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kult! Die Mondlandung (Vorschau)

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Indianer-<br />

Filme<br />

<strong>kult</strong>!<br />

www.goodtimes-magazin.de<br />

60er · 70er · 80er<br />

<strong>Die</strong><br />

<strong>Mondlandung</strong> 70er<br />

TV-Serien<br />

D: € 6,50<br />

Österreich € 7,50<br />

Luxemburg € 7,50<br />

Schweiz CHF 12,70<br />

Ausgabe 1/2013 (Nr. 7)<br />

Spezial<br />

mit<br />

Poster<br />

Ost-Rock<br />

Gerüchte,<br />

Mythen, Märchen<br />

Russ-Meyer-<br />

Filme<br />

Tolkien · Reiner Schöne · Ein Platz für Tiere · Daliah Lavi · Martin Böttcher · Jahrgang 1972 · Michael Schanze


&<br />

präsentieren:<br />

<strong>Die</strong> massive Progressive Rock<br />

Katalogkampagne 2012!<br />

Mit rund 350 preisreduzierten Alben aus den Katalogen von<br />

und - bis Ende November im Handel erhältlich!<br />

PROG ROCKS! Volume Two<br />

Der grandiose 2CD-Sampler zum Super-Sonderpreis!<br />

Mit über 2,5 Std. Spielzeit!<br />

30 Tracks von Van Der Graaf Generator, The Nice,<br />

Jethro Tull, Hawkwind, Gong, Hatfield & The North,<br />

Gentle Giant, Steve Hackett, Marillion, Pallas,<br />

Spock‘s Beard, Transatlantic, Neal Morse, Pain Of<br />

Salvation, Karmakanic, The Flower Kings, It Bites,<br />

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Auch als Download erhältlich!<br />

Weiterhin lieferbar:<br />

Vol. 1 (2011)<br />

Ausgewählte Album-Highlights:<br />

ASIA<br />

Anthology<br />

BARCLAY JAMES H.<br />

Once Again<br />

DEVIN TOWNSEND<br />

Infinity<br />

ELOY<br />

Dawn<br />

FLOWER KINGS<br />

Flowerpower<br />

GENESIS<br />

Nursery Cryme<br />

HOELDERLIN<br />

Clouds And Clowns<br />

IT BITES<br />

The Tall Ships<br />

JETHRO TULL<br />

Stand Up<br />

KRAAN<br />

Live<br />

NEAL MORSE<br />

Testimony 2<br />

THE NICE<br />

Five Bridges<br />

ROINE STOLT<br />

The Flower King<br />

SPOCK‘S BEARD<br />

The Light<br />

STEVE HACKETT<br />

Live Rails<br />

STEVE HILLAGE<br />

Open<br />

SWEET SMOKE<br />

Just A Poke/Darkness...<br />

TRANSATLANTIC<br />

SMPTe


IMPRESSUM<br />

Anschrift:<br />

NikMa Verlag<br />

Fabian Leibfried<br />

Eberdinger Straße 37<br />

71665 Vaihingen/Enz<br />

Tel: 0 70 42/37660-160<br />

Fax: 0 70 42/37660-188<br />

email: goodtimes@nikma.de<br />

www.goodtimes-magazin.de<br />

Herausgeber und Chefredakteur:<br />

Fabian Leibfried<br />

Mitarbeiter:<br />

Jens-Uwe Berndt, Horst Berner, Lothar<br />

Brandt, Michael Fuchs-Gamböck, Hans-<br />

Jürgen Günther, Peter Henning, Christian<br />

Hentschel, Teddy Hoersch, Hugo Kastner,<br />

Frank Küster, Bernd Matheja, Helmut Ölschlegel,<br />

Thorsten Pöttger, Philipp Roser, Roland<br />

Schäfl i, Oliver Schuh, Ulrich Schwartz, Eckhard<br />

Schwettmann, Christian Simon, Alan Tepper,<br />

Jörg Trüdinger, Uli Twelker, Peter Verhoff,<br />

Thomas Wachter, Jürgen Wolff<br />

Abonnements, Shop:<br />

Andrea Leibfried<br />

Grafische Gestaltung:<br />

Andrea Zagmester, <strong>kult</strong>@nikma.de<br />

Kathleen Müller, grafi k@nikma.de<br />

Anzeigenverkauf:<br />

Petra Czerny, anzeigen@nikma.de<br />

Vertrieb:<br />

IPS Pressevertrieb GmbH<br />

Postfach 1211<br />

53334 Meckenheim<br />

Tel: 0 22 25/88 01-0<br />

Druckerei:<br />

<strong>Die</strong>richs Druck + Media GmbH & Co. KG<br />

Frankfurter Str. 168<br />

34121 Kassel<br />

Erscheinungsweise:<br />

2x jährlich<br />

Copypreis:<br />

Einzelheft: 6,50 € (Preis inkl. 7% MwSt.)<br />

Abonnement:<br />

siehe Seite 85<br />

Anzeigen:<br />

Für gewerbliche Anzeigen bitte<br />

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Titelfotos:<br />

Karin Dor: © DAVIDS/Bildarchiv Hallhuber<br />

Jimi Hendrix: © goodtimes-photo.de<br />

Der Verlag hat sich bemüht, alle Rechte -<br />

inhaber der abgedruckten Fotos zu erreichen.<br />

Leider ist dies nicht in allen Fällen gelungen.<br />

Ggf. möchten bisher unbekannte Urheber<br />

ihre Ansprüche geltend machen. GoodTimes<br />

<strong>kult</strong>! ist auf umweltfreundlichem, chlorfrei<br />

gebleichtem Papier gedruckt! Weiterverwendung<br />

aller in GoodTimes <strong>kult</strong>! erschienenen<br />

Artikel, Interviews, Fotos, Rezensionen etc.<br />

nur mit der Zustimmung des Herausgebers<br />

gestattet.<br />

Gerichtsstand: Stuttgart<br />

mit<br />

Poster<br />

Willkommen bei <strong>kult</strong>!<br />

"<br />

Hätte ich doch schon früher mitgekriegt, dass es <strong>kult</strong>! gibt, so<br />

viele schöne Geschichten von damals!" "<br />

Warum machen Sie<br />

nicht mehr Werbung, um Ihr Magazin bekannter zu machen?"<br />

Fabian Leibfried<br />

-Herausgeber/Chefredakteur-<br />

Solche Zuschriften erreichen uns immer wieder, meist verbunden<br />

mit der Nachbestellung früherer Hefte, mit denen sich vergangenheitsbewusste<br />

Zeitgenossen noch einmal auf eine Zeitreise in ihre eigene Kindheit<br />

oder Jugend begeben wollen. In der Flut von Veröffentlichungen, in der Kioske,<br />

Zeitschriftenläden oder Bahnhofsbuchhandlungen beinahe ersticken, ist es für<br />

ein Heft wie <strong>kult</strong>! schwierig aufzufallen, potenzielle Leser auf unser Magazin<br />

aufmerksam zu machen. So bleibt uns angesichts begrenzter Ressourcen nur, auf<br />

den Faktor Mundpropaganda zu setzen und diese mit interessanten, vielseitigen<br />

Geschichten anzukurbeln.<br />

Unsere Autoren schürfen in den eigenen Erinnerungen, wälzen (eigene) Archive,<br />

halten bei Begegnungen mit Freunden und Bekannten Augen und Ohren offen,<br />

um neue Kultthemen aufzuspüren und dann für Sie, liebe Leser, umzusetzen. Sie<br />

stöbern in Foto-Archiven, um die Erinnerungen auch optisch möglichst authentisch<br />

und ansprechend zu präsentieren. Es ist ein gemeinsames Eintauchen der<br />

Redaktion und Leserschaft in die eigene Vergangenheit, ein nostalgischer Trip<br />

in längst vergangene Zeiten – diesmal beispielsweise in Sachen <strong>Mondlandung</strong>,<br />

damalige Fernseh- "<br />

Renner", technische Gerätschaften zum Musikkonsum oder<br />

für die Freizeitgestaltung.<br />

Noch ein Aspekt ist uns bei der Realisierung dieser <strong>kult</strong>!-Ausgabe bewusst geworden:<br />

Erstaunlich viele der (musikalischen) Akteure der 60er und 70er Jahre<br />

sind heute noch unverwüstlich aktiv. Viele sprühen geradezu vor Tatendrang und<br />

erfreuen sich wiedererwachten Interesses einstiger und neuer Fans, lassen sich<br />

auch in fortschreitendem Alter nicht in ihrem Kreativdrang bremsen.<br />

Gehen Sie mit uns erneut auf (Wieder-)Entdeckungsreise, empfehlen Sie uns<br />

weiter und lassen Sie uns wissen, welche bislang unbearbeiteten Themen Sie<br />

interessieren ...<br />

<strong>kult</strong>! Nr. 8 erscheint<br />

am 19.4.2013<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 3


Ausgabe Oktober 2012<br />

1/2013 (Nr. 7)<br />

INHALT<br />

RUBRIKEN<br />

3 Editorial/Impressum<br />

4 Inhaltsverzeichnis<br />

5 Top 5 Spielsachen<br />

Mitarbeiter & Prominente<br />

6 News from the past<br />

Altes neu ausgepackt<br />

31 <strong>kult</strong>! Shop<br />

85 <strong>kult</strong>! Abo-Bestellschein<br />

47 Jimi Hendrix/Musikladen<br />

Riesenposter<br />

<strong>Die</strong><br />

<strong>Mondlandung</strong><br />

Seite e 14<br />

Seite 18<br />

<strong>kult</strong>!<br />

60er · 70er · 80er<br />

14 <strong>Die</strong> <strong>Mondlandung</strong><br />

Das technische Wunder schreibt TV-Geschichte<br />

18 Revox – Reel Dreams<br />

Revox Bandmaschinen<br />

21 Reiner Schöne<br />

Von der Eintagsfliege zum Welt-Star<br />

22 Indianer im Western<br />

Der lange Weg zur Wahrheit<br />

26 "As Time Goes By"<br />

War Casablanca ein Zufallstreffer?<br />

29 Daliah Lavi<br />

Nach dem Abschied Hoffnung auf Frieden<br />

30 Bernhard Grzimek<br />

Der Mann mit dem Gummi-Nashorn<br />

32 <strong>Die</strong> Carnaby Street<br />

Vom Underground-Trendsetter zum Hype<br />

34 Hawaii Five-0<br />

Ein Detektiv macht die Welt in bisschen besser<br />

36 Prog-Rock: Soundtrack für Eskapisten<br />

Das Progressive-Rock-Revival<br />

38 Ein Kessel Buntes<br />

Samstagabend-Konkurrenz für ARD und ZDF<br />

40 Der Buckel-Volvo<br />

Schwedische Schönheit<br />

42 Weltraumspielzeug<br />

<strong>Die</strong> Eroberung des Alls im Kinderzimmer<br />

46 Zauberkästen<br />

Der Griff in die Trickkiste<br />

56 Kultige TV-Serien der 70er<br />

Fernsehen mit Suchtgefahr<br />

Seite 42<br />

Seitee 78<br />

Seite 65<br />

Seite 38<br />

Seite 68<br />

Seite 40<br />

Seite 26<br />

Spezial<br />

Seite 34<br />

Seite 36<br />

Seite 46<br />

60 Spielzeugkataloge<br />

Als fantasievolle Bilder Begierden weckten<br />

62 Martin Böttcher<br />

Winnetou-Musik stand nach acht<br />

Takten am Telefon<br />

65 Kaugummibilder<br />

Vom Karl-May-Motiv zum 2.0-Straßenschick<br />

68 Russ Meyer<br />

Eva, Erotik und Eruption<br />

72 Michael Schanze<br />

Der freundliche Flitterabend"-Mann<br />

darf heute böse "<br />

sein<br />

74 Das Jahr 1972<br />

Terror & Triumphe<br />

78 Lustige Taschenbücher<br />

Sieben Meter Comic-Geschichten am Stück<br />

81 Kultbücher<br />

Geschätzt, geliebt, gelobt<br />

82 Gerüchte, Mythen, Märchen<br />

Wie der Rock-Fan in der DDR<br />

Geschichten über seine Stars erfand<br />

86 J.R.R. Tolkien<br />

Ein Oxford-Professor im Reich der Fantasy<br />

88 Michel Vaillant<br />

Mehr als Vroom" und Vroaar"<br />

" "<br />

92 GoodTimes <strong>kult</strong>!-Box<br />

Das sind die 60 <strong>kult</strong>!-Hits<br />

94 Marty Feldman<br />

Der merkwürdige kleine Mann",<br />

der Frankensteins "<br />

<strong>Die</strong>ner war<br />

96 <strong>Die</strong> Männer der Karin Dor<br />

Winnetou, Bond und Hitchcock<br />

98 Heinz Maegerlein<br />

... ließ die Kandidaten schwitzen<br />

Seite 4 ■ GoodTimes 1/2013


TOP 5<br />

<strong>kult</strong>!<br />

Spielsachen<br />

1. Fußball – immer und überall<br />

2. Mühle und Dame<br />

3. Billard<br />

4. Skat<br />

5. Puzzles – aller Art und Größe<br />

Fabian Leibfried<br />

1. Winnetou-Actionfigur<br />

2. Miniatur-Armeen<br />

3. Stinkbombe<br />

4. Plastik-Hai<br />

5. Quartett<br />

Roland Schäfli<br />

1. Gummi-Indianer<br />

2. NVA-Plastik-Flak-Panzer (ferngesteuert)<br />

3. Leder-Fußball<br />

4. Optik-Baukasten<br />

5. Universal nutzbare Gegenstände aus der Natur<br />

Jens-Uwe Berndt<br />

1. Fußball (Leder)<br />

2. Drachenhort (Schmidt Spiele)<br />

3. Meine Entenhausen-Figuren-Sammlung<br />

4. Rummikub (Jumbo)<br />

5. Auf Achse (F.X.Schmid)<br />

Oliver Schuh<br />

1. Legosteine<br />

2. Tipp-Kick<br />

3. Der magische Roboter (Frage- und Antwortspiel)<br />

4. Märklin Modelleisenbahn<br />

5. Zeichenblock + Faber-Castell Buntstifte<br />

Horst Berner<br />

1. Tipp-Kick<br />

2. Heiße Räder von Mattel (Hot Wheels)<br />

3. Britains Bauernspielzeug<br />

4. Big Western Fort Laramie<br />

5. Revell-Soldatenfiguren<br />

Ulrich Schwarz<br />

1. Märklin Modelleisenbahn<br />

2. Carrera Rennbahn<br />

3. Lego (Technik)<br />

4. Fußball (rund, nicht eckig)<br />

5. Skat<br />

Lothar Brandt<br />

1. Auto-Quartette<br />

2. Siku-Modellautos<br />

3. Matchbox-Autos<br />

4. Airfix-Flugzeugbausätze<br />

5. Fort-Laramie-Cowboyfiguren<br />

Eckhard Schwettmann<br />

1. Chemie-Experimentierkasten<br />

2. Tipp-Kick<br />

3. Matchbox-Autos<br />

4. Malefiz-Spiel<br />

5. Zauberwürfel<br />

Michael F.-Gamböck<br />

1. Wiking-Feuerwehrmodelle<br />

2. Siku-Einsatzfahrzeuge<br />

3. Elastolin-Indianerfiguren<br />

4. Ritterburg mit Figuren<br />

5. Kasperletheater mit Figuren<br />

Christian Simon<br />

1. Tipp-Kick<br />

2. Märklin Modelleisenbahn<br />

3. Winnetou II Quartett<br />

4. Autoquartett Superautos<br />

5. Legosteine<br />

Peter Henning<br />

1. Mein Stoffaffe Charlie<br />

2. Nackte-Frau-Puzzle<br />

3. Ritterburg<br />

4. Winnetou-Figur<br />

5. Revell-Baukästen<br />

Alan Tepper<br />

1. Altes Tonpferd auf einem Holzbrett mit vier Rädern<br />

2. Ein brauner Teddybär<br />

3. Mensch, ärgere Dich nicht<br />

4. Märklin-Eisenbahn mit selbst gebauten Tunneln und Bergen<br />

5. Matchbox-Autos<br />

Teddy Hoersch<br />

1. Mercedes-Benz C 111 von Wiking<br />

2. Mattels Weltraumserie Major Matt Mason<br />

3. Elastolin-Westernpostkutsche<br />

4. James Bonds Lotus Esprit von Corgi<br />

5. Raumschiff Orion von Arnold<br />

Jörg Trüdinger<br />

1. Steiff-Stofftiere<br />

2. Bully-Bauernhof-Gummitiere<br />

3. Kaufmannsladen<br />

4. Ministeck<br />

5. Strickliesel<br />

Andrea Leibfried<br />

1. Schiffe der Firma Revell<br />

2. Matchbox-Autos<br />

3. Flugzeuge der Firma Airfix<br />

4. Legosteine<br />

5. Märklin Modelleisenbahn<br />

Uli Twelker<br />

1. Fabuland<br />

2. Kasperletheater<br />

3. Dampfmaschine<br />

4. Monchichi<br />

5. Sagaland (Brettspiel)<br />

Thorsten Pöttger<br />

1. Corgi Toys (Zirkuswagen)<br />

2. Matchbox-Autos<br />

3. Trix Metallbaukasten<br />

4. Revell-Plastikmodelle<br />

5. Carrera Rennbahn<br />

Jürgen Wolff<br />

1. Selbst & vom Vater gebastelte Westernstadt<br />

2. Timpo Cowboy-Figuren<br />

3. Bergmann Fußballbilder<br />

4. Tipp-Kick<br />

5. Fußball<br />

Philipp Roser<br />

1. FUSSBALL, Hauptbeschäftigungs-Gegenstand bis zur Pubertät<br />

2. PUZZLES, mit ganz vielen Teilen<br />

3. ROLLSCHUHE, die Straßen waren damals noch relativ wenig befahren<br />

4. HALMA, in unserer Familie das beliebteste Brettspiel<br />

5. STELZEN, um die Welt einmal von weit oben zu betrachten<br />

Hartmut Engler (Pur)<br />

© Ben Wolf<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 5


from the past<br />

ALEXANDRA<br />

genannter Band enthält ein Essay von Georg<br />

teren Tarzan und die Schiffbrüchigen" und sticht die neue Mystery-Thriller-Serie aus den<br />

"<br />

" Tarzan und der Verrückte" ergänzt. Letzt- WinterZeit-Studios. Mit den Stimmen Holly-<br />

DIE LEGENDÄREN TV-AUFTRITTE<br />

<strong>Die</strong> auf dieser DVD zu sehenden Fernsehauftritte<br />

von Alexandra beziehen ihren Kultstatus<br />

Seeßlen, der dem Mythos und seinen Auswirkungen<br />

auf den Grund geht. <strong>Die</strong> Box bietet<br />

eine vorzügliche Gelegenheit, einen lang vergessenen<br />

Jugendfreund" wiederzutreffen, der<br />

"<br />

aus zwei Tatsachen: Einmal gibt es von der<br />

1969 bei einem Autounfall<br />

nichts an Reiz verloren hat.<br />

ums Leben gekommenen<br />

Sängerin nur relativ wenig<br />

Videomaterial. Zweitens<br />

haben die Macher dieser<br />

DVD auf jegliche (digitale)<br />

BIG VALLEY<br />

4. STAFFEL<br />

Mit den Hauptdarstellern Barbara Stanwyck,<br />

Richard Long, Lee Majors, Peter Breck und<br />

Nachbearbeitung<br />

Linda Evans ist die (zwischen 1965 und 1969<br />

von Bild und Ton verzichtet,<br />

was zwar an der<br />

Valley" schon von Haus aus klasse besetzt,<br />

entstandene) amerikanische Westernserie Big "<br />

einen oder anderen Stelle<br />

zu kleinen Unsauberkeiten führt, aber<br />

so bleibt der einmalige Zauber ihrer Auftritte<br />

erhalten. Das Bildmaterial ist chronologisch<br />

angeordnet, führt vom 1968er Ausschnitt aus<br />

dazu kann man Topstars wie Charles Bronson,<br />

Dennis Hopper, Richard Dreyfuss, Pernell<br />

Roberts oder William Shatner in Gastrollen<br />

erleben. Mittlerweile ist die vierte (und damit<br />

letzte) Staffel als voluminöse Box mit<br />

der Sendung Monsieur 100.000 Volt" (mit sieben DVDs und einer<br />

"<br />

Gilbert Becaud), bei dem Alexandra "Podmonskownye<br />

Gesamtspielzeit von über<br />

Wetschera (Moskauer Nächte)"<br />

und "Zigeunerjunge" sang, bis zum Juni 1969,<br />

20 Stunden erhältlich.<br />

Wie in den drei vorangegangenen<br />

Staffeln spielen<br />

"<br />

als sie mit "Erstes Morgenrot" der Aktuellen<br />

Schaubude" einen Besuch abstattete. Zusätzlich<br />

die einzelnen Episoden<br />

zu diesen Auftritten gibt es noch die halb-<br />

im Kalifornien des Jahres<br />

stündige Fernsehsendung Portrait in Musik" 1870, wo die verwitwete<br />

"<br />

(Regie: Truck Branss, der Macher der ZDF Matriarchin Victoria Barkley<br />

mit ihren zwei Söhnen<br />

"<br />

Hitparade") zu sehen, die im Mai 1969 vom<br />

Saarländischen Rundfunk erstmals ausgestrahlt<br />

wurde.<br />

auftauchen sollte ...) sowie dem unehelichen<br />

und ihrer Tochter (die später im Denver Clan"<br />

"<br />

(Koch/Universal, 74 Min.)<br />

Sohn ihres verstorbenen Ehemanns (der wiederum<br />

bald darauf der Hauptdarsteller von<br />

TARZAN<br />

Ein Colt für alle Fälle" wurde) auf einer riesigen<br />

Ranch im San Joaquin Valley leben. <strong>Die</strong><br />

"<br />

Von Edgar Rice Burroughs<br />

2012, Walde + Graf<br />

ISBN 978-3-03774-044-6<br />

618 Seiten; 26,95 Ð<br />

Der amerikanische Schriftsteller Edgar Rice<br />

Burroughs verfasste zahlreiche Romane im<br />

Science-Fiction-, Western- und His torien-<br />

Genre, doch mit der Schöpfung von Tarzan vor<br />

hochwertig produzierten Geschichten drehen<br />

sich um allerhand spannende Begebenheiten<br />

mit Banditen, Minenarbeitern, Mexikanern<br />

und zwielichtigem Gesindel, bieten also genau<br />

das Richtige für Freunde amerikanischer<br />

Westernserien.<br />

(Studiocanal, 7 DVDs)<br />

exakt 100 Jahren übertrumpfte er alle anderen<br />

Werke. Tarzan hat sich – besonders nach den<br />

Verfilmungen mit Johnny Weismüller – in vielen<br />

DARK MYSTERIES<br />

DAS LOCH<br />

Bereichen der Populär<strong>kult</strong>ur manifestiert. Langsam und vorsich-<br />

"<br />

Auch wenn es in den letzten Jahren ein wenig tig zwängten wir uns<br />

ruhiger um ihn geworden ist, hat er immer noch<br />

unverkennbaren Kultcharakter.<br />

Der Schweizer<br />

Verlag Walde + Graf hat<br />

nun ein vorzügliches<br />

Boxset im Repro-Stil<br />

publiziert, in dem sich<br />

drei Bände des Lianendurch<br />

den schmalen<br />

Stollen. Meine Fingernägel<br />

brachen, die<br />

Haut riss. Blut sickerte<br />

aus den Fingerkuppen<br />

– Fleischfetzen bröckelten ab. Doch es<br />

gab keinen anderen Ausweg. Zurück konnten<br />

wir nicht, denn am anderen Ende des Tunnels<br />

Schwingers<br />

befinden. – direkt neben dem Loch –, da wartete der<br />

Der wohl bekannteste Tod. Wir würden ihm nicht entgehen. Dessen<br />

Roman Tarzan bei den waren wir uns bewusst. Jede gottverdammte<br />

"<br />

Affen" wird von den Sekunde." Mit bitterbösen Stories, düsterer<br />

eher unbekannten, doch keineswegs schlech-<br />

Gruselatmosphäre und packender Action be-<br />

woods, filmreifer Soundkulisse und einem eigens<br />

komponierten Soundtrack legt Produzent<br />

Markus Winter sein Augenmerk auf qualitativ<br />

hochwertige Umsetzung. Neben der oben<br />

zitierten Folge sind mit "<br />

Fuchsjagd", "<br />

Hotel<br />

der verlorenen Zeit" und "<br />

Schließe nicht die<br />

Augen" bereits weitere drei Mystery-Thriller<br />

erschienen.<br />

(WinterZeit/Delta Music, 46 Min.)<br />

MURNAUS VERMÄCHTNIS<br />

Von D.B. Blettenberg<br />

2012, Dumont<br />

ISBN 978-3-83216-215-3<br />

576 Seiten; 9,99 Ð<br />

D.B. Blettenberg hat mit<br />

diesem Roman den Deutschen<br />

Krimipreis 2011<br />

erhalten, und das ist auch<br />

kein Wunder, kann er doch<br />

mühelos gegenüber der<br />

anglo-amerikanischen<br />

und skandinavischen Konkurrenz bestehen,<br />

ja, sie sogar noch übertrumpfen. In seinem<br />

Buch schildert Blettenberg die Jagd nach einer<br />

verschollenen Filmrolle des deutschen Meisterregisseurs<br />

Friedrich Wilhelm Murnau (unter<br />

anderem Nosferatu – eine Symphonie des<br />

"<br />

Grauens"), der das Genre durch expressionistische<br />

und psychologische Dimensionen bereicherte.<br />

Er verknüpft verschiedene Schicksale<br />

in einem ausgeklügelten und unvorhersehbaren<br />

Handlungsstrang und lässt den Leser<br />

durch Ghana und Berlin reisen. Besonders die<br />

atmosphärisch dichten Schilderungen Afrikas<br />

verknüpft mit der historischen Thematik geben<br />

Murnaus Vermächtnis" das gewisse Etwas.<br />

Das hier ist keine seichte Unterhaltung,<br />

"<br />

sondern Literatur, die im Leser nachklingt und<br />

ihn noch lange beschäftigt.<br />

BONANZA<br />

DIE KOMPLETTE 3. STAFFEL<br />

Der wohl bekannteste (und erfolgreichste)<br />

amerikanische Western-Import des deutschen<br />

Vorabend-Fernsehens dürfte die TV-Serie<br />

Bonanza" sein, in der Ben Cartwright (Lorne<br />

"<br />

Greene) mit seinen Söhnen Adam (Pernell Roberts),<br />

Eric Hoss" (Dan Blocker) und Joseph<br />

"<br />

Little Joe" (Michael Landon) sowie dem chinesischen<br />

Koch und Hobby-Philosophen Hop<br />

"<br />

Sing (Victor Sen Yung) auf der Ponderosa-<br />

Ranch allerlei Abenteuer mit durchreisenden<br />

Vagabunden, Falschspielern, Revolverhelden<br />

oder anderen Glücksrittern<br />

erlebt. Dabei sind die<br />

Drehbücher der Serie von<br />

einer tiefgreifenden Moral<br />

geprägt, für die der<br />

weise Ben Cartwright<br />

Sorge trägt. Typisch für<br />

Bonanza" ist auch, dass<br />

"<br />

Seite 6 ■ GoodTimes 1/2013


die Cartwrights Konflikte nur im äußersten<br />

Notfall mit Gewalt lösen. Ein gerne verwendetes<br />

Element der Serie ist zudem, dass sich<br />

die jeweilige Geschichte um einen früheren<br />

Freund der Familie handelt, der im Laufe der<br />

Episode tiefgreifende charakterliche Veränderungen<br />

durchlebt, die sich später dann durch<br />

unmoralisches oder gesetzloses Verhalten äußern<br />

– und dann am Ende mit einer gerechten<br />

Strafe enden. Zur Zeit der Entstehung der<br />

Serie (1959–1973) war es ein begehrter Job,<br />

einen dieser vom rechten Weg abgekommenen<br />

Übeltäter darzustellen; so kamen prominente<br />

Schauspielerkollegen wie James Coburn, Telly<br />

Savalas, Leonard Nimoy, Charles Bronson<br />

oder George Kennedy zu ihren Gastauftritten.<br />

(Studiocanal, 8 DVDs, 1690 Min.)<br />

LURCHIS ABENTEUER<br />

BAND 8<br />

2012, Esslinger Verlag, Esslingen<br />

ISBN 978-3-48023-013-6<br />

158 Seiten; 12,90 Ð<br />

Lurchi ist wieder da! Seit<br />

Erscheinen der beliebten<br />

grünen Hefte in den 30er<br />

Jahren hat der sympathische<br />

Feuersalamander<br />

die Herzen zahlloser Kinder<br />

(und Erwachsener) erobert.<br />

Auf seinen weiten<br />

Reisen in ferne Länder geraten<br />

Lurchi und seine Freunde Hopps,<br />

Mäusepiep, Piping, Igelmann und Unkerich von<br />

einem spannenden Abenteuer ins nächste – und<br />

dabei müssen sie sich oft als Retter in höchster<br />

Not beweisen! Sammelband Nummer 8 vereint<br />

die neuesten Hefte mit den Folgen 130 bis 145.<br />

Darin liefern sich Lurchi und seine Freunde eine<br />

rasante Verfolgungsjagd mit dem gefürchteten<br />

Spion "<br />

Dr. Go", gehen dem Phantom von Burg<br />

Rabenstein auf die Spur und stolpern bei einer<br />

Zeitreise geradewegs in die Vergangenheit. Als<br />

Extra gibt es am Ende des Sammelbandes noch<br />

das Halloween-Sonderheft mit dem Titel "<br />

Firma<br />

Spuk und Co.", in dem die Gespenster Herr Spuk<br />

und Herr Klug ihren Auftritt haben ...<br />

DER WEISSE HAI<br />

Endlich gibt es einen der besten amerikanischen<br />

Filme der 70er Jahre auch auf Blu-ray. Auch<br />

wenn man die Geschichte um den menschenfressenden<br />

Hai, der mitten in der Hauptsaison<br />

die Badestrände des (fiktiven) Küstenstädtchens<br />

Amity zur Todesfalle macht, schon kennt,<br />

ist es immer wieder ein<br />

Genuss mitzuerleben, wie<br />

Regisseur Steven Spielberg<br />

langsam, aber sicher<br />

eine bedrohliche Höchstspannung<br />

aufbaut, die sich<br />

im explosiven Ende entlädt,<br />

bei dem Sheriff Brody<br />

(Roy Scheider), Seebär<br />

Quint (Robert Shaw) und<br />

Haiforscher Hooper (Richard Dreyfuss) alleine<br />

auf einem kleinem Fischerboot den Kampf<br />

gegen die Bestie aufnehmen. Neben der makellosen<br />

Bildqualität bietet diese Blu-ray-Version<br />

nun auch wieder die (bei der ursprünglichen<br />

DVD-Ausgabe unter den Tisch gefallene) originale,<br />

deutsche Synchronfassung aus dem<br />

Jahr 1975. <strong>Die</strong>se punktet mit mehr natürlichem<br />

Charme als die "<br />

moderne" DVD-Synchronisation<br />

und liefert so wieder einmal ein Beispiel<br />

dafür, dass weniger (digitale) Technik oft mehr<br />

(charmante) Ausstrahlung hat.<br />

(Universal, 124 Min)<br />

UDO JÜRGENS<br />

DIE POLYDOR JAHRE<br />

Dass Udo Jürgens vor seinem internationalen<br />

Durchbruch – 1966 mit dem Grand-Prix-<br />

Siegertitel "Merci, Chérie" – schon zehn Jahre<br />

lang mehr oder weniger erfolgreich Platten veröffentlicht<br />

hatte, wissen<br />

heutzutage wahrscheinlich<br />

nur noch die Wenigsten.<br />

Zwischen 1956<br />

und 1962 war Jürgens<br />

beim Hamburger Label<br />

Polydor unter Vertrag<br />

und nahm dort zahlreiche<br />

Lieder auf. Begleitet wurde er dabei<br />

von damals bekannt-beliebten Orchestern, so<br />

vom Orchester Frank Miller, den Akkordeon-<br />

Melodikern oder von Kurt Edelhagen und<br />

seinen Musikern. Zum Einsatz kam typische<br />

Musik der 50er Jahre, wie sie Komponisten<br />

wie Lotar Olias (der später mit Freddy Quinn<br />

höchst erfolgreich war) oder Erwin Halletz zur<br />

Verfügung stellten, aber auch swingende Jazztitel<br />

sowie eingedeutschter Country und Folk<br />

von Don Gibson, Terry Gilkyson (The Easy<br />

Riders) und Johnny Cash, dessen "Don't Take<br />

Your Guns To Town" 1958 zu "Leg' die Knarre<br />

weg" umgetextet wurde. Natürlich versuchte<br />

er es auch mit zeittypischen Fernweh- oder<br />

Cowboy-Schlagern wie "Das ist typisch italienisch",<br />

"Frag mich nie, was Heimweh ist" oder<br />

"Ich komm vom Mississippi, Tweedy Cheerio".<br />

Wohin Udo Jürgens' Reise kurz darauf<br />

gehen würde, zeigte er 1960, als er zusammen<br />

mit dem Orchester Erich Werner mit "Jenny"<br />

einen der ersten selbst geschriebenen Titel in<br />

die Single-Charts brachte. All diese Raritäten<br />

und Kostbarkeiten gibt es jetzt in digital remastertem<br />

Klang auf DIE POLYDOR JAHRE zu<br />

hören, die Doppel-CD wird so zu einer idealen<br />

Ergänzung für jede Schlagersammlung.<br />

(Polydor/Koch/Universal, 26/66:21, 26/66:46)<br />

LEONARD BERNSTEIN<br />

KEIN TAG OHNE MUSIK<br />

Von Jonathan Cott<br />

2012, Edition Elke Heidenreich bei<br />

C. Bertelsmann, München<br />

ISBN 978-3-57058-037-0<br />

158 Seiten; 17,99 Ð<br />

Keinen Tag kann ich<br />

"<br />

ohne Musik verbringen",<br />

erzählte Leonard<br />

Bernstein ein Jahr vor<br />

seinem Tod 1990 dem<br />

Journalisten Jonathan<br />

Cott. Zwölf Stunden<br />

lang plauderte der Maestro<br />

(der zu diesem<br />

Zeitpunkt eigentlich<br />

schon lange keine Interviews mehr gab) in<br />

ungezwungener Atmosphäre über sein Leben,<br />

seine Leidenschaft für die Musik. In einem<br />

zwölfstündigen Gespräch erzählte er dabei<br />

fast beiläufig, wie er sich stets weigerte, emotionale,<br />

intellektuelle und spirituelle Aspekte<br />

von seiner musikalischen Erfahrung zu trennen.<br />

Cott rundet dieses Bild gekonnt ab, indem<br />

er Bernsteins Lebensweg nachzeichnet<br />

und so einen Blick auf alle Facetten eines<br />

Künstlers ermöglicht, dem es gelang, die oft<br />

unüberwindlich scheinenden Grenzen zwischen<br />

E- und U-Musik, zwischen Kunst und<br />

Leben spielend zu überwinden. Eine glänzende<br />

Hommage an ein Jahrhundertgenie.<br />

E.T. – DER AUSSERIRDISCHE<br />

Nach Hause telefonieren!" Wurde ja so langsam<br />

auch Zeit, dass es diesen Filmklassiker<br />

"<br />

aus dem Jahr 1982 endlich auch als hochwer-<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 7


