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Interview Erwischt! - The GREAT Tobey Maguire (Vorschau)

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JUNI 2013<br />

6 EURO<br />

06<br />

4 192449 106002<br />

<strong>Erwischt</strong>!<br />

<strong>The</strong> <strong>GREAT</strong><br />

<strong>Maguire</strong><br />

<strong>Tobey</strong><br />

von Carey Mulligan<br />

New York: A$AP Rocky & Alexander WANG<br />

Los Angeles: Sofia COPPOLA & Naomi CAMPBELL<br />

Berlin: Andreas MÜHE & Till LINDEMANN<br />

Paris: François NARS & Linda EVANGELISTA<br />

Oz: Mila KUNIS & James FRANCO<br />

… und die Welt des George CONDO


70’s<br />

WEAR<br />

Adriana liebt den Fiat 500<br />

in Sole Gelb – der Sonnenschein<br />

unserer Sole Edition.<br />

Er kommt mit Schaltknauf im<br />

Billardkugel-Design,<br />

Glasschiebedach und weißen<br />

Ausstattungsdetails.<br />

BEACH<br />

WEAR<br />

Carla liebt ihren Fiat 500C<br />

Sole Edition in Volare Blau mit<br />

schwarzem Stoffverdeck und den<br />

weißen Designelementen. An der<br />

Farbe ihrer Gummistiefel<br />

erkennst du übrigens Carlas<br />

Lieblingseis: Heidelbeere.<br />

SPRING/SUMMER COLLECTION<br />

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zum selben Preis wie die Limousine. *<br />

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kombiniert 5,1–3,9. CO 2 -Emission (g/km): kombiniert 119–90.<br />

simply more<br />

* Nur solange der Vorrat reicht.<br />

Abbildungen enthalten Sonderausstattung. Nur bei teilnehmenden Fiat Händlern.


inhalt<br />

JUNI 2013<br />

Fotos: Craig McDean/Art + Commerce; George Condo, Reclining Nude, 2013, ink & gesso on paper (two sheets), 60 1/2 x 78 1/4 inches (153,7 x 198,8 cm) © George Condo 2013/VG Bild-Kunst, Bonn, 2013, Courtesy of the Artist and Skartedt Gallery, New york<br />

Foto cRaiG Mcdean<br />

styling kaRl teMpleR<br />

bustier RobeRto cavalli<br />

kette MiU MiU<br />

papa don’t pReach<br />

start<br />

sMaLLtaLK<br />

Kleine Gespräche mit großen Leuten:<br />

Henry CAVILL, Emma HILL, 50 CENT, Zhang ZIyI,<br />

Charli XCX und Clarisse THORN<br />

Seite 21<br />

sUPErstars<br />

Auf dem Weg nach vorn: Die Fashion-Zwillinge<br />

FELDER FELDER und das Musiker-Duo MS MR<br />

Seite 26<br />

WOW!<br />

Ringe, Kronleuchter, Surfbretter, Sweatshirts von Maurizio<br />

Cattelan und andere schöne Dinge – die Gebrauchs anweisung<br />

für den Monat Juni<br />

Seite 30<br />

MILa KUNIs & JaMEs FraNCO<br />

Die fantastische Welt von Oz: Die Sexiest Woman Alive trifft<br />

den Sexiest Man Alive. Ob Ashton Kutcher davon wusste?<br />

Seite 38<br />

shINE BrIght<br />

… like a diamond: Für Hals, Handgelenk oder als<br />

Zahnschmuck – in diesem Sommer lassen wir es funkeln!<br />

Seite 40<br />

MOBILE LIdsChattEN<br />

Karl Lagerfeld sagt, Sonnenbrillen seien wie mobiler Lidschatten.<br />

Die Welt sehe einfach besser aus durch sie. Und Karl hat immer<br />

recht – im Sonnenlicht wie im Schatten<br />

Seite 42<br />

OCCUPIEd!<br />

Die Stilettos der Saison, auf die sich das Warten lohnt<br />

Seite 44<br />

NOW!<br />

Neue Filme, gute Serien, interessante Ausstellungen, Daft Punk<br />

Seite 46<br />

Mr. sPOCK & Mr. sPOCK<br />

Übergabeprotokoll auf der Enterprise: Zum Start des neuen<br />

Star Trek-Films treffen sich der alte und der neue Spock<br />

Seite 48<br />

www.dior.com<br />

MassE<br />

Das Staatsballett dreht im Berghain Pirouetten, die Musik für<br />

Masse produzieren DJs, das Bühnenbild gestaltet Norbert Bisky.<br />

Eine Inszenierung in 14 Bildern<br />

Seite 50<br />

tobey MaGUiRe<br />

Foto teRRy RichaRdson<br />

styling JUlia von boehM<br />

dinnerjacket & anzughose<br />

toMMy hilFiGeR<br />

hemd & Fliege GUcci<br />

George condo,<br />

Reclining nude, 2013,<br />

ink & Gesso on papeR<br />

(two sheets)<br />

7<br />

BEaUtY<br />

NEWS:<br />

Susanne Kaufmann, Cara Phillips, Lipgloss<br />

Seite 152<br />

INSPIRATION:<br />

Cleansing Brush, Azurblau, Nicole Hogerzeil<br />

Seite 153<br />

KOLUMNE:<br />

Der Orient-Exzess<br />

Seite 154


cartier.de – 089 55984-221<br />

Foto: George Condo, Lingerie Model, 2013, ink & gesso on paper (two sheets), 60 1/2 x 82 1/4 inches, (153,7 x 208,9 cm) © George Condo 2013/VG Bild-Kunst, Bonn, 2013, Courtesy of the Artist and Skartedt Gallery, New York<br />

STORIES<br />

TOBEY MAGUIRE<br />

In Der große Gatsby nennt ihn Leo nur Old Sport, für uns ist<br />

er der Spiderman der Herzen. <strong>Tobey</strong> <strong>Maguire</strong> ist Veganer,<br />

Schwiegersohn und Weltstar. TERRY RICHARDSON darf ihn<br />

sogar mit Wassermelonen bewerfen. Hollywood, wie wir es lieben<br />

Von CAREY MULLIGAN<br />

Seite 82<br />

FAShIOn I – hARd cAndY<br />

Fotografiert von SHARIF HAMZA<br />

Seite 94<br />

SOFIA cOPPOLA<br />

Für ihren Film <strong>The</strong> Bling Ring ließ die Tochter des Paten eine<br />

Mädelsgang bei Paris Hilton & Co. einsteigen. Ärgerlich nur, dass<br />

während der Dreharbeiten auch bei Sofia eingebrochen wurde<br />

Von NAOMI CAMPBELL<br />

Seite 106<br />

FAShIOn II – PAPA dOn’T PREAch<br />

Fotografiert von CRAIG McDEAN<br />

Seite 112<br />

MAX RIEMELT & hAnnO KOFFLER<br />

Brokeback Mountain in Ludwigsburg: In Freier Fall spielen Riemelt<br />

und Koffler zwei Polizisten, die sich ineinander verlieben.<br />

Schon jetzt das neue Traumpaar des deutschen Films!<br />

Von HENRIETTE MüLLER<br />

Seite 124<br />

LOU dOILLOn<br />

Die Mutter: Jane Birkin. Der Stiefvater: Serge Gainsbourg.<br />

Eigentlich kann einer Weltkarriere da nichts mehr im Weg<br />

stehen. In Frankreich wurde Charlotte Gainsbourgs Schwester<br />

Lou Doillon bereits als Musikerin des Jahres ausgezeichnet<br />

Von HARALD PETERS<br />

Seite 130<br />

inhalt<br />

A$AP ROcKY<br />

Balenciaga, Chanel, Prada: Während andere Rapper von Goldzähnen<br />

träumen, feiert der stilsicherste Neuzugang aus Harlem<br />

seinen Couture-Bling. Im Juni kommt A$AP nach Deutschland<br />

Von ALEXANDER WANG<br />

Seite 138<br />

FRAnÇOIS nARS<br />

Nachdem er jahrelang den Bildern von Steven Meisel, Helmut<br />

Newton und Bruce Weber den richtigen Ton aufgelegt hatte,<br />

machte sich der Make-up-Künstler selbstständig. Heute weiß<br />

jede Frau: Kein Rouge leuchtet so schön wie Nars’ Orgasm!<br />

Von LINDA EVANGELISTA<br />

Seite 146<br />

haRD CanDY<br />

Foto ShaRiF haMza<br />

Styling JUlia vOn BOEhM<br />

Mantel & Gürtel valEntinO<br />

Body BURBERRY pRORSUM<br />

Schuhe DiOR<br />

PS<br />

KURzGESchIchTE<br />

Unermesslich wunderbar<br />

Von SONJA HEISS<br />

Seite 156<br />

GEORGE COnDO, Lingerie ModeL, 2013,<br />

ink & GESSO On papER (twO ShEEtS)<br />

GEORGE COnDO<br />

Wie seine großen Vorbilder Goya und Picasso ist auch der<br />

Amerikaner ein Maler seelischer Extremzustände. Kurz vor seiner<br />

Ausstellung in Berlin öffnete der Künstler sein Atelier für uns –<br />

und malte exklusiv ein Titelbild.<br />

Von SIMON BAKER<br />

anDREaS MÜhE<br />

Der Fotograf Andreas Mühe hat sich drei Jahre am Mythos Obersalzberg<br />

abgearbeitet. Er hat ins Tal gerufen, die Sonne hinter<br />

Gipfeln verglühen sehen und pissende Nazis fotografiert. Ein<br />

Gespräch über Mann und Berg, Uniform und aufrechten Gang<br />

Von TILL LINDEMANN<br />

aRt SpECial<br />

aB SEitE 52<br />

laRRY GaGOSian<br />

Er ist der mächtigste Larry der Welt. Auf seinem<br />

Schreibtisch liegen Vampirzähne, Scotch, Bin Laden.<br />

Eigentlich gibt der Großgalerist keine <strong>Interview</strong>s –<br />

außer INTERVIEW<br />

9<br />

Von PETER M. BRANT<br />

nathaliE DJURBERG<br />

Ihre Aufklärungsfilme mit Knetfiguren sind anzüglich<br />

bunt und im besten Sinne grotesk. Nach ihrer Ausstellung<br />

in Mailand bittet nun Dasha Zhukova die in Berlin<br />

lebende Schwedin nach Moskau<br />

Von JULIA AKSENOVA<br />

PARTY<br />

Gallery Weekend!<br />

Yohji Yamamoto!<br />

Premiere „Das Wochenende“<br />

Neulich in Berlin<br />

Seite 158<br />

FLAShBAcK<br />

John Travolta<br />

Seite 162<br />

EDitORiAl S. 11<br />

iMpRESSUM S. 12<br />

MitARBEitER S. 16<br />

hERStEllERnaChwEiS S. 160<br />

ABOnnEMEnt S. 161


editoriAl<br />

CREATE<br />

YOUR OWN<br />

WORLD<br />

Deine Vorstellungen werden Wirklichkeit – mit Kreativität und der Olympus OM-D:<br />

Ausstattung und Bildqualität einer SLR-Kamera, verpackt in einem schlanken<br />

Gehäuse. Immer bereit, überall. Mit dem weltweit ersten 5-Achsen-Bildstabilisator<br />

und super schnellem Autofokus. Halte fest, was dich bewegt. Impulsiv. Kreativ. Mit<br />

der Olympus OM-D.<br />

Liebe Leserinnen,<br />

liebe Leser,<br />

da mir heute beim besten Willen kein erster Satz einfallen mag, dachte ich:<br />

Fang doch mit einem letzten Satz an. Und einer der schönsten letzten Sätze lautet:<br />

“So we beat on, boats against the current, borne back ceaselessly into the past”<br />

– er stammt aus <strong>The</strong> Great Gatsby.<br />

Da auch wir uns gerne gegen den Strom stellen und stetig dem Vergangenen entgegentreiben,<br />

haben wir versucht, für unsere Titelgeschichte mit <strong>Tobey</strong> MagUire, der in<br />

Baz Luhrmanns neuer Verfilmung des Großen Gatsby den ich­erzähler spielt, ein Ford<br />

Model T aufzutreiben, die alte, schöne blechliesel. Das ist uns leider nicht gelungen.<br />

Dafür konnten wir jedoch TERRY RICHARDSON überreden, <strong>Maguire</strong> zu fotografieren –<br />

und ihn mit Wassermelonen zu bewerfen (ab Seite 82).<br />

auch sonst ist diese ausgabe ein dem Großen Gatsby angemessenes gelage.<br />

Die Sitzordnung liest sich wie folgt:<br />

am Kopf der Tafel: der amerikaner george ConDo (der ein Titelbild für das art Special<br />

dieser ausgabe gemalt hat). an seiner Seite die Kunstsaison eröffnend (biennale in Venedig,<br />

art basel): großgalerist Larry gagoSian, inTerVieW­Verleger PeTer M.<br />

branT, die schwedische Künstlerin naThaLie DjUrberg sowie der Fotograf<br />

anDreaS Mühe und rammstein­Sänger TiLL LinDeMann (ab Seite 52).<br />

Für Unterhaltung sorgen: naoMi CaMPbeLL und SoFia CoPPoLa,<br />

LoU DoiLLon (die sehr amüsante halbschwester von Charlotte gainsbourg),<br />

der rapper a$aP roCKy und balenciaga­Designer aLexanDer Wang,<br />

Make­up­entrepreneur FranÇoiS narS und LinDa eVangeLiSTa.<br />

Das eigentliche Traumpaar dieser ausgabe und auch das neue Traumpaar des deutschen<br />

Films schließt die runde: Max rieMeLT und hanno KoFFLer, die in Freier Fall<br />

zwei Polizisten spielen, die sich ineinander verlieben (ab Seite 124).<br />

Sie sehen, ziemlich viel los.<br />

ansonsten gilt wie jeden Monat:<br />

gin ToniC Für aLLe!<br />

Herzlichst<br />

Ihr Jörg Harlan Rohleder<br />

Mehr erfährst du bei deinem Händler oder unter www.olympus.de/omd<br />

11


Chefredaktion Jörg Harlan RoHledeR<br />

Art Director Mike MeiRé<br />

Fashion Director Klaus StocKHauSen<br />

Photography Director Frank Seidlitz<br />

Senior Editor Harald PeteRS<br />

HOCHSPANNUNG<br />

300 NM / 88 KW (120 PS)<br />

DER NEUE CIVIC 1.6 DIESEL. JETZT PROBE FAHREN.<br />

Editor Heike BlüMneR, Beauty Editor Bettina BRenn<br />

Assistant Photography dorothea FiedleR, Assistant Fashion caroline leMBlé<br />

Assistant Editorial Rebecca HoFFMann, Intern Raha eMaMi KHanSaRi<br />

International Fashion Director Julia von BoeHM<br />

International Editor at Large naomi caMPBell<br />

International Editor aliona doletSKaya<br />

art<br />

tim GieSen<br />

Hannes aecHteR, agnes GRüB<br />

digital<br />

Editor nina ScHolz, Junior Editor Katharina BÖHM<br />

Intern Hella ScHneideR<br />

Managing Editor und Chef vom Dienst Silke Menzel<br />

Textchefin elisabeth ScHMidt<br />

Schlussredaktion ulrike MatteRn, Ralph ScHünGel, Kerstin SGonina<br />

Mitarbeiter dieser ausgabe<br />

Simon BaKeR, Jan BRandt, Peter BRant, clare ByRne, Vanessa cHow,<br />

George condo, Sarah elliSon, linda eVanGeliSta, laura eweRt, James FRanco,<br />

Sönke HallMann, Sonja HeiSS, Friederike JunG, christof KaldoneK,<br />

christian KleeMann, till lindeMann, Henriette MülleR, carey MulliGan,<br />

Jessica MycoocK, leonard niMoy, Karl teMPleR, alexander wanG<br />

casting by Samuel ellis ScHeinMan for dMcaStinG<br />

dank an uwe FaBicH<br />

Fotografen dieser ausgabe<br />

Maxime BalleSteRoS, Patrick deMaRcHelieR, andrew duRHaM,<br />

christian FeRetti, amos FRicKe, Sharif HaMza,<br />

Jonas lindStRoeM, Sebastian MadeR, Michael Mann, craig Mcdean,<br />

norbert MiGuletz, andreas MüHe, Skye PaRRott, terry RicHaRdSon, Heji SHin<br />

Produktion<br />

Lithografie Max-coloR, wrangelstraße 64, 10997 Berlin<br />

Druck MoHn Media MoHndRucK GMBH, carl-Bertelsmann-Straße 161 M, 33311 Gütersloh<br />

Manufacturing Director oleg noViKoV<br />

Verantwortlich für den redaktionellen inhalt<br />

Jörg Harlan RoHledeR<br />

Board of directors interview Publishing House Germany<br />

Vladislav doRonin, Bernd RunGe<br />

BMP Media Holdings, llc<br />

Chairman Peter M. BRant<br />

3,6 L / 100 KM. 94 G CO2 / KM*<br />

DER NEUE CIVIC 1.6 DIESEL. JETZT PROBE FAHREN.<br />

ENTSPANNUNG<br />

www.iNterview.De<br />

12<br />

Kraftstoffverbrauch Civic in l/100 km: kombiniert 8,7–3,3. CO 2<br />

-Emission in g/km: 150–94.<br />

* Kraftstoffverbrauch Civic 1.6 i-DTEC S in l/100 km: innerorts 4,0; außerorts 3,3; kombiniert 3,6.<br />

CO 2<br />

-Emission in g/km: 94. (Alle Werte gemessen nach 1999/94/EG.)<br />

Abbildung zeigt Sonderausstattung. Mehr Infos unter: www.honda-civic.de<br />

Honda Deutschland<br />

Automobile<br />

sagt zum CIVIC


Herausgeber und Geschäftsführer Bernd runge<br />

Publishing Director Anja Schwing<br />

Anzeigen<br />

Sales Director (Nielsen I, II, IIIa, V, VI, VII) iris gräBner<br />

Tel.: 030/2000 89-120, iris.graebner@atelier-publications.de<br />

Sales Director (Nielsen II, IIIb, IV, Österreich) Tanja SchrADer<br />

Tel.: 089/35 63 77 44, tanja.schrader@atelier-publications.de<br />

Frankreich und Großbritannien charlotte wieDeMAnn<br />

Tel.: 030/2000 89-129, charlotte.wiedemann@interview.de<br />

Italien Fabio MonToBBio<br />

rock Media, Largo cairoli, 2, 20121 Mailand<br />

Tel.: 00 39/02/78 26 08, info@rockmedia.it<br />

Advertising Service Manager Jacqueline ZioB (Ltg.), Susann BuchroTh<br />

Tel.: 030/2000 89-121, jacqueline.ziob@atelier-publications.de<br />

Communications Manager charlotte wieDeMAnn<br />

Marketing Manager wilkin SchrÖDer<br />

Interns eva BAureiS, Kara woLF<br />

Assistenz Kathleen MASSierer, Tel.: 030/2000 89-165<br />

IT Manager Patrick hArTwig<br />

Office Manager hilko renTeL<br />

Verantwortlich für Anzeigen<br />

Atelier Publications Deutschland gmbh & co. Kg<br />

Mommsenstraße 57, 10629 Berlin<br />

Tel.: 030/2000 89-0, Fax: 030/2000 89-112<br />

Geschäftsführer Anja Schwing<br />

Vertrieb<br />

Pressup gmbh, Postfach 701311, 22013 hamburg<br />

vertrieb@pressup.de<br />

einzelheftbestellungen<br />

Preise, Verfügbarkeit und Bestellungen unter www.interview.de/einzelheft,<br />

bei weiteren Fragen Tel.: 030/2000 89-164<br />

Abonnements<br />

Jahresabonnement: 40 euro inkl. 7 % MwSt. (10 Ausgaben)<br />

Digitales Abonnement: 30 euro inkl. 19 % MwSt. (10 Ausgaben)<br />

interview-Leserservice, Pressup gmbh, Postfach 701311, 22013 hamburg<br />

abo@interview.de, Tel.: 040/41 448-480<br />

interview erscheint zehnmal im Jahr in der interview Ph gmbh.<br />

Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste vom 1. Januar 2013.<br />

Alle rechte vorbehalten.<br />

Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird<br />

keine haftung übernommen.<br />

Andy warhol’s interview (TM). All rights reserved.<br />

interview germany is published under a sublicense from LLc Publishing house interview;<br />

interview is a registered trademark of interview inc.<br />

reproduction in any manner in any language in whole or in part<br />

without prior written permission is prohibited.<br />

interview Ph gmbh, Mommsenstraße 57, 10629 Berlin, Tel.: 030/2000 89-0<br />

MILA KUNSTGALERIE<br />

presents<br />

MARK BEARD<br />

AND HIS ENTOURAGE<br />

Works by Bruce Sargeant, Hippolyte-Alexandre Michallon, Edith Thayer Cromwell, Brechthold Steeruwitz and Peter Coulter<br />

May 16th - June 19th 2013<br />

Wed-Fri 12.00-19.00 / Sat 14.00-18.00 / By Special Appointment<br />

MILA Kunstgalerie - Linienstrasse 154, 10115 Berlin - www.milakunst.com<br />

“Four Athletes” Bruce Sargeant, © Mark Beard<br />

14


MITARBEITER<br />

Terry RICHARDSON<br />

Er hat den nackten Fotorealismus der frühen 90er-<br />

Jahre so maßgeblich geprägt wie das schwarze Brillengestell<br />

sein Gesicht. Terry Richardson, 48, setzt seinen<br />

selten angezogenen Modellen auch gern mal die<br />

Terry-Brille auf, damit sie zumindest kurz eine Ahnung<br />

von seiner Weltsicht bekommen. Unermüdlich<br />

füttert er seinen Blog Terrysdiary mit neuen Bildern,<br />

fotografiert nebenbei für Modelabels wie etwa Sisley,<br />

Marc Jacobs, Tom Ford oder Yves Saint Laurent und<br />

auch für alle großen Magazine von Vice bis Vogue. Beim<br />

Covershooting für <strong>Interview</strong> bewarf er <strong>Tobey</strong> <strong>Maguire</strong><br />

mit Wassermelonen, wogegen sich dieser mit einem<br />

Baseballschläger wehrte.<br />

Seite 82<br />

Till LINDEMANN<br />

Er ist der Mann, der Heino ein Messer schenkte, der<br />

Körbe flechten kann und der in der Liste der 50<br />

Greatest Metal Front-Men of All Time auftaucht. Er ist<br />

der Mann, aus dem fast ein Olympiaschwimmer geworden<br />

wäre, stattdessen aber der Sänger von Rammstein<br />

wurde, der größten deutschen Band unserer<br />

Zeit. Für uns ist Till Lindemann, 50, zudem der<br />

Mann, mit dem der Fotograf Andreas Mühe über<br />

seine Obersalzberg-Werkreihe sprach. Die beiden<br />

lernten sich 2012 kennen, als Mühe Rammstein auf<br />

ihrer US-Tour begleitete. Am Kneipentresen schlossen<br />

sie dabei eine ausreichend enge Freundschaft, um<br />

jetzt entspannt den Charme karierter Tischdecken<br />

und monumentaler Gipfel erörtern zu können.<br />

Seite 62<br />

Carey MULLIGAN<br />

Man ist geneigt, Carey Mulligan in die falsche Schublade<br />

zu stecken. Die britische Schauspielerin, 28, die<br />

2005 in Stolz und Vorurteil debütierte, wirkt auf den<br />

ersten Blick so zart und verschmitzt, wie es sonst nur<br />

die besten Freundinnen kleiner Schwestern draufhaben.<br />

Aber in Filmen wie Brothers, Drive oder Shame<br />

war es dann, als hätte Mulligan sich selbst angeknipst,<br />

weshalb der Zuschauer sich fragte, aus welchem Teil<br />

ihres Körpers dieses Persönchen derartige emotionale<br />

Funkenstürme sendet. Ähnlich ging es auch <strong>Tobey</strong><br />

<strong>Maguire</strong>, den Mulligan für unsere Titelgeschichte<br />

inter viewte. Zusammen mit seinen Kumpels Leo (Di-<br />

Caprio) und Baz (Luhrmann) hat er Mulligan für die<br />

Rolle der Daisy in Der große Gatsby vom Fleck weg<br />

engagiert. Mit klein und niedlich ist es somit für Mulligan<br />

auch offiziell vorbei.<br />

Seite 82<br />

Peter M. BRANT<br />

Sein Leben steht im Zeichen von Papier und Kunst.<br />

Peter M. Brant, Jahrgang 1947, ist der Eigner der<br />

White Birch Paper Company und von Brant Publications,<br />

Inc., der Besitzer einer der größten Warhol-<br />

Sammlungen der Welt und Herausgeber der amerikanischen<br />

<strong>Interview</strong>. Sein Vermögen wird auf 2,7<br />

Mil li arden US-Dollar geschätzt. Als er sich von seiner<br />

Frau scheiden ließ, musste er sich zwischen seiner<br />

Polo-Mannschaft und der Pferdezucht entscheiden.<br />

Er wählte Polo, heiratete anschließend das Model<br />

Stephanie Seymour und ist Vater von acht Kindern.<br />

Wer sich mit ihm zu einem Geschäftsessen verabredet,<br />

muss Zeit mitbringen – weil er nicht daran glaubt,<br />

dass die Dauer eines Gesprächs voraussagbar wäre.<br />

Seinem <strong>Interview</strong> partner Larry Gagosian, sonst notorisch<br />

öffentlichkeitsscheu, hat das sicher nichts ausgemacht,<br />

schließlich sind die beiden seit Jahren gut<br />

befreundet.<br />

Seite 74<br />

Henriette MÜLLER<br />

Sie war die Mädchenbandenanführerin Yvonne in<br />

Prinzessin, die Nazifreundin Anita in Chaostage und das<br />

DJ-Groupie Jenny in Berlin Calling. Ihre Kollegen Max<br />

Riemelt und Hanno Koffler lernte die Berliner Schauspielerin,<br />

Jahrgang 1980, beim Dreh zu Auslandseinsatz<br />

kennen, einem Film über die Bundeswehr in Afghanistan.<br />

Als Riemelt und Koffler für das Liebesdrama Freier<br />

Fall wieder in Uniformen stiegen und von uns zum Gespräch<br />

gebeten wurden, kam für sie als <strong>Interview</strong>erin<br />

keine andere als Henriette Müller infrage.<br />

Seite 124<br />

16<br />

Leonard NIMOY<br />

Es ist schwer, ihm die Spock-Ohren abzunehmen.<br />

Ob das gut oder schlecht ist, lässt sich selten zweifelsfrei<br />

beantworten. Auch der Schauspieler Leonard<br />

Nimroy, 82, war sich dessen wohl nicht ganz sicher.<br />

Für alle Fälle verfasste er deshalb bereits zwei Autobiografien:<br />

I Am Not Spock (1977) und I Am Spock<br />

(1995). Nun wäre es an der Zeit für einen dritten<br />

Band. Möglicher Titel: I Am Not Spock Anymore.<br />

Denn für die neue Star Trek-Filmreihe wurde Leonard<br />

Nimoy inzwischen erfolgreich von Zachary<br />

Quinto abgelöst. In dieser Ausgabe fühlt der alte<br />

Spock dem neuen Spock freundlich auf den Zahn<br />

beziehungsweise auf das Ohr.<br />

Seite 48<br />

Alexander WANG<br />

Nicht umsonst ist Alexander Wang, 29, der Liebling<br />

der New Yorker Downtown-Szene und derer, die gerne<br />

dazugehören würden. Sein abgetönter Look trägt<br />

sich wie von selbst, und kleine Referenzen, wie etwa<br />

Nieten an Taschen oder Schuhen, senden die subtile<br />

Botschaft von der untrennbaren Verbindung zwischen<br />

Musik und Mode. Grunge und Elektropop sind die<br />

Genres, die Wangs Stil maßgeblich geprägt haben.<br />

Trotzdem oder vielleicht sogar deshalb outete sich der<br />

coolste und schönste Rapper der Stunde, A$AP Rocky,<br />

bei einem Showroombesuch als Wang-Fan. Und<br />

im Gespräch für <strong>Interview</strong> stellte sich heraus: Wang<br />

und A$AP sind nicht nur beim <strong>The</strong>ma Mode auf einem<br />

Level.<br />

Seite 138<br />

Simon BAKER<br />

Simon Baker hat studiert (Kunstgeschichte), promoviert<br />

(Surrealismus und die Französische Revolution),<br />

doziert (Geschichte der Fotografie). Er war<br />

Fellow hier (University College London) und da<br />

(Princeton) und ist außerdem Herausgeber und Verfasser<br />

von allerhand Artikeln, Essays und Bänden zur<br />

zeitgenössischen Kunst. 2009 wurde er zum Kurator<br />

für Fotografie und internationale Kunst an der Tate<br />

Modern in London ernannt. Baker ist damit der erste<br />

Kurator für Fotografie in der Geschichte Großbritanniens,<br />

was allerdings auch Zeit wurde. Das<br />

New Yorker MoMA hatte bereits 1940 eine solche<br />

Stelle. Für uns unterhielt sich Baker mit dem amerikanischen<br />

Künstler George Condo.<br />

Seite 52<br />

Fotos: Terry Richardson; Andreas Mühe; Gareth Cattermole/Getty Images; Vera Anderson/WireImage/Getty Images; Trevor Good; Jesse Lirola/ddp images; Stefan Klüter; Courtesy of Tate<br />

Symbiose Integrieren, modifizieren, neu gestalten –<br />

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GeorGe Condo<br />

PaintinGs & sCulPture<br />

aPril – Juni 2013<br />

JosePh Kosuth<br />

insoMnia: assorted, illuMinated, FiXed.<br />

aPril – Juni 2013<br />

riChard artsChwaGer<br />

Portraits!<br />

aPril – Juni 2013<br />

KraFtwerK<br />

Juli – sePteMBer 2013<br />

John Baldessari<br />

sePteMBer – noVeMBer 2013<br />

roBert Morris<br />

hanGinG soFt and standinG hard<br />

Mai – Juni 2013<br />

andreas sChulZe<br />

Juni – auGust 2013<br />

roseMarie troCKel<br />

auGust – oKtoBer 2013<br />

CYPrien Gaillard<br />

oKtoBer – noVeMBer 2013<br />

stePhen shore<br />

noVeMBer – Januar 2014<br />

Foto: Warner Bros./Jason Bell<br />

pEOpLE<br />

SmallTALK<br />

Kleine Gespräche mit großen Leuten:<br />

Henry CAVILL, Emma HILL, 50 CENT, Zhang ZIYI,<br />

Charli XCX & Clarisse THORN<br />

uperman trägt einen neuen superman-anzug.<br />

Was das bedeutet, darf superman-darsteller<br />

Shenry Cavill leider niCht verraten<br />

21<br />

„Wie geht man<br />

als superman<br />

aufs Klo?”<br />

HENRY CAVILL, 30,<br />

ist der neue Man Of Steel<br />

und hat neben Muskeln<br />

noch einen Witz parat<br />

intervieW: Henry, leider konnte ich deinen neuen<br />

Film noch nicht sehen.<br />

henry Cavill: Das macht gar nichts. Ich durfte ihn<br />

nämlich auch noch nicht sehen.<br />

intervieW: Wir müssen improvisieren.<br />

Cavill: Das müssen wir.<br />

intervieW: Dem Trailer nach zu urteilen, ist Superman<br />

neuerdings ein Seemann. Wie kann das sein?<br />

Cavill: Darüber darf ich leider nicht sprechen.<br />

intervieW: Dann reden wir über deinen Superman-<br />

Anzug. Der ist deutlich dunkler als die herkömmlichen<br />

Superman-Anzüge.<br />

Cavill: Ja, und zwar aus gutem Grund.<br />

intervieW: Den du wahrscheinlich auch nicht verraten<br />

darfst.<br />

Cavill: Exakt.<br />

intervieW: Nach modischen Gesichtspunkten ergibt<br />

die Veränderung jedenfalls Sinn. Die Kom bi nation<br />

von Knallrot und strahlendem Blau wirkt heute<br />

etwas unzeitgemäß.<br />

Cavill: Und es sind nicht nur die Farben. Der Anzug,<br />

den Christopher Reeve 1978 in Superman trug,<br />

mag damals funktioniert haben, aber heute einen Superhelden<br />

in einen Spandex-Anzug zu zwängen, bei<br />

dem man die Unterhose obendrüber trägt, wäre doch<br />

ein wenig unpassend.<br />

intervieW: Stimmt, Superman trug früher seine<br />

Unterhose ja immer drüber. Wie ungewöhnlich!<br />

Cavill: Ja, würde man das heute tun, könnte man<br />

ihn kaum ernst nehmen. Die Kids würden sagen:<br />

„Was ist denn mit dem los?“<br />

intervieW: Aber selbst in den Siebzigern war es einigermaßen<br />

unüblich, die Unterhose drüber zu tragen.<br />

Warum hat man ihn damals ernst genommen?<br />

Cavill: Aus Tradition. Die Superheldenanzüge sind<br />

historisch auf die Zirkusfigur des Strongman zurückzuführen.<br />

Der Strongman, eine Art Gewicht heber,<br />

trug einen engen hautfarbenen Anzug und obendrüber<br />

die Unterhose, damit es so aussah, als würde<br />

er nur eine Unterhose tragen und sonst nichts. Daraus<br />

hat sich die Superheldenmode entwickelt. Aber<br />

dieser voll bekleidete Nackt-Look ist inzwischen natürlich<br />

überholt.


HART IST DAS LEBEN<br />

ALS SUPERHELD<br />

PEOPLE/SmallTALK<br />

INTERVIEW: Aber trägt Superman immer noch ein<br />

Cape? Auch das ist ja heute eher selten.<br />

CAVILL: Ja, Superman hat immer noch ein Cape.<br />

INTERVIEW: Weil Superman ohne Cape einfach nicht<br />

Superman wäre?<br />

CAVILL: Darüber darf ich nicht sprechen.<br />

INTERVIEW: Superheldendarsteller beschweren sich<br />

gern darüber, dass sie wegen der Anzüge nie schnell aufs<br />

Klo konnten, wenn sie mussten. Wie war das bei dir?<br />

CAVILL: Der Gang zum Klo war tatsächlich eine große<br />

Herausforderung und überaus zeitraubend. Pinkelpausen<br />

mussten daher gründlich geplant werden.<br />

Das bedeutete auch, dass ich tagsüber nie viel trinken<br />

durfte, auch wenn ich morgens trainiert hatte, was<br />

für einen Superman-Darsteller natürlich Pflicht ist.<br />

INTERVIEW: Was macht das Pinkeln so schwierig?<br />

Fehlt der Reißverschluss?<br />

CAVILL: Lustig. Na ja, das Ding ist, dass man zwar<br />

einigermaßen problemlos in den Anzug reinkommt.<br />

Aber man kommt nur sehr schwer wieder heraus.<br />

INTERVIEW: Trägt er sich denn bequem?<br />

CAVILL: Mehr oder weniger. Bei einem Dreh, der bei<br />

unterschiedlichen klimatischen Bedingungen insgesamt<br />

sechs Monate gedauert hat, gab es natürlich<br />

Tage, an denen er ganz und gar nicht bequem zu tragen<br />

war. Aber immer wenn es mir zu viel wurde,<br />

habe ich nur kurz in den Spiegel geschaut und dann<br />

zu mir gesagt: „Hey, du bist Superman!“<br />

INTERVIEW: Musstest du als Clark Kent eigentlich<br />

die dicke Hornbrille tragen …?<br />

CAVILL: …<br />

INTERVIEW: Verstehe: Du darfst nicht darüber sprechen.<br />

CAVILL: Bingo.<br />

INTERVIEW: Reden wir über Muskeln. Seit Die Tudors<br />

hast du dich verdoppelt.<br />

CAVILL: Kann man wohl sagen.<br />

INTERVIEW: Würdest du aussehen, wie du aussiehst,<br />

wenn du nicht Superman wärst?<br />

CAVILL: Ich weiß nicht. Ich bin jedenfalls nicht besonders<br />

gut darin, einfach nur des Trainings wegen<br />

zu trainieren. Ich bevorzuge es, ein Ziel vor Augen<br />

zu haben. Und Man Of Steel war so ein Ziel.<br />

INTERVIEW: Trainierst du jeden Tag?<br />

CAVILL: Als es um die Vorbereitung für Superman<br />

ging, ja. Vor Drehbeginn vier Monate jeden Tag,<br />

außer sonntags. Und mit Drehbeginn von Montag<br />

bis Freitag, jeden Morgen bevor ich ans Set musste.<br />

INTERVIEW: Dann fing dein Tag also …<br />

CAVILL: … der Tag fing mit Sonnenaufgang an, so<br />

gegen halb fünf. Dann<br />

ging es zum Training<br />

und hinterher zur Arbeit.<br />

INTERVIEW: Ich nehme<br />

an, du hattest einen Personal<br />

Trainer.<br />

CAVILL: Ja, und zwar einen<br />

sehr, sehr guten. Er heißt<br />

Mark Twight, ist der<br />

Gründer von Gym Jones<br />

und ein legendärer Bergsteiger.<br />

Er ist der Autor des<br />

Buchs Steig oder stirb.<br />

INTERVIEW: Er hat dich gequält.<br />

CAVILL: Das Wort Qual<br />

trifft es ziemlich gut.<br />

INTERVIEW: Du hast ihn gehasst.<br />

CAVILL: Nein, überhaupt<br />

nicht, niemals. Ich habe natürlich<br />

zwischendurch gedacht: „Mann, warum tust<br />

du mir das an?“ Manchmal war er nämlich ziemlich<br />

gemein und hat mir noch eine zusätzliche Trainingseinheit<br />

aufgedrückt, als ich dachte, dass ich mit dem<br />

Training bereits durch bin. Aber er hat nie versucht,<br />

mich zu zerstören, er wollte mich aufbauen.<br />

INTERVIEW: Du musstest anschließend ja auch noch<br />

vor die Kamera.<br />

CAVILL: Er war stets sehr konstruktiv.<br />

INTERVIEW: Was durftest du essen?<br />

CAVILL: Im Grunde alles. Ich habe natürlich versucht,<br />

die leeren Kohlenhydrate zu meiden, aber ansonsten<br />

bestanden meine Mahlzeiten zu<br />

jeweils einem Drittel aus<br />

Kohlenhydraten, Fetten und<br />

Proteinen. Jedenfalls in der<br />

Muskelaufbauphase.<br />

INTERVIEW: Und in den anderen<br />

Phasen?<br />

CAVILL: Nun, zur Vorbereitung<br />

der Oben-ohne-Szenen<br />

musste ich natürlich Körperfett<br />

verlieren, damit die Muskeln<br />

besser definiert sind.<br />

Folglich bestand meine Diät<br />

vor allem aus Proteinen. Außerdem<br />

durfte ich auch nicht<br />

mehr die Mengen Nahrung<br />

zu mir nehmen, die ich gewohnt<br />

war. Das war hart. Nach einer<br />

sechswöchigen Proteindiät war ich dann<br />

ziemlich erschöpft.<br />

INTERVIEW: Was machst du jetzt mit<br />

den Muskeln?<br />

CAVILL: Ich glaube, ich wäre schlecht beraten, wenn<br />

ich versuchen würde, sie auf diesem Niveau zu halten.<br />

Ich will ja nicht immer nur Superman spielen.<br />

Ich werde also meine Muskelmasse so weit reduzieren,<br />

dass ich bei Bedarf wieder schnell Muskeln<br />

raufpacken kann oder noch weiter welche verlieren.<br />

INTERVIEW: Wer ist dein Lieblingssuperheld?<br />

CAVILL: Superman.<br />

INTERVIEW: Klar. Und abgesehen von Superman?<br />

CAVILL: Ich mag Batman, sehr sogar …<br />

INTERVIEW: Welcher Superheld kämpft gegen die<br />

besten Bösewichte?<br />

CAVILL: Superman.<br />

INTERVIEW: Ist er ein Typ, mit dem man Spaß hat?<br />

CAVILL: Nicht in der Weise, wie du und ich Spaß haben<br />

können. Er kann einem zum<br />

Beispiel nicht auf den Rücken<br />

schlagen, wenn er sich freut, weil<br />

man dann explodieren würde.<br />

INTERVIEW: Ich könnte mir vorstellen,<br />

dass er ein ziemlich verschlossener<br />

Typ ist. Schließlich<br />

muss er seine Superkräfte ständig<br />

vor den Leuten verbergen.<br />

CAVILL: Er bräuchte einen Ausgleich.<br />

INTERVIEW: Du meinst ein Hobby?<br />

Eine hübsche Idee. Kennst<br />

du einen guten Superman-Witz?<br />

CAVILL: Oh je, ich habe in letzter<br />

Zeit so viele gehört, aber die<br />

meisten waren eher Witze über<br />

mich. Der eine, an den ich mich<br />

erinnere, handelt von drei Typen,<br />

die an der Dachkante eines<br />

Hochhauses stehen: ein Ameri-<br />

22<br />

kaner, ein Kanadier und ein Ire. Der Amerikaner<br />

sagt: „Euch ist doch klar, dass man nicht runterfällt,<br />

wenn man über die Kante steigt?“ Darauf der Kanadier<br />

und der Ire: „Was? Das kann nicht sein!“ Der<br />

Amerikaner dann: „Doch, doch!“ Der Ire sagt: „Beweise<br />

es!“ Also steigt der Amerikaner über die Kante<br />

und fällt zur großen Verblüffung nicht herunter. Der<br />

Ire ruft: „Das will ich auch!“, folgt dem Amerikaner<br />

und stürzt in den Tod. Worauf sich der Kanadier<br />

zum Amerikaner dreht und sagt: „Superman, eigentlich<br />

bist du gar nicht so nett, wie ich dachte.“<br />

<strong>Interview</strong> HARALD PETERS<br />

MAN OF STEEL<br />

STARTET<br />

AM 20. JUNI<br />

„WAS IST<br />

BRITISCHER<br />

HUMOR?”<br />

Die Kreativdirektorin<br />

von<br />

Mulberry EMMA HILL,<br />

43, kennt den Zusammenhang<br />

von Berlin<br />

und Krokotaschen<br />

INTERVIEW: Wussten Sie, was genau eine Maulbeere<br />

ist, bevor Sie bei Mulberry angefangen haben?<br />

EMMA HILL: Ja, und ich habe mir über die Jahre sehr<br />

viele Skizzen von Maulbeerbäumen angeschaut. Wir<br />

heißen übrigens Mulberry, weil vor dem einstigen<br />

Firmensitz ein uralter Maulbeerbaum stand.<br />

INTERVIEW: Mulberry ist berühmt für seine Handtaschen,<br />

England aber nicht unbedingt für seine Lederprodukte.<br />

Fühlen Sie sich als Außenseiter?<br />

HILL: Ganz und gar nicht. Es gibt eine lange und alte<br />

Tradition von Manufakturen in England, die hauptsächlich<br />

Lederwaren für Männer herstellen, aber<br />

auch für die Queen.<br />

INTERVIEW: Ist die Herkunft für Mulberry ein wichtiger<br />

Teil der Markenidentität?<br />

HILL: Bei uns ist alles von Britishness durchdrungen.<br />

Sowohl was die Produktion angeht als auch die Produkte<br />

selbst, da finden sich viele kleine Referenzen<br />

an unsere Kultur. Auch unser Humor ist sehr Englisch<br />

und ein bisschen respektlos.<br />

INTERVIEW: Für den Berliner Flagshipstore entwarfen<br />

Sie ein Einzelstück, die „Berlin Bag“. Sie ist aus<br />

Fotos: Donato Sardella/WireImage/Getty Images; Photo courtesy of Warner Bros. Pictures (2); Clay Enos; © Copyright 2013 Corbis; Kevin Winter/Getty Images<br />

