann: Hätte nicht<br />
eine Einzel-LP genügt?!). 1994 rutschte ein Reissue in<br />
<strong>50</strong> JAHRE – <strong>50</strong> FAKTEN<br />
Was für ein Charts-<br />
Comeback! 1972 hatte<br />
sich die Doppelscheibe EXILE ON<br />
MAIN ST(REET) im UK, in den<br />
USA und in Deutschland auf Rang<br />
1 der Hitlisten<br />
gesetzt<br />
– als<br />
eines der<br />
THE<br />
BAND<br />
FROM<br />
ROCKALL<br />
The Solo Project<br />
From Calum &<br />
Rory Macdonald<br />
OUT NOW<br />
Pho<strong>to</strong>graphy: Craig MacKay<br />
CD 88691 97887 2<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 15<br />
Der perfekte Schulterschluss zwischen Nostalgie und<br />
Neuland. Das Album wird nicht nur Fans von RUNRIG<br />
und Pop-Nostalgiker begeistern.
England immerhin bis auf Platz 74, doch der große Knall folgte 2010: UK #1,<br />
USA #2, Deutschland #3. Nach 38 <strong>Jahre</strong>n stand der Klassiker in Britannien wieder<br />
auf dem Platz an der Sonne – aufgepeppt mit zehn zum Teil nachbearbeiteten<br />
Bonus-Titeln aus dem Dunstkreis der EXILE-Entstehungsgeschichte.<br />
42.<br />
Kostümzeit für William Perks. Am 20.1.1957 rückte<br />
der spätere S<strong>to</strong>nes-Bassist Bill Wyman beim Militär in<br />
der Garnisonsstadt Carding<strong>to</strong>n ein: Luftwaffenbodenpersonal.<br />
Und schon am 19.7. begann (s)ein über einjähriges Auswärtsspiel<br />
in der Royal Air Force – Versetzung nach Oldenburg in<br />
Niedersachsen. Die Musikbox seines Stammlokals Zum grünen<br />
Wald versorgte den Zupfer in spe damals mit den neuesten<br />
amerikanischen Rock'n'Roll-Erzeugnissen. Er gründete eine<br />
Skiffle-Band, der kurzfristig auch der gleichaltrige Brian Cassar aus Liverpool<br />
angehörte – längst bekannter als Casey Jones.<br />
43.<br />
Deutsche S<strong>to</strong>nes-Raritäten in spe entstanden<br />
Ende 1969. In der zweiten September- bzw. ersten<br />
Dezemberwoche standen die Veröffentlichungen der<br />
Compilation THROUGH THE PAST, DARKLY und des neuen<br />
Albums LET IT BLEED auf dem Plan. Pech, dass die hiesige<br />
Teldec dabei vom englischen Decca-Haupthaus abhängig<br />
war: Von dort nämlich sollten das<br />
Achteck-Cover für die Kopplung und das Bonus-Poster für<br />
die Original-LP kommen. Nix war's – und das im anstehenden<br />
Weihnachtsgeschäft! Die deutsche Firmen<strong>to</strong>chter<br />
wollte nicht abschmieren und ließ innerhalb weniger Wochen<br />
zweimal eine optisch ärmliche Nothülle los (schneidig<br />
„Expresscover" genannt), inklusive Kärtchen zum späteren<br />
Umtausch gegen die fertigen Tüten. Beide Hilfstaschen sind heute dementsprechend<br />
gesucht.<br />
Brian Jones<br />
Perfekt frisierter blonder Mop-Kopp, schwarz-<br />
44. weißer Ringelpullover, Flower-Power-Klamotten:<br />
Neben seinem Talent und Können fiel S<strong>to</strong>nes-<br />
Gründer Brian Jones stets auch mit Äußerlichkeiten auf.<br />
Unvergessen bleibt dabei vor allem seine „Tränengitarre",<br />
eine weiße Vox, Modell Mark VI (die XII war zwölfsaitig),<br />
deren Pro<strong>to</strong>typ 1963 eigens für ihn von EKO hergestellt<br />
wurde. Das wegen seines außergewöhnlichen Designs<br />
preisgekrönte Instrument wurde später kurz offiziell<br />
nachgebaut, aber auch kopiert. Ein populärer, etwas jüngerer Nutzer: Tom Petty.<br />
45.<br />
So optisch präsent Brian auch war, so „zurückhaltend" blieb er in Bezug<br />
auf Copyrights – ein Songschreiber ist er nie gewesen.<br />
Nicht mal aufs Label einer Muster-Disc aus den Londoner<br />
Star Sound Studios von 1963 hat er's geschafft. Im Ok<strong>to</strong>ber<br />
des <strong>Jahre</strong>s nahmen die S<strong>to</strong>nes<br />
in den IBC-Studios, Portland<br />
Place, ein Reklame-Jingle für<br />
„Rice Krispies" von Kellogg's<br />
auf, "Wake Up In The Morning".<br />
Produzent: Jonathan Bolland, Toningenieur: Glyn<br />
Johns. Als Au<strong>to</strong>ren sind eingetragen: Jones/J.Walter<br />
Thompson. Letzteres steht dabei für Mitarbeiter der<br />
verantwortlichen tli gleichnamigen Werbeagentur, von der die Kampagne betreut<br />
wurde. Der 30-Sekunden-Schnipsel mit Jaggers Sprechgesang ist offiziell nie<br />
als Tonträger erschienen, er kursiert lediglich auf CD-Sonderpressungen wie z.B.<br />
MUSIK FÜR ALLE/REELIN' AND ROCKIN' mit der Nummer MFA-61.<br />
46.<br />
Es passiert eher selten, dass Künstler vom<br />
Kauf einer ihrer LPs abraten. So geschehen am<br />
20.3.1971, als mit der Überschrift „Finger weg!" Anzeigen<br />
in allen englischen Musikmagazinen erschienen. Die<br />
„Nachricht der <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes" warnte vor der in der Tat<br />
rundum nichtsnutzigen Kopplung STONE AGE mit Decca-<br />
Material (in einer ärmlich am 1968 verbotenen Klo-Cover<br />
orientierten Hülle), nachdem die Band ihr eigenes Label<br />
<strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes Records gegründet hatte. Die Warnung half<br />
nichts: Der Songmischmasch kletterte bis auf Platz 4 der UK-Charts. Deutschland:<br />
Rang 30, USA: unveröffentlicht.<br />
47.<br />
Am 21.3.1976 hatte die französische Sängerin und<br />
Schauspielerin Claudine Longet (*1942 in Paris; fünf<br />
kleinere US-Hits 1966–1968) in Aspen, Colorado, ihren Lebensabschnittsgefährten<br />
Vladimir „Spider" Sabich erschossen. Das<br />
Gericht urteilte nach schlampigen Polizeiermittlungen: ein Versehen,<br />
ein Unfall, 30 Tage Haft. 1986 heiratete Longet ihren<br />
Verteidiger Ron Austin. Die S<strong>to</strong>nes spielten den Song "Claudine"<br />
(mit rollendem Super-Pianospiel von Ian Stewart) ein, der in zwei<br />
Bootlegversionen existiert. Eine offizielle Veröffentlichung des<br />
Jagger/Richards-Titels war 1980 für die LP EMOTIONAL RESCUE<br />
als Opener vorgesehen, wurde wegen juristischer Bedenken dann aber ges<strong>to</strong>ppt.<br />
t<br />
48.<br />
Als Bassist Bill Wyman 1993 nach rund 30 <strong>Jahre</strong>n die <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes<br />
verließ, hatte Drummer Charlie Watts das erste<br />
Sagen, wer neben ihm zukünftig den Rhythmus angeben<br />
würde. Seine Wahl fiel auf Darryl Jones (*11.12.1961<br />
in Chicago), Ex-Mitglied der Band von Miles Davis und<br />
behängt mit viel Session-Lametta seit Arbeiten u.a. mit<br />
Madonna, Sting, John Scofield, Cher, Steps Ahead, Peter<br />
Gabriel, Eric Clap<strong>to</strong>n. Jones ist – wie zuvor auch Mick<br />
Taylor – bis heute kein S<strong>to</strong>nes-Mitglied, sondern bezahlter<br />
Angestellter; Beteiligung an Tantiemen, Konzertkohle<br />
etc.: Fehlanzeige. Seit VOODOO LOUNGE (1994) zupft der<br />
Amerikaner auch auf CDs der Briten.<br />
49.<br />
Drei Dinge machten im April 2011 Verblüffendes fendes möglich: 1) die gemeinsame<br />
Wertschätzung des Pianisten<br />
Ian Stewart; 2) die jahrelange Hartnäckigkeit des<br />
„Stu"-Fans Ben Waters (p); 3) die Technik. Erstmals<br />
seit 1992 waren Mick Jagger, Keith Richards, Charlie<br />
Watts, Ron Wood und auch Bill Wyman an der Arbeit.<br />
Sie lieferten Parts für eine überaus gelungene Version<br />
des Bob-Dylan-Titels "Watching The River Flow",<br />
der auf der CD BOOGIE 4 STU – A TRIBUTE TO IAN<br />
STEWART (Eagle, EAGCD441) erschienen ist.<br />
<strong>50</strong>.<br />
<strong>50</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes, ein Phänomen. Die Jubiläums<strong>to</strong>ur – wohl mit<br />
Bill Wyman (2013: 77) – ist aufs nächste Jahr verschoben, Richards (dann<br />
70) kränkelt momentan. Offizielle Begründung: g Den rockenden Geschäftsleuten fiel<br />
über Nacht ein, dass sich die<br />
Stammbesetzung erst im Januar<br />
1963 und nicht schon<br />
1962 gefunden hatte – klar,<br />
so was kann man nach<br />
einem halben Jahrhundert<br />
schon mal verwechseln, hat<br />
dann allerdings weltweit die<br />
Stirntipper auf seiner Seite.<br />
Vielleicht „stören" aber auch<br />
internationale Aufmerksamkeit<br />
abzwackende und<br />
prestigeträchtige Mega-Ereignisse<br />
wie die Fußball-EM<br />
und die Olympischen Spiele in London das Tourneeprojekt.<br />
Wie auch immer, was kommt noch? Kaffeesatzleserei. Sollten Jagger (2013: 70),<br />
Richards und/oder Watts (dann 72) mal aussteigen, wäre es wohl für immer<br />
vorbei. Der Vorrat an Unveröffentlichtem, an Demos und Verworfenem dürfte<br />
jedoch in jedem Fall immens sein (auch wenn die Band widerspricht). Nein, es hat<br />
sich – mit einiger Sicherheit – auch nach <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong>n noch längst nicht ausgerollt.<br />
R.I.P.<br />
Brian Jones (Gründer, Gitarrist) 1942–1969<br />
Ian Stewart (Gründer, Keyboarder) 1938–1985<br />
Nicky Hopkins (Keyboarder) 1944–1994<br />
Jimmy Miller (Produzent) 1942–1994<br />
Jack Nitzsche (Musiker, Produzent) 1937–2000<br />
Carlo Little (Schlagzeuger) 1938–2005<br />
Mike Leander (Arrangeur) 1941–1996<br />
Michael Cooper (Cover-Fo<strong>to</strong>graf ) 1941–1973<br />
Allen Klein (Manager, Label-Boss) 1931–2009<br />
Eric Eas<strong>to</strong>n (Co-Manager, Berater) 1928–1995<br />
Eric Eas<strong>to</strong>n<br />
Seite 16 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
STONES-Special<br />
Ein halbes Jahrhundert:<br />
LIVE – LIVE – LIVE !<br />
Streng wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge ist eine deutliche<br />
Mehrheit der vor 1954 geborenen Rockfans der Ansicht, dass die <strong>Rolling</strong><br />
S<strong>to</strong>nes die beste Rockband aller Zeiten sind, mindestens aber –<br />
hinter den Beatles – die zweitbeste. Wie dem auch sei, zu den ganz<br />
großen Favoriten des Großteils der <strong>GoodTimes</strong>-Leserschaft dürften<br />
Mick Jagger und seine Gang auf jeden Fall gehören – egal, ob mit<br />
Studioprodukten oder live.<br />
In den <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong>n, in denen die S<strong>to</strong>nes ihre Stellung<br />
aufbauten und be<strong>to</strong>nierten, haben sie<br />
unzählige Konzerte gespielt, die auf regulären<br />
Live-Alben, als Konzertfilme und auf immer neuen<br />
„inoffiziellen" Tonträgern dokumentiert sind. Hier<br />
geht es fast ausschließlich um den rechtlich abgesegneten<br />
Output. Der zeigt, dass die Band trotz aller<br />
Klasse erstaunlich oft gegen ein ehernes Gesetz<br />
verstößt, nach welchem Popgruppen im Konzert<br />
schlechter sind als im Studio, während es bei Rockbands<br />
umgekehrt ist. Geniale Studio-Alben gibt es<br />
reichlich. Aber live hat Jagger nun mal nicht immer<br />
seinen besten Tag als Sänger. Oder es fehlt generell<br />
die Inspiration. Mal kommt der Verdacht auf, die<br />
Band spiele Songs, derer sie überdrüssig ist, absichtlich<br />
in nur mediokren Versionen. Mal ist einfach<br />
auch nur der Sound suboptimal. So überragende<br />
Livescheiben wie von Thin Lizzy, The Doors oder<br />
den Grateful Dead gibt es von den S<strong>to</strong>nes letztlich<br />
leider nicht – GET YER YA-YA'S OUT steht zumindest<br />
als Herausforderer gut im Saft, andere gehören<br />
immerhin in jede anständige Sammlung. Also: „Ladies<br />
and gentlemen, let's spend <strong>the</strong> night <strong>to</strong>ge<strong>the</strong>r<br />
with <strong>the</strong> <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes."<br />
Das erste Live-Album GOT LIVE IF YOU WANT IT!<br />
entstand am 1. und 7.10.1966 noch mit Brian<br />
Jones. Es ertönten ruppige, von Jones' Eleganz nur<br />
teilweise „eingefangene" Frühhits wie "Not Fade<br />
Away", "The Last Time" und "Get Off Of My Cloud"<br />
sowie Zartes wie "Lady Jane". Schon damals: "Satisfaction"<br />
– in magerer Version<br />
– als Shows<strong>to</strong>pper. Der heutigen<br />
Maßstäben kaum entsprechende<br />
Klang ist ziemlich<br />
basslastig und verdeckt auch<br />
nicht einige handwerkliche<br />
Fehler, aber die fan-kreischige<br />
Atmosphäre törnt bis heute mächtig an. Insgesamt<br />
mehr Dokument als musikalischer Genuss. Und ein<br />
Kuriosum: Kein Ton wurde, wie werbewirksam propagiert,<br />
in der Londoner Royal Albert Hall mitgeschnitten!<br />
Aufnahme-Orte waren die City Hall in<br />
Newcastle und die Cols<strong>to</strong>n Hall in Bris<strong>to</strong>l. (Anm. d.<br />
Au<strong>to</strong>rs: Eine Live-EP mit identischem Titel war bereits<br />
im Juni 1965 erschienen. Eingeleitet von „We<br />
want The S<strong>to</strong>nes!"-Gebrüll enthielt sie Songs der<br />
Frühjahrs-Tour durch England, aufgenommen im<br />
März. LP und EP haben inhaltlich nichts miteinander<br />
zu tun).<br />
GET YER YA-YA'S OUT! (1970) wurde mit dem Jungspund-Gitarristen<br />
Mick Taylor in New York und<br />
Baltimore<br />
aufgenommen.<br />
Das<br />
Reper<strong>to</strong>ire<br />
besteht neben Klassikern aus frischem Material der<br />
LPs BEGGARS BANQUET und<br />
LET IT BLEED und zeigt – auch<br />
klanglich<br />
zufriedenstellend<br />
– die immense Klasse dieser<br />
S<strong>to</strong>nes-Besetzung. Die Luxusausgabe<br />
(2009) enthält zwei<br />
Bonus-CDs, zum einen Zusatzsongs,<br />
zum anderen das Set<br />
von B.B. King und Ike & Tina<br />
Turner (Vorprogramm). Eine<br />
Bonus-DVD gibt es außerdem,<br />
die Luxusausgaben natürlich<br />
zum Luxuspreis. Die New Yorker<br />
Konzerte im November 1969<br />
waren übrigens nicht Grundlage für die berühmte<br />
Bootleg-Platte LIVE'R THAN YOU'LL EVER BE – die<br />
entstand bei zwei Shows am 9.11.1969 in Oakland<br />
und steht bei vielen Kennern höher im Kurs als das<br />
offizielle Produkt.<br />
Gemisch: GIMME SHELTER<br />
(1972) ist ein Mix aus sechs<br />
Hits von 1968/69 und sechs<br />
Übernahmen von GOT LIVE IF<br />
YOU WANT IT!, das 1966 im<br />
UK rätselhafterweise nicht veröffentlicht<br />
wurde. Der nur für<br />
Komplettisten interessante Zwitter<br />
erreichte dort dennoch #19.<br />
Erst 1977 erschien das Doppelalbum LOVE YOU<br />
LIVE. Die S<strong>to</strong>nes, jetzt mit Ron Wood, spielen<br />
Klassiker wie "Around And<br />
Around" und "Jumpin' Jack<br />
Flash", doch den Löwenanteil<br />
macht Seventies-Material<br />
aus. Einige Tracks, wie "Hot<br />
Stuff", "Crackin' Up" und "If<br />
You Can't Rock Me", sind Raritäten.<br />
Das Niveau schwankt, weil die Gruppe teils<br />
brillant, dann wieder holprig und verschleppt agiert<br />
und der Sound nicht immer optimal ist – die Stimmung<br />
freilich schon.<br />
Trotz allen Aufwandes, den die Klangfüchse um Bob<br />
Clearmountain trieben, ist das auf 1981er Aufnahmen<br />
in den USA basierende Album STILL LIFE (1982)<br />
keine Ruhmestat. Die durch Ian McLagan (keys) und<br />
den farbigen Saxofonisten<br />
Ernie Watts (wertvoller Hinweis<br />
Jaggers: „Mit Charlie<br />
weder verwandt noch verschwägert"<br />
...)<br />
verstärkten<br />
S<strong>to</strong>nes spielten sich relativ uninspiriert<br />
durchs alt-neu-gemischte<br />
Programm.<br />
Erst fast zehn <strong>Jahre</strong> später erschien FLASH-<br />
POINT (1991), mitgeschnitten<br />
auf der „Steel Wheels/Urban<br />
Jungle World Tour" 1989/90.<br />
Enthalten ist der inzwischen<br />
übliche Mix aus 25 S<strong>to</strong>nes-<br />
<strong>Jahre</strong>n, von "Little Red Rooster"<br />
und "Paint It Black" über<br />
"Fac<strong>to</strong>ry Girl" und "Brown Sugar" bis "Rock And A<br />
Hard Place" und "Start Me Up".<br />
Mitschnitte aus Tokio,<br />
Lissabon, Paris und dem<br />
berühmten Amsterdamer<br />
Club Paradiso präsentiert<br />
STRIPPED von 1995. Die<br />
Stammbesetzung Jagger/<br />
Richards/Wood/Watts wird im Wesentlichen nur<br />
ergänzt durch Darryl Jones (b) und Chuck Leavell<br />
(keys). Diese Crew bewährte sich prächtig. Es<br />
gelangen brillante Versionen der üblichen Klassiker,<br />
vom seltenen "The Spider And The Fly" und<br />
Dylans "Like A <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>ne", das prompt zur<br />
Single befördert wurde. Die Songs werden nicht<br />
mit Zusatzstimmen überladen und sind fast bläserfrei<br />
arrangiert; und wo Bläser doch Sinn machen<br />
("Slipping Away", "Sweet Virginia") sind sie<br />
dezent eingesetzt. Dazu gibt es viel gutes Klavier.<br />
NO SECURITY (1997) bietet die<br />
nunmehr endgültig und unwiderruflich<br />
zum Gigantismus<br />
verpflichteten, „erweiterten"<br />
S<strong>to</strong>nes „all around <strong>the</strong> world".<br />
Das Programm umfasst 35 <strong>Jahre</strong>,<br />
mit "Waiting On A Friend",<br />
"Sister Morphine" und "The Last Time" als Höhepunkten.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 17
LIVE LICKS (2004) ist ein Doppeldecker und zugleich<br />
„der endgültige Querschnitt durch die<br />
S<strong>to</strong>nes-Karriere". Entstanden<br />
bei diversen Gelegenheiten<br />
während der „Licks 2002/2003<br />
World Tour" in kleinen Clubs,<br />
normalen Hallen und Stadien,<br />
werden Hits, seltene Albumtracks<br />
und Cover-Versionen<br />
gemischt, ohne dass irgendein Zweifel an der Kompetenz<br />
der S<strong>to</strong>nes auftaucht, in allen Sätteln souverän<br />
zu sitzen.<br />
LET'S SPEND THE NIGHT TOGETHER (1982) ist<br />
ein optisch hochwertiger Konzertfilm des renom-<br />
SOME GIRLS – LIVE IN TEXAS '78 (2011) ist die zuletzt<br />
veröffentlichte Live-CD der S<strong>to</strong>nes und nur<br />
zusammen mit der gleichnamigen<br />
DVD erhältlich. Auch<br />
hier reicht die Zeitspanne von<br />
frühen Tagen ("Sweet Little<br />
Sixteen") über Klassiker<br />
("Jumpin' Jack Flash") bis<br />
zum damals aktuellen Material<br />
vom Studio-Album SOME<br />
GIRLS. "Miss You" kommt in<br />
schön langer, superber Version,<br />
und "Far Away Eyes"<br />
wird vom Cajun-Geiger Doug Kershaw angenehm<br />
gewürzt. Jagger singt konzentriert und großartig.<br />
Die Filmversion überzeugt zusätzlich mit präzisen<br />
Bildern, die vor allem zeigen, welch begnadeter Gitarrist<br />
Ronnie Wood ist. Fast alle <strong>to</strong>llen Soli kommen<br />
von ihm, während Keith Richards (zu oft) nur<br />
die kittenden Nebengeräusche abliefert. Auch ist<br />
deutlich Charlie Watts' Kunst zu sehen, mit scheinbar<br />
einfachen Mitteln maximale Antriebskräfte von<br />
der Leine zu lassen.<br />
Der Vollständigkeit halber sei auch der ROCK AND<br />
ROLL CIRCUS erwähnt. In den Sixties blieb die Sause<br />
aus den Londoner Intertel<br />
Studios vom 11.12.1968 mit<br />
vielen populären Gästen (u.a.<br />
Jethro Tull, The Who, Marianne<br />
Faithfull) im Archiv<br />
– erst 1996 wurde das aufgezeichnete<br />
Material veröffentlicht,<br />
zu dem die S<strong>to</strong>nes sechs Titel beisteuerten.<br />
Das offizielle Live-Werk der <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes wird aktuell<br />
ergänzt durch die Möglichkeit, legal Konzerte<br />
aus dem Internet herunter zu laden. Das Anklicken<br />
von www.s<strong>to</strong>nesarchive.com führt zu LIVE/BRUS-<br />
SELS/17.10.1973, also zu Aufnahmen, die zwar<br />
auch „nur" bläserverstärkten Hit-S<strong>to</strong>ff bieten, aber<br />
eben mit dem famosen Mick Taylor am Griffbrett<br />
(und Billy Pres<strong>to</strong>n an den Tasten). Zudem war dies<br />
ein bemerkenswert gutes Konzert. "You Can't Always<br />
Get What You Want" (10:55) und "Midnight<br />
Rambler" (12:41) sind Sternstunden, auch der Rest<br />
geht voll in Ordnung. Außerdem im Angebot: L.A.<br />
FRIDAY (LIVE 1975) und das Konzert im Hamp<strong>to</strong>n<br />
Coliseum, Virginia/USA am 18.12.1981. An Keiths<br />
38. Geburtstag spielte man satte 25 Songs, darunter<br />
auch ein paar seltene wie "Neighbours" und "Black<br />
Limousine". Weiteres ist in der Pipeline.<br />
Der Grund der neuen Zugriffsmöglichkeit liegt auf<br />
der Hand: Hartnäckigen Bootleggern, die möglichst<br />
jeden Live<strong>to</strong>n der Gemeinde zugänglich machen<br />
wollen, soll das Wasser abgegraben werden, und<br />
dies in besserer Tonqualität. Kann es hier „romantische<br />
Einwände" geben? Kaum. Die geschäftlich<br />
cleveren S<strong>to</strong>nes räumen ihr Archiv aus, bevor ihnen<br />
die Kundschaft wegstirbt – oder sie selbst ...<br />
Nicht schlecht beraten wären sie, wenn auf diesem<br />
Weg endlich auch ATLANTIC CITY '89 (1990) legalisiert<br />
würde. Das Konzert vom 19.12.1989 landete<br />
bekanntlich auf einem illegalen 3-CD-Set und dokumentiert<br />
ohne jeden Zweifel<br />
einen kreativen Höhepunkt in<br />
musikalischer und klanglicher<br />
Hinsicht – Gäste wie Eric Clap<strong>to</strong>n,<br />
Axl Rose & Izzy Stradlin<br />
(Guns 'N' Roses) und vor allem<br />
der unvergleichliche John Lee<br />
Hooker steuern ihren kongenialen Anteil bei. Auch<br />
als DVD erhältlich.<br />
Auch schon in seligen VHS-Zeiten durfte man sich<br />
optisch & akustisch an den S<strong>to</strong>nes erfreuen. Umso<br />
mehr gilt das im DVD- (und Blue-ray-) Zeitalter.<br />
Hier eine Auswahl: Unverzichtbar ist natürlich THE<br />
STONES IN THE PARK, der<br />
Film über das Freikonzert<br />
am 5.7.1969 im Londoner<br />
Hyde Park. Es war der<br />
erste Auftritt des neuen<br />
Gitarristen Mick Taylor,<br />
der Brian Jones ersetzte.<br />
Jones war zwei Tage zuvor<br />
vers<strong>to</strong>rben, und so<br />
geriet der Auftritt vor einer<br />
halben Million Fans<br />
zum „Requiem For A<br />
S<strong>to</strong>ne". Mick Jagger las<br />
zunächst ein ergreifendes Gedicht von Percy Shelley<br />
vor – anschließend ackerte sich die hörbar nicht<br />
eingespielte Gruppe durch Tiefen ("I'm Yours, She's<br />
Mine", "Satisfaction") und Höhen ("I'm Free", "Love<br />
In Vain") bis zum fiebrigen Finale "Sympathy For The<br />
Devil", das von afrikanischen Perkussionisten angetrieben<br />
wurde. Aber auf die eigentliche musikalische<br />
Qualität kam es an diesem Tag ohnehin nicht an,<br />
sondern auf die einzigartig positive Stimmung eines<br />
Gemeinschaftserlebnisses: geschätzte bis zu <strong>50</strong>0.000<br />
friedliche Rockfans, die vor Ort die Vision einer besseren<br />
Zukunft für unsere Welt mit Leben erfüllten ...<br />
Das Gegenteil gilt für den Dokumentarfilm GIM-<br />
ME SHELTER (2009). Der Streifen der Cinémaverite-Pioniere<br />
David & Albert<br />
Maysles und Charlotte Zwerin<br />
schildert die letzten Tage der<br />
USA-Tournee 1969, die mit<br />
der unrühmlichen Katastrophe<br />
vom Altamont Speedway<br />
ihren tragischen Höhepunkt<br />
erreichte. Angesichts des von<br />
Hell's Angels ers<strong>to</strong>chenen<br />
Fans Meredith Hunter ist die<br />
Qualität der Musik Nebensache. Sehr gutes Booklet,<br />
was übrigens längst nicht für alle DVDs gilt.<br />
LIVE IN TORONTO (2010) enthält Mitschnitte von<br />
2003 in einem eigenartigen Sound, beginnt mit<br />
"Start Me Up" und endet mit<br />
"Jumpin' Jack Flash". Dazwischen<br />
läuft das Klassiker-Plus-X-Programm<br />
ohne größere Ausreißer<br />
nach oben und unten ab. Ausnahmen:<br />
"Tumbling Dice" wurde verwegen<br />
arrangiert. "Miss You" mit<br />
Justin Timberlake und "Sympathy<br />
For The Devil" kommen bemerkenswert<br />
gut rüber. Daumen nach unten für "Satisfaction"<br />
und "Jumpin' Jack Flash".<br />
STEEL WHEELS TOKYO 1990 (2008) entstand am<br />
26.2.1990 im Tokyo Dome,<br />
irritiert durch ein unscharfes s<br />
Bild, beginnt mit "Start Me<br />
Up" und endet mit "Jumpin'<br />
Jack Flash", ansonsten siehe<br />
LIVE IN TORONTO. Top-<br />
Leistung bei "Midnight Rambler",<br />
sehr schwach "Paint It<br />
Black". Zwei Stunden „mixed<br />
emotions", aber der Sound ist<br />
okay.<br />
Auch während der BRIDGES TO BABYLON-Tour '97-<br />
'98 wurde massiv mitgeschnitten. Hier erklingt "Satisfaction"<br />
in schwacher Version<br />
gleich zu Beginn und steht<br />
"Brown Sugar" am Schluss.<br />
Neben vielen S<strong>to</strong>nes-Standards<br />
ist mit "Flip The Switch", "I<br />
Wanna Hold You" und "Across<br />
The Bridge" auch Rares dabei.<br />
"Gimme Shelter" mit Lisa<br />
Fischer kommt gut, desgleichen<br />
eine laszive Fassung von "Miss You", wenn<br />
auch in Überlänge.<br />
Seite 18 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
© Pressefo<strong>to</strong><br />
mierten Regisseurs Hal Ashby,<br />
der Streifen war damals nur<br />
kurz in den Kinos zu sehen.<br />
Nicht allzu überraschend, denn<br />
es werden zwar 25 Songs geboten,<br />
aber der Sound ist nicht<br />
der beste, und die gehetzt<br />
wirkende Band schludert sich<br />
durch die Songs.<br />
LADIES & GENTLEMEN – THE ROLLING STONES<br />
(2010) wird als legendärer Film propagiert, der Mitschnitte<br />
von der 1972er „Exile On Main Street"-<br />
Tour präsentiert und 1974<br />
kurz in ausgesuchten Kinos<br />
lief. Vier Nächte wurden in<br />
Texas mitgeschnitten; zu<br />
erleben sind zumeist recht<br />
ordentliche Versionen von<br />
Songs aus den <strong>Jahre</strong>n 1968<br />
bis 1972. Mick Taylor spielt<br />
konzentriert, inspiriert und<br />
oft brillant. Ein Klassemusiker<br />
ganz ohne Starallüren.<br />
SHINE A LIGHT, auch als Doppel-CD erhältlich, wurde<br />
2007 immerhin von Martin Scorsese gestaltet,<br />
einem der bedeutendsten Filmregisseure der Gegenwart.<br />
Er versteht es meisterhaft, die besondere Magie<br />
eines S<strong>to</strong>nes-Konzertes adäquat einzufangen.<br />
Über die erweiterte Besetzung der Band kann man<br />
geteilter Meinung sein; bei einigen Titeln wäre eine<br />
kleinere, exakt(er) auf den Punkt kommende Band<br />
sicher besser gewesen. Interessant sind in jedem<br />
Falle die Gäste: Christina<br />
Aguilera schlägt sich besser<br />
als befürchtet. White-<br />
Stripes-Kopf Jack White<br />
gibt sich ruppig, wie es<br />
seine Art ist. Der absolute<br />
Höhepunkt des Films ist<br />
der Auftritt von Buddy<br />
Guy. Der größte lebende<br />
Bluesmusiker/gitarrist,<br />
ganz in Leder gekleidet,<br />
spielt Keith & Ronnie<br />
lässig an die Wand.<br />
Richards bleibt nichts anderes übrig, er schaut wie<br />
ein interessierter Schuljunge dem Meister auf die<br />
Finger. Zum Schluss schenkt er Guy mit resignierendem<br />
Blick seine Gitarre. Ein Großer verbeugt<br />
sich vor einem noch Größeren. Unausgesprochener<br />
Kommentar: „Okay, Buddy, nur du bist würdig, dieses<br />
Instrument zu spielen."<br />
Zu LIVE AT THE MAX (2001)<br />
stand im GT-Heft 3/2001:<br />
„Eine Auswahl der Höhepunkte<br />
in London, Berlin<br />
und Turin der Steel Wheels'-<br />
'<br />
Tour 1989/90, die seinerzeit<br />
in der Presse als triumphale<br />
Wiederauferstehung … gefeiert<br />
wurde … wobei hier mit<br />
Max die Imax-Aufnahme-technik<br />
gemeint ist. Qualitativ<br />
hervorragend …"<br />
Und zum Viererpack FOUR FLICKS (2003) befand<br />
<strong>GoodTimes</strong> in Heft 1/2004: „Mit neun Stunden<br />
Laufzeit setzen sie ein weiteres Ausrufezeichen. Auf<br />
je einer DVD finden die S<strong>to</strong>nes-<br />
Maniacs ein Stadion-, ein Hallen-<br />
und ein Clubkonzert der<br />
Jubiläums<strong>to</strong>ur 2002/2003.<br />
Welcher der Auftritte nun am<br />
besten ist, darüber lässt sich<br />
streiten, aber natürlich verströmt<br />
das Pariser Clubkonzert<br />
mit seinem Back-To-The-Roots-Charme eine ganz<br />
eigene Atmosphäre …".<br />
THE BIGGEST BANG (2007) macht seinem Titel alle<br />
Ehre. Die 4-DVD-Edition mit Aufnahmen aus den<br />
USA, Brasilien, Japan, Argentinien und China beweist<br />
die Wel<strong>the</strong>rrschaft der<br />
S<strong>to</strong>nes auf der Bühne und<br />
hat viele grandiose und<br />
auch ein paar matte Leistungen<br />
quer durch 35 <strong>Jahre</strong><br />
im Angebot. Höhepunkte<br />
sind (mal wieder) "Gimme<br />
Shelter" mit Lisa Fischer in<br />
China und "Paint It Black"<br />
in Argentinien. Die Bonus-<br />
Duette mit Bonnie Raitt,<br />
Cui Jian, Dave Mat<strong>the</strong>ws<br />
und Eddie Vedder zeigen, dass selbst die beiden<br />
Letztgenannten neben Jagger zu kleineren Musikern<br />
schrumpfen.<br />
S<strong>to</strong>nes live – ein Fazit:<br />
Das jeweils mit einigen wechselnden Raritäten<br />
durchmischte, ansonsten aber weitgehend<br />
fest gezurrte Livereper<strong>to</strong>ire funktioniert<br />
seit Jahrzehnten praktisch<br />
weltweit perfekt. Das lässt zwingend<br />
die Vermutung zu, dass die<br />
am meisten bewährten Jagger/<br />
Richards-Kompositionen eigentlich<br />
zur Klassik des 21. Jahrhunderts<br />
und darüber hinaus zählen werden/<br />
sollten/müssten.<br />
Der sich seit den 70er <strong>Jahre</strong>n<br />
permanent steigernde Aufwand<br />
beim „musikalischen Hilfspersonal"<br />
und bei Bühnenaufbau,<br />
Lichteffekten und Pyrotechnik hat<br />
aus der einst kantigen Blues-Rockband<br />
ein Multispektakel gemacht,<br />
das einen wegbläst, wenn das<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Konzert gut ist. Viel weiter weg vom Blues der frühen<br />
<strong>Jahre</strong> kann man eigentlich gar nicht sein. Dies<br />
ist durchaus auch bedauerlich, führt aber nicht<br />
dazu, dass sich die Masse der Fans von den S<strong>to</strong>nes<br />
abgewandt hat. Besucherrekorde und üppige Umsätze<br />
beim Merchandising sprechen eine eigene<br />
Sprache. Nicht zuletzt, weil die Musik noch immer<br />
diesen mit Worten nicht beschreibbaren Prickelfak<strong>to</strong>r<br />
hat.<br />
Keith Richards – man mag mich prügeln –<br />
kann einfach nicht singen. Mit ihm statt Mick<br />
Jagger am Mikro wären die S<strong>to</strong>nes nie (nie!) groß<br />
herausgekommen. Mit Jagger an der Gitarre wäre<br />
aber auch nichts ins Rollen geraten ...<br />
Mittlerweile (man achte auf die angegriffenen<br />
Finger) spielt Keith auch nicht mehr gnadenlos<br />
gut Gitarre. Oft reicht es nur für schöne Intros.<br />
Danach hält er sich an seiner Gitarre mehr fest, als<br />
dass er sie spielt.<br />
Mick Jagger hat auf den Bühnen dieser Welt<br />
so viele Kilometer rennend & singend zurückgelegt,<br />
dass eine Umrechnung in Marathonläufe<br />
eine lohnende Rechenaufgabe wäre.<br />
Charlie Watts ist der wahre Mo<strong>to</strong>r einer Band,<br />
deren Kopf zweifellos Mick Jagger ist und deren<br />
Herz noch immer Keith Richards. Beide haben<br />
aber unterschiedlich gute Tagesform. Charlie nicht:<br />
Egal was passiert, der unantastbare Fanliebling<br />
trommelt unerschütterlich. Das macht ihn zum<br />
coolsten aller coolen Freaks, die sich jemals <strong>Rolling</strong><br />
S<strong>to</strong>ne nennen durften.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 19
<strong>Rolling</strong>-S<strong>to</strong>nes-Museum<br />
Von Björn Vogt<br />
Lebenstraum in Lüchow<br />
Fo<strong>to</strong>s: © Björn Vogt<br />
Wenn die <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes die dienstälteste Rockband<br />
der Welt sind, ist Ulli Schröder ihr wohl dienstältester<br />
Fan. Seit 1965 sammelt er alles, was mit Mick,<br />
Keith, Ronnie, Charlie & Co. zu tun hat. In seinem<br />
Heimatstädtchen Lüchow kaufte er 2008 einen<br />
Supermarkt und investierte eine Menge Geld<br />
und Arbeit. Er tauschte Joghurt und Toastbrot gegen<br />
Schallplatten und Gitarren und errichtet das<br />
weltweit erste <strong>Rolling</strong>-S<strong>to</strong>nes-Museum – sogar mit<br />
Groupie-Zimmer"... Von den Rockstars und deren<br />
"<br />
Management geduldet (aber nicht au<strong>to</strong>risiert), soll<br />
das privat geführte Haus zur Pilgerstätte für Fans<br />
aus aller Welt werden.<br />
Ein Luxushotel in Dublin. Roter Teppich,<br />
Stretchlimos, Paparazzi. Anläßlich seines<br />
<strong>50</strong>. Geburtstags im Juni 1997 hatte <strong>Rolling</strong>-S<strong>to</strong>nes-Gitarrist<br />
Ron Wood gleich drei Etagen<br />
gemietet. Während der Party saß der Gastgeber<br />
irgendwann neben Ulli Schröder, einem Bankangestellten<br />
aus Lüchow (Niedersachsen). Der Bausparvertreter<br />
hatte in den Wochen zuvor die Aufmerksamkeit<br />
des Rock'n'Roll-Superstars geweckt.<br />
Und Ronnie ließ es sich nicht nehmen, den „verrückten<br />
deutschen Sammler" zu seiner Party einzufliegen.<br />
Schröder und Wood verstanden sich so gut,<br />
dass ihm der malende S<strong>to</strong>ne am frühen Morgen die<br />
alles entscheidende Frage stellte: „Willst du weiter<br />
als Bausparbanker dein Geld verdienen oder mit Sex,<br />
Drugs & Rock’n'Roll?" Schröder überlegte nicht lange.<br />
„Das mit den Drogen muss nicht sein, der Rest<br />
passt", grinste er, schlug ein – und gab seinen Job<br />
auf. Seitdem ist er offizieller Galerist von Ron Wood.<br />
Schröder: „Das war im Prinzip auch die Geburtsstunde<br />
des S<strong>to</strong>nes-Museums" – schon lange wollte<br />
er seiner faszinierenden Sammlung einen würdigen<br />
Rahmen geben, im beschaulichen Wendland. In<br />
Dublin entschied der Sammler, seiner Lieblingsband<br />
ein Museum zu errichten. 2012 war's geschafft.<br />
Das Bandmanagement sondierte im Vorfeld genau,<br />
was es mit diesem Paradiesvogel auf sich hat, der<br />
im S<strong>to</strong>nes-But<strong>to</strong>n-übersäten Frack und Leucht-<br />
Zylinder schon 169 S<strong>to</strong>nes-Konzerte besucht hat.<br />
Sie besuchten Schröder – und gaben grünes Licht.<br />
Seit seiner Jugend sammelt Schröder alles, was mit<br />
der Band zu tun hat. Geboren in einer Kleinstadt<br />
in der Lüneburger Heide, war er fasziniert von den<br />
wilden Rockern, dem Protest und Aufbruch, den<br />
sie verhießen. Ab 1965 investierte Schröder seinen<br />
Zeitungsträgerlohn in alles, was mit den S<strong>to</strong>nes zu<br />
tun hat. Über 3<strong>50</strong>0 verschiedene S<strong>to</strong>nes-Exponate<br />
besitzt er inzwischen: 2<strong>50</strong>0 LPs, Konzerttickets,<br />
But<strong>to</strong>ns, Poster, Banner, Aufsteller, Marionetten,<br />
Goldene Schallplatten, signierte Gitarren und Bildbände,<br />
großformatige Gemälde, 300 verschiedene<br />
T-Shirts, Flipper, Musikboxen, Fo<strong>to</strong>s, unzählige<br />
Zeitungsartikel, Tassen, Uhren – sogar Pyrotechnik<br />
und Konfetti, das am Ende von Konzerten auf das<br />
Publikum regnet.<br />
Die weltweit größte Dauerausstellung mit über 100<br />
Grafiken von Ron Wood zeigt Ulli Schröder im Lüchower S<strong>to</strong>nes-Museum.<br />
Schröder (62) ist ein Mann mit einer Mission, aber<br />
keineswegs verrückt. Vielmehr steckt er an mit sei-
nem Enthusiasmus. Vor dem Entschluss, sein Museum<br />
zu bauen, hatte ihm ein Sammler eine Million<br />
Dollar für seine Kollektion geboten – Schröder<br />
lehnte ab. Er nahm Kontakt zu Egon Struck auf,<br />
einem Gutachter des niedersächsischen Kultusministeriums.<br />
Der begründete auf 67 Seiten, wie ein<br />
derartiges Vorhaben Tourismus und Wirtschaft in<br />
der Kleinstadt beleben könnte. Das überzeugte den<br />
Stadtrat, Schröder mit 100.000 Euro zu unterstützen<br />
– beispiellos im chronisch armen Lüchow. In Leserbriefen<br />
empörten sich Gegner des Projektes. Aber<br />
Schröder setzte sich durch und arbeitete beharrlich<br />
weiter. Und kaufte 2008 einen leerstehenden Supermarkt<br />
im Herzen der Stadt.<br />
Nach jahrelanger Planung wurde das Gebäude 2010<br />
komplett entkernt und auf zwei Ebenen umgebaut.<br />
Schröder und fünf, sechs befreundete S<strong>to</strong>nes-Fans<br />
arbeiteten zwei <strong>Jahre</strong> ohne Bezahlung. Dann war es<br />
endlich soweit – statt Streichwurst und Hüttenkä-<br />
ihn leihweise zurück,<br />
wenn er noch mal<br />
mit den Jungs auf<br />
Tour geht", schmunzelt<br />
Schröder. Zwar<br />
mussten die S<strong>to</strong>nes<br />
im Jubiläumsjahr<br />
2012 ihre lange geplante<br />
Tour absagen,<br />
aber 2013 wollen<br />
sie es noch mal<br />
wissen. Falls doch<br />
nicht: Fans finden<br />
in Lüchow fast alles,<br />
was tröstet. Zum<br />
Beispiel die weltgrößte<br />
Sammlung an<br />
Ron-Wood-Arbeiten.<br />
1<strong>50</strong> Grafiken, darunter<br />
Lithografien<br />
EXILE ON MAIN STREET gilt heute als eines der besten Alben der <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes.<br />
Ulli Schröder zeigt einige besondere (auch goldene) Schallplatten in seinem Museum.<br />
se ein wildes Rock'n'Roll-Museum – im heimeligen<br />
Fachwerkgewand. Es gab gleich mehrere Eröffnungen,<br />
je nach Stand der Bauarbeiten. Die offizielle<br />
erfolgte am 27. April 2012. Kurz zuvor kam es zu<br />
einer unerwarteten Pressekampagne. Schröder war<br />
es trotz „angepisster"<br />
Frauen<br />
nur recht: Eine<br />
S<strong>to</strong>ry um vermeintlich<br />
sexistische<br />
Kussmund-Urinale<br />
auf dem Herrenklo<br />
des Museums<br />
lief um<br />
die ganze Welt.<br />
Schröder: „Zumindest<br />
unsere<br />
Toiletten kennt<br />
jetzt jeder."<br />
Exakt 169 S<strong>to</strong>nes-Konzerte hat Schröder bislang besucht;<br />
er besitzt eine Backstage-Berechtigung und<br />
hat die S<strong>to</strong>nes dort auch schon gesehen. Er wurde<br />
von Keith Richards schon mal angeblafft, er solle<br />
vom Snooker-Tisch verschwinden. Diesen Tisch hat<br />
Schröder längst in sein Museum integriert – mit<br />
Au<strong>to</strong>grammen der S<strong>to</strong>nes. Es ist das größte und<br />
schwerste Stück seiner Sammlung. „Keith bekommt<br />
und Mono-Prints, zeigt<br />
Schröder hier dauerhaft.<br />
Ein weiteres Prunkstück<br />
des Hauses ist der Muri-Zyklus. Den Schweizer Pop-<br />
Art-Künstler Roland Muri traf Schröder bei einem<br />
S<strong>to</strong>nes-Konzert. Und wer diesen Macher kennt, den<br />
wundert es nicht, das Beatles-Fan Muri ihm nach vielen<br />
Telefonaten schließlich<br />
die sieben S<strong>to</strong>nes (aktive,<br />
ehemalige, vers<strong>to</strong>rbene)<br />
großformatig<br />
in Öl malte – und<br />
Schröder die Meisterwerke<br />
anschließend<br />
überließ. Das Präsent<br />
im Wert von schlappen<br />
3<strong>50</strong>.000 Euro<br />
hängt als wunderbarer<br />
Blickfang im Entrée.<br />
Drei der Bilder wurden<br />
schon von den S<strong>to</strong>nes<br />
signiert. Mick, Keith<br />
und Ronnie fehlen<br />
noch.<br />
Das Museum ist atemberaubend gestaltet und vielfältig<br />
bestückt – auch wenn Schröder auf 600 Quadratmetern<br />
nur einen Bruchteil seiner Sammlung<br />
zeigen kann. Er hat sogar einen kleinen Irish Pub<br />
integriert, es gibt Guinness vom Fass. Und inzwischen<br />
melden sich immer mehr Sammler, die Ulli<br />
Schröder Seltenes schenken wollen, damit es der<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 21<br />
Nachwelt<br />
bleibt.<br />
erhalten<br />
Ein Lebenstraum<br />
ist verwirklicht.<br />
Und<br />
jetzt? Schröder<br />
hofft, dass ei-<br />
Obwohl er eigentlich keine S<strong>to</strong>nes-Memorabilia mehr signiert,<br />
machte er für Schröder eine Ausnahme: Ex-S<strong>to</strong>nes-Bassist Bill<br />
Wyman signierte das Gemälde von Roland Muri<br />
ner der leibhaftigen<br />
S<strong>to</strong>nes mal vorbeischaut.<br />
Für diesen Fall hat Schröder<br />
im VIP-Bereich im ersten<br />
S<strong>to</strong>ck ein „Groupie-Zimmer"<br />
einrichten lassen – mit Whirlpool<br />
und goldenen Wasserhähnen.
DR. JOHN Von Michael Fuchs-Gamböck<br />
Voodoo-Meister<br />
Fo<strong>to</strong><br />
o<br />
: © Warn<br />
er/M<br />
icha<br />
el Wilso<br />
n<br />
Es war 1957, als der 16-jährige Malcolm l Mac" John Rebennack<br />
"<br />
seine ersten Songs aufnahm und veröffentlichte. 55 <strong>Jahre</strong> später<br />
ist der Mann aus New Orleans, den die Branche nur als Dr. John<br />
kennt, immer noch musikalisch aktiv – und liefert mit LOCKED<br />
DOWN eines der brillantesten Alben seiner endlos anmutenden<br />
Karriere ab (s. Review Seite 30). Es ist eine der besten Arbeiten<br />
seit seiner Glanzzeit in den späten 1960ern und frühen 1970ern,<br />
in denen der selbst ernannte Außenseiter" (Eigenbeschreibung)<br />
"<br />
als Voodoo-Dok<strong>to</strong>r" gefeiert wurde.<br />
D<br />
"<br />
ass LOCKED DOWN ein Rebennack-Meilenstein<br />
geworden ist, liegt auch an der hochkarätigen<br />
Verstärkung, die der Mann aus Louisiana sich ins Studio<br />
geholt hat: Dan Auerbach, Mitglied der angesagten<br />
Black Keys, hat produziert, spielt Gitarre und ist Co-Au<strong>to</strong>r<br />
diverser Songs. Zwar hat sich am Sound des Herrn<br />
Dok<strong>to</strong>r durch diesen Neuzugang nichts Grundlegendes<br />
geändert: Wir befinden uns wie gewohnt im herrlichsumpfigen,<br />
undurchdringlichen Klangdschungel aus Jazz, z,<br />
Blues, Rock<br />
und<br />
vor allem Cajun, gepaart mit mysteriösen Voodoo-Elementen. Doch Auerbach ist<br />
es gelungen, den zehn aktuellen „Mac”-Kompositionen das Äußerste abzuringen.<br />
Es wuchert wild, mächtig und prächtig an allen Ecken und Enden dieser überbordenden<br />
Magie-Welt. „Es ist eine schizophrene Platte geworden, so, wie ich das<br />
bevorzuge”, schmunzelt Dr. John. „Ein Album für Menschen, die Samstagnacht bis<br />
zum Ladenschluss in muffigen Bars abhängen und am Sonntagmorgen trotzdem<br />
diszipliniert in die Kirche gehen.” Fragen an den Voodoo-Meister:<br />
Erinnern Sie sich daran, wann es zur Zusammenarbeit mit Dan<br />
Auerbach gekommen ist?<br />
Nein, das tue ich nicht, das will ich auch nicht. Denn so etwas ist unwichtig.<br />
Fakt ist, dass der Mann mit mir diese Platte aufgenommen hat. Ich glaube, das<br />
Ding ist ziemlich interessant geworden. Das zählt für mich! Ich denke nicht<br />
in herkömmlichen Zeitkategorien. Ich bin weit draußen von allem, das war ich<br />
schon immer. Ich schaue mir das Leben an, gelegentlich habe ich<br />
Ideen für neue Musik, die werden notiert. Und irgendwann kommen<br />
die Menschen, die mir dabei helfen, diese Ideen optimal umzusetzen,<br />
ganz von selbst zu mir.<br />
Sie sind jetzt 71, Auerbach ist fast 40 <strong>Jahre</strong> jünger. Wie darf<br />
man sich so eine ungewöhnliche Kooperation vorstellen?<br />
Ich habe eine riesengroße Familie, also Kinder und Enkel ohne Ende.<br />
Eines der Mädchen hat mir die Musik der Black Keys vorgespielt und davon<br />
geschwärmt. „Opa, mit denen musst du was machen”, meinte sie.<br />
Also habe ich Dan kontaktiert und erklärt: „Junge, wir sollten was zusammen<br />
unternehmen, einer meiner Enkeltöchter hat mir das geraten.”<br />
Tja,<br />
das<br />
fand er cool. Und da ich selbst ein cooler Typ bin, zumindest in<br />
seinen Augen, haben wir das hingekriegt.<br />
All diese Dinge sind kein großes Geheim-<br />
nis.<br />
Menschen wie Dan und ich gehören<br />
der Welt der Kunst an. Darin findet man<br />
sich<br />
eben irgendwann, wenn die Sache<br />
passt. Oder man findet sich nie.<br />
Wie war die Konstellation mit Auerbach?<br />
Dr. John<br />
grübelnd – in der kommerziellen<br />
Hochzeit Anfang der 70er.<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Der Bursche hat ein absolutes Gehör,<br />
das bin ich nicht gewohnt von so jungen<br />
Leuten. Er hat mich in New Orleans<br />
besucht, wir haben Songs aufgenommen, die ich<br />
zum großen Teil schon vorbereitet hatte, alles war<br />
äußerst entspannt. Ich mag keinen Stress mehr im<br />
Leben, davon hatte ich früher genug. Ich will mit<br />
netten Menschen Alben aufnehmen, ich warte<br />
Seite 22 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
auf den Tod, damit ich danach etwas Neues anfangen kann. Denn die Reinkarnation<br />
kommt auf jeden Fall – und ansonsten freue ich mich, wenn ich eine <strong>to</strong>lle<br />
Platte gemacht habe. Und ich hoffe, dass die sich ordentlich verkauft, damit ich<br />
ein paar meiner Steuerschulden begleichen kann.<br />
Man hat Sie stets gern als Voodoo-Meister bezeichnet, auch als äußerst<br />
spirituell orientierten Menschen. Ist das so?<br />
Kein Mensch weiß, was die nächste Minute bringt.<br />
Diese Tatsache bewirkt, dass man jegliche Freiheit<br />
besitzt, dass man jeglichen Gedanken fassen, ihn<br />
vielleicht sogar umsetzen kann – selbst wenn<br />
man Jesus als sein Vorbild und seinen Erlöser feiert<br />
und akzeptiert, dass er einem das gute Leben<br />
vorgibt. Ich selbst existiere längst außerhalb jeglichen<br />
normalen Empfindens. Denn die Welt ist<br />
wahnsinnig. Und meine relaxte Art, mit dem Dasein<br />
umzugehen, ist für mich die einzige Chance,<br />
dieser wahnsinnigen Welt zu entkommen.<br />
2007 wurden Sie in die Blues Hall Of<br />
Fame aufgenommen, letztes Jahr in die<br />
Rock'n'Roll Hall Of Fame. Was bedeutet<br />
Ihnen das?<br />
Über solche Geschichten mache ich mir keine<br />
Gedanken. Ich weiß, wann ich eine gute Platte<br />
gemacht habe. Und weiß auch, wenn ein Projekt<br />
schiefgelaufen ist. Das ist es des Öfteren, vor<br />
Fo<strong>to</strong>: © Warner/Alysse Gafkjen<br />
allem in den 1980ern und 1990ern. Irgendwie<br />
war damals die Luft bei mir raus. Wenn man Auszeichnungen<br />
für sein Lebenswerk kriegt, schämt<br />
man sich dafür, denn ich habe eine Menge Mist<br />
gemacht. Aber immerhin, ich bin wieder auf dem Damm und motiviert wie lange<br />
nicht mehr. Deshalb geht es weiter. Irgendwann werde ich dem Sensenmann begegnen,<br />
um ihm zu sagen: „Kumpel, nimm mich mit. Aber bring mich unbedingt<br />
in einen Kosmos, wo es Musik gibt." Ansonsten hat das für mich alles keinen<br />
Sinn.<br />
Dan Auerbach (l.) und der Dr. heizen<br />
im hauseigenen Studio kräftig ein.
David Bo<br />
owie / Ken Scott<br />
ZIGGY –<br />
ein legendärer<br />
Quickie<br />
Von Philipp Roser<br />
Fo<strong>to</strong>: © Brian Ward<br />
40-jähriges Veröffentlichungsjubiläum feiert in diesen<br />
Tagen THE RISE AND FALL OF ZIGGY STARDUST – eingespielt<br />
von David Bowie mit seinen Spiders From Mars, Mick<br />
Ronson (g), Mick "<br />
Woody" Woodmansy (dr) und Trevor Bolder<br />
(b). Es bescherte ihm nach ersten Erfolgen wie "Space<br />
Oddity" und HUNKY DORY den großen Durchbruch. Co-<br />
Produzent des "<br />
maßgeblichen Albums der 1970er <strong>Jahre</strong>"<br />
( "<br />
Melody Maker") war Ken Scott: Er hatte schon mit den<br />
Beatles gearbeitet und später für George Harrison, El<strong>to</strong>n<br />
John, Jeff Beck, das Mahavishnu Orchestra, Supertramp<br />
und die Dixie Dregs. Scott erinnerte sich für <strong>GoodTimes</strong><br />
an die Entstehung von ZIGGY STARDUST.<br />
Sein androgynes Auftreten<br />
sorgte für Furore: David Bowie<br />
Dein Terminkalender ist momentan<br />
randvoll ...<br />
Stimmt. Ich habe EMI für die Jubiläums edition beraten,<br />
empfahl ihnen Ray Staff für die Überarbeitung,<br />
der damals der Mastering-Engineer war. Außerdem<br />
habe ich an meinem Buch „Abbey Road To Ziggy<br />
Stardust” gearbeitet, das am 6. Juni erscheint. Leider<br />
wird es noch ein wenig dauern, bis es auch eine<br />
deutsche Ausgabe gibt. Ich erzähle darin über all die<br />
Leute, mit denen ich tätig war, wie die Aufnahmen<br />
jeweils liefen, seit ich mit 16 <strong>Jahre</strong>n in den Abbey<br />
Road Studios angefangen hatte.<br />
Dort hast du im Band-Archiv begonnen,<br />
dich dann hochgearbeitet. Vor einiger Zeit<br />
kam von dir eine digitale Klangbücherei für<br />
Schlagzeuger auf den Markt, EPIK DRUMS ...<br />
Ja, diese Art von Bücherei oder Archiv hat mich nie<br />
losgelassen! Ich habe auch für George Harrison kurz<br />
vor seinem Tod sein Tape-Archiv gesichtet und sortiert.<br />
Jetzt musst du wieder über ZIGGY STAR-<br />
DUST erzählen ...<br />
Was mir aber nichts ausmacht! Ich wünschte nur, ich<br />
könnte mich an mehr erinnern!<br />
Es war nicht deine erste Arbeit mit David Bowie,<br />
du warst als Toningenieur schon 1969 bei<br />
"Man Of Words" dabei ...<br />
Richtig, der Dienstplan der Tonkutscher im Trident<br />
Studio hatte mich dafür eingeteilt. Später, als Tony<br />
Visconti THE MAN WHO SOLD THE WORLD produzierte,<br />
war ich erneut als Engineer dabei. Ich erlebte<br />
David als netten Burschen, der ein gewisses Maß an<br />
Talent erkennen ließ, den ich aber nicht als kommenden<br />
Superstar sah. Einige Zeit später kam David<br />
wieder ins Studio,<br />
um<br />
einen Freund zu<br />
produzieren. Bei der<br />
Gelegenheit erzählte<br />
ich ihm, dass auch<br />
ich mich mehr aufs<br />
Produzieren verlegen<br />
wollte. Er meinte, er<br />
Fo<strong>to</strong>: © Promoteam Schmitt & Rauch<br />
Der Engländer<br />
Ken Scott lebt und arbeitet<br />
seit langem in Los Angeles.<br />
habe ein<br />
neues<br />
es<br />
Management und gerade einen Deal bei RCA<br />
unterschrieben<br />
– und fragte, ob ich nicht sein nächstes<br />
Album co-produzieren wolle.<br />
Wie liefen die Aufnahmen für HUNKY DORY<br />
und ZIGGY STARDUST?<br />
Von einem Teil der Songs hatte er grobe Demos, andere<br />
hat er während der Aufnahmen mit der Band<br />
erarbeitet. Und dabei wurde mir sein Potenzial klar, da<br />
nicht mehr Tony Visconti die alleinige Kontrolle ausübte,<br />
sondern David das Sagen hatte! Er ist kein Fan<br />
des Studios, langweilt sich schnell – darum wusste die<br />
Band, dass die Songs nach drei Takes im Kasten sein<br />
mussten! Alle arbeiteten unglaublich konzentriert,<br />
und in zwei Wochen war alles fertig. Mick Ronson<br />
spielte eine wichtige Rolle. Er war nicht nur ein <strong>to</strong>ller<br />
Gitarrist, er schrieb auch die Orchesterarrangements.<br />
Das Abmischen hat David mir dann überlassen – damals<br />
mussten die Künstler zwei Alben pro Jahr abliefern<br />
und <strong>to</strong>uren. Da war die Zeit des Mixens die<br />
einzige Gelegenheit zu einem kurzen Urlaub.<br />
"Starman" wurde erst nach den regulären<br />
Sessions aufgenommen?<br />
Ja, denn die Plattenfirma sah keine Single auf dem<br />
Album, also musste David nochmals ran, wir gingen<br />
erneut ins Studio. Dafür flog dann “Round And<br />
Round” aus dem Tracklisting.
Fo<strong>to</strong>: © Bubi Heilemann/Rockfo<strong>to</strong>.de<br />
ELECTRIC WARRIOR – wie neu geboren<br />
Natürlich lässt sich darüber streiten, wer den Glam-Rock – auch als Gegenbewegung<br />
zu Art- oder Progressive Rock, aber ebenso zum Psychedelic Rock – einst<br />
ins Rollen brachte. Gary Glitter, T. Rex, David Bowie, Slade oder Sweet?<br />
Bei Diskussionen von drei selbst ernannten Glam-Experten dürften wohl<br />
vier Meinungen herauskommen. Unbestritten ist allerdings, dass ELECTRIC<br />
WARRIOR zu den bahnbrechenden Alben des Genres gehört. Also die LP,<br />
die Marc Bolan mit seiner Band T. Rex im September 1971 veröffentlichte<br />
– und die jetzt in verschiedenen Formaten (Deluxe, Super<br />
Deluxe, Special Vinyl, digital) mit einiger Verspätung zum 40-jährigen<br />
Jubiläum neu aufgelegt worden ist.<br />
Fo<strong>to</strong>: © <strong>GoodTimes</strong>-pho<strong>to</strong>.de<br />
Zu erahnen waren Talent und Charisma des<br />
am 30.9.1947 in London geborenen Mark<br />
Feld (Bolans bürgerlicher Name) schon, als<br />
er mit seinem Kumpel Steve Peregrine Took ab April<br />
1968 als Tyrannosaurus Rex in den Abbey Road<br />
Studios aufnahm. Das bestätigt auch der legendäre<br />
Produzent Ken Scott, der damals als Toningenieur<br />
einige der frühen Bolan-Sessions betreute. Dass<br />
der spätere Superstar jedoch derart durch die Decke<br />
gehen würde, sei allerdings noch nicht abzusehen<br />
gewesen und habe ihn durchaus überrascht, räumte<br />
Scott knapp 45 <strong>Jahre</strong> später im <strong>GoodTimes</strong>-Interview<br />
ein. „Als ich mit ihnen arbeitete, spielten sie ja<br />
noch als akustisches Duo."<br />
Vier Alben hatten Tyrannosaurus Rex zwischen Juni<br />
1968 und März 1970 veröffentlicht, ehe Bolan die zweiköpfige<br />
Band (Mickey Finn hatte Took im Sommer 1969<br />
ersetzt) in T. Rex umbenannte und im Ok<strong>to</strong>ber 1970 die<br />
Seite 24 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Debütsingle "Ride A White Swan" (UK #2) unter<br />
dem neuen Bandnamen präsentierte. Im Dezember<br />
folgte das von den Plattenkäufern bereits beachtete<br />
Album T. REX, das es immerhin auf Platz 13 der britischen<br />
Charts schaffte. Der Urknall folgte allerdings<br />
ein Vierteljahr später, als die frisch eingespielte und<br />
auf keiner LP platzierte Single "Hot Love" explodierte<br />
und an die Spitze der britischen Hitparade<br />
schoss, wo sie sich sechs Wochen lang hielt. Dies<br />
wiederholte "Get It On" wenige Monate später und<br />
kam in den USA auf Rang 10 (als "Bang A Gong",<br />
um Verwechslungen mit "Get It On" der Band Chase<br />
zu vermeiden). Es blieb der einzige Top-Ten-Erfolg<br />
von T. Rex in den USA, während "Jeepster" im November<br />
1971 im UK bis auf Rang 2 kletterte (und<br />
die Folge-LP THE SLIDER 1972 mit "Telegram Sam"<br />
und "Metal Guru" zwei weitere Chart-Topper lieferte).<br />
"Metal Guru" war die einzige deutsche #1<br />
für T. Rex, für die drei Singles aus dem ELECTRIC
WARRIORS-Dunstkreis war bei Hitparadenplatz 3<br />
Ende der Fahnenstange.<br />
Produzent Tony Visconti betreute die zum Quartett<br />
erweiterte Band bei den Aufnahmen, nachdem<br />
Bolan Schlagzeuger Bill Legend und Bassist Steve<br />
Currie zum Congas spielenden Finn dazugeholt und<br />
den Gruppenklang „ent-folkt", dafür aber „angerockt"<br />
hatte. Also der Mann, der fast zur gleichen<br />
Zeit mit David Bowie gearbeitet hatte. Visconti später:<br />
„Den Begriff Glam-Rock hat die Musikpresse<br />
erfunden, um zu beschreiben, was einige Musiker<br />
und Produzenten damals bereits kreiert hatten.<br />
Musikalisch war es eine verrückte Zeit, in der es<br />
plötzlich auch dazu gehörte, sich klamottenmäßig<br />
Knackiger, elektrifizierter Sound war jetzt angesagt,<br />
und Visconti half Bolan, seine Ideen umzusetzen.<br />
Dank des ersten Megahits stand ein entsprechendes<br />
Budget für die Arbeit in diversen Studios zur Verfügung.<br />
Die Truppe konnte es sich leisten, Streicher<br />
und Bläser zu integrieren: Ian MacDonald (sax), Burt<br />
Collins (Flügelhorn auf "Girl"), die Turtles Howard<br />
Kaylan und Mark Volman als Chorsänger sowie Rick<br />
Wakeman, der Tastentöne zu "Get It On" beisteuerte.<br />
Das wirkt wegen Bolans Gitarrenspiel anfangs<br />
fast wie eine Chuck-Berry-Nummer in Zeitlupe und<br />
groovt durchgängig unwiderstehlich, während der<br />
meist fast dikta<strong>to</strong>risch-dominante Frontmann dazu<br />
verführerisch singt (oder den nicht unbedingt auf<br />
eine gehaltvolle Aussage angelegten Text wispert).<br />
„Ich lebe meine Fantasie aus, ich bin der '<br />
Cosmic<br />
Dancer', der auf ELECTRIC WARRIOR seinen Weg<br />
aus dem Mutterleib bis zum Grab tanzt", sagte<br />
Bolan anlässlich der LP-Veröffentlichung in einem<br />
Interview dem englischen Musikmagazin „Record<br />
ausge efa<br />
fallen herzurich-<br />
rich<br />
ten und Make-Up zu tragen – das<br />
war für einige Künstler eine zusätzliche Form, sich<br />
auszudrücken. David Bowie und Marc Bolan waren<br />
diejenigen, die diese Musik zusammen mit dem<br />
Dresscode erfanden". Die Bezeichnung „Glitter" als<br />
Synonym für „Glam" soll daher stammen, dass Chelita<br />
Secunda (Frau des Band-Managers Tony Secunda)<br />
Bolan vor einem BBC-TV-Auftritt im Frühjahr<br />
1971 Glitzersternchen ins Gesicht streute. Was dann<br />
umgehend Kollegen wie Bowie, Sweet, Slade und<br />
auch Roxy <strong>Music</strong> übernahmen.<br />
Mirror". Und weiter: „Ich bin schon immer ein Zappelphilipp<br />
gewesen, und mir macht es nichts aus, in<br />
Sendungen wie Top Of The Pops' vor sechs Millionen<br />
Zuschauern herumzuhüpfen, weil das vielleicht<br />
'<br />
nicht cool ist!" Damit setzte er sich gegen Vorwürfe<br />
zur Wehr, die ihm aus Reihen der selbst ernannten<br />
seriösen Musikpresse Mangel an tiefschürfenden,<br />
weltverbesserischen Texten und musikalischem<br />
Tiefgang attestierten. „Ich nehme meine Musik sehr<br />
ernst, aber alles andere drum herum sehe ich eher<br />
locker. Ich habe mich 1970 entschlossen, visuell aus<br />
der Reihe tanzen und Science-fiction-Texte schreiben<br />
zu können, solange ich mir und der Musik gegenüber<br />
ehrlich bin und den Leuten damit Freude<br />
bereite. Ich bin einfach ein Rock'n'Roll-Poet, der ein<br />
wenig aus dem üblichen Rahmen fällt!"<br />
Bolan damals: „ELECTRIC WARRIOR mag vielen<br />
Leuten, en, vor allem Kritikern, an der Oberfläche allzu<br />
simpel vorkommen, aber ich habe alle möglichen<br />
kleinen Finessen eingebaut, in die man sich vertie-<br />
fen kann", sagte Bolan und nannte als Such- und<br />
Hörbeispiel ie<br />
„rückwärts gespielte Gitarren oder die<br />
Barockstreicher". reic<br />
Das Album entstand unter einem<br />
enormen Zeitdruck – in einer Zeit, als es üblich war,<br />
zwei LPs<br />
pro Jahr auf den Markt zu werfen und<br />
gleichzeitig itigig<br />
unablässig zu <strong>to</strong>uren. Darum wurde das<br />
Album auch<br />
nicht in einem Rutsch aufgenommen.<br />
1971 war die Band viel in den USA unterwegs,<br />
um dort Tritt zu fassen (was letztlich nicht<br />
klappte), und bei den Zwischens<strong>to</strong>pps<br />
in der Heimat eilten Bolan und seine<br />
Mitstreiter immer wieder ins Studio, um<br />
neue<br />
Ideen in Songs zu packen. „Bei allem<br />
Stress war es die entspannteste Platte, die ich<br />
bislang gemacht habe, denn ursprünglich wollte ich<br />
nur Rohfassungen festhalten, um unseren Sound<br />
zu entwickeln – und am Ende entschieden wir uns,<br />
diese Versionen beizubehalten, denn sie fühlten<br />
sich einfach gut an", blickte der Protagonist auf die<br />
Entstehung des Albums zurück.<br />
Tony Visconti produzierte nicht nur, sondern steuerte<br />
kreative Ideen bei und schrieb die Streicherarrangements,<br />
die Bolans Gitarre immer wieder<br />
förmlich umschmeicheln. Auch für die Jubiläumsedition<br />
wurde der Altmeister nochmals aktiv. Er hat<br />
die Originalfassung des Albums neu gemastert und<br />
so klanglich aufgepeppt. Quasi als Alternativversion<br />
zum Original bietet die zweite CD der Deluxe Edition<br />
bislang unveröffentlichte Demos und Outtakes;<br />
zuvor spricht Bolan ein Gedicht, das denselben Titel<br />
wie das Album trägt und ursprünglich Promotionzwecken<br />
diente, vor allem für den Einsatz im US-<br />
Radio. Dass kurz vor Abschluss der Arbeit am Reissue<br />
ein lange <strong>Jahre</strong> verschwundenes Instrumental<br />
aus den "Hot Love"-Sessions aufgetaucht ist, dürfte<br />
die Verantwortlichen nicht gestört haben ...<br />
Ebenso wenig, dass eine noch ungehörte T. Rex-<br />
Cover-Version von Carl Perkins' Rockabilly-Nummer<br />
"Honey Don't" zur Verfügung stand. Auch wenn es<br />
schwierig war, entsprechendes, bislang nicht verwendetes<br />
Material für die Bonus-DVD zu finden,<br />
hier ist es: Neben dem bereits erhältlichen Mitwirken<br />
von El<strong>to</strong>n John bei "Get It On" („Top Of The<br />
Pops" vom 20.12.1971) sind jetzt zwei unveröffentlichte<br />
Blue-Screen-Versionen von "Jeepster" und<br />
"Life's A Gas" vom Gastspiel im Bremer „Beat-Club"<br />
zu sehen. Womit die Hardcore-Bolan-Fans quasi<br />
unter Kaufzwang gesetzt sind, denn damit wird die<br />
„30th Anniversary Special Edition" (Universal) mit<br />
ihren acht „Work in progress"-Bonus-Tracks eindeutig<br />
übertroffen. Im Vergleich zur Wiederveröffentlichung<br />
auf dem Importlabel Megaphon (2003)<br />
fehlt allerdings das dort zu findende „Electric Warrior<br />
Interview" mit Bolan.<br />
„Marc Bolan war ein Genie und ein nationaler<br />
Schatz, der mehr Anerkennung verdient gehabt hätte.<br />
Man sollte ihm zumindest posthum einen Brit<br />
Award verleihen!" – meint nicht nur Tony Visconti.<br />
Und warum viele Punk-Wegbereiter – wie zum Beispiel<br />
die Ramones – T. Rex zu ihren Einflüssen zählen,<br />
wird beim erneuten Hören von ELECTRIC WAR-<br />
RIOR auch hörbar. Natürlich ist eine Nummer wie<br />
"Rip Off" für eine Punkaufnahme zu poliert, aber<br />
die bei Bolan eher ungewohnt aggressive Art und<br />
Weise zu singen, hat viele spätere Musikrebellen angesprochen.<br />
Wie auch sein oft unterschätztes Riffbe<strong>to</strong>ntes<br />
Gitarrenspiel.<br />
Philipp Roser<br />
Fo<strong>to</strong>: © Bubi Heilemann/Rockfo<strong>to</strong>.de<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 25
DIE MITMACHER<br />
Aus dem Schatten<br />
auf die Platten<br />
Von Rüdiger Bloemeke<br />
Für Jazzfans ist es seit den <strong>50</strong>er <strong>Jahre</strong>n<br />
selbstverständlich: Sie können auf Plattenhüllen<br />
nachlesen, wer etwa einem<br />
Louis Armstrong oder Ben Webster<br />
im Studio assistiert hat. In der<br />
Popmusik<br />
hingegen schien die<br />
Leistung der "<br />
Sidemen" dage-<br />
gen nicht viel wert zu sein:<br />
Bis in die 60er <strong>Jahre</strong> blieb ihnen<br />
die Erwähnung auf den Covers<br />
verwehrt. Es musste erst eine<br />
neue Generation von Stars ins<br />
Rampenlicht treten, die auch<br />
die <strong>to</strong>tgeschwiegenen Mitmusiker<br />
würdigte.<br />
Schallplattenaufnahmen<br />
sind<br />
immer ein Gemeinschaftswerk:<br />
Produzent, Arrangeur,<br />
Toningenieur, Techniker<br />
und natürlich viele Musiker<br />
stehen dem<br />
Hauptakteur zur<br />
Seite. „With Instrumental<br />
Accompaniment" konnte<br />
man bestenfalls erfahren, wenn man in<br />
den Rock’n’Roll-<strong>Jahre</strong>n wissen wollte,<br />
wem denn der Sound hinter Jerry Lee<br />
Lewis, Fats Domino oder Ricky Nelson<br />
zu verdanken war. Und was bei Elvis<br />
Presley vielversprechend auf den Labels<br />
der Sun-Singles mit dem Hinweis auf<br />
„Scotty (Moore) and Bill (Black)" anfing, blieb die<br />
Ausnahme. Schon 1956 war es auch damit vorbei:<br />
Presleys RCA-LPs nannten nur noch den King<br />
selbst und den Chor der Jordanaires. Gitarre, Bass,<br />
Klavier, Schlagzeug? Fehlanzeige. Die Spitzenmusiker,<br />
die eine revolutionäre Bewegung vorangetrieben<br />
hatten, waren den Plattenfirmen keine Erwähnung<br />
wert. Dagegen räumte RCA bei Presleys<br />
Filmplatten dem jeweiligen Cast – inklusive Regisseur,<br />
Drehbuchschreiber und Produzent – jede<br />
Menge Platz ein.<br />
Die Musiker blieben eine anonyme Manövriermasse,<br />
da halfen auch die US-Gewerkschaften<br />
nicht, die sonst unbedeutendste Kleinigkeiten<br />
in den Studios regelten. Für die Öffentlichkeit<br />
blieben damals die Session Men namenlos – seit<br />
2000 sind sie sogar als eigene Kategorie in die<br />
Rock’n’Roll Hall Of Fame eingezogen. Anonym<br />
blieben damals u.a. die Mitglieder der Wrecking<br />
Crew, zu der so renommierte Instrumentalisten wie<br />
Glen Campbell, Barney Kessel, James Bur<strong>to</strong>n, Steve<br />
Douglas, Jim Horn, Leon Russell,<br />
Dr.<br />
John, Larry Knechtel, Earl Palmer,<br />
Hal Blaine und Jack Nitzsche<br />
gehörten, genauso wie Booker T.<br />
&<br />
<strong>the</strong> M.G.’s. Die hochkarätige<br />
„Crew" operierte von Los Angeles<br />
aus und war später u.a. mitverantwortlich<br />
für Phil Spec<strong>to</strong>rs<br />
„Wall Of Sound". Die M.G.’s dagegen hatten ihre<br />
Basis im Stax Studio von Memphis, wo sie zum<br />
Beispiel Otis Redding zu Hits verhalfen. Auf Hüllen<br />
oder Labels des Soulsängers sucht man ihre Namen<br />
jedoch vergeblich.<br />
Auch Nashville verfügte mit dem A-<br />
Team über eine Gruppe eingespielter<br />
Spezialisten, die von Elvis bis<br />
zu Hank Snow jedem Solisten den gewünschten<br />
Background lieferten. Heute<br />
berühmte Namen dieses Teams: Hank Garland,<br />
Bob Moore, Buddy Harman,<br />
Floyd Cramer, Boots<br />
Randolph, Jerry Kennedy,<br />
Harold Bradley und Grady Martin.<br />
Es war schon ein Glücksfall,<br />
dass Garland und Bradley im<br />
Klappentext von Don Gibsons GIRLS,<br />
GUITARS, GIBSON erwähnt wurden.<br />
Die LP erschien 1961. Und in den 60er<br />
<strong>Jahre</strong>n deutete sich dann langsam ein<br />
Wandel an. Der ging allerdings nicht<br />
von den etablierten Stars aus, sondern<br />
kam von einer neuen Generation<br />
von Musikern, die sich erst<br />
noch in die vorderen Reihen vorarbeiten<br />
mussten.<br />
Gene Pitney und Phil Spec<strong>to</strong>r<br />
stellten für die <strong>Rolling</strong><br />
S<strong>to</strong>nes Berühm<strong>the</strong>iten dar, als die<br />
beiden Amerikaner von Manager/<br />
Seite 26 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Produzent<br />
Andrew<br />
Loog Oldham zu den<br />
Aufnahmen der ers-<br />
ten<br />
S<strong>to</strong>nes-LP mit<br />
ins<br />
Studio gebracht<br />
wurden. S<strong>to</strong>lz verewigten<br />
sie die Gäste<br />
im<br />
Titel ”Now I’ve<br />
Got A Witness (Like<br />
Uncle Phil And Uncle<br />
Gene)" und nannten die beiden<br />
1964 auch noch auf ihrer LP THE<br />
ROLLING STONES: „Gene Pitney<br />
plays piano, and Phil Spec<strong>to</strong>r<br />
maracas on ’Little By Little’". Auf<br />
THE ROLLING STONES NO. 2<br />
gab es den Prominentenhinweis:<br />
„Jack Nitzsche plays piano on<br />
’Down Home Girl’ and Nitzschephone<br />
on ’Pain In My Heart’".<br />
1965 war auch Bob Dylan mit Studiomusikern ik angetreten,<br />
um HIGHWAY 61 REVISITED einzuspielen,<br />
und ließ deren Namen – von Michael Bloomfield<br />
über Al(an) Kooper<br />
bis zu Charley McCoy<br />
– neben den Songtiteln<br />
auflisten. Für die Assistenten<br />
brachen bessere<br />
Zeiten an.<br />
Popstars wie die<br />
Everly Bro<strong>the</strong>rs bekannten<br />
sich jetzt dazu,<br />
dass sie Hilfe von außen<br />
brauchten, um<br />
optimale Ergebnisse<br />
zu erzielen: Der Begleittext<br />
von BEAT<br />
& SOUL (1965) beschreibt<br />
die Session<br />
und nennt namentlich<br />
Jim Gordon und<br />
Billy Pres<strong>to</strong>n als Mitwirkende,<br />
ließ allerdings<br />
Glen Campbell, James Bur<strong>to</strong>n, Sonny Curtis,<br />
Larry Knechtel und Leon Russell unter den Tisch<br />
fallen. Und Barry McGuire holte im selben Jahr für<br />
sein Album EVE OF DESTRUCTION die Wrecking<br />
Crew aus dem Schatten der Anonymität<br />
auf die Platte: Hal Blaine, Larry<br />
Knechtel, P.F. Sloan, Tommy Tedesco,<br />
Steve Barri. Hal Blaine und Barney<br />
Kessel wurden vom Komponisten und<br />
Arrangeur Harold Battiste für LOOK<br />
AT US von Sonny & Cher verpflichtet<br />
– und auf dem Album verewigt.<br />
Für ihre LP IN CASE YOU’RE IN LOVE<br />
von 1967 bestellte der aus New Orleans<br />
stammende Battiste seinen Kollegen<br />
Mac Rebennack nach Los Angeles ein. Für Mac ein<br />
besonderer Glücksfall, denn als gebuchte Studiozeit<br />
übrigblieb, durfte er sie zur Aufnahme seiner<br />
ersten LP GRIS GRIS nutzen, die er als Dr. John<br />
veröffentlichte (ohne seine Mitmusiker zu nennen).<br />
Merkwürdig: Auch andere Sessionmusiker,<br />
die die Chance bekamen, sich selbst<br />
mit Platten zu profilieren, dachten nicht<br />
daran, den Kollegen gerecht zu werden.<br />
Auf LPs von Floyd Cramer oder Boots<br />
Randolph sucht man vergeblich<br />
deren Namen.<br />
Was jenseits des Atlantiks üblich war,<br />
geschah vergleichbar in Großbritannien.<br />
Auf der Beat-Insel hatte sich mit dem<br />
Aufkommen der neuen Musik eine kleine feine<br />
Gruppe von Virtuosen um den Gitarristen<br />
Big Jim Sullivan versammelt, die jederzeit für<br />
Aufnahmen im Studio abrufbar waren, wenn<br />
dilettierende Bandmitglieder den Ansprüchen<br />
der Plattenfirmen nicht genügten (und teure<br />
Studiozeit verplempert wurde). Sullivan<br />
hatte sich schon früh bei Marty Wilde,<br />
Adam Faith und Tommy Steele ele<br />
freige spielt und war als Alleskönner<br />
begehrt. Die berühmtesten<br />
Namen an seiner Seite: Jim-<br />
my<br />
Page (g), John McLaughlin<br />
(g), Alan Parker (g), Herbie<br />
Flowers (b), Bobby Graham (dr).<br />
Die<br />
Aufnahmesessions der Englän-<br />
der<br />
gingen in die Zigtausend. Mit<br />
Recht konnte Big Jim sagen: „Schließlich tun<br />
die Musiker hinter den Stars für deren Erfolg<br />
genauso viel wie die Stars selbst." 1966 gab<br />
es denn auch mal sichtbare Anerkennung für Big<br />
Jim Sullivan, Jimmy Page und Alan Parker: Sänger<br />
Crispian St. Peters ("You Were On My Mind") rückte<br />
die an FOLLOW ME mitwirkenden Studiomusiker<br />
ins rechte Licht. Und die Kinks widmeten im selben<br />
Jahr dem Pianisten Nicky Hopkins, auf den sie gern<br />
zurückgriffen, auf FACE TO FACE sogar den Song<br />
”Session Man". Eine Besonderheit<br />
bei den Beatles: Auf der Hülle ihrer<br />
Single ”Get Back" stellten sie Billy<br />
Pres<strong>to</strong>n groß heraus.<br />
In den USA wertete ab 1967<br />
auch die schwarze Musikgemeinde<br />
ihre Mitspieler auf. B.B.<br />
King zählte auf BLUES IS KING<br />
all seine Helfer auf. Percy Sledge<br />
wurde laut THE PERCY SLEDGE<br />
WAY von Spooner Oldham und Jimmy Johnson<br />
unterstützt. Seine Atlantic-Kollegin Aretha Franklin<br />
hatte im selben Jahr bei I<br />
NEVER LOVED A MAN THE<br />
WAY I LOVED YOU noch keinen<br />
Studiomusiker benannt.<br />
Auf ihrer zweiten LP ARETHA<br />
ARRIVES erfuhren die Fans<br />
dann, dass Asse wie Joe South,<br />
Jimmy Johnson, Spooner Oldham<br />
und King Curtis zu ihrer<br />
Unterstützung angereist wa-<br />
ren. King Curtis selbst bedankte<br />
sich 1969 bei Duane<br />
Allman für die Mitwirkung<br />
an INSTANT GROOVE. Und<br />
zum Ende des Jahrzehnts<br />
erfuhren auch zum ersten<br />
Mal die Fats-Domino-Fans,<br />
wer den rockigen Sound zu<br />
FATS IS BACK geliefert hatte.<br />
Zu den bekannten<br />
Mitgliedern der Wrecking<br />
Crew – Larry Knechtel, Hal Blaine und Earl Palmer<br />
(ein alter Bekannter aus New<br />
Orleans) – hatten sich jetzt<br />
King Curtis, Eric Gale und<br />
James Booker gesellt.<br />
Zu Beginn der 70er <strong>Jahre</strong><br />
begriff man auch in<br />
Nashville, dass das A-Team<br />
ein Recht auf Erwähnung<br />
hatte. War es den Labels<br />
bislang wichtiger gewesen,<br />
darauf hinzuweisen, welches Telefunken-Mikrofon<br />
man für welches Instrument verwendet hatte, verschaffte<br />
man jetzt bei<br />
Jerry Lee Lewis’ SHE<br />
EVEN WOKE ME UP<br />
den Studiomusikern<br />
(u. a. Jerry Kennedy,<br />
Bob Moore, Buddy<br />
Harman und Pig Robbins)<br />
Anerkennung.<br />
Der große Durchbruch<br />
setzte ein, als die Singer/Songwriter<br />
die<br />
große Bühne betraten.<br />
James Taylor machte<br />
1970 den Gitarristen<br />
Danny Kortchmar bekannt,<br />
und Carole King<br />
setzte 1971 auf Joni<br />
Mitchell, James Taylor,<br />
Russ Kunkel und<br />
Kortchmar als Unterstützung.<br />
Für viele der<br />
Akteure bedeutete das<br />
nicht nur Popularität<br />
und mehr Aufträge,<br />
sondern auch den Beginn<br />
einer Solokarriere.<br />
„Für uns Begleitmusiker<br />
begannen die goldenen<br />
Zeiten, als James Taylor<br />
und Carole King uns auf<br />
ihren LPs erwähnten",<br />
erzählte Kortchmar 2011 im US-Fernsehen. Ihm<br />
brachte es eine gute Zukunft als Plattenstar, Songwriter<br />
und Produzent.<br />
Crosby, Stills, Nash & Young, Joni Mitchell,<br />
Randy Newman, Bonnie Raitt, Gordon Lightfoot<br />
– sie alle standen Anfang der 70er für<br />
die längst überfällige Erkenntnis, dass sie<br />
ohne ihre Kollegen nie so weit gekommen<br />
wären. Aus Handlangern waren angesehene<br />
Künstler geworden. Die Musikindustrie<br />
hatte Jahrzehnte gebraucht, um dies<br />
als Selbstverständlichkeit zu etablieren.<br />
Das hielt nicht ewig: Mit MP3 und Streaming<br />
begann für die Sessionmusiker ein<br />
neues Schattendasein.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 27
MATTHEW FISHER (Procol Harum)<br />
Der Dauerstreit ist inzwischen geklärt: Wem stehen Tantiemen am Orgel-<br />
Thema von "A Whiter Shade Of Pale" zu? Procol-Harum-Organist Mat<strong>the</strong>w<br />
Fisher gewann vor Gericht und gilt nun neben Gary Brooker als Mitau<strong>to</strong>r<br />
der Hymne. Schon davor galt Fishers Hammondkönnen als versiert: Wenn<br />
sein Nachfolger Chris Copping spielte, war weiterhin die Handschrift des<br />
Urmitgliedes hörbar. Seitdem gelangen Fisher bemerkenswerte Solo-Alben,<br />
die näher am Singer/Songwriter-Duktus eines Philip Goodhand-Tait<br />
oder Al Stewart liegen als am R&B-Drama eines Gary Brooker. Uli Twelker<br />
erwischte den Gelegenheitsmusiker, Produzenten und Programmierer im<br />
heimischen Croydon (Süd-London).<br />
Welche Verbindungen gibt es zur aktuellen Musikszene?<br />
Fisher: „Keine. Ich warte in Ruhe ab, was<br />
passiert, auch mit meinem Solo-Album A SALTY<br />
DOG RETURNS. Peter Purnell von Angel Air schlug<br />
mir eine Wiederveröffentlichung<br />
vor. Ich fragte ihn,<br />
ob überhaupt Interesse<br />
bestünde, was er bejahte.<br />
Das Album hat eine schräge<br />
Geschichte: Es erschien<br />
vor 20 <strong>Jahre</strong>n, und ich<br />
erhielt nie eine Reaktion<br />
– keine Ahnung, was<br />
verkauft wurde. Der Typ<br />
vom Label gab mir rund<br />
60 Pfund. Einen Deal hat-<br />
te<br />
ich schon seit <strong>Jahre</strong>n<br />
nicht mehr, ich spiele zum<br />
Spaß. Vor 25 <strong>Jahre</strong>n reifte<br />
meine Entscheidung, Musik<br />
nicht mehr für Geld zu<br />
betreiben. Wenn Leute es<br />
mögen, <strong>to</strong>ll, wenn nicht,<br />
ist das auch okay."<br />
Fisher weiter: „Ein großer<br />
Favorit war Graham Bond<br />
Seite 28 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
– er kombinierte als erster die Hammond mit rotierenden Leslie-Boxen. Ich<br />
hatte zwar früh Klavierstunden und später ein halbes Jahr klassischen Orgelunterricht,<br />
doch die Hammond eignete ich mir durch Hören an – meist über<br />
Amis wie Jimmy Smith und Booker T. Es ist ganz witzig: Kurz nach Vollendung<br />
des Procol-Albums PRODIGAL STRANGER waren wir nach New York zu einer<br />
Stax-Gala zur Veröffentlichung ihrer CD-Box eingeladen. Sie hatten Booker<br />
T. mit Steve Cropper und Duck Dunn auf der Bühne. Ich dachte ,Der spielt ja<br />
wie ich'. Dann wurde mir klar: ,Nee, ich höre mich an wie er!' Bis ich Booker<br />
erlebte, war mir gar nicht klar, wie viel ich von ihm übernahm, meinem Stil einverleibte.<br />
Natürlich liebe ich Jimmy Smith, könnte aber nie so spielen. Booker<br />
T. hörte ich mir an und dachte ,Das kann ich auch'. Er ist großartig." Das ist<br />
Fisher ebenfalls, sonst hätte er kaum <strong>to</strong>lle Angebote bekommen: „Mike Ober,<br />
ein Amerikaner, interessierte sich für britischen Rock, z.B. die Downliners Sect,<br />
und lernte so auch die Inmates kennen. Er stand auf Zusammenarbeit mit anderen<br />
Bands." Ober brachte die Inmates mit Phil May<br />
und Dick Taylor zusammen. Resultat: THE PRETTY<br />
THINGS'N'MATES. Fisher: „Ich bekam einen Anruf,<br />
ob ich das machen könnte. Klar ging das – und wir<br />
waren nur einen Tag im Studio!"<br />
Procol Harum 1969 v.l.:<br />
Dave Knights, Gary Brooker,<br />
Keith Reid (sitzend), B.J. Wilson,<br />
Mat<strong>the</strong>w Fisher & Robin Trower<br />
Mat<strong>the</strong>w Fisher hatte Procol Harum 1969 nach dem<br />
dritten Album A SALTY DOG verlassen, für dessen Produktion<br />
er nie bezahlt wurde. Sofort war die Rede von<br />
einer Solo-LP, aber erst 1973 folgte JOURNEY'S END:<br />
„Vorher war ich noch nicht so weit. Ich unterschätzte<br />
die Probleme – etwa mit meinen Texten, mochte die<br />
von anderen aber auch nicht. Die Plattenfirma war<br />
unglücklich, da ließen wir es. Heute sind die Bänder<br />
wohl in keinem guten Zustand, und ich besitze gar<br />
kein Spulen-Bandgerät." Mittlerweile machte Fisher<br />
weiter Erfahrungen als Produzent, „da gab's einiges<br />
für Chrysalis, etwa Tir Na Nog und das Solowerk vom<br />
Ten-Years-After-Orgler Chick Churchill. Dann kam<br />
Robin Trower zu mir. Wir machten die ersten drei LPs.<br />
Ihm fiel wohl kein anderer Produzent ein. Viel Anteil<br />
an seinem Erfolg beanspruche ich nicht. Er ging durch<br />
eine unglaublich kreative Phase."