from the past<br />

tige Blu-ray gibt. Ende Oktober ist es soweit,<br />

neben der normalen" Steelbook-Version<br />

"<br />

erscheint der Film über<br />

einen sympathischen,<br />

von seinen Artgenossen<br />

auf der Erde vergessenen<br />

Außerirdischen<br />

auch noch in einer so<br />

genannten Limited<br />

Collector's Raumschiff<br />

Edition. <strong>Die</strong>se richtet<br />

sich vorzugsweise an<br />

Sammler, die weder Kosten noch Mühen<br />

scheuen, um an haufenweise bisher unveröffentlichtes<br />

Bonus-Material zu kommen.<br />

<strong>Die</strong>ses reicht von einem neuen Interview<br />

mit Steven Spielberg über die Dokumentation<br />

des Wiedersehens von Schauspielern<br />

und Filmmachern bis zu zahlreichen nicht<br />

verwendeten Filmszenen. Doch am Ende ist<br />

es dann wieder einmal der Film an sich, der<br />

einen am meisten berührt: diese wunderschön<br />

erzählte Geschichte einer wahrlich außergewöhnlichen<br />

Freundschaft, die zu einem der<br />

schönsten und emotionalsten Klassikern der<br />

Filmgeschichte wurde.<br />

(Universal, 119 Min. & Bonus-Material)<br />

YPS<br />

DER COMIC-KLASSIKER IST ZURÜCK<br />

Ein Schleuder-Katapult, ein Mammut-Skelett<br />

oder ein Abenteuer-Zelt – mit solchen und<br />

ähnlichen Gimmicks<br />

wurde Yps" einst<br />

"<br />

Kult. Kostenlose Zugaben<br />

wie Ferngläser<br />

zum Falten, der<br />

Ostereierbaum und<br />

Blasrohre, die um<br />

die Ecke schießen,<br />

hatten Yps" in den<br />

"<br />

70er und 80er Jahren<br />

populär gemacht. Solarzeppeline<br />

li<br />

sorgten einst gar für UFO-Alarm in Deutschland.<br />

Größter Erfolg bis heute – die Urzeitkrebse.<br />

Yps" verkaufte zu Spitzenzeiten über<br />

"<br />

400.000 Exemplare. Der Egmont Ehapa Verlag<br />

lässt Yps" jetzt wieder auferstehen. Das an die<br />

"<br />

Kinder von früher gerichtete Heft ist seit dem<br />

11. Oktober am Kiosk für 5,90 € erhältlich.<br />

JOHN SINCLAIR<br />

DARK SYMPHONIES /<br />

ANGST ÜBER LONDON<br />

Seit 1973 ist John Sinclair, Oberinspektor<br />

von Scotland Yard, nun schon beim Bastei-<br />

Lübbe Verlag auf Geisterjagd und kämpft<br />

gegen alles, von dem man froh ist, wenn es<br />

nicht Wirklichkeit wird: Hexen, Dämonen,<br />

Vampire und ähnlich unangenehme Zeitgenossen.<br />

Im Laufe dieser langen Jahre, nach<br />

unzähligen Heftromanen und Hörspielen,<br />

entstand eine riesige, treue Fangemeinde,<br />

darunter auch zahlreiche Musiker. So entstand<br />

die Idee, das neueste Geister-Abenteuer<br />

– das einstündige Angst über London"<br />

"<br />

–, mit einer zweiten CD auszustatten, auf<br />

der John Sinclair musikalisch Tribut gezollt<br />

wird. Fans wie Xavier Naidoo ("Einsam mit<br />

euch"), Tocotronic ("Das böse Buch"), H-<br />

Blockx ("Gazoline"), Kreator ("Wolfchild")<br />

und die Söhne Mannheims ("Kill All Psychopaths"),<br />

dazu Kult-Schlagerstar Marianne<br />

Rosenberg ("Dämonen und Wunder") sowie<br />

Sinclair-Autor Jason Dark ("Der Vampir")<br />

sind darauf zu hören. Als Besonderheit durften<br />

einige der Musikstars auch eine Gastrolle<br />

im Hörspiel<br />

übernehmen: Tocotronic-Sänger<br />

Dirk<br />

von Lowtzow stöhnt<br />

als Untoter, Xavier<br />

Naidoo spricht die<br />

letzten Worte eines<br />

Finanzhais, Nena die<br />

Nachrichten, und Marianne Rosenberg spielt<br />

eine Stewardess. Klasse Idee, diese beiden<br />

Bereiche miteinander zu verbinden, so wird<br />

diese Veröffentlichung zu einem einmaligen<br />

Highlight.<br />

(Lübbe Audio/Tonpool, 2 CDs,<br />

20/79:38, 62:06)<br />

HAMMER FILMS<br />

THE UNSUNG HEROES<br />

Von Wayne Kinsey (engl.)<br />

2010, Tomahawk Press<br />

ISBN 978-0-95576-708-1<br />

488 Seiten; 32,99 Ð<br />

<strong>Die</strong> Filme von Hammer<br />

Productions aus<br />

den Fünfzigern bis zu<br />

Beginn der Siebziger<br />

sind Kult!<br />

" Dracula",<br />

" She", " Captain<br />

Clegg" oder The Devil<br />

Rides Out" haben "<br />

damals die Zuschauer<br />

zum Fürchten gebracht<br />

und werden heute wegen der ganz besonderen<br />

Atmosphäre immer noch gerne gesehen.<br />

Wayne Kinsey lässt in diesem mit mehr als<br />

1000 Originalfotos geschmückten Band die<br />

Zeit wieder auferstehen und lenkt den Fokus<br />

vornehmlich auf die zahlreichen Nebenpersonen<br />

wie die Dekorateure, Fotografen,<br />

Kameramänner, Requisiteure, Komponisten<br />

und Regisseure, die oft einen wichtigeren<br />

Beitrag zum Gelingen der Streifen leisteten<br />

als die Hauptdarsteller selbst. So entsteht ein<br />

beeindruckendes Bild aus einer Zeit, in der<br />

nicht seelenlose Animationen die Leinwand<br />

beherrschten, sondern Ideen, Tricks und<br />

schauspielerische Leistungen.<br />

LARRY BRENT<br />

DIE RÜCKKEHR + ZOMBIES IM<br />

ORIENT-EXPRESS<br />

Der Kult kehrt zurück!" schreit einen der<br />

"<br />

gelb leuchtende Aufkleber auf dem Cover der<br />

neuen Larry-Brent-CDs<br />

an. 1983 wurden vom<br />

Hörspiellabel Europa<br />

fünf Abenteuer des britischen<br />

Agenten mit dem<br />

Tarnnamen X-Ray-3 einer<br />

psychoanalytischen<br />

Spezialabteilung veröffentlicht,<br />

bis 1986 folgten noch weitere zehn<br />

erfolgreiche Ausgaben, die zwischenzeitlich<br />

tatsächlich Kult sind. Nach zwei Comebacks<br />

in den Jahren 2003 und 2008 mit jeweils vier<br />

Folgen öffnet Larry Brent nun mit <strong>Die</strong> Rückkehr"<br />

(Spielzeit: 59:34) sowie mit Zombies "<br />

"<br />

im Orient-Express" (65:20) ein neues Kapitel<br />

seiner langen Karriere, wie gewohnt basieren<br />

die Stories auf Romanen<br />

von Erfolgsautor Dan<br />

Shocker. Modern und<br />

zeitgemäß umgesetzt,<br />

aufwändig mit bekannten<br />

Schauspielern inszeniert,<br />

versehen mit einer Geräuschkulisse<br />

wie im Kino<br />

und exklusiver Musik stellt sich schnell<br />

das alte" Gefühl ein, als man sich dem Horror<br />

der haarsträubenden Abenteuer von Larry<br />

"<br />

Brent und seinem Team abends unter der Bettdecke<br />

mittels eines alten, batteriebetriebenen<br />

Kassettenrecorders aussetzte ...<br />

(R&B Company/Alive, 2 CDs)<br />

VW BUS<br />

ROAD TO FREEDOM<br />

2012, edel Entertainment GmbH, Hamburg<br />

ISBN 978-3-94000-455-0<br />

104 Seiten; 2 CDs, 39,95 Ð<br />

1948 erblickte der erste VW Bus als Prototyp<br />

für einen Kleintransporter das Licht der Welt,<br />

ab 1950 ging er in die Serienproduktion. Egal,<br />

ob als Motor der Wirtschaft in den 50ern, ob<br />

als gutmütige Familienkutsche oder als Symbol<br />

der Hippie-Kultur in den 70ern, stets begeisterte<br />

er die Menschen mit seinen vielfältigen Einsatzmöglichkeiten<br />

und<br />

seinem unzerstörbaren<br />

Design. <strong>Die</strong>ser großformatige<br />

Bildband verbindet<br />

Momentaufnahmen<br />

aus der langen Karriere<br />

des <strong>kult</strong>igen Kleinbusses<br />

mit Songzitaten aus den<br />

60er und 70er Jahren. Auf<br />

zwei CDs sind Bands und Künstler wie Eric<br />

Burdon ("House Of The Rising Sun"), The Turtles<br />

("Happy Together"), Bob Marley ("Sun Is<br />

Shining"), Aaron Neville ("Waiting For A Bus"),<br />

Seite 8 ■ GoodTimes 1/2013


Jefferson Airplane ("White Rabbit") und, natürlich,<br />

Canned Heat mit dem programmatischen<br />

Titel "On The Road Again" versammelt.<br />

POLIZEIRUF 110<br />

Mit (heute unvorstellbaren) Einschaltquoten von<br />

über 50 Prozent war die DFF-Krimiserie Polizeiruf<br />

110" in den 70er Jahren im wahrsten "<br />

Sinne des Wortes ein Straßenfeger in der DDR.<br />

Hochwertig produzierte Krimi-Unterhaltung,<br />

für damalige Verhältnisse<br />

relativ kritische Einblicke<br />

in den sozialistischen Alltag<br />

der Bevölkerung, beliebt-bekannte<br />

Schauspieler wie Jürgen<br />

Frohriep, Alfred Rücker,<br />

Peter Borgelt, Sigrid Göhler,<br />

Rolf Hoppe, Ursula Werner<br />

und Stefan Lisewski – das<br />

waren die unschlagbaren Erfolgsgaranten<br />

dieser TV-Serie,<br />

die ja bekanntlich immer noch<br />

produziert wird. Mit jeweils<br />

drei bis vier DVDs (je nach<br />

Anzahl der ausgestrahlten<br />

Folgen in den jeweiligen<br />

Jahren) ist jede der Sammelboxen<br />

bestückt. Ausgabe<br />

Nummer 1 liefert die Folgen aus den Jahren<br />

1971 und 1972, aktuell ist man bei Nummer 8<br />

angekommen, in denen die Krimifolgen aus den<br />

Jahren 1978 bis 1980 präsentiert werden. Neben<br />

einem zwölfseitigen, illustrierten Booklet mit<br />

Hintergrundinformationen ist als Bonus-Material<br />

noch das eine oder andere Interview mit einigen<br />

Hauptdarstellern enthalten.<br />

(Studio Hamburg Enterprises/Alive)<br />

GRIMMS MÄRCHEN<br />

Ges. von den Brüdern Grimm<br />

2012, Knaur<br />

ISBN 978-3-42665-316-6<br />

400 Seiten; 15 Ð<br />

<strong>Die</strong> Brüder Jacob und Wilhelm Grimm waren<br />

nicht nur zwei hervorragende Germanisten, die<br />

einen wertvollen Beitrag zur wissenschaftlichen<br />

Erfassung der deutschen Sprache leisteten. <strong>Die</strong><br />

meisten kennen sie als Chronisten des deutschen<br />

Märchenschatzes, den sie mit Akribie und Sorgfalt<br />

zusammen trugen. In dem aktuellen Band<br />

von "<br />

Grimms Märchen", der mit überaus einfühlsamen<br />

und wunderschönen Aquarell-Zeichnungen<br />

von Ruth Koser-Michaels geschmückt<br />

ist, finden sich neben den<br />

bekannten Stücken wie<br />

" Frau Holle", " Rapunzel",<br />

Der Hase und der Igel"<br />

"<br />

oder<br />

" Schneewittchen"<br />

auch viele weniger populäre,<br />

aber dennoch reizvolle<br />

Erzählungen. Der<br />

Leser kann sich hier von<br />

Märchen wie Des Teufels rußiger Bruder", Der<br />

" "<br />

Arme und der Reiche" oder Das blaue Licht"<br />

"<br />

verzaubern lassen. Erstklassige Anthologie.<br />

ROMY SCHNEIDER EDITION<br />

Zehn (einzeln erhältliche) Filme von Romy<br />

Schneider sind jetzt in der Romy Schneider<br />

"<br />

Edition" zusammengefasst und teilweise neu<br />

veröffentlicht worden. Mit Wenn der weiße<br />

"<br />

Flieder wieder blüht" (1953), Mädchenjahre einer<br />

Königin" (1954) und <strong>Die</strong> Deutschmeister"<br />

"<br />

"<br />

(1955) beginnt diese Edition noch vor ihren Sissi-Jahren",<br />

gefolgt von Montpi", zusammen mit<br />

"<br />

"<br />

Horst Buchholz aus dem Jahr 1957. Weiter geht<br />

es dann mit dem Klassiker aus dem Jahr 1971,<br />

Das Mädchen und der Kommissar" mit Michel<br />

"<br />

Piccoli. Nach einem Roman von Georges Simenon<br />

entstand 1973 das Flüchtlingsdrama Le "<br />

Train – Nur ein Hauch von Glück", bei dem sie<br />

eine deutsche Jüdin spielt, die von einem französischen<br />

Familienvater<br />

(Jean-Louis Trintignant)<br />

beschützt wird. Drei Jahre<br />

später wurde Heinrich<br />

Bölls Roman Gruppenbild<br />

mit Dame" verfilmt, "<br />

wobei Romy Schneider<br />

zusammen mit Vadim<br />

Glowna, Richard Münch<br />

und Witta Pohl vor der<br />

Kamera stand. Uraufgeführt wurde dieser (von<br />

der Kritik alles andere als gelobte) Film bei den<br />

1977er Filmfestspielen in Cannes. Zusammen<br />

mit Yves Montand und unter der Regie von Costa-Gavras<br />

entstand 1979 <strong>Die</strong> Liebe einer Frau".<br />

"<br />

Mit (französischem) Starensemble und in luxuriöser<br />

Dekoration wurde 1980 <strong>Die</strong> Bankiersfrau"<br />

"<br />

gedreht, mit einem italienischen Staraufgebot<br />

(darunter Marcello Mastroianni) folgte ein Jahr<br />

später <strong>Die</strong> zwei Gesichter einer Frau". Klasse<br />

"<br />

Serie, die die Wandlung von Romy Schneider<br />

von jugendlicher Naivität zu professioneller<br />

Schauspielerei zeigt.<br />

(Studiocanal, 10 DVDs)<br />

Stan LAUREL & Oliver HARDY<br />

LUCKY LUKE EDITION<br />

WESTERNSHOW<br />

2012, Egmont Ehapa Verlag GmbH, Berlin<br />

ISBN 978-3-84136-201-8<br />

96 Seiten; 9,99 Ð<br />

1946 tritt der einsame Cowboy Lucky Luke, der<br />

das Glück im Namen trägt und das Herz am rechten<br />

Fleck hat, erstmals in Aktion. Von Zeichner<br />

Maurice de Bévère alias Morris (1923–2001)<br />

erschaffen und gezeichnet, von René Goscinny<br />

(1926 –1977) ab 1955 genial getextet, bieten<br />

seine Comics höchst amüsante Darstellungen<br />

des Wilden Westens.<br />

Einige der besten Abenteuer<br />

des Mannes, der<br />

den Colt schneller zieht<br />

als sein Schatten, werden<br />

nun in Doppelpacks in<br />

der Lucky Luke Edition"<br />

neu präsentiert. Den<br />

Anfang machen die zwei<br />

Abenteuer Western Cir-<br />

"<br />

" cus" (Erstveröffentlichung Frankreich 1970/<br />

Deutschland 1991) und Der weiße Kavalier"<br />

"<br />

(Frankreich 1965/Deutschland 1987). Zunächst<br />

ist die Reihe auf fünf Bücher ausgelegt, zu jeder<br />

Ausgabe der edlen Bände gibt es zusätzlich noch<br />

eine handbemalte Figur aus dem Lucky-Luke-<br />

Umfeld.<br />

THE TIME TUNNEL<br />

DIE KOMPLETTE DEUTSCHE<br />

STAFFEL 1971<br />

In einem geheimen unterirdischen Forschungskomplex<br />

arbeiten amerikanische<br />

Wissenschaftler am größten Experiment aller<br />

Zeiten: dem Projekt Zeittunnel. Und als<br />

die US-Regierung die<br />

Geldmittel streichen<br />

will, sind Dr. Tony<br />

New man (James Darren)<br />

und Dr. Dan Phillips<br />

(Robert Colbert)<br />

gezwungen zu beweisen,<br />

dass ihr Experiment<br />

funktioniert. Sie geraten<br />

in den Zeitenstrom,<br />

gefangen in Vergangenheit und Zukunft<br />

und finden sich nacheinander an einem anderen,<br />

historisch bedeutsamen Ort wieder.<br />

<strong>Die</strong> Zeittunnel-Crew um General Heywood<br />

Kirk (Whit Bissel), Dr. Ann MacGregor (Lee<br />

Meriwether) und Dr. Raymond Swain (John<br />

Erleben Sie in dieser einmaligen Box über 50 Werke auf 10 DVDs und mit einer Laufzeit von über 24 Std. Laurel &<br />

Hardy als Solo- und Duostars, mit überwiegend auf DVD unveröffentlichten Material. Vervollständigen sie ihre Collection<br />

mit dieser streng limitierten Edition, die ein absolutes Muss für alle Laurel & Hardy Sammler darstellt.<br />

Besuchen Sie uns: www.laurelandhardyworld.com<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 9


from the past<br />

Zaremba) versucht gleichzeitig alles, um die<br />

beiden Zeitreisenden wieder in die Gegenwart<br />

zurückzuholen. 1971 wählte die ARD 13<br />

der ursprünglich 30 Folgen der 1966/67 entstandenen<br />

US-Science-Fiction-Serie "<br />

Time<br />

Tunnel" von Produzent Irwin Allen aus und<br />

sorgte somit auch in Deutschland für Fan-<br />

Kult. Neben der deutschen Synchronfassung<br />

von 1971 gibt es die Folgen auch in der originalen<br />

US-TV-Version. Als Bonus-Material<br />

gibt es ein 16-seitiges Booklet, alle deutschen<br />

Vor- und Abspänne, Darsteller-Interviews,<br />

die amerikanischen <strong>Vorschau</strong>-Trailer sowie<br />

eine Alternativversion der Pilotfolge.<br />

(Studio Hamburg Enterprises/Alive,<br />

4 DVDs 650 Min. & Bonus)<br />

SWINGING LONDON<br />

Von Rainer Metzger und<br />

Christian Brandstätter<br />

2012, dtv<br />

ISBN 978-3-42334-714-3<br />

368 Seiten; 29,90 Ð<br />

Über das Swinging London in den Sixties sind<br />

schon einige Publikationen erschienen, die sich<br />

meist auf die Musik (Beatles, Rolling Stones),<br />

Models (u.a. Twiggy),<br />

bedeutende Filme<br />

( Blow Up", James<br />

" "<br />

Bond", Mit Schirm,<br />

"<br />

Charme und Melone")<br />

und die wichtigsten Locations<br />

wie die Carnaby<br />

Street beschränken.<br />

Natürlich sind das alles<br />

wichtige Themengebiete,<br />

die auch Rainer<br />

Metzger (Autor) und Richard Brandstätter<br />

(Bildauswahl/Konzept) aufzeigen, doch in ihrem<br />

mit über 600 Abbildungen geschmückten<br />

Band wird auch der Kunst (die britische Pop-<br />

Art), dem Design und der Architektur ein großer<br />

Platz eingeräumt. Durch die exquisite Verknüpfung<br />

von Text und Abbildungen entsteht ein<br />

erstklassiger Gesamteindruck, der vom in der<br />

Presse permanent wiederholten Flower-Power-Image"<br />

abrückt und auch andere Aspekte<br />

"<br />

aufzeigt. Empfehlung! Schade nur, dass wichtige<br />

Underground-Musiker (zum Beispiel The<br />

Crazy World Of Arthur Brown, Tyrannosaurus<br />

Rex oder Edgar Broughton) oder die Literatur<br />

an sich keine, beziehungsweise nur rudimentäre<br />

Erwähnung finden.<br />

MECKI UND SEINE<br />

ABENTEUER<br />

Auf dieser DVD versammeln die Nostalgie-<br />

Spezialisten von Tacker Film erstmals sämtliche<br />

Puppentrickfilme mit Mecki sowie einige<br />

Werbefilme mit der berühmten Filmpuppe. Vom<br />

Leinwanddebüt "<br />

Der Wettlauf zwischen dem<br />

Hasen und dem Igel" über seine Auftritte in der<br />

Wochenschau" der 50er<br />

" Jahre bis zum Dokuteil, in<br />

dem Meckis Entstehungsgeschichte<br />

sowie seine<br />

Rolle als Postkartenstar<br />

und Redaktionsmaskottchen<br />

thematisiert werden.<br />

In einem Interview verrät<br />

Mecki-Fotograf Anton<br />

<strong>Die</strong>hl (der Sohn des Mecki-Erfinders<br />

Ferdinand <strong>Die</strong>hl) einiges aus dem<br />

Privatleben des stacheligen Stars. Und als Extra<br />

enthält die aktuell erhältliche Jubiläumsedition<br />

dieser DVD fünf verschiedene Postkarten mit<br />

beliebten Mecki-Motiven.<br />

(Tacker Film/Alive, 75 Min.)<br />

TONY HOLIDAY + LENA<br />

VALAITIS + MARGOT<br />

WERNER<br />

TANZE SAMBA MIT MIR +<br />

DIE WELT DER STARS & HITS +<br />

WASSER, FEUER, LUFT UND ERDE<br />

Mit seinem Kult Hit "Tanze Samba mit mir"<br />

bleibt der 1990 verstorbene Tony Holiday unvergessen.<br />

In der aktuellen Staffel der Polydor-Originale<br />

ist sein gleichnamiges Album<br />

(14/45:52) aus dem Jahr 1978 vertreten, auf<br />

dem mit "Disco Lady", "Komm, flieg mit zu<br />

den Sternen" (bei der er die Star Wars-Melodie"<br />

mit einem Text "<br />

versah) oder dem Bonus-<br />

Track mit dem unschlagbaren<br />

Titel "Den Appetit<br />

kannst du dir holen<br />

... doch gegessen wird<br />

zu Haus" weitere Schlagerperlen<br />

aus längst<br />

vergessenen Zeiten zu hören sind. <strong>Die</strong> Hitsingle<br />

mit dem Zungenbrecher "Ob es so oder so<br />

oder anders kommt" (eine Cover-Version von<br />

Melanies "Nickel Song")<br />

brachte 1972 eine junge<br />

Sängerin in die deutschen<br />

Hitparaden: Lena Valaitis.<br />

Auch die darauf folgenden<br />

Singles "Alles<br />

was dein Herz begehrt"<br />

und "Und da steht es geschrieben"<br />

brachten die gebürtige Litauerin<br />

in die deutschen Top-30. Als Bonus wurden<br />

noch zwei englischsprachige Aufnahmen ausgegraben,<br />

die auf DIE WELT DER STARS &<br />

HITS (14/40:23) ihre CD-Premiere erleben.<br />

Produziert von Abi Ofarim und arrangiert von<br />

Saiten ass Paul Vincent<br />

bietet Margot Werners<br />

1976er Album WAS-<br />

SER, FEUER, LUFT<br />

UND ERDE (14/45:35)<br />

nicht nur ihren Erfolgshit<br />

"So ein Mann",<br />

sondern auch zahlreiche weitere Titel, die gekonnt<br />

zwischen Jazz, internationalem Pop und<br />

schwülstigem Schlager pendeln. Auch hier<br />

wurden die Originale frisch remastert sowie<br />

zwei (von Abi Ofarim komponierte) Bonus-<br />

Tracks dazu gepackt.<br />

(Polydor/Fontana/Universal, 3 CDs)<br />

SO BIN ICH EBEN<br />

Von Juliette Gréco<br />

2012, Edition Elke Heidenreich bei<br />

C. Bertelsmann, München<br />

ISBN 978-3-57058-038-7<br />

238 Seiten; 19,99 Ð<br />

Erinnerungen einer<br />

"<br />

Unbezähmbaren" lautet<br />

der Untertitel dieser<br />

Autobiografie von<br />

Juliette Gréco, der das<br />

passende Motto für die<br />

zahlreichen Geschichten<br />

aus ihrem wechselvollen<br />

Leben vorgibt. Als Tochter<br />

einer Widerstandskämpferin<br />

lernt sie früh, sich zu behaupten, der<br />

Umgang mit Dichtern und Philosophen wie<br />

Jean-Paul Sartre, Boris Vian, Jacques Prévert<br />

und Simone de Beauvoir prägt ihre Jugend,<br />

Musiker wie Miles Davis und Charlie Parker<br />

wecken ihr Interesse am Jazz. Nach kleinen<br />

Engagements und Nebenrollen gelingt der Stilikone<br />

– immer hochgeschlossen in Schwarz<br />

mit Pagenkopf und stark geschminkten Augen<br />

– der internationale Durchbruch. Sie füllt<br />

das Pariser Olympia, tourt durch Europa und<br />

die USA, dreht Filme in Frankreich und Hollywood.<br />

Kein Geheimnis macht sie auch aus<br />

ihrem ausschweifenden Liebesleben, bei dem<br />

sie trotz allem nie auf ihre Freiheit verzichtet<br />

hat. Mit Instinkt und Eigensinn bleibt sie<br />

bis heute ihren ersten beiden Leidenschaften,<br />

der Poesie und dem Chanson, treu. Sie ist und<br />

bleibt einfach unbezähmbar.<br />

UNSER BESTER MANN +<br />

DIE EHRBAREN FÜNF<br />

Zwei Filme der 80er Jahre aus dem Defa-<br />

TV-Archiv. Unser Bester Mann" ist Otto Vegesack<br />

(gespielt von Heinz Rennhack), der<br />

"<br />

hier als Erfurter Bauarbeiter r<br />

zu sehen ist, der nach Berlin<br />

delegiert wurde. Was<br />

seine neuen Arbeitskollegen<br />

allerdings nicht ahnen<br />

ist der Umstand, dass Otto<br />

alles andere als der Beste "<br />

Mann" ist, der ihnen aus<br />

Erfurt versprochen wurde.<br />

Vielmehr hat man ihn dort<br />

weggelobt, wurde er von<br />

einem Lehrgang in den nächsten geschickt,<br />

nur damit er auf der Baustelle kein Unheil<br />

Seite 10 ■ GoodTimes 1/2013


anrichten konnte. So hat er<br />

inzwischen zwar alle möglichen<br />

Qualifikationen,<br />

kann aber im Endeffekt<br />

eigentlich nichts so richtig<br />

– außer natürlich die<br />

Klappe aufreißen. Auch<br />

privat pendelt Otto in Berlin<br />

zwischen Reinfall und großer Liebe, lässt<br />

zunächst kein Fettnäpfchen aus, um am Ende<br />

dann doch zu erkennen, wer zu ihm steht und<br />

wer nicht. So bietet der Film zugleich eine<br />

Zeitreise und Blick zurück in den Alltag und<br />

das Lebensgefühl der DDR der frühen 80er<br />

Jahre. Aus dem Jahr 1988 stammt die Gaunerkomödie<br />

<strong>Die</strong> ehrbaren Fünf", die in den<br />

"<br />

turbulenten Zeiten der Wende ziemlich unterging.<br />

<strong>Die</strong> Geschichte spielt in den Tagen<br />

und Wochen nach Ende des Zweiten Weltkriegs.<br />

Es sind keine einfachen Zeiten, und<br />

jeder versucht auf seine Art, das Beste daraus<br />

zu machen. Natürlich blüht der Schwarzmarkt,<br />

und so genannte Schieberbanden<br />

machen ihre Geschäfte und profitieren vom<br />

Hunger und Elend anderer. <strong>Die</strong> fünf Gelegenheitsgauner<br />

Ginfizz" (Volkmar Kleinert),<br />

"<br />

" Toni" (Henry Hübchen), Meister" (Alfred<br />

Müller), Langer" (Reiner Heise) und<br />

"<br />

"<br />

Eginhardt" (Theo Richtsteiger) sind da eher<br />

"<br />

kleine Hausnummern und finden sich durch<br />

Zufall. Sie hoffen auf große Beute, als sich<br />

ein Mühlenbesitzer mit dem Mehl der Stadt<br />

buchstäblich aus dem Staub machen will und<br />

dazu ein paar Lastwagen samt Fahrern benötigt.<br />

Toni", der Kopf der Bande, weiß von<br />

"<br />

einem versteckten Depot, in dem noch einige<br />

fahrbereite Laster aus Wehrmachtsbeständen<br />

stehen. In diesem höchst amüsanten, temporeich<br />

erzählten Katz- und Mausspiel kommt<br />

keine Minute Langeweile auf, man fragt sich<br />

als Zuschauer ständig, ob es die Ehrbaren "<br />

Fünf" tatsächlich schaffen werden, mit dieser<br />

Nummer durchzukommen.<br />

(Icestorm, 87 Min. + 97 Min.)<br />

DER WISSENSCHAFTSWAHN<br />

Von Rupert Sheldrake<br />

2012, O.W. Barth<br />

ISBN 978-3-42629-210-5<br />

576 Seiten; 24,99 Ð<br />

Der populäre britische<br />

Wissenschaftsautor Rupert<br />

Sheldrake hat nicht<br />

nur mit Büchern wie<br />

Das Gedächtnis der Natur"<br />

für Furore gesorgt,<br />

"<br />

sondern auch die Theorie<br />

der morphogenetischen<br />

Felder konzipiert. In seinem aktuellen<br />

Werk, das trotz der komplexen Thematik in<br />

einem leicht verständlichen Plauderton verfasst<br />

wurde, greift er die Wissenschaftsgläubigkeit<br />

und das materialistische Weltbild an<br />

und stellt dabei provozierende Fragen in den<br />

Bereichen Physik, Biologie, Medizin, Religion<br />

und Psychologie. Dabei vermittelt er dem<br />

Leser einen wertvollen Wissensschatz und regt<br />

ihn zum selbstständigen Denken und Hinterfragen<br />

der allgemein akzeptierten Dogmen<br />

an. Durch die Verknüpfung der scheinbar getrennten<br />

Themengebiete präsentiert Sheldrake<br />

atemberaubende Perspektiven, die neue Weltanschauungen<br />

anregen. Ein kolossales Werk,<br />

dem man viele Leser wünscht.<br />

ÄFFLE & PFERDLE<br />

MIR KÖNNET ALLES –<br />

AU SCHWÄBISCH!<br />

Von Heiko Volz und<br />

Roman Lang<br />

2012, Esslinger Verlag,<br />

Esslingen<br />

ISBN 978-3-48023-015-0<br />

64 Seiten; 12,90 Ð<br />

In diesem neuen Band<br />

der beiden Kult-Figuren des Süddeutschen<br />

Rundfunks beweisen die schwäbischen Pausenclowns<br />

(sie waren ja ursprünglich "<br />

Trenner"<br />

zwischen zwei Werbespots) neben ih-<br />

rer begnadeten Fähigkeit, schwäbisch zu<br />

schwätzen", auch ihren angeborenen Hang<br />

"<br />

zur Philosophie. Du, i frag mi ob i di was<br />

"<br />

fraga kann", sinniert das Äffle. Ha, da fragsch<br />

"<br />

dr Richtige!", antwortet das Pferdle. Wer sich<br />

auf diesem Niveau so unterhalten kann, wer<br />

hinter jedem auch noch so flachem Kalauer<br />

( Isch nix au ebbes?" Frei übersetzt: Ist Nichts<br />

"<br />

auch Etwas?) den Kern der Sache entdecken<br />

kann, der ist hier genau an der richtigen Stelle,<br />

der wird mit einem fein gemachten Bildband<br />

voller schwäbisch-philosophischer Weisheiten<br />

belohnt.<br />

ST. PAULI<br />

VOM PFOSTEN BIS ZUR RITZE<br />

Von Robert Grischek & Christian<br />

Sobiella<br />

2012, edel Entertainment GmbH, Hamburg<br />

ISBN 978-3-94000-497-0<br />

168 Seiten; 2 CDs,<br />

39,95 Ð<br />

St. Pauli: Wohl kein anderes<br />

Viertel einer deutschen<br />

Metropole erzeugt<br />

bei seinen Bewohnern<br />

einen so hohen Grad an<br />

Identifikation wie der<br />

Hamburger Stadtteil. Und genauso stark<br />

sind seine Bewohner mit ihrem Fußballverein,<br />

dem FC St. Pauli, verbunden. Zahlreiche Künstler,<br />

Musiker, Fans und Kreative aus dem Umfeld<br />

dieses Vereins prägen das Gesicht des Viertels<br />

und des Klubs. Aus der intensiven Wechselwirkung<br />

zwischen Lebensort, Fußball und Verein<br />

resultiert ein Spannungsfeld, das eine hohe<br />

künstlerische und <strong>kult</strong>urelle Identifikation zur<br />

Folge hat, die man gemeinhin als "<br />

Lebensgefühl<br />

St. Pauli" bezeichnet. <strong>Die</strong>ses von Fußball,<br />

Punk-Rock und Street-Art geprägte Lebensgefühl,<br />

fängt der Bildband "<br />

St. Pauli – Vom Pfosten<br />

bis zur Ritze" auf einmalige Art und Weise ein.<br />

Er zeigt diesen ganz besonderen Stadtteil mit<br />

seinem ganz besonderen Fußballverein, seinen<br />

<strong>kult</strong>!<br />

<strong>kult</strong>! Nr. 1–6 auch weiterhin erhältlich<br />

Alle Hefte zu bestellen im <strong>kult</strong>! Shop Seite 31<br />

oder unter:<br />

www.goodtimes-magazin.de<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 11


from the past<br />

Menschen und Plätzen und kommt so dem Kult<br />

St. Pauli Stück für Stück näher. Dabei ist es aber<br />

nicht nur ein Fußball-Buch, sondern vielmehr ein<br />

anspruchsvoll gestaltetes Kunstbuch mit vielen<br />

Hintergrundinfos und interessanten O-Tönen.<br />

In lebendigen Bildern zeigt der Fotograf Robert<br />

Grischek die Atmosphäre und den Charme<br />

St. Paulis. Er taucht mit seinen Bildern tief in<br />

die Szene ein, war dabei, wenn sich die wahre<br />

Fan-Gemeinde traf, unterlegt seine Fotografien<br />

mit Zitaten und Essays. Authentisch auch der<br />

Soundtrack" des Viertels, in dem sich auf CD1<br />

"<br />

Bands wie Ohrenfeindt, The Punkles oder Rantanplan<br />

austoben (und sich am Ende des Bildbandes<br />

seitenweise vorstellen) dürfen und auf<br />

CD2 die norwegische Kult-Punkband Turbonegro<br />

der Stadt Hamburg musikalisch Tribut zollt.<br />

DER BESTE TAG MEINES<br />

LEBENS<br />

Miller & Stentz<br />

2012, Droemer Paperback, München<br />

ISBN 978-3-42622-628-5<br />

217 Seiten; 14,99 Ð<br />

Mit einer leichten Form von Autismus und<br />

dem Asperger-Syndrom – also Gesichter lesen,<br />

Stimmungen erkennen, Gefühle begreifen – hat<br />

es der 14-jährige Colin<br />

nicht leicht im Leben.<br />

Doch als sich in der örtlichen<br />

Schule ein Schuss<br />

löst und seiner Meinung<br />

nach von Anfang an der<br />

Falsche verdächtigt wird,<br />

schlüpft Colin in die<br />

Rolle seines großen Vorbilds:<br />

Sherlock Holmes.<br />

Mit analytischem Verstand,<br />

unbestechlichem Blick und unvergleichbarer<br />

Logik macht er sich daran, Licht in diesen<br />

seltsamen Fall zu bringen. "<br />

Der beste Tag<br />

meines Lebens", eine kluge und vor allem liebevolle<br />

Geschichte über eine herrenlose Pistole,<br />

das Schwarmverhalten von Haien und das ewige<br />

Rätsel der Liebe.<br />

MECKI BEI ZWERG NASE<br />

2012, Esslinger Verlag, Esslingen<br />

ISBN 978-3-48023-014-3<br />

56 Seiten; 12,90 Ð<br />

In dieser Neuauflage des beliebten Kinderbuchs<br />

aus den 60er Jahren ist es Mecki selbst, der einen<br />

märchenhaften Reisebericht verfasst hat.<br />

Dabei hat er in kurzen, bebilderten Kapiteln<br />

aufgeschrieben, was er zusammen mit seinen<br />

Freunden erlebt hat. Wie er im Ballon über den<br />

Dächern von Buxtehude<br />

schwebte, wie<br />

er den Hansdampf<br />

in allen Gassen kennen<br />

lernte, wie Kater<br />

Murr ins Hexenhaus<br />

Bildband den Kult um den Mini mit wunderschönen<br />

eindrang, wie sie Zwerg Nase mit ins Schloss<br />

" Mini Scene" präsentiert dieser großformatige därer Antrieb seinen Piloten stets gute <strong>Die</strong>ns te<br />

nahmen oder am Ende einer nach dem anderen<br />

entzaubert wurde. Liebevoll geschrieben und<br />

sorgfältig illustriert punktet dieses Buch mit zeitloser<br />

Klasse, ist ideal zum (Vor-)Lesen, Träumen<br />

und in Erinnerungen schwelgen.<br />

Aufnahmen der unterschiedlichsten Modelle<br />

von den Anfängen bis heute. Abbildungen originaler<br />

Anzeigen und begleitende Texte in Deutsch<br />

und Englisch machen das Buch zur Pflicht für<br />

jeden Mini-Fan. Klasse auch die Musik der vier<br />

beiliegenden CDs: Passend zum Kultobjekt<br />

INDIANA JONES<br />

THE COMPLETE ADVENTURES<br />

werden typische Beats aus den 60ern und 70ern<br />

präsentiert. Mit dabei sind The Troggs ("Wild<br />

Thing"), Gerry And The Pacemakers ("Ferry<br />

Cross The Mersey"), The Tremeloes ("Silence<br />

Is Golden"), Percy Sledge ("When A Man Loves<br />

A Woman"), die Small Faces ("All Or Nothing")<br />

und die Equals ("Baby Come Back").<br />

LAUREL & HARDY<br />

SPECIAL LIMITED EDITION<br />

Weltweit auf 5000 Exemplare limitiert ist diese<br />

Im Juni 1981 erschufen Regisseur Steven Spielberg<br />

Filmbox mit zehn DVDs von Stan Laurel<br />

und Produzent George Lucas ihren Helden und Oliver Hardy ( Dick & Doof"). Zwischen<br />

"<br />

" Indiana Jones", der im unvergesslichen " Jäger 1926 und 1951 drehten sie zusammen über 100<br />

des verlorenen Schatzes" weltweit die Kinogänger<br />

Filme und wurden zum erfolgreichsten und<br />

begeisterte. Zusammen mit seinen Nachfol-<br />

berühmtesten Komikerduo der USA. Über die<br />

gern Indiana Jones und der Tempel des Todes", Hälfte dieser Lang- und Kurzfilme gibt es jetzt<br />