Krokodilleder und kostet 24 000 Euro. Ist das ein gutes<br />

Beispiel für englischen Humor?<br />

HILL: Ja, denn ich liebe es, Sachen zusammenzubringen,<br />

die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen.<br />

Die „Berlin Bag“ ist von der Form her eine klassische<br />

Willow-Tasche, aber aus Krokodilleder. Es ist wichtig,<br />

wie man diese Tasche trägt. Am besten mit Jeans,<br />

T-Shirt und Lederjacke, wie Kate Moss es macht.<br />

Ich mag Gegensätze: Ost und West, oben und unten,<br />

Boulevards und Fabriken. Das ist für mich das<br />

Berlin-Gefühl.<br />

INTERVIEW: Was ist wichtiger: eine gute Tasche oder<br />

gute Schuhe?<br />

HILL: Ich habe von beiden viel. Wenn man aber nur<br />

ein bestimmtes Budget hat, sollte man sich für die<br />

gute Tasche entscheiden, denn man kann sie zu fast<br />

jeder Gelegenheit und mit jedem Outfit tragen.<br />

Schuhe nicht: Es gibt hohe und flache, dann verschiedene<br />

Absatzformen, und man muss immer schauen,<br />

was wozu passt.<br />

INTERVIEW: Mulberry hat eine „Del Rey“-Tasche<br />

und eine „Alexa“-Tasche herausgebracht, als Hommage<br />

an Lana Del Rey und Alexa Chung. Glauben<br />

Sie, dass diese Taschen über die Jahrzehnte eine<br />

Strahlkraft entfalten werden wie die „Kelly Bag“<br />

oder die „Birkin Bag“?<br />

HILL: Die „Alexa“-Tasche gibt es seit über vier Jahren,<br />

und sie gehört zu unseren Bestsellern. Die<br />

„Del Rey“-Tasche verkauft sich auch sehr gut.<br />

Manche unserer Taschen sind nur eine Saison auf<br />

dem Markt, aber diese beiden sind so gestaltet,<br />

dass sie alle Trends überdauern. Das hoffe ich jedenfalls.<br />

INTERVIEW: Wäre es nicht nett, wenn die Männer<br />

auch eine Hommage-Tasche hätten?<br />

HILL: Wir haben einige Mulberry-Boyfriends. Die<br />

Jungs aus den coolen Bands finden uns super und<br />

auch Orlando Bloom. Das ist eine super Idee. Ich werde<br />

da mal drüber nachdenken.<br />

<strong>Interview</strong> HEIKE BLÜMNER<br />

DER ERSTE MULBERRY-STORE<br />

IN DEUTSCHLAND WURDE KÜRZLICH IN BERLIN<br />

AM KU’DAMM ERÖFFNET<br />

„GLAUBEN<br />

SIE AN<br />

SCHICKSAL?”<br />

50 CENT, 37, hat<br />

einen Film über<br />

Krebs gedreht<br />

INTERVIEW: Ihr Film All<br />

Things Fall Apart erzählt<br />

die Geschichte Ihres<br />

Freundes, der an Krebs<br />

starb. Der Dreh war<br />

sicher traurig.<br />

50 CENT: Klar. Rap ist<br />

ein Wettbewerb,<br />

$<br />

PEOPLE/SmallTALK<br />

da möchte man Inhalte vermeiden, die einem nahegehen.<br />

Aber in meinen Filmprojekten ist es mir<br />

erlaubt, verwundbar und menschlich zu sein.<br />

INTERVIEW: Glauben Sie an so etwas wie<br />

Schicksal?<br />

50 CENT: Ich glaube, dass Menschen ihr<br />

Leben steuern können.<br />

INTERVIEW: Bitte verraten Sie mir, wie!<br />

50 CENT: Indem man Dinge fokussiert und<br />

leidenschaftlich angeht.<br />

INTERVIEW: Aber Krebs – das ist dann so etwas<br />

wie Schicksal?<br />

50 CENT: Schwer zu sagen. Als ich am Bett<br />

meines Freundes saß und weinte, kamen mir<br />

jedenfalls schwere Gedanken zu Sinn und<br />

Gerechtigkeit des Lebens.<br />

INTERVIEW: Haben Sie noch Angst vor dem<br />

Tod? Sie wären einmal fast erschossen worden.<br />

50 CENT: Tough guys have no choice! Ich war<br />

da in etwas hineingeraten, es ist passiert.<br />

Schwieriger ist es, dem Tod bewusst gegenüber<br />

zu stehen wie mein Freund. Der Krebs<br />

hat gestreut, und er hatte keine Chance mehr,<br />

noch drei Wochen. Ich konnte das nicht mal<br />

begreifen. Ich dachte, ich müsste nur mal mit<br />

dem Arzt reden. Meine erste Reaktion war,<br />

mein Scheckbuch zu zücken.<br />

INTERVIEW: Aber selbst Ihre Millionen konnten<br />

Ihren Freund nicht retten …<br />

50 CENT: Auch eine Anekdote des Films: Anstatt<br />

sein Geld für eine weitere <strong>The</strong>rapie auszugeben,<br />

beschließt er, eine Party zu schmeißen, um all<br />

seine Liebsten noch einmal glücklich zu erleben.<br />

INTERVIEW: Es gibt ein paar Szenen, die thematisch<br />

weiter gehen und etwa die Arbeitslosigkeit oder das<br />

Gesundheitssystem kommentieren. Warum war Ihnen<br />

das ebenfalls wichtig?<br />

50 CENT: Auch wenn ich inzwischen finanziell sehr<br />

gut dastehe, weiß ich immer noch, wo ich herkomme.<br />

Ich weiß, wie schwer es ist, einen Job zu finden.<br />

Wissen Sie, ich bin in einer interessanten Situation:<br />

Mehr Möglichkeiten bedeuten auch mehr Verwirrung.<br />

Beispielsweise wünsche ich mir eine Frau, die<br />

auch Ahnung von Geld hat, andererseits ist es<br />

schwer zu sagen, ob diese Frau mich nicht nur als<br />

Finanzquelle sieht und mich nur wegen des Geldes<br />

will. Oft ist man nicht in der seelischen Verfassung,<br />

das alles zu ertragen und zu reflektieren. Deswegen<br />

gibt man sich dann einfach hin. Single-Männer<br />

nehmen, was sie kriegen. Frauen müssen wählerisch<br />

sein, das erwartet jedenfalls die Gesellschaft von<br />

ihnen.<br />

INTERVIEW: Ist das nicht unfair?<br />

50 CENT: Keine Ahnung, ob das fair ist. Ein Typ jedenfalls,<br />

der vier Frauen gleichzeitig hat, ist charismatisch,<br />

eine Frau mit vier Typen ist eine Schlampe.<br />

Dafür ist sie auch die Hauptattraktion, sie hat einen<br />

Wert, den ein Mann erst entwickeln muss.<br />

INTERVIEW: Die Hauptfigur in Ihrem Film sagt:<br />

„Smart is the new gangster“ – eine persönliche<br />

Weisheit?<br />

50 CENT: Ja, denn das Bewusstsein für die<br />

Dinge, dich mich umgeben, ermöglicht<br />

es mir, Neues zu lernen, und in der Folge<br />

ermöglicht es mir auch den Erfolg.<br />

<strong>Interview</strong> LAURA EWERT<br />

ALL THINGS FALL APART IST<br />

AUF DVD ERSCHIENEN<br />

„SIND SIE<br />

TRAURIG,<br />

DASS SIE<br />

NICHT<br />

FLIEGEN<br />

KÖNNEN?”<br />

ZHANG ZIYI, 34,<br />

ist Chinas größter<br />

Filmstar und spielt<br />

die Hauptrolle in<br />

Wong Kar-Wais<br />

<strong>The</strong> Grandmaster<br />

INTERVIEW: Welche Schreibweise Ihres Namens<br />

ist eigentlich richtig, Zhang Ziyi oder Ziyi<br />

Zhang?<br />

ZHANG ZIYI: Mein Familienname lautet Zhang, in<br />

China wird der Familienname dem Vornamen vorangestellt.<br />

Da das in westlichen Ländern anders ist,<br />

wird mein Name manchmal auch umgestellt.<br />

INTERVIEW: Also werden Sie im Ausland oft Frau Ziyi<br />

genannt?<br />

ZHANG: Ja, aber das stört mich nicht sonderlich, ich<br />

weiß ja, wer ich bin.<br />

INTERVIEW: Sie haben in vielen Kung-Fu-Filmen<br />

mitgespielt. Haben Sie schon so etwas wie einen<br />

Lieblingsmove?<br />

ZHANG: Oh ja, diesen hier (breitet die Arme aus und<br />

schwingt sie elegant durch die Luft). Eine vorbereitende<br />

Bewegung, bei der man sein Chi sammelt und sich<br />

dann bereit zum Kampf positioniert.<br />

INTERVIEW: Die Bewegung sieht aus, als würde dabei<br />

ihre Kindheit in der Tanzakademie durchkommen.<br />

ZHANG: Ja, vielleicht. Bei dieser Abfolge geht es<br />

nicht um die reine Kraft. Es geht darum, dass der<br />

ganze Körper in der Bewegung ist und Bewegungen<br />

aufeinander abgestimmt sind.<br />

INTERVIEW: Sind Sie eigentlich manchmal ein bisschen<br />

traurig, dass Sie nicht fliegen können so wie in<br />

Ihren Filmen?<br />

ZHANG: Ich bin doch geflogen! Zumindest mehr, als<br />

andere von sich behaupten können. Nein, ich bin<br />

nicht traurig, sonst müsste der Superman-Darsteller<br />

sich ja das Leben nehmen, haha.<br />

INTERVIEW: Mir ist aufgefallen, dass in Ihrem neuen<br />

Film <strong>The</strong> Grandmaster viel geraucht wird. War das so<br />

im alten China?<br />

ZHANG: Nein, das ist nur ein Markenzeichen von<br />

Regisseur Wong Kar-Wai. In 2046 wird ja auch andauernd<br />

geraucht.<br />

INTERVIEW: Wie ist es in China heute? Ist das Rauchen<br />

dort verpönt?<br />

ZHANG: Nein, es wird viel geraucht. Aber an öffentlichen<br />

Orten ist es seit ungefähr fünf Jahren nicht<br />

mehr erlaubt, so wie hier auch.<br />

INTERVIEW: Abgesehen von dem vielen Gerauche hat


PEOPLE/SmallTALK<br />

der Film ja auch einige nützliche Lebensweisheiten parat.<br />

Wollen Sie uns vielleicht Ihren Favoriten verraten?<br />

ZHANG: Es gibt diese eine Zeile, die ich sage: „Man<br />

muss immer die Hoffnung bewahren und darf seine<br />

Träume nie aufgeben.“<br />

INTERVIEW: Wie erbaulich.<br />

ZHANG: Nicht wahr?<br />

<strong>Interview</strong> LAURA EWERT<br />

THE GRANDMASTER STARTET AM 27. JUNI<br />

„WAS KANNST<br />

DU GAR<br />

NICHT LEIDEN?”<br />

CHARLI XCX, 20,<br />

schreibt tanzbare Lieder<br />

über Fish & Chips<br />

INTERVIEW: Charli, wofür steht das XCX in deinem<br />

Namen?<br />

CHARLI XCX: Das steht für „Kiss Charli Kiss“. Früher<br />

war das mein Cybername. Als ich vor einigen<br />

Jahren anfing, auf Raves zu spielen, brauchte der<br />

Veranstalter dringend einen Namen für den Flyer,<br />

und ich sagte: „Charli XCX“. Den Leuten von der<br />

Plattenfirma habe ich allerdings erzählt, es würde<br />

„X-rated Cunt X-rated“ bedeuten.<br />

INTERVIEW: Die waren bestimmt begeistert.<br />

XCX: Ziemlich. Es sollte nur ein Scherz sein, aber irgendwie<br />

ist diese Anekdote durchgesickert, weswegen<br />

viele Leute jetzt denken, dass sie stimmt.<br />

INTERVIEW: Unterschreibst du mit XCX?<br />

XCX: Früher schon. Aber wenn ich das heute, wo es<br />

mein offizieller Name ist, noch unter eine SMS<br />

schreiben würde, würden meine Freunde denken,<br />

dass ich ein Arsch bin.<br />

INTERVIEW: Wann hast du angefangen, auf Raves zu<br />

spielen?<br />

XCX: Ich glaube, so mit 14 oder<br />

15 bin ich das erste Mal zu<br />

einer Warehouse-<br />

Party nach London<br />

eingeladen<br />

worden.<br />

Damals<br />

habe<br />

VIELLEICHT<br />

GEHT SIE<br />

GERADE<br />

VOR EINEM<br />

SCHINKEN IN<br />

DECKUNG:<br />

CHARLI XCX<br />

ich noch außerhalb gewohnt, meine Eltern haben<br />

mich hingefahren.<br />

INTERVIEW: Und dich auch wieder abgeholt?<br />

XCX: Nein, sie sind mitgekommen!<br />

INTERVIEW: Der Traum eines jeden Teenagers.<br />

XCX: Es war mir wirklich peinlich, weil sie es so aufregend<br />

fanden: „Juhu, wir sind auf einem Rave!“<br />

INTERVIEW: Von wem warst du selbst mal Fan?<br />

XCX: Von den Spice Girls, Aqua, Britney Spears. Ich<br />

habe mal einen Brief an Pink geschrieben, in dem ich<br />

ihr ein paar Songzeilen vorgeschlagen habe. Leider<br />

habe ich nie eine Kopie davon gemacht, aber vielleicht<br />

basiert jetzt einer ihrer größten Hits darauf!<br />

INTERVIEW: Kannst du dich noch an den ersten Song<br />

erinnern, den du geschrieben hast?<br />

XCX: Ja, der war nicht sehr gut. Ich glaube, er hieß<br />

Fish &Chips. Ich habe ihn geschrieben, als ich 13 war.<br />

Gott sei Dank habe ich ihn nicht aufgenommen.<br />

INTERVIEW: Ein anderer deiner Songs heißt What I<br />

like. Wovon würde er handeln, wenn er What I don’t<br />

like hieße?<br />

XCX: Von Zickereien zwischen Mädchen, Mais und<br />

Schinken. Ich hasse Schinken. Ich habe noch nie in<br />

meinem Leben welchen gegessen. Das Aussehen und<br />

der Geruch ekeln mich an. Ich stelle mir immer vor,<br />

wie es wäre, wenn einem jemand mit einer Scheibe<br />

Schinken ins Gesicht schlägt.<br />

INTERVIEW: Man würde danach wohl sehr glänzen.<br />

Handeln die Songs auf dem Album eigentlich alle<br />

von Liebe?<br />

XCX: Ja. Bis auf einen, in dem geht es um Ecstasy.<br />

Das gefällt mir nämlich auch sehr gut.<br />

<strong>Interview</strong> KATHARINA BÖHM<br />

TRUE ROMANCE ERSCHEINT<br />

AM 31. MAI BEI WARNER<br />

„WER KAUFT<br />

IHRE BÜCHER?”<br />

Die Autorin CLARISSE<br />

THORN, 28, hat in der<br />

Aufreißerszene recherchiert<br />

und ein sehr dickes<br />

Buch über Pick-up-<br />

Artists geschrieben<br />

INTERVIEW: Frau Thorn, was interessiert Sie an<br />

Aufreißern?<br />

CLARISSE THORN: Ich bin auf die Pick-up- Artists<br />

aufmerksam geworden, weil einige von ihnen meinen<br />

Blog gelesen und meine Vorträge besucht haben.<br />

Zum Großteil besteht die Szene aus ziemlich<br />

nerdigen Typen, die total daneben sind und sehr<br />

fragwürdige Ansichten vertreten. Ich glaube, das<br />

liegt an ihren sozialen Ängsten. Ich kenne mich selbst<br />

mit dem Gefühl aus, so ein Nerd zu sein. In der Schule<br />

wollte niemand mit mir ausgehen. Es gibt aber<br />

auch Pick-up-Artists, die mir durch sehr inte ressante<br />

Aussagen aufgefallen sind. Ich wollte herausfinden,<br />

was sie wissen. So fing meine Analyse an.<br />

AUFREISSER ODER ZUM AUFREISSEN?<br />

INTERVIEW: Es gibt also ganz verschiedene Typen in<br />

der Szene?<br />

THORN: Ja. 80 Prozent der Leute treiben sich aus<br />

Neugier ein bisschen da herum und verschwinden<br />

dann wieder. Diejenigen, die da dauerhaft bleiben,<br />

haben fast alle emotionale Probleme oder brauchen<br />

Hilfe in zwischenmenschlicher Kommunikation.<br />

Oft wären die mit einer <strong>The</strong>rapie besser beraten. Das<br />

hat kaum noch etwas damit zu tun, Frauen rumzukriegen.<br />

INTERVIEW: Haben die es eigentlich auch bei Ihnen<br />

probiert? Sie müssten doch eine ganz besondere Herausforderung<br />

sein.<br />

THORN: Es gab schon ein paar, die offensichtlich<br />

dachten: „Genau die werde ich rumkriegen.“ Aber<br />

die meisten haben mich eher behandelt wie eine<br />

Schwester.<br />

INTERVIEW: Also sind Sie nie einem Pick-up-Artist<br />

auf den Leim gegangen?<br />

THORN: (lacht) Nein, das ist mir nie wirklich passiert.<br />

Obwohl es schon hier und da mal einen gab, in den<br />

ich mich etwas verknallt hatte. Die meisten verstehen<br />

ihr Geschäft ja schon ziemlich gut.<br />

INTERVIEW: Sie haben auch ein Buch mit dem Titel<br />

Switch Seductress geschrieben, in dem es um Ihre<br />

Vorliebe für SM geht. Lesen Ihre Eltern eigentlich<br />

Ihre Bücher?<br />

THORN: Ja, sie sind sehr aufgeschlossene Menschen.<br />

Sie fokussieren sich aber eher auf die theoretischen<br />

Abschnitte. Letztes Jahr habe ich einen Erotik-<br />

Roman veröffentlicht, da meinte mein Vater: „Das<br />

lese ich vielleicht besser nicht.“ Im Grunde geht es in<br />

meinen Büchern aber vor allem um Kultur. Man<br />

nennt mich auch die Sex-Autorin, die nicht über Sex<br />

schreibt.<br />

INTERVIEW: Und wer kauft Ihre Bücher?<br />

THORN: Die Mehrheit der Käufer sind Amerikaner,<br />

gefolgt von den Deutschen.<br />

INTERVIEW: Haben Sie mal überlegt, Pick-up-Trainer<br />

zu werden? Es soll nicht wenige Leute geben, die bereit<br />

wären, für solche Tipps zu bezahlen.<br />

THORN: Man hat versucht, mich dazu zu überreden,<br />

denn es gibt kaum Frauen, die das anbieten. Vielleicht<br />

hätte ich wirklich eine Menge verdienen können.<br />

Aber so intensiv wollte ich dann doch nicht eintauchen.<br />

<strong>Interview</strong> KATHARINA BÖHM<br />

DAS BUCH FIESE KERLE. UNTERWEGS MIT<br />

AUFREISSERN. EIN HAUTNAHES EXPERIMENT<br />

IST GERADE BEI EDEL ERSCHIENEN<br />

Foto: Warner Music 2013<br />

Anselm Kiefer<br />

Der rhein<br />

13. April - 14. september 2013<br />

GAlerie bAstiAn · Am KupferGrAben 10 · 10117 berlin<br />

24


SUPERSTAR<br />

FELDER FELDER<br />

ALAÏA<br />

AZZEDINE ALAÏA IM 21. JAHRHUNDERT<br />

AUS WIPPERFÜHRT<br />

NACH LONDON:<br />

DEUTSCHE SCHWESTERN<br />

SCHNEIDERN FÜR<br />

BRITISCHE STARS<br />

C<br />

M<br />

Y<br />

CM<br />

MY<br />

CY<br />

CMY<br />

K<br />

ERKENNE DEN ZWILLING: DANIELA FELDER STEHT LINKS UND ANNETTE RECHTS DANEBEN<br />

Am Ende waren sie zu zweit. Nebeneinander,<br />

in dicken Fellmänteln, einer grau,<br />

einer weiß, liefen die beiden Models über<br />

den Londoner Laufsteg, ganz selbstverständlich.<br />

Es war das Ende der Felder-Felder-Show,<br />

aus den Lautsprechern kam ein Remix von Venus In<br />

Furs, schließlich war Velvet Outlaw das <strong>The</strong>ma der<br />

Show, Geächtete in Samt. Oder auch in Fell, wahlweise.<br />

Daniela und Annette Felder sind Zwillinge, und<br />

natürlich standen die beiden Models auch symbolisch<br />

für die beiden Designerinnen. In Wipperfürth,<br />

dem Fast-Kaff in Nordrhein-Westfalen, fingen sie<br />

an, sich selbst Sachen zu schneidern, dank Mangel an<br />

H & M und Zara in den Neunzigern. „Natürlich gab<br />

es kein Internet, also haben wir den ganzen Tag<br />

26<br />

MTV geguckt. Wir standen auf Grunge, aber auch<br />

auf die typischen 60er-Sachen, <strong>The</strong> Velvet Underground<br />

und so.“ Aus der Mode für sie selbst wurden<br />

Klamotten für Freunde, mit dem Umzug nach London<br />

ersetzte Central Saint Martins das Kinderzimmer,<br />

aus den Studentinnen wurde 2007 Felder Felder.<br />

Dass sie heute und schon seit zwei Jahren auf der<br />

London Fashion Week ihre Mode zeigen, ist für sie<br />

immer noch eine Ehre. „Wir sind, soweit ich weiß,<br />

die einzigen deutschen Designer, die das tun.“ Ihr<br />

Deutschsein ist zweitrangig, bleibt im Hintergrund,<br />

und vielleicht wollen sie auch genau deshalb international<br />

präsentieren, nicht in Berlin. Ihre Mode wird als<br />

Londoner Rock-’n’-Roll-Chic beschrieben, vor allem<br />

weil Stars wie Alison Mosshart und Florence Welch<br />

ihre Kleider tragen. Aber was ist schon typisch London<br />

und was Rock ’n’ Roll? „Was man in unseren Entwürfen<br />

sieht, sind einfach wir. Das ist unsere Welt.“<br />

Inspiriert ist diese Welt von Freunden und Bekannten,<br />

ihrem kreativen Umfeld, dem man in London<br />

selbst dann nicht aus dem Weg gehen könnte,<br />

wenn man wollte. Wenn ein Entwurf nur an zehn<br />

Prozent des Freundeskreises vorstellbar ist, wird die<br />

Idee wieder verworfen. In der aktuellen Show führte<br />

das zu einer Kollektion voller Pelz, Latex, Strick und<br />

Samt – tragbar kombiniert, denn „ohne Kunden ist<br />

man niemand“. Als Vorlage diente diese Saison die<br />

Skater-Avantgarde der Z-Boys sowie die Modefotografin<br />

Sarah Moon. Musikalisch wurde das Ganze<br />

dann mit Dr. Dre und <strong>The</strong>o Hutchcraft von Hurts<br />

angenehm abgerundet. Also ganz dem erweiterten<br />

Rock-’n’-Roll-Begriff entsprechend.<br />

Von HELLA SCHNEIDER<br />

Foto KIMI HAMMERSTROEM FÜR FELDER FELDER<br />

NRW-FORUM DÜSSELDORF. 8. JUN - 8. SEP 2013<br />

WWW.NRW-FORUM.DE


SuperStAr<br />

MS MR<br />

Foto: © Sony Music<br />

e-MaiL für dich:<br />

daS new yorker pop-duo<br />

LieSS Sich Mit deM<br />

kennenLernen zeit<br />

Lizzy und Max von MS Mr: Jetzt auch Mit GeSicht<br />

Tumblr Glitch Pop lautet die musikalische<br />

Selbstbeschreibung der New Yorker Band<br />

MS MR – und ist wie die Betitelung ihres<br />

Debütalbums Secondhand Rapture (Sony)<br />

wunderbar treffend. Ergeben die Schlagwörter auf<br />

Papier noch wenig Sinn, ahnt man spätestens beim<br />

Schauen des Videos zur Single Hurricane deren Bedeutung:<br />

Wild assoziierbare Bilder und Geschichten<br />

(Tumblr), eingetaucht in rosa Schleim und Gruselästhetik<br />

(Glitch), spätestens beim zweiten Refrain<br />

schon wohlig warm im Ohr versunken (Pop), schöne<br />

Kleidung (secondhand), getragen von schönen Menschen<br />

– Lizzy Plapinger und Max Hershenow aka<br />

MS MR wissen zu begeistern (Rapture).<br />

Dass wir sie inzwischen mit vollen Namen nennen<br />

können, ist nicht selbstverständlich. Fast zwei Jahre<br />

lang veröffentlichten die beiden unter dem Bandnamen<br />

MS MR fleißig Tracks im Netz, und lange Zeit<br />

blieb es bei einer unbekannten MS und einem unbekannten<br />

MR. Bis die Band schließlich 2012 das erste<br />

Mal auf Tour ging.<br />

Dafür sind wir recht dankbar, zumal es einigermaßen<br />

nervt, dass viele Musiker es für eine innovative<br />

Idee halten, ihr Gesicht nicht in der Öffentlichkeit zu<br />

zeigen. Obwohl Lizzy und Max die gleiche Uni besuchten,<br />

sich „vom Sehen kannten“ und es inzwischen<br />

so etwas wie Facebook gibt, tauschten sich die beiden<br />

anfänglich ausschließlich via E­Mail aus. Sie variierten<br />

Nora Ephrons Hollywoodromanze E-Mail für<br />

Dich mit Tom Hanks und Meg Ryan fürs Musikbusiness<br />

– und wie bei den beiden sprangen sozusagen die<br />

Funken über, platonisch gesehen.<br />

28<br />

Diese magical connection führte im Herbst 2010<br />

endlich zum ersten realen Treffen: „Ich hatte noch nie<br />

vor jemandem gesungen. Die ersten zehn Minuten<br />

vor Max waren die schlimmsten, die man sich vorstellen<br />

kann.“ Die Unsicherheit war allerdings rasch<br />

überwunden, die ersten Songs und der hyperaktive<br />

Tumblr­Account der Band gingen online.<br />

Letzterer häuft eine Masse an Bildern und Gifs an,<br />

deren Interpretation vor allem der älteren Generation<br />

schwerer fällt: „Unsere Eltern sind große Fans, kommen<br />

zu jedem Konzert in ihrer Nähe. Aber diesen visuellen<br />

Kram, den verstehen sie nicht.“ Dabei beziehen<br />

die Bilder sich vor allem auf Vergangenes:<br />

Madonnas Karriereanfänge, Iggy Pop, Lady Di – der<br />

Film­Still einer E­Mail von Tom an Meg ist bestimmt<br />

auch dabei.<br />

von raha eMaMi khanSari<br />

Euro Centrale präsentiert eine breite Palette an Farben,<br />

von zartem Nude bis zu tiefen Blau und beinhaltet alles von<br />

schimmerndem Kupfer bis hin zu Aquamarin.<br />

Egal ob ein schwarz weißes Muster belebt oder lebendigem<br />

Brokat Neutralität verliehen werden soll. Diese Lacke sind<br />

kreiert worden, um den für die angesagtesten Looks für<br />

Frühjahr/Sommer 2013 das perfekte Accessoire zu bieten.


wow!<br />

Ringe BalENCIaga By<br />

NIColaS gHESQuIÈRE & DE gRISogoNo<br />

Manschetten BRIaN atWooD & alEXIS BIttaR<br />

Chokers gIVENCHy By<br />

RICCaRDo tISCI & laNVIN<br />

Ketten SaINt lauRENt By HEDI SlIMaNE<br />

1<br />

RETROMANIA.<br />

DINGE<br />

VON GESTERN<br />

FÜR HEUTE<br />

SCHOKOZIGARETTEN<br />

Von all den Süßigkeiten, die man Kindern<br />

zu Beruhigungszwecken reicht, ist die<br />

Schokozigarette die umstrittenste. Sie gilt<br />

als Einstiegsdroge und als ernährungsphysiologisch<br />

bedenklich. Wie sieht es aber<br />

mit Schokozigaretten für Erwachsene aus?<br />

Gewiss, die verarbeitete Schokolade ist<br />

von minderer Qualität und in Papier<br />

eingewickelt, das sich nicht nur sehr<br />

schwer ablösen lässt. Wenn man sie zu<br />

lange zwischen den Lippen hält, weicht es<br />

zu allem Überfluss auch noch auf. Alles in<br />

allem ist die Schoko zigarette ihrem Wesen<br />

nach also vollkommen unbrauchbar, aber<br />

wie die Nikotinzigarette stets ansprechend<br />

und wunderschön verpackt. Und genau<br />

das ist der Punkt: Schon wegen ihrer Sinnlosigkeit<br />

sind Zigarettenpackungen das<br />

perfekte Produkt. Nichtraucher sind daher<br />

stets auf der Suche nach immer neuen<br />

Schokozigaretten, die sie sorgenfrei nicht<br />

rauchen können. Wir empfehlen für diese<br />

Saison die Marken „London Mall“, „Mexico“<br />

und „King Lion“.<br />

„CHANDELIER MERRIE”<br />

VON<br />

MERRIE SHINDER<br />

FÜR<br />

ASTIER<br />

DE<br />

VILLATTE<br />

LICHTGEKLIMPER<br />

WOW!<br />

Foto<br />

CHRIStIAN FERREttI<br />

StylINg<br />

JESSICA MyCoCK<br />

MaKE-up<br />

MARK CARRASQuIllo<br />

uSINg la MER & NaRS<br />

Hair taMaRa McNaugHtoN<br />

FoR KÉRaStaSE<br />

Manicure CaSEy HERMaN/<br />

KatE RyaN INC. FoR CHaNEl<br />

Model tIlDa lINDStaM/IMg<br />

Casting SHaWN DEZaN/KCD, INC.<br />

Special thanks VIllaIN llC StuDIoS<br />

Viel hilft Viel<br />

Der Goldschmuck der SaiSon ist massiv, skulptural und von architektonischen Formen<br />

ins piriert. als Faustregel gilt: je mehr davon übereinander, desto besser. Wer den Trend<br />

orthoDox auslegt, verzichtet zudem auf Kleidung und geht so auf eine Schaumparty.<br />

Fotos: Christian Ferretti; Astier de Villatte; Givenchy by Riccardo Tisci; Eddie Borgo; Joachim Baldauf/K. Hohberg; G-Shock by Maison Martin Margiela<br />

MINIMAL<br />

Die Anzeichen eines Comebacks sind zwar<br />

einigermaßen überschaubar, aber wie sollte<br />

das bei Minimal auch anders sein?<br />

SCHUHPUTZER<br />

Schon seit Jahren versucht dieser Dienstleistungsberuf,<br />

wieder Fuß zu fassen. Leider wird<br />

das dadurch vereitelt, dass man es für problematisch<br />

hält, weil der Dienstleister vor dem<br />

Kunden kniet. Wobei sich im Knieen natürlich<br />

nicht die Machtverhältnisse spiegeln,<br />

sondern damit allein der Praktikabilität Rechnung<br />

getragen wird. Weil der Mensch seine<br />

Schuhe an den Füßen trägt, macht es eben<br />

Sinn, wenn derjenige, der sich an Schuhen<br />

zu schaffen macht, sich in Boden nähe<br />

begibt. Wobei uns gerade einfällt, dass<br />

es vielleicht doch nicht nötig wäre, sich<br />

als Kunde fürs Schuheputzen auf einen<br />

Thron zu setzen.<br />

BRÄUNUNGSRÄNDER<br />

Nahtlose Bräune ist so eitel.<br />

SOFTEIS<br />

Früher hieß es, dass Softeis gesundheitlich<br />

bedenklich sei – der Softheit wegen, die auf<br />

mangelnde Kühlung schließen ließ. Inzwischen<br />

wissen wir, dass die verstorbene britische<br />

Premierministerin Margaret Thatcher<br />

einen entscheidenden Beitrag zur Softeisentwicklung<br />

geleistet hat (1948 war sie Teil<br />

eines Forscherteams, das eine Methode<br />

erfand, den Anteil von Luft in Eiscreme zu<br />

verdoppeln). Sie wurde 87. Guten Appetit!<br />

Merrie Shinder ist eine New Yorker Dame, die<br />

sich selbst „a one-woman powerhouse designer“ nennt.<br />

Ihre Kreationen verschlugen bisher vor allem der<br />

Florida-, Long-Island- und Upper-East-Side-Fraktion<br />

den Atem. Aber auch milieubereinigt sind ihre Lüster<br />

das Charmanteste, was es in der Kronleuchterszene<br />

zu entdecken gibt.<br />

Eyes Wide<br />

Shut<br />

Dieser<br />

in Anlehnung<br />

an venezianische<br />

Masken gestaltete<br />

Gesichtsschmuck aus Strass<br />

und Leder erfüllt wohl kaum<br />

den Zweck, sein Gegenüber über die eigene Identität im<br />

Unklaren zu lassen. Trotzdem ein Must-have! Und wenn auch<br />

nur für den intimen Fernsehabend zu zweit.<br />

TIME IS on your SIDE<br />

Diese Uhr überlebt einen Sturz aus zehn Metern Höhe, sie<br />

widersteht zehn Bar Wasserdruck und ihre Batterie hält zehn<br />

Jahre. Außerdem hat sie ein Oversize-Gehäuse, ein extra<br />

Leder armband und sieht aus, als sei sie in einen Farbtopf gefallen.<br />

Kurz: Sie ist genau so, wie man sich eine Kooperation<br />

zwischen G-SHOCK und Maison Martin Margiela wünscht.<br />

MASKE: EDDIE BORGO<br />

ALLES ist ERLEUCHTET<br />

Mit diesem Haute-Couture-Sweatshirt von Benjamin Shine<br />

für Givenchy punktet das Modehaus im Monat Juni in der<br />

Kategorie HOLY HOT SHIT auf allen Ebenen.<br />

PINSEL LÜGEN NICHT<br />

Yasmin Heinz ist eine der<br />

deutschen Starvisagistinnen.<br />

In ihrem Buch<br />

Geschminkte Wahrheit<br />

(Edel) verrät sie<br />

Techniken,<br />

die auch<br />

Amateuren<br />

gelingen.<br />

30<br />

31


WOW!<br />

LEDER-<br />

ORIGAMI<br />

2<br />

WOW!<br />

ENTE<br />

À<br />

LA<br />

ORANGE<br />

TAUBE<br />

AUF<br />

DEM<br />

DACH<br />

FALSCHER<br />

HASE<br />

JUNGE FRAU<br />

zum Mitreisen<br />

GESUCHT<br />

Dieses Foto wirft viele Fragen<br />

auf: Ist die Dame beim Zirkus<br />

oder dort nur zu Besuch? Wie<br />

lange hat es gedauert, diese<br />

Über-Kreppfrisur in Form zu<br />

bekommen? Warum hat die<br />

Gymnastikhose Löcher in den<br />

Knien, und was steht auf dem<br />

T-Shirt? Eigentlich können wir<br />

von diesem Bild nur zwei Gewissheiten<br />

übermitteln: Die<br />

Brille stammt aus der österrei-<br />

chischen Brillenmanufaktur<br />

Andy Wolf und deren Kollektionsfotos<br />

lassen zwar viele Fragen,<br />

aber keine Wünsche offen.<br />

VERDÄCHTIGE LIPPENSTIFTSPUREN<br />

SMILE!<br />

CIAO<br />

A TUTTI!<br />

EXZENTRIKERINNEN TRAGEN BRILLEN VON ANDY<br />

WOLF UND GEHEN GERNE IN DEN ZIRKUS<br />

Für alle<br />

ROLLERGIRLS<br />

und ROLLERBOYS:<br />

Hier kommt gute<br />

Laune auf Rädern<br />

von fredflare.com.<br />

So sieht das also aus, wenn<br />

Maurizio Cattelan seine Karriere<br />

beendet: Zusammen mit<br />

dem Fotografen Pierpaolo<br />

Ferrari und dem Designer von<br />

MSGM und<br />

Toilet Paper-Ma-<br />

gazin, Massimo Giorgetti,<br />

bringt der selbst ernannte<br />

Exkünstler jetzt eine<br />

knallig-cattelaneske<br />

Sweatshirt-Edition heraus.<br />

Raffiniert eingefädelt. Denn<br />

als Träger mutiert man sofort<br />

zum wandelnden Exponat.<br />

ECHTES<br />

LEDERKROKODIL<br />

KEINE<br />

HALLU-<br />

ZINATION<br />

WAS VOM TAGE ÜBRIG BLIEB<br />

Niemand geht das <strong>The</strong>ma Resteverwertung<br />

so elegant an wie Hermès: Diese putzigen<br />

Gefährten werden aus Lederresten der<br />

Handtaschenmanufaktur gefertigt. Wir<br />

hoffen, dass dieses Projekt Arche-<br />

Noah-artige Dimensionen annimmt.<br />

KOPF-<br />

BONBON<br />

Die neuen „Navigator“-<br />

Headphones von Skullcandy<br />

leisten genau das,<br />

was sehr gute Kopfhörer<br />

leisten müssen: Sie klingen<br />

fantastisch, lassen<br />

von außen nichts rein<br />

und von innen nichts<br />

raus und sehen dazu<br />

noch so gut aus, dass<br />

man sie fast auch<br />

ohne angeschlossenes<br />

Abspielgerät<br />

tragen könnte.<br />

LOOKING GOOD!<br />

SKULLCANDY<br />

Fotos: Andy Wolf Eyewear; fledflare.com; Pierpaolo Ferrari; Hermès (5); London Map/Joao Lauro Fonte aus A Map of the World, copyright Gestalten 2013; Tommy Hilfiger Surf Shack Collection/Benny Horne<br />

EIN frischer BLICK<br />

AUF: LONDON<br />

SURFBOARDS (v. l.):<br />

gestaltet von<br />

RICHARD PHILLIPS,<br />

RAYMOND PETTIBON,<br />

SCOTT CAMPBELL,<br />

LOLA MONTES<br />

SCHNABEL<br />

(ZWEI BOARDS)<br />

UND<br />

GARY SIMMONS<br />

von<br />

JOAO LAURO FONTE<br />

Wo bin ich, und wo will ich hin? Das sind Fragen, die heutzutage fast ausschließlich Psychiatern und Google<br />

Maps gestellt werden. Für das Projekt „See the World as You Want to See It” bringt der Gestalten Verlag aus<br />

dem Buch A Map of the World ausgewählte Drucke mit Stadtansichten verschiedener Grafi ker und Illustratoren<br />

heraus. Los geht’s mit LONDON, NEW YORK, PARIS und REYKJAVÍK. Wir hoffen, dass weitere Ansichten folgen.<br />

DIE GROSSE WELLE<br />

Tommy Hilfiger bringt eine limitierte Auflage Surfboards<br />

heraus, die von den Künstlern Raymond Pettibon,<br />

Richard Phillips, Gary Simmons, Scott Campbell und<br />

Lola Montes Schnabel gestaltet wurden. Auch wenn sich<br />

in unserem Kopf schon Bilder von lästigen Leuten<br />

breitmachen, die sich die Boards<br />

als Kunstdeko in die Wohnung<br />

stellen, sagen wir Ja zu dieser Kooperation.<br />

Aber nur mit Sonne,<br />

Wasser und Kratzern.<br />

32<br />

33


IM ÖFFENTLICHEN<br />

DIENST<br />

Dokumentenmappen werden in dieser Saison<br />

entstaubt und kommen multifunktional zum<br />

Einsatz. Sie eignen sich sowohl für ihre eigentliche<br />

Bestimmung (Verträge und Memos)<br />

als auch für jegliche Après-Büro-Aktivitäten<br />

(Lippenstift und Alka-Seltzer). Das spart Platz,<br />

Zeit und Kosten und sollte ab sofort als Standard<br />

in jeder BEHÖRDE eingeführt werden.<br />

WOW!<br />

TWIN<br />

MINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG UND<br />

LANDWIRTSCHAFT: von LIZZIE FORTUNATO,<br />

gesehen bei MATCHESFASHION.COM<br />

POST: von MARY KATRANTZOU,<br />

gesehen bei NET-A-PORTER.COM<br />

VATIKAN: von GIVENCHY BY RICCARDO TISCI<br />

FRAUENBEAUFTRAGTE: von ANYA HINDMARCH,<br />

gesehen bei MATCHESFASHION.COM<br />

1969 entstand unter dem legendären Kurator Harald Szeemann in der Berner Kunsthalle die Ausstellung<br />

Live in Your Head. When Attitudes Become Form. Sie ging mit ihrem neuen radikalen Konzept in die Geschichte<br />

ein. Künstler wie Joseph Beuys, Lawrence Weiner, Sol LeWitt und Eva Hesse zeigten ihre Arbeiten,<br />

die teilweise erst im Museum entstanden und die damals völlig neue Kunstformen wie Happenings<br />

oder Installationen mit einbezogen. Die Fondazione Prada möchte nun mit Kurator Germano Celant den<br />

aufrührerischen Geist, der damals durch die Berner Räume wehte, im Palazzo Ca’ Corner della Regina<br />

in Venedig wiederbeleben. Dafür wird die komplette Originalausstellung inklusive Boden und Wänden mit<br />

allen Kunstwerken eins zu eins wiederaufgebaut. Das moderne Berner Museum schlüpft in die Haut des<br />

opulenten Palazzos. Nur der Titel der Ausstellung wurde modifiziert: When Attitudes Become Form: Bern<br />

1969/Venice 2013 (vom 1. Juni bis 24. November).<br />

FRANZ-<br />

SCHOTTEN<br />

Irgendwie schafft es<br />

das Haus Chanel, dass<br />

man dem Glauben verfällt,<br />

jeder Knopf und<br />

jede Applikation sei<br />

von einer über 70-jährigen<br />

Pariser Schneidermeisterin<br />

liebevoll<br />

per Hand angenäht<br />

worden. Trotzdem oder<br />

deshalb präsentiert das<br />

Label einmal im Jahr<br />

seine Métiers d’Art-<br />

Kollektion, die Leistungsschau<br />

und<br />

Hommage an das<br />

Kunsthandwerk ist.<br />

Dieses Jahr lautet das<br />

<strong>The</strong>ma „Paris-<br />

Edinburgh“, denn<br />

Gabrielle Chanel war<br />

eine leidenschaftliche<br />

Schottlandreisende<br />

und nahm von<br />

dort Inspiration mit<br />

nach Paris: Tweed!<br />

Cashmere!<br />

Shetland Wool!<br />

Need we say more?<br />

34<br />

FORM als HALTUNG<br />

ORIGINAL-KÜNSTLER IN DER<br />

ORIGINAL-AUSSTELLUNG: JOSEPH BEUYS,<br />

BILL BOLLINGER UND KEITH SONNIER<br />

Fotos: „When Attitudes become form“ Kunsthalle Bern, 1969, Shunk Kender/©Roy Lichtenstein Foundation; Lizzie; Fortunato/matchesfashion.com; Mary Katrantzou/net-a-porter.com; Givenchy by Riccardo Tisci; Anja Hindmarch/matchesfashion.com; Karl Lagerfeld/Chanel<br />

Jetzt auch als<br />

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TABLET-Format<br />

Jetzt NEU!<br />

INTERVIEW TWIN –<br />

Das INTERVIEW-Magazin jetzt auch im TABLET-Format<br />

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WOW!<br />

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Lass mich die BLUME<br />

AN DEINEM BUSEN sein<br />

Blumen,<br />

überall Blumen!<br />

Wer diesen<br />

Sommer nicht<br />

aufgrund seiner Kleidung von<br />

Bienschwärmen verfolgt wird, hat<br />

den Look nicht getroffen. Diese<br />

Statement-Broschen von<br />

Tiffany & Co. werden auch<br />

dann noch ihre Wirkung<br />

entfalten, wenn die<br />

Blumenkinder karawane<br />

längst weiter gezogen<br />

ist.<br />

Süß!<br />

Selbst Frauen, die<br />

Niedlichkeiten sonst nichts<br />

am Hut haben, möchten<br />

diesen Ring, nein, dieses Ringchen<br />

von Piaget am Finger tragen.<br />

Lobster SATT<br />

BROSCHEN: JEWEILS AUS PLATIN<br />

UND 18 KARAT GELBGOLD<br />

MIT DIAMANTEN UND EMAILLE<br />

Nein, es ist nicht schick, im Sommer rot gekocht<br />

wie ein Hummer rumzulaufen. Schick ist es<br />

hingegen, sich mit dieser Hummerkappe<br />

von Mühlbauer vor diesem<br />

GESICHTSSZENARIO zu schützen.<br />

mit<br />

36<br />

FREI SEIN<br />

BALMAIN FRÜHJAHR/SOMMER 2013:<br />

BESTE FREUNDINNEN BAUCHFREI<br />

Wären Trends eine nette Clique, in der jeder mal im Mittelpunkt stehen<br />

darf, wäre Freundin BAUCHFREI vermutlich die streberhafte Realistin<br />

der Gruppe. Bauchfrei sagt immer die Wahrheit, und die ist oft<br />

alles andere als attraktiv. Wer bauchfrei wirkungsvoll tragen will, kann<br />

nichts beschönigen, kaschieren oder drapieren. Sitzt jedoch alles am<br />

richtigen Platz, sieht das Semi-Oberteil einfach fantastisch aus.<br />

Dennoch prophezeien wir, dass bauchfrei weder zum Massenphänomen<br />

wird noch einen besonders nachhaltigen Auftritt hinlegen wird.<br />

Streber sind einfach nicht beliebt genug.<br />

Entzückend!<br />

Hauptsache ALT<br />

Nachdem in den vergangenen<br />

Sommern der offizielle Trend zur<br />

römisch inspirierten Sandale ging, ist<br />

dieses Jahr die altertümlich griechische<br />

Sandale angesagt. Wir konnten auch<br />

nach längeren Nachforschungen nicht<br />

zweifelsfrei den Unterschied zwischen<br />

beiden erkennen. Fakt ist jedoch, dass<br />

Schuhe der Marke Ancient Greek<br />

Sandals uns umso besser gefallen,<br />

je mehr Gebimsel an ihnen<br />

hängt.<br />

Echte Rosenbüsche machen viel Arbeit: Sie piksen, Getier krabbelt<br />

auf ihnen herum, und man kann sie sich nicht an einer goldenen<br />

Kette um den Arm hängen. Deshalb lieber gleich zu<br />

dieser Tasche von Blugirl greifen.<br />

Fotos: Tiffany&Co./Carlton Davis (2); Balmain/Davide Gallizio/Imaxtree.com; Piaget; Mühlbauer; Ancient Greek Sandals; Blugirl<br />

IHRE<br />

GESCHENK-<br />

AUSWAHL!<br />

Huggy Doll & Purse Spray, 10ml<br />

ODER<br />

Eau de Parfum Spray, 30ml<br />

MARNI<br />

EAU DE PARFUM<br />

Der Duft ist individuell und raffiniert.<br />

Schwungvoll und inspiriert, aber nie<br />

überladen. Er spielt auf unerwartete Weise<br />

mit klassischen Elementen und kombiniert<br />

ätherische Gewürze und exquisite,<br />

raue Hölzer zu einem Statement, das flüchtig<br />

und gleichzeitig besonders einprägsam ist.<br />

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040/41 44 84 80<br />

E-MAIL: abo@interview.de<br />

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people<br />

Mila Kunis<br />

Als Teenager hatte<br />

milA kunis kein<br />

Date zum Abschlussball,<br />

heute würden<br />

sich die mitschüler<br />

um einen Tanz mit<br />

dem star aus Black<br />

Swan reißen. Aber<br />

das Herz der sexiest<br />

Woman Alive ist<br />

bereits vergeben<br />

(an Ashton kutcher)<br />

von<br />

James FRAnCo<br />

JAMES FRANCO: Mir ist während meines Drehs hier<br />

in New Orleans was Lustiges passiert, weswegen ich<br />

sofort an dich denken musste. Der Film, den wir<br />

drehten, ist eine Komödie, eine ziemlich haarsträubende<br />

allerdings. Eine Schauspielerin – ich sage jetzt<br />

nicht ihren Namen, aber sie spielt eine der kleineren<br />

Rollen – verließ einfach mitten in einer Szene die<br />

Dreharbeiten.<br />

MILA KUNIS: Du sprichst von Seth Rogens Film?<br />

FRANCO: Ja.<br />

KUNIS: Und was hat das mit mir zu tun?<br />

FRANCO: Es tauchen zwar keine Nackten in der<br />

Szene auf, aber sie ist trotzdem ziemlich skandalös und<br />

stand auch nicht im Drehbuch. Seth hat gesagt: „Lass<br />

es uns doch erst mal drehen. Danach gucken wir es uns<br />

zusammen an, und ich verspreche dir, dass wir es rausschneiden,<br />

wenn du unzufrieden bist.“ Und sie: „Nein,<br />

ich kann das einfach nicht machen.“ Seth hat sie dann<br />

gefragt, ob sie abbrechen will, und sie sagte Ja.<br />

KUNIS: Wie bitte?<br />

FRANCO: Ja, sie ist abgehauen. Worauf ich jedenfalls<br />

hinauswollte, ist, dass die Zusammenarbeit mit<br />

dir das genaue Gegenteil davon ist.<br />

KUNIS: Du willst also sagen, dass ich keinerlei<br />

Schamgefühl besitze (lacht).<br />

FRANCO: Wir können uns gerne genauer darüber<br />

unterhalten.<br />

KUNIS: Wir müssen nicht ins Detail gehen, aber<br />

dieses arme Mädchen hätte keinen Kurzfilm mit dir<br />

überstanden. Die würde es niemals schaffen, sich mit<br />

Kunstblut bespritzen zu lassen, inmitten von blutsaugenden<br />

Vampiren und Dildos.<br />

FRANCO: Wir beide haben schon oft zusammengearbeitet.<br />

Zuletzt standen wir für Die fantastische Welt<br />

von Oz von Sam Raimi vor der Kamera. Aber wir haben<br />

auch kleinere Projekte gemacht, wie das im<br />

Wohnwagen. Ich weiß allerdings nicht, ob das jemals<br />

jemand zu Gesicht bekommen wird (beide lachen).<br />

Und dann gibt es natürlich den bereits erwähnten<br />

Film, in dem du eine Pfeil und Bogen schwingende<br />

Vampirjägerin in Lederkluft spielst.<br />

KUNIS: Das wäre auch nichts für diese Dame gewesen.<br />

Ich hingegen bin zu allem bereit.<br />

FRANCO: Ich würde gerne verstehen, woran das<br />

liegt. Denkst du, Schauspielerinnen müssen vorsichtiger<br />

sein als ihre männlichen Kollegen in dem, was sie tun?<br />

KUNIS: Ja. Ich glaube Schauspielern wird von der<br />

Öffentlichkeit eher verziehen als ihren weiblichen<br />

Kollegen.<br />

FRANCO: Warum?<br />

KUNIS: Ein Schauspieler kann sich besaufen und<br />

im Hotelzimmer randalieren und gilt danach als<br />

Rockstar. Wenn eine Frau das tut, steckt man sie in<br />

eine Entzugsklinik, und es wird schwer für sie, wieder<br />

einen Job zu kriegen.<br />

FRANCO: Aber jetzt sprichst du davon, wie Leute<br />

sich privat verhalten. Wie sieht es mit dem aus, was<br />

man vor der Kamera von sich zeigt? Denkst du, da<br />

wird auch ein Unterschied gemacht?<br />

KUNIS: Ich denke, es betrifft eben beide Ebenen.<br />

Wer sich in seiner Haut nicht wohlfühlt, richtet sich<br />

auch in der Auswahl seiner Rollen nach der Sichtweise<br />

des Publikums anstatt nach dem, was er selbst als<br />

herausfordernd oder unterhaltsam empfindet.<br />

FRANCO: Musstet du das erst lernen? Oder ist dir<br />

eines Tages aufgegangen, dass du dir deine Rollen<br />

auch einfach nach deinen Vorlieben aussuchen kannst<br />

anstatt aus Karrieregründen?<br />

KUNIS: Ehrlich gesagt ist man nach acht Jahren in<br />

einer Fernsehserie und über zehn Jahren in einem<br />

Cartoon zumindest finanziell in der glücklichen Lage,<br />

nicht mehr nur um der reinen Arbeit willen arbeiten<br />

gehen zu müssen. Also habe ich beschlossen, dieses<br />

Privileg auszunutzen.<br />

FRANCO: Aber warum fühlst du dich sicher mit<br />

Dingen, mit denen andere Schauspielerinnen Probleme<br />

hätten?<br />

KUNIS: Weil ich mich einfach nicht schäme. Ich<br />

finde bestimmte Dinge einfach lustig, und ich finde es<br />

okay, sich über sie lustig zu machen, mich selbst eingeschlossen.<br />

Man muss über die Absurditäten unserer<br />

Branche und auch über die Unsinnigkeit unserer Arbeit<br />

lachen können. Wenn ich das nicht könnte, würde<br />

ich durchdrehen.<br />

FRANCO: Inwiefern?<br />

38<br />

KUNIS: Diese Branche kann einen bei lebendigem<br />

Leib verschlingen. Man kann sich total verirren, weil<br />

es so oft um die Meinungen und Wahrnehmungen<br />

anderer Leute geht. Die Tatsache, dass es kein Richtig<br />

und Falsch gibt, kann einen schon ziemlich wahnsinnig<br />

machen. Wenn dein Glück allein von der Meinung<br />

anderer abhängt, wirst du verrückt.<br />

Du zum Beispiel machst Millionen verschiedener<br />

Dinge: Du studierst, du<br />

schreibst, du liest, du bloggst.<br />

FRANCO: Genau aus diesem<br />

Grund habe ich angefangen, wieder<br />

zu studieren – weil ich einfach etwas<br />

anderes brauchte. Das Filmgeschäft<br />

war für mich eine ganze Weile<br />

alles, was ich hatte. Das hat mein<br />

Selbstwertgefühl dementsprechend<br />

bestimmt. Auch wenn ich mir immer<br />

wieder gesagt habe, dass die Meinung<br />

anderer oder der Kassenerfolg<br />

eigentlich nichts zählen.<br />

KUNIS: Aber es ist tatsächlich<br />

nicht leicht, sich nicht davon beeindrucken<br />

zu lassen. Also um jetzt<br />

die Frage zu beantworten, warum<br />

ich kein Problem damit habe,<br />

dummes Zeug zu machen: Warum<br />

nicht?<br />

FRANCO: Du hast sehr früh<br />

mit der Schauspielerei angefangen,<br />

oder?<br />

KUNIS: Ja, mit neun Jahren.<br />

FRANCO: Wie kam es<br />

dazu?<br />

KUNIS: Als ich in die USA<br />

kam, war ich so siebeneinhalb. In der vierten Klasse<br />

sprach ich relativ fließend Englisch, aber, ob du’s<br />

glaubst oder nicht, ich war ziemlich schüchtern, und<br />

meine Eltern wollten, dass ich Freunde finde. Deshalb<br />

wollten sie mich für irgendetwas anmelden, so<br />

was wie Kunstunterricht oder Karate. Im Radio lief<br />

ein Werbespot für einen Ort namens Beverly Hills<br />

Studio, an dem Kinder miteinander in Kontakt kommen<br />

sollten. Sie dachten: „Wow, das ist es“, und<br />

schleppten mich hin. In Wirklichkeit war es jedoch<br />

ein Vorsprechen. Plötzlich hieß es: „Ihre Tochter hat’s<br />

drauf.“ Daraufhin holte meine Mum tatsächlich ihr<br />

Scheckheft raus und stellte einen Scheck über 400<br />

Dollar für Schauspielstunden aus. Ein paar Wochen<br />

später fuhr Susan Curtis, die bis heute meine Agentin<br />

ist, an einer Gruppe süßer Kinder vorbei, hielt<br />

an und stellte sich als Talentmanagerin vor. Einen<br />

Tag später hatte ich meine erste Rolle – in einem<br />

Barbie­Werbespot.<br />

FRANCO: Bis du bei Die wilden Siebziger angefangen<br />

hast, hast du vor allem Werbespots gedreht und<br />

kleinere Rollen in Filmen übernommen?<br />

KUNIS: Den Piloten für Die wilden Siebziger habe<br />

ich mit 14 gedreht. Mein allererster Film war Die<br />

Rückkehr der Piranhas (1995), ein Remake von Roger<br />

Cormans Piranhas (1978). Da war ich zehn Jahre alt.<br />

Danach habe ich in einem Film names Make A Wish,<br />

Molly (1995) ein mexikanisches Mädchen gespielt, das<br />

sich rassistisch gegenüber einem russischen Juden<br />

verhält. Man gab mir die Rolle, weil man der Ansicht<br />

war, ich würde weder russisch noch jüdisch aussehen<br />

– tatsächlich bin ich beides.<br />

FRANCO: Haben deine Eltern sich damals damit<br />

abgewechselt, dich durch die Stadt zu fahren? Bist du<br />

nach der Schule zu Proben gegangen?<br />

KUNIS: Meine Eltern arbeiteten ganztägig. Das<br />

Essen für meinen Bruder und mich musste ja verdient<br />

werden. Da gab es kein „Schätzchen, ich nehme mir<br />

heute für dich frei“. Freunde meiner Eltern oder mein<br />

Manager haben mich herumgefahren. Aber ich bin<br />

immer zur Schule gegangen. Meine Eltern wollten<br />

unbedingt, dass ich die Highschool beende und aufs<br />

College gehe. Sie waren das komplette Gegenteil<br />

überehrgeiziger stage parents. Als ich in der neunten<br />

Klasse war und den Piloten gedreht habe, ging ich<br />

aufs LACES, das Los Angeles Center for Enriched<br />

Studies. Als Die wilden Siebziger dann richtig losging,<br />

hat man mir dort gesagt, dass ich rausfliege,<br />

weil ich zu viele Fehltage hätte. Also habe ich die<br />

Schule gewechselt, da ich keinen Hausunterricht<br />

wollte.<br />

FRANCO: Wie fanden es denn deine Mitschüler,<br />

dass du in einer Serie mitspielst?<br />

KUNIS: Das hat das Ganze etwas unangenehm gemacht.<br />

Es war furchtbar! Erstens mal war ich höchstens<br />

eine Woche pro Monat in der Schule. Ich war das<br />

Mädchen aus dieser Sendung, das nie mit im Unterricht<br />

saß. Ich war so selten da, dass ich nicht einmal<br />

einen Spitznamen hatte. Und mit 16 war ich dann<br />

zum ersten Mal auf einem Magazincover, was ebenfalls<br />

furchtbar war, da sämtliche Jungs dachten, ich<br />

würde tatsächlich so aussehen.<br />

“<br />

people/Mila Kunis<br />

Ich war das<br />

Mädchen aus dieser<br />

Sendung, das nie im<br />

Unterricht saß.<br />

Ich war so selten da,<br />

dass ich nicht einmal<br />

einen Spitznamen<br />

hatte<br />

”– Mila Kunis<br />

FRANCO: War das Bild retuschiert?<br />

KUNIS: Nachgebessert. Ich bin dann wieder zur<br />

Schule gegangen mit nassen Haaren und Jogginghose,<br />

so wie ich auch aussehe, wenn ich morgens um<br />

sechs zur Arbeit muss und nicht gerade frisch aus der<br />

Maske komme. Aber einem Jungen in dem Alter ist<br />

das wahrscheinlich nicht so klar. Der sagt dann: „Warum<br />

sehen ihre Titten nicht so groß aus, und wieso<br />

trägt sie gar kein Make-up?“ (lacht)<br />

FRANCO: Aber du hattest doch bestimmt Erfolg<br />

bei den Jungs?<br />

KUNIS: Nein, den hatte ich nicht, weil ich nämlich<br />

im echten Leben keine Push-up-BHs getragen habe.<br />

Alle haben mir gesagt: „Du siehst gar nicht so aus wie<br />

auf den Bildern. Das ist irreführende Werbung.“ Und<br />

ich so: „Ich weiß, erzählt mir was Neues.“<br />

FRANCO: Aber du hattest schon etliche Verehrer?<br />

KUNIS: Nö. Mich hat während der Highschool<br />

nie jemand nach einem Date gefragt. Mike, der Sohn<br />

39<br />

meiner Schauspiellehrerin, hat mir mal eine Mail geschrieben,<br />

nachdem ein Artikel veröffentlicht worden<br />

war, in dem ich zitiert wurde: „Meine Schauspiellehrerin<br />

musste ihren Sohn bitten, mich auf einen<br />

Schulball zu begleiten.“ Er hat geschrieben, dass ihn<br />

niemand dazu gezwungen hätte. Ich ging damals in<br />

die zwölfte Klasse und wollte wissen, wie diese Schulbälle<br />

so ablaufen. Irgendjemand musste mich also begleiten.<br />

Und sie brachte ihren Sohn dazu, mit mir auf<br />

einen zu gehen – in einer Schule, die noch nicht mal<br />

meine eigene war.<br />

FRANCO: Schon lustig, dass du auf eine richtige<br />

Highschool gegangen bist, dort aber irgendwie eine<br />

komische Zeit hattest, während du eine Schülerin in<br />

einer Fernsehserie gespielt hast.<br />

KUNIS: Wenn man es so zusammenfasst, klingt das<br />

wirklich ziemlich durchgeknallt.<br />

FRANCO: Ich bin auch nicht auf meinen Abschlussball<br />

gegangen. Insofern ähnelt meine Highschool-Zeit<br />

deiner. Meine damalige Freundin war ein<br />

großer <strong>The</strong>aterfan, und die Schauspielschüler fuhren<br />

am Abend des Abschlussballs alle zu einem <strong>The</strong>aterfestival<br />

nach Ashland in Oregon.<br />

KUNIS: Wie individuell.<br />

FRANCO: Ich bin mitgefahren, deshalb war ich<br />

nie auf einem Abschlussball. Aber in einem Film war<br />

ich mal auf einem. Mit Drew Barrymore!<br />

KUNIS: Okay, wenn man danach geht, war ich auch<br />

bei zwei, drei Abschlussbällen.<br />

FRANCO: Du hast kürzlich in einem Film mitgespielt,<br />

in dem ein Tier so heißt wie ich, oder?<br />

KUNIS: Das war bei Ted, aber es war nicht der Bär.<br />

FRANCO: Wie sollte ich das deiner Meinung<br />

nach auffassen?<br />

KUNIS: Als Kompliment!<br />

FRANCO: Ist es das denn?<br />

KUNIS: Es ist ein sehr süßes, fusseliges Tier. Du<br />

sollst zwar nicht dieser Bär sein, aber ihr ähnelt euch<br />

schon etwas.<br />

FRANCO: Als ich klein war, war mein Spitzname<br />

Teddy.<br />

KUNIS: Na, das ist doch ein Zufall!<br />

FRANCO: Meine Mutter nennt mich immer noch<br />

Ted, weil mein zweiter Vorname Edward ist.<br />

KUNIS: Wie gesagt, der Bär soll dich gar nicht darstellen,<br />

aber ich finde, du kannst dich glücklich schätzen<br />

mit diesem Vergleich. Ich hatte dir damals eine<br />

SMS geschickt, oder?<br />

FRANCO: Ja, hast du. Vielleicht kam es dazu, weil<br />

der Regisseur mehr Freiheiten mit so einem animierten<br />

Tier hat als mit einem Menschen, weil dann Dinge<br />

möglich sind, die mit einem Schauspieler vielleicht<br />

nicht gehen?<br />

KUNIS: Ganz sicher. Ich glaube, man kann sich insgesamt<br />

mehr leisten, wenn man sich hinter einem animierten<br />

Stofftier oder sonst irgendeinem unechten<br />

Charakter verstecken kann. Das wird einfach nicht so<br />

streng gesehen. Das ist, als würde ein kleines Kind im<br />

Film fluchen – das ist lustig, weil es nicht selbstverständlich<br />

ist. Einem Bären kann man es nicht übel<br />

nehmen, wenn er rassistische Sachen sagt. Das wirkt<br />

nicht echt.<br />

FRANCO: Moment, der Bär ist ein Rassist?<br />

KUNIS: Nein, ist er nicht. Ich meinte das rein hypothetisch:<br />

Wenn der Bär etwas Rassistisches sagen<br />

würde, würde man eher darüber lachen, als wenn das<br />

eine echte Person auf einer Bühne tut.<br />

FRANCO: Er hat was gegen Menschen?<br />

KUNIS: Ja! (lacht) Er ist insgesamt ziemlich angriffslustig.