© Pressefo<strong>to</strong>s<br />
Fisher ist bewusst, dass viele Leute JOURNEY'S END<br />
mögen, aber: „Für mich ist es ein weißer Fleck. Es<br />
mögen gute Sachen drauf sein, aber ich höre sie<br />
nicht." Beatles-Toningenieur Geoff Emerick betreute<br />
das Album: „Mir gefiel diese Verbindung. Der Bruder<br />
unseres Drummers Geoff Swettenham (Ex-Grapefruit)<br />
arbeitete in den Air Studios und kannte ihn."<br />
Neben vielen äs<strong>the</strong>tisch schön klingenden Songs<br />
gibt es im Titelstück sowie in "Going For A Song"<br />
Hinweise auf die Kontroverse um "A Whiter Shade<br />
Of Pale". Fisher: „Einen Probelauf hatte ich hinter<br />
mir – bei Essex <strong>Music</strong> zeigte man mir die Notenausgabe:<br />
,<strong>Music</strong> by Gary Brooker'. Ich wunderte mich:<br />
,Mensch, die ersten acht Takte sind doch mein Orgelsolo!'.<br />
Zunächst sprach ich mit dem Texter Keith<br />
Reid. Der rief Minuten später Gary Brooker an, so<br />
war der geimpft: ,Vergiss es', so war danach stets<br />
seine Einstellung."<br />
Wie oft musste sich Fisher fragen lassen, warum er<br />
nicht schon 40 <strong>Jahre</strong> früher geklagt hatte? „Ich weiß<br />
nicht, ob ich damals Erfolg gehabt hätte. Der Grund,<br />
warum es diesmal klappte, ist das Conditional Fee<br />
Agreement, eine bedingte Honorarvereinbarung.<br />
In England kannst du keine Deals machen wie in<br />
den USA: ,Wir klagen und einigen uns fifty-fifty',<br />
das läuft hier nicht. Ich hätte auf Prozesskostenhilfe<br />
bauen müssen. Wenn sie<br />
die<br />
aus Spargründen streichen, verklagt dich die Gegenseite,<br />
und du hast keinen Anwalt mehr. Das kann ganz schnell mal den Bankrott<br />
bedeuten. Bei bedingter Honorarvereinbarung kann aber keine Seite aussteigen.<br />
So kam ich nicht nur bis zum Obersten Gerichtshof, sondern bis ins House Of<br />
Lords. In den 60ern wäre ich kaum so weit gelangt – und wenn, hätte ich das<br />
Geld nicht lange behalten: Ex-Manager, Ex-<br />
Ehefrauen ... Als ich diesmal klagte, hatte ich<br />
nichts zu verlieren, besaß weder ein Haus<br />
noch sonst was, so <strong>to</strong>ll kann ich mit Geld<br />
umgehen ... 40 <strong>Jahre</strong>? In den USA hätte ich<br />
keine 40 Minuten gebraucht, einen Anwalt<br />
zu<br />
finden, aber im UK läuft das nicht so."<br />
An Fishers vier Solo-Alben der 70er/80er<br />
<strong>Jahre</strong> hat der Zahn der Zeit wenig genagt,<br />
erfolgreich waren sie dennoch kaum:<br />
„Kommerziell bin ich nie gewesen. Leute,<br />
die meine LPs mögen, lieben sie, aber<br />
die sind dünn gesät. Als wir MATTHEW<br />
FISHER (1979) und STRANGE DAYS<br />
(1981) für Phonogram machten, hatten<br />
sie Leute wie David Essex unter Vertrag,<br />
ein <strong>to</strong>taler Kontrast zu mir. Vielleicht<br />
wäre ich bei Elektra besser aufgehoben<br />
gewesen. Egal, ich war nie auf Er-<br />
1967 im TV-Studio:<br />
Fisher Mitte, folg gepolt, wollte kein Star sein, sondern<br />
Songs schreiben. Mein Favorit ist<br />
Brooker rechts<br />
STRANGE DAYS, speziell 'She Makes Me Feel' und 'Can't S<strong>to</strong>p Loving You Now'.<br />
Mit deren Chorsängerinnen Clare Torry und Stephanie De Sykes traf ich mich<br />
vor zwei <strong>Jahre</strong>n anlässlich des Prozesses. Clare sang für Pink Floyd ('The Great<br />
Gig In The Sky'), und wir hatten denselben Anwalt. Steve Stroud (damals bei<br />
den Hollies) und Dave Nevin sangen die Beach-Boys-Harmonien bei 'Take Me<br />
For A Ride'. Chris White, der Co-Produzent, schleppte sie an. Das Album klingt<br />
für mich gar nicht so Synth-lastig, aber bei den<br />
Songs hörte ich einfach keine Hammond. Wenn<br />
ich heute spiele, ist sie wieder mein Lieblingsinstrument.<br />
Ich schreibe weiterhin einiges an<br />
Computerprogrammen, aber da ist es wie bei der<br />
Musik – es geschieht aus reinem Spaß. Wenn<br />
ich viel Geld verdienen wollte, könnte ich sicher<br />
einen Top-Job haben, aber mir fehlen Ambition<br />
und Aggressivität. Doch wenn ich wüsste, dass<br />
die Leute auf ein Solo-Album von mir warten,<br />
könnte ich meine Einstellung ändern."<br />
Fisher im Prozessdress 2006<br />
Paul & Linda<br />
McCartney<br />
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RAM<br />
AB JETZT!<br />
Das Album von 1971 wurde in den Abbey Road Studios neu gemastert und zudem mit<br />
exklusivem, zum Teil unveröffentlichtem Material erweitert.<br />
RAM als 2012 Remaster ist in verschiedenen Ausführungen erhältlich:<br />
Deluxe Edition<br />
CD 1: das originale Album neu gemastert<br />
CD 2: Rare Bonustracks<br />
Limitierte Super Deluxe Edition<br />
CD 1: das originale Album neu gemastert<br />
CD 2: Rare Bonustracks<br />
CD 3: das neu gemasterte Album in der Mono-Version<br />
CD 4: Thrilling<strong>to</strong>n, die 1977 erschienene instrumentale Version von RAM neu gemastert<br />
DVD: mit bisher unveröffentlichten und exklusiven Bildern, wie z. B. der brandneuen Doku<br />
„Ramming”, gesprochen von Paul, und den Originalvideos zu „Heart Of The Country” und „3 Legs”.<br />
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EARLY TAKES Volume 1 ist der ideale Begleiter zu Martin Scorseses großartiger<br />
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Auf dem Album sind eine ganze Reihe rarer Aufnahmen von George Harrison,<br />
z. B. ältere Versionen von “I’d Have You Anytime” und “Awaiting On You<br />
All”, sowie bisher unbekannte Demos von “Behind That Locked Door”,<br />
“All Things Must Pass”, “Run of <strong>the</strong> Mill” und “My Sweet Lord”. Außerdem<br />
noch Demos von “The Light That Has Lighted <strong>the</strong> World”, “Let It Be Me”,<br />
“Mama You’ve Been on My Mind” von Bob Dylan und eine frühe Aufnahme<br />
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Erhältlich als CD, LP und Download<br />
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! REVIEWS<br />
HIGHLIGHTS<br />
CD<br />
DR. JOHN<br />
LOCKED DOWN<br />
Fo<strong>to</strong>: © Warner/Michael Wilson<br />
ge Mist gemacht”, sagt er im <strong>GoodTimes</strong>-<br />
Interview auf Seite 22 dieser Ausgabe),<br />
hatte er sich zuletzt wieder ganz ordentlich<br />
aufgerappelt. So zählt etwa sein von<br />
der Hurrikan-Katastrophe in New Orleans<br />
geprägtes 2008er Werk THE CITY THAT<br />
CARE FORGOT zu seinen stärkeren, auch<br />
dank einiger Gäste wie Eric Clap<strong>to</strong>n oder<br />
Ani DiFranco. Kollaborationen haben Dr.<br />
Johns Musik ohnehin immer wieder erfrischend<br />
gutgetan – nicht erst auf LOCKED<br />
DOWN. So führte etwa die Zusammenarbeit<br />
mit der New-Orleans-Funk-Band The<br />
Meters und dem Arrangeur Allen Toussaint<br />
dazu, dass er 1973 mit IN THE RIGHT<br />
PLACE nach ein paar schwächeren Vor-<br />
Über Dr. Johns neues Album LOCKED<br />
DOWN geht regelrecht ein Regen an Lobeshymnen<br />
nieder. In der US-Ausgabe des<br />
„<strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>ne” heißt es, es sei „sein bestes<br />
Album seit vier Jahrzehnten”. In der<br />
„Süddeutschen Zeitung” stand über den<br />
jüngsten Wurf des 71-Jährigen: „Ein Alterswerk,<br />
das fast besser ist als die größten<br />
Erfolge – wann hat es das eigentlich zuletzt<br />
gegeben?” Die meisten Kritiker rechnen<br />
die neue Qualität in erster<br />
Linie der Zusammenarbeit<br />
mit dem fast 40 <strong>Jahre</strong><br />
jüngeren Dan Auerbach<br />
zu, Gitarrist und Sänger<br />
der Blues-Rockband<br />
The Black Keys, der das<br />
Album produzierte, Ko-<br />
Au<strong>to</strong>r einiger Songs war<br />
und noch dazu in die Gitarrensaiten<br />
griff. Zugegeben:<br />
LOCKED DOWN ist<br />
im rund 30 LP-Werke umfassenden<br />
Katalog von Dr.<br />
John alias Malcolm John<br />
„Mac” Rebennack wirklich ein herausstechendes<br />
Album. Einiges muss jedoch relativiert<br />
werden: Erstens, sooo schlecht waren<br />
seine letzten Alben nun auch wieder nicht;<br />
nach Durchhängern, vor allem in den 80er<br />
und 90er <strong>Jahre</strong>n („da habe ich eine Mengängern<br />
wieder an sein Knallerdebüt GRIS<br />
GRIS anknüpfen konnte und er eines seiner<br />
bis heute groovigsten wie überzeugendsten<br />
Alben vorlegte. Das Zusammentreffen mit<br />
dem Jungspund Dan Auerbach unlängst<br />
sorgte aber nun zugegebenermaßen<br />
dafür, dass sich der alte Voodoo-Hohepriester<br />
auf LOCKED<br />
DOWN so ungehobelt rockend<br />
wie schon lange nicht mehr –<br />
und fast völlig jazzfrei – gibt. So<br />
greift er kein einziges Mal in die<br />
Tasten seines Klaviers, welches<br />
in den vergangenen Jahrzehnten<br />
doch zu einem seiner Markenzeichen<br />
geworden war. Produzent<br />
Auerbach hielt ihn dazu an,<br />
nur elektrisch verstärkte Keyboards wie<br />
die Farfisa-Orgel und das Fender-Rhodes-<br />
Piano anzurühren. Neben Auerbach gibt<br />
es noch einen zweiten Musiker, der dafür<br />
sorgte, dass die Songs so kraftvoll wie selten<br />
zuvor klingen: der Münchner Schlagzeuger<br />
Max Weissenfeldt. Schon gleich im<br />
Opener “Locked Down”, das Auerbach mit<br />
einem kurzen wie hinreißenden Slidegitarrensolo<br />
krönt, legt der deutsche Drummer<br />
einen Teppich vertrackter Powerbeats.<br />
Besonders sticht seine Könnerschaft aber<br />
mit dem gewaltig rumpelnden, gleichwohl<br />
akzentuierten Schlagzeugspiel in “Ice<br />
Age” hervor, das einen ziemlich kniffligen<br />
Afro-Beat zur Grundlage hat. Auch Songs<br />
wie “Revolution”, “Big Shot”, “Getaway”<br />
und “You Lie” kommen mit ungeheuer<br />
wuchtigen E-Gitarren und Drums daher.<br />
Gelegentlich fühlt<br />
man sich durch die<br />
bluesigen Rumpelsounds<br />
und die raue,<br />
röhrende Stimme<br />
an Captain Beefheart,<br />
mitunter an<br />
Tom Waits erinnert.<br />
In den verspukten,<br />
psychedelischen<br />
Songs “Eleggua”<br />
und “Kingdom Of<br />
Izzness” – von den zauberhaften Stimmen<br />
der McCray Sisters geschmückt – lässt Dr.<br />
John hingegen mal wieder den spinnerten<br />
Voodoo-Hohepriester aus “Night Tripper”-<br />
Zeiten raus (er ist praktizierender Anhänger<br />
des Voodoo, der seit 1970 vom Staat<br />
Louisiana offiziell als Kirche anerkannt<br />
ist). Eigentlich besitzt das Album mit dem<br />
souligen “My Children, My Angels”, das<br />
der Dok<strong>to</strong>r mit einem wunderschön gefühlvollen<br />
Fender-Rhodes-Solo würzt, nur eine<br />
einzige ruhige Nummer – eine kleine, feine<br />
Ode an seine Nachkommenschaft.<br />
(Nonesuch/Warner, 2012, 10/42:33) frs<br />
DVD<br />
JOE JACKSON<br />
LIVE AT ROCKPALAST<br />
BOX<br />
UFO<br />
THE CHRYSALIS YEARS<br />
(1980–1986)<br />
„I’ve never seen so many drunken Germans<br />
in my life!” Er habe noch nie in seinem<br />
Leben so viele betrunkene Deutsche<br />
gesehen, sagt Joe Jackson. Spricht’s – und<br />
hebt demonstrativ, wie zum Toast, einen<br />
mit einer klaren Flüssigkeit<br />
gefüllten Plastikbecher in die<br />
Höhe. Dann schüttet er den Inhalt<br />
(Wasser?) in seine Kehle.<br />
Nein, Joe Jackson scheint noch<br />
nie das Münchner Ok<strong>to</strong>berfest<br />
besucht zu haben. Aber in den<br />
späten Stunden vom 16. zum<br />
17. April 1983 trat er in der vom<br />
WDR europaweit ausgestrahlten<br />
12. „Rockpalast”-Nacht in der<br />
mit <strong>to</strong>bendem Publikum gefüllten Essener<br />
Grugahalle auf, nach den Dexy’s Midnight<br />
Runners und vor King Sunny Ade. Jackson,<br />
der gerade sein Meisterwerk NIGHT AND<br />
DAY und den Single-Hit “Steppin’ Out”<br />
draußen hatte, war damals auf der Höhe<br />
seiner Kunst. Kaum etwas erinnerte noch an<br />
den schnittigen Pub-Rock seiner ersten drei<br />
Alben. Von seiner ursprünglichen Band war<br />
nur noch Bassist Graham Maby übrig; statt<br />
eines Gitarristen hatte er, um den Wave-Jazz<br />
und die Latino-Rhythmen von NIGHT AND<br />
DAY auch live auf die Bühne zu bringen,<br />
nun zwei Keyboarder und die superbe New<br />
Yorker Perkussionistin Sue Hadjopoulos<br />
mit dabei. Die ebenso komplexen wie mitreißenden<br />
Songs des Albums (u.a. “Ano<strong>the</strong>r<br />
World”, “Steppin’ Out”, “A Slow Song”)<br />
setzt er mit der gut eingespielten Band grandios<br />
um, die älteren Pub-Rock-Nummern<br />
in überraschend frischen Neuarrangements,<br />
“Is She Really Going Out With Him” etwa<br />
in einer schmissigen A-cappella-<br />
Version. Wer den Auftritt gut<br />
in Erinnerung hat, den wird es<br />
freuen, dass er nun endlich auf<br />
DVD (und CD) erhältlich ist –<br />
zusammen mit zwei weiteren<br />
„Rockpalast”-Shows: Nur zwei<br />
Monate vorher, im Februar 1983,<br />
zeichnete der WDR ihn in der<br />
Hamburger Markthalle auf. Bild<br />
und Ton sind zwar nicht ganz<br />
so brillant wie beim Essener Auftritt, dafür<br />
gibt es zusätzlich drei Stücke, die Jackson<br />
in der „Rocknacht” aus Zeitgründen nicht<br />
spielen konnte: die wunderschöne Pianoballade<br />
“Real Men”, das satirische Salsa-Stück<br />
“Cancer” und das wave-jazzige “Cosmopolitan”<br />
vom Soundrack-Album MIKE’S<br />
MURDER. Ein weiteres Bonbon ist die Aufzeichnung<br />
vom 14. März 1980 aus dem Kölner<br />
WDR-Studio: Vor sitzendem Publikum<br />
brennt die damals vierköpfige Band (noch<br />
dabei: Gitarrist Gary Sanford) ihr Feuerwerk<br />
an schnellen Pub-Rock- und Mod-Punk-<br />
Nummern ab, darunter “On Your Radio”,<br />
“Sunday Papers” und “I’m The Man”.<br />
(MiG/Intergroove, 2 DVDs: 95 Min.,<br />
171 Min.) frs<br />
E b ill t<br />
Teil 2 der UFO-Wiederveröffentlichungsreihe<br />
in Form einer 5-CD-Jewelbox umfasst<br />
– der Untertitel bringt’s zum Ausdruck – die<br />
<strong>Jahre</strong> 1980 bis 1986, also die Zeit nach dem<br />
Abschied des gitarristischen Aushängeschilds<br />
Michael Schenker, der weder zum ersten noch<br />
zum letzten Mal die UFO-<br />
Lenker Phil Moog (voc) und<br />
Pete Way (b) ihrem Schicksal<br />
überließ. Doch die beiden<br />
Briten ließen sich nicht beeindrucken,<br />
sondern holten Paul<br />
Chapman für das von George<br />
Martin (!) produzierte Werk<br />
NO PLACE TO RUN zurück,<br />
mit dem die Band auch ohne den blonden Gitarrengott<br />
mit straightem, Blues-getränktem<br />
Hard Rock in bekannter Manier überzeugen<br />
konnte. Ähnliches war 1981 THE WILD,<br />
THE WILLING AND THE INNOCENT zu<br />
attestieren, dem zwar Kracher vom Schlage<br />
“Doc<strong>to</strong>r Doc<strong>to</strong>r” ebenfalls fehlten, aber mit<br />
“Chains Chains” eine jahrelang live gepflegte<br />
Bühnenhymne bot. 1982 begann der Band<br />
mit MECHANIX aber so ganz allmählich die<br />
Puste auszugehen, sprich die Songideen zündeten<br />
nicht mehr ganz so mitreißend. Was in<br />
etwas gesteigertem Maße auch für MAKING<br />
CONTACT (mit Synth-Drums!) im Folgejahr<br />
galt, bei dem Way nicht mehr dabei war. Regelrecht<br />
in die Hard-Rock-Hose ging das allzu<br />
sehr in Richtung Kommerz/Verkaufserfolg<br />
schielende AOR-Opus MISDE MEANOR,<br />
das Mogg mit Paul Raymond (g, keys), Paul<br />
Gray (Ex-Damned, b), Jim Simpson (Ex-<br />
Magnum, dr) und den Nachwuchsgitarristen<br />
A<strong>to</strong>mik Tommy einspielte.<br />
Alle klanglich überarbeiteten Alben jener<br />
Phase kompakt in einer erschwinglichen<br />
Box zum Auffüllen der Lücken<br />
in der UFO-Sammlung<br />
ist das eine. Das andere ist<br />
für die beinharten Fans der<br />
Veteranenband das Bonus-<br />
Material. Und da ist einiges<br />
an Raritäten dazugepackt.<br />
Da gibt es zwar durchaus<br />
interessante, auf Silberling<br />
bislang nicht erhältliche Single-B-Seiten,<br />
Edits und Remixe. Die wahre Rarität hier<br />
ist allerdings ein BBC-Mitschnitt vom 4.<br />
Februar 1980. Der war im Gegensatz zu der<br />
ebenfalls enthaltenen „Heads<strong>to</strong>ne – Live At<br />
Hammer smith 1983”-Dokumentation bislang<br />
noch nicht auf CD veröffentlicht, teilweise<br />
sogar noch überhaupt nicht (offiziell)<br />
erhältlich. Das Booklet bietet ein 2012 mit<br />
Mogg geführtes Interview und eine (nur<br />
mit Lupe lesbare) Übernahme des UFO betreffenden<br />
Stammbaums aus dem ebenfalls<br />
längst legendären Buch „Family Trees” von<br />
Pete Frame. Insgesamt erneut eine richtig<br />
gelungene, mit Bedacht zusammengestellte<br />
Werkschau aus dem Hause EMI.<br />
(EMI, 2012, 19/77:54, 14/76:46,<br />
11/44:46, 17/68:03, 14/63:07) pro<br />
Seite 30 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
TOP 10 – <strong>Rolling</strong>-S<strong>to</strong>nes-Songs<br />
1. Angie<br />
2. Wild Horses<br />
3. Sympathy For The Devil<br />
4. 2000 Light Years From Home<br />
5. Emotional Rescue<br />
6. She’s A Rainbow<br />
7. Lady Jane<br />
8. The Last Time<br />
9. Sister Morphine<br />
10. Miss You<br />
1. Salt Of The Earth<br />
2. You Can’t Always Get What You Want<br />
3. No Expectations<br />
4. Get Off Of My Cloud<br />
5. The Last Time<br />
6. Paint It Black<br />
7. Luxury<br />
8. Waiting On A Friend<br />
9. Out Of Time<br />
10. She Smiled Sweetly<br />
1. Gimme Shelter<br />
2. Winter<br />
3. You Got The Silver<br />
4. Who’s Been Sleeping Here<br />
5. Sweet Black Angel<br />
6. Who’s Driving Your Plane<br />
7. Sister Morphine<br />
8. Faraway Eyes<br />
9. Dead Flowers<br />
10. One Hit (To The Body)<br />
1. Gimme Shelter<br />
2. Sympathy For The Devil<br />
3. Jumpin’ Jack Flash<br />
4. Honky Tonk Women<br />
5. Under My Thumb<br />
6. Shattered<br />
7. Ruby Tuesday<br />
8. Let’s Spend The Night Toge<strong>the</strong>r<br />
9. As Tears Go By<br />
10. Out Of Time<br />
1. Gimme Shelter<br />
2. Wild Horses<br />
3. Dirty Work<br />
4. Get Off Of My Cloud<br />
5. Under My Thumb<br />
6. Emotional Rescue<br />
7. Yesterday’s Paper<br />
8. We Love You<br />
9. Anybody Seen My Baby?<br />
10. (I Can’t Get No) Satisfaction<br />
1. Wild Horses<br />
2. Angie<br />
3. You Can’t Always Get What You Want<br />
4. Sweet Black Angel<br />
5. Sister Morphine<br />
6. The Last Time<br />
7. She’s A Rainbow<br />
8. Time Is On My Side<br />
9. Out Of Time<br />
10. Dead Flowers<br />
1. Time Is On My Side<br />
2. The Last Time<br />
3. (I Can’t Get No) Satisfaction<br />
4. Lady Jane<br />
5. Ruby Thuesday<br />
6. She’s A Rainbow<br />
7. Street Fighting Man<br />
8. Brown Sugar<br />
9. Angie<br />
10. It’s Only Rock’n’Roll<br />
Fabian Leibfried<br />
Hans-Jürgen Gün<strong>the</strong>r<br />
Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
Tino Krauter<br />
Jens-Uwe Berndt<br />
Ulrich Schwartz<br />
Helmut Ölschlegel<br />
1. Honky Tonk Women<br />
2. (I Can’t Get No) Satisfaction<br />
3. You Can’t Always Get What You Want<br />
4. Beast Of Burden<br />
5. It’s Only Rock’n’Roll<br />
6. Midnight Rambler<br />
7. Street Fighting Man<br />
8. Sympathy For The Devil<br />
9. She’s A Rainbow<br />
10. Get Off Of My Cloud<br />
1. Starfucker<br />
2. Honkey Tonk Women<br />
3. Dead Flowers<br />
4. Start Me Up<br />
5. Tumblin’ Dice<br />
6. Brown Sugar<br />
7. (I Can’t Get No) Satisfaction<br />
8. Let’s Spend The Night Toge<strong>the</strong>r<br />
9. Mo<strong>the</strong>r’s Little Helper<br />
10. Angie<br />
1. Sympathy For The Devil<br />
2. You Can’t Always Get What You Want<br />
3. Paint It Black<br />
4. Under My Thumb<br />
5. No Expectations<br />
6. (I Can’t Get No) Satisfaction<br />
7. Gimme Shelter<br />
8. 2000 Light Years From Home<br />
9. Sister Morphine<br />
10. Wild Horses<br />
1. 2000 Light Years From Home<br />
2. Sympathy For The Devil<br />
3. I’ Free<br />
4. Street Fighting Man<br />
5. You Can’t Always Get What You Want<br />
6. We Love You<br />
7. Gimme Shelter<br />
8. Under My Thumb<br />
9. The Last Time<br />
10. Midnight Rambler<br />
1. Gimme Shelter<br />
2. Monkey Man<br />
3. Jumpin’ Jack Flash<br />
4. Parachute Woman<br />
5. Salt Of The Earth<br />
6. She’s A Rainbow<br />
7. Honky Tonk Women<br />
8. Fingerprint File<br />
9. We Love You<br />
10. Undercover Of The Night<br />
1. We Love You<br />
2. Paint It Black<br />
3. Angie<br />
4. Mo<strong>the</strong>r’s Little Helper<br />
5. Ain’t Too Proud To Beg<br />
6. Harlem Shuffle<br />
7. Street Fighting Man<br />
8. Cocksucker Blues<br />
9. It’s Only Rock’n’Roll<br />
10. Let’s Spend The Night Toge<strong>the</strong>r<br />
1. Angie<br />
2. (I Can’t Get No) Satisfaction<br />
3. Lady Jane<br />
4. It’s Only Rock’n’Roll<br />
5. Sympathy For The Devil<br />
6. Ruby Tuesday<br />
7. Paint It Black<br />
8. It’s All Over Now<br />
9. She Was Hot<br />
10. Streets Of Love<br />
Mitarbeiter<br />
Martin Reichold<br />
Philipp Roser<br />
Frank Schuster<br />
Alan Tepper<br />
Uli Twelker<br />
Frank Küster<br />
Christian Hentschel<br />
© Patrick Icks<br />
Snowy White<br />
1. It’s All Over Now<br />
2. Angie<br />
3. (I Can’t Get No) Satisfaction<br />
4. Brown Sugar<br />
5. Get Off Of My Cloud<br />
6. Paint It Black<br />
7. Sympathy For The Devil<br />
8. Little Red Rooster<br />
9. Jumpin’ Jack Flash<br />
10. 19th Nervous Breakdown<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 31
CD<br />
REVIEWS<br />
AVERY MILE<br />
A PLACE CALLED HOME<br />
Nein, hört man die Musik dieses Albums,<br />
ahnt man keinesfalls, dass man hier fünf<br />
jungen Männern aus dem Raum Bremen<br />
lauscht, klingt es doch weit mehr nach<br />
Manchester, London oder gleich nach New<br />
York. Dabei darf man auch nicht den Fehler<br />
machen, Avery Mile vorschnell in die<br />
Brit-Pop-Schublade zu stecken, denn auch<br />
wenn die Einflüsse von Keane, Coldplay<br />
oder der Manic Street Preachers klar herauszuhören<br />
sind, ist es ihnen gelungen, A<br />
PLACE CALLED HOME ihren eigenen<br />
Stempel zu verpassen. Unterschiedliche<br />
Attribute stehen auf diesem Stempel, mal<br />
rückt hymnische Romantik im Vordergrund<br />
(“Blind Your Eyes”), manchmal<br />
sonnige Crowded-House-Rhythmen (“In<br />
The Waterfall”), manchmal gelingt ihnen,<br />
wie bei “Sail Away”, aus dem Nichts heraus<br />
eine versponnene Melodie, die einem<br />
einfach nicht mehr aus den Gehörgängen<br />
gehen will.<br />
(Fuego/Rough Trade, 2012, 10/34:44) us<br />
CALIGOLA<br />
BACK TO EARTH<br />
Scheinbar<br />
wurde<br />
den beiden Mando-<br />
Diao-Frontmännern<br />
Björn Dixgård und<br />
Gustaf Norén das<br />
musikalische Korsett<br />
ihrer Hauptband mit<br />
wachsendem Erfolg zu eng, mit BACK<br />
TO EARTH verschaffen sie sich nun Luft.<br />
Unterstützt von den schwedischen Hip-<br />
Hop-Produzenten Salla und Masse Salazar,<br />
realisieren sie mit Caligola nun ihren eigenen<br />
Traum von moderner No<strong>the</strong>rn Dance-<br />
<strong>Music</strong> – einen ersten Vorgeschmack davon<br />
gab es ja mit “Dance With Somebody”<br />
schon auf dem letzten Mando-Diao-Album<br />
zu hören. Dabei überrascht weniger die geballte<br />
Rock’n’Soul-Wucht, mit der sie ihre<br />
Songs auf den Dancefloor hämmern, nein,<br />
es sind vielmehr die kleinen Verspiel<strong>the</strong>iten<br />
am Rande, die man so nicht erwartet hätte.<br />
Sei es der düstere, Thriller-artige Beginn<br />
von “Capo”, die einsame Geige im Outro<br />
von “Hapokalypse” oder die beschwingte<br />
Leichtigkeit des Electro-Pop-Songs “Morning<br />
Light”, die Möglichkeiten, während<br />
dieser knappen Stunde erstklassige Details<br />
zu entdecken, sind schier unerschöpflich!<br />
(Vertigo/Universal, 2012,<br />
15/49:03) tk<br />
HEINZ RUDOLF KUNZE<br />
ICH BIN<br />
Es habe einiges an Überredungskunst gebraucht,<br />
erklärt Heinz Rudolf Kunze, bis<br />
er davon überzeugt war, einen „Zwischengrabstein”<br />
(wie er ein Best-Of-Album oder<br />
eine Werkschau nennt) zu veröffentlichen.<br />
Und etwas Besonderes wollte er seinen<br />
Fans dazu noch bieten, also wurden für<br />
die aktuellen Neuaufnahmen seiner Lieder<br />
zahlreiche Freunde und Kollegen ins Studio<br />
eingeladen. Mit dabei natürlich langjährige<br />
Weggefährten wie Hartmut Engler von<br />
Pur, Tobias Künzel von den Prinzen, Julia<br />
Neigel oder Purple Schulz, frische oder<br />
aufgefrischte Freundschaften wie die mit<br />
Achim Reichel, Heiner Lürig oder Joachim<br />
Witt, aber auch ein Duett mit Selig-Sänger<br />
Jan Plewka, den Heinz Rudolf Kunze zuvor<br />
noch nie persönlich getroffen hatte,<br />
findet seinen Platz auf ICH BIN. Und trotz<br />
der ziemlich werkgetreuen Neuversionen<br />
dieser Rückschau passt das Konzept dieses<br />
Albums, einmal durch die illustre und<br />
abwechslungsreiche Gästeliste und dann<br />
natürlich durch die unzerstörbaren Gassenhauer<br />
aus Kunzes Feder, von “Dein ist mein<br />
ganzes Herz” über “Mit Leib und Seele” bis<br />
zu “Finden Sie Mabel”.<br />
(Ariola/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 14/56:36) us<br />
SCOTT MATTHEWS<br />
WHAT THE NIGHT DELIVERS<br />
Scott<br />
Mat<strong>the</strong>ws,<br />
Jahrgang 1976, ist<br />
eines der gefeierten<br />
jungen Talente des<br />
britischen Folk-Pop.<br />
Auf dem Vorgängeralbum<br />
ELSWHERE<br />
(2009) war u.a. Robert Plant als Gastsänger<br />
zu hören; auch auf seinem neuen Werk<br />
WHAT THE NIGHT DELIVERS erhält<br />
er prominente Unterstützung: neben dem<br />
Cellisten Danny Keane vor allem von<br />
dem Bassisten Danny Thompson, der in<br />
den 60ern und 70ern Mitglied bei Alexis<br />
Korner’s Blues Incorporated und der Folk-<br />
Rockband Pentangle war und an Alben von<br />
Richard Thompson, Tim Buckley und Nick<br />
Drake mitwirkte. An den sensiblen, introvertierten<br />
Folk-Pop von Nick Drake und<br />
Tim Buckley muss man auch mitunter bei<br />
den zehn Songs auf WHAT THE NIGHT<br />
DELIVERS denken: impressionistisch hingetupft,<br />
zart und fragil, sehr atmosphärisch,<br />
zwischen Kammer-Jazz und Psychedelia-<br />
Folk changierend – zehn großartige Kleinode!<br />
(San Remo/Indigo, 2012, 10/<strong>50</strong>:57) frs<br />
MORTEN HARKET<br />
OUT OF MY HANDS<br />
Nach der endgültigen (?) Auflösung von<br />
a-ha macht Morten Harket das einzig Richtige.<br />
Er veröffentlicht das nächste a-ha-<br />
Album ganz einfach unter seinem eigenen<br />
Namen. Dabei ist OUT OF MY HANDS<br />
schon das vierte Solo-Album des Sängers,<br />
dessen charakteristische Stimme den Sound<br />
der norwegischen Band über <strong>Jahre</strong> hinweg<br />
prägte. Und da sich seine Solosongs fast<br />
identisch anhören wie die der letzten a-ha-<br />
Alben, dürften die meisten Fans seiner alten<br />
Band hocherfreut auf dieses Lebenszeichen<br />
reagieren. Dennoch bleibt selbst für eingefleischte<br />
Harket-Bewunderer ein kleiner<br />
Wermutstropfen: Mit Pal Waaktar-Savoy<br />
und Magne Furuholmen fehlen bei OUT<br />
OF MY HANDS die beiden Komponisten,<br />
die im Falle von a-ha für mehr musikalische<br />
Abwechslung sorgten. So aber nutzt sich<br />
dieses Album relativ schnell ab, klingen die<br />
Songs insgesamt gesehen zu ähnlich.<br />
(Island/Universal, 2012,<br />
7 Tracks, Promo-CD) us<br />
BENJAMIN SCHOOS<br />
CHINA MAN VS. CHINA GIRL<br />
Wenn Benjamin Schoos ruft, so hat man<br />
den Eindruck, kommen sie alle. Auf dem<br />
neuen Album des talentreichen Vertreters<br />
des neuen Chanson geben sich als<br />
Gastsänger das Mikro in die Hand: Chrissie<br />
Hynde (Pretenders), Laetitia Sadier<br />
(Stereo lab), Mark Gardener (Ride) sowie<br />
die Pariser 70er-<strong>Jahre</strong>-Ikone Marie France.<br />
Nicht nur in punc<strong>to</strong> Anziehungskraft auf<br />
Duettpartner(innen) gibt es eine Parallele<br />
zum großen Chansonier Serge Gainsbourg,<br />
auch musikalisch wandelt Schoos auf den<br />
Spuren des kettenrauchenden Enfant terrible.<br />
Inspiriert von einem Treffen mit<br />
Gainsbourgs früherem Orchesterarrangeur<br />
Jean Claude Vannier veredelt er die Songs<br />
auf CHINA MAN VS. CHINA GIRL mit<br />
vergleichbar opulenten Cinemascope-Arrangements<br />
aus Streichern, Bläsern, Orgel,<br />
Piano und Seventies-Syn<strong>the</strong>sizern. Seine<br />
Chansons sind zum Träumen schön – ob<br />
die Ballade “La Chinoise” oder das jazzige<br />
“Catch”, vor allem aber die fröhlich-poppig<br />
daherkommenden Duette “Je Ne Vois Que<br />
Vous” (Schoos mit Sadier) sowie “Un Garcon<br />
Qui Pleure” (Hynde mit France). Très<br />
formidable!<br />
(Freaksville/Indigo, 2012, 12/40:15) frs<br />
NEIL DIAMOND<br />
THE VERY BEST OF<br />
Best-Of-Anthologien<br />
von Neil Diamond<br />
gibt es zuhauf. Was<br />
also spricht für die<br />
neueste? In erster<br />
Linie, dass es sich<br />
erstmals um eine<br />
Label Lbl übergreifende Kompilation handelt.<br />
An früheren Zusammenstellungen war stets<br />
unbefriedigend, dass sie nicht Songs von<br />
allen drei Plattenfirmen, bei denen Diamond<br />
unter Vertrag war, enthielten oder<br />
dass versucht wurde, mit Live-Aufnahmen<br />
zu tricksen. Nun sind wirklich alle großen<br />
Hits (u.a. “Forever In Blue Jeans”, “I Am<br />
… I Said”, “Sweet Caroline”, “Song Sung<br />
Blue”) versammelt sowie die Originale<br />
von Songs, die durch andere Interpreten<br />
bekannt wurden: “I’m A Believer” (Monkees),<br />
“Red Red Wine” (UB 40), “Solitary<br />
Man” (Johnny Cash) und “Girl, You’ll<br />
Be A Woman Soon” (Urge Overkill). Ein<br />
weiterer Pluspunkt ist, dass auch ein paar<br />
unbekanntere Lieder, einige von Diamonds<br />
persönlichen Favoriten auf der Scheibe landeten,<br />
etwa das wunderbare, von Robbie<br />
Robertson produzierte “Beautiful Noise”<br />
oder das komplex-gospelige “Bro<strong>the</strong>r<br />
Love’s Traveling Salvation Show”. In den<br />
Liner-Notes gibt Diamond zu jedem der 23<br />
Songs persönliche Kurzkommentare ab.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2011,<br />
23/78:48) frs<br />
Pop<br />
MELANIE FIONA<br />
THE MF LIFE<br />
Melanie Fionas Debütalbum THE BRIDGE<br />
mit den Hits “Monday Morning” und dem<br />
genialen “Time Of The Season”-Remake<br />
“Give It To Me Right” war vielversprechend,<br />
doch zum Durchbruch in Deutschland<br />
reichte es leider nicht. Zweieinhalb<br />
<strong>Jahre</strong> ließ sie sich Zeit für die Produktion<br />
des neuen Albums THE MF LIFE. Aber<br />
auch diese verhältnismäßig lange Zeitspanne<br />
brachte nicht viel. Es gelang einfach<br />
nicht, für die gute Soulstimme auch<br />
gute Songs zu finden. Die Kompositionen<br />
sind ideenlos, der aufgesetzte Gesang (teilweise<br />
schwache Whitney-Hous<strong>to</strong>n-Nachahmungen)<br />
nervt, und zu allem Unheil<br />
kommt der Instrumentalteil vom Computer<br />
mit einer unangenehm scheppernden<br />
Drum-Machine. Auch balladeske Stücke<br />
wie “Gone And Never Coming Back” und<br />
“Bones” helfen nicht. Lediglich der Mini-<br />
Hit “4 AM” ragt etwas aus dem Einheitsbrei<br />
heraus. Sehr schade für eine Künstlerin,<br />
die beim SWR3-New-Pop-Festival in<br />
Baden-Baden 2009 derart überzeugte, dass<br />
man ihr einiges zutraute. Aber auch beste<br />
Performerqualitäten nützen nicht, wenn<br />
das Songmaterial unterirdisch ist. Schade.<br />
(SRC/Universal, 2012, 17/68:10) p<br />
NITS<br />
MALPENSA<br />
Auch wenn sie es<br />
nicht besonders feiern<br />
und eher als<br />
selbstverständlich<br />
ansehen, nicht jeder<br />
Band gelingt es, im<br />
Laufe ihrer Karriere<br />
so viele il Platten Pltt zu veröffentlichen – MAL-<br />
PENSA ist tatsächlich schon das 25. Album<br />
der Nits. Und erfreulicherweise beschränken<br />
sich Henk Hofstede, Robert Jan Stips und<br />
Rob Kloet keinesfalls darauf, ihre Ausnahmestellung<br />
im Pop-Business mit dem neuen<br />
Werk nur zu verwalten. Wie von Beginn an<br />
bleibt ihre Musik kompromisslos innovativ,<br />
lässt die Entdeckung neuer Horizonte zu,<br />
verarbeitet Einflüsse, die sie auf ihren langen<br />
Reisen aufgesogen haben. Dass sie es aktuell<br />
– trotz vermehrten Syn<strong>the</strong>sizer-Einsatzes –<br />
mit weniger Avantgarde als zuletzt angehen,<br />
dass sie größtenteils ruhig und getragen, fast<br />
schon altersweise melancholisch klingen,<br />
ist ein weiterer Beweis ihrer erfahrenen Gelassenheit.<br />
Thematisch geht es über Europa<br />
– ein Song widmet sich den Vorhängeschlössern<br />
der Verliebten der Kölner Hohenzollernbrücke<br />
– und New York bis zum Tahir-Platz<br />
in Kairo. Anspieltipp: ganz klar “Schwebebahn”,<br />
die auf Deutsch gesungene Hommage<br />
an Kraftwerk.<br />
(Global Satellite/Rough Trade, 2012,<br />
11/47:48) us<br />
JOHNNIE ALLAN<br />
LOUISIANA MAN<br />
Johnnie Allan, als John Allen Guillot 1938<br />
in Lousiana geboren und noch heute dort<br />
lebend, gehört – auch international – zu den<br />
bekanntesten Vertretern der Cajun-Musik.<br />
Zunächst spielte er traditionelle Cajun-<br />
Formen, aber als er 1956 Elvis Presley live<br />
erlebte, lief er zum Rock’n’Roll über, den<br />
er alsbald zum Sondergenre der Swamp-<br />
Pop-<strong>Music</strong> umformte. Das hatte den Vorteil,<br />
dass Allan unabhängig von wechselnden<br />
Moden „seine höchsteigene” Musik<br />
machen konnte, die – je nach Heraushebung<br />
einzelner Stilelemente – mal herzhaft-munter<br />
rock’n’rollig im Stil von Fats<br />
Domino, mal gediegen countryesk, mal<br />
tiefsüdlich bluesig klingt, innerhalb ihrer<br />
Möglichkeiten ein hohes Maß an Abwechslung<br />
bietet und aus guten Songvorlagen<br />
regelmäßig kleine Meisterwerke macht. So<br />
auch hier: LOUSIANA MAN, 1991 live in<br />
London aufgenommen, bringt Klassiker<br />
wie “Lonely Days, Lonely Nights”, “South<br />
To Louisiana”, “The Promised Land” und<br />
“Sweet Dreams”; dazu markante Tracks<br />
wie “Rubber Dolly”, “Sittin’And Thinkin’”<br />
oder “Opelousas Sostan”. Johnny Allan<br />
singt unverbraucht in Bestform, die Saxo-<br />
Seite 32 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
fone röhren um die Wette, Geraint Watkins’<br />
Akkordeon gewinnt oft die Überhand über<br />
Gary Rickards Gitarre, und es herrscht<br />
permanent gute Laune. Dass einige balladeske<br />
Sequenzen sich der Schnulzengrenze<br />
nähern, ist nicht weiter schlimm, denn sie<br />
überschreiten sie nicht.<br />
(S<strong>to</strong>mper Time Records/Soulfood,<br />
1992, 18/56:44) hjg<br />
GEMMA RAY<br />
ISLAND FIRE<br />
Auch mit ihrem<br />
vierten Album IS-<br />
LAND FIRE wird<br />
die englische Songschreiberin,<br />
Sängerin<br />
und Gitarristin<br />
Gemma Ray weder<br />
die Charts erobern noch ein Massenpublikum<br />
ansprechen. Das will sie offenbar auch<br />
nicht. Aber ein überschaubares Club-Publikum<br />
kann sie mit ihren eigenwilligen Songs<br />
überzeugen. Düster, mystisch, manchmal<br />
schwer verdaulich, doch sorgfältig produziert,<br />
ideenreich und detailverliebt – das<br />
alles trifft auch auf die neuen Songs der in<br />
Berlin lebenden Engländerin zu. Immer am<br />
Sound der Fünfziger und Sechziger angelehnt:<br />
So blicken die Shangri-Las durchs<br />
Fenster zu Songs wie “Put Your Brain In<br />
Gear”, dem grandiosen “Runaway” sowie<br />
“Rescue Me”. Tatsächlich kommt ISLAND<br />
FIRE im Vergleich zu den Vorgängeralben<br />
noch eigenwilliger daher. Titel wie “Flood<br />
And A Fire” oder “Here Comes The Light”<br />
sind atmosphärisch, geheimnisvoll und<br />
eindringlich. Zwei ältere Songs der Sparks-<br />
Brüder Ron und Russell Mael (“How Do I<br />
Get To Carnegie Hall” von 2003 und “Eaten<br />
By The Monster Of Love” von 1982)<br />
hat sie mit diesen neu eingespielt und als<br />
Bonus angehängt (ebenso als Vinylsingle<br />
veröffentlicht). Kompliment an eine querköpfige<br />
und konsequente junge Künstlerin,<br />
die sich nicht von kommerziellen Zwängen<br />
verbiegen lässt! (Siehe auch <strong>GoodTimes</strong>-<br />
Tipp, Ausgabe 2/2012).<br />
(Bronze Rat/Soulfood, 2012,<br />
14/48:30) p<br />
GEORGE HARRISON<br />
EARLY TAKES VOLUME 1<br />
Einmal die Songs<br />
von George Harrison<br />
hören, gespielt<br />
und gesungen (fast)<br />
nur von ihm alleine.<br />
Schöne Sache, nicht?<br />
Die Sammlung EAR-<br />
LY TAKES VOLUME 1 erfüllt diesen<br />
Wunsch. Darauf sind zehn bislang unveröffentlichte<br />
Demo-Aufnahmen zu hören, die<br />
der Ex-Beatle Anfang der 70er <strong>Jahre</strong> einspielte,<br />
meist nur alleine zur Akustikklampfe,<br />
die dann in breiteren Arrangements<br />
auf seinen frühen Solo-Alben von ALL<br />
THINGS MUST PASS (1970) bis THIRTY<br />
THREE & 1/3 (1976) landen sollten. So<br />
fallen zwar bei “My Sweet Lord” die „Hare-Krishna”-Chöre<br />
(verschmerzbar!) sowie<br />
das markante E-Gitarrenmotiv (schade …)<br />
weg, doch eine so intime Aufnahme des<br />
Songs hat man zuvor noch nie gehört. Ähnliches<br />
gilt für das bluesige “Woman Don’t<br />
You Cry For Me” oder das spirituelle “The<br />
Light That Has Lighted The World”, das für<br />
LIVING IN THE MATERIAL WORLD<br />
(1973) mit Klavier und Harmonium aufgepeppt<br />
wurde. Mit den Cover-Songs “Mama,<br />
You’ve Been On My Mind” (Dylan) und<br />
“Let It Be Me” (Bécaud) befinden sich zudem<br />
zwei Nummern auf EARLY TAKES,<br />
die es später auf keines der offiziellen Harrison-Alben<br />
schaffen sollten.<br />
(Universal, 2012, 10/30:35)<br />
frs<br />
MADELINE BELL &<br />
DAVID MARTIN<br />
TOGETHER AGAIN<br />
Wenn es schon heißt<br />
„von Acetates gezogen”,<br />
so vermutet<br />
man Restekratzen –<br />
bei einer Stimme und<br />
Persönlichkeit<br />
vom<br />
Kaliber einer Madeline<br />
Bell – solo, Blue Mink, Chorstimme für<br />
Pink Floyd und Humble Pie – besteht hier<br />
keine Gefahr. Ihr Partner bei den in Erinnerung<br />
gebrachten Single-A- und B-Seiten war<br />
David Martin vom AMMO-Hit-Team, das<br />
auch für Butterscotch und Rescue No. 1 arbeitete<br />
– gehobene Disco/Soul-Ware in teils<br />
ganz leicht angestaubtem Klangbild, doch<br />
ungeheuer eingängig und Gute-Laune-lastig:<br />
“Walking On Air” oder “Whatever The Time<br />
Of Day” summt man zu jeder Tageszeit sofort<br />
mit. Ergänzt werden die neun Funde von<br />
1982 durch weitere Duette Martins mit Stephanie<br />
de Sykes sowie mit Paul McCartneys<br />
Kusine Kate Robbins und schließlich Janie<br />
Marden: Martin & Marden sangen Cole Porters<br />
“Everytime We Say Goodbye” für Woolworths<br />
– womöglich hatten Mick Hucknalls<br />
Eltern die 1972er Kaufhaus-LP im Schrank<br />
für die Simply-Red-Version.<br />
(Angel Air/Fenn, 1982, 4/45:42) utw<br />
CAROLE KING<br />
THE LEGENDARY DEMOS<br />
Bevor Carole King zu Beginn der 70er <strong>Jahre</strong><br />
ihre Solokarriere startete, war sie eine<br />
begehrte Komponistin für andere Interpreten.<br />
Mit ihrem Ex-Gatten Gerry Goffin<br />
schrieb sie Top-Ten-Erfolge für die Everly<br />
Bro <strong>the</strong>rs (“Crying In The Rain”), Bobby<br />
Vee (“Take Good Care Of My Baby”),<br />
Aretha Franklin (“A Natural Woman”) und<br />
die Monkees (“Pleasant Valley Sunday”).<br />
Meist nahm sie ihre Kompositionen von<br />
ihr selbst gesungen und mit ausgearbeiteten<br />
Arrangements auf Tonband auf. Mit<br />
diesen Demoversionen wollte ihr Verlag<br />
Aldon <strong>Music</strong> die Songs anderen Künstlern<br />
schmackhaft machen. 13 dieser bislang unveröffentlichten<br />
Originale aus den <strong>Jahre</strong>n<br />
1961 bis 1970 präsentiert nun die CD THE<br />
LEGENDARY DEMOS, darunter sechs<br />
Stücke, die später auf ihrem Millionenseller<br />
TAPESTRY landeten (u.a. “You’ve Got A<br />
Friend”, “It’s Too Late”). David Browne<br />
(US-„<strong>Rolling</strong>-S<strong>to</strong>ne”), Au<strong>to</strong>r der Liner-<br />
Notes, sieht in den Aufnahmen ein bislang<br />
fehlendes Bindeglied in ihrer Karriere und<br />
vergleicht sie nicht zu Unrecht mit Dylans<br />
BASEMENT TAPES. Man kann die Songs<br />
als Kings „Debüt vor dem Debüt” hören<br />
oder sie mit den später von ihr oder anderen<br />
Interpreten veröffentlichten Versionen vergleichen.<br />
Wie auch immer: Einmal mehr ist<br />
man bass erstaunt, was für eine großartige<br />
Songwriterin sie doch ist!<br />
(Hear/Universal, 2012, 13/39:42) frs<br />
Pop<br />
WOLFGANG AMBROS<br />
190352<br />
Sein Geburtsdatum<br />
gibt den Titel des<br />
neuen Albums vor,<br />
zum ersten Mal seit<br />
2006 präsentiert<br />
Wolfgang Ambros<br />
wieder neue eigene<br />
Lieder. Wer ihn auf seiner Tour letztes Jahr<br />
live erlebt hat, weiß, dass er zwar einerseits<br />
mit diesem runden Geburtstag kokettiert,<br />
andererseits aber mit sich im Reinen zu sein<br />
scheint. So ist auch die gelassene Souveränität<br />
zu erklären, die man aus seinen neuen,<br />
sehr persönlichen Liedern heraushört. Das<br />
zart arrangierte Liebeslied “Sie”, die zwei<br />
akustischen Gitarren bei “Vier blaue Augen”<br />
(die herzliche Hommage an seine Zwillinge),<br />
Carl Kayes wunderschönes Spiel auf der Pedalsteel,<br />
die einfühlsamen Streicher bei “Die<br />
Wolkn” – durchgehend hält die Wahl der<br />
Stilmittel Schritt mit der Klasse der Kompositionen.<br />
Den beiden jungen Musikern Markus<br />
Gartner und Roland Vogl die Produktion<br />
in die Hände zu geben, war eine hervorragende<br />
Wahl, so gut wie auf 190352 hat man<br />
Wolfgang Ambros schon lange nicht mehr<br />
erlebt. Gratulation!<br />
(Ariola/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 14/58:09) us<br />
SIMONE WHITE<br />
SILVER SILVER<br />
Die US-Sängerin Simone White ist noch ein<br />
Geheimtipp. Fans von Singer/Songwriter-<br />
Musik sollten sich die Musikerin aus Los<br />
Angeles einmal anhören, die den Vergleich<br />
mit anderen großen Künstlerinnen des Genres,<br />
etwa Suzanne Vega oder Ani DiFranco,<br />
nicht zu scheuen braucht. Mit SILVER<br />
SILVER legt die aus einer Künstlerfamilie<br />
stammende 42-Jährige ihr viertes Album<br />
vor. Darauf dominieren ruhige, verträumtversponnene<br />
Songs, die mal einen folkigen,<br />
von Fingerpicking-Akustikgitarren und<br />
harmonischen Chorgesängen, mal einen<br />
von dezenten Elektronikexperimenten getragenen<br />
Grund<strong>to</strong>n haben. Höhepunkt ist<br />
der im Duett mit Andrew Bird gesungene<br />
und von dessen vibrierendem Geigenspiel<br />
geprägte, über sieben Minuten lange Titelsong,<br />
der sich von einem balladenhaften<br />
Anfang über einen instrumentalen Zwischenpart<br />
hin zu einer Bombast-Rocknummer<br />
entwickelt.<br />
(Honest Jon’s/Indigo, 2012, 13/40:34) frs<br />
RUFUS WAINWRIGHT<br />
OUT OF THE GAME<br />
Für OUT OF THE GAME hat sich Rufus<br />
Wainwright mit (dem Produzenten und<br />
Arrangeur) Mark Ronson einen Könner an<br />
Bord geholt, der das neue Album zu einem<br />
bisherigen Karrierehöhepunkt werden lässt.<br />
Denn was Ronson aus den ungeschliffenen<br />
Songdiamanten Wainwrights herausholt, ist<br />
einsame Klasse. Zu den Musikern, die für<br />
die Aufnahmen der zwölf Songs engagiert<br />
wurden, gehören die Dap-Kings, mit denen<br />
Ronson BACK TO BLACK von Amy<br />
Wine house den passenden Sound verpasste,<br />
Nels Cline von Wilco, Nick Zinner von den<br />
Yeah Yeah Yeahs, Sean Lennon sowie Rufus’<br />
Schwester Martha. Gemeinsam gelingt<br />
ihnen das poppigste und bunteste Rufus-<br />
Wainwright-Album aller Zeiten, das ebenso<br />
mit schwelgerischer Opulenz punktet wie<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 33
CD<br />
REVIEWS<br />
mit hochklassigen Abstechern zu Gospel,<br />
Dream-Pop oder Westcoast. Anspieltipp:<br />
jeder Song des Albums!<br />
Stern-Combo-Meißen-Sänger nach wie vor<br />
sehr eingängige Songs, doch in seinen Texten<br />
zeigt er sich radikaler denn je, zieht mit<br />
(Decca/Universal, 2012, 12/<strong>50</strong>:29) us Ungereim<strong>the</strong>iten ins Gericht, hinterfragt<br />
den oft missbrauchten Begriff Freiheit. Das<br />
ULTRAVOX<br />
BRILLIANT<br />
wird nicht jedem gefallen, muss es aber<br />
auch nicht. Falkenbergs neues Werk kann<br />
Obgleich schon 1974<br />
gegründet, waren es<br />
die <strong>Jahre</strong> 1980 bis<br />
man lieben oder hassen, nur egal kann es<br />
einem nicht sein.<br />
(Mollwerk/Buschfunk, 2012,<br />
1986, in denen die<br />
britische Band Ultravox<br />
ihre größten<br />
12/43:13)<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
che<br />
Erfolge feierte. Ende<br />
der 70er verließ ßder erste Sänger John Foxx<br />
die Band, mit Nachfolger Midge Ure kamen<br />
ein Stilwechsel von experimentellem<br />
Glam-Rock zu Synthie-Pop und die Hits.<br />
“Vienna”, “Hymn” und “Dancing With<br />
Tears In My Eyes” begeisterten die New-<br />
Wave- und New-Romantic-Fans, Top-Ten-<br />
Platzierungen in aller Welt waren der verdiente<br />
ONE HIT WONDER VOLUME 13<br />
Eigentlich hatte Bayern-3-Modera<strong>to</strong>r<br />
Ulli Wenger nach<br />
der zwölften Ausgabe<br />
seiner ONE HIT<br />
WONDER-Reihe<br />
deren Ende verkündet.<br />
dt Doch monatelanges, tl hartnäckiges<br />
Lohn. 1988, nach Veröffentlichung<br />
des letzten Albums, lösten sie sich auf, bis<br />
dann 2008 eine Reunion-Tour die Hoffnung<br />
auf ein neues Ultravox-Album nährte. Ende<br />
Mai wird es erscheinen, BRILLIANT soll<br />
es heißen. Für die Musik darauf sollte man<br />
sich Zeit nehmen, zunächst erscheinen die<br />
neuen Stücke etwas sperrig und zieren sich,<br />
ihre Reize freizugeben. Doch nach etwas<br />
Eingewöhnungszeit packen einen diese<br />
Songs dann wieder, zeigt die Originalbesetzung<br />
aus den 80er <strong>Jahre</strong>n, dass dieses<br />
Comeback sowohl gut überlegt als auch<br />
hervorragend umgesetzt ist.<br />
(EMI, 2012, 12/53:41)<br />
us<br />
RAUSCHENBERGER<br />
ALLES FLIESST<br />
Aus Hannover kommen nicht nur Heavy<br />
Rocker, vielmehr wird in der niedersächsischen<br />
Landeshauptstadt auch deutschsprachiger<br />
Pop gemacht. Beispielsweise vom<br />
Quartett um den singenden Namensgeber<br />
Daniel Rauschenberger. Inhaltlich drückt<br />
Rauschenberger Alltagsbeobachtungen und<br />
-überlegungen zahlreicher Menschen aus,<br />
fasst große und kleine Gefühle in Worte,<br />
ebenso den Wunsch vieler nach Sicherheit.<br />
Die Erdung der Band und ihrer überaus gefälligen<br />
Songs dokumentiert quasi stellvertretend<br />
“Hannover, nicht Hollywood”. Man<br />
summt bei vielen Liedern unwillkürlich<br />
mit, allerdings hätten hier und da ein paar<br />
Ecken und Kanten nicht geschadet, ebenso<br />
ein Tick mehr stilistischer Abwechslungsreichtum.<br />
So ist es ordentlicher Pop, offeriert<br />
von einer Band, die Lebensgefühle gekonnt<br />
mit einem melancholischen Unter<strong>to</strong>n<br />
in Töne und Worte fasst.<br />
(Veryus/edel, 2012, 12/48:<strong>50</strong>) pro<br />
FALKENBERG<br />
FREIHEIT<br />
Spätestens seit seinem 2006er Album<br />
SCHWIMMEN IM REGEN dürfte auch<br />
dem letztem Zweifler aufgefallen sein,<br />
dass aus dem einstigen (und einzigen<br />
wirklichen) Popstar der DDR-80-<strong>Jahre</strong> ein<br />
ernstzunehmender Singer/Songwriter geworden<br />
ist. Ein Weg, den Falkenberg auch<br />
auf seiner neuen CD konsequent weiterverfolgt.<br />
Und weil er dabei nicht auf Airplay<br />
und Chartserfolge schielt, wirkt Falkenbergs<br />
Songuniversum au<strong>the</strong>ntisch und ungekünstelt.<br />
Zwar komponiert der ehemalige<br />
Nachfragen der Bayern-3-Hörer sowie<br />
die Erkenntnis, dass auf zwölf Doppel-<br />
CDs zwar jede Menge One-Hit-Wonder<br />
passen, aber immer noch Unmengen<br />
dieser Songs zu entdecken sind, führten<br />
jetzt zu VOLUME 13. Dabei gibt es ein<br />
Wiederhören mit “Body Next To Body”,<br />
dem 1987 erschienenen Duett von Falco<br />
mit der frisch gekürten Dschungelkönigin<br />
Brigitte Nielsen, oder dem Überraschungshit<br />
von Dolls United, “Eine Insel<br />
mit zwei Bergen”. Erfreulich auch, dass<br />
es noch zahlreiche „alte” Eintagsfliegen<br />
gibt, die Wenger bisher noch nicht auf einer<br />
seiner CDs hatte, so “Popcorn” von<br />
Hot Butter, “Rose Garden” von Lynn<br />
Anderson oder “Fire” von Arthur Brown.<br />
Wie gewohnt höchst lesenswert sind auch<br />
die Booklet-Kommentare zu jedem Song<br />
– da kann auch ein gestandener Musikfan<br />
noch etwas dazulernen!<br />
(Ganser & Hanke/Tonpool, 2012,<br />
18/68:52, 18/69:43) us<br />
DAVID BOWIE<br />
ZIGGY STARDUST<br />
(40TH ANNIVERSARY EDITION)<br />
Dass David Bowie seinen Song “Ziggy<br />
Stardust” auf den nur anderthalb <strong>Jahre</strong><br />
zuvor vers<strong>to</strong>rbenen Jimi Hendrix gemünzt<br />
hat, ist nur eine Interpretationsmöglichkeit.<br />
Hinweise darauf gibt es zwar genügend<br />
(Ziggy spielt dem Songtext zufolge<br />
die Gitarre linkshändig und kommt frühzeitig<br />
zu Tode). Doch genauso gut gibt es<br />
Andeutungen auf Gene Vincent und Vince<br />
Taylor. Unzweifelhaft aber ist, dass Bowies<br />
1972 veröffentlichtes Album THE<br />
RISE AND FALL OF ZIGGY STARDUST<br />
AND THE SPIDERS FROM MARS eines<br />
der großen Meisterwerke der Rockgeschichte<br />
ist. Der versierte Toningenieur<br />
Ray Staff hat sich nun an ein erneutes<br />
Remastering des Klassikers gemacht,<br />
das neben dem Titelstück mit Songs wie<br />
“Starman”, “Rock’n’Roll Suicide” und<br />
“Suffragette City” glänzt. Der Sound des<br />
5.1-Mix ist kristallklar und gegenüber<br />
früheren Remasterings verbessert. So<br />
klingen etwa die in den Hintergrund gemischten<br />
Flageolett-Töne von Mick Ronsons<br />
Gitarre in “Soul Love” ganz präsent<br />
im Raum; bei Mick Woodmanseys Drum-<br />
Intro zu “Five Years” hat man das Gefühl,<br />
man höre die Fußmaschine der Bassdrum<br />
FRANZ GROTHE +<br />
GERHARD HEINZ<br />
DEUTSCHE FILMKOMPONISTEN<br />
FOLGE 7+9<br />
Zur Zeit ihrer Entstehung war Filmmusik<br />
auf dem deutschen Plattenmarkt Mangelware.<br />
Bis auf wenige Ausnahmen versprach<br />
sich die Plattenindustrie keinen kommerziellen<br />
Erfolg von dieser Musik, folglich wurde<br />
sie nur sporadisch veröffentlicht. Bear<br />
Family hat sich dieses Themas angenommen<br />
und eine Serie mit Musik deutscher<br />
Filmkomponisten herausgebracht, die jetzt,<br />
mit den Folgen 7 und 9, komplett vorliegen.<br />
Franz Gro<strong>the</strong> war der König der heiteren<br />
Filmmusik, zahlreiche Heinz-Rühmann-<br />
Filme, aber auch seine Schlager aus „Ich<br />
denke oft an Piroschka”, „Das Wirtshaus im<br />
Spessart” oder „Wir Wunderkinder” sind<br />
unvergessen. Wesentlich produktiver (aber<br />
lange nicht so bekannt) war Gerhard Heinz,<br />
dessen Kompositionen in den 60er und 70er<br />
<strong>Jahre</strong>n sowohl bei zahlreichen Komödien<br />
als auch bei so gut wie allen Sexfilmen eingesetzt<br />
wurden. Das machte ihn zu einem<br />
Grenzgänger zwischen populärem Schlager<br />
und Hintergrund-Jazz, er durfte seine Fäklappern.<br />
Einziger Kritikpunkt: Nur die<br />
teurere High-Resolution-Audio-DVD-<br />
Ausgabe kommt mit Bonus-Tracks.<br />
(EMI, 1972, 11/38:37)<br />
frs<br />
LAIL ARAD<br />
SOMEONE NEW<br />
SOMEONE NEW, also jemand Neues,<br />
das ist Lail Arad aus London. Alles andere<br />
als neu dagegen ist die Musik, die sie auf<br />
diesem Album präsentiert. So frisch süffigen<br />
Pop hat man vor Urzeiten von Carole<br />
King gehört, so natürlich ungekünstelten<br />
Folk allenfalls von Joni Mitchell,<br />
das klingt durchgehend schwer nach 60er,<br />
höchstens 70er <strong>Jahre</strong>n. Einen großen Teil<br />
dieser Retro-Stimmung erzeugt sie mit ihrer<br />
wandelbaren Stimme, mit der sie die<br />
unterschiedlichen Emotionen ausdrückt,<br />
ganz egal, ob es groovig-rockend zugeht<br />
oder laidback-folkig. Für den Rest sorgen<br />
dann die abwechslungsreichen Arrangements,<br />
besonders deutlich wird das beim<br />
heimlichen Hit des Albums “Everyone Is<br />
Moving To Berlin”, einem Stück, das wie<br />
ein alter Folk-Blues dahershuffelt, um<br />
sich nach und nach fast bis zur Ekstase<br />
zu steigern.<br />
(Minor <strong>Music</strong>/inakustik, 2012,<br />
12/40:46) us<br />
LIONEL RICHIE<br />
TUSKEGEE<br />
Crossover im wahrsten<br />
Sinne des Wortes<br />
ist Lionel Richie mit<br />
seinem neuen Album<br />
unterwegs. Den<br />
Soul in der Stimme<br />
kann ihm keiner absprechen,<br />
die musikalische Umsetzung ist<br />
nichts anderes als Popmusik, die Gäste<br />
hat er sich aus der US-Country-Szene dazugeholt.<br />
Der Albumtitel TUSKEGEE ist<br />
zugleich der Name der Stadt in Alabama,<br />
in der Lionel Richie aufgewachsen ist. Neben<br />
Soul und R&B war dort Country ein<br />
prägender Einfluss, der nun dafür sorgt,<br />
dass er sich auf eine Reise zurück zu seinen<br />
Wurzeln begibt. Dabei brauchen seine<br />
alten Fans aber keine Angst davor zu haben,<br />
dass der Country-Einschlag zu stark<br />
wird, hier und da eine Pedalsteel oder<br />
eine akustische Gitarre mehr – und schon<br />
klingen “Say You, Say Me”, “Hello”, “All<br />
Night Long” oder “Dancing On The Ceiling”<br />
einen Tick frischer, einen Tick moderner<br />
als die Originale. Neben Nashville-<br />
Größen wie Willie Nelson, Shania Twain<br />
und Kenny Rogers hat Lionel Richie auch<br />
zwei deutschsprachige Partnerinnen ins<br />
Studio geladen: Cassandra Steen und Stefanie<br />
Heinzmann.<br />
(Mercury/Universal, 2012, 14/63:21) us<br />
NORAH JONES<br />
... LITTLE BROKEN HEARTS<br />
Irgendwie scheint sie alles zu können, Vocaljazz<br />
wie auf ihrem Debüt, Country mit<br />
den Little Willies, Soul mit Ray Charles,<br />
selbst als Schauspielerin erhielt Norah<br />
Jones für ihre Rolle in „My Blueberry<br />
Nights” hervorragende Kritiken. Jetzt hat<br />
sie sich mit ihrem neuen Album den Pop<br />
vorgenommen. Und anscheinend überlässt<br />
sie nichts dem Zufall, hat sowohl als Songwriting-Partner<br />
als auch als Produzenten<br />
Pop<br />
keinen Geringeren als Brian Bur<strong>to</strong>n (aka<br />
Danger Mouse) ausgewählt. Zusammen<br />
bringen die beiden ... LITTLE BROKEN<br />
HEARTS mit ungemein viel Seele zum<br />
Klingen, spendieren den Songs einen erdigen<br />
Klang, oft leicht soulig angehaucht,<br />
zeitgemäß, auch ein bisschen Retro klingend<br />
– auf alle Fälle passen Jones’ Stimme,<br />
die starken Songs und die exquisite Umsetzung<br />
ideal zusammen.<br />
(Blue Note/EMI, 2012,<br />
12/45:03) us<br />
ABBA<br />
THE VISITORS – DELUXE<br />
EDITION<br />
Am Ende der 70er<br />
<strong>Jahre</strong> waren Abba<br />
die erfolgreichste<br />
Band der Welt. So<br />
viele Platten verkauft<br />
wie die Beatles,<br />
Hits in nahezu<br />
jedem jd Land dder Wlt Welt von Australien über<br />
Uruguay bis Taiwan, gerüchteweise hatten<br />
sie mehr Geld auf dem Kon<strong>to</strong> als die schwedische<br />
Monarchie. Doch im März 1981,<br />
mit dem Beginn der Aufnahmen für THE<br />
VISITORS (dem achten Studio-Album in<br />
acht <strong>Jahre</strong>n) begannen die Auflösungserscheinungen:<br />
Kurz zuvor waren Benny und<br />
Anni-Frid geschieden worden, wie zwei<br />
<strong>Jahre</strong> zuvor Björn und Agnetha. Aus der gut<br />
geölten Produktionsmaschine waren vier<br />
einsame Individualisten geworden – man<br />
betrachte nur das Cover von THE VISI-<br />
TORS. Doch wie bei einem letzten Aufbäumen<br />
im Todeskampf brachte dieses Album<br />
noch einmal brillante Popmusik hervor, auf<br />
der Deluxe Edition mit insgesamt sieben<br />
Bonus-Tracks, darunter “From A Twinkling<br />
Star To A Passing Angel”, ein bisher unveröffentlichtes<br />
Demo-Medley aus dem sonst<br />
so hermetisch verschlossenen Abba-Archiv.<br />
Eine knapp einstündige DVD liefert dazu<br />
noch seltenes, teilweise bisher unveröffentlichtes<br />
Filmmaterial.<br />
(Polar <strong>Music</strong>/Universal, 1981, 16/74:02,<br />
DVD 53 Min.)<br />
us<br />
Seite 34 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
higkeiten bei so unterschiedlichen Filmen<br />
wie „Auf der Alm, da gibt’s koa<br />
Sünd’”, „Lolita am Scheideweg” oder<br />
„Jeder stirbt für sich allein” beweisen.<br />
(Bear Family, 2012, 29/79:33 +<br />
31/78:22) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
HISTORY OF ROCK TIMES<br />
1947/48<br />
Die auf zehn CDs konzipierte<br />
„His<strong>to</strong>ry”-Serie geht mit den <strong>Jahre</strong>n<br />
1947/48 in die zweite Runde. Unverändert<br />
verantwortet Rundfunklegende<br />
Frank Laufenberg die Titelauswahl, sowie<br />
das umfangreiche und lesenswerte<br />
Booklet. Zounds holt aus den betagten<br />
Titeln das klanglich Optimale heraus<br />
und transportiert sie ins CD-Zeitalter.<br />
Sage und schreibe 27 (!) Songpretiosen<br />
aus Swing-Jazz, Blues und Rhythm<br />
& Blues erinnern an Legenden wie<br />
Count Basie, Louis Jordan, Memphis<br />
Slim, Lonnie Johnson, Nat King Cole<br />
sowie Bill Moore, der mit dem hier<br />
vertretenen Song “We’re Gonna Rock,<br />
We Gonna Roll” die aufkommende<br />
Rock’n’Roll-Ära mit einläutete. Ein<br />
kurzweiliges Album, welches eindrucksvoll<br />
an eine längst vergangene<br />
Epoche erinnert.<br />
(Zounds, 2012, 27/77:24) rg<br />
BEE GEES<br />
MYTHOLOGY<br />
Barry, Mau rice,<br />
Robin und Andy<br />
Gibb – vier Brüder,<br />
die <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong><br />
lang die Popmusik<br />
geprägt<br />
haben. Die drei<br />
Erstgenannten<br />
als Bee Gees und<br />
Ad Andy im Zuge einer äußerst erfolgreichen<br />
Solokarriere. Auf vier CDs versammelt<br />
MYTHOLOGY noch einmal<br />
die Höhepunkte einer der kreativsten<br />
Familien der Musikbranche. Die hochwertig<br />
ausgestattete Hochformat-Box<br />
enthält sämtliche Hits der Bee Gees<br />
und ihres Bruders Andy, wobei jedem<br />
der Vier eine eigene CD gewidmet ist.<br />
Zusätzlich zur Musik präsentiert diese<br />
Werkschau eine große Sammlung<br />
von privaten Familienfo<strong>to</strong>s, die größtenteils<br />
nie zuvor öffentlich zu sehen<br />
waren sowie Beiträge von Künstlern<br />
und Wegbegleitern wie George Martin,<br />
Brian Wilson, El<strong>to</strong>n John, Graham<br />
Nash und dem langjährigen Manager<br />
der Band, Robert Stigwood. Interessant<br />
für Sammler sind frühe Singles<br />
wie “Spicks And Specks” aus dem<br />
Jahr 1966, rare B-Seiten wie “Country<br />
Woman” oder mit “Angel Of Mercy”<br />
und “The Bridge” zwei bisher unveröffentlichte<br />
Kompositionen von Maurice.<br />
Oder auch Andys Duett mit Olivia<br />
New<strong>to</strong>n-John “I Can’t Help It”, Songs<br />
aus seinem letzten Album AFTER<br />
DARK aus dem Jahr 1980, eine Rarität<br />
natürlich “Arrow Through The Heart”,<br />
das Lied, das Andy kurz vor seinem<br />
Tod aufnahm und für ein geplantes<br />
Comebackalbum vorgesehen war.<br />
(Rhino/Warner, 2012, 4 CDs) tk<br />
ROXETTE<br />
TRAVELLING<br />
Knapp ein Jahr<br />
nach<br />
ihrem<br />
erfolgreichen<br />
Comeback<br />
erscheint<br />
mit<br />
TRAVEL-<br />
LING<br />
schon<br />
das nächste Album der schwedischen<br />
Power-Popband Roxette.<br />
Die Idee hinter diesen Aufnahmen<br />
war, den Hörern ein Gefühl dafür<br />
zu geben, wie es ist, dauernd unterwegs<br />
zu sein, sich ständig auf neue<br />
Orte, Menschen und Situationen einstellen<br />
zu müssen. Rund um dieses<br />
Thema haben Per Gessle und Marie<br />
Fredriksson einige neue Lieder geschrieben,<br />
ein paar Klassiker neu<br />
aufgelegt sowie die eine oder andere<br />
Perle, die bislang aus diversen<br />
Gründen noch nicht ans Licht der<br />
Öffentlichkeit gelangte, zusammengestellt.<br />
Und am Ende gibt es auch<br />
ein Wiederhören mit “It Must Have<br />
Been Love”, dem Song, der aktuell<br />
seinen 25. Geburtstag feiert. Die<br />
TRAVELLING-Version basiert auf<br />
Live-Aufnahmen, die 2009 im Rahmen<br />
der „The Night Of The Proms”-<br />
Tour mit einem kompletten Sinfonieorchester<br />
im Rücken entstanden<br />
sind. Majestätisch!<br />
(Roxette/EMI, 2012, 15/54:46) us<br />
TALK TALK<br />
THE PARTY’S OVER + IT’S<br />
MY LIFE + THE COLOUR OF<br />
SPRING + SPIRIT OF EDEN<br />
Keiner konnte ahnen, wie sich diese<br />
Band entwickeln würde, als 1982<br />
mit der Synthie-Pop-Fingerübung<br />
THE PARTY’S OVER (9/36:53) das<br />
Debüt von Talk Talk erschien. Umso<br />
mehr war man dann zwei <strong>Jahre</strong> später<br />
sprachlos angesichts der Wucht, mit<br />
der IT’S MY LIFE (9/43:07) seine<br />
instrumentalen Ausschweifungen<br />
über dem Hörer ausschüttete – “Dum<br />
Dum Girl”, “Such A Shame”, “Renée”,<br />
“Tomorrow Started”, diese<br />
Songs klingen heute noch wie Musik<br />
von einem anderen Stern. Zusammen<br />
mit dem Co-Komponisten Tim Friese-Green<br />
zündete Mark Hollis dann<br />
für das 1986 veröffentlichte THE<br />
COLOUR OF SPRING (8/45:45) die<br />
nächste Etappe der außerirdischen<br />
Reise. Himmlische Choräle, verhallte<br />
Stimmen, aber auch instrumentales<br />
Chaos, ein Album, das nur<br />
schwer zu verstehen war und schon<br />
andeutete, was noch kommen sollte.<br />
Denn wenn man bis jetzt von Musik<br />
von einem anderen Stern gesprochen<br />
hat, so markierte SPIRIT OF EDEN<br />
(6/41:26) 1988 den Aufbruch in<br />
eine andere Galaxie. Mit entrückten<br />
Kompositionen, von Holzbläsern in<br />
Szene gesetzt, wurde dieses Album<br />
trotz höchsten Kritikerlob zum kommerziellen<br />
Selbstmord. Im originalen<br />
Outfit, mit wunderschön schlichten<br />
Booklets, die alleine den Songtexten<br />
vorbehalten sind, wurde auf jegliches<br />
störende Bonus-Beiwerk verzichtet,<br />
Pop<br />
nur beim Klang wurde der 80er-<strong>Jahre</strong>-Staub<br />
behutsam entfernt. Zusätzlich<br />
erscheinen die beiden letztgenannten<br />
Alben jetzt auch wieder als<br />
Vinyl inklusive einer Audio-Only-<br />
DVD, die „A High Resolution Audio<br />
Transfer Of The Original Audio<br />
Masters” bietet sowie jeweils eine<br />
(allerdings etwas verloren wirkende)<br />
B-Seite.<br />
(EMI, 4 CDs)<br />
us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
DIE BESTEN AUS<br />
SÜDWESTEN<br />
60-jähriges<br />
Bestehen feiert<br />
das<br />
Bundesland<br />
Baden-<br />
Würt temberg,<br />
und<br />
gemeinsam<br />
mit der<br />
SWR Bigband haben sich musikalische<br />
Akteure aus dem nach dem<br />
Krieg zwangsvereinten Ländle ins<br />
Studio begegeben, um das Jubiläum<br />
zu feiern. Natürlich darf Xavier<br />
Naidoo ebenso wenig fehlen wie Pe<br />
Werner, Edo Zanki, Fools Garden<br />
oder Hartmut Engler von Pur. Aber<br />
auch Dieter Thomas Kuhn, Laith<br />
Al-Deen, Max Mutzke, Rolf Stahlhofen,<br />
Gregor Meyle, Pat Apple<strong>to</strong>n<br />
und Sandie Wollasch sind dabei und<br />
machen somit klar, wo sie herkommen.<br />
Die Namen zeigen zugleich,<br />
dass die Stilpalette von Schlager<br />
über (deutschsprachigen) Pop und<br />
HipHop bis zu Swing/Jazz reicht,<br />
Vergangenheit und Gegenwart vereint.<br />
Und es hat seinen Reiz, Hits wie<br />
“Ich lieb dich” oder “Bilder von dir”<br />
mal orchestriert zu hören. Highlight<br />
ist allerdings eine Allstar-Aufnahme<br />
von “Strosseboah” des vor neun <strong>Jahre</strong>n<br />
vers<strong>to</strong>rbenen Wolle Kriwanek,<br />
dessen Stimme posthum eingebaut<br />
wurde.<br />
(edel, 2012, 16/63:36) pro<br />
TINA TANDLER<br />
SUMMER DAYS<br />
Die Berliner Saxofonistin ist die berühmteste<br />
Instrumentalistin im Osten<br />
Deutschlands. Sie gehörte in den<br />
Achtzigern zur Kultband Kerschowski<br />
und spielte gleichzeitig (sowie zehn<br />
<strong>Jahre</strong> länger) im Kinderprojekt Rumpelstil.<br />
Seit etwa einer Dekade wandelt<br />
sie auf Solopfaden bzw. agiert mit<br />
eigener Band. Pop und Rock leugnet<br />
sie musikalisch bis heute nicht, doch<br />
sie bündelt ihre frühen Wurzeln mit<br />
Elementen aus Jazz und Weltmusik.<br />
Das Ergebnis ist kein angestrengtes<br />
Kunstwerk für Puristen. Vielmehr entstehen<br />
Soundlandschaften, die leicht<br />
konsumierbar sind, ohne an Tiefgang<br />
und Anspruch einzubüßen. Das gilt<br />
vor allem für ihr neues Album SUM-<br />
MER DAYS, das gemeinsam mit dem<br />
Pianisten Chris<strong>to</strong>ph Reuter und dem<br />
Perkussionisten Thomas Rüdiger<br />
entstand. Im letzten Stück “Noch einmal”<br />
beweist Tandler, dass sie auch<br />
singen kann.<br />
(Tari Taro <strong>Music</strong>, 2012, 11/57:31) che<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 35<br />
SIMPLY RED<br />
Live At Montreux 2003<br />
DVD: 1097914E11 · Blu-ray: 1051534E14<br />
2003<br />
Dieses Konzert wurde am 15. Juli 2003 im<br />
Rahmen ihrer Tournee zum Multi-Platin-Album<br />
„Home” aufgezeichnet. Es umfasst diverse<br />
Stücke der Scheibe inklusive dreier Hitsingles<br />
sowie die größten Hits und beliebtesten Songs<br />
früherer Alben wie etwa „Stars”, „The Right<br />
Thing”, „Something Got Me Started”, „Holding<br />
Back The Years”, „You Make Me Feel Brand<br />
New”, „Money’s Too Tight To Mention”, „Sunrise”,<br />
„For Your Babies” oder „If You Don’t Know Me<br />
By Now”. Eine glänzende und typisch feurige<br />
Simply-Red-Show mit der exzellenten Stimme<br />
von Mick Hucknall und einer Band in Hochform.<br />
Das Bonusmaterial umfasst sieben Nummern<br />
des 2010er Montreux-Konzerts.<br />
Ab sofort überall im Handel erhältlich oder bei<br />
www.amazon.de/rockschuppen<br />
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CD<br />
REVIEWS<br />
COLOSSEUM II<br />
STRANGE NEW FLESH<br />
1976 veröffentlichte<br />
Bronze Records mit<br />
STRANGE<br />
NEW<br />
FLESH das Debüt<br />
von Colosseum II.<br />
Gegründet<br />
wurde<br />
diese Band 1975 von<br />
Schlagzeuger Shl John Hiseman, der mit Gitarrist<br />
Gary Moore, Keyboarder Don Airey,<br />
Bassist Neil Murray und Sänger Mike<br />
Starrs Musiker um sich versammelte, die<br />
später dann als Hard Rocker ihrer größten<br />
Erfolge feiern sollten – bei Colosseum II<br />
war davon noch wenig zu hören, progressiver<br />
Fusion-Rock wurde geboten. Die<br />
tadellos remasterte 2012er Wiederveröffentlichung<br />
liefert zusätzliche zehn Tracks<br />
aus den Studiosessions der <strong>Jahre</strong> 1975 und<br />
1976. Dabei erkennt man ziemlich schnell,<br />
dass die ersten Demos noch wesentlich<br />
kompromissloser in Richtung Jazz-Rock<br />
klangen, dass man die Stücke für die finale<br />
Veröffentlichung erst noch „entschärfen”<br />
musste. Interessante Sache, aus heutiger<br />
Sicht diesen Vergleich anzustellen.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1976,<br />
9/67:17, 7/42:07) us<br />
LITTLE RICHARD<br />
HERE‘S LITTLE RICHARD<br />
Im März 1957 debütierte Richard Penniman<br />
mit HERE’S LITTLE RICHARD – eingespielt<br />
hatte er die Songs für die LP zwischen<br />
dem September 1955 und Ok<strong>to</strong>ber 1956. Darauf<br />
enthalten waren schon seine Evergreens<br />
“Tutti Frutti”, “Ready Teddy”, “Long Tall<br />
Sally” und “Jenny Jenny”. Purer, ungeschliffener<br />
Rock’n’Roll war angesagt, indem er<br />
dem Vorbild Fats Dominos am Piano folgte<br />
und dieses sehr viel wilder und aggressiver<br />
fortführte. Die Neuauflage klingt beachtlich<br />
und ist mit zwei Bonus-Tracks (Demos von<br />
“Baby” und “All Night Long”) sowie einem<br />
Interview mit Art Rupe, dem Gründer von<br />
Specialty Records, angereichert, wo die LP<br />
einst erschien. Zusätzlich bietet die Enhanced<br />
CD Screen-Testvideos von “Tutti Frutti”<br />
und “Long Tall Sally”. Damit kann man vergnügt<br />
in längst vergangen geglaubte Zeiten<br />
eintauchen.<br />
(Concord/Universal, 1957, 14/44:45) pro<br />
SAXON<br />
HEAVY METAL THUNDER LIVE –<br />
EAGLES OVER WACKEN<br />
Auch 36 <strong>Jahre</strong> nach der Gründung stehen<br />
Saxon noch voll im Saft, und das trotz der<br />
Tatsache, dass mit Biff Byford (voc) und<br />
Paul Quinn (g) nur noch zwei Urmitglieder<br />
dabei sind. Live versteht es die Band, immer<br />
noch viel Begeisterung zu entfachen,<br />
Hallen und Festivalgelände zum Kochen zu<br />
bringen. Dabei kann sie sich auf reichlich<br />
Mitgröhlhymnen und Abgehnummern stützen,<br />
die förmlich zum Headbangen zwingen.<br />
Stammen doch einige der wichtigsten<br />
NWOBHM-Songs aus dem Saxon-Fundus.<br />
Auf zwei CDs ist nun eine mitreißende Show<br />
vom 14. April 2011 in Glasgow während der<br />
„Call To Arms World Tour” mit zahlreichen<br />
dieser Klassiker und starkem Neumaterial<br />
dokumentiert, die beiliegende DVD demonstriert<br />
die Verbundenheit Saxons mit dem<br />
Wacken-Festival: 30 Songs, festgehalten bei<br />
den Auftritten 2004, 2007 und 2009, die zusammengeschnitten<br />
wurden, so dass es keine<br />
Dopplungen gibt. Nicht nur Saxon-Fans ist<br />
der Erwerb nahezulegen.<br />
(UDR/EMI, 2012, 9/56:04, 15/65:01) pro<br />
WRINKLE NECK MULES<br />
APPRENTICE TO GHOSTS<br />
Auch wenn immer noch Reste aus Bluegrass<br />
oder Alt.Country zu hören sind, haben<br />
sich die Wrinkle Neck Mules für APPREN-<br />
TICE TO GHOSTS mit Riesenschritten in<br />
Richtung Roots-Rock aufgemacht. Weniger<br />
Heuschober, mehr Tankstelle – weniger<br />
Appalachen, mehr Highway. Klar, dass bei<br />
einem solchen Sound schnell Vergleiche<br />
mit den arrivierten Roots-Rockcombos<br />
aufkommen, doch man darf den Fans von<br />
Bands wie Crazy Horse, der Bottle Rockets<br />
oder der Drive-By Truckers, den Freunden<br />
von Petty, Springsteen oder Mellencamp<br />
erfreut zurufen, dass sich ein Reinhören in<br />
das neue Album der Wrinkle Neck Mules<br />
auf alle Fälle lohnen dürfte, ach was, Pflicht<br />
ist! Klasse Album für alle Freunde der<br />
Country-Rock-Richtung, bei der zwar die<br />
E-Gitarre das Sagen hat, aber trotzdem weder<br />
auf Pedalsteel noch auf Banjo-Picking<br />
noch auf mehrstimmigen Chorgesang verzichtet<br />
wird.<br />
(Blue Rose/Soulfood, 2012, 12/53:10) us<br />
TRAVERS & APPICE<br />
BOOM BOOM AT THE HOUSE<br />
OF BLUES<br />
Wuchtige Drums,<br />
funkiger<br />
Bass,<br />
rauer Gesang und<br />
eine Heavy-Blues-<br />
Rockgitarre – das<br />
sind die Ingredienzien<br />
des Powertrios<br />
ti mit itPtT Pat Travers, Carmine Appice und<br />
TM Stevens. Im September 2004 spielten<br />
die Drei ein energiegeladenes Liveset mit<br />
Songs wie “Livin’ Alone” (aus Appices<br />
Zeit im Trio mit Jeff Beck und Tim Bogert),<br />
“Boom Boom” oder Willie Dixons “Evil”.<br />
Diese Songs fanden sich auch auf der nach<br />
der Tour eingespielten Studio-CD BAZOO-<br />
KA. Die jetzt veröffentlichten Livesongs<br />
klingen noch etwas rauer und muskulöser<br />
als die ohnehin kräftig rockende Studioscheibe<br />
– und natürlich gibt es ausgiebige<br />
Soli aller drei Musiker. Auch Rod Stewarts<br />
Disco-Hit “Do Ya Think I’m Sexy”, bei<br />
dem Appice Co-Au<strong>to</strong>r war, gibt das Trio<br />
mächtigen Rock-Zunder. Zusätzlich liegt<br />
eine DVD des Konzerts bei.<br />
(<strong>Music</strong> Avenue/Soulfood,<br />
2012, 12/78:41) rg<br />
OSCAR & THE MAJESTICS<br />
NO CHANCE BABY!<br />
Zusammenfassung des Singles-Werkes<br />
einer Sixties-US-Garagen-Rockband aus<br />
Gary, Indiana, die unter Führung des singenden<br />
Leadgitarristen Oscar Hamod über<br />
regionalen Ruhm nie hinauskam. Was sie<br />
natürlich nicht daran hinderte, mit dem<br />
garagentypischen Enthusiasmus heftig zu<br />
beaten. Und zwar mit so individueller Note,<br />
dass ihr Rock noch heute Sammlerherzen<br />
etwas höherschlagen lässt. Denn neben zwei<br />
ordentlichen, aber keineswegs einmaligen<br />
Cover-Versionen von “I Can’t Explain”<br />
(The Who) und “House Of The Rising Sun”<br />
gibt es hier fast nur gruppeneigenes Material,<br />
das Hamods Sinn für explosive Ohrwürmer<br />
und auch gebändigte Töne trefflich<br />
beweist. Es sind richtige feine Kracher wie<br />
“Got To Have Your Lovin’”, “Why-O Or<br />
Jungle Beat”, “Come On Willie” oder “My<br />
Girl Is Waiting” zu finden. Die Gruppe<br />
stand, anders als viele Kollegen, den Beatles<br />
nicht nah. Favoriten waren unüberhörbar<br />
The Who und die frühen Kinks, deren<br />
rhythm&bluesige Kantigkeit deutliche Spuren<br />
im ruppigen Floor-Shakers-Sound der<br />
Majestics hinterlassen hat.<br />
(Sundazed/Bear Family, 2011,<br />
14/33:53) hjg<br />
PETER SCHLEICHER<br />
HART AUF HART / DURCH DIE<br />
WAND<br />
S<strong>to</strong>nes mal anders.<br />
Wolfgang<br />
Ambros<br />
(WIE<br />
IM<br />
SCHLAF)<br />
und<br />
Wolfgang<br />
Niedecken<br />
(LE-<br />
OPARDEFELL)<br />
haben es appetitlich mit Dylan-Kompositionen<br />
vorgemacht, um nur zwei Beispiele<br />
zu nennen – Mundartversionen der Songs<br />
großer Könner. Der Wiener Peter Schleicher<br />
(*1945) zieht auf vergleichbarem Niveau<br />
nach. 18 Sixties-Titel und drei aus den 70ern<br />
hatte der Sänger und Keyboarder schon 1978<br />
und 1982 für zwei inzwischen sehr gesuchte<br />
LPs (WEA/Polydor) umgearbeitet; sie sind<br />
endlich ungekürzt, und sogar als „2 on 1”,<br />
erhältlich: beides offizielle CD-Premieren!<br />
Abgedruckte Texte erleichtern das Verständnis<br />
– etwa für “Da Köch”/”Street Fighting<br />
Man”, “So haas”/”Hot Stuff”, “Jetzt halt I,<br />
Alte”/”Tell Me”, “Die Beisl Hur”/”Honky<br />
Tonk Women”. Schleicher bleibt mit seinen<br />
Cover-Fassungen bei den Originalen – <strong>to</strong>p:<br />
“Der Tod vor der Tür”/”Gimme Shelter”,<br />
“Das Salz von der Erd”/”Salt Of The Earth”<br />
–, gestattet sich aber auch Verfremdungen:<br />
So endet z.B. “Roll mi net”/”Play With Fire”<br />
als verblüffende Funknummer. Gut, dass der<br />
Chef und seine namhaften österreichischen<br />
Begleitmusiker gar nicht erst „S<strong>to</strong>nes versuchen”,<br />
sondern ihre eigene Spielart der<br />
Lieder anbieten.<br />
(Bear Family, 1978 + 1982, 21/73:06) bm<br />
Rock<br />
TYLER RAMSEY<br />
THE VALLEY WIND<br />
Americana der feinsinnigen Art. Der<br />
enorm talentierte US Sänger und Multi-<br />
Instrumentalist (Hauptfach: Gitarre) Tyler<br />
Ramsey aus dem beschaulichen Asheville<br />
in North Carolina punktet auch als Komponist<br />
im Bereich der eher ruhigen Gitarrenmusik,<br />
sowohl bei der Indie-Gruppe<br />
Band Of Horses als auch als Solist. Sein<br />
aktuelles Werk THE VALLEY WIND ist<br />
eine kleine Meisterleistung. Elegisch verträumte<br />
Soft-Rocksongs wie “1000 Black<br />
Birds”, “The Nightbird”, “The Valley<br />
Wind” und “Angel Band” werden sinnvoll<br />
ergänzt durch noch fragilere Lieder<br />
wie “When It’s Done” und “All Night”,<br />
die fast schon Dream-Pop sind. Aus dem<br />
Rahmen fällt lediglich “Stay Gone”, wo<br />
Ramsey kontrolliert offensiv rockt. Er<br />
singt ähnlich wie Neil Young, doch insgesamt<br />
weniger weinerlich, und sein delikates<br />
Gitarrenspiel lässt keine Wünsche<br />
offen. Daneben bedient er auch noch weitere<br />
Saiteninstrumente, Keyboards und<br />
eine Drum-Machine. Unterstützt wird er<br />
bei einem Titel vom Band-Of-Horses-<br />
Kollegen Bill Reynolds am Bass und bei<br />
fast allen anderen Tracks vom Gitarristen<br />
und Drummer Seth Kauffman von der<br />
ebenfalls aus North Carolina stammenden<br />
Band Choosy Beggars. So gesehen<br />
ist THE VALLEY WIND eigentlich das<br />
Duo-Album zweier großer Talente.<br />
(Fat Possum/Epitaph, 2011, 9/35:16) hjg<br />
THE AUDIENCE<br />
HEARTS<br />
The<br />
Audience<br />
sind eine der aufregendsten<br />
deutschen<br />
Independent-Rockbands<br />
der<br />
vergangenen<br />
<strong>Jahre</strong>. Nach den<br />
zwei iin relativ lti schneller Folge veröffentlichten<br />
Alben CELLULOID (2007) und<br />
DANCERS AND ARCHITECTS (2008)<br />
legten die Franken erst einmal eine längere<br />
Pause ein. Das Atemholen hat, scheint’s,<br />
dafür gesorgt, dass das Quintett nun umso<br />
gewaltiger und kräftiger zurückkehrt.<br />
Die Arrangements auf dem neuen Album<br />
HEARTS sind um einiges ausgefeilter; der<br />
von einer schweren Hammondorgel dominierte<br />
Sound, der entfernt an The Charlatans<br />
(UK) und Deep Purple zu “Hush”-<br />
Zeiten erinnert, ist noch psychedelischer<br />
geworden, lässt in den Arrangements viel<br />
Raum für Pausen, Schwebeklänge und unerwartete<br />
Richtungswechsel. Und dennoch<br />
sind die Songs zupackend, teils funky,<br />
entwickeln einen ordentlichen Drive, was<br />
vor allem an Michael Arnolds knackigem<br />
Bassspiel liegt. Der Opener “We Belong To<br />
Boys” und – die einzige Ballade – “Looming”<br />
sind gar richtiggehend Ohrwürmer,<br />
die man gerne zur besten Sendezeit im Radio<br />
hören würde!<br />
(Hazelwood/Rough Trade, 2012,<br />
12/49:08) frs<br />
MATTHEW FISHER<br />
A SALTY DOG RETURNS<br />
Diese besinnlich sinnfreien Alleineinspielungen<br />
des einstigen Procol-Harum-<br />
Organisten waren schon bei der Erstveröffentlichung<br />
1994 teilweise hasserfüllt<br />
abgekanzelt worden. Was hatte Fisher<br />
verbrochen? Wie seinerzeit Beatle Paul<br />
nach seinem Japan-Knasttrauma bei Mc-<br />
CARTNEY II hatte der Croydoner Studiobesitzer<br />
ohne Release-Absicht freie<br />
Zeiten für launige Basteleien an Synthies,<br />
Drum-Machines, aber auch Gitarre und<br />
Orgel benutzt, um “A Tribute To Hank”<br />
loszuwerden, ein paar Pilcher-lastige<br />
Soundtracks zu simulieren und Tschaikowskys<br />
Nussknacker-Suite klassisch<br />
und rockig gegenüberzustellen, wobei<br />
“Nut Rocker” neben dreckiger Schlagzeug-Programmierung<br />
heiße Hammondpassagen<br />
bekam. Dabei passierten eben<br />
auch “Popcorn”-nahe Entgleisungen wie<br />
“The Downliners Sect Manifes<strong>to</strong>”, die<br />
mit der Garagenband nichts zu tun haben.<br />
Procol-nah fiel dagegen die gelungene<br />
“Chorale Prelude” von Bach als einer von<br />
drei Bonus-Tracks aus. Anschaffung nicht<br />
zwingend.<br />
(Angel Air/Fenn, 1994, 16/44:15) utw<br />
Seite 36 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
AXXIS<br />
REDISCOVER(ED)<br />
Humor und Mut beweisen<br />
Axxis mit<br />
ihrem neuen Album.<br />
Die nordrheinwestfälische<br />
Heavy-<br />
Metal-Band hat sich<br />
zahlreiche<br />
Songs<br />
zum Covern ausgesucht, die man eigentlich<br />
gar nicht covern kann. Denn ganz egal wie<br />
man Klassiker wie “Ma Baker” von Boney<br />
M, Jethro Tulls “Locomotive Breath”, Kraftwerks<br />
“Roboter” oder “I Was Made For<br />
Loving You” von Kiss neu interpretiert, die<br />
Cover-Version kann eigentlich nur verlieren.<br />
Aber letzten Endes scherten sie sich nicht<br />
um solche Überlegungen, wählten aus, was<br />
sie in den 80er <strong>Jahre</strong>n alles beeinflusst hatte<br />
oder was damals im Radio rauf und runter<br />
gespielt wurde. Ohne falsche Ehrfurcht und<br />
ohne Angst davor, sich zu blamieren, rocken<br />
sie mit hörbarem Spaß an der Sache los, ganz<br />
gleich ob mit Police (“Message In A Bottle”),<br />
Yes (“Owner Of A Lonely Heart”) oder den<br />
Bee Gees (“Stayin’ Alive”) – nur einmal sei<br />
die Skip-Taste empfohlen: bei Celine Dions<br />
“My Heart Will Go On”.<br />
(Phonotraxx Publishing/Soulfood, 2012,<br />
13/54:53) us<br />
JOE WALSH<br />
ANALOG MAN<br />
Joe Walsh ist ein altmodischer Typ, wie er<br />
mit dem Titelsong seiner neuen CD offen<br />
bekennt. So ist auch die Spieldauer von<br />
knapp 37 Minuten an die Länge der guten,<br />
alten LP angelehnt. Die Platte überzeugt,<br />
ist spannend, weil sehr vielfältig: Mal erinnert<br />
Walsh an die Eagles (“Lucky That<br />
Way” mit reichlich Akustikgitarre), dann<br />
kommt er auf “Band Played On” mit Sitar-<br />
und orientalischen Anklängen, die<br />
er clever in einem grooven Rockrahmen<br />
verpackt. Mit “Family” offeriert er eine<br />
zeitweise Piano-dominierte Ballade, und<br />
“One Day At A Time” ist nicht nur im Intro<br />
unüberhörbar vom einstigen ELO-Macher<br />
Jeff Lynne geprägt, der produzierte – eine<br />
Radio-taugliche Nummer. “Funk <strong>50</strong>” ist<br />
Ausdruck seines Funk-Verständnisses mit<br />
Gitarrenexperimenten. Das Gitarrenlick<br />
zu Beginn des instrumentalen Rauswerfers<br />
“India” klingt AC/DC-inspiriert, ehe<br />
Walsh mit einer Ambient-Stimmung experimentiert.<br />
(Fantasy/Universal, 2012, 10/36:38) pro<br />
DR. FEELGOOD<br />
ALL THROUGH THE CITY<br />
Erfasst ist die Hoch-Zeit der Südlondoner Pub-<br />
Rockband von 1974–1977 mit Lee Brilleaux<br />
(voc), Wilko Johnson (g), John Sparks (b)<br />
und John Martin (dr). Enthalten sind auf CD<br />
1 und 2 die Tracks der ersten vier Original-LPs<br />
DOWN BY THE JETTY, MALPRACTICE,<br />
STUPIDITY (live) und SNEAKIN’ SUSPI-<br />
CION. Als Top-Showman Lee und Derwisch/<br />
Könner Wilko mit JETTY (mono!) an den<br />
Start gingen, griff das vermeintlich angestaubte<br />
R&B-Konzept chartmäßig im Punk-<br />
Gewusel noch nicht. Über Nacht kippte die<br />
Lage, wie die LP-Folgenotierungen #17, #1<br />
und #10 unterstreichen. Aus 23 Songüberhängen<br />
von Singles, Maxis, EPs, Outtakes setzt<br />
sich CD 3 zusammen; alle 70 Titel des Dreiers<br />
stehen für einen unpolierten, polternden Gute-<br />
Laune-Rumms, aus dem Johnsons teils irrwitziges<br />
Stakka<strong>to</strong>-Kombispiel (Lead & Rhythmus<br />
aus einer Hand) nach Vorbild eines Mick<br />
Green (Pirates) hervorsticht. Als Blutfinger<br />
Wilko sich dann 1977/78 verabschiedete, blieben<br />
Dr. Feelgood zwar putzmunter, aber oft<br />
weniger originell. Die vorliegende, gelungene<br />
Bündelung des Frühwerks macht 100-prozentig<br />
Sinn, die DVD zeigt die Gutfühler 1975 bei<br />
der überzeugenden, schweißtreibenden Arbeit.<br />
(EMI, 1974–1977, 24/79:11, 23/73:27,<br />
23/72:41; + DVD, 71:41) bm<br />
WILLY DeVILLE<br />
IN NEW ORLEANS<br />
Neu ist nur das sehr<br />
gute Booklet, keine<br />
unveröffentlichten<br />
Kostbarkeiten<br />
aus<br />
dem DeVille-Archiv.<br />
Dies sind sämtlich<br />
Titel von seinen Originalalben<br />
lb VICTORY MIXTURE (noch gut<br />
zu kriegen) und BIG EASY FANTASY (etwas<br />
schwieriger) von 1990 bzw. 1995. Das<br />
singende Gesamtkunstwerk war nach EMI-,<br />
Polydor- und WEA-Zeit vertragslos und zurück<br />
in Louisiana – fünf der sechs hier integrierten<br />
Livetitel stammen allerdings aus Paris<br />
und New York. DeVille griff mit superben<br />
Musikern wie Chris Spedding sowie New-Orleans-Größen<br />
(u.a. Allen Toussaint, Dr. John,<br />
Eddie Bo, Leo Nocentelli, Freddie Koella)<br />
in den <strong>to</strong>llen Songfundus seiner Umgebung:<br />
beseelt-brodelnder Rhythm & Blues aus den<br />
<strong>50</strong>s und <strong>60s</strong> wurde ausgesucht und umgesetzt,<br />
ohne die traditionellen Elemente zu vernachlässigen.<br />
Klasse Musik, doch für bereits gut<br />
versorgte Fans nichts Frisches dabei.<br />
(Big Beat/Soulfood, 1990 + 1995,<br />
17/62:01) bm<br />
COUNTING CROWS<br />
UNDERWATER SUNSHINE<br />
Eine Lanze brechen für die zahllosen genialen<br />
Songs, die jeden Tag geschrieben,<br />
gesungen und leider so gut wie alle überhört<br />
werden, das möchte Adam Duritz mit<br />
diesem Album. Für die Cover-Sammlung<br />
UNDERWATER SUNSHINE, die in Anlehnung<br />
an ein Fairport-Convention-Album<br />
den programmatischen Untertitel OR<br />
WHAT WE DID ON OUR SUMMER VA-<br />
CATION trägt, hat er die Counting Crows<br />
mit seinen alten Kumpels Shawn Dealey<br />
und Brian Deck verstärkt. Die Songs, die<br />
sie den Hörern vorstellen, scheinen dabei<br />
keinem festen Muster zu gehorchen, stammen<br />
von Ikonen wie Bob Dylan und Gram<br />
Parsons, von Indie-Helden wie Travis und<br />
Teenage Fanclub, von aktuellen Newcomern<br />
wie den Dawnes und Kasey Anderson<br />
oder von Prä-Counting-Crows-Bands<br />
wie Sordid Humor und Tender Mercies.<br />
Rau und mit erdigem Livefeeling gelingt<br />
ihnen ihr Vorhaben, zeigen sie, wie gut<br />
die Songs der Kollegen in den Counting-<br />
Crows-Versionen sind – und schon hat man<br />
wieder ein paar mehr geniale Songs für sich<br />
entdeckt ...<br />
(Cooking Vinyl/Indigo, 2012, 15/61:30) us<br />
THE MARS VOLTA<br />
NOCTOURNIQUET<br />
Hatte die Band um Omar Rodriguez-Lopez<br />
und Cedrix Bixler-Zavala auf dem Vorgängeralbum<br />
das Tempo herausgenommen, so<br />
Rock<br />
wird auf der neuen Scheibe wieder etwas<br />
zugelegt. Die aktuelle CD klingt nach BED-<br />
LAM IN GOLIATH meets OCTAHED-<br />
RON. Viele der Melodien haben durchaus<br />
Ohrwurmqualität, doch umrahmen Mars<br />
Volta diese feinen Hooks mit wilden Gitarrenbergen,<br />
komplexen Drum-Mustern, und<br />
die Elektronik ist in Form von Noise-Elementen<br />
und markanten Riffs allgegenwärtig.<br />
Die Band entwickelt sich kontinuierlich<br />
weiter, so dass auch die aktuelle Scheibe<br />
sehr beeindruckt: Wer zuhören kann wird<br />
mit fordernder, abwechslungsreicher, doch<br />
immer brillanter Musik belohnt!<br />
(Warner, 2012, 13/64:37)<br />
rg<br />
DIO<br />
HOLY DIVER + THE LAST IN<br />
LINE + SACRED HEART<br />
Es dauerte nicht ihtlan-<br />
ge, bis Ronnie James<br />
Dio nach seinem Abschied<br />
von Rainbow<br />
bzw. Black Sabbath<br />
1983 seine eigene<br />
Combo und mit<br />
HOLY DIVER ein Hammerdebüt am Start<br />
hatte. Gemeinsam mit dem jungen Gitarristen<br />
Vivian Campbell, Jimmy Bain (b) und<br />
Vinnie Appice (dr) sowie Claude Schnell<br />
an den Keyboards schrieb und nahm der<br />
stimmgewaltige Sänger mitreißende Songs<br />
auf: Melodramatischer, stets melodischer<br />
Hard Rock mit Metal-Spurenelementen war<br />
angesagt, mit dem Highlight “Rainbow In<br />
The Dark”. In einer Deluxe Edition (samt<br />
Bonus-CD mit starken Live-Aufnahmen,<br />
u.a. 1983 in der King Biscuit Flower Hour)<br />
wird ein Meilenstein der Heavy-Rock-His<strong>to</strong>rie<br />
wieder lebendig. Desgleichen wird<br />
der ähnlich starke 84er Nachfolger THE<br />
LAST IN LINE luxuriös neu aufgelegt<br />
(Bonus: Live-B-Seiten, Mitschnitt vom<br />
Pinkpop Festival 1984) mit den Klassikern<br />
“We Rock” und “I Speed At Night”. Rhythmisch<br />
groovend, mit Powerhouse-Gesang<br />
und einem inspiriert aufspielenden Campbell.<br />
SACRED HEART konnte 1986 das<br />
Niveau nicht halten, war einen Schuss zu<br />
kommerziell, AOR-orientert, enthielt aber<br />
mit “Rock’n’Roll Children” und “Hungry<br />
For Heaven” wieder zwei herausragende<br />
Nummern, jetzt ebenfalls mit superbem<br />
Bonus-Material ergänzt. Alles in allem ein<br />
hervorragendes Reissue-Paket eines zu früh<br />
vers<strong>to</strong>rbenen Ausnahmekönners.<br />
(Universal, 1983 + 1984 + 1986, 9/41:17,<br />
9/45:51 + 9/41:21, 12/70:03 + 9/38:34,<br />
10/53:20) pro<br />
DEEEXPUS<br />
KING OF NUMBER 33<br />
KING OF NUMBER 33 ist nach vierjähriger<br />
Studio-Abstinenz das zweite<br />
Album der Prog-Rocker DeeExpus und<br />
beschert in Gestalt von Keyboarder/Pianist<br />
Mark Kelly (im Hauptjob Mitglied<br />
bei Marillion) die wichtigste Änderung.<br />
Nichtsdes<strong>to</strong>trotz spielen die Stimme von<br />
Tony Wright und die Gitarre von Andy<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 37
REVIEWS<br />
CD<br />
REVIEWS<br />
Rock<br />
Ditchfield weiter tragende Rollen. Eingängiger,<br />
melodiöser Prog-Rock dominiert<br />
mitsamt Anleihen aus Pop und Hard<br />
Rock/verhaltenem Metal (Gitarren!).<br />
Alles ist um das 27-minütige Titelstück<br />
herum aufgebaut, die Stimmungen der<br />
einzelnen Songs wechseln – so kann<br />
man das Album auch Musikliebhabern<br />
empfehlen, die (Neo-)Prog-Rock nicht<br />
unbedingt in der Favoritenrubrik führen,<br />
zumal es nicht oft allzu vertrackt zur Sache<br />
geht. Übrigens: „Number 33” spielt<br />
auf eine Buslinie in London an, die in die<br />
S<strong>to</strong>ry eingebaut ist.<br />
(ear<strong>Music</strong>/edel, 2012, 10/53:18) pro<br />
DEEP PURPLE<br />
TOTAL ABANDON –<br />
AUSTRALIA ‘99<br />
Nach der 1998er<br />
Veröffentlichung<br />
ihres<br />
Albums<br />
ABANDON<br />
zog<br />
es Ian Gillan, Jon<br />
Lord, Roger Glover,<br />
Steve Morse und Ian<br />
Paice Pi im Zuge ihrer „A Band On World<br />
Tour” einmal rund um die Welt. Neben ihren<br />
aktuellen 90er-<strong>Jahre</strong>-Songs hatten sie<br />
natürlich auch zahlreiche ihrer alten Hits<br />
mit im Gepäck. Gerade diese Mischung<br />
aus bewährten Krachern wie “Smoke On<br />
The Water”, “Strange Kind Of Woman”,<br />
“Fireball”, “Black Night” und “Highway<br />
Star” mit frischer Ware wie “Bloodsucker”,<br />
“Almost Human” und “Ted The<br />
Mechanic” macht den Reiz dieses im australischen<br />
Melbourne mitgeschnittenen<br />
Konzertes aus. Dazu zeigt es mit Steve<br />
Morse einen Gitarristen, dem es während<br />
dieser Tour gelang, aus dem übermächtigen<br />
Schatten Ritchie Blackmores<br />
herauszutreten und der Deep Purple zu<br />
einem neuen, bis heute bestehenden Gitarren-Sound<br />
verhalf.<br />
(Eagle Records/edel, 2012,<br />
12/73:56) tk<br />
PETER GABRIEL<br />
LIVE BLOOD<br />
Im März letzten <strong>Jahre</strong>s wurde dieses Konzert<br />
im Londoner Hammersmith Apollo<br />
aufgezeichnet. Zusammen mit seinem<br />
46-köpfigen New-Blood-Orchestra präsentierte<br />
Peter Gabriel dabei Songs aus<br />
seinen letzten beiden Alben, die einmal<br />
mit Cover-Versionen (SCRATCH MY<br />
BACK) und einmal mit eigenen Songs<br />