"<br />

Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" sowie<br />

in<br />

dieser Edition zu<br />

"<br />

Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels"<br />

erscheint dieser Kult-Klassiker nun<br />

die drei DVD-Erst-<br />

sehen, darunter auch<br />

"<br />

endlich (und sorgfältigst überarbeitet) als Bluray.<br />

veröffentlichungen<br />

Dabei achtete Steven Spielberg höchstselbst<br />

" Lottery Man", " The<br />

darauf, dass bei der digitalen Überarbeitung (jedes<br />

Slippery Pearls –<br />

Originalnegativ des Filmes wurde nach und<br />

nach eingescannt und Bild für Bild am Computer<br />

überprüft!) der ursprüngliche Look der 80er Jahre<br />

The Stolen Jools"<br />

(erstmals in deutscher<br />

Synchronfas-<br />

nicht verloren ging. Auch den (nicht minder<br />

sung) und Bankrupt "<br />

wichtigen) Tonspuren wurde eine ähnlich aufwändige<br />

Honeymoon", dazu noch eine<br />

Behandlung gegönnt, aus den originalen<br />

Stereo-Aufnahmen wurde nun ein bombastischer<br />

Surround-Sound gemixt. Extras: Dokumentationen,<br />

Interviews, Features und Bonus-Material.<br />

(Paramount, 5 Blu-rays, 483 Min.)<br />

50-minütige Dokumentation über ihr privates<br />

Leben, Sammelmaterial wie Postkarten, Lesezeichen<br />

und Türanhänger, eine klasse Trailershow,<br />

mehrere Laurel & Hardy-Animationsfilme<br />

sowie privates Filmmaterial der Beiden,<br />

sortiert nach Entstehungsjahr. Ja, da können die<br />

MINI – THE CAR, THE CULT &<br />

THE SWINGING BEATS<br />

Von Michael Stein & Thomas Pfahl<br />

langen Winterabende kommen ...<br />

(edel, 10 DVDs, 58 Filme,<br />

Gesamtspielzeit 24 Std.)<br />

2012, edel Entertainment GmbH, Hamburg<br />

ISBN 978-3-94000-401-7<br />

120 Seiten; 4 CDs,<br />

39,95 Ð<br />

Der Mini – Klassiker,<br />

Kultobjekt und Lebensgefühl.<br />

STAR WARS<br />

MILLENIUM FALKE YT-1300<br />

2012, Heel Verlag, Königswinter<br />

ISBN 978-3-86852-550-2<br />

128 Seiten; 19,99 Ð<br />

Ende der<br />

Der Millenium Falke" ist<br />

"<br />

50er Jahre rollte im<br />

eines der legendärsten Raumschiffe<br />

britischen Birmingham<br />

aller Zeiten. Berühmt<br />

ein Kleinwagen<br />

vom Band, der ursprünglich nur dazu entwickelt<br />

worden war, seine Insassen möglichst günstig<br />

von einem Ort zum anderen zu bringen. Doch<br />

schnell entpuppte sich das originelle Gefährt als<br />

Verkaufsschlager und wurde kurz darauf Teil des<br />

Lebensgefühls der Swinging Sixties. In Zusammenarbeit<br />

mit dem internationalen Fachmagazin<br />

geworden unter dem Kommando<br />

der Schmuggler Han<br />

Solo und Chewbacca, zeigte<br />

es seine Sonderstellung in<br />

zahlreichen gefährlichen Missionen.<br />

Zahlreiche Modifikationen machten den<br />

ursprünglichen Leichtfrachter zu einem der<br />

schnellsten Schiffe der Galaxis, dessen legen-<br />

Seite 12 ■ GoodTimes 1/2013


leistete. <strong>Die</strong>ses offiziell autorisierte technische<br />

Handbuch präsentiert sämtliche Bordsysteme,<br />

Kontrollen und Steuerungen anhand einer Unmenge<br />

an Grundrisszeichnungen, Diagrammen,<br />

Animationen, Funktionsbeschreibungen und Fotos.<br />

Doch neben allen Diagrammen, technischen<br />

Daten und Grafiken erzählt das Handbuch auch<br />

aus der Entwicklungsgeschichte des YT-1300,<br />

von seiner Konstruktion über den Bau bei der<br />

Correllianischen Ingenieursgesellschaft bis zu<br />

seinem Einsatz bei "<br />

Star Wars". Unschlagbar!<br />

ALLGÄU SIXTIES<br />

Von Peter M. Roese<br />

2012, Lindemanns Bibliothek, Karlsruhe<br />

ISBN 978-3-88190-630-2<br />

320 Seiten; 14,80 Ð<br />

Das beschauliche Kaufbeuren ist Hauptschauplatz<br />

dieser humorvoll erzählten Story um einen<br />

Luftwaffensoldaten und dessen Clique im Allgäu<br />

der 60er Jahre. Der eintönige <strong>Die</strong>nst in der Kaserne,<br />

heiße Feten, eine Band und allerlei Liebeleien<br />

werden in diesem Roman charmant und<br />

voller Lokalkolorit geschildert,<br />

wobei sich die Handlungsplätze<br />

nicht nur auf das<br />

Allgäu beschränken, neben<br />

Oberstdorf,<br />

Mindelheim,<br />

Füssen und Kempten verschlägt<br />

es die Protagonisten<br />

auch ins fränkische Neuhaus<br />

an der Pegnitz, nach Mengen<br />

sowie nach <strong>Die</strong>pholz bei<br />

Bremen. Eine kurzweilige<br />

Lektüre voller Erinnerungen an die (je nachdem<br />

mehr oder weniger) wilden Sixties, bei der man<br />

sich immer wieder gerne eigene Erlebnisse aus<br />

dieser Zeit ins Gedächtnis zurückruft.<br />

WERBEFILM-KLASSIKER<br />

Historische Werbefilme faszinieren heute wegen<br />

ihres eigenen Charmes, aber auch wegen ihrer<br />

zeittypischen Originalität, die im Spiegel der<br />

Zeit teilweise fast naiv daherkommt. Mit einer<br />

einzigartigen 5-DVD-Edition lassen die Spezialisten<br />

von Tacker Film die Vielfalt des Werbefilms<br />

von seinen Anfängen bis in die 70er Jahre hinein<br />

wieder auferstehen. "<br />

Mahlzeit" kümmert sich um<br />

die Lebensmittel im Werbefilm, aufwändige Zeichentrickfilme<br />

versuchen, die Kinobesucher von<br />

den richtigen Senf- oder Sauerkrautmarken zu<br />

überzeugen, präsentieren das (Über-)Angebot der<br />

Wirtschaftswunderzeit. Der Reinlichkeit widmet<br />

sich "<br />

Blitzblank & Sauber", hier wird Wäsche<br />

weißer als weiß – und dazu porentief rein! Fast<br />

übergangslos führt dieses Thema zur nächsten<br />

Filmcollage mit dem Titel "<br />

Hauptrolle: Hausfrau".<br />

Denn kaum jemand wurde in den Werbefilmen<br />

jener Tage mehr umworben als die deutsche<br />

Hausfrau. <strong>Die</strong> perfekt eingerichtete Küche, die<br />

neuesten technischen Helfer, hypermoderne Fertiggerichte<br />

ersetzten die biedere Hausmannskost –<br />

doch eines wird hier auch klargestellt: Der Haushalt<br />

ist Frauensache, Männer haben da nichts<br />

verloren. Auch bei Spieglein, Spieglein" steht<br />

"<br />

das schöne Geschlecht im Mittelpunkt. Make-Up,<br />

Mode und Frisuren werden mit schier unüberschaubarer<br />

Produktvielfalt präsentiert, alles trägt<br />

bei zum Schönheitswahn,<br />

dessen<br />

Auswüchse aus<br />

heutiger Sicht<br />

schon fast (unfreiwillig)<br />

komisch<br />

wirken. Höchst<br />

interessant auch Taler, Taler", die DVD, die sich<br />

"<br />

um das liebe Geld dreht. <strong>Die</strong> Werbung für Sparkassen<br />

und Volksbanken begann mit dem Versuch,<br />

die Menschen davon zu überzeugen, ihr<br />

Geld aus dem Sparstrumpf zur Bank zu tragen.<br />

In den 50ern wurden die Spots dann pfiffiger, bevor<br />

renommierte Filmkünstler alle verfügbaren<br />

Regis ter der (Trick-)Technik zogen. Insgesamt<br />

bieten diese fünf DVDs klasse Einblicke in die<br />

Welt der filmischen Verführungskünste, keine<br />

Frage, das ist Nostalgie pur!<br />

(Tacker Film/Alive, 5 DVDs, 351 Min.)<br />

GLAM-ROCK & CO.<br />

Vier ganz besondere Schätze für Musikfans gibt<br />

es jetzt auf www.emimerch.de zu bergen. In einer<br />

Metallbox sind jeweils eine Vinylsingle sowie<br />

ein 132-seitiges Hardcoverbuch<br />

im Single-Format<br />

verpackt. Für die Fotos war<br />

kein Geringerer als Top-<br />

Fotograf Mick Rock verantwortlich,<br />

der 1966 die<br />

damals noch unbekannten<br />

Pink Floyd vor die Linse<br />

nahm. 1972 gelangen ihm<br />

spektakuläre Aufnahmen, als<br />

er David Bowie auf seiner<br />

Ziggy Stardust"-Tour begleitete,<br />

zahlreiche Bands<br />

"<br />

von Queen über Lou Reed<br />

bis zu den Ramones verwendeten seine Fotografien<br />

als Albumcover. Klasse<br />

auch die musikalische Auswahl<br />

für die Vinylsingles:<br />

"Success/The Passenger"<br />

wurde für die Box von Iggy<br />

Pop ausgewählt, "Starman/<br />

Suffragette City" für David<br />

Bowie, "Octopus/Golden<br />

Hair" zeigt die abgedrehte<br />

Genialität von Syd Barrett.<br />

Für das Thema Glam-Rock<br />

wurde "Virginia Plain/The<br />

Numberer" von Roxy Music<br />

ausgesucht, hier bietet<br />

das Foto-Buch natürlich ein klasse Spektrum<br />

an Künstlern, das von Lou Reed über Mott The<br />

Hoople und Queen bis zu The Sweet reicht.<br />

Sie haben<br />

gewählt!<br />

Hier sind die<br />

60 besten<br />

<strong>kult</strong>Hits!<br />

Zusammengestellt<br />

von den<br />

Lesern der


A u f<br />

Von Eckhard Schwettm<br />

mann<br />

der ganzen Welt<br />

saßen die Menschen stun-<br />

denlang vor den Fernsehern, um<br />

bei einem historischen Jahrhundert-<br />

ereignis dabei zu sein. Am 20. Juli 1969<br />

um 21.17 Uhr war es dann soweit: Erstmals<br />

landeten Menschen auf dem Mond und teil-<br />

Straßenfeger"<br />

ten dies in einem Funkspruch an die Erde mit:<br />

„ nannte<br />

man seit den<br />

" Houston, Tranquillity Base here. The Eagle<br />

has landed!" Allen unscharfen TV-Bildern und<br />

60er Jahren<br />

TV-Ereignisse,<br />

tagelanger mühsamer Live-Übertragung<br />

die das öffent-<br />

zum Trotz: <strong>Die</strong>se Sternstunde<br />

liche Leben<br />

zum Erliegen<br />

der Raumfahrt war zugleich<br />

brachten.<br />

auch ein Höhepunkt der<br />

Als Pionier-<br />

Fernsehgeschichte.<br />

Sendung<br />

gilt<br />

die Krimiserie rie „Das<br />

Es<br />

Halstuch" von Francis<br />

sogar<br />

Durbridge, die 1962 eine<br />

Einschaltquote von 90 Prozent<br />

erreichte. <strong>Die</strong> Fußball-WM 1966 schaffte beim<br />

Endspiel England gegen Deutschland ähnliche<br />

Werte. Aber alle bisherigen Rekorde wurden im<br />

Juli 1969 gebrochen, als geschätzte 600 Millionen<br />

Menschen rund um den Globus wie gebannt<br />

vor den TV-Bildschirmen saßen. Weltweit war<br />

die Hälfte aller Fernsehsender zugeschaltet als<br />

am 20. und 21. Juli live berichtet wurde, wie<br />

die Mondfähre von Apollo 11 auf dem Mond<br />

landete und Neil Armstrong als erster Mensch<br />

den Mond betrat. Ein weiterer Rekord steht bis<br />

heute: Es war die längste ununterbrochene<br />

Live-Übertragung aller Zeiten.<br />

Dabei waren Fernsehgeräte 1969<br />

bei weitem nicht so verbreitet<br />

wie heute. Erst 1975 besaßen<br />

fl ächendeckende 93 Prozent<br />

aller deutschen Haushalte eine<br />

Flimmerkiste, 1969 waren es noch<br />

deutlich weniger als 50 Prozent.<br />

war<br />

üblich,<br />

dass man zu Freunden<br />

oder Verwandten ging, sofern man keinen eigenen<br />

Fernseher zu Hause hatte. Bei der <strong>Mondlandung</strong> spielte<br />

das Fernsehen seinen großen Vorteil aus, der zuvor nur bei<br />

Sportereignissen zum Tragen kam und heute selbstverständlich ist:<br />

Es gab keine nachträgliche Berichterstattung, wie in Nachrichten,<br />

Wochenschauen oder Zeitungen, sondern man konnte live zusehen,<br />

wie Geschichte geschrieben wurde. „Fernsehen heißt dabei sein"<br />

lautete nun das Motto für den unaufhaltsamen Siegeszug des<br />

neuen Massenmediums.<br />

Für die Fernsehsender war die <strong>Mondlandung</strong> eine ganz neue<br />

Herausforderung. In Deutschland berichteten gleich zwei Apollo-<br />

Sonderstudios: Federführend bei der ARD war der WDR in<br />

Köln, wo Günter Siefarth 28 Stunden lang live berichtete,<br />

umgeben von einem Team aus Experten wie Ernst von<br />

Khuon, der mit seinem Team aus Wissenschaftlern auch<br />

telefonisch gestellte Fragen der Zuschauer beantwortete.<br />

Günter Siefarth war ein bekanntes Fernsehgesicht.<br />

Er hatte 1961 zusammen mit Addi Furler und Ernst<br />

Huberty die ARD-„Sportschau" begründet und moderierte<br />

Wahlsondersendungen. Beim WDR-Fernsehen leitete er<br />

die Wissenschaftsredaktion und war Sendeleiter.<br />

Seite 14 ■ GoodTimes 1/2013


Im ZDF berichtete Heinrich Schiemann live aus<br />

Mainz. Schon 1938 machte er sein Examen als<br />

Luftfahrtingenieur und arbeitete danach bei<br />

der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt.<br />

Ab 1947 war er als Wissenschaftsredakteur<br />

beim NDR tätig und wechselte 1963 zum ZDF,<br />

wo er bis zu seiner Pensionierung 1981 die<br />

Abteilung „Naturwissenschaft und Technik" leitete.<br />

Einem<br />

breiten<br />

Publikum<br />

bekannt wurde<br />

Schie mann durch die<br />

ZDF-Sendereihe „Aus<br />

Forschung und Technik".<br />

Das ORF produzierte in<br />

Österreich eine 28 Stunden<br />

und 28 Minuten dauernde<br />

Livesendung, kommen-<br />

Fr<br />

agen der Zuschauer.<br />

tiert von Herbert Pichler,<br />

der zuvor schon im Bereich<br />

Im ARD-Studio wurde an<br />

Nachbauten demonstriert, was<br />

gerade bei Apollo 11 passierte.<br />

Das WDR-Studio für die ARD-<br />

Livesendun<br />

g hatte futuristische<br />

Tischverkleidungen.<br />

<strong>Die</strong> Redaktionstische des WDR<br />

wirkten wie eine Mini-Ausg<br />

abe des<br />

Nasa-Kontrollzentrums in Houston.<br />

Anschauliche Grafiken informierten<br />

über den Ablauf der Apollo-Mission,<br />

hier die Trennung von Mutterschiff<br />

und Mondfähre.<br />

der Weltraummedizin<br />

mit Wernher von Braun<br />

zusammengearbeitet<br />

hatte. Der Mathematiker<br />

und Journalist Bruno L.<br />

Stanek berichtete für das<br />

Schweizer Fernsehen, wobei<br />

hier aber in dieser Zeit auch<br />

andere Sendungen gezeigt<br />

wurden.<br />

Alle Livesendungen wurden<br />

in Farbe ausgestrahlt,<br />

was zu dieser Zeit nicht<br />

selbstverständlich war. Erst<br />

weniger als zwei Jahre<br />

zuvor, am 25. August<br />

1967, hatte Willy Brandt<br />

auf der Internationalen<br />

Funkausstellung in Berlin<br />

offiziell das Farbfernsehen<br />

in Deutschland mit einem<br />

Knopfdruck gestartet.<br />

Farbfernsehgeräte<br />

waren im Sommer 1969<br />

noch wenig verbreitet.<br />

Sie waren sehr teuer und<br />

galten daher als echtes<br />

Luxusobjekt. Zudem waren<br />

sie noch recht störanfällig,<br />

und die Farben wirkten<br />

sehr künstlich.<br />

Das Fernsehen war im<br />

Sommer 1969, als die<br />

<strong>Mondlandung</strong> die Welt in<br />

Atem hielt, ein noch junges<br />

und neues Medium. In<br />

den 60er Jahren wurde das<br />

Programmangebot ständig<br />

erweitert, Regional- und<br />

Werbeprogramme wurden<br />

ausgebaut, Fernsehserien<br />

wie „Lassie", „Fury" oder<br />

„Bonanza" aus Amerika<br />

eingekauft. <strong>Die</strong> dritten<br />

Programme gingen mit<br />

Bildungssendungen neue<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 15<br />

Wege. Für das Fernsehen hatte die <strong>Mondlandung</strong><br />

allgemein große Bedeutung: Mit diesem<br />

Ereignis schaffte ein neues Massenmedium<br />

endgültig den gesellschaftlichen Durchbruch.<br />

Schon 1928 wurde auf der Funkausstellung<br />

in Berlin das Fernsehen als neues Medium<br />

vorgestellt, danach die Technik immer weiter<br />

verfeinert und ausgebaut. Weihnachten<br />

1952 nahm der Nordwestdeutsche Rundfunk<br />

den Sendebetrieb auf, für zunächst drei Stunden<br />

Sendezeit täglich. Große Ereignisse, die live übertragen<br />

wurden, waren 1953 die Krönung Königin Elizabeths II.<br />

und ein Jahr später die Fußballweltmeisterschaft, als Deutschland<br />

im Endspiel die favorisierten Ungarn besiegte. Heute unvorstellbar:<br />

Es gab nur ein TV-Programm. Das änderte sich mit dem Start des<br />

Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) am 1. April 1963 sowie dem<br />

Aufbau der dritten Programme in der ARD. Von Anfang an stand<br />

das ZDF ganz bewusst im Wettbewerb mit der ARD.<br />

Das Team von Apollo 11 (v.l.n.r.): Neil Armstrong,<br />

Michael Collins und Buzz Aldrin.<br />

<strong>Die</strong>se Konkurrenz der beiden Sender gab es natürlich auch bei der<br />

Übertragung der <strong>Mondlandung</strong>. Dabei wirkte das ARD-Studio mit<br />

seinen futuristischen Tischverkleidungen moderner als das etwas<br />

biedere ZDF, das Zuschauer als Publikum im Studio hatte, ähnlich<br />

dem ZDF-„Sportstudio". Dafür hatte die ARD mit dem eleganten<br />

Lothar Löwe einen der beliebtesten Fernsehjournalisten dieser Zeit<br />

im Team. Natürlich hatten beide Sender ein Modell der Mondfähre<br />

im Studio, an dem anschaulich gezeigt werden konnte, was gerade<br />

passierte und welche Arbeiten die Astronauten gerade ausführten.<br />

Denn live zu sehen waren diese über lange Strecken<br />

nicht. Ihre Manöver wurden im Studio nachgestellt.<br />

Livebilder gab es vor allem aus dem<br />

Kontrollzentrum in Houston, wo in langen<br />

Reihen Techniker vor kleinen Monitoren<br />

saßen. Dort stand Werner Büdler für<br />

Liveschaltungen per Telefon für die<br />

ARD bereit, während sein Kollege<br />

Friedrich Müller teils zeitgleich für<br />

das ZDF aus USA im Stile eines<br />

Radioreporters berichtete.<br />

Da die Fernsehzuschauer nur über<br />

ein Gerät verfügten und so nur einen<br />

Sender schauen konnten, schalteten<br />

sie immer wieder um. Wollte man<br />

zuhören, wie Ernst von Khuon Fragen


der Zuschauer beantwortete, ging es zur ARD. Heinrich Schiemanns<br />

sachkundige Ausführungen zur Raumfahrt im ZDF wurden dann<br />

zwangsläufig verpasst, ebenso ein Rückblick auf die Geschichte der<br />

Raumfahrt, den das ZDF in Farbe ausstrahlte. Dafür sah man womöglich<br />

ein Gespräch der beiden Raumfahrtpioniere Hermann Oberth und<br />

Wernher von Braun in der ARD oder wurde in einfachen grafischen<br />

Darstellungen über das komplizierte Landemanöver informiert. Sobald<br />

aber in Houston etwas passierte<br />

und Live-Aufnahmen gezeigt wurden,<br />

etwa von der Mondfähre oder<br />

den Astronauten Neil Armstrong<br />

und Buzz Aldrin auf dem Mond<br />

oder Präsident Richard Nixon,<br />

wie er vom Weißen Haus aus mit<br />

Armstrong auf dem Mond telefonierte,<br />

dann waren Bild und<br />

Originalton in beiden Sendern<br />

gleich.<br />

Kritik wurde laut, warum sich<br />

nicht beide Sender für dieses<br />

Ereignis zusammengetan hatten<br />

und gemeinsam übertrugen. Das<br />

hätte Kosten gespart, so der Tenor,<br />

und man hätte keinen der interessanten<br />

Beiträge beider Sender<br />

versäumt.<br />

Eine Live-Fernsehübertragung<br />

vom Mond! Was heute noch<br />

unglaublich klingt, war vor mehr als<br />

40 Jahren ein technisches Wunder.<br />

Möglich wurde diese Übertragung<br />

von Apollo 11 durch eine eigens konstruierte Schwarzweiß-Kamera,<br />

die zuvor bei Apollo 9 im Erdorbit getestet wurde. Sie übertrug die<br />

ersten Schritte von Neil Armstrong auf dem Mond von einem außen<br />

angebrachten Fach neben der Leiter. Aus Platzgründen war die Kamera<br />

kopfüber montiert, so dass das Bild auf der Erde gedreht werden<br />

musste. Nachdem die beiden Astronauten auf der Mondoberfläche<br />

waren, setzte Armstrong die Kamera auf ein Stativ etwa zehn Meter<br />

entfernt, um von dort aus die Mondfähre und die Aktivitäten der<br />

Astronauten zu filmen. Eine Parabolantenne von 66 Zentimetern<br />

Durchmesser an der Spitze der Mondfähre übertrug das Fernsehsignal,<br />

biomedizinische Daten und Sprechfunk direkt zur Erde. Dort gab es drei<br />

Empfangsstationen: In Goldstone, Kalifornien, war eine Parabolantenne<br />

mit 64 Metern Durchmesser empfangsbereit. Das TV-Signal wurde in<br />

den amerikanischen NTSC-Standard konvertiert und nach Houston<br />

übermittelt, dann von dort<br />

aus an Fernsehsender in aller<br />

Welt weitergegeben. Zwei<br />

weitere<br />

Empfangsstationen<br />

waren in Australien, Parkes<br />

und Honeysuckle Creek. Sie<br />

sendeten via Satellit nach<br />

Houston.<br />

Bereits am 16. Juli<br />

1969 war Apollo 11 in Cape<br />

Canaveral in Florida gestar-<br />

<strong>Die</strong> ersten TV-Bilder vom Mond<br />

tet, was natürlich weltweit<br />

waren sehr verschwommen. via Satellit übertragen wurde.<br />

An Bord waren die drei<br />

Astronauten Neil Armstrong,<br />

Buzz Aldrin und Michael<br />

Collins. Im Mondorbit angekommen,<br />

stiegen Buzz Aldrin<br />

und Neil Armstrong in die<br />

Mondlandefähre „Eagle" um.<br />

Nachdem die Landebeine der<br />

Fähre ausgeklappt waren,<br />

trennten sie das Landegerät<br />

vom Mutterschiff, in dem<br />

So unscharf sah es live im Fernsehen<br />

Michael Collins verblieb. Ihr<br />

aus: Neil Ar<br />

mstrong betritt als erster<br />

Me<br />

nsch den Mond.<br />

Seite 16 ■ GoodTimes 1/2013<br />

Ziel war das geplante Landegebiet<br />

im Mare Tranquillitatis, das Meer<br />

der Stille. <strong>Die</strong> <strong>Mondlandung</strong><br />

musste bei direkter<br />

Sonneneinstrahlung, also<br />

optimalen Sichtverhältnissen,<br />

durchgeführt werden; ebenso<br />

der Rückstart zum Mutterschiff<br />

„Columbia". Das begrenzte den<br />

Landeplatz für die Mondfähre<br />

auf Gebiete in der Nähe des<br />

Mondäquators. Am 20. Juli 1969 um<br />

21.17 Uhr MEZ setzten sie etwa 4,5<br />

Kilometer hinter dem geplanten Landegebiet<br />

auf. Neil Armstrong musste per Handsteuerung<br />

landen, da es einen Computerfehler gab. Am Montag (dem dann so<br />

genannten Mond-Tag), 21. Juli 1969 um 03:56:20 MEZ (in den USA<br />

war es noch der 20. Juli), betrat Neil Armstrong als erster Mensch den<br />

Mond und sprach die berühmten Worte: „That's one small step for a<br />

man, one giant leap for mankind!” („Das ist ein kleiner Schritt für einen<br />

Wernher von Braun (4. v. l.<br />

) und das Führungsteam der Nasa<br />

freuten sich über den gelungenene Start von Apollo 11.<br />

Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit!"). 20 Minuten<br />

später verließ auch Buzz Aldrin die Mondfähre. Nachdem spektakulär<br />

und symbolträchtig die US-Flagge gehisst worden war, bauten die beiden<br />

Astronauten einige kleine Forschungsgeräte auf, um unter anderem<br />

That's one small step for a man,<br />

"<br />

one giant leap for mankind!"<br />

die seismischen Aktivitäten des Mondes zu erfassen. Ein Laserreflektor<br />

ermöglichte es, die Entfernung zwischen Mond und Erde exakt zu<br />

messen. Außerdem<br />

wurden 21,6 Kilo<br />

Gestein gesammelt.<br />

Der erste<br />

Aufenthalt auf der<br />

Mondoberfläche<br />

endete nach zwei<br />

Stunden und 31<br />

Minuten.<br />

<strong>Die</strong> Astronauten<br />

strahlten<br />

Anschauliche Trickfilme beim WDR: <strong>Die</strong> eine unglaubliche<br />

Ruhe und<br />

Mondfähre "<br />

Eagle" mit dem Mutterschiff<br />

Columbia während der Apollo-11-Mission. Souveränität aus.<br />

Überall herrschte große Erleichterung, dass dieser wichtige Teil der<br />

Mission gemeistert wurde. Dabei gab es auf dem Mond erhebliche<br />

Probleme. Der Hebel eines Schalters war abgebrochen, ein weiterer<br />

Foto: © WDR<br />

Fotos: © Nasa


war nicht in der vorgesehenen Position. Offenbar hatte Aldrin mit<br />

dem „Mond-Rucksack" die Schalter erwischt, die für den Start<br />

benötigt wurden. Mit einem Filzstift gelang es dann aber, die<br />

Schalter zu betätigen. Der Start klappte problemlos, die Fähre<br />

schwenkte in eine Mondumlaufbahn ein und koppelte wieder<br />

an die Kommandokapsel von Collins an. Auch für heutige<br />

Verhältnisse ein unglaublich kompliziertes Manöver. Nachdem<br />

Armstrong und Aldrin umgestiegen waren, wurde die Mondfähre<br />

abgestoßen, und Apollo 11 nahm Kurs Richtung Erde. Am 24. Juli<br />

1969 landete die Kapsel 1600 Kilometer südwestlich von Honolulu<br />

im Pazifik und wurde vom Bergungsschiff USS Hornett an Bord geholt.<br />

Nach 17 Tagen in Quarantäne wurden die drei<br />

Astronauten mit Paraden in New York, Chicago<br />

und sogar in Mexico City frenetisch gefeiert.<br />

Juri Gagarin, der<br />

erste Mensch<br />

im Weltraum.<br />

Eine schier unglaubliche Expedition, die<br />

Jahre zuvor noch als reine Science Fiction<br />

belächelt wurde, hatte ein erfolgreiches und<br />

glückliches Ende gefunden. John F. Kennedys<br />

Ankündigung aus dem Jahr 1961, man werde<br />

noch in diesem Jahrzehnt einen Menschen<br />

zum Mond bringen<br />

und heil wieder<br />

zurück, wurde von<br />

den Amerikanern in<br />

die Tat umgesetzt.<br />

<strong>Die</strong> USA hatten<br />

den „Wettlauf zum<br />

Mond" gegen die<br />

UdSSR gewonnen,<br />

die zuvor mit dem<br />

„Sputnik-Schock"<br />

und Juri Gagarin als erstem Menschen im Weltraum den Ton angaben.<br />

Fünf weitere Apollo-Missionen der Nasa<br />

landeten auf dem Mond, Alan Shepard<br />

von Apollo 14 spielte dort sogar Golf, und<br />

mit Apollo 15 wurde zum ersten Mal ein<br />

Mondauto benutzt. David Scott und James<br />

Irvin erkundeten damit die Umgebung der<br />

Landestelle. Insgesamt zwölf Menschen<br />

waren mit dem Apollo-Programm auf<br />

dem Mond gelandet. Zuletzt verließ am<br />

12. Dezember 1972 Eugene Cernan von<br />

Apollo 17 als letzter Mensch den Mond.<br />

Das Medieninteresse war zu diesem<br />

Zeitpunkt weltweit längst nicht mehr so<br />

groß wie bei der Premiere mit Apollo 11.<br />

<strong>Die</strong> Öffentlichkeit hatte sich schnell daran<br />

gewöhnt, dass die Amerikaner zum Mond<br />

flogen wie andere in den Urlaub. Lediglich<br />

Apollo 13 hatte mit einem technischen<br />

Defekt und einer Explosion an Bord auf dem Hinflug die Welt im April<br />

1970 noch einmal in Atem gehalten und sorgte auch im deutschen<br />

Fernsehen wieder für lange Livesendungen. Spektakulär waren die<br />

Rettungsmaßnahmen, die am Ende alle drei Astronauten lebend auf<br />

die Erde zurückbrachten, allerdings landeten sie nicht auf dem Mond.<br />

<strong>Die</strong> Apollo-11-Besatzung wurd<br />

auch bei einer Parade in Mexico Ci<br />

Das Apollo-Programm kostete nach Schätzungen vom Start 1961<br />

bis zum Ende 1972 mehr als 25<br />

Gl<br />

ückl<br />

klic<br />

iche<br />

Milliarden Dollar, nach heu-<br />

Land<br />

ung im Paz<br />

azifi<br />

ifik. tigen Maßstäben entspräche<br />

das rund 125<br />

Milliarden Euro.<br />

Mehr als 400.000<br />

Menschen waren<br />

in mehr als 5000<br />

Firmen mit diesem<br />

Programm beschäftigt.<br />

Im Bereich Forschung<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 17<br />

Nach 17 Tagen Quarantäne endlich wieder an der frisc<br />

hen Luft:<br />

die ersten drei Mondtouristen Buzz Aldrin, Neil Armstrong und<br />

Michael Collins (v.l.).<br />

und Entwicklung brachte es einen wirtschaftlichen Aufschwung für<br />

zahlreiche Industriebetriebe und viele Innovationen hervor.<br />

Neil Armstrong, der erste Mensch, der den Mond betrat, starb am<br />

26. August 2012 im Alter von 82 Jahren an den Folgen einer Bypass-<br />

Operation. Nasa-Chef Charles Bolden schrieb dazu in einem Nachruf:<br />

„Solange es Geschichtsbücher gibt, wird Neil Armstrong als derjenige<br />

darin zu finden sein, der den ersten kleinen Schritt eines Menschen in<br />

einer Welt fern der eigenen gemacht hat."<br />

Alles Lüge? <strong>Die</strong> <strong>Mondlandung</strong>en sind bis heute Objekt zahlreicher<br />

Verschwörungstheorien. Dabei gehen Autoren wie Bill Kaysing davon<br />

aus, dass Hollywood federführend war und nicht die Nasa. Es fehlen<br />

aber die Beweise, dass hier Schauspieler in einem Studio etwas vorgegaukelt<br />

haben. Ganz im Gegenteil wurde 2009 sogar der Landeplatz<br />

von Apollo 11 von einer unbemannten<br />

Sonde fotografiert. Auch die Russen<br />

bezweifeln den Erfolg der amerikanischen<br />

Apollo-Mission nicht. Nur drei Tage vor<br />

Apollo 11, am 13. Juli 1969, war Luna<br />

15 gestartet, eine unbemannte Sonde.<br />

Das sorgte für einige Aufregung, und<br />

Gerüchte über Spionage und Sabotage<br />

machten die Runde. Schließlich war man<br />

im „Kalten Krieg". Auch wenn der UdSSR<br />

keine bemannte Landung auf dem Mond<br />

gelang, hatte sie doch die Aktivitäten<br />

der Amerikaner im Weltraum immer fest<br />

im Blick.<br />

Zum TV-Live-Marathon zur Mond landung<br />

r e weltweit gefeiert,<br />

C ty.<br />

hat der WDR eine Anekdote überliefert:<br />

Ein Fernsehzuschauer der<br />

ARD fand die Programmänderungen am „Mond-<br />

Tag" unerhört. Er rief in Köln an und<br />

beschwerte sich bei der Sendeleitung:<br />

„Warum senden Sie nicht zu den Zeiten,<br />

die ,Hörzu‘ ausgedruckt hat? Wen<br />

interessiert denn schon den ganzen<br />

Tag die <strong>Mondlandung</strong>?" <strong>Die</strong>ser<br />

Mensch dürfte aber eine absolute<br />

Ausnahme gewesen sein,<br />

die allermeisten fanden die<br />

Berichterstattung rund um die<br />

<strong>Mondlandung</strong> mehr als spannend,<br />

und viele erinnern sich<br />

noch heute gut an jenen Tag,<br />

der als einer der Höhepunkte<br />

des 20. Jahrhunderts gilt. Für<br />

die Raumfahrt und für die<br />

Geschichte des Fernsehens.


Seite 18 ■ GoodTimes 1/2013


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GoodTimes 1/2013 ■ Seite 19<br />

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– Rüdiger Schirrmacher, Essen<br />

– Eduard Kremser, Neckargerach<br />

– Harald Schwab, Schwandorf<br />

Herzlichen Glückwunsch!


Seite 20 ■ GoodTimes 1/2013


Fotos: © Reiner Schöne Archiv<br />

Reiner Schöne<br />

Von Philipp Roser<br />

Vo n der Eintagsfliege<br />

zum Welt-Star<br />

Am 19. Januar hat Reiner Schöne seinen 70. Geburtstag gefeiert. Kein Grund für<br />

den Mann, der in Wikipedia kurz als „deutscher Schauspieler, Synchronsprecher,<br />

Sänger, Songwriter und Autor „ beschrieben wird, kürzer zu treten. Im Gegenteil, der<br />

gebürtige Weimaraner legt wie so oft in seiner langen Laufbahn mal wieder richtig<br />

los: Neben seinen Aktivitäten als Schauspieler bringt er in diesen Tagen nicht nur<br />

seine Autobiografie „Werd ich noch jung sein, wenn ich älter bin „ als Buch und<br />

Hörbuch heraus. Parallel veröffentlicht er mit seiner neu besetzten Reiner Schöne<br />

Band die CD MITTEN INS HERZ. Mit dabei: der fast schon legendäre Jazzpianist<br />

und Manfred-Krug-Sideman Ulrich Gumpert, der ebenfalls aus Weimar stammt.<br />

Schon seit ihrer Jugend kennen sich die beiden, doch<br />

es dauerte fünf Jahrzehnte, bis sie musikalisch endlich<br />

zusammenfanden. „Uli ist ein Groover, er spielt<br />

den Blues so, wie ich Blues spielen würde, wenn ich<br />

anständig Klavier spielen könnte", sagt Schöne, der „nur"<br />

anständig Gitarre spielen und röhren kann – und auf einen langen<br />

Weg vom Liedermacher zum Rock'n'Roller zurückblicken kann. Und<br />

den beschreibt er in seiner Autobiografie höchst anschaulich. Das tut er<br />

(meist) chronologisch, aber eindringlich mit nachdenklichen Untertönen<br />

in einzelnen, kurz gehaltenen Kapiteln, die er in den letzten Dekaden<br />

festgehalten hat – häufig wenn<br />

er unterwegs war. Am Ende jeder<br />

dieser Episodenschilderungen hat<br />

er notiert, wann und wo er seine<br />

Erinnerungen jeweils festhielt.<br />

Reiner Schöne – nicht zu verwechseln<br />

mit dem ebenfalls<br />

aus der früheren DDR stammenden<br />

Balladier Gerhard<br />

Schöne – kann auf eine wilde<br />

Vergangenheit zurückblicken, seit<br />

er einen anschaulich geschilderten<br />

britischen Bombenangriff auf<br />

Weimar überlebte, wo er eine<br />

Schauspielausbildung absolvierte<br />

und seine ersten musikalischen<br />

Gehversuche mit Bands wie <strong>Die</strong> Eintagsfliegen (mit<br />

eigenen Texten zu bekannten Popsongs; erster Song<br />

beim ersten Auftritt: Bill Haleys "Rock Around The<br />

Clock") oder Skiffle Tramps absolvierte.<br />

Umtriebig, wie er immer war, schaffte er es in jungen<br />

Jahren am 4. April 1961 nach einem Konzert von<br />

Mahalia Jackson in West-Berlin in deren Garderobe<br />

vorgelassen zu werden, um mit ihr zu plauschen; Jahre<br />

später ließ er sich von Miles Davis und Cannonball<br />

Adderley im kalifornischen Monterey Autogramme in<br />

seine Akustikgitarre ritzen. Da hatte er längst „rübergemacht":<br />

Nachdem er in den Monaten zuvor bereits<br />

zwei Konzerte in West-Berlin bestritten hatte, kehrte er<br />

am 26. Mai 1968 nicht mehr zurück, blieb im Westen,<br />

was er „drei Jahre lang gefürchtet und hinausgezögert"<br />

hatte. Und die Flucht sollte ihn lange begleiten,<br />

ja verfolgen. „Ich hatte jede Nacht denselben Traum,<br />

denselben Alptraum: Ich träumte, ich wäre wieder in Ost-Berlin, stand am<br />

Bahnhof Friedrichstraße und war in Panik", erinnert er sich heute.<br />

Dabei war es im Westen für Schöne Schlag auf Schlag vorwärtsgegangen:<br />

In "<br />

America" arbeitete Schöne mit Kris Kristofferson. Auch in "<br />

Star Trek" mischte er mit ...<br />

... und spielte in "<br />

Jesus Christ Superstar".<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 21<br />

Er ergatterte Hauptrollen bei den deutschen Erstaufführungen<br />

der Rockmusicals „Hair" und „Jesus Christ Superstar", erlebte<br />

den Summer Of Love live an der US-Westküste mit, wohin es ihn<br />

später auch beruflich verschlagen sollte. Er verbrachte einige Zeit<br />

im legendären New Yorker Chelsea Hotel, er drehte mit Lee Van<br />

Cleef („Sabata kehrt zurück", 1971), Clint Eastwood („Im Auftrag des<br />

Drachen", Originaltitel „The Eiger Sanction", 1975) oder Kris Kristofferson<br />

(„America", 1986). Er zog 1975 für gut ein Vierteljahrhundert nach<br />

Kalifornien und stand dort für Serien wie „<strong>Die</strong> Rückkehr zur Schatzinsel",<br />

„MacGyver", „Star Trek" oder „Matlock" vor der Kamera, kehrte aber<br />

auch immer wieder für Synchron-, Theater- und Leinwandrollen sowie<br />

Plattenaufnahmen kurzzeitig in die alte Heimat zurück. Was er alles kurzweilig<br />

in seinem neuen Buch schildert, das er nach seinem größten Hit<br />

betitelt hat, den ihm einst Konstantin Wecker, sein Kumpel und Mitspieler<br />

in „Jesus Christ Superstar", auf<br />

die Stimmbänder geschrieben<br />

hatte.<br />

Auch als Sänger ließ Schöne<br />

immer wieder aufhorchen,<br />

seit er 1970 bei der ESC-<br />

Vorausscheidung mit "Allein<br />

unter Millionen" Platz zwei<br />

belegt hatte. „Ich kam aus der<br />

eher sanften Liedermacherei,<br />

und genau das erwartete mein<br />

Publikum: sanfte Klänge", beschreibt er seinen (rock-)<br />

musikalischen Neuaufbruch von 1979 mit der Reiner<br />

Schöne Band. „Aber auf die Bühne kam ein harter<br />

Haufen in Leder, die Lautstärkeregler auf zehn, und<br />

beim ersten Brett, das geflogen kam, hielten sich unten<br />

alle die Ohren zu ... So muss es bei Bob Dylan gewesen<br />

sein, als er von der Akustikgitarre auf die Elektrizität<br />

umstieg und ihm die Folkpuristen den Rücken kehrten."<br />

Sicher ein gewagter Vergleich, der aber keineswegs<br />

hochnäsig daherkommt, sondern wie die meisten<br />

Schilderungen Schönes, Entwicklung und Schaffen<br />

nachvollziehbar und spannend zu lesen macht.<br />

"Werd ich noch jung sein, wenn ich älter bin" hat<br />

Schöne für die neue CD nochmals aufgenommen („weil<br />

der Song schon ewig nicht mehr erhältlich ist") und<br />

wird ihn bei seiner Deutschlandtournee im Oktober<br />

(Fortsetzung im März 2013) als Zugabe spielen. Aber<br />

auch auf der Leinwand ist er präsent, derzeit mit „<strong>Die</strong> vierte Macht" (mit<br />

Moritz Bleibtreu), außerdem läuft im Oktober seine neueste Produktion<br />

„The Child" an.