FaShion<br />

Shine bright …<br />

fotos<br />

ChristiAn ferretti<br />

styling<br />

JessiCA MyCoCK<br />

… like a diamond: Warum sollte man die diamantarmbänder<br />

fürs Handgelenk nicht einmal so tragen, wie dies sonst nur amerikanische<br />

Rapper tun? die Hauptsache ist doch, dass es funkelt!<br />

obere reihe (v.l.): Armbänder VAn Cleef & ArPels, BUlgAri, grAff, hArry Winston, loUis VUitton.<br />

Untere reihe (v.l.): Armbänder De Beers, DAViD WeBB, ChoPArD, roBerto Coin, VAn Cleef & ArPels<br />

Make-up CK one Color CosMetiCs mit dem PUre Color liPstiCK in den farben MUst Do, little liAr,<br />

loUDMoUth, APology, WAnteD, WoW und Bite Me. nagellack le Vernis von ChAnel in der farbe PirAte<br />

41<br />

Make-up KRISTI MATAMOROS FOR CK ONE COSMETICS/KATE RYAN,INC.<br />

Manicure JACKIE SAULSBERY FOR CHANEL/KRAMER + KRAMER<br />

Models NATALIE GEMPEL/MAJOR MODEL, ALLIE FOSHEIM/NEXT MODELS,<br />

HALLIE HUTCHINSON/RE:QUEST MODEL, KARLY McNEIL/CLICK<br />

Casting EDWARD KIM/THE EDIT DESK<br />

Special thanks LOFT 402 STUDIOS


Kopftuch<br />

(durchgehend<br />

getragen)<br />

rOCHas<br />

sonnenbrille<br />

THierry lasry<br />

Top<br />

CÉline<br />

sonnenbrille<br />

TOd’s<br />

Kleid & Gürtel<br />

balenCiaGa by<br />

niCOlas GHesQuiÈre<br />

Sonnenbrille<br />

LINDA FARROW<br />

Bluse<br />

EQUIPMENT<br />

Sonnenbrille<br />

BULGARI<br />

Rollkragenpullover<br />

MAGASCHONI<br />

Hose<br />

DION LEE<br />

Mobile<br />

Lidschatten<br />

KArl lAGerFeld MeinT:<br />

„die sOnnenbrille isT<br />

Mein MObiler lidsCHaTTen.<br />

durCH sie sieHT alles ein<br />

bissCHen JünGer und<br />

sCHöner aus.”<br />

und KArl HaT iMMer reCHT.<br />

auCH in dieser saisOn<br />

Fotos<br />

Skye parrott<br />

Styling<br />

Clare Byrne<br />

Hair Wesley O’Meara/THe Wall GrOup usinG aG Hair<br />

Make-up JusTine purdue/TiM HOWard ManaGeMenT usinG MaC<br />

Model CHarlOTTe WiGGins/supreMe<br />

Casting saMuel ellis sCHeinMan FOr dMCasTinG<br />

photo assistant Gaspar dieTriCH<br />

styling assistant CHris lee<br />

sonnenbrille<br />

THe rOW<br />

pullover<br />

pHilOsOpHy di alberTa FerreTTi<br />

Sonnenbrille<br />

SONIA RYKIEL<br />

Top & Hose<br />

CÉDRIC CHARLIER<br />

Sonnenbrille<br />

PERSOL<br />

Top<br />

SALLY LAPOINTE


FASHiON<br />

Occupied!<br />

fotos<br />

sebAstiAn MAder<br />

styling<br />

VAnessA Chow<br />

Bei einem solchen Anblick lohnt sich<br />

das Warten: Hier sind sie, die Stilettos der Saison.<br />

Im Fokus: Farbe, Fesseln, Fußgelenk<br />

obere reihe (v. l.): schuhe giorgio ArMAni ring Ariel gordon tasche giUsePPe ZAnotti, schuhe giAnVito rossi for AltUZArrA,<br />

schuhe MiChAel Kors, schuhe sergio rossi, schuhe bUrberry ProrsUM, schuhe Pierre hArdy<br />

Untere reihe (v. l.): schuhe CAsAdei, schuhe dior Clutch JiMMy Choo, schuhe giAnVito rossi, schuhe tAbithA siMMons,<br />

schuhe gUCCi tasche eMilio PUCCi, schuhe stUArt weitZMAn<br />

45<br />

Make-up JUNKO KIOKA/JOE MANAGEMENT USING NARS<br />

Manicure CASEY HERMAN FOR JULEP/KATE RYAN INC<br />

Models ELISAVETA STOILOVA/PARTS MODELS, MELISSA JACKSON/PARTS MODELS<br />

Casting EDWARD KIM/THE EDIT DESK<br />

Prop Styling NICHOLAS DES JARDINS<br />

Retouching SILHOUETTE STUDIO


Anschauen!<br />

FILME<br />

„HANGOVER 3“<br />

Nach Junggesellenabschied und Hochzeit folgt die<br />

Beerdigung von Alans Vater, woraufhin Alan einen<br />

Nervenzusammenbruch bekommt, und als dann<br />

plötzlich Doug gekidnappt wird, suchen alle Mr.<br />

Chow, der irgendwie verschwunden ist, und dann<br />

bekommt Alan eine Giraffe geschenkt (ab 30. Mai).<br />

„BEFORE MIDNIGHT“<br />

Kennenlernen in Wien, Wiedersehen in Paris und<br />

jetzt Urlaub in Griechenland. Entgegen aller Beziehungsstatistiken<br />

sind Celine (Julie Delpy) und Jesse<br />

(Ethan Hawke) immer noch zusammen. Doch im<br />

Hotelzimmer kommt es zu einem schlimmen Streit.<br />

Werden sie sich wieder vertragen? Regisseur Richard<br />

Linklater bleibt dran (ab 6. Juni).<br />

„DER LETZTE EXORZISMUS 2“<br />

Eigentlich dachten wir schon bei Der letzte Exorzismus,<br />

dass es sich um den letzten Exorzismus handeln<br />

würde, aber von wegen! Es geht immer weiter. Gott<br />

stehe uns bei (ab 6. Juni).<br />

„OLYMPUS HAS FALLEN“<br />

Der erste von zwei Sommerblockbustern, die exakt<br />

die gleiche Geschichte erzählen. In diesem verteidigt<br />

Gerard Butler das Weiße Haus gegen Terroristen. In<br />

White House Down (5. 9.) von Roland Emmerich übernimmt<br />

dann Channing Tatum den Job (ab 13. Juni).<br />

WIE TRAURIG ER GUCKT: RYAN GOSLING<br />

„THE PLACE BEYOND THE PINES“<br />

Ryan Gosling spielt einen schwermütigen Motorradfahrer,<br />

Bradley Cooper einen Cop, dem das Schicksal<br />

übel mitspielt, und hinterher geht es um ihre Söhne,<br />

die es auch nicht leicht haben. James Franco schrieb<br />

über den Film, dass er mit dem ersten Drittel, das<br />

ganz Gosling gewidmet ist, Sex haben möchte. Dem<br />

haben wir nichts hinzuzufügen (ab 13. Juni).<br />

KULTUR<br />

DIE FORMEL DAFT PUNK Die Komponenten, aus denen die französische Band zusammengesetzt ist<br />

KRAFTWERK<br />

(ELEKTRO)<br />

+ : x<br />

+ =<br />

AC/DC<br />

(ROCK ’N’ ROLL)<br />

KARL STOECKER, ALLEN JONES: AMANDA LEAR (SIREN), 1972<br />

MOTORRADHELM<br />

(MASKIERUNG)<br />

Gerard<br />

Malanga<br />

Wenn Warhol Batman<br />

gewesen wäre, dann<br />

wäre Gerard Malanga<br />

sein Robin. Er filmte<br />

die Screen Tests, dachte<br />

sich Showkonzepte für <strong>The</strong> Velvet Underground<br />

aus und war Redakteur der ersten<br />

Ausgabe von <strong>Interview</strong>. In Cannes (Galerie<br />

2Mons, bis 14. September) werden nun seine Fotos ausgestellt. Jeder, der<br />

einen Fuß über die Schwelle der Factory setzte, landete vor Malangas<br />

Objektiv. Superstars bis Straßenkindern verpasste er einen erfreulich<br />

düsteren Look, mit dem sie sich perfekt in Warhols Welt einfügten.<br />

46<br />

EIFFELTURM<br />

(PARIS)<br />

ANDY W.<br />

TRON<br />

(COMPUTERLIEBE)<br />

1<br />

Du bist so<br />

GLAM!<br />

Großzügiger Einsatz von<br />

Make-up, sexuelle Transgressivität,<br />

Auflösung von<br />

Geschlechterrollen<br />

und Langhaarfrisuren voller<br />

Haarspray – das schöne Foto, das<br />

Karl Stoecker und Allen Jones<br />

1972 von Amanda Lear gemacht<br />

haben, fasst die Grundprinzipien<br />

der Glam-Ära bereits ziemlich<br />

gut zusammen. Weil die Glam-<br />

Forschung aber noch mehr zu<br />

bieten hat, empfiehlt sich dringend<br />

der Besuch der Glam!-Ausstellung<br />

in der Schirn. Wie alles<br />

anfing, wo es hinführte, wie es<br />

aufhörte. Was blieb, was daraus<br />

folgte, was in Vergessenheit geriet.<br />

Amanda Lear, und die ist<br />

eher Disco als Glam, ist heute<br />

jedenfalls noch immer ein Star.<br />

GLAM!, SCHIRN KUNSTHALLE<br />

FRANKFURT/M.,<br />

14. JUNI BIS 22. SEPTEMBER<br />

B. DYLAN<br />

DAFT<br />

PUNK<br />

Fotos: Karl Stoecker & Allen Jones, Amanda Lear (Siren), 1972–73, C-type, crystal archive print on paper, © Karl Stoecker; STUDIOCANAL GmbH; G. Malanga, film portrait, Bob Dylan visits the Factory, 1965, 41 x51 cm, ed. 10; G. Malanga, Andy Warhol and his media toys, 1971;<br />

© 2013 EMI Recorded Music GmbH; Guido Karp; Photoshot; Sony Music; Tobias Zielony aus der Serie: Jenny, Jenny, 2013 © Tobias Zielony Courtesy of Tobias Zielony and KOW, Berlin; Mein Freund Dahmer, Derf Backderf, METROLIT 2013; Liechtensteinisches Museum/Sven Beham<br />

Runterladen!<br />

SERIEN<br />

„RECTIFY“<br />

Nach 19 Jahren in der Todeszelle wird Daniel dank<br />

einer DNA-Probe zurück in die Welt entlassen.<br />

Doch die Welt da draußen hat sich verändert, während<br />

er sich drinnen verändert hat, weshalb das<br />

Wiedersehen weniger herzlich ausfällt, als man es<br />

sich gedacht hat. Die großartige neue Serie vom<br />

Sundance Channel folgt Daniel bei seinen ersten<br />

sechs Tagen in Freiheit. Jeder Tag ist eine neue Folge,<br />

Fortsetzungen sind nicht ausgeschlossen.<br />

„WHAT WOULD RYAN LOCHTE DO?“<br />

Man muss sich den US-Olympiaschwimmer Ryan<br />

Lochte als jüngere, blondere und sympathischere<br />

Dude-Version von Lothar Matthäus vorstellen. Tagsüber<br />

trainieren, abends feiern und Frauen aufreißen,<br />

zwischendurch versuchen, die Welt zu verstehen.<br />

Wie er das schafft, beantwortet er in dieser tollen<br />

Reality-Serie gleich selbst: „If you’re a man at night,<br />

you gotta be a man in the morning.“ Ach, Ryan …<br />

DER SCHLÄCHTER ALS FEINSCHMECKER:<br />

MADS MIKKELSEN ALS HANNIBAL<br />

„HANNIBAL“<br />

Krimiserie um Hannibal Lecter, bei der es um die<br />

Zeit vor Das Schweigen der Lämmer geht. Der Psychologe<br />

Dr. Lecter ist noch nicht als Serienkiller<br />

polizeilich auffällig geworden, sondern betreut für<br />

das FBI einen labilen Profiler, der ständig Bluttaten<br />

aufklären muss. Wenn er Feierabend hat, kocht<br />

Lecter sich gern was Leckeres aus menschlichen<br />

Innereien. Mads Mikkelsen spielt die Titelfigur mit<br />

starkem dänischen Akzent, womit auch Lecters europäischer<br />

Herkunft Rechnung getragen wird.<br />

KILLERFREUND<br />

Was den Serienmörder Jeffrey<br />

Dahmer angeht, hat Derf Backderf<br />

Erfahrungen aus erster Hand – er<br />

war sein Mitschüler. Ausgehend<br />

von Zeichnungen aus Teenagertagen<br />

erscheint jetzt seine<br />

tolle Graphic Novel Mein Freund<br />

Dahmer auf Deutsch (Metrolit).<br />

… HIER IN GESTALT<br />

VON HIRSCHEN<br />

SEXPERTEN<br />

ZITAT<br />

Eine interessante Aus stellung<br />

zum Sexualverhalten von Tieren.<br />

KULTUR<br />

Tobias Zielony<br />

Jung sein ist an sich schon schwierig genug.<br />

Noch komplizierter wird es, wenn die Umgebung,<br />

in der man aufwächst , so unterstützend<br />

ist wie Stöckelschuhe bei Rückenleiden.<br />

Der Berliner Fotograf<br />

Tobias Zielony sucht seit Jahren Orte<br />

auf, an denen Jugendliche festhängen, wo<br />

andere nicht einmal durchreisen. Sein Blick auf seine<br />

Protagonisten ist dabei weder romantisch verklärt<br />

noch sozialkritisch. Vielmehr dokumentiert er aus<br />

respektvoller Distanz starke Posen und schwache Momente<br />

und schafft so Aufnahmen von einzigartiger<br />

Intimität. Für seine erste große Einzelausstellung<br />

(Berlinische Galerie, 21. Juni bis 30. September) hat<br />

Zielony sich auch in Berlin aufgemacht und dort die<br />

Nische ausgeleuchtet, in der der Kampf gegen die<br />

Einsamkeit und um Selbstbestimmung noch vergleichsweise<br />

archaisch ausgefochten wird: das Rotlichtmilieu.<br />

Der Hauptgrund, warum es so viele schlechte SCHNITZEL<br />

gibt, ist, dass sie in ÖL gebacken werden, weil es die<br />

billigste Variante ist, aber so schmeckt es dann eben auch,<br />

selbst bei gutem Fleisch. Der TRICK ist sehr simpel, man muss das<br />

gute KALBFLEISCH in BUTTER aufbacken, aber das kostet …<br />

Der Berliner Gastronom und Borchardt-Chef Roland Mary lüftet in Gefahrenzone<br />

(mit Rainer Schmidt, Goldmann Verlag) sein Schnitzel-Geheimnis.<br />

VON FLOTTEN BIENEN UND<br />

TOLLEN HECHTEN …<br />

IM LANDESMUSEUM<br />

VADUZ, BIS 12. 1. 2014<br />

47<br />

TOBIAS ZIELONY:<br />

JENNY, JENNY, 2013<br />

UNAUSGEGLICHEN: JEFFREY DAHMER<br />

3<br />

Aufschlagen!<br />

BÜCHER<br />

ALAIN DE BOTTON<br />

„RELIGION FÜR ATHEISTEN“<br />

S. Fischer<br />

Dieses mit britischer Lässigkeit geschriebene Sachbuch<br />

funktioniert wie ein spirituelles All-You-Can-<br />

Eat. Der Autor greift bei den schmackhaftesten Ritualen<br />

und Sinnstiftungsideen der Weltreligionen zu und<br />

lässt die ekligen Dogmen und Alleinvertretungsansprüche<br />

links liegen. Unkompliziert und wärmend wie<br />

ein Eintopf, der selbst Rationalitätsfanatikern<br />

schmeckt.<br />

JACK KETCHUM<br />

„VERSTECKT“<br />

Heyne<br />

Der amerikanische Horror- und Splatterautor Jack<br />

Ketchum ist so eine Art böser Cousin von Stephen<br />

King. Ähnlich begabt wie dieser schreibt er weniger<br />

episch und unheimlich, sondern direkter, blutiger<br />

und brutaler. Die Jugendlichen aus der tristen Kleinstadt<br />

in Versteckt begegnen daher auch keinem bösen<br />

Clown, sondern bloß sich selbst, ihrer eigenen<br />

Langeweile und ihrer eigenen Brutalität.<br />

ULRIKE EDSCHMID<br />

„DAS VERSCHWINDEN DES PHILIP S.“<br />

Suhrkamp<br />

Philip stirbt Mitte der Siebziger bei einem Schusswechsel<br />

mit der Polizei, aber die RAF lebt weiter,<br />

weshalb Ulrike Edschmid nun in ihrem Roman Philips<br />

Spur aufnimmt und seinen Weg in den Untergrund<br />

mit klarer Sprache nachzeichnet.


Kultur<br />

an den ohren soLL man sie erkennen: Zachary Quinto aLs spock …<br />

Z ch ry<br />

Quinto<br />

Von<br />

LeonArd nimoy<br />

Es ist wie bei der letzten Papstwahl: Der neue<br />

Spock macht es nur mit dem Segen des alten.<br />

Bevor die Enterprise wieder abhebt, trafen sich<br />

die beiden Vulkanier zur Protokollübergabe<br />

48<br />

Leonard nimoy: Wir haben uns zuletzt vor<br />

zwei Monaten in Cambridge gesehen, oder?<br />

Zachary Quinto: Richtig. Was hast du seither<br />

so gemacht?<br />

nimoy: Ach, alles Mögliche. Gestern waren meine<br />

Frau und ich im <strong>The</strong>ater. Wir haben uns am Broadway<br />

Lucky Guy angeschaut.<br />

Quinto: Ah, das Stück mit Tom Hanks. Er soll<br />

richtig gut sein.<br />

nimoy: Er ist sogar sehr gut. Und er hat es nicht<br />

leicht, er spielt keinen besonders sympathischen Charakter.<br />

Vermisst du die Zeit, als du in Die Glasmenagerie<br />

auf der Bühne gestanden hast?<br />

Quinto: Ja, sehr. Ich will das unbedingt noch<br />

mal machen. Ich habe das Gefühl, dass ich mich als<br />

Schauspieler jetzt hinter Dinge stellen muss, die mir<br />

wirklich wichtig sind. Und ich muss das mit Integrität<br />

tun und darf mich nicht über den Tisch ziehen lassen.<br />

nimoy: Du meinst in kreativer Hinsicht?<br />

Quinto: Absolut. Aber auch vom Business-Standpunkt<br />

aus. Ich plage mich gerade mit den Verhandlungen<br />

für mein <strong>The</strong>aterstück. Ich habe mir vorgenommen,<br />

dass ich so lange daran arbeite, bis alles klappt<br />

und ich bekomme, was ich will.<br />

nimoy: Du beschreibst ein interessantes Problem:<br />

Ein Künstler möchte etwas schaffen. Aber dabei<br />

ist er auf Menschen angewiesen, die versuchen,<br />

ihn dafür als Künstler auszunehmen.<br />

Quinto: Ist ja auch deren Job!<br />

nimoy: Das Problem ist, dass sie annehmen, dass<br />

man es sowieso umsonst macht, weil man es ja unbedingt<br />

machen will.<br />

Quinto: Und sie üben so lange Druck aus, bis es<br />

sich gar nicht mehr machen lässt. Ich habe momentan<br />

enorme Unkosten. Ich muss mein Haus in L. A.<br />

abzahlen. Ich ziehe gerade nach New York, was auch<br />

ziemlich teuer ist. Und ich habe eine Produktionsfirma,<br />

die ebenfalls gewisse Summen verschlingt. Es<br />

gibt leider keine finanzielle Struktur, die unsere Arbeit<br />

als Schauspieler unterstützt. Immer mehr Leute<br />

machen die Arbeit für immer weniger Geld, und die<br />

Produzenten wollen ein Produkt eh für immer geringere<br />

Kosten realisieren. Deswegen muss man sich auf<br />

die Hinterbeine stellen und kämpfen.<br />

nimoy: Das bezieht sich heute leider nicht nur<br />

auf unseren Beruf. Ich höre ständig von Menschen,<br />

die mehr arbeiten müssen für weniger Geld. Firmen<br />

lassen dieselbe oder sogar mehr Arbeit von weniger<br />

Personal übernehmen. Deshalb ist auch die Arbeitslosenzahl<br />

noch immer so hoch. Es ist schrecklich.<br />

Aber ich bin sicher, du stellst was auf die Beine.<br />

Quinto: Es ist unglaublich viel Arbeit, aber ich<br />

denke, ich finde einen Weg. Es ist mein Broadway-<br />

Debüt, und ich sehe es als Blaupause für meine Zukunft.<br />

Ich kann nicht einfach aufgeben und es sein<br />

lassen, nur weil es nicht einfach ist.<br />

nimoy: Stehst du gerade mit J. J. Abrams („Star<br />

Trek“-Regisseur) in Kontakt?<br />

Quinto: Wir mailen uns regelmäßig und haben<br />

uns vor ein paar Wochen in L. A. gesehen. Er hatte<br />

gerade den Star Trek-Film fertig und war, du kennst<br />

ihn ja, extrem enthusiastisch und glücklich. Ich denke,<br />

es ist immer ein guter Moment, wenn ein Regisseur<br />

endlich mit seinem Film fertig ist und damit zufrieden.<br />

nimoy: Wie schön: Du hast einen neuen Star<br />

Trek-Film und ein Broadway-Stück auf dem Weg.<br />

Darf ich für eine Weile du sein?<br />

Quinto: Gerne! Aber weil das nicht geht, kannst<br />

du mir stattdessen Gesellschaft leisten. Was ist mit<br />

dir? Gehst du wieder auf eine tolle Reise?<br />

Fotos: eyevine/Picture Press; dpa Picture-Alliance<br />

“<br />

Kultur/Zachary Quinto<br />

Ich habe keine<br />

meiner Entscheidungen<br />

von Geld beeinflussen<br />

lassen. Ich hatte<br />

Glück und konnte als<br />

Schauspieler immer<br />

Geld verdienen<br />

”<br />

– Zachary Quinto<br />

… uNd LeoNard Nimoy aLs spock<br />

Nimoy: Ich treffe demnächst meine Familie in<br />

Boston und werde den jüngeren Familienmitgliedern<br />

zeigen, wo ich aufgewachsen bin. Ehrlich gesagt, reise<br />

ich nicht mehr so gern. Ich bin vor zwei Tagen von<br />

L. A. nach New York geflogen, und wir waren wegen<br />

eines Sturms neun Stunden in der Luft.<br />

QuiNto: Was? Aber ihr hattet genug Treibstoff?<br />

Nimoy: Ja! Der Pilot sagte, wenn wir nicht bald<br />

in JFK landen würden, müssten wir woandershin.<br />

Ich sah mich schon von Atlantic City im Bus nach<br />

NY kommen, haha. Aber du hast recht – trotz allem<br />

planen wir diesen Sommer eine Reise nach Alaska.<br />

QuiNto: Toll! Wollte ich schon immer mal<br />

machen.<br />

Nimoy: Wir haben so viel gemeinsam. Vielleicht<br />

fragen mich deshalb so viele Leute, ob ich es war, der<br />

das Casting für Spock entschieden hat.<br />

QuiNto: Hast du doch auch.<br />

Nimoy: Ich wurde gefragt, aber ich durfte nicht<br />

entscheiden.<br />

QuiNto: Was? Und ich erzähle die ganze Zeit,<br />

dass du mich sozusagen handverlesen hast!<br />

Nimoy: Klar! Ich habe gesagt: Unter den Tausenden<br />

von Schauspielern kann es nur Zachary machen!<br />

Haha! Aber im Ernst: Ich weiß noch genau,<br />

was ich zu J. J. gesagt habe: Optisch passt es. Aber<br />

noch wichtiger ist, dass er das Zeug als Schauspieler<br />

hat. Und ein interessantes Innenleben hat er auch.<br />

QuiNto: Du meinst, weil Spock immer im Zwiespalt<br />

zwischen logischem Denken und Impulsen der<br />

Menschlichkeit steckt?<br />

Nimoy: Ich glaube, das ist das Faszinierende an<br />

Spock: Der Zuschauer hat ständig das Gefühl, dass<br />

es in ihm brodelt, und ab und an kommt dann das<br />

Unterdrückte zum Vorschein. Deshalb können sich<br />

viele mit ihm identifizieren. Am meisten mag ich es,<br />

wenn Spock Humor zeigt. In einer Folge sagt Kirk<br />

zu Spock: „Es gibt noch Hoffnung, dass du menschlich<br />

wirst.“ Und Spock antwortet: „Captain, ich sehe<br />

keinen Grund, hier herumzustehen und mich beleidigen<br />

zu lassen.“<br />

QuiNto: Wir haben ein paar solcher Witze im<br />

neuen Film. Kirk sagt: „Deine Ohren müssen glühen.“<br />

Und Spock denkt: „Glühen? Was?“<br />

Nimoy: Hast du früher eigentlich viel Star Trek<br />

und Raumschiff Enterprise geguckt?<br />

QuiNto: Nicht, bis ich die Rolle hatte. Erst dann<br />

habe ich mir die Serie angeschaut. Sie war meiner<br />

Zeit einfach viel zu sehr voraus und auch zu smart für<br />

mich, haha. Ich glaube übrigens, dass wir Freunde<br />

wurden, weil ich die Art, wie du dein Leben lebst, so<br />

respektiere. Du hast ein wunderbares Verhältnis zu<br />

deinem Umfeld und eine Liebe für Menschen und<br />

Kunst und ein Interesse an allem Möglichen. Wenn<br />

mein Leben nur halb so gut aussehen würde, wenn<br />

ich älter bin, dann wäre ich sehr glücklich.<br />

Nimoy: Wir haben allen Grund anzunehmen,<br />

dass es okay laufen wird für dich. Ich muss dir übrigens<br />

unbedingt noch mein neues Gemälde zeigen. Es<br />

ist von Clifford Odets und wurde 1947 mit Wasserfarben<br />

gemalt. Es hängt im anderen Zimmer. Ich musste<br />

es kaufen, weil ich genau im selben Jahr in seinem<br />

Stück Awake and Sing! mitgespielt hatte, was dazu<br />

führte, dass ich Schauspieler wurde.<br />

QuiNto: Großartig! Das gefällt mir übrigens am<br />

besten an deinem Zuhause – all die Kunstwerke an<br />

den Wänden. Wie bist du zum Sammler geworden?<br />

Nimoy: Meine Frau Susan war der Auslöser. Wir<br />

kannten uns schon von früher. Dann trafen wir uns<br />

wieder, als ich Star Trek IV vorbereitete. Wir begannen<br />

auszugehen. Später, als ich als Regisseur Noch<br />

drei Männer, noch ein Baby vorbereitete, führte sie<br />

mich zum Lunch aus. Sie überraschte mich damit,<br />

dass wir zu einer Ausstellung gingen, wo Werke von<br />

Jonathan Borofsky und Red Grooms gezeigt wurden.<br />

Ich war so begeistert, dass ich den Artdirector bat,<br />

etwas Ähnliches für das Foyer der Filmwohnung zu<br />

entwerfen, in der sich das Leben der drei Männer abspielte.<br />

Meine Frau hat ein Auge für gute Kunst.<br />

QuiNto: Dann hat sie also deine Arbeit direkt<br />

beeinflusst. Das ist ja auch heute so, dass deine Familie<br />

dich zu neuen Dingen inspiriert. Dank deiner Enkelin<br />

bist du auf Twitter.<br />

Nimoy: Das stimmt. Sie hat den Online-Shop<br />

LLAP, wo sie von Spock inspirierte Gegenstände<br />

verkauft, und meinte, ich solle anfangen zu twittern.<br />

Siehe da, es macht mir Spaß. Aber ich nehme es nicht<br />

zu ernst. Ich wünschte nur, dass sich die Technologie<br />

auch auf anderen Gebieten etwas schneller entwickelt<br />

hätte. In der Medizin wäre es zum Beispiel toll,<br />

wenn Ärzte ein Gerät wie Dr. McCoy hätten und Patienten<br />

ohne chirurgischen Eingriff heilen könnten.<br />

49<br />

Ich sage das, weil ich in den vergangenen Jahren diverse<br />

OPs hatte. Was hältst du von Social Media?<br />

QuiNto: Nicht so viel. Je älter ich werde, umso<br />

mehr bin ich davon überzeugt, dass es nur eine Illusion<br />

ist. Angeblich verbindet uns diese Technologie,<br />

aber tatsächlich finde ich, dass sie uns immer mehr<br />

trennt, entfremdet und isoliert. Ich benutze sie, weil<br />

es heute wohl dazugehört, aber ich ziehe da eine<br />

Grenze. Kürzlich sah ich in den Nachrichten, wie<br />

der neue Papst Franziskus auf den Balkon trat und<br />

seine Rede hielt. Und die Menschen auf dem Platz<br />

standen mit ihren Telefonen da und nahmen es auf.<br />

Sie filterten alles durch eine Maschine.<br />

Nimoy: Ich weiß genau, was du meinst. Ich fotografiere<br />

ja schon, seit ich ein Teenager bin. Aber<br />

irgend wann fiel mir auf, dass ich mein Umfeld nicht<br />

mehr genieße, sondern mich aufs Fotografieren konzentriere.<br />

Seitdem mache ich es anders.<br />

QuiNto: Technologie ist gut und schön, aber sie<br />

kann auch wirklich sehr vom Wesentlichen ablenken.<br />

J. J. Abrams ist ein Riesenfan und greift alles auf.<br />

Zum Beispiel hat er mehrere 3-D-Printer in seinem<br />

Büro in L. A.<br />

Nimoy: Was ist ein 3-D-Printer?<br />

QuiNto: Wenn ich zum Beispiel diese Kaffeetasse<br />

zerbreche, kann ich sie einscannen und der<br />

Printer spuckt genau dieselbe Tasse aus demselben<br />

Material aus. Es ist wirklich wahr, auch wenn es sich<br />

wie ein Plot aus Star Trek anhört.<br />

Nimoy: Habe ich dir eigentlich mal erzählt, was<br />

mein Vater sagte, als ich ihm eröffnete, dass ich<br />

Schauspieler werden will?<br />

QuiNto: Nein, aber unsere Väter waren beide<br />

Barbiere …<br />

Nimoy: Er sagte, du wirst nur von Zigeunern<br />

und Vagabunden umgeben sein, haha!<br />

QuiNto: Hat er auch recht. Aber das ist ja auch<br />

das Schöne am Beruf. Und wir können immer wieder<br />

was Neues machen und woanders sein.<br />

Nimoy: Mein Agent hielt mich allerdings damals<br />

für verrückt, als ich mich auf dem Höhepunkt meines<br />

Ruhms als Spock dafür entschied, lieber <strong>The</strong>ater<br />

zu machen. Er sagte, du hast, was alle Schauspieler<br />

wollen: Ruhm. Warum nutzt du das nicht? Als ich die<br />

TV-Serie Kobra, übernehmen Sie aufgab, weil mir die<br />

Show nicht mehr gefiel, verlor ich 75 Prozent meines<br />

Einkommens – ich hatte einen fünfjährigen Vertrag,<br />

aus dem ich aber nach zwei Jahren wieder rauswollte.<br />

Der finanzielle Verlust war zwar enorm, aber das war<br />

mir die Erfahrung wert.<br />

QuiNto: Wenn ich so zurückblicke, habe ich keine<br />

meiner Entscheidungen von Geld beeinflussen<br />

lassen. Ich hatte Glück und konnte als Schauspieler<br />

immer Geld verdienen. Aber als ich zum Beispiel im<br />

Off-Broadway bei Angels in America mitmachte, habe<br />

ich acht Monate lang nur 400 Dollar die Woche verdient.<br />

Ich hätte mir nie verziehen, wenn ich für Geld<br />

eine solche Erfahrung hätte sausen lassen.<br />

Nimoy: Damit wird man auch nicht glücklich.<br />

Am Ende von Star Trek war ich fast depressiv, obwohl<br />

ich, von außen gesehen, alles hatte, wovon ein Schauspieler<br />

träumt. Aber ich war unglücklich mit meiner<br />

Arbeit. Ich war daher sowohl unglücklich als auch<br />

erleichtert, als es eingestellt wurde.<br />

QuiNto: Und das machte dich zum Schauspieler,<br />

Autor, Fotografen, Poeten, Regisseur, Kunstsammler<br />

und zu einem wunderbaren Menschen.<br />

Jetzt im kiNo:<br />

Star trek – Into DarkneSS


Masse<br />

Das Staatsballett hat in der neuen Halle des Berghain das Stück Masse<br />

aufgeführt. Die Musik komponierten DJs (Henrik ScHwarz, Marcel<br />

DettMann, efDeMin) das Bühnenbild gestaltete Norbert BiSky.<br />

es war restlos ausverkauft. Deshalb: eine inszenierung in 14 Bildern<br />

Fotos<br />

Amos Fricke<br />

50<br />

51


c<br />

o<br />

n<br />

d o<br />

von<br />

Simon Baker<br />

porträt<br />

Norbert Miguletz<br />

Reclining Nude, 2013, ink & gesso on paper (two sheets)


George<br />

condo<br />

Wie seine großen Vorbilder<br />

Goya und Picasso ist auch der<br />

Amerikaner GeorGe condo<br />

ein Maler seelischer extremzustände.<br />

Seine Bilder und<br />

Skulpturen sind voller manischer,<br />

tragischer, hysterischer und<br />

kaputter Gestalten.<br />

Anlässlich seiner Ausstellungen<br />

in Berlin und Venedig öffnete<br />

George condo sein Atelier<br />

für InTerVIeW – und malte<br />

exklusiv für unsere<br />

Kunst­Ausgabe ein Titelbild<br />

George Condo, 2012<br />

ARt SpECIAl<br />

54<br />

SIMON BAKER: Erzähl doch mal – was machst du in Venedig?<br />

GEORGE CONDO: Ich fahre hin, um mir die Biennale anzusehen. Außerdem<br />

wird ein Bild von mir dort ausgestellt. Es ist von 1984 und trägt den Titel Listen to<br />

Maternal Voices. Es wird im Encyclopedic Palace gezeigt, da geht es irgendwie um<br />

Fetische und merkwürdige Objekte. Cindy Sherman und Massimiliano Gioni haben<br />

diesen Teil der Biennale gemeinsam kuratiert.<br />

BAKER: Bist du schon mal in Venedig gewesen?<br />

CONDO: Ja, in Venedig war ich schon, bin herumgelaufen und habe mir Museen<br />

angesehen, aber auf der eigentlichen Biennale war ich bisher nicht.<br />

BAKER: Okay, lass uns über Berlin reden. Zeitgleich zu Venedig hast du nämlich<br />

auch dort eine Ausstellung.<br />

CONDO: Genau! An der Berliner Ausstellung habe ich die letzten acht, neun<br />

Monate gearbeitet. Sie wird in der Galerie Sprüth Magers gezeigt. Es ist eine Zusammenstellung<br />

einer ganzen Reihe von drawing paintings. Außerdem habe ich ein<br />

Buch gemacht, weil man mich gefragt hat, ob ich nicht einmal ein Künstlerbuch<br />

machen könne. Also haben wir eines gestaltet. Das ist ein sehr persönliches Projekt.<br />

Ich zeige darin quasi die letzten dieser Bilder, die sich irgendwo zwischen<br />

Figuration und Abstraktion befinden, und ich habe dieses Mal eine Menge Farbe<br />

benutzt.<br />

BAKER: Wie lange machst du die drawing paintings nun schon? Fünf Jahre?<br />

CONDO: Ich habe mittlerweile sicher schon vier Jahre beständiger Arbeit in<br />

diese Bilder gesteckt. Dies sind die größten, die ich bisher gemacht habe.<br />

BAKER: Hast du mehrere Leinwände benutzt?<br />

CONDO: Ja, zwei Leinwände pro Bild. Es ließ sich einfach keine größere Leinwand<br />

in mein Studio befördern! Es gibt noch fünf weitere davon, und wir stellen<br />

auch ein paar Skulpturen aus.<br />

BAKER: Fantastisch!<br />

CONDO: Es ist das erste Mal, dass ich in Berlin Skulpturen zeigen werde.<br />

BAKER: Die Arbeiten passen einfach zusammen. So wie du an deine Skulpturen<br />

herangehst, tust du das auch bei deinen Gemälden. Die Ikonografie ist die gleiche,<br />

beziehungsweise sie haben viel gemeinsam.<br />

CONDO: Ich glaube, so ist es, ja. Allmählich bekomme ich das Gefühl, als<br />

würde ich mich mit diesen Bildern von diesen irgendwie zerplatzten und aufgelösten<br />

Figuren verabschieden, mit denen ich mich bei den drawing paintings so lange<br />

beschäftigt habe.<br />

BAKER: Verkörpern sie sozusagen das Ende dessen, was du manchmal als<br />

„menschliche Desaster“ beschrieben hast?<br />

CONDO: Die menschlichen Desaster sind quasi an ihrem Höhepunkt angelangt.<br />

Sie sind so weit mutiert, wie es nur ging, und nun habe ich sie eingefroren.<br />

BAKER: Und was stellst du mit den Fotografien von Diane Arbus an? Die sehen<br />

jetzt bei dir auch nach einer Art menschlichem Desaster aus. Die Leute interessiert<br />

es bestimmt, dass du dich jetzt auch mit der Fotografie und dem Werk von Arbus<br />

auseinandersetzt.<br />

CONDO: Du bist ja ein ziemlicher Experte in Sachen Fotografie. Das Verrückte<br />

ist, dass ich, bis wir beide uns getroffen haben, immer ohne Fotografie gearbeitet<br />

habe, es war immer etwas kompliziert.<br />

BAKER: Mit Ausnahme der Fotos von Rosie Jones …<br />

CONDO: Mit Ausnahme der Fotos von Rosie, ja … (beide lachen) Aber im<br />

Ernst: In den vergangenen Jahren wurden meine Arbeiten komischerweise von<br />

allen möglichen Leuten immer mit dem Werk anderer Maler in Verbindung gebracht.<br />

Mit Velásquez und den ganzen alten Meistern, mit Frans Hals und Picasso<br />

und Bacon und weiß Gott mit wem noch. Und mit Cartoons! Aber mit Arbus<br />

verbindet mich wirklich etwas, auch sie hat ein Auge für die elenden Existenzen am<br />

Rande unserer Welt. Die fing sie mit ihren Bildern ein. Genau darum geht es auch<br />

in meinen Gemälden.<br />

BAKER: Auf mich wirkt es so, als habe Arbus eine komische, ambivalente Einstellung<br />

zu ihren eigenen Motiven. So als sollten wir uns fragen, ob sie nun mit<br />

ihnen sympathisiert oder diesen Menschen eher negativ gegenübersteht. Ihre eigene<br />

Beziehung zu ihren Motiven steht immer infrage. Was für eine Einstellung<br />

hast du denn zu Jean Louis und Rodrigo und all deinen anderen „menschlichen<br />

Desastern“?<br />

CONDO: Einerseits sind sie verabscheuenswerte Vertreter der Menschheit,<br />

und gleichzeitig leben sie all die Dinge aus, von denen wir wissen, dass wir es nicht<br />

können. Wenn wir Rodrigo und Jean Louis sehen, malen wir uns aus, wie ihr Leben<br />

hinter verschlossenen Türen wohl aussehen könnte, aber sie verstecken sich<br />

quasi in ihren Leopardenmänteln.<br />

BAKER: In gewisser Weise erinnert das schon an Arbus, insbesondere wenn man<br />

an die Prominenten denkt, die sie so streng formell zeigt. Man sieht nur die Fassade,<br />

die sie der Welt präsentieren. Wie es dahinter aussieht, kann man höchstens<br />

erahnen.<br />

Fotos: (vorherige Seite) George Condo, Reclining Nude, 2013, ink & gesso on paper (two sheets), 60 1/2 x 78 1/4 inches, (153,7 x 198,8 cm), © George Condo 2013/VG Bild-Kunst, Bonn 2013, Courtesy of the Artist and Skartedt Gallery, New York; (diese Seite) George Condo,<br />

Compounded Figures, 2012, acrylic, charcoal & pastel on linen, 165,1 x 203,2 cm (unframed), 211 x 173 cm (framed), © George Condo/VG Bild-Kunst, Bonn 2013, Courtesy Sprüth Magers Berlin London<br />

Compounded Figures, 2012, acrylic, charcoal & pastel on linen<br />

GEORGE coNDO<br />

55<br />

CONDO: Genau. Manchmal schaut sie aber auch in dunkle Ecken und stößt<br />

auf Leute, die im Hotelzimmer sitzen, wie zum Beispiel auf die beiden Blinden<br />

oder diesen Riesen. Die Aufnahmen solcher schrulligen Personen sind die verblüffendsten.<br />

Daran erkennt man die großen Fotografen. Bezogen auf die Malerei,<br />

habe ich mich wohl immer am stärksten zu den Werken von Goya oder Picasso<br />

hingezogen gefühlt. Picassos blaue Periode bestand im Prinzip aus Bettlern, Pennern<br />

und Vagabunden. Das sind die Leute, mit denen auch ich mich am liebsten<br />

auseinandersetze, vor allem mit ihrer Entmenschlichung.<br />

BAKER: Demnach können wir uns auf eine Goya/Arbus/Condo-Show freuen?<br />

CONDO: Ja, das wäre doch eine großartige Ausstellung! Haha!<br />

BAKER: Läutet die Ausstellung in Berlin den Endpunkt einer bestimmten Arbeitsmethode<br />

ein? Du hast ja jetzt angefangen, etwas ganz anderes zu machen, mit<br />

Tinte. Ich habe die ersten Arbeiten gesehen, sie sehen toll aus! Wie bist du darauf<br />

gekommen, Tinte zu benutzen?<br />

CONDO: Ich habe mit den großen Porträts angefangen. Diese großen Köpfe<br />

habe ich auch als drawing painting gemalt. Als die ersten Kopf-Kompositionen<br />

fertig waren, dachte ich, dass sie sich sicherlich sehr gut auf Papier machen. Vor<br />

Kurzem hatte ich eine Ausstellung in der Gallery Met im Lincoln Center. Sie<br />

lehnte sich an den Narr aus Rigoletto an. Ich habe elf Variationen davon gemalt. Das<br />

ging am besten mit Tinte, weil sie so schnell trocknet. Man musste nichts vorzeichnen.<br />

Dass ich so schnell und spontan sein konnte, hat mir sehr gefallen. Irgendwann<br />

habe ich angefangen, großflächiger zu arbeiten. Zuerst habe ich all die Nackten<br />

gemalt und diese schönen Rothko-mäßigen Farbtöne hingekriegt. Man kann<br />

die fließenden Linien erkennen. Jeder Arbeitsschritt ist sichtbar.<br />

BAKER: Lass uns über Kanye West reden. In den letzten Jahren habt ihr euch<br />

gemeinsam mit der visuellen Übersetzung seiner Arbeit beschäftigt, oder?<br />

CONDO: Ja, es macht Spaß, denn sein Sound und seine Stimme passen perfekt<br />

zu meinen Arbeiten, andersherum genauso. Wir inspirieren uns gegenseitig. Er<br />

arbeitet gerade an einem neuen Album, und wir überlegen, wie man das Cover<br />

gestalten könnte. Ich zeige ihm meine Arbeiten, und er überlegt, wie das Ganze zu<br />

ihm passen könnte.<br />

BAKER: Die Tatsache, dass er deine Bilder benutzt, scheint dich ja nicht zu beunruhigen.<br />

Du schickst ihm einfach etwas, und er kann dann damit machen, was er will?<br />

CONDO: Yeah, das macht mir nichts aus, weißt du? Ich vertraue ihm. Viele<br />

Künstler stellen sich sehr an, wenn es um die Auseinandersetzung mit ihren Werken<br />

geht, die regen sich über alles Mögliche auf. Aber im Grunde kann doch<br />

niemand der Kunst etwas anhaben. Eines Tages stehen die Leute vor dem ursprünglichen<br />

Kunstwerk und sagen: „Oh, wow, das ist das Gemälde, das Kanye<br />

West für sein Albumcover benutzt hat. Ich wusste gar nicht, dass das drei Meter<br />

hoch ist!“ Sie kannten es eben nur in der kleinen Version vom CD-Cover.<br />

BAKER: Gefällt es dir eigentlich, dass dein Bild nun ein Parental-Advisory-<br />

Aufkleber ziert, der Eltern davor warnen soll, es ihren Kindern zu zeigen?