(NEW BLOOD) in klassischen Arrangements<br />
bestückt waren. Auch live gibt<br />
es zahlreiche Stücke, denen der Slogan<br />
“ no guitars, no drum kit” so richtig gut<br />
tut, so das beklemmende Eröffnungsstück<br />
des Konzertes “Intruder”, das verträumte<br />
“Don’t Give Up” oder das bewegende<br />
“Mercy Street”. Andere Titel, wie “Biko”,<br />
“Solsbury Hill” oder der Paul-Simon-<br />
Song “The Boy In The Bubble” klingen<br />
beim ersten Hören noch ungewohnt und<br />
man braucht einige Zeit, um sich an die<br />
neuartigen Arrangements zu gewöhnen.<br />
So oder so eine packende Entdeckungsreise<br />
und aller Voraussicht nach ein Album,<br />
an dem man auf Grund seiner Vielschichtigkeit<br />
noch lange seine Freude<br />
haben wird.<br />
(Eagle/edel, 2012, 11/62:31, 11/78:54) us<br />
PROCLAIMERS<br />
LIKE COMEDY<br />
“Letter To America” und “I’m Gonna Be (<strong>50</strong>0<br />
Miles)”, die (außerhalb ihrer britischen Heimat)<br />
wohl bekanntesten Hits, führen etwas<br />
in die Irre, was die stilistischen Vorlieben der<br />
Gebrüder Reid angeht. Nicht für Folk, nicht<br />
für Country, sondern für uramerikanischen<br />
Rock’n’Roll schlagen die Herzen der Proclaimers,<br />
für Musik, wie man sie zu Zeiten<br />
von Buddy Holly oder Jerry Lee Lewis zu hören<br />
bekam. So besticht auch ihr neues Album<br />
LIKE COMEDY mit der gewohnt einzigartigen<br />
Mischung aus britischer Songwriting-<br />
Kunst und schwungvollem Rock’n’Roll,<br />
haben die beiden es wieder geschafft Songs<br />
zu schreiben, die zwar neu sind, sich aber<br />
irgendwie wie gute alte Bekannte aus längst<br />
vergangenen Zeiten anhören.<br />
(Cooking Vinyl/Indigo, 2012, 12/36:08) us<br />
BILL NELSON<br />
THE PRACTICE OF EVERYDAY<br />
LIFE<br />
Labelchef, Bandboss, Au<strong>to</strong>r, Komponist, bildender<br />
Künstler, Bühnenwerker etc. etc. – und<br />
natürlich Gitarrist: Der Engländer Bill Nelson<br />
(63) ist ein Vielkönner, der – gemessen an<br />
seinen noch immer abgehenden Arbeitslawinen<br />
– seit 40 <strong>Jahre</strong>n nur selten geschlafen<br />
haben kann. Auf acht prallvollen CDs mit 168<br />
Tracks breitet Nelson selbst sein Schaffen für<br />
ein Dutzend Plattenfirmen aus, ein mächtiges<br />
Projekt mit superber Umsetzung: Start mit<br />
NOR THERN DREAM (1971), Ende mit<br />
FABLES AND DREAMSONGS (2010). Präsentiert<br />
wird ein schlichter Singer/Songwriter,<br />
der umgehend die Spur wechselte (prog-rockig<br />
Angejazztes mit Be Bop Deluxe und Red<br />
Noise), sich bereits 1981 nur noch auf einem<br />
stilistisches Privatgleis bewegte und als Solist<br />
allen Gruppen- sowie Industriezwängen abschwor,<br />
deren Verantwortliche für den Tüftler<br />
nie ein Etikett fanden. Kaum in Schubladen<br />
zu zwängen, lieferte Nelson exklusive Ambient<br />
Sounds, Experimentelles, Film-, TV- und<br />
Videomusiken, instrumental Klangmalendes<br />
für eine Szene hinter dem 08/15-Heerscharen<br />
– darum nicht immer leicht verdaulich, aber<br />
auch nie mit platten Abgedreh<strong>the</strong>iten. Für<br />
den sortierenden Gewaltmarsch durch sein<br />
Gesamtwerk mit knapp 60 (!) Alben hat der<br />
Rätselhafte auch tief gegraben und Unveröffentlichtes,<br />
nur noch schwer oder gar nicht<br />
mehr Erhältliches (Mini-LPs, Maxi-Singles,<br />
Library <strong>Music</strong>) ans Licht geholt. So präsentiert<br />
die gesamte CD 8 rare BBC-Sessions<br />
von 1981 und 1983 mit John Peel und Kid<br />
Jensen. Die Box (mit großartig begleitenden<br />
Drucksachen!) eröffnet einen hochkreativen<br />
Künstlerkosmos, der – ist man erst mal eingetaucht<br />
– eine völlig singuläre Atmosphäre<br />
entfacht. Diese hat Nelson schon vor <strong>Jahre</strong>n in<br />
Songtitel gemeißelt: “<strong>Music</strong> In Dreamland”,<br />
“The Real Adventure”, “Search And Listen”<br />
und “Do You Dream In Colour?”.<br />
(Esoteric/Rough Trade; 1971–2010;<br />
168/585:29) bm<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
MICHIGAN MIXTURE<br />
VOLUMES 1+2<br />
Wo immer sich<br />
eine Version von “I<br />
Can Only Give You<br />
Everything” finden<br />
lässt, kann ein geiler<br />
Garagen-Rock-Sampler<br />
nicht weit weg<br />
sein. Die hier zum Doppeldecker zusammengefassten<br />
MICHIGAN MIXTURES<br />
wenden sich an NUGGETS-Fans und<br />
warten ausschließlich mit Interpreten auf,<br />
die obskur, hyper obskur, ultra obskur oder<br />
mega obskur sind ... und die dennoch bei<br />
ihren mit Herzblut eingespielten knüppelharten<br />
Rockern, psychedelischen Übungen<br />
und herrlich lärmgetränkten Exkursionen<br />
fast immer mit fabelhaften (Detail-)Ideen<br />
gesegnet waren. Keine Frage, hier gibt es<br />
tatsächlich auch mal zuvor nie gehörte Gitarrensoli<br />
oder waghalsige Arrangementabenteuer.<br />
Absolute Kracher wie “Just<br />
Like An Aborigine” (The Up), “You Come<br />
On Like A Train” (Dick Rabbit), “Hello”<br />
(Popcorn Blizzard), “I’m Coming Back”<br />
(Cambridge), “As Long As I’m Around”<br />
(B.C. & The Cavemen), “Lives For No<br />
One” (Bottle Company) und “Lonely Lisa”<br />
(nochmals Cambridge) sind dabei nur die<br />
Spitze des selbst komponierten Eisberges.<br />
Sie verblassen keinen Schimmer neben den<br />
einzigen beiden Cover-Versionen, eher im<br />
Gegenteil: The Soul Benders bringen eine<br />
ordentliche, aber nicht weltbewegende<br />
Version des “House Of The Rising Sun”,<br />
während The Rainy Days beim erwähnten<br />
“I Can Only Give You Everything” ihre<br />
Sache etwas besser machen. Weiterer Pluspunkt<br />
sind die liebevoll recherchierten Anmerkungen<br />
zu jedem Song.<br />
(Particles/Soulfood, 2012,<br />
15/48:45,16/43:51) hjg<br />
FRANZ K.<br />
UNSTERBLICH<br />
2009 gab es das Comeback, im März dieses<br />
<strong>Jahre</strong>s erschien mit UNSTERBLICH<br />
bereits das dritte Album sei<strong>the</strong>r. Dabei darf<br />
man den Albumtitel wohl wörtlich nehmen,<br />
denn irgendwie scheint der zeitlose<br />
Rock mit deutschen Texten, den Franz K.<br />
mit leichten Schwankungen im Härtegrad<br />
seit über 40 <strong>Jahre</strong> im Angebot haben, wirklich<br />
unzerstörbar zu sein. UNSTERBLICH<br />
tendiert dabei mehr in die Grundrichtung<br />
„weich”, liefert neben fetzigem Power-<br />
Rock auch poppige Songs und ruhige<br />
Rockballaden. Das Besondere an der aktuellen<br />
Single-Auskopplung “Auf dem Weg<br />
nach Hause” ist, dass der komplette Erlös<br />
aus den Downloads an die Stiftung Solidarfonds<br />
NRW geht. Da sich die Stiftung<br />
vorrangig um die Förderung von Schulen<br />
kümmert und da Stefan Josefus, Schlagzeuger,<br />
Texter und Produzent der Band,<br />
früher selbst einmal Lehrer werden wollte,<br />
haben Franz K. dieser Unterstützung sofort<br />
zugestimmt.<br />
(Fastball <strong>Music</strong>/Sony <strong>Music</strong>,<br />
2012, 14/49:49) us<br />
AXEL RUDI PELL<br />
CIRCLE OF THE OATH<br />
Bereits das 14. Album einer mittlerweile<br />
langen Karriere legt Ruhrpott-Gitarrenheld<br />
Axel Rudi Pell mit CIRCLE OF<br />
THE OATH vor und bleibt der bislang<br />
verfolgten Linie damit absolut treu: Er<br />
stimmt Hard/Melodic Rock an, wobei<br />
Sänger Johnny Gioeli ebenso für die<br />
Melodiekomponente sorgt wie der Meister<br />
selbst mit seinem Gitarrenspiel. Pell<br />
und seine Mitstreiter variieren zwischen<br />
episch/hymnischen Passagen, stürmischkraftvollen<br />
Breitwand-Phasen und gefühlvollen<br />
balladesken Momenten. Dazu<br />
überrascht er zwischendurch doch tatsächlich<br />
mit dem einen oder anderen (keltischen<br />
oder countryesken) Einsprengsel.<br />
Vielfältig, gekonntes Handwerk, sicher<br />
ein Muss für Genre-Fans – bei ARP weiß<br />
man, was man bekommt, und erwartet neben<br />
grundsolidem, durchaus inspiriertem<br />
Handwerk auf gediegenen Alben auch<br />
nicht unbedingt großartige Innovationen.<br />
(SPV, 2012, 10/59:25)<br />
pro<br />
JETHRO TULL’S<br />
IAN ANDERSON<br />
THICK AS A BRICK 2<br />
Zum<br />
40-jährigen<br />
Jubiläum<br />
von<br />
Jethro Tulls Prog-<br />
Rock-Meisterwerk<br />
veröffentlicht<br />
Ian<br />
Anderson Teil 2. Eingespielt<br />
wurde die<br />
CD allerdings nicht mit seiner Stammband,<br />
was zu Verärgerung führte. Martin Barre ist<br />
daher mit eigener Band und Tull-Reper<strong>to</strong>ire<br />
auf Tour. Florian Opahle, seit <strong>Jahre</strong>n Andersons<br />
Partner bei dessen Solo-Aktivitäten,<br />
spielt eine adäquate Gitarre, wenn auch die<br />
eigene Note fehlt. Der 70er-<strong>Jahre</strong>-Klangcharakter<br />
wird durch den Einsatz von Hammondorgel,<br />
Akkordeon, Glockenspiel oder<br />
viel akustischer Gitarre beibehalten, zeitgemäß<br />
wurden die Songlängen und Soli gestrafft.<br />
Die Faszination des Originals wird<br />
dabei nicht ganz erreicht, die Prog-Anteile<br />
sind reduziert. Anderson führt das Konzept<br />
aber raffiniert weiter: Was wäre aus dem<br />
Schüler Gerald Bos<strong>to</strong>ck, dem vermeintlichen<br />
Textlieferanten, geworden? Er bietet<br />
hier verschiedenste Varianten an, vom Banker<br />
über Prediger bis Penner. Andersons<br />
charismatische Stimme, seit <strong>Jahre</strong>n angegriffen,<br />
kann hier überzeugen, sein Flötenspiel<br />
ist seit langem gereift. Zwar wird<br />
das berühmte Thema kurz angedeutet, Anderson<br />
komponierte jedoch eigenständige<br />
neue Songs im Geiste der glorreichen Vergangenheit.<br />
Tull-Fans können bedenkenlos<br />
zugreifen und sich auf die anstehende Tour<br />
mit Part 1 und 2 freuen!<br />
(EMI, 2012, 17/53:45)<br />
rg<br />
WAYNE FONTANA AND THE<br />
MINDBENDERS<br />
ERIC RICK WAYNE BOB PLUS<br />
Zum Zeitpunkt, da dieses Album 1966 erschien,<br />
waren Wayne Fontana und seine<br />
Mindbenders bereits auf getrennten Pfaden<br />
unterwegs. Kurz zuvor war der Leadsänger<br />
mitten in einem Konzert unvermittelt auf Gitarrist<br />
Eric Stewart (später 10cc) zugegangen,<br />
hatte ihm das Mikro in die Hand gedrückt und<br />
gesagt: „Hier, nimm hin, ich bin raus aus der<br />
Nummer.” Insofern bekommt der hier vertretene<br />
Song “It’s Just A Little Bit Too Late” eine<br />
schon fast prophetische Bedeutung, zumal<br />
die danach zum Trio geschrumpfte Band im<br />
Seite 38 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
Januar mit “A Groovy Kind Of Love” gepunktet<br />
hatte. Klarer Fall von unglücklicher<br />
Veröffentlichungspolitik. Egal! Die Welt hat<br />
sicher schon bessere Versionen von “Memphis,<br />
Tennessee” gehört, gleichwohl gehen<br />
die hier vertretenen Songs wie “Like I Did”<br />
oder “Please Stay” heute immer noch unter<br />
die Haut – sicher auch deshalb, weil der Harmoniegesang<br />
stimmte. Etwas unglücklich,<br />
dass es aus rechtlichen Gründen noch nicht<br />
zur Veröffentlichung des Vorgängers THE<br />
GAME OF LOVE gekommen ist, eigentlich<br />
sollten beide Alben gleichzeitig veröffentlicht<br />
werden. Erfreuliche neun Bonus-Tracks veredeln<br />
diese CD, darunter das unverwüstliche<br />
“Um, Um, Um, Um, Um, Um”.<br />
(Bear Family, 1966, 21/52:02) os<br />
NEIL YOUNG & CRAZY<br />
HORSE<br />
AMERICANA<br />
Kennt man sich in<br />
der Geschichte der<br />
amerikanischen<br />
Folkmusik aus und<br />
liest die Trackliste<br />
des neuen<br />
Albums von Neil<br />
Young, ahnt man Böses. “This Land Is<br />
Your Land”, “Oh Susanna”, “Tom Dula”<br />
(ja, Tom Dooley!), “Wayfaring Stranger”:<br />
Was hat er sich dabei nur gedacht? Doch<br />
für das erste Album seit fast zehn <strong>Jahre</strong>n<br />
(wieder mal) mit Crazy Horse als Begleitband<br />
schert sich Young einen Teufel drum,<br />
was man so von ihm erwartet – also business<br />
as usual, denn um so etwas hat er sich<br />
bekanntlich ja noch nie gekümmert. Und<br />
so zeigt AMERICANA, wie höchst unterschiedlich<br />
man solche, bestens bekannte<br />
Songs anrichten kann. Was trotz der rockigen<br />
Arrangements auffällt, ist ein dauernder<br />
(hoher) Chorgesang, an den man<br />
sich erst einmal gewöhnen muss. Würde<br />
man teilweise die elektrische Gitarren<br />
durch akustische ersetzen, könnte man<br />
glatt eine vielköpfige Familie am Lagerfeuer<br />
singen hören. Fazit: unerwartet und<br />
gewöhnungsbedürftig.<br />
(Reprise/Warner, 2012, 11/56:<strong>50</strong>) us<br />
BRYAN ADAMS<br />
CUTS LIKE A KNIFE<br />
Klar, Platten von Bryan Adams speziell<br />
aus den 90ern (zum Beispiel WAKING UP<br />
THE NEIGHBOURS) waren unglaublich<br />
erfolgreich, doch oft zu konstruiert und<br />
auf Charterfolg getrimmt. In den 80ern<br />
sah das noch anders aus, denn obwohl sein<br />
melodiöser Mainstream-Rock zu keiner<br />
Phase als experimentell bezeichnet werden<br />
kann, hatte die Band einfach mehr Power<br />
und Druck, wie die gegenüber dem Original<br />
von 1983 klanglich stark verbesserte<br />
Gold-Disc belegt. Rock-Hymnen wie “The<br />
Only One”, melodischer Mainstream “This<br />
Time”, die Traumballade “Straight From<br />
The Heart” oder der bekannte Titeltrack<br />
stehen sicherlich für kommerzielle Musik,<br />
können aber durch die fantastisch zusammenspielende<br />
Band den Hörer mitreißen.<br />
Die Audio-Fidelity-Ausgabe erscheint in<br />
einer limitierten und nummerierten Auflage,<br />
die mit Sicherheit schnell ausverkauft<br />
sein wird.<br />
(Audio Fidelity/Sieveking Sound, 1983,<br />
10/36:53) at<br />
STEVIE WONDER<br />
INNERVISIONS<br />
Während<br />
TAL-<br />
KING<br />
BOOK<br />
Stevie<br />
Wonder<br />
in kommerzieller<br />
Hinsicht<br />
Erfolge<br />
einbrachte,<br />
stand<br />
INNERVISIONS<br />
für eine künstlerische Weiterentwicklung,<br />
bei der der Musiker befreit und jenseits<br />
wirtschaftlicher Überlegungen komponierte.<br />
Während er bei “Higher Ground” seinen<br />
beseelten Gesang mit einfachen, aber packenden<br />
Rockrhythmen fusioniert, steht<br />
“Jesus Children Of America” für Religionskritik,<br />
“He’s Misstra Know-It-All” für<br />
entspannte jazzig-soulige Klänge und das<br />
populäre “Living For The City” für das<br />
Aufbegehren der Schwarzen, die trotz aller<br />
Gleichberechtigungsbemühungen immer<br />
noch im Dreck lebten. Ein intensives Album,<br />
das eine der vielen Seiten des Musikers zeigt<br />
und durch das sehr warme und kompakte<br />
Mastering überzeugt (24-KT-Gold-Disc,<br />
nummerierte, limitierte Ausgabe).<br />
(Audio Fidelity/Sieveking Sound, 1973,<br />
9/44:18 ) at<br />
THE SUNPILOTS<br />
KING OF THE SUGARCOATED<br />
TONGUES<br />
The Sunpilots nennt sich dieses junge Quartett,<br />
dessen Frontmann Raj Siva-Rajah zwar<br />
in Australien geboren wurde, aber sein Gesangstalent<br />
von seiner aus Sri Lanka stammenden<br />
Mutter erbte. In Sydney traf er auf<br />
Gitarrist Bob Spencer, dessen Leidenschaft<br />
70er-<strong>Jahre</strong>-Prog-Rock ist. Und schon bei der<br />
allerersten Session spürten die beiden Musiker<br />
eine musikalische Verbundenheit, die<br />
sie sofort in gemeinsamen Songs umsetzten.<br />
Verstärkt um ein zupackendes Rhythmusduo<br />
aus Bass und Schlagzeug, wundert es dann<br />
wenig, wenn KING OF THE SUGARCOA-<br />
TED TONGUES wie eine frisch angerührte<br />
Mischung aus Led Zeppelin, Muse und Incubus<br />
daherkommt.<br />
(Honeytrap/Rough Trade,<br />
2012, 8/48:25) us<br />
LEE RANALDO<br />
BETWEEN THE TIMES AND THE<br />
TIDES<br />
Was auf den ersten Blick wie ein etwas angeberisch-pompöser<br />
Albumtitel daherkommt,<br />
erweist sich am Ende als Versprechen, das<br />
aufs Prächtigste eingelöst wird. Lee Ranaldo,<br />
bestens bekannt als kreative Gitarrenkraft bei<br />
Sonic Youth, legt hier ein Solo-Album sehr<br />
gehobener Klasse vor. Sonic Youths Avantgarde-Anspruch<br />
wird zwar deutlich zurückgeschraubt,<br />
aber nicht der bedingungslose<br />
Wille, packende Musik für den offenohrigen<br />
und mitdenkenden Teil der Bevölkerung<br />
zu machen. Unterstützt von einer ganzen<br />
Horde „gebändigter Avantgardisten” startet<br />
Ranaldo mit “Waiting On A Dream”, wobei<br />
er sich beim S<strong>to</strong>nes-Hit “Paint It Black”<br />
bedient, und endet mit “Tomorrow Never<br />
Comes”, bei dem die Beatles (“Tomorrow<br />
Never Knows”) ins Spiel kommen. Dazwischen<br />
wälzt sich ein kaum Einwände provozierender<br />
mächtiger Psychedelic-Rockstrom<br />
– einschließlich ballasdesker Töne –, der je<br />
nach Lage & Gelände auch Erinnerungen an<br />
Velvet Underground, The Byrds, Neil Young,<br />
Rock<br />
Tom Verlaine, vor allem R.E.M. und – wer<br />
wollte Ranaldo das verdenken – Sonic Youth<br />
aufkommen lässt. Die ganze Platte ist weitgehend<br />
im gleichen, etwas dröhnigen, aber eben<br />
hochdifferenzierten Sound gehalten, dem<br />
deutlich anzuhören ist, welches Vergnügen es<br />
Ranaldo gemacht haben muss, die ihm innewohnenden<br />
Variationsmöglichkeiten lustvoll<br />
auszuschöpfen. Zur vollen Entfaltung seiner<br />
Klasse benötigt das Album zwei bis vier<br />
Durchläufe – aber die lohnen sich!<br />
(Matador/Indigo, 2012, 10/47:40) hjg<br />
ELVIS PRESLEY<br />
THE COMPLETE ’68<br />
COMEBACK SPECIAL<br />
Neben ALOHA FROM HAWAII VIA SA-<br />
TELLITE zählt THE COMPLETE ’68<br />
COMEBACK SPECIAL zu den wichtigsten<br />
Livemomenten des King, da sich Elvis hier<br />
wieder neu erfand und nach der langen Durststrecke<br />
in alter Frische präsentierte – trotz<br />
aktueller musikalischer Strömungen, die ihn<br />
eigentlich wie ein Relikt aus früheren Tagen<br />
hätten erscheinen lassen müssen. Mit Bob<br />
Finder, Bones Howe und Billy Goldberg,<br />
Letzterer war für die Arrangements zuständig,<br />
fanden sich kompetente Partner, mit der<br />
die kurz vor Weihnachten ausgestrahlte Show<br />
zu einem Riesenerfolg wurde. Die 4-CD-Edition<br />
erscheint in einer Hardcover-Box, inklusive<br />
eines 32-seitigen Booklets, in dem die<br />
Hintergründe dargestellt werden, und enthält<br />
das Originalalbum von damals, die beiden<br />
„Sit-Down-Shows” und die zwei „Stand-Up-<br />
Shows” sowie 21 Aufnahmen von den Proben.<br />
Unter anderem “Tiger Man”, das unvergessene<br />
“Heartbreak Hotel”, der “Jailhouse<br />
Rock”, “Love Me Tender” und klasse Medleys<br />
werden vom King und seiner kompetenten<br />
Band intensiv, aber trotzdem mit einer<br />
traumhafter Leichtigkeit dargeboten. Musik,<br />
die auch heute noch den Zuhörer packt.<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 2011, 12/58:03, 26/76:02,<br />
27/76:74, 21/49:20) fl<br />
DIO<br />
HOLY DIVER<br />
Mit Rainbow und Black Sabbath spielte Ronnie<br />
James Dio Heavy-Klassiker ein. Als der<br />
Mann mit der großen Stimme bei zuletzt genannter<br />
Band ausgestiegen war, wollte er die<br />
künstlerische Leitung komplett übernehmen<br />
und stellte sich ein entsprechendes Team zusammen,<br />
das ihn dabei optimal unterstützte.<br />
Mit HOLY DIVER gab’s sofort einen Klassiker,<br />
der mit Begeisterung vom Publikum<br />
angenommen wurden, denn Texte, abwechslungsreiche<br />
Metrik, die atmosphärischen<br />
Stücke und auch die Genre-übliche Ballade<br />
(“Don’t Talk To Strangers”) vereinten Tradition<br />
und Zukunft. Schneller und druckvoller<br />
Heavy (“Stand Up And Shout”), ein<br />
rollender Midtempo-Rocker (“Holy Diver”)<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 39
CD<br />
REVIEWS<br />
und die Achtziger-Hymne “Rainbow In The<br />
Dark” sind exzellente Beispiele dafür. Das<br />
Remastering der 24-KT-Gold-Disc (limitiert,<br />
nummeriert) hat den unangenehmen Klang<br />
der Dekade reduziert und hebt die Band als<br />
Einheit hervor, was insgesamt zu einem ausdrucksstärkeren<br />
Klangbild führt. Gelungen!<br />
(Audio Fidelity/Sieveking Sound,<br />
1983, 9/41:29) at<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
21 VERSIONS MR.<br />
TAMBOURINE MAN<br />
In der hübschen Reihe<br />
ONE SONG EDI-<br />
TION hat man sich<br />
nun “Mr. Tambourine<br />
Man” vorgenommen.<br />
Der<br />
hyperbekannte<br />
Folk-Rockklassiker<br />
gehört zu den unzerstörbarsten Songs der<br />
letzten <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong> – und überlebt auch hier einige<br />
deftige Attacken, so die Punkversion von<br />
Alison Tate, die Funkfassung von Ted Sturges<br />
& Con Funk Shun, den derben Blues-Rock<br />
von Leslie West & Mountain, die intensivkunstrockige<br />
Aktion von Patti Lupone und<br />
die etwas zu schlichte, hemdsärmelige Instrumentalfassung<br />
von Duane Eddy. Im Mittelpunkt<br />
stehen allerdings folk-rockige Einspielungen,<br />
darunter zwei von Bob Dylan (Demo<br />
mit Klavier, live mit den Byrds) und gleich<br />
fünf von den Byrds bzw. deren Musikern<br />
Roger McGuinn, Chris Hillman und Gene<br />
Clark (der bei diesem internen Vergleich Sieger<br />
wird). Auch Arlo Guthrie, Julie Felix &<br />
Melanie Safka sowie The New Journeyman<br />
(mit dem späteren Papa John Phillips) verlassen<br />
das Folk-Rockgenre nicht und liegen<br />
damit richtig. Denn sie überzeugen mehr als<br />
Johnny Rivers und The 4 Seasons mit ihren<br />
„allgemein pop-rockigen” Fassungen. Der<br />
wirklich absolute Höhepunkt ist allerdings<br />
den schwarzen A-capella-Virtuosen The<br />
Persuasions vorbehalten. Das Vergnügen<br />
mit diesem interessanten und zugleich lehrreichen<br />
Sampler wäre übrigens noch größer,<br />
wenn die discographischen Angaben nicht<br />
fast völlig fehlen würden.<br />
(Hörwerk Classic/Buschfunk, 2012,<br />
21/77:58) hjg<br />
BIG BROTHER & THE<br />
HOLDING COMPANY FEAT.<br />
JANIS JOPLIN<br />
LIVE AT THE CAROUSEL<br />
BALLROOM 1968<br />
Es gibt wirklich noch Unveröffentlichtes aus<br />
dem Hause Joplin. Der Mitschnitt des Auftritts<br />
von Big Bro<strong>the</strong>r & The Holding Company<br />
Featuring Janis Joplin (und noch nicht<br />
umgekehrt) am 23. Juni 1968 im Carousel<br />
Ballroom in San Francisco war lange im<br />
persönlichen Archiv des am 13.3.2011 vers<strong>to</strong>rbenen<br />
Owsley „Bear” Stanley verstaubt,<br />
der damals einer der gefragtesten Livemixer<br />
in der Stadt war und auch beim BBHC-Gig<br />
am Pult saß und eine Bandmaschine mitlaufen<br />
ließ. Natürlich spielte die Band um Joplin ihre<br />
bis dahin veröffentlichten Songs, aber eben<br />
auch ein paar obskure, später nicht mehr angestimmte<br />
Nummern wie “It’s A Deal”, “Call<br />
On Me” oder das im Jahr zuvor nur als Single<br />
erschienene “Coo Coo”. Die Band brauchte<br />
ein wenig, um in Fahrt zu kommen, aber<br />
wer sie nie live gesehen hat, kann erahnen,<br />
welche improvisationsfreudige Psychedelic-<br />
Rock-Blues-Power damals freigesetzt wurde.<br />
Natürlich ist die Soundqualität nicht <strong>to</strong>p, aber<br />
für Alter und Umstände doch beachtlich. Einige<br />
wahre Perlen von Joplin & Co. sind hier<br />
zu hören. Wie unterschiedlich die Interpretationen<br />
ausfielen, demonstriert der vom Vorabend<br />
stammende Bonus-Track “Call On Me”.<br />
(Legacy/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 14/71:01) pro<br />
LITTLE FEAT<br />
AMERICAN CUTIE<br />
„Ebbets Field, Denver, Colorado, 19th July<br />
1973” lautet der Untertitel – vier <strong>Jahre</strong> vor<br />
dem großen „Rockpalast”-Eurovisions-Event<br />
also. Weniger Ruhm, kleiner Club statt Grugahalle,<br />
aber auch weniger Coke: Ein schlanker,<br />
schwelgender Lowell George leitete (damals<br />
noch) seine Americana-Asse nach Small-<br />
Talk-„Babble” in den Howlin’ Wolf zugedachten<br />
“A Apolitical Blues”. Organist Bill<br />
Payne trug neben George am meisten Material<br />
bei, “Cat Fever” von SAILIN’ SHOES<br />
oder, mit Rhythmusgitarrist Paul Barrere,<br />
“Walkin’ All Night” vom damals aktuellen<br />
DIXIE CHICKEN. Richie Hayward legte wie<br />
immer unnachahmliche Funkgrooves, unterstützt<br />
von Sam Clay<strong>to</strong>ns Perkussionarsenal.<br />
Little Feat spielten damals zwei Shows, übertragen<br />
vom FM-Sender KCUV: Zu hören ist<br />
hier der gesamte späte Gig, dazu kommen drei<br />
unverzichtbare Lowell-George-Songs, die nur<br />
beim früheren der ansonsten identischen Sets<br />
gespielt wurden: “Willin’”, “Cold Cold Cold”<br />
und “Fat Man In The Bath Tub”. Erstklassige<br />
Konzertware im Schuber.<br />
(Leftfield Media/inakustik 1973/2012,<br />
14/73:48) utw<br />
EMERSON, LAKE &<br />
PALMER<br />
FROM THE BEGINNING<br />
Emerson, Lake & Palmer gehören zu den<br />
Heroen des Progressive Rock, denn sie<br />
erschufen mit ihrem Werk musikalisch<br />
hochwertige, aber immer noch organische<br />
Sounds. Diese Edelbox, die zum einem<br />
Sonderpreis angeboten wird und von Mark<br />
Powell, dem führenden Reissue-Experten<br />
Großbritanniens, zusammengestellt wurde,<br />
dokumentiert von der Frühphase (hier<br />
sind auch jeweils ein Track von The Nice<br />
und A<strong>to</strong>mic Rooster zu hören) über Platten<br />
wie BRAIN SALAD SURGERY oder die<br />
beiden WORKS-Scheiben bis hin zu raren<br />
Songs aus den Neunzigern alle bedeutenden<br />
Titel des Trios. Neben seltenen Fassungen<br />
berücksichtigte man hier auch das<br />
komplette Konzert vom Mar-Y-Sol-Festival,<br />
das klanglich nicht die hohe Qualität<br />
der Box bietet, allerdings als Zeitdokument<br />
sicherlich Sinn macht. Das 58-seitige<br />
Booklet beeindruckt besonders, denn<br />
neben zahlreichen Fo<strong>to</strong>s und Coverabbildungen<br />
finden sich lange Kommentare der<br />
Musiker zu allen Karriere-Abschnitten.<br />
Ein unschlagbares Preis/Leistungsverhältnis!<br />
Empfehlung!<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 2012, 8/70:36, 14/77:34,<br />
7/77: 56, 15/68:38, 7/79:09) at<br />
THE FIRES<br />
NEWSCHOOL REVIVAL<br />
Natürlich handelt es sich bei The Fires um<br />
einen Hype. Die drei Typen sind zwar gerade<br />
mal 15 bis 18 <strong>Jahre</strong> alt, haben aber<br />
bereits eine Reputation wie gestandene Rocker.<br />
Das Schweizer Jungspund-Trio hausiert<br />
mit Support-Aufgaben für Jerry Lee<br />
Lewis, Brian Setzer oder Shakin’ Stevens,<br />
auch das Merchandising-Angebot erinnert<br />
eher an Chartstürmer denn an Neulinge.<br />
Hört man allerdings NEWSCHOOL RE-<br />
VIVAL, das dritte Album übrigens schon,<br />
ist es nicht mehr unmöglich, dass The Fires<br />
mehr werden als nur eine Fußnote im unüberschaubaren<br />
Rockzirkus. Die Buben haben<br />
den Rock’n’Roll der <strong>50</strong>er mit Löffeln<br />
gefressen. “Shut Up”, “Rock’n’Roll Star”<br />
oder “Love At First Sight” sind Nostalgie<br />
pur. Dazu passt das konsequente Retro-<br />
Outfit, das die drei wie ihre Vorbilder von<br />
einst aussehen lässt. Und die waren damals<br />
ja auch nicht viel älter als The Fires heute.<br />
Natürlich kommt die Band nicht ganz daran<br />
vorbei, auch ein bisschen Boygroup zu<br />
sein, weshalb “Man Magnet” oder “Cause I<br />
Love You” arg weichgespült klingen. Aber<br />
darüber kann man durchaus hinwegsehen.<br />
(Blue Martin/K-tel, 2012, 12/41:31) jub<br />
KEIMZEIT<br />
KOLUMBUS<br />
Willkommen<br />
zu<br />
Hause! Die brandenburgische<br />
Band<br />
kehrt von einer<br />
langen Reise zurück.<br />
Ende der<br />
Neunziger verließ<br />
sie den sicheren Singer/Songwriter-Blues-<br />
Folk-Pop-Hafen und heuerte den Hamburger<br />
Produzenten Franz Plasa an, der mit<br />
den Musikern um Sänger, Komponist und<br />
Texter Norbert Leisegang an den Ufern des<br />
Gitarrenrock härterer Gangart – gepaart<br />
mit elektronischen Einsprengseln – entlang<br />
schipperte. Zumindest die Fans der ersten<br />
Stunde wurden reichlich verschreckt. Das<br />
neue Album KOLUMBUS, übrigens das<br />
zehnte Studio-Album in 30 <strong>Jahre</strong>n Keimzeit,<br />
ist ein Versöhnungsangebot. Natürlich<br />
klingt die Band jetzt nicht wie auf den frühen<br />
Alben, aber sie besinnt sich auf die Stärken<br />
der Anfangsjahre. Wenn man so will, sind<br />
Keimzeit die Väter von Sängern wie Clueso<br />
oder Philipp Poisel. Oder besser die großen<br />
Brüder, denn Keimzeit sind modern genug,<br />
um weiterhin mithalten zu können.<br />
(Comic Helden/edel Kultur, 2012,<br />
12/38:12) che<br />
BEDLAM<br />
IN COMMAND 1973<br />
Gitarrist Dave Ball von Procol Harum, sein<br />
Bass-Bruder Denny von Long John Baldry<br />
und Cozy Powell von Jeff Beck hatten vorher<br />
mal als Big Bertha gearbeitet. Sie nahmen<br />
1973 nur ein Studio-Album auf und <strong>to</strong>urten<br />
mit Black Sabbath – Powell wird jedoch aufgefallen<br />
sein, dass Sänger Frank Aiello (The<br />
Truth) kaum die Qualitäten Bob Tenchs aus<br />
Rock<br />
Becks Truppe besaß. Durch Cozy Powells<br />
Hit “Dance With The Devil” war ohnehin<br />
1974 Schluss. Das Instrumental wird diesem<br />
Livemitschnitt in einer Bedlam-Version aus<br />
der US-TV-Serie „Midnight Special” hinzu<br />
gefügt. Der Gig lässt das Temperament und<br />
die Riff-Freudigkeit der Band erahnen, zeigt<br />
auch Powell hinter seinem Riesen-Drumkit<br />
in üblicher Hochform. Manches klingt –<br />
ohne freche Zitate – zeppelinesk; mit “Putting<br />
On The Flesh” liegt die Band verdammt<br />
nah an ihren damaligen Headlinern Sabbath,<br />
ohne deren Hypnose- und Doom-Qualitäten<br />
erreichen zu können. Für Hard-Rock-Veteranen<br />
dennoch ein lohnendes Zeitdokument.<br />
(Angel Air/Fenn, 2012, 10/55:05) utw<br />
THE CULT<br />
CHOISE OF WEAPON<br />
“Honey From A<br />
Knife” ist ein Ope ner<br />
nach Maß. So will der<br />
Fan Billy Duffy (g)<br />
und Ian Astbury (voc)<br />
hören: treibende Riffs,<br />
zwingender<br />
Refrain,<br />
coole Shouts, eine sich ins Hirn bohrende Melodie.<br />
The Cult können, wenn sie wollen. Das<br />
neue Album CHOISE OF WEAPON geht mit<br />
viel Energie in den Durchlauf und erinnert am<br />
Start an die Heavy-Metal-Scheiben SONIC<br />
TEMPLE (1989) oder CEREMONY (1991).<br />
“Elemental Light” hält den Level, offenbart<br />
aber, dass Ian Astbury stimmlich längst nicht<br />
mehr so sicher agiert wie noch vor <strong>Jahre</strong>n.<br />
“The Wolf” verweist auf die Gothic-Zeiten<br />
von LOVE (1985), was den Verdacht aufkommen<br />
lässt, dass die Band nach der eher<br />
schwachen Allerwelts-CD BORN INTO<br />
THIS (2007) noch einmal die Stilmittel aus<br />
den verschiedenen Erfolgsphasen aufkochen<br />
möchte. Spätestens bei “Lucifer” wird diese<br />
Vermutung zur Gewissheit, denn dieser Song<br />
hätte auch gut auf das Alternative-Album<br />
THE CULT von 1994 gepasst. Prinzipiell ist<br />
diese Vorgehensweise keine schlechte. Vor<br />
allem, wenn das Material stimmt. Und das tut<br />
es bei genannten Stücken unbedingt. Allerdings<br />
findet sich auf CHOISE OF WEAPON<br />
auch Durchschnittliches, was bei The Cult<br />
aber immer noch von äußerst hohem Niveau<br />
ist, weshalb man sich das neunte Studio-Album<br />
in der nunmehr 30-jährigen Geschichte<br />
der Band mit viel Genuss reinziehen kann.<br />
(Cooking Vinyl/Indigo, 2012,<br />
10/41:43) jub<br />
THE PRIMITIVES<br />
ECHOES & RHYMES<br />
Wer ruft da „Die britischen Indie-Blondie”?!<br />
Jedenfalls ist der muntere Haufen um die<br />
australische Sängerin Tracy Tracy zurück,<br />
und auch Paul „PJ” Court greift wieder in die<br />
Saiten. Die Idee, ein Album lang nur obs kure<br />
Girl-Groups der 60er <strong>Jahre</strong> zu covern, ist so<br />
spannend wie spaßig. Wer erinnert sich schon<br />
noch an Reparata & The Delrons? Hier wird<br />
(leider) nicht “Captain Of Your Ship” adrenalisiert,<br />
sondern “Panic”. “Move It On Over” von<br />
LeGrand Melon hat Chartpotenzial. Das Primitives-Quartett<br />
eskaliert Jackie De Shannons<br />
“Till You Say You’ll Be Mine” zu ungeheurer<br />
Power, ohne dessen Ohrwurmqualitäten zu<br />
verdecken. “The Witch” ist nicht das Rattles-<br />
Ding, sondern psychedelisch Angereichertes<br />
vom deutschen Schlager-Trash-Duo Adam &<br />
Eve. Shocking Blue kommen mit “Time Slips<br />
Seite 40 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
Away” zu Ehren, Dana Gillespie mit<br />
“Where Will You Be” von ihren FOO-<br />
LISH SEASONS. Als Favorit könnte<br />
sich Sandy Poseys “Single Girl” erweisen,<br />
einziger Hit dieser Sammlung.<br />
(No O<strong>the</strong>r, 2012, 14/35:53) utw<br />
OMEGA<br />
GREATEST<br />
PERFORMANCES<br />
Wie feiert man ein <strong>50</strong>. Jubiläum? Man<br />
kann es vom Alterssitz aus mit dem<br />
Fernglas beobachten, wie es die S<strong>to</strong>nes<br />
gerade tun. Es gibt aber auch die Möglichkeit,<br />
noch einmal ordentlich auf<br />
den Putz zu hauen, um zu zeigen, dass<br />
man noch gut im Saft steht. Omega,<br />
Ungarns Top-Act in Sachen Rockmusik,<br />
haben sich für die zweite Variante<br />
entschieden und tun gut daran. Pünktlich<br />
zu ihrer Rhapsody-Tour durch<br />
ihre Heimat und Deutschland ist eine<br />
Doppel-CD erschienen, die unter dem<br />
Titel GREATEST PERFORMANCES<br />
bedeutende Livedokumente der <strong>Jahre</strong><br />
zwischen 1990 und 2000 vereint. Das<br />
ist insofern eine hübsche Angelegenheit,<br />
als dass Omega auf der Bühne<br />
während ihrer gesamten Karriere Maßgebliches<br />
leisteten. Egal, welche Phase<br />
die Band durchlebte – Beat, Heavy<br />
Rock, Space-Rock oder Electronic –,<br />
live gab es immer die volle Packung,<br />
sowohl akustisch als auch visuell.<br />
In den berücksichtigten zehn <strong>Jahre</strong>n<br />
setzte das Quartett mit gigantischen<br />
Stadionkonzerten noch eins drauf.<br />
Nun ist auf der Doppel-CD logischerweise<br />
nicht viel zu sehen, wie sich das<br />
Quartett allerdings durch sämtliche<br />
Perioden ihres Schaffen spielt, ist beeindruckend.<br />
(Megamultimedia Kft./edel, 2012,<br />
14/59:42, 12/58:31) jub<br />
ACCEPT<br />
STALINGRAD<br />
D i e s e s<br />
Comeback<br />
hätte<br />
den<br />
Teu<strong>to</strong>nen-<br />
Metallern<br />
von<br />
Accept<br />
vor<br />
zwei<br />
<strong>Jahre</strong>n Jh kaum einer zugetraut, ehe sie<br />
BLOOD OF THE NATIONS vorlegten.<br />
Ebenso wenig, dass sie mit<br />
STALINGRAD noch eins würden<br />
draufsetzen können. Nochmals muss<br />
man den beiden Masterminds Wolf<br />
Hoffmann (g) und Peter Baltes (b)<br />
zur Verpflichtung von Sänger Mark<br />
Tornillo gratulieren, der manche nur<br />
knapp überdurchschnittliche Nummer<br />
mit seiner flexiblen Röhre herausreißt.<br />
Was allerdings nicht oft nötig ist, denn<br />
die meisten der mit Double-Bassdrum<br />
befeuerten Songs gehen ab wie Luzy.<br />
Beinharte Riffs werden in Verbindung<br />
mit beachtlichen Melodien dargeboten,<br />
dazu kommen neben Tornillos expressiver<br />
Stimme eingängige Chöre, die die<br />
Refrains tragen. Da klingt nichts routiniert<br />
ausgelutscht, sondern knackig<br />
und frisch, ohne echte Schwachstellen.<br />
(Nuclear Blast/Warner, 2012,<br />
10/51:41) pro<br />
HUMBLE PIE<br />
ON TO VICTORY/GO FOR<br />
THE THROAT + LIVE 1981<br />
Clem Clempson<br />
entschied<br />
sich<br />
1979 für Jack<br />
Bruce,<br />
Greg<br />
Ridley für die<br />
Gattin zu Hause.<br />
Die Ur-Humble-<br />
Pie-Piloten Pil Steve Marriott und Jerry<br />
Shirley holten sich mit Jeff Becks Ex-<br />
Sänger Bobby Tench und Bassist Anthony<br />
Jones zwei starke Afro-Boys und<br />
landeten mit “Fool For A Pretty Face”<br />
gleich einen Single-Erfolg, die folgende<br />
LP ON TO VICTORY enthielt<br />
Rockzunder (“Infatuation”), Funk im<br />
genialen Marriott-Tench-Duett “Savin’<br />
It”, die Soulballade “My Lover’s Prayer”<br />
und der Neville-Bro<strong>the</strong>rs-Oldie<br />
“Over You”. GO FOR THE THROAT<br />
war 1981 noch stärker: “Tin Soldier”-<br />
Remake, das emotional geladene John-<br />
Lennon-Tribute “Teenage Anxiety”,<br />
mehr Soul und elektrisierende Rocknummern,<br />
die SMOKIN’ alle Ehre<br />
gemacht hätten, ganz besonders “Keep<br />
It On An Island” und der Titeltrack.<br />
Leider fiel eine zugehörige Tournee<br />
Marriotts blutendem Magengeschwür<br />
zum Opfer, Album und Band gingen<br />
unter. Die Fans bekommen aber mit<br />
31 <strong>Jahre</strong>n Verspätung ein starkes Club-<br />
Live-Album – siehe auch unter Vinyl!<br />
(Deadline <strong>Music</strong>/H’Art,<br />
1980/1981/2012, 19/73:49,<br />
8/47:23) utw<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
JOHN CALE CONFLICT &<br />
CATALYSIS – PRODUC-<br />
TIONS & ARRANGEMENTS<br />
1966–2006<br />
Sein alter Weggefährte bei Velvet Underground<br />
und Hass-Freund Lou Reed<br />
hält John Cale für einen „Beethoven unserer<br />
Tage”, weil er ein immenses musikalisches<br />
Wissen hat und „als Waliser<br />
natürlich ein bisschen verrückt ist”. Das<br />
kommt der Wahrheit zumindest sehr<br />
nahe, wofür der vorliegende Sampler 20<br />
Beweise liefert. Enthalten sind Kostproben<br />
von Cales Produktionskünsten für<br />
berühmte Interpreten wie The S<strong>to</strong>oges,<br />
Nico, Patti Smith, Jonathan Richman,<br />
Squeeze, The Happy Mondays, Alejandro<br />
Escovedo und Siouxsie & The<br />
Banshees, aber auch Arbeiten für weit<br />
weniger geläufige Interpreten wie Harry<br />
Toledo, Ventila<strong>to</strong>r, The Necessaires,<br />
Goya Dress oder die Mediaeval Baebes.<br />
Der Meister selbst ist mit Velvet Underground<br />
sowie dem Duo Eno/Cale vertreten.<br />
Ausgebreitet wird ein irres Stilspektrum<br />
von Garagen- & Punk-Rock<br />
über relativ normal klingenden zügigen<br />
Power-Pop bis zu allen möglichen<br />
Spielarten des avantgardistischen Pop-<br />
Rocks zwischen kristallener Zerbrechlichkeit<br />
und Opulenz. Selbst an Disco-<br />
<strong>Music</strong> wagte Cale sich mit Erfolg heran,<br />
und einiges ist auch im stilistischen<br />
Niemandsland zu Hause. Alle Beispiele<br />
sind akribisch ausgewählt worden, was<br />
zu einem hoch spannenden Sampler<br />
führt, der einem Genie huldigt, dessen<br />
Rock<br />
musikalischer Intelligenzquotient jenseits<br />
der 140 liegen muss …<br />
(Big Beat/Soulfood, 2012,<br />
20/77:14) hjg<br />
DAVE BALL<br />
DON‘T FORGET YOUR<br />
ALLIGATOR<br />
Die Nachfolge Robin Trowers bei Procol<br />
Harum anzutreten, das war schon<br />
was Anfang der 70er <strong>Jahre</strong>: Nur dass<br />
Ball kurz nach dem Live-Album LIVE,<br />
THE CONCERT WITH THE ED-<br />
MONTON SYMPHONY ORCHES-<br />
TRA schon wieder draußen war; bei<br />
GRAND HOTEL haute es irgendwie<br />
nicht hin. Vier Jahrzehnte später liegt<br />
nun ein Studio-Album vor, das in jahrelanger<br />
Kleinarbeit auf drei Kontinenten<br />
zwischen Darmstadt und Sydney entstand<br />
– eine liebevolle Hommage an<br />
verschiedene Facetten der 60er <strong>Jahre</strong>:<br />
Mal frönt Ball alten Swingtraditionen<br />
zwischen der New Vaudeville Band und<br />
den „Sunny Afternoon”-Kinks, etwa bei<br />
“Old Aunties And Uncles”, dann gibt es<br />
leicht angestaubten Rockabilly in “Geriatric<br />
Slumbers” – wobei die Songtitel<br />
mit Recht humorvolle Texte erwarten<br />
lassen. Straighte Rocknummern wie der<br />
Opener “Code Blue” oder “Who Really<br />
Cares” mit Mike Brosnans Cello zeigen<br />
aber auch, warum Ball für Procol einst<br />
der Richtige war: Gitarrenarbeit meisterhaft,<br />
Gesang zumindest emotional<br />
glaubwürdig und engagiert. Ein Gemischtwarenpaket,<br />
das Spaß macht.<br />
(Angel Air/Fenn, 2012, 14/41:12 ) utw<br />
LOVING THE SUN<br />
THE PATH OF LOVE<br />
Fast anderthalb<br />
<strong>Jahre</strong> nach dem<br />
letzten<br />
Album<br />
BEHIND THE<br />
RAINBOW zeigen<br />
Loving The<br />
Sun auch mit<br />
ihrem neuen Werk, dass seelenvolle<br />
Rockmusik nicht nur in den amerikanischen<br />
Metropolen gedeiht, sondern<br />
auch im westfälischen Müns ter. Mit<br />
klasse Frauenstimmen – neben der<br />
letztjährigen Entdeckung Alev Cetinyilmaz<br />
sind auch die langjährigen<br />
Vokalistinnen Christina Pollmann und<br />
Andrea Heukamp sowie Juliane Büker<br />
und Mary Craven mit dabei – hat<br />
Mastermind Joe Weninghoff den Pop-<br />
Anteil von THE PATH OF LOVE um<br />
einiges erhöht, ohne dass dafür die progressive<br />
Grundstimmung der Musik<br />
verlorenging. Sphärisch, rockig und<br />
mit einer ganz eigenen Note entstand<br />
so ein gefühlvoll tranciges Album zum<br />
Relaxen, Zuhören und Träumen.<br />
(Tribal S<strong>to</strong>mp/Cargo, 2011,<br />
11/67:12) tk<br />
SINWELL<br />
II + TRUE SENSE<br />
Das wohl bekannteste Mitglied des seit<br />
2000 rollenden fränkischen Rockvierers<br />
ist Tommy Resch, der schon für Talon<br />
und Sinner trommelte. Neben ihm<br />
aktiv sind Sänger Joschi Hensel, Gitarrist<br />
Benno Baum und Bassist Dierk von<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 41
CD<br />
REVIEWS<br />
Tesmar. Auf ihrem sinnfällig II benannten<br />
Zweitling (Untertitel: „One And One – All<br />
For One”) stimmt die Band durchaus variantenreichen,<br />
harten Melodic Rock an, dem<br />
sie allerhand Metal-Härte einverleibt hat, der<br />
stellenweise auch als Power-Metal durchgeht.<br />
Über weite Strecken ist die Truppe flott<br />
und gehörgängig unterwegs, hat aber auch<br />
ein paar unglückliche sperrige Momente eingebaut.<br />
Insgesamt jedoch recht solide. Und<br />
vom neuen Label 7Hard wird zu II gleich<br />
auch noch mal das 2007er Debüt TRUE<br />
SENSE mitgeliefert, das ebenfalls schon neben<br />
dem Genre-Mainstream herschwamm.<br />
(7Hard/New <strong>Music</strong>, 2012 + 2007,<br />
11/45:43 + 12/52:11) pro<br />
JANIS JOPLIN<br />
THE PEARL SESSIONS<br />
Die<br />
Aufnahmen<br />
an ihrem meistverkauften<br />
Album hatte<br />
Ausnahmeröhre<br />
Janis Joplin noch<br />
kurz vor ihrem Tod<br />
abgeschlossen, erschienen<br />
ist itPEARL mit dem Dauerbrenner<br />
“Mercedes Benz” sowie Kris Kris<strong>to</strong>ffersons<br />
“Me And Bobby McGee” und weiteren<br />
Klassikern (“Move Over”, “Buried Alive<br />
In The Blues”) knapp fünf Monate nach<br />
ihrem Ableben am 4.10.1970. Noch heute<br />
begeistern die Intensität ihrer Stimme,<br />
aber auch das Gitarrenspiel Sam Andrews<br />
und James Gurleys. Und die von Originalproduzent<br />
Paul Rothschild betreuten THE<br />
PEARL SESSIONS verdienen die Bezeichnung<br />
Deluxe: Erstmals gibt es die Singles<br />
im Originalmono auf CD. Und der randvoll<br />
gepackte zweite Silberling beschert größtenteils<br />
unveröffentlichte Outtakes, Alternativversionen<br />
(instrumental wie a-capella) en<br />
masse, wozu ein sattes 24-Seiten-Booklet<br />
kommt. Klasse gemacht!<br />
(Legacy/Sony <strong>Music</strong>, 1971, 16/58:34,<br />
20:75:19) pro<br />
SAXON<br />
THE CARRERE YEARS<br />
1979–1984<br />
Musikalischer Geschichtsunterricht in Sachen<br />
New Wave Of British Heavy Metal<br />
auf vier CDs: Die Werkschau der frühen Saxon-<strong>Jahre</strong><br />
macht deutlich, warum die Band<br />
um Sänger Biff Byford in vorderster Front<br />
dieser damals neuen Stilrichtung spielte<br />
und neben Iron Maiden und Judas Priest<br />
zu deren Bannerträgern gehört: Wie kaum<br />
eine andere Truppe dieser Metal-Spielart<br />
vereinten Saxon schon ab dem selbst betitelten<br />
Debüt (1979) eingängige Melodien<br />
mit knackigen Gitarrenriffs und bockelharter<br />
Rhythmusarbeit. Und ab WHEELS<br />
OF STEEL (1980) boten Bifford, die Gitarristen<br />
Graham Oliver und Paul Quinn,<br />
Bassist Steve Dawson und Pete Gill (dr,<br />
ab 1982 Nigel Glockler) Evergreens wie<br />
den Titelsong oder “747 (Strangers In The<br />
Night)”, beim Nachfolger STRONG ARM<br />
OF THE LAW (1980) waren es ebenfalls<br />
das Titelstück, dazu “Heavy Metal Thunder”<br />
und “Dallas 1 PM”. Auf DENIM AND<br />
LEATHER (1981) glänzten “Princess Of<br />
The Night” und “The Bands Played On”,<br />
das erste Live-Opus THE EAG LE HAS<br />
LANDED (1982) demonstrierte die Livestärke<br />
und Begeisterungsfähigkeit der<br />
Band. POWER & THE GLORY (1983) und<br />
im Jahr darauf CRUSADER hielten das Niveau<br />
nicht mehr ganz, waren bei aller kommerzielleren<br />
Ausrichtung aber immer noch<br />
überdurchschnittlich. Beim 4-CD-Box-Re-<br />
Relase überzeugen das Booklet (Interviews<br />
mit Bifford, Oliver und Dawson zu jeder<br />
Scheibe), das Remastering und die Ergänzung<br />
um Bonus-Tracks (live, B-Seiten);<br />
etwas unglücklich: die Stückelung von PO-<br />
WER ... über zwei Silberlinge.<br />
(EMI, 2012, 19/76:56, 18/79:56,<br />
15:69:59, 16/66:47) pro<br />
SIGGI SCHWARZ<br />
NEW LOVE SONGS<br />
Wer die Aktivitäten des schwäbischen Gitarristen<br />
Siggi Schwarz in den letzten <strong>Jahre</strong>n<br />
verfolgt hat, dürfte von seiner neuen<br />
CD überrascht sein: Musikalisch geht es<br />
diesmal nicht um Blues (oder Genre-Verwandtes),<br />
vielmehr bewegt er sich schwerpunktmäßig<br />
in Rock-Pop-Gefilden. Hatte er<br />
in der Vergangenheit vor allem mit Cover-<br />
Projekten überzeugt, so demonstriert er<br />
diesmal seine Fähigkeiten als Songschmied,<br />
und die sind beachtlich! Er hat für die Aufnahmen<br />
der durch die Bank eingängigen<br />
Nummern seinen Kumpel Geoff Whitehorn<br />
ins Studio geholt, präsentiert mit Ralf Damrath<br />
eine Vokalistenentdeckung und agiert<br />
gewohnt songdienlich auf seiner Gitarre. In<br />
den Texten dreht sich viel um Beziehungen<br />
– der Titel NEW LOVE SONGS passt wie<br />
die Faust aufs Auge, taucht das Wörtchen<br />
Liebe doch in vielen Songtiteln auf. Fazit:<br />
Schwarz steht auch eigenen Songwriterbeinen<br />
sehr fest und solide.<br />
(Membran/Sony <strong>Music</strong>, 2012,<br />
14/56:44) pro<br />
SUPERCHARGE<br />
GET UP AND DANCE – ZOUNDS<br />
BEST<br />
Albie Donnellys Supercharge<br />
gehörten<br />
seit vielen <strong>Jahre</strong>n zu<br />
den heißesten Live-<br />
Acts. Auf der Bühne<br />
läuft die Band stets<br />
zu großer Form auf,<br />
was in dieser Intensität leider nie ganz in<br />
Studio-Aufnahmen eingefangen werden<br />
konnte. Was natürlich nicht heißt, dass die<br />
seit 1974 veröffentlichten Platten schlecht<br />
wären. Ende der 70er <strong>Jahre</strong> war die Band<br />
bei Virgin unter Vertrag und wurde dort<br />
vom ebenfalls aufstrebenden Mutt Lange<br />
produziert, der auch selbst diverse Kompositionen<br />
beisteuerte. Verheißungsvoll<br />
startete man mit dem Song “Get Up And<br />
Dance”, der 1977 in Langes Heimat Australien<br />
bis auf Platz 3 der Charts kletterte.<br />
Diese größeren Charterfolge konnten nicht<br />
mehr wiederholt werden. Teilweise wurde<br />
der mitreißende Rhythm & Blues-Sound,<br />
angereichert mit Swing, Soul und rockigen<br />
Blueselementen, später zu stark kommerziell<br />
geglättet, als man sich an den seinerzeit<br />
angesagten Disco-Sound anhängen wollte.<br />
Donnelly erkannte diese Irrwege und besann<br />
sich auf die Livestärken seiner Band.<br />
So <strong>to</strong>urt Supercharge, heute mit deutschen<br />
Musikern und dem formidablen Gitarristen<br />
Roy Herring<strong>to</strong>n im Line-Up, immer noch<br />
regelmäßig durch die Lande. Die randvolle<br />
CD, von Donnelly selbst zusammengestellt,<br />
und das umfangreiche Booklet lassen<br />
einen in die Bandgeschichte eintauchen.<br />
(Zounds, 2012, 19/78:43)<br />
rg<br />
ALL-STAR TRIBUTE TO<br />
LED ZEPPELIN<br />
NO QUARTER<br />
Cover-Versionen von<br />
Songs<br />
großartiger<br />
Bands sind eine heikle<br />
Geschichte, geraten<br />
sie doch ziemlich<br />
schnell in die Gefahr,<br />
mit den Originalen<br />
verglichen zu werden, und da fällt der<br />
Vergleich meist zu Ungunsten der Neuaufnahmen<br />
aus. Das Ganze als ein Tribut an<br />
seine Idole zu deklarieren, ist eine ganz andere<br />
Nummer, denn dann geht es weniger<br />
darum, irgendjemanden zu übertrumpfen,<br />
dann verbeugt man sich sozusagen vor<br />
seinen Vorbildern. Mit diesem Ansatz geht<br />
auch die All-Star-Truppe mit dem Album<br />
NO QUARTER an die Arbeit. Steve Morse,<br />
Joe Lynn Turner, Steve Luka<strong>the</strong>r, Dweezil<br />
Zappa, Walter Trout, Pat Travers, Kelly<br />
Hansen, Rick Derringer, Brian Robertson<br />
und Jack Russell heißen die bekanntesten<br />
Musiker dieses Projektes, die Led Zeppelin<br />
mit Songs wie “Good Times, Bad Times”,<br />
“Dazed And Confused”, “Whole Lotta<br />
Love” und natürlich “Stairway To Heaven”<br />
die (Blues-Rock-)Ehre erweisen.<br />
(Mausoleum Records/H’Art, 2012,<br />
18/76:10) us<br />
77 BOMBAY STREET<br />
UP IN THE SKY<br />
77 Bombay Street ist keine Combo aus<br />
Indien, sondern besteht aus vier Brüdern<br />
namens Buchli aus dem Schweizer Kan<strong>to</strong>n<br />
Graubünden, die sich nach einer Straße im<br />
australischen Adelaide benannt haben, wo<br />
sie einige <strong>Jahre</strong> lebten. Herzerfrischend<br />
unbefangen und unaufgesetzt legt die seit<br />
2007 aktive Combo auf ihrem Debütalbum<br />
los, demonstriert viel Gefühl für Melodien<br />
und bewegt sich dabei im Grenzgebiet zwischen<br />
Country(-Pop) und locker-flockigem<br />
Folk-Rock. Ein kleines, wohl auf Unerfahrenheit<br />
beruhendes Manko deutet sich<br />
an, ist aber beim nächsten Mal abstellbar:<br />
Die Songs sind auf Dauer zu ähnlich, die<br />
Schreib/Arrangementformel sollte öfter<br />
mal wechseln. Ansonsten ist das Potenzial,<br />
das in diesem selbst schreibenden<br />
Brüderverband steckt, unüberhörbar und<br />
verspricht für die Zukunft noch einiges<br />
Hörvergnügen.<br />
(Embassy Of <strong>Music</strong>, 2012, 12/44:40) pro<br />
ANATHEMA<br />
WEATHER SYSTEMS<br />
Die Ursprünge von Ana<strong>the</strong>ma liegen im<br />
Doom- oder Gothic-Metal, zwei Stile, die<br />
nichts mehr mit der Musik von WEATHER<br />
SYSTEMS zu tun haben. Auch der progressive<br />
Touch, den Porcupine-Tree-Chef<br />
und Produzent Steven Wilson ihrem 2010er<br />
Album WE’RE HERE BECAUSE WE’RE<br />
HERE verpasst hatte (und der ihnen unwahrscheinlich<br />
gut zu Gesicht stand!), ist<br />
beim aktuellen Werk kaum noch zu hören.<br />
Vielmehr scheinen Ana<strong>the</strong>ma nun eine<br />
ganz eigene Ausdrucksart gefunden zu<br />
haben, die den üblichen Stilgrenzen nicht<br />
gehorcht. Sie spielen mit Gegensätzen wie<br />
Rock<br />
Licht und Schatten, Geburt und Tod, Liebe<br />
und Angst. Leadgitarrist und Songschreiber<br />
Daniel Cavanagh ist sich sicher, dass das<br />
Album die Erwartungen übertreffen wird:<br />
„Die Musik wurde geschrieben, um den<br />
Hörer tief zu bewegen, ihn zu erheben und<br />
zu den kältesten Tiefen der Seele zu bringen”.<br />
Let’s go!<br />
(Kscope/edel, 2012, 9/55:<strong>50</strong>) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
BURG HERZBERG FESTIVAL –<br />
AT THE FESTIVAL<br />
Eine Reise von Space-Rock zu handfestem<br />
Rock’n’Roll kann man mit der aktuellen<br />
Live-Zusammenstellung des Burg-Herzberg-Festivals<br />
unternehmen. Fast alle Konzertmitschnitte<br />
stammen aus dem letzten<br />
Jahr, vereinzelt geht es zurück bis 2005.<br />
Mit den sphärischen Klängen von Eloy<br />
wird die Reise eröffnet, Hidria Spacefolk,<br />
die Songs von Weltraum und Der Tiefe<br />
Raum bleiben stilistisch eng beieinander.<br />
Mit einem wild trommelnden “Who Do<br />
You Love” lässt dann die Freak City Band<br />
den Fokus in Richtung Blues-Rock wandern,<br />
die Hamburg Blues Band (mit Chris<br />
Farlowe und Mike Harrison) hält, was ihr<br />
Name verspricht, bevor Ti<strong>to</strong> & Tarantula<br />
ein berauschendes “After Dark” darbieten.<br />
Nach einem kurzen Vibravoid-Zwischenspiel<br />
ist es den Strassenjungs vorbehalten,<br />
mit “Spießer” und “Immer weiter gehen”<br />
diese Live-Rückschau (und zugleich natürlich<br />
Appetitmacher auf das diesjährige<br />
Festival!) zu beenden.<br />
(Herzberg Verlag/Rough Trade, 2012,<br />
10/62:15) us<br />
WARREN HAYNES BAND<br />
LIVE AT THE MODDY THEATRE<br />
Das ist zweieinhalbstündige<br />
Vollbedienung,<br />
die Warren<br />
Haynes<br />
(Allman<br />
Bro<strong>the</strong>rs,<br />
Gov’t<br />
Mule) auf LIVE AT<br />
THE MOODY THE-<br />
ATER(in Austin, Texas) bietet: zwei CDs<br />
+ DVD, mit Jam- und Südstaaten-Rock<br />
samt R&B- und Reggae-Elementen vom<br />
Feinsten. Haynes spielte sein letztes Album<br />
MAN IN MOTION fast komplett, dazu<br />
Cover-Versionen von Hendrix, Steely Dan<br />
(13 Minuten “Pretzel Logic”!), Booker T.<br />
und Sam Cooke. Die Glanzlichter neben<br />
Haynes’ Gitarre setzte Ron Holloway (+<br />
Grooveline Horns) auf seinem Saxofon – es<br />
sind weniger die ja recht inspirierten Soli,<br />
sondern vielmehr das Zusammenspiel von<br />
Gitarre, Gebläse und Hammond, die sich<br />
teilweise regelrecht hochschaukeln. Mit<br />
dabei war neben der festen Band des musikalischen<br />
Workaholics übrigens auch Ian<br />
McLagan. Und: Der Unterschied zwischen<br />
Bühne und Studio wird wieder mal drastisch<br />
vor Augen (genauer: Ohren) geführt.<br />
(Provogue/Rough Trade, 2012, 9/79:25,<br />
10/78:47) pro<br />
IT BITES<br />
MAP OF THE PAST<br />
Die Anfang der 80er <strong>Jahre</strong> gestartete englische<br />
Neo-Prog-Band veröffentlicht ihr<br />
fünftes Studio-Album. Zwischen 1986<br />
und 1989 erschienen drei Alben, erst nach<br />
langer Pause legte die Band 2008 dann<br />
Seite 42 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
mit dem neuen Gitarristen/Sänger John<br />
Mitchell nach, den Keyboarder John Beck<br />
bei der gemeinsamen Arbeit in der Band<br />
Kino schätzen gelernt hatte. Die aktuelle<br />
Platte bietet einen ansprechenden Mix<br />
aus AOR und Prog-Zutaten, mit flächigen<br />
Keys, rockigen Gitarrensoli und soliden<br />
Drums. Die Songs gehen gut ins Ohr, es<br />
fehlen allerdings die Überraschungsmomente<br />
– hier wäre bei etwas weniger Sicherheitsdenken<br />
mehr möglich gewesen.<br />
(Inside Out/EMI, 2012, 11/52:40) rg<br />
CACTUS<br />
DO NOT KICK AGAINST THE<br />
PRICKS<br />
Eigentlich wollten<br />
Carmine<br />
Appice<br />
(dr) und Tim<br />
Bogert (b), die<br />
Rhythmussektion<br />
von Vanilla Fudge,<br />
1969 ihre neue<br />
Band mit dem Gitarristen i t Jeff Beck und<br />
dem Sänger Rod Stewart vervollständigen.<br />
Doch nachdem Beck durch seinen schweren<br />
Au<strong>to</strong>unfall ein Jahr lang außer Gefecht<br />
war und Rod Stewart seinem Kumpel<br />
Ronnie Wood zu den Faces folgte, wurden<br />
Jim McCarty (g) und Rusty Day (voc,<br />
har) verpflichtet. Drei Alben lang spielten<br />
sie in dieser Besetzung harten, Boogie-getriebenen<br />
Blues-Rock, bevor dann Anfang<br />
der 70er nach Besetzungswechseln und<br />
einer kurz bestehenden New Cactus Band<br />
das Ende der Band erreicht war. Wie aus<br />
dem Nichts tauchten Cactus dann 2006 fast<br />
wieder in Originalbesetzung auf, Savoy-<br />
Brown-Sänger Jimmy Kunes übernahm<br />
den Job am Mikrofon. Die Doppel-CD<br />
DO NOT KICK AGAINST THE PRICKS<br />
zeigt die Blues-Rocker so, wie sie am besten<br />
sind, live bei einem Konzert im New<br />
Yorker B.B. King’s Club mitgeschnitten.<br />
Natürlich spielen sie ihre erfolgreichsten<br />
Songs wie “Parchman Farm”, “Evil” oder<br />
“One Way Or Ano<strong>the</strong>r”, verzichten aber<br />
auch nicht auf neues Material ihres 2006er<br />
Albums CACTUS V.<br />
(Rokarola Records/H’Art, 2012, 7/53:39,<br />
5/40:20) tk<br />
NEIL TAYLOR<br />
CHASING BUTTERFLIES<br />
Nur wenige Monate nach seinem Solodebüt<br />
hat Neil Taylor ein zweites Werk am<br />
Start. Einige Songs des Erstlings tauchen<br />
darauf erneut auf – und überraschen angenehm.<br />
Der langjährige Gitarrist an der<br />
Seite von Robbie Williams (und bei Tears<br />
For Fears Aktive) hat sie neu arrangiert<br />
und mit der Akustikgitarre nochmals in<br />
überaus ansprechender Form eingespielt.<br />
Nicht solo, sondern meist mit kleiner<br />
Band im Rücken – und dabei demonstriert<br />
er, dass man auch mit der Akustikklampfe<br />
satt rocken kann, dazu nicht immer<br />
elektrisch auftrumpfen muss. Abwechslungsreich<br />
zeigt Taylor allerlei stilistische<br />
Facetten: Er kann’s rockig, folkig, poppig<br />
(öfter Beatles-inspiriert), aber auch mit<br />
Latin-Einschlag, dezent bluesig. Am beeindruckendsten<br />
aber ist Taylors filigrane,<br />
inspirierte und in den Dienst der Songs<br />
gestellte Gitarrenarbeit.<br />
(Hypertension/Soulfood, 2012,<br />
11/43:30) pro<br />
GREAT WHITE<br />
ELATION<br />
Zu den Originalmitgliedern Mark Kendall<br />
(g), Michael Lardie (g, keys) und Audie<br />
Desbrow (dr) haben sich für ELATION<br />
Sänger Terry Ilous und Bassist Scott Snyder<br />
dazugesellt, gemeinsam vollzogen sie<br />
die x-te Häutung von Great White. Drummer<br />
Desbrow wollte sogar soweit gehen,<br />
das Album „Tabula Rasa” zu nennen, der<br />
Rest meinte dann ELATION (dt: Hochstimmung,<br />
Euphorie) passe besser. Woher<br />
genau diese Hochstimmung kommt, kann<br />
Mark Kendall auch nicht exakt erklären,<br />
kann sich aber nicht daran erinnern, dass<br />
die Studio-Arbeit jemals so aufregend und<br />
fruchtbar gewesen wäre. Die Bandsicht auf<br />
ein neues Werk ist ja immer das eine, die<br />
Meinung des Publikums das andere. Hier<br />
erst beweist sich die Klasse eines Albums,<br />
und da darf man der Band Recht geben,<br />
so gut war schon lange kein neues Great-<br />
White-Album mehr.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 12/59:17) tk<br />
EPITAPH<br />
DANGER MAN<br />
Nach einigen Verwerfungen<br />
rauften<br />
sich Cliff Jackson (g,<br />
voc), Klaus Walz (g,<br />
voc), Bernd Kolbe<br />
(b, voc) und Norbert<br />
Lehmann (dr,<br />
voc) Anfang der 80er <strong>Jahre</strong> zusammen,<br />
um wieder gemeinsam als Epitaph aufzutreten.<br />
Ein kleines Label namens Rockport<br />
Records gab ihnen einen Plattenvertrag,<br />
was für eine Nicht-NDW-Band in den damaligen<br />
Zeiten, als Nena, Extrabreit & Co<br />
die Verkaufs charts regierten, alles andere<br />
als eine Selbstverständlichkeit war. Natürlich<br />
versuchte die Plattenfirma, auf die Produktion<br />
Einfluss zu nehmen, was ihr auch<br />
gelang, so wurden für DANGER MAN alle<br />
Krautrock-Überbleibsel eliminiert, gab es<br />
stattdessen handfesten Rock in US-Manier<br />
zu hören. Zwei höchst unterschiedliche<br />
Bonus-Tracks sind neu dazugekommen,<br />
mit “Good Times” (The Easybeats) aus dem<br />
Jahr 1983 die einzige Cover-Version, die<br />
Epitaph je aufgenommen haben, mit “Ain’t<br />
No Liar” ein Livemitschnitt aus dem November<br />
2011.<br />
(MiG/Intergroove, 1982, 10/42:19) tk<br />
Rock<br />
JACK WHITE<br />
BLUNDERBUSS<br />
Seinen speziellen Humor beweist Jack<br />
White gleich zu Beginn seines neuen Albums:<br />
“Missing Pieces” eröffnet mit ein<br />
paar Sekunden (Ge)Orgel, bevor dann<br />
Jack Whites charakteristisches Gitarrenspiel<br />
die Führung übernimmt. Diese kleine<br />
Anekdote ist charakteristisch für BLUN-<br />
DERBUSS, nach der Auflösung der White<br />
Stripes, nach seinen letzten Alben mit den<br />
Raconteurs oder Dead Wea<strong>the</strong>r (bei denen<br />
er im Bandgefüge agieren musste) wurde<br />
es wieder höchste Zeit für ein Solowerk.<br />
Dabei hat er das Heft des Handelns fest<br />
in die eigenen Hände genommen, hat alle<br />
Songs selbst verfasst und die komplette<br />
Musik alleine aufgenommen. Und hat es<br />
dennoch (oder gerade deshalb?) geschafft,<br />
über den Tellerrand hinauszuschauen,<br />
manchmal wird es gar sanft oder experimentell,<br />
lässt er ein Banjo für Country-<br />
Feeling sorgen, reichen Piano und seine<br />
(allerdings verfremdete) Stimme für eine<br />
Ballade. Hmmh, sollte die Orgel zu Beginn<br />
also dann doch ernstgemeint sein?<br />
Man wird sehen ...<br />
(Beggars Group/Indigo, 2012,<br />
13/42:32) us<br />
JOEY RAMONE<br />
... YA KNOW?<br />
Egal, wie man zu den<br />
Ramone(s)-Resteverwertungen<br />
steht,<br />
ob man es Leichenfledderei<br />
nennt oder<br />
der Plattenfirma vorwirft,<br />
mit dem Erbe<br />
des Punk-Heldens Hld nur Kohle machen zu<br />
wollen – letztendlich geht es doch „nur”<br />
um Musik. Also darum, ob man die Songs<br />
hören möchte, an denen Joey die letzten<br />
<strong>Jahre</strong> vor seinem Tod im Jahr 2001 gearbeitet<br />
hat. Dabei sind die Instrumentalspuren<br />
neu eingespielt worden, ein wahres Who<br />
is who der Rockszene wurde dabei ausgewählt:<br />
Joan Jett, Little Steven Van Zandt,<br />
Cheap Tricks Bun E. Carlos, Dennis Diken<br />
von den Smi<strong>the</strong>reens, Lanny Kaye (der Gitarrist<br />
der Patti Smith Group), Punkveteran<br />
Holly Beth Vincent sowie der ehemalige<br />
Schlagzeuger der Ramones, Richie Ramone.<br />
Die stilistische Vielfalt von ... YA<br />
KNOW? ist auf alle Fälle überraschend:<br />
geradliniger Rock’n’Roll, verspielt flotter<br />
Power-Pop oder eine bittersüße Akustikballade<br />
– Joey Ramone zeigt noch einmal<br />
seine ganze Bandbreite.<br />
(Mutated <strong>Music</strong>/BMG, 2012, 15/52:11) us<br />
JIMI HENDRIX EXPE-<br />
RIENCE + MEAT LOAF<br />
+ BILLY JOEL + PETER<br />
MAFFAY<br />
ALL TIME BEST – RECLAM<br />
MUSIK EDITION<br />
Mit diesen vier Neuveröffentlichungen ist die<br />
Gesamtzahl der ALL TIME BEST-CDs im<br />
charakteristischen, gelben Reclam-Outfit auf<br />
16 angewachsen. Warum die Zusammenstellung<br />
der Jimi Hendrix Experience (12/38:41)<br />
als einzige SMASH HITS heißt, muss man<br />
nicht verstehen, dafür gibt es an der Songauswahl<br />
von “Purple Haze” über “Hey Joe”<br />
bis zu “Foxey Lady” nichts auszusetzen. Bei<br />
den Hits von Meat Loaf (10/56:38) schon, da<br />
fehlen nämlich die späten Erfolge, und zwar<br />
die, die Marvin Lee Aday (wie der „Fleischklops”<br />
mit bürgerlichen Namen heißt) für<br />
seine neue Plattenfirma aufgenommen hat.<br />
Daher geht es einmal quer durch die Jim-<br />
Steinman-Phase, von “Bat Out Of Hell”<br />
bis zu “Paradise By The Dashboard Light”.<br />
Auch bei Peter Maffays ALL TIME BEST<br />
(15/66:51) gibt es eine nicht ganz unwichtige<br />
Besonderheit zu beachten, stammen die<br />
Neueinspielungen seiner (bis dahin) größten<br />
Hits aus dem Jahr 2001, entspricht das Album<br />
eins zu eins der damals veröffentlichten<br />
CD HEUTE VOR DREISSIG JAHREN.<br />
Nichts auszusetzen gibt es bei der Rückschau<br />
auf die Karriere von Billy Joel. Hits aus allen<br />
Zeiten, beginnend mit “Tell Her About It”<br />
über “We Didn’t Start The Fire” bis zu “Just<br />
The Way You Are”. “She’s Got A Way” ist<br />
als Liveversion dabei.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 4 CDs) us<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 43<br />
LIVE AT ROCKPALAST<br />
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2 GUITARS, BASS, KEYBOARDS UND CHARLIE’S FIDDLE<br />
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CD<br />
REVIEWS<br />
EUROPE<br />
BAG OF BONES<br />
Hoppla, da warten Joey Tempest (voc), John<br />
Norum (g) & Co. doch tatsächlich mit einer<br />
angenehmen Überraschung auf: BAG OF<br />
BONES, das zweites Europe-Studiowerk<br />
seit der Reunion in der Eighties-Besetzung,<br />
ist eben nicht vom erwarteten, klischeebehafteten<br />
Mainstream à la “Final Countdown”<br />
geprägt, sondern liefert kraftvollen, einfallsreichen<br />
Hard Rock mit reichlich Esprit. Die<br />
Band rockt ganz im Geiste der 70er <strong>Jahre</strong>,<br />
tönt zugleich aber auch nicht altmodisch,<br />
sondern geradezu zeitlos. Orchestrale Töne<br />
verschönern allenfalls mal den Hintergrund,<br />
Ähnliches gilt für die Bombastarrangements.<br />
Sogar ein paar Bluesspritzer sind aus<br />
Norums einfallsreichem Spiel herauszuhören<br />
(ob ihn das Gastspiel Joe Bonamassas<br />
inspirierte?), und Tempest ist als Sänger unüberhörbar<br />
gereift – diese Scheibe macht ganz<br />
einfach Spaß!<br />
(ear<strong>Music</strong>/edel, 2012, 11/41:01) pro<br />
TOMMY BOLIN & FRIENDS<br />
GREAT GYPSY SOUL<br />
Unter anderem mit<br />
Jeff Porcaro hatte der<br />
kurzzeitige<br />
Deep-<br />
Purple-Gitarrist<br />
Tommy Bolin (auch<br />
James Gang) einige<br />
Multitracks<br />
eingespielt,<br />
ilt die allerdings durch seinen frühen<br />
Tod 1976 unvollendet blieben, darunter<br />
Outtakes der Sessions für sein Solowerk<br />
TEASER (1975). Unter Regie von Warren<br />
Haynes und Produzent Greg Hamp<strong>to</strong>n haben<br />
nun Kollegen wie Steve Luka<strong>the</strong>r, Joe<br />
Bonamassa & Glenn Hughes, Peter Framp<strong>to</strong>n,<br />
Derek Trucks, Steve Morse, Brad<br />
Whitford, Nels Cline oder Sonny Landreth<br />
zusätzliche Parts aufgenommen und die<br />
Songs vollendet, um Bolin so zu ehren. Das<br />
Resultat ist überaus abwechslungsreich,<br />
reicht von (funky) Rock bis zu Jazzigem,<br />
von deftigem Riffing bis zu gefühlvollem<br />
Slide (Trucks, Landreth) – und stets ist Bolin<br />
zu hören (sowohl gitarristisch als auch<br />
singend). Anspieltipps: “Smooth Fandango”<br />
(Trucks), “Savannah Woman” (John<br />
Scofield), “Teaser” (Haynes) und ”Lotus”<br />
(Bonamassa/Hughes & Cline). Erinnerungswürdig<br />
und hörenswert.<br />
(ear<strong>Music</strong>/edel, 2012, 11/57:43) pro<br />
TRIXTER<br />
NEW AUDIO MACHINE<br />
Klassisch, die Geschichte diese Quartetts<br />
aus New Jersey. Zu Beginn der 90er <strong>Jahre</strong><br />
startete seine Karriere recht vielversprechend,<br />
die ersten beiden Alben verkauften<br />
sich prima, die Fans hofften auf mehr.<br />
Doch irgendwie ging dann nichts mehr vorwärts,<br />
der Erfolg blieb aus, man löste sich<br />
auf. Doch vor einiger Zeit fanden sich die<br />
Vier wieder zusammen und entwickelten<br />
neue Lust auf harte Rockmusik. Zunächst<br />
erprobten sie ihre neuen Songs live vor<br />
Publikum, holten sich für das Songwriting<br />
externe Unterstützung von Glen Burtnik<br />
(Styx), Snake Sabo und Rachel Bolan (Skid<br />
Row). So wurde NEW AUDIO MACHINE<br />
zu einem klasse Comebackalbum, punktet<br />
mit knackigem Heavy Metal, wird damit<br />
nicht nur die alten Fans überzeugen.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 12/47:03) us<br />
THE HELP<br />
... IS ON THE WAY<br />
Ein schönes Wortspiel<br />
aus Bandname<br />
und CD-Titel, da<br />
fragt man sich doch,<br />
wie die Hilfe aussieht,<br />
die da auf dem<br />
Weg ist. Denn wer<br />
einmal reingehört ht hat in diese Musik, wird<br />
sich erstaunt fragen, wer dafür verantwortlich<br />
ist. Den Job am Mikrofon hat Dacia<br />
Bridges inne, deren Tina-Turner-Stimme<br />
schon Aufnahmen von Motörheads Lemmy<br />
Kilmister oder von Mousse T. veredelt<br />
hat. Am Bass steht mit Doug Wimbish einer<br />
der profiliertesten Basser der Welt, er<br />
war eines der Originalmitglieder der legendären<br />
Sugarhill Gang, ist immer noch<br />
bei Living Colour aktiv, hat seine instrumentale<br />
Klasse schon auf Produktionen<br />
der <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes, Depeche Mode, Carly<br />
Simon, Miles Davis oder Madonna bewiesen.<br />
Noch nicht ganz so berühmt ist der<br />
junge Mann hinter der Schießbude, doch<br />
Flo Dauner hat schon in vielfältiger Weise<br />
sein besonderes Talent als Schlagzeuger<br />
gezeigt, nicht nur bei den Fantastischen<br />
Vier oder mit De-Phazz, sondern auch zusammen<br />
mit dem DJ-Superstar Paul van<br />
Dyk, mit dem er Festivals wie das Coachella<br />
bestreitet. Last but not least Gitarrist<br />
Alex Scholpp, der nicht nur bei den Farmer<br />
Boys und bei Tieflader spielte, sondern<br />
sowohl im Studio als auch auf der Bühne<br />
den finnischen Superstar Tarja Turunen<br />
(Ex-Nightwish) begleitet. Zusammen spielen<br />
die Vier richtig fette Rockmusik mit<br />
pulsierendem Bass, einer angriffslustigen<br />
Gitarre, Powervocals und einem Schlagzeug,<br />
das von jazzig filigran bis ungestüm<br />
vorwärtsstürmend alle Möglichkeiten ausschöpft.<br />
Oh ja, diese Hilfe kommt genau<br />
zur rechten Zeit!<br />
(Ratzer Records/Cargo, 2012, 9/41:23) us<br />
TREMBLING BELLS &<br />
BONNIE “<br />
PRINCE” BILLY<br />
THE MARBLE DOWNS<br />
Kein Wunder, dass Leute wie Paul Weller<br />
(Ex-Jam) und Joe Boyd (Produzent von<br />
Nick Drake und den frühen Pink Floyd)<br />
begeistert sind: Die Trembling Bells sind<br />
eine schottische Freak-Folk-Rockcombo,<br />
ganz im Geiste der Incredible String Band<br />
und von Fairport Convention. Auch der<br />
US-amerikanische Sänger/Songschreiber<br />
Will Oldham alias Bonnie „Prince” Billy<br />
fand Gefallen an den zwischen Psychedelia,<br />
barocker Kammermusik und Mittelalter<br />
oszillierenden Klängen der Formation um<br />
die Sängerin Lavinia Blackwall. So sehr,<br />
dass er nun auf dem vierten Studio-Album<br />
der Band mit dem Quartett kollaboriert.<br />
Schweres Georgel, zarte Glockenspiel-<br />
Tupfer, eine treibende Westcoast-Gitarre,<br />
geisterhafter Theremin-Spuk – all das fügt<br />
sich vortrefflich zusammen auf dem grandiosen<br />
THE MARBLE DOWNS. Höhepunkte<br />
sind das psychedelisch rockende<br />
“Riding” sowie das von Blackwall und Oldham<br />
wunderschön a-cappella vorgetragene<br />
Traditional “My Husband’s Got No Courage<br />
In Him”. Zum krönenden Abschluss<br />
gibt es mit “Lord Bless All” eine festliche,<br />
Lamen<strong>to</strong>-hafte Robin-Gibb-Adaption.<br />
(Honest Jon’s/Indigo, 2012, 10/48:27) frs<br />
TOKYO<br />
SAN<br />
Zwar fehlte ein Hit wie ”Tokyo” vom Debüt,<br />
doch die Frankfurter Formation Tokyo<br />
wusste auch 1983 auf ihrem dritten und<br />
letzten Album mit ansprechenden Songs<br />
im typischen 80er-<strong>Jahre</strong>-Stil, sprich AOR/<br />
Mainstream-lastig, zu überzeugen. Robbie<br />
Musenbichler, Klaus Luley (beide voc/g),<br />
Ken Taylor (voc/b), Lothar Krell (keys)<br />
und Fritz Matzka (dr) galten als die „deutschen<br />
To<strong>to</strong>”, erlagen bei den Aufnahmen<br />
für SAN der Versuchung, einige Songs<br />
(“Caroline”, “Don’t Run Away”) ein wenig<br />
zu formelhaft anzulegen – was aber<br />
wieder durch griffige Nummern wie “Need<br />
Ano<strong>the</strong>r Love”, “Jealousy”, “Too High”<br />
wettgemacht wird. Auch diesmal gibt’s<br />
zum Reissue interessante Bonus-Tracks:<br />
vier Demos, die auch gut auf auf die LP<br />
gepasst hätten, sowie eine heavier angelegte<br />
Neufassung von “Too High” durch<br />
Musenbichler.<br />
(Yesterrock/Alive, 1983, 16/57:42) pro<br />
WIG WAM<br />
WALL STREET<br />
Druckvoll und abwechslungsreich<br />
melden sich die<br />
norwegischen Glam-<br />
Könige von Wig<br />
Wam mit einem<br />
neuen Album auf<br />
der Hard-Rockbühne zurück. Dabei beginnt<br />
WALL STREET so ruhig wie selten,<br />
der eröffnende Titeltrack zieht nach<br />
Streicher-Intro zwar etwas die Zügel an,<br />
liefert ein paar Poser-Solos, dass man meinen<br />
könnte, Europe-Gitarrist John Norum<br />
habe auf einen Besuch im Studio vorbeigeschaut.<br />
Harte Riffbretter machen aus<br />
“OMG (Wish I Had A Gun)” knallharten<br />
Heavy Metal, bevor dann mit “Vic<strong>to</strong>ry Is<br />
Sweet” melodieverliebter Glam-Rock mit<br />
Chorgesang folgt. Und so geht es weiter,<br />
kein Song ähnelt hier dem anderen, die<br />
Ideenvielfalt ist enorm. Da die Norweger<br />
diese Tour de Force auch noch hochklassig<br />
umgesetzt haben, darf man dieses Album<br />
allen Heavy-Metal-Freunden wärmstens<br />
ans Herz legen.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 11/41:53) us<br />
TYKETTO<br />
DIG IN DEEP<br />
Nein, sie als Hard-Rockveteranen zu bezeichnen<br />
wird ihnen nicht gefallen, aber<br />
wenn eine Band 1987 gegründet wurde,<br />
in den 90er <strong>Jahre</strong>n ihre erfolgreichste Zeit<br />
hatte und jetzt mit DIG IN DEEP wieder<br />
ein neues Album vorlegt, darf man Tyket<strong>to</strong><br />
schon mit diesen Ausdruck – im positiven<br />
Sinne – ehren. Im Original-Line-Up,<br />
also mit Danny Vaughn (voc), Brooke St.<br />
James (g), Jimi Kennedy (b) und Michael<br />
Arbeeny (dr) ist DIG IN DEEP aufgenommen<br />
worden, auch für die Songs war die<br />
Band selbst verantwortlich. Dass sie bei<br />
ein paar Stücken das Tempo ein bisschen<br />
herausnehmen tut dem Album gut, sorgt<br />
es doch für etwas Abwechslung, lässt<br />
ihren Hard-Rock dann auch in Richtung<br />
AOR tendieren, so dass auch Fans dieser<br />
Musikrichtung mal ein Reinhören empfohlen<br />
sei.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 11/45:00) tk<br />
Rock<br />
THE ELECTRIC FAMILY<br />
ICE CREAM PHOENIX –<br />
RESURRECTION<br />
Das 2003er orangene Originalcover ist bei<br />
der 2012er Neuauflage ,erblaut’, das alte<br />
Booklet erweitert worden, drei Bonus-<br />
Tracks (zweimal live, ein Alternativversion<br />
des Pink-Floyd-Covers “Careful With That<br />
Axe, Eugene”) sind hinzugekommen. Die<br />
Rede ist von ICE CREAM PHOENIX, dem<br />
Album des von Tom „The Perc” Redecker<br />
angeführten losen Verbundes deutscher<br />
Musiker aus dem Dunstkreis von Agitation<br />
Free, Witt, Ulla Meinecke, Ärzte, Pankow,<br />
Grobschnitt, Passport. Die zelebrierten/verschmolzen<br />
Krautrock, Psychedelia, Folk,<br />
Alt.Country zu einem ganz eigenen, atmosphärischen,<br />
manchmal fast mystischen<br />
neuen Ganzen, meist elektrisch (auch elektronisch),<br />
aber auch akustisch instrumentiert.<br />
Musik für Kopf und Bauch gleichermaßen,<br />
nicht immer ganz ernst gemeint, aber ernsthaft<br />
gemacht. Dieses Wiederhören beschert<br />
(nicht immer leicht verdaulichen) Spaß!<br />
(Sireena/Broken Silence, 2003,<br />
11/69:47) pro<br />
JIM CAPALDI<br />
OH HOW WE DANCED + WHALE<br />
MEAT AGAIN<br />
In Traffic-Pausen 1972 und 1974 legte<br />
Drummer Jim Capaldi selbst Hand und Kehle<br />
an, und der Interessent wird von Rockgrößen<br />
geradezu überschwemmt: neben den<br />
US-Muscle-Shoals-Assen Hawkins, Hood<br />
und Beckett sind Paul Kossoff, Mike Kellie,<br />
Ric Grech, Jim Gordon, Trevor Bur<strong>to</strong>n und<br />
die Traffic-Kollegen Winwood, Mason und<br />
Wood involviert. Sie alle spielen, klar, routiniert<br />
erstklassig. Capaldis Songs enthalten<br />
– mal rockig, mal slow – auch beste Momente<br />
(“Big Thirst”, “Don’t Be A Hero”,<br />
“Yellow Sun”, “Summer Is Fading”), meist<br />
im Gebremsten. Hier ist jedoch gleichermaßen<br />
eher Belangloses unterwegs – nicht<br />
schlecht, aber zügig wieder vergessen.<br />
Dass der Meister auch mal kernig wie John<br />
Lennon klingt (“Whale Meat Again”, “My<br />
Bro<strong>the</strong>r”), macht diese beiden ersten Solo-<br />
Alben des Schlagzeugers aber auch nicht zu<br />
unvergesslichen Hör-Juwelen.<br />
(Esoteric/Rough Trade, 1972 + 1974,<br />
9/40:51 + 8/46:58) bm<br />
RED JASPER<br />
STING OF THE TAIL<br />
Folk-Prog-Rock hatte sich das 1987 gegründete<br />
Quintett Red Jasper musikalisch aufs<br />
Banner geschrieben, als es 1990 dieses Album<br />
einspielte. Dazu stimmte Sänger Davey<br />
Dodds links-getränkte Texte an, mit denen<br />
er auf die Politiker (Maggie Thatcher!) wie<br />
auch den Klerus eindrosch – getragen von<br />
oft treibender, griffiger Instrumentalbegleitung,<br />
bei der mal ein Sax (Pat D’Arcy, auch<br />
Bass) oder die Gitarren von Robin Harrison<br />
und Tony Heath die Führungsrolle übernahmen.<br />
Elemente aus Blues, Jazz und Boogie<br />
fanden ebenfalls Berücksichtigung in dem<br />
eigenwilligen Gesamtklang, der dazu wahr-<br />
Seite 44 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
haft abwechslungsreich arrangiert war (samt<br />
Tin Whistle, Mandolinen) und heute noch<br />
quicklebendig wirkt. Eine <strong>to</strong>lle Wiederentdeckung<br />
aus dem Hause Angel Air, die dazu<br />
mit drei Bonus-Tracks und einem informativen<br />
Booklet angereichert wurde.<br />
(Angel Air/Fenn, 1990, 12/55:12) pro<br />
SWEET<br />
NEW YORK CONNECTION<br />
Live<br />
begeistern<br />
Andy Scott und<br />
seine drei Mitstreiter<br />
seit <strong>Jahre</strong>n<br />
die (immer<br />
noch) zahlreichen<br />
Sweet-Fans. Und<br />
bld bald werden sie neben “Ballroom Blitz”,<br />
“Love Is Like Oxygene” oder “Blockbuster”<br />
noch andere, teilweise genauso bekannte<br />
Hits anderer Bands auf der Bühne<br />
präsentieren – und zwar dann, wenn sie<br />
ihr neues Album vorstellen. NEW YORK<br />
CONNECTION heißt es, und es war ursprünglich<br />
so konzipiert, dass darauf<br />
Songs gecovert werden sollten, die einen<br />
Bezug zu New York haben. Doch die Aufnahmen<br />
der ersten Stücke waren so fruchtbar,<br />
dass es immer weitere Ideen gab, dass<br />
die Auswahl immer breiter wurde. “New<br />
York Groove”, geschrieben von Russ<br />
Ballard, zum Hit gemacht von Hello, führt<br />
die Trackliste an, dazu Bruce Springsteens<br />
Leihgabe an Patti Smith, “Because The<br />
Night”, “Blitzkrieg Bop” der Ramones,<br />
“Join Toge<strong>the</strong>r” von The Who, “Shapes Of<br />
Things” der Yardbirds oder “Sweet Jane”<br />
der legendären Velvet Underground. Alle<br />
gespielt als druckvolle Glam-Rockversionen,<br />
denen man einerseits den puren Spaß<br />
an der Sache anhört – die aber andererseits<br />
auch zeigen, dass Sweet noch immer sehr<br />
gut wissen wie man rockt!<br />
(The Sweet/H’Art, 2012, 11/54:46) us<br />
NOVALIS<br />
FLOSSENENGEL<br />
FLOSSENENGEL stand 1979 als Metapher<br />
für Wale und diente den deutschen<br />
Prog-Rockern Novalis in Zeiten grünen<br />
Erwachens und wachsenden Umweltbewusstseins<br />
als Inspirationsquelle für ein<br />
Konzeptalbum, das über weite Strecken<br />
lyrisch, symphonisch, aus heutiger Sicht<br />
stellenweise auch naiv tönt (bei deutschen<br />
Texten versteht man jedes Wort). Zwischendurch<br />
wurde kurzzeitig immer wieder kräftig<br />
gerockt, die AOR-Grenzen öfter kräftig<br />
gestreift, und doch verstand es die Band,<br />
durch eigenwillige Arrangements und Instrumentierungsmomente<br />
aufhorchen zu<br />
lassen, am Mainstream vorbeizuschrammen.<br />
Dabei tat es den Stücken gut, dass<br />
die zuvor manchmal ausufernden Soundkaskaden<br />
songfreundlicher gestrafft waren.<br />
Dank Klangnachbesserung immer noch gut<br />
hörbar – und die Botschaft pro Natur hat ja<br />
nichts von ihrer Bedeutung verloren.<br />
(MiG, 1979, 10/45:15)<br />
pro<br />
SQUACKETT<br />
A LIFE WITHIN A DAY<br />
Wenn sich zwei Große des Prog-Genres<br />
zusammentun, ist nicht gesagt, dass dabei<br />
Großes herauskommt. Doch Gitarrist<br />
Steve Hackett, einst bei Genesis, und<br />
Yes-Bassist Chris Squire ist es gelungen,<br />
diesem Ziel mit A LIFE WITHIN A DAY<br />
nahezukommen. Es gibt allerlei radiofreundliche<br />
Nummern, und natürlich brillieren<br />
die zwei Protagonisten instrumental,<br />
aber sie haben auch spannende, variantenreiche<br />
und anspruchsvolle Songs komponiert/aufgenommen.<br />
Man lausche nur mal<br />
“The Summer Backwards”, wenn Hackett<br />
zur Akustikgitarre greift und die mit symphonischen<br />
Synthie-Wänden verschmilzt,<br />
wenn die beiden beeindruckende Gesangsharmonien<br />
anstimmen. Bei “Can’t S<strong>to</strong>p<br />
The Rain” wird Squires Yes-Hintergrund<br />
hörbar, und der ”Perfect Love Song” ist<br />
Prog-Rock pur! Überraschend sind auch<br />
die Gesangsleis tungen, speziell bei den<br />
Harmoniechören.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 2012,<br />
9/46:20) pro<br />
UDO LINDENBERG<br />
ORIGINAL ALBUM SERIES<br />
VOL. 2<br />
Udo<br />
Lindenberg<br />
ist wieder obenauf,<br />
erfolgreicher<br />
denn<br />
je. Da lag es nahe,<br />
seine alten Alben<br />
für jüngere Käufer<br />
wieder<br />
zugänglich<br />
zu machen, und das für vergleichsweise<br />
wenig Geld. VOL. 2 der ORIGINAL AL-<br />
BUM SERIES dokumentiert die 1976er<br />
„Best Of”-LP PANIK UDO (12/37:14);<br />
PANISCHE NÄCHTE (1977, 9/35:37,<br />
mit Gastspiel von Ted Herold) fiel eher<br />
durchwachsen aus, LINDENBERGS<br />
ROCK REVUE (11/41:45) ein Jahr<br />
später bescherte seine eingedeutschten<br />
Versionen von Rock- und Rock’n’Roll-<br />
Klassikern und ging mit „ganz okay”<br />
durch. Die DRÖHNLAND SYMPHONIE<br />
(1978, 10/39:06) war ambitioniert, stieß<br />
aber bei Kritikern und Käufern, #15) auf<br />
nicht gerade riesige Gegenliebe. Was auch<br />
für DER DETEKTIV – ROCK REVUE<br />
2 (1979, 13/44:23), wiederum mit vielen<br />
eingedeutschen Cover-Versionen galt, die<br />
schließlich Geschmacksache sind. Aber<br />
es lohnt durchaus, in die eigene Jugend<br />
zurückzutauchen, mit Distanz das damalige<br />
Urteil zu überprüfen – in diesem<br />
umfassenden Fünfer-Paket stößt man auf<br />
diverse, einst übersehene Udo-Perlen.<br />
(Warner, 2012)<br />
pro<br />
TED NUGENT<br />
SWEDEN ROCKS +<br />
MOTORCITY MAYHEM<br />
Bei seinen politischen Ansichten und<br />
Jäger-Philosophien kann man wahrlich<br />
unterschiedlicher Ansicht sein, aber in<br />
Sachen Rock’n’Roll macht ihm so schnell<br />
keiner was vor. Auch wenn er längst<br />
schwerhörig ist, dreht er live immer noch<br />
höllisch auf. So beispielsweise 2006 beim<br />
„Sweden Rocks”-Festival, als er seine<br />
Gitarrenfeuerwerke zündete und Klassiker<br />
aus seinem Riesenreper<strong>to</strong>ire zündete,<br />
schwerpunktmäßig solche aus den 70ern<br />
und 80ern. Hinweis am Rande: Die 2008<br />
erschienene DVD, der die jetzt neu aufgelegte,<br />
unveränderte CD schon beigelegen<br />
war, ent hielt zwei Songs mehr. Am 4. Juli<br />
2008, natürlich am US-Nationalfeiertag,<br />
spielte der „Mo<strong>to</strong>city Madman” das 6000.<br />
Konzert seiner Karriere in Detroit, passend<br />
MOTORCITY MAYHEM betitelt. Es gibt<br />
sechs Überschneidungen zur Schweden-<br />
Scheibe. Der gravierendste Unterschied:<br />
Beim Jubiläum kam Ex-Mitglied Derek<br />
St. Holmes für mehrere Songs auf die<br />
Bühne, und es gab mehr Cover-Versionen<br />
(“Bo Diddley”, “Soul Man”, “Baby Please<br />
Don’t Go”, “Jenny Takes A Ride”). Beide<br />
Scheiben liefern den typischen Nugent-<br />
Wahnsinn, energiegeladenen Hard Rock<br />
und Gitarren(sound)orgien.<br />
(Armoury/edel, 2008 + 2012,<br />
13/68:31 + 14/72:46) pro<br />
DIE ÄRZTE<br />
AUCH<br />
Bela B. Felsenheimer,<br />
Farin Urlaub<br />
und Rod Rodriguez<br />
stellen die Frage<br />
in Liedform selbst:<br />
“Ist das noch Punk-<br />
Rock?” Die Antwort<br />
lautet: ja. Auch im 30. Jahr seines Bestehens<br />
hat es das Berliner Trio noch faustdick<br />
hinter den Ohren, tönt eingängig,<br />
morbide, rockig, punkig, hintergründig,<br />
plakativ, schlager-poppig, schräg, absurd,<br />
liebenswert – wie man den flotten Dreier<br />
eben kennt. Natürlich eckt er mit vorlauten<br />
Textzeilen an, aber darum hat sich<br />
das deutsche Musikphänomen, das schon<br />
fürs renommierte Goe<strong>the</strong>-Institut unterwegs<br />
war, noch nie geschert. Punk-Rock?<br />
Naja, es rockt zwar zwischendurch satt,<br />
aber mit der rotzigen Melodieverlieb<strong>the</strong>it<br />
trifft es Punk-Pop vielleicht noch besser.<br />
Spaß macht es auf jeden Fall, sich AUCH<br />
zu Gemüte zu führen, und wenn „Bild”<br />
und „FAZ” gleichermaßen loben, kann<br />
man ja nicht verkehrt liegen.<br />
(Hot Action/Universal, 2012,<br />
16/52:20) pro<br />
PAUL VINCENT<br />
ELECTRIC HIPPIE MUSIC<br />
Wären da nicht die Stimme und die unverkennbare<br />
Gitarre, könnte man glatt<br />
meinen, man würde einer Various-Artists-Compilation<br />
lauschen. So unterschiedlich<br />
fallen die Songs aus, die Paul<br />
Vincent für ELECTRIC HIPPIE MUSIC<br />
eingespielt hat. So breit wie einst die<br />
Hippie-musikalische Palette war, so viel<br />
Stilterrain deckt Vincent auf seiner neuen<br />
CD ab, auf der er (wieder) englisch<br />
singt. Manche Songs sind fast schon<br />
Pop, machen hörbar, dass ihn die Beatles<br />
stark beeindruckten (bis hin zum George<br />
Harrisons Sitarspiel); andere bewegen<br />
sich in Richtung Blues (UK-Spielart),<br />
den er ebenfalls verinnerlicht hat; Prog-<br />
Rock-Remiszenzen sind zu finden – und<br />
er kann satt, melodisch und straight abrocken.<br />
Vincent trauert der vergangenen<br />
guten, alten Zeit höchstens mit Augenzwinkern<br />
nach – die Texte sind es wert,<br />
genauer hinzuhören. Und wem das eine<br />
oder andere Lied vertraut vorkommt:<br />
Der Veteran hat manche seiner deutschsprachigen<br />
Nummern überarbeitet, und<br />
das tat ihnen allesamt gut: Sie sind noch<br />
kompakter, gehen meist unwiderstehlich<br />
ins Ohr, und es ist nahezu unmöglich,<br />
spezielle Anspieltipps zu empfehlen.<br />
(Luxus Musik/Bell, 2012,<br />
12/48:49) pro<br />
Rock<br />
KEVIN AYERS<br />
THE HARVEST YEARS<br />
1969–1974<br />
Für schräge Vögel<br />
und<br />
Außenseiter<br />
ist in der heutigen<br />
Musikwelt<br />
kaum<br />
noch Platz, und<br />
auch in den Aufbruchszeiten<br />
hatten<br />
sie es einst schwer. Das galt/gilt für Syd<br />
Barrett ebenso wie für Kevin Ayers, der<br />
in der Canterbury-Szene mit Soft Machine<br />
angefangen hatte und sich Ende<br />
der 60er <strong>Jahre</strong> selbstständig machte. Sein<br />
Debüt JOY OF A TOY (1969, 15/67:27,<br />
teilweise mit Soft Machine) bescherte<br />
Songs in Kinderliedermanier, englischen<br />
Hippie-Rock, jazzige Momente, pendelte<br />
zwischen gehörgängig und verquer,<br />
Grundtenor: melancholisch. Ähnliches<br />
galt für SHOOTING AT THE MOON<br />
(1970, 17/77:01, mit Mike Oldfield) und<br />
auch WHATEVERSHEBRINGSWE-<br />
SING (1972, 16/67:32), beide ebenfalls<br />
mit Canterbury-Jazz-Rockeinschlag. BA-<br />
NAAMOUR (1973, 15/57:34) entsprang<br />
Ayers’ Theaterprojekt „Banana Follies”<br />
und war sein zugänglichstes Werk, offenbar<br />
mit kommerziellen Ambitionen. THE<br />
CONFESSIONS OF DR. DREAM AND<br />
OTHER STORIES (1974, 18/65:29) war<br />
Ayers’ erste Scheibe für Chrysalis, wurde<br />
von Rupert Hine produziert und einer<br />
neuen Mannschaft eingespielt, bot zum<br />
Teil Ayers-typische schräge, aber zugängige<br />
Popnummern, teils jazz-rockige Exkursionen<br />
in Gestalt einer titelgebenden<br />
Suite. Alle Alben sind wie die Neuauflagen<br />
im letzten Jahrzehnt mit reichlich<br />
Bonus-Tracks angereichert, allerdings<br />
gibt es für Ayers-Kenner nichts Neues.<br />
Und das Booklet ist ohne Liner-Notes<br />
eher sparsam gehalten. Aber man erhält<br />
den frühen Ayers kompakt zu einem annehmbaren<br />
Preis.<br />
(EMI, 2012)<br />
pro<br />
FAITHFUL BREATH<br />
ROCK LIONS / HARD BREATH<br />
Bereits 1967 starteten die Ruhrpottrocker<br />
Faithful Breath in Witten, doch es<br />
dauerte knapp sechs <strong>Jahre</strong>, bis sie auch<br />
auf LP zu erleben waren. Nach psychedelischen-progressiven,<br />
ja fast symphonischen<br />
Anfängen erarbeiteten sie sich in<br />
den 80er <strong>Jahre</strong>n nach einer größeren Umbesetzung<br />
den Ruf einer soliden, überaus<br />
bodenständigen Hard-Rocktruppe. Und<br />
so dominierten auf ROCK LIONS 1981<br />
deutlich Riff-orientiertere Songs, eingespielt<br />
vom Trio Heinz Mikus (voc, g),<br />
Horst Stabenow (b) und Uwe Ot<strong>to</strong> (dr)<br />
– die Rockkeulen wurden ausgepackt,<br />
Wikingerhelme aufgesetzt, und auf der<br />
Bühne ging die Post ab! Noch eine Portion<br />
härter fiel zwei <strong>Jahre</strong> später HARD<br />
BREATH ab, als Jürgen Düsterloh Platz<br />
an der Schießbude genommen hatte.<br />
Geradeaus abgehender, nicht unbedingt<br />
innovativer, dafür zupackend straighter<br />
Hard Rock war angesagt, gestützt auf<br />
starke Songs – jetzt von vom Reissue-<br />
Spezialisten Sireena erstmals auf CD<br />
präsentiert.<br />
(Sireena/Broken Silence, 1981/1983,<br />
20/76:10) pro<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 45
LP<br />
REVIEWS<br />
BLOOD, SWEAT & TEARS<br />
3<br />
Mit ihrem dritten<br />
Longplayer aus dem<br />
Jahr 1970 konnten<br />
Blood, Sweat &<br />
Tears ihren Ruf als<br />
innovative<br />
Band<br />
untermauern,<br />
die<br />
mühelos Jazz, Soul, Blues und Gospel zu<br />
einem modernen Sound verknüpfte und<br />
dabei besonders im Bereich der Bläser<br />
erstklassige Arrangements ablieferte, die<br />
sicherlich an die Qualität von Chicago<br />
oder Chase heranreichten. Neben dem<br />
besonders in Deutschland populärem “Hi-<br />
De-Ho” überzeugen der harte Soul-Jazz<br />
von “Lucretia’s Reprise”, die Traffic-Cover-Version<br />
“40.000 Headmen” und das<br />
mittelalterlich anmutende “The Battle”.<br />
Klasse Album, das gegenüber den Vorgängern<br />
nur leicht abfällt. Wie üblich bei<br />
Speakers Corner wurde audiophil gemastert,<br />
auf 180g-Vinyl gepresst und das<br />
Cover so weit wie möglich dem Original<br />
nachempfunden. Puristen mag in diesem<br />
Fall das Logo des Lizenzgebers auf dem<br />
Klappcover stören, doch das ist glücklicherweise<br />
ein Einzelfall.<br />
(Speakers Corner, 1970, 11 Tracks) at<br />
JETHRO TULL<br />
AQUALUNG<br />
(40TH ANNIVERSARY EDITION)<br />
Liebe EMI, bitte veröffentlicht dieses<br />
Meisterwerk s o f o r t auch außerhalb der<br />
sündhaft teuren Anniversary Edition. Denn<br />
Analog-Fans können auf die zwei CDs, die<br />