Indianer im Western:<br />

Der lange Weg<br />

zur Wahrheit<br />

Ohne<br />

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zulö<br />

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sche<br />

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lt<br />

.<br />

Indianer starben in den Western zuhauf. Realistisch, könnte man<br />

meinen. Denn die Historie des Roten Mannes wurde mit seinem<br />

Blut geschrieben. Hunderttausende, ja Millionen Männer, Frauen<br />

und Kinder kamen um oder wurden bei der Eroberung der Neuen<br />

Welt ermordet. Es war aber nicht dieser Ausrottungsfeldzug, der mit<br />

dem Sterben der Indianer in den alten Western thematisiert wurde.<br />

Vielmehr mussten die Natives als Zielscheiben für tapfere Cowboys und<br />

Soldaten herhalten, die sich einer indianischen Übermacht erwehrten<br />

und den trotteligen Indsman kaltblütig vom Pferd schossen, niederstachen<br />

oder erschlugen. Und der amerikanische Teenager applaudierte<br />

seinen Helden und buhte die Indianer aus. „Und wir lernten unseren<br />

Katechismus gut", schrieben Ralph E. und Natasha A. Friar in ihrem<br />

Buch „The Only Good Indian … The Hollywood Gospel" (1972) über<br />

eigene Kindheitserfahrungen nach Kinobesuchen. „Der Indianer war<br />

schmutzig, schlecht, böse, gemein, grausam, hilflos, hinterlistig, teuflisch<br />

und einfach nicht nett."<br />

Man täte den unzähligen Western-Regisseuren allerdings Unrecht,<br />

scherte man sie sämtlichst über einen Kamm. Vor allem zu<br />

Zeiten des Stummfilms, als die Figuren in den Stories über smarte<br />

Revolverhelden manchmal recht hölzern gezeichnet wurden, gab es<br />

Bemühungen, Indianer als Menschen darzustellen. Michael Parkinson<br />

und Clyde Jeavons heben in ihrem Buch „A Pictorial History Of<br />

Westerns" (1972) den Pionier des Genres, Thomas<br />

H. Ince, mit seinen Filmen „The Indian Massacre"<br />

(1912) und „The Heart Of An Indian" (1913)<br />

hervor, aus denen eine unverkennbare Sympathie<br />

für das Schicksal der Urbevölkerung sprach. Auch<br />

David Wark Griffith,<br />

der Kurzwestern wie<br />

am Fließband produzierte,<br />

warb in „The<br />

Massacre" (1912) um<br />

The Indian Massacre The Indian Massacre einen verständnisvollen<br />

Umgang mit dem Kampf der Indianer um ihre Freiheit. „Zu einer<br />

Zeit, da sich Hollywood erst zu entwickeln begann … bemühte man<br />

sich nicht ohne Erfolg um realistische<br />

Western-Filme", beschreibt Michael<br />

Hanisch in „Western – <strong>Die</strong> Entwicklung<br />

eines Filmgenres" (1984) den Sinn für<br />

Authentizität in den Anfangsjahren der<br />

laufenden Bilder. „Lag es daran, dass The Heart Of An Indian<br />

man im Westen, wo diese Filme gedreht wurden, auf Schritt und Tritt<br />

auf Menschen stieß, die selbst jene Vorgänge direkt noch miterlebt<br />

hatten, die mit der Eroberung des Westens zusammenhingen? Nicht<br />

nur die Indianer, die (unter anderem) für Ince arbeiteten, konnten den<br />

Wahrheitsgehalt der einzelnen Szenen, in denen sie selbst spielten,<br />

sehr genau beurteilen. All das zusammengenommen verhinderte allzu<br />

fantastische, wirklichkeitsferne Erzählungen, wie sie für den Western in<br />

den folgenden Jahrzehnten charakteristisch werden sollten."<br />

Es kamen die Dekaden, in denen Indianer nicht<br />

mehr sein durften als eine gesichtslose Masse.<br />

Das Stilmittel war bewährt, denn der Zuschauer<br />

konnte nur zu Figuren emotionale Bindungen<br />

aufbauen, die ein Schicksal und Gefühle hatten;<br />

die lachten, weinten, zornig waren oder<br />

zärtlich. Eben Leute wie sie selbst oder der<br />

Nebenmann im Kinostuhl. Und obwohl in den<br />

50er Jahren erste indianische Charaktere in den<br />

Western ern zurückkehrten, blieb die Anzahl<br />

der roten Männer<br />

und Frauen, die der<br />

Fan im wahrsten<br />

Sinne des Wortes<br />

kennen lernen<br />

durfte, gering. Das<br />

Apachen-Mädchen Sonseeahray in „Der gebrochene<br />

Pfeil" (1950) zum Beispiel oder der<br />

Schoschonen-Häuptling Lance Pool – gespielt<br />

von Robert Taylor – in<br />

„Fluch des Blutes"<br />

(1950). Als Identifikations<br />

figuren<br />

eigneten sich diese<br />

Personen aber nicht.<br />

Dann schon eher ein<br />

Halbblut b wie in „Flammender Stern" (1960). Hier<br />

spielt Elvis Presley den hitzigen Pacer Burton,<br />

dessen Vater ein Kiowa-Häuptling war. Schon<br />

die Besetzung zeigt an: Mit diesem Helden<br />

dürfen wir mitfühlen. Und die Story eines zwischen<br />

den Welten und deren Konflikten hinund<br />

hergerissenen jungen Mannes berühr-<br />

Seite 22 ■ GoodTimes 1/2013


te zweifellos. Ebenso<br />

wie das Schicksal von<br />

Farmerstochter Rachel<br />

in „Denen man nicht<br />

vergibt" (1960). Hier<br />

Denen man nicht vergibt spielt die wie immer<br />

herzzerreißend bezaubernde Audrey Hepburn eine<br />

Kiowa-Indianerin, die bei einer weißen Familie<br />

aufgewachsen ist, ohne ihre eigene Herkunft zu kennen. <strong>Die</strong>ser<br />

Ausgangspunkt der Story war zwar Unsinn, ermöglichte allerdings<br />

einen Plot voll Dramatik.<br />

Als einer der bedeutendsten Filme, die in der Zeit des Umbruchs des<br />

Blickes auf die Natives selbige in den Mittelpunkt der Handlung<br />

stellten, erwies sich „Cheyenne" (1964) – das Spätwerk des wohl größten<br />

Western-Regisseurs, John Ford. Erzählt wird<br />

der Ausbruch einer knapp 300-köpfigen Gruppe<br />

Cheyenne aus ihrem zugewiesenen Reservat, um<br />

Repressalien und Hungerstod zu entgehen. Auf<br />

dem Weg in ihre angestammten Gebiete werden<br />

sie von einer über 1000 Mann starken<br />

Armee gejagt. „Ich habe diesen Film schon lange<br />

machen wollen", wird Ford in Peter Bogdanovichs<br />

Buch „John Ford" von<br />

1967 zitiert. „Ich habe<br />

mehr Indianer getötet als Custer, Beecher<br />

und Chivington zusammen. Sehen wir der<br />

Angelegenheit ins Auge. Wir haben uns<br />

da sehr schlecht benommen, auf unserem<br />

Schild ist ein Schandfleck. Wir haben betrogen<br />

und geraubt, getötet, massakriert und alles so was." Ford ging bei<br />

seiner Darstellung der Cheyenne aber über das sich im Genre bereits<br />

ausbreitende Mitgefühl für die Indianer hinaus. Er bemühte sich um<br />

historische Exaktheit. Zumindest bei der Rahmenhandlung. Und er<br />

versuchte, den Gejagten in Habitus und Aussehen Authentizität zu<br />

verleihen. <strong>Die</strong> Cheyenne sollten auch wie welche aussehen und nicht<br />

ein Fantasie-Mix aus Apache, Sioux und Blackfoot sein. Besetzt waren<br />

die Hauptfiguren Dull Knife (Gilbert Roland) und Little Wolf (Ricardo<br />

Montalban) aber weiterhin mit bekannten weißen Schauspielern.<br />

Das Zeitalter des Indianerfilms als ein Subgenre des Western läutete<br />

„Der Mann, den sie Pferd nannten" von 1970 ein<br />

(zum Teil<br />

auch<br />

unter „Ein Mann, den sie Pferd nannten" gezeigt).<br />

In dem Streifen von Elliot Silverstein spielt der<br />

eigentlich<br />

eher spröde<br />

Richard<br />

Harris<br />

die<br />

Hauptrolle<br />

und<br />

erweist<br />

Ein Mann, den sie Pferd nannten sich in der<br />

Geschichte ht um einen englischen Aristokraten, der von Sioux gefangen-<br />

g<br />

genommen und als Sklave gehalten<br />

wird, als Idealbesetzung. Lord<br />

John Morgan – sein indianischer<br />

Name lautet Shunka Wakan –<br />

kann die Achtung seiner Bewacher<br />

erwerben, wird als Krieger in den<br />

Stamm aufgenommen und heiratet<br />

eine Squaw. Erstmals durchzieht<br />

einen Western eine Flut von indianischen<br />

Bräuchen. Vieles von dem<br />

Gezeigten ist brutal und dem an<br />

die Gemütlichkeit der Zivilisation<br />

Gewöhnten unverständlich. Aber<br />

neben all den drastischen Bildern<br />

erlebt der Zuschauer die roten<br />

Männer in einem Alltag, zu dem<br />

Eifersucht und Streit ebenso gehö-<br />

Richard Harris als Shunka Wakan<br />

Foto: © DAVIDS/Bildarchiv Hallhuber<br />

ren wie die Liebe und ganz viel Humor. Hier gibt es keinen „edlen<br />

Wilden", der unentwegt in blumigen Worten radebrecht. Silverstein lässt<br />

seine Sioux in allen für die Kommunikation typischen Ausdrucksformen<br />

miteinander sprechen: wortkarg, hektisch, gewählt, albern, salbungsvoll<br />

usw. <strong>Die</strong> Verwendung der Sioux-Sprache unterstützt dabei die<br />

Wirkung, einen wirklichkeitsnahen<br />

Einblick in die Welt der<br />

Lakota zu gewinnen, erheblich.<br />

Und ausgerechnet gegen diesen<br />

Film liefen traditionelle Kreise<br />

der Sioux Sturm. Grund war das<br />

Tohuwabohu der dargestellten<br />

Sitten und Gebräuche, die mit<br />

Ein Mann, den sie Pferd nannten<br />

dem bezeichneten Volk so viel<br />

zu tun hatten wie Samba mit den Eskimos. Vor allem beim Ritual<br />

zur Aufnahme Morgans als Krieger in den Stamm, bei dem Shunka<br />

Wakan an durch die Brustmuskeln geschobenen Holzstäbchen in die<br />

Höhe gezogen wird, lag Regisseur Silverstein mächtig daneben. Bei der<br />

Zeremonie handelt es sich nämlich um das Pohk-Hong der Mandan-<br />

Indianer, wie es bei George Catlin in „<strong>Die</strong> Indianer Nordamerikas" bereits<br />

1851 beschrieben wurde. Auch die<br />

hallenartige Versammlungshütte<br />

und verschiedene Details in<br />

Bekleidung und Schmuck waren<br />

von der Kultur der Lakota weit<br />

entfernt. Vermutlich folgte auch<br />

deshalb 1976 mit „<strong>Die</strong> Rückkehr<br />

des Mannes, den sie Pferd nannten"<br />

eine Fortsetzung, die sich<br />

eingehend mit dem Sonnentanz,<br />

Foto: © DAVIDS/Bildarchiv Hallhuber<br />

<strong>Die</strong> Rückkehr des Mannes,<br />

den sie Pferd nannten<br />

einem ähnlich schmerzhaften Ritual der Sioux, befasste. Auch hatte<br />

Regisseur Irvin Kershner den Look der Indianer deutlich Überlieferungen<br />

nach dem Aussehen der Lakota des 19. Jahrhunderts angepasst. Allzu<br />

intensive Darstellungen des Alltagslebens umging Kershner, indem er<br />

den Stamm – die Yellow Hands – als aus ihrem Heimatland vertriebene<br />

Gruppe zeichnete, die auf einer permanenten Flucht nur noch<br />

um ihr Überleben kämpfte. Teil drei, „Triumph des Mannes, den sie<br />

Pferd nannten", kam 1983 in die Kinos und zeigte Shunka Wakan als<br />

Häuptling der Sioux vor allem in Rückblenden. Hauptfiguren waren<br />

hier dessen Sohn Koda (Michael Beck) und die Schwarzfuß-Frau<br />

Redwing (Ana de Sade), die als Zwei-Mann-Armee die das Land der<br />

Sioux überflutenden Goldsucher in Angst und Schrecken versetzten,<br />

indem sie deren Camps in wohlüberlegten Handstreichen pulverisierten.<br />

Im selben Jahr wie „Der Mann, den sie Pferd nannten" erschien ein<br />

weiterer Film, der das Western-Genre auf den Kopf stellte: „Soldier<br />

Blue" oder „Das Wiegenlied<br />

vom Totschlag". Während 80<br />

Prozent der Handlung sich<br />

damit beschäftigen, den verbalen<br />

Konflikt des Soldaten<br />

Honus Gent (Peter Strauss) und Soldier Blue<br />

der weißen Häutlings-<br />

Gattin Cresta Maribell<br />

Lee (Candice Bergen)<br />

über den Umgang<br />

mit den Indianern zu<br />

Soldier Blue thematisierte ein<br />

beschreiben, endet<br />

Massaker an die Cheyenne<br />

der Streifen in dem<br />

bis dato brutalsten ten Szenario der<br />

Filmgeschichte. e. Regisseur<br />

Ralph<br />

Nelson quält den<br />

Zuschauer mit<br />

Unmen schlichkeiten,<br />

wie sie<br />

der gemeine<br />

Amerikaner vermutlich<br />

niemals<br />

für möglich<br />

Das Ende des Films: Trotz Sieges kein Triumph<br />

gehalten hätte. Als Vorlage des dargestellten Infernos diente das<br />

Massaker der US-Kavallerie an 500 Cheyennes am Sand Creek von<br />

Foto: © DAVIDS/Bildarchiv Hallhuber<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 23


1864. Wenn Nelson in „Soldier Blue" zeigt, wie Frauen die Brüste<br />

abge schnitten werden oder ihnen gar noch Schlimmeres widerfährt,<br />

bleibt er – Überlieferungen nach – immer noch an der Oberfläche.<br />

In Deutschland ist die ungeschnittene Fassung bis heute kaum<br />

zu beschaffen. <strong>Die</strong> übliche Ausgabe ist die FSK-16-DVD mit einer<br />

Spielzeit von 110 Minuten. Im Allgemeinen wird die Originallänge mit<br />

112 Minuten angegeben, es soll aber auch eine Vollversion von 115<br />

Minuten geben. <strong>Die</strong> Brutalität in dem Film war nicht Selbstzweck. Zum<br />

einen galt sie als Weckruf an das US-amerikanische Volk, sich endlich<br />

des an die Ureinwohner begangenen Unrecht zu stellen. Zum anderen<br />

benutzte Nelson das Massaker an den Indianern als Metapher für die<br />

Gräuel, die die US-Army in Vietnam anrichtete. Nach „Wiegenlied …"<br />

war in der immer noch relativ heilen Welt der Cowboys und Sheriffs<br />

nichts mehr, wie es vorher gewesen war.<br />

Little Big Man" (1970), mit Dustin Hoffman in der Titelrolle,<br />

„ funktionierte als Komödie prächtig und gehört zweifellos zu<br />

jenen Filmen der neuen<br />

Sicht auf die Indianer,<br />

die deren Leben auf eine<br />

sehr sympathische und<br />

menschliche Art darzustellen<br />

versuchten. Trotz tragischer<br />

Elemente erschien<br />

der Alltag des roten<br />

Mannes allerdings dann<br />

Little Big Man<br />

doch eher wie ein nicht<br />

enden wollender Klamauk. Auch die<br />

Namensgleichheit des Titelhelden<br />

mit der realen Figur Little Big Man,<br />

jenem Oglala-Sioux, der Häuptling<br />

Crazy Horse ermordete, führte auf<br />

eine falsche Fährte. Es waren aber<br />

nicht nur die Indianer-Kriege des<br />

19. Jahrhunderts, die Vertreibung<br />

und Ausrottung der Natives, die die<br />

Filmschaffenden plötzlich umtrieben.<br />

Auch das Leben in den Reservaten, das Ringen der einstigen<br />

Krieger mit der neuen Situation in einer ihnen völlig fremden Welt vol-<br />

Dustin Hoffman als Titelfigur<br />

ler abstruser Gesetze und Regeln hielten Einzug ins Hollywood-Kino.<br />

Blutige Spur<br />

So flimmerte bereits 1969 der äußerst<br />

bemerkenswerte Streifen „Tell<br />

Them, Willie Boy Is Here" („Blutige<br />

Spur") über die Kinoleinwände. Der<br />

Handlung liegt die wahre Geschichte<br />

des Paiute-Indianers Willie Boy aus<br />

dem Jahre 1909 zugrunde, der<br />

nach einem Gefängnisaufenthalt ins<br />

Reservat zurückkehrt, um mit seiner<br />

Auserwählten Lola das Weite zu suchen.<br />

Als Willie (Robert Blake) deren Vater<br />

tötet, werden er und sein Mädchen von<br />

Sheriff Cooper (Robert Redford) erbarmungslos<br />

gejagt. <strong>Die</strong> Parabel um die<br />

grenzenlose Sehnsucht nach Freiheit<br />

und<br />

Selbstbestimmung<br />

endet tragisch. Daran mussten sich<br />

all jene, die sich für die filmische Umsetzung der<br />

Historie der Ureinwohner interessierten, schnelll<br />

gewöhnen. Selbst die Geschichte des scheinbar<br />

domestizierten Reservats-Indianers Simon<br />

Zuniga (Burt Reynolds), die in „Run, Simon,<br />

Run" (1970) das Gerüst für einen Krimi bildete,<br />

hat einen traurigen Ausgang. Vermutlich nicht<br />

zuletzt auch deshalb, weil die Situation der<br />

indianischen Völker – in diesem speziellen Fall<br />

der Papago – eine durchaus verzweifelte war. <strong>Die</strong> meisten Stämme hatten<br />

ihre Kultur, Religion und Sprache fast verloren. Traditionen wurden<br />

nur noch in Folklore-Veranstaltungen für zahlende Weiße gepflegt.<br />

Auch diesen Teil des Lebens thematisierte „Run, Simon, Run".<br />

Blutige Spur<br />

Nicht zu vergessen ist an dieser Stelle der Versuch, in „The Royal<br />

Hunt Of The Sun" (1969), 9), den Genozid auf dem südamerikanischen<br />

Kontinent zu thematisieren.<br />

Der Untergang des Sonnenreichs<br />

Das war – und<br />

ist es bis heute – unpopulär.<br />

Dabei ließen sich gerade<br />

mit Blick auf die Maya,<br />

Inka und Azteken wahre<br />

Schlachtengemälde malen.<br />

Allerdings haben das Bild<br />

des Indianers der halbnack-<br />

te<br />

Sammler mler und Jäger<br />

der<br />

Prärie geprägt. Hochentwickelte<br />

Kulturen, die zu Zeiten der Conquista<br />

der europäischen Zivilisation bei<br />

weitem überlegen waren, passen<br />

nicht in den Rahmen. Und die UK/<br />

USA-Gemeinschaftsproduktion<br />

„Der<br />

Untergang des Sonnenreichs" (BRD-<br />

Titel) oder „<strong>Die</strong> königliche Jagd<br />

auf die Sonne" (DDR-Titel) gab<br />

nur eine vage Vorstellung von den<br />

Ereignissen um die Vernichtung des<br />

Inka-Reichs. Der eingekerkerte letzte<br />

Christopher Plummer beeindruckt<br />

als Inka-König Atahualpa<br />

große König Atahualpa (Christopher<br />

Plummer) steht hier dem Spanier<br />

Pizarro (Robert Shaw) gegenüber. Beide liefern sich aufschlussreiche<br />

Debatten über Macht, Religion und Wahrhaftigkeit und geben so tiefe<br />

Einblicke in die Wertvorstellungen ihrer Gesellschaften. Wenn am Ende<br />

Atahualpa erdrosselt wird, zweifelt der filmische Pizarro mittlerweile<br />

derart an seinen Idealen, dass er unverkennbar auf die Erlösung des<br />

Königs durch die aufgehende Sonne – Vater und Gott der Inka – hofft.<br />

<strong>Die</strong> 70er Jahre brachten noch einige<br />

maßgebliche Indianerfilme hervor, die<br />

dieses Subgenre deutlich prägten. „I Will<br />

Fight No More Forever" (1975, „Ich kämpfe<br />

niemals wieder")<br />

mit Ned Romero<br />

als Chief Josef<br />

thematisierte zum<br />

Beispiel den letzten<br />

verzweifelten<br />

Überlebenskampf Ich kämpfe niemals wieder<br />

der Nez Percé gegen eine zig-fache militärische<br />

Übermacht. Michael Dante glänzte<br />

in „Winterhawk" (1975) als gleichnamiger<br />

Gigant zwischen Mensch und Mythos. <strong>Die</strong><br />

Figuren in dem Film kämpfen nicht nur mit<br />

Winterhawk<br />

ihren eigenen Dämonen, n, sondern vor allem<br />

mit den unwirtlichen<br />

Grauadler<br />

Witterungsbedingungen<br />

eines strengen amerikanischen<br />

Winters.<br />

Bei aller scheinbaren<br />

Abwegigkeit in ihrem<br />

Umgang miteinander ist<br />

es am Ende die Lebensweise der Indianer, die beeindruckt. „Grayeagle"<br />

Adlerflügel<br />

(1977, „Grauadler") mit<br />

Alex Cord in der Titelrolle<br />

brachte einmal mehr den<br />

Zusammenstoß zweier<br />

Welten, die unterschiedlicher<br />

nicht sein konnten, n,<br />

auf die Leinwand, und<br />

„Eagle’s Wing" (1979,<br />

„Adlerflügel") hatte das<br />

Verhältnis von Mensch und<br />

Natur zum Inhalt. Begleitet wurden auch diese Stories immer wieder<br />

von der Darstellung manchmal recht verschiedener Indianervölker.<br />

Seite 24 ■ GoodTimes 1/2013


Foto: © Kinowelt Home Entertainment<br />

Mit dem Niedergang des Westerngenres im Allgemeinen ging<br />

auch die Produktion von Indianerfilmen zurück, weshalb die<br />

80er Jahre eher arm an diesen Themen waren. Trotzdem entstanden<br />

in dem<br />

Jahrzehnt einzigartige Werke, die in ihrer Intensität<br />

die Zeit überdauerten. „Excalibur"-<br />

Regisseur John Boorman wagte sich<br />

an eine Geschichte, die weder in der<br />

Prärie noch in den<br />

Tempelanlagen<br />

agen<br />

Der Smaragdwald<br />

der Hoch<strong>kult</strong>uren spielte. Sein<br />

„The Emerald Forest" (1985,<br />

„Der Smaragdwald") spielte<br />

im Regenwald und war ein<br />

Appell an die Vernunft. Das<br />

Drama um einen Vater, der<br />

zehn Jahre lang seinen bei<br />

Baumfällarbeiten am Rande<br />

des Regenwaldes verlorenen<br />

Sohn sucht, bis dieser ihm<br />

schließlich als junger Krieger<br />

eines kleinen Indianerstammes Der Smaragdwald –<br />

aus dem Busch entgegentritt, ein Film mit Ökobotschaft<br />

funktioniert gleichzeitig als Spiegel, der den westlichen Zivilisationenili<br />

vorgehalten wird, die sich in ihrer Unersättlichkeit an den Ressourcen<br />

dieses Planeten bedienen. Rücksicht auf das Leben anderer Kulturen<br />

und auf die eigene Zukunft wird nicht genommen. Und so steht am<br />

Ende des Films der Entschluss des jungen Tomme (Charley Boorman),<br />

im Dschungel zu bleiben, als eine Abkehr vom bedingungslosen<br />

Fortschrittsglauben. Der Film hausiert mit schönen Bildern, die fast ein<br />

bisschen was von der „Blauen Lagune" haben. Gleichzeitig wird die<br />

Lebensweise der Dschungelmenschen skizziert und ihre Hilflosigkeit<br />

gegenüber den immer tiefer in ihren Lebensbereich vorstoßenden<br />

Eindringlingen deutlich gemacht.<br />

<strong>Die</strong> nordamerikanischen Indianer kamen in den 80ern vor allem mit<br />

Einblicken in das aktuelle Reservats-Dasein zum Zuge. 1988 erschien<br />

der erschütternde Streifen „War Party" („<strong>Die</strong> jungen Krieger"), der<br />

heranwachsende Schwarzfuß- <strong>Die</strong> jungen Krieger<br />

Indianer auf ihrem tödlichen<br />

Weg zurück zu traditionellen<br />

Werten zeigt. Der Streifen ist<br />

voll von Symbolik und schlägt<br />

mit einem Finale zu, das selbst<br />

den Hartgesottensten in die Knie<br />

zwingt. „Pow Wow Highway" ist<br />

thematisch ähnlich ausgerichtet,<br />

wenngleich die Story als Roadmovie angelegt ist und die Dramatik<br />

moderater ausfällt. Nichtsdestotrotz geht es an die Nieren, wenn man<br />

dem fast einfältigen und schwerfälligen Philbert Bono (Gary Farmer)<br />

dabei zusieht, wie er voller Stolz und Hingabe an den Ritualen und<br />

Weisheiten seines Volkes festhält, während der Vietnam-Veteran und<br />

eigentliche Prototyp eines Kriegers, Buddy Red Bow (Adolph Martinez),<br />

in seiner Verbitterung Traditionen mit Verachtung begegnet und nur<br />

langsam das Selbstverständnis als Indianer zurückzufinden vermag.<br />

Allerdings setzte sich auch in den 80ern die filmische Erforschung<br />

der Historie fort. So ist „Windwalker" (1981) eine Bilderflut aus<br />

Mythologie und Kultur. Geredet wird in dem Streifen fast ausschließlich<br />

die Originalzunge der Cheyenne und Crow, die Handlung beschränkt<br />

sich auf den Umgang der beiden genannten Völker miteinander. Der<br />

Weiße als typischer Gegenpart bleibt außen vor. Schon deshalb und<br />

durch sein geradezu bleischweres Erzähltempo avancierte „Windwalker"<br />

zu einem Insidertipp. Für Unterhaltung am Nachmittag ist dieser Movie<br />

nicht geeignet.<br />

Foto: © Kinowelt Home Entertainment<br />

<strong>Die</strong> 90er brachten eine<br />

Renaissance des Western, die<br />

nicht unmaßgeblich von einem der<br />

wohl bedeutendsten Indianerfilme<br />

aller Zeiten mit eingeläutet wurde:<br />

„Der mit dem Wolf tanzt" (1990).<br />

<strong>Die</strong> Geschichte des Soldaten, der das<br />

Leben der Sioux kennen und lieben lernt, am<br />

Expansionsdruck seiner Landsleute allerdings<br />

ebenso zerbricht wie das Volk, das ihm einee<br />

neue Heimat gab, entwickelte sich zu Kevin<br />

Costners unerreichtem Meisterwerk. Und es<br />

zog weitere Produktionen dieser Art nach<br />

sich. Der Umgang mit der amerikanischen<br />

Urbevölkerung erfuhr in Epen vom Schlage<br />

„Son Of A Morning Star" (1991 – thematisierte<br />

die Schlacht General Custers am Little<br />

Big Horn) oder „Geronimo" (1993 – über<br />

den letzten Freiheitskampf der Apachen)<br />

eine historisch bedeutsame Ernsthaftigkeit. it<br />

„Thunderheart" (1992, „Halbblut") mit Val<br />

Kilmer in der Hauptrolle bewies, dass eine<br />

Krimistory aus einem Reservat, die sich um das<br />

Leben der Indianer von heute drehte, das Zeug<br />

zum Blockbuster hatte. Kleinere Produktionenn<br />

wie „<strong>Die</strong> Rache des Wolfes" (1991, Graham<br />

Greene als Arthur) im Stile eines Rache-Western<br />

mit ökologischer Botschaft oder „Black Robe"<br />

(Kanada, 1991), wo man einen katholischen<br />

Missionar auf seinem Weg unter anderem durch<br />

Foto: © Kinowelt Home Entertainment<br />

Der mit dem<br />

Wolf tanzt<br />

das Land der Irokesen begleitet, vervollständigten das Bild der vielen<br />

Völker des nordamerikanischen Kontinents.<br />

Indianerfilme begannen, an den Kassen zu klingeln, was merkwürdige<br />

Blüten trieb. So sind Streifen wie „Squanto" (1994), „Smoke Signals"<br />

(1998) oder „Wind River" (2000) in ihrer Oberflächlichkeit und Banalität<br />

mit Vorsicht zu genießen. Selbst die von Steven Spielberg produzierte,<br />

äußerst angestrengt wirkende TV-Serie „Into The West" (2005) ist in<br />

Sachen Aufarbeitung der Indianer-Geschichte eher ein Rückschritt. <strong>Die</strong><br />

in sechs 90-Minütern zusammengedrängte Epoche der Eroberung des<br />

amerikanischen Westens von 1820 bis 1895 beinhaltet Episoden aus<br />

den Indianerkriegen, wie sie jedes halbwegs brauchbare Schulbuch aufzählt.<br />

Feinheiten fehlen völlig. <strong>Die</strong> Indianer sind als sterbende, klagende<br />

und weinende, dem Untergang geweihte Rasse dargestellt. Außerdem<br />

scheint es, als wäre im 19. Jahrhundert in Nordamerika nur Winter<br />

gewesen, da gut 90 Prozent der Szenen in der kalten Jahreszeit spielen.<br />

Geschuldet ist dieser Umstand sicherlich der Tatsache, dass Winterdrehs<br />

weitaus preiswerter umzusetzen sind als Sommeraufnahmen. Übrigens<br />

ein Indiz für die mangelnde Ernsthaftigkeit, mit der Spielberg an das<br />

Vorhaben heranging.<br />

Einer der bedeutendsten Indianerfilme der jüngstenn<br />

Zeit wurde schließlich Mel Gibsons „Apocalypto"<br />

(2006). Noch nie gab es eine derart großartige Reise in<br />

die Welt der Maya, die zum Zeitpunkt der Handlung<br />

nach<br />

vielen<br />

Jahren<br />

der<br />

Dürre kurz vor<br />

ihrem<br />

ersten<br />

großen Niedergang<br />

standen.<br />

Intensiver<br />

Apocalypto<br />

können Kinofilme kaum sein. Wie es gelang, eine Parabel über Liebe,<br />

Heldenmut und Freiheitswillen in den Kontext übermächtiger historischer<br />

Ereignisse zu stellen, ist beispielgebend.<br />

Jens-Uwe Berndt<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 25


"As Time G oes By”:<br />

War Casablanca ein Zufallstr effer?<br />

<strong>Die</strong> Trümmer über Pearl Harbor rauchen noch, als emsige Angestellte<br />

der Warner Brothers bereits die Studiobücherei nach geeigneten<br />

Stoffen durchblättern – geeignet für ein Publikum in Kriegszeiten. Ein<br />

unveröffentlichtes Theaterstück sticht sofort ins Auge: „Everybody<br />

Comes To Rick’s“ handelt von einem Kaffeehausbesitzer in Casablanca,<br />

der den Nazis ein Schnippchen schlägt. Das passt! 70 Jahre sind<br />

vergangen, seit aus diesem Fund der Kultfilm schlechthin wurde:<br />

„Casablanca“. Dass Zitate wie „Uns bleibt immer Paris“ in den allgemeinen<br />

Sprachgebrauch übergingen, liegt an einem Paar Zwillingen.<br />

<strong>Die</strong> umtriebigen Warner-Brüder warten nicht erst, bis Präsident<br />

Roosevelt über die<br />

Studiolautsprecher den<br />

Kriegszustand ausruft. Für die<br />

Kinomogule ist klar: Amerika<br />

Casablanca<br />

wird Krieg an allen Fronten<br />

führen. Und zwar auch an der<br />

Heimatfront. Das Pentagon wird<br />

die Studiobosse noch zu sich<br />

rufen, um sie gemeinsam auf<br />

den Propaganda-Krieg einzuschwören.<br />

Da hat das Warner-Studio bereits für „Casablanca" grünes<br />

Licht gegeben. Hal Wallis, Produktionschef der Warner-Studios und als<br />

strenger Zuchtmeister bekannt, will bei diesem Melodrama an nichts<br />

sparen. Darum ruft er seine besten Auftragsautoren zu sich, die Epsteins.<br />

<strong>Die</strong> Zwillingsbrüder sind Garanten für von Witz sprühende Dialoge.<br />

Denn Wallis will, dass die Sprache „sophisticated" sei. Etwas gibt er<br />

Julius & Philip Epstein mit auf den Weg, als sie an ihre gemeinsame<br />

Schreibmaschine eilen: Sie sollen beim Schreiben der Figur des zynischen<br />

Rick Blaine an Humphrey Bogart denken. Der erste Schritt zur<br />

Legendenbildung ist gemacht.<br />

Ein Zeitsprung von sieben Jahrzehnten: In seinem Wohnzimmer in Los<br />

Angeles holt Jim Epstein den Oscar aus der Vitrine, den sein Dad für das<br />

beste Drehbuch gewinnen sollte. Jim war drei Jahre alt, als sein Vater von<br />

der Preisverleihung zurückkehrte, diesen Oscar in der Hand. Und seit nunmehr<br />

70 Jahren hört er mindestens einmal die Woche ein Zitat, das Vater<br />

und Onkel vor so langer Zeit erdachten: in der Werbung, in der Zeitung,<br />

Sätze wie „Von allen Kaschemmen der Welt kommt sie ausgerechnet<br />

in meine" wurden für die Ewigkeit geschrieben. Es ist trotzdem nicht<br />

so, dass Jim das nicht mehr hören könnte: „Jedesmal, wenn ich einen<br />

dieser Dialoge höre oder lese, denke ich an meinen Vater." Sein persönlicher<br />

Favorit ist der Ausspruch des Polizeipräfekten: „Ich bin schockiert,<br />

entdecken zu müssen, dass hier Glücksspiel betrieben wird", während<br />

er seine eigenen illegalen Gewinne in die Tasche steckt. Ein funkelnder<br />

Epstein-Dialog halt.<br />

Zurück ins Jahr 1942. Viel Zeit, sich solche Bonmots auszudenken, bleibt<br />

den Zwillingen nicht. „Casablanca" steht von Anfang an unter Zeitdruck.<br />

Denn wie Sterne nur alle paar Jahre in einer bestimmten Konstellation<br />

am Firmament zusammenkommen, stehen auch die Stars nur für eine<br />

bestimmte Zeitspanne zur Verfügung. <strong>Die</strong> vielversprechende Schwedin,<br />

die man sich bei einem anderen Studio ausgeliehen hat, Ingrid Bergman,<br />

wird nach Ablauf ihrer festgelegten Drehzeit ihre Haare abschneiden<br />

Seite 26 ■ GoodTimes 1/2013


und an „Wem die Stunde schlägt" weitergereicht.<br />

Und Bogart dreht bis Anfang<br />

Juni ein anderes Kriegsdrama, „Across The<br />

Pacific", das sogar noch umgeschrieben<br />

wird, weil just während der Dreharbeiten<br />

ein Weltkrieg ausbricht – er ist ab Mitte<br />

April frei, mit einer Woche Ferien dazwischen.<br />

Das Zeitfenster ist knapp.<br />

Am 12. Januar überschreiben die Bühnenautoren<br />

die Filmrechte für 20.000 Dollar,<br />

und die Epsteins nehmen sich das Stück<br />

vor. Ihnen bleiben nur wenige Tage, bis<br />

ein Marschbefehl sie nach Washington<br />

beordert, wo sie ihre Schreibkünste für<br />

Propaganda in den <strong>Die</strong>nst des Vaterlands<br />

stellen sollen. Jim Epstein erinnert sich an<br />

die Erzählungen seines Vaters über jene<br />

unsicheren Kriegstage: „Das Schreiben<br />

für Kriegsfilme war dann doch weniger<br />

schmerzhaft, als tatsächlich in den<br />

Krieg zu ziehen." Wallis überlässt dem<br />

Pentagon seine Drehbuchgenies nicht<br />

kampflos. „Der Tag hat 24 Stunden, im<br />

März brauche ich das Script", wettert<br />

er. So stehen die Epsteins jeden Morgen<br />

früh auf, um schon um sechs über<br />

„Casablanca" zu brüten und den Rest des<br />

Tages fürs Militär zu dichten.<br />

Das Originaldrehbuch ist 158 Seiten stark, auf hauchdünnem<br />

Butterbrotpapier geschrieben (der Papierknappheit während des Kriegs<br />

geschuldet). Der weltberühmte Schlusssatz „Ich glaube, das ist der<br />

Beginn einer wundervollen Freundschaft" steht so nicht auf dem Papier.<br />

Nachträglich eingesetzt wird er vom Produzenten selbst, Hal Wallis. Der<br />

schaut bereits ständig auf die Uhr. Denn in der Zwischenzeit läuft der Krieg<br />

ja weiter. Doch Warner landet den ultimativen Timing-Coup: Während der<br />

Dreharbeiten lässt sich der Produzent von Verbindungsoffizieren laufend<br />

über die Fortschritte in Nordafrika informieren. Er weiß, eine Konferenz<br />

zwischen Roosevelt, Churchill und Stalin ist geplant – in Casablanca. Der<br />

Film wird zurückgehalten, bis Casablanca eingenommen ist. Plötzlich<br />

ist der Ortsname, vor 1942 kaum jemandem geläufig, Symbol der<br />

Siegeshoffnung. Der Name (Casa Blanca heißt schließlich übersetzt<br />

„Weißes Haus") ist in aller Munde. Der Film, der zeitlos werden wird, ist<br />

aktueller als die Zeitung von morgen. <strong>Die</strong> Filmrollen werden umgehend<br />

an die alliierten Streitkräfte nach Afrika gesandt, damit, so die Warner-<br />

Wallis macht Warner-Vertragsschauspieler<br />

Bogart die Rolle des Rick schmackhaft.<br />

Bogie will trotzdem das Drehbuch sehen.<br />

Es gibt keines, muss der Produzent zugeben.Und als die Bergman bei der<br />

ersten Besprechung nach dem Plot fragt, gibt man ihr nur zur Antwort<br />

„Keine Ahnung, aber Sie werden sehr hübsche Kleider tragen und eine<br />

herrliche Auftrittsszene haben." Darum verlangt sie, die<br />

Epsteins zu sehen, um sich die Handlung zumindest<br />

mündlich erklären zu lassen. Doch die Gebrüder flüchten<br />

sich in vage Andeutungen wie „... und dann machen wir<br />

das vielleicht so ..." Dass die Bergman bis zur Aufnahme<br />

der Schlussszene nicht weiß, in wen sie sich am Ende<br />

verliebt, ist der Stoff, aus dem die<br />

Legenden gewoben werden.<br />

Denn tatsächlich steht das<br />

Ende so schon von Anfang<br />

an in der Bühnenvorlage.<br />

Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber<br />

Als am 25.<br />

April die erste Klappe<br />

fällt, ist erst ein Viertel<br />

des Skripts beendet.<br />

<strong>Die</strong> Bergman hat<br />

erst Tage vorher<br />

unterschrieben.<br />

Ein Bote bringt<br />

jeden<br />

Morgen die<br />

neuen<br />

Seiten.<br />

Paul<br />

Henreid<br />

lehnt<br />

die Rolle<br />

des<br />

Wider standskämpfers<br />

Lazlo<br />

anfangs sogar<br />

aufgrund<br />

des ersten<br />

Entwurfs<br />

ab: „Das<br />

ist ein<br />

miserables<br />

Drehbuch."<br />

Auch Bogart legt den Finger auf einige<br />

Stellen im Skript: Er findet, man dürfe mit<br />

den Nazis nun nicht mehr so zimperlich<br />

umgehen. Ein Oberbösewicht wird umgehend<br />

hineingeschrieben: der Gestapo-<br />

Major, der von Conrad Veidt verkörpert<br />

wird. Doch das Rewrite können nun definitiv<br />

nicht mehr die überbeschäftigten<br />

Epsteins besorgen, die mit 20.000 Dollar<br />

ausbezahlt werden (was sie unter sich<br />

aufteilen mussten). Ein weiterer Autor wird<br />

hinzugezogen: Howard Koch, Spezialität:<br />

Abenteuerfilm. „Held der 7 Meere" mit<br />

Errol Flynn ist seine Visitenkarte. „<strong>Die</strong><br />

Epsteins haben jede Menge amüsanter<br />

Dialoge geschrieben", stellt er beim Lesen<br />

gleich fest. Tatsächlich werden die scharfzüngigen<br />

Sätze von Rick & Co. nicht nur<br />

die nächste Drehbuchfassung überdauern,<br />

sondern auch die Jahrzehnte. Der<br />

eigentlich sinnlose, aber hinreißende Satz<br />

„Here’s looking at you, kid" (aus dem die<br />

deutschen Übersetzer das sinnvollere, wenn<br />

auch weniger mysteriöse „Ich schau dir in<br />

die Augen, Kleines") machten, kam aus der<br />

Epstein-Schreibmaschine. War der geistige<br />

Vater dieser Sprüche, Vater Epstein, im<br />

echten Leben ein ebenso witziger Mensch?<br />

„Nein", schüttelt Jim den Kopf, „mein<br />

Vater war sogar noch witziger als Rick<br />

Blaine. Er hatte immer eine Pointe parat."<br />

Als der Junge einmal ein Zeugnis voller<br />

Einsen mit einer einzigen Sechs vorlegte,<br />

da zeigte Julius Epstein auf die schlechteste<br />

Note und fragte: „Was soll denn die schlechte<br />

Note hier?" Julius hat seinem Sohn auch das<br />

Geheimnis erfolgreicher<br />

Drehbuchschrei<br />

berei anvertraut:<br />

„Schreibee<br />

nie vor zehn Uhr<br />

morgens<br />

oder<br />

nach zwei Uhr<br />

nachmittags und<br />

unter gar keinem<br />

Umständen im Studio." Anders als<br />

in der Vetternwirtschaft von Tinseltown<br />

so üblich, folgte Jim seinem berühmten<br />

Vater nicht ins Showbusiness nach. Lieber<br />

machte er sich als Jurist einen Namen, und tatsächlich ist er noch heute<br />

in Los Angeles als einer der bekanntesten Strafverteidiger aktiv. „Denn<br />

vor Gericht kann ich Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller in<br />