GeorGe condo<br />

Three Nudes, 2013, ink & acrylic on paper<br />

Fotos: George Condo, Three Nudes, 2013, ink & acrylic on paper, 80 x 60 inches, © George Condo 2013/VG Bild-Kunst, Bonn 2013, Courtesy of the Artist and Skartedt Gallery, New York;<br />

George Condo, Comic Strip, 2012, acrylic, charcoal & pastel on linen, 165,1 x 203,2 cm (unframed), 211 x 173 cm (framed), © George Condo/VG Bild-Kunst, Bonn 2013, Courtesy Sprüth Magers Berlin London<br />

“<br />

Comic Strip, 2012, acrylic, charcoal & pastel on linen<br />

Picassos blaue Periode bestand im Prinzip<br />

nur aus Bettlern, Pennern und Vagabunden.<br />

Das sind die Leute, mit denen auch ich<br />

mich am liebsten auseinandersetze<br />

”<br />

57<br />

– George Condo


ART SPECIAL<br />

GEORGE CO N D O<br />

CONDO: Yeah, ich finde es toll! Das gehört doch ohnehin da drauf!<br />

CONDO/BAKER: Hahaha!<br />

BAKER: Ein Advisory-Aufkleber gehört da eigentlich ohnehin drauf – ganz genau!<br />

Aber die Zusammenarbeit mit Kanye West ist nur eine von vielen. Du hast<br />

auch schon mit Burroughs und vielen anderen Autoren und Künstlern gearbeitet.<br />

CONDO: Ich habe sie mir nie wirklich selbst ausgesucht. Als Maler habe ich<br />

dafür immer ein bisschen zu sehr in meiner eigenen Welt gesteckt. Plötzlich<br />

merkst du dann, dass deine Arbeiten andere Menschen erreichen und ihnen etwas<br />

bedeuten. Als wir beispielsweise mit dem Autor David Means in Kontakt<br />

getreten sind oder auch mit Will Self und Burroughs, haben sie alle gesagt:<br />

„Kannst du deinen Charakteren Worte und Leben einhauchen? Wer ist dieser<br />

Rodrigo?“ Und ich kann tatsächlich über ihn oder Jean Louis reden und meinen<br />

persönlichen Eindruck vermitteln. Aber wenn ein anderer sich diese Figur dann<br />

vornimmt und eine Geschichte über sie schreibt, so wie es Rushdie etwa mit dem<br />

Psychoanalytic Puppeteer getan hat, dann wird daraus noch mal eine vollkommen<br />

andere Sache. Die andere Person geht ja mit einer anderen Kunstform da<br />

ran, mit der Kunst der Wörter. Der Autor gibt den Figuren eine Geschichte,<br />

durch die sie dann spazieren.<br />

BAKER: Das Leben einer Figur beginnt also erst richtig, wenn du sie fertig gemalt<br />

hast?<br />

CONDO: Genau.<br />

58<br />

BAKER: Dann können sie eine Menge komischer Dinge anstellen, während du<br />

nicht in der Nähe bist.<br />

CONDO: Nicht nur das. Es ist auch so, als hätten sie schon ein Leben geführt,<br />

bevor sie auf der Leinwand auftauchen. Stell dir vor, du machst ein Porträt von<br />

einer 60-jährigen Person – die war 60 Jahre lang auf der Welt, bis sie eines Tages<br />

in dein Studio kommt und sich von dir malen lässt. Wenn ich mir eine Figur ausdenke,<br />

sie also male, dann existiert sie eigentlich schon so lange wie ich selbst. Sie<br />

steckt irgendwo in meinem Unterbewusstsein, bis der Moment kommt, in dem sie<br />

zu etwas Plastischem wird.<br />

BAKER: Und dann fängt sie an, irgendwelche verrückten Dinge zu tun.<br />

CONDO: Ich könnte mir gut vorstellen, dass sie auch ein bisschen Kanye West<br />

hört.<br />

BAKER: Wir haben noch gar nicht darüber gesprochen, dass wir an deiner ersten<br />

Monografie arbeiten. Wir machen das zwar zusammen, aber wir haben ja auch<br />

30 Jahre Arbeit zu überblicken, von den frühen Achtzigern bis heute. Das ist schon<br />

ein schwieriger Weg. Findest du es nicht auch merkwürdig, zurückzublicken und<br />

alles in eine Reihenfolge zu bringen?<br />

CONDO: Es ist ziemlich schwierig, weil ich einerseits alles über die Arbeiten<br />

weiß, andererseits habe ich komplett vergessen, wo ich zwischen 1987 und 1988<br />

war.<br />

BAKER: Das war ein gutes Jahr, oder?<br />

Fotos: (diese Seite) George Condo, Downtown New York, 2012 (Detail), acrylic, charcoal & pastel on linen, 228,6 x 330,2 cm,<br />

(zweiteilig, je 228,6 x 165,1 cm) (unframed), 236 x 338 cm (framed), © George Condo/VG-Bildkunst, Bonn 2013, Courtesy<br />

Sprüth Magers Berlin London; (folgende Seite) George Condo, Discarded Human, 2013, ink on paper, 60 x 80 inches, © George<br />

Condo 2013/VG Bild-Kunst, Bonn 2013, Courtesy of the Artist and Skartedt Gallery, New York<br />

CONDO: Wenn ich mich an nichts erinnern kann, muss es wohl so gewesen<br />

sein, haha!<br />

BAKER: Trotzdem gibt es einige Bilder aus dem Jahr. Irgendetwas musst du also<br />

getan haben!<br />

CONDO: Ja, ich muss nur den Weg dorthin zurückverfolgen. Das ist die<br />

Schwierigkeit. Vielen fällt so etwas schwer, weil es sie emotional anstrengt. Das<br />

geht mir nicht so. Emotional kompliziert wird es hingegen, in heutigen Werken<br />

krankhafte Züge zu wähnen, deren Ursache in unterdrückten Wutanfällen in der<br />

Kindheit liegen soll.<br />

BAKER: Lustig! Bei der Arbeit ist uns aufgefallen, dass du immer schon sehr<br />

vielseitig gearbeitet hast. Du arbeitest sowohl abstrakt als auch figurativ, du malst,<br />

machst Skulpturen und zeichnest …<br />

CONDO: Ja, irgendwie versuche ich ständig, die Grenzen zwischen Malerei<br />

und Zeichnung zu überwinden, bis hin zu dem Punkt, an dem sie eins werden. Mit<br />

unterschiedlichen Stilen hat es sich doch letztlich schon immer so verhalten. Ob<br />

nun zwischen Renaissance und Impressionismus – immer geht es um Austauschbarkeit,<br />

von Sprachen oder von Materialien. Das macht es kompliziert und ikonisch.<br />

BAKER: Ich finde, das lässt sich am Beispiel Musik immer sehr gut vor Augen<br />

führen. Du interessierst dich sowohl für John Dowland als auch für Jimi Hendrix.<br />

Ihre Musik unterscheidet sich total voneinander, und trotzdem ergibt es zusammen<br />

Sinn.<br />

Downtown New York, 2012 (Detail), acrylic, charcoal & pastel on linen<br />

59<br />

CONDO: Es ist wie mit dem Fernsehen: Als es sich als Medium durchgesetzt<br />

hatte, kamen immer neue Kanäle dazu, und auf jedem einzelnen Sender gab es<br />

mehr und mehr Werbung. Und als dann irgendwann das Internet hinzukam, waren<br />

die Leute längst daran gewöhnt, in den Nachrichten etwas über den Krieg in<br />

Afghanistan zu sehen und direkt im Anschluss eine Windelwerbung und dann<br />

wieder den Irakkrieg und dann einen Gap-Werbespot. Mit dem Computer ist es<br />

genau dasselbe: Du siehst einen Nachruf auf Margaret Thatcher …<br />

BAKER: Und findest dich einen Moment später auf mysteriöse Weise wieder<br />

bei Rosie Jones …<br />

CONDO: Haha! Du merkst plötzlich, wie du wie von Geisterhand Rosie Jones<br />

eingibst, und siehst, was sie gerade wieder macht … haha!<br />

BAKER: Das reicht!<br />

CONDO: Hahaha!<br />

BAKER: Margaret Thatcher und Rosie Jones.<br />

DIE AUSSTELLUNG PAINTINGS & SCULPTURE<br />

IST BIS 22. JUNI BEI<br />

SPRÜTH MAGERS BERLIN ZU SEHEN


“<br />

Wenn ich mir eine Figur ausdenke,<br />

sie also male, dann existiert sie eigentlich<br />

schon so lange wie ich selbst<br />

”<br />

– George Condo<br />

Discarded Human, 2013, ink on paper


Art SpeciAl<br />

oBer<br />

salz<br />

BerG<br />

Drei Jahre hat sich der Fotograf<br />

anDreas mühe am mythos von hitlers<br />

Berghof abgearbeitet. er hat ins Tal gerufen,<br />

die sonne hinter den Gipfeln glühen sehen<br />

und nazis beim Pissen abgelichtet.<br />

seine Werkreihe Obersalzberg ist vollendet,<br />

jetzt beginnt die aufarbeitung: Im Gespräch<br />

mit rammstein-sänger TIll lInDemann<br />

erklärt mühe das Verhältnis zwischen mann<br />

und Berg, Kaffeekranz und Karodecke,<br />

Uniform und aufrechtem Gang<br />

Foto: Am Obersee, VG Bild-Kunst, Bonn 2013, courtesy Galerie Carlier Gebauer<br />

von und mit<br />

andreas mühe<br />

&<br />

Till lInDemann<br />

Am Obersee<br />

62<br />

63


SiSSi i<br />

Stefan i<br />

Unbekannt 43 II<br />

karl DönItz GroSSaDmIral<br />

“<br />

Faszinierend ist<br />

die Umwertung,<br />

wenn aus einer alten<br />

Glasscherbe ein mythisches<br />

Objekt wird,<br />

nur weil sie möglicherweise<br />

zu Hitlers Weinkeller<br />

gehörte<br />

”<br />

– Andreas Mühe<br />

AndreAs Mühe: Till, das hier sind meine Bilder vom<br />

Obersalzberg.<br />

Till lindeMAnn: Ein paar davon kenne ich ja<br />

schon. Was hat dich eigentlich am Obersalzberg interessiert?<br />

Dass er so mythenbeladen ist?<br />

Mühe: Ich fand vor allem interessant, dass die<br />

Nazis in dieser Berglandschaft privat gelebt haben,<br />

abgeschottet vom Rest der Welt. Was hat die Diktatur<br />

auf dem Berg gemacht? Wie haben die Nazis diese<br />

Landschaft, ihre Erhabenheit für sich benutzt?<br />

lindeMAnn: Du meinst, dich interessierte das<br />

Verhältnis von Mann und Berg?<br />

Mühe: Ja, zuerst habe ich nur die Landschaft festgehalten.<br />

Daraus sind dann die großformatigen Landschaftsaufnahmen<br />

entstanden. Die dann allerdings<br />

einen eingebauten Fehler haben, den pissenden Nazi.<br />

lindeMAnn: Sie wollen über allem stehen, je höher,<br />

desto erhabener fühlen sie sich. Das ist das Göttergleiche,<br />

ein Zeichen ihres Größenwahns. Hauptsache,<br />

ihre Mächtigkeit wird illustriert.<br />

Mühe: Das hier ist der dritte Teil der Serie, der<br />

wurde im Studio aufgenommen. Das <strong>The</strong>ma ist: Warten.<br />

Was heißt, dass ich Haltungen fotografiere, die<br />

Haltungen der Nazis am Obersalzberg, während sie<br />

auf Hitler warten. Das ist eine Art Männerballett.<br />

lindeMAnn: Kleidung beeinflusst oft die Haltung.<br />

Uniformen führen zu einer angestrengten, geraden<br />

und manchmal verkrampften Positur. Der junge<br />

Mann im Anzug dort im Bild sieht da schon<br />

ent spannter aus.<br />

Mühe: Das Besondere dieser Diktatur ist, dass<br />

alle ausstaffiert und uniformiert wurden. Vom kleinen<br />

Hausmeister, der Braun tragen durfte, über die SS in<br />

Schwarz bis zu den Nazi-Gottheiten am Ende der<br />

Hie rarchie. Die haben alles zusammengeschnitten,<br />

was man sich nur vorstellen kann. Auf diesem Foto<br />

nehme ich mir die Terrasse auf dem Berghof vor. Ich<br />

beleuchte die deutsche Gemütlichkeit, die karierten<br />

Tischdecken, an denen man bei Kaffee und Kuchen<br />

sitzt wie zu Hause. Für mich ist das die deutsche Seele<br />

in Reinkultur.<br />

lindeMAnn: Das kenne ich aus meiner Kindheit,<br />

die karierten Kissen. Entweder blau oder rot kariert. Man<br />

kommt nicht drum herum, es suggeriert Gemütlichkeit.<br />

Mühe: Und Frieden.<br />

lindeMAnn: Genau, Frieden. Und Kaffeeduft,<br />

im Osten der Onko-Kaffee. Und Streuselkuchen.<br />

Mühe: Ein Blechkuchen musste es sein.<br />

lindeMAnn: Und Mutter hatte noch ein paar<br />

Kornblumen gepflückt. Die standen auf dem Tisch.<br />

Mühe: Irgendwie beruhigend.<br />

lindeMAnn: Man brauchte über nichts nachzudenken,<br />

es war eine Pflichtveranstaltung, meistens am<br />

Sonntag.<br />

Fotos linke Seite: Sissi I, VG Bild-Kunst, Bonn 2013, courtesy Galerie Carlier Gebauer; Stefan I, VG Bild-Kunst, Bonn 2013,<br />

courtesy Galerie Carlier Gebauer; rechte Seite: Unbekannt 43 II, VG Bild-Kunst, Bonn 2013, courtesy Galerie Carlier Gebauer;<br />

Karl Dönitz Großadmiral, VG Bild-Kunst, Bonn 2013, courtesy Galerie Carlier Gebauer<br />

Mühe: Immer die gleichen Stühle, die Tischdecken,<br />

die Kissen …<br />

LindeMann: Auf mich wirkt das wie eine Einladung.<br />

Wenn ich zum Beispiel in Italien bin, das kann<br />

auf irgendeinem bescheuerten Platz mit Tauben sein,<br />

und ich sehe in einem Restaurant diese karierten<br />

Tischdecken, dann zieht mich das sofort magnetisch<br />

an. Ich muss dahin und mir was reinziehen, und wenn<br />

es ein touristisches Nudelgericht ist. Das wirkt anheimelnd<br />

auf mich.<br />

Mühe: Anheimelnd ist ein schönes Wort. Da passt<br />

meine Devotionalienserie, wie ich das nenne, meine<br />

Fotografien von Fundstücken aus der Zeit. Im Sommer<br />

kommen bis zu 500 000 Leute auf den Obersalzberg,<br />

die alle ein bisschen Gruselkabinett erleben<br />

möchten.<br />

LindeMann: Meinst du wirklich, es ist ein Schauer,<br />

den sie da suchen?<br />

Mühe: Das ist meine Vermutung. Es gibt Leute,<br />

die wollen altes Zeug, die Reste jener Jahre finden.<br />

Ein Fetzen Tarnnetz, ein paar Gashandschuhe.<br />

LindeMann: Den Flaschenöffner vom Führer<br />

wahrscheinlich.<br />

Mühe: Ja, ein zerbrochener Flaschenhals aus der<br />

berühmten Weinsammlung des Berghofs. Wie die geklauten<br />

Weine dahin gekommen sind, ist eine andere<br />

Geschichte. Ich habe einen Historiker getroffen, der<br />

“<br />

Sie wollen über<br />

allem stehen, je höher,<br />

desto erhabener fühlen<br />

sie sich. Das ist das<br />

Göttergleiche, ein<br />

Zeichen ihres Größenwahns.<br />

Hauptsache,<br />

ihre Mächtigkeit wird<br />

illustriert<br />

”<br />

– Till Lindemann<br />

sammelt ein, was er findet, und bewahrt es auf. Bevor<br />

das neue Hotel gebaut wurde, das Intercontinental<br />

Berchtesgaden, das den Platz von Görings alter Villa<br />

einnimmt, hat er das Gelände untersucht und vermessen.<br />

Das Hotel macht übrigens Verluste, weil es nicht<br />

ausgelastet ist.<br />

LindeMann: Was sind das eigentlich für Leute<br />

auf den Bildern?<br />

Mühe: Freunde von mir. Irgendwann habe ich angefangen,<br />

meine Freunde in Uniformen von damals<br />

zu stecken.<br />

LindeMann: Es ist schon gruselig, wie sich ein<br />

Mensch in dem Moment verändert, in dem er eine<br />

Uniform trägt. Wahnsinn, wie das funktioniert.<br />

Mühe: Es funktioniert sofort. Es gibt eine Reihenfolge<br />

in meinen Bildern: zuerst die alte Uniform,<br />

dann eine Bomberjacke und schließlich weiße T-<br />

Shirts, die am Ende ja auch wie eine Uniform wirken.<br />

Eine Veränderung der Kleidung, und alles ist<br />

anders.<br />

LindeMann: Man könnte meinen, dass der<br />

Haarschnitt entscheidend wäre. Aber die Jungs haben<br />

ja die gleiche Frisur wie vorher. Es ist nur die Uniform,<br />

die alles verändert. Eine Uniform macht gerader, man<br />

passt seine Haltung ganz automatisch der Klamotte<br />

an, wächst quasi rein und wirkt größer. Man drückt<br />

den Rücken durch.<br />

64<br />

65


Mühe: Eine Uniform gibt Sicherheit, sie vermittelt<br />

Zugehörigkeit und Stärke. Und Größe selbstverständlich.<br />

LindeMann: In einer Uniform wirst du maximal<br />

das Bein überschlagen, aber du setzt dich ganz sicher<br />

nicht breitbeinig in einen Sessel. Während ein Jogginganzug<br />

dich ja förmlich in den Sessel hineindrückt.<br />

Das würde dir in einer Uniform niemals passieren.<br />

Mühe: Stimmt. Wenn das alles vorbei ist, will ich<br />

mich einem neuen Gebiet zuwenden: Hier siehst du<br />

Fotos von den Häusern aus der Waldsiedlung Wandlitz<br />

bei Berlin. Insgesamt sind es 21 Häuser, immer im<br />

gleichen Abstand, sieben in einer Reihe, bis auf eines,<br />

das ist das Haus von Mielke, das steht versetzt. Im<br />

Unterschied zum Obersalzberg ist die Waldsiedlung<br />

in Wandlitz in ihrem ursprünglichen Zustand komplett<br />

erhalten.<br />

LindeMann: Herrlich. Das ist so deutsch, so unglaublich<br />

profan. Sind die Häuser heute bewohnt?<br />

Mühe: Ja, eine Klinik nutzt sie. Der damalige<br />

Ministerpräsident Manfred Stolpe hat in den 90er-<br />

Jahren bestimmt, das Äußere der Häuser zu erhalten.<br />

So sieht man heute, was damals ein Ideal war: raus aus<br />

der Stadt, weg vom Majakowskiring in Berlin-Pankow,<br />

rein in den Wald und sich einmauern lassen.<br />

LindeMann: Warum hast du die Wandlitz-Häuser<br />

nachts fotografiert?<br />

Mühe: Ich habe es erst tagsüber probiert, aber da<br />

sah es aus wie die Industriefotografien von Bernd und<br />

Hilla Becher. Das ging also nicht. Schließlich habe ich<br />

mich an meine Lichtführung und den Einsatz des<br />

Lichts in meiner Fotografie erinnert. Also lieh ich mir<br />

einen Heliumballon mit einem starken Brenner aus<br />

und bin in zwei Nächten von Haus zu Haus gegangen.<br />

Dann hat es auf einmal gestimmt.<br />

LindeMann: Die Häuser sehen so aus wie aufgestellt.<br />

Mühe: Wie aus Pappe, im Filmstudio Babelsberg.<br />

LindeMann: Als du Rammstein letztes Jahr auf<br />

der US-Tour begleitet hast, ist ein Foto von Flake<br />

entstanden – eine Tageslichtaufnahme, die trotzdem<br />

so subtil ausgeleuchtet ist, so exakt, dass man das auf<br />

den ersten Blick gar nicht mitkriegt. Deine Idee, dort<br />

Einzelporträts von uns zu machen, ganz schnell zwischendurch,<br />

das war eine effiziente und sehr coole<br />

Sache. Teilweise wurde einfach auf dem Rollfeld fotografiert,<br />

weil wir eine startende Maschine mit drauf<br />

haben wollten. Einmal, als gerade ein Flieger mit lauter<br />

Mädchen landete, war ich nackt. Und das in Amerika,<br />

dafür kannst du da in den Knast kommen.<br />

Mühe: Wir mussten das schnell auf dem privaten<br />

Rollfeld machen, damit wir das überhaupt hinkriegen.<br />

LindeMann: Mal ganz abgesehen von dem Flughafenpersonal,<br />

das nicht wusste, was da eigentlich los<br />

war. Unser Fahrer war eingeweiht, weil ich nach dem<br />

Foto schnell ins Auto gesprungen bin und dann nichts<br />

wie weg. Du hattest alles ausgeleuchtet, zehn Minuten<br />

waren geplant, alle waren bereit und warteten auf<br />

ein normales Bild, und dann stand ich plötzlich nackt<br />

auf der Position. Das wusste keiner, denn wir hätten<br />

dafür nie eine Genehmigung bekommen. Du hast<br />

dann ganz schnell abgedrückt. Das eine ist es, sich<br />

nackt für eine Aufnahme zur Schau zu stellen, etwas<br />

ganz anderes aber, dies in einem Land zu machen, wo<br />

das strafbar ist und alle Polizisten bewaffnet sind. Denen<br />

ist egal, ob das Kunst ist oder nicht. Das interessiert<br />

da keinen.<br />

Mühe: Ich wollte unbedingt einen Kontrast zu<br />

der Rammstein-Bühnenshow haben. Außerdem hat<br />

mich die Weite der amerikanischen Landschaft faszi-<br />

“<br />

art speciaL<br />

Ich beleuchte die<br />

deutsche Gemütlichkeit,<br />

die karierten<br />

Tischdecken, an denen<br />

man bei Kaffee und<br />

Kuchen sitzt wie zu<br />

Hause. Für mich ist<br />

das die deutsche Seele<br />

in Reinkultur<br />

”<br />

– Andreas Mühe<br />

niert. So kam ich auf die Idee, Landschaft und Haltung<br />

der nackten Körper zu verbinden. Mein <strong>The</strong>ma<br />

der letzten Jahre ist ja, wie Körper sich im Raum verhalten,<br />

und da hat es sich fast zwangsläufig ergeben,<br />

euch in diesen irren Gegenden zu arrangieren. Wir<br />

haben in Kanada angefangen, in einer Landschaft wie<br />

von David Lynch erfunden, und so ging es dann dreieinhalb<br />

Wochen weiter bis nach Texas.<br />

LindeMann: Ich war sehr gespannt, deine Bilder<br />

von uns aus Amerika zu sehen. Künstlerisch ist das<br />

die Sache des Fotografen, wir als Band sehen ja am<br />

Schluss, ob uns das gefällt oder nicht. Entscheidend<br />

ist, dass sich ein Vertrauensverhältnis zwischen den<br />

Beteiligten entwickelt. Man kann solche Fotos nicht<br />

wie ein Shooting nach Ansage machen. Alles hängt<br />

davon ab, inwieweit man sich öffnet, mitmacht und<br />

sich darauf einlässt.<br />

Mühe: Ja, eindeutig, das ist eine gemeinsame Arbeit.<br />

LindeMann: Wir haben in Amerika leider schon<br />

erlebt, wie es ist, wenn es richtig schiefgeht. Wegen<br />

einer Aktion auf der Bühne sind Flake und ich da<br />

schon mal verhaftet und angeklagt worden. Ein unglaublicher<br />

Aufwand mit Prozessterminen vor Ort,<br />

Abstimmungen, Verhandlungen mit Gericht und Anwälten,<br />

vom Knast mal ganz abgesehen. Ich wusste bei<br />

dem Flughafenfoto also, was mich erwarten würde<br />

und was das für unsere Tour bedeutet hätte, wären wir<br />

damit aufgeflogen. Aber lass uns noch mal zurückkehren<br />

zum Obersalzberg. Wir sprachen vorhin über die<br />

Fundsachen. Gibt es eigentlich ein Museum, das diese<br />

Fundstücke ausstellt?<br />

Mühe: Nein, es gibt das Dokumentationszentrum<br />

am Obersalzberg, das die Geschichte der NS-Zeit für<br />

die Besucher aufbereitet, um sie nicht alleine herumlaufen<br />

zu lassen. Vielleicht auch, um ihnen eine Legitimation<br />

zu geben, dort sein zu dürfen. Was die Leute<br />

im Gelände finden, wird nicht ausgestellt. Faszinierend<br />

ist die Umwertung, wenn aus einer alten<br />

Glasscherbe ein mythisches Objekt wird, nur weil sie<br />

möglicherweise zu Hitlers Weinkeller gehörte. Der<br />

Führer und sein Refugium sind weg, aber die Landschaft<br />

ist noch so, wie sie damals war.<br />

LindeMann: Man kann sich an den Bildern dieser<br />

monumentalen Landschaft berauschen. Die Haltung<br />

der Nazis war: Alles meins! Das ist eine Frage<br />

der Weltanschauung – freut man sich an der Aussicht,<br />

oder will man sich diese aneignen und an der Größe<br />

schmarotzen.<br />

Mühe: Ich habe auch Bilder ohne Menschen, reine<br />

Landschaftsaufnahmen. Die sind aus der Perspektive<br />

des großen Panoramafensters vom Berghof gemacht,<br />

zeigen also genau den Blick, den die Nazis aus<br />

ihrem Wohnzimmer hatten. Sie beschmutzen die<br />

Landschaft, das ist der Punkt. Und das zeigen meine<br />

Bilder. Man muss sich vorstellen, das ist erst 70 Jahre<br />

her. Trotzdem ist es so gut wie historisch, weil die<br />

letzten Überlebenden bald nicht mehr existieren.<br />

LindeMann: Hast du Angst, mit dem Obersalzberg<br />

missverstanden oder falsch interpretiert zu werden?<br />

Mühe: Ja, das habe ich. Aber ich hoffe, dass ich<br />

eindeutig bin, auch bei den pissenden Nazis und den<br />

Selbstporträts. Für mich erschließt sich das Ganze als<br />

sehr klar und eindeutig.<br />

die aussteLLung Obersalzberg – andreas Mühe ist<br />

voM 7. Juni bis 30. JuLi bei<br />

carLier gebauer in berLin zu sehen<br />

andreas Mühe – Obersalzberg erscheint iM Juni<br />

beiM distanz-verLag<br />

Foto: SS-Mann am Watzmann, VG Bild-Kunst, Bonn 2013, courtesy Galerie Carlier Gebauer<br />

SS-Mann aM WatzMann<br />

66<br />

67


Nathalie Djurberg & haNs berg,<br />

<strong>The</strong> Parade of riTuals and sTereoTyPes, 2012


Art SpeciAl<br />

Nathalie<br />

djurberg<br />

Sigmund FREUD hätte seine Freude an den arbeiten der schwedischen<br />

Künstlerin Nathalie DJURBERG gehabt: ihre Knetfiguren<br />

im Dienste der aufklärung sind anzüglich bunt und im besten Sinne<br />

grotesk. Nachdem die in Berlin lebende Künstlerin in der<br />

Fondazione PRaDa ihre Filme gezeigt hat, wurde sie jetzt von<br />

Dasha ZHUKOVa nach Moskau eingeladen<br />

JULIA AKSENOVA: Nathalie, oftmals werden Animationsfilme<br />

und Knetfiguren mit Kindern assoziiert.<br />

Deine Knetwelt ist jedoch alles andere als ein Ort für<br />

Kinder: Es gibt dort jede Menge Gewalt und Sex. Hast<br />

du dich für diesen Gegensatz bewusst entschieden?<br />

NatHaliE DJURBERG: Nein. ich habe mit 16<br />

Jahren angefangen, Kunst zu machen, und erst viel<br />

später gemerkt, worum es in meinen arbeiten eigentlich<br />

geht. Zum Beispiel, dass ich mich darin mit Opferund<br />

täter rollen beschäftige und ein Mensch beide in<br />

sich vereinen kann. als mir das klar wurde, habe ich<br />

nicht mehr versucht, Künstler zu sein, sondern ich<br />

wurde wirklich einer. ich dachte allerdings auch danach<br />

noch lange, dass das, was ich mache, keine Kunst<br />

sei. Eine Weile dachte ich, es sei Pornografie.<br />

aKSENOVa: Pornografie?!<br />

DJURBERG: (lacht) Ich dachte das nicht, weil es<br />

um Sex ging, sondern weil es so direkt war.<br />

aKSENOVa: Dein Mann und du, ihr seid Schweden.<br />

Von außen betrachtet, verbindet man Schweden<br />

oft mit einem besonders friedlichen, ruhigen leben …<br />

DJURBERG: (lacht) ich kann verstehen, dass<br />

leute den Eindruck haben, die Schweden seien sehr<br />

perfekt und stereotyp. Es gibt bei uns kein großes Verlangen<br />

danach aufzufallen.<br />

aKSENOVa: Deine Kunst suggeriert etwas anderes:<br />

Sie ist laut und fordert eine Reaktion heraus.<br />

70<br />

Kannst du dich an einen Moment erinnern, in dem<br />

jemand besonders auffällig auf eines deiner Kunstwerke<br />

reagiert hat?<br />

DJURBERG: Bei einer ausstellung in Norwegen<br />

habe ich mal eine Situation zwischen einer Mutter und<br />

ihrem etwa zehnjährigen Sohn beobachtet. Sie standen<br />

vor unserem Film Putting Down <strong>The</strong> Prey. Darin<br />

erlegt eine Eskimofrau ein Walross, weidet es aus,<br />

macht es sauber, klettert dann in das tier hinein und<br />

näht es von innen wieder zu. Sie lebt dann in ihm weiter,<br />

im Meer. Der Film ist voller sexueller anspielungen.<br />

Der Junge wollte das unbedingt sehen, aber seine<br />

Mutter wollte das nicht. Er hat sich an einer Säule<br />

festgehalten, weil sie versucht hat, ihn wegzuzerren<br />

und ihm die augen zuzuhalten. Sie hat ihm sogar auf<br />

den Rücken gehauen, an seinem Bein gezerrt und gerufen:<br />

“Du darfst das nicht sehen!” ich fand es toll,<br />

dass der Film in dem Kind so heftige Reaktionen<br />

ausgelöst hat. aber ich habe mich trotzdem versteckt,<br />

weil ich angst hatte, dass die Mutter mich sonst angreifen<br />

würde. Das Beispiel zeigt auch, dass Kinder<br />

und Jugendliche anders an Kunst herangehen. Die<br />

kümmern sich nicht darum, ob etwas gut oder schlecht<br />

für sie sein soll. Die fragen sich nur: ist das langweilig<br />

oder nicht?<br />

oben rechtS:<br />

<strong>The</strong> Black PoT, GArAGe center<br />

for contemporAry culture, moSkAu,<br />

kurAtiert von juliA AkSenovA.<br />

21. juni–18. AuGuSt<br />

nAthAlie DjurberG, No TiTle, 2010<br />

unten rechtS:<br />

nAthAlie DjurberG, DeceiviNg looks, 2011<br />

Fotos: (vorherige Doppelseite) Nathalie Djurberg & Hans Berg, <strong>The</strong> Parade of Rituals and Stereotypes, 2012, Courtesy of Zach Feuer Gallery and Giò Marconi; (diese Seite) Nathalie Djurberg, No Title, 2010,<br />

Nathalie Djurberg Archive; Nathalie Djurberg, Deceiving Looks, 2011, Nathalie Djurberg Archive; (folgende Doppelseite) Nathalie Djurberg & Hans Berg, <strong>The</strong> Parade of Rituals and Stereotypes, 2012, Courtesy of Zach Feuer Gallery and Giò Marconi