DVD und die Blu-ray auch verzichten. Das<br />
sehr sorgfältig gepresste 180-Gramm-Vinyl<br />
aber müssen sie haben. Wer seine abgenudelte<br />
alte Chrysalis-Pressung zum Vergleich<br />
aus dem Regal lupft, wird sein blaues Wunder<br />
erleben. Die neuen Stereomixes, die<br />
Porcupine-Tree-Mastermind Steven Wilson<br />
mit Segen von His Tullness Ian Anderson da<br />
aus den alten Multitracks zauberte, klingen<br />
wirklich mal merklich besser als der in Ehren<br />
verrauschte Oldtimer. Nicht audiophil, aber<br />
im Stereopanorama, in der Frequenzbalance<br />
und der Dynamik aufs Angenehmste geliftet.<br />
Normalerweise sind solche neuzeitlichen<br />
Überarbeitungen des Teufels, hier bei Tulls<br />
1971er religionskritischen Rocker gelangen<br />
sie göttlich.<br />
(EMI, 1971, 11 Tracks)<br />
lbr<br />
HUMBLE PIE<br />
CALIFORNIA ‘81<br />
Die dritte Inkarnation<br />
von Humble Pie wird<br />
oft als schwaches Sequel<br />
abgetan – dabei<br />
hatte Steve Marriott<br />
mit<br />
Vokal/Axt-Partner<br />
Bobby Tench,<br />
Originaldrummer Shirley und Bassist Sooty<br />
Jones eine starke Truppe am Start, als<br />
Clubact und Festivalattraktion beliebt, als<br />
Supportband gefürchtet. Im Sommer sollte<br />
im Londoner Rainbow Theatre ein Nachfolger<br />
für ROCKIN’ THE FILLMORE<br />
entstehen – indes erkrankte Marriott, das<br />
Atco-Label strich die Schecks. Dass aus<br />
dem Reseda Country Club in L.A. doch<br />
noch ein Dokument Pie IIIs vom 17. Mai<br />
1981 auftaucht, ist willkommen. Bei engagierter<br />
Performance setzen Marriott & Co<br />
ganz auf Publikumsrenner: “I Don’t Need<br />
No Doc<strong>to</strong>r” und “30 Days In A Hole” als<br />
(schnell gespielte) Klassiker, brennendes<br />
“Infatuation” und der Top-40-Hit “Fool<br />
For A Pretty Face” von ON TO VICTORY,<br />
die Small-Faces-Hymne “Tin Soldier” mit<br />
unerhörtem Finale. Inspiriert gecovert werden<br />
als harte Pie-Pakete “Tulsa Time” und<br />
“Route 66”. “Be Bop A Lula” vom gleichen<br />
Gig wird unterschlagen, bei nur 2:21.<br />
(Cleopatra Records/ H’Art 1981/2012,<br />
7 Tracks) utw<br />
VAN MORRISON<br />
BROWN EYED GIRL<br />
Diese schön aufgemachte,<br />
aber nur<br />
mäßig ausgestattete<br />
Doppel-LP ist nicht<br />
zu verwechseln mit<br />
vielen Bootlegs, der<br />
3-CD-Box oder Billigst-Samplern<br />
l unter gleichem Namen. Sie<br />
entspricht mit ihren 18 Songs inhaltlich der<br />
2011 bei Audiophile Legends erschienenen<br />
CD mit Material, das Van The Man ab 1967<br />
für Bert Berns Bäng-Label einspielte. Darunter<br />
der hier in zwei Fassungen zu hörende,<br />
zum Hit gewordenen Titelsong, der<br />
sich ursprünglich auf BLOWIN’YOUR<br />
MIND fand und ursprünglich “Brown<br />
Skinned Girl” heißen sollte. Dessen hohe<br />
Klasse halten die übrigen Songs mühelos,<br />
da steckt noch jede Menge Soul drin. Und<br />
für ihr Alter klingen sie richtig knackig und<br />
saftig, zumal auch die DMM-Pressung hervorragend<br />
gelang.<br />
(Vinyl Passion/Cargo, 2012,<br />
2 LPs, 18 Tracks) lbr<br />
NEKTAR<br />
DOWN TO EARTH<br />
Die Zirkuswelt steht<br />
im<br />
Mittelpunkt<br />
dieses<br />
Konzeptalbums<br />
von Nektar<br />
aus dem Jahr 1974.<br />
Auf dem Frontcover<br />
zeigen sich Roye<br />
Albrigh<strong>to</strong>n, Taff Freeman, Ron Howden,<br />
Mo Moore und Mick Brockett in Clownskostümen,<br />
in der Mitte der aufklappbaren<br />
LP sieht man sie dann mit einem bunten<br />
Artisten-Ensemble (aufgenommen bei<br />
einem Besuch im Winterquartier des Cirkus<br />
Krone) in der Manege. Ungewohnt<br />
flott legen sie mit “Astral Man” los, Hawkwind-Kollege<br />
Bob Calvert sorgt mit seinen<br />
eingeflochtenen Ansagen für au<strong>the</strong>ntische<br />
Zirkusatmosphäre, progressive Rocksongs<br />
(“Fidgety Queen”, “Oh Willy”) wechseln<br />
sich ab mit ruhigeren Stücken (“Early Morning<br />
Clown”, “Little Boy”), ein erster groovig<br />
krachender Höhepunkt ist “That’s Life”,<br />
die Topnummer “Show Me The Way” beendet<br />
die Vorstellung glanzvoll. Neben der<br />
<strong>to</strong>llen Verpackung (inkl. Tour-Poster) glänzt<br />
die 180g-Wiederveröffentlichung auch mit<br />
starkem Klang, der der 80er-<strong>Jahre</strong> CD-Version<br />
himmelweit überlegen ist.<br />
(Sireena/Broken Silence, 1974,<br />
9 Tracks) us<br />
PINK FLOYD<br />
THE WALL<br />
Is <strong>the</strong>re anybody out <strong>the</strong>re? Na, so ein paar<br />
Millionen Exemplare des wohl erfolgreichsten<br />
Doppelalbums der Rockgeschichte gingen<br />
seit 1979 raus in die cruel world, die<br />
ihnen wohl auch heftig durch Dauerdudeln<br />
zusetzte. Da kommt es gerade recht, dass<br />
EMI auch die Analogausgabe für den großen<br />
Pink-Floyd-Kehraus extrem sauber neu<br />
presste und mit einem Poster (druckt die<br />
Texte der Innersleeves ein zweites Mal ab)<br />
sowie einem Voucher für einen 320-Kilobit-<br />
Download ausstattete. Der 2011 remasterte<br />
Sound ist immer noch exzellent, wenngleich<br />
der berühmte Hubschrauber minimal<br />
gezähmt donnert und manche Stimmen etwas<br />
zurückwichen. Das klaustrophobisches<br />
Meisterwerk von Roger Waters – und ein<br />
bisschen David Gilmour – kann auf jeden<br />
Fall so in allen Ehren nochmals „Outside<br />
The Wall” in der analogen Welt reüssieren.<br />
(EMI, 1979, 2 LPs 26 Tracks) lbr<br />
BRUCE SPRINGSTEEN<br />
WRECKING BALL<br />
Prima, wenn die Firmen<br />
ihre aktuellen<br />
Releases auch als LP<br />
oder Doppel-LP veröffentlichen.<br />
Noch<br />
besser, wenn sie wie<br />
bei Lamchops MR. M<br />
oder eben Bruce Springsteens 2012er Opus<br />
ohne nennenswerten Aufpreis die CD dem<br />
großen Tonträger einfach beilegen. Am besten<br />
– jedenfalls aus Analogo-Sicht –, wenn<br />
dann auch noch die schwarze Scheibe die<br />
silberne klanglich glatt abhängt. Nun ging<br />
auch die Tontechnik quasi mit der Abrissbirne<br />
über die Dynamik der Aufnahmen wie der<br />
„Wrecking Ball” von Amerikas Wirtschaftspolitik<br />
durch die Innenstädte und Seelenlandschaften<br />
seiner Bürger. Doch während<br />
so die CD die so eigenartig zwischen Folk,<br />
Americana und Haudraufrock changierende<br />
Musik recht undifferenziert zermalmt,<br />
lassen die beiden großzügig gepressten<br />
180-Gramm-Vinylscheiben doch noch das<br />
eine oder andere Detail raus. Ist der Boss<br />
etwa LP-Fan?<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 2 LPs +<br />
CD 11 Tracks)<br />
lbr<br />
U2<br />
ACHTUNG BABY<br />
(20TH ANNIVERSARY EDITION)<br />
Da lacht das Sammlerherz, auch wenn<br />
es wohl die düsterste Scheibe im U2-<br />
Vinyl<br />
Katalog ist, die hier zu analogen Geburtstagsehren<br />
kommt. Den herben Gewichtsverlust<br />
im Portemonnaie macht die<br />
fett ausgestattete Edition wett: Zu den<br />
auf zwei schwarze Scheiben verteilten<br />
großartigen Songs des Originals kommen<br />
zwei Maxis in blauem Vinyl mit fantasievoll<br />
benamsten Mixes und Remixes<br />
sowie ein 16-seitiges Booklet mit künstlerisch<br />
wertvollen Fo<strong>to</strong>s. An Press- und<br />
Überspielqualität gibt es gar nichts auszusetzen,<br />
der Sound steht in vollem Saft.<br />
Und Düsternis hin und her: 1991 konnten<br />
die Iren mit Balladen wie “One” und erst<br />
recht “Love Is Blindness” noch Herzen<br />
zerreißen oder mit Knallern wie “Even<br />
Better Than The Real Thing” und “The<br />
Fly” Rockerblut in Wallung bringen. So<br />
macht Wiederhören Freude.<br />
(Island/Universal, 1991, 2 LPs, 12 Tracks;<br />
2 Maxis, 7 Tracks) lbr<br />
KENNY BURRELL<br />
GUITAR FORMS<br />
Das Album des Gitarristen<br />
Kenny Burrell<br />
aus dem Jahr<br />
1965 wurde von Gil<br />
Evans<br />
arrangiert,<br />
der den Latin-Jazz<br />
kunstvoll vor dem<br />
Hintergrund einer Bigband und bei drei<br />
Songs einer kleineren Besetzung in Szene<br />
setzte. Der erste Track “Downstairs”<br />
überzeugt nicht als Opener des Albums,<br />
denn Burrells Gitarrenläufe wirken zu<br />
zaghaft und zurückhaltend. Doch das lange,<br />
an Joe Pass erinnernde “Lotus” steht<br />
für hohe Gitarrenkunst, klangliche Dimensionen<br />
und ein ausgeklügeltes Spiel<br />
mit der Dynamik. Neben einem eher<br />
traditionell gehaltenen, aber trotzdem<br />
atemberaubenden “Green sleeves” kann<br />
“Breadless”, flüssiger Latin, als Referenz<br />
betrachtet werden. GUITAR FORMS ist<br />
ein Album, das neben Burells Gitarrenkünsten<br />
die Kunst des Tonsatzes be<strong>to</strong>nt,<br />
aber nicht bei allen Titeln die gleiche<br />
Qualität vermittelt.<br />
(Speakers Corner, 1965, 9 Tracks) at<br />
WES MONTGOMERY<br />
SO MUCH GUITAR!<br />
Immer wieder erstaunlich,<br />
welch<br />
ungeheuren<br />
Schatz<br />
makelloser,<br />
zwingend-swingender<br />
Jazzaufnahmen und<br />
doch auch lässiger<br />
Einspielungen i Wes Montgomery zum<br />
Zeitpunkt seines allzu frühen Herz<strong>to</strong>des<br />
1968 aufgenommen hatte. Dass spätere<br />
Hit-Interpretationen mit Bigband oder<br />
Streichergewand die Kritikerkeule „gefällig”<br />
bekamen, sollte auch seinem „Erben”<br />
George Benson widerfahren. Diese<br />
Takes von 1961 entstanden für Riverside<br />
noch vor seiner Verve-Zeit – der filigrane<br />
Fingersatz gleitet über eigene Melodien<br />
wie “Somethin’ Like Bags” und edle<br />
Swing-Ware des American Songbook:<br />
Duke Elling<strong>to</strong>ns “Cot<strong>to</strong>n Tail” oder Neal<br />
Heftis “Repetition” super-elegant, besonders<br />
dank Montgomerys Vis-à-vis Hank<br />
Jones am Piano, Ron Carters Basslinien<br />
und der Conga-Capriolen von Ray Barret-<br />
Seite 46 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
LP<br />
REVIEWS<br />
<strong>to</strong>, die Drummer Lex Humphries ergänzen.<br />
Der Bonus-Track, Thelonious Monks<br />
“Round Midnight”, wurde mit Wes’ Brüdern<br />
Buddy (p) und Monk (b) live eingespielt.<br />
(Waxtime Records/inakustik, 1961,<br />
9 Tracks) utw<br />
ELLA FITZGERALD<br />
ELLA FITZGERALD SINGS THE<br />
JOHNNY MERCER SONGBOOK<br />
Ella<br />
Fitzgerald<br />
und ihre Band<br />
haben im Ok<strong>to</strong>ber<br />
1964 13 Tracks<br />
in Los Angeles<br />
eingespielt,<br />
die<br />
vom Ass Nelson<br />
Riddle angemessen arrangiert wurden und<br />
in der langen Tradition ihrer „Songbooks”<br />
stehen. Johnny Mercer, der Gründer von<br />
Capi<strong>to</strong>l Records, konnte sich nicht nur<br />
als Geschäftsmann seine Lorbeeren verdienen,<br />
sondern auch als Komponist und<br />
Texter von über 1000 Stücken, mit denen<br />
er spannende Facetten der damaligen Populärmusik<br />
kreierte. Fitzgerald, die hier<br />
ganz klar im Vordergrund steht, bringt<br />
lässigen Swing (“Too Marvelous For<br />
Words”), eine intensive Jazzballade mit<br />
Gänsehautgarantie (“Laura”) und schnellen<br />
Swing (“Something’s Gotta Give”)<br />
mit ihrer unnachahmlichen Stimme und<br />
sehr viel Gefühl. Ein grandioses Zeitdokument.<br />
(Speakers Corner, 1965,<br />
13 Tracks) at<br />
THE GREATER GOOD<br />
THE GREATER GOOD<br />
Das Singer/Songwriter-Trio<br />
Eugen Ruffolo,<br />
Dennis Kolen<br />
und Shane Alexander<br />
verfügt über drei<br />
wunderbare<br />
Stimmen,<br />
hervorragende<br />
eigene Songs und guten Geschmack beim<br />
einzigen Cover unter den zehn Tracks: Neil<br />
Youngs “Tell Me Why”. Die Anklänge an<br />
Youngs ehemalige Kumpane Crosby, Stills<br />
& Nash sind ganz offenbar gewollt. Ohne<br />
Drums, aber mit viel Herzschlag, ganz selten<br />
mal mit elektrischer Gitarre, aber nicht<br />
überzahm akus tisch kann das Trio Americana-Freunde<br />
regelrecht verzaubern. Zumal<br />
Günter Pauler in seinem S<strong>to</strong>ckfisch-Studio<br />
mal wieder einen Traumklang produzierte.<br />
(S<strong>to</strong>ckfisch/inakustik, 2012,<br />
10 Tracks) lbr<br />
JOHNNY CASH<br />
UNSEEN CASH<br />
Im Jahr 1955<br />
schickte Sun-Records-Chef<br />
Sam<br />
Phillips Johnny<br />
Cash zu William<br />
Speer, einem benachbarten<br />
Fo<strong>to</strong>grafen.<br />
Nur der Himmel weiß warum kaum<br />
eines der Portraits, bei denen Speer dem<br />
jungen Musiker mittels (damals) neuartiger<br />
Hollywood-Lichttechnik einen dramatischen<br />
Touch verpasste, verwendet wurde –<br />
die meisten verschwanden unveröffentlicht<br />
in den Archiven. Bis jetzt die Spezialisten<br />
von Bear Family auf diese Schätze stießen<br />
und sie in einem 16-seitigen Buch veröffentlichen,<br />
zusammen mit einer einseitigen<br />
LP mit seltenen Live-Aufnahmen aus dieser<br />
Zeit. Auf der Rückseite der Schallplatte<br />
befindet sich ein eingraviertes Portrait von<br />
Johnny Cash. Eine Nummer kleiner gibt es<br />
die Bilder auch, UNSEEN CASH erscheint<br />
ebenso als Digipak-CD (12/25:20) mit<br />
28-seitigem Booklet.<br />
(Bear Family, 2012, 12 Tracks) us<br />
BLACK SPIRIT<br />
BLACK SPIRIT<br />
Nach den vielbeachteten<br />
Vinyl-Veröffentlichungen<br />
von<br />
Franz K. (SENSE-<br />
MANN), Cardeilhac<br />
(das selbst betitelte<br />
Album), Fantasyy<br />
Fac<strong>to</strong>ryy (diverse LPs) und des McChurch<br />
Soundroom (DELUSION), die in Kürze<br />
wieder aufgelegt wird, hat das rührige<br />
Ohrwaschl-Label aus München nun eine<br />
Obskurität auf den Markt gebracht, die einen<br />
interessanten Teil der deutschen Musikgeschichte<br />
erhellt. Das Album erschien<br />
erstmalig 1978 und versammelt Aufnahmen<br />
von italienischen Gastarbeitern (die bei<br />
Volkswagen arbeiteten), die in den <strong>Jahre</strong>n<br />
1969–1978 entstanden. Während das harte,<br />
von Gitarren geprägte “Crazy Times” noch<br />
im progressiven Blues und Boogie wurzelt,<br />
klingt “Punk Rock’n’Roller” deutlich mo-<br />
Vinyl<br />
derner und wird von melodiösen Keyboardlinien<br />
geschmückt. “Nicolino” ist hingegen<br />
zünftiger Hard Rock, leidet aber auch wie die<br />
meisten Songs ein wenig am dünnen Gesang.<br />
Der letzte Track “Old Times” bezieht sich<br />
wieder auf die Blueseinflüsse und die leicht<br />
progressive Ausrichtung. Ein spannendes Album,<br />
das mittlerweile als Original für hohe<br />
dreistellige Eurobeträge gehandelt wird.<br />
(Ohrwaschl Records, 1978, 5 Tracks) fl<br />
DONOVAN<br />
HURDY GURDY MAN<br />
Den psychedelisch<br />
verhallten Titelsong<br />
ließ Hippie-Idol Donovan<br />
1968 nach<br />
eigener Aussage<br />
von Jimmy Page<br />
mit dem <strong>to</strong>llen Gitarrensolo<br />
veredeln. Da mag der Wunsch<br />
Vater des Gedankens sein, unter Anleitung<br />
und in der Erinnerung vom späteren Led-<br />
Zeppelin-Bassisten John Paul Jones spielte<br />
Alan Parker die elektrifizierte Sechssaitige.<br />
Wie auch immer, es folgte ein musikalisch<br />
höchst abwechslungsreiches Album. Mal<br />
folkig-flockig, mal indisch angeweht – der<br />
Schotte war schließlich kurz zuvor mit den<br />
Beatles in Indien gewesen – mal Vaudeville,<br />
mal Karibik-Feeling, purer Pop wie im Hit<br />
“Jennifer Juniper’”. Das Reissue von <strong>Music</strong><br />
On Vinyl überzeugt mit einem manierlichen<br />
Sound und einer Pressqualität (180g), die<br />
alte Billigausgaben der 70er abhängt.<br />
(Epic/<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1968,<br />
13 Tracks) lbr<br />
Für Pop-Rock r ...<br />
2CD: 0207693CTT<br />
OMEGA<br />
Greatest<br />
Performances<br />
<strong>50</strong> <strong>Jahre</strong> OMEGA!<br />
Das Best-Of und<br />
Live-Doppelalbum:<br />
26 Titel/Zusammenschnitte<br />
der 1990er<br />
und 2000er Konzerte<br />
im ausverkauften<br />
ex-Nep-Stadion,<br />
Budapest.<br />
ON TOUR 2012:<br />
17. 08. Berlin,<br />
Zitadelle<br />
DIE<br />
ZÖLLNER<br />
Uferlos<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 47<br />
CD: 0207761CTT<br />
25 <strong>Jahre</strong> Die Zöllner!<br />
Das neue Album<br />
»Uferlos« lässt einen<br />
mächtigen Strom<br />
fließen aus Soul,<br />
Funk und ergeifenden<br />
Balladen.<br />
Mit Stücken feat.Regy<br />
Clasen, Edo Zanki uvm.<br />
ON TOUR 2012:<br />
31. 05. Berlin<br />
02. 06. Leipzig<br />
15. 06. Berlin<br />
07. 07. Dessau<br />
28. 07. Zinnowitz<br />
05. 08. Berlin<br />
08. 09. Perleberg<br />
Weitere Termine unter www.die-zoellner.de<br />
www.edel.com
CD<br />
REVIEWS<br />
CLIMAX BLUES BAND<br />
SHINE ON + REAL TO REEL +<br />
FLYING THE FLAG + LUCKY<br />
FOR SOME + SAMPLE AND<br />
HOLD<br />
Climax waren von<br />
1968 bis 1971 eine<br />
reine Bluesband –<br />
in den Folgejahren<br />
seit RICH MAN<br />
entwickelten<br />
sie<br />
einen ausgeklügelten<br />
Soft-Funk-Stil, kStil der sie näher an die Bee<br />
Gees als an John Mayall brachte und sie<br />
erfolgreich Amerika bereisen ließ. Endlich<br />
liegen die vier Alben 1978–1981 plus der<br />
Re-Release von SAMPLE AND HOLD<br />
vor: SHINE ON entstand 1977 in George<br />
Martins Londoner Air Studios. “Makin’<br />
Love” (auch als Single-Edit) konnte aber<br />
den US-Top-5-Erfolg von “Couldn’t Get<br />
It Right” nicht wiederholen (#91), dafür<br />
entschädigt das grandiose “Watcha Feel”<br />
mit wunderbaren Vokal- und Guitar-Sax-<br />
Tandems der Doppelspitze Peter Haycock<br />
und Colin Cooper. Die Aufnahmen zu<br />
REAL TO REEL genoss die Band 1979<br />
in der Tropen-Romantik der karibischen<br />
Montserrat-Studios: Vor allem das knackige<br />
“Money In Your Pocket” und chorfreudige<br />
Midtempo-Grooves wie “Summer<br />
Rain” und “Children Of The Nightime”<br />
betören. Bassist Derek Holt, schon auf<br />
dem Vorgänger als dritter Leadsänger<br />
beeindruckend, liefert das romantische<br />
Finale “Crazy World”. Holt konnte Climax<br />
1980 mit “I Love You” auf #12 der<br />
Billboard-Liste hieven, das dem bisher<br />
glattesten, aber ideengespickten FLYING<br />
THE FLAG mit Niagara-Tsunami-Cover<br />
entsprang. Das Synth-lastige “Dance The<br />
Night Away” huldigte den Gibb Bro<strong>the</strong>rs<br />
pur (statt der Band sangen die Cockererfahrenen<br />
Water-Sisters), aber “Horizontalized”<br />
bewies, dass die Band nach<br />
wie vor Hartes abliefern konnte. LUCKY<br />
FOR SOME kam trotz Riesenbudget zum<br />
ersten Mal seit zehn <strong>Jahre</strong>n nicht unter die<br />
US-Top-200, enthielt aber 1-A-Material<br />
im abrockenden “Cuttin’ Up Rough”, Derek<br />
Holts Schmuse-Follow-Up “Darlin’”<br />
(wieder als Single-Bonus) und mit Cooper/Haycocks<br />
prächtigem Drama “Last<br />
Chance Saloon”. SAMPLE AND HOLD<br />
erschien 1983 auf Virgin – ohne Holt und<br />
Drummer John Cuffley (ersetzt durch<br />
Dave Markee und Henry Spinetti von der<br />
frisch geschassten Clap<strong>to</strong>n-Band), doch<br />
mit Qualitätskontrolle: “The End Of The<br />
Seven Seas” war eine der besten Balladen<br />
der Band, die tropische Rumba “Listen To<br />
The Night” (hier mit B-Seite “Church”)<br />
hätte dank Coopers Bassorgan einschlagen<br />
müssen. Referenzklang, attraktive Digipaks<br />
und ausführliche, in Layout und Dokumentation<br />
vorbildliche Booklets runden<br />
eine unverzichtbare Fünfer-Serie ab.<br />
(Reper<strong>to</strong>ire/Sony <strong>Music</strong>, 1978 + 1979 +<br />
1980 + 1981 + 1983, 9/40:44 + 8/34:39 +<br />
10/34:35 + 10/43:26 + 11/45:40) utw<br />
BOB MARLEY &<br />
THE WAILERS<br />
MARLEY – THE ORIGINAL<br />
SOUNDTRACK<br />
Seit Mitte Mai läuft<br />
in den Kinos Kevin<br />
McDonalds Musik-<br />
Doku „Marley”, in<br />
der selten gezeigtes<br />
Archivmaterial und<br />
neue Interviews mit<br />
Weggefährten des 1981 ges<strong>to</strong>rbenen Reggaesängers<br />
zu sehen sind. Ob das gleichnamige<br />
Soundtrack-Album ebenso neue<br />
Facetten des Künstlers bringt, hängt von<br />
der eigenen Marley-Sammlung ab: Wer<br />
bislang bloß eine „Best Of”-Anthologie<br />
besitzt, bekommt mit der Doppel-CD<br />
neben großen Hits wie “No Woman No<br />
Cry” und “I Shot The Sheriff” (beide vom<br />
1975er Album LIVE!) oder “Could You<br />
Be Loved” eine Reihe unbekanntere Songs<br />
mitgeliefert – etwa frühe Ska-Nummern<br />
wie “Judge Not” und “Simmer Down” sowie<br />
meisterhafte Songs wie “Small Axe”<br />
und “Concrete Jungle”. Dem Marley-Aficionado<br />
indes bietet die Sammlung wenig<br />
Neues; es gibt zwar ein paar Raritäten, darunter<br />
Remixe, Live-Aufnahmen und das<br />
CATCH-A-FIRE-Outtake “High Tide Or<br />
Low Tide”. Sie wurden allerdings schon<br />
auf diversen Alben veröffentlicht. Dafür<br />
hat es der einzige bislang unveröffentlichte<br />
Track gewaltig in sich: die neunminütige<br />
Liveversion von “Jammin’” vom 1978er<br />
„One Love Peace Concert” auf Jamaika.<br />
Selten hat man Marley mit solchen Soulman-Qualitäten<br />
singen gehört. Auch his<strong>to</strong>risch<br />
war die Performance bemerkenswert:<br />
Auf der Bühne legte er die Hände der beiden<br />
verfeindeten Politiker Michael Manley<br />
und Edward Seaga ineinander – eine Geste<br />
der Friedens in dem von Konflikten zerrütteten<br />
Land.<br />
(Island/Universal, 2012, 12/41:08,<br />
12/61:44) frs<br />
JAN HIRTE’S BLUE RIBBON<br />
SINGING THE BLUES<br />
Bestens aufgelegt präsentierten sich Blue<br />
Ribbon im Ok<strong>to</strong>ber 2011 live im Berliner<br />
Yorckschlösschen. Die sechsköpfige<br />
Band um Gitarrist/Sänger Jan Hirte featuren<br />
in acht Songs die Sängerin Nayeli,<br />
die mit ihrer kräftigen und ausdrucksstarken<br />
Stimme mitzureißen vermag. Dagegen<br />
wirken die drei Gesangseinlagen<br />
des Chefs dann doch etwas bieder. Umso<br />
mehr überzeugt die Band. Schon der instrumentale<br />
Opener “Boom Bello” bringt<br />
den Club zum Kochen. Die Bandkompositionen<br />
können neben Songs von John<br />
Lennon (“Jealous Guy”), Guitar Watson<br />
oder Willie Dixon durchaus bestehen.<br />
Eine herrliche Stunde zwischen Blues,<br />
Soul und R&B – hoffentlich geht die<br />
Band mit Nayeli bald wieder auf Tour!<br />
(S<strong>to</strong>MoRec/inakustik, 2012,<br />
14/64:41) rg<br />
REBECCA FERGUSON<br />
HEAVEN<br />
Das Leben schreibt ja bekanntlich die verrücktesten<br />
Geschichten, eine davon dürfte<br />
die von Rebecca Ferguson sein. Mit 17<br />
das erste Mal schwanger, abermals mit 19,<br />
ohne Geld und Hoffnung bewarb sich die<br />
zweifache Mutter bei der britischen Ausgabe<br />
der Talentshow „The X-Fac<strong>to</strong>r”. Bis<br />
zu ihrem ersten Auftritt war das scheue<br />
Mädchen nur eine unter vielen, doch als<br />
sie dann ihren Mund öffnete und den Sam-<br />
Cooke-Klassiker “A Change Is Gonna<br />
Come” so ungekünstelt wie eindrucksvoll<br />
darbot, hatte sie Publikum und Jury innerhalb<br />
von Sekunden erobert. Dass sie<br />
am Ende nur auf dem zweiten Platz dieses<br />
Wettbewerbes landete, könnte ein Glück<br />
gewesen sein, hatte sie so doch genügend<br />
Zeit, ohne großen Rummel um ihre Person<br />
an den Songs von HEAVEN zu arbeiten.<br />
Sie schrieb kleine Souldiamanten, die sie<br />
mit ihrer bemerkenswerten Stimme umso<br />
funkelnder glänzen lässt.<br />
(RCA/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 10/35:44) us<br />
WALTER TROUT<br />
BLUES FOR THE MODERN<br />
DAZE<br />
Einen dicken Pluspunkt<br />
sammelt<br />
Blues-Rockveteran<br />
Walter Trout schon<br />
mal durch seine<br />
Texte: Er liefert<br />
nicht die üblichen<br />
Klischees, sondern macht sich Gedanken<br />
über Umweltschutz, die Web2.0-Gesellschaft,<br />
seine (US-)Regierung, die Macht<br />
des Geldes (der Banken) und den Umgang<br />
der Menschen miteinander. Und musikalisch<br />
ist er nicht nur bei seinen Soli über<br />
jeden Zweifel erhaben. Er liefert Blues-<br />
Rock, der sich gleichermaßen der Tradition<br />
verbunden fühlt, wie er zeitgemäß<br />
daherkommt, meist kraftvoll Energie verströmt,<br />
aber auch balladesk Ruhe verbreitet;<br />
er stimmt ihn zwischendurch akustisch<br />
an, würzt ihn mal mit einer Harp, mal mit<br />
Slidepassagen. Das Wichtigste aber: Trout<br />
stützt sich auf gehaltvolle Songs – in der<br />
Hinsicht hat sich der Ex-Mayall-Sideman<br />
und Canned-Heat-Gitarrist nochmals erstaunlich<br />
gesteigert.<br />
(Provogue/Rough Trade, 2012,<br />
15/78:00) pro<br />
MEENA<br />
FEEL ME<br />
Meena Cryle wurde nicht am Mississippi<br />
geboren, sondern in einem österreichischen<br />
Dorf an der Salzach. Das hört man<br />
ihrer Musik allerdings nie und nimmer<br />
an. Denn Meena hat den Blues so gründlich<br />
inhaliert, dass sie lässig in der Lage<br />
ist, ihn in zig Varianten auszuformen. Die<br />
sauguten Eigenkompositionen “Stay Away<br />
From My Baby” und “Lord Have Mercy”<br />
kommen geradezu klassisch daher.<br />
Bei “If You Had A Diamond” schleichen<br />
sich Latin-Töne ein, und Desmond Childs<br />
Discohit “I Was Made For Loving You”<br />
erhält ein pfiffig-halbjazziges Bläserarrangement.<br />
Wundervoll ist die Ballade “My<br />
Empty Bed” gelungen, während Meena “If<br />
I Meet You One More Time” dem Andenken<br />
ihres <strong>to</strong>ten Bruders widmet und damit<br />
Blues – R&B – Soul – Funk<br />
den Gefühlsnerv voll trifft. Am allerstärksten<br />
ist sie aber bei Blues-rockig brodelnden<br />
Songs wie “Movin’ On”, “Beg Like A<br />
Sinner” und “Come To Mama”. Insgesamt<br />
haben Meena und ihr fabelhafter Gitarrist<br />
Chris Fillmore zehn der zwölf Lieder<br />
selbst komponiert, wodurch das Eigenprofil<br />
des Albums enorm geschärft wurde. Den<br />
letzten Schliff erhielt es durch die ausgesprochen<br />
fähigen Begleitmusiker Marlene<br />
Lachers<strong>to</strong>rfer, Roger Inniss (beide Bass),<br />
Jamie Little (Schlagzeug) und Markus Marageter<br />
(Orgel & Piano). Konzerte dieser<br />
Truppe müssen einfach die Hölle sein ...<br />
(Ruf/inakustik, 2012, 12/52:21) hjg<br />
ANDRE WILLIAMS<br />
HOODS AND SHADES<br />
Er schrieb Soulklassiker<br />
wie “Shake A<br />
Tail Fea<strong>the</strong>r” (The<br />
Five Du-Tones, Ike<br />
& Tina Turner, Blues<br />
Bro<strong>the</strong>rs etc.), komponierte<br />
für Stevie<br />
Wonder, George Clin<strong>to</strong>n u.a., doch dann<br />
rutschte er mit Ike Turner ab in den Drogensumpf.<br />
Seit den 90ern jedoch bringt Andre<br />
Willams unter eigenem Namen einigermaßen<br />
erfolgreiche Alben raus, auf denen er<br />
mit sonorem Sprechgesang und atmosphärisch<br />
dichten Lyrics glänzt. Für sein jüngstes<br />
Album HOODS AND SHADES konnte<br />
der nunmehr 75-Jährige, der mittlerweile<br />
eine brüchig-tiefe Bass-Stimme besitzt wie<br />
der späte Johnny Cash, eine ausgezeichnete<br />
Begleitband um sich scharen, darunter<br />
an der Gitarre die Mo<strong>to</strong>wn-Legende Dennis<br />
Coffey (der ziemlich loslegt!) und als<br />
Bassist Don Was. Herausgekommen sind<br />
neun schnörkellos produzierte, meist auf<br />
einem Akustik-Blues-Fundament basierende,<br />
gleichwohl funkige Songs. Das Ding<br />
groovt!<br />
(Bloodshot/Indigo, 2012, 9/37:22) frs<br />
ARETHA FRANKLIN<br />
KNEW YOU WERE WAITING –<br />
THE BEST OF 1980–1998<br />
1980 unterschrieb die damals 38-jährige<br />
Aretha Franklin einen Vertrag mit Arista,<br />
was sich für beide Seiten lohnen sollte. Die<br />
Queen Of Soul, die damals bereits auf eine<br />
Vielzahl von Hits zurückblicken konnte,<br />
landete zahlreiche weitere Erfolge. Seinerzeit<br />
angesagte Produzenten wie Narada Michael<br />
Walden oder Lu<strong>the</strong>r Vandross peppten<br />
ihren Sound zeitgemäß auf, verpassten<br />
ihrem Soul&R&B poppige wie Hook- und<br />
Synthie-lastige angesagte Klangkleider. Die<br />
BEST OF zum 70. Geburtstag Franklins<br />
bietet jetzt eine Werkschau ihrer Arista-<br />
<strong>Jahre</strong>, inklusive zahlreicher Duette mit den<br />
Eurythmics, Whitney Hous<strong>to</strong>n, El<strong>to</strong>n John,<br />
George Michael, George Benson, aber auch<br />
Keith Richards. Kompakt, vielseitig, unterhaltsam<br />
– schließlich bürgt allein der Name<br />
der unnachahmlich singenden Protagonistin<br />
für Topqualität.<br />
(Arista/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 16/68:18) pro<br />
MACY GRAY<br />
COVERED<br />
Im Geiste von Nina Simone hat sich Macy<br />
Gray an ein Cover-Album gewagt, und<br />
ebenso wie ihr Vorbild kümmerte sie sich<br />
nicht darum, was andere zu ihrer Auswahl<br />
Seite 48 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
und zu ihrer Interpretation sagen. Vielmehr<br />
legt sie zusammen mit Produzent<br />
Hal Willner (Lou Reed, Metallica) großen<br />
Wert darauf, die Songs mit einer eigenen<br />
Note zu würzen. Gleich zu Beginn<br />
verwandelt sie “Here Comes The Rain<br />
Again” von den Eurythmics in eine düster<br />
klingende Apokalypse, wird Radioheads<br />
“Creep” zur Fuzz-Hymne und “Smoke Two<br />
Joints” (im Original 1983 von den Toyes,<br />
gecovert 1992 von Sublime) zum ausgelassenen<br />
Two-Step. Zeigt dann auf Metallicas<br />
“Nothing Else Matters”, wie viel Soul in<br />
diesem Song steckt, und beweist mit der<br />
Auswahl von “Sail”, dem fast noch aktuellen<br />
Underground-Dance-Hit von Awolnation,<br />
erlesenen Geschmack. Klasse Sache<br />
und Pflicht für Sammler von außergewöhnlichen<br />
Cover-Versionen.<br />
(429 Records/Universal, 2012,<br />
16/44:36) us<br />
THE FUNKEES<br />
DANCING TIME<br />
Die nigerianische<br />
Band The Funkees<br />
hätten mit ihrem<br />
Afro-Rock ähnliche<br />
internationale Erfolge<br />
feiern können<br />
wie Osibisa. Doch<br />
Querelen führten dazu, dass sich die<br />
Combo 1977 auflöste – gerade als sie den<br />
Sprung nach London geschafft und dort<br />
zwei Alben veröffentlicht hatte. Das Quintett<br />
um den versierten Gitarristen Harry<br />
Mosco Agada hatte schon in Nigeria mit<br />
seinem funkigen, ausgereiften Sound zahlreiche<br />
Bewunderer, und die Funkees galten<br />
als eine der besten Bands des Landes. Die<br />
Anthologie DANCING TIME versammelt<br />
nun 18 ihrer zwischen 1973 und 1977 in<br />
Afrika und England aufgenommenen<br />
Stücke. Den von Drums, Perkussion, und<br />
Hammondorgel vorangetriebenen und von<br />
brillanten Gitarrenläufen gekrönten Songs<br />
ist anzumerken, dass die Musiker ihre<br />
Ohren in der internationalen Musikszene<br />
hatten und dass ihnen Künstler wie Sly<br />
S<strong>to</strong>ne und Santana nicht unbekannt waren.<br />
The Funkees spielten großartigen Afro-<br />
Beat (“Ole”), Funk (“Dance With Me”),<br />
Psychedelic Rock (“Acid Rock”) – und<br />
eine grandiose Cover-Version von “Breakthrough”<br />
der UK-Prog-Rocker A<strong>to</strong>mic<br />
Rooster. It’s dancing time!<br />
(Soundway/Indigo, 2012, 18/79:23) frs<br />
CAROLINA CHOCOLATE<br />
DROPS<br />
LEAVING EDEN<br />
Ohne auf der Hype-Tastatur zu klimpern<br />
machen die Carolina Chocolate Drops auch<br />
auf ihrem sechsten Album grandiose Musik,<br />
die sich sogar gut verkauft. Ihr 2010er<br />
Album GENUINE NEGRO JIG erreichte<br />
die Topposition der Billboard Bluegrass<br />
Charts und heimste einen Grammy fürs<br />
beste traditionelle Folkalbum ein. Auch<br />
LEAVING EDEN schaffte bereits die Chartspitze,<br />
und der Grammy könnte auch wieder<br />
fällig werden! Die Gründungsmusiker<br />
Rhiannon Giddens und Dom Flemons, beide<br />
Vokalisten und Multi-Instrumentalisten,<br />
ergänzten die Crew um die Cellistin Leyla<br />
McCalla aus New Orleans, den Gitarrenund<br />
Banjozupfer Hubby Jenkins aus Brooklyn<br />
und den Perkussionisten Adam Matta.<br />
Das muntere Quintett spielt erneut eine vollkommen<br />
frisch und unverbraucht klingende<br />
Old- Time-<strong>Music</strong> der 20er und 30er <strong>Jahre</strong><br />
des vorigen Jahrhunderts, Jug-Band-<strong>Music</strong>,<br />
ländliche Klänge auf Blues- und Folkbasis,<br />
die ihre Wurzeln bei den afro-amerikanischen<br />
String-Bands haben. Das Reper<strong>to</strong>ire<br />
besteht zur einen Hälfte aus von der Band<br />
pfiffig neuarrangierten Traditionals und einer<br />
Eigenkomposition sowie zur anderen aus im<br />
gleichen Stil gehaltenen Kompositionen von<br />
Cousin Emmy, J.E. Mainer, Laurelyn Dossett,<br />
Etta Baker, Hannes Coetzee, George<br />
Roarke, Lew Pollack und Hazel Dickens<br />
– Namen, die allenfalls Spezialisten etwas<br />
sagen dürften. Man erlebt also mal wieder,<br />
dass es abseits ausgetrampelter Pfade noch<br />
verdammt viel <strong>to</strong>lle Musikerlebnisse gibt,<br />
Songs wie “Ruby, Are You Mad At Your<br />
Man”, “Country Girl” und “I Truly Understand<br />
That You Love Ano<strong>the</strong>r Man” ...<br />
(Nonesuch/Warner, 2012, 15/45:11) hjg<br />
DAVE ARCARI<br />
NOBODY’S FOOL<br />
Langeweile?<br />
Kommt bei Dave<br />
Arcari nicht auf.<br />
Der Schotte, der<br />
auf den Spuren<br />
von Seasick Steve,<br />
Björn Berge oder<br />
Ledfoot wandelt, heizt mit seiner (akustischen)<br />
Resona<strong>to</strong>rgitarre mit Metallgehäuse<br />
kräftig und spannungsvoll ein. Er bedient<br />
sich dabei der Fingerpickingtechnik wie<br />
der des Slappings, traktiert die Saiten – und<br />
das stets songtauglich. Ob er in (Delta-)<br />
Blues-, Rockabilly-, Punk- oder Country-,<br />
Bluegrass-, Bayou- und Folkgefilden seiner<br />
Heimat wildert, er ist den einzelnen Genres<br />
nie eindeutig zuordenbar, sondern vermengt<br />
sie auf seiner vierten Platte. Zwischendurch<br />
greift er auch mal zum Banjo, lässt sich von<br />
einer Geige oder gelegentlich auch Bass/<br />
Schlagzeug begleiten und bereichert das<br />
musikalische Spektrum auf rau-charmante,<br />
zugleich beseelte Weise – und das ungemein<br />
intensiv. Den Mann kann man nur weiterempfehlen.<br />
(Dixiefrog/Fenn, 2012, 13/40:54) pro<br />
24 PESOS<br />
WHEN THE SHIP GOES DOWN<br />
In der Bluesszene ihrer Heimat Großbritannien<br />
werden die 24 Pesos als das nächste<br />
große Ding gefeiert. Nach mehr oder<br />
weniger langer Zusammenarbeit mit Geno<br />
Washing<strong>to</strong>n und Beverly Knight haben Sänger/Gitarrist/Harpist<br />
Julian Burdock und<br />
Bassist Silas Maitland sich Hammondorgler<br />
Moz Gamble und Drummer Mike Connolly<br />
dazugeholt. Das Quartett gibt kräftig Gas,<br />
wenn es Einflüsse wie Sly S<strong>to</strong>ne, Tom Waits,<br />
Howlin’ Wolf, Freddie King oder Captain<br />
Beefheart (aber auch The Meters oder <strong>Rolling</strong><br />
S<strong>to</strong>nes) unter einen Hut bringt, zu einer<br />
funky, riffigen Blues-Rockmelange im weitesten<br />
Sinne vereint und so ein ureigenes,<br />
vor Energie schier überbordendes Klangbild<br />
entwickelt hat. Mit dieser Mischung muss<br />
bei den 24 Pesos live die Post höllisch abgehen<br />
– die CD macht jedenfalls neugierig auf<br />
ihre Umsetzung auf der Bühne.<br />
(Ourgate/Cadiz/Soulfood, 2012,<br />
11/49:51) pro<br />
THE EXPERIMENTAL<br />
TROPIC BLUES BAND<br />
LIQUID LOVE<br />
Jon Spencer hat mit seiner Blues Explosion<br />
bekanntlich wahre Blutbäder im Blues<br />
angerichtet, aber keines aus Mordlust,<br />
sondern aus dem Bestreben heraus, aus<br />
Trümmern neue Schmuckstücke zu kreieren.<br />
Er war also der exakt richtige Mann,<br />
dem die ähnlich radikal denkende belgische<br />
Experimental Tropic Blues Band bei einem<br />
Auftritt in den USA in die Hände fiel. Das<br />
Trio aus Lüttich, bestehend aus den Multi-<br />
Instrumentalisten Dirty Coq und Boogie<br />
Snake sowie Schlagzeuger Devil D’Inferio<br />
– wahrlich passende Namen haben diese<br />
Leute sich gegeben… –, ließ sein drittes Album<br />
von Spencer ohne Rücksicht auf Perfektion<br />
produzieren, und der Maestro sowie<br />
einige weitere Krachmacher durften auch<br />
gleich noch ergänzende Töne beisteuern.<br />
LIQUID LOVE bringt rasante Songs, die<br />
immer (noch) den Blues inhaliert haben, ihn<br />
aber in kühnster Form, mitunter als säurehaltigen<br />
Sprühnebel, wieder ausatmen. Die<br />
Musik ist rasiermesserscharf, magisch,<br />
hypnotisch, übersteuert und unberechenbar.<br />
Ihr Fan Michael Schuh verwendete in seiner<br />
Internet-Rezension die sehr zutreffende<br />
Formulierung „... wie eine Horde sexuell erregter<br />
Büffel ...” für sie. Dieser Mix aus im<br />
Kern oft sogar lieblich-verbindlichen Melodien<br />
und hemmungslosen Lärmattacken<br />
lässt den (daran nicht gewöhnten) Hörer<br />
atemlos zurück. Aber nach ein paar Sekunden<br />
Ruhe drückt man die Repeat-Taste.<br />
(Excelsior/Cargo, 2012, 12/34:40) hjg<br />
OLI BROWN<br />
HERE I AM<br />
Erstaunliche Reife<br />
für seine 22 <strong>Jahre</strong><br />
ist dem britischen<br />
Blues-Rocker Oli<br />
Brown angesichts<br />
seines dritten Albums<br />
zu attestieren. Er hat<br />
sich als Songwriter entwickelt, variiert geschickt<br />
zwischen Abgehnummern (“Start It<br />
Again”, “Remedy”, “You Can Only Blame<br />
Yourself”, “Here I Am”), Soul- und Slow-<br />
Blues-Beeinflusstem (“I Love You More<br />
Than You’ll Ever Know”, aus der Feder Al<br />
Koopers, bekannt durch Donny Hathaway),<br />
dezent Jazz-Gefärbtem (“Thinking About<br />
Her”), Stevie-Ray-Vaughan-Inspiriertem<br />
und dreckig funky Daherkommendem<br />
(“Like A Fea<strong>the</strong>r” von Nikka Costa/Mark<br />
Ronson). Dazu Paul Jones’ Harp-Gastspiel<br />
auf “Solid Ground” und das Swamp-rockig<br />
stampfende “Mr. Wilson”, alles mit feinfühligem<br />
Gitarrenspiel und viel Bluesfeeling<br />
angestimmt und als homogenes Paket – Oli<br />
Brown überzeugt in jeder Hinsicht.<br />
(Ruf/inakustik, 2012, 12/51:31) pro<br />
STONE RAIDERS<br />
TRUTH TO POWER<br />
Hinter den S<strong>to</strong>ne Raiders verbergen sich<br />
drei ausgezeichnete Musiker, die für Jazz,<br />
Funk- und Blues-Freunde wahrscheinlich<br />
keine Unbekannten sind. Für Stimme und<br />
Gitarre ist Jean-Paul Bourelly zuständig,<br />
der schon mit Miles Davis, Robin Trower,<br />
Rod Stewart, Jack Bruce oder Pee<br />
Wee Ellis zusammenarbeitete. Mit Darryl<br />
Jones ist der langjährige Bassist der Miles<br />
Blues – R&B – Soul – Funk<br />
Davis’ Band dabei, der schon bei Studio-<br />
Aufnahmen für Sting, Peter Gabriel und<br />
Herbie Hancock eingesetzt wurde und live<br />
seinen Bass für die <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes zupfte.<br />
Die Trommelstöcke sind bei Will Calhoun<br />
von Living Colour in besten Händen. Klar,<br />
dass der Blues-Rock von TRUTH TO PO-<br />
WER bei solchen Referenzen keine eindimensionale<br />
Geschichte ist. Versatzstücke<br />
aus Funk, Rock und vor allem Jazz sorgen<br />
für Abwechslung, lassen die knappe Stunde<br />
wie im Flug vorübergehen.<br />
(Yellow Bird/Soulfood, 2012, 15/52:<strong>50</strong>) us<br />
SLOW JOE & THE GINGER<br />
ACCIDENT<br />
SUNNY SIDE UP<br />
Lieber spät als nie<br />
– mag sich der aus<br />
dem indischen Goa<br />
stammende Straßenmusiker<br />
Joseph Rocha<br />
alias Slow Joe<br />
mit seinen 68 <strong>Jahre</strong>n<br />
gesagt haben, als ihn der französische Musiker<br />
Cedric de la Chapelle unter seine Fittiche<br />
nahm und mit der Band Ginger Accident<br />
ins Studio verfrachtete. Das Ergebnis<br />
ist ein ganz eigenwilliges Blueswerk, das<br />
mal an den alten Talking Blues erinnert,<br />
Soul-Inspiration erkennen lässt, indisches<br />
Instrumentarium (Flöte) ebenso vorsichtig<br />
integriert wie eine Doors-Orgel (sorgt für<br />
psychedelische Momente) oder eine Surf-<br />
Gitarre, zu der es rockig abgeht. Irgendwie<br />
Bollywood ohne Kitsch, urwüchsig, überaus<br />
eigenständig, faszinierend facettenreich<br />
– so kann man originell auf der puren<br />
Retro-Welle schwimmen, und Langeweile<br />
stellt sich überhaupt nicht ein, ganz im Gegenteil.<br />
(Neance/EMI, 2012, 14/43:39) pro<br />
NICO WAYNE TOUSSAINT<br />
LONELY NUMBER<br />
Leicht trügerisch ist der Titel der neuen<br />
CD von Nico Wayne Toussaint, des französischen<br />
Bluesers mit Wohnsitz Florida,<br />
denn einsam ist er keineswegs. Konnte der<br />
singende Harpspieler im Studio doch viele,<br />
namhafte Gäste begrüßen: Guy Davis, Rod<br />
Piazza, Mike Welch, David Maxwell, JP<br />
Soars, Mr. Boogie Woogie oder aus deutschen<br />
Landen den Saxofonisten Tommy<br />
Schneller. Herausgekommen sind bei<br />
diesen Kooperationen groovende Songs,<br />
die quasi auf eine Reise von Chicago ins<br />
Mississippi-Delta, weiter in die Sümpfe<br />
Louisianas und nach New Orleans, nach<br />
Memphis, aber auch an die US-Westküste<br />
mitnehmen. Auf der wird es dank des Abwechslungsreichtums<br />
(es geht bis hin zu<br />
Swing) nicht langweilig, zumal die Mischung<br />
aus Eigenem und intelligent Gecovertem<br />
(Muddy Waters, R.J. Mischo, David<br />
Shelley, Hugo Blanco) ebenfalls überzeugt.<br />
(Dixiefrog/Fenn, 2012, 16/61:49) pro<br />
PEEWEE BLUESGANG<br />
BOUDOIR DE LUXE<br />
Kaum zu glauben, aber die PeeWee Bluesgang<br />
wurde bereits 1977 gegründet und<br />
meldete sich nach einer zeitweiligen Pause<br />
2010 zurück. Von der Originalbesetzung<br />
sind heute noch Sänger Richard Hagel<br />
und Gitarrist Thomas Hesse dabei, und die<br />
Frischzellenkur durch die Neuzgänge hat<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 49
CD<br />
REVIEWS<br />
hörbar gut getan. Denn die Veteranengang<br />
weitet das oft enge Bluesspektrum stilistisch<br />
immer wieder: Sie klingt schon mal<br />
ob der entspannten (Gitarren-)Stimmung<br />
fast nach den Dire Straits/Mark Knopfler,<br />
versprüht Latin-Flair oder experimentiert<br />
jazzig und lässt sich auch mal von Gastsängerin<br />
Ina Deutschmann unterstützen. Wobei<br />
allerdings der Blues(-Rock) insgesamt<br />
keineswegs zu kurz kommt! Das bislang<br />
abwechslungsreichste Album in der langen<br />
His<strong>to</strong>rie des Sextetts, das auch viele Zuhörer<br />
außerhalb des Bluesgenres verdient hat.<br />
(Sireena/Broken Silence, 2012,<br />
10/46:21) pro<br />
LARRY GARNER<br />
BLUES FOR SALE<br />
Nein, Blues im Ausverkauf oder Billigangebot<br />
stellt Larry Garner mit seinem<br />
mittlerweile zehnten Album nicht ins<br />
Klangschaufenster. Mit Ausnahme von<br />
“Rebound”, das er mit dem französischen<br />
Kollegen Leadfoot Rivet verfasste, stammen<br />
alle Songs aus eigener Feder. Aufgenommen<br />
hat er in seiner Heimatstadt Ba<strong>to</strong>n<br />
Rouge, Louisiana, wobei sich Swamp-<br />
Feeling nur unterschwellig einstellt. Doch<br />
für Abwechslung sorgt er, indem er auch<br />
mal Reggae-Rhythmik andeutet, mit seiner<br />
Gitarre stets neue Stimmungen kreiert,<br />
die Keyboards (Nelson Blanchard) oder<br />
das Saxofon (Mr. Mystery Man) Farbtupfer<br />
setzen lässt, einfühlsam balladiert und<br />
dann wieder kraftvoll nach vorne geht. Und<br />
inhaltlich hat er mit seinen Beobachtungen<br />
der Welt mehr als nur „My baby woke up<br />
this morning” zu bieten. Mit seinem modernen,<br />
vielseitigen Blues verkauft Garner sich<br />
nicht unter Wert.<br />
(Dixiefrog/Fenn, 2012, 11/58:14) pro<br />
JOHN MAYALL<br />
BIG MAN BLUES<br />
Das Line-Up mit<br />
James Quill Smith<br />
(g), Kevin Mc-<br />
Cormick (b), Soko<br />
Richardson<br />
(dr),<br />
Christiaan Mostert<br />
(fl, sax) und Maggie<br />
Parker (voc)hatte John Mayall Ende der<br />
70er <strong>Jahre</strong> durch Hunderte von Konzerten<br />
zu fast blindem Verständnis geführt. Kein<br />
Wunder, dass der Blues-Rock von BIG<br />
MAN BLUES (im Original allerdings unter<br />
dem Titel ROAD SHOW BLUES veröffentlicht!)<br />
wie aus einem Guss klingt, weiß<br />
doch jeder der Beteiligten zu jeder Sekunde,<br />
was zu tun ist. Zwei Tracks, Jimmy Reeds<br />
“Baby, What You Want Me To Do” und Mayalls<br />
selbst verfasstes “Mexico City”, wurden<br />
live im Golden Bear Club im kalifornischen<br />
Hunting<strong>to</strong>n Beach mitgeschnitten,<br />
zeigen eindrucksvoll, wie gut John Mayall<br />
& Co. damals auf der Bühne waren.<br />
(Blues Boulevard/H’Art, 1980, 9/38:31) us<br />
ROB TOGNONI<br />
ENERGY RED<br />
Der tasmanische Springteufel <strong>to</strong>bt wieder<br />
durch die Blueswelt, und das mit dem<br />
Energie-Anzeiger meist im roten Bereich,<br />
kurz vor dem Überdrehen: AUF ENERGY<br />
RED demonstriert der seit 30 <strong>Jahre</strong>n durch<br />
die ganze Welt <strong>to</strong>urende Australier Rob Tognoni<br />
einmal mehr seine gitarristische Explosivität<br />
– doch er hat nicht nur beinharte<br />
Riffs im Reper<strong>to</strong>ire, sondern kann die Saiten<br />
auch durchaus feinfühlig streicheln. Insgesamt<br />
dominiert allerdings beherzter, Boogiegeschwängerter<br />
Blues-Rock. Wobei Tognoni<br />
wieder selbst ansprechende Songs schrieb<br />
und bei der Wahl seiner vier Cover-Versionen<br />
Geschmack zeigt: Bedient hat er sich<br />
bei Neil Finn, Matt Taylor, Toy Caldwell und<br />
den S<strong>to</strong>nes (gelungen: “As Tears Go By” mit<br />
Akustikklampfe). Stark ist auch seine Quasi-<br />
Punknummer “I Wanna Play (An Iggy Pop<br />
Record Today)”!<br />
(Dixiefrog/Fenn, 2012, 13/54:18) pro<br />
ZZ TOP<br />
LIVE IN GERMANY 1980<br />
Endlich ist man nicht<br />
mehr nur an die DVD<br />
gefesselt,<br />
sondern<br />
kann den legendären<br />
„Rockpalast”-Auftritt<br />
von ZZ Top auch im<br />
Au<strong>to</strong> einlegen! Ein<br />
Jahr Jh nach hder Veröffentlichung der CD im<br />
UK und in den USA ist das Teil nun auch<br />
hier zu Lande verfügbar. Das Gastspiel in<br />
der Grugahalle zu Essen bescherte dem<br />
Bärte-Trio aus Texas den Durchbruch in der<br />
Alten Welt – kein Wunder, wenn man miterleben<br />
konnte, wie Billy Gibbons (g, voc),<br />
Dusty Hill (b, voc) und Frank Beard damals<br />
mit ihrem Blues-Rock texanischer Prägung<br />
und Hammernummern wie “Thank You”,<br />
“Jesus Just Left Chicago”, “Beer Drinkers<br />
& Hell Raisers”, “Waitin’ For The Bus”, “La<br />
Grange”, “Cheap Sunglasses” oder “Tush”<br />
abräumten – also mit den Krachern vor der<br />
Synthie-schwangeren Phase. Derb, erdig,<br />
rau, ohne große Show-Gimmicks – so, wie<br />
man die little ol’ band <strong>from</strong> Texas eben lieben<br />
lernte!<br />
(Eagle/edel, 2012, 16/56:59) pro<br />
BARGEL & HEUSER<br />
MEN IN BLUES<br />
Die beiden Kölner Gitarristen kannten sich<br />
flüchtig, hatten sich aber weiter nicht wahrgenommen,<br />
ehe bei der Begegnung in einer<br />
TV-Sendung die Idee entstand, etwas<br />
zusammen zu machen. Sei<strong>the</strong>r haben der<br />
Bluesveteran Richard Bargel und der einstige<br />
Bap-Gitarrist Klaus „Major” Heuser<br />
viele gemeinsame Shows gespielt und legen<br />
nach einer Liveplatte nun mit dem programmatisch<br />
überschriebenen MEN IN BLUES<br />
ihr erstes Studio-Album vor. Meist fließen<br />
die Songs entspannt dahin, entstehen J.J.-<br />
Cale-verwandte Stimmungen, und immer<br />
wieder schreckt Heusers Rockgitarre aus der<br />
Beschaulichkeit auf. Eine der Stärken des<br />
Duos mit Band im Rücken: das Zusammenwirken<br />
von Bargels Dobro und des Majors<br />
elektrischer Gitarre. Die beiden ergänzen<br />
sich ebenso gut wie ihr Mix aus Roots-Rock,<br />
Blues und Country. Höchst vergnüglich,<br />
auch auf Vinyl erhältlich!<br />
(TRC/Alive, 2012, 10:52:37) pro<br />
ROYAL SOUTHERN<br />
BROTHERHOOD<br />
ROYAL SOUTHERN<br />
BROTHERHOOD<br />
Das Royal trifft es durchaus, entstammen<br />
mit Cyril Neville (voc, perc) und Devon<br />
Allman (g) doch zwei Mitglieder dieser<br />
prominent besetzten neuen Combo königlichen<br />
Familien der Südstaatenmusik.<br />
Dazu haben sie mit Mike Zi<strong>to</strong> einen gestandenen<br />
Szeneveteranen mit ins Boot<br />
geholt und sich von einem ausgefuchsten<br />
Altmeister produzieren lassen: Jim<br />
Gaines. Namen allein bürgen zwar noch<br />
lange nicht für Qualität, doch wenn sich<br />
derart versierte und ambitionierte Akteure<br />
zusammentun, eben doch. Und so ist das<br />
gleichnamige Debüt der Royal Sou<strong>the</strong>rn<br />
Bro<strong>the</strong>rhood wirklich ein kleines Meisterwerk,<br />
in dem Blues, Sou<strong>the</strong>rn- und Blues-<br />
Rock mit viel New-Orleans-Feeling und<br />
Texas-Flair angereichert sind, sogar mal<br />
Reggae-Anflüge aufblitzen und das Ganze<br />
von Assen wie Charlie Woo<strong>to</strong>n (b) und<br />
Yonrico Scott (dr) angetrieben wird. Das<br />
will man live erleben!<br />
(Ruf/inakustik, 2012, 12/51:59) pro<br />
B.B. KING<br />
LIVE AT THE ROYAL ALBERT<br />
HALL 2011<br />
Das Setting am 28.<br />
Juni 2011 passte<br />
einfach:<br />
Blueskönig<br />
B.B. King in der<br />
Royal Albert Hall zu<br />
London, die natürlich<br />
ausverkauft war.<br />
Auch hdie Gäste, die der mittlerweile 86-Jährige<br />
eingeladen hatte, haben blaues Bluesblut<br />
in ihren Adern pulsieren. Und mittlerweile<br />
ist der letzte große Überlebende des<br />
Genres aus naheliegenden Gründen auf<br />
solche Gäste angewiesen, um einen vollen<br />
Konzertabend bestreiten zu können: Derek<br />
Trucks & Susan Tedeschi, Slash, Ronnie<br />
Wood, Mick Hucknall demonstrieren, was<br />
aus Kings Songs noch alles an Facetten<br />
herauszuholen ist, selbst aus dem Gassenhauer<br />
“When The Saints Go Marchin’ In”.<br />
Der Altmeister ist allgegenwärtig, gibt den<br />
Modera<strong>to</strong>r, greift selbst in die Saiten und<br />
singt auch noch (brüchig) – zu beobachten<br />
auch auf der beigefügten DVD mit Interviews<br />
aller Beteiligten. Ein höchst unterhaltsamer<br />
wie entspannter Bluesabend für<br />
Alt und Jung!<br />
(Shout Fac<strong>to</strong>ry/Universal, 2012,<br />
10/72:24) pro<br />
DELTA MOON<br />
BLACK CAT OIL<br />
Roots-Rock vom Feinsten mit einer kräftigen<br />
Prise Blueswürze gibt es auch auf<br />
BLACK CAT OIL von Delta Moon. Der<br />
ist geprägt von der Doppel-Slidegitarrenbesetzung<br />
mit dem Tandem Tom Gray &<br />
Mark Johnson. Das weckt mal sentimentale,<br />
fast sehnsüchtige Gefühle (“Neon<br />
Jesus”), attackiert vorwärts stampfend den<br />
Bauch, entwickelt auch bei mittlerem Tempo<br />
unwiderstehliche Mitwipp-Wirkung<br />
(“Jukin’”), hat durch die superbe Sechs-<br />
Saitenarbeit stets eine filigrane Note und<br />
wird zugleich von einer wuchtigen Rhythmusabteilung<br />
vorwärtsgetrieben. Niemand<br />
vermengt Mississippi-Delta-Blues so eigen,<br />
erdig, groovend und ungekünstelt mit<br />
Sou<strong>the</strong>rn Rock und Appalachen-Roots-<br />
Rock wie Delta Moon. Zumal es der Band<br />
diesmal gelungen ist, mehr von der Bühnenpräsenz,<br />
die sie auszeichnet, auch im<br />
Studio einzufangen. Das Ganze hat süchtig<br />
machende Wirkung.<br />
(Pepper Caker/Zyx, 2012, 11/44:25) pro<br />
Blues – R&B – Soul – Funk<br />
BLUES POWER BAND<br />
DARK ROOM<br />
Die Blues Power Band wird ihrem Namen<br />
auf DARK ROOM durchaus gerecht: Wie<br />
die sechs Musiker, allen voran Sänger Hervé<br />
„Bannish” Joachim sowie die beiden Gitarristen<br />
Pascal Guegan und Régis „Papygratteux”<br />
Lavisse, ihre Blues-Rocknummern<br />
herauswuchten, besitzt enorme Dynamik.<br />
Sie machen klar, dass sie auch viel Psychedelia<br />
und 70ies-Rock gelauscht haben, dass<br />
ihnen selbst Metal nicht fremd ist; andererseits<br />
können sie aber auch bestehen, wenn<br />
sie einen Song wie “Who Holds The Key?”<br />
weitgehend mit Stimme und Akustikgitarren<br />
bestreiten. Das Wichtigste bei aller Rock-<br />
Be<strong>to</strong>nung bleibt aber der Blues als Basis<br />
und verbindendes Element – auch wenn das<br />
Sextett seine Grenzen immer wieder überschreitet,<br />
dabei exzellente handwerkliche<br />
Fähigkeiten offenbart, desgleichen, warum<br />
es als die explosivste Truppe ihrer Art in<br />
Frankreich gilt.<br />
(Dixiefrog/Fenn, 2012, 12/53:05) pro<br />
BLUES BLEND<br />
ONE MORE TURN<br />
Dazu gehört auch<br />
Mut:<br />
Orientalisch<br />
Anmutendes<br />
wie<br />
der “Felafel Blues”<br />
wird bei Genre-Puristen<br />
nicht nur auf<br />
Gegenliebe<br />
s<strong>to</strong>ßen.<br />
Ähnliches h gilt für die Cover-Version von<br />
Bluegrass-König Bill Monroe, “Jerusalem<br />
Ridge”. Eigener und Hörerlangeweile beugt<br />
die Frankfurter Band Blues Blend ebenso<br />
vor, wie sie in 15 <strong>Jahre</strong>n Bandgeschichte<br />
eine Neigung entwickelte, ihre Fans zu überraschen.<br />
ONE MORE TURN ist ihr fünftes<br />
Album, und darauf schlägt das Quintett immer<br />
wieder neue wie originelle Haken zwischen<br />
traditionellem Chicago-Blues, R&B,<br />
Boogie, Soul und Roots-Rock. Beeindruckend,<br />
wie Reinhard Bassenge (voc, g), Henning<br />
Eichler (harp), André Huthmann (keys),<br />
Thomas Frömming (dr) und Jörn Bösel (b)<br />
auf ONE MORE TURN Spielfreude, handwerkliches<br />
Können, musikalische Intelligenz<br />
und Songwriterkreativität gelungen paaren!<br />
(Pepper Cake/Zyx, 2012, 13/<strong>50</strong>:08) pro<br />
LIGHTNIN’ GUY<br />
PLAYS HOUND DOG TAYLOR<br />
Hound Dog Taylor (1915 –1975) hinterließ<br />
der Nachwelt zahlreiche Bluessongs<br />
(“Let’s Get Funky”, “Sadie”, “Take Five”)<br />
und beeinflusste zudem viele Gitarristen<br />
mit seinem energetischen Bottleneckspiel.<br />
Ein musikalisches Denkmal setzte ihm nun<br />
der Belgier Guy Verlinde alias Lightnin’<br />
Guy (*1976) im August 2011 im Borderline-Club<br />
in Driest in seinem Heimatland,<br />
indem er durchgehend Taylor-Vorlagen<br />
anstimmte. Das Besondere neben den<br />
energiegeladenen Performances: Lightnin’<br />
Guy verzichtete wie sein Vorbild auf einen<br />
Bassisten, ließ sich nur von Erik Heirman<br />
(dr) und Bart Mulders an der Rhythmusgitarre<br />
begleiten. Er frischte auf den Spuren<br />
George Thorogoods Hound Dog Taylors<br />
Vorlagen auf, gab ihnen bei aller Werktreue<br />
eine eigene emotionale Slidenote<br />
(und baute auch zwei Vorlagen des Seelenverwandten<br />
Elmore James ein).<br />
(Dixiefrog/Fenn, 2012, 11/49:02) pro<br />
Seite <strong>50</strong> ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
RAMSEY LEWIS<br />
MOTHER NATURE’S SON<br />
Die Fab Four & Jazz wurden zur Genüge<br />
vermählt, besonders im Laufe des neuen<br />
Jahrtausends. Dass ein ausgewiesener Äs<strong>the</strong>t<br />
des Genres sich fernab von Count Basies<br />
Bigband-Herrlichkeit nicht den Swing- und<br />
Latin-kompatiblen Perlen Lennons und Mc-<br />
Cartneys widmen würde, sondern ausgerechnet<br />
dem oft genug sperrigen Material auf<br />
dem weißen Doppelalbum THE BEATLES,<br />
nötigt erst Kopfschütteln ab (anfangs auch<br />
bei Lewis selbst!). Danach folgen Staunen<br />
und Respekt: Mo<strong>the</strong>r Nature’s Son” frappiert<br />
als von Charles Stepney opulent orchestrierter<br />
Swing-Waltz, auf dem Ramsey Lewis bereits<br />
seine ganze Palette an Pianobrillanz einsetzen<br />
kann. “Back In The USSR” wird völlig<br />
Rock’n’Roll-frei als “Shaft”-artiger Black<br />
Funk zelebriert, Fender Rhodes und sparsame<br />
Moog-Einlagen Stepneys vermählen sich mit<br />
den typischen Isaac-Hayes-Strings und agiler<br />
Rhythmussektion. Was mit “Sexie Sadie”,<br />
“Cry Baby Cry” oder “Rocky Racoon” passiert<br />
– try baby try!<br />
(Cadet/ Universal Japan, 1969,<br />
10/40:19) utw<br />
LOS MITICOS DEL RITMO<br />
LOS MITICOS DEL RITMO<br />
Queens “Ano<strong>the</strong>r One<br />
Bites The Dust” auf<br />
dem Akkordeon gespielt,<br />
von einer Perkussionsektion<br />
mit<br />
tanzbaren<br />
Cumbia-<br />
Beats befeuert – geht<br />
das? ?Ja, und wie! !Los Miticos Del Ritmo beweisen<br />
es. „Die My<strong>the</strong>n des Rhythmus” sind<br />
ein britisch-kolumbianisches Bandprojekt<br />
um den Engländer Will „Quantic” Holland,<br />
der seit 2007 an der Karibikküste lebt und<br />
zuletzt mit der Anthologie THE ORIGINAL<br />
SOUND OF CUMBIA 1948–79 (Good-<br />
Times 1/2012) für Aufsehen sorgte, für die<br />
er fünf <strong>Jahre</strong> lang recherchierte. Auf dem Album<br />
LOS MITICOS DEL RITMO versucht<br />
er mit seiner siebenköpfigen Band ebenfalls,<br />
die klassische Cumbia, die in Kolumbien<br />
etwas aus der Mode gekommen ist, wiederzubeleben.<br />
Aufgenommen wurden die Instrumentals<br />
in seinem eigenen Studio in Cali<br />
in typischer Besetzung (Akkordeon, Bass,<br />
Perkussion), ohne viel Schnickschnack. Als<br />
weiteres überraschendes Cover ist Michael<br />
Jacksons “Don’t S<strong>to</strong>p ‘Til You Get Enough”<br />
im Programm.<br />
(Soundway/Indigo, 2012, 11/31:35) frs<br />
ROCKET JUICE &<br />
THE MOON<br />
ROCKET JUICE & THE MOON<br />
Rocket Juice & The Moon kann man als eine<br />
Art Supergroup bezeichnen. Im Zentrum<br />
stehen zwei der derzeit Besten ihres Faches,<br />
Bassist Flea (Red Hot Chili Peppers) und<br />
Drummer Tony Allen (ehemals Mitglied bei<br />
Fela Kutis Band Africa 70); und Sänger ist<br />
Damon Albarn (Blur, Gorillaz). Die drei bekamen<br />
die Idee zu ihrem Afro-Funk-Projekt<br />
bei einem gemeinsamen Flug nach Nigeria.<br />
Nicht von ungefähr ähnelt das psychedelische<br />
Space-Comic-Coverbild ihres selbst<br />
betitelten Debütalbums ROCKET JUICE &<br />
THE MOON denjenigen der frühen Funkadelic-Platten,<br />
denn darauf ist eine der wohl<br />
derzeit freakigsten und groovigsten Musiken<br />
auf dem Planeten zu hören. Allen/Flea legen<br />
ein grundsolides Fundament, über dem spacige<br />
Keyboardklänge und die Bläsersounds<br />
des Hypnotic Brass Ensembles flirren. Albarn<br />
hält sich als Sänger zurück und überlässt das<br />
Feld zwei der derzeit schönsten Stimmen im<br />
Universum: der Soulsängerin Erykah Badu<br />
und der Afrikanerin Fa<strong>to</strong>umata Diawara. Ein<br />
Feuerwerk an aufregenden Grooves!<br />
(Honest Jon’s/Indigo, 2012, 18/52:43) frs<br />
SERGIO MENDOZA Y LA<br />
ORKESTRA<br />
SERGIO MENDOZA Y LA<br />
ORKESTRA<br />
Bisher war Sergio<br />
Mendoza als Tourmusiker<br />
mit Devotchka<br />
und Calexico unterwegs<br />
– bis er sich<br />
dazu entschloss, eine<br />
Mamboband zu gründen.<br />
Wobei „Band” d”der Sache nicht so richtig<br />
gerecht wird, 15 Mann sind eher ein kleines<br />
Orchester, und so war mit Sergio Mendoza<br />
Y La Orkestra schnell ein passender Name<br />
für die Combo gefunden. Etwas schwerer<br />
tut man sich dagegen mit der stilistischen<br />
Einordnung. Die Musiker selbst verstehen<br />
sich als lateinamerikanische Bigband mit<br />
Punk-Attitüde, denn ganz egal, ob sie auf<br />
ihrem selbst betitelten Debüt einen (allesamt<br />
von Mendoza komponierten) Mambo,<br />
Salsa, Cumbia oder einen Western spielen,<br />
man darf weder eine klassische Herangehensweise<br />
noch eine stilgetreue Umsetzung<br />
erwarten. Mit ungezügelter Spiellaune wird<br />
da drauflos musiziert, so dass den Worten<br />
von Giant-Sand-Chef Howe Gelb nichts<br />
mehr hinzugefügt werden muss: „Es macht<br />
einfach Spaß, sie spielen zu sehen. Sie sind<br />
die wahrscheinlich glücklichste Band des<br />
Planeten – und genau so klingen sie auch.”<br />
(Le Pop Musik/Groove Attack, 2012,<br />
11/38:23) us<br />
JAZZKANTINE<br />
JAZZKANTINE SPIELT<br />
VOLKSLIEDER<br />
Die Jazzkantine ist zurück. Und das mit<br />
einem tiefen Griff in die Schatzkiste deutschen<br />
Liedguts. Ohne Ehrfurcht und ohne<br />
stilistische Scheuklappen, dafür offen und<br />
frech interpretiert diese lockere Ansammlung<br />
hervorragender Musiker politische Lieder<br />
wie “Die Gedanken sind frei”, Liebeslieder<br />
wie “Wenn ich ein Vöglein wär”, Wanderlieder<br />
wie “Im Frühtau zu Berge”, Kinderlieder<br />
wie den “Bi-Ba-Butzemann” oder<br />
Schiller & Beethovens “Ode an die Freude”.<br />
Und wie von ihnen gewohnt, haben sie sich<br />
für diesen Streifzug illustre Gäste ins Studio<br />
geholt, so sorgen der schwedische Posaunist<br />
Nils Landgren, die vielseitige Sängerin Pat<br />
Apple<strong>to</strong>n, Fury-In-The-Slaughterhouse-<br />
Stimme Kai Wingenfelder oder der Sänger<br />
der Crossover-Band Such A Surge, Michel<br />
Begeame, für hochklassige Abwechslung bei<br />
diesem bunten Liederreigen. Coole Sache!<br />
(Polydor/Universal, 2012, 15/55:44) us<br />
BEN ZABO<br />
BEN ZABO<br />
„Seine Musik gleicht einer Reihe von Feuerwerkskörpern,<br />
die von der Tanzfläche einer<br />
Mitternachtsparty aufsteigen”, schreibt Walkabouts-Mastermind<br />
Chris Eckman in den<br />
Liner-Notes. Tatsächlich geht die Musik des<br />
malinesischen Sängers und Gitarristen Ben<br />
Zabo enorm in die Beine. Die zwischen sechs<br />
und acht Minuten langen Stücke auf seinem<br />
unbetitelten Debütalbum sind wunderbar ausgelassene<br />
Feiern westafrikanischer Grooves,<br />
gepaart mit den eruptiven Leadgitarren-Licks<br />
aus den Händen des grandios aufspielenden<br />
Saboua Dieudonne Koïta. Einerseits steht der<br />
Sound ganz in der Nachfolge des durch Malis<br />
großen Saitenzauberer Ali Farka Touré bekannt<br />
gewordenen Sahara-Blues, andererseits<br />
in der etwas verschüttet gegangenen Afro-<br />
Funk-Tradition des Landes. Entdecker des<br />
33-jährigen Talents ist Peter Weber, Inhaber<br />
des deutschen Labels Glitterhouse; er stieß<br />
auf Ben Zabo in einem Studio in Bamako.<br />
Nach der Band Tamikrest lanciert er nun mit<br />
seiner eigentlich auf Americana spezialisierten<br />
Plattenfirma einen weiteren großartigen<br />
Act aus Westafrika.<br />
(Glitterhouse/Indigo, 2012, 7/45:31) frs<br />
PASCAL (VON WROBLEWSKI)<br />
SEVENTIES SONGBOOK<br />
Bezaubernde<br />
Rückschau<br />
auf<br />
große<br />
Momente<br />
der Rockgeschichte.<br />
Jazz-Vokalistin<br />
Pascal von Wroblewski<br />
gibt sich<br />
auf SEVENTIES SONGBOOK unendlich<br />
entspannt und macht aus “Smoke On The<br />
Water” (Deep Purple), “Go Your Own Way”<br />
(Fleetwood Mac) oder “Black Dog” (Led<br />
Zeppelin) chillige Abhängnummern. “Lucky<br />
Man” (ELP) und “I’m Not In Love” (Ten<br />
CC) könnten der Sängerin, die ihr Organ<br />
wie ein gut gestimmtes Instrument bedient,<br />
auf den Leib geschrieben sein. Logisch, dass<br />
sie “Move Over” (Janis Joplin) mit links<br />
stemmt. Scheiben dieser Art gehören zwar<br />
mittlerweile zur alltäglichen Starbucks-Beschallung,<br />
SEVENTIES SONGBOOK ist in<br />
dieser Flut aber ganz klar eine der guten.<br />
(Dune Fish/SPV, 2012, 10/53:49) jub<br />
GEORGIE FAME<br />
A PORTRAIT OF CHET<br />
In den 1980er <strong>Jahre</strong>n arbeitete Georgie<br />
Fame neben seinen Blue Flames und Big-<br />
Band-Projekten als Vokaldozent am Konserva<strong>to</strong>rium<br />
von Utrecht – hier entstand die<br />
Idee, dem Reper<strong>to</strong>ire des US-Trompeters in<br />
kleiner, feiner Besetzung mit dem Ellen-Helmus-Quintet<br />
zu frönen. Ein netter Zug von<br />
Sonet, das Album nach dem frühen Tod der<br />
begabten Flötistin wieder aufzulegen: U.a.<br />
mit Frits Landesbergen am Vibraphon liefert<br />
die Combo eine kongeniale Begleitung für<br />
Fame. Der Clou: Hier wird nicht nur einfühlsam<br />
der cool-klare Gesangsmodus Bakers<br />
nachempfunden, sondern seine Trompetensoli<br />
werden mit Texten versehen – teils bereits<br />
in den Sixties von Fames Men<strong>to</strong>r Mike<br />
O’Neill verfasst, später von Fame kongenial<br />
ergänzt. Einige Nummern wie Rogers &<br />
Harts “Do It The Hard Way” oder “It Could<br />
Happen To You” hatte der Brite bereits 1967<br />
auf THE TWO FACES OF FAME interpretiert,<br />
22 <strong>Jahre</strong> später zeigt der Vergleich die<br />
Vollendung, ebenso wie in George Gershwins<br />
“But Not For Me” oder seiner eigenen<br />
Hommage an Baker: “Lament For Chet”.<br />
(Four Leaf Records/Sonet, 1989,<br />
11/45:07) utw<br />
Jazz & World <strong>Music</strong><br />
ESBJÖRN SVENSSON TRIO<br />
301<br />
Im Januar 2007<br />
befand sich das<br />
das Esbjörn Svensson<br />
Trio auf Tour<br />
durch Asien und<br />
entschloss<br />
sich<br />
kurzfristig dazu,<br />
während einiger ii Ruhetage ht das berühmte<br />
301-Studio in Sydney anzumieten. Um zwei<br />
Tage am Stück ohne Druck zu jammen, neue<br />
Stücke zu entwickeln, dem Tourstress ein<br />
Schnippchen schlagen. Einen Teil dieser Aufnahmen<br />
haben sie nach dem tragischen Tod<br />
Esbjörn Svenssons 2008 posthum veröffentlicht:<br />
LEUCOCYTE gilt sowohl bei Fans als<br />
auch bei Kritikern als eines der besten e.s.t.-<br />
Werke. Nun stellt 301 weitere sieben Stücke<br />
aus dieser Zweitages-Session vor, präsentiert<br />
ungemein inspirierte Musik, die das schwedische<br />
Trio auf der Höhe seiner Kunst zeigt.<br />
Stücke, die teilweise so spannungsgeladen<br />
wie noch nie klingen, die aber wenige Augenblicke<br />
später schon wieder in einem abgründigen<br />
Piano-Mikrokosmos versinken – Jazz<br />
der Extraklasse.<br />
(ACT/edel, 2012, 7/61:06)<br />
us<br />
CAETANO VELOSO &<br />
DAVID BYRNE<br />
LIVE AT CARNEGIE HALL<br />
Die Liebe von David Byrne zur Weltmusik<br />
im Allgemeinen und zu brasilianischen Klängen<br />
im Besonderen ist hinlänglich bekannt.<br />
Bei seinen Besuchen dort hat er sich mit Caetano<br />
Veloso angefreundet. Acht <strong>Jahre</strong> hat es<br />
gedauert, bis ihr gemeinsamer Auftritt in der<br />
New Yorker Carnegie Hall am 17. April 2004<br />
nun auch auf Platte nachzuerleben ist. Dabei<br />
stand Veloso zunächst solo auf der Bühne,<br />
stimmte eigene Erfolge wie “Você é Linda”<br />
entspannt und doch eindringlich an, ehe<br />
Byrne seinen Platz übernahm und – die Fans<br />
seiner Ex-Band Talking Heads werden’s ihm<br />
danken – auch alte Klassiker wie “Road To<br />
Nowhere” in<strong>to</strong>nierte. Dazu Bossa Nova,<br />
Samba und Tropicana, präsentiert mit intimsparsamer<br />
Akustikbegleitung – da macht sich<br />
kontemplative Stimmung breit, gerade auch<br />
bei den gemeinsam angestimmten Songs wie<br />
“(Nothing But) Flowers” oder “Heaven”.<br />
(Nonesuch/Warner, 2012, 18/70:33) pro<br />
JOAN ARMATRADING<br />
STARLIGHT<br />
Joan Armatrading hat ihren Masterplan einer<br />
Trilogie zur Erforschung diverser Genres<br />
plangemäß (siehe Interview S. 96) in<br />
überzeugender Manier abgeschlossen: Nach<br />
dem Blues und Rock hat sie sich des Jazz<br />
angenommen. Sie hat für STARLIGHT<br />
sämtliche Instrumente selbst gespielt und<br />
überrascht dabei: Immer wieder lässt die<br />
gelernte Gitarristin ihr Hauptinstrument in<br />
den Hintergrund treten und rückt dafür das<br />
Piano in den Vordergrund – oder beschränkt<br />
sich wie in “The Way I Think Of You” auf<br />
die Tasten und den Bass. Die Stücke sind allesamt<br />
sehr melodisch ausgefallen, überzeugen<br />
bei aller Instrumentalvirtuosität durch<br />
kompakten Songcharakter und eingängige<br />
Kompositionen – Ms Armatrading atmet<br />
mit diesem Album den Jazz aus allen Poren,<br />
lässt es dabei stets grooven und swingen.<br />
(Hypertension/Soulfood, 2012,<br />
10/39:57) pro<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 51
CD<br />
REVIEWS<br />
JOHNNY CASH<br />
THE SOUL OF TRUTH –<br />
BOOTLEG VOL. IV<br />
Bekannt wurde er<br />
als der „Mann in<br />
Schwarz”, der über<br />
Schießereien und<br />
Schlägereien sang.<br />
Doch zeitlebens interpretierte<br />
Johnny<br />
Cash immer wieder Spirituals und Gospels.<br />
„Diese Musik bildete für meinen Vater<br />
ein spirituelles Fundament, sie ließ ihn<br />
zum Glauben finden”, schreibt sein Sohn<br />
John Carter-Cash in den Liner-Notes zu<br />
THE SOUL OF TRUTH. Die Doppel-CD<br />
– Folge vier der Columbia-Bootleg-Serie –<br />
präsentiert im Wesentlichen zwei rare, vergriffene<br />
Alben: A BELIEVER SINGS THE<br />
TRUTH (1979 eingespielt, 1982 erschienen)<br />
und GOSPEL SINGER (1983), beide<br />
beim Gospel-Label Priority veröffentlicht.<br />
Allerdings kamen die Aufnahmen nie in ihrer<br />
Gesam<strong>the</strong>it auf den Markt; somit gibt es<br />
jetzt fünf bislang unveröffentlichte Songs<br />
dazu. Eine besondere Kostbarkeit sind jedoch<br />
die ersten zwölf Lieder auf CD 2: Sie<br />
wurden 1975 für ein bis heute unbetiteltes<br />
und unveröffentlichtes Album eingespielt.<br />
Lediglich zwei der Songs waren bislang auf<br />
Kompilationen erhältlich, die anderen zehn<br />
erblicken nun zum ersten Mal das Licht der<br />
Öffentlichkeit. Berühmte Gospels sucht<br />
man vergeblich –, abgesehen vielleicht von<br />
“This Train Is Bound For Glory” – vielmehr<br />
interpretiert Cash unbekanntere spirituelle<br />
Songs, rund ein Drittel sind gar Eigenkompositionen.<br />
Der Mann in Schwarz – mal mit<br />
reingewaschener Seele.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 25/67:22,<br />
26/73:14) frs<br />
MARY BLACK<br />
STORIES FROM THE STEEPLES<br />
Nach sechsjähriger Pause erschien Ende<br />
April endlich wieder ein neues Lebenszeichen<br />
von Mary Black. Schon lange ist<br />
ihre Musik kein Irish Folk im klassischen<br />
Sinne mehr, und so tendiert auch STORIES<br />
FROM THE STEEPLES in Richtung Singer/Songwriter-Pop.<br />
Mit Imelda May, dem<br />
neuen Star am irischen Rockabilly-Himmel,<br />
swingt Mary Black ein ausgelassenes<br />
“Mountains To The Sea”, bewegend das<br />
Duett mit Irish-Folk-Legende Finbar Furey.<br />
Gleich drei der neuen Stücke wurden von<br />
Danny O’Reilly geschrieben, einem jungen<br />
irischen Songwriter, dessen Lieder dem<br />
Album einen frischen Touch geben. Nichts<br />
von seiner Aktualität verloren hat Eric Bogles<br />
Antikriegssong “All The Fine Young<br />
Men”, das von Ry Cavanaugh geschriebene<br />
“Lighthouse Light” singt Mary Black<br />
zusammen mit einer der ganz Großen der<br />
amerikanischen Folkszene, mit Janis Ian.<br />
(Blix Street Records/Rough Trade,<br />
2012, 12/49:39) us<br />
JUSTIN TOWNES EARLE<br />
NOTHING’S GONNA CHANGE<br />
THE WAY YOU FEEL ABOUT<br />
ME NOW<br />
Wie der Vater, so der Sohn, meint man<br />
zunächst, wenn man die ersten Takte<br />
von Justin Townes Earles neuem Album<br />
NOTHING’S GONNA CHANGE THE<br />
WAY YOU FEEL ABOUT ME NOW hört.<br />
Nicht nur, dass der Spross von Steve Earle<br />
im Opener “Am I That Lonely Tonight?”<br />
fast mit gleicher Stimme und im gleichen<br />
Stil wie sein Vater zu hören ist, noch dazu<br />
singt er als Reminiszenz: „Hear my fa<strong>the</strong>r<br />
on <strong>the</strong> radio ...” Anschließend merkt man<br />
aber dann doch den (Alters-)Unterschied:<br />
Songs wie “Look The O<strong>the</strong>r Way” oder das<br />
zauberhafte “Maria” zeigen mit ihrer fast<br />
schon Lloyd-Cole-haften Leichtigkeit, dass<br />
Justin Townes tiefer im New Alternative<br />
Country, ja auch im Pop, steckt. Auch mit<br />
der R&B-Nummer “Baby’s Got A Bad Idea”<br />
oder dem angejazzten “Down On The Lower<br />
East Side” beweist er, dass er sich auf seinem<br />
nunmehr fünften Album durchaus vom<br />
väterlichen Erbe zu befreien weiß. Wer dann<br />
noch so eine so zeitlos schöne Ballade wie<br />
“Won’t Be The Last Time” schreiben kann,<br />
dem steht die Zukunft offen!<br />
(Bloodshot/Indigo, 2012, 10/30:29) frs<br />
CHIP TAYLOR & THE NEW<br />
UKRAINIANS<br />
F**K ALL THE PERFECT PEOPLE<br />
Chip Taylor hat in<br />
den letzten zehn <strong>Jahre</strong>n<br />
einige großartige<br />
Alben<br />
veröffentlicht.<br />
Sein Fleiß und<br />
Schaffensdrang<br />
in<br />
Ehren, aber er mutet<br />
ttsich ihdoch etwas zu viel zu. Beim Hören<br />
seiner neuen CD kommt stellenweise<br />
Langeweile auf. So sind die meisten Songs<br />
recht behäbig, etwas eintönig und haben<br />
selten Höhepunkte. Positiv aus dem Rahmen<br />
fallen das melodiöse “New Things”,<br />
“The Baby” (1971 für die Hollies mit Sänger<br />
Mikael Rick fors geschrieben) und das<br />
flotte “Phones In Dead”. Der Songwriter<br />
hatte die Idee zu diesem Album vor zwei<br />
<strong>Jahre</strong>n während einer Schweden-Tour, für<br />
die er von einer schwedischen Band begleitet<br />
wurde – die heutigen New Ukrainians.<br />
Am 22. Juli 2011 ereignete sich das unvorstellbare<br />
Massaker auf der Insel Utöya,<br />
dem über 70 Menschen zum Opfer fielen.<br />
Taylor, der wenige Tage zuvor eine Norwegen-Tour<br />
begonnen hatte, schrieb den Song<br />
„This Darkest Day” zur Erinnerung an diesen<br />
tragischen Tag und fügt ihn als Bonus-<br />
Track bei. Selbstverständlich auch dabei:<br />
der langjährige Weggefährte und Gitarrist<br />
John Platania.<br />
(Train Wreck Records/inakustik,<br />
2012, 16/70:02) p<br />
LINDISFARNE<br />
MAGIC IN THE AIR + BACK AND<br />
FOURTH<br />
Nach zahlreichen Besetzungswechseln und<br />
enttäuschenden Tourneen lösten sich Lindisfarne<br />
1975 auf. Dieser Tiefpunkt sorgte<br />
ein Jahr später dafür, dass sich die Originalmitglieder<br />
Alan Hull, Ray Jackson, Simon<br />
Cowe, Rod Clements und Ray Laidlaw auf<br />
ihre erfolgreiche Zeit als Band besannen<br />
und für ein Reunion-Konzert zusammenkamen.<br />
Der Erfolg beim Publikum gab<br />
ihnen weiteren Auftrieb, so dass sie 1978<br />
mit MAGIC IN THE AIR ein im Dezember<br />
1977 mitgeschnittenes Konzert aus der<br />
Newcastle City Hall veröffentlichten. Kurz<br />
darauf kam mit BACK AND FOURTH<br />
sogar ein neues Studio-Album heraus, das<br />
zwar beim Publikum ganz gut ankam (UK<br />
#22), bei der Kritik aber auf geteiltes Echo<br />
stieß. “Run For Home” wurde einhellig<br />
als der bis dahin beste Alan-Hull-Song<br />
bezeichnet, insgesamt jedoch fehlte vielen<br />
der experimentelle Ansatz, der diese Band<br />
Anfang der 70er zum Trendsetter gemacht<br />
hatte, vielen war ihr Folk-Rock zu brav und<br />
zu bieder geraten.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1978,<br />
19/79:<strong>50</strong> + 13/45:55) us<br />
THE CHIEFTAINS<br />
VOICE OF AGES<br />
Von wegen „dienstälteste<br />
Band”! Nicht<br />
nur die <strong>Rolling</strong><br />
S<strong>to</strong>nes feiern 2012<br />
ihr <strong>50</strong>-jähriges Bestehen,<br />
auch die<br />
Chieftains sind seit<br />
1962 ununterbrochen dabei. Im Jubiläumsjahr<br />
legen die Irish-Folk-Heroen mit<br />
VOICE OF AGES nun ein ganz besonderes<br />
Album vor, das man getrost als gelungenen<br />
Verjüngungsversuch werten kann. Ging das<br />
Sextett aus Dublin schon häufiger überraschende<br />
Kollaborationen ein, um die<br />
Grenzen irischer Folklore zu sprengen (sie<br />
musizierten zusammen mit Country- und<br />
Rockkünstlern – darunter die S<strong>to</strong>nes – oder<br />
auch mit spanischen und lateinamerikanischen<br />
Musikern), so docken sie diesmal<br />
bei der um eine Generation jüngeren Indie-<br />
Folk/Americana-Gemeinde an. Zu hören<br />
sind die Veteranen gemeinsam u.a. mit Bon<br />
Iver, den Pis<strong>to</strong>l Annies und Low An<strong>the</strong>m.<br />
Zu den Höhepunkten zählen das Dylan-<br />
Cover “When The Ship Comes In” mit den<br />
Decemberists sowie eine herzergreifende<br />
Interpretation des Traditionals “My Lagan<br />
Love” (von den Simple Minds als “Belfast<br />
Child” kopiert) mit der jungen irischen<br />
Sängerin Lisa Hannigan. Ein Album, das<br />
Spaß macht!<br />
(Hear <strong>Music</strong>/Universal, 2012, 15/64:06) frs<br />
SUZY BOGGUSS<br />
AMERICAN FOLK SONGBOOK<br />
Die von Rod Stewart in mehreren Folgen<br />
realisierte Idee der Aufbereitung der allgemeinen<br />
und souligen American Songbooks<br />
folgt nun auch eine folkige Variante. Rod ist<br />
zu danken für eine sehr sinnvoll losgetretene<br />
Lawine. Die im Folk- und Country-Bereich<br />
bei der Sängerin Suzy Bogguss (Baujahr<br />
1956) in ausgesprochen passenden Händen<br />
liegt, denn die vielfach ausgezeichnete<br />
Country-Diseuse hat mit rund zwei Dutzend<br />
Alben längst bewiesen, dass sie zu den Besten<br />
ihres Faches gehört. Sie verfügt über<br />
eine klare, nicht zu liebliche, naturbelassene<br />
Stimme, mit der sie die von ihr höchstselbst<br />
arrangierten Genreklassiker wie “Shady<br />
Grove”, “Shenandoah”, “Red River Valley”,<br />
“Wayfaring Stranger”, “Banks Of The<br />
Ohio”, “Rock Island Line” oder “Swing Low<br />
Sweet Chariot” mit frischem Blut versorgt.<br />
Und auch bei den (hier zu Lande) etwas weniger<br />
bekannten Liedern schleichen sich keine<br />
Qualitätsabstriche ein. Routine im besten<br />
Sinne klingt da schon an, aber nie schlägt<br />
Lässigkeit in Nachlässigkeit um. Genauso<br />
beseelt bei der Sache sind die zahlreichen<br />
Begleitmusiker, die mit diversen Saiteninstrumenten<br />
– hier wird immer gezupft und<br />
niemals gerupft! –, Akkordeon, Fiddle und<br />
Mundharmonika für ebenso luftig-fragile<br />
Country & Folk<br />
wie nuanciert ausdrucksvolle Instrumentalumrahmungen<br />
sorgen. Dieses AMERICAN<br />
FOLK SONGBOOK macht gewaltigen Appetit<br />
auf Fortsetzungen!<br />
(Loyal Dutchess Records/Bertus, 2011,<br />
17/61:31) hjg<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
SIXTIES TRANSITION<br />
Der<br />
verdienstvolle<br />
Amerikaner<br />
Jim<br />
Dickson ist der Produzent<br />
dieses enorm<br />
interessanten Samplers.<br />
Er verdeutlicht<br />
den<br />
folk-rockigen<br />
Stand der USA in der Mitte der Sixties. Die<br />
reine Folklehre hatte unter dem Ansturm<br />
der Briten und der aufkommenden Lust<br />
an neuen Namen und frischen Ideen einen<br />
schweren Stand – die explosive Mischung<br />
aus Beatles & Dylan kam rasend in Fahrt.<br />
Natürlich mit den Byrds an der Spitze, die<br />
hier mit vier „Pre-Flyte-Aufnahmen” vertreten<br />
sind, darunter auch “Mr. Tambourine<br />
Man”. Alsbald-Byrd David Crosby steuert<br />
solo Cover-Versionen von Liedern aus der<br />
Feder von Hoyt Ax<strong>to</strong>n und Ray Charles<br />
(!) bei. Sein Kollege Chris Hillman in<strong>to</strong>niert<br />
mit The Hillmen zwei Dylan-Songs<br />
im Blue grass-Stil, und auch die Gosdin<br />
Bro<strong>the</strong>rs und Hamil<strong>to</strong>n Camp (mit The<br />
Byrds als Begleitband) bedienen sich bei<br />
Dylan. Hillman und Byrds-Drummer Michael<br />
Clarke sind zudem auch als Helfer<br />
der Dillards zu hören. Außerdem im Angebot:<br />
Dian & The Greenbriar Boys mit einer<br />
guten Version von Hoyt Ax<strong>to</strong>ns “He Was<br />
A Friend Of Mine” und Dino Valenti mit<br />
seinem Klassiker “Get Toge<strong>the</strong>r”, der wesentlich<br />
sperriger ertönt als die erfolgreiche<br />
Version der Youngbloods. Nicht ganz so bedeutsam<br />
sind die Beiträge von Bud Shank<br />
(mit Crosby an der Gitarre) und Leon Russell.<br />
Insgesamt eine großartige Scheibe für<br />
Fans, die auch an musikhis<strong>to</strong>rischen Zusammenhängen<br />
interessiert sind!<br />
(Retroworld/Soulfood, 2012, 20/53:03) hjg<br />
LOUDON WAINWRIGHT III<br />
OLDER THAN MY OLD MAN<br />
NOW<br />
Mehrere Generationen von Musikern aus<br />
dem Wainwright-Clan unterstützen Familienoberhaupt<br />
Loudon Wainwright III auf<br />
seinem neuen Album. Duette mit den Kindern<br />
Rufus, Martha, Lexie Kelly und Lucy,<br />
natürlich ist auch Ex-Lebensabschnittsgefährtin<br />
Suzy Roche mit dabei, dazu noch<br />
alles andere als alltägliche Gäste wie<br />
John Scofield, Ramblin’ Jack Elliott oder<br />
Chris Smi<strong>the</strong>r. OLDER THAN MY OLD<br />
MAN NOW heißen sowohl der Titel des<br />
Albums als auch der bewegende Song,<br />
in dem Loudon das Verhältnis zu seinem<br />
(im 63. Lebensjahr vers<strong>to</strong>rbenen) Vater<br />
<strong>the</strong>matisiert, mit dem 1975 geschriebenen<br />
Stück “Over The Hill” erinnert er an Kate<br />
McGarrigle, seine Ex-Frau und Mutter von<br />
Rufus und Martha. Eine außergewöhnliche<br />
Geschichte dürfte auch das Duett mit Barry<br />
Humphries (aka Dame Edna Everage)<br />
sein, dessen Text (“I Remember Sex”)<br />
beweist, dass bei Folkmusik nicht immer<br />
die ernsten Themen im Vordergrund stehen<br />
müssen.<br />
(Proper/Rough Trade, 2012, 15/54:19) us<br />
Seite 52 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD REVIEWS Country & Folk<br />
MATHIAS SCHÜLLER &<br />
BAND<br />
TATA<br />
Dass guter Americana keinesfalls nur aus<br />
Amerika kommen muss, dass zum Beispiel<br />
auch in Skandinavien eine Vielzahl hervorragender<br />
Bands in dieser Stilrichtung<br />
zu Hause ist, dürfte bekannt sein. Relativ<br />
neu auf der Americana-Landkarte ist aber<br />
der Niederrhein, von dort kommt Mathias<br />
Schüller mit seiner Band. Mit elf live eingespielten<br />
Songs liefert TATA den profunden<br />
Beweis dafür, dass auch Musik aus deutschen<br />
Landen (und in deutscher Sprache)<br />
grooven, knarzen und countryhaft rocken<br />
kann. Gleich der Opener “Feuerland” powert<br />
gehörig los, “Barcelona” tänzelt im<br />
Walzertakt daher, “Who Do You Love?”<br />
orientiert sich an amerikanischem Heartland-Rock<br />
im Stile Tom Pettys. Auch Soul<br />
(“Das Einzige was bleibt”) und Blues (“Am<br />
Ende der Welt”) werden locker eingebaut,<br />
runden ein klasse Album gekonnt ab.<br />
(Cactusrock-Records, 2012, 11/58:31) us<br />
MAIRI MORRISON &<br />
ALASDAIR ROBERTS<br />
URSTAN<br />
URSTAN ist die<br />
äußerst<br />
interessante<br />
Zusammenarbeit<br />
zweier<br />
Künstler, die von<br />
der<br />
Papierform<br />
her<br />
eigentlich<br />
gar nicht zusammenpassen. Die Sängerin<br />
Mairi Morrison stammt aus Bragar, einem<br />
der westlichsten Orte Schottlands und<br />
gleichzeitig eine der letzten Bastionen der<br />
langsam aussterbenden gälischen Sprache<br />
und Kultur. Alasdair Roberts ist ein eher<br />
urban geprägter Folksänger aus Glasgow,<br />
der bisher weder an die Inseleinsamkeit<br />
gewöhnt war, noch die gälische Sprache<br />
beherrschte. Trotzdem gelingt den beiden<br />
eine außergewöhnlich intensive Zusammenarbeit,<br />
bei der zwar die meisten Stücke<br />
traditionellen Ursprungs sind, die wenig<br />
neueren oder selbst geschriebenen aber<br />
nicht aus dem Rahmen fallen. Auch musikalisch<br />
geht URSTAN ein gutes Stück über<br />
das hinaus, was man von „gewöhnlichen”<br />
Folkalben so gewohnt ist, vielleicht auch<br />
das eine Folge vom befruchtenden Zusammentreffen<br />
zweier Welten.<br />
(Drag City/Rough Trade, 2012,<br />
12/49:00) us<br />
KYLE CAREY<br />
MONONGAH<br />
Ein bezauberndes Debüt ist der jungen<br />
Amerikanerin Kyle Carey mit MONON-<br />
GAH gelungen. Aufgewachsen in Alaska,<br />
verdiente sie sich als Fiddle-Spielerin<br />
in der kanadischen Folkszene von Cape<br />
Bre<strong>to</strong>n erste Anerkennung, verbrachte<br />
danach einige Zeit auf den schottischen<br />
Inseln Skye und Lewis, um dort die Feinheiten<br />
des gälischen Gesangs zu erlernen.<br />
Wie talentiert und erfolgreich sie dabei<br />
ist, zeigen nicht nur die klasse Songs, die<br />
sie für ihr Debüt geschrieben hat, sondern<br />
auch die kollegiale Unterstützung, die sie<br />
bei den Aufnahmen erhielt. Ein gälisches<br />
Duett mit Aoife Clancy, Donogh Hennessy<br />
an der Gitarre, Trevor Hutchinson<br />
am Bass, Viola und Fiddle spielten Rosie<br />
MacKenzie (The Cottars) und Brendan<br />
O’Sullivan (Gràda), und Pauline Scanlon<br />
sorgt für die wunderschönen Harmony-<br />
Vocals.<br />
(www.kyleannecarey.com, 2012,<br />
11/45:04) us<br />
SHEB WOOLEY<br />
WHITE LIGHTNIN’<br />
Neben Gary Cooper<br />
spielte er<br />
in „Zwölf Uhr<br />
mittags”,<br />
neben<br />
James Dean in<br />
„Giganten”, neben<br />
Clint Eastwood in<br />
der TV-Serie „Rawhide”. Doch nicht nur<br />
als Schauspieler zeigte der Cousin von<br />
Roger Miller sein Können, für die langjährige<br />
Fernsehshow „Hee-Haw” schrieb<br />
er die Titelmelodie: Sheb Wooley. Eigentlich<br />
war er ja Countrysänger, doch seine<br />
größten Erfolge gelangen ihm beim Pop-<br />
Publikum. Auf WHITE LIGHTNIN’ präsentiert<br />
Bear Family jetzt in seiner “Gonna<br />
Shake This Shack Tonight”-Reihe die<br />
schnellen, stampfenden Songs, die Sheb<br />
Wooley in den 40er und <strong>50</strong>er <strong>Jahre</strong>n aufgenommen<br />
hat. Fetziger Country-Boogie,<br />
wie gemacht für die Jukeboxen der Prä-<br />
Rock’n’Roll-Ära des amerikanischen<br />
Wes tens. Und 1962 war Wooley dann endlich<br />
auch in den Country-Charts erfolgreich,<br />
das wilde “That’s My Pa” landete<br />
dort endlich auf dem ersten Platz. Mit gewohnt<br />
ausführlicher Biografie (Todd Everett)<br />
und Discographie (Richard Weize) im<br />
Booklet.<br />
Bear Family, 2012, 30/73:30) us<br />
COWBOY JUNKIES<br />
THE WILDERNESS: THE<br />
NOMAD SERIES VOLUME 4<br />
Über den Zeitraum von gut 18 Monaten<br />
haben die Cowboy Junkies ihre „Nomad<br />
Series” veröffentlicht. THE WILDER-<br />
NESS, der Titel der vierten Ausgabe,<br />
bezieht sich aber nicht auf musikalische<br />
Ausgelassenheit (die es im Laufe der Serie<br />
durchaus zu hören gab!), sondern auf<br />
die Texte, die sich mit Zerbrechlichkeit,<br />
Sinnleere, Einsamkeit, Verzweiflung und<br />
Verlust beschäftigen, aber auch deren<br />
positive Gegensätze nicht außer Acht<br />
lassen. Kurz gesagt hat sich Songwriter<br />
Michael Timmins also den unlenkbaren<br />
Balance-Akt des Lebens vorgenommen.<br />
Musikalisch gesehen klingen die Songs<br />
bis auf ein, zwei Ausnahmen so zurückgenommen<br />
wie schon lange auf keinem<br />
Cowboy-Junkies-Album mehr, wenngleich<br />
die Intensität ihrer legendären<br />
TRINITY SESSION weiterhin unerreicht<br />
bleibt – aber definitiv ist THE WILDER-<br />
NESS wieder mal ein Werk, dass in seiner<br />
Stimmung an solche Großtaten anknüpft.<br />
(Proper/Rough Trade, 2012, 10/42:39) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
WAYLON – THE MUSIC INSIDE<br />
– A COLLABORATION DEDICA-<br />
TED TO WAYLON JENNINGS<br />
VOLUME II<br />
Zweiter Teil der Tribute-Serie für Waylon<br />
Jennings (Teil 1 siehe GT 3/2011). Erneut<br />
machen sich Berühm<strong>the</strong>iten sowie nicht<br />
ganz so Prominente über Jennings’ Lieder<br />
her. Ganz so stark wie bei Volume 1 fällt<br />
die Ernte diesmal nicht aus, aber Jack Ingram<br />
hat den Klassiker “Bob Wills Is Still<br />
The King” im Qualitätsgriff, und Pat Green<br />
(“Rainy Day Woman”) und Josh Thompson<br />
(“Love Of The Common Peop le”) machen<br />
gleichfalls rein gar nichts verkehrt. Die<br />
drei „big names” schneiden unterschiedlich<br />
ab: Hank Williams Jr. (“Waymore’s<br />
Blues”) und Jessi Colter (“Mama”) liefern<br />
ordentliche Ware, aber Jewels Fassung<br />
von “Dreaming My Dreams With You”<br />
schwächelt aufgrund magerer gesanglicher<br />
Leistung und ist eindeutig der schwächste<br />
Track auf einem insgesamt guten Album.<br />
(Average Joes/Bertus, 2012, 11/39:54) hjg<br />
JAMES TAYLOR<br />
MUD SLIDE SLIM AND THE<br />
BLUE HORIZON<br />
Mit seinem Album<br />
aus dem<br />
Jahr 1971 konnte<br />
der Mann, der<br />
auf dem Beatles-Label<br />
Apple<br />
debütierte,<br />
seine<br />
hohen h Standard d hlt halten und sogar mit dem<br />
gefühlvollen und intensiven “You’ve Got<br />
A Friend” einen Evergreen landen. Der<br />
Mix aus Americana (“Riding On A Railroad”),<br />
positiv ausstrahlender Singer/<br />
Songwriter-Ware (“Mud Slide Slim”) und<br />
zärtlichen Balladen (zum Beispiel “Long<br />
Ago And Far Away”) wird von seinem<br />
dezenten, aber dennoch sehr ausgefeiltem<br />
Fingerpicking und den Vocals bestimmt,<br />
die den Hörer verzaubern. Wunderschön<br />
entspannte Musik und gleichzeitig ein<br />
potentes Heilmittel gegen Stress jeglicher<br />
Art! Die aktuelle Ausgabe erscheint in einer<br />
limitierten, nummerierten Edition als<br />
24-KT-Gold-Disc und wurde angenehm<br />
remastert, so dass der natürliche und<br />
warme Raumklang erhalten bleibt.<br />
(Audio Fidelity/Sieveking Sound, 1971,<br />
13/37:29) at<br />
BORN 53<br />
THIEVING IN THE ALLEY<br />
An guten Tagen klingt Bob Dylans Stimme<br />
annähernd so wie die von Anders<br />
Lindh, was lag da für die die schwedische<br />
Americana-Band Born 53 näher, als ein<br />
Album mit Songs des großen Meisters<br />
aufzunehmen. Dabei gelingt ihnen ein<br />
interessanter musikalischer Streifzug<br />
durch das Werk Dylans, beginnend in den<br />
frühen 60ern bis hinein in die 90er <strong>Jahre</strong>.<br />
Neben bekannten Stücken (“Sad Eyed<br />
Lady Of The Lowlands”, “If You See Her<br />
Say Hello”) taucht mit “All Over You”<br />
auch ein Stück auf, das bisher nur auf<br />
den Official-Bootleg-Series zu hören war,<br />
“Legionnaire’s Disease” und “Tragedy Of<br />
The Trade” sind beides gar bisher unveröffentlichte<br />
Dylan-Songs. Mittels klasse<br />
Arrangements zwischen Folk und Roots-<br />
Rock, oft noch veredelt durch weibliche<br />
Background-Unterstützung sowie mit einer<br />
Prise Country, entwickelt sich THIE-<br />
VING IN THE ALLEY so keinesfalls zur<br />
drögen Kopie, entfaltet vielmehr ein Eigenleben,<br />
das es zu einem richtig guten<br />
Album werden lässt.<br />
(Big Note Production/Hemifran, 2012,<br />
12/51:55) us<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 53<br />
DER SOUNDTRACK ZUR<br />
ATEMBERAUBENDEN,<br />
DEFINITIVEN BOB<br />
MARLEY DOKUMEN-<br />
TATION VON KEVIN<br />
MACDONALD<br />
Inkl. bisher<br />
unveröffentlichter und<br />
rarer Aufnahmen<br />
AB JETZT ALS<br />
DOPPEL-CD, 3-LP-SET<br />
& DOWNLOAD!<br />
WWW.BOBMARLEY.COM<br />
WWW.UNIVERSAL-MUSIC.DE<br />
MARLEY –<br />
Ab jetzt im Kino!