Personalunion sein."<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 27


Presseabteilung, „die GIs die<br />

Stadt und die Situation sehen<br />

können, die den Film inspiriert<br />

haben". Obwohl der Film<br />

freilich zur Gänze im Studio<br />

entstanden ist. Der Kultfilm<br />

feiert seinen Urstand vor Ort:<br />

„Casablanca" in Casablanca,<br />

kurze Zeit nach Beendigung<br />

der Kampfhandlungen.<br />

Ein Kolumnist rät dem<br />

Kriegsministerium, auch künftige<br />

Invasionen mit den Warner-<br />

Studios zu koordinieren.<br />

Henreid, der neben „Bogie" die<br />

zweite Geige spielen musste,<br />

aber dafür am Ende die Bergman<br />

bekommt: „Ich glaube auch<br />

heute noch, dass ,Casablanca'<br />

enorm überschätzt wird, dass<br />

man Mythen in diesen Film hineindenkt, die weder beabsichtigt waren<br />

noch in ihm stecken." Leonid Kinskey, der den russischen Barmann an<br />

der Theke von Rick’s Café mimte: „Ein hübscher Film, aber kein großer.<br />

Und schon<br />

gar nicht mein<br />

Lieblingsfilm."<br />

2500 Dollar<br />

hat er für<br />

drei<br />

Wochen<br />

Arbeit<br />

erhalten.<br />

„Bogie"<br />

erhielt 3500<br />

wöchentlich,<br />

die<br />

Bergmann<br />

3125 die<br />

Woche.<br />

Am<br />

meisten<br />

strich<br />

ironischerweise<br />

der Bösewicht des<br />

Films ein, 5000<br />

Dollar gingen an<br />

Conrad Veidt.<br />

Nach der Uraufführung<br />

am 26.<br />

November 1942<br />

dämmert<br />

allen<br />

Beteiligten nur langsam: Aus dem Wirrwarr ist ein richtig guter Film<br />

geworden. „Casablanca" ist das hohe „C" von Hollywood. Bei der Oscar-<br />

Verleihung wird er als „Bester Film" ausgezeichnet. Co-Autor Koch, dem<br />

man ebenfalls eine Statuette in die Hand drückt, kann die Aufregung um<br />

den Film lange nicht begreifen: „Ich war blind gegenüber seinen Vorzügen<br />

und sah nur, was ich für seine Fehler hielt. Als ,Casablanca' seine Oscars<br />

erhielt, hatte ich mich an Wunder gewöhnt." Auch Julius Epstein pflegt<br />

zu sagen, dass „Casablanca" letztlich nur eine der ingesamt 52 Fließband-<br />

Produktionen war, die das Studio jedes Jahr im Akkord herstellte. Zweimal<br />

ist ein „Casablanca"-Oscar schon versteigert worden (einen besitzt David<br />

Copperfield). Doch der Epstein-Oscar wird in Familienbesitz bleiben. „Oder,<br />

was ist Ihr Angebot?", witzelt Epstein Junior.<br />

In Deutschland findet „Casablanca" freilich erst<br />

nach dem Krieg den Weg in die Lichtspielhäuser.<br />

Dort nimmt der Cineast verwundert zur Kenntnis,<br />

dass aus dem Widerstandkämpfer Lazlo plötzlich<br />

der „bekannte Wissenschaftler Larrson" geworden<br />

ist. Er ist auch nicht auf der Flucht vor<br />

deutschen Häschern, nein, er beschützt seine<br />

Erfindung, die „Delta-Strahlen". „Casablanca"<br />

kommt zuerst in einer stark gekürzten Fassung<br />

Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber<br />

ins Kino, in der die deutschen Bösewichter auf<br />

wundersame Weise gänzlich aus der Handlung<br />

entschwunden und alle Dialoge entsprechend<br />

„angepasst" sind. Erst 1975 wird die bis heute<br />

gültige Synchronfassung hergestellt und zuerst<br />

in der ARD gesendet.<br />

Ein Film mit weltweiter Anhängerschaft verlockt<br />

umsatzfreudige Produzenten nicht selten<br />

dazu, aus einer Fortsetzung Kapital schlagen<br />

zu wollen. <strong>Die</strong> Reanimation ist bisher auf zwei<br />

Versuche beschränkt geblieben: 1955 lancierte<br />

der amerikanische TV-Sender ABC als Sequel<br />

eine ausgewachsene Fernsehserie, mit weniger<br />

als respektablen Quoten. Und 1983 kehrte Rick<br />

erneut wie ein Lazarus aus der Grube zurück<br />

unter die Lebenden, diesesmal für NBC, aber<br />

ebenso glücklos, obwohl Julius Epstein einige<br />

Episoden mitschreibt. „Er muss das wohl nur fürs<br />

Geld gemacht haben", wirft Jim Epstein entschuldigend<br />

ein. Ein Kult lässt sich eben nicht so<br />

einfach kopieren. Tatsächlich entwickelt „Casablanca" eine Eigendynamik,<br />

die niemand steuern kann. Zum Beispiel der unsterbliche Satz „Play it<br />

again, Sam", der für Hollywood-Romantik schlechthin steht – er kommt<br />

im Film gar nicht vor. Ingrid Bergman selbst findet das erst heraus, als sie<br />

sich die Persiflage „Play it again, Sam" mit Woody Allen ansieht. „Play it,<br />

Sam" sagt sie im Film. „Wenn ich’s so bedenke, klingt ,Play it again, Sam'<br />

wirklich besser." Über diese Art der Legendenbildung kann Jim Epstein<br />

nur wissend lächeln. Sein Vater hätte gesagt: „Das ist eben Hollywood."<br />

Stephen Bogart, Humphreys Sohn, schrieb ein ganzes Buch voll über den<br />

langen Schatten, den sein Vater wirft. Menschen, die ihn kennen lernen,<br />

halten es für amüsant, ein Gespräch mit „ich glaube, dass ist der Beginn<br />

einer wundervollen Freundschaft" anzufangen. Worauf der junge Bogart<br />

nur erwidern kann: „Ich verstehe." Er hat diese Konversation in ähnlicher<br />

Form „über eine Million Mal geführt". Umberto Eco („Der Name der<br />

Rose") hat sich der Frage, ob ein Kult planbar ist, sogar wissenschaftlich<br />

angenommen und kommt zum Schluss: „Kein Mensch kann einen Film<br />

wie ,Casablanca' planen." War der größte Kult der Filmgeschichte ein<br />

Zufallstreffer? „<strong>Die</strong> Natur hat gesprochen anstelle der Menschen." Sicher<br />

ist nur: So, wie Klavierspieler Sam immer wieder aufgefordert wird, für die<br />

Liebenden "As Time Goes By" zu spielen, wie die Zeit vergeht also, wird<br />

die Zeit diesem Klassiker nichts anhaben können.<br />

Als Ingrid Bergman auf ihre alten Tage vom<br />

British Film Institute eingeladen wurde, einen<br />

Vortrag zu halten, musste sie gestehen, den Film<br />

30 Jahre nicht gesehen zu haben. Als man ihr<br />

den Streifen vorführte, rief sie überraschend aus:<br />

„Mein Gott, ist das ein guter Film!" Was ganz<br />

genau der Emotion der Fans entspricht, wenn die<br />

„Casablanca" wieder und wieder besuchen.<br />

Roland Schäfli<br />

Seite 28 ■ GoodTimes 1/2013


Daliah Lavi<br />

Von Philipp Roser<br />

Nach dem Abschied<br />

Hoffnung auf Frieden<br />

2009 gab Daliah Lavi ihre Farewell"-Tournee und nahm in zwölf deutschen Städten<br />

"<br />

Abschied von ihren Fans. Ich betrachte mein Leben als eine Art Baum mit<br />

vie<br />

len ineinanderer<br />

"<br />

verschränkten Ästen und Zweigen. Eine Sache führt zur nächsten, und di<br />

ese unzähligen<br />

Verbindungen und Verstrebungen haben mich an den Punkt geführt, an dem ich heute<br />

stehe", sagte die am 12. Oktober 1942 als Daliah Levenbuch in Shavei Zion na<br />

he Haifa<br />

(Israel) geborene Künstlerin damals und beschrieb damit ihre Karriere treffend.<br />

Fotos: © Koch Universal Music<br />

<strong>Die</strong> Tochter einer deutschen Mutter und eines rus-<br />

dir! Für mich waren<br />

sischen Vaters feierte Erfolge als Schauspielerin<br />

die Konzerte in<br />

und Sängerin, nachdem sie nach dem Wehrdienst in<br />

der israelischen Armee zunächst als Model gearbeitet<br />

Deutschland fantastisch.<br />

Ich kam<br />

hatte – und 1960 eine Rolle im deutsch-israelischen<br />

in Kontakt mit<br />

Film „Brennender Sand" ergatterte. Mit Gerd Fröbe<br />

jungen<br />

Menschen,<br />

spielte sie im Jahr darauf „Im Stahlnetz des Dr.<br />

Mabuse". Ihr Mitwirken in der Karl-May-Adaption<br />

und die waren nicht<br />

verantwortlich für den<br />

„Old Shatterhand" mit Lex Barker und Pierre<br />

Holocaust", sagte<br />

Brice erweiterte ihre Anhängerschar. Doch<br />

nicht nur in der Heimat ihrer Mutter stand<br />

sie vor der Kamera: Ihre erste Ehe (mit dem<br />

Kaufhausmagnaten Jacques Gerard) verschlug<br />

sie nach Paris. „Exotische Schönheit" attestierten<br />

Kritiker dem Sprachtalent, das Englisch,<br />

Deutsch, Französisch, Russisch, Italienisch und<br />

Schwedisch spricht – und dann auch viele seinerer<br />

Lieder in einigen dieser Sprachen anstimmte. Rund 40<br />

die Künstlerin einmal in<br />

einem Interview. Und eben<br />

diese jungen Deutschen sah sie<br />

durchaus bewusst als ihr Publikum.<br />

„Ältere Menschen sind nicht mehr so offen,<br />

sie haben ihre Vorlieben, wären auch nicht zu<br />

mir gekommen." Reaktionen auf ihr Jüdischsein habe<br />

sie<br />

außerdem gar nicht an sich herangelassen. „Ich habe ihnen<br />

nicht das Gefühl gegeben, mich angreifen zu können."<br />

Filme drehte sie, von denen sie selbst nur einen als<br />

gut bezeichnete: die in Deutschland nicht gezeigte Heute lebt die vierfache Mutter und fünffache Großmutter<br />

italienisch-französische Produktion „Il demonio" von<br />

Daliah Lavi mit ihrem vierten Ehemann, einem Industriellen,<br />

1963. Ende der 60er Jahre nahm die Schauspielerin<br />

zurückgezogen in den Vereinigten Staaten, hat inzwischen<br />

erstmals als Künstlerin Abschied – von der Leinwand.<br />

auch die US-Staatsbürgerschaft. Interviews gab sie selbst zur<br />

Veröffentlichung von MEINE WELT nicht mehr. Sie hört inzwischen<br />

1969 erhielt Daliah Lavi nach einem Auftritt in der<br />

am liebsten klassische Musik, schaltet zwischendurch das Radio<br />

BBC-Show „It’s Topol" ihren ersten Plattenvertrag beim UK-Label ein, „aber meine eigene Musik höre ich nicht. Manchmal lege ich auch<br />

Festival Records. Hier zu Lande nahm sie für Polydor auf, und ihre erste<br />

Single "Liebeslied jener Nacht" bescherte ihr einen Achtungserfolg. Der ist<br />

jetzt auch auf der CD MEINE WELT – DAS BESTE 1970–2008 zu hören,<br />

die ihr Label anlässlich ihres 70. Geburtstags samt DVD veröffentlicht hat.<br />

Einmal mehr deutlich wird, dass die Israelin stets zwischen Schlager, Pop<br />

(teils mit Country-Flair) und Chanson pendelte – und selbst die vermeintlich<br />

leichte musikalische Kost ist des Hinhörens wert, sang sie<br />

doch oft nachdenkliche, tiefergehende Texte – man denke<br />

nur an "Wer hat mein Lied so zerstört, Ma" oder die<br />

Beziehungsnummer "Willst du mit mir gehen". Texter<br />

wie Miriam Frances oder Michael Kunze blieben<br />

bei ihren deutschen Texten, die sie Lavi für ihre<br />

neue Musik auf, Rock wie Bruce Springsteen", verriet sie 2008 anlässlich<br />

der Veröffentlichung ihres letzten Albums C'EST LA VIE – SO IST DAS<br />

LEBEN. Jahrelang hatte sie alle Angebote abgelehnt,<br />

ein neues Album aufzunehmen. „Erst als ich alte<br />

Notizen durchschaute, fand ich Sachen, die etwas<br />

anders waren als das, was ich schon gesagt hatte,<br />

abgeklärter, gelassener – bis dahin hatte ich<br />

gemeint, in meinen Liedern schon alles<br />

gesagt zu haben", begründete sie<br />

seinerzeit die Rückkehr ins Studio,<br />

um fünf neue Lieder zu singen<br />

und zehn alte Songs erneut einzuspielen.<br />

deutschen Versionen internationaler Hits auf die<br />

Stimmbänder schrieben, häufig nicht nur an der<br />

Doch Hoffnungen auf eine Rückkehr der nun<br />

Oberfläche.<br />

70-Jährigen auf die Bühne oder ins Studio<br />

sollten sich ihre Fans nicht machen. Es bleibt dabei,<br />

was sie 2008 im Vorfeld ihrer Abschiedstournee<br />

gesagt hatte: „Ich komme zurück, um goodbye<br />

zu sagen!"<br />

Während des Holocausts verlor Daliah Lavi<br />

Angehörige durch den Nazi-Terror und<br />

hatte nach eigenen Angaben anfangs durchaus<br />

Skrupel, mit "Liebeslied jener Nacht" ihr erstes<br />

Lied auf Deutsch zu singen und nach Deutschland<br />

zu kommen. „Etwas zögerlich war ich schon –<br />

nicht meinetwegen, sondern weil ich mich fragte,<br />

was meine Mutter dazu sagen würde. Also habe ich<br />

sie gefragt, und sie antwortete ganz einfach: Ich vertraue<br />

Daliah Lavi lebt heute zurückgezogen<br />

in den USA<br />

Israel bezeichnet Daliah Lavi als ihre Heimat,<br />

die Welt als ihr Zuhause. Und sie bewahrt sich<br />

weiter ihren großen Traum: „Jerusalem heißt ,du wirst<br />

den Frieden sehen' – und es wäre mein größter Wunsch,<br />

diesen Frieden noch zu erleben, bevor ich gehe."<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 29


uten Abend, meine lieben Freunde", waren stets seine<br />

Begrüßungsworte. Und immer war ein Tier aus seinem<br />

„ Frankfurter Zoo mit dabei: besagte<br />

Geparden-Dame Cheetah, ein Baby-Tapir,<br />

„possierliche" (sein Lieblingswort) kleine<br />

Nager, die sich in seinem Anzugärmel versteckten,<br />

Schlangen, die sich auf dem Pult<br />

vor ihm räkelten. 175 Folgen lang beeindruckte<br />

Grzimek mit fantastischen Berichten<br />

über alles zwischen Feldhase und Flusspferd,<br />

wohlgemerkt im Abendprogramm zur besten<br />

Sendezeit. Produzent war übrigens Martin<br />

Jente, von dem manche heute immer noch<br />

denken, er hätte stets nur Hans-Joachim<br />

Kuhlenkampf in den Mantel geholfen.<br />

Bernhard<br />

Grzimek<br />

Wer würde in einem Moment, in<br />

dem er am Moderatorentisch plötzlich<br />

von einem Gepard angesprungen<br />

wird, wohl sagen: „Nun komm,<br />

mach' mir nicht den Anzug kaputt „<br />

– Bernhard Grzimek hat es getan<br />

und die Raubkatze namens Cheetah<br />

lässig von der Schulter gewischt.<br />

„Ein Platz für Tiere „ war – heute<br />

gar nicht mehr vorstellbar – eine<br />

Fernsehsendung über unsere animalischen<br />

Freunde, die live (!) ausgestrahlt<br />

wurde.<br />

Der Mann mit dem Gummi-Nashorn<br />

nun mal sein. Schön ist auch seine trockene<br />

Aussage „Der einzige, der einen Ozelotpelz<br />

wirklich braucht, ist ein Ozelot." Nebenbei<br />

filmte er auch mal geheim im Stall seines bis<br />

dahin für ihn absolut integren Eierlieferanten<br />

und machte die<br />

Öffentlichkeit auf die<br />

Gräuel der Massentierhaltung<br />

aufmerksam.<br />

Und auch Willy<br />

Brandt vergrätze er, nachdem der ihn 1970 zum<br />

Bundesbeauftragten für Naturschutz gemacht<br />

hatte. Grzimek schmiss den Job bald wieder hin,<br />

weil er das Gefühl hatte, vor den Parteikarren<br />

gespannt worden zu sein.<br />

1945 – Bernhard Grzimek war gerade 36<br />

Jahre alt – erfüllte sich für den Tierarzt<br />

und Verhaltensforscher ein langgehegter<br />

Jugendtraum: Er wurde Chef des nach den<br />

Kriegswirren fast völlig zerstörten Frankfurter<br />

Zoos. Nur etwa 20 größere Tiere hatten die<br />

Bombardements überlebt. Schon frühzeitig ließ<br />

er Kreativität und Marketinggespür erkennen.<br />

Er veranstaltete Modeschauen im Zoo, holte<br />

sich Schausteller und steckte dafür so manche<br />

Kritik ein. Aber der Rubel rollte, und der Zoo<br />

erholte sich schnell. Über eine halbe Million<br />

Besucher fanden sich dort bis Ende 1945 ein – eine stattliche Zahl.<br />

die Region zu spülen.<br />

Auch der deutsche Ostafrika-Tourismus –<br />

mag man heute zu ihm stehen, wie man<br />

will – ist in gewisser Weise auf seinem<br />

Mist gewachsen. In einer seiner Sendungen<br />

berichtete er, man könne seit kurzem auch<br />

Pauschalreisen in diese Region buchen, um<br />

sich von der Schönheit der Natur selbst zu<br />

überzeugen. Das war schlichtweg gelogen,<br />

aber diverse Reiseveranstalter kamen plötzlich<br />

ins Schwitzen, weil sie meinten, einen Trend<br />

zu verpassen, und plötzlich gab es Angebote<br />

überall. Grzimeks ursprüngliches Ziel: Geld in<br />

Anfang der 50er Jahre flog er nach Afrika, um einerseits<br />

Verhaltensforschung zu betreiben, andererseits um Tiere für seinen Zoo<br />

einzufangen. Unvergessen sein halsbrecherischer Versuch, ein Nashorn<br />

für eine Gummipuppe (natürlich einem Nashorn nachgebildet) zu erwärmen.<br />

Er schob die Attrappe vom Gesäß her auf den sichtlich irritierten<br />

Geschlechtspartner zu, der es aufs Horn nahm. Das hätte richtig schiefgehen<br />

können. Sein später abgedrehter Oscar-prämierter Dokumentarfilm<br />

„Serengeti darf nicht sterben" war die Krönung seiner Karriere, schwer<br />

getrübt durch die Tatsache, dass sein Sohn Michael kurz vor Ende der<br />

Dreharbeiten bei einem Flugzeugabsturz tödlich verunglückte.<br />

Grzimek war ein unbequemer Zeitgenosse – im positiven Sinne. Lange<br />

vor Greenpeace prangerte er das Robbenschlachten in Kanada an und<br />

zeigte erstmals im deutschen Fernsehen das Gemetzel, nicht ohne sich<br />

gleichzeitig bei den Zuschauern dafür zu entschuldigen. Aber es müsse<br />

Bernhard Grzimek war also auch ein Schelm, ebenso daran zu erkennen,<br />

wie er auf Loriots „Steinlaus"-Parodie reagierte. Sein Enkel Christian<br />

berichtet darüber hinaus zum Beispiel von<br />

einem Kothaufen, den der Tierfachmann<br />

daheim auf dem Toilettendeckel platzierte<br />

und sich köstlich darüber amüsierte,<br />

dass viele der anwesenden Gäste betreten<br />

und weiterhin unentlas tet wieder ins<br />

Wohnzimmer zurückkamen.<br />

Bernhard Grzimek starb am 13. März 1987 <strong>Die</strong> Grabstätte<br />

in Frankfurt während einer Vorstellung<br />

am Ngorongoro-Krater<br />

des Zirkus‘ Althoff – welch ein Ende. Seine Urne wurde nach Tansania<br />

überführt und am Ngorongoro-Krater neben der Grabstätte seines<br />

Sohnes Michael beigesetzt.<br />

Oliver Schuh<br />

Seite 30 ■ GoodTimes 1/2013


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GoodTimes 1/2013 ■ Seite 31


"<br />

Was so alles geschieht in der Carnaby Street",<br />

sang Peggy March 1969. Und was sie dann so<br />

aufzählte, klang eher ernüchternd. Man hätte<br />

meinen können: Passiert sei da mal herzlich<br />

wenig. "<br />

<strong>Die</strong> Girls und die Boys" kommen aus<br />

ihrem Haus rausgeschlichen, "<br />

ein Carnaby<br />

Boy" spielt auf seiner "<br />

Gitarre ein Lied für die<br />

Leute", und dann "<br />

geht der Beat in die Beine,<br />

und die Melodie geht ins Ohr, und alle denken<br />

an das eine." An was eigentlich? Was geschah<br />

also wirklich in der Carnaby Street?<br />

Miniröcke und kleine Handtaschen, auch für Männer<br />

(nur die Handtaschen), das Straßenbild war geprägt<br />

von Fashion und Angesagtsein. Mit Bowler und<br />

Anzug traute sich kein Banker oder Versicherungskaufmann,<br />

dort durchzugehen. <strong>Die</strong>sen Anputz tauschte man besser in<br />

karierte Hose, Käppi und Sonnenbrille um, und die abgelegten<br />

Klamotten ließ man gleich zur Entsorgung im Laden oder nahm<br />

sie in der neutralen Tasche mit.<br />

Eigentlich war die Carnaby Street in Soho immer gut versteckt<br />

neben der berühmten Regent und der nicht minder bekannten Oxford<br />

Street gewesen. 1683 erstmalig urkundlich aufgetaucht, weiß heute<br />

scheinbar keiner mehr, woher der ursprüngliche Name<br />

Karnaby House stammt, aber immerhin wurde<br />

innerhalb von nur etwas mehr als zehn Jahren<br />

eine komplette Straße erbaut mit kleinen<br />

Häusern, Mauer an Mauer. Und nur<br />

weitere 130 Jahre später gab es<br />

auch schon den ersten Marktplatz.<br />

Weiterhin verbürgt ist, dass 1934<br />

der erste Jazz-Club gegründet<br />

wurde. Amy Ashwood Garvey<br />

und Sam Manning nannten ihn<br />

den Florence Mills Social Club<br />

als Anlaufstelle für tolerante<br />

Musikliebhaber. Insbesondere die<br />

schwarzen Intellektuellen füllten<br />

den Club. Sam Manning, der zuvor<br />

am Lafayette Theatre mit Fats Waller<br />

aufgetreten war, gilt heute als einer<br />

der ersten Calypso-Künstler, die internationalen<br />

Ruf genossen.<br />

24 Jahre später wurde John Stephen der Urvater des<br />

Modebooms. Er war ein Visionär, und auch im Nachhinein ist nicht klar,<br />

was ihn umtrieb, einfach mal einen Laden in der versteckten Carnaby<br />

Street aufzumachen, die bis dato alles andere als hip war. Er gründete<br />

die Boutique His Clothes, nachdem sein Laden in der Beak Street abgebrannt<br />

war, Läden wie Kleptomania, Mates, Ravel und andere folgten<br />

<strong>Die</strong> Carnaby Street:<br />

Vom Underground-<br />

Trendsetter zum Hype<br />

bald. Stephen verkaufte<br />

in seinen Geschäften wie<br />

Male West One, Mans<br />

Shop, eben „His Clothes",<br />

und natürlich folgerichtig<br />

„Her Clothes", Krawatten,<br />

Accessoires, Hüte und<br />

Satin. <strong>Die</strong> scharfen<br />

Schuhe gab es später<br />

bei Topper – es war wie<br />

eine nur kurz vorbereitete<br />

Revolution, die aus einer<br />

West-End-Seitenstraße<br />

plötzlich das modische<br />

Epizentrum von Swinging<br />

London machte.<br />

<strong>Die</strong> Modedesigner schossen<br />

plötzlich wie Pilze aus<br />

dem Boden. Mary Quant,<br />

die später den Minirock<br />

erfinden sollte (was ihr<br />

nach wie vor von einigen<br />

Kreativen bis heute streitig<br />

gemacht wird) und<br />

Warren und David Golds Lord John-Boutique<br />

andere Modelle aus Stoffen wie PVC entwickelte, aus denen man früher<br />

höchstens Fußbodenbeläge hergestellt hatte. Es war auch Mary Quant,<br />

durch die das Dürreperiode-Model Twiggy bekannt wurde;<br />

Marion Foale und Sally Tuffin, die schon 1962 vom<br />

„Vogue Magazine" gepusht wurden – die Liste<br />

ist lang.<br />

Ein paar Jahre später: Wer sich jetzt<br />

immer noch etwas schämte, den<br />

Busen unter der durchsichtigen<br />

Bluse durchscheinen zu lassen,<br />

bekam ein Body-Painting dazu,<br />

und das Gesamtkunstwerk<br />

war komplett. Aus den<br />

Grußkarten vom letztjährigen<br />

Weihnachtsfest machte die Lady-<br />

Jane-Boutique einen nicht ganz<br />

den Körper betonenden, aber doch<br />

aufreizenden Minirock. Lilafarbene<br />

Schnürstiefel waren plötzlich in, und<br />

im Shop I Was Lord Kitchener’s Valet<br />

(auch einer der ersten in der Carnaby Street)<br />

wurden in Anlehnung an alte britische Traditionen<br />

die Uniformen des Hier und Heute verkauft. Und natürlich<br />

war alles, was aus der Carnaby Street kam, schon mal in, bevor es<br />

überhaupt verkauft war. <strong>Die</strong> Kids hatten sich epidemisch befruchtet<br />

und bereiteten den Weg, den das Film- und Musikgeschäft zwangsläufig<br />

zu beschreiten hatte, was vielen nicht nur Schmerzen bereitet<br />

haben dürfte.<br />

Seite 32 ■ GoodTimes 1/2013


Es gibt viele fröhliche Bilder von<br />

Jayne Mansfield, Liberace, Faye<br />

Dunaway, Barry Gibb (natürlich<br />

bei Lord Kitchener’s eingekleidet),<br />

Brigitte Bardot – und schön hat es<br />

Donovan auf den Punkt gebracht:<br />

„Es war nach dem Weltkrieg, es<br />

war schon wieder Kalter Krieg,<br />

und wir hatten einfach keine Lust<br />

auf diesen ganzen Quatsch. Wir<br />

zogen uns unsere Träume an."<br />

Warren Gold, über ein Dutzend<br />

Jahre Inhaber der legendären Lord<br />

John-Boutique, sagt heute: „Es<br />

war alles eine riesige Explosion,<br />

die Musik, die Drogen, die Mode<br />

– wir wollten uns einfach nur<br />

befreien."<br />

... und immer wieder illustre Kundschaft<br />

Und natürlich die<br />

Bands. Ob die Small<br />

Faces, die Who,<br />

die Stones und<br />

die Beatles – sie<br />

alle traten ja nicht<br />

nur im Marquee<br />

Club um die Ecke<br />

in der Wardour<br />

Street oder sonstwo<br />

in London auf,<br />

sondern nutzten<br />

ihre Nachmittage<br />

vor den Auftritten<br />

zu ausgedehnten<br />

Shopping-Touren<br />

und mischten sich<br />

unters Volk. Allein dafür lohnte es sich schon, sich hier aufzuhalten<br />

und den mehr oder weniger zufälligen Körperkontakt zu seinen<br />

Heroen herzustellen.<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 33<br />

Und die Carnaby Street ist natürlich<br />

nicht nur von Peggy March besungen<br />

worden. <strong>Die</strong> Kinks zum Beispiel<br />

machten sich auf "Dedicated<br />

Follower Of Fashion" lustig über<br />

die „Carnabetion Army", die ihren<br />

Marsch durch London und den Rest<br />

der interessierten Mode-Welt durchführte.<br />

The Jam bannten 1977 ihre<br />

persönliche Hommage "Carnaby<br />

Street" auf die B-Seite von "All<br />

Around The World" (immerhin Nr.<br />

13 in England, den Song kriegt man<br />

derzeit nur auf dem DIRECTION<br />

REACTION CREATION-Boxset).<br />

Auch bei den Punks (gut, das hat<br />

ein bisschen gedauert), Goths, New<br />

Romantics sowie Mod-Revival-<br />

Anhängern war die Carnaby Street<br />

in der späteren Phase angesagt,<br />

und auch hier funktionierte die<br />

gegenseitige Befruchtung.<br />

Der "Carnaby Street"-Song der<br />

Volecanoes brachte den dann 1989<br />

mittlerweile überholten Hype auf<br />

den Punkt: „On Carnaby Street<br />

you’ll see: everything is free, everything is free, when you pay."<br />

Von wegen: Küsse unterm Mistelzweig<br />

„Was so alles geschieht/in der Carnaby Street/ja, die Girls und die Boys/<br />

zahlen gerne den Preis/und sie kaufen den Hit/in der Carnaby Street."<br />

Und damit hat Peggy March dann schlussendlich doch wieder Recht.<br />

Ob das noch ein Hit ist, was die Girls und die Boys da kaufen, steht<br />

auf einem anderen Blatt. Heutzutage findet man auch schon mal<br />

einen Puma-Shop und modische Accessoires, die nicht nur in der<br />

Carnaby Street zu erhalten sind. In den 90er Jahren pumpte eine<br />

Immobiliengesellschaft noch mal ordentlich Geld in den Komplex, was<br />

sich zahlenmäßig positiv ausgewirkt haben soll.<br />

Der Besuch lohnt sich allemal für den, der auf der einen Seite<br />

historisch denkt und dennoch nicht erwartet, hier ein längst verlorenes<br />

Gefühl wiederzuentdecken. <strong>Die</strong> drei Meter Berliner Mauer sucht man ja<br />

häufig auch vergebens. Time flies …<br />

Zwei Gedenktafeln gibt es nach wie vor in der Carnaby Street: Haus<br />

Nr. 1 erinnert an John Stephen, eben den Urheber des Hypes, Haus Nr.<br />

52/55 an die Small Faces und ihren Manager Don Arden.<br />

Oliver Schuh


Er passt, aus der Distanz der Jahre betrachtet, überhaupt nicht ins<br />

Bild. Wo fast jeder knallbunte, Augenkrebs auslösende Hawaii-<br />

Hemden trägt, kommt er stets im feinen Zwirn – schwarzer Anzug, weißes<br />

Hemd, Krawatte. Wo die meisten auf der Suche nach der perfekten Welle<br />

oder dem nächsten Schirmchen-Cocktail sind, jagt er zu jeder Tages- und<br />

Nachtzeit und meist auch noch an Wochenenden böse Kriminelle. Wo<br />

"<br />

Aloha-Lässigkeit" zur verschwitzten Touristik-Grammatik des 50.<br />

US-Bundesstaates – daher übrigens der Titel der Krimiserie – gehört,<br />

bleibt er unterkühlt und sagt am Ende fast jeder Folge den zum<br />

Standard, zur "<br />

catch phrase", gewordenen Satz „Book ’em, Danno" zu<br />

seinem leicht tumben Mitarbeiter Danny Williams.<br />

<strong>Die</strong> Rede ist von Detective Steve McGarrett, gespielt von<br />

Jack Lord, der einigen aus dem James-Bond-Film „Dr. No"<br />

bekannt sein dürfte und in Hawaii bis heute hohes Ansehen<br />

genießt. „Hawaii Five-O" (O meint hier den Buchstaben<br />

und nicht die Zahl Null) ging im September 1968 an den<br />

Start und lief, zwölf Staffeln lang, bis April 1980. Damit<br />

gehörte dieses „police procedural drama" zu den am längsten<br />

laufenden Krimiserien der Welt, ein Rekord, der erst<br />

2003 von „Law & Order" eingestellt wurde. Aber es bleiben<br />

genug rekordverdächtige<br />

Daten<br />

und Fakten: 400<br />

Millionen Zuschauer<br />

weltweit, zahlreiche<br />

Re-Runs und 2010<br />

eine Neuauflage<br />

„Hawaii Five-0"<br />

(diesmal ist die<br />

Null und nicht der<br />

Buchstabe gemeint).<br />

Und was selten<br />

Von Teddy Hoersch<br />

Der zweite Mann: Danny " Danno" Williams,<br />

gespielt von James MacArthur<br />

gelingt, schaffte dieses mit Anspielungen auf das Original vollgepfropfte<br />

Format: Auch die Zweitfassung kommt an. Und noch<br />

eine witzige Fußnote im Buch der TV-Geschichte: „Magnum", mit<br />

dem Riesenschnäuzer Tom Selleck, bot anfangs als eine ebenfalls<br />

in Hawaii spielende Serie direkte Referenzen an „Hawaii Five-O".<br />

Der Versuch, den inzwischen in Rente gegangenen Jack Lord für<br />

einen Cameo-Auftritt bei „Magnum" zu reaktivieren, blieb Versuch.<br />

Der Mann mit der immer perfekt liegenden Dreiwetter-Taft-Frisur<br />

lehnte ab.<br />

Wenn man sich fragt, und das muss ja auch bei Erfolgsformaten<br />

erlaubt sein, was das Geheimnis dieser Serie ausmacht(e), stößt<br />

man schnell auf ein ganzes Bündel von Gründen. „Hawaii Five-O"<br />

machte Schluss mit der vorherrschenden Meinung und televisionären<br />

Praxis, dass es klasse<br />

Verbrechen und klasse<br />

Verbrechensbekämpfung<br />

nur in Metropolen<br />

wie New York und Los<br />

Angeles gibt. „Hawaii<br />

Five-O" wurde – anders<br />

als die meisten Serien –<br />

zu zwei Dritteln vor Ort,<br />

an Originalschauplätzen,<br />

geschossen, hatte eine<br />

Hitparaden-taugliche<br />

Titelmelodie, eine preis-<br />

verdächtige Eröffnungssequenz und einen Hauptdarsteller, der als<br />

Figur charismatisch und als Schauspieler ein Perfektionist war. Ohne<br />

die Verdienste seines Sidekicks, des jungen Officers Danny Williams<br />

(gespielt von James MacArthur), oder seines ewigen Erzfeindes<br />

Wo Fat (Khigh <strong>Die</strong>gh) bagatellisieren zu wollen – für die Team-<br />

Architektur waren sie ebenso wichtig wie Chin Ho Kelly, Kono<br />

Kalakaua, Duke Lukela, Ben Kokua und viele andere „regulars" –,<br />

das unbestrittene Zentrum der „Äktschen" war stets Jack Lord<br />

alias Steve McGarrett. Der Zuschauer wusste nicht viel über ihn:<br />

Garrett war mal als Commander bei der Navy gewesen, sein Vater<br />

wurde nach einem Supermarkt-Überfall von einem der fliehenden<br />

© Pressefotos<br />

Seite 34 ■ GoodTimes 1/2013


1<br />

Gangster erschossen, seine Schwester verlor in der ersten Staffel<br />

ein Baby, und manchmal kam eine kurze Rückblende in die<br />

Vergangenheit des Protagonisten. Das war’s – für den ganzen<br />

privaten Schnickschnack, der sich heute gerne als Zweite-<br />

Ebene-Beiwerk durch Krimis rankt, war keine Zeit. Storytelling,<br />

Action, Arbeit ... Und so wurde der in seiner Vorbildlichkeit<br />

manchmal etwas pomadig wirkende Detective der Alptraum<br />

aller organisierten Verbrecher, die die postkartenschöne Hawaii-<br />

Inselgruppe unsicher machen wollten. <strong>Die</strong> Polizei war seine<br />

Braut, sein Beruf Berufung. Dementsprechend zeigte die Kurve<br />

seiner Festnahmen-Statistik auch steil nach oben. In (fast)<br />

jeder Episode konnte Danno die Handschellen klicken lassen.<br />

Wieder ein Böser weggeschlossen, wieder die Welt ein bisschen<br />

besser gemacht, wieder ein Grund mehr, nach Hawaii zu reisen,<br />

wenn man da so gut beschützt wird.<br />

Ob „Hawaii Five-O" den Tourismus zu<br />

den Inseln ankurbelte, war nicht herauszufinden,<br />

klar ist aber, dass es nach<br />

anfänglichem Generalmangel hinterher<br />

eine kleine, aber feine Filmindustrie auf<br />

Hawaii gab und gibt. Wohl auch einer<br />

der Gründe, „Magnum" dort anzusiedeln.<br />

Jack Lord, hier ganz links bei der Arbeit, gilt<br />

auf Hawaii bis heute als Held.<br />

Anzug meets Hawaii-Hemd – von dieser<br />

Kombination lebte die Krimiserie.<br />

Aber zurück zu<br />

den<br />

Erfolgsgründen:<br />

<strong>Die</strong> Ventures verbuchten<br />

mit der<br />

Titelmelodie<br />

eine<br />

Platz-vier-Notierung<br />

in den Billboard-<br />

Charts. <strong>Die</strong> Eröff-<br />

Ärger im Paradies? Kein Problem! Das immer wache<br />

Auge des Gesetzes, Steve<br />

McGarrett, passt auf ...<br />

nungssequenz verdiente seinerzeit cinematografisch<br />

eine Eins plus, und das konsequent durchgezogene<br />

„filmed entirely on location" sorgte für Realität, wo<br />

sonst nur zuckerbäckerartige Kulissen und Sets zu<br />

sehen waren. Aber, und auf die Gefahr hin, mich zu<br />

wiederholen, „Hawaii Five-O" lebte von diesem<br />

coolen, undurchdringlich wirkenden, nicht<br />

um Sympathie buhlenden, unbestechlichen<br />

Steve McGarrett. Er war – perfekt verkör-<br />

pert von Jack Lord – ein Typ, in dessen Gegenwart<br />

man sich etwas sicherer fühlte als vorher, dem man<br />

bedenkenlos seine minderjährige Lolita-Tochter<br />

anvertraut hätte, der die Welt ein bisschen besser<br />

machte. Ein Held auf Hawaii.<br />

GoodTimes <strong>kult</strong>! verlost auf Seite 19<br />

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Hawaii-Five-O".<br />

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Soundtrack für Eskapisten –<br />

Das Progressive Rock-Revival<br />

So, ich bekenne. Auch auf die Gefahr hin, dass mich radikale<br />

Mitglieder der SGAAK (Selbst ernannte Anti-Anachronistische<br />

Geschmacks-Kontrolle) lynchen und steinigen werden: <strong>Die</strong>ser<br />