Nathalie Djurberg & haNs berg,<br />

<strong>The</strong> Parade of riTuals and sTereoTyPes, 2012


Larry<br />

GaGosian<br />

von<br />

Peter M. Brant<br />

fotos<br />

crAig mcdeAn<br />

74<br />

75


Art SPecIAL<br />

LARRy GAGOSIAN<br />

In den vergangenen<br />

drei Jahrzehnten hat<br />

Larry GaGosIan<br />

ein Kunst-Imperium<br />

auf gebaut. Die Liste der<br />

Künstler, die er in<br />

seinen zwölf Galerien<br />

rund um den Globus<br />

ausgestellt hat, ist so<br />

lang wie legendär. Doch<br />

wie alle Großen seiner<br />

Branche ist auch<br />

Larry Gagosian keineswegs<br />

unumstritten:<br />

Gerichtsprozesse, abwandernde<br />

Künstler<br />

(u. a. Damien Hirst<br />

und yayoi Kusama)<br />

und andere Quälereien<br />

nagen am Nimbus des<br />

unumstößlichen<br />

Großgaleristen.<br />

Eigentlich lehnt dieser<br />

es kategorisch ab,<br />

<strong>Interview</strong>s zu geben.<br />

Für seinen langjährigen<br />

Freund Peter M. Brant,<br />

den Verleger von<br />

InTErVIEW, machte<br />

der 68-jährige<br />

amerikaner eine<br />

ausnahme<br />

Die Liste der Künstler, die Larry Gagosian ausgestellt<br />

hat, liest sich wie ein Who’s who moderner und zeitgenössischer<br />

Kunst: Jeff Koons, Richard Prince, Ed<br />

Ruscha, Richard Serra, Jean­Michel Basquiat und Cy<br />

Twombly, aber auch jüngere Künstler wie Taryn Simon<br />

und Urs Fischer und nicht zuletzt ikonische Meister<br />

wie Francis Bacon, Constantin Brancusi, Roy Lichtenstein,<br />

Pablo Picasso, Jackson Pollock, Robert Rauschenberg<br />

und Andy Warhol.<br />

Auch wenn die Repräsentation der Künstler die<br />

primäre Funktion der Galerie bleibt, ist Gagosian<br />

eine nicht unwesentliche Größe am Sekundärmarkt,<br />

der eigentlich von den großen Auktionshäusern domi<br />

niert wird. Mit seinem extensiven Netzwerk an<br />

Kontakten, seiner unerschöpflichen Quelle an Ressour<br />

cen und seiner unheimlichen Fähigkeit, Kunstwerke<br />

auszustellen, die eigentlich nicht zu bekommen<br />

sind, ist Gagosian auch auf diesem Gebiet seit Jahren<br />

ein dominanter Akteur. Mit Abschlüssen, die mitunter<br />

gerne mal eine neunstellige Summe für ein einzelnes<br />

Werk erzielen.<br />

Peter m. BrANt: Wir kennen uns inzwischen seit über<br />

30 Jahren, aber ich würde gerne früher ansetzen: Du<br />

bist in L. A. aufgewachsen. Gab es Anzeichen, dass du<br />

ein Leben in Richtung Kunstwelt einschlagen würdest?<br />

LArrY GAGOSIAN: Ehrlich gesagt, bin ich in<br />

ziemlich bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen.<br />

Wir waren eine normale Mittelklassefamilie. Ich glaube,<br />

meine Mutter hat einmal von einem Freund ein<br />

paar Meereslandschaften ausgeliehen, aber wir hatten<br />

nicht wirklich Kunst zu Hause. Ich kann mich noch<br />

nicht einmal erinnern, ein Museum besucht zu haben,<br />

bevor ich mein College abschloss.<br />

BrANt: Deine Mutter war Schauspielerin, oder?<br />

GAGOSIAN: Meine Mutter war Schauspielerin –<br />

keine große, aber sie hat eine Handvoll Filme gedreht.<br />

Einer hieß Von Agenten gejagt, in dem Joseph Cotten<br />

mitgespielt hat. Sie spielte eine Nachtclubsängerin.<br />

Der Film wurde von Mercury Productions produziert,<br />

das war Orson Welles’ Produktionsfirma. Er hat<br />

nicht Regie geführt, aber er hat mitgespielt und zusammen<br />

mit Joseph Cotten den Film geschrieben. Die<br />

beiden haben eng zusammengearbeitet.<br />

BrANt: Und dein Vater war Buchhalter.<br />

GAGOSIAN: Er war Buchhalter bei der Stadt Los<br />

Angeles, also Beamter.<br />

BrANt: Wann hast du angefangen, über Kunst<br />

nachzudenken? Was waren die ersten Dinge, die deine<br />

Aufmerksamkeit erregt haben?<br />

GAGOSIAN: Klamotten. Erscheinungen. Ich war<br />

immer schon total fokussiert darauf, wie Leute sich<br />

anziehen. Aber dass ich mich für bildende Kunst interessierte,<br />

kam so: Ich studierte im Hauptfach Englische<br />

Literatur an der UCLA und belegte ein Seminar<br />

bei einem Professor, der etwas gegen Avantgardekunst<br />

hatte. Im Nachhinein betrachtet, begreife ich, dass er<br />

wahrscheinlich abstrakte Kunst einfach nicht mochte.<br />

Aber zu dem Zeitpunkt wusste ich ja noch nicht einmal,<br />

was abstrakte Kunst überhaupt ist. Eines Tages<br />

sprachen wir im Seminar über Literatur und landeten<br />

irgendwann bei Fragen zur Ästhetik. Der Dozent<br />

meinte, moderne und abstrakte Kunst sei keiner ernsthaften<br />

Beachtung wert. Dass sie oberflächlich und<br />

überbewertet sei, was ja schon ein witziger Kommentar<br />

ist – vor allem in einem Englischseminar an der<br />

UCLA. Um seinen Standpunkt zu illustrieren, sagte<br />

er: „Wenn ihr euch einen da Vinci anschaut oder einen<br />

Raffael, seht ihr von den Augen zum Bauch nabel<br />

der Frau ein perfektes Dreieck. Jetzt haben wir Künstler,<br />

die zeichnen einfach nur ein Dreieck und nennen<br />

das dann Kunst.“ Mich hat der Kommentar total genervt.<br />

Also meldete ich mich – was ich nicht oft gemacht<br />

habe – und meinte zu ihm: „Vielleicht will man<br />

sich ja manchmal einfach nur ein Dreieck anschauen.“<br />

Daraufhin fing ich an, mich mit Ästhetik zu beschäftigen,<br />

in meiner Erinnerung war das ein prägendes<br />

Erlebnis.<br />

BrANt: Später hast du angefangen, Poster zu verkaufen.<br />

Wie kam es dazu?<br />

GAGOSIAN: Durch einen glücklichen Zufall. Ich<br />

arbeitete damals als Parkplatzjunge, hatte keine richtigen<br />

Ambitionen oder finanziellen Bestrebungen. Ich<br />

lebte in einem begehbaren Kleiderschrank von so<br />

’nem Typen in Venice Beach und war einfach froh,<br />

gute Freunde zu haben. Aber ich hatte kein Geld, gar<br />

keins. Also fing ich an, Poster zu verkaufen. Das hatte<br />

ich bei jemandem auf der Straße gesehen und fand das<br />

gut. Im Grunde imitierte ich einfach sein Geschäft.<br />

Ich bin sogar zum selben Laden gegangen, von dem er<br />

seine Poster bezogen hat: Ira Roberts of Beverly Hills.<br />

Die haben diese simplen Poster herausgegeben, die<br />

man für einen Dollar bekam. Ich hab die dann einfach<br />

für 15 Dollar weiterverkauft. Aber ich habe nicht mit<br />

dem Posterverkauf angefangen, weil ich dachte, dass<br />

das jetzt der Weg zum Kunsthändler sei. Ich hatte<br />

noch gar nicht begriffen, dass Kunsthandel überhaupt<br />

ein Beruf ist. Irgendwann fing ich einfach an, teurere<br />

Poster zu verkaufen.<br />

BrANt: Und dein Unternehmen begann, sich zu<br />

entwickeln …<br />

GAGOSIAN: Wenn man es so nennen möchte. Ich<br />

habe es einfach ausgebaut. Ich erinnere mich, dass<br />

Ira Roberts diese kleinen Broschüren druckte, um die<br />

Schundposter zu bewerben, die sie verkauften. Auf der<br />

letzten Seite wurden die teureren Poster angepriesen.<br />

Da kam mir die Idee, sie einzurahmen und für 250<br />

Dollar weiterzuverkaufen. Das reizte mich am Kunsthandel:<br />

Es war ein Straßengeschäft für mich, was sich<br />

erst änderte, als ich den Rahmenladen eröffnete.<br />

Wusstest du, dass Kim Gordon bei mir arbeitete und<br />

Rahmen baute? Sie kam fast zur selben Zeit wie ich<br />

nach New York und fing parallel zum Rahmenbau mit<br />

ihrer Band Sonic Youth an.<br />

BrANt: Das heißt, dein ganzes Wissen über Kunst<br />

war ausschließlich autodidaktischer Natur?<br />

GAGOSIAN: Ich habe jedenfalls nie ein Kunstseminar<br />

besucht. Ich habe einfach angefangen, Kunstmagazine<br />

zu lesen und in Galerien zu gehen.<br />

BrANt: Eine der ersten Shows, die du in New York<br />

gemacht hast, war die David­Salle­Show in deinem<br />

Loft mit Annina. Wie kam es dazu?<br />

GAGOSIAN: Das war 1979. Ich hatte gerade mein<br />

Loft bezogen und es ziemlich günstig hergerichtet, als<br />

ich das Foto einer Malerei von David Salle in einem<br />

Magazin sah. Es war von 1978, als er gerade anfing,<br />

Bilder übereinanderzulegen. Ich fand es wunderschön,<br />

also habe ich Annina angerufen, und sie sagte: „Oh,<br />

ich kenne David Salle. Wir könnten in sein Studio gehen.“<br />

Salle lebte damals in Brooklyn, also fuhren wir<br />

hin. Er hatte sieben oder acht dieser Malereien von<br />

der gleichen Serie. Ich sagte sofort zu Annina: „Lass<br />

uns im Loft eine Ausstellung machen.“ Und das war<br />

dann meine erste Ausstellung in New York. Art in<br />

America berichtete darüber, Bruno Bischofberger kaufte<br />

ein Gemälde, Charles Saatchi auch. Es kamen viele<br />

Leute, um sich die Show anzusehen, was ein guter<br />

Weg war, ein wenig Aufmerksamkeit in der Kunstszene<br />

New Yorks zu bekommen. Ich glaube, die Gemälde<br />

kosteten jeweils 2 000 Dollar.<br />

BRANT: Besitzt du noch ein Bild dieser Show?<br />

GAGOSIAN: Eins habe ich noch.<br />

BRANT: Du warst einer der Ersten, der Jean-Michel<br />

Basquiat entdeckt hat. Wie hast du ihn eigentlich<br />

kennengelernt?<br />

GAGOSIAN: Ich saß in meinem Loft und bekam<br />

eines Nachmittags einen Anruf von Barbara Kruger.<br />

Sie sagte: „Larry, ich bin in einer Gruppenausstellung<br />

bei Annina Nosei. Die Eröffnung ist heute Abend. Es<br />

wäre toll, wenn du vorbeikommen könntest.“ Also lief<br />

ich rüber zu Anninas Galerie auf der Prince Street. Soweit<br />

ich mich erinnere, gab es zwei Räume, einen größeren<br />

und einen kleineren, der zu ihrem Büro nach<br />

hinten führte. In diesem Raum waren Malereien, die<br />

mich schlichtweg elektrisierten. Ich hatte nie zuvor<br />

den Namen Jean-Michel Basquiat gehört. Und offen<br />

gestanden, wusste ich nicht einmal, ob es ein Mann<br />

oder eine Frau war. Später am Abend traf ich ihn dann<br />

– und war erst einmal geschockt, als ich ihn sah.<br />

BRANT: Ach ja?<br />

GAGOSIAN: Ich hatte einfach etwas ganz anderes<br />

erwartet. Jedenfalls nicht einen gut aussehenden, jungen,<br />

schwarzen Mann mit Haaren, die steil nach oben<br />

standen. Ich glaube, er trug eine weiße Malerhose, die<br />

voller Kleckse war. Ich mochte ihn sofort, und wir<br />

wurden Freunde. Also beschloss ich, seine Arbeiten in<br />

Los Angeles zu zeigen.<br />

BRANT: Wie lange hat es gedauert, nachdem ihr<br />

euch getroffen hattet, bis du seine Arbeiten aus gestellt<br />

hast?<br />

GAGOSIAN: Weniger als ein Jahr. Er malte damals<br />

in Anninas Keller, und es war toll, da vorbeizuschauen<br />

und zu sehen, woran er gerade arbeitete.<br />

VAmpIRzähNe, ScOTch, BIN LAdeN: deR SchReIBTISch VON KING LARRy<br />

BRANT: Jean-Michel kam dann eine Zeit mit dir<br />

nach L. A., oder?<br />

GAGOSIAN: Ja. Ich glaube, er mochte es dort. Er<br />

war vor der Ausstellung noch nie in L. A. gewesen, es<br />

war eine andere Szene, andere Leute. Also kam er dahin<br />

und zog in mein Haus für ein Jahr.<br />

BRANT: Erzähl mir bitte von dem Flug nach Kalifornien<br />

mit Jean-Michel.<br />

GAGOSIAN: Kann ich das so öffentlich erzählen?<br />

BRANT: Ich habe gehört, Jean-Michel habe sich<br />

mit ein paar Freunden einen Joint in der ersten Klasse<br />

angesteckt.<br />

GAGOSIAN: Zu dem Zeitpunkt rauchte Jean-Michel<br />

ein bisschen von allem, und er zündete sich tatsächlich<br />

diesen Joint in der ersten Klasse an. Ich erinnere<br />

mich, dass die Stewardess nicht richtig wusste,<br />

was sie mit dem Kerl machen sollte – ich meine, er<br />

und seine Freunde sahen nach ernst zu nehmenden<br />

Großstadttypen aus. Einer von denen war übrigens<br />

Rammellzee, er trug einen weißen ledernen Trenchcoat<br />

und eine Skibrille. Eine Skibrille! Man kann sagen:<br />

Wir hatten Spaß. Irgendwann kam die Stewardess<br />

zu uns und sagte: „Ihr könnt das hier echt nicht<br />

machen, was ihr da gerade treibt.“ Daraufhin sagt<br />

Jean-Michel: „Sorry, ich dachte, das sei hier die erste<br />

Klasse?“ (beide lachen)<br />

BRANT: Jean-Michel hing damals auch mit Madonna<br />

rum, oder?<br />

GAGOSIAN: Das war interessant. Eigentlich lief<br />

alles gut. Jean-Michel malte Bilder, ich verkaufte sie.<br />

Aber dann sagte Jean-Michel eines Tages: „Meine<br />

Freundin kommt hierher, um bei uns zu wohnen.“ Ich<br />

war ein wenig besorgt – ein Ei zu viel kann jedes<br />

Omelett ruinieren, verstehst du? Also sagte ich: „Wie<br />

ist sie denn so?“ Daraufhin meinte er: „Sie heißt Madonna,<br />

und sie wird mal richtig groß.“ Ich werde nie<br />

vergessen, dass er das gesagt hat. Also kam Madonna<br />

zu uns und blieb für ein paar Monate, und wir verstanden<br />

uns alle prächtig. Wie eine glückliche Familie.<br />

BRANT: Und du hast Jean-Michel rumgefahren,<br />

oder?<br />

GAGOSIAN: Ja, bis ich meinen Führerschein abgeben<br />

musste und Madonna unsere Fahrerin wurde.<br />

Das muss man sich vorstellen: Madonna war unser<br />

Chauffeur! (beide lachen) Und sie war ernst. Bereits damals<br />

konntest du ihr die Disziplin, den Fokus und die<br />

Ambition ansehen. Sie ging jeden Morgen joggen,<br />

machte Yoga, telefonierte ständig mit ihren Leuten.<br />

BRANT: Bist du heute noch mit ihr befreundet?<br />

GAGOSIAN: Ich würde nicht sagen, dass wir<br />

Freunde sind. Aber wenn ich sie sehe, freuen wir uns,<br />

weil wir diese nette Geschichte miteinander teilen.<br />

BRANT: Eine Sache, die wir gemeinsam haben, ist,<br />

dass wir beide viel Zeit mit Leo Castelli verbracht haben.<br />

Er hatte definitiv einen großen Einfluss auf mein<br />

Leben. Ich weiß, dass er auch dir viele Sachen beigebracht<br />

hat. Gibt es eine Sache, bei der du das Gefühl<br />

hast, in besonderer Weise von ihm gelernt zu<br />

haben?<br />

GAGOSIAN: Das ist eine gute Frage, die sich gar<br />

nicht so einfach beantworten lässt. Was ich sagen<br />

kann, ist, dass Leo mir gezeigt hat, wie eine Galerie<br />

die Kunst wichtig erscheinen lassen kann. Es hilft immer,<br />

Arbeiten von Roy Lichtenstein, Ed Ruscha und<br />

Jasper Johns dabeizuhaben. Aber vor allem die Art<br />

und Weise, wie du die Arbeiten präsentierst, hat viel<br />

76<br />

77


damit zu tun, wie die Leute sie annehmen und betrachten.<br />

Leo hatte immer einen großartigen Stil,<br />

Kunst zu präsentieren – ohne es überheblich aussehen<br />

zu lassen.<br />

BRANT: Ja, das stimmt.<br />

GAGOSIAN: Zudem machte Leo Castelli uns allen<br />

vor, wie man ein ernsthaftes Geschäft und ein<br />

wunderbares Leben verbindet. Das war eine seiner<br />

großen Lektionen für mich. Die andere Sache, die er<br />

mich lehrte, war: Gib nie zu viele <strong>Interview</strong>s.<br />

BRANT: Daran hast du dich gehalten!<br />

GAGOSIAN: Aber er nicht! Wir waren ja Partner<br />

in seinen späteren Jahren, betrieben eine Galerie zusammen,<br />

teilten uns einige Künstler, hatten also ein<br />

ziemlich formelles Geschäftsverhältnis. Aber wenn<br />

ich ihn anrief, weil ich mit ihm über ein Gemälde, einen<br />

Deal oder eine Ausstellung sprechen wollte, wurde<br />

mir stets ausgerichtet: „Mr. Castelli wird gerade<br />

interviewt.“ (beide lachen)<br />

BRANT: Leo hatte großes Vertrauen in dich.<br />

GAGOSIAN: Die Art, wie Leo arbeitete, bestand<br />

darin, einer kleinen Gruppe von Händlern zu vertrauen,<br />

die einen Großteil der Geschäfte erledigten. Er<br />

war sehr offen und kollegial, was letztendlich aber vor<br />

allem seiner Arbeitsmethode zugutekam. Er wollte<br />

nicht den ganzen Tag in der Galerie stehen, um Bilder<br />

zu verkaufen. Und ich hatte das Glück, einer dieser<br />

Verkäufer zu sein. Einige der Händler versuchten, ihn<br />

auszubooten, weil sie sich dachten: „Oh, Leo wird alt,<br />

vielleicht können wir ja …“ Das habe ich nie gemacht.<br />

Ich glaube, er respektierte, dass ich aggressiv war,<br />

aber niemals auf Kosten unserer Beziehung.<br />

BRANT: Als du die Galerie in Chelsea eröffnet hast,<br />

gab es nicht wirklich viele Galerien dort.<br />

GAGOSIAN: Es gab gar keine. Dafür Junkies und<br />

Prostituierte. Kaum vorstellbar, wie sehr sich die Gegend<br />

verändert hat. Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich<br />

auch noch gar nicht die Idee, eine Galerie in New<br />

York aufzumachen. Ich hatte mir auch keine anderen<br />

Orte angeschaut. Du warst derjenige, der mich auf die<br />

980 Madison gebracht hat.<br />

BRANT: Die Magazine hatten dort ihre Büros.<br />

Deine frühen Ausstellungen waren wirklich gut kuratiert<br />

und Wegbereiter für die Blockbuster-Shows, die<br />

du jetzt in Chelsea hinlegst. Wie konntest du so früh<br />

solche Ausstellungen auf die Beine stellen?<br />

GAGOSIAN: Als ich in L. A. war, hatte ich die<br />

Möglichkeit, viele von Leos Künstlern kennenzulernen,<br />

mit anderen Händlern zusammenzuarbeiten,<br />

und wurde so zu einer Art Satellit. Als ich dann nach<br />

New York kam, hatte ich keinen dieser sogenannten<br />

Primärkontakte zu Künstlern, weil die alle mit anderen<br />

Kunsthändlern verbandelt waren. Also war der einzige<br />

Weg, diese historischen Ausstellungen zu machen. Ich<br />

organisierte kleine, fokussierte Shows, was eine gute<br />

Möglichkeit war, ohne direkten Zugang zu einem<br />

Künstler etwas Großes in der Galerie zu haben. Ich<br />

repräsentierte zu diesem Zeitpunkt de facto keinen<br />

einzigen. Außerdem musste man die Leute ja erst einmal<br />

nach Chelsea locken. Wir haben die Most Wanted<br />

Men-Ausstellung gemacht, nachdem Andy gestorben<br />

ist. Aber wir hatten Andy selbstverständlich auch vorher,<br />

als er noch am Leben war, in der 23rd Street, was<br />

eine seiner letzten Ausstellungen gewesen ist.<br />

BRANT: Die mit den Oxidation-Bildern. Die meisten<br />

dieser frühen Ausstellungen waren aber vornehmlich<br />

auf connoisseurship aufgebaut. Es ging nicht wirklich<br />

darum, die Werke zu verkaufen, weil viele Samm ler<br />

sie bereits besaßen.<br />

GAGOSIAN: Das stimmt.<br />

“<br />

ART SpecIAl<br />

Du weißt, ich<br />

spiele hart. Von daher<br />

irritiert mich das<br />

kritische Zeug nicht.<br />

Wenn dich jeder mag,<br />

hast du irgendetwas<br />

falsch gemacht<br />

”<br />

– Larry Gagosian<br />

78<br />

BRANT: Zu dem Zeitpunkt musst du gemerkt haben,<br />

dass diese Art von Shows einen wichtigen Teil<br />

deiner Zukunft ausmachen würden.<br />

GAGOSIAN: Es ist eine Formel, wenn man es so<br />

nennen will, die ich immer noch benutze. Von neueren<br />

Arbeiten eines lebenden Künstlers zu einer historischen<br />

Ausstellung überzugehen schafft einen guten<br />

Rhythmus in dem Zeitplan einer Galerie.<br />

BRANT: Welche Ausstellungen ragen für dich heraus?<br />

Bei welchen hast du das Gefühl, dass sie wirklich<br />

wichtig waren?<br />

GAGOSIAN: Ich mag verschiedene aus verschiedenen<br />

Gründen. Eine, die heraussticht, ist die Brancusi-Ausstellung,<br />

die wir in den Neunzigern gemacht<br />

haben. Es war ein Riesenaufwand, Rumänien, das gerade<br />

erst zu einer Demokratie geworden war, dazu zu<br />

bewegen, mir die Brancusis aus der Nationalsammlung<br />

und den Museen in Krajowa in meine Galerie zu<br />

schicken. Es wurde außerdem sehr kontrovers diskutiert.<br />

Es gab unglaubliche Geschichten über die Ausstellung<br />

in der rumänischen Presse: dass es eine Masche<br />

sei, um die Brancusis zu verkaufen. Natürlich<br />

hatten wir überhaupt nicht die Absicht, sie zu verkaufen.<br />

Der logistische Aufwand war gigantisch! Meistens<br />

liegt ja die Anstrengung nicht in der Show selbst,<br />

sondern in dem, was es bedarf, sie zu ermöglichen.<br />

Ein Beispiel: Versuch mal, einen Frank Sinatra dazu<br />

zu bewegen, ein Edward-Hopper-Gemälde zu verkaufen.<br />

Fast ein Ding der Unmöglichkeit. Ich musste<br />

so viele Leute anrufen, seine Freunde, seinen Schwiegersohn,<br />

seine Frau Barbara … Daran habe ich lange<br />

gearbeitet. Aber am Ende hatte ich das Bild, das ich<br />

unbedingt wollte.<br />

BRANT: Ich weiß, dass einer der Künstler, mit denen<br />

du eng zusammengearbeitet hast, Cy Twombly<br />

gewesen ist, der vorvergangenes Jahr verstorben ist.<br />

Wie denkst du über die Zeit, die du mit ihm verbracht<br />

hast, und über seine Arbeit?<br />

GAGOSIAN: Ich denke viel an Cy. Ich vermisse<br />

ihn sehr. Als Freund und als Künstler. Ich vermisse es,<br />

in sein Atelier zu gehen und neue Arbeiten sehen zu<br />

können. Das war immer ein Vergnügen. Wir haben<br />

wirklich sehr viel Zeit miteinander verbracht, haben<br />

geredet, sind zusammen in den Urlaub gefahren.<br />

BRANT: Wie muss man ihn sich als Mensch vorstellen?<br />

GAGOSIAN: Ich weiß nicht, wofür „pur“ wirklich<br />

steht, aber wenn es irgendwas bedeutet, dann trifft es<br />

voll und ganz auf Cy zu. Er war wie kein anderer<br />

Künstler, den ich bis jetzt getroffen habe. Er ist nie<br />

Auto gefahren, besaß keinen Fernseher, Geld war ihm<br />

egal. Er war kein Dummkopf, aber er wurde nicht<br />

vom Geld angetrieben. Er lebte einfach sein Leben<br />

und war ganz und gar Künstler. New York zu verlassen<br />

und nach Italien zu ziehen, das war vollkommen<br />

gegen den Strom …<br />

BRANT: Von allen Künstlern, die ich in den letzten<br />

Jahren getroffen habe, war Cy der faszinierendste. Er<br />

war anmutig, ein Gentleman. Einmal habe ich ihn in<br />

Rom besucht, das war 1973. Da lief gerade L’Amour<br />

auf dem Rome Film Festival, den ich zusammen mit<br />

Andy Warhol produziert hatte. Cy lud uns in sein<br />

Apartment ein.<br />

GAGOSIAN: Seinen Palazzo.<br />

BRANT: Ja, den Palazzo. Ich erinnere mich an sein<br />

Bett mit diesen weißen Leinenbetttüchern. Darüber<br />

hing Andy Warhols <strong>The</strong> Kiss (Bela Lugosi).<br />

BRANT: Du siehst Cy als einen der größten Künstler<br />

der Nachkriegszeit.<br />

GAGOSIAN: Als einen der größten überhaupt!<br />

BRANT: Was ist mit Andy? Du hast seine Arbeiten<br />

gezeigt, nachdem er gestorben ist, und du warst maßgeblich<br />

daran beteiligt, gerade seine späteren Arbeiten<br />

zu etablieren. Wann hast du Andy getroffen?<br />

GAGOSIAN: Ich denke, das war im Jahr 1980.<br />

Wir kannten uns nicht wirklich, aber man sah sich in<br />

der Castelli-Galerie oder auf der Straße. Dann lernte<br />

ich Fred Hughes kennen, und er stellte mich ihm vor<br />

und lud mich in die Factory ein.<br />

BRANT: Wie kam es zu der Show mit den Oxidation-Bildern<br />

von Andy?<br />

GAGOSIAN: Ich war gerade zum Lunch im Studio<br />

mit Fred und Andy, und als wir uns eben hinsetzen<br />

wollten, um zu essen, sah ich diese eingerollten Leinwände<br />

auf dem Boden, die so metallen aussahen. Also<br />

fragte ich: „Was ist das?“, und Andy sagte so was wie:<br />

„Oh, das sind die Oxidation-Bilder.“ Er nannte sie<br />

wahrscheinlich „piss paintings“ – Andy würde nicht so<br />

ein fancy Wort wie „oxidation“ benutzen. Auf jeden<br />

Fall meinte er, dass keiner sie mag, aber ich fragte, ob<br />

wir sie uns mal ansehen könnten. Also rollten Fred,<br />

Andy und ich zwei oder drei dieser Bilder auf dem<br />

Boden des Ateliers aus, die waren sechs oder sieben<br />

Meter lang, und ich sagte: „Ich finde die ziemlich<br />

cool.“ Ich kannte ihre Geschichte zu dem Zeitpunkt<br />

noch nicht, wusste nicht, dass sie bereits einige Jahre<br />

zuvor angefertigt worden waren.<br />

BRANT: In den späten Siebzigern.<br />

GAGOSIAN: Ja, und das Treffen, das ich eben beschrieben<br />

habe, war vermutlich 1985/86. Ich erinnere<br />

nicht mehr, ob es Fred oder Andy war, aber einer<br />

von beiden sagte: „Glaubst du, du kannst sie verkaufen?“<br />

(lacht) Also machten wir die Ausstellung. Zu<br />

dem Zeitpunkt war Andy ein wenig wie Cy, in dem<br />

„ER wAR BuchhAlTER BEI dER STAdT lOS ANGElES, AlSO BEAmTER”: lARRy GAGOSIAN üBER SEINEN VATER<br />

Sinne, dass beide von Leo vertreten wurden, beide<br />

meines Erachtens nach jedoch nicht die Aufmerksamkeit<br />

bekamen, die sie verdienten. Du kennst die<br />

Geschichte, wie Andy die Bilder ablieferte und Leo<br />

sie in den …<br />

BRANT: … Keller packte.<br />

GAGOSIAN: In den Keller seiner Galerie auf der<br />

Greene Street. Das war die letzte Einzelausstellung,<br />

die Andy mit Leo gemacht hat.<br />

BRANT: Ich erinnere mich sehr gut, weil die Zeichnungen<br />

für die damalige Zeit extrem radikal waren.<br />

GAGOSIAN: Weil sie vulgär waren. Andy war<br />

stinksauer – ich weiß das, weil Andy mir gesagt hat,<br />

dass er stinksauer ist. Das war auch der Zeitpunkt, als<br />

er aufhörte, mit Leo zu arbeiten. Es gibt natürlich immer<br />

zwei Seiten. Aber sowohl Cy als auch Andy waren<br />

sehr instinktive Menschen und trafen beide ihre eigenen<br />

Entscheidungen. Sie waren Teil einer Kunstwelt,<br />

die in dieser Form heute nicht mehr existiert. Und ich<br />

vermisse diesen Typ von Künstler. Meines Erachtens<br />

nach waren Andy und Cy zwei der bedeutendsten<br />

Künstler des letzten Jahrhunderts. Aber es gab einen<br />

Punkt, an dem Leo beide an den Rand gedrängt hat.<br />

BRANT: Wie hat sich die Beziehung zwischen den<br />

Künstlern und Händlern verändert? Glaubst du,<br />

Künstler suchen heutzutage nach etwas anderem als<br />

Repräsentation?<br />

GAGOSIAN: Künstler beschäftigen sich heute viel<br />

mit der Anfertigung. Sie produzieren vermehrt Objekte,<br />

und die meisten von ihnen brauchen Galeristen,<br />

die ihre Projekte fördern und unterstützen. Aber ich<br />

weiß nicht, ob die Bedeutung, ein Künstler zu sein,<br />

sich wirklich verändert hat. Ich hoffe nicht.<br />

BRANT: Wie viele Künstler vertrittst du zurzeit?<br />

GAGOSIAN: Das weiß ich nicht.<br />

BRANT: Du weißt nicht, wie viele es sind?<br />

GAGOSIAN: Nicht endlos viele. Es gibt andere<br />

Galerien, die wahrscheinlich genauso viele Künstler<br />

vertreten wie ich.<br />

BRANT: Was denkst du über die Zukunft von<br />

Kunstmessen?<br />

GAGOSIAN: Ich denke, sie werden immer wichtiger.<br />

Es gibt inzwischen so viele Käufer, die sich mit<br />

dem alten Mechanismus, Kunst zu kaufen, nicht wirklich<br />

anfreunden können. Eine Kunstmesse ist da zugänglicher.<br />

Du gehst hin und kaufst. Fertig. Es ist<br />

entmystifiziert, es ist direkt. Ich mag Kunstmessen.<br />

BRANT: Wie viele besuchst du momentan im Jahr?<br />

GAGOSIAN: Acht oder neun. Aber die Art Basel<br />

in der Schweiz ist immer noch der Big Daddy der<br />

Kunstmessen – für uns zumindest.<br />

BRANT: Du bist über all die Jahre konstant erfolgreich<br />

gewesen – in guten wie in schlechten Zeiten.<br />

Aber ich habe gehört, wie du wahrscheinlich auch,<br />

dass es einige Leute gibt, die Ausreden suchen für den<br />

Umstand, dass du so erfolgreich gewesen bist – oder<br />

die deinem Einfluss in der Kunstwelt und ihrem<br />

Markt kritisch gegenüberstehen.<br />

GAGOSIAN: Ich weiß, was ich tue, und ich weiß,<br />

was die Leute reden und woher diese Leute kommen,<br />

aber es stört mich nicht wirklich. Das kritische Gebrabbel<br />

kommt meistens von den Kollegen. Ich glaube<br />

nicht, dass Sammler oder Museen so denken. Aber<br />

ich kann es verstehen. Ein wenig bin ich ein Außenseiter<br />

– oder fühlte mich zumindest als solcher.<br />

BRANT: Du siehst dich als Außenseiter?<br />

GAGOSIAN: Inzwischen nicht mehr, aber in Anbetracht<br />

meiner Herkunft und Geschichte ist das<br />

79<br />

nicht überraschend. Zudem bin ich mit Sicherheit bei<br />

einigen Leuten angeeckt. Ich war sehr aggressiv,<br />

gleichzeitig habe ich versucht, möglichst korrekt zu<br />

sein. Aber du weißt, ich spiele hart. Von daher irritiert<br />

mich das kritische Zeug nicht. Wenn dich jeder mag,<br />

hast du irgendetwas falsch gemacht. Wenn man über<br />

jemanden sagt: „Oh, das ist aber ein netter Händler“,<br />

dann heißt das vermutlich, dass der Händler in den<br />

letzten Jahren kein Bild verkauft hat.<br />

BRANT: Larry, was ich dich immer fragen wollte:<br />

Stimmt es, dass du eine Schlange als Haustier hattest?<br />

GAGOSIAN: Ja. Eine Boa constrictor.<br />

BRANT: Ich hab mal eine Story gehört, wie du die<br />

Schlange gekauft hast …<br />

GAGOSIAN: Ich hatte bereits eine Boa constrictor<br />

und wollte noch eins drauflegen. Ich wollte eine Anakonda.<br />

Also habe ich mich umgehört, und plötzlich<br />

hieß es: Dieser Typ hat eine Anakonda. Allerdings<br />

sagte man mir, der Kerl sei ziemlich zweifelhaft: Er<br />

wohnte in einem Motel, und die Anakonda lebte in<br />

seinem Badezimmer, hing da an der Brause über der<br />

Badewanne. Sie war gigantisch.<br />

BRANT: Und? Hast du die Anakonda gekauft?<br />

GAGOSIAN: Nein.<br />

BRANT: Weil du Angst vor der Schlange hattest?<br />

GAGOSIAN: Ehrlich gesagt, hatte ich mehr Angst<br />

vor dem Typen. Aber ich bin da tatsächlich hingefahren,<br />

um mir die Anakonda anzusehen. Dies hier ist also<br />

eine wahre Geschichte: die über den Typen, der beinahe<br />

eine Anakonda gekauft hätte.<br />

Photographer cRAIG mcdEAN/ART + cOmmERcE<br />

Grooming ThOm PRIANO FOR<br />

GARREN NEw yORK SAlON<br />

Photo Assistants SImON ROBERTS, huAN NGuyEN<br />

Special thanks GAGOSIAN GAllERy


StorIEs<br />

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<strong>The</strong> Great MAGUIRE<br />

Okay, ein wenig mussten wir bei TOBEY MAGUIRE schon nachhelfen, um diesen KÖRPER zu präsentieren. Aber auch mit Melonen,<br />

Mickymaus-Händen und grillz machte der Star aus BAZ LUHRMANNS Gatsby-Verfilmung im Studio von TERRY RICHARDSON eine gute<br />

Figur … Außerdem in dieser Ausgabe: NAOMI CAMPBELL trifft SOFIA COPPOLA; der stilsicherste Rapper unserer Zeit, A$AP ROCKY,<br />

im Gespräch mit ALEXANDER WANG; JANE BIRKINS zauberhafte Tochter LOU DOILLON; Mode, fotografiert von CRAIG McDEAN<br />

und SHARIF HAMZA; das neue Traumpaar des deutschen Films, MAX RIEMELT und HANNO KOFFLER;<br />

und ein BEAUTY-TALK zwischen FRANÇOIS NARS und LINDA EVANGELISTA.<br />

Foto TErrY rICHArDsoN<br />

styling JulIA voN BoEHm<br />

81


anzugjacke & hemd<br />

burberry prorsum<br />

<strong>Tobey</strong><br />

Fotos Terry richardson<br />

Styling Julia Von BoEhM<br />

<strong>Maguire</strong><br />

von Carey MULLIGAN


dinnerjacket & anzughose<br />

tommy hilfiger<br />

hemd & fliege<br />

gucci


“<br />

Ich habe mit der Schauspielerei<br />

angefangen, da hast du noch<br />

im Pool geplanscht<br />

DINNERJACKET<br />

TOMMY HILFIGER<br />

HEMD & FLIEGE<br />

GUCCI


Eigentlich wollte<br />

TobEy MaguirE<br />

wie sein Vater Koch<br />

werden. Doch dann bot<br />

die Mutter ihm 100<br />

Dollar, wenn er anstelle<br />

der Hauswirtschaftskurse<br />

den Schauspielkurs<br />

an der Highschool<br />

belegt. Die investition<br />

hat sich gelohnt:<br />

Seit sich <strong>Tobey</strong> <strong>Maguire</strong><br />

als Spiderman durch<br />

die Schluchten New<br />

yorks in unser Herz<br />

geschwungen hat,<br />

gilt er in Hollywood<br />

als sicherer garant für<br />

alles, was so groß wie<br />

erfolgreich werden soll.<br />

in baz Luhrmanns<br />

Verfilmung des Großen<br />

Gatsby spielt <strong>Maguire</strong><br />

erstmals neben seinem<br />

Kumpel LEoNarDo<br />

DiCaPrio und der<br />

zauberhaften CarEy<br />

MuLLigaN, die ihn für<br />

iNTErViEW ein<br />

wenig ausgefragt hat<br />

CAREY MULLIGAN: Ich habe mich gut vorbereitet,<br />

ich habe sogar Notizen gemacht.<br />

TOBEY MAGUIRE: Wow. Na ja, ich glaube, ich<br />

muss mich erst mal entschuldigen, denn eigentlich<br />

sollten wir uns ja per Mail austauschen. Das war eine<br />

super Idee, aber leider habt ihr euch da den falschen<br />

Typen ausgesucht: Ich kann keine Mails schreiben,<br />

die länger als ein Satz lang sind. Alles andere überfordert<br />

mich.<br />

MULLIGAN: Kein Problem. Bist du gerade in New<br />

York oder in L. A.?<br />

MAGUIRE: Ich bin in Los Angeles. Und du?<br />

MULLIGAN: Ich bin in New York. Seit wann bist<br />

du dort?<br />

MAGUIRE: Seit Donnerstag …<br />

MULLIGAN: Hast du Der große Gatsby schon gesehen?<br />

MAGUIRE: Nein, habe ich noch nicht.<br />

MULLIGAN: Waaaaas????<br />

MAGUIRE: Na ja, vor fünf Monaten habe ich eine<br />

frühe Version davon gesehen, aber ich glaube, dieses<br />

Wochenende wird es so weit sein.<br />

MULLIGAN: Ich kann es kaum glauben, dass du<br />

deinen Film noch nicht gesehen hast. Deshalb bin ich<br />

jetzt auch in New York, weil ich den Film hier zum<br />

ersten Mal sehen wollte und nicht in Cannes.<br />

MAGUIRE: Gute Idee.<br />

MULLIGAN: Ja, und zwar alleine in einem Vorführraum.<br />

MAGUIRE: Echt? Alleine? Ich schaue mir Filme<br />

beim ersten Mal am liebsten mit ein paar Leuten an,<br />

und dann achte ich sehr auf bestimmte Ideen und<br />

Kleinigkeiten, ob sie in der Umsetzung funktioniert<br />

haben oder nicht.<br />

MULLIGAN: Schaffst du es, dabei objektiv zu bleiben?<br />

MAGUIRE: Ich kann mich emotional natürlich<br />

nicht komplett zurücknehmen, aber ich schaffe es<br />

schon, einzelne Teile des Films innerlich zu dekon s­<br />

truieren. Das ist auch wichtig für den Job: Hat meine<br />

Strategie, die Rolle anzugehen, funktioniert? Bringt<br />

es mich weiter? Das ist eine Herausforderung, aber<br />

letztlich geht es doch um die Frage, wie man beim<br />

nächsten Mal noch besser werden kann.<br />

MULLIGAN: War das schon immer so? Wann hast<br />

du eigentlich mit dem Schauspielern angefangen?<br />

MAGUIRE: Ich habe mit der Schauspielerei angefangen,<br />

da hast du zum ersten Mal in einem Swimmingpool<br />

geplanscht.<br />

MULLIGAN: Nein.<br />

MAGUIRE: Doch. Ganz sicher. Ich habe vor 24<br />

Jahren damit begonnen. Bist du da überhaupt schon<br />

im Swimmingpool gewesen?<br />

MULLIGAN: Ja, so gerade, aber nur mit Schwimmflügeln.<br />

Nein, aber was mir aufgefallen ist, als wir gedreht<br />

haben: Nach den Takes bist du zum Monitor<br />

gegangen, um dir alles noch mal anzuschauen, während<br />

ich mich in der Ecke verkrochen habe.<br />

MAGUIRE: Stimmt, du hast die Hand über deine<br />

Augen gehalten und durch die Finger geblinzelt.<br />

MULLIGAN: Genau.<br />

MAGUIRE: Mir ist es wichtig, konstruktiv zu sein,<br />

selbst wenn mich etwas stört. Denn meistens bin ich ja<br />

der Grund, warum mich etwas stört, und dann habe<br />

ich die Chance, das zu korrigieren.<br />

MULLIGAN: Hast du schlechte Angewohnheiten,<br />

Fehler, die du gerne wiederholst?<br />

MAGUIRE: Ja, aber da geht es weniger um ein<br />

konkretes Verhalten. Eher darum, dem Regisseur zum<br />

Beispiel mehr zu vertrauen und etwas offener zu sein<br />

bei meiner Performance.<br />

88<br />

MULLIGAN: Findest du auch, dass man sich am<br />

besten mit jemandem betrinkt oder sich sonst irgendwie<br />

lockermacht, bevor man das erste Mal zusammenarbeitet?<br />

MAGUIRE: Ich habe schon beide Varianten ausprobiert<br />

– also mit und ohne vorheriges Kennenlernen.<br />

Persönlich bevorzuge ich es aber, die Leute<br />

vorher zu treffen, um zu sehen, wie sie ticken, und<br />

auch, um Vertrauen aufzubauen. Aber ich habe es<br />

auch schon erlebt, dass ich jemandem die Hand geschüttelt<br />

habe, und eine Minute später hieß es: „Action!“<br />

Was mir aber in den letzten Jahren immer<br />

wichtiger geworden ist: zu schauen, dass ich nur noch<br />

mit sehr, sehr guten Leuten zusammenarbeite. Ich<br />

denke viel mehr als früher darüber nach, welche Art<br />

von Charakteren ich spielen möchte, welche Art von<br />

Geschichten ich erzählen möchte und mit wem ich<br />

zusammenarbeiten will.<br />

MULLIGAN: Mich würde mal interessieren, wieso<br />

Leo und du dich beim Casting für mich entschieden<br />

habt?<br />

MAGUIRE: Ah, jetzt kommen wir zum wichtigen<br />

Teil des Gesprächs: Wieso haben wir dich gecastet?<br />

MULLIGAN: Oder: Was ist passiert, bevor ich<br />

dazu gestoßen bin?<br />

MAGUIRE: Ich habe Baz kennengelernt, als ich<br />

mich vor langer Zeit für eine Rolle in Romeo und Julia<br />

beworben habe. Damals rannte er mit einer Videokamera<br />

durch das Zimmer, und ich musste da irgendwie<br />

hinterherkommen, und er fragte mich nebenher<br />

Sachen. Das war echt verrückt, aber auch ganz toll,<br />

und es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht. Mit Baz ist<br />

es so, dass er jedes Casting schon als richtige Probe<br />

versteht – egal was am Ende dabei rauskommt. Er ist<br />

sehr verspielt, und manchmal dauert es auch richtig<br />

lange, wenn man sich darauf einlassen kann. Ich habe<br />

damals die Rolle bei Romeo und Julia übrigens nicht<br />

bekommen, sondern mein Freund Leonardo. Und<br />

jetzt, viele Jahre später, rief Leo mich an und sagte,<br />

dass Baz in der Stadt sei und eventuell Der große Gatsby<br />

verfilmen wolle.<br />

MULLIGAN: Wann war das?<br />

MAGUIRE: Oh, ungefähr anderthalb Jahre vor dem<br />

wichtigsten Moment im Projekt, als du gecastet wurdest.<br />

Aber Baz hatte schon Jahre vorher Der große<br />

Gatsby als Hörbuch auf einer Bahnreise durch Russland<br />

gehört. Das war eigentlich der echte Anfang.<br />

MULLIGAN: Hattest du Der große Gatsby da schon<br />

gelesen?<br />

MAGUIRE: Nein, erst nachdem Leo, Baz und ich<br />

zusammengesessen haben, um über eine mögliche<br />

Zusammenarbeit zu sprechen.<br />

MULLIGAN: Das kann nicht sein. Jeder Mensch in<br />

Amerika hat doch dieses Buch gelesen.<br />

MAGUIRE: Ja, jeder außer mir.<br />

MULLIGAN: Verrückt.<br />

MAGUIRE: Dann wurde das Script geschrieben,<br />

und wir trafen uns wieder zu dritt in New York und<br />

probierten alle möglichen Sachen aus. Einige Monate<br />

darauf ging es dann los mit den Castings für die<br />

anderen Rollen, und da fanden wir dich. Nicht, dass<br />

du irgendwo versteckt gewesen wärest. Als ich dein<br />

Showreel das erste Mal sah, hatte ich das Gefühl, dass<br />

du der Rolle der Daisy echtes Leben einhauchen würdest<br />

und dass du ein Teil des Puzzles bist. Und dann<br />

ging es los.<br />

MULLIGAN: Ich erinnere mich, wann ich dich das<br />

erste Mal sah: Da waren wir auf dem Set von Jim<br />

Sheridan zu Brothers. Du warst gerade dabei, einen<br />

Reiscracker mit Erdnussbutter zu essen, und hast wild<br />

ausgesehen. Das hat mich total umgehauen. Ich habe<br />

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“<br />

Ich kann keine Mails schreiben,<br />

die länger als ein Satz lang sind.<br />

Alles andere überfordert mich<br />

”<br />

– <strong>Tobey</strong> <strong>Maguire</strong>


in dem Film damals eine Szene gespielt, und du hast<br />

dich umgedreht und gesagt, dass du meine Arbeit in<br />

Zukunft verfolgen würdest. Danach habe ich sofort<br />

alle meine Freunde angerufen und ihnen erzählt, dass<br />

<strong>Tobey</strong> <strong>Maguire</strong> mich bemerkt hat.<br />

MAGUIRE: Ja, ich erinnere mich, dass Jim mir damals<br />

deine Casting-Aufnahme gezeigt hat, und es war<br />

wieder mal so ein Moment, in dem ich dachte: „Wow,<br />

was für ein Glück. Lass uns sie nehmen!“<br />

MULLIGAN: Übrigens, gestern Abend habe ich<br />

Baz nach langer Zeit mal wieder getroffen, und ich<br />

sprach mit ihm darüber, dass ich hier in einem Hotelzimmer<br />

sitze und in unsere überdimensionalen Gesichter<br />

auf einer Plakatwand von Der große Gatsby<br />

starre. Ich glaube, die Leute vom Hotel haben mich<br />

extra hier einquartiert, damit ich Angstzustände bekomme.<br />

Und dann sprach ich mit Baz darüber, wie<br />

aufgeregt ich bin und wie verrückt alles ist, dass ich<br />

mit euch diese fantastischen Szenen spielen durfte,<br />

und dann sagte Baz: „Jetzt mal ganz ruhig. Denk einfach<br />

daran, dass diese Konstellation von Leo, <strong>Tobey</strong><br />

und dir etwas Einmaliges ist. Es wird so nicht wieder<br />

passieren.“ Und daran versuche ich jetzt zu denken.<br />

MAGUIRE: Ja, da gibt es viele verschiedene Dinge,<br />

an die man sich gewöhnen muss: das Marketing, die<br />

Plakatwände, die Reaktion der Zuschauer. Das ist aufregend.<br />

Aber du hast doch eigentlich schon an einigen<br />

Filmen mitgewirkt, die ein großes Publikum zu sehen<br />

bekommen haben?<br />

MULLIGAN: Nicht wirklich.<br />

MAGUIRE: Na ja, Wall Street zum Beispiel.<br />

MULLIGAN: Stimmt.<br />

MAGUIRE: Ich erinnere mich jedenfalls, als Leo<br />

Titanic gemacht hat und dieser ganze Wahnsinn losging.<br />

Damals war ich ein echter Anfänger und konnte<br />

mir diese Aufmerksamkeitsmaschinerie in Hochform<br />

von Weitem anschauen. Auch, was das für die Arbeit<br />

und das Privatleben bedeutet. Aber – um noch mal auf<br />

deine Aufregung zurückzukommen: Es ist etwas Besonderes,<br />

wenn man die Möglichkeit hat, mit Leuten<br />

zusammenzuarbeiten, die man gerne mag.<br />

MULLIGAN: Gibt es eine Person in deinem Leben,<br />

deren Meinung zu einem Film dir mehr bedeutet als<br />

die aller anderen?<br />

MAGUIRE: Ja. Mich. Das bedeutet natürlich nicht,<br />

dass die Meinung anderer mir nicht wichtig ist. Aber<br />

was meine Arbeit angeht, da bin ich selbst mein<br />

schärfster Kritiker. Manchmal denke ich daran, wie<br />

wohl meine Kinder später meine Arbeit einschätzen<br />

werden. Das ist mir wichtig.<br />

MULLIGAN: Was haben sie bisher von dir gesehen?<br />

MAGUIRE: Nichts.<br />

MULLIGAN: Echt? Wartest du darauf, dass sie eines<br />

Tages einfach mit einer DVD unter dem Arm<br />

nach Hause kommen?<br />

MAGUIRE: Vielleicht eher mit einem völlig neuen<br />

Medium.<br />

MULLIGAN: Kleine Brillen mit eingebauten Projektoren<br />

…<br />

MAGUIRE: Genau. Nein, ich könnte mir vorstellen,<br />

dass sie irgendeinen Film heimlich bei Freunden<br />

geguckt haben.<br />

MULLIGAN: Der große Gatsby ist aber Teil des Curriculums<br />

in Schulen, oder?<br />

MAGUIRE: Stimmt. Vor ein paar Tagen hat mir<br />

ein Teenager erzählt, dass die ganze Klasse sich den<br />

Film gemeinsam anschauen wird.<br />

MULLIGAN: Viele Leute interessieren sich aber<br />

noch mehr für Zelda und F. Scott Fitzgerald, und es<br />

ist sicher kein Zufall, dass ich Zelda zuerst nenne. Sie<br />

war eine faszinierende Persönlichkeit.<br />

92<br />

MAGUIRE: Ich finde es interessant, dass so viele<br />

Leute Zelda und F. Scott Fitzgerald kennen und Der<br />

große Gatsby und dazu sehr starke Ansichten und Meinungen<br />

vertreten. Was den Film angeht, sage ich immer,<br />

dass das unsere Interpretation der Geschichte<br />

ist. Es geht nicht um richtig oder falsch.<br />

MULLIGAN: Ja, es gibt keine endgültige Version<br />

davon. In 30 Jahren werden sie die Geschichte wieder<br />

anders erzählen.<br />

MAGUIRE: Ja, schau dir an, wie oft Shakespeare<br />

schon auf die eine oder andere Art und Weise interpretiert<br />

wurde.<br />

MULLIGAN: Übrigens, als ich das erste Mal deine<br />

Stimme über dem Showreel gehört habe, dachte ich<br />

auch: „Das ist es. Das ist der Erzähler der Geschichte.“<br />

MAGUIRE: Am Anfang wusste ich nicht genau,<br />

welche Rolle Nick in dem Film spielen bzw. welchen<br />

Stellenwert Baz ihm einräumen würde. Denn Nick<br />

beobachtet ja die ganze Entfaltung des Dramas, und<br />

mir war zuerst nicht ganz klar, wie man das darstellen<br />

würde. Deshalb sagte ich zu Baz, bevor er das Drehbuch<br />

schrieb: „Bitte hilf mir, dass Nick einen aktiven<br />

Part in der Geschichte erhält.“ Das hat er mit der Erzählerrolle<br />

gut gelöst.<br />

MULLIGAN: Ich kriege unseren letzten Drehtag<br />

nicht mehr aus dem Kopf, als du diese Szene hattest,<br />

in der die Musselinvorhänge durch den Raum fliegen<br />

und wir dich immer wieder auswickeln mussten. Baz<br />

stand echt unter Strom. Kennst du noch andere Leute,<br />

die diese Art von Energie haben?<br />

MAGUIRE: Seine Energie ist grenzenlos. Egal was<br />

ist, er ist immer der Letzte am Set, und man kann vorher<br />

beobachten, wie einer nach dem anderen aufgibt<br />

und jammert, dass er jetzt schlafen muss. Er arbeitet<br />

nur; und wenn er nicht arbeitet, ist er bei seiner Familie.<br />

Ich mag das gerne, denn er ist ja auch derjenige,<br />

der uns leiten soll. Er muss uns sagen, wie die<br />

Party aussehen wird: „Hey, hier ist die Party.“ Mit<br />

ihm wird man immer viel Spaß haben und neue Sachen<br />

entdecken.<br />

MULLIGAN: Meine Rolle war ja sehr mädchenhaft.<br />

So etwas habe ich vorher noch nie gemacht. Jeden<br />

Tag kam Baz und nahm mich bei der Hand und<br />

brachte mich persönlich zum Set. Er wusste genau,<br />

wie er mit jedem umzugehen hatte. Das hat mich total<br />

fasziniert. Er trifft immer den richtigen Ton.<br />

MAGUIRE: Ich habe so viel von ihm gelernt. Er ist<br />

wie der beste Gastgeber der Welt und führt alle auf<br />

den richtigen Weg, ohne dass er autoritär wirkt.<br />

JEtzt IM KINo:<br />

Der groSSe gatSby<br />

Prop Stylist ANDY HARMAN/tHE WALL GRoUP<br />

Groomer KARA BUA/tRACEY MAttINGLY<br />

Lighting technician SEtH GoLDFARB<br />

Photo Assistant NICoLE tAPPA<br />

Digital technician RAFAEL RIoS<br />

Styling Assistant CLARE BYRNE, ALLISoN<br />

BoRNStEIN, CHRIS LEE<br />

Production JULIA REIS/ARt PARtNER<br />

Special thanks to MILKStUDIoS NEW YoRK<br />

hose & hemd<br />

vAlentino<br />

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HARD<br />

CANDY<br />

Fotos<br />

Sharif HAMZA<br />

Styling<br />

Julia VON BOEHM<br />

badeanzug<br />

hervÉ lÉger<br />

gürtel<br />

chAnel<br />

ringe<br />

(durchgehend getragen)<br />

bAlenciAgA by<br />

nicolAs ghesquière


ustier, kette & Hose<br />

bAlenciAga by<br />

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givencHy by<br />

riccArdo tisci


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versAce<br />

kette<br />

lAnvin<br />

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jeAn pAul gAulTier<br />

miederhöschen<br />

vicToriA’s secreT<br />

gürTel<br />

pAco rAbAnne


adeanzug & kette<br />

lAnvin


Top & rock<br />

miu miu<br />

mantel & gürtel<br />

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body<br />

burberry prorsum<br />

schuhe<br />

dior


hose<br />

chAnel<br />

kette & schuhe<br />

dior<br />

Model CANDICE SWANEPOEL/IMG<br />

Hair AKKI<br />

Make-up FRANKIE BOYD/TIM HOWARD MANAGEMENT<br />

Manicure GINA EDWARDS/KATE RYAN INC. FOR ROCOCO<br />

Producer ASHLEY HERSON FOR TEN TWENTY EIGHT PRODUCTION<br />

Photo Assistants MATTHEW HAWKES, MYLES BLANKENSHIP<br />

Digital Technician JULIA COMITA<br />

Styling Assistants CLARE BYRNE, ANNY CHOI<br />

Props Stylist WHITNEY HELLESEN<br />

Production Assistant MICK FERREROS<br />

Casting SAMUEL ELLIS SCHEINMAN FOR DMCASTING<br />

Equipment on location FAST ASHLEYS STUDIOS


Naomi<br />

Campbell<br />

trifft<br />

Sofia<br />

coppola<br />

eigentlich blieb der Tochter nicht wirklich eine<br />

Wahl: eine Coppola gehört ins Familiengeschäft!<br />

Schließlich filmte Vater Francis Ford,<br />

Weinproduzent und Hollywood-pate, schon bei der<br />

Geburt mit (und ließ die Kamera vor Schreck fallen,<br />

als er hörte, dass da ein mädchen kommt).<br />

Sofia Coppola ließ sich davon nicht beirren,<br />

fand ihre eigene Sprache (und ihren eigenen oscar!)<br />

und gehört heute zu den wichtigsten Frauen<br />

Hollywoods. ihr neuer Film <strong>The</strong> Bling Ring<br />

erzählt die wahre Geschichte einer<br />

Teenagerbande, die bei prominenten die<br />

Kleiderschränke leerräumte<br />

porträt<br />

CrAig McDeAn<br />

106<br />

107


nAomi CAmpBell: Lass uns als Erstes über deinen<br />

neuen Film reden, <strong>The</strong> Bling Ring. Er erzählt eine<br />

wah re Geschichte über eine Gruppe jugendlicher<br />

Einbrecher, oder?<br />

SoFiA CoppolA: Ja. Vor ein paar Jahren gab es<br />

diese Story über eine Serie von Einbrüchen in den<br />

Hollywood Hills. Die Häuser von Paris Hilton, Orlando<br />

Bloom und Rachel Bilson waren betroffen. Da<br />

wurden Millionen von Dollar geklaut. Nachdem die<br />

Polizei alle Hinweise zusammengetragen hatte, stellte<br />

sich heraus, dass es sich bei den Einbrechern um eine<br />

Gruppe von 17-Jährigen handelte.<br />

CAmpBell: Sind sie festgenommen worden?<br />

CoppolA: Nach einer Weile, ja. Allerdings erst,<br />

nachdem man bei Facebook Fotos entdeckte, die ein<br />

paar Teenager in den gestohlenen Kleidern der Stars<br />

zeigten. Sie haben die Bilder ins Netz gestellt, um<br />

damit anzugeben. In Paris Hiltons Haus waren sie<br />

ganze sechs Mal.<br />

CAmpBell: Sechs Mal? Die sind immer wieder<br />

zurückgegangen?<br />

CoppolA: Ja, die haben immer wieder im Haus<br />

rumgehangen. Immer dann, wenn sie herausgefunden<br />

hatten, dass Paris Hilton zum Beispiel irgendwo anders<br />

eine Party veranstaltet.<br />

CAmpBell: Sie haben das also strategisch geplant?<br />

CoppolA: Ja, und vor allem haben sie sich getraut,<br />

das durchzuziehen. Als Kind denkt man vermutlich<br />

nicht so sehr darüber nach, was für Folgen<br />

das haben kann.<br />

CAmpBell: Sitzen die jetzt alle im Gefängnis?<br />

CoppolA: Ein Mädchen ist recht schnell wieder<br />

herausgekommen, aber einige sitzen im Gefängnis.<br />

“<br />

Home-SHopping in Hollywood: <strong>The</strong> Bling Ring<br />

Sie haben Paris<br />

Hiltons BH geklaut<br />

und angezogen,<br />

das ist schon fast wie<br />

Stalking. Aber sie<br />

haben auch jede<br />

Menge Luxus taschen<br />

mit gehen lassen<br />

”<br />

– Sofia Coppola<br />

108<br />

CAmpBell: In der Jugendstrafanstalt?<br />

CoppolA: Ich glaube, zwei von denen, die im<br />

Gefängnis sitzen, wurden als Erwachsene verurteilt<br />

und haben deshalb mehrere Jahre Freiheitsentzug bekommen.<br />

Die Geschichte hat mich zum einen sehr<br />

interessiert, weil es da um schlechtes Benehmen geht,<br />

und zum anderen, weil sie so typisch für unsere Zeit<br />

ist. Sie haben diese Stars online verfolgt und hatten<br />

wahrscheinlich irgendwie das Gefühl, sie zu kennen.<br />

Über Twitter und andere Kanäle haben sie sich mit<br />

ihnen verbunden gefühlt, als wären das Freunde. Da<br />

gab es keine Grenzen.<br />

CAmpBell: Was würde der Bling Ring wohl klauen,<br />

wenn er bei dir zu Hause einbrechen würde?<br />

CoppolA: Es ist lustig, dass du das ansprichst.<br />

Während der Dreharbeiten wurde nämlich in unser<br />

Pariser Appartement eingebrochen. Mehrere Chanel-<br />

Taschen fehlten. Ich dachte: „Oh Gott, das ist genau<br />

wie im Film!“ Jedenfalls fühlt es sich sehr komisch<br />

an, wenn jemand in deine Privatsphäre eindringt.<br />

CAmpBell: War irgendetwas im Haus, von dem<br />

du erwartet hättest, dass es mitgenommen wird, das<br />

dann aber nicht geklaut wurde?<br />

CoppolA: Das Interessante an den Einbrüchen<br />

im Film war, dass die Kids so besessen von diesen<br />

Stars waren, dass sie nicht nur deren Kleider, sondern<br />

sogar die Unterwäsche geklaut haben. Sie haben Paris<br />

Hiltons BH geklaut und angezogen, das ist schon fast<br />

wie Stalking. Aber sie haben auch jede Menge Luxustaschen<br />

mitgehen lassen. Offensichtlich standen sie<br />

also auch auf all die teuren Marken und wollten einfach<br />

mal so aussehen wie ihre Idole.<br />

CAmpBell: Hast du eine besondere Methode bei<br />

Fotos (vorherige Seite): Craig McDean/Art + Commerce; (diese Seite) TOBIS Film (2)<br />

deiner Arbeit mit Schauspielern? Die du am Set oder<br />

in der ersten Drehwoche mit ihnen anwendest?<br />

Coppola: Ich probe gerne erst mal ein oder<br />

zwei Wochen, bevor wir mit dem Dreh beginnen. Da<br />

es sich bei diesem Bling Ring um eine Gruppe von<br />

Freunden handelt, habe ich die Schauspieler erst mal<br />

eine Woche lang alles zusammen machen lassen. Sie<br />

haben gemeinsam improvisiert und mussten sogar in<br />

ein Haus einbrechen.<br />

Campbell: Nein!<br />

Coppola: Doch. Ich habe sie in das Haus von<br />

einer Freundin einbrechen lassen.<br />

Campbell: Und sie wussten es nicht? Wusste<br />

deine Freundin Bescheid?<br />

Coppola: Klar, sie wusste das! Ich habe sie gebeten,<br />

an diesem Abend auszugehen. Die Schauspieler<br />

sollten spüren, wie sich so etwas tatsächlich anfühlt.<br />

Campbell: Harmony Korines neuer Film Spring<br />

Breakers, jetzt dein Film <strong>The</strong> Bling Ring: Glaubst du,<br />

dass Mädchen heutzutage krasser drauf sind als Jungs?<br />

Coppola: Ich weiß nicht … im Fall des Bling<br />

Rings war die Anführerin jedenfalls ein Mädchen.<br />

Krasser weiß ich nicht, sie scheinen jedenfalls komplizierter<br />

zu sein!<br />

Campbell: Wie bling war denn deine Hollywood­Jugend?<br />

Coppola: Ich bin in Nordkalifornien auf dem<br />

Land aufgewachsen, daher war ich nicht so … na ja,<br />

als ich noch etwas jünger war, vielleicht schon ein<br />

bisschen, aber eigentlich bin ich abseits von dem ganzen<br />

Hollywood­Rummel aufgewachsen.<br />

Campbell: Ist es in Ordnung, wenn ich dir eine<br />

Frage zu deinem Vater stelle?<br />

Coppola: Klar.<br />

Campbell: Kreuzt er manchmal unangekündigt<br />

an deinen Sets auf?<br />

Coppola: Ja, manchmal schaut er vorbei!<br />

Campbell: Und? Nervt er, oder hat er dir viel<br />

beigebracht?<br />

Coppola: Beides!<br />

Campell: Stimmt das Gerücht, dein Vater habe<br />

deine Geburt gefilmt?<br />

Coppola: Wir haben tatsächlich eine Aufnahme<br />

davon, ein altes Schwarz­Weiß­Video. Als es heißt:<br />

„Es ist ein Mädchen!“, lässt Dad die Kamera fallen!<br />

Campbell: Hast du die Geburt deiner Kinder<br />

auch gefilmt?<br />

Regieanweisung am stRand: sofia Coppola bei deR aRbeit<br />

“<br />

Meine früheste<br />

Erinnerung? Der Dreh<br />

von Apocalypse Now.<br />

Ich war fünf Jahre alt.<br />

Wir sind Hubschrauber<br />

geflogen oder<br />

waren im Dschungel<br />

”– Sofia Coppola<br />

109<br />

Coppola: Nein, das wäre auch sehr kompliziert<br />

geworden. Ich versuche immer mal wieder, Aufnahmen<br />

bei uns zu Hause zu machen. Leider bin ich<br />

nicht sehr gut darin.<br />

Campbell: Wie hätte dein Vater reagiert, wenn<br />

du verkündet hättest, dass du an der Wall Street arbeiten<br />

willst?<br />

Coppola: Das wäre lustig, da jeder in meiner<br />

Familie beim Film arbeitet. Es wäre ziemlich fremd<br />

für uns. Allerdings fände ich es toll, wenn meine Kinder<br />

etwas anderes machen würden!<br />

Campbell: Film ist also das Familiengeschäft der<br />

Coppolas. Wie wichtig ist deine Familie heute für<br />

dich?<br />

Coppola: Ich weiß nicht, ob es etwas Italienisches<br />

ist oder ob unsere Familie eben einfach so ein<br />

enges Verhältnis hat – an Ostern waren wir jedenfalls<br />

alle zusammen. Alle Cousins und deren Kinder. Das<br />

ist uns wichtig.<br />

Campbell: Hast du dir früher gewünscht, eines<br />

Tages berühmt zu sein?<br />

Coppola: Nein, darüber habe ich nie nachgedacht.<br />

Ich höre meine Tochter und ihre Freunde<br />

manchmal über dieses <strong>The</strong>ma sprechen, aber ich kann<br />

mich nicht erinnern, darüber nachgedacht zu haben.<br />

Campbell: Fasziniert dich die Auseinandersetzung<br />

mit Ruhm?<br />

Coppola: Viele Leute glauben das, weil sich<br />

meine Filme alle auf irgendeine Art mit diesem <strong>The</strong>ma<br />

beschäftigen. Ich denke nicht so bewusst darüber<br />

nach, aber wahrscheinlich hatte es schon großen<br />

Einfluss auf mich, in so einem Umfeld aufgewachsen<br />

zu sein. Ich habe den Eindruck, dass man heutzutage<br />

viel besessener ist von all dem, was man gemeinhin<br />

als Celebrity­Kultur bezeichnet. Was mich in meinen<br />

Filmen interessiert, ist diese kulturelle Schieflage, in<br />

der sich Wirklichkeit und Wahrnehmung heute befinden.<br />

Campbell: Was würde die 16­jährige Sofia zu<br />

der Frau sagen, die hier heute sitzt?<br />

Coppola: Ich weiß nicht, das ist eine lustige<br />

Frage. Ich wollte jedenfalls immer unabhängig sein in<br />

dem, was ich tue. Ich glaube, ich wäre zufrieden mit<br />

mir! Früher wollte ich immer Redakteurin bei einem<br />

Magazin werden.<br />

Campbell: Was findest du nervenaufreibender:<br />

deinem Vater einen neuen Film zu zeigen oder den<br />

Kritikern?<br />

Coppola: Wenn ich ihn meinen Eltern zeige, ist<br />

das schon beängstigend. Selbst als Erwachsener will<br />

man immer, dass den Eltern gefällt, was man tut. Das<br />

ist jedes Mal eine Erleichterung. Aber eigentlich sagen<br />

Eltern ja doch immer, dass ihnen deine Arbeit<br />

gefällt, also sind die Kritiker wohl doch beängstigender.<br />

Ich versuche, möglichst keine Rezensionen zu<br />

lesen.<br />

Campbell: Mir ist ein Gerücht zu Ohren gekommen.<br />

Es heißt, du hättest mal einen Streit zwischen<br />

deinen Eltern beendet, indem du „Schnitt!“ gerufen<br />

hast.<br />

Coppola: Das stimmt. Mein Vater erzählt diese<br />

Geschichte besonders gerne.<br />

Campbell: Welche ist die erste Erinnerung an<br />

deinen Vater am Filmset?<br />

Coppola: Zu meinen frühesten Erinnerungen<br />

zählen wahrscheinlich die Dreharbeiten auf den Phili<br />

p pinen zu Apocalypse Now. Am Set ist mein Vater unglaublich<br />

einnehmend und charismatisch.<br />

Campbell: Welchen seiner Filme magst du am<br />

meisten?<br />

Coppola: Apocalypse Now habe ich als Erwachse­


1 Somewhere (2010) 2–4 Coppolas Debüt:<br />

<strong>The</strong> Virgin SuicideS (1999) 5 & 6 LoST in<br />

TranSLaTion mit sCarlett Johansson unD<br />

bill murray (2003)<br />

4<br />

3<br />

1<br />

2<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8 9<br />

Fotos: ddp images; imago/EntertainmentPictures; ddp images/Sipa; imago/EntertainmentPictures (3); dpa Picture­Alliance (3); Andrew Durham<br />