CD REVIEWS Country & Folk<br />
VOLKMANN<br />
DREH MICH UM<br />
Obwohl in ihrer<br />
musikalischen Ausrichtung<br />
vor allem<br />
dem limitierten Liedermacher-Bereich<br />
zuzuordnen, beeindruckten<br />
die zwei<br />
Amiga-Alben Alb der Pension Volkmann in den<br />
80ern nicht nur Anhänger der leisen Töne.<br />
Die Musikalität war außergewöhnlich, die<br />
Texte von Silly-Lyriker Werner Karma inhaltsschwer.<br />
DREH MICH UM setzt dort<br />
an, wo DIE GEFÜHLE und VOLLPEN-<br />
SION einst endeten. Peter Butschke (voc,<br />
g) ist immer noch ein beeindruckender<br />
Charismatiker. Dass die zweite Hälfte des<br />
Duos fehlt – Gitarrist Reinhard Buchholz<br />
verstarb 2007 –, ist zwar schmerzlich, die<br />
neue Band, nur noch Volkmann genannt,<br />
funktioniert jedoch bestens. Und da Karma<br />
wieder fast alle Texte schrieb, bekommt<br />
DREH MICH UM einen unwiderstehlichen<br />
Zauber.<br />
(Dune Fish/SPV, 2012, 14/45:83) jub<br />
NATE HALL<br />
A GREAT RIVER<br />
Die Echos von Songwritern wie Bob Dylan,<br />
Neil Young, Tom Petty, Bruce Springsteen<br />
und Townes van Zandt verfolgen<br />
Nate Hall schon lange, der große Fluss<br />
des Lebens kennt keinen Einhalt und<br />
gibt der intimen Aufnahmesession, die<br />
an einem einzigen Abend in einem Studio<br />
in Tennessee stattfand, den Namen: A<br />
GREAT RIVER. Karg instrumentiert Nate<br />
Hall seine Songs, pendelt zwischen gespenstischem<br />
Country-Blues, verhalltem<br />
Folk und purer Singer/Songwriter-Ware<br />
hin und her, wobei ihm durch den konsequenten<br />
Verzicht auf überladene Arrangements<br />
eine geheimnisvolle Intensität<br />
gelingt. Einen Vergleich zu ziehen, einen<br />
Anhaltspunkt zu nennen, fällt schwer,<br />
aber man stelle sich Neil Youngs Soundtrack<br />
DEAD MAN mit Gesang vor und<br />
erhält so zumindest ansatzweise ein Gefühl<br />
für die Musik von Nate Hall.<br />
(Neurot Recordings/Cargo, 2012,<br />
10/36:13) us<br />
STACKRIDGE<br />
PRESERVED – BEST OF<br />
VOLUME TWO<br />
Stackridge<br />
haben<br />
zwischen 1970 und<br />
1977 viele Musiker-<br />
Persönlichkeiten<br />
hervorgebracht:<br />
Keyboarder<br />
Dave<br />
Lawson tauchte bei<br />
Greenslade ld wieder id auf, Drummer Peter<br />
van Hooke bei Mike & The Mechanics.<br />
James Warren und Andy Davis jedoch,<br />
zwischenzeitlich mit The Korgis im Rampenlicht,<br />
sind seit 1996 wieder am Start<br />
und graben hier tief in den Archiven: Einer<br />
ihrer aufregendsten Funde war “Something<br />
About The Beatles”, das auch die Korgis<br />
seinerzeit aufnahmen. Man kann nicht viel<br />
englischer klingen als auf dem auch im<br />
Liveset unverzichtbaren “Teatime” vom<br />
zweiten Album FRIENDLINESS. Beim<br />
Instrumental “God Speed Through The<br />
Plough” von THE MAN IN THE BOWLER<br />
HAT fragt sich die Band in den amüsanten<br />
Kommentaren, warum die Filmindustrie nie<br />
zuschlug. Das melancholisch-sinfonische<br />
“C’est La Vie” gab es bisher nur als Single-<br />
B-Seite. Es unterstreicht den Schatztruhen-<br />
Charakter dieser Kopplung, von deren<br />
Kostproben aus man ideal eine Stackridge-<br />
Sammlung aufbauen kann.<br />
(Angel Air/Fenn, 2012, 13/<strong>50</strong>:39) utw<br />
SONS OF BILL<br />
SIRENS<br />
Für<br />
SIRENS<br />
suchten die Wilson-Brüder<br />
James,<br />
Sam und Abe ihr<br />
Glück nicht in<br />
der Ferne, nur ein<br />
paar Meilen sind<br />
sie von ihrem Wohnort aus in Richtung<br />
Osten gefahren. Dort, in der Nachbarstadt<br />
Richmond, nahmen sie im Studio von<br />
Cracker-Chef David Lowery (der das Album<br />
auch produzierte) ihre neuen Songs<br />
auf. Ob es nun am erfahrenen Produzenten<br />
liegt oder an den gereiften Songwriting-Fähigkeiten<br />
der Sons Of Bill oder<br />
schlicht und einfach am blinden Verständnis<br />
unter Brüdern: SIRENS ist ein klasse<br />
Album geworden. Dream-Pop im Stile<br />
der BoDeans, handfester Springsteen-<br />
Rock, Midtempo-Songs à la R.E.M., ein<br />
ruppiger The-Clash-Gedächtnis-Rocker,<br />
die obliga<strong>to</strong>rische Gänsehautballade<br />
– breit und hochklassig das gebotene<br />
Spektrum, da dürfte der Blutdruck aller<br />
Americana-Fans schnell in die Höhe steigen.<br />
Natürlich ließen sich David Lowery<br />
und Cracker-Kollege Johnny Hickman die<br />
Chance nicht nehmen, auf einem Stück<br />
mitzuspielen, auf dem rockigen “Life In<br />
Shambles” sind die beiden zu hören.<br />
(Blue Rose/Soulfood, 2012, 11/51:26) us<br />
BILLY BRAGG & WILCO<br />
MERMAID AVENUE –<br />
THE COMPLETE SESSIONS<br />
Als Woody Guthries Tochter Nora vor<br />
15 <strong>Jahre</strong>n Billy Bragg fragte, ob er nicht<br />
die Musik zu bisher unver<strong>to</strong>nten Texten<br />
ihres Vaters schreiben wolle, holte der<br />
sich Wilco als Partner hinzu. Herauskamen<br />
zwei warmherzige, wundervoll harmonische<br />
Americana-Alben, die einmal<br />
mehr zeigten, welch begnadeter Lyriker<br />
Woody Guthrie war – auch, oder gerade<br />
abseits seiner gesellschaftskritischen Arbeiterlieder.<br />
Zusammen mit diesen beiden<br />
Alben (MERMAID AVENUE I + II)<br />
erscheint nun eine dritte CD voller Songs<br />
aus diesen Sessions. Wie auf den ersten<br />
beiden Ausgaben wurden auch hier Guthries<br />
Texte mit Musik von Billy Bragg<br />
und Wilco versehen, reicht das musikalische<br />
Spektrum von spartanischem Folk-<br />
Blues bis zu Gitarren-lastigem Roots-<br />
Rock. Im dicken Booklet die Geschichte<br />
der Aufnahmen und – besonders wichtig!<br />
– alle Guthrie-Songtexte. Außerdem<br />
gehört der 1999 gedrehte Film „Man In<br />
The Sand” zur hochwertigen Ausstattung<br />
dieser Box.<br />
(Nonesuch/Warner, 1998, 15/49:42, 2000,<br />
15/49:56, 2012, 17/61:03) us<br />
Seite 54 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
LUKA BLOOM<br />
THIS NEW MORNING<br />
Auf Tour in Europa<br />
und Australien<br />
hat Kevin Barry<br />
Moore, der seit<br />
1987 als Luka<br />
Bloom aktiv ist,<br />
die neuen Songs<br />
geschrieben. ib Und er lud diesmal viele Gäste<br />
aus seiner irischen Heimat wie auch den USA<br />
ein, mit ihm zu singen und auf (akustischen)<br />
Instrumenten zu musizieren, was allein schon<br />
für Klangvielfalt sorgt. Die wird durch ein<br />
16-köpfiges Streicherensemble (fünf Songs)<br />
noch ergänzt. Erneut hat der Mann aus dem<br />
Land der Dichter tieferschürfende Texte<br />
geschrieben (über das Leben nach einem<br />
Selbstmordversuch, den Tsunami in Japan<br />
und seine a<strong>to</strong>maren Folgen, Würde & Rückgrat).<br />
Meist spielt Bloom ruhige, eher folkige<br />
Singer/Songwriter-Nummern, aber er kann<br />
auch beschwingter, wie er mit “No Big Deal”<br />
demonstriert. Typisch Bloom, einfach stark.<br />
(Skip/Soulfood, 2012, 13/46:51) pro<br />
BAND OF HEATHENS<br />
THE DOUBLE DOWN – LIVE IN<br />
DENVER VOL. 1+2<br />
Langsam, sicher und unaufhaltsam hat sich<br />
diese Band zu einem der besten Vertreter der<br />
Sparte Americana/Roots-Rock entwickelt.<br />
Gab (und gibt!) es ihre ersten Livekonzerte<br />
noch kostenlos zum Download auf der Blue-<br />
Rose-Homepage, so wurde nun ihr Auftritt<br />
im Ok<strong>to</strong>ber 2011 beim Double Down Weekend<br />
in Denver dazu genutzt, zwei klasse<br />
Livepakete zu schnüren. An zwei Abenden<br />
hintereinander spielte die Band Of Hea<strong>the</strong>ns<br />
zwei größtenteils unterschiedliche Sets, bei<br />
denen es ihr gelang, ihre Studiosongs so zu<br />
verändern, dass selbst gestandene Fans immer<br />
wieder neue Facetten entdecken können.<br />
Und wäre der Hörgenuss nicht genug,<br />
wurden beide Abende auch mitgefilmt, so<br />
dass die THE DOUBLE DOWN-Digipaks<br />
jeweils eine zusätzliche DVD enthalten:<br />
Vol. 1 kommt mit zwei Bonus-Tracks, Vol.<br />
2 mit zusätzlichem „Behind The Scenes”-<br />
Videomaterial.<br />
(Blue Rose/Soulfood, 2012, 11/71:22 +<br />
13/70:20) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
CRIME & PUNISHMENT<br />
Mord, Schuld und Sühne sind seit jeher gerne<br />
gewählte Sujets in Blues, Country und Folk.<br />
Der Musikjournalist und Platten-Compiler<br />
Kris Needs hat für die 2-CD-Anthologie<br />
CRIME & PUNISHMENT insgesamt <strong>50</strong><br />
Songs zum Thema aus den 20er bis <strong>50</strong>er <strong>Jahre</strong>n<br />
zusammengestellt. Wie die vergleichbare<br />
Sammlung MURDER (siehe <strong>GoodTimes</strong><br />
2/2010) ist auch sie eine wahre Fundgrube<br />
für Fans des frühen Blues und US-Folk<br />
mit einem Faible für die Schattenseiten der<br />
menschlichen Seele. Zu hören sind u.a. Johnny<br />
Cash (“Don’t Take Your Guns To Town”),<br />
John Lee Hooker (“I’m Gonna Kill That Woman”),<br />
die Everly Bro<strong>the</strong>rs (“Down In The<br />
Willow Garden”), Leadbelly (“John Hardy”),<br />
The Crickets (“I Fought The Law”), The New<br />
Lost City Ramblers (“Tom Dooley”), Odetta<br />
(“The Gallows Pole”) sowie Woody Guthrie<br />
(“Slip Knot”).<br />
(Fantastic Voyage/Rough Trade, 2012,<br />
25/79:07, 25/70:31) frs
CD<br />
REVIEWS<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
DIE TRIBUTE VON PANEM –<br />
SONGS FROM DISTRICT 12<br />
AND BEYOND<br />
T Bone Burnett ist für die Musik des aktuellen<br />
Kinofilms „Die Tribute von Panem”<br />
verantwortlich, und wie von ihm gewohnt<br />
hat er die exklusiv für den Film entstandenen<br />
Songs von zahlreichen, derzeit angesagten<br />
Bands und Künstlern einspielen lassen.<br />
“Safe & Sound” von Taylor Swift feat. The<br />
Civil Wars stürmt gerade die amerikanischen<br />
Billboard-Charts, für weitere typische Burnett-Americana-Highlights<br />
sorgen Arcade<br />
Fire, Maroon 5, The Decemberists, The Carolina<br />
Chocolate Drops, Glen Hasard (The<br />
Frames), The Low An<strong>the</strong>m sowie die britische<br />
Newcomerin Birdy. Top-Album!<br />
(Universal, 2012, 16/58:19)<br />
us<br />
SILBERMOND<br />
HIMMEL AUF<br />
Wenn eine Band ankündigt, für ihr neues Album<br />
„den Willen zur Veränderung” zu spüren,<br />
und „Lust auf Neues, Aussicht auf Abenteuer”<br />
in den Vordergrund zu stellen, ist normalerweise<br />
Vorsicht geboten. Doch wenn sich das<br />
Ergebnis dann so anhört wie HIMMEL AUF,<br />
dann dürfen die Fans erleichtert aufatmen.<br />
Trotz modernerer Beats, trotz des einen oder<br />
anderen Elektro-Loops: Silbermond bleiben<br />
Silbermond, liefern auch auf ihrem vierten<br />
Album packende Musik zwischen Power-Pop<br />
und herzzerreißenden Balladen.<br />
(Back2Back Records/Sony <strong>Music</strong>,<br />
2012, 14/55:03) tk<br />
TANGERINE DREAM<br />
LIVE MILES<br />
In der Besetzung Froese/Franke/Haslinger<br />
entstanden die beiden<br />
Konzertmitschnitte<br />
von LIVE MILES;<br />
1986 traten Tangerine<br />
Dream im amerikanischen<br />
Albuquerque auf, 1987 in Berlin. Von<br />
beiden Konzerten gibt es jeweils eine knapp<br />
halbstündige, in sich geschlossene Komposition<br />
zu hören. Nicht auf besondere Effekte<br />
angewiesen zu sein, war damals das Live-<br />
Markenzeichen der Elektronik-Pioniere – sie<br />
begeisterten das Publikum mit einfacher, ruhig<br />
vor sich hinfließender Instrumentalmusik.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1988,<br />
2/57:07) us<br />
STEFANIE HEINZMANN<br />
STEFANIE HEINZMANN<br />
Abseits des DSDS- oder „The Voice Of<br />
Germany”-Wahnsinns zeigt Stefanie Heinzmann,<br />
dass sie auch vier <strong>Jahre</strong> nach ihrem<br />
Sieg bei Stefan Raabs Castingshow noch<br />
weiß, wie gute Musik klingen muss. Ausgestattet<br />
mit klasse Songmaterial, eingespielt<br />
von Top-Musikern, brilliert die Schweizerin<br />
auf STEFANIE HEINZMANN einmal<br />
mehr mit ihrer Stimme, liefert abwechslungsreiche<br />
und hochklassige Songs zwischen<br />
Dream-Pop, Soul und R&B.<br />
(Universal, 2012, 13/41:55)<br />
tk<br />
BONNIE GUITAR<br />
INTIMATE SESSION<br />
Diese bisher unveröffentlichten Aufnahmen<br />
aus dem Jahr 1959 zeigen die Country-Größe<br />
Bonnie Guitar von einer gänzlich<br />
ungewohnten Seite. Sinnlich und gefühlvoll<br />
interpretiert sie mit schmeichelnder<br />
Stimme Hits von den Ink Spots (“Maybe”)<br />
bis zu Sanford Clark (“The Fool”), singt in<br />
lässigem Lounge-Stil Material von jungen<br />
Komponisten wie Hal David, Jeff Barry und<br />
Harlan Howard. Wunderschön und gleichzeitig<br />
rätselhaft, warum diese Aufnahmen<br />
nicht schon früher ans Licht kamen.<br />
(Bear Family, 2012, 14/31:54) us<br />
LISA NOVAK<br />
CAN’T GO BACK<br />
Sonst sorgt Lisa<br />
Novak für die<br />
Background-Vocals<br />
der Rich-Hopkins-Alben,<br />
für<br />
CAN’T GO BACK<br />
haben die beiden<br />
die Rollen getauscht. Mit staubtrockenem<br />
Texas-Country-Rock und einer klasse Backingband<br />
im Rücken beweist sie eindrucksvoll,<br />
dass sie auch auf eigenen Beinen stehen<br />
kann. Fünf der neuen Songs hat Lisa Novak<br />
selbst geschrieben, die restlichen zwei stammen<br />
aus der Feder von Rich Hopkins.<br />
(Cactusrock-Records, 2012, 7/29:19) us<br />
THE ROYAL PHILHARMO-<br />
NIC ORCHESTRA<br />
THE TITANIC REQUIEM –<br />
COMPOSED BY ROBIN GIBB &<br />
RJ GIBB<br />
THE TITANIC REQUIEM ist das erste<br />
musikalische Projekt, das den ehemaligen<br />
Bee-Gees-Sänger Robin Gibb zusammen<br />
mit seinem Sohn Robin John als Komponisten<br />
eines klassischen Werkes zeigt. Eingespielt<br />
vom Londoner Royal Philharmonic<br />
Orchestra, gesungen von den Voices Of<br />
Peace Singers – als Solisten sind der Tenor<br />
Mario Frangoulis, die erst 14-jährige Isabel<br />
Suckling sowie Robin Gibb selbst zu hören<br />
–, erzählt die „Totenmesse” die Geschichte<br />
der Titanic. Vom triumphalen Bau über den<br />
hoffnungsvollen Beginn der Jungfernfahrt<br />
bis zum dramatischen Ende.<br />
(Rhino/Warner, 2012, 15/61:48) us<br />
IVY QUAINOO<br />
IVY<br />
19 <strong>Jahre</strong> alt, dunkelhäutig, hübsch und <strong>to</strong>lle<br />
Soulstimme: klar, das ist die Siegerin der<br />
TV-Casting-Show „The Voice Of Germany”.<br />
Da musste ganz schnell ein Album<br />
fertiggestellt werden. Und es gelang sogar,<br />
gute Songs und eine gute Produktion<br />
hinzubekommen. Abwechslungsreich mit<br />
Pop, Soul und Rock bietet IVY alles, um<br />
in den Charts erfolgreich zu sein. In diesem<br />
schnelllebigen Musikgeschäft muss man<br />
die Tatsache, dass der Instrumentalteil von<br />
Maschinen kommt, wohl akzeptieren. Ansonsten:<br />
prima!<br />
(Universal, 2012, 14/46:40)<br />
p<br />
SUNRISE AVENUE<br />
OUT OF STYLE – LIVE EDITION<br />
Mit diesem CD/DVD-Digipak kann man<br />
eine der erfolgreichsten Popbands der letzten<br />
<strong>Jahre</strong> so erleben, wie sie sich ihren Fans<br />
auf der letzten, durchweg ausverkauften<br />
Europa-Tournee präsentiert hat. Auch wenn<br />
der Schwerpunkt der Setlist auf Songs ihres<br />
letzten Albums liegt, verzichtet die LIVE<br />
EDITION von OUT OF STYLE natürlich<br />
nicht auf die großen Radiohits wie “Hollywood<br />
Hills” oder “Fairytale Gone Bad”.<br />
(Capi<strong>to</strong>l/EMI, 2012, 13/66:58,<br />
DVD 67 Min.)<br />
tk<br />
THE RASMUS<br />
THE RASMUS<br />
Mit THE RASMUS meldet sich nach rund<br />
vierjähriger Pause einer der erfolgreichsten<br />
Rockexporte aus Finnland zurück. Ob sich<br />
die lange Auszeit gelohnt hat, ob die neu<br />
getankte Kraft ausreicht, um die alten Fans<br />
wieder zu aktivieren, wird sich sowohl mit<br />
diesem Album als auch mit der darauf folgenden<br />
Tour zeigen. Musikalisch sind sie<br />
etwas ruhiger geworden, haben die Rockkomponenten<br />
gegen nordischen Power-Pop<br />
ausgetauscht.<br />
(Universal, 2012, 10/41:27)<br />
tk<br />
UNHEILIG<br />
LICHTER DER STADT<br />
Nach der Reise über die sieben Weltmeere<br />
hat sich der Graf für sein neues Album an<br />
Land begeben. LICHTER DER STADT<br />
heißt es und bietet nichts anderes als von<br />
ihm erwartet: Gefühlvolle Songs zwischen<br />
schwelgerischer Romantik und Rammstein-Härte<br />
mit clever eingebauten Versatzstücken<br />
aus Gothic, Schlager und Klassik<br />
werden mit 100-prozentiger Sicherheit für<br />
die Fortführung seiner Erfolgsgeschichte<br />
sorgen. Top-Songs: die Single “So wie du<br />
warst” sowie die beiden Duette mit Andreas<br />
Bourani und Xavier Naidoo.<br />
(Vertigo Berlin/Universal, 2012,<br />
16/64:00) us<br />
JEFF AUG<br />
WEDDING SONG<br />
Der US-Amerikaner,<br />
bekannt als Gitarrist<br />
von Anne Clark, präsentiert<br />
auf seinem<br />
fünften Album instrumentale<br />
Solostücke<br />
auf der akustischen<br />
Gitarre. In manchen Songs setzt er dazu ergänzend<br />
eine sphärische E-Gitarre ein. Aug<br />
verfügt über eine virtuose Fingerstyle-Technik.<br />
Die Titel gelangen abwechslungsreich,<br />
mischen Einflüsse aus Folk und Klassik mit<br />
einer Prise Jazz und Pop, und sind durchaus<br />
auch für Nicht-Gitarristen hörenswert.<br />
(Brains<strong>to</strong>rm <strong>Music</strong>, 2012, 15/42:37) rg<br />
DR. WILL<br />
DIRT<br />
Rumpelrhythmen, Bluesgitarren, Reibeisenstimme:<br />
Der Münchner Dr. Will (Ex-Medicine<br />
Men) steht ganz in der Tradition des<br />
großen Dok<strong>to</strong>rs aus New Orleans: Dr. John.<br />
DIRT, Nachfolgewerk von SPEAK OF THE<br />
DEVIL, ist ein wahnwitziges Bluesalbum,<br />
das an vielen Stellen ausgetretene Pfade –<br />
und das Zwölftaktschema sowieso – verlässt.<br />
Willy DeVille und Captain Beefheart hätten<br />
ihre Freude daran gehabt.<br />
(Pepper Cake/Zyx, 2012, 13/<strong>50</strong>:40) frs<br />
ROB<br />
MAKE IT FAST, MAKE IT SLOW<br />
Das Album MAKE IT FAST, MAKE IT<br />
SLOW (1977) ist eine lange vergriffene Perle<br />
des ghanesischen Afro-Funkers Rob. Der<br />
Titeltrack, der über die Rare-Groove-Anthologie<br />
GHANA SOUNDZ viele Freunde<br />
Kurzvorstellungen<br />
gefunden hat, ist mit seinen Stöhnlauten eine<br />
unverhohlene Beischlafnummer. Für Fans<br />
von Fela Kuti und James Brown.<br />
(Soundway/Indigo, 1977, 8/33:51) frs<br />
THE KILKENNYS<br />
MEET THE KILKENNYS – LIVE<br />
Wer denkt denn bei Kilkenny gleich an<br />
Bier? Schließlich gibt es doch da noch das<br />
22.000-Seelen-Städtchen gleichen Namens<br />
im Herzen Irlands. Von dort kommen die<br />
Kilkennys, vier junge Männer, die mit ihren<br />
eher fröhlichen (bierseligen?) Liedern in<br />
der Tradition von Irish-Folkbands wie den<br />
Clancy Bro<strong>the</strong>rs und Dubliners stehen.<br />
Sláinte!<br />
(Pinorrekk/edel, 2012, 17/59:18) frs<br />
NAAM<br />
THE BALLAD OF THE<br />
STARCHILD<br />
Das New Yorker<br />
Quartett Naam wird<br />
als „spaciger, garagen-bluesiger<br />
Kraut-<br />
Psych” angepriesen.<br />
Auch wenn diese Bezeichnung<br />
ziemlich<br />
abgedreht klingt, sie trifft zu. Zum Sound<br />
der Band gehören dröhnende Gitarrenriffs<br />
à la The S<strong>to</strong>oges, space-rockige Ausflüge<br />
à la Hawkwind und Klang-Experimente à<br />
la Can. Höhepunkt auf THE BALLAD OF<br />
THE STARCHILD ist der über zehn Minuten<br />
lange Titeltrack.<br />
(Tee Pee/Ada Global, 2012, 5/26:39) frs<br />
TIM MCMILLAM<br />
ANGEL<br />
Weiche Gitarrenklänge, vielstimmiger Gesang,<br />
dazu Ukulele, Flöte und Streicher – der<br />
in Deutschland lebende Singer/Songwriter<br />
Tim McMillam entzieht sich auch auf AN-<br />
GEL einer eindimensionalen musikalischen<br />
Einordnung. Die Grundstimmung kommt<br />
aus dem Folk, die instrumentale Fingerfertigkeit<br />
passt eher zu Jazz, die Songstrukturen<br />
reichen von klassisch bis Prog-rockig, die<br />
rätselhaften Texte lassen Raum für Interpretation<br />
– Musik, die ihre Klasse vor allem<br />
beim konzentrierten Zuhören entfaltet.<br />
(T3 Records/Galileo <strong>Music</strong><br />
Communication, 2012, 14/42:02) tk<br />
WISE GUYS<br />
ZWEI WELTEN<br />
Mit Album Nummer elf ändern die Wise<br />
Guys zunächst nichts an ihrem erfolgreichen<br />
Rezept: klasse rhythmusunterstützter A-<br />
Capella-Gesang mit deutschen Texten, die<br />
einerseits humorvoll sind, andererseits zum<br />
Nachdenken anregen. Der zweite Teil enthält<br />
die gleichen Titel, jedoch voll instrumentiert,<br />
von Top-Musikern eingespielt und von den<br />
Wise Guys eingesungen. So kann jeder selbst<br />
entscheiden, welche dieser ZWEI WELTEN<br />
ihm mehr zusagt.<br />
(Polydor/Universal, 2012, 10/34:16) tk<br />
ANGELIQUE KIDJO<br />
SPIRIT RISING<br />
Nach elf Studio-Alben legt die Grande<br />
Dame der westafrikanischen Musik, Angelique<br />
Kidjo, nun mit SPIRIT RISING<br />
ihre erste Liveplatte vor. Nachdem an ihren<br />
letzten Werken Gaststars wie Peter<br />
Gabriel, Carlos Santana oder Joss S<strong>to</strong>ne<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 55
CD<br />
REVIEWS<br />
beteiligt waren, begrüßt sie diesmal u.a.<br />
Branford Marsalis, Josh Groban und Ezra<br />
Koenig (Vampire Weekend). Neben eigenen<br />
Stücken interpretiert sie Cover-Songs<br />
wie “Gimme Shelter” von den S<strong>to</strong>nes und<br />
Marleys “Redemption Song”. Wem ihre<br />
jüngsten Alben studiotechnisch zu aufgepeppt<br />
waren, entdeckt hier wieder die etwas<br />
ungeschminktere Sängerin.<br />
(Wrasse/Harmonia Mundi, 2012,<br />
REDHAIR MOUNTAIN<br />
DEVILS<br />
SIMPLY FRIENDSHIP<br />
Pünktlich zum 20. Geburtstag der Band aus<br />
dem Siegerland haben die Redhair Mountain<br />
Devils mit SIMPLY FRIENDSHIP ein<br />
neues Album am Start. Erstmals im Studio<br />
dabei Sängerin Lorena Heide, deren Stimme<br />
die musikalischen Kreise gehörig erweitert:<br />
Carly Simons “You’re So Vain” leicht angerockt,<br />
16/65:23) frs<br />
ein gelassen bluesiges “Black Velvet”,<br />
“Nutbush City Limits” im Geiste von Ike &<br />
BRAD BROOKS<br />
Tina, Razorlights’ “Wire To Wire” als akustischer<br />
HARMONY OF PASSING LIGHT<br />
Mit Brad Brooks aus Power-Pop-Song – Rockmusik, wie sie<br />
Spaß macht!<br />
dem sonnigen Tucson,<br />
Arizona, erweitert das<br />
junge deutsche Americana-Label<br />
(www.rmdevils.de, 2012, 12/53:11)<br />
DAF<br />
us<br />
Cactus-<br />
EIN PRODUKT DER DEUTSCH-<br />
rock-Records<br />
seine AMERIKANISCHEN FREUND-<br />
(von Haus aus schon SCHAFT<br />
nicht ihtschmale) l)Bandbreite. Orches traler, fast<br />
schwelgerischer Dream-Pop, der aber immer<br />
Wer DAF noch<br />
als NDW-Combo<br />
wieder durch handfeste Country- und Folk-<br />
mit<br />
eingängigen<br />
Widerhaken auf den Boden der Tatsachen<br />
zurückgeholt wird, damit wird HARMONY<br />
OF PASSING LIGHT sowohl Pop- als auch<br />
Roots-Rockfans begeistern.<br />
Elektro-Popsongs<br />
wie “Der Mussolini”<br />
in Erinnerung<br />
hat, wird<br />
(Cactusrock-records, 2012, 11/48:20) us<br />
überrascht sein, wenn er deren Debütalbum<br />
SKY ARCHITECTS<br />
THE PROMISE OF TOMORROW<br />
Wenn sich ningelnde Gothic-Klampfen der<br />
80er mit Soundungetümen aus den 70ern<br />
paaren, entsteht Doom Pop. So wird zumindest<br />
das bezeichnet, was die Sky Architects<br />
auf THE PROMISE OF TOMORROW<br />
abliefern. Die vier Dänen schrammen nur<br />
knapp an der Schublade Prog-Rockband<br />
vorbei, sind im Wechsel zwischen melancholischen<br />
Verspiel<strong>the</strong>iten und <strong>to</strong>senden,<br />
metallischen Lärmattacken aber immer<br />
äußerst dynamisch. Wer vom Kampf des<br />
Alltags runterkommen will, kann hier sein<br />
Mütchen kühlen und ruhig ein bisschen<br />
traurig werden.<br />
(VME/Soulfood, 2012, 10/49:22) jub<br />
EAST 17<br />
DARK LIGHT<br />
Zwischen 1992 und 1997 stürmten East 17,<br />
die „britische Antwort auf die New Kids On<br />
The Block”, die Hitparaden und verkauften<br />
weltweit die gigantische Summe von rund 20<br />
Millionen Tonträgern. Als Trio kehren Tony<br />
Mortimer, John Hendy und Terry Coldwell<br />
jetzt mit DARK LIGHT ins Rampenlicht<br />
zurück, zeigen sich als gewiefte Kenner des<br />
Metiers, klingen gleichzeitig rockiger, gelassener<br />
und ausgereifter als je zuvor.<br />
(F.O.D. Records/H’Art, 2012, 10/35:38) tk<br />
GRAND DUCHY<br />
LET THE PEOPLE SPEEK<br />
Grand Duchy, das sind Pixies-Mastermind<br />
Frank Black und seine Ehefrau Viola Clark,<br />
die unter diesem Namen für jeden Ton und<br />
jedes Wort ihrer Werke selbst verantwortlich<br />
sind. War ihr 2009er Debüt PETITS<br />
FOURS schon eine wilde Sache, haben sie<br />
für LET THE PEOPLE SPEEK den musikalischen<br />
Wahnsinn bis zur Perfektion<br />
getrieben. Von schrill bis s<strong>to</strong>isch, von überdreht<br />
bis avantgardistisch, von Gitarrentrocken<br />
bis Syn<strong>the</strong>sizer-bunt geht es auf der<br />
Rock’n’Roll-Skala auf und ab.<br />
(Cooking Vinyl/Indigo, 2012, 15/66:11) us<br />
EIN PRODUKT DER DEUTSCH-AMERI-<br />
KANISCHEN FREUNDSCHAFT einlegt.<br />
Darauf sind 22 unbetitelte, lärmige Instrumentalnummern<br />
zu hören, für deren Sound<br />
man später den Ausdruck Noise-Rock prägte.<br />
Ähnlich schwer zugänglich wie Lou Reeds<br />
Krach-Orgie METAL MACHINE MUSIC<br />
und nur etwas für absolute Hardcore-Fans<br />
von DAF bzw. Industrial- oder Noise-Rock.<br />
(Bureau B/Indigo, 1979, 22/30:12) frs<br />
YARGOS<br />
MAGICAL KARMA<br />
Nur wenige Wochen nach Abschluss der<br />
Aufnahmen für dieses Album ist Yargos-<br />
Sänger Andrew McDermott (Ex-Treshold)<br />
im August 2011 vers<strong>to</strong>rben. So war es sicherlich<br />
keine ganz einfache Geschichte für den<br />
Rest der Band, MAGICAL KARMA jetzt zu<br />
veröffentlichen. Seit ihrem 2005er Debüt hat<br />
die Band um Gitarrist und Keyboarder Wieland<br />
Hofmeister ihren Hard Rock kontinuierlich<br />
weiterentwickelt, besonders gelungen<br />
die beiden progressiven Longtracks “Call<br />
Home” und “The Wolves Howled (And You<br />
Pray)”.<br />
(M2music/H’Art, 2012, 12/79:53) us<br />
REFUGEES<br />
THREE<br />
Schon das Debüt der Refugees war eine feine<br />
Sache, so starteten Cindy Bullens, Deborah<br />
Holland und Wendy Waldman die Aufnahmen<br />
für ihr neues Album mit gehörig Rückenwind.<br />
Drei erfahrene Songwriterinnen<br />
sorgen einzeln oder gemeinsam für die<br />
Musik, mit “Green Rocky Road” bauen sie<br />
geschickt ein Traditional ein, unverwechselbar<br />
auch ihr dreistimmiger Gesang sowie die<br />
größtenteils akustische Instrumentierung aus<br />
Gitarren, Dobro und Mandoline.<br />
(Blue Rose/Soulfood, 2012, 11/42:19) us<br />
ALABAMA SHAKES<br />
BOYS & GIRLS<br />
Angepriesen als eine Mischung aus Kings<br />
Of Leon und Janis Joplin wird die Messlatte<br />
für das Debüt der Alabama Shakes ganz<br />
schön hochgelegt. Nach dem ersten Hören<br />
von BOYS & GIRLS legt sich die Euphorie<br />
dann aber wieder, realisiert man erfreut,<br />
dass hier nichts Außergewöhnliches, sondern<br />
schlicht und einfach gute Musik zwischen<br />
Soul, R&B und Blues-Rock geboten<br />
ist – und dass die Fangemeinde, angeführt<br />
von Kollegen wie Adele und Bon Iver, stetig<br />
anwachsen wird.<br />
(Beggars Group/Indigo, 2012, 11/36:33) tk<br />
BARBRA STREISAND<br />
A WOMAN IN LOVE –<br />
THE GREATEST HITS<br />
Natürlich lässt sich<br />
Barbra<br />
Streisands<br />
Karriere nicht auf<br />
eine CD komprimieren,<br />
doch beginnend<br />
mit “The Way We<br />
Were” aus dem Jahr<br />
1974 über die 80er-<strong>Jahre</strong>-Hits “Send In<br />
The Clowns” und “Woman In Love” bis<br />
zu “In The Wee Small Hours Of The Morning”<br />
aus dem Jahr 2009 verschafft A WO-<br />
MAN IN LOVE einen guten Überblick.<br />
Für Sammler besonders interessant die<br />
vier Duette mit Barry Gibb, Celine Dion,<br />
Donna Summer und Neil Diamond.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 18/74:17) us<br />
THE DANDY WARHOLS<br />
THIS MACHINE<br />
Mit einem Konzeptalbum melden sich die<br />
Dandy Warhols zurück. Im Kosmos des<br />
Science-Fiction-Au<strong>to</strong>rs Richard Morgan<br />
spielen die kurzen Episoden, die sich um<br />
vier Outlaws drehen, die plötzlich und unauffindbar<br />
verschwunden sind. Auch musikalisch<br />
dreht THIS MACHINE gewaltig<br />
auf, liefert von Glam-Rock mit Falsettgesang<br />
über Space-Rock à la Hawkwind bis<br />
zu Power-Brit-Pop ein breites (und wildes)<br />
Spektrum.<br />
(Naive/Indigo, 2012, 11/43:16) us<br />
AL ANDALUZ PROJECT:<br />
ABUAB AL ANDALUS<br />
LIVE IN MÜNCHEN 2011<br />
Dieses World-<strong>Music</strong>-Projekt, bei dem<br />
die im mittelalterlichen Spanien entstandene<br />
sephardische Musik im Mittelpunkt<br />
steht, bezieht seine Klasse aus der Vielfalt<br />
der Beteiligten. Drei Sängerinnen<br />
aus Spanien, Deutschland und Marokko<br />
entführen das Publikum mit Hilfe von<br />
virtuosen Musikern aus der ganzen Welt<br />
(an Instrumenten wie Drehleier, Saz, Tar,<br />
Quanum oder Lavta) zurück in eine längst<br />
vergangene Zeit, in eine Kultur, die bei<br />
uns noch so gut wie unbekannt ist. Auch<br />
visuell ein Augenschmaus, was die beiliegende<br />
DVD des Münchner Konzerts<br />
beweist.<br />
(Galileo <strong>Music</strong> Communication, 2012,<br />
15/78:58) us<br />
BLANK & JONES<br />
SO80S BILLY IDOL + SO80S<br />
CULTURE CLUB<br />
Die nächsten beiden Musiker, die Blank &<br />
Jones für ihre SO80S-Reihe in den Mittelpunkt<br />
einer eigenen CD stellen, sind<br />
Billy Idol und Boy George. Wie immer<br />
machte sich das Kölner DJ-Duo auf die<br />
Suche nach seltenen Extended-Mix-Versionen<br />
von 80er-<strong>Jahre</strong>-Krachern wie “Rebel<br />
Kurzvorstellungen<br />
Yell”, “Sweet Sixteen” oder “Flesh For<br />
Fantasy”, verpassten den Culture-Club-<br />
Hits “Time” sowie “Do You Really Want<br />
To Hurt Me” mit einem eigenen Mix einen<br />
frischen Anstrich.<br />
(EMM/EMI, 2012, 13/78:01 + 13/77:10) tk<br />
KATE CAMPBELL<br />
1000 POUND MACHINE<br />
“Boarding now, going South” singt Kate<br />
Campbell auf ihrem neuen Album, gibt<br />
die Richtung an, in die sie musikalisch<br />
unterwegs ist. Mit groovigem Soul, viel<br />
Piano und einem erdigen Sound geht die<br />
Reise von Nashville über Memphis nach<br />
New Orleans. Ein Ausflug, der ihr hörbar<br />
gut tut, der Freiräume gibt, die konsequent<br />
genutzt werden. So positioniert sie 1000<br />
POUND MACHINE so ziemlich in der<br />
Mitte zwischen Folk, Country, Soul und<br />
Blues, was es zu einem der abwechslungsreichsten<br />
ihrer Alben werden lässt.<br />
(Large River/Cargo, 2012, 11/39:45) us<br />
MICK FITZGERALD<br />
STILL LIVE<br />
Bis auf das Traditional “Black Is The Colour”<br />
hat der irische Schauspieler, Buchau<strong>to</strong>r<br />
und Songwriter Mick Fitzgerald alle<br />
Songs von STILL LIVE selbst verfasst.<br />
Gewohnt ruhig – manchmal lakonisch,<br />
manchmal tief emotional – erzählen seine<br />
musikalischen Kurzgeschichten von den<br />
irischen Gastarbeitern in England, vom<br />
Ende der Schulzeit oder vom (au<strong>to</strong>biografischen?)<br />
“Last Of The Iron Arsed Pub<br />
Balladeers”.<br />
(Claddagh, 2012, 10/34:53)<br />
us<br />
THE GERMAN BLUES<br />
PROJECT<br />
THROUGH THE STRORM<br />
Hinter dem German<br />
Blues Project<br />
stehen mit<br />
dem<br />
Powertrio<br />
Richie Arndt &<br />
The<br />
Bluenatics<br />
sowie dem Piano/<br />
Mundharmonika-Duo Georg Schroeter<br />
und Marc Breitfelder zwei in Blueskreisen<br />
bestens bekannte Acts. Wie gut sich diese<br />
Musiker ergänzen, wie jeder von ihnen<br />
seine individuelle Klasse einbringt, das<br />
zeigt vor allem die ungewöhnliche, achtminütige<br />
Adaption des Traditionals “Amazing<br />
Grace”. Daneben gibt es aber auch<br />
straighten Blues-Rock oder stimmungsvolle<br />
Stücke, bei denen Richie Arndt nur<br />
von einer Hammondorgel und einer akustischen<br />
Gitarre begleitet wird.<br />
(Fuego/Rough Trade, 2012, 10/52:21) tk<br />
TOM KELL<br />
THIS DESERT CITY<br />
Seit gut 30 <strong>Jahre</strong>n lebt Tom Kell in Los<br />
Angeles, THIS DESERT CITY ist seine<br />
Liebeserklärung an diese Stadt. Auch<br />
musikalisch passt er sich der Gegend an,<br />
Westcoast mit einer feinen Folk-Note<br />
gibt es zu hören. Zwei Cover-Versionen<br />
lockern seine eigenen Songs etwas auf,<br />
“Baby’s In Black” von Lennon/McCartney<br />
sowie eine der schönsten Interpretationen<br />
von “Don’t Let Me Be Misunders<strong>to</strong>od”.<br />
Erwähnenswert auch die<br />
hochklassige Studiocrew mit Greg Leisz,<br />
Seite 56 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
Don Heffing<strong>to</strong>n, Bob Glaub und<br />
Kenny Edwards.<br />
(17 Degrees/Import, 2012,<br />
10/39:17) us<br />
TOM T. HALL<br />
A GIFT FROM TOM T. HALL<br />
Country-Stars<br />
wie<br />
Johnny<br />
Cash,<br />
Loretta<br />
Lynn, Waylon<br />
Jennings<br />
und<br />
George<br />
Jones<br />
haben<br />
seine<br />
Lieder aufgenommen, auf A GIFT<br />
FROM ... konzentriert sich Tom T. Hall<br />
auf Songs, die er zusammen mit seiner<br />
Frau Dixie geschrieben hat. Dabei gelingen<br />
ihm starke Versionen dieser Titel,<br />
je älter er wird, des<strong>to</strong> interessanter<br />
klingt die Stimme. Cracks wie Glen<br />
Duncan an der Fiddle, der Ende März<br />
vers<strong>to</strong>rbene Earl Scruggs am Banjo oder<br />
Randy Kohrs an der Resona<strong>to</strong>r-Gitarre<br />
sorgen für lässiges Bluegrass-Feeling.<br />
(Blue Circle Records/Drumfire,<br />
2011, 12/43:19) us<br />
DAVID BEDFORD<br />
STAR’S END<br />
Digital remasterte Wiederveröffentlichung<br />
dieses bahnbrechenden Werkes<br />
von David Bedford, das 1974 sein Debüt<br />
für Virgin Records war. Das avantgardistische<br />
Klassikwerk wurde vom<br />
Royal Philharmonic Orchestra eingespielt,<br />
Mike Oldfield spielte Gitarre und<br />
Bass, Chris Cutler (von der britischen<br />
Jazz-Rockgruppe Henry Cow) Perkussion.<br />
Äußerst lesenswert auch der (englische)<br />
Booklet-Text von Sid Smith,<br />
der die Geschichte dieses Albums und<br />
seiner Protagonisten erzählt.<br />
(Cherry Red/Rough Trade,<br />
1974, 2/46:49) us<br />
DECAMERON<br />
SAY HELLO TO THE BAND<br />
Endlich erfährt auch diese Sternstunde<br />
der britischen Folkmusik ihre<br />
wohl- und längst verdiente Soundauffrischung.<br />
1973, als Dave Bell und<br />
John Coppin zusammen mit den frisch<br />
dazu gekommenen Al Fenn und Geoff<br />
March SAY HELLO TO THE BAND<br />
auf dem Vertigo-Label veröffentlichten,<br />
war es noch ein (kommerzielles) Wagnis,<br />
Folk mit progressiven Einflüssen<br />
anzureichern. Der Erfolg und dieses<br />
Album geben ihnen heute noch Recht.<br />
(Cherry Red/Rough Trade,<br />
1973, 10/42:25) us<br />
DECEMBERISTS<br />
WE ALL RAISE OUR VOICES<br />
TO THE AIR – LIVE 4.11–8.11<br />
Für alle, die sich bisher fragten, wie<br />
sich wohl der ä<strong>the</strong>rische Americana-<br />
Sound der Decemberists auf der Bühne<br />
anhören würde, dürfte dieser Live-<br />
Doppelpack eine Überraschung sein.<br />
Größtenteils akustisch klampfen, singen<br />
und schunkeln sich Band und Publikum<br />
durch die Songs die man zwar<br />
kennt, aber definitiv nicht in diesen<br />
Versionen. So macht ein Live-Album<br />
Spaß, das ist Musik, die von Herzen<br />
kommt. Wer hätte das bei dieser sonst<br />
so kühl wirkenden Band erwartet?<br />
(Beggars Group/Indigo, 2012,<br />
10/61:33, 10/59:27) us<br />
DEVIN<br />
ROMANCING<br />
Energiegeladen, rotzfrech und mit einer<br />
frischen Punk-Attitüde zeigt ein<br />
junger Mann namens Devin, dass es<br />
auch ohne medial gehypte Castingshows<br />
geht. Die wild romantischen<br />
Songs seines Debüts ROMAN CING<br />
hat der New Yorker selbst geschrieben,<br />
bei der Garagen-rockigen Umsetzung<br />
– ungefähr in der Mitte zwischen<br />
Iggy Pop und den New York<br />
Dolls – stand ihm mit Szene-Produzent<br />
Chris Zane ein erfahrener Mann<br />
zur Seite.<br />
(No Evil/Alive, 2012, 12/40:59) tk<br />
EROC<br />
WOLKENREISE II<br />
Fünf Versionen<br />
von<br />
“Wolkenreise”,<br />
zu unterschiedlichen<br />
Zeiten<br />
aufgenommen,<br />
prägen<br />
das neue<br />
Album von Joachim Ehrig, besser bekannt<br />
als Eroc. In bestechendem Klang<br />
geht es einmal quer durch das langjährige<br />
Reper<strong>to</strong>ire des Grobschnitt-<br />
Soundtüftlers, liefert WOLKENREISE<br />
II mit seinen schönsten Instrumentalstücken<br />
die idealen Vorlagen zum<br />
Träumen, Hinhören und Genießen.<br />
(Brain/Universal, 2012, 20/79:10) tk<br />
FEEDBACK<br />
NO LIES<br />
Natürlich ist „der rockende Abt”<br />
Notker Wolf, der schon zusammen<br />
mit Deep Purple für “Smoke On The<br />
Water” auf der Bühne stand, das Aushängeschild<br />
dieser Band. Doch musikalisch<br />
spielt die Konfession dann<br />
keine Rolle mehr, Feedback zeigen<br />
auf ihrem Zweitling NO LIES, wie<br />
gute Rockmusik klingt: Klassisch<br />
(“Rock’n’Roll Is King”), einfühlsam<br />
(“Perfect Girl”) oder wie purer<br />
Heavy Metal (“Rock The Border”).<br />
Starke Platte!<br />
(Transformer/Sony <strong>Music</strong>, 2012,<br />
12/<strong>50</strong>:28) us<br />
HUNGRYTOWN<br />
ANY FORGOTTEN THING<br />
Als Retro-Folk bezeichnet das Duo<br />
Hungry<strong>to</strong>wn, bestehend aus Rebecca<br />
Hall und Ken Anderson, seinen Stil.<br />
Was sie damit ausdrücken wollen, ist<br />
die konservative Herangehensweise<br />
an die Musik, da genügen den beiden<br />
traumhaft harmonisierenden Stimmen<br />
eine gezupfte Gitarre, etwas Piano und<br />
vorsichtige Verzierungen mit Glockenspiel,<br />
Mundharmonika oder Akkordeon.<br />
Auch ihr Songwriting bleibt diesem<br />
Stil treu, bei diesem Retro-Folk konzentriert<br />
sich alles auf die Musik – und<br />
die ist wunderschön!<br />
(Listen Here! Records/Import, 2012,<br />
12/37:03) tk<br />
Kurzvorstellungen<br />
JOE FLETCHER & THE<br />
WRONG REASONS<br />
WHITE LIGHTER<br />
Eine der schönsten Americana-Veröffentlichungen<br />
der letzten Zeit hat<br />
aktuell noch keinen deutschen Vertrieb<br />
gefunden – was nahelegt, dass da<br />
entweder nicht genau hingehört wird<br />
oder Qualität keine Rolle spielt. Egal,<br />
WHITE LIGHTER von Joe Fletcher &<br />
The Wrong Reasons wird seinen Weg<br />
gehen, so lakonisch trockene Songs,<br />
so voller Herzblut und Wüstenstaub<br />
umgesetzt, wer diese Scheibe einmal<br />
gehört hat wird begeistert sein!<br />
(Wrong Reason Records/Import,<br />
2012, 12/42:18) us<br />
MEECO<br />
BEAUTY OF THE NIGHT<br />
Für BEAUTY OF THE NIGHT hat der<br />
in Paris lebende Pianist und Produzent<br />
Meeco (bürgerlich Michael Christian<br />
Meier, geboren 1967 in Berlin) mit Romero<br />
Lubambo, Zé Manuel und Jaques<br />
Morelenbaum wichtige Vertreter der<br />
brasilianischen Jazzszene nach New<br />
York eingeladen, wo sie auf die dort<br />
lebenden, erfahrenen Musiker Buster<br />
Williams, Hubert Laws oder Eddie<br />
Henderson trafen. Zusammen entwickelten<br />
sie einen urbanen Latin-Sound,<br />
spielten alle Songs live ein. Die zweite<br />
CD ist Remixen sowie alternativen Versionen<br />
vorbehalten. Sehr interessant!<br />
(Connec<strong>to</strong>r Records/inakustik,<br />
2012, 8/48:22, 11/60:34) us<br />
WEST OF EDEN<br />
SAFE CROSSING<br />
Ein Konzeptalbum<br />
über<br />
Schiffswracks<br />
hört sich zugegebenermaßen<br />
nicht<br />
besonders<br />
einladend ld d an, doch was die schwedische<br />
Folkband West Of Eden daraus<br />
macht ist aller Ehren wert. Klasse<br />
Songs, die sich zwar wie Traditionals<br />
anhören, aber alle selbst verfasst sind,<br />
starker, wechselnder Leadgesang, exquisite<br />
musikalische Umsetzung in<br />
einem wunderbaren Klang – dicke<br />
Empfehlung für alle Folkfreunde.<br />
(West Of <strong>Music</strong>/Import, 2012,<br />
13/<strong>50</strong>:24) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
RADIO BEIRUT – SOUNDS<br />
FROM THE 21ST CENTURY<br />
„Beirut is back on <strong>the</strong> map”, diese<br />
Schlagzeile aus der „Financial Times”<br />
gibt das Mot<strong>to</strong> der jungen Musikszene<br />
der libanesischen Hauptstadt vor. Da es<br />
in Beirut aber keine Label-, Vertriebsund<br />
Marketingstrukturen gibt, spielen<br />
die privaten Radiosender Beiruts die<br />
Hauptrolle in dieser Szene. Wie Pilze<br />
schießen alternative Bands, die arabische<br />
Melodieführungen mit Jazz, Rock oder<br />
Elektrobeats verbinden, aus dem Boden<br />
– die wichtigsten versammelt RADIO<br />
BEIRUT, das somit zum Botschafter<br />
21.<br />
präsentiert das<br />
Blues<br />
Festival<br />
Schöppingen<br />
Münsterland<br />
Lucky & Tamara Peterson<br />
& Band<br />
(USA)<br />
Henrik Freischlader &<br />
Gary Moore´s Blues Line Up<br />
(D/GB)<br />
Kenny Neal Band<br />
(USA)<br />
Keith B. Brown Trio<br />
(USA-F)<br />
Shane Dwight & Band<br />
(USA)<br />
Delta Moon<br />
(USA)<br />
The Hackensaw Boys<br />
(USA)<br />
Cee Cee James Band<br />
(USA)<br />
Ben Poole Band<br />
(GB)<br />
The Mason Rack Band<br />
(USA)<br />
and more...<br />
Sa 26. und So 27. Mai 2012<br />
dieser faszinierenden Klänge wird.<br />
(Galileo, 2012, 18/57:43) us<br />
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<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 57<br />
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DVD<br />
REVIEWS<br />
MOTHER’S FINEST<br />
LIVE AT ROCKPLAST<br />
Den Gründern dieser<br />
Band – dem<br />
Ehepaar<br />
Joyce<br />
„Baby Jean” Kennedy<br />
und Glen „Doc”<br />
Murdoch – ging es<br />
bei Mo<strong>the</strong>r’s Finest<br />
darum, schwarzen<br />
Funk und weißen<br />
Rock’n’Roll zu verbinden.<br />
Heute kein Problem mehr, in den<br />
70er <strong>Jahre</strong>n war es in den USA um einiges<br />
komplizierter so zu agieren, daher nutzte<br />
die Band jede Chance, auch außerhalb der<br />
Staaten aufzutreten. Als Mo<strong>the</strong>r’s Finest<br />
am 4. März 1978 die zweite „Rockpalast”-<br />
Nacht in der Essener Grugahalle eröffneten,<br />
waren sie eine unbekannte Größe,<br />
danach hatten sie Kultstatus! Die ungestüme<br />
Performance von Titeln wie “Baby<br />
Love”, “I’m Gonna Give You All The<br />
Love” und “Mickey’s Monkey” überwältigte<br />
das nichtsahnende Publikum. Ganz<br />
anders natürlich die Voraussetzungen für<br />
das zweite Konzert dieser DVD: 2003<br />
waren Mo<strong>the</strong>r’s Finest – fast im Original-<br />
Line-Up! – wieder zu Gast beim „Rockpalast”,<br />
auf Burg Satzvey ging es natürlich<br />
nicht mehr ganz so wild zu wie 1978, dafür<br />
spielten sie aber neben ihren Klassikern<br />
auch zahlreiche neue Songs.<br />
(MiG/Intergroove, 2012, 159 Min.) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
WILLIAM S. BURROUGHS –<br />
A MAN WITHIN<br />
Im Mittelteil von<br />
Yony Leysers Dokumentarfilm<br />
„William<br />
S. Burroghs<br />
– A Man Within”<br />
sieht man quasi<br />
wie in einem Fo<strong>to</strong>-<br />
Album, wie Rockstars<br />
den Au<strong>to</strong>ren<br />
hofiert haben: Auf<br />
Bildern steht tht er neben u.a. Mick Jagger,<br />
Kurt Cobain, Bono und Sting. Burroughs<br />
(1914 –1997), mit Allen Ginsberg und Jack<br />
Kerouac bekanntester Vertreter der „Beat<br />
Generation”, ist ohne Zweifel eine Ikone der<br />
Pop-Kultur: Sein Konterfei reiht sich ein ins<br />
Gruppenfo<strong>to</strong> auf dem SGT. PEPPER’S-Cover;<br />
zahlreiche Rockbands benannten sich<br />
nach seinen Werken, u.a. Steely Dan und<br />
Soft Machine. In Leysers gut recherchierter<br />
und handwerklich hervorragender Doku<br />
kommen zahlreiche Weggefährten und<br />
Freunde Burroughs‘ zu Wort – neben Au<strong>to</strong>ren<br />
und Regisseuren auch Musiker wie Iggy<br />
Pop, Patti Smith, Laurie Anderson, Sonic<br />
Youth und Jello Biafra (Dead Kennedys).<br />
Im Gegensatz zu dem eher von den Hippies<br />
bewunderten Ginsberg stand der Ex-Junkie<br />
Burroughs aufgrund seines Nonkonformismus<br />
und Zynismus in der Punk-Bewegung<br />
hoch im Kurs. „A Man Within” ist aber bei<br />
weitem mehr als das Abfeiern eines Kultau<strong>to</strong>rs;<br />
der Film macht auch um unbequeme<br />
Wahrheiten keinen Bogen, etwa den tödlichen<br />
Unfall, bei dem seine Ehefrau ums<br />
Leben kam: Burroughs erschoss sie volltrunken<br />
bei einem „Wilhelm-Tell-Spiel”.<br />
(GoodMovies/Indigo, 2012, 87 Min. +<br />
78 Min. Extras) frs<br />
TEN YEARS AFTER<br />
LIVE PERFORMANCE 1975<br />
1975, also in dem<br />
Jahr, in dem diese<br />
grobkörnigen<br />
Schwarz/Weiß-<br />
Aufnahmen<br />
entstanden,<br />
löste sich<br />
die britische Blues-<br />
Rockband Ten Years<br />
After auf. Seit ihrer<br />
Gründung Ende der<br />
60er <strong>Jahre</strong> erspielte ilt sie sich einen hervorragenden<br />
Liveruf, der sich vor allem<br />
auf die Qualitäten von Sänger und Gitarrist<br />
Alvin Lee stützte. Auch dass ihr “I’m<br />
Going Home” sowohl auf dem Soundtrack<br />
des Woods<strong>to</strong>ck-Festivals als auch<br />
im gleichnamigen Film auftauchte, befeuerte<br />
diesen legendären Status. Wer die<br />
Woods<strong>to</strong>ck-Aufnahmen kennt, weiß was<br />
ihn auf LIVE PERFORMANCE 1975 erwartet:<br />
Wenn Ten Years After eine Bühne<br />
betreten gibt es harten, schnellen Blues-<br />
Rock zu hören, auf elegante Feinheiten<br />
wird generös verzichtet. Unerklärlich, ja<br />
fast schon ärgerlich dagegen, warum auf<br />
dem Coverbild der DVD mit Joe Gooch<br />
der Nachfolger von Alvin Lee abgebildet<br />
ist, unglaublich!<br />
(XXL Media/Bellaphon, 2012, 87 Min.) tk<br />
THE B-52S<br />
WITH THE WILD CROWD!<br />
„Live In A<strong>the</strong>ns,<br />
Georgia” heißt der<br />
Untertitel dieses Mitschnitts<br />
des B-52s-<br />
Konzerts 34 <strong>Jahre</strong><br />
nach dem Bühnendebüt<br />
in ihrer Heimatstadt<br />
in Ton und<br />
Bild, der auf CD<br />
bereits einige Zeit<br />
vorliegt (<strong>GoodTimes</strong> 6/2011). Festgehalten<br />
ist auf der DVD die komplette Show (= drei<br />
Songs mehr) der Truppe, die sich bis heute<br />
als Partyband versteht – und eine solche Feier<br />
zelebrierte sie mit ihren Fans im Februar<br />
2011. Die Damen im eher schrillen Outfit,<br />
kräftig geschminkt, die Herren in gediegeneren<br />
Klamotten, Hit folgt auf Hit – und<br />
das besondere Verdienst der Georgianer wird<br />
einmal mehr deutlich: Sie verstanden es, Art,<br />
Pop und Punk new wavig zu vereinen und<br />
mit traumhaft harmonischen Gesangslinien<br />
zu garnieren. Als Bonus der ersten DVD<br />
der Band ist ein halbstündiges Interview zu<br />
sehen, nachdem sie auf der Bühne ebenso<br />
ausgeflippt waren wie ihre vielen Fans davor.<br />
(Eagle Vision/edel, 2012, 131 Min.) pro<br />
CHRIS NORMAN<br />
TIME TRAVELLER TOUR LIVE IN<br />
CONCERT GERMANY 2011<br />
Für seine „Time-<br />
Traveller-Tour”<br />
hat<br />
Chris Norman ein<br />
knapp zweistündiges<br />
Set<br />
zusammengestellt,<br />
nimmt sein Publikum<br />
mit auf eine<br />
Reise quer durch<br />
sein<br />
Gesamtwerk.<br />
Klar dominieren da<br />
die alten Smokie-Songs, S verbindet man Hits<br />
wie “Needles and Pins”, “If You Think You<br />
Seite 58 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
DVD – Blu-ray<br />
Know How To Love Me”, “Living Next<br />
Door To Alice”, “Oh Carol” oder “Don’t<br />
Play Your Rock & Roll To Me” immer noch<br />
mit Normans rau-romatischer Stimme. Außerdem<br />
haben seine zwischenzeitlich 14<br />
Solo-Alben den einen oder anderen Hit erbracht,<br />
dazu beweist er seine Klasse mit Cover-Versionen<br />
von “Get It On”, “The Boxer”,<br />
“I Can’t Dance” oder “Sweet Caroline”. Gerade<br />
diese Mischung aus Alt und Neu, aus<br />
wehmütigen Erinnerungen und neuen Eindrücken<br />
lässt diesen Konzertmitschnitt zu<br />
einem kurzweiligen Genuss werden.<br />
(Chris Norman Enterprises/Intergroove,<br />
2012, 118 Min.) tk<br />
JOE BONAMASSA<br />
BEACON THEATRE – LIVE FROM<br />
NEW YORK<br />
Natürlich begeistert<br />
der hyperaktive Joe<br />
Bonamassa<br />
durch<br />
Gitarrenspiel<br />
und<br />
Songs, aber ganz<br />
ehrlich: Den Reiz<br />
dieses Konzertmitschnitts<br />
aus dem<br />
New Yorker Beacon<br />
Theatre (4./5.<br />
November 2011) machen die Gäste aus:<br />
also Duettpartnerin Beth Hart, mit der er<br />
ja eine ganze CD aufgenommen hat und<br />
die zweimal zum Zuge kommt, sowie die<br />
Herren John Hiatt und Paul Rodgers (beide<br />
ebenfalls zweimal). An der Soundgüte gibt<br />
es ebenso wenig auszusetzen wie an der<br />
der Bilder – je größer der Bildschirm und<br />
kräftiger die Boxen, des<strong>to</strong> genussreicher<br />
wird der Konsum dieser Show. Dazu kommen<br />
eine Bonus-DVD mit drei Extratracks,<br />
einem Kurzfilm und einer Bildergalerie<br />
sowie ein außergewöhnlich reichhaltiges,<br />
satt bebildertes Booklet mit Liner-Notes<br />
des Künstlers. Und auch das Set überzeugt,<br />
weil Bonamassa eher selten Gespieltes und<br />
originelle neue Cover-Versionen bot.<br />
(Provogue/Rough Trade, 2012,<br />
152 Min.) pro<br />
GRATEFUL DEAD<br />
DAWN OF THE DEAD<br />
Grateful Dead waren<br />
zweifelsohne<br />
die zentrale Band<br />
der San-Francisco-<br />
Szene Ende der 60er<br />
<strong>Jahre</strong>. Die Hippie-<br />
Formation um den<br />
Gitarristen Jerry<br />
Garcia war jedoch<br />
so eng mit dem Rest<br />
der bunten Flower-Power-Welt verwoben,<br />
dass sie ohne andere Westcoast-Combos<br />
wie Jefferson Airplane, Big Bro<strong>the</strong>r & The<br />
Holding Company und die Charlatans kaum<br />
denkbar ist. Die Filmdoku „Dawn Of The<br />
Dead: The Grateful Dead And The Rise Of<br />
The San Francisco Underground” ist denn<br />
auch mehr als die Biografie einer einzigen<br />
Band. Sie setzt Garcia & Co. in den Kontext<br />
der damaligen gesellschaftlichen und musikalischen<br />
Umbrüche und lässt in vielen Interviews<br />
neueren Datums Bandmitglieder,<br />
Weggefährten und Rockkritiker zu Wort<br />
kommen, darunter den ehemaligen Dead-<br />
Manager Rock Scully, Dead-Keyboarder<br />
Tom Constanten, Charlatans-Sänger/Gitar-
DVD<br />
REVIEWS<br />
rist Mike Wilhelm und Big-Bro<strong>the</strong>r-Gitarrist<br />
Peter Albin (der in Prä-Dead-Zeiten mit<br />
Garcia in einer Combo spielte). Musik gibt<br />
es in der über zweistündigen Doku, die die<br />
frühen <strong>Jahre</strong> 1965 bis 1970 abhandelt, eher<br />
wenig zu hören, dafür aber viele O-Töne<br />
und S<strong>to</strong>rys von Zeitzeugen. Der 1995 vers<strong>to</strong>rbene<br />
Garcia wird per Archiv-Interviews<br />
„hinzugeschaltet”. Insgesamt erhält man<br />
einen gründlichen, tiefen Einblick in eine<br />
bewegte Zeit. Vorausgesetzt man beherrscht<br />
die englische Sprache, denn die DVD<br />
kommt ohne Untertitelung.<br />
(Chrome Dreams/inakustik, 2012,<br />
138 Min.) frs<br />
THE JEFF HEALEY BAND<br />
LIVE IN BELGIUM<br />
Als Jeff Healey nach<br />
der Veröffentlichung<br />
seines dritten Albums<br />
FEEL THIS<br />
1993 <strong>to</strong>urte, hatte er<br />
erstmals einen Keyboarder<br />
(Washing<strong>to</strong>n<br />
Savage) und zwei<br />
Chorsängerinnen<br />
(Mischke<br />
Butler,<br />
Toucu) mit auf der Bühne stehen, was für<br />
eine erfreuliche Anreicherung seines Sounds<br />
sorgte. Im Juli gastierte der blinde Kanadier<br />
beim Peer Blues Festival im belgischen Peer<br />
und stimmte dabei die für ihn typische Mischung<br />
aus überwiegend eigenen Songs und<br />
einigen Fremdvorlagen (“While My Guitar<br />
Gently Weeps”/George Harrison, “Roadhouse<br />
Blues”/Doors; “Angel Eyes”/John<br />
Hiatt, bei dem Healey zur Akustikgitarre<br />
griff!) an, brillierte mit seinem gefühlvollen<br />
Gitarrenspiel – und das Ganze explodierte<br />
förmlich, als er mit “Baby’s Lookin’ Hot”<br />
loslegte. Eine gelungene Erinnerung, zumal<br />
mit der DVD auch eine identische CD-Fassung<br />
mitgeliefert wird.<br />
(Eagle Vision/edel, 2012, 82 Min.) pro<br />
HANNES WADER &<br />
KONSTANTIN WECKER<br />
WADER WECKER VATER LAND<br />
Beide zählen sie<br />
zu den bekanntesten<br />
deutschen Liedermachern,<br />
doch<br />
Hannes Wader und<br />
Konstantin Wecker<br />
können unterschiedlicher<br />
kaum sein:<br />
hier der kühle, reservierte,<br />
Gitarre<br />
zupfende Norddeutsche, der am liebsten<br />
alleine auf der Bühne steht; dort der lebensfrohe,<br />
extrovertierte, Klavier spielende<br />
Bayer, der volltönende Begleitarrangements<br />
liebt. Und dennoch gehen die<br />
beiden befreundeten Sänger seit zwölf<br />
<strong>Jahre</strong>n gemeinsam auf Tournee. Während<br />
ihrer 2010er Konzertreise begleitete sie<br />
der Regisseur Rudi Gaul mit seinem Team<br />
und drehte den Film „Wader Wecker Vater<br />
Land”. Die Musikdokumentation, die 2011<br />
den Publikumspreis beim Filmfest München<br />
erhielt, ist ein kleines Meisterwerk<br />
des Genres. Sie steckt voller intensiver<br />
Momente; am Ende hat man das Gefühl, in<br />
den alten Barden zwei gute Freunde gefunden<br />
zu haben. Zahlreiche Interviews, Bühnen-<br />
und Tour-Impressionen sowie Archivaufnahmen<br />
nehmen mit auf eine zwischen<br />
Heiterkeit und Melancholie schwankende<br />
Reise durch zwei bewegende, künstlerisch<br />
wie politisch nicht immer gerade verlaufenen<br />
Lebensgeschichten. Extras: u.a.<br />
nicht verwendete Szenen.<br />
(Zorro/Indigo, 2012, 90 Min. +<br />
22 Min. Extras) frs<br />
RINGO STARR &<br />
THE ROUNDHEADS<br />
LIVE<br />
Naja, den Clown gibt<br />
Ringo Starr heute<br />
noch gern und hampelt<br />
entsprechend<br />
über die Bühne,<br />
streckt seine Finger<br />
begeistert wie einst<br />
Churchill V-mäßig<br />
in die Luft. So auch<br />
im altehrwürdigen<br />
Genesee Theatre in Waukegan, Illinois, wo<br />
er 2005 im „Soundstage”-Rahmen auftrat.<br />
Angaben zu Zeitpunkt und Mitmusikern<br />
(Leadgitarre: Steve Dudas, Drums: Greg<br />
Bissonette) fehlen bei der kärglichst ausgestatteten<br />
DVD ebenso wie Bonus-Material,<br />
so dass es bei 56 Minuten Musik bleibt.<br />
Natürlich stimmte der singende Drummer<br />
reichlich (und die seit <strong>Jahre</strong>n meist gleichen)<br />
Beatles-Songs an (“Yellow Subma rine”,<br />
“Oc<strong>to</strong>pus’s Garden”, “I Wanna Be Your<br />
Man”, “Don’t Pass Me By”, “With A Little<br />
Help From My Friends”), dazu seine Solo-<br />
Erfolge von “Pho<strong>to</strong>graph” und “Back Of<br />
Boogaloo” über “Act Naturally”, “It Don’t<br />
Come Easy” bis zu “Choose Love” oder<br />
“Memphis In Your Mind” – alles kommt unterhaltsam,<br />
ohne große Inspirationsansprüche.<br />
Es war schlicht eine Fun-Night, wie es<br />
die Amerikaner nennen, zu der auch Colin<br />
Hay beitrug, der als Gast mit den Roundheads<br />
seinen Men-At-Work-Hit “Who Can<br />
It Be Now” anstimmte, bei dem Saxer James<br />
Perkins am stärksten beeindruckte.<br />
(Image/Universal, 2012, 56 Min.) pro<br />
THIN LIZZY<br />
LIVE AT THE NATIONAL<br />
STADIUM DUBLIN<br />
Während der „Fighting<br />
Tour” gastierten<br />
Thin Lizzy am 10.<br />
Dezember 1975 in der<br />
Besetzung mit Phil<br />
Lynott (voc, b), Scott<br />
Gorham (g), Brian<br />
Robertson (g) und<br />
Brian Downey (dr) in<br />
Dublin im National<br />
Stadium, einer 2000 Zuschauer fassenden Ex-<br />
Boxarena in der irischen Hauptstadt. Viele<br />
der Performances ähneln bereits erhältlichen,<br />
doch auch ein paar eher selten gespielte Nummern<br />
sind im einstündigen Programm dabei<br />
(“It’s Only Money”, “Wild One”), das gut ein<br />
halbes Jahr später in zwei Hälften gestückelt<br />
im irischen Fernsehen ausgestrahlt wurde.<br />
Sound und Bild der DVD sind okay, angesichts<br />
des Alters vertretbar. Den speziellen<br />
Reiz dieser DVD machen zwei Bonus-Teile<br />
aus. Da wäre zum einen die gelungene, fast<br />
einstündige Doku „Renegade: The Philip Lynott<br />
S<strong>to</strong>ry” (Interviews, im Zentrum steht die<br />
Roadcrew; verschieden lange Songschnipsel).<br />
Zum anderen die Doku „The Sun Goes<br />
DVD – Blu-ray<br />
Down: Farewell Irish Tour”, die acht <strong>Jahre</strong><br />
später stattfand – beides erstmals auf DVD erhältlich<br />
und sehenswert (und mit hilfreichen<br />
deutschen Untertiteln). Und schließlich gibt’s<br />
noch zwei in TV-Shows live gespielte Songs,<br />
ausgesprochene Raritäten.<br />
(Universal, 2012, 145 Min.) pro<br />
IRON MAIDEN<br />
EN VIVO<br />
Die Reihe an DVD-<br />
Veröffentlichungen<br />
der britischen Metal-<br />
Veteranen ist mittlerweile<br />
fast unüberschaubar,<br />
doch sie<br />
haben eines gemeinsam:<br />
Bislang war kein<br />
Negativausreißer dabei.<br />
Was auch für EN<br />
VIVO gilt, den Mitschnitt aus der chilenischen<br />
Hauptstadt Santiago. Dort traten die immer<br />
noch vor Energie strotzenden Bruce Dickinson,<br />
Steve Harris & Co. am 10. April 2011 im Rahmen<br />
ihrer „Final Frontier Tour” auf, die 98 Gastspiele<br />
in 36 Ländern vor über zwei Millionen<br />
Fans umfasste. Die Gigan<strong>to</strong>manie von Maiden-<br />
Shows erreichte einen neuen Höhepunkt, ohne<br />
zu überdrehen – und den Filmemachern ist es<br />
gelungen, die Atmosphäre des Abends exzellent<br />
einzufangen, auch mit Hilfe des Splitscreenverfahrens,<br />
mit vielen, aber nicht zu hektischen<br />
Schnitten. Musikalisch gibt es bei den britischen<br />
Über-Profis eh kaum etwas auszusetzen, und<br />
das Set unterschied sich durch die Berücksichtigung<br />
genügend neuer Songs so von früheren,<br />
dass Maiden-Fans um einen Erwerb nicht herumkommen.<br />
Zumal die Bonus-DVD mit der<br />
Dokumentation „Behind The Beast” interessante<br />
Einblicke hinter die Tourneekulissen (und<br />
in die Boeing, mit der Dickinson die gesamte<br />
Truppe pilotierte) gewährt.<br />
(EMI, 2012, 222 Min.)<br />
pro<br />
SIMPLY RED<br />
LIVE AT MONTREUX 2003<br />
Natürlich<br />
waren<br />
Simply Red, einer<br />
der erfolgreichsten<br />
Soul-Exporte Großbritanniens,<br />
nicht<br />
nur einmal beim<br />
prestigeträchtigen<br />
Montreux Jazz Festival<br />
zu Gast. Im<br />
Jahr 2003 machten<br />
sie in der Schweiz Station, um ihr Platinveredeltes<br />
Album HOME vorzustellen.<br />
Neben zahlreichen Stücken aus diesem<br />
Werk hatten sie aber auch die Songs mit<br />
im Gepäck, mit denen sie im Laufe ihrer<br />
langen Karriere ihre größten Erfolge<br />
feierten. Ein bestens aufgelegter Mick<br />
Hucknall sang sich langsam, aber sicher<br />
in Stimmung, brachte klasse Liveversionen<br />
von “Come To My Aid”, “Something<br />
Got Me Started”, “Holding Back<br />
The Years” und “Money’s Too Tight To<br />
Mention”. Als Bonus-Dreingabe enthält<br />
die mit glasklaren Bildern und makellosem<br />
Ton beeindruckende DVD dann<br />
noch sieben Titel von ihrem 2010er Montreux-Besuch,<br />
die sie sieben <strong>Jahre</strong> zuvor<br />
nicht im Programm hatten, herausragend<br />
die traumhafte Livefassung von “If You<br />
Don’t Know Me By Now”.<br />
(Eagle Vision/edel, 2012, 124 Min.) tk<br />
Hypertension 1/4 hoch<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 59
Books For You<br />
The Kinks – Die S<strong>to</strong>ry<br />
Jethro Tull Over Germany<br />
Von Nick Hasted<br />
2012, Bosworth Musikverlag<br />
ISBN 978-3-86543-698-6<br />
327 Seiten<br />
22,<strong>50</strong> €<br />
S<br />
eitdem in den<br />
achtziger <strong>Jahre</strong>n<br />
gleich drei interessante<br />
Kinks-<br />
Biografien<br />
(von<br />
Johnny<br />
Rogan,<br />
John Mendelsohn<br />
und Jon Savage)<br />
erschienen waren,<br />
ist die Band, die<br />
immerhin mit den<br />
Beatles,<br />
<strong>Rolling</strong><br />
S<strong>to</strong>nes und Who zu den Meilensteinen des<br />
britischen Beat-Booms gehört, von Rock-<br />
Au<strong>to</strong>ren sträflich vernachlässigt worden.<br />
Einzig die Au<strong>to</strong>biografien der Davies-Brüder<br />
in den 90er <strong>Jahre</strong>n bildeten die subjektiven<br />
Erlebnisse und Emotionen im Kinks-Lager<br />
ab. Drohen die schwierigen Kinks, die sich<br />
während ihrer Karriere oft genug selber im<br />
Weg standen, in Vergessenheit zu geraten?<br />
Mit Nick Hasteds „The Kinks – Die S<strong>to</strong>ry” ist<br />
endlich wieder ein aktuelles, sehr gut recherchiertes<br />
Buch über die Band im Handel. Und<br />
das Beste ist, dass es jetzt auch in deutscher<br />
Übersetzung erschienen ist. Neben recht<br />
aktuellen Interviews des Au<strong>to</strong>rs mit den Ur-<br />
Kinks Ray und Dave Davies, Drummer Mick<br />
Avory sowie dem Bruder des vers<strong>to</strong>rbenen<br />
Bassisten Pete Quaife und anderen wichtigen<br />
Begleitern, wurden auch viele bisher<br />
unveröffentlichte Quellen aus Fremdinterviews<br />
für „Die S<strong>to</strong>ry” verwendet. So dürften<br />
sogar Kennern der Kinks-Geschichte<br />
hier noch neue Einsichten, wie etwa über<br />
Pete Quaifes problematische Beziehung zu<br />
den Davies-Brüdern, vermittelt bekommen.<br />
Hasted verbindet die turbulente, von vielen<br />
Höhen und Tiefen geprägte Bandgeschichte,<br />
Analysen zu den musikalischen Meilensteinen<br />
und Errungenschaften („Waterloo<br />
Sunset” und das Album THE VILLAGE<br />
GREEN PRESERVATION SOCIETY) wie auch<br />
die komplizierten Psychen der Protagonisten<br />
zu einer fesselnden Geschichte. Zwar konnte<br />
auch hier Vieles nur angeschnitten werden,<br />
doch sogar die von allen frühen Kinks-<br />
Biografen kaum beachtete oder gering geschätzte<br />
Konzeptalben-Phase und das mit<br />
Hard-Rock-Alben eingeläutete kommerzielle<br />
Comeback in den USA werden hier zum ersten<br />
Mal gut ausgeleuchtet. Die Beschreibung<br />
im Bucheinband übertreibt dieses Mal nicht:<br />
In der Tat ist Nick Hasteds Kinks-S<strong>to</strong>ry „ein<br />
faszinierend geschriebener Überblick über 30<br />
<strong>Jahre</strong> kreatives Chaos”.<br />
csw<br />
Von Wolfgang und Kevin Thomas<br />
2011, Verlag Siegener Rock-Museum<br />
ISBN 978-3-00037-254-4<br />
258 Seiten<br />
39,00 €<br />
D<br />
er Name<br />
Wolfgang<br />
Thomas<br />
dürfte vielen<br />
Musikfans<br />
ein Begriff<br />
sein, denn<br />
der Au<strong>to</strong>r hat<br />
in den Neunzigern<br />
mit<br />
„The <strong>Rolling</strong><br />
S<strong>to</strong>nes Over<br />
Germany” ein hochgelobtes<br />
Standardwerk<br />
verfasst. Offensichtlich hat Thomas seine<br />
Musikbegeisterung und seine journalistischen<br />
Fähigkeiten seinem Sohn Kevin vererbt,<br />
der hier als Co-Au<strong>to</strong>r in Erscheinung<br />
tritt. Es hätte wohl kaum einen besseren<br />
Veröffentlichungstermin als jetzt geben<br />
können, tummeln sich doch Ian Anderson<br />
und seine Mannen mit THICK AS A<br />
BRICK 2 wieder in allen Gehörgängen. Die<br />
musikalische Qualität des Albums spiegelt<br />
sich in dem großformatigen Buch, gedruckt<br />
auf hochwertigem Papier, wider,<br />
dessen Untertitel „Fo<strong>to</strong>s und Geschichten<br />
aus über vier Jahrzehnten” Programm ist.<br />
Nach einer Einleitung, durch die Thomas<br />
die Leser auf das Buch einstimmt, beginnt<br />
seine Reise beim Tull-Auftritt 1970 in der<br />
Frankfurter Jahrhunderthalle und endet<br />
bei einem Auftritt 2012 und einer Besprechung<br />
des eben genannten Albums. Auf<br />
den Zwischenstationen dokumentieren die<br />
Au<strong>to</strong>ren alle erdenklichen Aspekte und den<br />
großen Einfluss, den der Flötenderwisch in<br />
Deutschland hinterlassen hat. Interviews<br />
mit Zeitzeugen, viele Abbildungen von seltenen<br />
Plattencovern, Eintrittskarten, Memorabilia,<br />
Zeitungsausschnitten und klasse<br />
Interviews mit Anderson selbst zeichnen ein<br />
atmosphärisches Bild, das durch Gespräche<br />
mit Musikern, die durch Jethro Tull inspiriert<br />
wurden, ergänzt wird. Wichtige Komponenten,<br />
die die Gesamtkomposition des<br />
Prachtbandes zusätzlich verstärken, sind<br />
das geschickte Layout und – die traumhaften<br />
Fo<strong>to</strong>s von Anderson und seinen<br />
Musikern, da hier alle musikalischen Phasen<br />
Tulls optisch verdeutlicht werden. Von der<br />
ganz wilden Zeit in den Siebzigern über die<br />
etwas kühle Periode von UNDER WRAPS bis<br />
zu den galanten Nullern bieten die Au<strong>to</strong>ren<br />
den Fans eine wahre Augenweide. Mit Abstand<br />
eines der schönsten Musikbücher aus<br />
Deutschland in den letzten <strong>Jahre</strong>n. fl<br />
Vom Mississippi zum Mainstream:<br />
Robert Johnson und die Erfindung des Blues<br />
Von Elijah Wald<br />
2012, Rogner & Bernhard bei<br />
Zweitausendeins, Berlin<br />
ISBN 978-3-80771-079-2<br />
432 Seiten, zahlr. Abb.<br />
Hardcover mit Schutzumschlag<br />
19,95 €<br />
D<br />
er Schatten<br />
der Sechssaitigen<br />
zeigt<br />
Teufelshörner,<br />
vom<br />
Korpus<br />
ringelt<br />
sich<br />
ein<br />
Teufelsschwanz.<br />
Da<br />
wird wohl doch<br />
wieder die alte<br />
„Crossroads”-<br />
Kiste<br />
ausgepackt,<br />
nach der<br />
Robert Johnson um Mitternacht an einem<br />
Kreuzweg in den Sümpfen seine Seele an<br />
Satan verkauft haben soll, um ein begnadeter<br />
Bluesgitarrist zu werden; ein Pakt,<br />
der schließlich zu seinem frühen Tod mit<br />
27 <strong>Jahre</strong>n geführt haben soll. Okay, zumindest<br />
das Cover-Bild (zugegeben: gelungen<br />
und eher als ironisches Augenzwinkern zu<br />
verstehen) tut es. Denn Elijah Wald, Au<strong>to</strong>r<br />
des Buchs „Vom Mississippi zum Mainstream:<br />
Robert Johnson und die Erfindung<br />
des Blues” räumt in seinem sehr kenntnisreichen<br />
und klugen Text mit so einigen My<strong>the</strong>n<br />
und Legenden des frühen Delta-Blues<br />
auf. „Über den Blues im Allgemeinen und<br />
Robert Johnson im Besonderen ist wahrscheinlich<br />
mehr romantischer Unsinn geschrieben<br />
worden als über irgendeine andere<br />
Musikrichtung oder irgendeinen anderen<br />
Musiker des 20. Jahrhunderts”, schreibt er<br />
gleich zu Beginn des ersten Kapitels. Sein<br />
Buch (Originaltitel: „Escaping The Delta”)<br />
ist sehr viel mehr als eine Biografie Johnsons.<br />
Im Fokus steht der Gitarrist nur im<br />
zweiten Teil, in dem es unter anderem<br />
Lebenserinnerungen und Song-für-Song-<br />
Informationen gibt. Im ersten Teil hingegen<br />
erfährt man Hintergründe und Details über<br />
die Welt und das Leben am Mississippi-Delta<br />
in den ersten Jahrzehnten des vergangenen<br />
Jahrhunderts, dem Umfeld, in dem der<br />
Blues geboren wurde. Dort schreibt Wald,<br />
der in den USA als Musiker und Dozent für<br />
Musikgeschichte tätig ist, über Juke Joints,<br />
Blues Queens und Straßensänger und vieles<br />
mehr. Nach beinahe 400 lesenswerten Seiten<br />
kommt er dann schließlich in einem<br />
Extra-Kapitel auch auf „Die Sache mit dem<br />
Teufel” zu sprechen. Ergebnis: Sie lässt sich<br />
wohl auf Gerüchte, Missverständnisse und<br />
Legendenwebereien zurückführen. Eines<br />
der besten Bücher über den Blues auf dem<br />
deutschsprachigen Markt!<br />
frs<br />
Don Kirshner – The Man With The Golden Ear<br />
How He Changed The Face Of Rock And Roll<br />
Von Rich Podolsky,<br />
Vorwort von Tony Orlando<br />
2012, Hal Leonard Corporation<br />
ISBN 978-1-45841-670-4<br />
282 Seiten, Englisch<br />
19,99 €<br />
E<br />
s hilft beim<br />
Schreiben,<br />
wenn sich zwischen<br />
Au<strong>to</strong>r<br />
und Subjekt<br />
Gemeinsames<br />
ergibt. Der Vater<br />
von Rich<br />
Podolsky (nicht<br />
verwandt mit<br />
Lukas) war<br />
Platten-Einkäufer,<br />
Young<br />
Rich spürte die Hits auf – genau die Spezialität<br />
des New Yorkers Gilbert „Don” Kirshner<br />
(1934–2011), der das Etikett des Buchtitels<br />
einst vom „Time Magazine” bekam. Dem<br />
langjährigen Freund Bobby Darins wurde<br />
früh klar, dass Teenage-Hits nicht nur von<br />
der Jugend gesungen, sondern auch komponiert/geschrieben<br />
werden mussten. Sein<br />
Weg zum ersten unabhängigen Produzenten<br />
des Pop-Business wird gut recherchiert<br />
beschrieben: Neil Sedakas “Stairway<br />
To Heaven” schlug ebenso für seinen Ver-<br />
lag Aldon <strong>Music</strong> ein wie “Will You Still Love<br />
Me Tomorrow” von Carole King und ihrem<br />
Mann Gerry Goffin für die Shirelles, Liste<br />
und S<strong>to</strong>ries sind unendlich! Dass die Produzenten<br />
unabhängig wurden, hieß für die<br />
Künstler gar nichts: Kirshner erfand 1965<br />
das Monkees-Konzept und castete Nesmith,<br />
Tork, Jones & Dolenz, überredete Neil Diamond,<br />
ihnen sein “I’m A Believer” zu überlassen.<br />
Andererseits knechtete er die Produzenten<br />
verschleißenden US-TV-Beatles,<br />
aber auch (1. LP-Regisseur Snuff Garrett:<br />
„Diese Kids waren Arschlöcher”). Er verbot<br />
ihnen das Spielen auf eigenen Platten und<br />
warf Singles und LPs ohne Absprache auf<br />
den Millionenmarkt. Resultat: Micky Dolenz<br />
goss Kirshner mal Coke & Ice über den Kopf!<br />
Podolsky beschreibt all dies schonungslos –<br />
auch die Tatsache, dass die Archies-Sänger<br />
Toni Wine und Ron Dante für “Sugar Sugar”<br />
keinen Cent Tantiemen sahen – liefert<br />
aber ebenso satte Beweise für das Scoutund<br />
Geschäftstalent des Gründers von Don<br />
Kirshner’s Rock Concert, in dem von 1972-<br />
1981 Alice Cooper, die Allman Bro<strong>the</strong>rs, die<br />
<strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes und andere Giganten auftraten.<br />
Kooperationen mit Lou Adler, Barry<br />
Mann & Cynthia Weil (die “We Got To Get<br />
Out Of This Place” von den Animals verfassten)<br />
und Freundschaften, etwa zu Paul<br />
Shaffer, der Kirshner so herrlich persiflieren<br />
konnte, ergänzen die S<strong>to</strong>ry.<br />
utw<br />
Seite 60 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Clap<strong>to</strong>n – Die Biographie in Bildern, Dokumenten<br />
und Memorabilia<br />
Von Chris Welch<br />
2012, Edition Olms, Zürich<br />
ISBN 978-3-28301-208-3<br />
252 Seiten<br />
39,95 €<br />
Clap<strong>to</strong>n is God” beteuert<br />
das Graffiti an<br />
„<br />
einer Backsteinmauer zu<br />
Beginn dieses Buches,<br />
und in diesem Sinne ist<br />
Chris Welch mit „Clap<strong>to</strong>n”<br />
ein wahrhaft göttliches<br />
Buch gelungen.<br />
Denn anders als bei einer<br />
herkömmlichen Biografie<br />
wird der Text hier nicht<br />
durch wenige, eingestreute<br />
Bilder unterstützt,<br />
nein, der chronologische ogische Lebenslauf,<br />
eine Unmenge an Fo<strong>to</strong>grafien sowie<br />
die unterschiedlichsten Abbildungen von<br />
Eintrittskarten, LP- und Single-Covers,<br />
Instrumenten, Konzertplakaten und Zei-<br />
Von Jürgen Teipel<br />
2012, Suhrkamp Verlag, Berlin<br />
ISBN 978-3-51846-318-5<br />
455 Seiten,<br />
Broschur,<br />
zahlreiche Abb.<br />
16,99 €<br />
Als vor elf <strong>Jahre</strong>n Jürgen<br />
Teipels Interviewcollage<br />
„Verschwende deine<br />
Jugend” erschien, weckte<br />
sie das Interesse am frühen<br />
(west-)deutschen Punk<br />
und New Wave der <strong>Jahre</strong><br />
1976–1983 neu. Das<br />
überraschend erfolgreiche<br />
Buch, das – ähnlich wie<br />
sein US-Vorbild „Please<br />
Kill Me” – damalige Protagonisten<br />
in einer Art „oral<br />
his<strong>to</strong>ry” selber zu Wort<br />
kommen lässt, läutete ein Revival ein,<br />
in dessen Zuge sich Bands wie die Fehl-<br />
Von diversen Au<strong>to</strong>ren<br />
2012, Hannibal<br />
ISBN 978-3-85445-373-4<br />
384 Seiten<br />
39,99 €<br />
Pearl Jam waren die<br />
Grunge-Band, mit der<br />
sich der „normale” Rockhörer<br />
noch am ehesten<br />
anfreunden konnte, denn<br />
sie schmiedeten einen<br />
harten Sound, der an die<br />
Siebziger erinnerte und<br />
von charmanten Melodien<br />
garniert wurde. Das<br />
großformatige Buch mit<br />
sehr vielen, oft seltenen<br />
und stimmungsvollen Fo<strong>to</strong>s, präsentiert<br />
t<br />
die Laufbahn der Musiker um Eddie<br />
Vedder. Besonders interessant ist hier die<br />
Vorgehensweise der Musikjournalisten<br />
tungsausschnitten ergänzen sich zu einem<br />
bunten und kurzweiligen Trip durch das<br />
Leben des Ausnahmegitarristen. Von den<br />
ersten Bandversuchen mit Casey Jones &<br />
The Engineers, über die<br />
Yardbirds, die Blues Breakers,<br />
Cream, Blind Faith,<br />
Delaney & Bonnie und<br />
Derek & The Dominos bis<br />
zu seinen Solo-<strong>Jahre</strong>n<br />
wird die künstlerische<br />
Entwicklung von Eric<br />
Clap<strong>to</strong>n ausführlichst<br />
dargestellt. Gerade die<br />
Kombination aus detaillierter<br />
Information mit<br />
breiter visueller Pracht<br />
sorgt unter dem Strich<br />
dafür, dass dieser dicke Wälzer alles andere<br />
als langatmig ist, dass man sowohl<br />
konzentriert darin lesen kann, er aber<br />
auch nur so, zum Spaß, zum Durchblättern<br />
einlädt.<br />
us<br />
Verschwende deine Jugend:<br />
Ein Doku-Roman über den deutschen Punk und New Wave<br />
Pearl Jam: Twenty<br />
farben, DAF oder Abwärts reformierten.<br />
Nun kommt das Buch in einer erweiterten<br />
Neuausgabe auf den Markt – mit<br />
rund 80 Seiten mehr an Interviewmaterial,<br />
das Teipel zuvor aus Platzgründen<br />
herausgelassen hatte, sowie<br />
einem neuen Vorwort und<br />
einer reichhaltigeren Bebilderung.<br />
Unverändert blieb<br />
sein Aufbau: Der Bogen<br />
reicht von den mittleren<br />
70ern, als sich aus Protest<br />
gegen verknöcherte Strukturen<br />
und gegen ein immer<br />
noch grassierendes Hippietum<br />
eine neue Jugendkultur<br />
nach dem Vorbild der<br />
USA und des UK herausbildete,<br />
bis zum Beginn der<br />
80er <strong>Jahre</strong>, als die Neue<br />
Deutsche Welle die Ideen<br />
aus dem Underground absorbierte – und<br />
kommerzialisierte.<br />
frs<br />
Jonathan Cohen und Mark Wilkerson, da<br />
sie neben einem grundlegenden Text die<br />
einzelnen Musiker zu Worte kommen lassen,<br />
wie auch bekannte<br />
Zeitzeugen. Die chronologisch<br />
gegliederte Bio<br />
präsentiert den Zeitraum<br />
von 1990-2010, schildert<br />
die einzelnen Alben und<br />
liefert atmosphärische<br />
Eindrücke von den zahlreichen<br />
Konzerten der<br />
Band. Wunderbar layoutet,<br />
zeichnet sich das<br />
Buch noch durch ein<br />
weiteres Qualitätsmerkmal<br />
aus, denn gegenüber<br />
vielen anderen Publikationen wurde der<br />
Text hier straff und kompakt verfasst, sodass<br />
sich keine überflüssigen Worthülsen<br />
finden. Gelungen!<br />
fl<br />
Mick Jagger – Rebell und Rockstar<br />
Von Marc Spitz<br />
2012, edel Germany GmbH<br />
ISBN 978-3-84190-122-4<br />
328 Seiten<br />
24,95 €<br />
F<br />
ragt man zehn Leute<br />
nach Mick Jagger, bekommt<br />
man zehn verschiedene<br />
Meinungen über ihn<br />
zu hören: genialer Rockstar,<br />
verrückter Egomane, Sexsymbol,<br />
verhinderter Schau-<br />
spieler – diese Liste könnte man schier endlos<br />
fortführen. Der amerikanische Journalist<br />
(„New York Times”, „<strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>ne”, „Vanity<br />
Fair”) und Au<strong>to</strong>r Marc Spitz versucht nun,<br />
mit „Rebell Und Rockstar” zu erklären, wo-<br />
In den Straßen von Los Angeles<br />
Von Ry Cooder<br />
2012, Edition Tiamat, Berlin<br />
ISBN 978-3-89320-164-8<br />
286 Seiten<br />
18,00 €<br />
in Mann, der Informa-<br />
für ein Branchenbuch<br />
sammelt, macht<br />
sich mehrerer Verbrechen<br />
verdächtig. Ein Musiker<br />
wird in einem Kino Zeuge<br />
eines Mordes an einem<br />
Kritiker. Ein ehemaliger<br />
Rockn’n’Roller schlägt sich<br />
Etionen<br />
als Gebrauchtwagenhändler durch und wird<br />
in krumme Geschäfte verwickelt. Das sind<br />
nur drei der acht Krimi-S<strong>to</strong>rys, die Ry Cooder<br />
Rock Vinyl – Die 700 legendären<br />
Plattencover<br />
Von Dominique Dupuis<br />
2012, Heel Verlag<br />
ISBN 978-3-86852-581-6<br />
263 Seiten<br />
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Ace Freley –<br />
Keine Kompromisse<br />
Mit Joe Layden,<br />
John Ostrosky<br />
2012, I. P. Verlag<br />
ISBN 978-3-93162-470-5<br />
256 Seiten<br />
21,90 €<br />
her dieses Phänomen kommt. Detailliert porträtiert<br />
er Mick Jagger, der wie kein anderer<br />
Künstler die grundlegenden Veränderungen<br />
der Gesellschaft durch die Popkultur seit den<br />
60er <strong>Jahre</strong>n mitgeprägt hat und bis heute<br />
verkörpert. Klar sind seine zahlreichen Affären<br />
und Partnerschaften, u.a. mit Marianne<br />
Faithful, Jerry Hall, Carla Bruni und Angelina<br />
Jolie, ein Thema, ausführlich widmet sich<br />
die Biografie seiner komplexen Beziehung zu<br />
<strong>Rolling</strong>-S<strong>to</strong>nes-Kollege Keith Richards, wird<br />
aber auch das Verhältnis zu Kollegen und<br />
Freunden wie John Lennon, David Bowie,<br />
Bryan Ferry oder Carly Simon beleuchtet. Ein<br />
kurzweiliges Portrait, das dem Phänomen<br />
Mick Jagger ebenso unterhaltsam wie erhellend<br />
auf die Spur kommt.<br />
us<br />
in seinem Erzählband „In den Straßen von<br />
Los Angeles” versammelt. Der Slidegitarrist<br />
macht in seinem ersten Versuch als Schriftsteller<br />
eine ähnlich gute Figur wie zuletzt<br />
Country-Sänger Steve Earle. Seine lakonisch<br />
geschriebenen Geschichten, die unbequeme<br />
Themen wie Rassismus und Ausbeutung<br />
nicht ausklammern, sind alle im Los Angeles<br />
der 40er und <strong>50</strong>er <strong>Jahre</strong> angesiedelt – zu<br />
Hoch-Zeiten des urbanen Blues und frühen<br />
Rock’n’Roll, die Cooder (als Au<strong>to</strong>r wie<br />
als Musiker beflissener Pop-His<strong>to</strong>riker) in<br />
fast jede Geschichte einbaut. In einer S<strong>to</strong>ry<br />
taucht gar John Lee Hooker höchstpersönlich<br />
auf und bestellt in einer Kneipe, in<br />
Anspielung auf einen Song, „einen Scotch,<br />
einen Bourbon und ein Bier”. frs<br />
Weitere interessante Buchveröffentlichungen:<br />
Pink Floyd –<br />
In eigenen Worten<br />
Von Bernd Gürtler (Hg.)<br />
2012, Palmyra Verlag<br />
ISBN 978-3-93037-885-2<br />
230 Seiten<br />
17,90 €<br />
Luftgitarre –<br />
und wie man (sie) richtig rockt<br />
Von Bruno MacDonald<br />
2012, Moewig<br />
ISBN 978-3-86803-512-4<br />
80 Seiten<br />
9,95 €<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 61
Heft 10 1994 Heft 11 1994 Heft 14 1994 Heft 4 1995 Heft 5 1995 Heft 1 1996 Heft 2 1996 Heft 3 1996 Heft 4 1996 Heft 6 1996<br />
Heft 5 1997 Heft 6 1997 Heft 2 1999 Heft 3 1999 Heft 4 1999 Heft 5 1999 Heft 6 1999 Heft 2 2000 Heft 3 2000 Heft 4 2000<br />
Heft 5 2000 Heft 6 2000 Heft 1 2001 Heft 2 2001 Heft 3 2001 Heft 4 2001 Heft 5 2001 Heft 6 2001 Heft 1 2002 Heft 2 2002<br />
Heft 3 2002 Heft 4 2002 Heft 5 2002 Heft 6 2002 Heft 1 2003 Heft 2 2003 Heft 3 2003 Heft 4 2003 Heft 5 2003 Heft 6 2003<br />
Heft 1 2004 Heft 2 2004 Heft 3 2004 Heft 4 2004 Heft 5 2004 Heft 6 2004 Heft 1 2005 Heft 2 2005 Heft 3 2005 Heft 4 2005<br />
Heft 5 2005 Heft 6 2005 Heft 1 2006 Heft 2 2006 Heft 3 2006 Heft 4 2006 Heft 5 2006 Heft 6 2006 Heft 1 2007<br />
Heft 2 2007<br />
Heft 3 2007 Heft 4 2007 Heft 5 2007 Heft 6 2007 Heft 1 2008 Heft 2 2008 Heft 3 2008 Heft 4 2008 Heft 5 2008<br />
Heft 6 2008<br />
Heft 1 2009 Heft 2 2009 Heft 3 2009 Heft 4 2009 Heft 5 2009 Heft 6 2009 Heft 1 2010 Heft 2 2010 Heft 3 2010<br />
Heft 4 2010<br />
Heft 5 2010 Heft 6 2010 Heft 1 2011 Heft 2 2011 Heft 3 2011 Heft 4 2011 Heft 5 2011 Heft 6 2011 Heft 1 2012<br />
Seite 62 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
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Die gewünschte(n) Heftnummer(n) bitte so 1/98 X ankreuzen: Nicht aufgeführte Nummern sind ausverkauft!<br />
10/94 11/94 14/94 4/95 5/95 1/96 2/96 3/96 4/96 6/96 5/97 6/97 2/99 3/99 4/99 5/99 6/99 2/00 3/00 4/00 5/00<br />
6/00 1/01 2/01 3/01 4/01 5/01 6/01 1/02 2/02 3/02 4/02 5/02 6/02 1/03 2/03 3/03 4/03 5/03 6/03 1/04 2/04<br />
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3/04 4/04 5/04 6/04 1/05 2/05 3/05 4/05 5/05 6/05 1/06 2/06 3/06 4/06 5/06 6/06 1/07 2/07<br />
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Außer den folgenden Paketvorschlägen können Sie jede andere beliebige Stückzahl bestellen.<br />
Paket 1 = 90 Hefte = 199,00 € ❏<br />
(= pro Heft 2,21 €)<br />
Paket 2 = 25 Hefte = 100,00 € ❏<br />
(= pro Heft 4,00 €)<br />
Oben ausgewählte(s) Artikel/Paket geht/gehen Ihnen unmittelbar nach Zahlungseingang zu.<br />
Ich bezahle auf folgende Weise:<br />
bar beigefügt ❏<br />
per Bankeinzug (nur Inland! Daten bitte unten eintragen) ❏<br />
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Bank: ___________________________________________________________________________________________<br />
BLZ:<br />
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Paket 3 = 10 Hefte = <strong>50</strong>,00 € ❏<br />
(= pro Heft 5,00 €)<br />
Paket 4 = 5 Hefte = 26,<strong>50</strong> € ❏<br />
(= pro Heft 5,30 €)<br />
____________________________________________________ Kon<strong>to</strong>-Nr.: _____________________________<br />
Die Genehmigung zum Bankeinzug und die Information über die 14-tägige Widerrufsmöglichkeit bestätige ich mit meiner folgenden Unterschrift:<br />
Datum: _____________________ Unterschrift: ____________________________________________________<br />
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Zuzüglich Versandkosten: Inland: 2,– € · Ausland: 3,<strong>50</strong> € · versandkostenfrei ab 20,– € Warenwert<br />
3/07 4/07 5/07<br />
2/08 3/08 4/08 5/08 6/08 1/09 2/09 3/09 4/09 5/09 6/09 1/10 2/10 3/10 4/10 5/10 6/10 1/11 2/11<br />
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21.10. (So.) Marburg, Stadthalle<br />
27.10. (Sa.) Karlsruhe, Badnerlandhalle<br />
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Seite 64 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
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TIPP<br />
HOT'N'NASTY<br />
Ruhrpott-Bluesrock<br />
Heavy sind sie nicht, Baumwollfeldretroselig<br />
auch nicht, obwohl sie es<br />
eckig und einfühlsam können. Kantig und<br />
klar scheint die Devise dieses quirligen<br />
Quartetts aus dem Ruhrgebiet zu sein, das<br />
sich vor 20 <strong>Jahre</strong>n von der Schnittstelle<br />
zwischen ungehemmt und ungestöpselt<br />
aufgemacht hat. Mot<strong>to</strong>: wenn schon<br />
Schubladen, dann mehrere. Malte Triebsch<br />
steht für eine Gitarrenarbeit, bei der man<br />
schon in den Booklets von ROCK'N'ROLL<br />
WORLD (2003) und ELECTRIFIED<br />
(2005) vergeblich nach der Liste von<br />
Gastgitarristen schaute. Triebsch verbindet<br />
Versatzstücke von Hendrix über die drei<br />
ein wahrer Hochgenuss. Packt<br />
Triebsch seine Slide aus, wie<br />
bei "Going Nowhere" oder<br />
Kings Albert, B.B. und Freddie sowie den Vaughan-Brüdern zur eigenen<br />
für "Turn Around", steht ihm<br />
Patrick Pfau an der<br />
Marke.<br />
Akustischen zur<br />
Wer den Gitarrenläufen Ton<br />
für Ton auf den Toms folgt<br />
Seite: ein kraftvollsensibler<br />
Vokalist,<br />
wie Dominique Ehlert auf<br />
der für seine<br />
"Damned To Ride" vom brand-<br />
Stimmbandbreite<br />
neuen, druckvoll-„vielsaitigen"<br />
abwechselnd mit<br />
Album BOOST (GT 2/2012),<br />
muss der richtige Drummer für<br />
Hot'n'Nasty sein: "Gaga" verziert vertrackt,<br />
büßt dabei nie den Groove ein.<br />
Seine beherzt-besonnene Snare-Arbeit<br />
und filigranen Synkopierungen, etwa in<br />
"Unforseen Emotion" (auf BOOST), sind<br />
Sou<strong>the</strong>rn Comfort<br />
und Ahornsirup zu gurgeln<br />
scheint und seinen au<strong>the</strong>ntischen Schliff<br />
in Indiana erhielt.<br />
Hot'n'Nasty entwickeln ihr Reper<strong>to</strong>ire<br />
selbst. Auch BOOST beeindruckt wieder<br />
mit 13 eingängigen Songs aus eigener<br />
Jamsession-Genese, ohne Einzel-<br />
Credits. Eine Ausnahme wurde für<br />
den Song ihres Bandnamens gemacht:<br />
"Hot'n'Nasty" vom Humble-Pie-Album<br />
SMOKIN' wird im besten Sinne vereinnahmt,<br />
mit neu arrangiertem Backing-<br />
Chor und einem Leadgesang von Pfau,<br />
der sich weise vom Steve-Marriott-<br />
Duktus fernhält – er punktet stattdessen<br />
mit eigener Interpretation, wovon sich<br />
auch Clem Clempson bei einer Livesession<br />
im Frühjahr 2011 überzeugen konnte.<br />
Dass Triebsch & Pfau neuerdings auch<br />
als Duo anzuheuern sind, erinnert an<br />
die frühen Akustik- und Elektrikserien<br />
ihrer Namensgeber Humble Pie. Triebsch:<br />
ENTDECKT – EMPFOHLEN<br />
© Pressefo<strong>to</strong>s<br />
„Die Idee war, Veranstaltern, denen die<br />
Band zu teuer oder zu laut ist, eine<br />
günstige und '<br />
leise' Alternative zu bieten."<br />
Laut sind die fanatischen Vier, aber<br />
nicht brachial, sondern präzise, doch sie<br />
mögen es eben auch mal rauchzart: „Was<br />
eher als Versuchsmodell startete, hat sich<br />
gut etabliert. Dabei steht die komplette<br />
Band stets im Vordergrund. Drummer und<br />
Bassist haben mit dem Duo kein Problem,<br />
da sie in diversen Bands spielen."<br />
Apropos Bassist: Ulrich Bichmann, der<br />
für die grandios grundierenden Läufe auf<br />
BOOST und Hunderte von Gigs in wirklich<br />
jedem Club der Republik verantwortlich<br />
war, verließ die Band Anfang 2012 „aus<br />
persönlichen Gründen". Malte Triebsch:<br />
„Schnellen Ersatz fanden wir im jungen<br />
Jacob Müller. Er studiert mit unserem<br />
Drummer Dominique Musik in Leipzig<br />
und ist ein Tier am Bass – definitiv<br />
die beste Rhythmus-Sektion, die ich mir<br />
für Hot'n'Nasty vorstellen kann! Die beiden<br />
sind so gut aufeinander eingespielt<br />
und arbeiten so druckvoll, dass die Band<br />
noch mehr Drive bekommt." Was sie u.a.<br />
schon im Vorprogramm von Größen wie<br />
Wishbone Ash, Dr. Feelgood und Stan<br />
Webb bewiesen haben.<br />
Uli Twelker<br />
HOWLIN RAIN<br />
Aus Alt mach Neu<br />
Welche Wucht, Leidenschaft und<br />
Spielfreude! Gleich mit den ersten<br />
Sekunden ihres aktuellen, fünften Albums<br />
THE RUSSIAN WILDS zeigt das Quintett<br />
Howlin Rain aus San Francisco,<br />
dass es mit sämtlichen Rock-,<br />
Soul- und Westcoast-Wassern<br />
gewaschen ist: Der Hörer fällt<br />
sofort in einen satten, mächtigen<br />
Soundkosmos. „Wir sind<br />
zwar alle erst zwischen Mitte<br />
und Ende 20”, erklärt Howlin-<br />
Rain-Frontmann, -Gitarrist und<br />
-Alleintexter Ethan Miller, „doch<br />
Inspiration für unsere Songs<br />
bekommen wir in erster Linie<br />
von der Musik aus den späten<br />
60ern und frühen 70ern. Das Zeug<br />
ist einfach wesentlich gehaltvoller als<br />
der meiste moderne Mist. Unter diesem<br />
Aspekt sind wir gerne retrospektiv und in<br />
der Grundeinstellung in der Woods<strong>to</strong>ck-<br />
Generation zu Hause.”<br />
Genau dort ist der Sound des Quintetts<br />
verankert, ohne dass es sich in fadem<br />
Epigonentum oder Anachronismus suhlen<br />
würde. Von Beginn an deutlich:<br />
Assoziationen zu Free, Led Zeppelin, den<br />
Allman Bro<strong>the</strong>rs, aber auch zu jüngeren<br />
Zeitgenossen wie Wolfmo<strong>the</strong>r, Queens Of<br />
The S<strong>to</strong>ne Age oder Lenny Kravitz. Und<br />
die Balladen erinnern in ihrer Luftigkeit<br />
und Harmonieseligkeit an Formationen<br />
wie Crosby, Stills & Nash, die Doobie<br />
Bro<strong>the</strong>rs oder Eagles.<br />
Dennoch: Howlin-Rain-Songs stehen in<br />
erster Linie für sich selbst. Dachte sich<br />
wohl auch Produzent und American-<br />
Recordings-Labelbesitzer Rick Rubin, der<br />
die „jungen Wilden”, wie er sie nennt,<br />
unter Vertrag<br />
genommen und<br />
THE RUSSIAN<br />
WILDS abgemischt<br />
hat. „Mit diesem<br />
Mann zu arbeiten,<br />
ist nicht einfach,<br />
er lebt zu<br />
1<strong>50</strong> Prozent für<br />
die Kunst, holt<br />
das Äußerste aus<br />
jedem Künstler<br />
heraus”, schildert<br />
Miller die Zusammenarbeit mit der lebenden<br />
Legende Rubin. „Gelegentlich war<br />
die Kooperation etwas<br />
zäh”, fügt er hinzu,<br />
„aber ich glaube, dass<br />
sämtliche Beteiligten mit<br />
dem Endergebnis völlig<br />
zufrieden sind.”<br />
Es dauerte beinahe drei<br />
<strong>Jahre</strong>, bis THE RUSSIAN<br />
WILDS fertig war. Miller:<br />
„Bitte nicht fragen, was<br />
wir in dieser endlosen<br />
Zeit gemacht haben,<br />
im Nachhinein kommt<br />
mir das selbst wie eine<br />
Ewigkeit vor. Außer einigen<br />
Gigs haben wir nichts getan, als die<br />
neuen Lieder zu Ende zu bringen. Und<br />
wir verdrückten<br />
sehr viel<br />
Fast Food, weil<br />
wir uns kein<br />
besseres Essen<br />
leisten konnten.<br />
Doch so ist<br />
die Band wie<br />
Granit zusammengewachsen.”<br />
Gegründet<br />
wurde die Formation<br />
2004, in<br />
rascher Abfolge<br />
erschienen vier<br />
Platten, jede<br />
traf mehr auf<br />
den Punkt als der jeweilige Vorgänger.<br />
„Auch in dieser Beziehung stehen wir<br />
ganz in der Tradition von Gruppen aus<br />
den 60ern und 70ern”, ist Miller über-<br />
zeugt: „Wir nehmen uns das Recht auf<br />
permanente Weiterentwicklung, weil wir<br />
Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit<br />
der aktuellen Musikszene ablehnen.” Die<br />
Tiefgründigkeit, mit der Howlin Rain<br />
an ihre Arbeit herangehen, ist auch<br />
Alleinschreiber Ethans Texten anzumerken:<br />
„Ich lese viel, beobachte gern meine<br />
Umwelt und grüble unentwegt”, sagt<br />
der Au<strong>to</strong>r. „All diese Eindrücke kommen<br />
zusammen, wenn ich mich in Klausur<br />
begebe und Verse schmiede. Zudem<br />
bin ich ein skurriler Zeitgenosse. Darum<br />
haben meine Texte, selbst wenn es darin<br />
um Verlust, Leid und Erlösung geht, stets<br />
auch einen humorvollen Aspekt. Ich mag<br />
am Abgrund stehen – aber ich falle nicht<br />
runter."<br />
Michael Fuchs-Gamböck<br />
© Pressefo<strong>to</strong>s<br />
Seite 66 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
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Blues-Porträt No. 35<br />
BLUES<br />
PROJECT<br />
Stehaufmänner<br />
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USA, frühe 60er <strong>Jahre</strong>. Nach Rock'n'Roll, Twist, Surf<br />
begann es im Land zu bluesen. Kein leichtes Unterfangen<br />
für Bandmusiker, vor allem nicht für die mit<br />
hellerem Teint: Denn über Jahrzehnte hatten schließlich<br />
schwarze Väter und Vorväter – häufig als Solisten<br />
ohne feste Begleitung – das Fundament gelegt, die<br />
Richtung vorgegeben, unzählige Klassiker komponiert<br />
und ein ganzes, unsterbliches Genre überhaupt<br />
erst salonfähig gemacht.<br />
Von Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
Ganz allmählich krochen erste weiße Bands ans amerikanische<br />
Tageslicht, viele Protagonisten hatten, selbst<br />
noch ungebunden, zumindest von den Altmeistern gelernt<br />
und abgeschaut. In Chicago rüstete der Harmonikameister Paul<br />
Butterfield auf, am selben Ort wurde die Siegel-Schwall-Band<br />
aktiv, und in Los Angeles nahm das Produkt Canned Heat vorsichtig<br />
Gestalt an. In New York war es ein wegbereitender Solist,<br />
der sich immerhin auf zwei (BIG CITY BLUES und SO MANY<br />
ROADS, 1964/65) seiner ersten sechs LPs mit Assistenten umgab:<br />
der Gitarrist und Sänger John Hammond Jr. Im Big Apple" war<br />
"<br />
also Kapazität frei, und zwar genügend.<br />
Und fast niemand musste sich den Stempel zugereist" "<br />
abholen, als 1964 das Blues Project auf die Schiene gesetzt<br />
wurde. Der Folk-Blues-Rocker Danny Kalb (geb. 19.9.1942;<br />
g), Steve Katz (geb. 9.5.1945; g, harp) und Roy Blumenfeld<br />
(geb. 11.5.1944; dr) kamen aus New York City, Andy Kulberg<br />
(geb. 30.4.1944; b, fl) aus Buffalo im selben Bundesstaat.<br />
Lediglich Sänger Tommy Flanders, mit Talent und Allüren gesegnet,<br />
wuchs in Bos<strong>to</strong>n auf. Während einer frühen Probesession<br />
fürs Columbia-Label (Ablehnung) wurde auch Pianist Al<br />
Kooper (geb. 5.2.1944 in Brooklyn) festes Mitglied der Band.<br />
Im April 1965 lief ein erster Gig, noch als Free Speech Hoot.<br />
Verve Records veröffentlichten das Singledebüt; ein Folk-Rocker<br />
erschien als A-Seite, während der "Back Door Man" nur ein B" erhielt.<br />
Dank Al Kooper wuchs die Bandbreite des Blues Project, das "<br />
sich mit Jazz, Folk, R&B und Gospel gegen Eindimensionalität<br />
wehrte. Kalb & Co. wurden bekannter, neben John Lee Hooker,<br />
Bukka White und Eric Andersen für ein Blues Bag Weekend" ge-<br />
"<br />
bucht und traten erstmals im Café Au Go Go auf; hier entstand<br />
auch die<br />
erste LP.<br />
Nur noch<br />
auf vier<br />
Tracks war<br />
Flanders<br />
dabei, der<br />
im Januar<br />
1966 mit viel Trara und<br />
noch mehr Kopfrosinen verschwand.<br />
Die Gesangsparts<br />
Live – mit Al Kooper (Tasten, 2.v.r.) wurden aufgeteilt.<br />
Sogar die Frisco-Cops s<strong>to</strong>ppten für das Blues Project.<br />
Der Ruf der Band verbesserte sich ständig, überregionale<br />
Auftritte auch an der Westküste (Fillmore, Avalon Ballroom)<br />
halfen immens. Das Live-Album lief bestens, doch<br />
dann wurde Kalb schwer depressiv, Kooper erwischte es<br />
physisch. Mit dem Psycho-Pop-Track "No Time Like The<br />
Right Time" gelang dem Blues Project seine einzige Chartsingle,<br />
Platz 96 ... Ein Auftritt beim Monterey-Festival (mit<br />
John McDuffy für Kooper) und Konzerte mit Chuck<br />
Berry und Muddy Waters brachten Lob, aber keinen<br />
Fortschritt. PROJECTIONS, die Top-LP Nr. 2, blieb<br />
ohne Nachhaltigkeit, ein Patchwork-Mitschnitt (LIVE<br />
AT<br />
TOWN HALL, fast alles woanders aufgenommen)<br />
wurde veröffentlicht. Im Juli 1967, Danny Kalb war<br />
durch Drogen auf Wrackniveau abgestürzt, kam das<br />
Aus. Bläser-Fan Kooper und Steve Katz gingen, sie<br />
formierten Blood, Sweat & Tears.<br />
Kulberg und Blumenfeld holten Ersatzleute. Das unattraktive<br />
PLANNED OBSOLENCE erschien als Blues-Project-<br />
Album, war aber von Seatrain eingespielt worden. 1971,<br />
Überraschung: Die Originalbesetzung (außer Flanders, der<br />
1969 mit der Solo-LP THE MOONSTONE als Singer/Songwriter<br />
gescheitert war) nahm LAZARUS, produziert von Shel<br />
Talmy, für Capi<strong>to</strong>l auf – Resonanz blieb jedoch aus, genau<br />
wie für BLUES PROJECT von 1972, u.a. mit Kalb, Blumenfeld,<br />
David Cohen (Country Joe & The Fish) und<br />
dem extra aus Europa eingeflogenen Tommy Flanders.<br />
Doch der alte Zauber des vielschichtigen Blues Tommy Flanders<br />
mit Schlenkern war verflogen, zwischen angesagtem<br />