Tage habe ich in einem verstaubten Londoner Plattenladen für<br />

lausige fünf British Pounds (ca. acht Euro) einen Progressive-<br />

Rock-Sampler namens JOURNEY TO THE EDGE erstanden.<br />

Ein schauderhaft-altmodisches Cover im Stile des legendären<br />

Fantasy-Pinslers Roger Dean zierte passenderweise den Einband,<br />

auf dem Silberling zu hören sind 18 Stücke von 18 Bands, die<br />

ihre Glanzzeit zwischen den späten 60er und frühen 70er Jahren hatten:<br />

Camel, King Crimson, Emerson Lake & Palmer, Curved Air, Caravan<br />

und so weiter und so fort. Nein, Musikfreaks unter Marillion<br />

30, es handelt sich dabei nicht um rare Stücke<br />

obskurer Psychobilly-Truppen oder um irgendwelche<br />

Techno-Pioniere, die sich mit Erscheinen<br />

von Punk den goldenen Schuss in die zuckenden<br />

Venen jagten. Fragt eure Erzeuger – ich bin sicher,<br />

die Fortschrittlicheren unter ihnen werden einen<br />

feurigen Glanz in ihre Augen bekommen, den<br />

ihr dort nie zuvor erblickt habt. Und wenn ihr<br />

richtig lieb zu ihnen seid, werden sie euch in die<br />

hinterste Ecke des Kellers führen, wo sie mit vor<br />

Erregung zitternden Händen verschrammte Vinylschallplatten<br />

ans Tageslicht zerren, die seltsame<br />

Titel wie THE LAMB LIES DOWN ON BROADWAY,<br />

CLOSE TO<br />

THE EDGE<br />

oder IN THE<br />

COURT OF<br />

THE CRIMSON<br />

KING zieren.<br />

Willkommen<br />

im Reich des<br />

Progressive<br />

Rock, kurz<br />

Prog!<br />

© Pressefoto<br />

Pech zudem<br />

für euch, die<br />

ihr unter 30<br />

seid: Ich habe<br />

mir JOURNEY<br />

Hawkwind<br />

TO THE EDGE<br />

nicht gekauft, weil die Scheibe so billig war<br />

oder weil ich zur unseligen Gattung der verkniffenen<br />

Sammler gehöre, die jede Dekade in<br />

der Geschichte der populären Musik zumindest<br />

durch eine einzige repräsentative Kompilation<br />

dokumentiert haben wollen. Nein, ich habe<br />

sie gekauft, weil mir die Songs darauf gefallen!<br />

Und weil mir jeder einzelne von ihnen<br />

eine Erinnerung an längst vergessen geglaubte<br />

Zeiten zurückbringt. Zum besseren Verständnis:<br />

Ich bin Mitte 40, aber Rock’n'Roll ist elementarer<br />

Bestandteil meines Lebens, seit ich sechsjährig<br />

meine Großmutter nötigte, mir die T.Rex-Single<br />

"Metal Guru" zu beschaffen. Danach ging alles<br />

Schlag auf Schlag: Deep Purple, Led Zeppelin,<br />

Van der Graaf Generator<br />

Von Michael Fuchs-Gamböck<br />

Jethro Tull hießen die Helden meiner<br />

Kindheit. Rockmusik machte fortan<br />

meine Welt bunter und aufregender.<br />

Und wahrscheinlich war ich der<br />

einzige meiner Altersstufe, der sich<br />

die „Bravo" tatsächlich brav jeden<br />

Donnerstag wegen der darin vorgestellten<br />

Bands und nicht wegen der<br />

Aufklärungsseiten geholt hat.<br />

Mit zehn Jahren war ich bei<br />

Gruppen angekommen, die meine<br />

Klassenkameraden<br />

nicht mal buchstabieren<br />

konnten: Gentle<br />

Giant, Iron Butterfly,<br />

Van der Graaf<br />

Generator. 1979 entdeckte<br />

ich – 14-jährig<br />

– Punk, die Sex<br />

Pistols veränderten<br />

mein äußeres Leben<br />

radikal (alleine schon<br />

dadurch, dass ich mir<br />

die Haare lila färben<br />

ließ, was in der<br />

Klosterschule, die ich<br />

besuchte, für reichlich<br />

Aufregung sorgte).<br />

Dennoch, Genesis, Camel oder King Crimson<br />

hatten zuvor radikal meine innere Welt verändert:<br />

Bei Camels Instrumentalepos THE SNOW<br />

GOOSE verwandelte ich mich allen Ernstes in<br />

eine „Schneegans", die durch fremde und bizarre<br />

Welten segelt. Genesis' irrwitziger 22-Minuten-<br />

Trip "Supper's Ready", gepaart mit der Lektüre von<br />

Tolkiens Fantasy-Schmöker „Der Herr der Ringe",<br />

ließ in der Tat einen völlig in sich abgeschlossenen,<br />

äußerst abenteuerlichen Mikrokosmos voller<br />

Feen, Zauberer und unerschrockener Helden vor<br />

meinem geistigen Auge entstehen. Und wenn ich<br />

King Crimsons Meisterstück LIZARD hörte, fühlte<br />

ich mich herrlich unwirklich, obwohl es noch etliche<br />

Jahre dauern sollte, ehe<br />

ich mit Halluzinogenen ganz<br />

ähnliche Erfahrungen machte.<br />

Das alles schaffte Prog-Rock<br />

bei mir, und deshalb war klar,<br />

dass diese Musik nie völlig aus<br />

meinem Leben verschwinden<br />

würde. Oder gibt es jemanden<br />

unter den Lesern, der seine<br />

eigene Jugend verleugnen<br />

würde? Na also!<br />

Foto: © 2005 Paul Ridout<br />

Foto: © EMI Records UK<br />

Zwischen '79 und '82 allerdings<br />

gab es für mich nichts<br />

anderes als Punk. Ich stimmte<br />

blödsinnigerweise in das allge-<br />

Seite 36 ■ GoodTimes 1/2013


Jethro Tull<br />

© Pressefoto<br />

Foto: © Virgin Records<br />

meine Geheul der Jugend ein, dass Yes und Genesis den Rock’n'Roll<br />

verraten hätten mit ihrer Passion fürs Bombastische – nicht bedenkend,<br />

dass diese Gruppen eigentlich mit Rock’n'Roll nicht viel am Hut hatten.<br />

Oder drücken wir es so aus: Wenn die Beatles für den Pop sind,<br />

was Mozart für die Klassik ist, und die Sex Pistols, sagen wir mal, das<br />

Pendant zum Avantgardisten Karlheinz Stockhausen, dann haben Yes<br />

den Stellenwert eines Richard Wagner. Andere Baustelle also. Und<br />

Musik, die man garantiert nicht jeden Tag hören kann. Aber wenn man<br />

sich darauf einlässt, trifft sie dich mit voller Wucht im Innersten. 1983<br />

kaufte ich mir durch reinen Zufall (weil mir das kitschige Cover gefiel)<br />

das Debütalbum einer Band namens Marillion, SCRIPT FOR A JESTER’S<br />

TEAR betitelt. Ich hörte sie mir am Abend zuhause an, und schlagartig<br />

war sie wieder da, die alte Magie – Schneegänse und Feen und<br />

körpereigene Halluzinogene, also das volle realitätsferne Programm.<br />

Ich schubste in meinem Schrank die Damned- und Clash-Platten<br />

weit nach hinten und ersetzte sie durch FOXTROT, TRILOGY und IN<br />

A GLASS HOUSE. Dort sind sie bis heute geblieben und stehen dabei<br />

in friedlicher Eintracht mit Nine Inch Nails, Nirvana oder Portishead.<br />

Verstehen kann diesen wilden Stilmix eigentlich niemand. Ich allerdings<br />

schon – es ist die Plattensammlung eines Menschen, der für jede<br />

der zahlreichen Stimmungen und Gefühle auf seiner Emotionspalette<br />

die passende Musik parat haben will. Und wenn ich (was nicht selten<br />

vorkommt) partout keine Lust auf die grässlich-nüchterne Realität da<br />

draußen habe, dann gönne ich mir eine 40-minütige Flucht mit Hilfe<br />

etwa von CLOSE TO THE EDGE.<br />

Scheint, dass es nicht mehr nur mir so geht, denn das Prog-Rock-<br />

Revival ist, beinahe unbemerkt von der Radiowirklichkeit und von<br />

Dance-Hitfabriken, in vollem Gange. Neo Progressive Rock nennt sich<br />

das Ding, damit gemeint ist bei weitem nicht nur, dass es längst sämtliche<br />

alte Yes- und Genesis-Scheiben auf CD gibt (was die Wahrheit ist),<br />

sondern er steht für eine unüberschaubare Zahl neuer Bands, die sich<br />

konsequent in der Tradition dieses märchenhaften Genres sehen. <strong>Die</strong><br />

Gruppen heißen Pendragon oder Arena, Pallas oder IQ, Spock's Beard<br />

oder Transatlantic, The Flower Kings oder Beardfish. Vor allem in Japan<br />

und Europa feiern solche Bands mit ihren Tonträgern, die oft Songs<br />

von über 20 Minuten Spieldauer beinhalten und alleine schon unter<br />

diesem Aspekt völlig Radio-untauglich sind, beachtliche Erfolge. <strong>Die</strong><br />

Szene wartet mit eigenen Plattenfirmen und -läden auf, mit Fanzines<br />

und Festivals. Doch auch das Majorlabel EMI hat vor nicht allzu langer<br />

Zeit die neu erwachte Leidenschaft für Progressive Rock der alten wie<br />

der jungen Generation entdeckt und in zwei Schüben im Herbst 2011<br />

und im Herbst 2012 Hunderte (!) alter wie neuer Prog-Rock-Scheiben<br />

digital remastert und zu erschwinglichen Preisen wiederveröffentlicht<br />

(Details siehe Kasten). Denn, so ein Sprecher der Plattenfirma: „Prog<br />

ist vielleicht die einzige richtig zeitlose Musik, welche die Rockszene<br />

je hervorgebracht hat. Denn sie lädt zum Träumen ein. Und Zeit für<br />

Träume gibt es immer.”<br />

Steve Hillage, Gitarrist der<br />

Hippi-Combo Gong<br />

Dass Progressive Rock all die Jahrzehnte seit seiner Initialzündung<br />

Ende der 1960er stets eine nicht übersehbare, extrem treue<br />

Fangemeinde hat und sich seit Kurzem zusätzlich in einer Revival-<br />

Phase befindet, ist auch der Musikindustrie<br />

nicht entgangen. Vorreiter<br />

bei der (Wieder-)Entdeckung ist das<br />

Majorlabel EMI zusammen mit den<br />

ihr angeschlossenen Indie-Firmen<br />

Century Media, Inside Out und<br />

Superball. <strong>Die</strong>ses Quartett veröffentlichte<br />

am 23. September 2011 nicht<br />

nur den Doppel-CD-Sampler PROG<br />

ROCKS!, auf dem friedlich alte Heroen wie Barclay James Harvest,<br />

Gong, Gentle Giant oder The Nice mit jungen Heroen wie The<br />

Tangent, Ayreon, IQ oder Oceansize vereint sind, sondern am<br />

selben Tag sage und schreibe 270 (!) CDs und DVDs im Rahmen<br />

der Kampagne Prog Rocks", zu besonders kundenfreundlichen<br />

"<br />

Preisen. Schirmherr der Aktion ist kein Geringerer als Jethro-Tull-<br />

Mastermind Ian Anderson. Am 30. August 2012 ging der Massenveröffentlichungs-Auftrieb<br />

weiter: PROG ROCKS 2!, ebenfalls eine<br />

Doppel-CD, kam in die Läden, darauf zu hören 27 Songs von alten<br />

wie jungen Prog-Heroen vom Schlage Electric Light Orchestra,<br />

Eloy, The Flower Kings oder Riverside,<br />

dazu nochmals knapp 200 weitere<br />

digital remasterte Tonträger aus dem<br />

weiten Land des Progressive Rock, für<br />

das erneut Anderson das Sprachrohr<br />

bildete. Der antwortete auf die Frage,<br />

warum Prog-Rock zu Beginn des<br />

neuen Jahrtausends in seinen Augen<br />

wieder groß im Kommen ist: In den "<br />

70er und 80er Jahren haben wir mit unseren Songs immer wieder<br />

eine Art Fluchthilfe in eine andere, bessere Realität geleistet.<br />

Darauf sind wir stolz, denn ich denke, genau das sollte Kunst auch<br />

sein. Ich finde realistische Kultur ganz prima und wichtig – aber<br />

es muss dazu ein Pendant geben. Das Pendant, das sind Bands wie<br />

wir. Das Pendant, das ist Prog-Rock. Der Soundtrack für die Welt<br />

der schönen Illusion, des optimistischen Eskapismus."<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 37


Von Christian Hentschel<br />

Samstagabend-Konkurrenz<br />

für ARD und ZDF<br />

Der Franzose Danyel Gérard landete 1971 mit "Butterfly" einen<br />

echten Smash-Hit. Allein in West-Deutschland hielt sich die<br />

Single 40 Wochen lang in den Charts. Dem neuen Popstar standen<br />

fortan Wege und Türen offen. Zumindest fast, denn als er<br />

im Januar 1972 sein erstes und einziges Gastspiel in der<br />

DDR antreten wollte, scheiterte Gérard am Pförtner des<br />

Bühneneinganges des alten Friedrichstadtpalastes<br />

in Ost-Berlin. Beinahe hätte die erste Folge der<br />

neu konzipierten Fernsehshow "<br />

Ein Kessel<br />

Buntes" ohne internationalen Star<br />

auskommen müssen.<br />

Der beflissene Wachmann befand, dass der Typ mit Bart und<br />

Hut in diesem Aufzug ganz bestimmt nicht den heiligen<br />

Saal betreten würde. Glücklicherweise wurde der Fauxpas<br />

von anderen Mitwirkenden bemerkt, so dass der "Butterfly"-Sänger<br />

doch noch sein Ziel erreichte. Der „Kessel", wie er von seinen Fans<br />

liebevoll genannt wird, war gerettet.<br />

<strong>Die</strong> Show sollte ein ganz besonderes Schmankerl in der DDR-<br />

Fernsehlandschaft werden. Eine großangelegte Revue, die sich an<br />

internationalen Maßstäben orientierte. Mit Künstlern aus aller Welt<br />

– auch aus dem Westen. Eine in der<br />

Tat bunte und generationsübergreifende<br />

Mischung aus Musik, Artistik,<br />

Tanz, Kabarett und Varieté, die<br />

reichlich Kurzweil und Unterhaltung<br />

im besten Sinne bot. Schließlich<br />

galt es, der westlichen Konkurrenz<br />

wie ARD und ZDF ordentlich Paroli<br />

zu bieten. Ein Wunschdenken, das<br />

die Verantwortlichen der DDR-<br />

Medien sicher öfter hatten, doch<br />

beim „Kessel Buntes" war es gelungen.<br />

<strong>Die</strong> faszinierende<br />

Show, die sechsmal jährlich<br />

am Samstagabend zur<br />

besten Sendezeit lief, wurde<br />

das Flaggschiff des DDR-<br />

Fernsehens. Aufgezeichnet<br />

wurden die Sendungen<br />

meist in Ost-Berlin, erst im<br />

alten Friedrichstadtpalast,<br />

dann im neuen und<br />

schließlich im Palast der<br />

Republik. Manchmal ging<br />

der „Kessel" auch auf Reisen<br />

und wurde aus den Stadthallen und<br />

Kulturhäusern in Karl-Marx-Stadt<br />

(heute Chemnitz), Cottbus, Gera und<br />

Suhl übertragen.<br />

Bei den Zuschauern erlangte die Show<br />

alsbald Kultstatus. <strong>Die</strong> Macher um<br />

Evelyn Matt und Günter Steinbacher<br />

kleckerten nicht, sie klotzten und<br />

verpflichteten alles, was Rang und<br />

Namen hatte. Das Beste des Ostens<br />

von Silly über Karat bis hin zu den<br />

Puhdys. Ebenso die Stars des Ostblocks,<br />

Boney M.<br />

George Baker Selection<br />

Gojko Mitic<br />

der so genannten Bruderländer: Karel Gott (CSSR), <strong>Die</strong> Roten<br />

Gitarren (Volksrepublik Polen), Zsuzsa Koncz (Ungarn) ... Absoluter<br />

Quotenbringer waren zweifelsohne die internationalen Mitwirkenden.<br />

Weltstars wie Shirley Bassey, Abba, Gilbert Becaud, Miriam Makeba<br />

und Falco waren da, ebenso damals angesagte Bands wie Village<br />

People, Smokie, Hot Chocolate, Baccara, The Supremes, die Nick<br />

Straker Band und Middle Of The Road sowie Interpreten wie Audrey<br />

Landers, Samantha Fox, Nana Mouskouri und Mungo Jerry. Auch<br />

die Kollegen aus dem Westen Deutschlands gaben sich hier die<br />

Klinke in die Hand: angesagte Pop-Formationen wie Boney<br />

M., Alphaville, Milli Vanilli und <strong>Die</strong>ter Bohlens Blue System;<br />

Schlagersänger wie Juliane Werding, Vicky Leandros, Caterina<br />

Valente und Udo Jürgens oder die Spider Murphy Gang. Einige<br />

kamen wiederholt, die Spitzenreiter sind Katja Ebstein und<br />

Costa Cordalis mit jeweils sechs „Kessel"-Auftritten. <strong>Die</strong> Mittel<br />

Monika Herz<br />

an echten Währungen<br />

waren begrenzt, so dass<br />

viele Engagements internationaler<br />

Größen wegen<br />

fehlender Finanzen ausblieben.<br />

Doch auch hier bewies<br />

die „Kessel"-Mannschaft<br />

Kreativität, statt<br />

Westgeldgage gab es mitunter<br />

Meissener Porzellan,<br />

Musikinstrumente oder<br />

auch Baustoffe fürs<br />

Einfamilienhaus. Freilich<br />

Helena Vondrackova und Jiri Korn musste es jeder<br />

Beitrag durch die<br />

Zensur schaffen.<br />

Englische Texte<br />

muss ten – ins<br />

Deutsche übersetzt<br />

– vorgelegt werden.<br />

Ein Wort wie „Drug"<br />

wurde sicherheitshalber<br />

mit Glücksrausch<br />

gedolmetscht. Ob die<br />

Zensoren ein Auge<br />

zudrückten oder einfach<br />

nur blöd waren, ist nicht überliefert.<br />

Unvergessen bleiben auch die Auftritte des Friedrichstadtpalastund<br />

Fernsehballetts. Wenngleich der Arbeitsalltag der Tänzerinnen<br />

und Tänzer aus nervenden Wartezeiten bestand, lief das Ballett<br />

in der Sendung zur Höchstform auf. Speziell die Solistinnen<br />

Seite 38 ■ GoodTimes 1/2013


Susan Baker und Emöke<br />

Pöstenyi standen ganz oben in<br />

der Gunst der Zuschauer. Susan<br />

Baker erlangte im Jahr 2000<br />

erneut Popularität. Allerdings<br />

unfreiwillig. Stefan Raab hatte<br />

für seinen Videoclip „Wadde<br />

hadde dudde da" Ballett-<br />

Ausschnitte mit ihr aus dem<br />

Mireille Mathieu<br />

Udo Jürgens<br />

Als Skandal-„Kessel" ging übrigens<br />

die 100. Aufzeichnung<br />

aus dem September 1989 in die<br />

Annalen der TV-Geschichte ein.<br />

Helga Hahnemann hatte drei<br />

tagesaktuelle und für damalige<br />

Verhältnisse aufmüpfige Sketche<br />

vorbereitet, die bei der „Abnahme"<br />

während der Generalprobe noch<br />

nicht gezeigt wurden. Kalauer<br />

wie „Wir sind nicht die einzige<br />

Helga Hahnemann<br />

„Kessel Buntes" der späten 1970er verwendet.<br />

Großen Anteil an der Beliebtheit der „Kessel"<br />

hatten auch ihre Moderatoren, <strong>Die</strong> Drei<br />

Dialektiker. Das Kabarettisten-Trio sollte einen<br />

Querschnitt der DDR-Bevölkerung symbolisieren. Horst Köbbert<br />

war der Fischkopp von der Ostseeküste, Manfred Uhlig der Sachse<br />

und Lutz Stückrath der Berliner. Im jeweils entsprechenden Dialekt<br />

witzelten sie über Mängel und Engpässe im DDR-Alltag, zogen<br />

die Deutsche Reichsbahn, das Fernsehen und die Weltfestspiele<br />

<strong>Die</strong> Drei Dialektiker (v.l.) Horst Köbbert, Lutz Stückrath und Manfred Uhlig<br />

Rote Gitarren<br />

Fehlbesetzung in diesem Land"<br />

flimmerten tatsächlich über die<br />

Bildschirme. Erst bei der Wiederholung<br />

waren die „brisanten" Sätze<br />

herausgeschnitten, und selbst<br />

ein eigentlich harmloser Schlager<br />

von Frank Schöbel, „Wir brauchen<br />

keine Lügen mehr", wurde<br />

sicherheitshalber auch gleich weggelassen.<br />

Zwei „Kessel" später war bereits die<br />

Mauer gefallen und noch einmal<br />

fünf Sendungen später war die DDR Geschichte. „Ein Kessel Buntes"<br />

sollte zunächst auch im vereinten Deutschland seinen Platz finden,<br />

doch im Kampf um Quoten verkam das gelungene Showkonzept zur<br />

reinen Schlagerparade. Der<br />

118. Kessel, im Dezember<br />

1992 in Bielefeld aufgezeichnet,<br />

war schließlich die letzte<br />

Karsten Speck<br />

durch den Kakao. Selbst über die internationale Anerkennung der<br />

DDR debattierten die Drei humorvoll. Immerhin fünf Jahre lang<br />

schrammten sie regelmäßig dicht an der Zensur vorbei, dann kam<br />

das Aus für die Realo-Spaßmacher.<br />

Spejbl & Hurvinek<br />

Das neue Konzept bestand<br />

darin, dass jeweils ein anderer<br />

Künstler den „Kessel" präsentieren<br />

durfte. Meist handelte<br />

es sich um TV-Lieblinge von<br />

Film und Bühne. Schauspieler,<br />

Sänger, Fernsehansager,<br />

Sportreporter, Zauberer –<br />

selbst Puppen aus dem Kinderfernsehen<br />

wie Fuchs und Elster sowie die Prager Marionetten<br />

Spejbl & Hurvinek sind auf der Gastgeberliste<br />

zu finden. Zum wahren Straßenfeger wurde<br />

der „Kessel", wenn die unvergessene Helga<br />

Hahnemann, der scharfzüngige O.F. Weidling<br />

oder der wirklich witzige Heinz Rennhack moderierten.<br />

Moderieren ist dabei das falsche Wort.<br />

<strong>Die</strong> Protagonisten sangen, tanzten, spielten – der<br />

„Kessel" bot ihnen die Möglichkeit, sämtliche<br />

Facetten ihres Könnens zu zeigen. Eine Rechnung,<br />

die jedoch nicht immer aufging.<br />

Helga Hahnemann immer nah am Publikum<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 39<br />

Sendung. Moderiert wurden die zehn<br />

letzten Shows übrigens von Enter tainer<br />

Karsten<br />

Speck, den<br />

man aus<br />

Fernseh serien wie „Hallo Robbie" oder<br />

aus der Boulevard presse als Immobilienbetrüger<br />

mit jahrelangen Haftstrafen<br />

kennt.<br />

Obwohl es den „Kessel" seit mittlerweile<br />

20 Jahren nicht mehr gibt, hat<br />

die Sendung einen festen Platz in den<br />

Herzen seiner unzähligen Bewunderer.<br />

Das Traditionslabel Amiga begann nun,<br />

den historischen TV-Schatz auszuwerten.<br />

Mit diversen CDs<br />

und zwei DVD-Boxen<br />

wird an eine großartige<br />

Fernsehshow erinnert.


Er trug seine Bestimmung von Anfang an<br />

im Namen: Volvo – das lateinische "<br />

Ich<br />

rolle". Zudem hefteten ihm seine Macher<br />

ein entsprechendes, gleichsam unverwechselbares<br />

Signet an den Kühlergrill: rill:<br />

eine von einem Kreis eingeschlosseneene<br />

Diagonale – veredelt durch eine nach rechts<br />

oben weisende Pfeilspitze. Darin verbindet sich<br />

bis heute das Zeichen des Planeten Mars mit<br />

jenem Element, das von jeher im Automobilbau für<br />

Kraft und Stärke steht: Eisen!<br />

1915 im Auftrag des schwedischen Unternehmens SKF aus der Taufe<br />

gehoben, steckten die späteren Volvo-Firmengründer Gustaf Larson<br />

und Assar Gabrielson zunächst prophylaktisch ihren kleinen Claim auf<br />

der ausgedehnten Automobilbauerlandkarte ab, denn bis jener inzwischen<br />

legendäre Modelltyp vom Band rollte, der die Marke weltweit etablierte,<br />

gingen weitere 29 Jahre ins Land. Doch dann stand es da – jenes<br />

fabelhafte, noch heute liebevoll Buckel-Volvo genannte Gefährt mit der<br />

Typenbezeichnung PV 444, das aussieht, als sei es auf direktem Weg aus<br />

unserer Fantasie in die Wirklichkeit der frühen 40er Jahre reingerauscht,<br />

mit einer Form wie aus einem in Schwarz-Weiß gedrehten US-Film mit<br />

Orson Welles, Myrna Loy oder Ingrid Bergmann, mit Kotflügeln, die an<br />

opulent ausladende Frauenhüften erinnern, und einer stahlschweren<br />

Karosserie, deren bucklig-fliehendes Heck eher an einen kurz aufgetauchten<br />

Buckelwal denken ließ<br />

denn an ein alltagstaugliches<br />

Straßenfahrzeug.<br />

Von Peter Henning<br />

Begegnet bin ich dem Buckel-Volvo das erste<br />

Mal im Jahr 1966. Ich war damals sieben Jahre<br />

alt und auf dem Weg zu meiner Tante ins ferne Oslo,<br />

die<br />

sich als tagein, tagaus schwarz-weiß gekleidete<br />

und<br />

ganz im <strong>Die</strong>nst einer höhe-<br />

ren Sache agierende Nonne keine<br />

Vorstellung davon machte, was es<br />

für einen Siebenjährigen bedeu-<br />

tete, auf eine solche, für damalige<br />

Verhältnisse lange Reise zu gehen,<br />

zumal in einem<br />

engen, braun-weiß<br />

la ckierten Fiat 124, der hinten grauschwarze<br />

Nebelwolken ausstieß.<br />

Zunächst glaubte ich meinen Augen<br />

nicht zu trauen, als wir die schwedische<br />

Grenze gen Norden passierten und plötzlich zuhauf diese ausladenden,<br />

in bonbonfarbenen Lackierungen herumfahrenden Autos die<br />

mit gelben Mittelstreifen bemalten Straßen zierten: schwere, sich wie<br />

Panzerfahrzeuge auf den Asphalt duckende Gefährte, deren Äußeres<br />

mich an jene wunderbar kurvigen Karossen erinnerten, die ich aus amerikanischen<br />

Schwarzweiß-Serien wie „77 Sunset Strip" kannte. <strong>Die</strong> hatte<br />

ich spätabends gucken dürfen, wenn alle anderen Kinder meiner Straße<br />

bereits seit Stunden schliefen. Dabei lag ich auf der Wohnzimmercouch<br />

und war in meinen grünen Bademantel gehüllt.<br />

<strong>Die</strong>ses Auto war so ganz anders und so viel schöner als alles, was<br />

ich bislang von deutschen Straßen kannte. Dagegen wirkten Wagen wie<br />

der karge DKW F-102, der fantasielos gestaltete Audi 60 oder der eckige<br />

Borgward P-100 trotz geschwungener Heckflossen wie schlechte autobauerische<br />

Scherze. Das waren kantige, ohne jede Formschönheit dahingleitende<br />

Kisten, in denen gewöhnlich ältere Herren mit grauen Schläfen saßen, die<br />

verkniffen übers Steuer spähten. <strong>Die</strong> Buckel-Volvo-Fahrer erschienen mir<br />

verglichen damit wie Menschen, die immerzu und überall in den Urlaub<br />

fuhren: ewig jugendliche, ausgelassene, gutgelaunte Zeitgenossen, die<br />

Sonnenbrillen trugen, den linken Ellbogen lässig aus dem offenen<br />

Seitenfenster lehnten und geradewegs in die untergehendende<br />

schwedische Mittsommersonne hineinzufahren schienen.<br />

Seite 40 ■ GoodTimes 1/2013


Dabei galt die erste Buckel-Volvo-Serie in Schweden zunächst als<br />

ausgemachter unternehmerischer Flop. Denn nachdem die ersten<br />

2300 Käufer in den Genuss des Vorzugspreises von 4800 Kronen gekommen<br />

waren (obwohl der Einstiegspreis bei gut 8000 gelegen hatte),<br />

schreckten viele kauflustige Schweden vor der nun geltenden weitaus<br />

höheren Kaufsumme zurück. Außerhalb Schwedens indes mutierte<br />

das zu ebener Erde dahinschwebende Raum-Schiff namens „Buckel"<br />

innerhalb kürzester Zeit zum Renner. Und schon im März 1947 konnte<br />

Volvo keine Bestellungen mehr fürs erste Herstellerjahr annehmen – die<br />

Auftragsbücher waren randvoll. Dabei kam<br />

das erste Modell des Typs, das Modell A,<br />

offiziell erst 1950 auf die Straße – in einer<br />

Stückzahl von 4782 PVs –, und die deutschen<br />

Käfer-Piloten schielten voller Neid<br />

hinüber zu ihren schwedischen Freunden.<br />

Wer einen Buckel-Volvo fuhr, schien in<br />

meinen Augen ein besserer, ein glücklicherer<br />

Mensch zu sein, hatte mehr Stil<br />

und Freude am Fahren – und genoss von<br />

vornherein meine ungeteilte Sympathie.<br />

Als wir dann von Oslo kommend<br />

erneut durch Schweden, das gelobte<br />

Land der Buckel-Volvos, in Richtung Heimat fuhren, schwor ich mir,<br />

später, wenn ich reich und berühmt sein würde, mir einen ganzen<br />

Stall solcher Buckel-Volvos zuzulegen. Für jeden Wochentag einen,<br />

und jeder in einer anderen Farbe. Mit dem Reichtum wurde es dann<br />

leider nichts, und dementsprechend auch nichts mit dem geplanten<br />

Fuhrpark „Made in Sverige". Doch meiner Zuneigung für das an eine<br />

zum Sprung ansetzende Raubkatze erinnernde Gefährt tat das keinen<br />

Abbruch. Im Gegenteil. Ich setzte meiner Buckel-Volvo-Liebe in<br />

meinem ersten Roman ein kleines erzählerisches Denkmal, und wenn<br />

heute irgendwo eines dieser formvollendeten Fahrzeuge meinen Blick<br />

kreuzt, bin ich im Handumdrehen wieder<br />

der Siebenjährige von damals, mitsamt<br />

seinen Fantasien.<br />

Strandidylle mit dem Mittsommer-Volvo 1955.<br />

zahllosen VW Käfer das<br />

Straßenbild dominierten,<br />

das nur dann und wann<br />

durch einen exquisiten Ferrari 500 Superfast<br />

in Stahlblau oder einen edlen, silberfarbenen<br />

Facel-Vaga HK 500 bereichert wurde, eroberte der<br />

Buckel-Volvo mit Macht die Straßen und die Herzen<br />

auf Avantgardistischeres abonnierter Vierradfans.<br />

Ich war inzwischen ein verliebter<br />

Teenager, quälte mich durch die<br />

gymnasiale Öde und kam eines Tages in<br />

den irrwitzigen Genuss, einen meerblauen<br />

Buckel-Volvo nicht nur berühren – sondern<br />

auch damit fahren zu dürfen, als<br />

Beifahrer versteht sich. Mein um acht<br />

Jahre älterer polnischer Freund Janek,<br />

der eben seine Ausbildung zum Kfz-<br />

Meister abgeschlossen hatte, war aufs<br />

Ganze gegangen und hatte sein bis dahin<br />

Erspartes in einen zwölf Jahre alten<br />

Schweden investiert.<br />

Man schrieb das Jahr 1977: <strong>Die</strong> RAF zog ihre Blutspur durch den<br />

deutschen Herbst, Elvis biss in Gras, und „Rocky" kam in die Kinos,<br />

und die erste Fahrt in Janeks PV 544 war eine Fahrt ins Glück. Denn<br />

wie wir so durch Hanaus Umland cruisten, durch die offenen Fenster<br />

wirbelte die warme Sommerluft ins Wageninnere, war alles andere plötzlich<br />

nebensächlich: die Tatsache, dass ich die Versetzung nicht schaffen<br />

würde ebenso wie der Umstand, dass ich, was das andere Geschlecht<br />

betraf, noch immer nicht auf Öl gestoßen war. Doch durch die abgerundete<br />

Windschutzscheibe des PV 544 erschien das alles plötzlich<br />

klein und unbedeutend, Fliegenschiss auf einem sich drehenden<br />

Globus. Ich fasste neue gewagte Pläne, sagte mich<br />

innerlich von der von einer Großmutter für mich geplanten<br />

Karriere in irgendeinem<br />

Ausbildungsbetrieb<br />

los, verweigerte den<br />

Ab 1950 verpassten dessen Macher dem Buckel-Volvo diverse kleinere<br />

Schönheitsoperationen. Doch weil diese beherzigten, was als<br />

ungeschriebenes Gesetz unter klugen Fahrzeugbauern gilt, nämlich dass<br />

das Neue durchaus neu, aber niemals charakterverändernd sein darf,<br />

fielen diese stets partiell und wohlüberlegt aus. <strong>Die</strong> Modelle B und C<br />

bekamen blinkende Chromleisten und einen verschönerten Grill, auch<br />

wenn der Wagen weiterhin nur in Schwarz zu haben war. Farbe kam<br />

schließlich mit dem Modell D, im Jahr 1952, ins Programm, und man<br />

konnte fortan zwischen einem schicken Maroonrot und dem bewährten<br />

Taubengrau wählen. Bis man sich schließlich 1956 – trotz der<br />

Erfolgsstory des Buckel-Volvo – dafür entschied, dem Wagen nun einen<br />

echten Relaunch zu verpassen. <strong>Die</strong> Idee des PV 544 war geboren – und<br />

das Gefährt startete in ein zweites Leben. Der Beliebtheit des Wagens<br />

schadete das nicht, im Gegenteil. Der PV 544 avancierte zum veritablen<br />

Exportschlager – und auch hier<br />

zu Lande, wo bislang 2CVs,<br />

Citroen Ami 6 oder die<br />

Kriegsdienst und beschloss, Schriftsteller zu werden. Und wenn mein<br />

Umsatz als Schreiber dereinst reichen sollte, würde ich mir ebenfalls<br />

einen 544 zulegen: einen maroonroten mit Weißwandreifen, grün<br />

getönten Scheiben, Sonnenschute über der Windschutzscheibe und<br />

Hornstoßstangen, wie ich sie von der Baureihe E her kannte.<br />

Das ist inzwischen 33 Jahre her. Ich bin tatsächlich Schriftsteller<br />

geworden, doch einen maroonroten Buckel-Volvo habe ich nie<br />

besessen. Doch noch bleibt mir genügend Zeit, mir diesen Traum zu erfüllen.<br />

Bis dahin surfe ich durchs Netz auf der Suche nach dem Richtigen.<br />

Und wie formulierte es dereinst meine Kollegin und Freundin Judith<br />

Hermann so treffend: fend: „Das Schönste ist immer der<br />

Moment davor!" Nicht<br />

ganz, könnte<br />

ich mit Blick auf<br />

die im Netz zum<br />

Verkauf stehenden<br />

544er erwidern.<br />

Doch das<br />

wäre eine anderee<br />

Geschichte.


Weltraumspielzeug<br />

<strong>Die</strong> 60er Jahre waren nicht nur das Jahrzehnt<br />

der Beatles und der Rolling Stones. Nicht nur<br />

Flower-Power und freie Liebe waren bestimmend<br />

für diese Zeit, es war auch das Jahrzehnt des<br />

ersten großen Aufbruchs der Menschheit in den<br />

Weltraum. Und die Eroberung des Alls erfuhr<br />

einen ersten Höhepunkt am 21. Juli 1969, als<br />

mit Neil Armstrong der erste Mensch seinen<br />

Fuß auf den Boden des Mondes setzte. Damit<br />

hatte sich ein Jahrhunderte alter Traum der<br />

Menschheit erfüllt und der Wettlauf der beiden<br />

Supermächte USA und UdSSR um die Eroberung<br />

des Erdtrabanten seinen Abschluss gefunden.<br />

<strong>Die</strong> Eroberung des Alls<br />

im Kinderzimmer<br />

Zeichnung: © N. Müller<br />

Begonnen hatte dieser Wettlauf bereits kurz nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg. Zuerst hatte die UdSSR die Nase vorn. <strong>Die</strong> Russen<br />

schossen 1957 mit Sputnik den ersten Satelliten in den Weltraum,<br />

und Juri Gagarin war der erste Mensch, der an Bord einer Raumkapsel<br />

die Erde umrundete. Erst in den 60er Jahren holten die Amerikaner<br />

auf und zogen schließlich an den Russen vorbei. Maßgeblichen Anteil<br />

daran hatte der amerikanische Präsident John F. Kennedy, der den<br />

Amerikanern 1961 versprach, in den nächsten zehn Jahren einen<br />

Astronauten auf dem Mond landen zu lassen. Mit diesem Versprechen<br />

war nicht nur das folgende milliardenschwere Raumfahrtprogramm der<br />

Nasa auf den Weg gebracht, es löste auch einen regelrechten Boom<br />

in den Kinderzimmern aus, denn unzweifelhaft waren die 60er Jahre<br />

auch das Jahrzehnt des Weltraumspielzeugs, in Sammlerkreisen meist<br />

nur Space Toys genannt.<br />

er allerdings glaubt, Space Toys wären mit Erfindung der<br />

WWeltraumfahrt erstmals hergestellt worden, liegt total falsch. So<br />

gibt es bereits ganz frühe Spielsachen, die man eindeutig dem Bereich<br />

Space Toys zuordnen kann. <strong>Die</strong> Firma Hausser stellte schon in den<br />

20er Jahren Figuren von Außerirdischen her, und auch bei Steiff gab<br />

es einen Alien. In den USA kamen zusammen mit<br />

Filmen wie „Flash Gordon" und „Buck Rogers" in<br />

den 30er Jahren eine ganze<br />

Anzahl zugehöriger<br />

Spielzeuge, vor allem Weltraumgewehre und pas-<br />

sendes Zubehör, auf den Markt.<br />

Durchaus nicht verwunderlich, da in der<br />

Literatur, im Kino<br />

und im Radio die<br />

Weltraumfahrt bereits zu dieser Zeit<br />

eine große Rolle spielte und die<br />

Menschen von<br />

der Idee, nichtirdi-<br />

sches Leben zu treffen, faszi-<br />

niert<br />

waren. Bereits Ende<br />

des 19. Jahrhunderts<br />

hatte der französische<br />

Autor Jules<br />

Verne mit seinen Büchern<br />

fantastischen<br />

Inhalts,<br />

unter anderem „Von der<br />

Erde zum Mond", großen<br />

Erfolg, und man denke<br />

nur daran, wie groß die<br />

Panik in den USA war,<br />

als<br />

Orson Welles 1938<br />

sein Hörspiel „Krieg der<br />

Welten" über das Radio ausstrahl-<br />

te. In den 50er Jahren spielten dann<br />

Ufos eine große Rolle, und bis heute<br />

Apollo-Mondlandefähre Eagle,<br />

Japan, Ende 60er Jahre<br />

glauben viele daran, dass 1947 in Roswell, New Mexico, ein Ufo abgestürzt<br />

ist und ein Außerirdischer den Amerikanern in die Hände fiel.<br />

All das erklärt, warum man in den 50er und 60er Jahren so viele<br />

Space Toys herstellte. Führend in der Produktion war damals Japan,<br />

und die Kennzeichnung „Made in Japan" ist in diesem Fall meist<br />

ein Ausweis der Güte der Spielsachen und eines entsprechenden<br />

Sammlerwerts. In der Blütezeit wurden alleine in Japan mehrere tausend<br />

verschiedene Space Toys hergestellt. t. Bevorzugtes Objekt der Kinder<br />

waren Roboter, die mit der Zeit auch immer mehr<br />

verschiedene Funktionen erhielten und meist<br />

batteriebetrieben waren. Es gab welche, die<br />

rauchten, die einen Fernsehschirm schirm an der<br />

Stelle des Oberkörpers hatten und sich mit<br />

langsamen Schritten vorwärtsbewegten,<br />

rtsbewegten,<br />

oder welche, die man sogar fernsteuern<br />

konnte. Größter Markt für die japanischen<br />

Hersteller waren die USA.<br />

Verständlich. Denn erstens<br />

war dort durch die Nasa<br />

und ihr Weltraumprogrammm<br />

das Thema bei den Kindernn<br />

ständig aktuell, und zweitens<br />

hatte man einfach<br />

genug Geld, um importierte<br />

Spielsachen zu kaufen. Aber<br />

auch in Deutschland wurde<br />

einiges an japanischem<br />

Weltraumspielzeug verkauft,<br />

und so kann man nach wie<br />

vor mit etwas Glück auf dem<br />

Flohmarkt oder im Internet das<br />

eine oder andere schöne Objekt<br />

erwerben.<br />

I<br />

n Deutschland wurde aber<br />

nicht<br />

nur das aus Japan importierte<br />

Weltraumspielzeug verkauft, man hatte auch<br />

eine eigene Produktion. <strong>Die</strong> fiel aber äußerst<br />

bescheiden aus, wenn man bedenkt, wie viele<br />

verschiedene Spielsachen in Deutschland zwischen<br />

1950 und 1970 hergestellt wurden. Bereits<br />

in den 50er Jahren hatte Technofix einen sehr<br />

ansprechenden, ganz aus Blech<br />

ten Raumgleiter im Programm, später stellte<br />

Technofix einige Weltraumbahnen her, alle heute<br />

allerdings sehr selten und entsprechend teuer.<br />

hergestell-<br />

Von der Firma Seidel gab es einen Sputnik-<br />

Japanischer Blechroboter,<br />

Seite 42 ■ GoodTimes 1/2013<br />

frühes Modell um 1960


Satelliten und von Dux eines der heute begehrtesten t Stücke, den<br />

Astroman, einen wirklich tollen Roboter. Und auch Hausser-Elastolin<br />

hatte vier Weltraumfiguren im Programm. Aus DDR-Produktion gab<br />

es eine große Zahl an Mondfahrzeugen und Raketen, hier schien man<br />

für das Thema Weltraum fast offener zu sein als in der westdeutschen<br />

Spielwarenproduktion. Eines der Highlights der westdeutschen<br />

Produktion ist ganz sicher die Orion VIII von Arnold, die man nach dem<br />

Vorbild der Bavaria-Fernsehserie herstellte.<br />

D<br />

Raumfahrer und<br />

Außerirdische<br />

von Hausser-<br />

Elastolin um 1960<br />

eutschland hatte zwar<br />

keinen Anteil<br />

am amerikanischen<br />

Weltraumprogramm,<br />

aber in Sachen Science Fiction<br />

war man trotzdem recht erfolg- reich. Bis heute unvergessen ist die<br />

legendäre Fernsehserie „Raumpatrouille Orion" (siehe <strong>kult</strong>! Nr.4), deren<br />

erste Folge am 17. September 1966 vom WDR für die ARD ausgestrahlt<br />

wurde und von der man sieben<br />

Folgen in<br />

den Bavaria-Ateliers München<br />

n herstellen<br />

ließ. Sehr bald wurden auch<br />

die Folgen<br />

der in drei Staffeln produzierten e amerika-<br />

nischen Serie „Raumschiff Enterprise" im<br />

deutschen Fernsehen gezeigt.<br />

Bis heute im Verkauf,<br />

und damit vermut-<br />

lich die<br />

langlebigste<br />

Heftromanserie<br />

der<br />

Welt, ist<br />

„Perry Rhodan"<br />

(siehe <strong>kult</strong>! Nr.2),<br />

dessen<br />

Erstausgabe<br />

bereits 1961 erschien.<br />

Zwischenzeitlich gibt es mehr<br />

als 2600 Hefte<br />

mit über 150.000 Seiten. Selbst Comics mit<br />

Weltraumthemen th wurden in<br />

Deutschland gezeichnet, bei<br />

Sammlern unvergessen ist<br />

„Nick – Der Weltraumfahrer"<br />

aus dem Walter Lehning<br />

Verlag. Dessen erstes Heft<br />

wurde in Rekordzeit nach<br />

dem Start von Sputnik produziert, in Anlehnung an den Namen des<br />

Satelliten hatte man den Namen der Serie<br />

gewählt.<br />

arum übt gerade das Weltraumspielzeug auf<br />

Wviele Sammler eine so große Faszination aus?<br />

Der Hauptgrund ist vermutlich, dass man sich in den 50er und<br />

60er Jahren eine gänzlich andere Vorstellung davon machte, wie<br />

die Welt im 21. Jahrhundert aussehen würde. Zwar können die<br />

Helden der Weltraumromane von damals mit ihren Raumschiffen<br />

Wir können<br />

auch Musik!<br />

Heft 5/2012<br />

Heft 4/2012<br />

Heft 3/2012<br />

Heft 2/2012<br />

Heft 1/2012<br />

Heft 6/2011<br />

Alle zwei<br />

Monate NEU<br />

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Alle Hefte zu bestellen auf Seite 31 oder im Internet.<br />