ne, aber auch als Kind sehr häufig gesehen, und er hat<br />

mich jedes Mal beeindruckt. Rumble Fish liebe ich.<br />

CAMPBELL: Hat es deine Art, Filme zu sehen und<br />

zu machen, beeinflusst, als du Mutter wurdest?<br />

COPPOLA: Ich bin nicht ganz sicher. Auf jeden<br />

Fall habe ich das Bedürfnis, Filme mit mehr Bedeutung<br />

zu machen. Ich glaube, mit Kindern denkt man<br />

genauer darüber nach, was man so auf die Welt loslässt.<br />

Mein neuer Film setzt sich mit einer unheimlichen<br />

Facette unserer Kultur auseinander. Es ist<br />

schon etwas beängstigend, sich als Mutter anzusehen,<br />

wie Kinder mit Facebook und anderen sozialen Medien<br />

aufwachsen und umgehen.<br />

CAMPBELL: Man hört häufig, dass Regisseure das<br />

Filmemachen mit der Geburt eines Kindes vergleichen.<br />

Siehst du das auch so?<br />

COPPOLA: So ein Film ist schon wie ein Baby.<br />

Man wird oft gefragt, welchen man am liebsten mag,<br />

aber man hat sie alle gern. Ich stecke mein Herzblut<br />

in meine Filme.<br />

CAMPBELL: Bist du strenger als Mutter oder als<br />

Regisseurin?<br />

COPPOLA: Als Mutter! (lacht)<br />

CAMPBELL: Welche Erinnerungen hast du an die<br />

Zeit in Asien?<br />

COPPOLA: Ich erinnere mich an die Philippinen.<br />

Ich war etwa fünf Jahre alt, als wir dort waren. Wir<br />

sind Hubschrauber geflogen oder waren im Dschungel.<br />

Ich fand das alles total aufregend. Als ich noch<br />

klein war, sind meine Eltern sehr oft nach Japan gereist.<br />

Daher kommt wahrscheinlich auch meine starke<br />

Affinität zu diesem Land, ich wollte immer dorthin<br />

zurückkehren.<br />

CAMPBELL: Apropos Japan: Wann warst du zum<br />

letzten Mal Lost in Translation?<br />

COPPOLA: Das ist eine gute Frage.<br />

CAMPBELL: Also ich gehe täglich irgendwo verloren!<br />

COPPOLA: Ich nicht so oft (lacht).<br />

CAMPBELL: Es macht den Anschein, als würde<br />

Hollywood von Tag zu Tag schneller werden. Deine<br />

Filme werden immer heiß erwartet, aber du rennst nie<br />

irgendwelchen Trends hinterher.<br />

COPPOLA: Ich mache gern mein eigenes Ding.<br />

Es gibt so viele Filme, die sich ähneln. Ich bin glücklich,<br />

dass das auf meine Filme nicht zutrifft. Ich versuche,<br />

sie für möglichst wenig Geld zu machen, damit<br />

ich mir kreative Freiheiten leisten kann.<br />

CAMPBELL: Damit du niemandem Rechenschaft<br />

schuldig bist.<br />

COPPOLA: Genau. Die Filme, die gemacht werden,<br />

werden immer konservativer. Das liegt wahrscheinlich<br />

an den Geldgebern – sie wollen ihr Geld<br />

auf etwas setzen, das altbewährt ist. Sie wollen einfach<br />

ungern Risiken eingehen.<br />

CAMPBELL: Meistens erzählst du deine Geschichten<br />

anhand von Bildern anstatt in langen Dialogen.<br />

Traust du Bildern mehr als Worten?<br />

COPPOLA: Das Visuelle hat mich einfach schon<br />

immer mehr interessiert. Ich liebe die Fotografie, und<br />

ich erzähle Geschichten lieber mit Bildern.<br />

CAMPBELL: Du überlässt die Interpretation des<br />

Geschehens lieber dem Publikum.<br />

COPPOLA: Ich möchte ihnen ungern alles mitteilen,<br />

was ich denke. Im richtigen Leben drücken die<br />

Leute ihre Gefühle meistens auch nicht wirklich aus,<br />

es käme mir also unnatürlich vor, wenn sie das im<br />

Film täten. Ich zeige die Dinge lieber anhand von<br />

Gesten.<br />

CAMPBELL: Du hast sowohl einen Oscar gewonnen<br />

als auch einen Goldenen Löwen in Venedig.<br />

“<br />

Was mich in<br />

meinen Filmen<br />

interessiert, ist diese<br />

kul­turelle­Schieflage,­<br />

in der sich<br />

Wirklichkeit und<br />

Wahrnehmung­heutebe­fi<br />

nden<br />

”<br />

– Sofia Coppola<br />

DEr AnDErE BLing ring:<br />

sOfiA COPPOLA unD nAOMi CAMPBELL, APriL 2013.<br />

foto AnDrEw DurhAM<br />

Welcher Preis gefällt deiner Tochter besser? Und wo<br />

bewahrst du sie alle auf?<br />

COPPOLA: Ich glaube, sie hat das gar nicht mitbekommen!<br />

Ich habe jedenfalls beide in Paris gelassen,<br />

weil ich fand, dass sie da irgendwie exotischer<br />

wirken. Einmal, als wir bei den Eltern meines Mannes<br />

waren, habe ich zu meiner Tochter gesagt: „Oh, wir<br />

haben einen Goldenen Löwen!“ Sie fand es sehr aufregend,<br />

dass da so ein goldener Löwe herumstand.<br />

CAMPBELL: Du hast dich schon als Schauspielerin<br />

ausprobiert, als Fotografin, und Modedesignerin<br />

bist du auch. Ich habe gelesen, du hättest als Schülerin<br />

mal ein Praktikum bei Karl (Lagerfeld) gemacht.<br />

COPPOLA: Stimmt, es war im Sommer, ich muss<br />

damals 15 oder 16 Jahre alt gewesen sein. Es war sehr<br />

lustig und aufregend, Chanel in den Achtzigern. Damals<br />

gab es Models wie Marpessa. Ich fand das alles<br />

ziemlich glamourös. Karl war sehr nett, und es hat<br />

Spaß gemacht, ihn bei der Arbeit zu erleben.<br />

CAMPBELL: Marc Jacobs hat eine Tasche nach dir<br />

benannt, und es gibt sogar einen Wein namens Sofia<br />

Coppola. Was kommt als Nächstes? Ich weiß, dass du<br />

an einigen Modeprojekten arbeitest. Darfst du darüber<br />

reden?<br />

COPPOLA: Ich mache Taschen für Louis Vuitton.<br />

CAMPBELL: Hast du nicht auch etwas für H & M<br />

entworfen?<br />

COPPOLA: Nein, ich habe nur einen Werbeclip<br />

für sie gedreht.<br />

CAMPBELL: Machst du noch ähnliche Projekte<br />

wie dieses?<br />

COPPOLA: Ich werde einen Clip für Phoenix<br />

drehen, die Band meines Mannes. So etwas mache ich<br />

nicht oft, aber ich freue mich schon sehr darauf.<br />

CAMPBELL: Er wird also deinen Regieanweisungen<br />

folgen?<br />

COPPOLA: Ich habe noch nie ein Video für<br />

Phoenix gemacht, deswegen mache ich mir schon ein<br />

wenig Sorgen (lacht).<br />

<strong>The</strong> Bling Ring<br />

stArtEt AM 15. August<br />

7 & 8 szenen aus unD 9 Dreharbeiten bei marie anToineTTe (2006) mit Kirsten Dunst<br />