Project-Sänger<br />
Prog-, Hard- und Glitter-Rock wirkten die Könner von einst fast wie ein<br />
Fremdkörper. Und Bandgründer Kalb lag erneut am Boden.<br />
Um so erstaunlicher, dass<br />
den New Yorker Stehaufmännern<br />
bereits 1973 eine taufrische<br />
REUNION IN CENTRAL<br />
PARK gelang. Danach allerdings<br />
ließen sie's gut sein; nur noch sporadisch<br />
fanden sich die Mitglieder er<br />
zu<br />
Einzelauftritten zusammen.<br />
Flanders tauchte ab, Andy Kulberg<br />
ist am 29.1.2002 vers<strong>to</strong>rben. Kalb<br />
und Kooper rauften sich längst<br />
wieder zusammen. Für Herbst<br />
2011 war eine neue, LP-Produktion der<br />
Streithähne von einst ( Bläser oder keine")<br />
angekündigt. Doch auf die wartet<br />
"<br />
man noch ...<br />
Seite 68 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Am 20. Ok<strong>to</strong>ber 1977 stürzte nahe Gilsburg,<br />
Mississippi, das Flugzeug ab, mit dem Lynyrd<br />
Skynyrd <strong>to</strong>urten – Sänger Ronnie Van Zant,<br />
Gitarrist Steve Gaines und Chorsängerin Cassie<br />
Gaines kamen ums Leben. Die Band reformierte<br />
sich 1987 mit Ronnies Bruder Johnny<br />
als neuem Sänger. Mit ihm und Gitarrist Gary<br />
Rossing<strong>to</strong>n als letztem Gründungsmitglied d<br />
kommen die Sou<strong>the</strong>rn-Rock-Urväter Anfang<br />
Juni zu vier Konzerten nach Deutschland.<br />
<strong>GoodTimes</strong>-Mitarbeiter Philipp Roser sprach<br />
vorab mit Van Zant.<br />
Alte Meister, neue Songs<br />
Ihr kommt nach Deutschland ohne neue Platte ...<br />
Wir stecken mitten in den Aufnahmen, doch ich fürchte, dass wir nicht<br />
rechtzeitig fertig werden, bevor wir nach Europa aufbrechen. Wir arbeiten<br />
mit Bob Marlette und spielen in der guten,<br />
alten Manier ein: live im Studio, möglichst wenige<br />
Overdubs – es geht ein wenig in die Richtung<br />
von "Still Unbroken” von unserem letzten Album<br />
GOD & GUNS. Allerdings wollen wir uns nicht so<br />
in Studiospielereien verlieren wie beim letzten Mal.<br />
Wie weit seid ihr?<br />
Gary, Ricky Medlocke und ich haben nach der Veröffentlichung von<br />
GODS & GUNS angefangen zu schreiben, teilweise mit Audley Freed von<br />
den Black Crowes. Pünktlich am 1. Januar haben wir mit den Aufnahmen<br />
begonnen, inzwischen sind etwa zehn Songs im Kasten. Wir wollen<br />
noch einmal so viele einspielen, um dann die besten davon zu nehmen.<br />
Was können die Fans jetzt live erwarten, auch neue Songs?<br />
Ich bin sicher, dass wir einige testen werden. Ansonsten wird es angesichts<br />
der Fülle von Skynyrd-Alben nicht ganz einfach, eine Setlist<br />
zusammenzustellen. Wir könnten einen ganzen Tag nons<strong>to</strong>p spielen!<br />
Aber natürlich gibt es keine Show ohne "Sweet Home Alabama“ und<br />
"Free Bird” – das spielten wir nach der Reunion anfangs als Finale<br />
nur instrumental. Aber vor einigen <strong>Jahre</strong>n kam Gary vor einer Show in<br />
Sacramen<strong>to</strong> zu mir und sagte, er würde es nicht mehr spielen, wenn<br />
ich nicht singe – Ronnie habe es ja zu diesem Zweck geschrieben und<br />
würde wollen, dass ich es singe.<br />
Als ihr wieder angefangen habt, wart ihr bei einer deutschen<br />
Plattenfirma ...<br />
Stimmt, das war bei Rainer Hänsel, in der Nähe von Nürnberg. Wir haben<br />
ihn dort besucht, und ich habe einen Tag lang seinen Pferdestall<br />
ausgemistet! Wir alle lieben Deutschland, für mich ist es mein Lieblingsland,<br />
ehrlich!<br />
SQUACKETT<br />
Yes-Bassist Chris Squire und Genesis-Gitarrist Steve Hackett treffen<br />
sich und produzieren zusammen das Album A LIFE WITHIN A DAY<br />
– der Traum schlechthin für alle Prog-Fans? Klar,<br />
denn wenn zwei Elitemusiker so bekannter Siebziger-Bands<br />
miteinander werkeln, kann sich der<br />
Hörer auf ein spannendes Resultat freuen. Warum<br />
beide allerdings mehr als fünf <strong>Jahre</strong> dafür benötigten,<br />
ist ein Rätsel, das Alan Tepper im Gespräch mit<br />
dem enthusiastischen Hackett auflöst.<br />
Wie kamt ihr auf die Idee für dieses Projekt?<br />
Das war 2007. Chris lebte damals noch in Chelsea, London, also nicht weit von<br />
mir entfernt. Er lud mich ein, einige Gitarrenparts für sein Weihnachtsalbum<br />
CHRIS SQUIRE’S SWISS CHOIR einzuspielen. Bei den Aufnahmen erinnerten<br />
wir uns an mein Projekt GTR mit Steve Howe und nahmen uns vor, ein Album<br />
zu verwirklichen; eines, bei dem wir als gleichberechtigte Musiker agieren, also<br />
quasi die Welt von Genesis und Yes verschmelzen. Wir machten uns sofort an<br />
die Arbeit, doch die wurde ständig unterbrochen.<br />
Zu viele Nebenjobs?<br />
Neben den beiden Solo-Alben OUT OF THE TUNNEL’S MOUTH und BEYOND THE<br />
SHROUDED HORIZON, auf denen auch Chris spielt, waren es vornehmlich juristische<br />
Schwierigkeiten, mit denen ich mich abplagen musste. Es ging um die rechtliche<br />
Lage einiger meiner Alben. Solche belastenden Komplikationen<br />
können sich oft monatelang und manchmal<br />
sogar über <strong>Jahre</strong> hinziehen. Allerdings hatte das auch<br />
einen Vorteil: Chris und ich konnten intensiver an<br />
den Stücken feilen, und wir konnten sie reifen<br />
lassen. Dadurch entstand ein bunter Stilmix<br />
von Progressiverock über Singer/Songwriter<br />
bis hin zu härteren Nummern.<br />
Chris, Steve & die fantastische Amanda<br />
Brachten sich auch die anderen Musiker ein?<br />
Natürlich, wobei sie aber eher darauf achteten, uns lediglich zu unterstützen.<br />
Jeremy Stacey spielte Drums, Roger King übernahm die Tastenarbeit, und die<br />
fantastische Amanda Lehmann unterstützte mich beim Gesang bei zwei Titeln.<br />
Ach ja, und beim ersten Track waren noch Christine Townsend an der Geige und<br />
Viola, Richard Stewart am Cello und Dick Driver am Kontrabass dabei.<br />
A LIFE WITHIN A DAY erscheint in verschiedenen Ausgaben ...<br />
Ja, neben einer CD-Ausgabe auch als Vinyl und Musik-DVD 5.1. Ich freue mich<br />
besonders auf die DVD, denn durch den 5.1-Mix kann man viele Feinheiten<br />
wahrnehmen. Jedes Format hat seine Vor- und Nachteile. Die Schallplatte klingt<br />
insgesamt organischer.<br />
Wird es eine Tour geben?<br />
Das lässt sich jetzt noch nicht sagen, denn Chris lebt inzwischen mit seiner Frau<br />
in Phoenix, Arizona, was regelmäßige Proben erschwert. Ich hoffe aber sehr, dass<br />
es klappt. Falls nicht, würde das meine Arbeit an den Genesis-Songs beschleunigen.<br />
Ich habe mir vorgenommen, alte Stücke der Band neu arrangiert zu veröffentlichen<br />
und außerdem Ideen, abgelehnte Titel oder auch nur Melodielinien<br />
von damals neu auferstehen zu lassen. Seit wir 2010 in die Rock’n’Roll Hall Of<br />
Fame aufgenommen wurden, habe ich mich intensiver mit den Kompositionen<br />
auseinandergesetzt und ihren Reiz aufs Neue erkannt.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Maurizio & Angela Vicedomini
Fo<strong>to</strong>: © Patrick Icks/Fengler<br />
Roger McGuinn (70)<br />
Folk-Rock-Pionier<br />
Arthur Brown (70)<br />
Höllenfeuer<br />
Taj Mahal (70)<br />
Frische(s) für den Blues<br />
Anfangs waren es die Bonsai-Sonnenbrille und<br />
die zwölfsaitige, elektrische Rickenbacker-Gitar-<br />
re als optisch-akustische Markenzeichen. Längst ist<br />
der<br />
ganze Mann Legende: James Roger McGuinn,<br />
geboren am 13.7.1942 in Chicago, Illinois. In den<br />
Frühsechzigern bewegte er sich als Banjospieler<br />
und Sänger in Folkzirkeln, jobbte in New York für<br />
Bobby Darin, als Studiomusiker u.a. in Los Angeles<br />
und versuchte sich als Songschreiber. Nach<br />
der britischen Beat(les)-Invasion ließ McGuinn<br />
die Verbindung nicht mehr los: ein Gemisch aus<br />
Folk und dem neuen Sound aus der Alten Welt,<br />
das war's! Mit den Gleichgesinnten Gene Clark,<br />
David Crosby, Chris Hillman und Michael Clarke<br />
formierte er im Sommer 1964 das Nonplusultra des<br />
Folk-Rock-Genres, The Byrds. Die fünf Mop-Köpfe<br />
avancierten schnell zu einer internationalen Attraktion:<br />
mit fabelhaften Harmoniegesängen, einem<br />
unverwechselbaren Gitarrensound und bald auch als<br />
Nie war er ein Kandidat für die Charts – und doch<br />
genießt er den Status eines qualifizierten Wegbereiters:<br />
Taj Mahal, geboren am 17.5.1942 als Hen-<br />
ry Saint Clair Fredericks in Harlem, New York. Gesang,<br />
Gitarre, Harmonika und Banjo brachte er sich<br />
selbst bei, Klavier- und Klarinettenstunden ergänzten<br />
das Spektrum. Der Blues erwischte ihn<br />
schon in den <strong>50</strong>s, und nach einem Ortswechsel<br />
formierte er 1964 u.a. mit Ry Cooder The Rising<br />
Sons im kalifornischen Santa Monica. Ihre einzige<br />
LP für Columbia blieb zunächst im Archiv,<br />
wurde erst 29 <strong>Jahre</strong> später als CD offiziell veröffentlicht.<br />
1968 begann Mahal seine Solokarriere,<br />
drei Alben erschienen innerhalb von knapp 20 Monaten,<br />
neun weitere folgten bis 1977. Sukzessive<br />
begann der Vielkönner, seine oft verblüffenden<br />
Bluesinterpretationen zu vermischen – mit karibischen<br />
Elementen, Jazz, lebensfrohem Calypso, originärer<br />
afrikanischer Folklore, Zydeco: Weltmusik,<br />
führende Umsetzer von Bob-Dylan-Kompositionen.<br />
Bis 1973 landete die Band 16 US-Hits, veröffentlichte<br />
über ein Dutzend Alben, auf denen sich auch Psychedelisches,<br />
Country- und Bluegrass-Titel fanden. Bis<br />
heute unvergessen ist auch "Wasn't Born To Follow",<br />
ihr Beitrag zum Kultfilm „Easy Rider". McGuinn veröffentlichte<br />
anschließend engagierte Solo-Alben, war<br />
aktives Mitglied von Dylans „<strong>Rolling</strong> Thunder Revue"<br />
und formierte mit Clark und Hillman ein Trio. Nach<br />
gedrosselten Aktivitäten kehrte der Byrds-Meister<br />
1991 mit dem ausgezeichneten Album BACK FROM<br />
RIO ins Rampenlicht zurück und blieb bis in die Gegenwart<br />
im Studio und auf Bühnen aktiv. 1995 begann<br />
er ("Folk Den"), über seine Internetseite Folksongs<br />
aller Couleur einzuspielen und auf diesem Weg<br />
zu verbreiten – sein Beitrag, um ein Genre am Leben<br />
zu erhalten. Schon vor 21 <strong>Jahre</strong>n wurde der Künstler<br />
(mit den Byrds) in die Rock'n'Roll Hall Of Fame aufgenommen.<br />
bm<br />
Lange vor Kiss, Alice Cooper und anderen internationalen<br />
Bemalungs- und Theatralikspezialisten<br />
haben zwei Briten den Boden für wilden Bühnenzirkus<br />
gelegt: Screaming Lord Sutch und Arthur<br />
Wil<strong>to</strong>n Brown. Geboren am 24.6.1942 in Whitby<br />
(Yorkshire), brach er Studien an den Unis von London<br />
und Reading ab, um sich als Musiker zu etablieren.<br />
Brown sang zunächst in Bands wie Blues<br />
& Brown, The Southwest Sound und versuchte<br />
sich dann kurz mit Ska und Soul bei The Ramon<br />
Sound, aus denen The Foundations wurden. Bevor<br />
sie zu Hit-Ehren kamen, hatte der Frontmann<br />
schon abgemustert, um 1967 ein eigenes Projekt<br />
auf die Beine zu stellen: The Crazy World Of Arthur<br />
Brown, mit Vincent Crane (org, p), Nick Greenwood<br />
(b) und Drachen Theaker (dr), der später durch Carl<br />
Palmer ersetzt wurde. Die Debütsingle "Devil's Grip"<br />
fiel<br />
durch – doch Arthur fiel auf: Optischer Fixpunkt<br />
war<br />
sein brandgefährlicher Feuerhelm, der so manchen<br />
Veranstalter zur Verzweiflung brachte. Mit der<br />
zweiten 45er, "Fire", gelang ein Sixties-Klassiker (UK<br />
#1), eingeleitet vom mächtigen Ruf „I am <strong>the</strong> god of<br />
hellfire ...!" Browns wilder Act – der an Screaming Jay<br />
Hawkins erinnerte – nutzte sich jedoch schnell ab,<br />
und als Crane (A<strong>to</strong>mic Roos ter) und Palmer (A<strong>to</strong>mic<br />
Rooster, ELP) gingen, gründete Brown die Siebziger-<br />
Band Kingdom Come. Nach drei nur mäßig erfolgreichen<br />
Progressive-Alben wurde auch dieses Kapitel<br />
geschlossen. In Austin, Texas, ließ er sich in den <strong>80s</strong><br />
zum Therapeuten ausbilden. Als Sänger mischte er<br />
später u.a. bei Alan Parsons, Klaus Schulze (Tangerine<br />
Dream) und den Krupps mit und veröffentlichte weiter<br />
Platten, die aber kaum Resonanz erfuhren – wie<br />
z.B. TANTRIC LOVER mit einer akustischen Formation.<br />
Er war außerdem Gast bei vielen Hawkwind-Konzerten<br />
und gehörte Anfang 2012 zu einem Package-<br />
Ensemble u.a. mit Chris Farlowe, Clem Clempson und<br />
der Hamburg Blues Band.<br />
bm<br />
bevor der Terminus existierte. Nach der Veröffentlichung<br />
zweier Filmsoundtracks siedelte Mahal nach<br />
Hawaii über, um neue Einflüsse für sein Werk zu tanken.<br />
Seine Ausnahmestellung war zwar längst international<br />
anerkannt – Plattenfirmen taten sich jedoch<br />
weiterhin schwer, die wenig kommerziellen Einspielungen<br />
zu vermarkten. Daran änderten auch neun<br />
Grammy-Nominierungen nichts, immerhin zweimal<br />
erhielt er die Auszeichnung: 1997 für SENOR BLUES<br />
und 2000 für SHOUTIN' IN KEY. Knapp drei Dutzend<br />
Originalalben (Studio und live) stehen bislang für den<br />
unangepassten Notenforscher zu Buche. Mahal beklagt<br />
noch heute, dass seine Musik nur von einer<br />
schwarzen Minderheit konsumiert wird, sein Publikum<br />
war von Beginn an aber hauptsächlich weiß.<br />
Sein Bemühen, dem Blues Frische einzuimpfen, ihm<br />
traditionelle Trauer und Verzweiflung auszutreiben,<br />
hält noch immer an. Er muss sich zumindest nicht<br />
vorwerfen, es nicht versucht zu haben. bm<br />
Seite 70 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Big Bro<strong>the</strong>r & The Holding Company (Sam Andrew)<br />
Live-Dokument<br />
mit<br />
Janis<br />
Von Philipp Roser<br />
Sam<br />
Andrew stand<br />
1967 beim Monterey<br />
Pop Festival auf der Bühne<br />
und leistete als Gitarrist seinen<br />
Beitrag, dass Janis Joplin<br />
sich schnell zu einer der größten<br />
Rockstimmen entwickelte. Er<br />
hat aber auch Thomas Mann auf<br />
Deutsch gelesen. Sam liebt Albrecht<br />
Dürer, malt selbst jeden Tag – und ist<br />
immer noch mit Big Bro<strong>the</strong>r & The<br />
Holding Company unterwegs, gastiert<br />
demnächst auch in Deutsch-<br />
v.l.: James Gurley, Janis Joplin, Sam<br />
Janis Joplin in Reihen ihrer Mitstreiter<br />
land (siehe Tourkalender). Anlässlich<br />
des Erscheinens des bislang<br />
Andrew, (sitzend) Dave Getz, Peter Albin<br />
unveröffentlichten Konzertmitschnitts itt LIVE AT<br />
Platte, zum Artwork – ich muss aber sagen, dass<br />
THE CAROUSEL BALLROOM (San Francisco)<br />
blickte der inzwischen 70-jäh-<br />
zu schlecht, sieht nicht aus wie Janis.<br />
ich das Bild auf dem Cover nicht mag. Es ist einfach<br />
rige Andrew für <strong>GoodTimes</strong> Ist es als Big Bro<strong>the</strong>r nicht schwierig? Die Band wird<br />
zurück.<br />
auf Janis Joplin reduziert, obwohl ihr zuvor<br />
und danach auch unter diesem Namen<br />
Du sprichst gut deutsch – wo hast du<br />
gespielt habt ...<br />
es gelernt?<br />
Stimmt schon, wir spielten mit ihr, sie<br />
Ich spreche es zwar, aber wohl nicht gut<br />
war Teil der Band, aber wir werden oft<br />
genug, um dieses Interview bestreiten<br />
übergangen. Doch so ist es nun mal, das<br />
zu können. Als ich 18 oder 19 <strong>Jahre</strong><br />
alt war, habe ich längere Zeit einen<br />
redet auch niemand über seinen Texter<br />
kann man nicht ändern – bei El<strong>to</strong>n John<br />
Freund besucht, der bei der US Army in<br />
Bernie Taupin. Das ist ganz natürlich.<br />
der Nähe von Kassel stationiert war, in Eschwege. Ich<br />
Big Bro<strong>the</strong>r ist immer noch aktiv, aber ihr werdet ja<br />
wünschte, ich könnte es besser sprechen, aber lesen auch nicht jünger?!<br />
kann ich alles.<br />
Kann man so sagen, doch es wechselt ja – in einem<br />
Du bist als Musiker bekannt, malst Sam Andrew<br />
Jahr spielen wir ziemlich viel, dann<br />
aber auch und hattest ein Spoken-<br />
wieder fast gar nicht.<br />
Word-Quartet namens Theatre Of<br />
Ihr hattet unterschiedliche Sängerinnen<br />
– wer wird in Deutschland am<br />
Light – dein Interesse an Kunst<br />
scheint umfassend ...<br />
Mikrofon stehen?<br />
Ja. Ich male ständig, jeden Tag – und<br />
Mary Bridget Davies. Als wir 2006<br />
es war großartig in Nürnberg, wo ich<br />
beim „Burg Herzberg Festival" spielten<br />
und HOLD ME aufnahmen, sang<br />
Albrecht Dürers Haus besichtigte.<br />
Im Moment hält dich aber vor allem<br />
Sophia Ramos. Wir haben etwa zehn<br />
CAROUSEL ... auf Trab.<br />
Sängerinnen, die sehr gut sind und<br />
Richtig. Wir werden ja im Juni für ein<br />
je nach Verfügbarkeit mit dabei sind.<br />
paar Konzerte zu euch kommen –<br />
2008 erschienen die LOST TAPES<br />
ich glaube, wir haben in den letzten<br />
von 1966/67 ...<br />
<strong>Jahre</strong>n nirgends so oft gespielt wie<br />
Damals spielten wir in einem kleinen<br />
in Deutschland. Ich war in die Ver-<br />
Club namens The Matrix, und der<br />
öffentli-<br />
chung des Albums nicht<br />
gab uns später die<br />
Bänder, wir veröffentlichten sie auf<br />
involviert, was den Sound unserem Label, ehe Sony <strong>Music</strong> die gesamte Kontrolle<br />
Soundmann dort schnitt alles mit. Er<br />
angeht – das hat Ows-<br />
übernahm.<br />
ley Stanley (†2011) in Bei all den Ausgrabungen geht es auch um Geld – bekommt<br />
ihr was davon?<br />
die Show im Juni 1968 Ja, das ist kein Problem, das läuft. Es ist zwar nicht<br />
im Carousel Ballroom die Welt, aber ein bisschen was kriegen wir schon.<br />
als Soundmischer auch Derzeit prüfen wir die Bücher bei Sony <strong>Music</strong>, und<br />
New York besorgt, der<br />
aufgenommen hatte. Ich ich bin auf das Ergebnis gespannt. Aber ich will mich<br />
gebe jetzt Interviews zur nicht beklagen.<br />
© Sam Andrew<br />
Immer wieder hat Sam Andrew Janis Joplin & BBHC gemalt –<br />
und hat dieses Bild <strong>GoodTimes</strong> zur Verfügung gestellt.<br />
© Pressefo<strong>to</strong>s<br />
© Pressefo<strong>to</strong>s<br />
MICK<br />
JAGGER<br />
SEXSYMBOL<br />
REVOLUZZER<br />
GESCHÄFTSMANN<br />
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MARC SPITZ<br />
MICK JAGGER<br />
REBELL UND ROCKSTAR<br />
304 Seiten | € 24,95 (D) / € 25,70 (A)<br />
isbn 978-3-8419-0122-4<br />
www.edel.com
Neil Taylor<br />
Zurück auf Anfang<br />
Langjähriger Sideman bei Robbie Williams, Mitglied von Tears<br />
For Fears, Neon, Violent Blue, jahrzehntelang Studio- und Tournee-Jobs<br />
für Rod Stewart, Tina Turner, die Pretenders, Van Morrison,<br />
Holly Johnson, Morrissey, Peter Gabriel. Der Arbeitsnachweis<br />
des UK-Gitarristen Neil Taylor ist ellenlang. Umso kürzer r<br />
ist seine Liste mit Soloscheiben. Ende 2011 debütierte er mit NO<br />
SELF CONTROL, nur ein halbes Jahr später schiebt der 51-Jährige<br />
CHASING BUTTERFLIES nach.<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Lange kam nichts von dir solo, jetzt ist<br />
schon der zweite Streich fertig ...<br />
Lustig, oder? Im Ernst: Das Erste dauerte auch darum<br />
so lange, weil ich 10, 15 <strong>Jahre</strong> nicht mehr gesungen<br />
hatte und auf der Suche nach meiner Stimme<br />
war. Außerdem musste ich mir über die Richtung<br />
klar werden, in die ich gehen wollte. Um NO SELF<br />
CONTROL zu promoten, war ich dann Ende 2011 als<br />
Opener für Midge Ure in Deutschland unterwegs.<br />
Die Leute wollten hinterher wissen, ob die Platte<br />
ähnlich klinge wie mein Liveset. Das hatte ich aus<br />
logistischen und finanziellen Gründen akustisch gespielt.<br />
Als ich sagte, dass die CD elektrisch mit Band<br />
sei, griffen manche zu, andere stellten die Platte<br />
am Merchandisingtisch zurück. Das brachte mich<br />
auf die Idee, auch Akustikversionen meiner Songs<br />
zu machen.<br />
Auf CHASING BUTTERFLIES gibt<br />
es einige Nummern von NO SELF<br />
CONTROL – was noch?<br />
Ein paar ältere, unveröffentlichte Titel – gute Songs,<br />
die ich aber einfach vergessen hatte. Wir haben die<br />
meisten Lieder in meiner Küche mit dem Lap<strong>to</strong>p<br />
aufgenommen, bei einigen ist im Hintergrund das<br />
leise Vibrieren des Kühlschranks zu hören (lacht).<br />
CHASING BUTTERFLIES war als<br />
Akustikalbum angekündigt, bietet aber<br />
mehr als nur einen Sänger, der die<br />
Klampfe traktiert ...<br />
Ich habe es früher gehasst, Akustikgitarre zu spielen.<br />
Erst als ich durch die Umstände gezwungen war,<br />
sie zu benutzen, habe ich meinen Spaß daran entdeckt.<br />
Ich wollte nicht ein typisches Akustikalbum<br />
machen, sondern habe immer wieder mit einem<br />
Bassisten und Perkussionisten gearbeitet. Außerdem<br />
wollte ich zeigen, welche Power und Möglichkeiten<br />
die Akustische bietet.<br />
Ist es eine enorme Umstellung, nach<br />
den Stadiongigs mit Robbie Williams<br />
jetzt in die Clubs zurückzukehren?<br />
Kann man sagen (lacht). Trotz all meiner bisherigen<br />
Aktivitäten bin ich ein neuer Künstler, der ganz von<br />
vorn anfängt – aber es macht Spaß!<br />
Philipp Roser<br />
Brückenschlag mit Tradition<br />
Seit 1973 sind die Brüder Calum (voc, perc) und Rory Macdonald (g, b, voc) mit ihrer Folk-<br />
Rockband Runrig unterwegs, „oft auch in Deutschland, wo wir längst unsere zweite Heimat<br />
haben“. Doch weil ihre Hauptgruppe eine eineinhalbjährige Schaffenspause einlegte, bevor<br />
die Vorbereitungen für das 40-jährige Jubiläum beginnen, riefen die Brüder The Band From<br />
Rockall ins Leben. Das gleichnamige Album ist bereits veröffentlicht.<br />
Calum, was hat es mit The Band From quasi von der Nostalgie aus mal Neuland erforschen,<br />
Rockall auf sich?<br />
und das hat unglaublich Spaß gemacht.<br />
Es ist ein Abenteuer für uns, ein Projekt, das Rory Ein Song wie "Luaidh" wäre perfekt für<br />
und ich schon seit ewigen Zeiten verwirklichen die Everly Bro<strong>the</strong>rs gewesen!<br />
wollten. Wir kamen aber nie dazu, weil uns Runrig<br />
Genau das wollten wir ja auch – den Twang- und<br />
auf Trab hielt. Doch die Pause hat uns jetzt die Surfgitarrensound und diese Gesangsharmonien mit<br />
Möglichkeit gegeben.<br />
unserem Background verbinden. Wir haben neue<br />
Was verbirgt sich hinter dem Bandnamen<br />
Songs geschrieben, sind aber auch alte Demotapes<br />
und Albumtitel?<br />
durchgegangen – von Songs, die wir längst verges-<br />
Manche sagen, Rockall sei eine Insel, ich würde es sen hatten. Auch das hat uns inspiriert.<br />
eher als riesigen Felsen bezeichnen. Der liegt im Wie habt ihr das Ganze dann umgesetzt?<br />
Atlantik, 300 Meilen westlich von Schottland, 2<strong>50</strong><br />
Meilen westlich der Hebriden, wo wir aufwuchsen, Wir luden viele Freunde ein, darunter den Pedalsteel-Gitarristen<br />
fast auf halbem Weg nach Amerika. Und er erschien<br />
B.J. Cole, und wir haben mit<br />
uns als eindrucksvolles Symbol dafür, was wir musikalisch<br />
ihnen in unserem Heimstudio und in Dänemark<br />
vorhatten.<br />
aufgenommen; alles möglichst live und auf alten<br />
Inwiefern?<br />
Instrumenten.<br />
Wir wollten eine Brücke schlagen zwischen Schottland<br />
Stört dich die Bezeichnung Retrorock<br />
und Amerika, zwischen der Zeit unserer Jugend für diese Musik?<br />
und heute. Wir sind ja mit traditioneller gälischer Nein, irgendwo trifft es ja zu. Aber wie schon gesagt,<br />
Musik aufgewachsen, bis der Rock'n'Roll aus den<br />
es ist ein Brückenschlag – und natürlich auch<br />
USA herüberschwappte. Er wurde zu unser Hauptinspirationsquelle<br />
eine Rückkehr zu unseren Wurzeln. Darum haben<br />
neben Folk und dem Liverpooler wir auch vier Songs in gälischer Sprache gesungen.<br />
Mersey-Beat. Das alles wollten wir verschmelzen,<br />
Philipp Roser<br />
Seite 72 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Rock & Blues im Stil der Sixties und Seventies<br />
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Live in Concert<br />
Porsche <strong>Music</strong> Night<br />
Pop & Disco<br />
Volle Partymucke" nennt SWR-Modera<strong>to</strong>rin Stefanie<br />
„ Anhalt, was die ehemalige Porsche Oldie Night bereits<br />
2011 zur Porsche <strong>Music</strong> Night werden ließ. Waren<br />
es zuvor Leckerbissen aus den Swinging Sixties wie Roy<br />
Wood (The Move), Flo & Eddie (The Turtles) und Peter<br />
Noone (Herman's Hermits), die aus den USA eingeflogen<br />
wurden, um das Programm vom Oldie-Allerlei abzuheben,<br />
so handelt es sich jetzt vorwiegend um Disco-Pop, garniert<br />
mit dem einen oder anderen Altstar.<br />
In diesem Jahr waren dies der 70-jährige Chubby Checker<br />
(<strong>to</strong>pfit!) und die jung gehaltene Bonnie Tyler (60), Rocklady<br />
mit Reibeisenstimme. Sie kokettierte selbstironisch und<br />
führte ihren Ehemann Robert für ein Küsschen auf der<br />
Bühne vor. Ihr Hitprogramm führte von "Lost In France"<br />
über die Jim-Steinman-Hymne "Total Eclipse Of The Heart"<br />
bis zu "It’s A Heartache" und "Holding Out For A Hero". Zur<br />
Aktualisierung des Reper<strong>to</strong>ires der walisischen Sängerin mit<br />
dem bürgerlichen Namen Gaynor Hopkins wurde auch mal<br />
eine Nummer von Bryan Adams als durchaus akzeptable<br />
Cover-Version eingestreut.<br />
Twist-Kaiser Chubby Checker hüpfte wie einem Jungbrunnen<br />
entstiegen über die Bühne und bewies, dass auch<br />
die stetige Wiederholung des ehemaligen Modetanzes<br />
unter dem Mot<strong>to</strong> "Let's Twist Again" immer<br />
noch ankommt und frisch halten kann. 1987<br />
mit den Fat Boys neu aufgegossen und 1995<br />
schon mal in Stuttgart präsentiert, sorgte der<br />
Twist kurz vor Mitternacht erneut für ausgelassene<br />
Tanzstimmung. Die hinter der Bühne<br />
anwesende Suzi Quatro beschrieb die Verrenkungen<br />
trefflich mit den Worten: „den Hintern<br />
mit einem Handtuch trocknen und gleichzeitig<br />
eine Zigarette austreten." Immerhin hatte<br />
der ehemalige Geflügelverkäufer und heutige<br />
Schokoriegelhändler Ernest Evans alias Chubby<br />
Checker zuletzt 2008 mit "Knock Down The<br />
Walls" noch mal einen Hit, der bis an die Spit-<br />
Randy Newman<br />
Meister der Reduktion<br />
Stuttgart, Schleyer-Halle, 23. & 24. März 2012<br />
Bonnie Tyler<br />
ze der Charts kletterte<br />
und auch während der<br />
<strong>Music</strong> Night zu hören<br />
war. Ansonsten<br />
konzentrierte sich das<br />
Programm der beiden<br />
Altstars 2012 auf ein<br />
Spektrum zwischen<br />
Synthie-, Latin- und<br />
Karibik-Pop.<br />
Martin Fry gründe-<br />
te 1990 in Sheffield<br />
die britische<br />
Chubby Checker<br />
Band ABC.<br />
Ihr erster großer Hit "The Look Of Love" aus dem<br />
Debütalbum THE LEXICON OF LOVE elektrisierte<br />
auch das Publikum in Stuttgart. Als sich das Quintett<br />
1992 auflöste, machte Fry mit neuen Musikern<br />
weiter. Die 1987 veröffentlichte Single "When Smokey<br />
Sings" – eine Hommage an die Soul-Legende<br />
Smokey Robinson – brachte es damals weltweit an<br />
die Spitze der internationalen Charts und sorgte auch<br />
in der Schleyer-Halle für den richtigen Tanzgroove.<br />
Davor konnten die „spanischen" Hannoveraner Marquess<br />
mit ihrem Sommerhit vom letzten Jahr "Vayamos<br />
Compañeros" überzeugen. "El Temperamen<strong>to</strong>"<br />
durfte man durchaus wörtlich nehmen, und Frontmann<br />
Sacha Pierro, der u.a. die Titelmelodie der Telenovela<br />
„Schmetterlinge im Bauch" schrieb, zeigte Einsatz mit<br />
Stimme und Hüftschwung.<br />
Als Opener fungierten die „karibischen" Pioniere des<br />
deutschen Schlagers um Oliver Bendt mit seiner Goombay<br />
Dance Band. Ihr "Sun Of Jamaica" ist zum Evergreen<br />
guter Laune geworden, der auf Sommerpartys Dauer-Kult<br />
ist. Mit einem Streifzug durch ihre 30TH ANNIVERSARY<br />
COLLECTION gelang ihnen die Funktion als Anheizer gut.<br />
Goombay Dance Band<br />
Text und Fo<strong>to</strong>s: Helmut Ölschlegel<br />
Martin Fry<br />
Nürnberg, Meistersingerhalle, 19. März 2012<br />
Eine Stimme, ein Instrument. Mehr braucht Randy Newman nicht, um seine<br />
Lebensreflexionen dem Publikum nahezubringen, so auch diesmal in einer nur<br />
halbgefüllten Halle. Allerdings wird der Intellektuelle der Popmusik kein Meister-<br />
Singer mehr, er war's auch in Nürnberg nicht. Dennoch: Sein Spektrum ist breiter<br />
als das mono<strong>to</strong>ne Krächzen eines Bob Dylan oder das heisere Knurren von Tom<br />
Waits. Wie diese verfügt der Geschichtenerzähler und Songschreiber allerdings über<br />
das Charisma und die Aura eines ganz großen Singer-/Songwriters, dessen Werke<br />
von vielen Stars von Ry Cooder über The Eagles bis Nina Simone gecovert wurden.<br />
"You Can Leave Your Hat On", von Joe Cocker weltberühmt gemacht, reduzierte<br />
Newman am Steinway-Konzertflügel bis auf das Gerippe seiner Substanz. Sein<br />
etwas nuschelnd-näselnder Gesangsstil unterstrich dabei das locker-frivole Flair<br />
des Songs (Kim Basingers Strip im Film „9 ½ Wochen"!) mit dem perkussiven Pianomotiv,<br />
das sich durch das Stück zog. Schlagzeug? Überflüssig!<br />
1943 in Los Angeles geboren, wuchs Newman in New Orleans auf, der Heimatstadt<br />
seiner Mutter – dies ist musikalisch nachhaltig hörbar. Seine einzigartige<br />
Mischung aus Ragtime, Blues, Pop, Swing und Filmmusik, für die er zahlreiche<br />
Grammy Awards und sogar zwei Oscars erhielt („Die Monster AG", „Toy S<strong>to</strong>ry 3")<br />
sorgte – bei allem Purismus des Solokünstlers – für Abwechslung. Sein trockener<br />
Humor zeigte sich im Banker-Evergreen "It's Money That I Love", seine Leidenschaft<br />
im klagenden "I Miss You" und<br />
beißender Sarkasmus im sozialkritischen<br />
"Short People". In zwei Minuten<br />
und 48 Sekunden (so die Ansage)<br />
blätterte er in "The Great Nations Of<br />
Europe" die Geschichte Europas auf.<br />
Sehr still wurde es im Saal bei ernsten,<br />
existenziellen Themen wie "In Germany<br />
Before The War" oder "Guilty".<br />
Die Animation des Publikums zum<br />
Mitsingen des Refrains "He's Dead" als Saalecho ließ seinen Song über einen gealterten<br />
Rockstar, „I'm Dead, But I Don't Know It", noch grotesker erscheinen.<br />
Auch wenn Randy Newman (68) schon etwas vom Alter gezeichnet schien, wirkte<br />
der Auftritt in der Meistersingerhalle in seiner gekonnten Schlich<strong>the</strong>it überzeugend<br />
und au<strong>the</strong>ntisch. Sein Stern auf dem Hollywood Walk Of Fame wird so schnell<br />
nicht verblassen. "Feels Like Home" aus HARPS & ANGELS (2008) gab es als Nachschlag.<br />
Und der große Künstler verabschiedete sich, schon etwas wehmütig, mit „I<br />
Think It's Gona Rain Today".<br />
Text und Fo<strong>to</strong>s: Helmut Ölschlegel<br />
Seite 74 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Live in Concert<br />
Uriah Heep / Nazareth<br />
Karos vom Rock gespielt<br />
Ein Paket mit Uriah Heep und Nazareth suggeriert Nostalgie-Trips. Erst recht,<br />
wenn das Ganze mit „Rock Legends" überschrieben ist. Und schon drängten<br />
sich jene Leute vor der Bühne im Ros<strong>to</strong>cker IGA-Park, die vor allem "Dream<br />
On" und "Love Hurts" (Nazareth) oder "Lady In Black" und "Free Me" (Uriah<br />
Heep) hören wollten. Aber mit Oldie-Party-Geschunkel haben die Heavy-Rock-<br />
Urgesteine nichts am Hut. Das bewiesen nicht zuletzt die jeweils aktuellen LP-<br />
Produktionen aus dem letzten Jahr. Und so blieben viele Wünsche der 1<strong>50</strong>0,<br />
vornehmlich in Jack-Wolfskin-Joppen gehüllten Rockfans unerfüllt.<br />
Dan McCafferty ist die Inkarnation<br />
der Reibeisenstimme.<br />
Dort, wo er vor 30<br />
<strong>Jahre</strong>n krächzte, kreischt<br />
er heute manchmal. Allerdings<br />
nicht verzweifelt.<br />
Der Schotte macht sein<br />
Organ zum Stilmittel, das<br />
im Verbund mit dem aus<br />
Jimmy Murrisons Gitarre<br />
krachenden, zu Tönen<br />
gewordenen Strom den<br />
Härtegrad einiger Songs<br />
um ein Vielfaches anhebt.<br />
"Hair Of The Dog" zum<br />
Beispiel, eigentlich als Höhepunkt<br />
des regulären Sets<br />
gedacht und Vehikel für<br />
McCafferty, mit dem Publikum<br />
einen Wechselgesang<br />
auf "Son Of A Bitch" zu versuchen. Die Ros<strong>to</strong>cker wussten damit allerdings<br />
kaum etwas anzufangen, was den Nazareth-Shouter sichtlich amüsierte. Und<br />
so erledigte der Vierer seinen Auftritt souverän. Die Balladen kamen, der<br />
Blues-Teil machte der Band einen Riesenspaß, und das Publikum hoffte auf<br />
Uriah Heep.<br />
Die sind derzeit auf einem Höhenflug. Mit dem<br />
ultrafetten Album INTO THE WILD in der Hinterhand<br />
versprühen sie das Selbstbewusstsein eines<br />
Stadion-Acts. Dabei spielten sie in Ros<strong>to</strong>ck mal<br />
ganz nebenbei Nazareth die Karos vom Schottenrock.<br />
Mick Box (g), Bernie Shaw (voc), Trevor Bolder<br />
(b), Phil Lanzon (keys) und Russell Gilbrook<br />
(dr) sind Old-School-Hard-Rock wie er im Buche<br />
steht. Voller<br />
Energie ("Overload",<br />
WAKE THE<br />
SLEEPER) heizten<br />
sie in das Set,<br />
gaben ein paar<br />
Ros<strong>to</strong>ck, IGA-Park, 21. April 2012<br />
Dan McCafferty<br />
Erinnerungsschübe<br />
mit "Traveller In Time" von DEMONS AND<br />
WIZARDS und "Sunrise" von THE MAGICIAN'S<br />
BIRTHDAY, um mit "I'm Ready" vom aktuellen<br />
Album musikalisch noch eins draufzusetzen.<br />
"Nail On The Head" oder der Titelsong, "In<strong>to</strong><br />
The Wild", erwiesen sich als ebensolche Glanzstücke,<br />
was dem Heep-Fan das Herz aufgehen<br />
ließ, vielen im IGA-Park allerdings Ratlosigkeit<br />
ins Gesicht schrieb. Selbst mit dem göttlich<br />
präsentierten "Come Away Melinda" und dem<br />
Kracher "Too Scared To Run" vom sträflich unterbewerteten<br />
Album ABOMINOG wussten die<br />
meisten Anwesenden nichts anzufangen. Aber<br />
Heep wären ignorante Fan-Preller, böten sie den Leuten nicht das obliga<strong>to</strong>rische<br />
"Gypsy" und – wenn auch in modifizierter Form – "Lady In Black".<br />
Über die Lokalmatadoren Delta, die den ersten Teil der Show bestritten, hüllen<br />
wir aus Rücksicht auf die Musiker den Mantel des Schweigens.<br />
Text und Fo<strong>to</strong>s: Jens-Uwe Berndt<br />
The Stranglers<br />
PunkWavePop – frisch wie damals<br />
Die Stranglers passten zu nichts und niemandem. Für die Punks waren<br />
sie zu intellektuell, der Mainstream fand sie zu sperrig, und im New-<br />
Wave-Karussell waren sie plötzlich zu poppig. Und doch erlangte die Band,<br />
die von 1977 bis 1992 satte 34 Hits verbuchte, einen derartigen Kult-Status,<br />
dass sie aktuell noch immer auf Tour gehen kann und die Klubs füllt. Etwa<br />
den Berliner C-Club am 21.<br />
April. Zwar hatte man von<br />
Zeit zu Zeit den Eindruck,<br />
auf einem Klassentreffen<br />
in Berlin lebender Engländer<br />
zu sein, doch die<br />
deutschen Fans – zwischen<br />
17 und 70 – stellten trotzdem<br />
die Mehrheit. Und die<br />
kam vor allem bei "Golden<br />
Brown" und "Always The<br />
Sun" in Schwung, wenngleich<br />
"Hey! (Rise Of The<br />
Robots)" oder "Giants"<br />
weitaus mehr rockten. Und<br />
allein, um mal wieder einzigartige<br />
Songs reanimiert<br />
zu bekommen, die beim<br />
Berlin, C-Club, 21. April 2012<br />
hektischen Vorbeieilen der Zeit am Wegesrand liegenblieben, gebührt den<br />
Stranglers Dank für diesen Deutschland-Abstecher. Denn wer hatte denn<br />
schon noch "Walk On By" auf dem Schirm oder womöglich "Peaches"?<br />
Die Briten wirkten äußerst cool. Altersmilde schimmerte durch, wirkte sich al-<br />
lerdings nicht auf diese typische Art der Stranglers aus, auch den schrägsten<br />
Ton mit einer dreisten Selbstverständlichkeit<br />
zu zelebrieren. Im Zugabeteil präsentierte das<br />
Quartett mit "Nice 'N' Sleazy" und "Tank"<br />
zwei der stärksten Titel aus ihrem Reper<strong>to</strong>ire –<br />
und die gehören ohne Übertreibung mit zum<br />
Besten, was der 70er-<strong>Jahre</strong>-Punk im Angebot<br />
hatte. Auch das wie speziell für die Stranglers<br />
geschriebene "All Day And All Of The Night"<br />
von den Kinks fehlte am Ende nicht. Ein klasse<br />
Abend, große Erinnerungen, wundervolle<br />
Musik.<br />
Das Vorprogramm bestritt der britische Songschmied<br />
Mike Marlin. Diese Zusammenstellung<br />
passte ("Hit The But<strong>to</strong>n" beispielsweise<br />
belegt das), der Musiker bereitete dem Publikum<br />
Kurzweil. Und was kann ein Support<br />
mehr erreichen?!<br />
Text und Fo<strong>to</strong>s: Detlef Wolff<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 75
Live in Concert<br />
21. Ro<strong>the</strong>r Bluestage<br />
Mitreißende Gitarristen<br />
Blond, gut aussehend und Mitte 30 – so haben die Ro<strong>the</strong>r Bluestage<br />
„ begonnen, und so haben sie auch aufgehört." Schrieb ein lokaler<br />
Kritiker überaus lobend über die beiden Akteure, die die 21. Auflage<br />
der Konzertreihe in der mittelfränkischen Stadt nahe Nürnberg einrahmten:<br />
Dana Fuchs und Philip Sayce. Die US-Sängerin (36) beeindruckte<br />
zum Auftakt mit ihrer markant-unverkennbaren Röhre, reichlich<br />
Ausstrahlung und mit einer eindringlich vorgetragenen Mischung<br />
aus Blues, Rock, Soul und Funk. Der einstige E<strong>the</strong>ridge/Healey-<br />
Sideman Sayce (35, geboren in Wales) zündete ein imposantes<br />
Blues-Rock-Feuerwerk und lieferte so einen würdigen Abschluss<br />
des zehntägigen Festivals: Er begann im Stile eines Heavy-Metal-Gitarristen,<br />
schlug zwischendurch ruhigere (Blues-)Töne zum<br />
Durchatmen an, ehe er sich wieder in langen Soli aus<strong>to</strong>bte.<br />
Das anspruchsvollste Set lieferte aber ein (noch) eher Unbekannter:<br />
Kein anderer Künstler lieferte eine derart abwechslungsreiche<br />
Show wie der Engländer Paul Rose. Ihm gelang es virtuos,<br />
zwei Stunden lang mit der Dynamik von schnell-langsam, lautleise<br />
zu spielen: Dies galt für die Auswahl der eigenen und fremden<br />
Songs ("Black Magic Woman", "Hey Joe", "Tequila", "Hey<br />
Jude", "Eleanor Rigby") und auch für sein Gitarrenspiel – schlug<br />
er im Stil des jungen Peter Green leisere Töne an, war es im Saal<br />
mucksmäuschenstill, ehe wieder bluesig-rockig hingelangt wurde.<br />
Einmal mehr waren es die Gitarristen, die in Roth mitrissen: Eric<br />
Sardinas heizte auf seiner (akustischen) Resona<strong>to</strong>r ein und brachte<br />
das Publikum zum Kochen. Mit ihrem Mix aus fast archaischbluesiger<br />
Dobro und elektrischer Rockgitarre setzten die Kölner<br />
Richard Bargel & Klaus „Major" Heuser (Ex-Bap) mit ganz eigener<br />
Note ein weiteres Glanzlicht und erinnerten stimmungsmäßig<br />
manchmal ein wenig an J.J. Cale. Der frühere John-Mayall-<br />
Begleiter Walter Trout prügelte in gekonnter Manier durch ein<br />
fast zweistündiges Blues-Rock-Programm. Ebenfalls überaus unterhaltsam<br />
und facettenreich präsentierten sich der Italiener Rudy Rotta<br />
sowie die Hamburg Bluesband (Gitarre: Clem Clempson) mit ihrem Gastsänger<br />
Chris Farlowe. Einen Kontrapunkt setzten zwei Mundharmonika-<br />
Asse: Der junge Brite Will Wilde brillierte auf seinem Instrument ebenso<br />
wie sein deutsches Harp-Pendant Chris Kramer; der Dortmunder untermauerte<br />
– begleitet von einer vorzüglichen dreiköpfigen Band – seinen<br />
Dana Fuchs<br />
Eric<br />
Sardinas<br />
Philip<br />
Sayce<br />
Paul Rose<br />
Chris<br />
Kramer<br />
Roth, 24. März bis 1. April 2012<br />
Walter<br />
Trout<br />
guten Ruf als Blues-Entertainer und Geschichtenerzähler<br />
(auf Deutsch!).<br />
Fast ein wenig traurig stimmte es jedoch,<br />
dass zwei Stars auf die geringste<br />
Resonanz stießen, die in diesem Jahr die<br />
Jazz- und Funknote beisteuerten: musikalisch<br />
ohne Beanstandungen, allerdings<br />
mit dem schwächsten<br />
Funkenflug in Richtung<br />
Publikum – dies war<br />
dem britischen Gitarristen<br />
Matt Schofield<br />
und Saxofon-Altmeister<br />
Pee Wee Ellis zu attes-<br />
Chris Farlowe<br />
Clem<br />
Clempson<br />
tieren. Dagegen<br />
zog beim längst<br />
zur Ro<strong>the</strong>r Tradition<br />
gewordenen<br />
Blues-Brunch Big<br />
Daddy Wilson, der<br />
Meister der sanften Töne, die Zuhörer mit<br />
seinem Akustiktrio in den Bann: Viele vergaßen<br />
glatt<br />
Big Daddy<br />
Wilson<br />
das Essen ...<br />
Roth 2012: künstlerisch wertvoll, an der Kasse<br />
allerdings nicht ganz so goutiert, wie es<br />
das Programm verdient gehabt hätte. Wobei<br />
die kurzfristige Absage der erkrankten Headlinerin<br />
Nina Hagen sich in der Abrechnung<br />
ebenso negativ niederschlug wie auf die<br />
Laune der Ost-Blues-Rocker Mr. Speiche's<br />
Monokel Blues Band: Sie wurden so um den Auftritt als Opener vor<br />
großem Publikum gebracht. Da konnte der Clubgig tags darauf nur<br />
wenig entschädigen.<br />
Text: Philipp Roser, Fo<strong>to</strong>s: Roland Fengler<br />
Cavern Beatles<br />
Wehmütige Reise ins Gestern<br />
Wie mit einer Zeitmaschine versetzten die Cavern Beatles das Publikum in der<br />
Stadthalle in Vaihingen/Enz zurück in die 60er <strong>Jahre</strong>. Und warum dieses Quartett<br />
aus Liverpool (woher auch sonst?) als weltweit beste Beatles-Coverband gilt, war<br />
schon bei den ersten Stücken hörbar. Ein fetziges "Please Please Me" eröffnete<br />
die Reise, <strong>to</strong>ller mehrstimmiger Gesang bei "I Want To Hold Your Hand"; beim<br />
rockigen "Roll Over Beethoven" bewiesen die vier Musiker auch instrumental ihre<br />
Klasse, verdienten Sonderbeifall gab es für das von „Ringo" gesungene "Act Naturally".<br />
Au<strong>the</strong>ntisches Outfit, originale Verstärker und Instrumente, ebenso Anzüge,<br />
Frisuren, Gestik, Bühnenbild – besser kann man so eine Show nicht auf die<br />
Bühne bringen. „Ringos" lässiger Schlagzeugbeat, „Johns" tänzelnde Beinarbeit,<br />
die elegante Zurückhaltung von „George" – was so locker<br />
aussieht, ist mit Sicherheit das Ergebnis langen, intensiven<br />
Videostudiums. Und dass „Paul" an diesem Abend<br />
kein Linkshänder war, lag einzig daran, dass Chris O'Neill<br />
kurzfristig ausfiel, wobei sein (rechtshändiger) Ersatz<br />
weder musikalische noch stimmliche Schwächen erkennen<br />
ließ. Gelungen auch der Kostüm- und Stilwechsel,<br />
den die Vier vornahmen: Mit einem krachenden "Back<br />
In The USSR" wurde die psychedelische Phase eingeläu-<br />
Vaihingen/Enz, Stadthalle, 15. März 2012<br />
tet, "Lucy In<br />
The Sky With<br />
Diamonds",<br />
"Lady Madonna"<br />
und<br />
"The Ballad<br />
Of John<br />
And Yoko"<br />
folgten. Und<br />
obwohl die Beatles viele Titel nie live gespielt haben, meint man die Songs an<br />
diesem Abend doch genau so zu hören, wie sie die echten<br />
John, Paul, George & Ringo wohl präsentiert hätten.<br />
Nach kurzen Solo-Ausflügen und zwei <strong>to</strong>llen Zugaben<br />
– unter anderem wurde mit dem Publikum ein<br />
vielstimmiges "Hey Jude" zelebriert – war dann viel zu<br />
schnell Schluss mit dem Zeitmaschinen-Trip. Und beim<br />
Hinausgehen wurde dann so manche wehmütige Träne<br />
ver drückt – ach, war das schööööön!<br />
Text: Ulrich Schwartz, Fo<strong>to</strong>s: <strong>GoodTimes</strong>/Andrea Zagmester<br />
Seite 76 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
PAUL VINCENT<br />
Fo<strong>to</strong>s: © Thomas Hillenbrand<br />
mal sogar<br />
weglassen,<br />
weil es die<br />
Verständlichkeit<br />
von Text<br />
und Gesang<br />
stört.<br />
Singt man auch anders?<br />
Völlig anders! Man hat wahrscheinlich eine Art Bewusstseinsschere<br />
im Kopf. Wenn man deutsch singt,<br />
versucht man, auf Artikulation zu achten, darf Silben<br />
und Endungen nicht verschlucken. Im Englischen ist<br />
das scheißegal! Der singende Musiker in mir freut<br />
sich, wenn er diese Art von Musik in englischer Sprache<br />
singen kann. Das ist wie in der Klassik, wenn die<br />
Leute italienisch singen dürfen, bei Rossini, Verdi,<br />
Pucchini – das ist eine so <strong>to</strong>lle lautmalerische Sprache!<br />
Ich bin auch freier im Gesang, englisch traue<br />
ich mich Sachen zu singen, die ich im<br />
Deutschen nicht wagen würde.<br />
Bei deutschen Texten befasst<br />
man sich genauer mit den Inhalten.<br />
Bei englischen nimmt man<br />
gar nicht so wahr, dass sie oft<br />
ähnlich banal sind ...<br />
Der Text muss sich phonetisch harmonisch<br />
in die Musik einfügen. Die normalen"<br />
Hörer wollen ein Hochgefühl<br />
durch die Musik. Die putzen, kochen, sitzen im Büro<br />
"<br />
oder Au<strong>to</strong> – da soll die Musik nicht stören, sondern<br />
einfach gute Gefühle erzeugen.<br />
Die CD präsentiert alle Facetten des Musikers<br />
Paul Vincent: Blues, Rock, bis hin<br />
zum Pop – und du hast dich als Gitarrist<br />
mal wieder ausge<strong>to</strong>bt ...<br />
Ja, das war nötig! Diese Selbstkasteiung oder Zurücknahme<br />
ist ein Erbe meiner Zeit als Studiomusiker, das<br />
ich jetzt hoffentlich endgültig abgelegt habe. Die<br />
Leute, die auf solche Musik stehen, wollen<br />
auch mal ausufernde Soli! Das<br />
merke ich bei unseren Gigs,<br />
die Fans stehen drauf, wenn<br />
man mal ein richtig langes<br />
Gitarrensolo spielt und die<br />
Emotionen fliegen.<br />
Der Gita<br />
tarr<br />
rris<br />
ist,<br />
Sän<br />
änge<br />
ger und Song<br />
ngsc<br />
schr<br />
hrei<br />
eibe<br />
ber Paul<br />
Vinc<br />
ncen<br />
ent (Exx-Li<br />
Lind<br />
nden<br />
enbe<br />
berg<br />
rg,<br />
Kriw<br />
iwan<br />
anek<br />
ek,<br />
Miss<br />
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Beas<br />
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ly, Fred<br />
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wi-<br />
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deut<br />
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prac<br />
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hige<br />
gen Tite<br />
teln<br />
ln. Nach<br />
HER<br />
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ZLIC<br />
ICHE<br />
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GLÜC<br />
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egt jetz<br />
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glis<br />
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ges<br />
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unge<br />
gene<br />
nes Albu<br />
bum vor.<br />
Good<br />
odTi<br />
Time<br />
mess-Mi<br />
Mita<br />
tarb<br />
rbei<br />
ter Philip<br />
ipp Rose<br />
ser spra<br />
rach<br />
mit<br />
Vinc<br />
ncen<br />
ent über<br />
die<br />
Bed<br />
edeu<br />
eutu<br />
tung<br />
von<br />
Tex<br />
exte<br />
ten.<br />
Warum singst du wieder in englischer<br />
Sprache?<br />
Ich habe festgestellt, dass diese Art von Musik, dieser<br />
Rock-Blues englisch-amerikanischer Prägung, den<br />
ich aus dem Bauch heraus mache, sich auf Deutsch<br />
für das deutsche Publikum nicht transportieren lässt.<br />
Meine Theorie dazu: Die Fans, die das hören wollen,<br />
sind meist über 40, mit den Originalen aus Amerika<br />
und England aufgewachsen und haben ein Hörmuster<br />
im Ohr. Die jungen Menschen, die auf deutsche<br />
Texte wie von Xavier Naidoo, Wir Sind Helden, Juli<br />
oder Silbermond stehen, sind eine völlig andere Generation<br />
– und es ist eine völlig andere Musik.<br />
Also unterschiedliche Hörgewohnheiten<br />
der Generationen?<br />
Unbedingt! Wenn der Text in Deutsch ist, tendiert<br />
fast jeder Deutsche dazu, beim Hören die Musik wie<br />
ein Förderband für den Text zu sehen, und der Text<br />
hat ein großes Übergewicht. Ich will aber, dass die<br />
Musik wenigstens <strong>50</strong> Prozent Anteil in der Wahrnehmung<br />
hat.<br />
Wirkt sich das auf die Produktion<br />
aus, etwa darauf, wie<br />
abgemischt wird?<br />
Ja. Wir haben ja neben den englischen<br />
auch etliche deutsche Stücke<br />
im Liveprogramm. Bei den deutschen<br />
kamen die Leute immer zu unserem<br />
Mischer Uli Eisner und sagten, ,Wir<br />
wollen den Gesang und den Text besser<br />
verstehen'. Bei englischsprachigen n Stücken ist<br />
das nie passiert – da konsumiert man das mehr als<br />
Gesamtes. Uli sagt, er konnte die Musik gar nicht so<br />
leise und den Gesang so laut fahren, weil die Gewichtung<br />
dann plötzlich nicht mehr stimmt. Bei den<br />
Platten ist es ähnlich. Also wenn man auf Deutsch<br />
singt, muss man bei dieser Art von Musik die Gitarre<br />
oder Hammondorgel runterregeln,<br />
manch-<br />
17.05.12 Stuttgart, Liederhalle<br />
18.05.12 CH-Zürich, Volkshaus<br />
19.05.12 Augsburg, Schwabenhalle<br />
20.05.12 Berlin, Tempodrom<br />
22.05.12 Mainz, Phönixhalle<br />
23.05.12 Hamm, Alfred-Fischer-Halle<br />
25.05.12 Aurich, Sparkassen-Arena<br />
26.05.12 Siegen, KulturPur Festival<br />
27.05.12 Mannheim, Rosengarten<br />
28.05.12 Nürnberg, Meistersingerhalle<br />
29.05.12 Dresden, Kulturpalast<br />
Neue Festival-Termine:<br />
05.07.12 A-Kufstein, Burg Kufstein<br />
06.07.12 A-Clam, Burg Klam<br />
20.07.12 Breitenbach am Herzberg,<br />
Burg Herzberg Festival<br />
21.07.12 Calw, Kloster Hirsau,<br />
Calwer Klostersommer<br />
16.08.12 Bruchsal, Schlossgarten<br />
ROCK THE SUMMER TOUR 2012<br />
MOTHERS<br />
FINEST<br />
25.05.12 Isernhagen, Blues Garage · 27.05.12 Siegen, Kultur Pur<br />
29.05.12 Ch-Pratteln, Z7 · 31.05.12 Lorsch, Rex Musik<strong>the</strong>ater<br />
01.06.12 Worpswede, <strong>Music</strong> Hall · 07.06.12 Rüdesheim, Magic Bike Week<br />
08.06.12 Dornstadt, Woods<strong>to</strong>ck Open Air · 09.06.12 A-Spielberg, Roter Saal<br />
13.07.12 Ritterhude, Open Air<br />
15.07.12 Mainz, Zitadelle SWR1 Open Air<br />
19.07.12 Rosenheim, Sommerfestival<br />
ROGER HODGSON<br />
The Legendary Voice of Supertramp & Band<br />
„<br />
The Logical Song<br />
Give A Little Bit<br />
Take The Long Way Home<br />
School<br />
Fool’Overture<br />
It’s Raining Again<br />
Dreamer<br />
Breakfast In America<br />
“<br />
ROGER HODGSON – SOLO<br />
13.09.12 Hanau, Amphi<strong>the</strong>ater<br />
05.08.12 Schwäbisch Gmünd, Uni Park 17.08.12 Mosbach, Grosser Elzpark<br />
14.08.12 Leipzig, Parkbühne 18.08.12 Coburg, Schlossplatz<br />
16.08.12 Altusried, Freilichtbühne 19.08.12 Köln, Tanzbrunnen<br />
”20/20”– Tour im Herbst 2012:<br />
Alle Termine unter www.dmc-music.de<br />
”20/20”– FESTIVAL-TERMINE:<br />
07.07.12 Loreley · 18.08.12 Bad Essen<br />
24.08.12 F – Larzac · 25.08.12 NL – Pinkpop Classic<br />
Weitere Termine und Künstler auf www.dmc-music.de
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Space Rock: Höhenflug im Westen<br />
<strong>50</strong> Millionen lio verkaufte e Schall-<br />
l<br />
platten, Tourneen durch beinahe<br />
sämtliche Staaten Europas und ein<br />
Hit, von dem mindestens <strong>50</strong> Cover-<br />
Versionen existieren – Omega sind<br />
Ungarns Rockexport Nummer eins.<br />
Und sie sind eine der ältesten noch<br />
aktiven Rockbands der Welt.<br />
W ir wurden zwei<br />
Monate vor den <strong>Rolling</strong><br />
S<strong>to</strong>nes gegründet", sagt Omega-Sänger<br />
János Kóbor fast beiläu-<br />
„<br />
fig. Ob es stimmt, ist nicht mehr nachvollziehbar,<br />
obwohl das erste Konzert unter dem Bandnamen<br />
am 23. September 1962 in die Annalen der Rockmusik<br />
einging. Zumindest passt diese Aussage<br />
gut dazu, was Kóbor gern nachschiebt: „Ich bin<br />
auch zwei Monate älter als Mick Jagger." Das allerdings<br />
hält jeder Überprüfung stand, denn Kóbor<br />
kam am 17. Mai 1943 in Budapest zur Welt,<br />
Jagger am 26. Juli in Dartford.<br />
Der attraktive Blondschopf aus Ungarn war von<br />
Kind auf sportlich und hatte spätestens auf dem<br />
Gymnasium klare Vorstellungen von seiner Zukunft:<br />
Architekt wollte er werden. Und vielleicht<br />
irgendwann Weltmeister im 110-Meter-Hürdenlauf.<br />
Aber weil nun mal die Mädchen drauf<br />
standen und es irgendwie groovy war, klimperte<br />
er Songs von Johnny & The Hurricanes bei der<br />
Gruppe Zyklon. Die wurde Anfang 1962 – hier<br />
macht der Sänger die Bandgründung fest – zu<br />
einer Wurzelhälfte von Omega. Die andere be-<br />
stand aus Mitgliedern einer weiteren Pennälercombo,<br />
die sich Propheta nannte.<br />
Der Name Omega wuchs auf dem Mist eines<br />
Clubveranstalters, der den bunt zusammengewürfelten<br />
Haufen auf einem Schulfest gesehen<br />
hatte und ihn für einen Tanzabend<br />
buchte. Da die jungen Leute aus purer Lust<br />
am Musizieren gemeinsame Sache machten,<br />
gab's noch kein Firmenschild – und der windige<br />
Clubchef kritzelte statt „Band ohne Namen"<br />
einfach „Omega" aufs Konzertplakat.<br />
„Als wir zu unserem Auftritt kamen, waren<br />
wir ein bisschen enttäuscht", erinnert sich<br />
János Kóbor. „Da waren wir also wieder aus<br />
dem Programm geflogen und irgendsoeine<br />
Gruppe Omega sollte spielen. Bis der Veranstalter<br />
meinte: Das seid ihr." Den Namen fanden<br />
sie blöd. Aber wozu sich den Kopf zerbrechen?<br />
Nach dem Abi hatten ohnehin alle was<br />
anderes vor. Als die Band auch während der<br />
Zeit auf der Uni hielt, blieb es dann bei Omega.<br />
Warum auch nicht? Noch bis zum Diplom,<br />
und dann wäre sowieso Schluss.<br />
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Mit Mária Wittek (voc, bis 1966), András Kovacsics<br />
(g), István Varsányi (b), László Harmath (b,<br />
sax), Jozsef Laux (dr), János Kóbor (voc) und<br />
Lászlo Benkö (tr, fl, voc) hatte sich ab 1963 eine<br />
Formation herausgebildet, die internationale Hits<br />
spielte und auf ersten Single-Veröffentlichungen<br />
unter anderem ihre Helden, die <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes,<br />
mit "Paint It Black" (1967) coverte. „Mit den<br />
Beatles konnte ich überhaupt nichts anfangen",<br />
erzählt János Kóbor. „'She Loves You' war die<br />
erste Single, die ich von ihnen hörte. Das klang<br />
für mich wie eine fröhliche Vokalgruppe." Elektrisiert<br />
wurde der Frontmann erstmals von Jagger/Richards'<br />
"Tell Me" 1964. Später kamen zu<br />
seinen Favoriten The Who, die Kinks und Pretty<br />
Things hinzu. Bei Kóbor musste es krachen, was<br />
der Omega-Debüt-LP bedingt anzuhören war –<br />
sie erschien nur in England. Unter dem verklausulierten<br />
Titel OMEGA RED STAR FROM HUNGA-<br />
RY veröffentlichte Decca 1968 ein Sammelsurium<br />
früher Bandsongs, die in Englisch<br />
aufgenommen worden<br />
waren und schwer nach den<br />
Vorbildern aus Liverpool und<br />
London klangen. „Englisch<br />
war halt die Sprache der Rockmusik",<br />
gibt Kóbor seinen<br />
Standpunkt von damals wieder, er „und Ungarisch<br />
war viel zu schwer zu singen. Die Sprache hat<br />
sehr lange Wörter, die nur mit Mühe in die Melodien<br />
typisch englischer Beatsongs zu quetschen<br />
waren."<br />
Omega zählten 1968 neben Metro und vor allem<br />
Illes bereits zu den Top-Bands in Ungarn. Während<br />
die Budapester Illes-Kollegen vornehmlich<br />
auf nationalen Schlagerfestivals die Preise abräumten,<br />
entwickelten sich Omega mehr und<br />
mehr zu einer Rockband mit handfestem Material,<br />
das die Fans bei Konzerten außer Rand<br />
und Band geraten ließ. „Meist waren es schreiende<br />
Mädchen zwischen 15 und 18 <strong>Jahre</strong>n",<br />
schmunzelt der heute 69-jährige Sänger, wenn<br />
er an die Aufbruchzeit denkt. In der Slowakei,<br />
in Rumänien und in Jugoslawien, wo die ersten<br />
Auslands<strong>to</strong>urneen bestritten wurden, war's nicht<br />
anders. Der erste Englandtrip im Frühjahr 1968<br />
geriet zum Schnupperkurs. Omega – jetzt neben<br />
Kóbor, Laux und Benkö mit Gabor Presser<br />
(keys), Tamás Mihály (b) und György Molnár (g)<br />
in neuer Besetzung – zogen durch die Clubs,<br />
besuchten Konzerte, spielten RED STAR ein<br />
und absolvierten ein paar kleine Gigs. Gastspiel<br />
Nummer zwei im Herbst 1968 wurde über mehrere<br />
Wochen zu einer echten Tour. 30 Städte<br />
in ganz Großbritannien wurden beackert. Im<br />
Vorprogramm von Omega: The Nice mit Keith<br />
Emerson. „Gabor Presser ärgerte sich schwarz,<br />
als er sah, mit welchem Talent dieser junge englische<br />
Organist ausgestattet war", weiß Kóbor<br />
noch.<br />
Ungarn zog im selben Jahr nach, und Quali<strong>to</strong>n<br />
veröffentlichte TROMBITÁS FRÉDI ÉS A RETTE-<br />
NETES EMBEREK. Allerdings<br />
befanden sich Omega längst<br />
auf einem neuen Weg. Der<br />
Sänger, dem das Goldhaar<br />
damals bereits tief in die<br />
Stirn hing, wusste nach dem<br />
England-Abstecher, dass die<br />
Band nur eine Chance haben<br />
würde, wenn sie sich komplett<br />
von ihren Vorbildern<br />
löste. „Es gab nur ein Entweder-Oder",<br />
sagt er. „Ohne<br />
eigenen Stil wären wir auf<br />
der Strecke geblieben." Und<br />
so wurde 10.000 LÉPÉS im Jahr 1969<br />
zu jenem<br />
Meilenstein, der Omega künstlerisch einen<br />
Befreiungsschlag verschaffte.<br />
Songs wie "Petróleum Lámpa"<br />
setzten zwar immer noch auf<br />
Pop-Fröhlichkeit, der Titelsong<br />
– mit den die Gehörgänge geradezu<br />
zerreißenden Gitarreneskapaden<br />
und einem verzweifelt<br />
schreienden Gabor Presser<br />
am Mikro – gab allerdings die<br />
Marschrichtung vor. Omega<br />
waren bereit, die<br />
Welt zu erobern.<br />
Und eine erneute<br />
England-Tournee<br />
stand im Kalender.<br />
„Der Plan<br />
der Kulturoberen<br />
sah allerdings vor,<br />
dass jetzt mal Illes<br />
dran seien, nach<br />
Großbritannien<br />
zu reisen. Und so<br />
wurden wir wieder<br />
gestrichen." Eine<br />
folgenschwere Entscheidung.<br />
Denn obwohl das Album<br />
in Ungarn zur Nummer eins und<br />
Omega zur konkurrenzlosen Spitzen-Band<br />
avancierten, begann es im<br />
Gefüge des Sextetts zu kriseln. „Wir<br />
hatten uns von der England-Tour eine Menge<br />
versprochen", schildert Kóbor die damalige<br />
Situation. „Vor allem Gabor Presser war unzufrieden.<br />
Für ihn traten wir nach der abgesagten<br />
England-Tour auf der Stelle. Ihm schwebte außerdem<br />
ein Stil vor, der sich am US-Markt orientierte,<br />
mehr Funk und Soul. Ich war ganz den<br />
britischen Hard Rockern erlegen. Deep Purple<br />
waren meine Band der Stunde."<br />
Selbst der Riesenerfolg beim japanischen World<br />
Popular Song Festival 1970 mit der Ballade "Gyöngyhajú<br />
Lány" ("Girl With Pearls In Her Hair"),<br />
die sich bereits auf 10.000 LÉPÉS befunden hatte<br />
und in Ungarn vor allem weiblichen Fans weiche<br />
Knie bescherte, hielt die Band nicht zusammen.<br />
In Tokyo räumten Omega unter anderem den<br />
Kritiker- und Publikumspreis ab, blieben beim<br />
Hauptpreis „mangels einer international ausge-<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 79
ichteten Plattenfirma" (Kóbor) aber unberücksichtigt.<br />
Darum sei in Statistiken als Festivalsieger<br />
auch immer das israelische Duo Hedva &<br />
David zu finden. Von deren "I Dream Of Naomi"<br />
spricht heute allerdings kein Mensch mehr. Anders<br />
das traumwandlerisch dargebotene "Gyöngyhajú<br />
Lány", das nur im ungarischen Original<br />
zur vollen Blüte gedeiht. Trotz dieses Umstands<br />
wurde der Song weltweit über <strong>50</strong> Mal gecovert.<br />
In<br />
ebenso vielen Sprachen.<br />
Die in Deutschland wohl<br />
bekanntesten<br />
en Versionen<br />
dürften "Schreib es mir<br />
in den Sand" (1971) von<br />
Frank Schöbel (hart am<br />
Original) und "White<br />
Dove" (1995)<br />
von<br />
den<br />
Scorpions o (Grundmelodie<br />
fand Verwendung)<br />
sein.<br />
ÉJSZAKAI<br />
AI<br />
ORS-<br />
ZÁGÚT<br />
wurde<br />
1970<br />
ein<br />
vor<br />
allem lem<br />
in<br />
der Rezepti-<br />
on der<br />
Rockhis<strong>to</strong>riker<br />
iker<br />
wenig<br />
beachtetes<br />
eteses<br />
Zwischenwerk,<br />
werk<br />
das mit "Oh,<br />
Barbarella"<br />
a la"<br />
ei-<br />
nen<br />
passablen<br />
able<br />
Ohrwurm<br />
abwarf.<br />
Ein Jahr<br />
später kam<br />
es<br />
schließlich<br />
ic h<br />
zum Bruch.<br />
Und der<br />
Fo<strong>to</strong>: © Jens-Uwe Berndt<br />
fiel heftig aus. Gabor Presser verließ die Band<br />
und nahm Schlagzeuger Jozsef Laux mit, der<br />
wiederum hatte seine Freundin und damalige<br />
Omega-Texterin Anna Adamis im Schlepptau.<br />
ptau<br />
„In jenem Moment dachte ich<br />
daran, es vielleicht doch lieber<br />
wieder als Architekt zu versuchen",<br />
gibt Janos Kóbor zu.<br />
In Ferenc Debreceni fand sich<br />
dann<br />
doch recht schnell ein<br />
neuer Drummer, der Omega<br />
nicht nur<br />
eine neue Energiezufuhr verschaffte,<br />
sondern n in seiner Art zu spielen den Sänger in<br />
seinem em Faible für aufkommenden Heavy Metal<br />
bestärkte. e Im Wege stand jedoch einmal mehr<br />
der staatliche Kulturapparat. Während Gabor<br />
Presser s r bereits unmittelbar nach der Trennung<br />
von Omega mit seiner neuen Band Locomotiv<br />
GT per<br />
LP<br />
debütierte und selbst im Westen Begeisterungsstürme<br />
entfachte, wollte die natio-<br />
nale<br />
Plattenindustrie vom einstigen Flaggschiff<br />
nichts mehr wissen. Ohne Presser? Da konn-<br />
te doch nichts gehen. Der hatte "Gyöngyhajú<br />
Lány" komponiert. Also wurde einer neuen LP-<br />
Produktion eine Absage erteilt. Offizielle Begründung:<br />
ng Papier ist knapp, es können keine<br />
Cover hergestellt werden. „Daran durfte es nicht<br />
scheitern", ern war laut Kóbor damals die einhellige<br />
Meinung der Band. „Also suchten wir nach<br />
einem Material, das es in Ungarn im Überfluss<br />
gab.<br />
Und<br />
da wir weltweit zu den führenden<br />
Aluminiumproduzenten iu<br />
zählten, ließen wir Alu-<br />
Hüllen herstellen."<br />
Die griffigen Hard-Rock-Nummern waren zügig<br />
heruntergezimmert erg und als Konzert deklariert<br />
worden. Damit stand die staatliche Plattenfirma<br />
Pepita mit dem Rücken zur Wand. Eine<br />
Veröffentlichung ent von ÉLÖ konnte kaum noch<br />
abgelehnt werden. „In diesem Moment hat<br />
uns die DDR geholfen", sagt Janos Kóbor, der<br />
große Stücke auf die Fans in Ostdeutschland<br />
hält. „Wir hatten gerade unser erstes Konzert in<br />
der Berliner Kongresshalle absolviert. Es war ein<br />
Triumph.<br />
Also bestellte die DDR von ÉLÖ auf<br />
einen Schlag <strong>50</strong>.000 Stück." Punktlandung! In<br />
kürzester Zeit gab es in Ungarn für 200.000 verkaufte<br />
Einheiten Doppelgold. Trotz der hohen<br />
Verkaufszahlen geriet die ungarische Ausgabe<br />
von ÉLÖ<br />
bei Omega-Fans und Vinylfreaks zum<br />
beliebten ebte<br />
Sammlerstück, denn von der LP gibt<br />
es<br />
mindestens sechs verschiedene Varianten.<br />
Dies hängt mit der Farbgestaltung<br />
tung<br />
des Aufdrucks zusammen.<br />
„Der sollte rot sein",<br />
versichert rt Kóbor. „Nach den<br />
ersten en<br />
<strong>50</strong>.000 Hüllen ging der<br />
beauftragten Firma aber die<br />
Farbe aus. Also nahm sie Blau.<br />
Irgendwann reichte die auch<br />
nicht mehr, es folgte Grün.<br />
Und schließlich musste noch<br />
auf Orange ausgewichen werden."<br />
Für eine weitere DDR-<br />
Bestellung ellun<br />
ließ Pepita – mittlerweile<br />
vom Selbstläufer<br />
ÉLÖ restlos überzeugt – eine Ausgabe<br />
mit deutschsprachigem Label herstellen.<br />
Und irgendwann gab's dann auch wieder<br />
Papier, darum erhielt die LP doch noch eine<br />
klassische sisc<br />
sc<br />
Papphülle. Damit aber nicht genug. In<br />
verschiedenen Ostblockstaaten existieren weitere<br />
eigenständige ÉLÖ-Ausgaben. So erschien<br />
1973 die LP bei Supraphon (CSSR) mit Kóbor in<br />
vier unterschiedlichen Bühnenposen auf einem<br />
Schwarzweiß-Cover.<br />
Das Omega-Jahr schlechthin wurde 1973. In<br />
der Heimat markierte OMEGA 5 einen echten<br />
Heavy-Rock-Hammer; für den Westen wurde<br />
ein Deal mit Bellaphon eingetütet, der auf dem<br />
Unterlabel Bacillus sofort in der englischsprachigen<br />
LP OMEGA und einem Single-Doppelschlag<br />
resultierte: Es wurde versucht, die Charts<br />
mit "Gyöngyhajú Lány" auf Deutsch als "Perlen<br />
im Haar" und mit dem englischen „Girl With<br />
Pearls In Her Hair" zu knacken. Noch blieb das<br />
Rockpublikum im Westen zurückhaltend. Janos<br />
Kóbor sah aber die nahe Zukunft seiner Band<br />
jenseits des Eisernen Vorhangs. Amerika hingegen<br />
hatte er abgeschrieben. Und das nicht nur,<br />
weil er wegen kapitaler Flugangst seit 1971 keine<br />
Maschine mehr bestieg. „Für die USA waren<br />
wir schon zu spät dran", meint er.<br />
Der Durchbruch auf dem internationalen Markt<br />
kam nämlich nicht mit den komplexen und zu<br />
progressiven Ausflügen neigenden Hard-Rock-<br />
Alben [200 YEARS AFTER THE LAST WAR<br />
(1974), OMEGA III (1974), THE HALL OF FLOA-<br />
TERS IN THE SKY (1975)], sondern 1977 mit<br />
TIME ROBBER. „Als ich THE DARK SIDE OF THE<br />
MOON von Pink Floyd gehört<br />
hatte, wusste ich, warum ich<br />
mit unserem Material nie voll<br />
zufrieden gewesen bin", erinnert<br />
sich der Sänger. „Natürlich<br />
wären wir nie auf die Idee e<br />
gekommen, Floyd kopieren<br />
zu wollen. Durch unsere Art,<br />
Heavy Metal im Space-Rock<br />
aufgehen zu lassen, konnten<br />
wir aber eine Nische besetzen,<br />
die bisher niemand auszufüllen<br />
vermochte." Während<br />
sich die ersten vier West-LPs<br />
von Omega bestenfalls auf<br />
60.000 verkaufte Einheiten<br />
pro Titel hochgearbeitet hatten,<br />
griffen bei TIME ROBBER<br />
in wenigen Wochen 2<strong>50</strong>.000<br />
Fans zu. „Wir hatten mit dem<br />
Album sehr schnell Gold",<br />
sagt Janos Kóbor. „Bis heute<br />
sind von der LP zwei Millionen<br />
Stück verkauft worden."<br />
Dass die Nachfolger SKYRO-<br />
VER (1978) und GAMMA-<br />
POLIS (1979) in Westeuropa<br />
über 100.000 verkaufte Exemplare<br />
nicht mehr hinauskamen, verstimmt<br />
den Frontmann noch heute. Vor allem, weil er<br />
beide Werke für besser hält als TIME<br />
ROBBER:<br />
BER:<br />
„Sie waren intensiver ausgearbeitet,<br />
hatten die reiferen und<br />
komplexeren Songs." In der<br />
Heimat goutierte man das.<br />
Dort waren die landessprachigen<br />
Pendants der Space-<br />
Rock-Monumente entweder<br />
kurz nach oder zeitgleich mit<br />
den Bellaphon-Veröffentlichungen<br />
erschienen – und<br />
klingen besser. Das mag tat-<br />
Seite 80 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
sächlich an der passgenauen Zusammenfügung<br />
von Musik und Text liegen, hat seine Ursache<br />
aber durchaus auch in Feinheiten des Sounds,<br />
der auf den Pepita-Produkten direkter wirkt. In<br />
Ungarn wurde GAMMAPOLIS Omegas größter<br />
Erfolg. Bis heute hat sich das Meisterwerk dort<br />
600.000 Mal verkauft.<br />
„Vielleicht hätte sich im Westen unsere Karriere<br />
anders entwickelt, wenn wir dort geblieben wären",<br />
sinniert Janos Kóbor. „Nach TIME ROBBER<br />
hatten wir die Chance dazu. Der Schritt, ein Dissident<br />
zu werden, war für jeden von uns allerdings<br />
ein sehr großer. Was wäre aus unseren Familien<br />
geworden? Die hätten wir – so glaubten<br />
wir zumindest – nie wieder gesehen, denn eine<br />
Rückkehr nach Ungarn wäre ausgeschlossen gewesen."<br />
Die eingeschränkten Möglichkeiten, um<br />
weltweit Fuß zu fassen, belasteten die Band.<br />
Mit den politischen Zuständen im Land hatten<br />
Kóbor und Kollegen allerdings weniger Schwierigkeiten.<br />
„Wir haben den Sozialismus nicht kritisiert,<br />
ihn aber auch nicht akzeptiert", sagt der<br />
Sänger. „Die staatlichen Organe ließen uns in<br />
Ruhe. Sie waren überzeugt: Die kommen sowieso<br />
wieder zurück. Und wenn nicht – auch gut.<br />
Haben wir halt ein Problem weniger."<br />
Einen letzten Versuch, im Westen noch einmal<br />
durchzustarten, unternahmen Omega mit<br />
dem Labelwechsel zu WEA; dort erschien 1981<br />
WORKING. Die Songs waren jetzt wieder kürzer,<br />
verrieten einen Seitenblick zur New Wave.<br />
Breite Keyboardwände wurden gegen spitze<br />
Synthieklänge eingetauscht. Aber<br />
wie<br />
so viele<br />
e<br />
Rock-Dinos der 70er mussten<br />
sich auch Omega den neuen<br />
Trend-Kapellen geschlagen<br />
geben. Punk, Wave, NDW beherrschten<br />
die Hitlisten.<br />
Die futuristischen 80er-Werke<br />
OMEGA XI (1982), A FÖLD ÁR-<br />
NYÉKOS OLDALÀN (1986) und BABYLON BYLON (1987)<br />
blieben auf den Ostblock beschränkt. Elektronik<br />
übernahm die Herrschaft, Omega waren jetzt<br />
vor allem „Space", kaum noch „Rock". Und<br />
im Glauben an den allmählichen Niedergang<br />
der großen Bands der 70er dachten schließlich<br />
auch Omega ans Aufhören.<br />
„Immerhin waren wir schon<br />
25 <strong>Jahre</strong> zusammen", meint<br />
Kóbor, dem ein Vierteljahrhundert<br />
aus damaliger Sicht<br />
gigantisch erschien.<br />
Ausgerechnet die politische<br />
Wende, die durch die sozialistischen<br />
Länder raste wie<br />
ein Wirbelsturm, verlieh der<br />
Band neue Impulse. Die 90er<br />
brachten riesige Open Airs vor<br />
jeweils 70.000 Fans im Budapester<br />
Népstadion (mehrfach<br />
auf CD dokumentiert),<br />
Auslandsgastspiele und ab<br />
2005 schließlich eine Rückkehr<br />
auf die Bühnen Deutschlands,<br />
vornehmlich im Osten.<br />
Die Fans, die ihre Lieblinge e<br />
letztmalig 1986 hatten erleben dürfen, nahmen<br />
die Ungarn mit offenen Armen auf, was Kóbor<br />
& Co. zu weiteren Gigs in die Bundesrepublik<br />
zog. Die mit Omega einst und jetzt verbandelten<br />
Plattenfirmen forcierten Wiederaufbereitungen<br />
des Backkatalogs. Viel Livematerial, die alten<br />
LPs auf CD oder Best-Of-Kopplungen natürlich.<br />
Interessant ist unter diesem Wust an Material<br />
auf jeden Fall die Überarbeitung der Aluminium-Platte<br />
ÉLÖ unter dem Titel 200 ÉVVEL AZ<br />
UTOLSÓ HÁBORÚ UTÁN (1998); sie wurde mit<br />
Songs angereichert, denen die ungarische Zensur<br />
ein Dasein auf Vinyl damals versagt hatte. Aber<br />
auch Neues schmiedete das Quartett. TRANS<br />
AND DANCE erschien 1995, gefolgt von EGY<br />
ÉLETRE SZÓL (1998) und EGI JEL (2006). 06). Dass<br />
das jüngste Werk OMEGA<br />
RHAPSODY (2010) nur noch<br />
drei Musiker der Stammformation<br />
listet, ist einfacher erklärt<br />
als akzeptiert. „Nach fast<br />
<strong>50</strong> <strong>Jahre</strong>n sind sich fünf Musiker<br />
nicht mehr so einig wie<br />
am Anfang", sagt Janos Kóbor.<br />
„Darum werden auch bei<br />
den Jubiläumskonzerten zwei<br />
Mann fehlen." Gemeint sind<br />
Gitarrist György „Elephant"<br />
Molnár und Bassist Tamás<br />
„Misi" Mihály, der sich zurückgezogen<br />
hat, um ausschließlich<br />
als Komponist tätig<br />
zu sein. „Elephant" lehne<br />
aus Prinzip ab, Omega-Songs<br />
mit einem Sinfonie-Orchester<br />
zu interpretieren. „Er will<br />
heute keine Musik machen,<br />
gegen die er sein Leben lang<br />
gekämpft hat", sagt Kóbor<br />
– und begründet damit zugleich<br />
den Mythos des ewigen<br />
Rockers, der sich selbst in reiferen<br />
<strong>Jahre</strong>n noch klassischen<br />
Klängen verweigert.<br />
Das <strong>50</strong>. Bandjubiläum begehen<br />
Omega mit ihrer „Rhapsody<br />
Tour". Im März und<br />
April standen zehn Shows<br />
in Ungarn an. Drei Konzerte<br />
erlebten Fans gerade in Dresden,<br />
Suhl und Leipzig. Das Event besteht aus<br />
drei Teilen. Den Anfang macht das Akademische<br />
Orchester der Martin Lu<strong>the</strong>r Universität Halle-<br />
Wittenberg, nach 30 Minuten kommen Omega<br />
hinzu, die mit dem sinfonischen Klangkörper<br />
große Werke aus dem eigenen Schaffen präsentieren.<br />
Im letzten Drittel gibt es dann n Omega<br />
pur. Nach derzeitigen<br />
Plänen wird<br />
der letzte Auftritt<br />
in diesem Jahr hier<br />
zu Lande am 17.<br />
August in Berlin<br />
stattfinden. Ginge<br />
es nach Kóbor, würde<br />
sich noch ein<br />
Jahrhundertereignis<br />
anschließen. „Wir würden gern mit den <strong>Rolling</strong><br />
S<strong>to</strong>nes am Brandenburger Tor spielen", sagt<br />
der Sänger. Und ergänzt: „Unsere Bühne wäre<br />
auf der Ostseite, die S<strong>to</strong>nes würden Richtung<br />
Westen spielen. Gespräche dazu laufen mit dem<br />
englischen S<strong>to</strong>nes-Management bereits. Und<br />
man begegnet der Idee dort sehr aufgeschlossen."<br />
Jens-Uwe Berndt<br />
Live At Rockpalast<br />
CD: 1014822EAG<br />
Die legendäre Rockpalast<br />
Show aus der Grugahalle<br />
in Essen nun endlich<br />
auch auf CD erhältlich!<br />
CD: 1014772EAG<br />
Total Abandon Live<br />
Aufgezeichnet wurde<br />
»Total Abandon – Australia ’99«<br />
auf Deep Purples 1999er<br />
»A Band On World Tour«, die<br />
im Anschluss an die<br />
Veröffentlichung des Albums<br />
»Abandon« vom<br />
Jahr zuvor folgte.<br />
AB SOFORT ÜBERALL IM HANDEL<br />
erhältlich oder bei<br />
www.amazon.de/rockschuppen<br />
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Joe Walsh<br />
Neue Dynamik mit Jeff Lynne<br />
„<br />
Fo<strong>to</strong>: © Andrew Macpherson<br />
Ich habe viel zu sagen – diese Songs kommen aus dem Herzen! Inzwischen<br />
habe ich auch genug Selbstvertrauen, das mir lange fehlte und das wohlbehütet<br />
in mir verborgen war" – die Begründung für eine lange Solopause.<br />
„<br />
„Inzwischen fühle ich mich als komplette Person und als kompletter Musiker",<br />
ergänzt er und lässt durchblicken, dass dies auch mit einer seit einigen <strong>Jahre</strong>n<br />
sehr stabilen persönlichen Situation zu tun hat. Er ist nach mehreren teuren<br />
Scheidungen und dem tragischen Tod seiner Tochter Emma Kristen († 1974) seit<br />
vier <strong>Jahre</strong>n mit Marjorie verheiratet – sie ist die Schwester von Barbara Bach,<br />
der Ehefrau von Ringo Starr. Dies hat die ohnehin schon lange <strong>Jahre</strong> währende<br />
Freundschaft mit dem Ex-Beatles-Drummer noch vertieft – und sein Schwager<br />
ist als Gast auf ANALOG MAN mit von der Partie.<br />
Die meisten Songs hat Walsh komponiert, vier Titel hat er mit dem renommierten<br />
Country-Au<strong>to</strong>r Tommy Lee James geschrieben. „Meine Freundin Barbara Orbison<br />
hat ein Treffen zwischen uns arrangiert. Ich erinnere mich noch an ihre Worte: Du '<br />
musst etwas mit diesem Kerl zusammen schreiben!' Tommy hatte großartige Ideen,<br />
und ich bin Barbara wahnsinnig dankbar. Sie ist kürzlich vers<strong>to</strong>rben und fehlt uns<br />
allen sehr", schiebt sich kurz eine eher düstere Wolke ins ansonsten frohgestimmte<br />
Bild, das Walsh und seine Umgebung mit der Veröffentlichung der Platte bieten.<br />
Ende November feiert Joe Walsh seinen 65. Geburtstag.<br />
Doch an eine Pensionierung ist bei dem<br />
singenden Multi-Instrumentalisten – neben seiner<br />
geliebten Gitarre spielt er auch Keyboards,<br />
Bass, Mundharmonika, Oboe, Klarinette und<br />
Dudelsack – noch lange nicht zu denken, ganz<br />
im Gegenteil. Bevor er mit den Eagles, denen er<br />
als Nachfolger von Bernie Leadon schon 36 (!)<br />
<strong>Jahre</strong> angehört und ihnen härter rockende Töne<br />
beibrachte, wieder auf Tour geht, widmet sich<br />
Walsh erst mal der lange vernachlässigten Solokarriere.<br />
Sein programmatisch ANALOG MAN<br />
betiteltes Album ist das<br />
erste seit 20 <strong>Jahre</strong>n,<br />
eingespielt im Alleingang<br />
mit teils prominenter<br />
Unterstützung.<br />
Ausdruck von Walshs innerer Ausgeglichenheit<br />
ist beispielsweise e<br />
"Lucky That Way" (mit Ringo am<br />
Schlagzeug), das er selbst auch als<br />
Fortschreibung seines Klassikers<br />
"Life's Been Good" einordnet. „Es<br />
war die erste Idee, die Tommy Lee e mitbrachte. Er sagte: Ich dachte, '<br />
das hier könnte für dich funktionieren!' Dann sang er den Refrain,<br />
und plötzlich hatte ich so ein Gefühl, wie <strong>to</strong>ll mein Leben eigentlich<br />
ist! Darum habe ich mich sofort in den Refrain verliebt. Ich schrieb<br />
die Strophen basierend auf persönlichen Erlebnissen. Es war nicht<br />
als Fortsetzung von 'Life's Been Good' gedacht, aber man könnte<br />
es so sehen – einer der Menschen, die mein Leben jeden Tag besser<br />
machen, ist mein Bruder Ringo."<br />
Walsh ließ ANALOG MAN von Jeff Lynne produzieren, der sich nach<br />
seiner Zeit als ELO-Boss gerade in Musikerkreisen einen wohlklingenden<br />
Namen erarbeitet hat und nun beim Eagles-Aushängeschild<br />
auch eigene Ideen einbrachte, wie Walsh am Beispiel "Spanish Dancer"<br />
verdeutlicht. „Das ist eine Hommage an den Klassiker 'Beautiful<br />
Spanish Dancer' aus den alten Cowboy- und Westernfilmen. Der<br />
komplette Mittelteil des Liedes ist eigentlich ein anderer Titel, an dem<br />
ich arbeitete. Jeff Lynne sagte: Das ist kein Song, das ist ein Mittelteil,<br />
und er kommt genau hierhin!' Und er habe da so eine Idee ...<br />
'<br />
Als ich am nächsten Tag zurückkam, war der komplette Rhythmusteil<br />
fertig, er war <strong>to</strong>tal funky! Jeff spielte Bass und Schlagzeug, ich fügte<br />
die Gitarre hinzu."<br />
Als roter Faden eines inhaltlich streckenweise sehr nachdenklichen<br />
Albums zieht sich das Thema Familie und Beziehungen durch die<br />
Songs – ebenso die Reflektion der Welt, in der die Menschen im Allgemeinen<br />
und Walsh im Besonderen leben. Auf den Punkt bringt es für den 64-Jährigen<br />
"Family": „Nach einer 40 <strong>Jahre</strong> dauernden Suche – und kurz bevor ich aufgeben<br />
wollte – fand ich die Frau, mit der ich zusammengehöre. Wenn das passiert,<br />
ändert sich deine Welt von Grund auf, und man fühlt sich endlich komplett. Es<br />
ist, als wäre die eigene fehlende Hälfte endlich aufgetaucht. Mit ihr kam eine<br />
ganze Familie in mein Leben – das ist eine Dynamik, die ich vorher nicht gekannt<br />
hatte. Man muss erst lernen, Teil von etwas zu sein. Darum geht es in dem Song,<br />
dem die wundervollen Stimmen von Graham Nash und David Crosby die Krone<br />
aufsetzen."<br />
Und zum Titelsong meint Walsh kurz: „Das digitale Zeitalter? Ich weiß nicht, was<br />
ich davon halten soll. Die digitale Welt ist doch nur eine Computer-generierte<br />
Illusion! Wir verbringen dort immer mehr Zeit, während unser Körper auf einem<br />
Stuhl sitzt und darauf wartet, dass unser Geist zurückkehrt!" Er steht lieber auf<br />
der Bühne, taucht auch immer wieder überraschend bei Kollegen auf und mischt<br />
live mit. So am 12. Februar, als er mit Paul McCartney, Bruce Springsteen und<br />
Dave Grohl zum Finale der Grammy-Verleihungsshow in Los Angeles aufspielte.<br />
Philipp Roser<br />
Seite 82 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Bis die Saiten qualmen ...<br />
Dass dieser Mann geradezu hyperaktiv ist, wurde in diesem Magazin schon<br />
mehrfach beschrieben. Und Joe Bonamassa ist auch weiterhin nicht zu bremsen:<br />
Gerade hat er für seine Homepage per Video ein<br />
Tribut an den vers<strong>to</strong>rbenen Levon Helm von The Band hingezaubert,<br />
trat mit Billy Gibbons und Dusty Hill (ZZ Top) bei der<br />
Grammy-Verleihung auf, steuerte für das neue Europe- Album<br />
und die Tommy-Bolin-Tribute-CD GREAT GYPSY SOUL<br />
Gitarrenparts bei; fast nebenbei spielte „Bona" eine Show im<br />
New Yorker Beacon Theatre und bereitete sie für eine DVD auf.<br />
Außerdem sammelten sich so viele Ideen an, dass er problemlos<br />
sein jährliches Studio-Album aufnehmen konnte. Dabei fließen<br />
die Kreativströme derart intensiv, dass keine Schwächen auszumachen sind.<br />
DRIVING TOWARDS THE DAYLIGHT hat der 35-Jährige seine neue CD betitelt. Er<br />
bezeichnet sie als Bekenntnis zu seinen Wurzeln, und die sind<br />
sehr viel stärker im Blues-Rock britischer Spielart zu finden<br />
als in der Spielweise seiner Landsleute. „Ich bin ein britischer<br />
Typ, mich haben Stars wie Paul Kossoff, Eric Clap<strong>to</strong>n oder<br />
Jeff Beck in jungen <strong>Jahre</strong>n schwer beeindruckt", sagt Bonamassa.<br />
Und er stöbert gern ganz tief in den Archiven, wenn<br />
er für seine Alben vier, fünf Cover-Versionen sucht. Diesmal<br />
mit dabei (neben Bill Wi<strong>the</strong>rs, Tom Waits und Robert Johnson): UK-Gitarrist Bernie<br />
Marsden, der einst mithalf, Whitesnake in die Spur zu bringen.<br />
Aber natürlich geht der aktuell weltweit angesagteste Blues-Rocker auch mit offenen<br />
Ohren durch seine Heimat, hat die Blues-His<strong>to</strong>rie aufmerksam studiert. So zollt<br />
er diesmal auf ganz spezielle Weise Howlin' Wolf Respekt: Im Intro der Übernahme<br />
von dessen "Who's Been Talking" kommt der 1976 vers<strong>to</strong>rbene Altmeister selbst zu<br />
Wort. Bonamassa: „Im Intro habe ich ein altes Sample von ihm eingebaut, in dem er<br />
seinen Bandkollegen das spezielle Feeling des Songs erklärt." Neben diesem „Special<br />
Guest" sind auch wieder renommierte Rocker dabei: Mit Jimmy Barnes (Cold Chisel)<br />
hat er "Too Much Ain't Enough Love" geschrieben und aufgenommen; Pat Thrall<br />
griff ebenso wie Aerosmiths Brad Whitford (und dessen Sohn Harrison) sowie Blondie<br />
Chaplin in die Gitarrensaiten.<br />
Und kaum ist das neue Album erschienen, geht's bei Bonamassa schon wieder<br />
rund, bis die Saiten qualmen: Im Juni/Juli kommt er für sieben Akustikshows nach<br />
Europa (leider einziges Deutschland-Gastspiel: Mainz, 7.7.). Natürlich wird dabei<br />
die nächste DVD mitgeschnitten ...<br />
Philipp Roser<br />
THE<br />
CHIEFTAINS<br />
DAS NEUE ALBUM<br />
Dieses Jahr feiert die von<br />
Paddy Moloney angeführte Gruppe<br />
ihr <strong>50</strong>-Goldenes Jubiläum!<br />
Der amerikanische <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>ne bejubelte<br />
“Voice Of Ages” als ein “Killeralbum”.<br />
#17 der US Bildboardcharts und<br />
damit ihr erstes Top 20 Album.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Arnie Goodman<br />
Feat.<br />
Bon Iver<br />
Imelda May<br />
The Decemberists<br />
The Low An<strong>the</strong>m<br />
The Civil Wars<br />
The Secret Sisters<br />
Paolo Nutini<br />
.... und viele mehr
Kolumne Christian Simon – Folge 3 –<br />
Mit El<strong>to</strong>n<br />
am Piano<br />
Als die ZDF-Sendung „Rockpop" startete, war<br />
es nicht üblich, Rockstars aus Amerika und<br />
England in ein deutsches Fernsehstudio zu holen.<br />
Meist schickten die Plattenfirmen nur Filme oder<br />
Videoclips. Der „Beat-Club" und später der „Musikladen"<br />
aus Bremen waren rühmliche Ausnahmen.<br />
Aber „Rockpop" hatte auch für die Großen der Szene<br />
schnell eine gewisse Anziehungskraft; es sprach<br />
sich herum, dass es da in Deutschland am Samstagabend<br />
eine Show gab, in der man sogar live spielen<br />
konnte und die ein Forum für internationale<br />
Popmusik bot. Einer der ersten, die dies erkannten,<br />
war El<strong>to</strong>n John.<br />
Im November 1978 erschien er zur Aufzeichnung<br />
in München, schon im Vorfeld war die Aufregung<br />
immens. Plattenfirmenbosse, Management<br />
und Fernsehleute diskutierten schon Tage vorher,<br />
wie man El<strong>to</strong>n wohl am besten präsentieren könne.<br />
Fest stand: Er singt zwei Songs live –, "Return To<br />
Paradise" und "Part Time Love". Ich machte den<br />
Vorschlag, ein Interview mit ihm am Klavier zu<br />
führen. „Nach dem ersten Song setze ich mich neben<br />
ihn ans Klavier und plaudere ein paar Minuten<br />
mit ihm", so war meine Vorstellung. Der Manager<br />
und die Plattenfirmenleute schlugen die Hände<br />
über dem Kopf<br />
zusammen, „Unmöglich!", hieß es, „Du darfst auf<br />
keinen Fall zu nah an ihn ran! Zwei bis drei Meter<br />
Abstand, nur eine normale Moderation und kein<br />
Gespräch!" Na gut, wenn’s so<br />
sein soll ...<br />
Dann kam der große Tag,<br />
eine Limousine fuhr vor, und<br />
der damals wohl bunteste e<br />
Paradiesvogel der Rockszene<br />
betrat die heiligen Hallen des<br />
ZDF in Unterföhring. Nervöse<br />
Lakaien tanzten um ihn<br />
herum: El<strong>to</strong>n hier, El<strong>to</strong>n da.<br />
Alles gut so, oder sollen wir's<br />
anders machen? Ich stand<br />
etwas abseits im Studio und<br />
betrachtete das Geschehen<br />
mit einer Mischung aus Respekt<br />
und Verwunderung<br />
über all das Getue. El<strong>to</strong>n selbst war gelassen.<br />
Er wollte gleich eine Probe und fragte: „Wie werde<br />
ich angesagt?" Man rief mich zu ihm, stellte mich<br />
vor und wollte, dass ich ihm meinen Text vorlese. In<br />
solch einem Moment muss man sich als Modera<strong>to</strong>r<br />
entscheiden. Entweder man macht, was andere wollen,<br />
oder man vertritt seine eigenen Vorstellungen.<br />
Und genau das tat ich. Ich nahm meinen ganzen<br />
Mut<br />
zusammen und sagte: „El<strong>to</strong>n,<br />
ich habe zwar einen Text, aber eigentlich<br />
wollte ich gern ein Interview<br />
mit dir am Klavier führen, was aber<br />
wohl unerwünscht ist." „Warum unerwünscht?!",<br />
fragte er in die Runde.<br />
„Die Idee ist gut und nicht so langweilig<br />
wie das sonstige Bla Bla Bla!<br />
So machen wir's!"<br />
Und, logo, plötzlich fanden<br />
alle die Idee „sensationell", und<br />
man hätte auch vorher schon in<br />
diese Richtung gedacht. Auch an<br />
solche Reaktionen gewisser Verantwortlicher<br />
muss man sich im<br />
ich gesagt haben … ja, ja … manchmal<br />
hat man die Nase voll von diesem ganzen Rummel.<br />
Und dann sitzt man zu Hause und langweilt sich.<br />
Dann will man wieder raus auf die Bühne und zu<br />
den Fans. So what!"<br />
Nach der Sendung lud er mich und ein paar<br />
Freunde zum Essen ein. Mit dabei war auch der<br />
Konzertimpresario Fritz Rau. An diesem Abend erfuhr<br />
ich, dass El<strong>to</strong>n eine Solo<strong>to</strong>urnee mit dem berühmten<br />
Perkussionisten Ray Cooper plante. „Nur<br />
wir zwei auf der Bühne", verriet El<strong>to</strong>n, „ich am Klavier<br />
und Ray an der Perkussion. Das wird <strong>to</strong>ll!" Und<br />
das wurde es auch – einige Monate später besuchte<br />
ich das Konzert und war <strong>to</strong>tal begeistert. Ray Cooper,<br />
der schon mit den Beatles und Eric Clap<strong>to</strong>n gespielt<br />
hat, war neben El<strong>to</strong>n John ebenfalls ein Star<br />
auf der Bühne. Schon allein wie er jeden Tamburinschlag<br />
zelebriert, ist ein Konzertticket wert. Als ich<br />
2009 ein Konzert mit Peter Maffay in Baden-Baden<br />
promotete, war Ray wieder da. Maffay hatte ihn in<br />
seine Band geholt, und wir trafen uns beim Soundcheck.<br />
Ich war sehr überrascht und erfreut, dass er<br />
Unterhaltungsgeschäft<br />
gewöhnen.<br />
sich noch an mich erinnern konnte. „Natürlich, wir<br />
Das Interview lief dann sehr<br />
gut, und am Ende fragte ich El<strong>to</strong>n:<br />
„Genau vor einem Jahr, im<br />
November 1977, hast du in London<br />
dein angeblich letztes Konzert gegeben. Du wolltest<br />
nicht mehr auf die Bühne, und heute spricht man<br />
von einer neuen Tour …?" El<strong>to</strong>n lächelte mich an<br />
waren doch nach dem Konzert bayerisch essen mit<br />
viel Maß Bier …" Richtig, das war so! Auch El<strong>to</strong>n<br />
traf ich bei einem Open-Air-Konzert 2007 wieder.<br />
Es hatte sich nichts verändert: Alle um ihn herum<br />
machten auf ungeheuerlich wichtig und unnahbar,<br />
El<strong>to</strong>n selbst war wieder so gelassen und nett wie<br />
damals in München.<br />
und antwortete: „Was soll<br />
El<strong>to</strong>n John und Christian Simon bei "<br />
Rockpop" 1978<br />
Fo<strong>to</strong>: © Christian Simon Productions<br />
Seite 84 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
The Furious Swampriders<br />
Von Philipp ipp Roser<br />
Fo<strong>to</strong>s: © Sireena Records<br />
1990 startete Tom "<br />
The Perc" Redecker<br />
die Compilation-Reihe THE FURIOUS<br />
SWAMPRIDERS, auf der er Songs aus der<br />
Indie-Szene vereinte. Jetzt ist Teil 4 der<br />
Serie erschienen, NEW RIDES. Warum Acts<br />
wie Wovenhand, Debbie Harry (mit Nick<br />
Cave und Jeffrey Lee Pierce), 16 Horsepower,<br />
Velve<strong>to</strong>ne, M. Walking On The Water,<br />
die Walkabouts, Raymen, Lydia Lunch &<br />
Dave Alvin, Johnny Dowd und viele andere<br />
dabei sind, erläuterte er im<br />
<strong>GoodTimes</strong>-Interview.<br />
Was war der Ansatz für diese<br />
Compilation-Serie? Hat er<br />
sich inzwischen verändert?<br />
Die Grundidee war ein Perc-<br />
Solo-Album, das mir 1990<br />
Lothar Gärtner zugestanden hatte, te mein<br />
damaliger al<br />
Labelchef bei Strange Ways und späterer Partner bei<br />
Sireena. Er ließ mir freie Hand bei der Produktion. Mir<br />
schwebte ein Album in der Art von David Crosbys IF<br />
I COULD ONLY REMEMBER MY NAME vor, zu dem<br />
er viele befreundete Musiker einlud. Als ich meine<br />
Wunschliste zusammengestellt hatte, war mir klar,<br />
dass die Sache zu aufwändig würde. Also änderten<br />
wir das Konzept: Nun sollten unsere Gäste Titel aufnehmen<br />
oder zur Verfügung stellen, alle mit einer<br />
vergleichbaren Stimmung: düster, staubig, kantig,<br />
gern auch schräg, ungewöhnlich – eben anders. Unter<br />
anderem formierten sich nur für unser Album Musiker<br />
aus verschiedenen Bands der deutschen Indie-Szene<br />
zu neuen Projekten.<br />
Warum hat es zwölf <strong>Jahre</strong> gedauert, bis die Swampriders<br />
wieder reiten?<br />
Diese lange Pause war nicht geplant. Eine Fortsetzung<br />
lag immer mal wieder auf dem Tisch, aber Lothars<br />
Tod 2005 rückte die ganze Sache zunächst in<br />
The Perc<br />
The Raymen steuerten "When Death's Black Train ..." bei.<br />
den Hintergrund. Erst 2008, mit dem Einstieg von<br />
Bernd Paulat bei Sireena, kehrte etwas Ruhe ein. Ich<br />
fand erneut die Gelassenheit und den Spaß daran,<br />
dieses Projekt anzugehen.<br />
Spielte dabei deine heimliche Liebe zur Countrymusik<br />
eine Rolle?<br />
Laut Neil Young ist das ja die<br />
Musik, zu der man am besten<br />
Geschichten erzählen kann. Da<br />
hat er sicherlich Recht, aber für<br />
THE FURIOUS SWAMPRIDERS ist<br />
das kein Mitmach-Kriterium. Bei<br />
den bisher 76 Titeln unserer Serie<br />
findet man die unterschiedlichsten<br />
Spielarten der Popmusik: Folk, Singer/Songwriter,<br />
Rockabilly, Punk, Rock'n'Roll, 'Rol<br />
l Minimal<br />
Beat, Krautrock, Elektronik und auch Country.<br />
Welche Resonanz gab es auf die ers ten drei Ausgaben?<br />
Sie war immer gut, was natürlich auch, aber nicht<br />
nur am Bekann<strong>the</strong>itsgrad der beteiligten Musiker lag.<br />
Beim ersten Teil dominierten noch deutsche Independent-Acts<br />
wie Element Of Crime, M. Walking On The<br />
Water, Rumble On The Beach oder The Strangemen.<br />
Beim zweiten Teil THE RETURN OF THE FURIOUS<br />
SWAMPRIDERS von 1993 war das Spektrum bereits<br />
Auch die Walkabouts ließen sich nicht zweimal bitten mitzumachen.<br />
internationaler ionale<br />
geworden en – u.a. durch Beiträge von<br />
Floyd Westerman, The Coal Porters, Walkabouts, Gun<br />
Club und Magnapop. Dieser Tradition sind wir bis<br />
heute treu geblieben.<br />
Nach welchen Kriterien hast du diesmal die Beiträge<br />
ausgewählt?<br />
Wie immer: ungewöhnlich sollten sie sein,<br />
überraschend. Underground-Queen Lydia<br />
Lunch mit dem Gitarrenhelden Dave Alvin,<br />
das ist doch ein Kracher! Oder M. Walking<br />
On The Water, die Depeche Mode covern. Das<br />
sind nur zwei Beispiele, die zeigen, was THE<br />
FURIOUS SWAMPRIDERS ausmacht.<br />
Die Mischung besteht aus erhältlichen und<br />
noch nicht veröffentlichten Songs ...<br />
Unveröffentlichte Titel sind natürlich die Sahne auf<br />
der Torte, aber auch bereits erschienene Songs sind<br />
kein Problem, solange sie ins Konzept passen.<br />
Gibt es extra für diesen Sampler entstandene Aufnahmen?<br />
Oh ja, M. Walking oder Velve<strong>to</strong>ne, die mit dem Bläsersatz<br />
der Fat Honks einen Titel einspielten. Auch<br />
mein Beitrag als The Perc war bisher nicht zu haben.<br />
Homepage: www.<strong>the</strong>furiousswampriders.de<br />
Von Philipp Roser<br />
Acht <strong>Jahre</strong> ist es schon wieder her, dass die schwedische Band Europe sich<br />
nach dem 1992er Split reformiert hat. Drei Studio- und zwei Live-Alben en hat<br />
sie<br />
sei<strong>the</strong>r veröffentlicht und damit die Phase der Erfolglo-<br />
o-<br />
sigkeit zum Ende der ersten Aktivitätsrunde ab 1982<br />
überwunden. BAG OF BONES heißt die neue CD der<br />
Truppe um Sänger Joey Tempest und Gitarrist John<br />
Norum – ein Neustart, wie es der Frontmann im Good-<br />
Times-Interview erklärt.<br />
Joey, BAG OF BONES hat die typischen Europe-Trademarks:<br />
gefällige Melodien, fette Chorusse, ist aber dennoch<br />
deutlich härter als frühere Europe-Scheiben ...<br />
Ja, meiner Meinung nach ist es das Hardcore-Classic-<br />
Rock-Album, das wir schon seit Ewigkeiten machen<br />
wollten. Jetzt waren wir mit all den Erfahrungen, die wir<br />
gesammelt hatten, dazu imstande. Es hat Power-Riffs,<br />
satte Chorusse und einen warmen 70er-<strong>Jahre</strong>-Sound.<br />
Auch ein Verdienst eures Produzenten Kevin Shirley?<br />
Ja, er macht großartige Sounds! Wir luden ihn nach<br />
S<strong>to</strong>ckholm ein, damit er sich zunächst das Studio anschaut.<br />
Es ist ein altes Studio mit einem großen Aufnahmeraum,<br />
voller Gerätschaften aus den 60er und<br />
70er <strong>Jahre</strong>n. Und Kevin hat unsere Arbeitsweise verändert:<br />
Jeder Song wurde erst komplett beendet, ehe<br />
es an den nächsten ging. So waren alle vom ersten bis<br />
zum letzten Tag dabei, jeder hat Ideen eingebracht.<br />
Wie habt ihr mit der Arbeit begonnen? Gab es schon<br />
Ideen, oder ging alles bei Null los?<br />
Wir hatten schon auf der letzten Tour mit dem Schreiben<br />
begonnen. “Doghouse” war der erste Song und<br />
gab die Richtung vor. Uns fehlte nur noch ein Produzent,<br />
und da wir zu der Zeit<br />
viel Joe Bonamassa hörten,<br />
kamen wir auf Kevin. Bis er zusagte, hatten wir noch<br />
einige Songs in unserem Übungsraum in S<strong>to</strong>ckholm<br />
komponiert. Ein paar Ideen entwickelte ich auch in<br />
London, wo ich lebe, und schickte sie den Jungs.<br />
Wir wollten ein geradeaus abgehendes Classic-Rock-<br />
Album machen – und ein bisschen mehr Blues einfließen<br />
lassen. Es war das erste Mal, dass wir in der Lage<br />
waren, uns musikalisch so auszudrücken – von daher<br />
ist es ein Neuanfang für Europe!