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GoodTimes 1/2013 ■ Seite 43


meist problemlos Sprünge durch Raum und Zeit<br />

machen und so Entfernungen von mehreren<br />

Lichtjahren in einer Sekunde zurücklegen,<br />

aber an Erfindungen wie das Internet<br />

oder das iPad dachte keiner der Autoren,<br />

Zeichnung: © N. Müller<br />

zwei originalverpackte Sets Major Matt<br />

Mason von Mattel um 1970<br />

Kaugummis mit Raumfahrerfiguren, in<br />

den späten 60er und frühen 70er Jahren<br />

auch in Deutschland sehr beliebt<br />

und so brauchen die Computer der<br />

Raumschiffe oft Tage, bis sie Informationen<br />

zusammengetragen haben, und die<br />

Passagiere auf Weltraumbahnhöfen lesen<br />

ganz selbstverständlich Zeitungen und<br />

Zeitschriften aus Papier. Genau diese<br />

Naivität spiegelt sich auch in<br />

den<br />

Weltraumspielsachen<br />

wider. Quietschend und<br />

ruckelnd liefen die Roboter<br />

durchs<br />

Kinderzimmer,<br />

eher eine Mischung<br />

aus<br />

Blechbüchse e und uraltem<br />

Fernseher als hochmodernes<br />

technisches Gerät, und<br />

trotzdem waren die<br />

Kinder<br />

fasziniert<br />

und glaubten an<br />

eine Zukunft voller<br />

technischer<br />

Lösungen<br />

und<br />

Orion VII. von Arnold,<br />

superselten,<br />

bekannt aus der<br />

Serie Raumpatrouille<br />

Wunder. Nach zwei Weltkriegen sehnten sich<br />

die Menschen nach einer besseren und<br />

schö-<br />

neren Zukunft, nach einer friedlichen Welt. Der<br />

Fortschrittsglaube der Menschen ging so weit,<br />

dass viele meinten, im Jahre 2000 seien alle<br />

Probleme gelöst unddie die ganze Menschheit<br />

würde sorgenlos und in Frieden leben.<br />

Roboter würden den Menschen die<br />

Arbeit abnehmen, und mit gro-<br />

ßen Raumschiffen könnte man<br />

den Weltraum besiedeln, so<br />

dass es genug Platz<br />

für alle Menschen<br />

gäbe. <strong>Die</strong>se Utopien<br />

der Erwachsenen fanden ganz<br />

besonders ihren Niederschlag bei<br />

den Space Toys. Man kann sich<br />

heute darüber freuen, denn<br />

sonst<br />

gäbe es nicht all die bunten<br />

Roboter<br />

und Raumschiffe mit ihren vielseitigen<br />

en<br />

Funktionen, auch<br />

wenn man etwas über die<br />

Vorstellungen der damali-<br />

gen Zeit, wie es im 21.<br />

Jahrhundert ausse-<br />

hen würde, lächeln<br />

mag.<br />

W<br />

a s<br />

gilt<br />

es<br />

zu<br />

beachten, wenn man selbst<br />

eventuell Space Toys sammeln<br />

möchte? Wie bei allen<br />

Sam melgebieten<br />

sollte<br />

man sich zuerst<br />

ausgie-<br />

big<br />

informieren und nicht<br />

das<br />

erstbes te Stück kau-<br />

fen.<br />

Auch hier gibt es in<br />

der Zwischenzeit viele Replika,<br />

die man nur schwer von den<br />

Originalen unterscheiden kann,<br />

die<br />

aber immer nur einen<br />

Bruchteil alter Stücke wert sind.<br />

Ebenfalls ist es wichtig zu wis-<br />

sen, dass es sehr schwer ist, alte<br />

Roboter oder Raumschiffe, die<br />

defekt sind, zu reparieren.<br />

Wer keine Erfahrung hat,<br />

wird es kaum schaffen.<br />

Auf jeden Fall muss man<br />

immer einen eventuell<br />

vorhandenen Batteriekasten<br />

überprüfen, möglicherweise ist er von Batteriesäure<br />

beschädigt. Wer im Internet kauft, sollte sich immer<br />

vorher die Originalität und die Funktionstüchtigkeit<br />

bescheinigen<br />

lassen. Da es so unglaublich viele<br />

verschiedene Themen gibt, wäre es sinnvoll, sich<br />

auf einen Bereich zu spezialisieren. Das können<br />

Raumschiffe<br />

oder Roboter sein, es gibt aber auch<br />

abgeschlossene Spielsysteme wie Major<br />

Matt<br />

Mason von Mattel, das sich in<br />

großen Teilen am Nasa Mondprogramm<br />

orientierte. Eines gilt aber immer beim<br />

Sammeln: Kaufen Sie nur, was Ihnen<br />

gefällt, und bezahlen Sie nie mehr, als<br />

ein<br />

Stück Ihnen persönlich wert ist,<br />

Klingonenraumschiff<br />

denn nur dann hat man wirklich dauerhaft<br />

Freude an seiner Sammlung.<br />

von Dinky Toys<br />

70er Jahre<br />

Jörg Trüdinger<br />

Seite 44 ■ GoodTimes 1/2013


ENDLICH AUF<br />

CD UND DVD!<br />

Aus der TV<br />

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DAS ORIGINAL!<br />

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Z auberkästen<br />

Von Thorsten Pöttger<br />

tge<br />

DER GRIFF IN DIE TRICKKISTE<br />

Hokuspokus, Simsalabim, dreimal schwarzer Kater" – wem<br />

"<br />

klingelt es da nicht wonniglich in den Ohren, wenn er solche<br />

Sprüche liest? Seit vielen Jahrhunderten lassen Jung und<br />

Alt sich verzaubern. Aber: Ein Magier muss nicht gleich vor<br />

einem Millionenpublikum die Chinesische Mauer verschwinden<br />

lassen. Für den Anfang tut es beispielsweise auch ein einfacher, er, aber tiver Kartentrick im kleinen Kreis. Materialien und eine Anleitung zum<br />

Üben sind seit über 200 Jahren in den unterschiedlichsten Zauberkästen<br />

zu finden. Wohl dem, der heute einen hat, denn dann klappt es vielleicht auch<br />

effek-<br />

irgendwann mit dem Brief aus Hogwarts.<br />

Rational, völlig magiefrei betrachtet, dienten<br />

und dienen Zauberkästen – mit der Betonung<br />

auf dem zweiten Bestandteil des gesetzten Wortes – nur einem einzigen n Zweck: der<br />

Aufbewahrung der notwendigen Utensilien. Sei es,<br />

zusammen-<br />

dass sie mehr oder weniger lose darin klappern oder einen festen Platz haben.<br />

herum-<br />

Erstmals schriftlich wird einer dieser<br />

„Werkzeugkoffer" in einem Nürnberger<br />

Katalog aus dem Jahr 1803 unter der<br />

Bezeichnung „ein Taschenspieler-<br />

Apparat" erwähnt. Seitdem hat sich viel<br />

getan, heutzutage wird unter einem<br />

Taschenspieler vermutlich eher ein<br />

gaunerhafter Trickbetrüger verstanden.<br />

Im 19. Jahrhundert ließ – soweit<br />

bekannt – ein Zauberkasten noch keine<br />

Rückschlüsse auf sein Inneres zu. Heute funkeln dem Betrachter<br />

vom Titel sehr oft leuchtende Kinderaugen eines Jungmagiers in<br />

„Arbeitskluft" entgegen, umringt von auf den Inhalt bezogenen<br />

Der Punx-Zauberkoffer erschien als erster seiner Art<br />

im Nachkriegsdeutschland.<br />

Grafiken. Von aufgedruckten Zahlen sollte sich niemand in die<br />

Irre führen lassen: Hundert Tricks bedeuten nicht gleich hundert<br />

Zubehörteile, viele magische Momente lassen sich auch mit alltäg-<br />

lichen Haushaltsgegenständen erzeugen.<br />

I n den frühen 50er Jahren wurde es für<br />

praktizierende Künstler des zaubernden<br />

Zauberkasten Marke "<br />

Hokus Pokus", Verlag J.W.<br />

Spear & Söhne (um 1900)<br />

Seite 46 ■ GoodTimes 1/2013<br />

Gewerbes es üblich, ihren guten Namen einem<br />

Kasten zu leihen oder gar<br />

aktiv an dessen<br />

Gestaltung mitzuwirken. Für den deutschsprachigen<br />

Raum<br />

kann als einer der ersten<br />

Stifter Ludwig<br />

Hannemann-Punx genannt<br />

werden. Sein 1956 von ASS herausgebrach-<br />

ter<br />

Punx-Zauberkoffer enthielt ein beson-<br />

ders<br />

ausführliches Anleitungsheft. Zu den<br />

Klassikern muss „Der große Zauberkünstler"<br />

gezählt werden. Von 1958 bis 1987 befand<br />

sich<br />

dieser Ravensburger Zauberkasten<br />

auf dem Markt. Zaubergilden-Mitglied<br />

Martin Michalski konzipierte ihn auf der<br />

Erfahrungsgrundlage mehrerer hundert<br />

Zaubershows. Kniffs und Utensilien wurden<br />

speziell für Kinderhände „begreifbar<br />

gemacht".<br />

Später richtete Ravensburger die Kästen auch für verschiedene<br />

Altersgruppen ab sechs, acht und zehn Jahren sowie mit einzelnen<br />

Tricks für den kleinen Geldbeutel eutel aus. Weitere prominente<br />

Namensgeber für Zauberkästen<br />

waren in der Bundesrepublik<br />

beispielsweise Hardy für den<br />

Otto Maier Verlag („Hardys<br />

Kinderzauberspiele") oder<br />

Wittus Witt für ASS („Wittus<br />

Witt Zaubershow"). Als weitere<br />

Nachkriegsproduzentenn<br />

deutscher Zauberkunst sind<br />

Franz Dumke aus Blankenheim<br />

(Nürburg Spiele) sowie die<br />

Fürther Firmen Kleefeld und Noris<br />

(bis 1975) zu nennen. Während sich<br />

FX Schmid auf Spiele mit Karten<br />

spezialisierte, kooperierte Schmidt<br />

Spiel + Freizeit mit dem spanischen<br />

Hersteller Hanky Panky.<br />

1981 erschien unter dem Titel<br />

„Hokus Pokus" letztmalig ein<br />

Der erste Ravensburger Zauberkasten,<br />

Autor Martin Michalski (1958)


HOKUSPOKUS<br />

Zauberkasten der Nürnberger Firma Spear, der<br />

eine für Deutschland zusätzliche „Handarbeit"<br />

erfordernde Premiere bereithielt: <strong>Die</strong> Tricks wurden<br />

nicht fix und fertig geliefert, sondern mussten erst<br />

noch aus Kartonbögen gebastelt werden.<br />

1975 brachte die US-Firma Remco einen<br />

Zauberzylinderhut auf den Markt. Er enthielt<br />

neben den Trickutensilien ein paar gehei-<br />

me<br />

Fächer. In<br />

Deutschland wurde der<br />

Hut von der Firma Stelter aufwändig<br />

beworben unter der Annahme eines gro-<br />

ßen Erfolgs, der jedoch ausblieb und bis<br />

in den Konkurs führte. Des Weiteren gab<br />

es zu jener Zeit im Land der unbegrenz-<br />

ten Möglichkeiten<br />

Micky Maus persönlich<br />

auch<br />

in Form eines<br />

Zauberautomaten:<br />

Etwa 30<br />

Zentimeter hoch<br />

stand<br />

Disneys<br />

Geschöpf auf einem kleinen<br />

Podest, aus dessen Rückseite mehrere<br />

Hebel herausragten, mit denen die Arme in<br />

Bewegung gesetzt werden konnten. Ein weiterer<br />

Griff ließ – wie auch aus zahlreichen (Trick-)<br />

Filmen bekannt – Wasser aus der Blume an<br />

Mickys Revers hervorschie-<br />

ßen. Ein einmaliges Set<br />

lieferte 1976 für den amerikanischen<br />

Markt erneut<br />

Remco mit „The Magic<br />

Stage": Der Zauberkasten beinhaltete eine Art<br />

Bühnenrahmen, in den sich drei<br />

verschiedene Kulissen<br />

mit jeweils drei bis<br />

vier Kunststücken<br />

einhängen ließen.<br />

<strong>Die</strong><br />

offenkundigste,<br />

auf den ersten<br />

Blick<br />

sichtbare Veränderung<br />

in den 70ern betraf das Material der<br />

Zauberkästen samt Inhalt: Waren die<br />

frühen Exemplare meist ganz aus Holz<br />

gefertigt, hielt nun der Kunststoff Einzug,<br />

den Experten oftmals als qualitativ geringwertiger<br />

einschätzten. Besonders Artikel aus<br />

Japan wurden mit einer Klarsichthülle<br />

überspannt, statt per Holzdeckel mit oder<br />

ohne Scharnier verschlossen<br />

zu werden.<br />

Natürlich ging<br />

diese<br />

Umgestaltungg<br />

umso stärker auch aus<br />

Kostengründen<br />

vonstatten,<br />

je stärker die Zauberkästen von der<br />

Spielwarenindustrie statt von eigenständigen<br />

Zauberfirmen wie Conradi-Horster<br />

produziert wurden. Andererseits bedeutete<br />

das<br />

Plastik aber auch Chancen, berichtet<br />

Michaela Magin, Pressereferentin von Ravensburger: „<strong>Die</strong>s machte<br />

auch die Herstellung neuartiger Zauberutensilien möglich, die<br />

das Angebot an Tricks erweiterten." Mittlerweile kann von einer<br />

Verdoppelung der ursprünglichen Anzahl an Kunststücken gesprochen<br />

werden. Eine interessante Ausnahme in Sachen Material bildete<br />

1984 der Kasten von Smarties (!), das<br />

damit offensichtlich auch viele, viele bunte<br />

Tricks präsentieren wollte. Ähnlich prickelnde<br />

Spannung versprach der im selben Jahr von<br />

Söhnlein Brillant auf den Markt gebrachte<br />

Zauberkasten.<br />

Heute finden Zauberkünstler und solche,<br />

die es werden wollen, oft eine DVD oder<br />

einen Download-Code in ihrem Kasten vor.<br />

Auf der Ravensburger-Website beispielsweise<br />

können Lernvideos und passende Musik zur<br />

Untermalung der Show freigeschaltet werden.<br />

Dennoch kommt ein auf den Spuren Harry<br />

Potters wandelndes Kind früher oder später nicht<br />

darum herum, im Schweiße seines Angesichts,<br />

ausgestattet mit haptischen und rednerischen<br />

Fähigkeiten, sicheres Auftreten vor Publikum<br />

zu üben. Denn schon Johann Wolfgang von<br />

Goethe pries die Taschenspielerkunststücke seiner Enkel als „ein<br />

herrliches Mittel zur Übung in freier Rede und Erlangung einiger<br />

körperlichen und geistigen Gewandtheit". Deswegen zählt der<br />

Zauberkasten seiner Kindeskinder, den er 1830 für sie besorgen<br />

ließ, bis heute zum Bestand des Düsseldorfer Goethe-Museums.<br />

Michaela Magin formuliert die lang zurückliegende Diagnose<br />

des Dichterfürsten aktuell so: „Beim Zaubern trainieren Kinder<br />

zahlreiche Fähigkeiten wie Fingerfertigkeit,<br />

Geschicklichkeit, Selbstbewusstsein und<br />

Sprachgewandtheit." Also in diesem<br />

Sinne, liebe Kinder: Lasst<br />

auch mal die Maus<br />

neben dem Computer<br />

liegen und zaubert sie<br />

Goethe erwarb diesen Koffer<br />

1830 für seine Enkel (zu sehen<br />

im Goethe-Museum Düsseldorf)<br />

stattdessen aus einem<br />

Hut. Aber nicht den<br />

Trick verraten!<br />

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GoodTimes 1/2013 ■ Seite 55<br />

NEU!


<strong>kult</strong>ige TV-Serien der70 e r<br />

lt<br />

l ig<br />

TV S<br />

CHARTERBOOT<br />

+<br />

Fernsehen mit Suchtgefahr<br />

Aus dem reichhaltigen TV-Angebot, das in den 70ern serviert wurde,<br />

ragen zwei Serien hervor – ganz vorne weg <strong>Die</strong> Partridge Familie", eine<br />

"<br />

Soap mit Musikverlängerung in die Charts und auf die Bühnen dieser<br />

Welt, und S.O.S. Charterboot", ein wild gewordener Reiseprospekt<br />

"<br />

mit einem Gutmenschen namens Matt, der die Wellen en reitet und<br />

Gangster zur Strecke bringt.<br />

Wir reden hier nicht vom Kinderprogramm, von „Lassie" oder<br />

„Flipper", die unsere frühen Jahre vor der Flimmerkiste<br />

bestimmten, sofern wir in den 50er Jahren des 20.<br />

Jahrhunderts geboren wurden. Nein, hier geht’s um jene Serien, die<br />

den Eintritt in die Pubertät mit all ihren Hormonschüben, Träumen,<br />

Irrungen und Wirrungen markierten und vermeintlich unseren Blick<br />

auf die Welt schärften, die Welt der Erwachsenen, die Welt des Sex ’n<br />

Crime, die Welt der Liebe. Zeitgenossen, die in den späten 60ern die<br />

Beatles und Rolling Stones für sich entdeckt hatten oder schlimmere<br />

„Affenmusik"-Combos (wollte man den verschreckten Eltern glauben),<br />

gaben der „Partridge Family" oder „S.O.S. Charterboot" zwar nicht das<br />

Prädikat „cool", aber hingeschaut wurde trotzdem.<br />

Aus heutiger Sicht ist das Konsumverhalten der Vor-Internet-<br />

Generation nicht anders zu bezeichnen als erratisch. Heute kann man<br />

seine Lieblingsprogramm dank „Sendung verpasst? Dann Mediathek<br />

anklicken" schauen, wann immer es in den täglichen Stundenplan<br />

passt. Früher musste man, da es außer umständlichem Aufzeichnen<br />

keine Speichermöglichkeiten gab, justament dann schauen, wenn das<br />

gewünschte Programm lief. Und die Streitereien der Generationen<br />

über „Sportschau" oder „Beat-Club" sind Legion und legendär, da es<br />

ja in normalen deutschen Haushalten keine<br />

Zweitgeräte gab. Also, wir beamen uns zurück<br />

in die mediale Steinzeit, wo anno Schnuff<br />

in Konkurrenz zu Ernst Huberty (ja, das<br />

war der „Sportschau"-Zeremonienmeister mit<br />

dem breiten Scheitel und den über den Kopf<br />

gelegten Resthaaren) „S.O.S. Charterboot"<br />

im ZDF lief. <strong>Die</strong> friedliche Koexistenz der<br />

beiden Gebührensender ARD und ZDF<br />

war seinerzeit gar nicht sooo friedlich.<br />

Immer mal wieder versuchten die „jungen<br />

Mainzer" vom Lerchenberg den alten ARD-<br />

Stationsvorstehern in die Suppe zu spucken.<br />

Und das gelang zumindest bei einem Fußballfreund namens Uwe ganz<br />

gut. Der schrieb: „Ich war (und bin immer noch) ein großer Fußballfan.<br />

So auch 1972, als ,S.O.S. Charterboot' zum ersten Mal im ZDF lief.<br />

Der Bundesliga-Skandal hatte gerade meinen<br />

Lieblingsspielern Volkmar Groß, Zoltan Varga<br />

und Arno Steffenhagen die Spielberechtigung<br />

bedroht und später geraubt – und es war<br />

Winterpause, aber dennoch lief die ARD-<br />

,Sportschau' zeitgleich zu ,S.O.S. Charterboot'.<br />

Als ganz kleines Kind war ich ein riesiger Fan<br />

von Ty Hardin in ,Bronco', also habe ich der<br />

Ernst-Huberty-Versuchung widerstanden und<br />

,S.O.S. Charterboot' geschaut. Oh, wie toll!<br />

Ty Hardin geriet als Moss Andrews immer<br />

wieder in Schwierigkeiten, die Frauen fielen<br />

ihm zu Füßen, und das von ihm gesteuerte<br />

Motorboot raste durch die australische Szenerie. Unvergessen ist mir<br />

die Titelmelodie (...). Damals, kaum elf Jahre alt, beschloss ich auszuwandern,<br />

und zwar nach Australien, um ein zweiter Moss Andrews zu<br />

Seite 56 ■ GoodTimes 1/2013


werden. Ausgewandert bin ich, aber<br />

nicht nach Australien, sondern in die<br />

USA. Und als ,S.O.S. Charterboot'<br />

später im Jahr nicht mehr lief,<br />

hatte mich auch die Bundesliga<br />

wieder, ohne meine dann bereits<br />

gesperrten Fußballhelden!” (Quelle:<br />

www.tv-nostalgie.de) Uwe, danke<br />

für den Beitrag, denn du hast in<br />

wenigen Worten zusammengefasst,<br />

was „S.O.S Charterboot", ursprünglich<br />

eine Serie des australischen<br />

Senders Seven Network, televisionär<br />

ausmachte. Der Schauspieler<br />

Ty Hardin (aka Moss Andrews) lieh<br />

ihr seine markant männlichen,<br />

eine Reihe blendaxweißer gerader<br />

Zähne entblößenden, wettergegerbten,<br />

meist von einem Lächeln<br />

umspielten Gesichtszüge, in die<br />

Gutmenschentum, Siegeswille und<br />

Unbeirrbarkeit als Textur eingegraben<br />

waren. Australien<br />

lieferte die kitschigen<br />

Postkartenansichten<br />

von Surf und Turf, von<br />

Meeresbrandung, malerischen<br />

Buchten und weißem<br />

Strand. Ty, dessen Vorname<br />

so knapp war wie die Bikinis<br />

der agierenden Damen,<br />

hatte leichtes Spiel bei den<br />

Ladys. In Bayern nennt<br />

man dieses Phänomen<br />

hingebungsvoller Frauen<br />

„gema’te Wies’n". Und so<br />

fertig gemäht wie die Wiesn<br />

war auch das Erfolgsrezept von „Riptide",<br />

wie der bebilderte Reiseprospekt im Original<br />

hieß. <strong>Die</strong> Vorgeschichte, der so genannte<br />

Subtext zu dem, was der Zuschauer<br />

zu sehen bekam, war drehbuchtechnisch<br />

noch relativ ausgefuchst. Moss Andrews<br />

(Ty Hardin) wird, obwohl schon jahrelang<br />

down under, von allen nur „der Amerikaner"<br />

genannt. Ehrerbietung für die große Nation,<br />

der er entstammt? Ja! Hinweis auf die<br />

Freiheitsliebe und den Gerechtigkeitssinn<br />

der Amis? Auch das! Nachdem Tys australische<br />

Frau in Amerika bei einem Autounfall<br />

ums Leben gekommen ist, verzichtet der<br />

Tüchtige, aber Gramgebeugte, von da an<br />

immer etwas in sich Gekehrte auf eine<br />

Karriere als Geschäftsmann und begibt sich<br />

mit der Yacht Safari auf den großen Törn<br />

über den Atlantik nach Australien. Dort<br />

hilft er seinem in finanzielle Bedrängnis<br />

geratenen Schwiegervater Barney Duncan<br />

(der Schauspieler Chris Christensen verstarb<br />

Moss Andrews (Ty Hardin) war der blonde Mann<br />

für alle Fälle und meist in hübscher Begleitung ...<br />

während der Dreharbeiten) und macht die auf Grund gelaufene<br />

Charterboot-Firma (daher der deutsche Serienname) wieder flott. In<br />

den 26 Folgen, von denen anno 1972 20 das ZDF und sechs später<br />

von einem Münchner Pay-TV-Sender gestrahlt wurden, tut der<br />

aufrechte, muskulöse, stets hilfsbereite und von Frauen wie Motten<br />

umschwärmte Moss/Ty nur Gutes. Denn, wie immer – das Paradies wird<br />

von Gangstern bedroht, die das weiß schaumbekronte Meer für ihre<br />

dunklen Machenschaften nutzen. Moss, der ursprünglich ja nur seinen<br />

Schwiegervater besuchen wollte, macht zuerst das marode Unternehmen<br />

wieder flott, vermietet die Atlantik-erprobte Yacht an Angler und löst<br />

dann en passant unknifflige Kriminalfälle. Im Fernsehlexikon von<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 57<br />

Michael Reufsteck und Stefan Niggemeier heißt es:<br />

„Moss hilft auch dem Medizinstudenten Neil Winton<br />

(Jonathan Sweet), der sich mit Kriminellen eingelassen<br />

hat, und gibt ihm einen Job. Moss’ Freundin ist Judy<br />

Plenderleith (Sue Costin). Zusammen besiegen sie die<br />

vielen bösen Menschen in der Gegend. <strong>Die</strong> Serie verließ<br />

sich auf die Anziehungskraft von amerikanischen<br />

Gaststars und kaum bekleideten Frauen und sparte<br />

dafür am Drehbuch. Neil und Judy wurden schon<br />

nach kurzem aus der Serie geschrieben: hi „Neil nimmt sein Medizinstudium wieder<br />

auf, Judy taucht ohne Erklärung ab." Klar,<br />

denn es ging ja nur um das – ob der verunglückten<br />

Ehefrau – stets von leichter<br />

Melancholie umwehte, immer der gerechten<br />

Sache verpflichtete, etwas schweigsame,<br />

die Welt in Ordnung bringende Macho-<br />

Mannsbild. Der, das wissen wir dank Uwes<br />

Eintrag, brachte fußballbegeisterte Männer<br />

dazu, nach Amerika auszuwandern. Auf der<br />

Website von www.serienjunkies.org können<br />

sich Spätgeborene oder Wiederseher alle 26<br />

Folgen downloaden und zu Gemüte führen.<br />

Nicht nur in punkto Quantität, sondern auch<br />

was die Strahlkraft angeht, war „<strong>Die</strong> Partridge<br />

Familie" (im Original: „The Partridge<br />

Family") von ganz anderem Kaliber als die<br />

Bootsvermietungsserie. <strong>Die</strong> Daten: vier Jahre<br />

Laufzeit, von 1970 bis 1974, 96 Episoden,<br />

Millionen von Lizenzgebühren, weltweite<br />

Verbreitung, acht Alben, über 25 Millionen verkaufte Einheiten, vergoldete<br />

Singles, Nummer-eins-Erfolge und Millionen gebrochener<br />

Mädchenherzen. David Cassidy, Stiefsohn der Hauptdarstellerin Shirley<br />

Jones aka Serienmutter Shirley Partridge, wurde aufgrund der Sitcom<br />

zum Teenageridol und uneingeschränkten „Bravo"-Liebling. Er sorgte<br />

damals für Kreischalarm wie weiland die Beatles oder später Tokyo<br />

Hotel. Wie immer, wenn „Bravo" ein Thema für sich entdeckt hatte, gab<br />

es – war der Star erst einmal geboren – keine Ausgabe ohne ihn. Und<br />

genau das war dann für echte Rocker und halbe Hippies, denen man zu<br />

dieser Zeit begegnete, auch der Grund, Cassidy & Co. komplett uncool<br />

zu finden. „The Partridge Family" schickte zwar die schnuckelige Susan


Fotos: © Davids/Bildarchiv Hallhuber<br />

Dey als weiblichen Gegenentwurf zu David ins Rennen,<br />

aber männliche Teenager haben es nicht so mit „Vonferne-Anschmachten-und-Schwärmen"<br />

wie weibliche.<br />

eigentlich nur eine Richtung für eine solche Soap:<br />

nach oben. Und folgerichtig g wurden die Partridges so<br />

etwas wie eine fik-<br />

Sie steigen lieber der Schwester vom besten Freund<br />

tionale Ersatzfamilieie<br />

hinterher als ... aber das ist eine andere Geschichte.<br />

für all die vernachlässigten,<br />

mit ihrem<br />

<strong>Die</strong> Story, das Prequel zur Familiensaga Partridge,<br />

bürgerlichen Dasein<br />

kommt einem einerseits bekannt vor (Trapp-Familie,<br />

unglücklichen, in<br />

Kelly Family in schön) und hatte andererseits eine<br />

traurige „Ein-Kind-ein-Hund"-Familien<br />

reale Vorlage.<br />

In den späten<br />

hineingeborenenn<br />

Kids.<br />

60ern waren<br />

The Cowsills Denn wer träumt im Alter von 13<br />

eine wirkli-<br />

aufwärts nicht davon, selbst Popstar<br />

che US-Pop- im Kreise einer Orgelpfeifen-<br />

Familie gewe-<br />

Geschwisterschar zu werden oder<br />

sen, und die zumindest von einem Popstar<br />

Produzenten gefreit zu werden – David Cassidy<br />

hatten sogar alias Keith für die Mädchen und<br />

erwogen, Susan Dey alias Laurie für die<br />

die Cowsills- Jungs? Der Rest der Rasselbande als<br />

Kinder als Identifikationsmuster für die Kleinerenn<br />

TV-Helden im eigenen Familienkreis oder,<br />

zu etablieren, wenn man selbst keine Geschwister<br />

waren aber hat, als Projektionsfläche nach dem<br />

dann von der Motto „Ach, ich hätt so gerne eine(n) n)<br />

Idee abge-<br />

kleine(n)/große(n) Bruder/Schwester".<br />

rückt, weil Siehe oben. Wie üblich in der ameri-<br />

denen wohl kanischen Fernsehwelt traten in den<br />

das schauspie-<br />

vier „Seasons", in der die kitschige,<br />

lerische Rüstzeug fehlte. Außerdem hatte man bereits<br />

blitzsaubere Familien-Pop-Saga von ABC<br />

die Hollywood-Aktrice und<br />

Oscar-Preisträgerin<br />

ausgestrahlt wurde, zahlreiche Gaststarsars<br />

Shirley Jones (1961 hatte sie einen Oscar als „Beste<br />

Nebendarstellerin" in dem Film „Elmer Gantry"<br />

erhalten) als Mama der Partridge-Sippe pflichtet. Nun, die Story: Eine verwitwete Mutter<br />

ver-<br />

in Erscheinung, darunter alle drei späteren „Charlie’s Angels" (Farah<br />

Fawcett, Cheryl<br />

Ladd, Jaclyn<br />

Smith), Jodie Foster, Richard<br />

Pryor, Louis Gossett Jr., Rob<br />

(Shirley Partridge) tritt auf Drängen ihrer Kinder<br />

Reiner,<br />

Countrystar Johnny<br />

mit ihnen als Popgruppe auf und tourt in einem<br />

Cash und Davy Jones von<br />

umfunktionierten Schulbus durch die Staaten.<br />

den<br />

Monkees,<br />

der ande-<br />

<strong>Die</strong>ses zwischen Vorstadt-Tristesse und<br />

ren, im Reagenzglas eines<br />

On-the-road-Leben changierende<br />

Marketingstrategen gezüch-<br />

Dasein bildet die Folie, auf der<br />

teten Fiktionsband.<br />

sich die Familienprobleme (oder<br />

Und ebenso<br />

sollte man sagen: Problemchen?)<br />

wie bei den<br />

entwickeln: Bruder-Schwester-ester-<br />

Monkees,<br />

die<br />

Zoff, Bruder-Bruder-<br />

auch auf Basis<br />

Streitereien, Mutter-Sohn-<br />

einer<br />

TV-Serie<br />

Kabalen, Mutter-Tochter-ter-<br />

groß<br />

wurden<br />

und<br />

dann<br />

Gezänk, Garagen-Romantikntik<br />

und Popruhm, Tourlebenen<br />

musikalisch<br />

Shirley Jones<br />

und Schulalltag, schö-<br />

reüssierne<br />

Frauen und grantligege<br />

ten,<br />

schrieb<br />

Manager, Pubertätsstress,<br />

man für die<br />

Verliebtheiten, Nickeligkeiten<br />

Partridge<br />

undsoweiter-<br />

Familie süß-<br />

undsofort. „<strong>Die</strong> Partridge<br />

liches,<br />

kalorienreicheselben<br />

Familie" bediente – nach dem-<br />

Muster wie später die<br />

Pop-Konfekt.<br />

singende Altkleidersammlung<br />

„I Think I Love<br />

namens Kelly Family – die<br />

You", der wohl<br />

Sehnsüchte Heranwachsender<br />

bekannteste<br />

Hit<br />

nach Nestwärme, Zusammenhalt,<br />

der TV-Popper,<br />

einer emotional stabilen und sta-<br />

stand 1970 18<br />

bilisierenden Familienarchitektur.<br />

Wochen<br />

lang<br />

Wenn dann noch ein gehöriger<br />

auf Platz eins<br />

Spritzer Pop und Glamour kommen und ein adretter, sau-<br />

notierte<br />

in<br />

Dave Madden<br />

dazu-<br />

der US-Charts,<br />

Trotz Haschisch-Konsum-Beichte und Sex<br />

berer, gut aussehender Töchter-<br />

mit Groupies wurde David Cassidy sein England in den Top 20 und schaffte es hier zu Lande<br />

und Schwiegermutter-Traum<br />

Saubermann-Image nie los ...<br />

bis unter die ersten 30. Insgesamt wurden, allerdings mit<br />

wie David Cassidy, dann gibt’s Foto: © Davids/Zill/Bildarchiv Hallhuber<br />

zunehmend rückläufigem Ergebnis, 89 Songs veröffentlicht, die<br />

Seite 58 ■ GoodTimes 1/2013


Debüt-LP THE PARTRIDGE<br />

FAMILY ALBUM verkaufte<br />

sich millionenfach, belegte<br />

Platz vier der Billboard-<br />

Charts und erhielt einen<br />

glänzenden Goldüberzug.<br />

Dass mit Ausnahme von<br />

David Cassidy und Shirley<br />

Jones kein Castmitglied<br />

musikalisch wirklich aktiv<br />

war, änderte nichts an<br />

dem Erfolg des cleveren<br />

Konzepts. War auch vollkommen<br />

wurscht. Cassidy,<br />

für den die Partridge-Rolle<br />

Fluch und Segen zugleich<br />

war, startete dank seiner<br />

Rolle eine überaus erfolgreiche<br />

Solokarriere. Er war es auch, der<br />

sich gegen die Produzenten durchsetzte,<br />

als die von ihm verlangten, bloß die<br />

Lippen zu bewegen. Man entdeckte<br />

sein Talent und ließ ihn und Mama<br />

Shirley tatsächlich ans Mikro.<br />

Obwohl sich David Cassidy bereits<br />

1972 in einem „Rolling Stone"-<br />

Interview über das Saubermann-Image<br />

der Serie und seiner Rolle mokiert, und<br />

seine Fangemeinde als fast nackter<br />

Coverboy und mit Geständnissen über<br />

Haschisch-Konsum und Groupie-Sex<br />

schockiert hatte, blieb das Image des<br />

David Cassidy<br />

hübschen Bengels an ihm hängen.<br />

Selbst ein solcher Ausritt<br />

Susan Dey konnte dem Idol nichts anhaben,<br />

Cassidy bekam 30.000<br />

Fanbriefe täglich … Erst nach<br />

dem Aus der Erfolgsserie,<br />

deren Quoten ab 1973 erodierten,<br />

begann der Abstieg<br />

des Teenidols David Cassidy.<br />

Obwohl noch drei Jahre<br />

hintereinander, von 1973<br />

bis 1975, stolzer Gewinner<br />

des goldenen „Bravo"-Otto<br />

als beliebtester Sänger(!),<br />

scheiterten alle Versuche,<br />

in Amerika an den großen<br />

Partridge-Erfolg<br />

anzuknüpfen.<br />

<strong>Die</strong> Folge: Depression,<br />

Alkoholmissbrauch,<br />

das<br />

Danny Bonaduce Übliche ... Erst zehn Jahre<br />

später gelang „Darling David" (Buchtitel) das dringend notwendige<br />

Comeback, um seine leeren Haushaltskassen wieder einmal aufzufüllen<br />

und seiner teuren Pferdepassion weiter nachgehen zu können.<br />

Da war die Welt der Partridge Family noch in Ordnung.<br />

Mama Partridge (Shirley Jones) im Kreise ihrer Rasselbande.<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 59<br />

Jeremy Gelbwaks <strong>Die</strong> „Partridge Family"<br />

war zu ihrer besten Zeit<br />

wie der Zuckerguss auf<br />

einem Kuchen, lecker,<br />

aber eigentlich nicht<br />

wirklich nötig; wie ein<br />

Pflaster auf einer Wunde,<br />

die an der frischen Luft<br />

viel besser abheilen<br />

würde, beruhigend, aber<br />

überflüssig. Sicher ist –<br />

die singende TV-Familie<br />

(pro Folge zirka zwei<br />

Songs) hat den Boden<br />

bereitet für alle Teen-<br />

Soaps und Castingshows<br />

und groß angelegten<br />

Marketingcoups.<br />

Denn<br />

zur besten Zeit brachte deren<br />

Markennamen dem Sender 500<br />

Millionen Dollar Lizenzgebühr<br />

ein – für Humbug, den niemand<br />

braucht(e), Fans weltweit aber<br />

vor Glück quieken ließ. Spiele,<br />

Magazine,<br />

Spielzeuginstrumente,<br />

Pausenbrotdosen,<br />

Klamotten,<br />

Federmäppchen, Bücher, Badetücher<br />

– alles mit den Logos bzw. den<br />

Konterfeis der angebeteten Partridge<br />

People. Das man eine solche<br />

Verwertungskette nicht gerne reißen<br />

lässt, ist klar. Alle Versuche,<br />

diese mittelschwere Industrie wieder<br />

aufleben zu lassen, einmal in<br />

Form eine Animationsserie, dann<br />

2004 als „New Partridge Family" mit<br />

öffentlichem, vom Kabelsender VH1<br />

in Auftrag gegebenen Casting („In<br />

Search Of The Partridge Family"),<br />

blieben Versuche. Denn eines verkennen<br />

die Marketingstrategen gerne:<br />

<strong>Die</strong> ursprüngliche TV-Familie war<br />

zwar auch ein zusammengewürfelter<br />

Haufen, aber viele der Songs<br />

waren echte Pop-Ohrwürmer, und<br />

Jones, Cassidy und Dey Glücksfälle<br />

der Casting-Verantwortlichen. Das<br />

Ganze hatte Charme und Schmiss. Ich geb’s heute gerne zu – immer<br />

wenn meine kleine Schwester die Serie schaute, schaute ich mit.<br />

Und manche der klebrigen Pop-Schmonzetten kann ich bis heute<br />

mitsummen, wenn sie denn mal im Radio laufen. "I’ll Meet You<br />

Halfway", "Doesn’t Somebody Want To Be Wanted", "Breaking Up<br />

Is Hard To Do". Es gab (und gibt) weitaus schlechtere TV-Pop-<br />

Soaps, und wer nicht die DVD-Boxen mit den kompletten Staffeln<br />

besitzt – im Netz findet man alles, was das Fanherz begehrt. Und<br />

wie der ewig verlegene Hugh Grant in dem Kinohit „Vier Hochzeiten<br />

und ein Todesfall" gekonnt stammelt: „Mit den Worten von David<br />

Cassidy, ähm, als er noch bei der Partridge Familie war, äh, ‚I Think<br />

I Love You’."<br />

<strong>Die</strong> 70er Jahre waren auch in punkto Krimi eine sehr ertragreiche<br />