110<br />

111


ustier<br />

roberto CAVAlli<br />

kette<br />

Miu Miu<br />

Fotos<br />

CrAig McDeAn<br />

styling<br />

kArl teMpler


BH & Rock<br />

pRAdA<br />

Ring, aRmBand & scHuHe<br />

miu miu


linke Seite:<br />

bhS & rock<br />

bAlenciAgA by<br />

nicolAS gheSquière<br />

117


ustier & rock<br />

cAlvin klein collection<br />

höschen<br />

giAmbAttistA vAlli<br />

armband & schuhe<br />

miu miu


diese seite:<br />

bustier<br />

bAlenciAgA by<br />

nicolAs ghesquière<br />

rock<br />

ninA ricci<br />

armbänder<br />

miu miu<br />

rechte seite:<br />

bh<br />

alexAnder mcqueen<br />

rock<br />

christopher kAne<br />

kette<br />

miu miu<br />

121


diese seite:<br />

bustier & rock<br />

burberry prorsum<br />

armband<br />

miu miu<br />

rechte seite:<br />

kleid<br />

bottegA venetA<br />

122<br />

Photographer Craig Mcdean/art + CoMMerCe<br />

Hair antHonY tUrner/art Partner Using<br />

L’orÉaL ProFessionneL<br />

Make-up MarK CarrasQUiLLo Using toM Ford MaKeUP<br />

Manicure Bernadette tHoMPson For<br />

Bernadette tHoMPson naiL CoLLeCtion<br />

tailor raUL ZeVaLLos<br />

Model sasHa PiVoVaroVa/iMg<br />

Casting MiCHeLLe Lee/KCd, inC.<br />

set design Piers HanMer<br />

retouching gLoss stUdio neW YorK<br />

Photo assistants siMon roBerts, HUan ngUYen,<br />

MarU tePPei, niCHoLas ong<br />

styling assistants Moses Moreno, MitCHeL BrUMstead, Katie eYtCH<br />

Hair assistant eJ HaUsMan<br />

Make-up assistant eMi KaneKo<br />

set design assistants LoUis saroWsKY, sean BartH<br />

special thanks Pier 59 stUdios


MAx<br />

RieMelt<br />

Riemelt<br />

jacke<br />

empoRio ARmAni<br />

koffleR<br />

jacke<br />

neil bARRett<br />

Hanno<br />

Koffler<br />

fotos<br />

JonAs Lindstroem<br />

styLing<br />

KLAus stocKhAusen


Diese seite:<br />

Koffler<br />

pullover<br />

mugler<br />

riemelt<br />

pullover<br />

mugler<br />

linKe seite:<br />

riemelt<br />

pullover<br />

cAlvin Klein<br />

collection<br />

Koffler<br />

tanKtop<br />

hAnro<br />

jacKe<br />

bAlmAin<br />

BrokeBack Mountain<br />

in Ludwigsburg:<br />

MAx rieMeLt und<br />

HAnno KoffLer<br />

spieLen in Freier Fall<br />

zwei poLizisten, die<br />

sicH ineinander<br />

verLieben – und da<br />

dies nicHt<br />

KoMpLiziert genug<br />

ist, wird der eine<br />

aucH nocH vater …<br />

iHre KoLLegin<br />

Henriette MüLLer<br />

traf das neue<br />

trauMpaar<br />

des deutscHen fiLMs<br />

zuM verHör<br />

Henriette MüLLer: Hanno, schau mal, ich habe<br />

noch nachträglich ein Geburtstagsgeschenk für dich.<br />

Hanno KoffLer: Nee! Ach Quatsch!<br />

MüLLer: Doch, ich hab ein paar Bilder von unserem<br />

gemeinsamen Dreh von Auslandseinsatz raus gesucht,<br />

weil der Film für mich so was wie der Startschuss<br />

für dieses <strong>Interview</strong> ist.<br />

KoffLer: Toll, ich habe nämlich überhaupt keine<br />

Fotos von dem Dreh. Guckt mal, da bin ich mit<br />

Schlumpfmütze drauf.<br />

Max rieMeLt: Hanno, der Wüstenschlumpf!<br />

MüLLer: Eigentlich hab ich nach einem Foto von<br />

uns dreien gesucht. Es gibt so ein ganz tolles, da sind<br />

wir alle mit Militärklamotten drauf, das ist ganz geil.<br />

Hanno: Das freut mich total, Jette.<br />

MüLLer: Ich habe das Gefühl, dass es ohne Auslandseinsatz<br />

gar nicht möglich gewesen wäre, so einen<br />

intensiven und intimen Film zu machen.<br />

rieMeLt: Auf jeden Fall. Zumal die Vorstellung,<br />

einen schwulen Mann zu spielen, für mich erst mal<br />

abstrakt war, und wenn man dann den Regisseur<br />

nicht kennt und nicht weiß, was der daraus macht,<br />

dann ist es schon wichtig, jemanden neben sich zu<br />

haben, auf den man bauen kann. Für mich hätte es<br />

außer Hanno auch keinen anderen gegeben.<br />

MüLLer: Hanno, du warst ja schon für die Rolle<br />

gesetzt?<br />

KoffLer: Ja, aber als es dann hieß, dass auch Max<br />

für die Rolle des Kay eingeladen wird, dachte ich:<br />

„Oh, das wäre toll.“ Und dann waren wir zusammen<br />

beim Casting, und das war eher …<br />

rieMeLt: … eine Bestätigung.<br />

KoffLer: Ja, eine Bestätigung. Als er in den Raum<br />

kam, war klar, dass der Film mit uns stattfinden muss.<br />

rieMeLt: Der Film ist ja fast eine Fortsetzung.<br />

Hanno, weißt du noch die Szene, in der wir uns in<br />

Auslandseinsatz getrennt haben?<br />

KoffLer: Der Moment vor dem Bus?<br />

rieMeLt: Ja, da stehen wir so voreinander, und<br />

man denkt nur: „Jeden Moment küssen sie sich.“<br />

KoffLer: Und da wussten wir ja noch gar nicht,<br />

dass wir wieder zusammenarbeiten werden.<br />

MüLLer: Ich habe mir den Film ja heute noch<br />

einmal angesehen, und ich finde es so krass, wie sehr<br />

ihr in Freier Fall eigentlich ihr selbst seid. Ich habe<br />

jedenfalls noch keinen anderen Film mit euch gesehen,<br />

wo ihr so sehr Hanno und Max seid.<br />

KoffLer: Echt?<br />

MüLLer: Ja, was verrückt ist, weil ihr euch im<br />

Film ja ineinander verliebt – aber ihr seid so natürlich<br />

dabei. Was mir bei euch übrigens als Gemeinsamkeit<br />

auffällt, ist euer Ehrgeiz. In vielen Punkten seid ihr<br />

ja ganz unterschiedlich, aber dieser Ehrgeiz … Puh!<br />

rieMeLt: Was bist du denn für ein Sternzeichen?<br />

KoffLer: Widder. Und du?<br />

rieMeLt: Steinbock.<br />

KoffLer: Welcher Aszendent?<br />

rieMeLt: Löwe, haha.<br />

KoffLer: Ich bin Doppel­Widder. Na ja, wir sind<br />

schon beide sehr ehrgeizig, aber Ehrgeiz kann ja<br />

auch schnell zu einem Krampf werden.<br />

MüLLer: Gut, dass du das erwähnst. Denn dazu<br />

neigst du manchmal. Und Max ist dann derjenige, der<br />

dich da wieder rausholt. Ihr ergänzt euch da ganz toll.<br />

KoffLer: Stimmt. Man kann schon sagen, dass<br />

ich an viele Sachen zu sehr mit dem Kopf rangehe<br />

und sie gedanklich zu gründlich auseinandernehme.<br />

riemelt: Und ich bin der intuitive Hallodri, haha.<br />

Koffler: Es war auch so lustig, als wir zu Drehbeginn<br />

im Hotel angekommen sind …<br />

riemelt: … da hatte Hanno schon die gesamte<br />

Zimmerwand mit Notizen zum Szenenablauf vollgeklebt.<br />

Koffler: Ja, und zwar zu jeder Szene. Also, ich<br />

wusste extrem Bescheid, was wann wo passiert, das<br />

ganze Drehbuch, alles, bam, bam, bam! Aber dann<br />

muss man die Dinge wieder loslassen. Die Vorbereitung<br />

ist zwar ganz, ganz wichtig, aber dann muss man<br />

fliegen, fallen, in die Freiheit rein.<br />

müller: Und bei Max lässt du dich eben darauf<br />

ein. Das würdest du ja nicht bei jedem können.<br />

Koffler: Ja, genau. Aber ich packe ihn auch beim<br />

Schopf, der entkommt mir nicht. Der kann mir nix<br />

vormachen, der muss auch in bar bezahlen.<br />

müller: Habt ihr schon mal darüber nachgedacht,<br />

wo ihr am weitesten voneinander entfernt seid? Max,<br />

wo kannst du Hanno manchmal gar nicht verstehen?<br />

riemelt: Gar nicht kann ich nicht sagen. Es ist<br />

eher so, dass ich es bewundere, dass er so strukturiert<br />

ist und für Dinge kämpft. Ich funktioniere da anders.<br />

Ich betrachte die Dinge gern getrennt voneinander.<br />

Hanno hat hingegen den Kopf mit allen Informationen<br />

voll und trägt sie überall mit hin.<br />

müller: Du meinst, dass er sein Leben mehr im<br />

Ganzen betrachtet, während du mehr im Moment<br />

lebst?<br />

riemelt: Es ist auf jeden Fall so, dass er in gewissen<br />

Momenten immer eine Klarheit wahrt, während<br />

ich die auch gern mal ablege.<br />

“<br />

Es gab mal die<br />

Idee, nach London zu<br />

einem Freund zu<br />

ziehen und an Motorrollern<br />

rumzuschrauben.<br />

Aber das hat<br />

sich dann wieder in<br />

Luft aufgelöst<br />

”<br />

– Max Riemelt<br />

müller: Geht es da auch um Disziplin?<br />

riemelt: Ich würde das nicht mit Disziplin verwechseln.<br />

Diszipliniert bin ich auch. Ich betrachte<br />

die Dinge nur gern getrennt voneinander und will<br />

die einzelnen Momente so rein wie möglich halten.<br />

Das ist Fluch und Segen.<br />

Koffler: Und davon hätte ich gern manchmal<br />

mehr. Oder wieder mehr, von der Fähigkeit loslassen<br />

zu können und in den Tag hinein zu leben und nicht<br />

immer alle Sachen zu hinterfragen. Also, ich hatte in<br />

meinem Leben eine wilde Zeit, sehr früh und sehr<br />

krass, und irgendwann habe ich mich da konsequent<br />

rausgezogen. Seither suche ich immer eine Bodenständigkeit<br />

in mir, weil ich in der Arbeit und auch im<br />

Leben immer Angst habe, dass mir die Dinge entgleiten.<br />

Die Angst vor dem Bodenlosen.<br />

riemelt: Vor dem Kontrollverlust.<br />

Koffler: Stimmt. Und zu sehen, dass Max beides<br />

kann, loslassen und trotzdem sehr wohl die Kontrolle<br />

haben, das ist schön zu sehen. Da lasse ich mich<br />

auch gerne von Max mitnehmen.<br />

müller: Entführen.<br />

Koffler: Ja, genau. Entführen, verführen und in<br />

den freien Fall hineinziehen. Aber danach muss ich<br />

dann schnell wieder zurück ans Ufer.<br />

müller: Bei der ersten Liebesszene im Wald ist<br />

es ja so, dass Kay, also die Figur von Max, den Marc,<br />

also Hannos Figur, regelrecht überfällt und sich danach<br />

die Dynamik zwischen den beiden komplett<br />

ändert. Marc fordert ja regelrecht ein, was Kay ihm<br />

angeboten hat.<br />

Koffler: Ja, wenn man über einen langen Zeitraum<br />

etwas nicht auslebt und dann schmeckt, was für<br />

126<br />

127


einen verboten war, dann ist es wie eine Befreiung,<br />

dann braucht man mehr davon. Und der Marc weiß ja<br />

auch nicht, wie lange das Angebot noch steht.<br />

Riemelt: Darin steckt natürlich auch eine große<br />

Unbeholfenheit und Naivität. Er ist wie ein Kind im<br />

Süßigkeitenladen, das nascht, bis es Bauchschmerzen<br />

bekommt.<br />

KoffleR: Und Kay, also Max’ Charakter, zieht<br />

ihn ja auch zu sich hinüber: Denk mal nicht an morgen!<br />

Leb mal im Moment!<br />

mülleR: Womit wir wieder beim <strong>The</strong>ma wären …<br />

KoffleR: Und dann nimmt er den Moment mit<br />

und kommt dabei so was von ins Straucheln. Denn<br />

siehe da: Natürlich hat der Moment immer eine Auswirkung.<br />

mülleR: Absolut! Einer meiner Lieblings momente<br />

im Film ist, wo Max dich fragt, ob du schon<br />

mal darüber nachgedacht hast, abzuhauen und irgendwo<br />

neu anzufangen. Habt ihr schon mal darüber<br />

nachgedacht?<br />

Riemelt: Bei mir ist es so, dass ich ja durch den<br />

128<br />

“<br />

Aber ich packe ihn auch<br />

beim Schopf, der entkommt<br />

mir nicht. Der kann mir<br />

nix vormachen, der muss<br />

auch in bar bezahlen<br />

”<br />

– Hanno Koffler<br />

Beruf die Gewissheit habe, regelmäßig rauszukommen,<br />

sodass die Sehnsucht nach einem Ort oder einem<br />

Land gar nicht erst aufkommt. Es gab einmal die<br />

Idee, nach London zu einem Freund zu ziehen, um an<br />

Motorrollern herumzuschrauben. Aber das hat sich<br />

dann wieder in Luft ausgelöst.<br />

mülleR: Super, an Motorrollern rumschrauben …<br />

Riemelt: Ja, um mal was anderes zu machen. Ich<br />

habe ja, seit ich 13, 14 bin, immer das Gleiche gemacht.<br />

Viele unterschiedliche Rollen gespielt, immer<br />

irgendwo reingeschlüpft und dann wieder raus.<br />

mülleR: Was ja auch sehr schizophren sein kann.<br />

Riemelt: Ach …<br />

mülleR: Also in dem Alter …<br />

Riemelt: Ja, ich hab mich halt früh darauf konditioniert,<br />

deswegen fällt es mir heute nicht mehr so<br />

schwer. Ich falle auch nach einem Dreh nicht mehr in<br />

ein großes Loch. Ich kann die Zeit zwischen den<br />

Drehs sehr gut genießen.<br />

mülleR: Ich habe den Satz auch nicht so verstanden,<br />

dass damit irgendein Umzug gemeint ist, sondern<br />

der Wunsch, sein Leben zu ändern und sich<br />

auf was Neues einzulassen.<br />

KoffleR: Das ist eine krasse Frage. Denn<br />

manchmal hängen die Kunst, der Beruf und das<br />

Leben so sehr zusammen, wie man es vorher nie<br />

gedacht hätte. Also, ich bin jetzt Anfang 30, und<br />

mein Leben ändert sich gerade radikal. Geht euch<br />

das manchmal auch so, dass ihr eine Figur spielt<br />

und dann plötzlich denkt: „Warte mal, das kann<br />

doch nicht wahr sein, dass ausgerechnet ich jetzt<br />

gerade diese Rolle spiele!“<br />

mülleR: Absolut.<br />

Riemelt: Das hängt auch damit zusammen, wie<br />

ernst man seinen Job nimmt. Wenn du dich intensiv<br />

mit einem <strong>The</strong>ma auseinandersetzt, siehst du es<br />

plötzlich überall.<br />

KoffleR: Erschreckend. Da weiß man gar nicht,<br />

ob sich das Leben den Rollen anpasst oder die Rollen<br />

dem Leben … Meine Figur Marc verliert ja in<br />

dem Film sein bisheriges Leben und seine Familie,<br />

und bei mir ist das absurderweise nach dem Dreh<br />

Koffler<br />

pullover<br />

neil bArrett<br />

hose<br />

diesel blAcK gold<br />

riemelt<br />

pullover<br />

neil bArrett<br />

hose<br />

cAmpus<br />

genauso passiert. Ich habe nicht damit gerechnet,<br />

aber ich habe mein bestehendes Leben nach dem<br />

Film verloren. Und da denkt man dann einfach<br />

nur: Krass!<br />

müLLER: Das ist superkrass. Ich krieg eine<br />

Gänse haut.<br />

koffLER: Und ganz unabhängig davon, dass es<br />

in dem Film um die Liebe zwischen zwei Männern<br />

geht, handelt Freier Fall ja auch davon, dass ein junger<br />

Mann mit Familie sein Leben komplett neu sortieren<br />

muss. Und das war ein Konflikt, der mich<br />

mit dem Film so was von eingeholt hat, dass es völlig<br />

absurd ist. Und deswegen hat Freier Fall auch<br />

privat noch einmal eine ganz neue Ebene.<br />

müLLER: Ganz fremd ist dir das <strong>The</strong>ma ja auch<br />

nicht, Max?<br />

RIEmELT: Ja, auf jeden Fall. Und das alles unter<br />

einen Hut zu kriegen wird immer schwieriger. Das,<br />

was man erlebt, und wen man so kennenlernt, das<br />

beeinflusst einen so dermaßen, das habe ich einfach<br />

unterschätzt. Man schaut sich Lebensentwürfe an<br />

und lässt sich davon inspirieren und gleichzeitig auch<br />

verunsichern in dem, was man selbst eigentlich lebt<br />

und für richtig hält. Ich habe es ja auch immer relativ<br />

einfach gehabt, weil mir ab einem gewissen Zeitpunkt<br />

immer Sachen angeboten wurden. Ich musste immer<br />

nur Ja oder Nein sagen. Und mir geht die Frage nicht<br />

aus dem Kopf, was wohl gewesen wäre, wenn es nicht<br />

so gut gelaufen wäre, wenn ich mir selbst hätte ausdenken<br />

müssen, was ich machen will.<br />

müLLER: Was dein Lebensentwurf wäre?<br />

RIEmELT: Ja. Und da bin ich mir total unsicher,<br />

beziehungsweise, das wüsste ich einfach nicht.<br />

müLLER: Im Grunde ist das ja auch das <strong>The</strong>ma<br />

unserer Generation. Ich habe neulich mal überlegt,<br />

ob ich irgendjemanden kenne, der eine funktionierende<br />

Beziehung führt, die auf etwas hinarbeitet.<br />

Kenne ich einfach nicht.<br />

koffLER: Kennt ihr in eurem Freundeskreis irgendeine<br />

Beziehung mit Kind, die gehalten hat?<br />

müLLER: Also ich kenne gerade mal eine.<br />

koffLER: Letztens war ich bei Max, und wir gucken<br />

uns so um und checken so: „Warte mal, sind<br />

wir hier gerade fünf Väter? Und sind wir hier gerade<br />

fünf Väter, die mit der Mutter ihres Kindes nicht<br />

mehr zusammen sind?“ Es ist scheinbar ein totaler<br />

Normalzustand. Ich habe auch noch nicht herausgefunden,<br />

ob das gut ist oder was das zu bedeuten hat.<br />

Ob unsere Gesellschaft und unsere Idee von Familie<br />

vielleicht total im Wandel sind. Und ob die Generation<br />

von Kindern, die jetzt groß wird, eine ganz andere<br />

Vorstellung von Familie haben wird als wir jetzt.<br />

Vielleicht wird alles viel freier stattfinden.<br />

müLLER: Muss man eigentlich immer verletzen,<br />

um glücklich zu sein? Ich habe nachgedacht, ob die<br />

Lebensentscheidung, die man so trifft …<br />

koffLER: Von wem redest du? Von den Rollen,<br />

den Filmfiguren?<br />

müLLER: Nee, privat. Aber im Film ist es eigentlich<br />

auch so: Damit er glücklich sein kann, muss er<br />

sie verletzen. Er entdeckt die Liebe zu diesem Mann,<br />

und er muss diesen Weg gehen, um sein Glück zu<br />

finden. Und sie bleibt verletzt zurück.<br />

koffLER: Ich weiß nicht, ob es bei ihm in erster<br />

Linie darum geht, sein Glück zu finden. Es ist doch<br />

eher so, dass Marc durch die Erfahrungen, die er mit<br />

Kay gemacht hat, sein bisheriges Leben nicht mehr<br />

weiterleben kann. Aber wie es weitergehen könnte,<br />

weiß er selber nicht. Erst mal muss er sich aus seinem<br />

Leben befreien.<br />

RIEmELT: Wenn man das Glück finden will, muss<br />

man, glaube ich, relativ konsequent sein. Ich bin zum<br />

Beispiel ein sehr harmoniebedürftiger Mensch, und<br />

mir fällt genau das extrem schwer. Es gibt natürlich<br />

immer diplomatischere Wege, seine Gefühle zu vermitteln,<br />

aber wenn man für Klarheit sorgen will, sind<br />

Verletzungen nicht zu vermeiden. Aber das sind ja<br />

keine Verletzungen, die man absichtlich zufügt.<br />

koffLER: Oft fehlt ja auch der Mut, zu sagen,<br />

dass man gar nicht weiß, was mit einem los ist.<br />

RIEmELT: Weil man sich schützen will.<br />

koffLER: Und ich frag mich: „Vor was schützen<br />

wir uns eigentlich?“ Man sieht es ja auch in dem Film,<br />

wenn Marc zu sagen versucht, was mit ihm los ist.<br />

müLLER: „Es ist so eng hier drin.“<br />

koffLER: „Es ist so eng“, er findet nicht die richtigen<br />

Worte, die Interpretation bei seiner Frau ist<br />

schon da, dadurch reagiert er schon wieder komisch,<br />

er hat das Gefühl, er wird falsch verstanden, sie hat<br />

das Gefühl, er öffnet sich nicht, bam, bam, bam. Das<br />

ist die Art der menschlichen Kommunikation, wo ich<br />

denke: „Scheiße! Gar nichts mehr sagen! Worte weg!“<br />

129<br />

RIEmELT: Weil ja auch jeder von seiner Realität<br />

ausgeht, von seiner Logik.<br />

müLLER: Weil man es sich so schwer vorstellen<br />

kann, dass es eine andere Realität gibt.<br />

koffLER: Ja, man betrachtet die Welt leider immer<br />

nur mit seinen eigenen Augen … Ich find es so<br />

lustig, dass wir uns hier so in Rage reden.<br />

müLLER: Das können wir gut, oder? Und ich finde<br />

es total gut, dass du jetzt so lange Haare hast,<br />

Hanno, und dass die so abstehen und nicht so matsche<br />

auf dem Kopf liegen.<br />

RIEmELT: Ist ja auch viel Haarspray drin.<br />

müLLER: Übrigens, der Kuss im Krankenhaus<br />

und dann Marcs Mutter, die um die Ecke kommt, das<br />

ist so krass. Das ist dieser Moment, wo man im Boden<br />

versinken möchte.<br />

koffLER: Und wie die Mutter, also Maren Kroymann,<br />

dann aus dem Fahrstuhl rausguckt, dieser<br />

Blick. Da geht dann auch immer so ein Raunen<br />

durch den Saal: „Hui!“<br />

müLLER: Aber der Film ist halt auch so wahnsinnig<br />

komisch. Hanno meint ja, dass nur ich den lustig<br />

finde, weil ich euch kenne …<br />

koffLER: Ich finde den Film gar nicht lustig, also<br />

echt nicht.<br />

müLLER: Aber Max, sag du doch mal, du hattest<br />

doch wahnsinnigen Spaß, das sieht man dir doch an<br />

in dem Film.<br />

RIEmELT: Klar, aber die Atmosphäre ist schon<br />

ziemlich schwer, was natürlich nicht heißt, dass wir<br />

beim Drehen keinen Spaß hatten.<br />

müLLER: Also, die Szenen, in denen Max dich<br />

provoziert …<br />

koffLER: Ja, Max’ Blicke sind schon … Also, ich<br />

kann auch darüber lachen, wenn ich mich von der Geschichte<br />

distanziere, wenn ich sehe, wie Max das spielt.<br />

Aber wenn ich mich dann in die Situation von Marc<br />

hineinversetze, bleibt mir das Lachen im Halse stecken.<br />

müLLER: Es sind diese kleinen Momente dazwischen,<br />

die so lustig sind. Und ich glaube, ich war<br />

nicht die Einzige im Publikum, die gelacht hat. Etwa<br />

wie Max mit dem Joint um die Ecke kommt und du<br />

sagst: „Also das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“ Und<br />

du meinst das auch so, weil es für dich total absurd<br />

ist, in der Polizeischule einen Joint zu rauchen. Aber<br />

Max geht da gar nicht drauf ein. Der geht überhaupt<br />

nicht auf dich ein, weil für Max völlig klar ist, dass du<br />

sowieso ziehen wirst.<br />

koffLER: Du meinst, für Max’ Figur Kay ist das<br />

klar.<br />

müLLER: Okay, für Kay ist das klar. Der weiß,<br />

dass der dich um den Finger wickelt und du diese<br />

Grenze mit ihm überschreiten wirst, denn eigentlich<br />

habt ihr sie ja ohnehin schon überschritten. Er weiß<br />

das, und genau das ist so erheiternd.<br />

koffLER: Was, der weiß das schon?<br />

RIEmELT: Das denkst du nur, weil du uns kennst<br />

und unsere Rollen mit uns abgleichst.<br />

koffLER: Ja, weil du es abgleichst. Du lachst doch<br />

schon, weil Max um die Ecke kommt und mit Hanno<br />

flirtet. Jette, du hast da nicht die nötige Distanz,<br />

haha. Guckt mal, der Hanno da! Und da, der Max!<br />

Sind die nicht irre komisch?<br />

müLLER: Also, dass das <strong>Interview</strong> auf diese Weise<br />

endet, hätte ich jetzt auch nicht gedacht. Hahaha!<br />

Freier Fall STARTET Am 23. mAI<br />

Grooming ANDRÉAS BERNHARDT/BASICS-BERLIN.DE<br />

mIT PRoDukTEN voN mAC<br />

Prop Styling TINA REISINGER/PERfECT PRoPS<br />

foto-Assistenz TImoTHy SCHAumBuRG<br />

Styling-Assistenz RÉkA mARIA PRoBST<br />

Prop-Assistenz fLoRE SCHmIDT<br />

Produktion fRANk SEIDLITZ, DoRoTHEA fIEDLER<br />

Dank an DIE fLÄCHE


von<br />

Harald Peters<br />

L<br />

o<br />

fotos<br />

heji shin<br />

uDoillon<br />

bluse<br />

sAint lAurent by<br />

hedi slimAne<br />

131


“<br />

Wenn ich in Frankreich bin,<br />

haben die Leute nur die Familie<br />

Gainsbourg im Kopf.<br />

Und 30 Jahre lang war<br />

ich in dieser Hinsicht eine<br />

Enttäuschung<br />

”<br />

– Lou Doillon<br />

mantel<br />

chAnel<br />

bluse<br />

sAint lAurent by<br />

hedi slimAne<br />

jeans<br />

cycle


Ihre Mutter heißt<br />

Jane BIrkIn, sie ist<br />

die Stieftochter von<br />

Serge GaInSBourG,<br />

und unterhalt samer<br />

als ihre Schwester<br />

Charlotte ist sie<br />

allemal. nachdem<br />

sich lou doIllon<br />

jahrzehntelang als<br />

Model und Schauspielerin<br />

versuchte, hat sie<br />

ihre wahre Bestimmung<br />

gefunden: In<br />

Frankreich wurde die<br />

30-Jährige bereits zur<br />

Musikerin des Jahres<br />

gewählt, anfang<br />

Juni erscheint ihr<br />

debütalbum endlich<br />

auch in deutschland<br />

IntervIew: Lou, sagen jetzt eigentlich alle: „Oh Gott,<br />

muss sie denn jetzt auch noch Musik machen“?<br />

Lou DoILLon: Das war nicht zu vermeiden.<br />

IntervIew: Wann haben Sie doch gleich mit der<br />

Musik angefangen?<br />

DoILLon: Gute Frage. Ich ändere nämlich ständig<br />

die Daten, was nicht gerade für Klarheit sorgt, aber<br />

ich denke, ich war 24, als ich zum ersten Mal Gitarre<br />

gespielt habe.<br />

IntervIew: So spät?<br />

DoILLon: Ja.<br />

IntervIew: Ach!<br />

DoILLon: Ich weiß. Ich bin ein Groupie, seit ich<br />

fünf bin, und seit ich fünfzehn bin, waren alle meine<br />

Typen Musiker. Aber ich bin nie auf die Idee gekommen,<br />

dass ich selbst eine Musikerin sein könnte. Neulich<br />

habe ich nach sechs Jahren einen alten Bekannten<br />

wiedergesehen. Er ist ebenfalls Musiker und war mein<br />

bester Freund, als ich Teenager war. Jedenfalls hat<br />

jemand einen Song von mir angemacht und er meinte:<br />

„Ich mag das, wer ist das?“ Er konnte es nicht glauben,<br />

dass ich das war. Er war nur: „Seit wann machst<br />

du denn Musik?“ Hinterher rief er mich an und meinte:<br />

„Von all unseren Freunden scheinst ausgerechnet<br />

du eine Karriere als Musikerin zu machen, obwohl<br />

du die Einzige warst, die keine Musik gemacht hat.“<br />

IntervIew: Sie haben also die Gitarre in die Hand<br />

genommen und konnten sie von Anfang an spielen?<br />

DoILLon: Nein, natürlich nicht. Ich hab mich mit<br />

der Gitarre in eine Ecke verzogen und hatte Angst,<br />

dass mich jemand hört. Ich benutze beim Spielen<br />

nicht einmal ein Plektrum, was meine Band gerade<br />

ziemlich nervt. Beim Soundcheck sage ich immer:<br />

„Stellt meine Gitarre bitte nicht so laut. Macht sie leiser!<br />

Leiser!“ Mein Ansatz ist es, die Gitarre so zu spielen,<br />

dass man sie eigentlich nicht hört.<br />

IntervIew: Weil Sie gar nicht Gitarre spielen<br />

können?<br />

DoILLon: Jedenfalls nicht im herkömmlichen<br />

Sinne. Mit nur zwei Noten habe ich 40 Songs geschrieben.<br />

Erst war ich besessen von a-Moll und e,<br />

dann habe ich a- und e-Moll entdeckt und dachte: „Ist<br />

ja irre!“ Dann kam c hinzu, und ich war nur so: „Hey,<br />

das sind ja Möglichkeiten!“ Ich glaube, ich habe das<br />

gesamte Album mit nur zehn verschiedenen Noten<br />

geschrieben.<br />

IntervIew: Im Grunde wie Punkrock, nur anders.<br />

DoILLon: Wahrscheinlich. Andererseits ist eine<br />

Bleistiftzeichnung mitunter interessanter als ein Gemälde<br />

mit allen möglichen Farben. Es kommt doch<br />

allein darauf an, ob man etwas zu sagen hat. Mein<br />

Freund, der Musiker ist, hat mich neulich gefragt,<br />

nach welchen Kriterien ich den Sound der Gitarre<br />

festlege, und ich meinte nur: „Wovon redest du überhaupt?<br />

Ich lege gar keinen Sound fest. Ich interessiere<br />

mich nämlich nicht für Sound, ich weiß nicht einmal,<br />

was der Sound einer Gitarre überhaupt ist.“<br />

IntervIew: Sie haben also angefangen, Songs zu<br />

komponieren, und als die Songs fertig waren, kamen<br />

die Texte dazu. Oder wie war das?<br />

DoILLon: Hm … das passierte gleichzeitig, glaube<br />

ich. Das war ein Ausgleich zu meiner Arbeit als Schauspielerin.<br />

Nach zehn Stunden am Set, wo ich immer<br />

nur Sätze aufgesagt habe, die sich jemand anderes<br />

ausgedacht hat, und dazu Klamotten tragen musste,<br />

die jemand anderes für mich ausgewählt hatte, bin<br />

ich jeden Abend einigermaßen frustriert zurück ins<br />

Hotel gegangen und dachte: „Scheiß drauf! Jetzt geht<br />

es um mich.“<br />

IntervIew: Die Texte sind demnach sehr persönlich.<br />

DoILLon: Ja, natürlich. Neulich meinte jemand<br />

zu mir, dass ich ja nur Liebeslieder singen würde …<br />

IntervIew: Aber sind nicht eigentlich alle Lieder<br />

Liebeslieder?<br />

DoILLon: Meinte ich auch. Wir hören nur Lieder<br />

über Liebe oder über Hass, was im Grunde ja auch<br />

Liebeslieder sind. Die Lieder von den Beatles, von<br />

den Kinks, von Bob Dylan. Neulich habe ich INXS<br />

wiederentdeckt. Und siehe da: Auch die singen nur<br />

über Liebe.<br />

IntervIew: INXS? Wieso denn INXS?<br />

DoILLon: Ach, ich weiß doch auch nicht. Das muss<br />

irgendeine Art von persönlichem Revival sein. Ich hatte<br />

plötzlich das Bild von Michael Hutchence vor Augen<br />

und dachte: „Guter Gott, warst du sexy!“ Dann habe<br />

ich mir Devil Inside angehört und wusste: „Ich liebe<br />

INXS!“ Das hatte ich ganz vergessen, weil ich mittlerweile<br />

ein Snob bin. Aber noch mal zu den Texten.<br />

IntervIew: Bitte!<br />

DoILLon: Also, die sind ganz klar persönlich, weil<br />

ja alles, was man selbst macht, persönlich ist. Das<br />

heißt aber nicht, dass man sie wortwörtlich verstehen<br />

darf. Der Ausgangspunkt ist autobiografisch, aber dabei<br />

bleibt es natürlich nicht, ich bin ja nicht verrückt.<br />

Ich entwickle daraus Geschichten, und dabei betrüge<br />

ich wie jeder andere Künstler auch. Die Männer, die<br />

meine Songs inspiriert haben, könnten zum Beispiel<br />

nie sagen, welcher der Songs nun eigentlich von ihnen<br />

handelt.<br />

IntervIew: Und Sie erzählen es ihnen auch nicht?<br />

DoILLon: Nein, niemals. Ich war lange genug mit<br />

Musikern zusammen, um zu wissen, dass „Handelt<br />

der Song von mir?“ eine Frage ist, die man niemals<br />

stellen sollte.<br />

IntervIew: Wäre das ein Trennungsgrund?<br />

DoILLon: Absolut!<br />

IntervIew: Französische Sängerinnen flüstern ihre<br />

Stücke meist französisch und mit hoher Stimme. Sie<br />

singen kräftig, tief und englisch.<br />

DoILLon: Ja, das hat psychologische Gründe.<br />

Denn wenn ich in Frankreich bin, haben die Leute,<br />

sobald sie mit mir reden, nur meine Familie im Kopf.<br />

Und 30 Jahre lang war ich in dieser Hinsicht eine große<br />

Enttäuschung. Ständig erzählten sie mir: „Oh ich<br />

liebe deinen Vater, Serge Gainsbourg ist so großartig!“<br />

Und ich dann: „Aber er ist nicht mein Vater.“<br />

– „Was, du bist nicht Gainsbourgs Tochter?“ –<br />

„Nein!“ – „Ach wie schade!“ Und weil ich eine fortwährende<br />

Enttäuschung war, habe ich aus einer seltsamen<br />

Höflichkeit heraus angefangen, plötzlich leise<br />

und mit hoher Stimme zu sprechen, meine Schultern<br />

hochzuziehen, um dazwischen meinen Kopf zu verstecken.<br />

Ich habe versucht, so wenig Raum einzunehmen<br />

wie möglich. Aber wenn ich dann einem meiner<br />

englischen Freunde begegnet bin, war ich dann plötzlich:<br />

„Hey, Kumpel, was geht?“ Eigentlich sagen alle,<br />

dass meine französische Stimme absolut nichts mit<br />

meiner englischen Stimme zu tun hat. Es ist, als würden<br />

sie von zwei verschiedenen Personen stammen.<br />

IntervIew: Wie eigenartig.<br />

DoILLon: Ja, aber das ändert sich allmählich.<br />

Nach meinem allerersten Konzert kam Charlotte,<br />

meine Schwester, zu mir hinter die Bühne. Sie hatte<br />

Tränen in den Augen und meinte: „Du wirst dich<br />

wahrscheinlich nicht mehr daran erinnern, aber als du<br />

ein kleines Mädchen warst, hattest du bereits diese<br />

Stimme, auch wenn du französisch gesprochen hast.“<br />

Vielleicht habe ich einfach nur versucht, so zu klingen<br />

wie meine Schwester und meine Mutter, ich komme<br />

nämlich aus einer Familie, in der alle Frauen mit einer<br />

sehr hohen Stimme sprechen. Wenn ich als kleines<br />

Mädchen gelacht habe, klang es richtig dreckig, woraufhin<br />

meine Mutter mir dann immer fassungslose<br />

und beschämte Blicke zugeworfen hat. Ich war vier<br />

Jahre alt, und Leute haben sich zu mir umgedreht und<br />

gefragt: „Kommen diese Geräusche etwa aus diesem<br />

Ding da raus?“<br />

IntervIew: Mit welcher Sprache sind Sie eigentlich<br />

aufgewachsen?<br />

DoIllon: Mit Französisch, aber ich war immer in<br />

den Ferien bei meinem Onkel in England, Weihnachten,<br />

Ostern und in den Sommerferien. Ich war auf<br />

englischen und amerikanischen Schulen, ich war sogar<br />

in einem australischen Kindergarten.<br />

IntervIew: Es gibt in Paris einen australischen<br />

Kindergarten?<br />

DoIllon: Verrückt, nicht wahr? Keine Ahnung,<br />

wie ich da gelandet bin. Meine Kindergärtnerin hieß<br />

Nanca. Ich habe Nanca geliebt. Wir haben Plätzchen<br />

gebacken.<br />

IntervIew: Okay.<br />

DoIllon: Und dann spreche ich natürlich mit<br />

meiner Mutter viel Englisch. Ich bin ja ihre jüngste<br />

Tochter, und nachdem alle ihre Männer fort waren,<br />

hat sie wieder angefangen, englisch zu sprechen. In<br />

diesem Sinne ist Englisch meine Muttersprache.<br />

IntervIew: Sie meinten eben, dass Sie für Ihre Familie<br />

eine Enttäuschung waren. Aber Sie hatten vor<br />

Ihrer Karriere als Musikerin doch bereits zwei andere<br />

Karrieren?<br />

DoIllon: Ja, als Schauspielerin und als Model,<br />

aber es war nie … ach, es ist kompliziert.<br />

IntervIew: Was ist kompliziert?<br />

DoIllon: Man wird es möglicherweise für bitter<br />

“<br />

Ich saß in meinem<br />

Boot und paddelte<br />

zwischen den<br />

Kontinenten, wo ich<br />

nicht an Land durfte,<br />

hin und her und<br />

fand ein kleines Eiland,<br />

das keiner wollte,<br />

und baute mir mein<br />

kleines Reich<br />

”<br />

– Lou Doillon<br />

mantel<br />

chAnel<br />

Bluse & hut<br />

sAint lAurent By<br />

hedi slimAne<br />

jeans<br />

cycle<br />

schuhe<br />

privat<br />

halten, wenn ich sage, dass ich es als Model und als<br />

Schauspielerin nie geschafft habe. Aber ich will damit<br />

eher sagen: Gott sei Dank war ich immer verrückt genug<br />

und seltsam genug und wahrscheinlich auch lustig<br />

genug, um für gewisse Leute trotzdem immer eine<br />

Inspiration zu sein. Ich bin von Musen großgezogen<br />

worden, und ob ich es will oder nicht, bin ich wahrscheinlich<br />

selbst eine Muse, weil ich Leute inspiriert<br />

habe. Und ich hatte natürlich Glück, dass ich die letzten<br />

15 Jahre dank einer Mischung aus Missverständnissen<br />

und Künstlern, die sich meiner angenommen<br />

haben, überleben konnte.<br />

IntervIew: Wie meinen Sie das?<br />

DoIllon: Um es in der Modeindustrie zu etwas<br />

zu bringen, muss man von den Modehäusern geliebt<br />

werden. Die Designer sind in dem Zusammenhang<br />

eigentlich gar nicht so wichtig. Aber von einem Modehaus<br />

wurde mir nie auch nur ein einziger Job angeboten.<br />

Wenn ich einen Job bekommen habe, hatte ich<br />

das immer nur den Fotografen zu verdanken. Einmal<br />

war ich neben Penélope Cruz, Hilary Swank und<br />

Sophia Loren zum Beispiel im Pirelli­Kalender zum<br />

<strong>The</strong>ma Schauspielerinnen. Ich dachte nur: „Was?<br />

Ihr nehmt mich, obwohl ich in den vergangenen vier<br />

Jahren keinen einzigen Film gedreht habe?“<br />

IntervIew: Und dass Sie den Job bekommen haben,<br />

lag nur an den Fotografen?<br />

DoIllon: Ja, Inez (Van Lamsweerde) und Vinoohd<br />

(Matadin) fanden mich einfach lustig. Die meisten<br />

Schauspielerinnen sind nämlich ziemliche Nervensägen,<br />

die sich hinterher immer die Fotos ansehen<br />

wollen, um zu prüfen, ob sie auch hübsch genug sind,<br />

was mir wiederum völlig egal ist, weshalb die Arbeit<br />

134<br />

135


mit mir auch gleich viel mehr Spaß macht. Eine andere<br />

Sache war der Job für die Unterwäschefirma Eres.<br />

Ich war so 16, 17, als Terry Richardson mich dafür<br />

entdeckt hat. Meine gesamte Modelkarriere habe ich<br />

einzelnen Fotografen zu verdanken. Das System hat<br />

mich nie akzeptiert.<br />

IntervIew: Aber waren Sie nicht das Gesicht von<br />

Givenchy?<br />

DoIllon: Das hat der zuständige Make-up-Artist<br />

damals durchgesetzt. Aber sobald sich die Gelegenheit<br />

bot, mich loszuwerden, ist der Firmenchef eingeschritten<br />

und hat mich durch Liv Tyler ersetzt, was ja auch<br />

Sinn macht, weil ihr Gesicht viel kommerzieller ist.<br />

IntervIew: Und im Film?<br />

DoIllon: Da ist es eigentlich genauso. Durch ein<br />

Casting habe ich noch nie eine Rolle bekommen. Produzenten<br />

wollten mich nie für ihre Filme haben. Aber<br />

sobald ich mich mit dem Regisseur verstehe, spiele ich<br />

mit. Ich habe in über 20 Filmen mitgespielt und war<br />

nicht ein einziges Mal in der Vorauswahl für den<br />

Filmpreis César, was fast einem Boykott gleichkommt.<br />

Ich war in zehn Jahren zu keinem einzigen Casting<br />

eingeladen, und ich habe keine Ahnung, warum. Liegt<br />

es daran, dass ihnen die Lust auf Kinder berühmter<br />

Eltern vergangen ist? Bin ich ihnen zu wild? Finden<br />

sie, dass ich komisch aussehe? Keine Ahnung!<br />

IntervIew: Und dann nehmen Sie eine Platte auf<br />

– und schon läuft’s.<br />

DoIllon: Komisch, oder? Im September kam<br />

mein Album in Frankreich raus, und schon eine Woche<br />

später hat es Gold und kurz darauf Platin. Ich<br />

habe nie für irgendetwas einen Preis bekommen, und<br />

schon zwei Monate später, nachdem ich offiziell als<br />

Musikerin gelte, werde ich als Musikerin des Jahres<br />

ausgezeichnet. Und ich dachte nur: „Wow, was ist<br />

hier eigentlich los?“ Die 15 Jahre davor hatte ich mich<br />

mit Leib und Seele dem französischen Film gewidmet,<br />

und keiner hat sich nach mir umgedreht, in der<br />

Mode industrie genauso. Und dann gebe ich so eher<br />

nebenbei jemandem meine Songs und sage: „Hier, das<br />

ist so was wie ein Demo, das ich in den letzten zehn<br />

Tagen aufgenommen habe, macht damit, was ihr wollt.“<br />

Und alle sind nur so: „Super! Du bist eine Musikerin.“<br />

Und ich nur so: „Okay, wenn ihr es sagt.“ Das vergangene<br />

Dreivierteljahr war wirklich höchst sonderbar<br />

für mich.<br />

IntervIew: Und wie sieht es nun mit dem Modeln<br />

aus. Ist das jetzt vorbei?<br />

DoIllon: Ganz und gar nicht. Denn jetzt bin ich<br />

in der Position, in der es sich auszahlt, dass ich nicht<br />

wie alle anderen aussehe. Früher stand ich unterschiedlichen<br />

Kontinenten gegenüber: dem Kontinent<br />

der Filmindustrie, dem Kontinent der Mode und dem<br />

Kontinent des <strong>The</strong>aters. Am Nachmittag bin ich etwa<br />

mit einem großen Auto zu einer Modenschau von<br />

Dior gefahren worden, aufgebrezelt und zurechtgemacht<br />

wie ein richtiges Mädchen. Hinterher hat<br />

mich das Auto dann am Gare d’Austerlitz abgesetzt,<br />

wo ich schnell in Jeans und T-Shirt geschlüpft bin und<br />

einen Zweite-Klasse-Zug Richtung Orléans genommen<br />

habe, um in einer Beckett-Inszenierung mitzuspielen<br />

– vor etwa 40 Leuten, die in einer Welt leben,<br />

die meilenweit von Dior entfernt ist. Am nächsten<br />

Morgen bin ich dann zurück nach Paris gefahren, um<br />

für den Playboy fotografiert zu werden und dann hinterher<br />

im Maison de la Culture Kindern etwas vorzulesen.<br />

Die Leute haben nicht verstanden, was ich eigentlich<br />

mache und wer ich überhaupt bin. Sie konnten<br />

die einzelnen Punkte nicht miteinander verbinden.<br />

IntervIew: Aber haben Sie nicht einfach das gemacht,<br />

was alle Frauen in Ihrer Familie tun?<br />

“<br />

Ich bin ein<br />

Groupie, seit ich fünf<br />

bin, und seit ich<br />

fünfzehn bin, waren<br />

alle meine Typen<br />

Musiker. Aber ich bin<br />

nie auf die Idee<br />

gekommen, dass ich<br />

selbst eine Musikerin<br />

sein könnte<br />

”<br />

– Lou Doillon<br />

DoIllon: Ja, schon. Aber meine Mutter und auch<br />

Charlotte hatten Filme und Platten, die jeweils riesige<br />

Erfolge waren. Ich hatte das Pech, dass alles, was ich<br />

tat, meist dann doch nicht so gut funktioniert hat.<br />

IntervIew: Aber das ändert sich ja jetzt.<br />

DoIllon: Ja, und das ist auch ganz wunderbar.<br />

Aber davor wurde ich von jedem Kontinent, auf dem<br />

ich mich niederlassen wollte, abgelehnt, selbst vom<br />

Gainsbourg-Kontinent, weil mein Vater Jacques Doillon<br />

ist. Mein Leben lang fehlt mir die Zugehörigkeit<br />

zu was auch immer. Also saß ich in meinem kleinen<br />

Boot und paddelte zwischen den Kontinenten, wo ich<br />

nicht an Land gehen durfte, hin und her und fand ein<br />

kleines Eiland, das keiner wollte, und baute mir mein<br />

kleines Reich. Und jetzt schauen alle auf meine kleine<br />

Insel und sagen: „Mein Güte, du warst so schlau, dass<br />

du das so gemacht hast!“ Und ich sage dann: „Eigentlich<br />

nicht. Mir blieb nur nichts anderes übrig.“ Meine<br />

Insel ist nicht spektakulär oder groß, aber sie gehört<br />

mir, und ich kann dort tun, was ich will. Vor drei Wochen<br />

habe ich sogar vom französischen Kulturministerium<br />

den Orden der Künste und der Literatur bekommen.<br />

IntervIew: Was ist das für ein Preis?<br />

DoIllon: Ach, der bedeutet alles und nichts. Aber<br />

es war so bewegend, ihn zu bekommen: „Im Namen<br />

der Republik zeichnen wir Sie als Chevalier des Arts<br />

et des Lettres für Ihre Leistungen als Autorin, Komponistin,<br />

Malerin, Zeichnerin …“<br />

136<br />

IntervIew: Was, malen tun Sie auch?<br />

DoIllon: Ja, ich male und zeichne schon seit langer<br />

Zeit.<br />

IntervIew: Aber Sie machen keine Ausstellungen?<br />

DoIllon: Nein, aber vielleicht werde ich ein kleines<br />

Buch mit meinen Arbeiten veröffentlichen.<br />

IntervIew: Und die Leute werden sagen …<br />

DoIllon: Ja, sie werden sagen: „Auch das noch!<br />

Jetzt bringt die Alte auch noch ein Buch heraus!“ Und<br />

ich werde sagen: „Genau. Und dann kommt nach diesem<br />

Buch noch ein Buch, und zwar ein Kochbuch!“<br />

Weil es mir nämlich scheißegal ist, was die sagen.<br />

Weil ich es ja nicht mache, um den Leuten zu gefallen.<br />

Ich habe über 20 Jahre lang versucht, mit allem,<br />

was ich gemacht habe, den Leuten zu gefallen. Aber<br />

wenn man sein Schaffen an den mutmaßlichen Interessen<br />

anderer ausrichtet, ist man auf dem falschen<br />

Weg.<br />

IntervIew: Und Sie sind jetzt auf dem richtigen<br />

Weg.<br />

DoIllon: Es ist ein Segen mit der Musik. Wenn<br />

ich auf Tour bin, kann ich neue Songs schreiben, ich<br />

kann zeichnen. Und beim Konzert kann ich auf der<br />

Bühne eine Rolle spielen, oder ich kann ich selbst<br />

sein. Ich kann also all das machen, was ich sowieso<br />

immer gemacht habe. In der Musik kann ich das wiederfinden,<br />

was mir an Film, an Mode und an <strong>The</strong>ater<br />

immer gefallen hat.<br />

IntervIew: Aber es ist auch riskanter, Sie können<br />

sich nicht hinter jemandem verstecken?<br />

DoIllon: Ja, aber das mag ich. Ich bin gerne verantwortlich.<br />

Das hat mich auch daran zweifeln lassen,<br />

ob ich eine gute Schauspielerin bin, weil die besten<br />

Schauspielerinnen unserer Zeit im wirklichen Leben<br />

nichts sind und erst im Film zu einer Persönlichkeit<br />

werden. Hinzu kommt, dass die Filmindus trie momentan<br />

in einem ziemlich öden Zustand ist, alle wollen<br />

immer nur das Mädchen von nebenan, und wie<br />

man es auch dreht und wendet, das Mädchen von nebenan<br />

werde ich niemals sein.<br />

IntervIew: Wohl kaum.<br />

DoIllon: Außerdem komme ich aus einer Familie,<br />

die immer ziemlich ehrlich war. Zum Beispiel haben<br />

die Filme meines Vaters solch eine Neugier am<br />

Leben, dass sie voller Graustufen sind und zeigen, wie<br />

seltsam wir Menschen sind: In einem Moment liebt<br />

man jemanden, im nächsten liebt man ihn nicht mehr,<br />

gleich darauf fragt man sich, was man eigentlich tut,<br />

weil man die Person, die man eben nicht mehr liebte,<br />

plötzlich stärker liebt als je zuvor – und zwar ohne<br />

erkennbaren Grund. Schon deshalb ist es für mich<br />

schwer, Drehbücher zu lesen, in denen die Dialoge<br />

scheiße sind. Du liest das und denkst dir: Wie zum<br />

Teufel soll man diesen Murks halbwegs überzeugend<br />

spielen? Das kann man gar nicht spielen, das ist einfach<br />

nur falsch.<br />

IntervIew: Ich dachte, der französische Film wäre<br />

da anders.<br />

DoIllon: Ist er ja auch noch, zum Glück. Aber es<br />

ändert sich langsam. Jedenfalls sind die Dialoge oft<br />

schlimm. Viele Leute meinten zu mir: „Meine Güte,<br />

in <strong>Interview</strong>s bist du ja viel lustiger“, was ich, ehrlich<br />

gesagt, sehr verstörend fand. Wenn ich in <strong>Interview</strong>s<br />

lustiger, schlauer und bewegender rüberkomme als in<br />

Filmen, dann sollte ich vielleicht besser mit der Filmerei<br />

aufhören. Aber jetzt, wo ich auf meiner kleinen<br />

Insel sitze, weiß ich, dass irgendwann ein Regisseur<br />

vorbeikommen wird, wenn er mich will.<br />

Places erscheInt am 31. maI<br />

mantel<br />

chAnel<br />

bluse<br />

sAint lAurent by<br />

hedi slimAne


a$ap<br />

rocky<br />

Während andere von Goldzähnen fabulieren, ist<br />

a$ap rocky drei Schritte weiter: amerikas stilsicherster<br />

neuer rapper feiert BalenciaGa, rick oWenS,<br />

lanvin und ann DemeulemeeSter.<br />

und nachdem a$aps album auf platz eins der amerikanischen<br />

charts debütierte, kann sich der Junge aus Harlem, der<br />

anfang Juni für ein paar konzerte nach Deutschland kommt,<br />

seinen couture-Bling auch locker leisten. SWaG!<br />

von<br />

alexander WanG<br />

Jacke<br />

givenchy by<br />

riccArdo tisci<br />

hoodie<br />

AlexAnder wAng<br />

cap<br />

(durchgehend getragen)<br />

privat<br />

fotos<br />

crAig McdeAn<br />

styling<br />

sArAh ellison<br />

139


“<br />

Menschen werden rassistisch,<br />

weil ihre Eltern und<br />

Großeltern ihnen diesen<br />

Scheiß in den Kopf setzen<br />

”<br />

– a$ap rocky<br />

kette<br />

siki im<br />

140


poncho<br />

mAison<br />

mArtin<br />

mArgielA<br />

ArtisAnAl<br />

hose & sneaker<br />

y-3<br />

armbänder & ringe<br />

1-100<br />

handschuhe<br />

mAison<br />

mArtin<br />

mArgielA<br />

ringe<br />

Jill plAtner<br />

hemd & sneaker<br />

y-3<br />

hose<br />

GLAZe<br />

maske<br />

desi sAntiAGo<br />

rinGe<br />

1-100 & jiLL pLAtner<br />

142<br />

143


“<br />

Alles, was du tun musst,<br />

ist diesen Motherfuckern<br />

zeigen, dass du der Shit bist<br />

und dass es an der Zeit ist,<br />

auszubrechen!<br />

– a$ap rocky<br />

145<br />

ALEXANDER WANG: Wo bist du grad?<br />

A$AP ROCKY: In New York. Ich bereite mich auf<br />

die Rihanna-Tour vor.<br />

WANG: Wann geht’s los?<br />

ROCKY: Schon morgen. Sag mal, werden wir aufgezeichnet?<br />

Oder ist das <strong>Interview</strong> dann das, was du<br />

aufschreibst?<br />

WANG: Nein, nein. Ich denke, sie nehmen uns auf.<br />

ROCKY: Oh shit! Übrigens, Glückwunsch zu Balenciaga!<br />

WANG: Danke. Aber bei dir ist in letzter Zeit<br />

auch eine Menge passiert.<br />

ROCKY: Stimmt. 2012 fing es an, das war wahrscheinlich<br />

das wichtigste Jahr meines Lebens: Ich<br />

habe das erste Mal mit dir zusammenarbeiten dürfen.<br />

Ich habe Musikvideos gedreht. Die Modeindustrie<br />

respektiert mich und weiß, wer ich bin. Dann<br />

aber kam mein Album vorzeitig über illegale Kanäle<br />

an die Öffentlichkeit, und über Weihnachten habe<br />

ich meinen Vater verloren.<br />

WANG: Wow!<br />

ROCKY: Und es ging ja weiter. Ich war mit meinem<br />

Album auf Platz eins der Charts, und jetzt werde<br />

ich auch noch von meinem guten Freund Alex Wang<br />

interviewt. Sieht also so aus, als ob das Jahr in dieser<br />

Hinsicht wieder ein gutes Jahr wird.<br />

WANG: Als ich das erste Mal von dir hörte, war<br />

ich fasziniert von deinem aufrichtigen Interesse an<br />

Mode. Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir uns<br />

das erste Mal trafen. Du warst bei mir im Showroom<br />

und wusstest eigentlich alles über meine Arbeit, was<br />

man wissen konnte. Es ist immer schön, eine unmittelbare<br />

Verbindung zu jemandem herstellen zu können,<br />

der wirklich etwas von dem versteht, was man<br />

so erzählt. Und das, obwohl man aus verschiedenen<br />

Welten kommt.<br />

ROCKY: Du weißt, ich bin aus Harlem. Mode war<br />

also eine natürliche Sache für mich. Sie war für mich<br />

das Mittel, als Person aufzufallen. Dass ich die Aufmerksamkeit<br />

auf mich lenke, hat jedenfalls zum Teil<br />

mit meiner Mode zu tun.<br />

WANG: Ich weiß, dass du darüber gesprochen<br />

hast, deine Generation „revolutionieren“ zu wollen.<br />

Was meinst du damit?<br />

ROCKY: Eine große Sache im HipHop ist zum<br />

Beispiel das mit den Schwulen. Wir schreiben das<br />

Jahr 2013, und es ist eine Schande, dass es nach wie<br />

vor ein <strong>The</strong>ma ist, das die Leute aufregt. Es ist verrückt.<br />