TATZES STREIFZÜGE Mai 2012<br />
Normalerweise neige ich nicht dazu, alle Produkte<br />
eines Labels zu erwerben, was ohnehin<br />
wohl nur bei kleinen Indie-Firmen Sinn<br />
macht, weil nur hier der Vollständigkeitsanspruch<br />
nicht schon von vornherein sinnlos ist. Eine Ausnahme<br />
machte ich in den <strong>Jahre</strong>n 1978 bis 1981, als<br />
die Platten des Labels Object <strong>Music</strong> aus Manchester<br />
Objekt meiner Begierde waren. Die britische New<br />
Wave rollte über den Ozean der Rockwelt<br />
und hinterließ bei jedem Treffen auf den<br />
Strand eine Markierung, veränderte pausenlos<br />
ein wenig das Erscheinungsbild des<br />
Rock. Nach der Beat-Explosion 1963–1965<br />
und der progressiven Anything-Goes-Phase e<br />
der zweiten Sixties-Hälfte waren die Punk-<br />
& New-Wave-<strong>Jahre</strong> die dritte – und bislang<br />
letzte – Zeit, in der Britanniens Musik die<br />
Welt regierte; ansonsten hatten und haben<br />
stets die Amerikaner die Nase vorn. Der entscheidende<br />
Unterschied zu den anderen beiden genannten<br />
Hoch-Zeiten bestand bei Punk & New Wave<br />
darin, dass ich – von Anfang an den Überblick wahrend<br />
– dabei sein konnte und wenigstens für die<br />
wichtigen Platten genügend Geld hatte. Und dass<br />
es in Berlin mit Peter Leuwardens Sun Records und<br />
Burkhardt Seilers Zensor zwei Plattenläden gab, die<br />
regelmäßig jede Woche neue heiße Scheiben mit<br />
fesselnder aufregender, nie zuvor gehörter Musik<br />
anboten. Was ich damals s<strong>to</strong>lz nach Hause schleppte,<br />
gehört großteils noch heute – oft in Vinylform<br />
– zu meiner Lieblingsmusik; sehr vieles davon ist nie<br />
auf CD erschienen.<br />
Das galt jahrelang auch für die Platten auf Object.<br />
Das Label wurde vom Musiker Steve Solamar<br />
(bürgerlich Steve Scrivener) 1978 im Bestreben gegründet,<br />
auch den außergewöhnlichsten Außenseiterbands<br />
eine Plattform zu bieten. Der Begriff Avantgarde<br />
ist hier richtig ernstzunehmen und gleichzeitig<br />
Adelsprädikat. Anders als viele andere avantgardistisch<br />
geprägte britische Indie-Labels wie New Hormones<br />
oder Fac<strong>to</strong>ry bevorzugte Solamar aber nicht die Single,<br />
sondern die LP als vorherrschendes Format (was<br />
mir persönlich sehr entgegenkam). Auf<br />
Object erschienen deshalb nur zwölf<br />
Singles bzw. EPs, aber 15 LPs und eine<br />
Doppel-LP; alle 16 Langwerke landeten<br />
in meiner Sammlung.<br />
Kurze Kommentare:<br />
OBJ 001 Spherical Objects – PAST<br />
AND PARCEL: Debüt von Steve<br />
Solamars eigener Gruppe. Nervös<br />
rumpelnder Garagen-Rock mit Bluesausläufern,<br />
Punkhaltung und Kunstanspruch. Und Solamar<br />
singt wie niemand sonst. Partielle Parallelen zu den<br />
Talking Heads sind garantiert kein Zufall.<br />
OBJ 002 V.A. – INDISCREET MUSIC – DUBIOUS<br />
COLLABORATIONS: schwer zu hörende Musique<br />
Concrete; großteils nur fragmentarische Experimente<br />
und Skizzen. Nur wichtig für Komplettisten.<br />
OBJ 003 V.A. – A MANCHESTER COLLECTION:<br />
Bands des Manchester <strong>Music</strong>ians Collective stellen<br />
sich mit stets interessanten Beiträgen vor, darunter<br />
viele, die keine eigene LP zustande brachten, wie<br />
Fast Cars, Picture Chords und Slight Seconds.<br />
OBJ 004 Spherical Objects – ELIPTICAL OPTI-<br />
MISM: deutlich konventioneller als der Vorgänger,<br />
aber längst kein Mainstream. Dafür sorgen schon<br />
viele verzwickte Details, kuriose Melodiewendungen<br />
und eine insgesamt sperrige Grundstimmung.<br />
Doch Songs wie "Comedians" hätten von<br />
mir aus auch Hits werden sollen.<br />
OBJ 005 Grow Up – THE BEST<br />
THING: avantgarde-Pop mit Bläsern.<br />
Anklänge an XTC und Captain<br />
Beefheart, teils also richtig<br />
schräg, wobei sich Mastermind<br />
John Bisset-Smith als kleines Genie<br />
erweist.<br />
OBJ 006 V.A. – OBJECTIVITY –<br />
THE OBJECT SINGLES ALBUM: Ausgezeichneter<br />
Sammeleimer mit Singles von Steve<br />
Miro, den Spherical Objects, Alternomen Unlimited<br />
(Duo aus Steve Solamar und Steve Miro), The Warriors<br />
und Grow Up.<br />
OBJ 007 V.A. – WAITING ROOM: Die<br />
Slight Seconds, Mediaters und Picture<br />
Chords teilen sich ein Album.<br />
Letztere liefern mit dem 13-Minüter<br />
"A Cause Des Voisins" ein irres Meisterwerk<br />
ab.<br />
OBJ 008 Steve Miro And The Eyes<br />
– RUDE INTRUSIONS: Geradezu typisch für<br />
Manchester; neugewellte Töne ganz eigener Art.<br />
Miro hielt mühelos die Balance zwischen Spät-<br />
Punk und unangepassten Weiterentwicklungen.<br />
Und machte Pop mit kräftigstem Zubiss,<br />
der auch Platz für angeschrägte Saxofonklänge<br />
hatte.<br />
OBJ 009/010 Noyes Bro<strong>the</strong>rs – THE<br />
SHEEP FROM GOATS: Größtenteils<br />
schwierige Musik von Solamar & Miro:<br />
spacig, abgedreht, mystisch, bizarr, repetitiv,<br />
experimentell. Patchworkartige<br />
Einflüsse von<br />
elektronischem Krautrock, Tim Buck-<br />
ley (!) und Sun Ra. Unterm Strich weit<br />
unkonventioneller als die Musik der<br />
Stammgruppen Spherical Objects und<br />
The Eyes.<br />
OBJ 011 The Passage – PINDROP: Meditationen<br />
über Sex & Drugs, gekleidet<br />
in teils genialen Synth-Pop-Rock. Auch die etwas<br />
schwächeren Tracks liegen noch klar überm Durchschnitt.<br />
Elektronische Ausgabe von The Fall mit<br />
Parallelen zu A Certain Ratio und Joy Division.<br />
Mastermind Dick Witts darf sich den Genius-But<strong>to</strong>n<br />
ruhig ans Jackett heften!<br />
OBJ 012 Spherical Objects – FURTHER ELLIPSES:<br />
Drittes Langwerk und erneut spannendes Album<br />
der Solamar-Truppe. Manches klingt jetzt wohldosiert<br />
polierter, und streckenweise gehen die Kompositionen<br />
etwas in Richtung Mini-Oper ("The Final<br />
Part"). Auch kommen Gospeleinflüsse ins Spiel.<br />
OBJ 013 Tirez Tirez – ETUDES: Keine Briten, sondern<br />
Amerikaner aus<br />
Missouri, die unter Führung<br />
von Mikel Rouse<br />
ihre eigene Version von<br />
New Wave spielten, stark<br />
beeinflusst von Vorstellungen<br />
des Minimalismus. Verkauften im UK respektable<br />
2000 Stück.<br />
OBJ 014 V.A. – DO THE MARU: 12"-EP mit Tracks<br />
von Steve Solamar, Roger Blackburn, 41 Degrees<br />
und den Noyes Bro<strong>the</strong>rs. Alles hörenswerter S<strong>to</strong>ff.<br />
OBJ 015 Steve Miro And The Eyes – SECOND SEN-<br />
TENCE: Die ziemlich bruchlose Fortsetzung des<br />
Erstlings. Insgesamt ist Miro wohl der am leichtesten<br />
zugängliche Object-Musiker.<br />
OBJ 016 Spherical Objects – NO MAN'S LAND: Finales<br />
Album der Gruppe, die zu mehr archetypischem<br />
Rock zurückkehrte. Bis zuletzt galt bei ihr aber: nirgends<br />
richtig einzuordnende Mischung<br />
aus herrlich schrulliger Post-New-Wave<br />
und mutiertem Folk plus einer Prise von<br />
„irgendwas Bluesigem".<br />
Alle Alben, leider mit Ausnahme der<br />
V.A.-Sampler und Tirez Tirez, sind beim<br />
Label LTM auf CD erschienen und mit<br />
feinen Booklets (äußerst ausführliche<br />
Liner-Notes!) liebevoll aufbereitet. Wer<br />
aber erstmal schnuppern will, mache dies<br />
anhand des Samplers AUTEUR LABELS – OBJECT<br />
MUSIC 1978–1981 (LTM CD 2527).<br />
Anzumerken ist noch, dass Steve<br />
Solamar sich 1981 nach der Auflösung<br />
der Spherical Objects und<br />
dem Ende des Object-Labels einer<br />
Geschlechtsumwandlung unterzog<br />
und heute außerhalb des Musikbusiness<br />
ruhig lebt, aber im schriftstellerischen<br />
Bereich rege tätig ist.<br />
Auch von den übrigen Object-<br />
Musikern hörte man nicht mehr<br />
allzu viel. Einige setzten aber bei<br />
anderen Labels ihre Karriere fort. Am weitesten<br />
kamen The Passage mit immerhin drei guten bis<br />
sehr guten Alben bis 1983: FOR ALL AND ONE,<br />
DEGENERATES und ENFLAME. Besonders empfehlenswert<br />
ist der Sampler SEEDY (1997). Steve Miro<br />
glänzte 1984 noch mit TRILEMNIA (zusammen<br />
mit SECOND SENTENCE auf einer LTM-CD). The<br />
Grow brachten noch das gleichfalls starke Album<br />
WITHOUT WINGS auf Up Records (1981) heraus;<br />
zu finden als Bonus auf der LTM-CD THE BEST<br />
THING. Tirez Tirez veröffentlichten noch die hörenswerte<br />
STORY OF THE YEAR (1983) sowie SO-<br />
CIAL RESPONSIBILTY (1984) – leider nie gehört<br />
– und 1988 die minder inspirierte Platte AGAINST<br />
ALL FLAGS. Rouse machte mit seiner weiteren<br />
Gruppe Mikel Rouse Broken Consort noch bis 1993<br />
weiter und veröffentlichte vier Alben, die ich ebenfalls<br />
nicht kenne.<br />
Seite 86 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
DRY THE RIVER<br />
New<br />
comer<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Folk-Rocker mit Pathos<br />
Folk-Rock ist nicht <strong>to</strong>t, er riecht nur ein bisschen komisch. Das könnte man, angelehnt<br />
an Frank Zappa, über all die Bands mit vollbärtigen, Holzfällerhemden<br />
tragenden, jungen Männern sagen, die in letzter Zeit in den USA und im UK aus<br />
dem Boden sprießen: Fleet Foxes, Bon Iver, Mumford & Sons, Low An<strong>the</strong>m –<br />
und jetzt Dry The River? Ein Fünkchen Wahrheit steckt zwar schon in der Rede<br />
von der „neuen Folk-Rock-Welle". Doch genauer betrachtet,<br />
unterscheiden sich die genannten Bands voneinander,<br />
sogar teils erheblich. Zwar hört man auch bei Dry The River<br />
elegische Chorgesänge und gezupfte Akustikgitarren.<br />
Doch das britische Quintett ist offen gegenüber anderen<br />
Stilen, etwa Prog-Rock oder Pop-Pathos à la Coldplay. 2009<br />
gründeten Peter Liddle (voc, g), Jon Warren (dr) und Will<br />
Harvey (viol, keys) ihre Band. Die drei Musiker, die gemeinsam in East London<br />
wohnten, können unterschiedlicher kaum sein: Liddle ist eine Leseratte und Fan<br />
von Songschreibern wie Leonard Cohen; Warren bringt eine Punk-Vergangenheit<br />
und Harvey eine klassische Geigerausbildung mit. Bald stießen noch Matt Taylor<br />
(g) und Scott Miller (b) hinzu. Nach drei EPs veröffentlichen Dry The River nun<br />
mit SHALLOW BED (RCA/Sony <strong>Music</strong>) ihr Debütalbum. Herausragend darauf sind<br />
"No Rest" (ein Song, der sich nach verhaltenem Anfang in pa<strong>the</strong>tische Höhen aufschwingt),<br />
das prog-rockige "Lion’s Den" sowie die von Harveys wunderschönem<br />
Violinenspiel und Liddles zartem Gesang getragene Ballade "Bible Belt". frs<br />
Aidan<br />
Die große Reise<br />
Das klingt rekordverdächtig: An seinem Debüt-Studio-Album hat der irische<br />
Sänger und Multi-Instrumentalist Aidan fast zehn <strong>Jahre</strong> gearbeitet. Denn<br />
er war eher mit Reisen beschäftigt, schlug sich mit verschiedenen Jobs durch<br />
– Tauchlehrer, Landwirt, Tontechniker – und nahm nur bei Gelegenheit Songs<br />
auf. Auf der Cover-Rückseite von LE GRAND DISCOURS (Hazelwood/Rough<br />
Trade) kann man die Stationen seines langen Europa-Trips<br />
verfolgen. Das Tracklisting ist wie ein Interrail-Ticket gestaltet,<br />
auf dem mit Kugelschreiber die einzelnen Songtitel<br />
mit jeweiligem Aufnahmedatum und -ort (Dublin, Brüssel,<br />
Hamburg, Galizien etc.) eingetragen sind. Vielleicht ist der<br />
langsame Entstehungsprozess auch der Grund dafür, warum<br />
GRAND DISCOURS für ein Debüt äußerst ausgereift<br />
klingt. Bei aller Reife haftet den Songs dennoch etwas Flüchtiges an; sie gleichen<br />
Einträgen in ein Reisetagebuch, sie wirken wie Momentaufnahmen, die<br />
Gedanken und Gefühle am jeweiligen Zwischens<strong>to</strong>pp widerspiegeln. Aidan spielt<br />
nachdenklichen und introvertierten Folk, nicht frei von bluesigen und rockigen<br />
Ausbrüchen – etwa in dem wütenden "Someone Elses Problem". Seine fragilen,<br />
mit vielen Klangfarben (Piano, Cello, Geige, Klarinette, Sax, Perkussion etc.)<br />
versehenen Lieder lassen Parallelen zu Nick Drake und John Martyn erkennen.<br />
Zehn <strong>Jahre</strong> hat es gedauert, seine Haare sind dabei grauer geworden: Aidan –<br />
der reife Newcomer.<br />
frs<br />
© Jens Oellermann<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 87
Library <strong>Music</strong><br />
Von Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
Perlen aus dem Leihhaus<br />
Sie standen nie in den Charts. Sie waren auch kein Thema für die Musikpresse.<br />
Sie wurden nicht massiv beworben. Kurz: Sie existierten eigentlich gar nicht.<br />
Es geht um eine Spezies von Platten (meist nur LPs), die nicht mal in Läden<br />
zum Verkauf standen. Kein Wunder, dass Sammler sich nach vielen Exemplaren<br />
längst wundsuchen und im Erfolgsfall Wassersuppe löffeln müssen: Viele dieser<br />
Tonträger, sehr häufi g von der Crème der Studiokönner eingespielt, treiben<br />
Sparkonten auf Tiefstände. Bleibt nur noch die nicht ganz unwichtige Frage:<br />
Wovon, bitte, ist hier eigentlich die Rede?!<br />
Wenn Songs bzw. Töne aus „Musikbiblio<strong>the</strong>ken"<br />
und nicht von herkömmlichen<br />
Plattenfirmen kommen, geht es<br />
um „library music". Es handelt sich um Instrumentales,<br />
das für bestimmte Zwecke kostengünstig<br />
an Nutzer „vermietet" wird; kein Komponist,<br />
kein Interpret muss seine Erlaubnis geben, die<br />
Rechte sind vorab geklärt, nichts stand bzw. steht<br />
zum freien Verkauf auf Tonträgern in Läden.<br />
Hersteller fertigen abrufbereite Scheiben in nur<br />
kleinen Auflagen, um bei mangelnder Nachfrage<br />
nicht für die (Müll-)Halde produziert zu haben.<br />
Hauptabnehmer: Radiosender (Kennungs-Jingles,<br />
Überbrücker), Film- und Fernsehproduzenten,<br />
die werbende Industrie. Sie alle müssen nicht für<br />
teure, erst noch zu erstellende Auftragsarbeiten<br />
löhnen, sondern können sich konkret aus einem<br />
vorliegendem Fundus bedienen.<br />
ANBIETER (Auswahl)<br />
Vorreiter war schon 1927 die Londoner Firma<br />
De Wolfe <strong>Music</strong>. Sie stellte, noch auf Schellackplatten<br />
und Nitratstreifen, Musik für Stummfilme<br />
zur Verfügung. Ab 1962 wurde auf Vinyl,<br />
ab 1985 auf CD angeboten, heute erfolgt der<br />
Transfer vom Familienunternehmen zum Kunden<br />
digital. Zur Auswahl stehen rund 80.000<br />
Titel. Die KPM <strong>Music</strong> Group (nach einer Fusion<br />
der Musikverlage Keith Prowse und Peter Maurice)<br />
nahm 1959 an der Themse die Arbeit auf.<br />
Ihre inzwischen legendäre „1000er-Serie" startete<br />
1966. Die Biblio<strong>the</strong>k mit rund 30.000 Titeln<br />
gehört heute zur EMI. Ein KPM-Ableger mit<br />
Sitz in London war zwischen 1970 und ca. 1987<br />
Themes International <strong>Music</strong> mit knapp 60 eigenständigen<br />
LP-Veröffentlichungen für innere<br />
Zirkel. Der Komponist, Produzent und Arrangeur<br />
Syd Dale (1924–1994) gründete 1970 Amphonic<br />
<strong>Music</strong> Ltd.; die Library existiert noch immer,<br />
genau wie Bru<strong>to</strong>n <strong>Music</strong>, gegründet 1977 von<br />
Robin Phillips. Zwischenzeitlicher Besitzer war<br />
von 1982 bis 1985 Michael Jackson. Schon 1967<br />
gründete John Gale (alias Cliff Johns) seine Firma<br />
Studio G in Farthings<strong>to</strong>ne, die rund 20 <strong>Jahre</strong><br />
Leihmusik produzierte; zwei <strong>Jahre</strong> später baute<br />
Dennis Berry die Peer International Library Ltd.<br />
in London auf. Prominente deutsche Anbieter:<br />
Golden Ring (Label von Ring Musik, Frankfurt/<br />
Main) lieferte ab 1964 Material. Rund 20.000 Titel<br />
befinden sich im Bestand von Selected Sound,<br />
das am 9.9.1967 die Arbeit aufnahm und aktuell<br />
unter dem EMI-Dach zu Hause ist.<br />
INHALTE<br />
Nahezu alles. Stilistisch: Beat, Rock, Soul, Funk,<br />
Pop, Psychedelia, Folk, Reggae, später auch<br />
Avantgarde und Elektronisches. Und: Easy Listening<br />
bis zum Abwinken. Die Macher stellten sich<br />
vor, was gebraucht und/oder angefragt werden<br />
könnte – so entstanden von Beginn an „Mot<strong>to</strong>"-<br />
bzw. „Themen-LPs" mit einem immensen Spektrum.<br />
Es wurden mögliche Stimmungen bedient,<br />
erdachte Situationen, Atmosphärisches aller Couleur<br />
– von trashig bis traurig, Gute-Laune-Gesäusel,<br />
stahlharte Dancenummern; Volkslieder, Berieselungen<br />
für Fahrstühle und Kaufhäuser, sogar<br />
Wetterbeschreibungen, die Liste ist unendlich.<br />
Eine willkürliche LP-Titelauswahl aus Tausenden:<br />
THE BEAT GROUP, GENTLE SOUNDS, SURFER'S<br />
PARADISE, BALKAN BEATS, THE SPY SET, HIGH<br />
SPEED JAZZ, CLASSIC TV THEMES, FLUTONIUM<br />
(!), HOT ICE, TRAVEL EUROPE, SACRED MUSIC,<br />
THE SOUND OF POP, THE ROCK MACHINE und<br />
so weiter – kaum etwas, das nicht abgedeckt<br />
wurde.<br />
DIE WARE<br />
Um von jeglichem Personal abzulenken (das<br />
oft nicht mal auf der Rückseite gewürdigt war),<br />
erschienen vor allem in den <strong>60s</strong> und 70s Platten<br />
in optisch staubtrockenen n Hüllen<br />
– es ging<br />
ausschließlich ums Gespielte,<br />
nicht ums Gezeigte, Stars<br />
oder Namen. Schrift ja, dazu<br />
bestenfalls kleine, aber preiswerte<br />
grafische Elemente –<br />
das war's, denn kein Kunde in<br />
Verkaufsstellen musste über<br />
diesen Weg geködert werden.<br />
Das schlichte attraktive Grün<br />
der KPM-Veröffentlichungen<br />
ist auch ohne Verzierungen<br />
inzwischen Kult mit höchstem<br />
Wiedererkennungswert.<br />
Nur in seltene(re)n Fällen<br />
verschickten Firmen LPs mit<br />
herkömmlicher Optik, oberste<br />
Maxime blieb der reine<br />
Verwendungszweck. Und<br />
der ist noch immer dann<br />
und wann (und abgesehen<br />
vom <strong>the</strong>matischen Inhalt)<br />
gewöhnungsbedürftig:<br />
Es gibt Alben, die mit 40<br />
Tracks vollges<strong>to</strong>pft scheinen,<br />
aber nur über eine normale<br />
Lauflänge verfügen. Grund:<br />
Statt Songs werden Schnipsel<br />
zwischen 20 Sekunden n<br />
und 1:30 Minuten angeboten<br />
– Geräusche, Unterfütterung<br />
von Minis zenen,<br />
klingende Schlaglichter,<br />
Tonsplitter. Aber: Es findet<br />
sich im gewaltigen Fundus us<br />
auch massenhaft „normal"<br />
Ausgespieltes, das die Suche<br />
mehr als lohnt. Fans von Cover-Versionen<br />
haben dabei<br />
allerdings extrem schlechte<br />
Karten: Library-Alben sind<br />
das völlige Gegenteil der<br />
meist ramschigen Kaufhaus-<br />
Billig-LPs mit nachgespielten Hits aus fremder<br />
Seite 88 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Ideenküche (siehe S<strong>to</strong>ry in GT 6/2010). Um die<br />
Kosten für Interessenten gering zu halten, wurde<br />
von jeher auf Eigenkompositionen gesetzt (d.h.<br />
keine Abgaben an die Musikverlage fremder Urheber).<br />
Gefragt waren folglich exzellente Musiker,<br />
Orchesterchefs und Produzenten, die obendrein<br />
ihre selbst erdachten Kreationen umsetzen konnten<br />
– was auch in der überwältigenden Mehrzahl<br />
der Fall war.<br />
DIE MACHER<br />
Was macht viele Library-Platten für Fans<br />
so interessant? Es ist ihre außergewöhnliche<br />
handwerkliche<br />
Qualität. Wurden<br />
bei vielen herkömmlichen<br />
Aufnahmen<br />
von Bands aus den<br />
<strong>60s</strong>/70s oft schon<br />
mal minderbegabte<br />
Freunde, Kumpel &<br />
Co. aus alter Verbundenheit<br />
mit<br />
durchgeschleppt und/oder<br />
Herbie Flowers mittelmäßige Solokünstler<br />
zwecks Genießbarkeit technisch aufpoliert,<br />
galt hier: Derartige Musiker-Darsteller wären<br />
bei Library-Aufnahmen nicht mal bis<br />
auf den Parkplatz gekommen, geschweige<br />
in die Studios selbst.<br />
Speziell die Aufnahmen der hier schon<br />
genannten Firmen sind mit Hochkarätern<br />
durchsetzte Sammelbecken von Erstliga-<br />
Spielern, -Komponisten, -Arrangeuren und<br />
Orchesterchefs. Herausragend dabei: etliche<br />
KPM-Aufnahmen – und damit zugleich die<br />
der damit verbandelten Themes International<br />
<strong>Music</strong><br />
(TIM). Zu<br />
finden sind<br />
u.a. der Gitarrist<br />
Alan Parker,<br />
Bassist Herbie<br />
Flowers und<br />
Drummer Barry<br />
Morgan (alle von<br />
Blue Mink; Parker/Morgan<br />
gehörten<br />
außerdem<br />
zu den TIM-Gründern). Mann der 1000 Orgelnummern<br />
– und als Library Legend gefeiert –<br />
Barry Morgan<br />
Alan Hawkshaw war und ist Alan<br />
Hawkshaw (Ex-<br />
Emile Ford &<br />
The Checkmates);<br />
ebenfalls an den<br />
Tasten: Mike Vickers<br />
(Manfred<br />
Mann). Weitere<br />
Asse: Brian Bennett<br />
(Shadows;<br />
dr), die Bassisten<br />
Mo Foster (Affinity),<br />
Les Hurdle<br />
(Bullet) und<br />
Dave Richmond<br />
(früheste Manfred<br />
Mann), Dougie Wright (dr; John Barry Seven),<br />
auch Ron Aspery (sax; Back Door), Clem<br />
Clempson (g; Colosseum) sowie die Keyboarder<br />
Guy Fletcher (Dire Straits), Francis Monkman<br />
(Curved Air) und Kenny Salmon waren – neben<br />
vielen anderen – als Solisten bzw. Schreiber dabei.<br />
Gefragte Arrangeure, Bandleader: u.a. Keith<br />
Mansfield, Alan Moorhouse, Alan Tew, John Cameron.<br />
Starke Scheiben sind u.a. SOUL ORGAN<br />
SHOWCASE (1968), THE BIG BEAT (1969), AFRO<br />
Der klassische, animierte Kinofilm von 1968<br />
Bild für Bild in High Definition restauriert!<br />
Klarer, strahlender und so farbenfroh wie nie zuvor!<br />
5.1 DTS Surround Sound, Stereo und original Mono Sound<br />
Bonus Material enthält die Mod Odyssey Dokumentation sowie den original Kinotrailer von 1968<br />
Inklusive umfangreichem Booklet, Sammelaufkleber und Reproduktionen einzelner Zelluloidfolien<br />
Ab 01. Juni als Blu-ray, DVD & Download!<br />
„Beatles“ is a trademark of Apple Corps Ltd.<br />
„Yellow Submarine“ and [<strong>the</strong> yellow submarine logo image ] are trademarks of Subafilms Ltd.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 89<br />
WWW.EMIMUSIC.DE/THEBEATLES
Mike Vickers<br />
ROCK (1971),<br />
THE GUITAR<br />
FAMILY, VOL.<br />
1 & 2 (1973),<br />
THE ROCK<br />
MACHINE<br />
(1973). Nicht<br />
minder empfehlenswert<br />
ist<br />
eine separat im freien Verkauf erschienene LP der<br />
Band The Mohawks mit Alan<br />
Parker, Alan Hawkshaw, Brian<br />
Ron Aspery<br />
Bennett und Keith Mansfield:<br />
THE CHAMP, Pama Records<br />
PMLP 5 (1967; Top-Original<br />
ca. 200 Euro aufwärts).<br />
Zu den populärsten Veröffentlichungen<br />
auf De Wolfe zählen<br />
die fünf Alben der Band Electric<br />
Banana zwischen 1967 und 1978 – dahinter<br />
Clem Clempson<br />
verbargen<br />
sich die Pretty<br />
Things zwecks<br />
Aufbesserung<br />
der Finanzen.<br />
Für Amphoric<br />
stehen (neben<br />
einigen der hier<br />
schon Genannten)<br />
u.a. Namen wie die Sessionasse Vic Flick und<br />
Colin Green zu Buche, außerdem Komponisten<br />
wie Tony Hatch und Les<br />
Reed. Eine Leihhaus-<br />
Perle auf Studio G ist die<br />
LP THE BEAT GROUP<br />
von 1970 mit einer obskuren<br />
Crew um den Firmengründer<br />
John Gale<br />
(hier als Cliff Johns). Gefragt<br />
und teuer auf Peer<br />
Alan Parker<br />
Int.: BIG HAMMER von The Bigroup (PIL 9009;<br />
1971). Bekannte Namen<br />
auf Golden Ring<br />
sind die Gitarristen<br />
Jürgen Franke (alias:<br />
Frank And The Top<br />
Ten) und Siegfried<br />
Schwab, Bandleader<br />
Ralph Marco (=<br />
Brian Bennett<br />
Werner Drexler), Jazzdrummer Klaus Weiss und<br />
Filmkomponist Peter Thomas. Für Selected Sound<br />
stehen u.a. Claude Larson<br />
(= Klaus Netzle), Mike Moore<br />
(= Wolfgang Mürmann, Gitarrist<br />
der Ex-Star-Club-Band<br />
The Rangers), der Wiener Jazzpianist<br />
Roland Kovacs, Gitarrist<br />
Hans Haider. – Weitere<br />
interessante Library-Labels:<br />
Intersound, Studio One, Brull,<br />
Telemusic, Happy, Bosworth,<br />
Europhone, Berry.<br />
John Gale<br />
DIE NUTZUNG<br />
Wo sind viele Töne geblieben? Was alles über die<br />
Jahrzehnte bereits auf Vorrat eingespielt wurde,<br />
ist nicht messbar. Denn was niemand ausgeliehen<br />
bzw. abgerufen hat, blieb/bleibt – von der Öffentlichkeit<br />
ungehört – in den Library-Archiven.<br />
Anderes ging in Verwendung bei den eingangs<br />
genannten Adressaten. Doch kaum ein Kinogänger,<br />
Radiohörer, TV-Zuschauer oder Reklamekonsument<br />
wird jemals erfahren, wer da<br />
aus welchen Quellen in seine Gehörgänge<br />
geriet. Zehntausendfach dürften Library-<br />
Produkte im<br />
Monty Python<br />
Umlauf (gewesen)<br />
sein.<br />
Bekannte<br />
Verwender<br />
mit Haupt<strong>the</strong>men<br />
oder<br />
ergänzend: Erfolgs-TV-Serien<br />
und -Reihen wie „Coronation<br />
Street", „Spitting Image", „Van der Valk", „Benny<br />
Hill Show", „Crimewatch",<br />
„Spitting Image", „Monty<br />
Python", „Spider-Man",<br />
„The Simpsons", „Doc<strong>to</strong>r<br />
Who" und Filme („Pink<br />
Pan<strong>the</strong>r", „Oc<strong>to</strong>pussy",<br />
„Death Wish", „Emmanuelle"),<br />
dazu Trailer für<br />
Sport-, News- und Dokusendungen.<br />
PERLEN PICKEN<br />
Wegen der <strong>the</strong>matischen Vorgaben sind Hunderte<br />
der Library-<strong>Music</strong>-Platten<br />
eher kein Grund zur Suche.<br />
Aber: Es verbergen<br />
sich zugleich Dutzende<br />
großartige Perlen in den<br />
Programmen, eingespielt<br />
von absoluten Könnern in<br />
hervorragendem Sound.<br />
Wilde Hammondknaller<br />
mit Blech und ohne, superbe<br />
Funkfeuerwerke,<br />
exzellente Gitarrenmusiken<br />
und durchaus auch<br />
vorzüglich atmosphärische<br />
Stimmungsbilder.<br />
Wegen des großen<br />
Angebots –<br />
bei gleichzeitig<br />
schwieriger Beschaffung<br />
– helfen<br />
umfangreiche<br />
Internetdateien<br />
wie www.rateyourmusic.com<br />
und www.dis-<br />
cogs.com (Labelnamen eingeben),<br />
um sich einen ersten<br />
Überblick zu verschaffen,<br />
bevor die Suche beginnt.<br />
Über Preise aus Auktionen,<br />
bei echten Highlights meist<br />
im dreistelligen Euro-Bereich,<br />
gibt www.popsike.<br />
com Auskunft.<br />
Für Funkfans hat das deutsche<br />
Label Showup Records<br />
vorsortiert und präsentiert<br />
auf bislang drei CDs der<br />
Reihe DRAMATIC THEMES<br />
Höhepunkte u.a. aus dem<br />
Themes-International-Pro-gramm.<br />
Die wegweisenden n<br />
Greensleeve-LPs aus KPMs<br />
1000er-Serie sind bis heute<br />
nicht 1:1 auf CDs erhältlich<br />
(Compilations: auf Vocalion/UK),<br />
allerdings können<br />
über 20 davon inzwischen<br />
per Download (u.a.<br />
Amazon) besorgt werden<br />
– sogar mit dem Vorteil,<br />
sich einzelne ne „Song"-Perlen<br />
n<br />
picken zu<br />
können,<br />
Nichtgefallendes<br />
zu ignorieren<br />
und auf<br />
diese Weise e<br />
ausfallfreie e<br />
Privat-CDs<br />
zu koppeln.<br />
Seite 90 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Caro<br />
Fo<strong>to</strong>: © Thilo Müller<br />
Am Wendepunkt<br />
Im Hamburger Onkel Pö startete Josée Caro Tollenaar ihre Karriere<br />
als Sängerin, veröffentlichte mit der JCT Band 1977 ein erstes Album<br />
und wurde im Jahr darauf mit dem Deutschen Schallplattenpreis ausgezeichnet.<br />
Sie nahm mehrere Soloscheiben auf, war ab den 90er<br />
<strong>Jahre</strong>n aber nur noch gelegentlich live zu erleben, ehe sie sich 2005<br />
mit ETERNITY zurückmeldete. Jetzt veröffentlicht die 54-jährige<br />
Sängerin mit TURNING POINT wieder mal ein eigenes Album.<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Was hat sich seit ETERNITY getan?<br />
Als meine Mutter vor vier <strong>Jahre</strong>n in unserem Haus starb, brauchte ich lange, um<br />
damit klarzukommen. Sie hatte seit ihrer Kindheit eine schwere Form von Polio,<br />
und ich wuchs mit ihrer Behinderung auf. Während ich sie pflegte, war ich glücklich:<br />
Ich wurde gebraucht, unsere Beziehung wurde noch enger. Heute spreche ich<br />
darüber, da ich weiß, dass viele Menschen meiner Generation vor der Entscheidung<br />
stehen, den Vater oder die Mutter zu Hause zu pflegen oder in ein betreutes Woh-<br />
nen zu geben.<br />
en.<br />
Hat der Albumtitel auch eine programmatische<br />
Bedeutung?<br />
Er fiel mir in Italien ein. Ich sah aufs Meer, hörte<br />
meine fertigen Mixe an und dachte: Dies ist ein Wendepunkt!<br />
Unsere Tochter ist erwachsen, unser Sohn<br />
im Stimmbruch, ich im Aufbruch, mit einem neuen<br />
Album im Gepäck.<br />
Musikalisch gehst du neue Wege – was hat<br />
dich in die jazzigere Richtung gezogen?<br />
So neu<br />
ist<br />
der<br />
Weg<br />
gar<br />
nicht, wenn man "The Kind Of Woman You Prefer"<br />
auf ETERNITY hört, der schon jazzige Tendenzen zeigte. Die Attitüde war nur<br />
eine andere, bedingt durch die damalige Besetzung. Als ich Manusch Weiss mit<br />
seinem Cousin Enzo (beide Gitarre) zum ersten Mal hörte, stand für mich fest,<br />
dass wir es gemeinsam versuchen sollten. Auch Reiner Winterschladen (Trompete)<br />
hatte enormen Einfluss.<br />
Warum der veränderte Name Caro Josée?<br />
Es gibt allein auf Facebook 125.000 Caros. Mein Vater legte mir mit Josée einen<br />
so schönen Namen in die Wiege – nun will ich ihn auch tragen, vor allem um<br />
Verwechslungen vorzubeugen.<br />
"The Lawyer's Wife" klingt au<strong>to</strong>biografisch – eine musikalische<br />
Liebeserklärung an deinen Mann?<br />
Ich habe einen wunderbaren Mann! Allerdings hat er einen anstrengenden Beruf,<br />
und der alltägliche Wahnsinn macht vor kaum einer Beziehung halt. Dieser Song<br />
steht für viele Ehen und Beziehungen. Die Zuwendung ist für mich der Schlüssel<br />
zu einer guten Partnerschaft. Wenn die verlorengeht, kleine Berührungen nicht<br />
mehr stattfinden, wird die Seele krank!<br />
Philipp Roser
Es war einmal ...<br />
Von Philipp Roser<br />
Geburtstage<br />
20.5. Jill Jackson war eine Hälfte des texanischen<br />
Pop-Duos Paul & Paula, das 1963<br />
den Millionenseller und #1-Hit "Hey Paula"<br />
landete. War später solo aktiv und feiert ihren<br />
70. in Kalifornien.<br />
22.5. Calvin Simon gehörte Ende der <strong>50</strong>er<br />
<strong>Jahre</strong> The Parliaments an – aus der von<br />
George Clin<strong>to</strong>n geführten Doo-Wop-Truppe<br />
gingen die P-Funker von Parliament und<br />
Funkadelic hervor. Nach einer Schaffenspause<br />
meldete er sich als 2004 Gospelsänger<br />
zurück und ist mit 70 noch singend im<br />
Dienste des Herrn unterwegs.<br />
24.5. Derek Quinn aus Manchester spielte<br />
als Gründungsmitglied ab 1963 bei Freddie<br />
& The Dreamers Gitarre und Mundharmonika,<br />
nachdem er zuvor mit Graham Nash<br />
und Allan Clarke bei den Four<strong>to</strong>nes aktiv<br />
gewesen war. Wechselte später in auf die<br />
Business-Seite und geht es mit 70 etwas<br />
ruhiger an.<br />
26.5. Ray Ennis gründete einst als singender<br />
Gitarrist die Swinging Blue Jeans,<br />
mit denen der nun 70-Jährige bis 2010<br />
aktiv war.<br />
2.6. Jimmy Jones aus Birmingham, Alabama<br />
sang bei den Doo-Woppern The Berliners<br />
und The Savoys, ab 1959 solo aktiv<br />
und gleich mit den Millionensellern "Handy<br />
Man" und "Good Timin'" erfolgreich, desgleichen<br />
als Songschmied. Ist mit 75 noch<br />
live zu erleben.<br />
6.6. Larry "<br />
The Mole" Taylor spielte<br />
1958 als Bassist mit P.J. Proby bei den<br />
Moon Dogs, begleitete Jerry Lee Lewis,<br />
Chuck Berry und die Monkees, war 1967<br />
Mitbegründer von Canned Heat, mit denen<br />
er bis 1999 aktiv war (zwischendurch Gastspiel<br />
bei John Mayall's Bluesbreakers), als<br />
70-Jähriger mit den Hollywood Blue Flames<br />
aktiv.<br />
6.6. Howard "<br />
Howie" Kane (bürgerlich:<br />
Kirschenbaum) war ab 1959 mit Jay & The<br />
Americans aktiv, mit denen er seit der Reunion<br />
2006 wieder zu erleben ist und nun<br />
seinen 70. feiern kann (andere Quellen nennen<br />
als Geburtsjahr 1944).<br />
8.6. Chuck Negron entschied sich gegen<br />
eine Baketball-Profikarriere, war 1968<br />
als Sänger Gründungsmitglied von Three<br />
Dog Night (18 Top-20-Hits; Au<strong>to</strong>biografie<br />
„Three Dog Nightmare" 1999), veröffentlichte<br />
diverse Soloscheiben und ist auch<br />
nach seinem 70. noch mit der Negron Band<br />
unterwegs.<br />
12.6. Len Barry (Leonard Borisoff) war zwischen<br />
1958 und 1982 als Blue-eyed-Soulsänger<br />
erfolgreich. Zuletzt machte der nun<br />
70-Jährige als (Buch-)Au<strong>to</strong>r von sich reden.<br />
17.6. Norman Kohlke trommelte<br />
bei den Swinging Blues<br />
Jeans und feiert jetzt seinen 70.<br />
18.6. Paul McCartney, singender<br />
Bassist, Beatles-Mitbegründer,<br />
anerkannter Solokünstler<br />
mit Ambitionen auch<br />
im Klassik-Terrain – und nach seinem 70.<br />
wieder auf Tour.<br />
18.6. Richard Perry profilierte sich als<br />
einer der erfolgreichsten US-Produzenten<br />
(Captain Beefheart, Fats Domino, Tiny Tim,<br />
Carly Simon, Diana Ross, Tina Turner, Leo<br />
Sayer, Ringo Starr). Mit 70 noch im Studio<br />
anzutreffen.<br />
20.6. Brian Wilson war als kreativer Kopf<br />
der Beach Boys einer größten Komponisten<br />
des letzten Jahrhunderts, jahrzehntelang<br />
durch Drogenkonsum aus der Bahn geworfen,<br />
trotz mentaler Beeinträchtigungen seit<br />
Ende 1994 wieder aktiv und jetzt mit 70 bei<br />
der Beach-Boys-Reunion zum <strong>50</strong>-Jährigen<br />
dabei.<br />
22.6. Chris Blackwell wurde 2001 in die<br />
Rock'n'Roll Hall Of Fame aufgenommen,<br />
weil er früh den Reggae förderte, vor allem<br />
aber weil der nun 75-Jährige 1961 mit Island<br />
Records die erfolgreichste<br />
Indie-Plattenfirma der Musikgeschichte<br />
gründete (und 1977 die<br />
Compass Point Studios auf den<br />
Bahamas baute).<br />
27.6. Bruce Johns<strong>to</strong>ns erster<br />
Ch ris<br />
Beach-Boys-Beitrag war nach<br />
Bl<br />
ack<br />
well<br />
diversen Soloveröffentlichungen<br />
1965 Chorgesang zu "California Girls"; er<br />
stieg 1978 wieder aus, ist jetzt mit 70 bei der<br />
Reunion dabei; das von ihm verfasste "I Write<br />
The Songs" wurde über 200 Mal gecovert. (Es<br />
kursiert auch das Geburtsjahr 1944).<br />
6.7. Gene Chandler (= Eugene Dixon), bekannt<br />
als „The Duke", amerikanischer R&B-<br />
Sänger, nahm 1961 mit The Dukays "Duke<br />
Of Earl" (US #1) auf, arbeitete für Chess und<br />
Brunswick, veröffentlichte solo bis 1986, ehe<br />
er sich aufs Komponieren und Produzieren<br />
verlegte, was er mit 75 noch tut.<br />
12.7. Stephen Bladd war 1967 Originaldrummer<br />
der J. Geils Band; hat sich inzwischen<br />
mit 70 aus dem Musikgeschäft zurückgezogen,<br />
mischt bei Reunions noch mit.<br />
Mit 65 <strong>Jahre</strong>n haben das offizielle le Rentenalter nalt<br />
er erreicht:<br />
eich<br />
19.5. Jerry Hyman, blies von 1968 bis 1972<br />
die Posaune bei Blood Sweat & Tears Posaune,<br />
ehe er als Chiropraktiker tätig wurde.<br />
19.5. Paul Brady, Ex-Johns<strong>to</strong>ns, Ex-<br />
Planxty, irischer Singer/Songwriter und<br />
Multi-Instrumentalist, bediente neben eigenen<br />
Scheiben zahlreiche Kollegen, zuletzt<br />
Bonnie Raitt.<br />
21.5. Bill Champlin stieß nach Aktivitäten<br />
mit Sons Of Champlin und als Studiomusiker<br />
zu Chicago (1984–2008), heute solo<br />
unterwegs.<br />
23.5. Bill Hunt war als Keyboarder und Hornbläser<br />
bei Move, ELO und Wizzard, arbeitete<br />
später für/mit Black Sabbath und Slade.<br />
24.5. Albert Bouchard (dr, voc, g) war<br />
Gründungsmitglied von Blue Öyster Cult,<br />
stieg 1981 aus, produzierte eigene und fremde<br />
Platten und war/ist mit Underbelly, Blue<br />
Coupe und den Classic Rock All Stars aktiv.<br />
25.5. Mitchell Margo war 14, als er mit<br />
den Tokens 1961 "The Lion Sleeps Tonight"<br />
aufnahm. Heute noch als Keyboarder und<br />
Drummer mit der Band unterwegs.<br />
27.5. Marty Kristian, als Martin Vanags in<br />
Leipzig geborener australischer Sänger, war<br />
mit den New Seekers in den 70ern erfolgreich<br />
und bis 2002 aktiv, arbeitete auch als<br />
Schauspieler.<br />
27.5. Peter Knight spielte seine Geige bei<br />
Steeleye Span und für die Wombles sowie<br />
zahlreiche weitere Acts.<br />
28.5. Leland Sklar ist bis heute einer der<br />
gefragtesten US-Sessionbassisten und auf<br />
Hunderten von Alben zu hören, Mitglied<br />
von The Section.<br />
31.5. William "<br />
Junior" Campbell war<br />
Gründungsmitglied (g, voc) von Marmalade,<br />
für die er bis 1971 auch mehrere Hits<br />
verfasste. Der Schotte veröffentlichte auch<br />
solo und arbeitet bis heute als Filmmusikkomponist<br />
und Arrangeur<br />
1.6. Ron Wood startete seine Karriere bei<br />
The Birds, spielte in der Jeff Beck Group,<br />
bei The Creation und den Faces, ehe ihn<br />
1975 die <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes als Mick-Taylor-<br />
Nachfolger verpflichteten.<br />
9.6. Mick Box hält als Gitarre<br />
spielendes Gründungsmitglied<br />
Uriah Heep seit 1969 am Laufen.<br />
9.6. Julie Driscoll, verheiratete<br />
Tippetts, lieh ihre Stimme<br />
Brian Auger & The Trinity, verlegte<br />
sich später auf experimentelleren Gesang,<br />
arbeitet(e) mit Ehemann Keith und vielen<br />
anderen.<br />
11.6. Richard Palmer James gründete<br />
als Gitarrist/Texter 1969 Supertramp<br />
mit, die er 1970 verließ; schrieb Lyrics für<br />
King Crimson, lebt seit 1976 in München,<br />
brachte Munich an den Start.<br />
14.6. Barry Mel<strong>to</strong>n lieferte mit seinem<br />
Spitznamen The Fish den Namenszusatz<br />
(und die Leadgitarre) für Country Joe,<br />
gründete in den 80ern The Dinosaurs,<br />
arbeitete als Rechtsanwalt und tritt noch<br />
gelegentlich auf, veröffentlichte 2011 JA-<br />
MASUTRA.<br />
15.6. Demis Roussos, griechischstämmiger,<br />
in Ägypten geborener Sänger, startete<br />
1968 mit Vangelis Aphrodite's Child,<br />
landete hier zu Lande in den 70ern mit<br />
deutsch gesungenen Liedern Hits. Startete<br />
2009 ein Comeback als Demis.<br />
17.6. Gregg Rolie war als Keyboarder<br />
Gründungmitglied von Santana (1966)<br />
und Journey (1973), hat mehrere Solo-Alben<br />
herausgebracht und <strong>to</strong>urt im Sommer<br />
mit seinen 70 <strong>Jahre</strong>n mit Ringo Starr's All<br />
Starr Band.<br />
© Philipp Roser<br />
22.6. Howard Kaylan (=<br />
Howard Kaplan) bezeichnet<br />
sich auf seiner Homepage als<br />
Performer, Erzähler und Au<strong>to</strong>r,<br />
sorgte einst als eine Hälfte der<br />
Turtles sowie von Flo & Eddie<br />
(jeweils mit Mark Volman) für<br />
Mic<br />
ick kB<br />
Box<br />
Furore, sang für Frank Zappa,<br />
T. Rex, John Lennon, Roger McGuinn,<br />
Blondie, Alice Cooper, Steely Dan.<br />
29.6. Carlo Santana spielte Gitarre und<br />
sang in der UK-Popcombo Paper Lace und<br />
ist seit langem solo aktiv.<br />
7.7. Rob Townsend trommelte für Family,<br />
The Manfreds, Medicine Head, Bill Wyman<br />
und ist seit 1979 mit der Blues Band<br />
unterwegs.<br />
7.7. David "<br />
Scar" Hodo singt seit der<br />
Bandgründung 1977 als „der Bauarbeiter"<br />
in Reihen der Discotruppe Village<br />
Peope.<br />
10.7. Arlo Guthrie, Sohn von Folklegende<br />
Woody G., betätigt sich ebenfalls als Sänger,<br />
Songschreiber, ist bis heute aktiv und<br />
politisch engagiert.<br />
11.7. Jeff Hanna singt und trommelt<br />
mittlerweile seit 46 <strong>Jahre</strong>n für die Nitty<br />
Gritty Dirt Band.<br />
12.7. Wilko Johnson (= John Wilkinson)<br />
profilierte sich in den 70ies als superber<br />
Telecaster-Gitarrist bei Dr. Feelgood, gründete<br />
1977 die Solid Senders, stieg 1980 bei<br />
Ian Durys Blockheads ein und ist seit 1981<br />
auf eigene Faust unterwegs.<br />
15.7. Peter Banks spielte Gitarre für The<br />
Syn (mit Chris Squire), ehe er 1968 zur Urbesetzung<br />
von Yes gehörte; war bei Blodwyn<br />
Pig, Empire, arbeitet heute solo, mit<br />
Flash und als Studiomusiker.<br />
17.7. Wolfgang Flür war 1973–1987 mit<br />
Kraftwerk aktiv; seit 2003 <strong>to</strong>urt er mit seinem<br />
multimedialen Yamo Spektakel durch<br />
die Lande.<br />
17.7. Bernie Leadons Karrierestationen<br />
als singender Gitarrist hießen Mudcrutch,<br />
Dillard & Clark, Flying Burri<strong>to</strong> Bro<strong>the</strong>rs,<br />
Eagles (bis 1975), Nitty Gritty Dirt Band.<br />
Gefragter Studiogast.<br />
19.7. Brian May prägte mit dem unverkennbaren<br />
Klang seiner selbst gebauten<br />
Gitarre den Gesamtsound von Queen maßgeblich<br />
und will mit Roger Taylor bald<br />
wieder auf die Bühne.<br />
Seite 92 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Horst Lippmann (70) begann als Jazzmusiker<br />
(dr), arbeitete als Konzertveranstalter,<br />
Hörfunkau<strong>to</strong>r und TV-Regisseur;<br />
gründete 1953 das Deutsche Jazzfestival<br />
Frankfurt, betrieb mit Fritz Rau die Konzertagentur<br />
Lippmann & Rau, veranstaltete<br />
die legendären American Folk Blues<br />
Festivals, deren Mitschnitte die beiden auf<br />
ihrem Label L&R veröffentlichten. Starb<br />
am 18.5.1997.<br />
Manuel Fernandez (23) sorgte 1966 für<br />
den Orgelsound auf "Black Is Black", dem<br />
einzigen Hit der deutsch-spanischen Band<br />
Los Bravos, nahm sich am 20.5.1967 das<br />
Leben.<br />
William Powell (35) sang bei den O'Jays,<br />
bis ihn Krebs am 26.5.1977 verstummen<br />
ließ.<br />
Jeff Buckley (30) – der Sohn von Singer/Songwriter<br />
Tim Buckley veröffentlichte<br />
mit GRACE 1994 ein einziges Studio-<br />
Album auf, arbeitete mit vielen Kollegen<br />
zusammen, ehe er am 29.5.1997 beim<br />
Schwimmen in einem Fluß ertrank.<br />
Ollie Halsall (43) spielte Gitarre<br />
bei Jon Hisemans Tempest,<br />
Kevin Ayers, Timebox,<br />
Pat<strong>to</strong>, Boxer und The Rutles,<br />
ehe er am 29.5.1992 für immer<br />
abtrat.<br />
Gary Driscoll (41) startete<br />
G<br />
seine Karriere als Drummer<br />
1967 bei The Electric Elves, später Elf, die<br />
dann von Ritchie Blackmore zu Rainbow<br />
gemacht wurden. Später trommelte er bei<br />
Dakota und Starcastle, ehe er Anfang Juni<br />
1987 in Ithaca, New York, ermordet aufgefunden<br />
wurde – die Umstände sind bis<br />
heute ungeklärt.<br />
Russel Rusty Day" Davidson (36)<br />
"<br />
war Sänger der Amboy Dukes (mit Ted<br />
Gar<br />
Nugent) und von Cactus, führte seine<br />
Midnighters und arbeitete an einem<br />
Solo-Album, als er bei einem Kokaingeschäft<br />
am 3.6.1982 erschossen wurde.<br />
Ronnie Lane (51), Bassist der (Small)<br />
Faces und Solokünstler musste wegen<br />
seiner Erkrankung an Multipler Sklerose<br />
am 4.6.1997 viel zu früh abtreten.<br />
Dee Dee Ramone (51, bürgerlich Douglas<br />
Glen Colvin) war als Bassist Gründungsmitglied<br />
der Ramones, auch als Schriftsteller<br />
und Maler bis zum 5.6.2002 aktiv.<br />
Sleepy John Estes (73), einflussreicher<br />
Blues- und Folkmusiker, verstarb am<br />
5.6.1977.<br />
Yogi Hor<strong>to</strong>n (33) trommelte für Martha<br />
& The Muffins, Aretha Franklin, Diana<br />
Ross, Lu<strong>the</strong>r Vandross, bis er am 8.6.1987<br />
sich das Leben nahm.<br />
Addi "<br />
Micki" Harris (42) erlitt nach einem<br />
Auftritt der Shirelles in Atlanta am<br />
10.6.1982 einen tödlichen Herzinfarkt.<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Clyde McPhatter (39) war<br />
1953 Mitbegründer der Drifters,<br />
bis zu seinem Ableben<br />
am 13.6.1972 auch solo aktiv.<br />
Richard Bell (61), kanadischer<br />
Keyboarder in Diensten<br />
von Ronnie Hawkins, Ja-<br />
yD<br />
riscol<br />
l<br />
nis Joplin, The Band, Bruce<br />
Cockburn, Bob Dylan, Bonnie Raitt, Joe<br />
Walsh, verlor am 15.6.2007 seinen langen<br />
Kampf gegen ein multiples Myelom.<br />
John Wolters (52) trommelte für Dr.<br />
Hook & The Medicine Show, starb am<br />
16.6.1997<br />
James Honeyman-Scott (25) spielte<br />
Gitarre bei den Pretenders, bis er am<br />
Gedenktage<br />
Triviales<br />
16.6.1982 eine Drogenüberdosis nicht<br />
verkraftete.<br />
Hank Medress (68) sang bei den Tokens,<br />
produzierte viele Hits von Tony Orlando<br />
& Dawn und arbeitete mit Rick Springfield.<br />
Der Lungenkrebs besiegte ihn am<br />
18.6.2007.<br />
Bobby Helms (63) startete seine Country/<br />
Rockabilly-Karriere mit "Fraulein" (1957 US<br />
#1), starb am 19.6.1997.<br />
Lawrence Pay<strong>to</strong>n (59), produzierte für<br />
Mo<strong>to</strong>wn, gehörte über 40<br />
<strong>Jahre</strong> den Four Tops an. Leberkrebs<br />
stand am 20.6.1997<br />
in seinem Totenschein.<br />
Boudleaux Bryant (67) bildete<br />
mit Gattin Felice eines<br />
der erfolgreichsten Songwri-<br />
Law<br />
ren<br />
ce<br />
ting-Paare, das die Everly<br />
Bro<strong>the</strong>rs, Chet Atkins, Tony Bennett, Buddy<br />
Holly, Roy Orbison oder Ray Price mit Hits<br />
versorgte. Er verstummte am 25.6.1987 für<br />
immer.<br />
Lou Reizner (43) produzierte die ersten<br />
Soloscheiben Rod Stewarts, Rick Wakeman,<br />
Big Jim Sullivan sowie die Orchesterfassung<br />
von TOMMY; nahm Van der Graaf<br />
Genera<strong>to</strong>r für Mercury unter Vertrag, besorgte<br />
David Bowie seinen US-Deal. Verlor<br />
den Kampf gegen den Darmkrebs am<br />
16.6.1977.<br />
John Entwistle (57, Spitznamen: The<br />
Ox, Thunderfingers) erlangte als Bassist<br />
von The Who Kultstatus, mischte bei Ringo<br />
Starrs All Starrs mit und war solo aktiv, bis<br />
ihn am 27.6. ein Kokain-bedingter Herzinfarkt<br />
kurz vor der ersten 2002er Who-Show<br />
in Las Vegas das Leben kostete.<br />
Peter Panka (59) saß 37 <strong>Jahre</strong> bei Jane<br />
am Schlagzeug, sang und führte „seinen"<br />
Ableger der Band aus Hannover, bis ihn<br />
am 28.6.2007 der Lungenkrebs dahinraffte.<br />
Snakefinger (= Philip Charles Lithman,<br />
38), war ein Multi-Instrumentalist, der<br />
vor allem als Gitarrist/Geiger mit den Residents<br />
sowie Chilli Willi und seiner eigenen<br />
Band Vestal Virgins berühmt wurde.<br />
Erlitt am 1.7.1987 auf Tour in Linz einen<br />
tödlichen Herzinfarkt.<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Johnny Copeland (60) erntete ab den<br />
80er <strong>Jahre</strong>n die Erfolge einer langen<br />
Karriere als Blueser. Herzversagen<br />
und das vergebliche<br />
Warten auf ein Spenderorgan<br />
kosteten ihn am<br />
3.7.1997 das Leben, hinterließ<br />
der Musikwelt Tochter<br />
Shemekia.<br />
ce Pay<strong>to</strong>n<br />
Mississippi Fred McDowell<br />
(68) war einer der einflussreichsten<br />
Delta-Blueser, prägte mit seinem Bottleneck-<br />
und früh elektrifizierten Gitarrenspiel<br />
Generationen von Gitarristen.<br />
Krebs raubte ihm am 3.7.1972 das Leben.<br />
John Hammond Sr. war ab 1931 erster<br />
US-Korrespondent des „Melody Maker”,<br />
machte selbst Musik, produzierte und<br />
entdeckte zahlreiche Größen wie Leonard<br />
Cohen, Bruce Springsteen oder Stevie<br />
Ray Vaughan. Überlebte am 10.7.1987<br />
einen Schlaganfall nicht.<br />
Jerry Fuller (73) schrieb Hits für Ricky<br />
Nelson, Gary Puckett & The Union Gap,<br />
Tom Jones, Reba McEntire, selbst als<br />
Sänger erfolgreich – bis zum 13.7.2002.<br />
Kelly Johnson (49) war singende Gitarristin<br />
der britischen All-Girl-Metalband<br />
Girlschool. Ein Knochentumor beendete<br />
am 15.7.2007 ihr Erdendasein.<br />
Nach 26 <strong>Jahre</strong>n lässt Johnny Carson<br />
am 21.5.1992 seine letzte TV-Show bei<br />
NBC über die US-Bildschirme flimmern.<br />
Einziger Gast zum Ende ist Bette Midler.<br />
In der „Tonight Show" absolviert<br />
Florence Ballard am 22.5.1967 ihren<br />
letzten Auftritt mit den Supremes.<br />
Für „MTV Unplugged" treten Fleetwood<br />
Mac nach zehnjähriger Trennung am<br />
22.5.1997 wieder im klassischen 70er-<br />
<strong>Jahre</strong>-Line-Up auf – und beschließen, erneut<br />
gemeinsam zu <strong>to</strong>uren.<br />
Die Stadtverwaltung von San Francisco<br />
verbietet am 23.5.1977 den Einsatz elektrischer<br />
Instrumente bei Freiluftkonzerten<br />
– Jefferson Starship müssen daraufhin<br />
ihr geplantes Free Concert im Golden Gate<br />
Park absagen und besingen dies in "We<br />
Built The City" (Text: Bernie Taupin).<br />
Pink Floyd starten am 1.6.1972 in den<br />
Abbey Road Studios mit den Aufnahmen<br />
für DARK SIDE OF THE MOON.<br />
Island Records veröffentlicht mit Owen<br />
Grays "Twist Baby" am 2.6.1962 seine erste<br />
Single.<br />
Graceland, das langjährige Heim von Elvis<br />
Presley in Memphis, öffnet am 3.6.1982<br />
seine Tore für das Publikum.<br />
Die Beatles beginnen am 6.6.1962 mit<br />
ihren ersten Demo-Aufnahmen für EMI in<br />
den Abbey Road Studios.<br />
John Hammond Sr. nimmt den von<br />
ihm entdeckten Bruce Springsteen am<br />
9.6.1972 für Columbia unter Vertrag.<br />
Der britische "<br />
New <strong>Music</strong>al Express"<br />
veröffentlicht in seiner Ausgabe vom<br />
8.6.1962 erstmals LP-Charts.<br />
In Reihen der Band The Konrads gibt ein<br />
gewisser David Bowie am 16.6.1962 im<br />
Bromley Technical in Kent<br />
sein Bühnendebüt.<br />
Die Beatles bringen am<br />
18.6.1967 ihr Apple-Label offiziell<br />
an den Start.<br />
Am 26.6.1977 tritt Elvis<br />
Presley in der Market<br />
K<br />
Square Arena in Indianapolis auf – Teile<br />
seines letzten Konzerts sind auf THE LAST<br />
FAREWELL zu hören.<br />
Mit seinem TV-Debüt in der „Steve Allen<br />
Show", in der er am 28.6.1957 "Whole<br />
Lotta Shakin' Going' On" zum Besten<br />
gibt, avanciert Jerry Lee Lewis über<br />
Nacht zum Superstar.<br />
Bob Dylan nimmt "Blowin' In The<br />
Wind" am 9.7.1962 während einer Nachmittagssession<br />
in den Columbia<br />
Recording Studios in New<br />
York auf.<br />
© Philipp Roser<br />
Ken<br />
ny Rogers<br />
es<br />
Kenny Rogers verlässt am<br />
10.7.1967 die Folkgruppe<br />
New Christy Minstrels und<br />
startet umgehend The First<br />
Edition.<br />
Smokey Robinson absolviert am<br />
16.7.1972 seine letzte Show mit den Miracles<br />
in Washing<strong>to</strong>n, D.C., und stellt dabei<br />
gleich seinen Nachfolger Billy Griffin<br />
auf der Bühne vor.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 93
<strong>50</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Von Uli Twelker<br />
die Feiern<br />
Beat-Spektakel für die Ewigkeit<br />
Beginn um 18 Uhr, das ist ja wie Kindergeburtstag!", krähte eine Musikergat-<br />
"<br />
tin. Hamburgs Bluesveranstaltungspapst Uwe Mamminga gab Entwarnung:<br />
Ihr könnt rumlaufen, Bier holen, Platten kaufen, rare Gitarren ersteigern, al-<br />
"<br />
les locker!" Für zwei Abende machten er und King Size Taylor die Fliegenden n<br />
Bauten, das Zirkuszelt am Hamburger Dom, zum Star-Club 2012. Ted Taylor<br />
bannte die Beatles dort einst auf Band. Die originalen heiligen Hallen hat der<br />
Feuerteufel längst gefressen, jetzt erinnert die Große Freiheit 36 ans ehemalige e<br />
Stern-Kino, in dem die Zeit der Dorfmusik" (alter Plakattext) 1962 beendet<br />
"<br />
wurde. Horst Fascher, früher Geschäftsführer des Clubs, konterte Mammingas<br />
Spektakel zusätzlich mit einem Kontrastprogramm.<br />
Los ging's in den „Bauten" mit einer<br />
launigen Laudatio auf Club und Ära<br />
von Brian Parrish, Ex-Sänger der<br />
Londoners. Volldampf mit den Creapers,<br />
die mit irrer Au<strong>the</strong>ntizität frühe Beatles<br />
darstellten. In Leder, mit spitzen Star-Club-<br />
Stiefeln und amtlichen Retro-Äxten knallte es<br />
durch die Chuck-Berry- und Little-Richard-<br />
Liebe der Fab Four. Kuno Dreysse, Ex-Rivets,<br />
DJ mit soliden Rock-Dokus in Funk und TV,<br />
moderierte die Macher<br />
Mamminga/Taylor 83 <strong>Jahre</strong>!<br />
Ricky Barnes (sax)<br />
an. Knackig: King Size<br />
Taylor & Band – eine<br />
All-Star-Truppe mit<br />
dem 83-jährigen Ricky<br />
Barnes am Saxofon.<br />
Dazu die immer<br />
noch süße Beryl Marsden<br />
aus Liverpool, und<br />
wie so oft agil, sympathisch,<br />
mit Stimme<br />
und Akrobatik fesselnd<br />
Karl Terry: "Whole Lotta<br />
Shakin' Gon' On"!<br />
Cliff Bennett, eine der<br />
besten Soulstimmen<br />
Englands, trumpfte mit<br />
Killer-Besetzung auf:<br />
Rebel Rouser Sid Phillips<br />
am Sax neben Howie Casey (Seniors, Wings).<br />
Clem Clempson von Colosseum an der Semi-<br />
Acoustic-Gibson, Hamburg-Bluesband-Kollege<br />
Adrian Askew am Piano, Uwe Lost von<br />
Truck S<strong>to</strong>p am Bass und Roy Dyke (Remo<br />
Four) an den Drums. Mit 72 gut bei Stimme,<br />
legte Cliff sagenhaft vor: Das Publikum<br />
goutierte eine Show von Delbert McClin<strong>to</strong>ns<br />
"Why Me?" bis zu "Got To Get You In<strong>to</strong> My Life"<br />
– besser konnte es an diesem Abend nicht werden.<br />
Die Nashville Teens schlugen zur Star-Club-Ära mit<br />
"Tobacco Road" ein, blieben dies auch jetzt nicht<br />
schuldig. Frontmann Ray Phillips, blondiert und<br />
muskelgestählt, führte seine Band so Adrenalin-geladen<br />
vor, dass man wieder weiß, warum die Jungs<br />
im Star-Club Jerry Lee Lewis begleiteten. Kompetent<br />
lieferten sie einen Star-Club-Act, der nie dort war –<br />
The Who. Sie Se zelebrierten eeb "Substitute", doch warum<br />
nicht ihre schon damals<br />
auf Vinyl gebannte Version<br />
von "All Along The Watch<strong>to</strong>wer"?<br />
Mike Harrison<br />
Cliff Bennett (links) und Co.<br />
steht für zwei Legenden<br />
der Reeperbahn.<br />
Seine V.I.P.s brachten<br />
"I Wanna Be Free"<br />
in die Hamburger<br />
Clubszene und in<br />
die<br />
französischen<br />
Hitlisten.<br />
Spooky<br />
Tooth waren dank<br />
seiner Raspelstimme<br />
die erste Progressiv-<br />
Sensation nach Beat<br />
& Soul. Spookys<br />
"Wrong Time" croont<br />
der kleine Carlisler<br />
zurückhaltend, für "Fool<br />
ol<br />
In Love" von Frankie Miller fängt er Feuer,<br />
"Better By You, Better Than Me" von SPOOKY<br />
TWO wird voll abgefeiert, mit Steigerung am<br />
zweiten Abend.<br />
„Wie viele Ur-Lords sind noch dabei?", fragte<br />
ein Ur-Fan, als die Beat-Adeligen in Rüschen<br />
und dunklem Zwirn die Bühne betraten. „Nur<br />
Leo!" ist als Antwort etwas gemein, denn ne-<br />
The Creapers<br />
Fo<strong>to</strong>: © Uli Twelker<br />
The Lords<br />
Beryl Marsden mit King Size<br />
Fo<strong>to</strong>: © Günter Zint<br />
Fo<strong>to</strong>: © Günter Zint<br />
Fo<strong>to</strong>: © Günter Zint<br />
Seite 94 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
The Nashville Teens<br />
Fo<strong>to</strong>: © Uli Twelker<br />
Abends: Der Wahlschweizer<br />
Für viele war<br />
mit attrak-<br />
Tony Sheridan<br />
tiver Tochter (Bass, die Ikone des<br />
Co-Gesang) powerte, festlichen Treibens<br />
als sei er ihr Bruder zwischen Bauten<br />
und nicht der Daddy.<br />
und Freiheit. Der<br />
The Quarrymen<br />
waren John Lennons<br />
Truppe vor den Beatles:<br />
Beatles-Katalysa<strong>to</strong>r <strong>to</strong>r<br />
enttäuschte nicht, begleitet<br />
wie einst von der<br />
Die Altrocker aus Star-Combo mit Ricky<br />
Liverpool<br />
ga-<br />
ben sich kraftreduziert.<br />
Mike Pender's Searchers<br />
Die<br />
Stimmung<br />
im<br />
Saal schwächelte leicht, ein gehöriges Stück<br />
Arbeit für Lee Curtis: Der mit Mörderstimme<br />
und gegeltem Haupthaar Gesegnete – sechs<br />
<strong>Jahre</strong> regelmäßige Star-Club-Mucke auf dem<br />
Rücken – „hat Bandscheibe", geht aber mit<br />
Klassikern in die Offensive; an den Tasten unterstützt<br />
ihn Franz Jarnach – bekannt als Imbiss-Sitzer<br />
„Schildkröte" aus „Dittsche" im TV.<br />
Pete Best kam mit zweiten Drummer und agiler<br />
Lee Curtis<br />
Fo<strong>to</strong>: © Rock The Earth<br />
The Rattles<br />
Fo<strong>to</strong>: © Garrelt Danker<br />
Fo<strong>to</strong>: © Günter Zint<br />
Mike Harrison<br />
Fo<strong>to</strong>: © Garrelt Danker<br />
Fo<strong>to</strong>: © Garrelt Danker<br />
ben Gründer Lietz steht Lord Bernd Zamulo seit 47<br />
(!) <strong>Jahre</strong>n in der "Gloryland"-Combo, Jupp Bauer<br />
36 <strong>Jahre</strong>. Mit allen Hits und viel R&B wurde abgeräumt,<br />
"Que Sera" mit Formel-1-Speed, der Gitarrensound<br />
von Leo und Jupp näher an den Kinks<br />
anno 1982 als am Star-Club.<br />
Freitag, der 13. April kam im Doppelpack – man<br />
stürmte in die Große Freiheit, wo TV-Dino Carlo von Band: Beatles-Klassiker und Cover-Versionen wie<br />
Tiedemann launige Moderation garantierte. Zwischen<br />
Kaiserkeller und Saal-Stars non-s<strong>to</strong>p: Mike die lebensverändernde Entscheidung der Beatles<br />
"Kansas City" hatten Biss. Die Enttäuschung über<br />
Pender brannte mit jungen Searchers samt Sohn vor Ewigkeiten sah man Best nicht mehr an, seine<br />
am Drumset ein Feuerwerk ab – "Needles & Pins", Zurückhaltung glich die Band aus. Ausgesprochen<br />
"Sweets For My Sweet", "Don't Throw Your Love frisch, obwohl im fortgeschrittenen Alter: die Liverpooler<br />
Undertakers mit Ur-Mitglied Jackie Lomax<br />
my & The Rackets gehörten zu den Kraftwerken des<br />
legten kompakt vor, was in Jahrzehnten reifte.<br />
Away": Energie und bestechender Satzgesang! Jim-<br />
Jimmy & The Rackets Tag 2 in den Bauten: Neben<br />
Mike Harrison und Merseyside-<br />
Legende Karl Terry bewiesen die<br />
Rattles mit Bewährtem wie "Mashed<br />
Pota<strong>to</strong>es", "Come On And<br />
Sing", Evergreens à la "Hippy<br />
Hippy Shake" und einem aktuellen<br />
"Hotter Than Hell", dass sie<br />
beim Kopfnicken (Headbanging)<br />
als deutsche Status Quo durchgehen<br />
könnten. Chris Farlowe:<br />
Stimm-Akrobatiker aus London-<br />
Isling<strong>to</strong>n, hat Fans nicht erst mit<br />
dem Über-Hit "Out Of Time" auf<br />
Tischen und Stühlen – er glänzte<br />
mit "Hello Josephine" vom alten<br />
Fats sowie "Handbags & Gladrags",<br />
das ihm Mike d'Abo auf den kolossalen<br />
Leib schrieb. Farlowes Moderation<br />
ist zum Ablachen, er fühlt sich<br />
mit der Bennett-Truppe vom Donnerstag<br />
sauwohl. Die R&B-Haudegen<br />
John Law & The Tremors sind weltweit<br />
die am längsten in identischer<br />
Besetzung spielende Combo – ein<br />
Beleg, dass man nach <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong>n<br />
kein Moos angesetzt haben muss.<br />
The Quarrymen<br />
Fo<strong>to</strong>: © Garrelt Danker<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 95<br />
Tony Sheridan und Roy Young<br />
Barnes (Sax), und der "Euro-Little-Richard"-<br />
Legende Roy Young (Piano & Vocals), Colin<br />
Melander (The Jets, Bass) und Originaldrummer<br />
Jimmy Doyle. Kracher wie "Skinny Minnie"<br />
sowie diverse R&B-Klassiker waren gern<br />
genommene Selbstläufer, mit denen der abgeklärt-kehlig<br />
in<strong>to</strong>nierende Sänger und Gitarrist<br />
glänzen konnte. Sein hochgelobtes Spiel<br />
durfte man an diesem Abend noch immer inspiriert<br />
und ideenreich nennen. Im Biergarten<br />
gab es angeregte Gespräche zwischen Musikern,<br />
Medienvolk und Fans eines überzeugenden<br />
Ereignisses – in dieser Großartigkeit<br />
und Großzügigkeit wird es einmalig bleiben.<br />
Wer noch zweifelte, dass eine derartige Zeitreise<br />
perfekte Illusion sein konnte, schaute über<br />
den Rand seiner Currywurst-Pappe und damit<br />
mitten in die unveränderte Attraktivität von<br />
„Beat-Club"-Girl Uschi Nerke! Im September<br />
erscheint das Ereignis als DVD-Sammlung –<br />
für ganz treue Fans in einer Deluxe-Gesamt-<br />
Ausgabe zum Schwelgen!<br />
Fo<strong>to</strong>: © Günter Zint
Jeder Song ist<br />
ein Dikta<strong>to</strong>r<br />
Von Philipp Roser<br />
In irgendwelche Schubladen hat<br />
sich die englische Musikerin Joan<br />
Armatrading während ihrer mittlerweile<br />
40-jährigen Karriere noch nie pressen lassen. Die<br />
in vielen Genres sattelfeste Singer/Songwriterin hat auf<br />
ihren Platten stets das gemacht, was ihr vorschwebte, ohne<br />
sich dabei um Trends oder Plattenfi rmenwünsche zu kümmern.<br />
Etwa bei ihrem neuen Album STARLIGHT, auf dem sie sich dem Jazz<br />
widmet.<br />
Wieder mal eine andere musikalische Richtung als bei<br />
INTO THE BLUES 2007 und THIS CHARMING LIFE, das<br />
2010 deutlich rockiger ausgefallen war ...<br />
Ja, das hatte ich seit langem so geplant. Das war es, was ich machen<br />
wollte, wohin es mich gefühlsmäßig gezogen hat.<br />
Kann man die drei Alben als Trilogie sehen?<br />
Ja! Als ich 2003 LOVERS SPEAK aufnahm, habe ich im Studio alles selbst gemacht<br />
und nur einen Drummer eingesetzt. Danach beschloss ich, dass ich diese drei<br />
Alben machen wollte: je eines mit Blues, Rock und Jazz. Das habe ich in die Tat<br />
umgesetzt.<br />
Gibt es Pläne für ein viertes zu einem speziellen Genre?<br />
Ich weiß nicht, was ich als Nächstes machen werde (lacht). Ich kann nur sagen,<br />
dass ich diesen Dreier machen wollte. Was vielleicht als Nächstes kommt, da lasse<br />
ich mich selbst gern überraschen.<br />
Wann begann die Planung für das aktuelle Album? Gab es dafür schon<br />
Ideen oder Songs während der Arbeit an den Vorgängern?<br />
Nein, ich habe mich immer auf das jeweilige Projekt konzentriert.<br />
Die neuen Songs entstanden im vergangenen Jahr, nachdem<br />
ich die „This Charming Life Tour” abgeschlossen hatte. Und<br />
dann habe ich sie im Alleingang eingespielt – ich spiele diesmal<br />
auch das Schlagzeug selbst, es war niemand sonst involviert.<br />
Es sind ein paar Überraschungen auf der Platte: "The<br />
Way I Think Of You" etwa, mit dominierendem Piano.<br />
Nicht alltäglich bei einer Gitarristin ...<br />
Wer meine Platten kennt, dürfte eigentlich nicht unbedingt überrascht<br />
sein, denn das mache ich schon lange. Ich spielte schon<br />
1972 auf meinem Album WHATEVER'S FOR US viel Piano! Bei<br />
THIS CHARMING LIFE und INTO THE BLUES habe ich auch ein bisschen in die<br />
Tasten gegriffen. Jeder Song selbst bestimmt ja wie ein Dikta<strong>to</strong>r, wie man ihn<br />
zu machen hat – und in diesem Fall verlangte er eben nur nach Piano und Bass.<br />
Wie hast du die Songs geschrieben?<br />
Wie immer: Manchmal begann ich mit dem Text, dann wieder mit der Musik, mit<br />
einer Melodie, aber auch mal mit beidem gleichzeitig. Ich habe kein festes Strickmuster,<br />
muss mich nicht hinsetzen und krampfhaft versuchen, etwas zu schreiben.<br />
Mir hilft es oft, wenn ich mich bewege und mein Hirn dabei arbeiten lasse ...<br />
Sind dir auch wieder beim Putzen Ideen gekommen?<br />
Ja (lacht)! Ich bin ein sehr ordentlicher Typ, bei mir muss alles sauber sein und<br />
Hat sich im Vergleich mit den jungen<br />
<strong>Jahre</strong>n gut gehalten: Joan Armatrading<br />
alles an seinem Platz stehen – und beim Aufräumen<br />
und Putzen habe ich oft <strong>to</strong>lle Einfälle.<br />
Ich weiß nicht, was und wo es passieren wird, zu<br />
welcher Tageszeit, an welchem Ort – man muss nicht unbedingt am Piano oder<br />
mit einer Gitarre da sitzen (lacht).<br />
Viele der neuen Songs singst du in der ersten Person, erzählst aus der<br />
Ich-Perspektive ...<br />
So schreibe ich am liebsten, eigentlich schon immer. Wobei das nicht au<strong>to</strong>matisch<br />
bedeutet, dass der Song auch von mir handelt.<br />
Vieles dreht sich inhaltlich wieder um Beziehungen, um Liebe – " dein<br />
Thema"?<br />
Ja, das ist es (lacht)! Mich interessieren Beziehungen und Emotionen,<br />
die Menschen durchleben, wie ihre Verbindungen untereinander aussehen,<br />
ob sie glücklich sind, ob und wie sie kommunizieren – in “Tell<br />
Me” auf STARLIGHT geht es um Freundschaft, und das treibt mich<br />
einfach um. Denn ich denke, dass Freundschaften für unser Leben<br />
sehr wichtig sind.<br />
Wie kam es zu " Single Life"?<br />
Es hat mich gereizt (lacht)! Mich interessieren die verschiedenen Aspekte<br />
unterschiedlicher Lebensformen – manche Menschen reden<br />
über das<br />
Dasein als Single, andere übers Verheiratetsein, wieder andere über die<br />
Unterschiede dieser beiden Formen. Ich fand es einfach spannend – genau wie die<br />
Beobachtung, dass man sich eigentlich oft das wünscht, was der jeweils andere<br />
hat und man selbst nicht (lacht).<br />
Du lässt kaum was über dein Privatleben raus ...<br />
Stimmt, und das wird auch so bleiben (lacht)! Man erzählt ja seinen Freunden<br />
auch nicht alles über sich und sein Leben, macht Unterschiede, wem man welche<br />
Aspekte offenlegt. Warum also sollte ich es den Medien gegenüber anders machen?<br />
Außerdem ist es mir sehr wichtig, einen Rückzugsraum zu haben, um abschalten<br />
zu können, um mal andere Dinge zu tun; Dinge, die mich interessieren,<br />
aber niemanden sonst was angehen.<br />
© Pressefo<strong>to</strong>s<br />
Seite 96 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Garland Jeffreys<br />
Reggae, Dub, Rock<br />
Mit “Matador“ räumte der New Yorker Garland Jeffreys 1980<br />
weltweit ab (Deutschland #2), auch “Hail Hail Rock'n'Roll“<br />
(1992) war international ein Hit. Dann blieb es lange ruhig um den<br />
Mann, der zwischen seinen Alben schon immer große Pausen einlegte.<br />
2011 meldete sich der inzwischen 68-Jährige mit THE KING<br />
OF IN BETWEEN nach 14 <strong>Jahre</strong>n wieder zurück – mit knapp<br />
einem Jahr Verspätung erscheint die rundum gelungene Scheibe<br />
auch hier. Grund genug für <strong>GoodTimes</strong>-Mitarbeiter Philipp Roser,<br />
sich von Jeffreys die Hintergründe erklären zu lassen.<br />
Gilt einmal mehr: Was lange braucht, wird endlich gut ...?<br />
Ich bin ein sehr langsamer Songwriter (lacht). Natürlich wird mir diese Frage oft<br />
gestellt, aber es gibt keine dramatische Antwort darauf. Es hat vor allem damit zu<br />
tun, dass ich seit knapp 16 <strong>Jahre</strong>n Vater bin – meine Frau und ich wussten, dass<br />
unsere Tochter wohl unser einziges Kind sein wird, darum wollte ich sie hautnah<br />
aufwachsen sehen. Ich habe Kinderlieder mit ihr gesungen, sie in den Kindergarten<br />
und zur Schule gebracht und war der glücklichste Mensch! Mit ständigen Auftritten<br />
– wie ich es jetzt wieder praktiziere – hätte ich all das nicht gekonnt. Inzwischen<br />
singt sie selbst und tritt auch schon auf. Natürlich hieß es immer wieder, ich<br />
hätte für sie meine Karriere re ruiniert, aber das sehe ich nicht so!<br />
Hat der Erfolg von "Matador" und anderer Hits geholfen,<br />
dir das leisten zu können?<br />
Natürlich – vor allem “Matador” war ja ein riesiger Treffer,<br />
und ich werde den Menschen in Deutschland und Europa<br />
ewig dankbar dafür sein, dass sie uns dabei geholfen und<br />
durch die Tantiemen ein ordentliches Leben ermöglicht<br />
haben! Jetzt arbeite ich schon am nächsten Album, diesmal<br />
wird es nicht so lange dauern! Larry Campbell wird<br />
wohl auch wieder er als<br />
Produzent und Mitmusiker dabei sein.<br />
THE KING OF IN BETWEEN bringt viele musikalische Stile sehr homogen zusammen,<br />
die Texte sind persönlich und auch politisch ...<br />
Ich meine, dass sie sogar ein bisschen poetischer ausgefallen sind, auch wenn ich<br />
immer noch rüberbringen will, was mich generell umtreibt. Musikalisch möchte ich<br />
die Hörer auf eine Reise mitnehmen und dafür die unterschiedlichsten Stile zusammenfügen,<br />
die mich interessieren – so, wie ich es schon immer gemacht habe:<br />
Reggae, Dub, Rock. Wie ich es in "Love Is Not A Cliché” auch singe: „I like my Folk,<br />
I like my Jazz, I like my R&B, I love my Rock'n'Roll with a dash of Soul and funky,<br />
I like a message in my song” – das bringt alles auf den Punkt!<br />
Du bist bekennender New Yorker und bringst das zum Beispiel in "Streetwise"<br />
zum Ausdruck – der Text ist sehr persönlich, beschreibt zudem das<br />
Leben in New York ...<br />
Ja, persönlich ist der Song insofern, als ich darüber singe, wie mein Vater mir<br />
Informationen und Lebensweisheiten vermittelt hat. Er brachte mir früh bei, auf<br />
mich aufzupassen, auf der Straße immer hellwach zu sein, was um mich herum<br />
passiert: „You gotta be streetwise, kid, you gotta watch yourself out <strong>the</strong>re.” Ähnlich<br />
habe ich es mit meiner Tochter gehalten: Ich gab ihr gewisse Freiheiten, aber auch<br />
bestimmte Verhaltensregeln an die Hand, damit ihr auf den Straßen von New York<br />
nichts Schlimmes widerfährt. Larry Campbell hat alle Streichinstrumente gespielt,<br />
die dem Song ein 70er-<strong>Jahre</strong>-Feeling und diesen Philly-Sound geben.