Es macht mich wütend, weil es jeden im Hip-<br />

Hop dumm und beschränkt aussehen lässt – und das<br />

ist nicht der Fall. Wir haben Leute wie Jay-Z, wir<br />

haben Kanye. Wir haben Leute wie mich. Wir sind<br />

alle Musterbeispiele, die eben nicht so denken. Ich<br />

behandle jeden gleichberechtigt und möchte sicher<br />

sein, dass meine Fans, die mich ja letztlich repräsentieren,<br />

dasselbe tun. Und wenn ich sie repräsentiere,<br />

möchte ich das wiederum auch so gut machen, wie es<br />

eben geht.<br />

WANG: Damit zerstörst du einen Haufen stereotyper<br />

Vorurteile gegenüber HipHop.<br />

ROCKY: Ja, und es ist wichtig, dass die Leute sehen,<br />

dass ich wirklich aus dem Getto komme, denn,<br />

glaube mir, die Geisteshaltung ist dort teilweise echt<br />

übel. Aber jetzt sieht man, wie ich und andere Leute<br />

den Mund aufmachen und sagen: „Hey, Leute, der<br />

Spaß ist vorbei. Es ist kein Witz. Wir reden hier über<br />

Menschen.“ Mit dem Rassismus ist es das Gleiche. Es<br />

gab eine Zeit, da haben Leute im Flugzeug nach einem<br />

anderen Platz gefragt, nur weil die Person neben<br />

ihnen eine andere Hautfarbe, Religion oder Nationalität<br />

hatte. Ich glaube nicht, dass meine Generation<br />

das will. Ich glaube, das gehört der Vergangenheit<br />

an. Leute werden rassistisch, weil ihre Eltern<br />

und Großeltern ihnen diesen Scheiß in den Kopf<br />

setzen. Aber wir haben 2013. Jeder sollte sein Leben<br />

genießen können, schließlich lebt man nur einmal.<br />

Also will ich einfach das beste Vorbild sein, das ich<br />

sein kann, wenn ich schon in diesem Dilemma stecke.<br />

Ich meine, ich habe nicht darum gebeten, ein<br />

Vorbild zu sein. Ich bin nicht perfekt.<br />

WANG: Aber es braucht immer jemanden, der die<br />

Wände einreißt, damit die Leute aufmerksam werden.<br />

ROCKY: Mann, ehrlich gesagt, habe ich das Gefühl,<br />

dass die meisten meiner Träume bereits wahr<br />

geworden sind. Ich erinnere mich daran, wie ich das<br />

erste Mal in dein Büro kam. Ich war so aufgeregt,<br />

weil ich schon so oft versucht hatte, dich zu treffen.<br />

Was mich besonders fasziniert hat, war, dass du so<br />

jung bist. Das hat mir gezeigt, dass man jung sein<br />

kann und trotzdem bereits in der Lage, sein eigenes<br />

Unternehmen zu führen, sein Produkt zu managen.<br />

Das habe ich wirklich sehr an dir geschätzt. Ich bewundere<br />

es. Es beweist, dass wir jungen Leute es<br />

draufhaben und machen sollten, was wir wollen.<br />

WANG: Danke. Ich meine, du bist auch ziemlich<br />

jung – und machst unglaubliches Zeug.<br />

ROCKY: Ich versuche es zumindest.<br />

WANG: Ich würde dir gerne eine musikalische<br />

Frage stellen. In letzter Zeit hast du mit einem Haufen<br />

verschiedener Leute zusammengearbeitet. Was<br />

sind da die Kriterien?<br />

ROCKY: Mit Leuten wie Skrillex und Florence<br />

(Welch) zu arbeiten war ein ziemlich organischer<br />

Prozess. Ich wollte einfach etwas Unvorhersehbares<br />

machen, und ich denke, dass mir das mit Long.Live.<br />

A$AP auch gelungen ist. Ich wollte zeigen, dass ich<br />

nicht nur rappen, sondern auch gute Musik komponieren<br />

kann – sowohl für meine Generation als auch<br />

für Leute mit unterschiedlichen Backgrounds. Und<br />

auf jeden Fall war es auch eine Verbeugung vor der<br />

Mode welt. Natürlich ist Fashion Killa einer der beliebtesten<br />

Songs, weil er zeigt, wie sehr ich Fashion<br />

liebe. Deswegen musste ich dich auch vom Track herunter<br />

grüßen.<br />

WANG: Ich weiß das sehr zu schätzen. Danke.<br />

ROCKY: Weil es nicht so wirken sollte, als wollte<br />

ich auf Diskriminierung und dem Rassismusding<br />

rumreiten, habe ich für Suddenly, den letzten Track<br />

auf dem Album, diese Zeile aufbewahrt. (Rappt:)<br />

„<strong>The</strong>y try to blind our vision / But we all god’s children<br />

and siblings / You my brother, you my kin / Fuck<br />

the color of your skin“. Ich will einfach Dinge ansprechen,<br />

von denen die Leute nicht erwarten, dass<br />

ich sie anspreche. Dass ich über Drogen, Frauen,<br />

Alko hol und coole Jungs rede, das kennt man schon.<br />

Ich wollte endlich ernstere <strong>The</strong>men anschneiden, um<br />

vertraute Gefilde zu verlassen.<br />

WANG: Für mich war Musik schon immer eine<br />

große Inspiration. Sie geht Hand in Hand mit dem,<br />

was ich tue. Denkt man an Punk, Glam Rock,<br />

Grunge, HipHop oder was auch immer, sind einige<br />

der wichtigsten Entwicklungen der Mode von Musik<br />

inspiriert. Ich orientiere mich da besonders an jungen,<br />

aufstrebenden Musikern.<br />

ROCKY: Krass, dass du das sagst. Ich hätte nie gedacht,<br />

dass Musik eine so wichtige Rolle für dich<br />

spielt.<br />

WANG: Musiker sind das Inspirierendste, was ich<br />

mir vorstellen kann, weil bei ihnen Mode, Style und<br />

Performance gleichermaßen eine Rolle spielen. Der<br />

Look, den ein Musiker verkörpert, ist Teil seines<br />

Handwerks. Bei Schauspielern oder anderen Personen<br />

der Öffentlichkeit ist das anders, da geht es weniger<br />

um die Performance. Musiker instrumentalisieren<br />

Mode in einer völlig anderen Art und Weise. Ich<br />

weiß, dass du großer Fan des Labels Hood by Air<br />

bist, schließlich bist du für ihre Show in New York<br />

gelaufen. Erzähle mir was über die Zusammenarbeit.<br />

ROCKY: Hood by Air war eigentlich eine Straßenmarke,<br />

die schon seit einiger Zeit versuchte, was<br />

Größeres aufzustellen. Stilprägend, aber eben noch<br />

kein großes Ding. Mir gefiel es, weil es so ein Mix aus<br />

High-End-Fashion und Getto-Goth ist – Getto-<br />

Gothic-Lifestyle eben. Es sieht nach dem aus, was<br />

die Gangster in Gotham City tragen würden.<br />

WANG: Ich weiß, dass es die Marke schon länger<br />

gibt, und auch, dass ein gewisser Kult um sie existiert.<br />

Die haben einen wirklich originellen Blickwinkel.<br />

Aber ich denke trotzdem, dass du ihnen eine besondere<br />

Aufmerksamkeit beschert hast, und das rechne<br />

ich dir an. Die meisten Musiker und Celebrities verlassen<br />

sich lieber auf sichere Marken, die, wie man<br />

so sagt …<br />

ROCKY: … etabliert sind.<br />

WANG: Ja. Dass sich dann jemand für eine Marke<br />

oder Vision einsetzt, die noch in der Entwicklung<br />

steckt, ist großartig.<br />

ROCKY: Danke, Mann. Ich weiß das zu schätzen.<br />

Kann ich dir eine Frage stellen?<br />

WANG: Gern.<br />

ROCKY: Worauf freust du dich dieses Jahr?<br />

WANG: Du meine Güte. Oft denke ich, ich könnte<br />

am nächsten Morgen aufwachen und alles, was<br />

bisher war, wäre vorüber (lacht). Ich kann mir kaum<br />

vorstellen, dass es noch besser wird.<br />

ROCKY: Vielleicht ist das deine Methode, hungrig<br />

zu bleiben. Es ist immer einfach, sich bequem<br />

einzurichten. Man strengt sich erst an, wenn man<br />

weiter will.<br />

WANG: Man muss den Moment genießen, aber<br />

man darf dabei nicht vergessen, dass morgen alles<br />

vorbei sein könnte. Also muss man positiv denken<br />

und die Leute, die einen lieben und unterstützen,<br />

wertschätzen. Es gibt keinen anderen Weg zu leben.<br />

ROCKY: Das ist cool. Ich habe das Gefühl, wenn<br />

Leute anfangen, Druck auf einen auszuüben, dass<br />

man dann erst recht protzen muss. Angeben, weil<br />

man schließlich weiß, dass man der Shit ist. Ich bin<br />

letzten Endes derjenige, der jung ist. Ich repräsentiere<br />

die Kids, die nichts haben, aber alles verstehen und<br />

alles lieben. Das ist es, was ich repräsentiere – die<br />

Kids von morgen, die coolen Kids. Ich meine, wer<br />

hätte geahnt, dass ich zu dem werde, der ich geworden<br />

bin? Alles, was du tun musst, ist diesen Motherfuckern<br />

zeigen, dass du der Shit bist und dass es an<br />

der Zeit ist, auszubrechen! Weißte, was ich meine?<br />

WANG: Da solltest du eine Songzeile draus machen.<br />

ROCKY: Damit kann man einen ganzen Takt füllen.<br />

A$AP ROCKY IN DEUTSCHLAND:<br />

4. JUNI, DORTMUND, FZW<br />

5. JUNI, BERLIN, ASTRA KULTURHAUS<br />

6. JUNI, HAMBURG, DOCKS<br />

Photographer CRAIG McDEAN/ART + COMMERCE<br />

Make-up KARAN FRANJOLA FOR CHANEL/<br />

MAREK & ASSOCIATES<br />

Set Design STEFAN BECKMAN/EXPOSURE NY<br />

Retouching GLOSS STUDIO NEW YORK<br />

Digital Technician SALLY GRIFFITHS<br />

Photo Assistants SIMON ROBERTS,<br />

HUAN NGUYEN, MARU TEPPEI<br />

Styling Assistants JEAN HALL,<br />

ELIZABETH BAUGH, ALEXA LANZA<br />

Set Design Assistants YONI ZONSZEIN, WILL SQUIBB<br />

Special thanks DAVID SAMUEL MENKES<br />

SPECIALTY X-RAY, PIER 59 STUDIOS


François<br />

NARS<br />

FranÇois nars ist besessen von schönheit.<br />

schon als Junge begeisterte er sich ebenso für<br />

Yves Saint Laurent wie für die Designerkleider der Mutter.<br />

nachdem er jahrelang als Make-up-artist den Bildern<br />

von Steven Meisel, Helmut Newton und Bruce Weber<br />

das richtige rouge aufgelegt hatte, gründete er nars,<br />

seine eigene Beautyfirma. Und da François alles,<br />

nur nie schüchtern war, heißen bei ihm die nuancen<br />

gerne mal “orgasm”, “Deep throat” oder<br />

auch “sex Machine”<br />

von<br />

Linda EvangELista<br />

Porträt<br />

PAtrick demArchelier<br />

Styling<br />

kArl temPler<br />

146<br />

“<br />

Wir wissen gar nicht wirklich,<br />

was für eine Farbe ,orgasm‘ eigentlich ist.<br />

Deswegen ist sie so gut. Das ist weder<br />

Pink noch apricot noch orange<br />

”<br />

Mantel & HeMd<br />

GivencHy by<br />

riccArdo tisci<br />

Krawatte<br />

jil sAnder<br />

brille<br />

privat


7<br />

1<br />

Die Welt Des NarsissteN: 1 Chloe hurst iN Discovering the next<br />

superstars 2 MariaNNa rotheN iN Discovering the next<br />

superstars 3 Die Nars-Boutique iN los aNgeles. fotografiert<br />

voN Jesse teNorio 4 KristeN McMeNaMy für Nars, 2012.<br />

foto: fraNçois Nars 5 CassaNDra sMith iN Discovering the<br />

next superstars 6 JuDsoN harMoN iN Discovering the next<br />

superstars 7 giNta lapiNa für Nars, 2012. foto: fraNçois Nars<br />

2<br />

3<br />

4<br />

LINDA EVANGELISTA: Erinnerst du dich noch an unser<br />

erstes Treffen?<br />

FRANçOIS NARS: Natürlich erinnere ich mich.<br />

Und du?<br />

EVANGELISTA: Nein, ich erinnere mich an so<br />

gut wie gar nichts. Leute erzählen mir, wie die Dinge<br />

waren …<br />

NARS: Das geht nicht nur dir so.<br />

EVANGELISTA: Naomi (Campbell) erinnert sich an<br />

alles.<br />

NARS: Ja, weil sie über ein inneres Aufnahmegerät<br />

verfügt.<br />

EVANGELISTA: Genau, ein eingebautes. Ich hingegen<br />

höre mich ständig sagen: „Nein, daran erinnere<br />

ich mich nicht.“ Die schrecklichen Ereignisse meiner<br />

ersten Schauen sind mir allerdings noch gut im Gedächtnis<br />

geblieben. Damals habe ich mich furchtbar<br />

fehl am Platz gefühlt.<br />

NARS: Wirklich?<br />

EVANGELISTA: Ja, denn die anderen Mädchen waren<br />

alle richtige „Show­Girls“. Ich hingegen war noch<br />

gar nichts – weder Show­Girl noch Magazin­Mädchen.<br />

Ich war einfach nur die Neue.<br />

NARS: Also, ich werde deiner Erinnerung mal auf<br />

die Sprünge helfen. Wir haben uns bei einer Calvin­<br />

Klein­Show kennengelernt. Ich habe dein Make­up<br />

aufgetragen und war plötzlich irgendwie abgelenkt …<br />

EVANGELISTA: Jetzt kommt’s (lacht).<br />

NARS: Ich habe dich nachgepudert und mich<br />

während dessen mit Calvin unterhalten. Du hast gesagt:<br />

„Du musst dich konzentrieren.“ Am nächsten<br />

Tag habe ich Steven Meisel erzählt, dass ich mit einem<br />

Mädchen gearbeitet habe, das einfach himmlisch<br />

war. Ich konnte nicht richtig sagen, weshalb, aber es<br />

hat großen Spaß gemacht, dich zu schminken. Ich<br />

mochte deine Art. Steven hatte schon von dir gehört,<br />

aber ich war quasi der Erste, der sagte: „Du musst dieses<br />

Mädchen kennenlernen. Sie war tough, aber irgendwie<br />

hat mir das gefallen.“<br />

EVANGELISTA: Ich entschuldige mich dafür. Ich<br />

wusste nicht, dass du nachpudern kannst, ohne hinzusehen<br />

(beide lachen). An unser erstes Shooting in<br />

Stevens Studio erinnere ich mich übrigens noch.<br />

NARS: Ich habe mir größte Mühe gegeben, damit<br />

dir Make­up und Frisur gefallen.<br />

EVANGELISTA: Es waren sehr viele Mädchen gebucht.<br />

Als ich endlich an die Reihe kam, war ich total<br />

verunsichert, weil du die ganze Zeit von meinen<br />

Knien und meinem Zahnfleisch gesprochen hast. Ich<br />

dachte: „Die mögen mich nicht. Die ganze Zeit sagen<br />

sie, dass sie mein Zahnfleisch sehen können, wenn ich<br />

lache. Ich fliege hier noch raus.“<br />

NARS: Aber genau wegen dieser Dinge haben wir<br />

uns in dich verliebt.<br />

EVANGELISTA: Ich dachte, ihr würdet mich dafür<br />

kritisieren.<br />

NARS: Tatsächlich war es der Beginn einer langjährigen<br />

Zusammenarbeit. Ich weiß noch, wie ich einmal<br />

mit Steven telefonierte, weil es mir nicht gut ging.<br />

Ich hatte schlimmen Liebeskummer wegen irgendeines<br />

Freundes. Steven sagte: „Wir kommen jetzt zu<br />

dir.“ Ihr habt eine Modenschau für mich gemacht, und<br />

du bist mit nichts als einem Pelz bekleidet aufge treten.<br />

EVANGELISTA: Oh Gott!<br />

NARS: Steven hat dich angekündigt: „Hier kommt<br />

Elos (Evangelistas Spitzname).“ Du kamst hereingelaufen<br />

und hast deinen Mantel geöffnet, unter dem du<br />

nackt warst. Als Nächste kam Christy (Turlington) herein<br />

und öffnete ebenfalls ihren Mantel, unter dem sie<br />

nackt war, und dann kam Omi (Naomi Campbell). Ihr<br />

wolltet mich aufmuntern.<br />

“<br />

Ich habe noch<br />

nie verstanden,<br />

warum ein Make-up-<br />

Artist einen Koffer<br />

mit 300 Uten silien<br />

braucht. Manche von<br />

ihnen kommen<br />

geradezu mit<br />

Lastwagen voller<br />

Schminke an<br />

”<br />

– François Nars<br />

EVANGELISTA: So etwas würde ich für keinen anderen<br />

machen. Du weißt doch, wie prüde ich bin. Ich<br />

habe meine Brüste mit den Händen bedeckt, als du<br />

mich geschminkt hast (beide lachen).<br />

NARS: Ich weiß. Du hast immer versucht, alle<br />

nackten Stellen zu verdecken.<br />

EVANGELISTA: Mich interessiert, was du von den<br />

heutigen Mädchen hältst.<br />

NARS: Immer wenn man sagt, wie sehr man diese<br />

Zeiten damals geliebt hat, bekommt man zu hören:<br />

„Sei nicht so nostalgisch.“ Aber weißt du was? Das ist<br />

mir egal! Ich bin sehr nostalgisch. Ich denke, dass es<br />

auch heute gute Models gibt. Allerdings kann ich<br />

nicht sicher sagen, ob sie ihren Job auch lieben. Bei<br />

dir habe ich das immer gespürt. Du hast es geliebt,<br />

fotografiert zu werden.<br />

EVANGELISTA: Wie kann man denn gut in einer<br />

Sache sein, wenn man sie nicht gerne tut?<br />

NARS: Darling, das ist genau der Grund dafür,<br />

weshalb heute so viele Mädchen schon nach einem<br />

Jahr wieder von der Bildfläche verschwinden. Heute<br />

bleibt doch keine länger als ein, zwei Jahre.<br />

EVANGELISTA: Das stimmt doch nicht.<br />

NARS: Nenne mir eine aus der jüngsten Zeit, die<br />

sich länger als ein, zwei Jahre gehalten hat.<br />

EVANGELISTA: Natalia (Vodianova).<br />

NARS: Dann zeig mir ein aktuelles Bild von ihr.<br />

Da gibt es nicht viel. Vielleicht mal eine Anzeige …<br />

EVANGELISTA: Oder 20 Seiten in der Vogue.<br />

NARS: Okay, diese eine Strecke. Gott sei Dank.<br />

EVANGELISTA: Was ist mit Raquel (Zimmermann)?<br />

NARS: Ja, aber die sieht man auch nicht gerade<br />

ständig.<br />

EVANGELISTA: Weil sie sich Pausen gönnt.<br />

NARS: Das hast du nie getan.<br />

EVANGELISTA: Wir durften das auch gar nicht.<br />

Nicht eine einzige Minute.<br />

NARS: Ich glaube, genau deshalb wurden wir immer<br />

besser. Welches Mädchen schafft es heute noch,<br />

sich in eine Ikone zu verwandeln?<br />

EVANGELISTA: Karen Elson ist eine.<br />

NARS: Ja, aber Karen Elson kommt fast noch aus<br />

unserer Ära.<br />

EVANGELISTA: Es gibt dieses neue Mädchen,<br />

Cara. Die mit den Augenbrauen.<br />

NARS: Wie heißt die?<br />

EVANGELISTA: Cara Delevingne. Man sieht sie in<br />

allen Blogs und in der Daily Mail.<br />

NARS: Ach ja. Die ist noch neu für mich, deswegen<br />

kann ich nicht viel über sie sagen. Sie hat einen<br />

Look, das stimmt. Aber das reicht nicht aus. Vor dir<br />

gab es Leute wie Veruschka. Das waren Models, die<br />

bleiben. Es tut mir leid, aber heute sehe ich keine solchen<br />

Mädchen mehr.<br />

EVANGELISTA: Ich habe eine für dich: Kate Upton.<br />

NARS: Wer ist das?<br />

EVANGELISTA: Das Mädchen auf dem Titel der<br />

Sports Illustrated.<br />

NARS: Die kenne ich nicht. Keine Ahnung, wer<br />

das ist.<br />

EVANGELISTA: Wann hast du das erste Mal Makeup<br />

benutzt? Hast du dich an der Schminke deiner<br />

Mutter bedient?<br />

NARS: Ja. Wahrscheinlich habe ich sie zum ersten<br />

Mal an mir selbst ausprobiert – wie das eben jede Königin<br />

tut! (beide lachen)<br />

EVANGELISTA: Wie geht es deiner Mutter?<br />

NARS: Gut geht es ihr. Sie sieht toll aus – nach<br />

wie vor.<br />

EVANGELISTA: Fährst du noch nach Südfrankreich?<br />

NARS: Natürlich, oft. Vor allem im Sommer bin<br />

ich gerne im Haus meiner Eltern.<br />

EVANGELISTA: Warum bist du damals nach New<br />

York gezogen? Brauchte man in Südfrankreich keine<br />

Make­up­Artists?<br />

NARS: Ich glaube, ich hatte Südfrankreich einfach<br />

satt. Die New­York­Geschichte ist schnell erzählt: Ich<br />

arbeitete gerade mit Polly Mellen für die amerikanische<br />

Vogue. Sie war diejenige, die mir gesagt hat, dass<br />

ich nach Amerika kommen muss. Ich habe Polly geliebt,<br />

sie hatte Persönlichkeit. Außerdem kam sie aus<br />

einer Ära, die mich sehr fasziniert hat. Sie hatte mit<br />

Avedon ge arbeitet, in den Sechzigern. Als sie fragte,<br />

ob ich nach New York ziehen würde, um für das Magazin<br />

zu arbeiten, antwortete ich nur: „Das musst du<br />

mir nicht zweimal sagen.“<br />

EVANGELISTA: Und dann hast du selbst mit einigen<br />

dieser Legenden zusammengearbeitet. Wie war<br />

es mit Avedon?<br />

NARS: Es war toll.<br />

EVANGELISTA: Hättest du auch gern in einer anderen<br />

Zeit mit ihm gearbeitet?<br />

NARS: Ja, in den Sechzigern. Dicks Fotografien<br />

aus den Fünfzigern bis in die späten Sechziger hinein<br />

gefallen mir besser als das, was er in den Siebzigern<br />

und Achtzigern gemacht hat. Seine ikonischen Fotos<br />

stammen aus den Sechzigern. Er war jedenfalls eine<br />

lebende Legende. Es kam mir vor, als würde ich mit<br />

John Lennon arbeiten oder so.<br />

EVANGELISTA: Und wie war die Arbeit mit Mr.<br />

Penn?<br />

NARS: Genauso. Obwohl die beiden sehr unterschiedlich<br />

waren, sind beide Legenden. Sie haben<br />

nicht nur großartige Modefotografien, sondern auch<br />

6<br />

5<br />

149


sehr gute andere Arbeiten gemacht. Das macht sie unsterblich<br />

in der Welt der Fotografie.<br />

EVANGELISTA: Hast du jemals einen ihrer Drucke<br />

bekommen?<br />

NARS: Von Penn leider nicht. Einen hätte ich beinahe<br />

gekauft. Ich bereue, dass ich es nicht getan habe.<br />

EVANGELISTA: Weißt du, dass er sehr viele Drucke<br />

verschenkt hat?<br />

NARS: Ja, aber leider nie an mich.<br />

EVANGELISTA: An mich auch nicht (lacht). Mit dir<br />

konnte ich immer stundenlang dasitzen, ohne ungeduldig<br />

zu werden. Ich wusste, was du machst, während<br />

du gepinselt hast. Du hast mir zum Beispiel diese<br />

Lippen gemalt, die ich eigentlich nicht hatte.<br />

NARS: Ja, Lippen male ich gerne!<br />

EVANGELISTA: Die Bilder, für die wir zusammengearbeitet<br />

hatten, mussten nie nachbearbeitet werden.<br />

Heutzutage bearbeiten fast alle ihre Fotos.<br />

NARS: Ich war einfach besessen. Damals konnten<br />

sich Fotografen und Make-up-Artists eben nicht auf<br />

Postproduktion verlassen.<br />

EVANGELISTA: Das stimmt.<br />

NARS: Neulich habe ich mich mit Bruce Weber<br />

unterhalten, und er fragte: „Kannst du glauben, dass<br />

heute alles mit dem Computer gemacht wird? Ich mache<br />

nach wie vor alles analog.“<br />

EVANGELISTA: Das sieht man seinen Arbeiten an.<br />

Sie haben Seele. Arbeitest du mit Postproduktion,<br />

wenn du fotografierst?<br />

NARS: Natürlich, mittlerweile liebe ich es (lacht).<br />

Das ist wie mit Schönheits-OPs: Das Schwierige ist,<br />

es nicht zu übertreiben. Postproduktion erfordert viel<br />

Talent. Es ist außer Kontrolle geraten. Ich sitze immer<br />

daneben und sage ganz exakt, wie ich etwas haben<br />

möchte.<br />

EVANGELISTA: Was machst du heute denn nun am<br />

liebsten? Make-up? Fotografieren? Oder an deinen<br />

Kampagnen arbeiten?<br />

NARS: Ich tue das alles sehr gerne. Die einzelnen<br />

Bereiche sind für mich mittlerweile nicht mehr<br />

zu trennen. Aber ich könnte wohl nicht leben, ohne<br />

Make-up zu machen. Wenn ich eine Signierstunde<br />

veranstalte oder irgendeinen anderen öffentlichen<br />

Auftritt habe, überwältigt es mich immer wieder, wie<br />

unglaublich nett die Frauen sind, die kommen. Einige<br />

von ihnen kennen noch alle Nuancen aus meiner ersten<br />

Lippenstiftkollektion.<br />

EVANGELISTA: Machst du solche öffentlichen Auftritte<br />

gerne?<br />

NARS: Ich bin ziemlich schüchtern. In einem Laden<br />

vor 300 Leuten aufzutreten finde ich schon etwas<br />

überwältigend. Am liebsten arbeite ich mit einer kleinen<br />

Gruppe von Leuten im Studio. Aber diese Frauen<br />

zu treffen ist das Ganze wert.<br />

EVANGELISTA: Immer wenn ich sehe, wie neue<br />

Marken ihre Produkte nennen, will ich schreien, weil<br />

du es warst, der sich all diese verrückten Namen für<br />

seine Farben hat einfallen lassen. Das war Teil deines<br />

Konzepts.<br />

NARS: Manche geben sich große Mühe, aber ich<br />

glaube, ich denke mir noch immer die besten aus.<br />

Man muss das jedenfalls als Kompliment verstehen.<br />

EVANGELISTA: Also mich nervt es (beide lachen).<br />

NARS: Es ist schon schwer, sich auch nach 20 Jahren<br />

noch immer gute Namen einfallen zu lassen. Ich<br />

habe eine Liste, in die ich ständig neue Einfälle eintrage.<br />

Ich arbeite sogar im Schlaf.<br />

EVANGELISTA: Die Warhol-Kollektion, die du im<br />

letzten Jahr herausgebracht hast, war toll.<br />

NARS: Dann mach dich schon mal warm für die<br />

kommende. Das wird Guy Bourdin.<br />

EVANGELISTA: Oh mein Gott.<br />

NARS: Bourdin war einer der Fotografen, die mich<br />

dazu inspiriert haben, Make-up-Artist zu werden, und<br />

irgendwie hatte ich das Gefühl, ich müsse ihm jetzt<br />

mal Tribut dafür zollen.<br />

EVANGELISTA: Besitzt du eigentlich ein Bild von<br />

Warhol?<br />

NARS: Ich hatte mal eins, aber ich habe es verkauft.<br />

EVANGELISTA: Welches war das?<br />

NARS: Es war ein Mick Jagger.<br />

EVANGELISTA: Ohh.<br />

NARS: (lacht) Ja, das war ein guter.<br />

EVANGELISTA: Weißt du, welcher mein liebster<br />

Lippenstift ist?<br />

NARS: „Honolulu Honey“. Den werde ich niemals<br />

aus dem Sortiment nehmen.<br />

EVANGELISTA: Ich kann nur „Honolulu Honey“<br />

tragen. (Singt:) „Honey, where’d you get those eyes?“<br />

(beide lachen)<br />

NARS: Es macht mir immer noch solchen Spaß,<br />

Farbtöne zu kreieren.<br />

EVANGELISTA: Wie viel hast du mit „Orgasm“<br />

verdient?<br />

NARS: Wahrscheinlich Millionen (lacht).<br />

EVANGELISTA: Ist das dein Bestseller?<br />

NARS: Einer von ihnen. Ich bekomme die Zahlen<br />

immer genannt, aber eigentlich denke ich nie über<br />

Zahlen und Geld nach.<br />

EVANGELISTA: Glaubst du, „Orgasm“ hat dir den<br />

Warhol bezahlt?<br />

NARS: (lacht) Wahrscheinlich.<br />

EVANGELISTA: Es ist das einzige Rouge, das ich<br />

benutze. Jeder kann es tragen.<br />

NARS: Ich habe die Farbe entworfen wie jede andere<br />

auch. Ich hatte wirklich keine Ahnung, dass das<br />

so eine besondere Farbe werden würde. Und ich habe<br />

den Namen für sie einfach ausgesucht, so wie immer.<br />

EVANGELISTA: Na ja, es ist schon eine ziemlich<br />

orgiastische Farbe.<br />

NARS: Sogar Großmütter lieben „Orgasm“.<br />

EVANGELISTA: Letztens habe ich versucht, meinem<br />

Sohn ein pinkes Poloshirt zu kaufen. Er meinte,<br />

das sei eine Farbe für Mädchen. Ich habe trotzdem<br />

versucht, ihm zu erklären, dass jeder Pink tragen<br />

kann. Das hast du mir beigebracht.<br />

NARS: Wir wissen gar nicht wirklich, was für eine<br />

Farbe „Orgasm“ eigentlich ist. Deswegen ist sie so<br />

gut. Das ist weder Pink noch Apricot noch Orange.<br />

EVANGELISTA: Ich weiß, was für eine Farbe das ist.<br />

NARS: Ach so?<br />

EVANGELISTA: Es ist eine von den Farben, die du<br />

immer zusammengemischt hast, bevor du sie mir ins<br />

Gesicht geschmiert hast.<br />

NARS: Ja, vielleicht habe ich sie wirklich so gefunden.<br />

Ich habe noch nie verstanden, warum ein Makeup-Artist<br />

einen Koffer mit 300 Utensilien braucht.<br />

Manche von ihnen kommen geradezu mit Lastwagen<br />

voller Schminke an.<br />

EVANGELISTA: Und es wird immer verrückter.<br />

NARS: Ich brauchte nie so viel Zeug, stattdessen<br />

habe ich viel gemischt. Das ist doch das Tolle am<br />

Schminken – du mischst zwei Farben, um eine neue<br />

zu bekommen. Mit den Basisfarben kann man 40 neue<br />

Töne herstellen.<br />

EVANGELISTA: Es gibt immer große Aufregung,<br />

wenn du eine neue Kollektion auf den Markt bringst.<br />

Die Blogger drehen durch. Macht dir das Angst?<br />

NARS: Wir kriegen viel Aufmerksamkeit. Das<br />

ist nett.<br />

EVANGELISTA: Warum hast du Fabien ausgesucht,<br />

150<br />

um die Marke mit aufzubauen, als du NARS gegründet<br />

hast?<br />

NARS: Ich wusste sofort, dass es keinen Zweiten<br />

dafür gibt. Ich habe eine Art sechsten Sinn dafür, mir<br />

die richtigen Mitarbeiter auszusuchen. Ich glaube, das<br />

ist eines meiner wichtigsten Talente: Ich wusste immer,<br />

was oder wen ich wollte.<br />

EVANGELISTA: Ist das alles ein wahr gewordener<br />

Traum?<br />

NARS: Eine eigene Make-up-Linie zu besitzen?<br />

EVANGELISTA: Nein, zu bekommen, wonach man<br />

strebt.<br />

NARS: Ach so, das. Ja, natürlich.<br />

EVANGELISTA: Ich habe noch viele schöne – wenn<br />

auch sehr verschwommene – Erinnerungen an die<br />

Anfänge unserer Zusammenarbeit.<br />

NARS: Oh ja, das geht mir genauso. Vor allem<br />

habe ich noch jede Menge Videos von damals.<br />

EVANGELISTA: Wirklich? Oh mein Gott! Die muss<br />

ich sehen.<br />

NARS: Ich habe sie nie digitalisieren lassen.<br />

EVANGELISTA: Dann mach das doch mal.<br />

NARS: Dafür brauche ich einen Profi. Jemanden,<br />

dem ich vertrauen kann, der sie nicht alle dupliziert<br />

und verkauft oder ins Netz stellt. Damit muss man<br />

sehr vorsichtig sein. Auf diesen Tapes sind noch einige<br />

Schätze versteckt.<br />

EVANGELISTA: Was für ein Format haben die?<br />

NARS: Die stammen von dieser kleinen Kamera,<br />

die ich immer benutzt habe. Winzige Kassetten. Wie<br />

hießen die nochmal? V8? Nein, das ist ein Drink<br />

(beide lachen). Hi8? Na, jedenfalls hebe ich sie alle in<br />

einer trocken gelagerten Schachtel auf. Steven ist ganz<br />

wild darauf, sie zu sehen.<br />

EVANGELISTA: Apropos Videokameras – erinnerst<br />

du dich noch an diese Kamera, die wir mal zusammen<br />

auf der Straße gekauft haben?<br />

NARS: Oh Gott, ja, natürlich!<br />

EVANGELISTA: Wir liefen die Straße entlang und<br />

auf einmal kam dieser Typ an und rief: „Videokamera<br />

zu verkaufen! 200 Dollar!“ Und wir so: „Oh, yeah!“<br />

NARS: Wir haben nicht lange nachgedacht.<br />

EVANGELISTA: Aus irgendeinem Grund hatte ich<br />

200 Dollar Bares dabei. Ihr nicht, aber ihr habt trotzdem<br />

gesagt: „Lasst uns die kaufen.“ Auf dem Heimweg<br />

haben wir dann diskutiert, wer sie haben darf. Du<br />

wolltest sie unbedingt, aber ich habe protestiert: „Ich<br />

habe sie bezahlt!“<br />

NARS: Wir wollten sie alle!<br />

EVANGELISTA: Als wir sie auspackten, haben wir<br />

gemerkt, dass es ein Ziegelstein war! So viel haben<br />

Videokameras damals nämlich gewogen.<br />

NARS: Ja, der Typ hatte das Gewicht ziemlich gut<br />

berechnet.<br />

EVANGELISTA: Wir waren echt naiv. Na ja, das war<br />

in den Achtzigern … wir waren eben Landeier.<br />

NARS: Ach komm.<br />

EVANGELISTA: Danach hast du gesagt: „Oh, arme<br />

Elos. Jetzt hat sie 200 Dollar verloren!“ Und ich fragte:<br />

„Ich? Warum soll ich das alles zahlen?“ Ich wollte,<br />

dass wir teilen. 200 Dollar waren damals eine Menge<br />

Geld.<br />

NARS: Das sind sie auch heute noch – besonders<br />

für einen Ziegelstein.<br />

Make-up AYA koMATSu FoR<br />

NARS coSMETIcS/dEFAcTo, INc.<br />

Retouching GLoSS STudIo NEw YoRk<br />

digital Technician bRENdAN buRkE<br />

Photography Assistants Rob MASSMAN, EVAN LEE<br />

2<br />

4<br />

3<br />

1<br />

Nars attacks: 1 cassaNdra smith iN Discovering the next<br />

superstars, 2012 2 GiNta LaPiNa für Nars, 2012. foto: fraNçois<br />

Nars 3 Nars iN der Nars-Boutique, meLrose aveNue,<br />

Los aNGeLes, 2012. foto Grafiert voN stefaNie keeNaN<br />

4 iNNeNaufNahme aus der Nars-Boutique, Los aNGeLes, 2012.<br />

fotoGrafiert voN Jesse teNorio


1<br />

SUSANNE KAUFMANN<br />

Mit dem Hotel Post in Bezau leitet<br />

Susanne Kaufmann eines der<br />

schöns ten Hotels Österreichs.<br />

Ihre Kosmetiklinie entstand eigentlich<br />

neben bei, spielt aber bei immer mehr<br />

Frauen und Männern eine Hauptrolle<br />

Von VORARLBERG<br />

nach HONGKONG<br />

und zurück<br />

INTERVIEW: Sie sind weder Chemikerin noch<br />

Visagistin. Wie kamen Sie dazu, Ihre eigene<br />

Kosmetik marke zu gründen?<br />

SUSANNE KAUFMANN: In unserem Hotel Post<br />

gab es bereits in den 70er-Jahren eine Kurabteilung.<br />

Daraus entwickelte sich in den 90er-Jahren<br />

eine Beauty- und Wellnessabteilung. Wir haben<br />

damals auch versucht, selbst Masken herzustellen,<br />

aber ohne Erfolg. Man kann nicht einfach<br />

etwas zusammenrühren und sagen: „Hier, das ist<br />

jetzt Naturkosmetik.“ 2003 habe ich den Gedanken<br />

wieder aufgegriffen, weil wir doch so tolle<br />

natürliche Produkte aus dem Bregenzer Wald haben,<br />

die wir teilweise auch in der Küche nutzen.<br />

INTERVIEW: Wie überträgt man das auf eine Kosmetiklinie?<br />

KAUFMANN: Mir war es wichtig, dass sie so<br />

natür lich wie möglich, aber extrem wirksam ist.<br />

Wir schauen zuerst immer, was es an natürlichen<br />

Wirkstoffen aus der Umgebung gibt. Aber wenn<br />

wir etwas Tolles finden, was nicht direkt aus dem<br />

Bregenzer Wald kommt, sagen wir auch nicht<br />

Nein. Nur Konservierungsstoffe, Emulgatoren<br />

und Farbstoffe findet man bei uns nicht. Und<br />

ganz wichtig: Die Sachen sollten so gut aussehen,<br />

dass man sie sich gerne ins Badezimmer stellt.<br />

INTERVIEW: Was muss denn Naturkosmetik leisten?<br />

Falten wegmachen kann sie auch nicht,<br />

oder?<br />

KAUFMANN: Falten wegmachen sicher nicht,<br />

aber sie reduzieren schon. Was sie aber vor allem<br />

kann, ist zum Beispiel Falten vorbeugen. Es<br />

kommt auch immer drauf an, was man für ein<br />

Versprechen gibt. Wenn du sagst, deine Kosmetik<br />

wirkt klärend, dann muss sie das auch können.<br />

Etwas zu verkaufen, was die versprochene<br />

Wirkung nicht einhält, bringt es einfach nicht.<br />

INTERVIEW: Kann eine Creme für 250 Euro<br />

zehnmal so viel wie eine Creme für 25 Euro?<br />

KAUFMANN: Bei uns ja. Ich sag immer zu unserem<br />

Entwickler: Mach eine Creme und hau nur<br />

das Beste und das Teuerste rein, was du finden<br />

kannst.<br />

INTERVIEW: Die seltensten Kräuter der Welt?<br />

KAUFMANN: Nein, in diesem Segment hört es<br />

dann irgendwann auf mit den Kräuterkomplexen.<br />

Aber wir nutzen auch hier natürliche Wirkstoffe<br />

und potenzieren sie.<br />

SUSANNE<br />

KAUFMANN<br />

<strong>Interview</strong><br />

HEIKE BLÜMNER<br />

ZUM ZEHNJÄHRIGEN:<br />

LIPPENSTIFT<br />

VON USLU<br />

AIRLINES FÜR<br />

SUSANNE<br />

KAUFMANN<br />

Auf die 12!<br />

LIPPENSTIFT,<br />

GLOSS UND<br />

BALM IN<br />

EINEM – VON<br />

NUDE ÜBER<br />

PINK BIS<br />

SCHOKOBRAUN<br />

BEAUTY<br />

On BEAUTY<br />

Cara Phillips kennt die Beauty-Industrie<br />

buchstäblich von Kindesbeinen an, als<br />

sie für die renommierte Modelagentur<br />

von Eileen Ford lief. Später arbeitete sie<br />

als Make-up-Artist in Department-<br />

Stores, um dann noch mal die Schulbank<br />

zu drücken und Fotografie zu studieren.<br />

Die Ausstellung On Beauty<br />

besteht aus zwei Serien, die sich mit der<br />

Frage nach Schönheit, Narzissmus und<br />

idealisierten Schönheitsbegriffen auseinandersetzen.<br />

Für die Porträtserie<br />

Ultraviolet Beauties nutzte die amerikanische<br />

Künstlerin eine Technik der UV-<br />

Licht-Fotografie, die normalerweise<br />

Hautärzte verwenden, um tiefer in der<br />

Haut liegende Sonnenschäden sichtbar<br />

zu machen. Die Mängel, die in ihren<br />

Porträts zu Tage treten, stehen in hartem<br />

Kontrast zum herrschenden<br />

Schönheitsideal. Die zweite Serie Singular<br />

Beauty (Foto) ist eine typologische<br />

Studie von Räumen in Schönheitskliniken,<br />

von Apparaten und<br />

Instrumenten, die man braucht, um die<br />

empfundene eigene Unzulänglichkeit<br />

zu korrigieren.<br />

„SPRAY NO. 2 LE VOLUME”,<br />

UM 45 EURO, VON DAVID MALLETT<br />

2„SPRAY-A-PORTER”,<br />

UM 24 EURO,<br />

VON KÉRASTASE<br />

152<br />

DIE HEILIGE LIP-<br />

GLOSS-DREIFALTIG-<br />

KEIT: GLANZ, FARBE<br />

UND GESCHMACK<br />

Sie<br />

heißen<br />

Loved Up,<br />

Pretty<br />

Poppy,<br />

Hug Me<br />

oder Va Va Voum:<br />

die zwölf sensationellen<br />

Nuancen<br />

der “Soft Sensation<br />

Lipcolor Butter”<br />

Von ASTOR, um 7 Euro<br />

VOM 1. JUNI BIS 31. JULI IN DER<br />

GALERIE ROBERT MORAT, HAMBURG<br />

Pump up the Volume ODER<br />

Le nouveau Coiffeur Français<br />

Nach über 40 Jahren luxuriöser Haarpflege überrascht die französische<br />

Marke Kérastase jetzt mit einer neuen Stylingserie. Der<br />

international renommierte Hairstylist Luigi Murenu hat dabei in der<br />

Entwicklungsphase beraten. Die neue Serie „Couture Styling“ bietet<br />

elf Produkte, die Volumen schaffen, Locken modellieren oder<br />

Glanz verleihen. Apropos Volumen: Auch der Pariser Star-Friseur<br />

David Mallett widmet sich mit seinem ersten<br />

Stylingprodukt der Haarfülle. Sein Spray unterstützt feines<br />

Haar, ohne es zu beschweren.<br />

Fotos: Susanne Kaufmann Kosmetik GmbH (2); PR ; Stefan Heinrichs<br />

SAUBERE SACHE<br />

Diese Bürste reinigt sanft, aber effektiv GESICHT und KÖRPER<br />

NICHT NUR<br />

SAUBER, SONDERN<br />

REIN: DER OSZILLIERENDE BÜRSTENKOPF<br />

DREHT SICH 300-MAL PRO SEKUNDE!<br />

„Le Vernis Nr. 657 Azuré“ von Chanel,<br />

um 24 Euro. „5 Couleurs Nr. 374 Blue<br />

Lagoon“ von Dior, um 55 Euro. „Lisse<br />

Minute Baume Cristal Nr. 08<br />

Crystal Berry“ von Clarins,<br />

um 23 Euro (limitiert)<br />

SCHÜTZT DIE HAUT UND DAS MEER:<br />

LIMITIERTE AZURBLAUE „CRÈME<br />

DE LA MER” ZUM WORLD OCEANS DAY<br />

(100 ML UM 355 EURO).<br />

WEITERE INFOS UNTER:<br />

WWW.LAMER.COM/WORLDOCEANSDAY<br />

BEAUTY-TALK<br />

NICOLE HOGERZEIL<br />

AQUA,<br />

TÜRKIS,<br />

AZUR –<br />

Sommer<br />

Die Berliner Boutique Schwarzhogerzeil ist Anlaufstelle für stilbildende Frauen aus der<br />

ganzen Welt. Die Besitzerin Nicole Hogerzeil, die unter anderem Isabel Marant nach<br />

Deutschland brachte, hat ein sicheres Gespür für Trends, die kommen und nicht sofort<br />

wieder gehen<br />

INTERVIEW: Womit haben Sie sich als junge Frau zuerst geschminkt?<br />

NICOLE HOGERZEIL: Mit Lippenstiften von Pupa, die gab es damals in einem<br />

Laden in Hamburg. Sie hatten eine rote Verpackung mit Spiegel. Geschminkt<br />

hat man sich ja damals wie verrückt mit Kajal, Make-up, Puder, und das zu einer<br />

Zeit, in der man es ja gar nicht hätte machen müssen.<br />

INTERVIEW: Und heute?<br />

HOGERZEIL: Nur ein bisschen Rouge oder einen Lippenstift, wenn ich ausgehe.<br />

Ich benutze „Rouge Coco Shine“ von Chanel. Damit sieht man aus, als hätte<br />

man keinen Lippenstift drauf, sondern richtig gut durchblutete, volle Lippen.<br />

INTERVIEW: Sind Sie, was Ihre Pflege angeht, eher ein konservativer oder experimenteller<br />

Typ?<br />

HOGERZEIL: Ich probiere gerne Sachen aus, aber ich benutze inzwischen nur<br />

noch Naturkosmetik. Allerdings muss man sich an die erst gewöhnen. Die<br />

SKIN SKIN<br />

SONIC SONIC<br />

CLEANSING<br />

CLEANSING SYSTEMS von CLARISONIC:<br />

CLARISONIC: Gerät Gerät ab ab 150 150 Euro,<br />

Euro. Euro.<br />

25 25 individueller<br />

um um<br />

Bürstenkopf<br />

Bürstenkopf<br />

BEAUTY<br />

Wenn die Temperaturen steigen, steigt auch das Verlangen nach<br />

frischen Nuancen: Diors „Eau Délice“ (ab 50 Euro)<br />

überzeugt mit der fruchtigen und leichten Note köstlicher<br />

Cranberrys, Prada kühlt mit duftender Minze, und Cartier<br />

lässt uns an gerade gepflückte Rosen denken.<br />

PHOTOSHOP À LA CREME<br />

COLOUR CORRECTOR ist das Stichwort<br />

für diese Creme. Eine farbkorrigier ende<br />

Formel sorgt dafür, dass blasse, fahle<br />

Haut einen rosigen Glow bekommt und Rötungen<br />

und Unebenheiten ausgeglichen werden.<br />

Zudem schützt der hohe Lichtschutzfaktor vor<br />

Sonnenschäden. Der klassische Moisture Surge<br />

Cocktail spendet viel Feuchtigkeit.<br />

153<br />

Die neue Leichtigkeit3<br />

„MOISTURE SURGE CC CREAM SPF 30 HYDRATING COLOUR<br />

CORRECTOR” VON CLINIQUE, UM 30 EURO, EXKLUSIV BEI DOUGLAS<br />

„L’EAU D’IRIS”<br />

VON PRADA, UM 70 EURO<br />

„GOUTTE DE ROSE”<br />

VON CARTIER, AB 50 EURO<br />

Cremes ziehen zum Beispiel nicht so schnell ein, aber dafür fühlt sich die Haut<br />

gut an, und die Produkte haben keinen aufdringlichen Duft.<br />

INTERVIEW: Verkaufen Sie bei Schwarzhogerzeil auch Kosmetik?<br />

HOGERZEIL: Ja, This Works, das ist Naturkosmetik aus London. Die haben unkonventionelle<br />

Produkte wie zum Beispiel die Fußcreme „perfect<br />

heels rescue balm“, die nicht fettet und vor Blasen<br />

schützt.<br />

INTERVIEW: Welche Behandlungen empfehlen Sie in<br />

Berlin?<br />

HOGERZEIL: Die beste Maniküre und Pediküre gibt’s<br />

im Soho House. Es geht schnell, die wickeln alles in<br />

Folie ein. Einfach bombig.<br />

INTERVIEW: In Ihren Shop kommen jede Woche<br />

Hunderte Frauen. Sehen Sie einen neuen<br />

Beauty-Trend?<br />

HOGERZEIL: Ich sehe, dass viele Frauen ungeschminkt<br />

sind. Hier gehört das zum<br />

Look dazu. Ich erkenne sofort, wenn Frauen<br />

aus anderen Städten kommen, weil sie<br />

oft geschminkt sind. Und zwar das volle<br />

Programm.<br />

NATURAL BEAUTY:<br />

NICOLE HOGERZEIL


Der Orient-<br />

EXZESS<br />

PURE COLOR ILLUMINATING POWDER<br />

GELÉE HEAT WAVE<br />

Die microfein vermahlenen Farbpigmente setzen<br />

gezielt schimmernde Akzente an Wangen, Stirn und<br />

Kinn. Von Estée Lauder, um 42 Euro (limitiert).<br />

SUBLIMAGE LE FLUIDE<br />

Die zarte Emulsion ist eine umfassende Anti-Aging-Pflege<br />

mit Auszügen aus der grünen Vanilleschote und einer<br />

mattierenden Eigenschaft. Von Chanel, um 228 Euro.<br />

Beauty<br />

Diskutiert werDen: Düfte, farBen<br />

unD Der sonne neuester LieBhaBer<br />

TOUCHE ÉCLAT COLLECTOR 2013<br />

Die limitierte Editon des magischen Stifts erinnert an<br />

eine kristallverzierte Abendrobe aus Monsieur Laurents<br />

legendärer “Edition Soir”. Von YSL, um 35 Euro.<br />

PREMIER CRU THE EYE CREAM<br />

In dieser Anti-Aging-Augenpflege steckt die ganze<br />

Kraft des Weines: Polyphenole, Resveratrol-Oleyl und<br />

Viniferine. Von Caudalie, um 56 Euro.<br />

NAIL LACQUER 17 SILVER SMOKE<br />

Feinste schillernde Farbpigmente lassen die<br />

Nägel glänzen, als wären sie aus flüssigem Metall.<br />

Von Tom Ford, um 30 Euro.<br />

SAHARA NOIR<br />

Exotisch und opulent duftet Tom Fords Ode an die<br />

Kostbarkeiten der Arabischen Halbinsel. Mit Weihrauch,<br />

Oud und Rosenabsolu. Von Tom Ford, um 130 Euro.<br />

154<br />

eine kolumne von Bettina Brenn<br />

Auf meiner persönlichen Favoritenliste stehen<br />

zwar einige, aber vergleichsweise<br />

doch wenige Parfüms, wenn man bedenkt,<br />

dass jährlich pro Saison etwa 40 Düfte auf<br />

den Markt kommen. Ich nehme das ganze Jahr über<br />

immer wieder mal Guerlains „Shalimar“ und Kenzos<br />

„Amour“. Und in diesen Tagen, wo die Temperaturen<br />

endlich wieder ansteigen, greife ich gerne wieder zu<br />

den frischeren Kollegen in meiner Truhe, ganz vorn<br />

dabei das „L’Eau“ von Serge Lutens und „Ninféo<br />

mio“ von Annick Goutal. Umso irritierter bin ich, dass<br />

meine Nase in diesem Jahr bei immerhin 20 Grad und<br />

funkelndem Sonnenschein vor allem den Neuen von<br />

Tom Ford zu mögen scheint. Er heißt „Sahara Noir“<br />

und riecht auch so: unmissverständlich extremer<br />

Weihrauch, orientalisch, sehr gehaltvoll! Und ein ausgewiesener<br />

Sommerduft. Wie bitte? Schweres Parfüm?<br />

Orientalisch-opulent? Bisher haben wir gedacht,<br />

dass im Sommer leichte, frische Eaux de Toilette den<br />

Parfüms den Rang ablaufen, dass Sonne und viel ätherisches<br />

Öl einfach nicht zusammenpassen.<br />

Bei weiteren Recherchen wird klar: kein Einzelfall!<br />

Ob Byredo, Terry de Gunzburg, Maison Francis<br />

Kurkdjian – gerade die Nischenmarken, die dem<br />

Mainstream stets ein Tick voraus sind, setzen auf opulente,<br />

harzige, golden schimmernde Düfte für diese<br />

Sommersaison. Ebenso wie in anderen Beautybereichen:<br />

„Cool Gold“ für Teint und Augen bei Chanel,<br />

ein Herz aus Gold bei Clarins Sonnenpuder, Kanebos<br />

„Ultimate“-Serie schimmert transparent in hellem Or.<br />

Es ist eben doch nur Gold, was wirklich glänzt. Und<br />

Tatsache ist: Unsere Haut liebt Gold. Nichts schmeichelt<br />

ihr mehr als ein warmer, sanfter Schimmer, der<br />

das Licht reflektiert, als eine strahlende Hülle, die aussieht,<br />

wie von der Sonne geküsst. Für jede Haut, für<br />

jeden Ton gibt es in dieser Saison die passenden Produkte,<br />

mal gelblicher, mal bronziger, mal intensiver<br />

oder mal heller für den „Hamptons Look“.<br />

Denn im Sommer werden auch für unsere Hautfarbe<br />

Trends ausgerufen. „Tanning ist das geworden,<br />

was Taschen, Schuhe, Haar, Make-up und Nägel vorher<br />

waren: ein It-Accessoire.“ Das verriet Nichola Joss<br />

– ihres Zeichens Skin-Finishing-Expertin (was es für<br />

Berufe gibt!), die für die perfekten Gold-Shades auf<br />

den Laufstegen sorgt, zum Beispiel bei der London<br />

Fashion Week für Erdem, Mary Katrantzou und Henry<br />

Holland. Stylish skin!<br />

Vermutlich gibt es auch noch einen anderen<br />

Grund für die Orient-Gold-Mission in der Beautyund<br />

Mode welt: die Touristen aus den Golfstaaten, die<br />

seit einigen Jahren vermehrt im Frühjahr und Sommer<br />

westliche Großstädte bereisen und zu ausgedehnten<br />

Shoppingtouren in London, München und<br />

New York einfliegen. Ihre Vorliebe für Gold und<br />

exklusive Düfte ist bekannt. Sie ist in ihrer Kultur<br />

seit Jahrtausenden tief verwurzelt, und der Orient<br />

war schon in der Antike das Handelszentrum der<br />

Parfümöle. In Amerika und Europa werden diese<br />

Traditionen nun modern interpretiert. Meinetwegen<br />

sehr gern.<br />

foto MichaeL Mann<br />

styling christian kLeeMann<br />

Sichern Sie sich Ihr Exemplar der limitierten Juni-Ausgabe 2013 mit Kunst-Cover und<br />

enthaltenem Kunstdruck Lingerie Model von George Condo unter: www.interview.de/einzelheft,<br />

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Helmut Newton, French Vogue, Monte Carlo 1980 © Helmut Newton Estate


kurzgeschichte<br />

kurzgeschichte<br />

Die Leidenschaft hatte<br />

sich ganz und gar unauffällig<br />

aus ihrem<br />

Leben verabschiedet.<br />

Es war wie mit den Körnern einer<br />

Sanduhr. Man merkt nicht viel,<br />

bis sie alle durchgeronnen sind.<br />

Und nun blieb selbst die Paartherapeutin,<br />

die sie in ihrer Not aufsuchten,<br />

ratlos, obgleich sie eine<br />

überraschend hohe Anzahl an<br />

Problemen in ihrer Beziehung<br />

aufdeckte. Eva vermutete jedoch,<br />

dass Frau Dr. Maag sie bisweilen<br />

mit einem anderen Paar verwechselte.<br />

Einem, das den anderen<br />

nicht schlucken hören konnte,<br />

ohne wütend zu werden, etwa.<br />

Aber Eva und Josh konnten nicht<br />

viel Schlechtes aneinander erkennen.<br />

Sie waren, seit sie die 30<br />

überschritten hatten, nicht einmal<br />

viel unattraktiver geworden. Kein<br />

graues Haar hatte sich in Evas<br />

mokkabraunen Bob geschlichen,<br />

und das Bier hatte Joshs Bauch<br />

kaum vergrößert. Er war kein<br />

großer Mann, dafür hatte er eine<br />

geschmackvoll gebogene, ausdrucksstarke<br />

Nase, lichtgraue,<br />

melancholisch geformte Augen<br />

und strahlte Ruhe aus. Eva hingegen<br />

hatte eine kleine, unsichtbare<br />

Nase, schöne Brüste, Beine und<br />

Hände. Und er hörte ihrer rauen<br />

Stimme gerne zu. Alle taten das.<br />

Auch die komischen Musikschüler,<br />

die sich auf ihre Annoncen<br />

meldeten. Sie kamen wegen ihrer<br />

Stimme am Telefon. Sie hätten<br />

jedes Instrument gelernt.<br />

Josh und Eva wollten gerne zusammenbleiben,<br />

sie hofften, dass<br />

sie das, was sie aus Versehen verloren<br />

hatten, wiederfinden konnten.<br />

Sie waren eben nur gerade,<br />

seit einem oder zwei Jahren, nicht<br />

mehr glücklich miteinander. Um<br />

sich zu vermissen, sahen sie sich<br />

lange nicht. Dann räumten sie<br />

Unermesslich<br />

wunderbar<br />

ihre Wohnung so um, dass jeder<br />

sein eigenes Zimmer bekam und<br />

den anderen fragen musste, wenn<br />

er bei ihm „übernachten“ wollte.<br />

Sie verreisten zusammen in den<br />

Süden und Osten. Irgendwann<br />

folgten sie sogar dem Rat eines<br />

spirituell versierten Bekannten,<br />

ihre Körper ganz ohne begleitende<br />

Worte oder Gedanken miteinander<br />

sprechen zu lassen. Sie legten<br />

ihre Kissen nah an-einander,<br />

stiegen ins Bett und zogen sich<br />

aus. Sie blickten an die Raufaserdecke,<br />

die sie schon so lange hatten<br />

abziehen wollen, und schlossen<br />

die Augen für eine Weile.<br />

Aber ihre Körper schwiegen. Und<br />

so sprach und dachte Eva doch<br />

wieder mit Kopf und Mund.<br />

von<br />

Sonja HeiSS<br />

„Komm, wir tun es einfach.“<br />

Sie legte sich auf Josh.<br />

„Ich bekomm keine Luft<br />

mehr“, presste er heraus.<br />

„Ich kann ja ein bisschen nach<br />

unten rutschen.“<br />

„Oh nee, jetzt liegst du mit<br />

deinem Gewicht auf meiner Lunge<br />

oder so. Das fühlt sich an wie<br />

ein Laster auf meinem Brustkorb.“<br />

„Vielen Dank, sehr nett.“<br />

„Das war eine Metapher.“<br />

„Früher hast du mich mit Blumen<br />

verglichen und jetzt mit<br />

Schwertransportern. Danke auch.“<br />

Sie rollte sich niedergeschlagen<br />

von ihm runter, er strich ihr über<br />

den Arm wie einem kranken Kind.<br />

Die Phase der Autonomie begann.<br />

Würde jeder sein Leben leben,<br />

würden sie sich vielleicht wieder<br />

ineinander verlieben, als kannten<br />

sie sich gar nicht schon Jahre. Es<br />

war anstrengend, dem anderen<br />

immerfort Selbstständigkeit zu<br />

beweisen. Blieb man beispielsweise<br />

alleine zu Hause, dann war man<br />

der einsame Verlassene, und das<br />

wollte keiner sein. So gingen sie<br />

aus, selbst wenn sich ihre Augenlider<br />

brennend auf ihre rot geäderten<br />

Augäpfel legten, und tranken<br />

gegen die Müdigkeit, bis<br />

selbst der Weißwein und der<br />

Wodka nicht mehr halfen und Eva<br />

schließlich, fast wie durch Zufall,<br />

auf ein effektiveres Mittel stieß.<br />

Sie steckte ihre Finger verstohlen<br />

und nun schon zum zweiten Mal<br />

in das Tütchen mit dem amtspapiergrauen<br />

Pulver, das der Typ<br />

mit den gardinenringgroßen<br />

Locken und den Augen von der<br />

Farbe von Rahmspinat auf den<br />

Couchtisch geworfen hatte. Sie<br />

wusste nicht genau, wer er war,<br />

sein MDMA-Pulver aber war toll.<br />

Und die Decke über der Couch,<br />

die ihm wahrscheinlich seine<br />

Großmutter gehäkelt hatte, auch.<br />

Eva räkelte sich im lieblosen Halogenlicht<br />

auf dem altmodischen<br />

Häkelplaid. Mit jeder Sekunde,<br />

Minute oder vielleicht auch Viertelstunde<br />

schienen ihr die bunten<br />

Quadrate, in die es unterteilt war,<br />

heller zu leuchten. Das Waldmeistergrün<br />

gefiel ihr besonders<br />

gut. Vorsichtig berührte sie es und<br />

war sehr angetan vom Kratzen der<br />

borstigen Wolle auf ihrem Zeigefinger.<br />

Sie rieb ihre Wange an der<br />

Decke, und mit einem Mal wurde<br />

ihr eines klar: Wolle war atemberaubend,<br />

sie war sogar unermesslich<br />

wunderbar. Sie musste mit<br />

den anderen sofort darüber sprechen.<br />

Aber auch ihre Freundin<br />

und der immer attraktiver werdende<br />

Typ, an dessen Namen sie<br />

sich nicht mehr erinnerte, spürten<br />

gerade intensiv diversen Strukturen<br />

nach. Der Lockige schmiegte<br />

sich genussvoll in den muffigen<br />

Kunstledersessel, ihre Freundin<br />

rieb ihren fleischigen Rücken und<br />

ihren kupferroten, feinen Schopf<br />

an der Cordcouch, spürte ihren<br />

gereizten Haarwurzeln und der<br />

elektrischen Aufladung ihrer Haare<br />

nach. Eva beugte sich zu ihr,<br />

schob ihre Hand unter ihr T-Shirt<br />

und steckte ihre Finger zwischen<br />

die Speckröllchen, die sich über<br />

dem hochsitzenden Slip ihrer<br />

wunderbar weichen, alten Freundin<br />

drängten. Haut war das Beste,<br />

was Eva je in ihrem Leben angefasst<br />

hatte. Und noch dazu war<br />

keine Haut je so gut gewesen wie<br />

diese. Und das mütterliche, geschmeidige<br />

Körperfett erst.<br />

„Ich will mitmachen“, sagte der<br />

Lockige in Zeitlupe. Er schob<br />

Evas Kleid hoch und fasste an ihre<br />

grapefruitgroßen, wollweißen<br />

Brüste. „Die gucken ein bisschen<br />

traurig“, sagte er. Eva dachte, dass<br />

nicht viele Menschen so wunderbare<br />

Freunde hatten wie sie. Der<br />

hübsche Kerl beteuerte ihr auch<br />

noch seine Liebe, obgleich sie sich<br />

erst vor drei Stunden kennengelernt<br />

hatten. Doch er schien es<br />

wirklich ernst zu meinen. Küssend<br />

sanken sie auf den abgelaufenen<br />

Teppichboden, nahmen die Freundin<br />

in ihre Mitte und hörten für<br />

eine lange Weile nicht mehr damit<br />

auf, sich gegenseitig zu fühlen.<br />

Aber Eva fiel irgendwann<br />

ein, dass auch<br />

Josh unbedingt hier<br />

mitmachen musste.<br />

„Du musst hierherkommen, es ist<br />

das Tollste und Wahnsinnigste,<br />

was ich je erlebt habe. Bitte!“, rief<br />

sie ins Telefon und hielt ihn zur<br />

Eile an. Noch auf der Türschwelle<br />

drückte sie ihr Gesicht an seinen<br />

winterkühlen Hals und strich ihm<br />

wild über den Kopf. Sie sagte:<br />

„Deine Haare fühlen sich so toll<br />

an, Josh. Wahnsinn. Und dein<br />

Kopf ist so rund irgendwie. So toll<br />

dein Kopf. Das wusste ich gar<br />

nicht. Hab ich noch nie deinen<br />

Kopf angefasst?“<br />

„Doch, ich glaub schon.“<br />

Im ersten Moment genoss er es,<br />

so begeistert war sie lange nicht<br />

von ihm gewesen. So ehrlich hatte<br />

sie ihn Jahre nicht mehr berührt.<br />

Aber er bemerkte bald Evas Haarnest<br />

am Hinterkopf, sie musste<br />

gelegen haben, wahrscheinlich<br />

hatte sie sogar Sex gehabt. Der<br />

Gedanke stach. Er nahm ihre verflusten<br />

Kleider wahr und ebenso<br />

die Krümel Wimperntusche auf<br />

ihren Wangen. Ihr Lächeln aber<br />

war beeindruckend zufrieden. Er<br />

musste jetzt auch schnell etwas<br />

von dem Pulver auf dem Couchtisch<br />

nehmen, dachte er, und vielleicht<br />

auch die blauen Pillen, die<br />

danebenlagen. Er würde ihren Sex<br />

mit den anderen vergessen und<br />

ebenso lächeln wie alle hier.<br />

Er genoss den bitteren Geschmack<br />

des Pulvers, das er sich<br />

gierig vom Finger leckte, versuchte<br />

sich sein Unwohlsein nicht anmerken<br />

zu lassen und lehnte sich<br />

voll Ungeduld zurück. Eva knabberte<br />

derweil an den Ohrläppchen<br />

des gelockten Mannes herum, in<br />

dessen Wohnung sie waren. Der<br />

Typ stöhnte leise. Dann wühlten<br />

sie mit ihren Zungen ineinander<br />

wie Teenager im Chaos der Hormone.<br />

Josh nahm sich eine der<br />

blauen Tabletten. Er konnte den<br />

Speichel des lockigen Mannes auf<br />

dem Kinn seiner Freundin glänzen<br />

sehen. Er entschied sich für<br />

eine zweite Pille. Aber immer noch<br />

passierte nichts. Evas pummelige<br />

Freundin bat ihn, nichts mehr zu<br />

nehmen. Er solle einfach sie küssen.<br />

Doch er nahm lieber noch<br />

eine Pille und steckte seine mit<br />

Spucke benetzen Finger wieder<br />

tief in den Beutel mit dem MDMA.<br />

Und endlich legte sich das gute<br />

Gefühl über ihn. Er leuchtete von<br />

innen und sagte zu seiner Freundin:<br />

„Ich liebe dich.“<br />

„Ich dich auch!“, erwiderte<br />

Eva. Sie löste sich von dem Mann<br />

mit den Locken und berührte Josh<br />

hingebungsvoll. Endlich hatten<br />

sie das Verlorene wiedergefunden,<br />

dachte er. MDMA sei toll, sagten<br />

sie einander. Sie hätten es schon<br />

immer nehmen sollen. Josh<br />

nahm seine glühenden Hände von<br />

seiner warmen Freundin, er fühlte<br />

sich wie ein fiebriges Kleinkind,<br />

schwitzte und zitterte leicht. Er<br />

hatte einen kochenden Glücksball<br />

in seinem Oberkörper und musste<br />

darüber lachen. „Ich brenne von<br />

innen“, sagte er.<br />

„Oh toll! Ist das schön?“, fragte<br />

Eva.<br />

„Ich brenne“, flüsterte er und<br />

erbrach Schaum auf Evas kurzen<br />

Rock. Er fiel zur Seite, und es<br />

schäumte weiter aus seinem Mund,<br />

doch er würgte dabei nicht. Die<br />

Flüssigkeit kam von selbst.<br />

Ein paar Sekunden lang<br />

blickten sie ihn an und<br />

sagten nichts. Josh<br />

hatte das Bewusstsein<br />

schon verloren, als die drei noch<br />

nicht einmal wussten, was sie denken<br />

sollten. Dann schrie Eva nach<br />

einem Notarzt und schüttelte ihren<br />

Freund. Aber sein Kopf hing<br />

zur Seite wie der drahtbefestigte<br />

Schädel einer Keramikpuppe.<br />

Alle drei drückten mit zittrigen<br />

Händen an seinen Handgelenken<br />

und seinem Hals herum, bis die<br />

Freundin schließlich das sehr<br />

schwache Pulsieren einer Ader<br />

ertastete. „Josh, Josh, bitte, bitte.<br />

Josh, bitte nicht!“, schrie Eva<br />

immer wieder, so lange, bis<br />

der Puls unter den Fingern ihrer<br />

Freundin verschwand. Sie zogen<br />

Josh gemeinsam hoch, versuchten,<br />

seinen Atem zu spüren, aber da<br />

entwich kein Lufthauch seinem<br />

Mund. „Kein Atem“, sagte die<br />

Freundin nur. Und Eva verstand.<br />

Josh war jetzt eben tot. Zwei<br />

Gedanken gingen ihr durch den<br />

Kopf: „So schnell kann das gehen,<br />

so schnell kann man sterben.<br />

Dann muss ich mich jetzt auch<br />

umbringen.“<br />

Die Freundin warf sich auf Josh<br />

und drückte mit enormer Kraft<br />

seinen Brustkorb ein. „Und eins,<br />

zwei, drei …“, stöhnte sie. Eva<br />

hörte seine Rippen knacken. Sie<br />

hatte das Gefühl, ihre Freundin<br />

bearbeite eine Leiche, ein Skelett.<br />

Doch Joshs Augen öffneten sich<br />

unerwartet, und seine Pupillen<br />

torkelten ins Augenweiß. Eva<br />

nahm seinen Kopf in die Hände<br />

und rief wieder seinen Namen.<br />

Dann flehte sie ihn an, sie bettelte<br />

und verzweifelte an ihm. Sie<br />

schrie Joshs Namen in ihn hinein.<br />

Doch seine Augen klappten einfach<br />

wieder zu. Die Sirene des<br />

Krankenwagens hörten sie nicht.<br />

Die Sonne warf Streifen durch die<br />

Lamellenrollos auf den weißen<br />

Wandputz. Josh schloss seine<br />

Augen schnell wieder. Eine leichte<br />

Brise kam von irgendwoher, von<br />

weit weg meinte er Streit und<br />

Kinder zu hören. Komische Sprache<br />

auch, dachte er. Seine Gehirnmasse<br />

schien ihm flüssiger als<br />

sonst und stieß an die Schädelknochen,<br />

wenn er den Kopf bewegte.<br />

So ließ er ihn bewegungslos<br />

auf dem frisch gewaschenen<br />

Kissen ruhen. Er überlegte, ob er<br />

ein Konterbier trinken sollte, entschied<br />

sich dann aber dafür, den<br />

Kater wegzuschlafen. Im Urlaub<br />

durfte man das ja.<br />

Als Eva zu ihm durfte, überprüfte<br />

sie sogleich, ob er tatsächlich lebte,<br />

indem sie ihn wach schüttelte.<br />

Sie könnte ihn auch netter wecken,<br />

dachte er. Er öffnete die Augen<br />

leicht, seine Pupillen blickten<br />

jeweils rechts und links an ihr<br />

vorbei. Sein Gesicht war zudem<br />

schief. Eva sah ihn mit Entsetzen<br />

an, er lallte nur leise: „Warum<br />

lässt ’n du mich nich ausschlafen?<br />

Echt, ey“, und schlief weiter.<br />

Sie ging zu dem jungen, rosigen<br />

und selbstsicheren Arzt.<br />

„Werden seine Augen so bleiben<br />

und sein Gesicht?“ Ihre Stimme<br />

kippte.<br />

„Nein, das geht voraussichtlich<br />

in den nächsten Tagen weg.“<br />

„Was meinen Sie mit voraussichtlich?“<br />

„Aller Wahrscheinlichkeit nach.“<br />

„Also sicher?“<br />

„Sehr wahrscheinlich.“<br />

„Sicher oder nicht sicher?“<br />

„Eigentlich sicher.“<br />

„Was jetzt?“<br />

„Ja, äußerst sicher. Eigentlich.<br />

Ja.“<br />

„Hat er was am Gehirn?“<br />

„Davon gehen wir zum jetzigen<br />

Zeitpunkt nicht aus.“<br />

„Was soll das heißen, also zu<br />

einem anderen Zeitpunkt könnte<br />

er doch was am Gehirn haben?“<br />

„Nein, er hat keine Gehirnschäden<br />

erlitten, also, denke ich<br />

zumindest.“<br />

„Denken Sie das, oder wissen<br />

Sie das?“<br />

„Na ja, also eigentlich würde<br />

ich sagen, ich weiß es, aber im<br />

Prinzip denke ich es. Also ich<br />

gehe davon aus.“<br />

Evas Angst wurde langsam von<br />

Ungeduld überdeckt.<br />

„Kann sein Herz noch mal<br />

aufhören zu schlagen?“<br />

„Das kann es generell immer.<br />

Aber wegen dieser Sache ist es<br />

nicht mehr anzunehmen.“<br />

„Was haben Sie ihm eigentlich<br />

gespritzt? War das Adrenalin?<br />

Muss man das nicht ins Herz<br />

spritzen?“<br />

„Sie haben zu viel Pulp Fiction<br />

geguckt“, lächelte er. Sie nahm<br />

es ihm übel, dass er so frisch,<br />

mental stabil und klug aussah, und<br />

fühlte sich dumm und klein. Und<br />

ihre Freunde warteten draußen<br />

mit einem Bier in der Hand und<br />

erschienen ihr auf einmal lächerlich<br />

wie sie selbst. Nach ein paar<br />

Stunden wurden sie nach Hause<br />

geschickt, wie nach einem misslungenen<br />

Kindergeburtstag, und<br />

Joshs Augen blickten weiterhin in<br />

zwei verschiedene Richtungen.<br />

Zu Hause deckte sie ihn<br />

mit der muffigen Bettwäsche<br />

und Liebe zu.<br />

Alle 20 Minuten ging<br />

sie zu ihm ins Schlafzimmer und<br />

überprüfte, ob er noch atmete. Sie<br />

tut das Jahre später immer noch.<br />

Wenn er schläft, legt sie ihren<br />

Kopf ganz nah an sein Gesicht,<br />

um seinen Atem zu spüren, und<br />

erst dann kann sie selbst einschlafen.<br />

Josh sagte ihr einige Tage<br />

später, dass er sich nicht mehr vor<br />

dem Tod ängstige. Es sei schön<br />

gewesen, wie er sich von seinem<br />

Körper gelöst hätte, er wäre wirklich<br />

dabei gewesen zu gehen. Das<br />

Einzige, was ihn davon abgehalten<br />

hätte, wäre ihre Stimme gewesen,<br />

die immer wieder seinen Namen<br />

gerufen hatte. Es hätte geklungen<br />

wie durch eine alte Fernsprechanlage.<br />

Es hätte geknistert und gerauscht.<br />

Und so hätte er nicht in<br />

Ruhe einschlafen können.<br />

sonja heiss wurde 1976 in<br />

München geboren und lebt in Berlin.<br />

Mit ihrem Film Hotel Very Welcome,<br />

der international ausgezeichnet<br />

wurde, debütierte sie 2007 auf der<br />

Berlinale. 2011 erschien ihr<br />

kurz geschichtenband Das Glück<br />

geht aus, der liebevoll von den<br />

knapp verpassten chancen von<br />

Frauen um die 30 erzählt. Derzeit<br />

realisiert sie ihren nächsten kinofilm,<br />

Hedi Schneider steckt fest, und<br />

arbeitet an ihrem ersten Familienroman.<br />

Diese kurzgeschichte<br />

erscheint exklusiv in <strong>Interview</strong>.<br />

156<br />

157


PARTY<br />

PARTY<br />

NEULICH<br />

IN<br />

BERLIN<br />

Gallery-Weekend-Dinner im Kraftwerk<br />

Galerie Blaine/Southern<br />

FOTOS<br />

MAXIME BALLESTEROS<br />

Yamamoto-Schau<br />

Knut Loewe, Minu Barati, Marten Schumacher<br />

Christian und Karen Boros<br />

Martin Eder<br />

Katja Szigat, Sylvester Groth<br />

Die Premierenfeier von<br />

Das Wochenende im Kino International,<br />

eine Modenschau von Yohji Yamamoto<br />

in St. Agnes, das Gallery-Weekend-Dinner<br />

im Kraftwerk, Köpenicker Straße<br />

Jina Khayyer, Cecilia Dean, Gert Jonkers<br />

Alex Israel<br />

John Isaacs<br />

Yohji Yamamoto<br />

Mark Jan Krayenhoff van de Leur, AA Bronson<br />

Ursula Karven (r.) und Begleitung<br />

Michelle Elie<br />

Elisa Schlott<br />

Katja und Paula Riemann<br />

Sebastian Koch<br />

158<br />

Julia Siepmann, Angelika Taschen<br />

David Dorrell<br />

159<br />

Aschenbecher Kostas Murkudis, Laura Schusinski Laura Catania (r.) und Begleitung


Foto Craig McDean<br />

Styling Sarah elliSon<br />

Cap PriVaT<br />

Jacke, Top & Jeans riCk owenS<br />

ringe 1–100 & Jill PlaTner<br />

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AlexAnder Olch www.olch.com<br />

AlexAnder WAng www.alexanderwang.com<br />

Alexis BittAr www.alexisbittar.com<br />

AltuzArrA www.altuzarra.com<br />

Ancient greek sAndAls<br />

www.ancient-greek-sandals.com<br />

Andy WOlf www.andy-wolf.at<br />

Annick gOutAl www.annickgoutal.com<br />

Ariel gOrdOn www.arielgordonjewelry.com<br />

Astier de VillAtte www.astierdevillatte.com<br />

AstOr www.astorcosmetics.com<br />

BAlenciAgA By nicOlAs ghesQuière<br />

www.balenciaga.com<br />

BAlMAin www.balmain.com<br />

Blugirl www.blugirl.it<br />

BOttegA VenetA www.bottegaveneta.com<br />

BriAn AtWOOd www.brianatwood.com<br />

BulgAri www.bulgari.com<br />

BurBerry PrOrsuM www.burberry.com<br />

herstellernaChweiS<br />

cAlVin klein cOllectiOn www.calvinklein.com<br />

cAMPus www.campus72.de<br />

cArtier www.cartier.com<br />

cAsAdei www.casadei.com<br />

cAudAlie www.caudalie.de<br />

cédric chArlier www.cedric-charlier.com<br />

céline www.celine.com<br />

chAnel www.chanel.com<br />

chOPArd www.chopard.com<br />

clArins www.clarins.de<br />

clArisOnic www.clarisonic.com<br />

cliniQue www.clinique.de<br />

cOnVerse www.converse.com<br />

cycle www.cycleonweb.com<br />

dAVid MAllett www.david-mallett.com<br />

dAVid WeBB www.davidwebb.com<br />

de Beers www.debeers.com<br />

de grisOgOnO www.degrisogono.com<br />

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diOr www.dior.com<br />

diOr hOMMe www.dior.com<br />

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eMPOriO ArMAni www.armani.com<br />

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estée lAuder www.esteelauder.de<br />

felder felder www.felderfelder.com<br />

fOndAziOne PrAdA www.fondazioneprada.org<br />

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giAMBAttistA VAlli www.giambattistavalli.com<br />

giAnVitO rOssi www.gianvitorossi.com<br />

giOrgiO ArMAni www.armani.com<br />

giusePPe zAnOtti www.giuseppezanottidesign.com<br />

giVenchy By riccArdO tisci www.givenchy.com<br />

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MAisOn MArtin MArgielA ArtisAnAl<br />

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PhilOsOPhy di AlBertA ferretti<br />

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sergiO rOssi www.sergiorossi.com<br />

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Foto: Craig McDean/Art + Commerce<br />

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FLASHBACK, JUNI 1985<br />

JOHN<br />

TRAVOLTA<br />

Eigentlich alles wie immer: Lange bevor Travolta<br />

in Pulp Fiction (1994) der Welt beibrachte, mit<br />

zwei Knarren gleichzeitig zu schießen, wurden ihm<br />

schon die Fragen gestellt, die noch heute brennen<br />

DIE NÄCHSTE AUSGABE<br />

VON INTERVIEW<br />

ERSCHEINT AM<br />

19. JUNI 2013<br />

INTERVIEW: John, macht es dir eigentlich nichts aus,<br />

wenn man dich fragt, ob du schwul bist?<br />

JOHN TRAVOLTA: Ach, das werde ich doch immer<br />

gefragt. Was soll all die Aufregung, wenn die Antwort<br />

Nein lautet?<br />

INTERVIEW: Warum interessieren sich die Menschen<br />

so brennend für dein Sexualleben?<br />

TRAVOLTA: Ich glaube, es liegt in der menschlichen<br />

Natur, sich damit zu beschäftigen und danach<br />

zu fragen. Mich persönlich schockiert diese Frage<br />

nicht. Sie wird auch anderen Schauspielern, Musikern,<br />

Schriftstellern und Stars gestellt.<br />

INTERVIEW: Stört es dich nicht, dass du dich ständig<br />

für deine sexuellen Vorlieben rechtfertigen musst?<br />

TRAVOLTA: Nö. Die Leute sind einfach neugierig,<br />

was solche Dinge angeht. Vor allem bei berühmten<br />

Menschen. Meine flapsige Antwort, was alle Sexfragen<br />

angeht, lautet: Man schenkt allein schon den<br />

Fragen zu viel Beachtung. Sex ist Teil der menschlichen<br />

Natur – und ich verstehe wirklich nicht, warum<br />

ein solches Bohei darum gemacht wird.<br />

INTERVIEW: Du wirst gern mit dem Satz zitiert,<br />

Richard Gere, Sylvester Stallone und du seien die einzigen<br />

drei männlichen Sexsymbole im Kino.<br />

TRAVOLTA: Oh Boy, dafür gab es mächtig Ärger.<br />

Einer der Studiobosse hat mich damit zitiert und den<br />

Satz völlig aus dem Zusammenhang gerissen.<br />

INTERVIEW: Sexsymbole gelten ja oft nicht gerade<br />

als Intelligenzbestien.<br />

TRAVOLTA: Ich hatte nie die Sorge, dass ich dumm<br />

bin. Und als ich für Staying Alive ins Fitnessstudio gehen<br />

musste, hat mir das ziemlich gutgetan: Ich war<br />

aufgeschwemmt, mein Haar dünn, meine Haut sah<br />

ungesund aus, und ich fühlte mich mies. Also habe ich<br />

mir gedacht: Mach’s wie Muhammad Ali! Du bist 28.<br />

Reiß dich mal zusammen!<br />

INTERVIEW: In Staying Alive warst du komplett<br />

haarlos. Hast du das mit Wachs machen lassen?<br />

TRAVOLTA: Das war eine lustige Geschichte. Ich<br />

wollte mich rasieren, aber Sly meinte: „Nee, wachsen<br />

ist besser, das ist gründlicher und sauberer.“ Sly hat<br />

allerdings auch nur ein paar Haare genau in der Mitte<br />

seiner Brust. Die ließ er mit Wachs entfernen, und das<br />

tat wohl nicht weh. Ich hingegen verdanke meinen<br />

italienischen Wurzeln eine ziemlich starke Körperbehaarung.<br />

Deshalb war das Waxing die Hölle! Ich<br />

rief daraufhin Sly an und schrie nur: „Wie konntest du<br />

mir das antun? Das waren die schlimmsten Schmerzen,<br />

die ich je hatte.“ Woraufhin Sly antwortete: „I’m<br />

sorry, man.“<br />

INTERVIEW: John, 1983 hast du gesagt, du seist<br />

noch bei Scientology, allerdings seit geraumer Zeit<br />

nicht mehr involviert in der eigentlichen Organisation.<br />

TRAVOLTA: Ich bin wieder involviert.<br />

INTERVIEW: Wie kam es dazu?<br />

TRAVOLTA: Es gab eine Zeit, in der (L. Ron) Hubbard<br />

die Front verlassen hatte und es eine störende<br />

Durchdringung der Organisation durch einige spezielle<br />

Individuen gab. Deshalb entschied ich mich, die<br />

Techniken weiter für mich zu verwenden, mich jedoch<br />

so lange fernzuhalten, bis wieder Ordnung eingekehrt<br />

war. Hubbard ist jetzt seit ungefähr einem<br />

Jahr wieder da, und seitdem ist es wieder großartig.<br />

INTERVIEW: Ich dachte, niemand wüsste Genaueres<br />

über seinen Verbleib. Woher weißt du denn, dass<br />

er wieder dabei ist?<br />

TRAVOLTA: Ich habe einen Brief bekommen, in<br />

dem mir das mitgeteilt wurde.<br />

Foto: Greg Gorman, entworfen und gemalt von Richard Bernstein für <strong>Interview</strong> Magazine, Juni 1985<br />

„WILL YOU JUST WATCH THE HAIR?” JOHN TRAVOLTA, JUNI 1985


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