Konzertkalender<br />
ALAN PARSONS LIVE<br />
PROJECT<br />
www.mfpconcerts.com<br />
19.07. München, Circus Krone<br />
20.07. Essen, Colosseum<br />
IAN ANDERSON'S<br />
JETHRO TULL<br />
www.dmc-music.de<br />
18.05. CH-Zürich, Volkshaus<br />
19.05. Augsburg,<br />
Schwabenhalle<br />
20.05. Berlin, Tempodrom<br />
22.05. Mainz, Phönixhalle<br />
23.05. Hamm,<br />
Alfred-Fischer-Halle<br />
25.05. Aurich,<br />
Sparkassen-Arena<br />
26.05. Siegen, KulturPur<br />
Festival<br />
27.05. Mannheim, Rosengarten<br />
28.05. Nürnberg,<br />
Meistersingerhalle<br />
29.05. Dresden, Kulturpalast<br />
05.07. A-Kufstein, Schloss<br />
06.07. A-Clam, Burg Clam<br />
20.07. Breitenbach, Festival<br />
21.07. Calw, Kloster Hirsau<br />
16.08. Bruchsal, Schlossgarten<br />
BIRTH CONTROL<br />
www.birth-control.de<br />
15.07. Salzgitter, Altstadtfest<br />
15.09. Bocholt, Alte Molkerei<br />
präsentiert:<br />
02.11. Dorsten,<br />
Treffpunkt Altstadt<br />
03.11. Uslar, Kulturbahnhof<br />
DANNY BYRANT'S<br />
REDEYEBAND<br />
www.jazzhausrecords.com<br />
18.05 CH-Gams, S-Event<br />
19.05. CH-Dietikon,<br />
Sounddock 14<br />
20.05. CH-Pratteln, Galery<br />
CACTUS<br />
www.mfpConcerts.com<br />
16.07. Nürnberg, Hirsch<br />
17.07. Dortmund, Piano<br />
HAMBURG BLUES BAND &<br />
FRIENDS<br />
www.handmadeconcerts.de<br />
26.05. Mützingen, Alte Ziegelei<br />
09.06. Dornstadt, Woods<strong>to</strong>ck<br />
14.07. Spremberg,<br />
Hotel zur Post<br />
22.07. Breitenbach,<br />
Herzberg Festival<br />
28.07. Bad Fallingbostel,<br />
Little Mississippi Bar<br />
THE HIGH KINGS<br />
www.deag.de<br />
01.09. Dresden,<br />
Theater Wechselbad<br />
02.09. Berlin, Passionskirche<br />
03.09. Mannheim, Alte Seilerei<br />
05.09. Hamburg, Fabrik<br />
06.09. Bielefeld, Forum<br />
07.09. Düsseldorf,<br />
Savoy Theater<br />
LEO KOTTKE<br />
www.assconcerts.com<br />
03.11. Mainz, Frankfurter Hof<br />
04.11. Stuttgart, Theaterhaus<br />
06.11. Hamburg. Fabrik<br />
07.11. Köln, Kulturkirche<br />
08.11. Berlin, Passionskirche<br />
LYNYRD SKYNYRD<br />
www.kb-k.de<br />
05.06. München, Zenith<br />
06.06. Leipzig, Parkbühne<br />
07.06. Berlin, Zitadelle<br />
10.06. Hamburg, Stadtpark<br />
12.06. CH-Winterthur,<br />
Eulachhalle<br />
MAGNUM<br />
www.spv.de<br />
27.05. Gelsenkirchen, Festival<br />
04.08. CH-Sursee, Festival<br />
25.10. Berlin C-Club<br />
26.10. Hamburg, Fabrik<br />
27.10. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
28.10. Köln, Kantine<br />
30.10. Ingolstadt, Eventhalle<br />
am Westpark<br />
31.10. Mannheim, Alte Seilerei<br />
03.11. Bremen, Tivoli<br />
05.11. Nürnberg, Hirsch<br />
06.11. Augsburg, Spectrum<br />
07.11. München, Ampere<br />
09.11. Burglengenfeld, VAZ<br />
10.11. Memmingen,<br />
Kaminwerk<br />
MAINHATTAN DIESEL<br />
www.mainhattandiesel.de<br />
31.05. Offenbach, Rathaus<br />
JOHN MAYALL<br />
www.assconcerts.com<br />
14.11. Nürnberg, Hirsch<br />
15.11. Worpswede, <strong>Music</strong> Hall<br />
16.11. Oldenburg, Kulturetage<br />
17.11. Osnabrück, Rosenhof<br />
18.11. Bochum, Zeche<br />
19.11. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
20.11. Freiburg, Jazzhaus<br />
21.11. München, Muffathalle<br />
22.11. Dresden,<br />
Alter Schlachthof<br />
23.11. Erfurt, HsD<br />
Gewerkschaftshaus<br />
24.11. Affalter, Zur Linde<br />
25.11. Berlin, C-Club<br />
26.11. Köln, Die Kantine<br />
DON McLEAN<br />
www.lb-events.de<br />
08.11 Düsseldorf, Tonhalle<br />
PROCOL HARUM &<br />
Das Sinfonieorchester<br />
Wuppertal<br />
www.cts.de<br />
05.+06.04.2013 Wuppertal,<br />
Stadthalle<br />
SIGGI SCHWARZ<br />
www.siggi-schwarz.de<br />
19.05. Heidenheim,<br />
Schloss Hellenstein<br />
07.06. Dischingen, Open Air<br />
23.06. Brenzpark, Open Air<br />
07.07. Tuttlingen, Open Air<br />
20.07. Ellwangen, Open Air<br />
27.07. Hüttlingen, Burg<br />
Open Air<br />
05.08. Schwäbisch Gmünd,<br />
Unipark<br />
17.08. Mosbach, Elzpark<br />
14.09. Langenau, Nau-Rock<br />
15.09. Nagold, Bluesnight<br />
21.09. Herbrechtingen, Kloster<br />
STATUS QUO<br />
www.kb-k.de<br />
18.05. Leipzig, Arena<br />
19.05. Bad Segeberg,<br />
Freilichtbühne<br />
23.06. Heidenheim Open Air<br />
17.08. Bochum,<br />
Zeltfestival Ruhr<br />
18.08. Kamenz,<br />
Hutbergbühne<br />
09.11. Regensburg,<br />
Donau-Arena<br />
10.11. Frankfurt,<br />
Jahrhunderthalle<br />
11.11. Stuttgart, Porsche-Arena<br />
13.11. Gießen, Hessenhalle<br />
14.11. Berlin, Tempodrom<br />
16.11. Köln, Palladium<br />
17.11. Aurich,<br />
Sparkassen-Arena<br />
FESTIVALS<br />
Grolsch Blues Festival<br />
www.kulturring-schoeppingen.de<br />
26.+27.05. Schöppingen,<br />
Festival<br />
u.a. Henrik Freischlader &<br />
Gary Moore's Blues Line<br />
Up, Monte Montgomery,<br />
Lucky Peterson, Delta Moon<br />
Rock im Park / Rock am Ring<br />
www.mlk.com<br />
01.–03.06. Nürnberg,<br />
Zeppelinfeld<br />
01.–03.06. Eifel, Nürburgring<br />
u.a. Motörhead, Die Toten<br />
Hosen, Metallica, Linkin Park<br />
Lovely Day's Festival<br />
www.wiesen-festivals.at<br />
07.07. A-Wiesen,<br />
Ottakringer Arena<br />
u.a. Gov't Mule, Iron Butterfly,<br />
Jethro Tull's Ian Anderson,<br />
Lou Reed & Band, Ray<br />
Manzarek & Robbie Krieger,<br />
Stan Webbs Chicken Shack<br />
Acro Bräu Classic Rock<br />
www.concertbuero-franken.de<br />
07.07. Moos, Festgelände<br />
u.a. Barclay James Harvest,<br />
Wolfgang Ambros<br />
Rheinbach Classics<br />
www.noisenow.de<br />
13.07. Rheinbach,<br />
Himmeroder Wall<br />
mit BAP<br />
Schloss Open Air<br />
www.siggi-schwarz.de<br />
20.07. Ellwangen, Schloss<br />
Ten Years After, Siggi<br />
Schwarz & Friends<br />
Burg Herzberg Festival<br />
www.burgherzberg-festival.de<br />
19.–22.07. Burg Herzberg<br />
u.a. Wishbone Ash, Tubes,<br />
Caravan, Hamburg Blues<br />
Band, Inga Rumpf<br />
MUSICALS<br />
THE WHO'S THOMMY<br />
www.<strong>to</strong>mmy-<strong>to</strong>ur.com<br />
18.05. Düsseldorf,<br />
Mitsubishi<br />
Electric-Stadion<br />
19.–21.05. Berlin,<br />
Admiralspalast<br />
22.05. Dresden,<br />
Kulturpalast<br />
24.05. Halle,<br />
Georg-Friedrich-<br />
Händel-Halle<br />
25.05. Erfurt, Alte Oper<br />
26.05. Bremen, <strong>Music</strong>al<br />
27.05. Hamburg, CCH2<br />
Pyras Classic Rock Night<br />
www.concertbuero-franken.de<br />
21.07. Pyras b. Nürnberg,<br />
Brauereigasthof<br />
u.a. Eric Burdon, Suzi<br />
Quatro, Tubes, Ramrods<br />
Rock Of Ages<br />
www.rock-of-ages.de<br />
27.+28.07. Seebronn,<br />
Open Air<br />
u.a. Alice Cooper, Europe,<br />
Bob Geldof, Fish,<br />
Fischer-Z, Tubes<br />
Rock La Roca<br />
www.noisenow.de<br />
28.07. Loreley,<br />
Freilichtbühne<br />
u.a. New Model Army,<br />
Phillip Boa<br />
Lieder am See<br />
www.concertbuero-franken.de<br />
18.08. Strandbad Enderndorf,<br />
Brombachsee<br />
u.a. Barclay James Harvest,<br />
Chris Norman<br />
Ost-Rock<br />
www.semmel.de<br />
08.09. Berlin, Wuhlheide<br />
28.09. Erfurt, Messe<br />
26.10. Leipzig, Arena<br />
01.11. Ros<strong>to</strong>ck, Stadthalle<br />
02.11. Cottbus, Stadthalle<br />
09.11. Zwickau, Stadthalle<br />
10.11. Magdeburg,<br />
Getec-Arena<br />
15.11. Dresden, Messe<br />
16.11. Frankfurt/O.,<br />
Messehalle<br />
17.11. Chemnitz, Arena<br />
mit Puhdys, Karat,<br />
Rockhaus, Pankow<br />
-Festival<br />
beat beat beat<br />
www.offenbach.de/kultur<br />
06.10. Offenbach,<br />
Stadthalle<br />
Searchers, Manfreds,<br />
Christie, Real Thing<br />
Wichtiger Hinweis:<br />
Die Veröffentlichung der Konzerttermine erfolgt<br />
ohne Gewähr. Durch die zweimonatliche Erscheinungsweise<br />
von <strong>GoodTimes</strong> muss ein Teil der Termine<br />
zwei bis drei Monate im Voraus erfasst werden.<br />
Änderungen des Veranstaltungsortes, des<br />
Datums oder Konzertausfälle sind daher möglich.<br />
Wir empfehlen Ihnen, vor einer Anreise den Termin<br />
auf der entsprechenden Internet-Seite nochmals<br />
zu überprüfen. Veranstaltungsmeldungen ohne Internet-Seitenangaben<br />
und ohne genauen Veranstaltungsort<br />
werden nicht veröffentlicht.<br />
Seite 98 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Konzertkalender<br />
ALPHAVILLE<br />
www.assconcerts.com<br />
14.07. Blankenburg, Open Air<br />
10.08. Königs Wusterhausen,<br />
Open Air<br />
18.08. Waltershausen,<br />
Freizeitzentrum<br />
JOAN ARMATRADING<br />
www.hypertension-music.de<br />
02.06. Burglengenfeld,<br />
Pfarrheim<br />
03.06. Dortmund, Open Air<br />
04.06. Wolfhagen, Kulturzelt<br />
16.06. Bad König,<br />
Freilichtbühne<br />
20.07. Würselen,<br />
Burg Wilhelmstein<br />
21.07. Jena, Kulturarena<br />
29.08. Gütersloh, Festival<br />
01.09. Göttingen, Open Air<br />
DIE ÄRZTE<br />
www.bademeister.com<br />
22.05. Bremen, Arena<br />
23.05. Kiel, Sparkassen-Arena<br />
25.+26.05. Oberhausen,<br />
KöPi-Arena<br />
27.05. Chemnitz, Arena<br />
30.05. München, Olympiahalle<br />
01.– 03.06. Berlin, Wuhlheide<br />
06.+07.06. Leipzig, Arena<br />
08.06. Mannheim, SAP Arena<br />
11.06. CH-Zürich,<br />
Hallenstadion<br />
13.06. Graz, Stadthalle<br />
15.+16.06. A-Wien, Stadthalle<br />
17.06. Interlaken, Festival<br />
19.06. Nürnberg,<br />
Arena Nürnberger Vers.<br />
22.–24.06. Scheeßel, Festival<br />
22.–24.06. Neuhausen,<br />
Festival<br />
27.06. Köln, Lanxess Arena<br />
29.+30.06. Frankfurt, Festhalle<br />
03.+04.07.Hannover,<br />
TUI Arena<br />
06.+07.07. Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
08.07. Erfurt, Messehalle<br />
10.–12.08. Dresden, Elbufer<br />
17.–19.08. Berlin, Waldbühne<br />
JOAN BAEZ<br />
www.modernewelt.de<br />
31.05. Fulda, Esperan<strong>to</strong>halle<br />
02.06. Köln, Philharmonie<br />
03.06. Frankfurt,<br />
Jahrhunderthalle<br />
05.06. Salem, Schloss<br />
07.06. Dresden, Junge Garde<br />
08.06. Benediktbeuern, Kloster<br />
10.06. Stuttgart, Freilichtbühne<br />
11.06. München, Philharmonie<br />
12.07. Nürnberg, Park des BR<br />
13.07. Mannheim, CCM<br />
BAP<br />
www.semmel.de<br />
19.05. Karlsruhe, Europahalle<br />
20.05. Saarbrücken, E-Werk<br />
22.05. Erfurt, Thüringenhalle<br />
23.05. Berlin, Columbiahalle<br />
15.06. Paderborn, Capi<strong>to</strong>l<br />
16.06. Recklinghausen,<br />
Ruhrfestspiele<br />
14.07. Heilbronn, Festival<br />
17.07. München, Tollwood<br />
23.08. Minden,<br />
Kultursommerbühne<br />
25.08. Bielstein, Brauerei<br />
26.08 Hanau, Amphi<strong>the</strong>ater<br />
01.09. St. Goarshausen,<br />
Loreley<br />
BARCLAY JAMES HARVEST<br />
www.kul<strong>to</strong>polis.com<br />
18.05. Bad Säckingen,<br />
Gloria Theater<br />
19.05. Dexheim,<br />
Kultur auf dem Hof<br />
07.07. Moos,<br />
Classic Rock Night<br />
10.08. Stadtallendorf, Festival<br />
11.08. Schwetzingen, Festival<br />
18.08. Spalt, Strandbad<br />
PHIL BATES<br />
<strong>Music</strong> Of ELO<br />
www.sounds-promotion.de<br />
19.05. Berlin, Kulturlustgarten<br />
25.05. Burg Hohenzollern<br />
02.06. Stendal, Festival<br />
29.06. Wismar,<br />
Georgenkirche<br />
30.06. Demmin, Waldbühne<br />
20.07. Neuleiningen,<br />
Burgsommer<br />
21.07. Berlin, Tegler Hafenfest<br />
17.08. Berchtesgaden,<br />
Kurpark<br />
18.08. Waltershausen,<br />
Freizeitzentrum<br />
01.09. Ehmkendorf, Gutshaus<br />
BEACH BOYS<br />
www.kb-k.de<br />
03.08. Berlin, o2 Arena<br />
04.08. Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
05.08. Mönchengladbach,<br />
Hockeypark<br />
BLACK LABEL SOCIETY<br />
www. wizardpromotions.de<br />
03.06. Hamburg, Docks<br />
07.06. Leipzig, Werk 2<br />
08.06. Osnabrück, Hyde Park<br />
19.06. Saarbrücken, Garage<br />
BLACKMORE'S NIGHT<br />
www.deag.de<br />
07.07. Neu-Isenburg,<br />
Hugenottenhalle<br />
08.07. Bonn, Beethovenhalle<br />
13.07. Essen, Philharmonie<br />
16.07. Heidelberg, Stadthalle<br />
03.08. Berlin, Admiralspalast<br />
BLOOD, SWEAT & TEARS<br />
www.dmc-music.de<br />
22.07. Mainz, Zitadelle<br />
ERIC BURDON<br />
www.dmc-music.de<br />
18.07. Leipzig, Parkbühne<br />
20.07. Kassel, Kulturzelt<br />
21.07. Pyras, Brauereigutshof<br />
ROGER CHAPMAN &<br />
THE SHORTLIST<br />
www.dmc-music.de<br />
11.06. Berlin, Zitadelle<br />
12.06. Stuttgart,<br />
Porsche Arena<br />
14.06. Augsburg,<br />
Schwabenhalle<br />
15.06. Bamberg,<br />
Stechert-Arena<br />
16.06. Mönchengladbach,<br />
Hockeypark<br />
19.08. Nordhausen,<br />
Landesgartenschau<br />
CITY<br />
www.city-internet.de<br />
18.05. Zaberkuk, Am See<br />
19.05. Großenhain,<br />
Flugplatz<br />
02.06. Schwarzenberg,<br />
Waldbühne<br />
08.06. Berlin, Trabrennbahn<br />
Karlshorst<br />
17.06. Plauen, Park<strong>the</strong>ater<br />
22.06. Wolfen, Hafenfest<br />
06.07. Nürtingen, Stadthalle<br />
07.07. Kaiserslautern,<br />
Fruchthalle<br />
28.07. Roßbach, Hasse-See<br />
03.08. Thale, Harzer<br />
Berg<strong>the</strong>ater<br />
01.09. Malchow, Festplatz<br />
LEONARD COHEN<br />
www.leonardcohen.com<br />
05.09. Berlin, Waldbühne<br />
06.09. Mönchengladbach,<br />
Hockeypark<br />
CHI COLTRANE<br />
www.dmc-music.de<br />
19.10. Baden Baden, Kurhaus<br />
ELVIS COSTELLO<br />
www.deag.de<br />
03.06. Hamburg, CCH 1<br />
04.06. CH-Zürich,<br />
Kongreßhaus<br />
CRANBERRIES<br />
www.cranberries.com<br />
25.06. Berlin, ZItadelle<br />
CURVED AIR<br />
www.crushconcerts.com<br />
18.05. Nürnberg, Hirsch<br />
19.05. Wetzlar, Franzis<br />
CHRIS DE BURGH<br />
www.kb-k.de<br />
14.08. Wismar, Georgenkirche<br />
15.08. Celle, Celler Union<br />
17.08. Gotha, Kulturhaus<br />
18.08. Merkers,<br />
Erlebnisbergwerk<br />
21.08. Hanau, Amphi<strong>the</strong>ater<br />
22.08. Fulda, Schlosshof<br />
24.08. Mainz, Schloss<br />
25.08. Mosbach, Burggraben<br />
27.08. Klaffenbach,<br />
Wasserschloss<br />
29.08. Bamberg, Konzerthalle<br />
01.09. Landshut,<br />
Burg Trausnitz<br />
03.09. Potsdam, Nikolaisaal<br />
04.09. Neubrandenburg,<br />
Marienkirche<br />
06.09. Magdeburg,<br />
Elbauenpark<br />
07.09. Iserlohn, Park<strong>the</strong>ater<br />
10.09. Hameln,<br />
Rattenfänger-Halle<br />
11.09. Lingen, Theater<br />
13.09. Dortmund, Konzerthaus<br />
DEEP PURPLE<br />
www.kb-k.de<br />
15.11. Köln, Lanxess-Arena<br />
16.11. Bremen, Halle 7<br />
17.11. Hannover, AWD-Hall<br />
20.11. Kiel, Sparkassen-Arena<br />
22.11. Frankfurt, Festhalle<br />
23.11. Oberhausen,<br />
KöPi-Arena<br />
24.11. Hamburg, o2-World<br />
26.11. Leipzig, Arena<br />
27.11. Berlin, o2-World<br />
29.11. Augsburg,<br />
Schwabenhalle<br />
30.11. München, Olympiahalle<br />
01.12 Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
BOB DYLAN<br />
www.mlk.com<br />
02.07. Berlin,<br />
Zitadelle Spandau<br />
03.07. Dresden, Freilichtbühne<br />
04.07. Bonn,<br />
Kunstrasen Gronau<br />
06.07. Bad Mergen<strong>the</strong>im,<br />
Schlosshof<br />
EAV<br />
www.helloconcerts.de<br />
07.06. Augsburg, Festival<br />
23.06. Rosenheim, Zeltfest<br />
29.06. Nagold, Open Air<br />
30.06. Tännesberg, Open Air<br />
23.07. Gröbenzell, Zeltfestival<br />
28.07. Scheyern, Open Air<br />
21.09. CH-Wetzikon,<br />
Badmin<strong>to</strong>nhalle<br />
22.09. CH-Pratteln, Z7<br />
23.09. CH-Bern, Kursaal<br />
01.11. Cottbus, Stadthalle<br />
02.11. Berlin, Tempodrom<br />
03.11. Hamburg,<br />
Große Freiheit<br />
04.11. Magdeburg, Stadthalle<br />
09.11. Roth, Mehrzweckhalle<br />
10.11. Germering, Stadthalle<br />
11.11. Ulm, CCU<br />
ELOY<br />
www.prknet.de<br />
20.06. Hannover, Capi<strong>to</strong>l<br />
24.09. Hamburg, Markthalle<br />
25.09. Berlin, Postbahnhof<br />
27.09. München, Theaterfabrik<br />
28.09. Pratteln, Z7<br />
29.09. Mainz, Frankfurter Hof<br />
30.09. Stuttgart, Longhorn<br />
01.10. Köln, E-Werk<br />
EPITAPH<br />
www.epitaph-band.de<br />
15.07. Salzgitter, Festival<br />
17.08. Finkenbach, Festival<br />
ERRORHEAD<br />
www.rock-<strong>the</strong>-earth.de<br />
18.05. Schorndorf, Manufaktur<br />
MARIANNE FAITHFULL<br />
www.modernewelt.de<br />
13.07. Berlin, Rathaus<br />
14.07. Leipzig, Gewandhaus<br />
16.07. Hamburg, Fabrik<br />
THE FLYING EYES<br />
www.tripintime.de<br />
23.05. Frankfurt, Ponyhof<br />
24.05. Bielefeld, AJZ<br />
25.05. Berlin,<br />
Bassy Cowboy Club<br />
26.05. Ahaus, Logo<br />
27.05. Beverungen, Orange<br />
Blossom Special<br />
28.05. Würzburg, Cairo<br />
29.05. CH-St. Gallen,<br />
Rümpeltum<br />
31.05. Konstanz, Kulturladen<br />
01.06. Erfurt, Museumskeller<br />
02.06. Aschaffenburg,<br />
Unsagbar<br />
03.06. Leipzig, Hinzundkunz<br />
FOOLS GARDEN<br />
www.foolsgarden.de<br />
27.05. Stuttgart, Schlossplatz<br />
02.07. München, Open Air<br />
08.07. Baden Baden,<br />
Sommernächte<br />
23.07. Lauchheim,<br />
Schloss Kapfenburg<br />
10.08. Rottweil, Festival<br />
11.08 A-Wien, Donauinsel<br />
02.10. Brakel, Stadthalle<br />
G3 – Satriani, Vai, Morse<br />
www.shooter.de<br />
21.07. Offenbach, Stadthalle<br />
23.07. München, Tonhalle<br />
24.07. Hamburg, Stadtpark<br />
BOB GELDOF<br />
www.assconcerts.com<br />
16.06. Kiel, Rathausbühne<br />
27.07. Seebronn, Festival<br />
08.09. A-St. Veit, Burgkultur<br />
22.10. Mannheim,<br />
Alte Feuerwache<br />
23.10. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
24.10. CH-Murten,<br />
Hotel Murten<br />
26.10. Rosenheim, Ballhaus<br />
27.10. Bochum, Zeche<br />
GOTTHARD<br />
www.bot<strong>to</strong>mrow.com<br />
31.10. Filderstadt, Filharmonie<br />
02.11. Berlin, Huxleys<br />
03.11. Bochum,<br />
Ruhrcongress<br />
04.11. Hamburg, Docks<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 99<br />
09.11. Langen,<br />
Neue Stadthalle<br />
10.11. Ravensburg,<br />
Oberschwabenhalle<br />
16.11. Bamberg,<br />
Stechert Arena<br />
17.11. München, Zenith<br />
20.11. A-Wien, Gasometer<br />
HERBERT GRÖNEMEYER<br />
www.herbert-groenemeyertickets.de<br />
19.05. Uelzen, Almased Arena<br />
22.05. Bochum, Stadion<br />
23.05. Bremen, ÖVB-Arena<br />
25.05. Mannheim, SAP Arena<br />
26.05. Iffezheim, Rennplatz<br />
29.05. Mönchengladbach,<br />
Hockeypark<br />
31.05. Berlin, Waldbühne<br />
04.06. Balingen,<br />
Messegelände<br />
05.06. Nürnberg,<br />
Arena Nürnberger Vers.<br />
GUNS N’ ROSES<br />
www.wizardpromotions.de<br />
08.06. Mönchengladbach,<br />
Hockeypark<br />
27.06. CH-Basel,<br />
St. Jakobshalle<br />
GURU GURU<br />
www.guru-guru.com<br />
08.06. Kaiserslautern, Festival<br />
07.07. Worms, Festival<br />
15.07. Salzgitter, Open Air<br />
17.+18.08. Finkenbach,<br />
Festival<br />
HAINDLING<br />
www.helloconcerts.de<br />
28.05. Kronach, Open Air<br />
02.06. Neukirchen, Zeltfest<br />
03.06. Bamberg, Open Air<br />
26.06. Immenstadt,<br />
Viehmarktplatz<br />
30.06. Fürth/Odw., Open Air<br />
08.07. Augsburg,<br />
Freilichtbühne<br />
09.07. München, Tollwood<br />
13.07. Gaffenberg, Festival<br />
14.07. Rosenheim, Open Air<br />
15.07. Bad Griesbach,<br />
Open Air<br />
20.07. Hohenkammer,<br />
Open Air<br />
21.07. Bodenmais, Open Air<br />
22.07. Landshut, Open Air<br />
24.07. Gröbenzell,<br />
Festwoche<br />
25.07. Starnberg, Seebühne<br />
19.10. Aschaffenburg,<br />
Stadthalle<br />
20.10 Stuttgart, Liederhalle<br />
21.10. Heidelberg, Stadthalle<br />
24.10. Nürnberg,<br />
Meistersingerhalle<br />
26.10. A-Salzburg,<br />
Sporthalle<br />
27.10 Kempten, Big Box<br />
29.10. Ulm, CCU<br />
02.11. Regensburg,<br />
Donauarena<br />
03.11. Hof, Freiheitshalle<br />
HELMUT HATTLER<br />
www.hellmut-hattler.de<br />
18.08. Finkenbach, Festival<br />
12.10. Idstein, Scheuer<br />
13.10. Stuttgart, Merlin<br />
17.10. Halle, Objekt 5<br />
18.10. Altenburg, Jazz Club<br />
19.10. Dresden, Neue Tonne<br />
25.10. Leverkusen, Scala<br />
26.10. Minden, BÜZ<br />
27.10. Bocholt,<br />
Alte Molkerei<br />
24.11. Korntal, Stadthalle<br />
08.12. Rodgau,<br />
Bühne der GBS<br />
HELTER SKELTER<br />
www.helter-skelter-live.de<br />
18.05. Oberholzheim,<br />
Festzelt<br />
26.05. Ehingen, Festzelt<br />
06.06. Augsburg, Spectrum<br />
08.06. Giengen,<br />
Walter-Schmid-Halle<br />
07.07. Frankfurt, Open-Air<br />
13.07. Krugzell, Festzelt<br />
20.07. Neustädtlein,<br />
Tanzmetropole<br />
21.07. Friedrichshafen,<br />
Au<strong>to</strong>fähre MF<br />
28.07. Immenstadt,<br />
Klostergarten<br />
ROGER HODGSON<br />
www.dmc-music.de<br />
06.06. Köln, Tanzbrunnen<br />
02.07. Dresden,<br />
Junge Garde<br />
03.07. Hamburg, Stadtpark<br />
11.07. Tuttlingen,<br />
Honberg Sommer<br />
13.07. Ritterhude, Open Air<br />
15.07. Mainz, Zitadelle<br />
19.07. Rosenheim,<br />
Landesgartenschau<br />
13.09. Hanau, Amphi<strong>the</strong>ater<br />
BILLY IDOL<br />
www.mlk.com<br />
04.07. München, Tollwood<br />
08.07. Stuttgart,<br />
Porsche-Arena<br />
10.07. Hamburg, Stadtpark<br />
11.07. Berlin, Zitadelle<br />
CHRIS ISAAK<br />
www.wizardpromotions.de<br />
15.10. Köln, Live <strong>Music</strong> Hall<br />
JIMI JAMISON<br />
www.cmm-online.de<br />
25.05. Berlin, Quasimodo<br />
26.05. München,<br />
Garage De Luxe<br />
02.06. Hamburg, Ballroom<br />
08.06. Dresden, Tante Ju<br />
14.06. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
AL JARREAU<br />
www.aljarreau.com<br />
05.07. Nürnberg,<br />
Serenadenhof<br />
13.07. Mannheim, Luisenpark<br />
GARLAND JEFFREYS<br />
www.india-media.de<br />
29.05. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
30.05. Hamburg, Down<strong>to</strong>wn<br />
Bluesclub<br />
31.05. Köln, Kulturkirche<br />
ELTON JOHN<br />
www.prknet.de<br />
01.06. Wetzlar, Hessentag<br />
29.06. Ludwigslust,<br />
Schlosspark<br />
03.07. Oberhausen,<br />
KöPi-Arena<br />
14.07. Würzburg,<br />
Residenzplatz<br />
20.07. Ulm, Münsterplatz<br />
KARAT<br />
www.karat-band.de<br />
19.05. Bad Doberan,<br />
Open Air<br />
02.06. Dresden,<br />
Altmarktplatz<br />
03.06. Coswig, Stadtfest<br />
17.06. Barleben, Festplatz<br />
30.06. Berlin, Wuhlheide<br />
01.07. Grimmen, Open Air<br />
06.07. Wittenberg, FLB<br />
18.08. Neuenhagen, Arche<br />
24.08. Weißenfels, Schlosshof<br />
01.09. S<strong>to</strong>rkow, Burghof
Konzertkalender<br />
B.B. KING<br />
www.shooter.de<br />
07.07. Frankfurt, Festhalle<br />
LENNY KRAVITZ<br />
www.mlk.com<br />
08.06. Wetzlar,<br />
Hessentagsarena<br />
20.06. Ravensburg,<br />
Oberschwabenhalle<br />
LORDS<br />
www.<strong>the</strong>lords.de<br />
02.06. Oberhausen, Festival<br />
09.06. Königs Wusterhausen,<br />
Funkerberg<br />
23.06. Cottbus,<br />
Puschkinpark<br />
20.07. Cloppenburg,<br />
Museumsdorf<br />
03.08. Darmstadt, Festival<br />
04.08. Schneeberg, Festival<br />
10.08. Kaunitz,<br />
Ostwestfalenhalle<br />
11.08. Borna, Open Air<br />
17.08. Rheine, Ems<strong>to</strong>rplatz<br />
18.08. Waltershausen,<br />
Gleisdreieck<br />
01.09. Landsberg,<br />
Felsenbühne<br />
08.09. Pößneck, Stadtfest<br />
06.10. Meuselbach, Festzelt<br />
27.10. Leer, Ostfriesenhalle<br />
WOLF MAAHN & BAND<br />
www.wolfmaahn.de<br />
26.05. Kassel, Stadtfest<br />
16.06. Bad Salzungen,<br />
Open Air<br />
06.07. Eschweiler, Festival<br />
14.07. Detmold,<br />
Rock am Herrmann<br />
07.10. Tel<strong>to</strong>w, Stadtfest<br />
MADNESS<br />
www.jazzopen.com<br />
05.07. Stuttgart, Festival<br />
MADONNA<br />
www.madonna.com<br />
28.+30.06. Berlin, o2 World<br />
PETER MAFFAY<br />
www.deag.de<br />
18.05. Bad Segeberg,<br />
Freilichtbühne<br />
19.05. Oberhof,<br />
Sprungschanze<br />
25.05. Dinkelsbühl,<br />
Schwedenwiese<br />
MANFRED MANN'S<br />
EARTHBAND<br />
www.dmc-music.de<br />
18.05. CH-Pratteln, Z7<br />
19.05. Arnsberg, Open Air<br />
25.07. CH-Cevio, Open Air<br />
05.08. Norderney, Open Air<br />
10.08. Stadtallendorf,<br />
Herrenwaldstadion<br />
11.08. Schwetzingen,<br />
Schlossgarten<br />
MELANIE<br />
www.kul<strong>to</strong>polis.com<br />
17.06. Darmstadt,<br />
Jagdhofkeller<br />
20.06. Soest, Schlachthof<br />
23.06. Berlin, Biesdorfer<br />
Parkbühne<br />
24.06. Neuruppin, Kulturkirche<br />
26.06. Halle, Objekt 5<br />
30.06. Erfurt, Theater<br />
06.+07.07. Bad Staffelstein,<br />
Kloster Banz<br />
MIKE & THE MECHANICS<br />
www.lbevents.de<br />
07.07. Honberg, Festivalzelt<br />
08.07. Dortmund,<br />
Signa Iduna Park<br />
10.07. Berlin, Tempodrom<br />
12.07. Dresden,<br />
Alter Schlachthof<br />
14.07. Offenbach, Capi<strong>to</strong>l<br />
STEVE MILLER BAND<br />
www.tmeweb.com<br />
29.10. Frankfurt, Alte Oper<br />
30.10. Bad Dürrheim,<br />
Rathausplatz<br />
31.10. Berlin, Tempodrom<br />
ALANIS MORISSETTE<br />
www.mlk.com<br />
10.07. Berlin, Zitadelle<br />
MOTHER'S FINEST<br />
www.dmc-music.de<br />
25.05. Hannover, Bluesgarage<br />
27.05. Siegen, Kultur Pur<br />
29.05. CH-Pratteln, Z7<br />
31.05. Lorsch,<br />
Rex Musik<strong>the</strong>ater<br />
01.06. Worpswede, <strong>Music</strong> Hall<br />
07.06. Rüdesheim, Bike Week<br />
08.06. Dornstadt, Open Air<br />
09.06. A-Spielberg, Roter Saal<br />
MÖTLEY CRÜE / SLASH<br />
www.wizardpromotions.de<br />
11.06. Mönchengladbach,<br />
Hockeypark<br />
12.06. Berlin,<br />
Max-Schmeling-Halle<br />
20.06. Bamberg,<br />
Stechert-Arena<br />
MARIUS MÜLLER-WESTERN-<br />
HAGEN<br />
www.prknet.de<br />
11.09. Leipzig, Arena<br />
14.09. Oberhausen,<br />
KöPi-Arena<br />
15.09. Köln, Lanxess Arena<br />
18.09. Mannheim, SAP-Arena<br />
21.09. Hannover, TUI-Arena<br />
23.09. Berlin, o2 World<br />
25.09. Hamburg, o2 World<br />
NAZARETH<br />
www.dmc-music.de<br />
18.05. Burglengenfeld,<br />
VZ Pfarrheim<br />
NICKELBACK<br />
www.mlk.com<br />
19.09. Hamburg, o2 World<br />
21.09. Köln, Lanxess Arena<br />
22.09. Frankfurt, Festhalle<br />
25.09. Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
26.09. München,<br />
Olympiahalle<br />
OMEGA<br />
www.omega.hu<br />
17.08. Berlin, Zitadelle<br />
OZZY OSBOURNE & FRIENDS<br />
www.wizardpromotions.de<br />
04.06. Dortmund,<br />
Westfalenhalle<br />
20.06. Mannheim, SAP Arena<br />
TOM PETTY<br />
www.mlk.com<br />
10.06. Hamburg, o2 World<br />
25.06. Köln, Lanxess Arena<br />
30.06. Mannheim, SAP Arena<br />
THE POGUES<br />
www.modernewelt.de<br />
07.08. Köln, Tanzbrunnen<br />
08.08. Hamburg, Stadtpark<br />
09.08. Berlin, Zitadelle<br />
DIE PRINZEN<br />
www.dieprinzen.de<br />
02.06. Coswig, Open Air<br />
08.06. Leipzig, Marktplatz<br />
10.06. Wedel, Open Air<br />
30.06. Cortendorf,<br />
Firma Sagasser<br />
07.07. Lauffen, Stadthalle<br />
13.07. Senftenberg,<br />
Amphi<strong>the</strong>ater<br />
14.07. Ziesar, Burg<br />
PUHDYS<br />
www.puhdys.com<br />
19.05. Friesack,<br />
Freilichtbühne<br />
26.05. Kamenz,<br />
Hutbergbühne<br />
02.06. Sa<strong>to</strong>w, Open Air<br />
08.06. Klosterbuch, Open Air<br />
16.06. Bitterfeld-Wolfen,<br />
Freilichtbühne<br />
17.06. Luckenwalde,<br />
Marktplatz<br />
30.06. Weißenfels, Marktplatz<br />
14.07. Landsberg,<br />
Freilichtbühne<br />
21.07. Lychen, Festwiese<br />
28.07. Klaffenbach,<br />
Wasserschloss<br />
04.08. Eberswalde,<br />
Freilichtbühne<br />
11.08. Rudolstadt,<br />
Schloss Heidecksburg<br />
18.08. Rehna, Reitplatz<br />
25.08. Nordhausen,<br />
Petersbergplatz<br />
LOU REED<br />
www.noisenow.de<br />
29.06. Bonn,<br />
Kunstrasen Gronau<br />
01.07. München, Tollwood<br />
LIONEL RICHIE<br />
www.semmel.de<br />
08.10. Frankfurt, Festhalle<br />
09.10. Halle,<br />
Gerry-Weber-Stadion<br />
22.10. Leipzig, Arena<br />
23.10. München, Olympiahalle<br />
24.11. Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
26.10. Berlin, o2 World<br />
01.12. Oberhausen,<br />
KöPi-Arena<br />
03.12. Hamburg, o2 World<br />
06.12. Köln, Lanxess Arena<br />
ROACHFORD<br />
www.india-media.de<br />
12.10. CH-Frauenfeld,<br />
Eisenwerk<br />
13.10. CH-Pontresina,<br />
Voices on Top<br />
23.10. Münster,<br />
Hot Jazz Club<br />
24.10. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
26.10. Baienfurt, Hof<strong>the</strong>ater<br />
27.10. Winterbach, Stadthalle<br />
29.10. Duisburg, Gramatikoff<br />
30.10. Bad Salzufl en, Bahnhof<br />
01.11. Wilhelmshaven,<br />
Pumpwerk<br />
02.11. Hamburg, Down<strong>to</strong>wn<br />
Bluesclub<br />
03.11. Bordesholm, Savoy<br />
06.11. Leverkusen, Scala<br />
07.11. Siegburg, Kubana<br />
INGA RUMPF<br />
www.ingarumpf.de<br />
27.05. Ratzeburg,<br />
City Open Air<br />
10.06. Hamburg,<br />
St. Michaelis<br />
16.06. Kiel, Krusenkoppel<br />
30.06. Torgau, Open Air<br />
21.07. Köpenick,<br />
Jazz-Festival<br />
RUNRIG<br />
www.india-media.de<br />
28.08. Hamburg, Stadtpark<br />
29.08. Bochum,<br />
Zeltfestival Ruhr ZFR<br />
30.08. Köln, Tanzbrunnen<br />
31.08. Stuttgart, Freilichtbühne<br />
01.09. Mainz, Zitadelle<br />
28.11. Hannover, AWD Hall<br />
29.11. Berlin, Tempodrom<br />
30.11. Leipzig,<br />
Haus Auensee<br />
01.12. Karlsruhe,<br />
Europahalle<br />
SAGA<br />
www.dmc-music.de<br />
07.07. St. Goarshausen,<br />
Loreley<br />
18.08. Bad Essen, Open Air<br />
22.08. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
17.10. Nürnberg, Hirsch<br />
18.10. Ebersbach,<br />
Konzerthaus<br />
19.10. Burglengenfeld,<br />
Stadthalle<br />
20.10. Berlin, Postbahnhof<br />
21.10. Darmstadt,<br />
Centralstation<br />
23.10. Köln, E-Werk<br />
25.10. Worpswede,<br />
<strong>Music</strong> Hall<br />
26.10. Trier, Europahalle<br />
27.10. Gießen,<br />
Kongresshalle<br />
28.10. Hamburg, Fabrik<br />
08.11. Bochum, Zeche<br />
09.11. Karlsruhe,<br />
Festhalle Durlach<br />
11.11. Augsburg, Spectrum<br />
13.11. Stuttgart, LKA<br />
15.11. Ingolstadt, Eventhalle<br />
16.11. CH-Pratteln, Z7<br />
17.11. München, Muffathalle<br />
MICHAEL SCHENKER<br />
www.assconcerts.com<br />
22.05. A-Wien, Szene<br />
SCORPIONS<br />
www.semmel.de<br />
13.10. München,<br />
Olympiahalle<br />
15.12 Oberhausen,<br />
KöPi-Arena<br />
SILLY<br />
www.silly.de<br />
26.05. Suhl,<br />
Congress Centrum<br />
02.06. Zeitz, Schlosspark<br />
Moritzburg<br />
27.07. Wittenberg, Open Air<br />
28.07. Hötensleben,<br />
Grenzdenkmal<br />
18.08. Bochum,<br />
Zeltfestival Ruhr<br />
PATTI SMITH<br />
www.noisenow.de<br />
10.07. Bonn,<br />
Kunstrasen Gronau<br />
SPACE DEBRIS<br />
www.spacedebrisprojekt.de<br />
19.05. Siegen, Festival<br />
18.08. Finkenbach, Festival<br />
SPIDER MURPHY GANG<br />
www.helloconcerts.de<br />
19.05. Ei<strong>to</strong>rf, Open Air<br />
25.05. Ochsenfurt, Zelt<br />
01.06. A-Kematen, Zelt<br />
08.06. Langerringen, Zelt<br />
15.06. Dexheim, Open Air<br />
16.06. Bräuningshof, Zelt<br />
30.06. Schwabach, Open Air<br />
06.07. Großberghofen, Zelt<br />
12.07. Nesselwang, Zelt<br />
13.07. Föching-Fellach, Zelt<br />
16.07. Schönach, Zelt<br />
20.07. Lorsch, Open Air<br />
21.07. München,<br />
Olympia-Stadion<br />
28.07. CH-Fahrwangen,<br />
Open Air<br />
11.08. A-Fürstenfeld, Open Air<br />
13.08. Peitz, Open Air<br />
Seite 100 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
18.08. Datteln, Open Air<br />
24.08. Neckarelz, Open Air<br />
01.09. Markranstadt, Open Air<br />
28.09. Allendorf,<br />
Kongress-Zentrum<br />
BRUCE SPRINGSTEEN<br />
www.mlk.com<br />
25.05. Frankfurt,<br />
Commerzbank-Arena<br />
27.05. Köln,<br />
RheinEnergieStadion<br />
30.05. Berlin, Olympiastadion<br />
09.07. CH-Zürich,<br />
Letzigrund-Stadion<br />
12.07. A-Wien,<br />
Ernst-Happel-Stadion<br />
CURTIS STIGERS<br />
www.jazzecho.de<br />
18.05. Darmstadt,<br />
Centralstation<br />
19.09. Mainz, Frankfurter Hof<br />
21.05. Hannover, Jazzclub<br />
22.05. Berlin, Postbahnhof<br />
23.05. Kiel, Kulturforum<br />
25.05. Hamburg,<br />
Elbjazz Festival<br />
26.05. Bremen, Schlachthof<br />
27.05. Krefeld, Kulturfabrik<br />
28.05. Dortmund, Domicil<br />
SWEET / SLADE*<br />
www.dmc-music.de<br />
07.07. Bad Berleburg,<br />
Rock im Bruch<br />
28.07 Bad Krozingen,<br />
Open Air*<br />
19.10. Wiesbaden,<br />
Christian-Bücher-Halle<br />
26.10. Roding, Stadthalle<br />
27.10. Essenbach, Eskara<br />
TAB TWO<br />
www.tabtwo.eu<br />
23.05. Ulm, Ulmer Zelt<br />
25.05. Düsseldorf,<br />
Henkelsaal<br />
28.07. Bad Dürkheim,<br />
Klosterruine Limburg<br />
04.08. Blaubeuren,<br />
Am Blau<strong>to</strong>pf<br />
09.08. Isny, Theaterfestival<br />
25.08. Würselen,<br />
Burg Wilhelmstein<br />
NEIL TAYLOR<br />
www.hypertension-music.de<br />
23.05. Meschede, Tröte<br />
24.05. Duisburg, Oase<br />
25.05. Duisburg, Baba Su<br />
29.05. Leverkusen, Topas<br />
30.05. Wyk auf Föhr,<br />
Erdbeerparadies<br />
TEN YEARS AFTER<br />
www.kul<strong>to</strong>polis.com<br />
15.06. CH-Gams, Open Air<br />
08.07. CH-Intelaken, Casino<br />
20.07. Ellwangen, Open Air<br />
01.09. CH-Thusis, Festival<br />
10.11. Dortmund,<br />
Musik<strong>the</strong>ater Piano<br />
17.11. A-Wörgl, Komma<br />
22.11. Dudenhofen, Festhalle<br />
23.11. Pforzheim,<br />
Kulturhaus Osterfeld<br />
24.11. Ingolstadt,<br />
Kulturhalle Westpark<br />
DIE TOTEN HOSEN<br />
www.die<strong>to</strong>tenhosen.de<br />
26.05. Frankfurt-O.,<br />
Messehalle<br />
28.05. A-Innsbruck, Dogana<br />
01.– 03.06. Nürnberg,<br />
Rock im Park<br />
TOTO<br />
www.wizardpromotions.de<br />
05.08. Schwäbisch Gmünd,<br />
UniPark<br />
14.08. Leipzig, Parkbühne<br />
16.08. Altusried, Open Air<br />
17.08. Mosbach,<br />
Großer Elzpark<br />
18.08. Coburg, Schlossplatz<br />
19.08. Köln, Tanzbrunnen<br />
UFO<br />
www.crushconcerts.com<br />
18.05. Lübeck, Sounds<br />
MIDGE URE<br />
www.hypertension-music.de<br />
18.06. Kiel, Kieler Woche<br />
19.06. Köln, Kulturkirche<br />
20.06. Dortmund, Strobels<br />
URIAH HEEP<br />
www.dmc-music.de<br />
07.07. Bad Berleburg,<br />
Rock im Bruch<br />
SUZANNE VEGA<br />
www.prknet.de<br />
05.06. Berlin, Heimathafen<br />
06.06. Hamburg, Knust<br />
07.06. Oldenburg, Kulturtage<br />
08.06. Köln, Kulturkirche<br />
VINCENT ROCKS<br />
www.vincentrocks.de<br />
19.05. Bielefeld,<br />
Leineweber-Markt<br />
20.05. Brakel, Stadtfest<br />
15.–17.06. Schloss Marihn,<br />
Festival<br />
21.07. Affalterbach, 7Eichen<br />
18.08. Datteln, Kanalfestival<br />
29.08. Baden Baden,<br />
Open Air<br />
06.10. München, Interim<br />
19.10. Ansbach,<br />
Kammerspiele<br />
10.11. Filderstadt, FilHarmonie<br />
23.11. Besigheim, Alte Kelter<br />
KIM WILDE<br />
www.<strong>to</strong>llwood.de<br />
18.06. Kiel, Kieler Woche<br />
05.07. München, Tollwood<br />
21.07. Salzgitter,<br />
Schloss Salder<br />
DIONNE WARWICK<br />
www.contrapromotion.com<br />
22.05. Berlin, Admiralspalast<br />
JOHNNY WINTER<br />
www.kul<strong>to</strong>polis.com<br />
01.11. Darmstadt,<br />
Centralstation<br />
02.11. Neuruppin, Kulturhaus<br />
03.11. Erfurt,<br />
Gewerkschaftshaus<br />
05.11. Bonn, Harmonie<br />
08.11. Losheim, Eisbahnhalle<br />
09.11. Lahnstein, Stadthalle<br />
11.11. Pforzheim,<br />
Kulturhaus Osterfeld<br />
12.11. Gelsenkirchen,<br />
Musik<strong>the</strong>ater im Revier<br />
MARTIN TURNER'S<br />
WISHBONE ASH<br />
www.kul<strong>to</strong>polis.com<br />
10.08. Stadtallendorf, Festival<br />
11.08. Schwetzingen, Festival<br />
DIE ZÖLLNER<br />
www.die-zoellner.de<br />
31.05. Berlin,<br />
Steglitzer Festwoche<br />
02.06. Leipzig, Stadtfest<br />
15.06. Berlin, Postbahnhof<br />
07.07. Dessau, Festival<br />
28.07. Zinnowitz, Festival<br />
06.09. Berlin,<br />
Café Größenwahn<br />
07.09. Ros<strong>to</strong>ck, Bogart's<br />
08.09. Perleberg, Festival<br />
14.09. Potsdam, Lindenpark<br />
28.09. Leipzig, Anker
© Frontiers/Pressefo<strong>to</strong><br />
DIE ANDEREN …<br />
Bester Sänger? Der 1979 vers<strong>to</strong>rbene Donny<br />
Hathaway<br />
Beste Sängerin? Aretha Franklin oder Etta James<br />
Beste Band? Beatles<br />
Beste(r) Songschreiber(in)? Carole King oder<br />
Paul McCartney<br />
Unterschätzteste(r) Band/Solist? Die kennt<br />
wohl niemand, war aber großartig: Thread. Sie nahmen<br />
vor etwa zehn <strong>Jahre</strong>n die gleichnamige CD auf,<br />
bekamen aber keinen Deal.<br />
Überschätzteste(r) Band/Solist? Ich stehe<br />
zwar nicht auf Punk oder Rap, aber nachdem so viele<br />
Leute diese Stile mögen, kann ich keinen Act aus<br />
diesen Genres als überschätzt bezeichnen.<br />
Beste Single? "Africa" von To<strong>to</strong><br />
Bestes Album? EXTENSION OF A MAN von<br />
Donny Hathaway<br />
Bester Song? "All In Love Is Fair" von Stevie<br />
Wonder<br />
Deine Allstar-Band? Ich würde gern mit Bernard<br />
Purdy (dr), Tommy Denander (g), Leland Sklar (b),<br />
Vince DiCola (keys) und Lenny Castro (perc) arbeiten.<br />
... UND ICH<br />
Welche Cover-Version möchtest du mal<br />
aufnehmen? "I Know It's You" von Donny Hathaway<br />
Welchen Song hättest du gern selbst geschrieben?<br />
"Yesterday" von den Beatles<br />
Wer sollte einen Song über dich schreiben?<br />
Schauriger Gedanke, aber wenn schon, dann Stevie<br />
Wonder.<br />
Wie sollte der Song heißen? "Happiness Is My<br />
Life"<br />
Was war das Highlight deiner Karriere?<br />
Viele, aber wenn ich eines herauspicken müsste:<br />
1983 die meisten Grammys mit einer einzelnen Gruppe<br />
gewonnen zu haben.<br />
Dein Lebensmot<strong>to</strong>? Lebe dein Leben nicht in<br />
der Vergangenheit, gib dein Bestes, um aus jeder<br />
guten wie schlechten Erfahrung dazu zu lernen.<br />
EINIGE W0RTE ZU ...<br />
Far Corporation/Frank Farian: Frank ist ein<br />
fantastischer Produzent, auch wenn er durch dieses<br />
Milli-Vanilli-Desaster musste. Wir sind noch gut befreundet,<br />
ich habe großen Respekt vor ihm.<br />
Diana Ross: Mein erster großer Job als Chorsänger.<br />
David Paich und ich sangen 1977 auf BABY IT'S ME.<br />
The Levee Band: Als ich sie zum ersten Mal<br />
hörte, fragte ich, wie viel es kosten würde, bei ihnen<br />
mitmachen zu dürfen. Sonny Landreth spielte eine<br />
KREUZVERHÖR<br />
Von Philipp p Roser<br />
Bobby Kimball<br />
Viel Lob für<br />
Donny Hathaway<br />
Bobby Kimball, Rocksänger mit deutschen Vorfahren,<br />
wurde als Frontmann von To<strong>to</strong> berühmt. Er wuchs in<br />
Louisiana auf, sang bei Far Corporation, nahm zuletzt<br />
eine CD mit Jimi Jamison auf und arbeitet derzeit an<br />
drei Soloscheiben ...<br />
Zeit lang bei uns, einer der besten Slidegitarristen<br />
überhaupt. Als dann ein Freund anrief, ob ich bei<br />
einer neuen Band mit drei Mitgliedern meiner damaligen<br />
Lieblingsgruppe Three Dog Night mitmachen<br />
wolle, konnte ich nicht widerstehen und verließ die<br />
Levee Band, um bei S.S. Fools einzusteigen.<br />
Keyboards: Ich hatte mit vier <strong>Jahre</strong>n begonnen, Klavier<br />
zu spielen, und fing auch früh an, Songs zu schreiben.<br />
Heute kann man mit Hilfe von Samples praktisch<br />
jedes Instrument mit den Keyboards spielen.<br />
Singers Corner: Ich dachte, es sei notwendig,<br />
Sängern eine Plattform auf meiner Website bieten<br />
zu müssen, damit sie gehört werden können. Als ich<br />
anfing zu singen, gab es ja noch kein Internet, und<br />
es war schwierig, vom Publikum und Plattenfirmen<br />
wahrgenommen zu werden.<br />
PLEASE, ANSWER<br />
THE S0NG …<br />
Why Do Fools Fall In Love?<br />
(FRANKIE LYMON, 1963) Manche Menschen verlieben<br />
sich aus den falschen Gründen. Wenn ich<br />
jemanden kennen lerne, mit dem ich zusammensein<br />
möchte und der schön ist, will ich, dass er intelligent<br />
ist. Lerne ich jemanden kennen, mit dem ich zusammensein<br />
möchte und der intelligent ist, will ich, dass<br />
er schön ist!<br />
Where Have All The Good Times Gone?<br />
(KINKS, 1965) Jeder hat gewisse Dinge aus bestimmten<br />
Lebensabschnitten, die ihm besonders wichtig sind<br />
– die betrachtet man als The Good Times". Und jede<br />
"<br />
Generation erfindet für sich The Good Times" neu.<br />
"<br />
What Are You Doing Sunday? (DAWN, 1971)<br />
Für mich ist das in der Regel der Tag, um zu entspannen<br />
und mich selbst zu verjüngen, weil ich an<br />
den Werktagen meist hart arbeite. Außerdem kann<br />
ich einiges erledigen, was während der Woche liegengeblieben<br />
ist.<br />
Who's Gonna Rock You? (THE NOLANS, 1980)<br />
Wenn man noch in der Lage und Stimmung ist, sich<br />
rocken" zu lassen, sollte man jemanden wählen,<br />
"<br />
den man wirklich liebt. Das kann wichtig sein für die<br />
eigene mentale und physische Gesundheit.<br />
Why Believe In You? (TEXAS, 1991) Wenn man<br />
jemanden wirklich versteht, ist es leicht, an ihn oder<br />
sie glauben. Man sollte einen Menschen genau<br />
studieren, bevor man sich dafür entscheidet, an ihn<br />
zu glauben. Finde jemanden, der dich etwas lehren<br />
kann und zu einem besseren Menschen macht – dann<br />
versuche, an ihn zu glauben.<br />
+ guest:<br />
Samstag, 4. August 2012, 20 Uhr<br />
Stuttgart, Schleyer-Halle<br />
Brian Wilson Mike Love<br />
Al Jardine Bruce Johns<strong>to</strong>n David Marks<br />
Freitag, 31. August 2012, 19 Uhr<br />
Stuttgart, Freilichtbühne Killesberg<br />
Samstag, 1. Dezember 2012, 20 Uhr<br />
Karlsruhe, Europahalle<br />
The Rewired Tour 2012<br />
Sonntag, 30. September 2012, 20 Uhr<br />
Stuttgart, LKA Longhorn<br />
Sonntag, 4. November 2012, 20 Uhr<br />
Stuttgart, Theaterhaus<br />
Sonntag, 11. November 2012, 19 Uhr<br />
Stuttgart, Porsche-Arena<br />
Tour 2012<br />
Samstag, 1. Dezember 2012, 20 Uhr<br />
Stuttgart, Schleyer-Halle<br />
+ guest:<br />
Karten für 27.3.<br />
behalten Gültigkeit<br />
Vorverkauf an der Konzertkasse im Saturn Stuttgart, Königsbau-<br />
Passagen sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen und bei:<br />
<strong>Music</strong> Circus Concertbüro GmbH Kartentelefon 0711 22 11 05
BAND-ARCHIV<br />
HISTORY Howie Casey (& The Seniors)<br />
Power-Hupe vom Mersey<br />
The Seniors (v.l.): Derry Wilkie (= Derek Davis, voc; †), Howie Casey (sax), Frank Wibberly (dr; †),<br />
Frank Bowen (b), Freddie Starr (= Frederick Fowell; voc), Brian Griffiths (g)<br />
Als Ende der Fünfziger am Mersey<br />
River zaghaft der Beat angemischt<br />
wurde, war Howard „Howie"<br />
Casey (geboren am 12.7.1937 in<br />
Liverpool) schon dabei. 1955 bis 1958<br />
hatte der Sohn eines Radiomechanikers<br />
tutend in The King's Regiment Military<br />
Band kostümiert verbracht. Das Dienstende<br />
kam gerade noch rechtzeitig, um<br />
sich bei einer ganz anders gearteten<br />
Truppe anzumelden,<br />
die zuvor schon als Hy-<br />
Tones (nach dem örtlichen<br />
Stadtteil Huy<strong>to</strong>n)<br />
existiert hatte: Derry &<br />
The Seniors.<br />
Sänger und Frontmann<br />
Derek Davis (= Derry Wilkie;<br />
1941–2002) und seine<br />
Combo fielen als erste<br />
Liverpooler Band Ende<br />
Juli 1960 in Hamburg ein,<br />
wo seit Juni bereits The Jets aus London<br />
als UK-Pioniere spielten (die Beatles<br />
folgten am 16. August). Howie Casey<br />
sorgte mit seinem mächtigen Gehupe für<br />
den schroff-blechernen Druck, der den<br />
rock'n'rolligen Radau der Seniors beim<br />
Publikum so beliebt machte. Hamburg-<br />
Urgestein Bruno Koschmider<br />
hatte den richtigen Riecher gehabt,<br />
als er die Crew im 2I's Club<br />
in Soho sah und sie für die norddeutsche<br />
Rotlichtmeile verpflichtete.<br />
Ihr Reper<strong>to</strong>ire mit "Good<br />
Golly Miss Molly", "Ain't That A<br />
Shame", "Long Tall Sally" & Co.<br />
sorgte bis Ok<strong>to</strong>ber für Funkenflug auf St.<br />
Pauli im Kaiserkeller.<br />
Visaprobleme beendeten den Aufenthalt<br />
an der Elbe, die Seniors<br />
mussten heimwärts ziehen.<br />
Im Liverpooler Top Ten ging's<br />
nur kurz weiter, weil der Laden<br />
abgefackelt wurde: Ausrüstung<br />
hinüber, zwei Bandmitglieder<br />
hatten genug. Die<br />
neue Besetzung stand mit<br />
Wilkie, Casey, dem neuen zweiten Sänger<br />
Freddie Fowell, Brian<br />
Griffiths (g), Frank Bowen<br />
(b) und Drummer Frank<br />
Wibberl(e)y – von Kennern<br />
e<br />
noch heute e<br />
als die solistisch<br />
beste e<br />
Formation<br />
vom Mersey<br />
bezeichnet,<br />
nicht zuletzt t<br />
wegen Howies gnadenlosem<br />
Horn. Folge: Die Band hieß ab<br />
sofort Howie Casey & The Seniors. Dies<br />
alles registrierte auch ein A&R-Mann<br />
des englischen Fontana-Labels.<br />
Und so geschah es, dass HC<br />
ein weiteres Mal bei einer Premiere<br />
dabei war: Die Seniors<br />
avancierten<br />
zur<br />
ersten Liverpool-<br />
Band, die eine<br />
LP<br />
aufnehmen<br />
durfte. An einem einzigen<br />
Nachmittag im Spä<strong>the</strong>rbst<br />
1961 schrubbten sie das<br />
komplette Album live im<br />
Studio auf die Spule, das im Januar<br />
1962 als TWIST AT THE TOP (Fontana<br />
STFL 592/TFL 5180; Reissue<br />
1965 auf Wing)<br />
als Stereo- und<br />
Mono-Ausgabe<br />
erschien.<br />
Erfolg:<br />
null,<br />
heute<br />
im<br />
Original ein<br />
gesuchtes,<br />
teures Sammler stück.<br />
Die Seniors flogen<br />
noch im Sommer auseinander:<br />
aus Freddie<br />
Fowell wurde Freddie<br />
Starr, Top-<br />
Gitarrist<br />
Griffiths<br />
ging zu den<br />
Big Three.<br />
Howie Casey landete wieder<br />
in Hamburg und verstärkte<br />
King Size Taylor & The Dominos<br />
(u.a. "Stupidity"), was ihm landesweite<br />
Auftritte, wachsende Popularität und<br />
einen immer besser werdenden Ruf<br />
einbrachte. Nach deren<br />
Auflösung und erneuter<br />
Rückkehr an den Mersey<br />
nahm der Sax-Mann mit<br />
The Pawns einen weiteren<br />
Anlauf, wurde Mitglied<br />
bei The Krew. Casey, inzwischen<br />
mit der Sängerin<br />
Barry St. John (Elizabeth Thompson aus<br />
Glasgow) verheiratet, lebte dann u.a. in<br />
Frankreich, der Schweiz und Italien.<br />
In die Sessionarbeit stieg er um 1970<br />
ein. Caseys Name stand schnell in sämtlichen<br />
Notizbüchern. Er gehörte – im<br />
Seite 102 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Howie Casey:<br />
Könner an der Kanne<br />
Seine Initialen passen, sie<br />
könnten auch der Zusatz<br />
eines Professorentitels sein:<br />
"<br />
hc" – honoris causa. Denn<br />
ein "<br />
Ehrenhalber" hat sich<br />
auch einer der populärsten<br />
Saxofonisten der Rockgeschichte<br />
längst verdient.<br />
Howie Casey gehört zu den<br />
Grundsteinlegern, der danach<br />
über mehrere Jahrzehnte<br />
diversen Topstars<br />
den Marsch geblasen hat.<br />
Studio und live – zu den Helfern von<br />
Paul McCartneys Wings (mehrere Alben),<br />
er spielte auf Platten<br />
und Bühnen u.a.<br />
für T. Rex, Mott t<br />
The Hoople, Paice<br />
Ash<strong>to</strong>n Lord, für<br />
die Hollies, Kevin<br />
Ayers, Elkie<br />
Brooks, Mi-<br />
ckey Jupp, Duster Bennett, Mary<br />
Hopkin, John Entwistle, Marmalade,<br />
Denny Laine, ABC und<br />
viele, viele andere.<br />
Der ausgezeichnete<br />
Ruf wird in der<br />
Familie Casey noch<br />
untermauert: Seit<br />
1979 lebt der Sax-<br />
Star mit seiner zweiten<br />
Ehefrau Sheila<br />
(*1946) in Bournemouth.<br />
Sie war eine<br />
der McKinlays/McKinlay<br />
Sisters (viele Singles; Les<br />
Humphries Singers) und<br />
war als Backgroundsängerin<br />
u.a. für die Beatles<br />
und <strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>nes aktiv.<br />
Mit Howie formierte<br />
sie schon vor rund 30 <strong>Jahre</strong>n The Slobs<br />
– eine Band, die je nach Lust und Laune<br />
noch immer mit einem Programm aus<br />
R&B, Soul und Rock'n'Roll auftritt.<br />
Das musikalisch überzeugende Gesamtwerk<br />
der Pioniere Howie Casey & The<br />
Seniors (Original-LP plus Singletracks<br />
plus Unveröffentlichtes, fast durchweg<br />
als Stereo-Ausgabe) gibt es auf der CD<br />
TWIST AT THE<br />
TOP PLUS... von<br />
Bear<br />
Family:<br />
zwar noch nicht<br />
ganz<br />
„beatig",<br />
aber qualitativ in<br />
der Tat besser als<br />
so manches, das<br />
sich kurz darauf sogar in den Hitlisten<br />
tummeln durfte. Da waren die Seniors<br />
aber leider schon Geschichte.<br />
Bernd Ma<strong>the</strong>ja
Höhepunkt des Country-Rock<br />
Geplant war ursprünglich ein Album von Steven Stills. Am Ende stand ein<br />
äs<strong>the</strong>tisch und kommerziell außergewöhnliches Bandprodukt: MANASSAS, das<br />
herausragende Debüt der gleichnamigen Country-Rockband aus den Siebzigern.<br />
Eigentlich war Stills 1972 in Miami ins Studio gegangen, um seine dritte<br />
Soloplatte aufzunehmen; als<br />
Mitstreiter eingeladen waren<br />
bereits Chris Hillman, Al Perkins<br />
und Byron Berline, sämtlich<br />
erfahrene Country(-Rock)-<br />
Asse. Zu diesem Trio stießen<br />
noch die Sessionmusiker Dallas<br />
Taylor, Fuzzy Samuels, Paul<br />
Harris und Joe Lala – damit<br />
war ein ungemein vielseitiges<br />
Kollektiv komplett, das jeden<br />
Stil zwischen Country und Latin<br />
beherrschte. Stills blieb der<br />
Lenker, der die Sessions finanzierte<br />
und zudem den größten<br />
Teil der Songs komponierte. Er<br />
teilte das Doppelalbum lb in vier Sektionen ein: "The Raven" stand für Rock und<br />
Latin, "The Wilderness" größtenteils für akustischen Country- und Bluegrass-<br />
Mai 2002: Erinnerung an "<br />
James Pavarotti"<br />
Als 1998 wie aus dem<br />
Nichts ein Solo-Album mit<br />
dem Titel STUMBLEDOWN<br />
ROMANCER (Chrysalis) erschien,<br />
hatten die enthaltenen<br />
Aufnahmen bereits fast 20<br />
<strong>Jahre</strong> auf dem Buckel. Und als<br />
Mitte Mai 2002 die Nachricht<br />
des Todes von James „Jim"<br />
Dewar über die Ticker lief, war<br />
auch er seit <strong>Jahre</strong>n scheinbar<br />
vergessen. Kaum jemand<br />
wusste, dass der Bassist und<br />
Sänger bereits Ende der 80er<br />
<strong>Jahre</strong> schwer erkrankt war, einen<br />
Schlaganfall erlitten hatte<br />
HISTORY<br />
MANASSAS • MANASSAS • 2 LP, 18, 71:58; 1972<br />
Gesuchtes nach (Bank-)Noten<br />
Country Joe McDonald: War War War (One Way OW30995); 1995<br />
ROCK-CLASSICS<br />
sound mit herrlichen Harmonien, "Consider" kehrte zurück zu Crosby, Stills,<br />
Nash & Young, und "Rock'n'Roll Is Here To Stay" war Rock pur. Für diese<br />
Bereiche fand Stills die perfekten Lieder, und das<br />
Oktett erarbeitete kongeniale Arrangements.<br />
Vom ersten Akkord des Openers "Song Of<br />
Love" bis zum letzten Ton der bluesrockigen<br />
vierten Seite bietet das Doppelalbum<br />
packende, melodische und<br />
abwechslungsreiche Rockmusik,<br />
wie sie Stills selbst in seiner gesamten<br />
Karriere auf diesem Niveau<br />
nie mehr gelang. Mit dieser Veröffentlichung<br />
deckte er das gesamte<br />
Spektrum ab, aus dem sich der<br />
Country-Rock speiste; und er lieferte<br />
dafür Songkreationen, die zum Besten<br />
gehören, was in diesem Stilsegment ver-<br />
fügbar ist. Anschließend <strong>to</strong>urten Manassas<br />
um die Welt und gingen für die zweite LP DOWN<br />
THE ROAD ins Studio. Das war's dann, leider. Die gesamte Unternehmung kam<br />
ins Straucheln, zurück blieb immerhin ein Meilenstein, der unverrückbar in der<br />
Rock-His<strong>to</strong>ry steht.<br />
mr<br />
DATENBANK<br />
und seitdem in einer Einrichtung betreut werden musste. Der Mann aus Glasgow<br />
(*12.10.1942) begann seine Karriere bei den Gleneagles, spielte mit Lulu<br />
& The Luvvers eine EP und eine LP ein. 1967 gehörte er zu den Blues-Rockern<br />
Power, die von ihrem Entdecker (Led-Zeppelin-Manager Peter Grant) in S<strong>to</strong>ne<br />
The Crows unbenannt wurden. Nach zwei LPs verließ Dewar die Band um Maggie<br />
Bell, das hoffnungsvolle 1971er Projekt Jude (Dewar, Frankie Miller, Robin<br />
Trower, Clive Bunker) blieb leider ein Traum ohne Aufnahmen. Dann jedoch, an<br />
der Seite von Gitarrist Trower, lief der Schotte auf neun Alben zur gesanglichen<br />
Hochform auf: „The Pavarotti Of Rock'n'Roll" und „The Lost Voice Of Rock"<br />
sind nur zwei von vielen Bezeichnungen, die Dewars unnachahmlich kräftiger,<br />
dennoch einfühlsamer und dabei niemals gekünstelter In<strong>to</strong>nation zuteil wurden.<br />
Seine Solo-Aufnahmen von 1998 – mit Mat<strong>the</strong>w Fisher, Mo Foster und<br />
gleich fünf ehemaligen Van-Morrison-Begleitern (Hayes, Van Hooke, Platania,<br />
Shaar, Allair) – sind die bislang letzten Erinnerungen an einen der „stillen Großen"<br />
der Rock-His<strong>to</strong>rie. Vor zehn <strong>Jahre</strong>n, am 16. Mai 2002, ist Jimmy Dewar im<br />
Dykebar Hospital in Paisley (Glasgow) im Schlaf vers<strong>to</strong>rben.<br />
bm<br />
RAR & TEUER<br />
Nach fast 30 <strong>Jahre</strong>n CD kommt's immer öfter vor: Aus den Katalogen<br />
gestrichene Discs bleiben ohne Neuauflage verschwunden. Zum Beispiel die<br />
ver<strong>to</strong>nten Weltkrieg-I-Gedichte, die Joe Mc-<br />
Donald 1971 in New York für das Vanguard-<br />
Label als LP einspielte (VSD 79315). Es gab<br />
schon mehrere Reissue-Schübe mit (Country-Joe-)Material<br />
dieses Labels, doch immer<br />
fehlte WAR WAR WAR. Der engagiert-aufmüpfige<br />
Amerikaner hatte, rechtlich abgesichert,<br />
die Texte dem Buch „Rhymes Of A Red<br />
Cross Man" entnommen. Au<strong>to</strong>r: Robert William<br />
Service (1874–1958). Der Engländer aus<br />
Pres<strong>to</strong>n versuchte sich ab 1895 als Farmer in<br />
Kanada, arbeitete dann als Banker und war Gesuchte Original-LP<br />
1912 Militärkorrespondent. Im Ersten Weltkrieg steuerte er als Sanitäter einen<br />
Ambulanzwagen. Seine grauenvollen Erlebnisse setzte Service in Gedichte um.<br />
Daraus machte McDonald – Gesang, Akustikgitarre, Mundharmonika – neun<br />
bewegende Songs, u.a. "The March Of The Dead", "The Munition Maker",<br />
"War Widow" und, als Höhepunkte, "The Man From Athabaska" und "Jean<br />
Desprez". Seit das One-Way-Label die Arbeit<br />
einstellte, ist die CD-Version von 1995 ausverkauft,<br />
für die inzwischen bis zu 100 Dollar<br />
verlangt werden. Die Auswertungsrechte/<br />
UK für Vanguard-Material hält Ace Records,<br />
die McDonalds QUIET DAYS IN CLICHY und<br />
INCREDIBLE! LIVE! auf CDs umhoben – vor<br />
knapp 15 <strong>Jahre</strong>n! Seitdem: Funkstille. McDonald<br />
auf Anfrage zum Au<strong>to</strong>r: „Vanguard hat<br />
entschieden, die LP an niemanden weltweit<br />
zu lizenzieren. Weil aber so viele Leute immer<br />
wieder danach fragen, habe ich sie neu eingespielt. Gruß, Joe." Erhältlich nur<br />
als Download, beispielsweise bei Amazon und iTunes.<br />
bm<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 103
SPURENSUCHE<br />
HISTORY<br />
The Savages<br />
Reif für die Insel<br />
Howie Rego Paul Muggle<strong>to</strong>n Jimmy O'Connor Robert Zuill<br />
Sie waren nur eine Fußnote der Rock-His<strong>to</strong>ry – aber gerade das hat ihnen einen Status eingebracht, der schon Jahrzehnte überdauert.<br />
Ihr einziges Album und drei daraus entnommene Singles verendeten im Nirgendwo. Nein, gemeint sind nicht die englischen<br />
Savages, die – hochkarätig besetzt – Screaming Lord Sutch durch die Frühsechziger begleiteten. Und auch mit den vielfältigen<br />
Musikszenen auf dem amerikanischen Festland oder Australien hatte dieses Quartett keine Berührung ...<br />
Die gekappten Sommerbeinkleider<br />
sind geschmacklich zumindest<br />
strittig, und der Ruf des nominell<br />
ebenfalls verwandten Dreiecks<br />
hat in etwa den eines Löffelverbiegers<br />
und „Nessie" aus dem Loch: Spinnkram.<br />
Das Stichwort lautet Bermuda!<br />
Vier Musiker haben es vor 45 <strong>Jahre</strong>n<br />
geschafft, den Namen des britischen<br />
Überseegebiets im Nordatlantik – rund<br />
1000 km vor der Küste von North Carolina<br />
– auf die Rock-Landkarte zu hieven:<br />
The Savages waren 1965 reif für<br />
die Insel(gruppe) und nahmen in der<br />
Hauptstadt Hamil<strong>to</strong>n<br />
den Betrieb auf.<br />
Bereits aktiv waren<br />
The Weads ("Don't<br />
Call My Name"; US-<br />
Touris/Studenten)<br />
und The Gents ("If<br />
You Don't Come<br />
Back", Bermuda-<br />
Eigengewächse).<br />
Was sich seit rund<br />
drei <strong>Jahre</strong>n in Liverpool,<br />
London und kurz darauf in<br />
Ami-Garagen tat, war auch bis auf die<br />
exotischen 1<strong>50</strong> Korallen-Eilande vorgedrungen.<br />
Hier stand und fiel alles<br />
mit einem Mann: Eddy DeMello, ein<br />
geschäftstüchtiger Hyperaktiver portugiesischer<br />
Abstammung. Er managte<br />
Bands, arbeitete als ihr Produzent, war<br />
Veranstalter, besaß den einzigen Plattenladen<br />
(<strong>Music</strong> Box) und führte sein<br />
eigenes Label, Duane Records; keine<br />
Frage, dass auch seine Verbindungen<br />
zum Inselsender ZBM und Chef-DJ<br />
Bryan Lodge die besten waren – eine<br />
lückenlose Vermarktungskette<br />
wie aus dem<br />
Bilderbuch.<br />
The Savages standen,<br />
lange vor der Wortschöpfung,<br />
für „Multikulti".<br />
Die Bandgründer<br />
Paul Muggle<strong>to</strong>n (voc,<br />
g; *1948) und James<br />
„Jimmy" O'Connor (voc,<br />
g; 1946) stammten aus<br />
England<br />
bzw. Australien. Zwei<br />
Bermudians<br />
ergänzten<br />
die Besetzung, Robert<br />
„Bobby" Zuill (b; 1947)<br />
und der Schlagzeuger<br />
Howard Rego (19<strong>50</strong>).<br />
Ihre ersten Gehversuche<br />
liefen im <strong>to</strong>uristischen<br />
Mittelpunkt von Hamil<strong>to</strong>n,<br />
dem Princess Hotel<br />
und kleineren Clubs der<br />
Inseln. DMll DeMello sah, hörte und griff<br />
zu. Gleich eine ganze LP sollte es sein,<br />
mit der er „die Wilden" populär machen<br />
wollte. Vor rund 1<strong>50</strong> Urlaubern<br />
und heimischem Jungvolk lief am 6.<br />
Februar 1966 im Princess eine Vierspurmaschine:<br />
perfekte Studiotechnik<br />
– Fehlanzeige.<br />
Und es geschah Überraschendes: Bedienten<br />
sich UK-Bands jener Zeit<br />
gern bei US-Vorreitern und klauten<br />
viele amerikanische Frühpunkmucker<br />
wiederum bei den Briten, legten<br />
The Savages selbst Hand an. Nur drei<br />
Cover-Versionen<br />
rutschten in ihr<br />
veröffentlichtes<br />
Gesamtwerk: der<br />
<strong>to</strong>tale Missgriff<br />
"On Broadway"<br />
(Drifters), "We<br />
Gotta Get Out Of<br />
This Place" (Animals)<br />
und – was<br />
sonst st ...<br />
–<br />
ein<br />
Song der isländischen<br />
n<br />
Band Thor's Hammer,<br />
"Ertu Med", als "He's<br />
A Man". Alles andere:<br />
Eigenbau – der kapitale<br />
Brecher "The World<br />
Ain't Round, It's Square",<br />
die Garagenschleicher<br />
"Quiet Town" und "I Believe",<br />
die Studio-Einspielungen ngen<br />
"Roses Are Red, My Love"<br />
und "No No No": alles<br />
Ware, die bei besseren<br />
überregionalen Möglichkeiten<br />
das Zeug zu<br />
größerer Bekann<strong>the</strong>it<br />
gehabt hätten.<br />
Die Savages absolvierten<br />
zwar Stippvisiten auf das<br />
US-Festland, was jedoch nicht<br />
genügte. Nach einem „heftigen Zwischenfall"<br />
in Harlem, New York, ging<br />
die Band Knall auf Fall auseinander.<br />
Muggle<strong>to</strong>n und O'Connor spielten<br />
mit Glen Mello (b; The Gents) und<br />
Andy Newmark (dr) 1969 BERMUDA<br />
JAM auf DynoVoice ein; Muggle<strong>to</strong>n<br />
tauchte <strong>Jahre</strong> später bei den Londoner<br />
Pub-Rockern Omaha Sheriff wieder<br />
auf und lebt seit den Achtzigern mit<br />
der Sängerin Judie Tzuke zusammen<br />
(zwei Kinder).<br />
LIVE 'N WILD (Duane ELP 1047), das<br />
gelungen-charmante Album der Sa-<br />
vages, gilt als eine kleine „Blaue<br />
Mauritius Of Garagen-Rock"<br />
– für ein kriminell seltenes<br />
Original werden mehrere<br />
hundert Euro fällig;<br />
selbst fragwürdige<br />
Vinyl-Nachpressungen<br />
von 1984 sind inzwischen<br />
Raritäten, und eine<br />
legale CD-Ausgabe gab es<br />
nie. Einziger Trost: Die Songs<br />
der Band<br />
sind über Internet abrufbar.<br />
Auch wenn in Person<br />
der<br />
Sängerin Hea<strong>the</strong>r Nova<br />
(*1967) eine weitere dort<br />
geborene<br />
Künstlerin<br />
den Namen Bermuda<br />
populärer gemacht haben<br />
dürfte: Wegbereiter<br />
war eine kleine, obskure<br />
Nobody-Band. Sie könnte<br />
jedem<br />
Mittsechziger-Fan gefallen<br />
– und sorgt bei Hardcore-LP-<br />
fll<br />
Sammlern für feuchte Finger.<br />
Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
Seite 104 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Leserbriefe<br />
Hallo <strong>GoodTimes</strong>,<br />
wer wüsste besser als ihr, dass Platten- und CD-Sammeln recht teuer sein<br />
kann. In Heft Nr. 5/2011 habt ihr auf 60 <strong>Jahre</strong> Musikfestival San Remo aufmerksam<br />
gemacht!<br />
Von den bekannteren Hollies- oder Yardbirds- über Los Bravos-, Renegades-<br />
bis hin zu unbekannteren Bachelors-, Chad & Jeremy- oder Mungo-Jerry-Aufnahmen<br />
gab es für mich reichlich Neuland zu entdecken – mit<br />
dem Ergebnis: Meine italienische Phase" über Bachelors, Casuals, 1919<br />
"<br />
Fruitgum Co., Tommy James usw. hat mich inzwischen mehr als 2000,– €<br />
gekostet ... Ende open!<br />
Grüße, Hermann Ramroth<br />
20 <strong>Jahre</strong> gibt es euch jetzt schon, wirklich unglaublich!<br />
Ihr habt euch wirklich von einem besseren Fanzine zu einer richtig professionellen<br />
Musikzeitschrift gemausert, was aber nicht heißen soll, dass nicht<br />
von Anfang an alles bestens recherchiert war und es Spaß gemacht hat,<br />
<strong>GoodTimes</strong> zu lesen. Und so soll es möglichst auch bleiben. Lieber alle<br />
zwei Monate erscheinen, dafür bitte keine Qualitätsabstriche machen!<br />
Ich würde befürchten, dass es eben diese Abstriche gäbe, würdet Ihr jeden<br />
Monat erscheinen, wie manch einer fordert. Mir wäre das, ehrlich gesagt,<br />
auch zu viel, da ich gerne noch Bücher etc. lese.<br />
Viele Grüße sendet euch Thomas Poser<br />
Hallo,<br />
zu dem Beitrag über die multicoloured Singles möchte ich etwas ergänzen.<br />
Es gibt zumindest noch zwei weitere Singles, die zu diesen Erscheinungen<br />
gehören:<br />
The Love Affair – A Day Without Love / I'm Happy – CBS 3674<br />
Mountain – Long Red / Blood Of <strong>the</strong> Sun – Bell/CBS 531.<br />
Teilweise sind die Singles auch in unterschiedlichen Farbschattierungen<br />
aufgelegt worden und teils sogar in lila (Santana – Jingo) – so wie einige<br />
andere aus dem CBS-Katalog (Johnny Winter – Johnny B. Goode, Spirit –<br />
Animal Zoo sogar in Lila und Rot).<br />
Natürlich gab es vorher und erst recht nachher noch viel mehr bunte Singles.<br />
Aber irgendwie gehören diese paar "<br />
Unis" zu der multicoloured Serie<br />
dazu.<br />
"Piece Of My Heart" ist als Big Bro<strong>the</strong>r erschienen und nicht als Janis Joplin.<br />
Und bei Al Kooper ist "I Stand Alone" nur die Rückseite von "Western Union<br />
Man", so wie Electric Flags "Sunny" die Rückseite von "Soul Searchin'" ist.<br />
Gruß, Georgios Theodorakopoulos, Hamburg<br />
Sehr geehrte Redaktion,<br />
als Leser und Abonnent der ersten Stunde nur eine kurze Wortmeldung.<br />
Dass ich <strong>GoodTimes</strong> heute immer noch lese (im Gegensatz zu anderen Musikzeitschriften,<br />
die ich vor 20 <strong>Jahre</strong>n auch abonniert hatte), hat sehr viel<br />
mit Inhalt und Information zur Musik meiner Jugendzeit zu tun (ich bin 63).<br />
Außerdem gibt es bei euch auch jede Menge an Informationen zu guter<br />
aktueller Musik.<br />
Um so glücklicher war ich, dass nun endlich einer meiner Heroen – Bob<br />
Seger – etwas umfangreichere Erwähnung fand. Interessanterweise wurde<br />
er zeitgleich auch vom "<br />
<strong>Rolling</strong> S<strong>to</strong>ne" und "<br />
Classic Rock" mit mehrseitigen<br />
Artikeln bedacht.<br />
Als fleißiger Konzertgänger ist es allerdings sehr schade, dass wir ihn in<br />
Europa nicht mehr sehen werden und zu einem Konzert wohl in die Staaten<br />
fliegen müssten. Dazu kommt, dass es von seinen Konzerten keine qualitativ<br />
hochwertigen Videomitschnitte gibt; was ich habe, habe ich mir aus dem<br />
Internet zusammengesucht, eben mit entsprechenden Qualitätsmängeln.<br />
Wenn man bedenkt, dass manche schwachbrüstigen Bands und Sänger<br />
mit eigenen Konzertmitschnitten im DVD-Angebot erhältlich sind bzw. eine<br />
Box mit Werkschauen oder Bands<strong>to</strong>ries der nächsten folgt, ist das eigentlich<br />
nicht zu verstehen.<br />
Ansonsten noch dickes Lob für die Informationsdichte und -vielfalt, besonders<br />
gefallen mir auch die CD-Besprechungen, die ohne die elitären Bewertungen<br />
in Form von Sternen oder Punkten auskommen. Ob ein Rezensent die<br />
CD, die DVD, das Konzert oder das Buch gut oder schlecht findet, ist für mich<br />
belanglos, ich möchte nur kompetent informiert werden, dass diese Sachen<br />
erschienen sind und was man erwarten kann. Vielleicht als Beispiel dazu gerade<br />
die Rezension zu Bob Segers "Ultimate Hits". Mich stört "Little Drummer<br />
Boy" überhaupt nicht, ich vermisse allerdings z.B. "Understanding" und "If'<br />
I Were A Carpenter", Platz wäre noch gewesen. Deshalb – eine eigene Meinung<br />
bilden und z.B. Kaufentscheidung treffen – das sollte man schon selbst.<br />
In diesem Sinne – macht weiter so und alles Gute zum 20. !!!!!<br />
Viele Grüße "<br />
Ecki" Heckert, Menteroda<br />
DAS BRANDNEUE ALBUM<br />
VON JOE WALSH!<br />
JOE WALSH – MITGLIED DER EAGLES, GRAMMY -<br />
PREISTRÄGER UND ROCK `N ROLL LEGENDE – JOE<br />
WALSH KEHRT MIT ANALOG MAN, SEINEM ERSTEN<br />
SOLO-ALBUM SEIT 20 JAHREN, IN TOPFORM ZURÜCK!<br />
A<br />
Das Album entstand in<br />
den vergangenen zehn<br />
<strong>Jahre</strong>n und basiert auf<br />
persönlichen Erfahrungen,<br />
die jedem einzelnen Track<br />
Leben einhauchen.<br />
„Ich hab einfach wirklich<br />
das Gefühl, dass jetzt alles<br />
zusammenpasst. Endlich<br />
fühle ich mich als Mensch<br />
und Musiker vollständig“,<br />
merkt Walsh dazu an.<br />
Erhältlich als CD, 180gr Vinyl und Download<br />
www.universal-music.de<br />
GLENN FREY<br />
After Hours<br />
Das Eagles Gründungs -<br />
mitglied schlägt auf seinem<br />
aktuellen Soloalbum<br />
eine neue Richtung ein!<br />
Entstanden aus seiner<br />
Begeisterung für die Songs<br />
von Künstlern wie Tony Bennett, Nat King Cole und Dinah<br />
Washing<strong>to</strong>n, vereint „After Hours“ 14 zeitlose Songs aus den<br />
40ern, mit Stücken seiner Zeit genossen und musikalischen<br />
Wegbegleiter, sowie amerikanischen Klassikern.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 105<br />
Erhältlich als CD, LP und Download<br />
www.universal-music.de
© Pressefo<strong>to</strong><br />
... zuguterletzt Impressum<br />
KLAUS LULEY SOUND IT OUT BALLROOMSHAKERS<br />
Zurück im<br />
Melodic Rock<br />
Klaus Luley galt in den 80er <strong>Jahre</strong>n als<br />
eine der besten Rockstimmen in Deutschland.<br />
Er nahm als Sänger/Gitarrist je drei<br />
Alben mit Tokyo und Craaft auf, die einige<br />
<strong>Jahre</strong> lang auch international für Furore<br />
sorgten. Dann wurde es still um den ausdrucksstarken<br />
Frontmann, der sich jetzt<br />
mit seinem ersten Solo-Album TODAY'S<br />
TOMORROW wie aus dem Nichts zurückmeldet.<br />
Die Alben von Tokyo und Craaft wurden<br />
gerade wiederveröffentlicht – nun<br />
kommst du auch noch solo ...<br />
Irgendwie war alles Fügung. g Im Ok<strong>to</strong>ber<br />
entschied ich mich,<br />
wieder abzunehmen,<br />
und begann<br />
außerdem, neue<br />
Songs zu schreiben.<br />
Ich bin schon<br />
wieder dabei, habe<br />
bereits sechs, sieben<br />
Stücke für die nächste Produktion<br />
fertig. Vor anderthalb <strong>Jahre</strong>n kam Michael<br />
Voss, der seine Band Mad Max und<br />
viele andere produziert hat, auf mich zu<br />
– der hat mich kräftig wachgerüttelt! Wir<br />
nahmen im Januar bei ihm auf. Ich bin<br />
musikalisch in den 80er <strong>Jahre</strong>n hängengeblieben,<br />
kann nichts anderes als melodischen<br />
Rock – ich habe mal versucht,<br />
was in Richtung Rammstein zu machen,<br />
aber das kann ich nicht.<br />
Was hast du zuletzt getrieben? Es gab mal<br />
eine Klaus Luley Band, ein Klaus Luley<br />
Project ...<br />
Das waren Versuche, wieder Tritt zu fassen.<br />
Es gab damals einige Intrigen im<br />
Business gegen mich, so dass ich kein<br />
Bein mehr auf den Boden bekam. Ich<br />
ging durch eine Menge üble Beziehungen<br />
mit Frauen, wurde arbeitslos, musste<br />
mich beim Amt melden. Ich war ziemlich<br />
unten, bis ich mir irgendwann sagte:<br />
Klaus, mach was mit Musik, das liegt dir<br />
am Herzen! Ich fing vor sechs <strong>Jahre</strong>n an,<br />
Gitarrenunterricht zu geben, und habe<br />
immer weiter Songs komponiert.<br />
Bei Craaft warst du in erster Linie Sänger<br />
– auf der neuen CD spielst du alle Gitarren<br />
selbst.<br />
Ich habe gern gesungen, aber meine Gitarre<br />
war bei Craaft immer ein bisschen in<br />
die Seitenstraße gestellt. Jetzt wollte ich<br />
mal zeigen, was ich auch da so alles drauf<br />
habe.<br />
pro<br />
Doku-Movie:<br />
Plattenladen<br />
Im entindustrialisierten, ziemlich abgewrackten<br />
Teil des englischen Nordostens<br />
liegt die kleine Stadt S<strong>to</strong>ck<strong>to</strong>n-on-Tees.<br />
Dort betreibt Tom Butchart mit seinen Helfern<br />
David und Kelly auf 115qm den letzten<br />
unabhängigen Plattenladen der gesamten<br />
Region: Sound It Out Records mit <strong>50</strong>.000<br />
neuen und gebrauchten Vinylplatten und<br />
CDs; dazu natürlich Tapes, Poster und<br />
Memorabilia. Hin und wieder finden auch<br />
kleine Konzerte statt. Es herrscht eine ganz<br />
spezielle Atmosphäre im sympathisch vollges<strong>to</strong>pften<br />
Shop – mit wundervollen, im<br />
besten Sinne schrulligen Stammkunden: Sie<br />
kämen nie auf die Idee, ihre Platten beim<br />
Kettenriesen HMV zu kaufen. Dennoch ist<br />
der Laden durch Zeitenwandel und Internet<br />
in seiner Existenz bedroht.<br />
Die aus der Gegend stammende Regisseurin<br />
Jeanie Finlay, früher selbst Kundin, hat ein<br />
hinreißendes, zwischen Humor und Schwermut<br />
pendelndes Porträt der Menschen in<br />
diesem Refugium gedreht. Da ist der (fast)<br />
allwissende Tom, der seine sämtlichen Schätze<br />
kennt und die übrigen beschaffen kann;<br />
ein hochnäsiges Mot<strong>to</strong> à la „If we don't have<br />
it, you don't need it“ ist ihm fremd. Da ist<br />
Shane, der in einem Vinylsarg aus seinen<br />
eingeschmolzenen Platten begraben werden<br />
möchte. Da sind Sam und Gareth, zwei<br />
unzertrennliche junge Metal-Fans: Bei ihnen<br />
geht die Liebe zur Musik so weit, dass<br />
sie Gareth sogar vor dem Suizid bewahrte.<br />
Da sind die DJs Big Dave, Dick, Franky und<br />
John-Boy, die jeden anderen Job annähmen,<br />
wenn's denn einen gäbe. Für sie ist die Musik<br />
der Rettungsanker vor dem Absturz in die<br />
Straßenkriminalität. Und da sind noch die<br />
Rentner, die endlich Meat Loaf oder die Dire<br />
Straits für fünf Pfund kennen lernen wollen<br />
oder einen Song suchen, den sie gerade im<br />
Pub nebenan gehört haben. Auch erfährt<br />
man, wie schön es ist, bei 400 Konzerten von<br />
Status Quo gewesen zu sein.<br />
All dies hat Jeanie Finlay mit viel Detailliebe<br />
und ohne jeden Anflug von Voyeurismus<br />
oder Bloßstellung der Protagonisten<br />
in präzise Bilder gefasst, die von einem<br />
aufregenden Soundtrack begleitet werden.<br />
Indie-Größen wie Saint Saviour, Russell<br />
And The Wolves, Idiot Savant und Das<br />
Wanderlust – aber auch die etablierten<br />
Status Quo – geben ihr Bestes in einem<br />
74-minütigen Kultfilm über einen Kultladen<br />
(Kinostart: 10.5.).<br />
hjg<br />
Jenny singt,<br />
Fans rasten aus<br />
Dem Swing, Jump, Jive und Rhythm &<br />
Blues aus den 40er und <strong>50</strong>er <strong>Jahre</strong>n haben<br />
sich Jenny Boneja & The Ballroomshakers<br />
verschrieben. Mit ihrem Album WE'VE GOT<br />
A FEELING, das sich auch im Internet gut<br />
verkauft, sind sie im gesamten Bundesgebiet<br />
live sehr gefragt. Die vierköpfigen<br />
Ballroomshakers (Jochen Schmidt/dr, Peter<br />
Pelzner/g, Harry Hirschmann/Kontrabass<br />
und Stefan Scholz/sax) sind bereits seit<br />
zwölf <strong>Jahre</strong>n unterwegs, die Deutsch-<br />
Amerikanerin Jenny Boneja singt seit zwei<br />
<strong>Jahre</strong>n mit ihnen.<br />
Wie kommt man darauf, so eine Musik zu<br />
machen?<br />
Jochen Schmidt: Stefan steht auf Rhythm<br />
& Blues und hatte die Idee, eine Band für<br />
ein Swing-, Rhythm-<br />
&-Blues-Programm<br />
zu gründen. Das<br />
lief als Boom & The<br />
Ballroomshakers, mit<br />
denen wir auch zwei<br />
Platten machten.<br />
Dann lernte ich Jenny zufällig bei einem<br />
Aushilfsjob kennen, und irgendwie ist sie<br />
mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen:<br />
Ich dachte mir damals schon, sie würde<br />
super zu uns passen. Als wir unser zehnjähriges<br />
Jubiläum feierten, lud ich sie ein,<br />
ein paar Nummern mitzusingen – und der<br />
Rest ist Geschichte.<br />
Jenny Boneja: Seitdem sind wir ein Paar<br />
(Gelächter)!<br />
Schmidt: Oder zweieinhalb Paar. Wir haben<br />
mit Jenny ein komplett neues Programm<br />
erstellt, das auf sie zugeschnitten ist. Musikalisch<br />
hat sich wenig geändert, es ist<br />
vielleicht ein bisschen mehr R&B.<br />
Jenny, du hast eine klassische Gesangsausbildung<br />
...<br />
Boneja: Genau, aber dann haben mich die<br />
alten Elvis-Filme beeindruckt, wie die Mädels<br />
ihre Haare stylten, die Kleidung und<br />
Musik. Ich habe mich darin verliebt, dachte<br />
mir, das ist genau mein Ding, das möchte<br />
ich gern auch in der Musik mehr ausleben.<br />
Ich gründete 2008 meine erste Band,<br />
spielte viel Rockabilly. Dann lernte ich Jochen<br />
kennen, und so konnte ich das noch<br />
richtig vertiefen – ich lebe das wirklich!<br />
Eure Mischung scheint anzukommen ...<br />
Schmidt: Stimmt, die Leute rasten <strong>to</strong>tal aus,<br />
fangen an zu tanzen, reißen uns manchmal<br />
fast die Klamotten vom Leib! Darum sind<br />
wir auf Anzüge umgestiegen (lacht)! pro<br />
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