Zeit, Klassiker, wohin das Serienauge schaut – „<strong>Die</strong> Straßen von<br />

San Francisco" mit dem unruhigen Jungspund Inspector Steve<br />

Heller (Michael Douglas) und seinem zerknautschten, schon weisen<br />

Vorgesetzten Detective Lieutenant Mike Stone (Karl Malden),<br />

„Einsatz in Manhattan", „Detektiv Rockford – Anruf genügt", „Hawaii<br />

Five-0", „Petrocelli", „Der Chef", „Ihr Auftritt, Al Mundy" oder „Der<br />

Kommissar" mit dem unvergessenen Erik Ode. Doch das ist eine andere<br />

Geschichte, und die wird im nächsten <strong>kult</strong>! erzählt.<br />

Teddy Hoersch<br />

Fotos: © Davids/Bildarchiv Hallhuber


Spielzeugkataloge:<br />

Als fantasievolle Bilder Begierden weckten<br />

Vorfreude reude ist bekanntlich die schönste<br />

Freude. Man erinnere nere<br />

sich an die<br />

Kindertage,<br />

wenn<br />

Weihnachten hten<br />

oder der<br />

Geburtstag tag<br />

näherrückten. rückte<br />

en. Schon Wochen<br />

oder<br />

sogar<br />

Monate im Voraus war die<br />

Neugier auf die zu erwartenden ende en tollen<br />

len<br />

Geschenke enk groß. Und ein bisschen glaub-<br />

te man zu wissen, was da auf einen<br />

e<br />

zukommen<br />

könnte: nte:<br />

Unzählige Male hatte<br />

te<br />

man den Spielzeugprospekt eugp<br />

pek<br />

ekt von<br />

Vedes oder<br />

den Weihnachtskatalog h<br />

atal des ortsansässi-<br />

sä<br />

ss<br />

gen Kaufhauses uses<br />

durchgeblättert tert<br />

und<br />

angekreuzt,<br />

was man noch<br />

unbedingt ngt<br />

brauchte.<br />

Da a gab es das schnittige ige Kettcar, die Carrera-<br />

Rennbahn, welche einem eine Formel-1-<br />

Karriere zu offerieren schien, und für die<br />

Mädchen gab es sprechende Puppen mit einer<br />

Kleiderfülle, wie sie sonst nur Schauspielerinnen und Prinzessinnen<br />

hatten. Wer schon lesen und schreiben konnte, hatte vermutlich schon<br />

lange vor Weihnachten den dem Katalog<br />

meist beiliegenden Wunschzettel ausgefüllt.<br />

Logisch, dass der Zettel lang<br />

und länger wurde, so lang, dass weder<br />

die Eltern noch Oma, Opa und Tante<br />

Gretel alles kaufen konnten. Und dass<br />

es den Weihnachtsmann nicht gab,<br />

hatte man leider schon vor Beginn der<br />

eigenen Schulkarriere leidvoll erfahren<br />

müssen.<br />

Wer 2012 in ein Spielzeuggeschäft<br />

geht und sich die aktuellen<br />

Spielzeugkataloge anschaut, fragt sich,<br />

was aus den liebevoll gemachten kleinen<br />

Kunstwerken der 60er und 70er<br />

Jahre geworden ist. Mit Ausnahme von Lego und Playmobil gibt<br />

es kaum mehr aufwändig gestaltete Kataloge, in denen sich Fotos<br />

erstklassiger Fotografen befinden. Wenn es heute überhaupt noch<br />

einen Farbkatalog gibt, dann scheinen die Bilder von den Azubis<br />

zwischen Frühstücks- und Mittagspause geknipst worden zu sein. Für<br />

diesen Qualitätsverlust gibt es ganz sicher mannigfaltige Gründe. Der<br />

Preisdruck in der Spielwarenbranche ist einer davon, aber auch der<br />

Vormarsch der digitalen Fotografie hat dazu geführt, dass<br />

heute jeder mit einer guten Kamera glaubt, er<br />

könne ebenso gute Fotos machen.<br />

Allerdings war der Weg zu gut<br />

gestalteten und den kindlichen<br />

Nutzer faszinierenden und fesselnden<br />

Spielzeugkatalogen<br />

lang. Im 19. Jahrhundert<br />

hatten die<br />

Spielzeughersteller und<br />

Großhändler meist<br />

nur Muster bücher für<br />

ihre Handelsvertreter.<br />

Mit denen reisten<br />

diese durch das<br />

Deutsche Reich von<br />

Spielwarenhändler zu<br />

Spielwarenhändler und nahmen die Bestellungen auf. Wenn genug<br />

Aufträge zusammengekommen waren, wurden diese nach Nürnberg<br />

geschickt – zum Sitz der meisten Großhändler und<br />

Hersteller. <strong>Die</strong> Vertreter lebten auch damals schon von<br />

den Provisionen auf die verkauften Artikel.<br />

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden dann<br />

erste Händlerkataloge hergestellt, die in den<br />

Verkaufsräumen der Spielzeugläden zur Ansicht auslagen<br />

und in Ausnahmefällen auch mal an gute Kunden<br />

rausgingen. Erst in den 20er Jahren kamen verstärkt<br />

Kundenkataloge auf, die man nach Bezahlung einer so<br />

genannten Schutzgebühr mit nach Hause nehmen konnte.<br />

Am weitesten verbreitet waren Verkaufskataloge von<br />

großen Spielwarenhändlern und Kaufhäusern, die einen<br />

Überblick über das Gesamtsortiment boten. Noch aber<br />

wurden die Spielwaren einfach nur abgebildet, häufig<br />

war nicht<br />

einmal der<br />

Hersteller genannt. <strong>Die</strong> bedeutendsten<br />

Großhändler vertrieben<br />

die Spielwaren sogar<br />

unter ihrem eigenen Namen,<br />

was es den Sammlern heute<br />

oft nahezu unmöglich macht,<br />

alte Spielsachen genau einzuordnen.<br />

In den 50er Jahren erkannten<br />

Händler und Hersteller, r,<br />

dass sich mit einem optisch<br />

gut gemachten Katalog<br />

die Nachfrage steigern ließ.<br />

Besonders viel Wert wurde auf<br />

einen künstlerisch anspruchsvollen<br />

Umschlag gelegt, nicht selten engagierte<br />

man dafür bekannte Künstler.<br />

Bei Märklin gestaltete der bekannte<br />

Maler Hans Liska über Jahre die<br />

Seite 60 ■ GoodTimes 1/2013


Titelseite, kein Wunder, dass gerade diese Kataloge bei den<br />

Sammlern heute hochbegehrt sind. Immer mehr wurde aber<br />

auch die Druckqualität gesteigert und mit dem Einzug des<br />

Farbdrucks in den 60er Jahren eine neue Stufe erreicht.<br />

In den 70er Jahren wurden von den Grafikern in den Spielzeugkatalogen<br />

dann manchmal ganze Spielwelten erschaffen, was der Fantasie<br />

der Kinder unendlich viel Nahrung gab. Manche dieser Bilder sind<br />

uns auch heute noch gegenwärtig, als habe man den Katalog gerade<br />

erst durchgeblättert: Eine große Märklin-Anlage mit der neuen<br />

Elektrolokomotive E03 im Vordergrund oder ein Kinderzimmer, das mit<br />

Tischkicker, umfangreich bestücktem Kaufladen und Legosteinen ausgestattet<br />

war. Alles natürlich akkurat aufgebaut und direkt zum Spielen<br />

einladend. Besonders kreativ war man damals bei Mattel.<br />

<strong>Die</strong> Figuren der<br />

Weltraumserie „Major<br />

Matt Mason" wurden immer im Einsatz auf dem Mond<br />

dargestellt, und welcher Junge wünschte sich nicht, die<br />

Abenteuer der Astronauten von Apollo 11 oder 13 nachzuspielen?<br />

Auch die Konkurrenz Mattels aus dem Hause<br />

Hasbro stellte die Mitglieder des „Action Team" grundsätzlich<br />

im Einsatz dar und weckte so die Begierde, diese<br />

Erlebnisse nachzuspielen. Hersteller von Plastikbausätzen<br />

wie Airfix oder Lindberg engagierten erstklassige Zeichner<br />

für die Katalogdarstellung. <strong>Die</strong> Bilder zeigten zwar nicht<br />

die Originalmodelle, setzten in die Köpfe der Kinder<br />

und Jugendlichen aber Bilder, wie die Modelle aussehen<br />

könnten. Selbst Hersteller so biederer Produkte wie<br />

Modellbahnhäuschen erschufen wahre Kunstwerke für ihre Ktl Kataloge.<br />

Noch heute schwärmen 50-jährige Männer von der „Rennanlage<br />

Nürburgring", die Faller über lange Jahre im Programm hatte.<br />

Vermutlich haben bei vielen heutigen Sammlern die Kataloge<br />

ihrer Kindheit oft einen größeren Eindruck hinterlassen als die<br />

Spielsachen, die sie selbst besaßen. Gerade jenes Spielzeug, das man<br />

damals wieder und wieder in den Katalogen betrachtete und aus<br />

welchem Grund auch immer nie bekam, ist heute besonders begehrt.<br />

Man denke nur daran, wie viele Kinder gerne ein Märklin-Krokodil<br />

oder einen Distler-Porsche<br />

besessen hätten, aber nie<br />

eine dieser Ikonen der deutschen<br />

Spielzeuggeschichte<br />

und Sinnbilder des deutschen<br />

Wirtschaftswunders<br />

bekamen, da sie den Eltern<br />

in<br />

der Regel viel zu teuer<br />

waren. Für Sammler sind alte<br />

Kataloge darum einerseits als<br />

Nachschlagewerk sehr interessant,<br />

um herauszufinden, was<br />

wann wo und zu welchem Preis<br />

verkauft wurde.<br />

iel wichtiger und vermut-<br />

öfter genutzt werden Vlich<br />

Spielzeugkataloge der 50er<br />

bis 70er Jahre aber, um einfach<br />

darin zu blättern und in<br />

Nostalgie zu schwelgen. Um sich<br />

an die Zeit zu erinnern, als man<br />

abends mit der Taschenlampe<br />

unter der Bettdecke stunden-<br />

lang<br />

den Weihnachtskatalog von<br />

Vedes auswendig lernte. Spannend wird es auch sein, wie die Spielsachen<br />

von heute in 30 oder 40 Jahren dokumentiert sind, auf die E-Mails und<br />

Internetseiten des Jahres 2012 wird man dann auf jeden Fall kaum mehr<br />

zugreifen können, und Kataloge aus Papier<br />

gibt es ja leider nicht mehr so viele.<br />

Jörg Trüdinger<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 61


MARTIN BÖTTCHER<br />

Von Alan Tepper<br />

Er gehört zu den ganz Großen der Filmmusik und wird in einem<br />

Namenszug mit internationalen Koryphäen wie Henry Mancini oder<br />

Ennio Morricone genannt. Martin Böttcher hat durch seine Melodien<br />

nicht nur die unvergesslichen Karl-May-Filme begleitet und sie zu<br />

Kultstreifen gemacht, er schrieb auch zahlreiche Themen für die<br />

Edgar-Wallace-Klassiker,<br />

" Derrick", Der Alte", die auf May basierende<br />

Serie Kara Ben Nemsi Effendi", Es muss nicht immer Kaviar<br />

" "<br />

"<br />

sein" und das Sonderdezernat K 1". 2004 wurde Böttcher für sein<br />

"<br />

Lebenswerk das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen – eine mehr<br />

als gerechtfertigte Auszeichnung. Doch Ehrungen können die Magie der<br />

Kompositionen des vor Energie übersprudelnden 85-Jährigen nur im<br />

Ansatz widerspiegeln. Der größte Verdienst Böttchers liegt darin, dass<br />

er die Menschen mit seinen multidimensionalen Klanglandschaften verzaubert,<br />

inspiriert und glücklich gemacht hat.<br />

Herr Böttcher, Sie sind in Berlin<br />

Titel „Putzke will es wissen", der<br />

aufgewachsen und stammen<br />

von einem einfachen Mann aus<br />

aus einer musikalischen Familie.<br />

dem Volk handelt, der sich mit dem<br />

Zuerst beschritten Sie aber<br />

Finanzamt auseinandersetzen muss.<br />

andere Wege ...<br />

Schon seit frühester Jugend begeisterte<br />

Grob lässt sich Ihr musikali-<br />

mich die Fliegerei, und ich<br />

sches Werk in Dokumentar-<br />

absolvierte alle nur erdenklichen<br />

und<br />

Industriefilme,<br />

Flugscheine. Bei der Wehrmacht<br />

Kinofilme,<br />

Kompositionen<br />

strebte ich die Laufbahn eines<br />

für Einzelinterpreten wie<br />

Testpiloten an, doch glücklicherweise<br />

zum Beispiel den unvergess-<br />

ging das Kerosin aus, so<br />

lichen Hans Albers und<br />

dass man mich nicht einsetzte.<br />

Auftragsarbeiten für das<br />

Ich wurde Fallschirmjäger. Nach<br />

Fernsehen unterteilen. Wann<br />

einer Verwundung kam ich in<br />

Swingend-lässig-locker<br />

ging es mit dem Kino los?<br />

Kriegsgefangenschaft und übte dort<br />

Der Produzent Artur Brauner verpflichtete<br />

wie ein Wahnsinniger Gitarre. Unmittelbar nach der Entlassung ging es<br />

nach Hamburg. Dort stieg ich in das Orchester von Willy Steiner ein. t mich 1955 für den Film „Der Hauptmann und sein Held".<br />

Großen Erfolg hatte dann ein Jahr darauf „<strong>Die</strong> Halbstarken", der den<br />

Bundesfilmpreis 1957 gewann. In meiner Band spielten unter anderem<br />

Ernst Mosch an der Posaune und Hansi Last am Bass. Danach häuften sich<br />

die Angebote. Meine Auftraggeber schätzten die Geschwindigkeit, in der<br />

ich arbeiten konnte. Da wurde nicht lange gefackelt. Ich habe mich mit<br />

dem Projekt beschäftigt, die Musik geschrieben und bin einige Tage darauf<br />

ins Studio gegangen, um die Stücke mit dem Orchester einzuspielen.<br />

Ihre Karriere kam ins Rollen, als Sie Gitarrist beim NDR<br />

wurden. Stammt aus in dieser Lebensphase Ihr ausgeprägtes<br />

Melodieempfi nden?<br />

Der Jazz und allgemein die amerikanische Musik haben mich zur<br />

Improvisation angeleitet. Ich empfand diese Zeit als außerordentlich<br />

hilfreich, denn als Studiogitarrist musste ich mir von einem Moment<br />

zum anderen verschiedene Melodien einfallen lassen. Da oftmals<br />

Klangeffekte gefragt waren, konzentrierte ich mich auf die so genannten<br />

Gitarrentrickaufnahmen und wurde zu einem Soundbastler. Meine<br />

Arbeit brachte mir den zweiten Platz im deutschen Jazz-Poll ein.<br />

Ab 1954 arbeiteten Sie fast nur noch als Komponist,<br />

Arrangeur und Orchesterleiter. Wie kam es zu diesem<br />

Wandel?<br />

Als Gitarrist musste ich pro Tag nur zwei Songs einspielen,<br />

was mich nach einiger Zeit langweilte. Ich war zwar<br />

beim NDR gut abgesichert, doch ich wollte mehr erreichen.<br />

Meinen ersten Kompositionsauftrag absolvierte ich für das<br />

Bundesfinanzministerium. Es war ein Dokumentarfilm mit dem<br />

Sie hatten auch die Ehre, für Hildegard Knef zu komponieren<br />

und sogar mit Romy Schneider zu arbeiten ...<br />

Ich habe 1958 unter anderem mit Romy den<br />

Titel "Merci Monpti" eingespielt. Sie war ein<br />

liebenswürdiges, fleißiges Mädchen und damals<br />

noch ein wenig schüchtern.<br />

Ich verfolgte<br />

mit Begeisterung ihre<br />

Filmkarriere in Frankreich.<br />

Romy legte eine unglaubliche<br />

Entwicklung als<br />

Charakter-Darstellerin<br />

Jugendjahre der Stars<br />

hin.<br />

© Pressefotos<br />

Seite 62 ■ GoodTimes 1/201313


Wissen Sie eigentlich, wie viele<br />

Kompositionen Sie kreiert haben?<br />

Oh, nein – ich habe sie noch nicht<br />

gezählt, schätze aber, dass es einige<br />

Tausend sind. Es waren ja nicht nur<br />

die Stücke an sich, sondern auch<br />

Klangfragmente, die in einem Film<br />

eingesetzt wurden, um bestimmte<br />

Spannungsbögen zu untermalen.<br />

Ihr Kollege Peter Thomas,<br />

der Schöpfer der Melodie zur<br />

Raumpatrouille", wurde neben<br />

"<br />

den Beiträgen zu den Jerry<br />

Cotton"-Filmen oft mit den "<br />

<strong>kult</strong>igen Edgar-Wallace-Streifen in<br />

Verbindung gebracht. Sie haben da aber auch mitgemischt ...<br />

Ja, aber nicht in dem Umfang wie Peter, mit dem ich heute noch gerne<br />

telefoniere. Ich habe unter anderem „Der Fälscher von London" und „Der<br />

Edgar-Wallace-Filme mit Martin Böttchers Musik<br />

Der Fälscher von London (1961)<br />

Das Gasthaus an der Themse (1962)<br />

Das Phantom von Soho (1963)<br />

Der schwarze Abt (1963)<br />

Das Ungeheuer von London-City (1964)<br />

Der Mönch mit der Peitsche (1967)<br />

<strong>Die</strong> blaue Hand (1967)<br />

schwarze Abt" geschrieben. Horst Wendlandt,<br />

d<br />

Chef der Rialto-Film, beauftragte mich mit der<br />

Musik. Neben den Melodien an sich experimentierten<br />

wir damals mit Klangeffekten und haben uns ständig etwas<br />

Neues einfallen lassen, um die Zuschauer zum Gruseln zu bringen. Es<br />

Hier passt<br />

jeder Ton<br />

gab kaum technische Möglichkeiten, und<br />

so<br />

ließen wir nichts unversucht. Ich habe<br />

in<br />

dieser Zeit sehr viel über Klänge und<br />

Soundmöglichkeiten gelernt, was mir später<br />

zugute kam.<br />

Auch heute noch verblüfft die ausgezeichnete<br />

Klangqualität der<br />

Aufnahmen ...<br />

Wir haben auf Schnürsenkeln aufgenommen<br />

(Bezeichnung der Bänder, die tatsächlich<br />

so breit wie Schnürsenkel waren,<br />

Anm. d. Autors). Uns standen noch keine<br />

Mehrspurgeräte zur Verfügung, und so mus-<br />

sten<br />

wir<br />

live aufzeichnen. n Aus<br />

Hamburg kam der Ansatz der geschickten<br />

Mikrofon-Platzierung. Eigentlich wurde nur ein Mikro über dem Orchester<br />

aufgehängt. Um die Lautstärkeverhältnisse der Instrumente untereinander<br />

zu regeln, mussten sich die von Natur aus kräftigeren Instrumente, zum<br />

Beispiel Bläser, weiter nach hinten setzen und die leiseren näher an das<br />

Mikro rücken – das war die Lösung aller Probleme. <strong>Die</strong> Streicher nahmen<br />

wir meist danach auf, da sie schwer einzupegeln<br />

waren. Bei den Karl-May-Filmen nutzten wir<br />

manchmal zusätzliche Mikrofone, aber trotzdem<br />

lief alles sehr schnell. <strong>Die</strong> Aufnahmen waren<br />

nach einen Tag im Kasten, selten wurde noch<br />

ein halber Tag drangehängt. Ich bin kein Freund<br />

langer Studiosessions. Wenn man die richtigen<br />

Musiker hat, wird das Stück einmal geprobt und<br />

danach direkt aufgenommen. Muss man es zu<br />

häufig wiederholen, wird es lahm und verliert<br />

seinen Reiz.<br />

Stichwort: t Karl May. Mit der Musik zu diesen Filmen erlangten<br />

Sie Weltruhm und erreichen heute noch – 50 Jahre nach der<br />

NEU!!!<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 63<br />

www.sonymusic.de<br />

Erhältlich bei:


Karl-May-Filme mit Martin Böttchers Musik<br />

Der Schatz im Silbersee (1962)<br />

Winnetou 1. Teil (1963)<br />

Der Schut (1964)<br />

Winnetou 2. Teil (1964)<br />

Unter Geiern (1964)<br />

Der Ölprinz (1965)<br />

Winnetou 3. Teil (1965)<br />

Old Surehand (1965)<br />

Winnetou und das Halbblut Apanatschi (1966)<br />

Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten (1968)<br />

Erstaufführung von Der Schatz im Silbersee" – ein Riesenpublikum,<br />

das von der Schönheit "<br />

der Melodien begeistert ist ...<br />

Ich bekam einen Anruf von Horst Wendlandt, der meinte: „Martin – wir<br />

machen was Neues – Karl May." Ich entgegnete ihm: „Oh je, da habe<br />

ich ja gar keine Ahnung. Ich habe ja noch nicht<br />

mal ein Buch gelesen." Er schickte mir dann einige<br />

Muster. Ich sah Pierre Brice und Lex Barker, die<br />

durch die Steppe ritten, und war sofort von den tollen<br />

und gestochen scharfen Bildern angetan. Dann<br />

setzte ich mich ans Klavier, und schon hatte ich das<br />

Grundthema, von dem ich Horst am Telefon acht<br />

Takte vorspielte. Sein Kommentar war knapp und<br />

bündig: „Das ist es!" Dann machte ich mich an die<br />

Arbeit und schrieb die gesamte Filmmusik, stoppte<br />

die Zeit, die für die Instrumentaleinsätze vorgesehen<br />

war, und suchte nach geeigneten Stimmungen. Ich<br />

habe die Musik zum „Silbersee" auf einem etwas<br />

altersschwachen Flügel komponiert, der heute im<br />

Steigenberger Parkhotel in Radebeul steht. <strong>Die</strong><br />

Titelmelodie, die „Old Shatterhand Melodie", wurde<br />

als Single auf den Markt gebracht und platzierte<br />

sich hervorragend in der Hitparade. Ich bin immer<br />

wieder erstaunt, wie viele ältere Herrn mir noch schreiben und darüber<br />

berichten, wie die Musik ihre Jugend prägte. Aber es gibt auch junge<br />

Fans, die sich für die Melodien begeistern – besonders Musiker, die auf<br />

der Basis der Kompositionen Cover-Versionen aufbauen.<br />

Man muss<br />

Kompromisse se schließen und – ganz wichtig ig<br />

– auch mal<br />

den Kopf einziehen können.<br />

Zu Ihrem 85. Geburtstag haben Sie sich einen<br />

persönlichen Wunsch erfüllt und ein 4-CD-Boxset<br />

zusammengestellt ...<br />

Mir war es wichtig, gleichzeitig einen repräsentativen<br />

Querschnitt meiner Musik zu präsentieren, aber<br />

auch einige weniger bekannte Stücke wieder aus der<br />

Versenkung zu holen. Ich hatte glücklicherweise von der<br />

Firma Warner Brothers freie Hand bekommen und konn-<br />

te mich so „austoben". <strong>Die</strong> Box ist eine tolle Ergänzung<br />

zu den wunderschönen Editionen wie „Wilder Westen<br />

– Heißer Orient", einer 8-CD-Ausgabe mit einem fast<br />

200 Seiten starken Buch, die das Spezialisten-Label Bear<br />

Family auf den Markt gebracht hat.<br />

Haben Sie schon Pläne für die Zukunft gemacht? Gibt es neue<br />

Projekte?<br />

Im Moment arbeite ich an keinen konkreten Aufträgen. Ich lasse mich<br />

mal überraschen, was da so auf mich zukommt.<br />

Es ist ein Phänomen, dass die Karl-May-Filme, für die Sie komponiert<br />

haben, zum Beispiel die Winnetou-Trilogie und sogar<br />

Ihre vorletzte Arbeit im Themenzirkel May, Winnetou und<br />

Shatterhand im Tal der Toten", eindeutig zu den erfolgreicheren<br />

"<br />

Streifen zählen, während Old Shatterhand" von 1964 oder die<br />

in Südamerika spielenden "<br />

Der Schatz der Azteken" und <strong>Die</strong><br />

Pyramide des Sonnengottes" "<br />

(beide 1965) zu den schwächeren "<br />

Adaptionen zählen ...<br />

Lassen Sie das bloß nicht die Kollegen hören! Ich persönlich führe das<br />

auf die Chemie der Menschen untereinander zurück. Wir arbeiteten<br />

alle aus dem Bauch heraus und hatten viele Freiheiten – das sind<br />

ideale Voraussetzungen für Künstler. Es passte einfach, wir beeinflussten<br />

uns gegenseitig und schufen zusammen ein Gesamtwerk, an das<br />

man sich gerne erinnert. Erst kürzlich, vor der Premiere des Karl-May-<br />

Festivals in Bad Segeberg, kürte man mich zum Ehrenhäuptling. <strong>Die</strong><br />

Geschäftsführerin Ute Thienel überreichte mir eine Urkunde auf Leder<br />

und einen prachtvollen Federschmuck. Im März dieses Jahres fand<br />

in Berlin ein großes Karl-May-Festival statt, bei dem ich meine alten<br />

Freunde wiedertraf. Pierre Brice war gekommen, und auch Mario Adorf<br />

zählte zu den Gästen. Neben einer Autogrammstunde gab es Vorträge,<br />

die Uraufführung einer TV-Dokumentation von Cordula Kablitz-Post<br />

und Diskussionen mit den Fans. Ich habe den Abend sehr genossen.<br />

In Zeiten, in denen Scheidungen zum<br />

ganz normalen Alltag gehören, stellt<br />

Ihre Ehe ein Novum dar. Sie sind mittlerweile<br />

seit vielen Jahren mit der in den<br />

50ern sehr erfolgreichen Schauspielerin<br />

Anneliese Kaplan verheiratet. Gibt es da<br />

ein Geheimrezept?<br />

Seite 64 ■ GoodTimes 1/2013<br />

MARTIN BÖTTCHER<br />

<strong>Die</strong> 85 größten Film- und TV-Melodien<br />

Von Martin Böttcher anlässlich seines 85.<br />

Geburtstages eigens zusammengestellt, enthält<br />

die 4-CD-Box einen Querschnitt seiness<br />

Schaffens. <strong>Die</strong> erste CD ist allein den Karl-May-<br />

Filmen vorbehalten. Das Spektrum reicht hier<br />

von Titeln aus den Klassikern wie Der Schatz<br />

"<br />

im Silbersee" über Winnetou I–III" bis hin zu<br />

"<br />

dem weniger bekannten Winnetou und das Halbblut Apanatschi". Der<br />

"<br />

zweite Silberling enthält entweder populäre Einspielungen ("The Good,<br />

The Bad And The Ugly" oder "High Noon") oder Eigenkompositionen<br />

( Pater Brown Thema" oder Endstation Liebe"). Auf der dritten CD<br />

" "<br />

dreht sich fast alles um das reichhaltige Werk Böttchers, das er zu<br />

Krimis beisteuerte. Von Melodien aus Sonderdezernat K1" über<br />

"<br />

Derrick – Ein Koffer aus Salzburg" bis hin zur <strong>kult</strong>igen Titelmusik<br />

"<br />

aus Es muß nicht immer Kaviar sein" kann sich der Hörer von unterschiedlichsten<br />

Arrangements und Melodien verzaubern lassen. Auf der<br />

"<br />

abschließenden CD ist ein zeitlicher Querschnitt von Edgar Wallace<br />

(Titelmusik aus Der Fälscher von<br />

London")<br />

n")<br />

"<br />

über Evergreens<br />

("Guantanamera")<br />

bis zum Forsthaus "<br />

Falkenau" zu finden.<br />

In dem 16-seitigen<br />

Booklet wurden<br />

Quellenangaben und<br />

eine kurze Biografi e<br />

berücksichtigt.<br />

Autogrammadresse:<br />

Martin Böttcher<br />

c/o I. Bernasconi<br />

Lungolago P. Roncaioli 63<br />

CH 6827 Brusino Arsizio/Tessin<br />

(Autogrammanfragen nur per Post!<br />

Bitte einen selbst adressierten<br />

Rückumschlag und einen internationalen<br />

Antwortschein beilegen.)


Kaugummibilder<br />

Vom Karl-May-Motiv<br />

zum 2.0-Straßenschick<br />

Ob in Drageeform oder als Streifen: Der Kaugummi ist in allerler<br />

Munde. Pflegebewusste Menschen kauen den, der die Zähne reinigen<br />

soll. Nikotinsüchtigen dient die zumeist weiße Masse als Mittel,<br />

um gegen ihr Laster anzukämpfen. Gegen Mundgeruch soll er<br />

helfen, auch die Konzentration beleben. In der modernen Zeit wird<br />

Kaugummi (die Artikel der" und das" sind laut Duden gleichsam<br />

" "<br />

möglich) gern als modernes Hilfsmittel gegen oder für was auch<br />

immer angesehen. Heutzutage achten Käufer auf Zuckerfreiheit und<br />

möglichst wenig Zusatzstoffe. Im Gegensatz zu früher, denn da<br />

haben Leute jeglichen Alters beim Kaugummikauf vor allem<br />

auf eines geachtet: das richtige Bildchen zu erwischen.<br />

K<br />

augummibilder wurden spätestens in den 60er und<br />

70er Jahren zu absoluten Rennern. Mal waren sie<br />

um die runde oder längliche Masse gewickelt, mal<br />

in Verpackungen mit hineingeschoben.<br />

Auf Geschmacksrichtungen legten die<br />

Bildsammler weniger Wert. Durften sie<br />

angesichts mancher Sorten auch nicht.<br />

Viel interessanter war ja das, was nach dem<br />

Kauf geschah. Vorsichtig musste das silberfarbige<br />

oder bunte Glanzpapier geöffnet<br />

werden. Schließlich durfte das Bild nicht<br />

zerreißen oder knicken. <strong>Die</strong> Spannung stieg mit jedem weiteren Griff,<br />

der das Motiv ein wenig mehr durchblicken ließ. Dann war es endlich<br />

da. Und je nach Bild konnte es wahre Freudenstürme auslösen. Heiß<br />

begehrt waren Szenen aus Western mit Revolverhelden<br />

oder Indianern. Häufig stammten die Aufnahmen aus<br />

relativ aktuellen Filmen, die bereits im Kino liefen.<br />

„Goldrausch in Kalifornien" zum Beispiel oder „Der<br />

Mann aus dem Westen". Nicht nur die wichtigsten<br />

Hauptdarsteller blickten den Betrachter mit ernsterr<br />

Miene an. Ganze Saloons und Westernstädte waren<br />

auf den kleinen Bildchen zu sehen, die der Form<br />

einer Briefmarke ähnelten. Daneben setzte die<br />

Pinneberger Firma OK Kaugummi GmbH auch auf<br />

Mord- oder Kampfszenen, die – am Set fotografiert<br />

– auf das glatte Stück Papier gedruckt worden sind.<br />

Beliebt waren vor allem bei den Jungs von<br />

den Wild-West-Motiven die „Rothäute":<br />

Indianer in ihrer für Filme wie Winnetou<br />

und Co. typischen Kluft mit vielen Fransen<br />

und Musterbordüren, die mit grimmigemm<br />

Gesichtsausdruck samt Lanze in der Hand in die<br />

Ferne schauten. Manches Bild zeigte sie auch<br />

vertieft in Gespräche – wahrscheinlich über<br />

den nächsten Schachzug im Kampf gegen die<br />

„Weißen". Auf dem nächsten Motiv saß der<br />

Häuptling beinahe meditierend im Schneidersitz<br />

vor seinem Tipi, einer allseits beliebten Filmkulisse,<br />

und ließ Rauchzeichen auftsteigen. Wer den OK's Big<br />

Bub Bubble Gum kaufte, bekam nicht nur eine Sorte<br />

mit langem, ulkigem Namen, sondern grundsätzlich<br />

eine begehrte visuelle Überraschung dazu.<br />

Mit dem Auswickeln des klebrig-süßen<br />

Kaugummis entschwand man schnell<br />

in<br />

eine Welt voll Fantasie. <strong>Die</strong><br />

Bildchen regten zum Träumen an, oder sie<br />

riefen die schon im Kino gesehenen Filme wiederer<br />

ins Gedächtnis zurück. Das Kaugummi auspacken<br />

war eine Philosophie, eine kleine Entdeckungsreise.<br />

Es lief so zaghaft ab, wie<br />

heute<br />

leidenschaftliche<br />

Vinylhörer ihre Platten auf den Spieler<br />

legen. Es sollte ja nichts kaputtge-<br />

hen. Und hatte der Käufer mal das<br />

Pech, an ein Kaugummibild zu<br />

geraten, das er schon besaß,<br />

wurde kurzerhand das nächste<br />

Stück Gummi gekauft. Aber<br />

das nun doppelte Bild wurde<br />

natürlich nicht weggeworfen.<br />

Im Gegenteil: Es wurde<br />

rege getauscht, vor allem wahre<br />

Sammler konnten ja nie genug<br />

haben. <strong>Die</strong> Gleichgesinnten trafen<br />

sich in den heimischen (Kinder-)<br />

Zimmern und auf der Straße und breiteten t ihre Kollektionen<br />

stolz auf Teppich oder Bürgersteig<br />

aus.<br />

Und es wurde geschachert. Der<br />

eine hatte ein Bild, das der<br />

andere seit Wochen versuchte zu<br />

bekommen.<br />

Der nächste<br />

wollte<br />

die<br />

Sammlung in<br />

eine<br />

bestimm-<br />

te Richtung<br />

lenken,<br />

zum<br />

Beispiel nur Cowboybilder. So<br />

tauschte oder verkaufte er jegliche anderen Motive, die<br />

nicht seinem Gusto entsprachen. Und der ein oder andere legte auch Wert<br />

darauf, nur Motive einer bestimmten Marke zu besitzen.<br />

<strong>Die</strong> Leidenschaft der Halbwüchsigen, die Bildchen aus den<br />

Packungen zu sammeln, löste einen Boom unter den verschiedenen<br />

Herstellern aus. Wer beim Publikum in sein und genügend<br />

Absatz machen wollte, der musste früher oder später statt ollen Papiers<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 65


unte „Beilagen" benutzen, um den „chewing gum" zu umwickeln.<br />

In den 50er Jahren ging es los mit naheliegenden Darstellungen. Der<br />

unter Abenteuer suchenden Knirpsen hochgeschätzte Karl May durfte<br />

zum Beispiel nicht fehlen. 1954 prangten Motive von Carl Lindeberg<br />

auf den Kaugummizugaben einer Hamburger Firma, Marke „Bubble<br />

Gum". <strong>Die</strong> tollen, großen Blasen, die mit den Kaugummis entstanden,<br />

waren zwar abgefahren, aber selbstredend sehr viel weniger spannend<br />

als die Abbildungen des jeweiligen Idols. Durch den Erfolg dieser Aktion<br />

wurde hauptsächlich in den 60er Jahren die Karl-May-Kollektion ay-Kollektion erweitert<br />

um Szenenausschnitte von den gleichnamigen<br />

Festspielen, die seit 1952 im Kalkbergstadion<br />

in Bad Segeberg (Schleswig-Holstein) aufgeführt<br />

werden. Richtige Serien entstanden damals rund<br />

um „Der Schatz im Silbersee", „Old Surehand" und<br />

„Unter Geiern". Der Clou: Es waren Farbfotos. Für<br />

die Zeit vielleicht keine absolute Seltenheit mehr,<br />

doch bedenkt man, dass selbst Zeitschriften noch<br />

Schwarzweiß-Seiten druckten und (deutsche)<br />

Filme in den 60er Jahren oft noch<br />

ohne Farbpigmente über den Bildschirm<br />

flimmerten, war das für so kleine Gimmicks<br />

in Kaugummipackungen ein Hit. Ganze<br />

Sammlerreihen konnten so entstehen, wo<br />

meist noch die Motive in selbst angelegtenn<br />

Bänden eingeklebt wurden. <strong>Die</strong> obligatorischen<br />

Sammelbücher, die es gleich<br />

passend zu den Bildchen zu erwerben<br />

gab, wurden erst einige Zeit später zu<br />

gängigen Verkaufsschlagern.<br />

Eine andere Sammelleidenschaft als<br />

Indianer und Cowboys hatte, wer<br />

abends vom Bolzplatz heimkehrte. Dann<br />

guckte man sich seine Vorbilder nicht in<br />

der Zeitung an, sondern legte sich die<br />

Kaugummibilder der Fußballstars nebeneinander.<br />

Zumindest wenn man Fan von<br />

Eintracht Frankfurt war, dem Deutschen<br />

Meister von 1959. Passend zu diesem<br />

Erfolg erschien bei den bereits erwähnten<br />

OK Kaugummis 1960 eine stilvolle<br />

Reihe von Bildern, die den Kaugummis beigelegt waren. Nach Art einer<br />

Autogrammkarte war die gesamte Frankfurter Kicker-Elf abgedruckt, mit<br />

Unterschriften und winzig kleinen Beschreibungen neben den Fotos.<br />

All das steckte in einem Kaugummi-Set. Auch Spieler in Siegerpose mit<br />

Pokal oder Motive mit Zweikämpfen und gekonnten Balltricks wickelten<br />

Sammler bald aus den Kaugummis heraus.<br />

Mitte der 60er Jahre begann<br />

die Münchner Americana,<br />

eine hauptsächlich auf die Produktion<br />

von Kaugummis spezialisierte Firma,<br />

die geschmacksintensive Masse mit<br />

Beilage zu verkaufen. Einige Jahre gab<br />

es die Wickelbilder, nach einer kurzen<br />

Unterbrechung folgten weitere Fotos. .<br />

<strong>Die</strong> Nachfrage war einfach zu groß. Mit<br />

den 70er Jahren wurde die Qualität der<br />

Bildchen professioneller. So brachte Americana die Motive<br />

sogar im Einzelverkauf heraus. Design und Format waren<br />

zum Teil gleich, gec nur wickelte wc ete man die de Bilder besagter<br />

Firma<br />

nicht<br />

mehr aus den<br />

Verpackungen<br />

aus,<br />

sondern<br />

kaufte sie in Tüten,<br />

wo<br />

unterschiedliche<br />

Darstellungen<br />

zusammengefasst<br />

waren. Gerade die<br />

so begehrten Fußballstars<br />

wurden<br />

hochwertiger<br />

abgebildet. <strong>Die</strong> Fotosos<br />

drohten nicht mehr<br />

gleich zu zerreißen;<br />

dank der Pappe, die den<br />

Bildrücken stärkte. Wie heutzutage die Fotos<br />

der WM-Helden, die auch in Supermärkten für<br />

entsprechende Einkaufssummen ausgegeben<br />

werden, wollte man damals eine ganze Serie<br />

seiner Mannschaft aufbauen.<br />

Natürlich kam auch dann<br />

wieder der große Tausch<br />

zustande, denn doppelte<br />

Motive waren weniger<br />

gefragt. Für eine bessere<br />

Übersichtlichkeit<br />

gaben<br />

die Händler, anfangs<br />

noch gratis, Sammelalben<br />

aus, in denen die<br />

Kaugummibilder<br />

Einzug hielten. So ließen iß sich ih<br />

die eigenen Schätze prima vor<br />

anderen Sammlern präsentieren.<br />

Americana legte aber neben Alben<br />

für Fußballer ein Augenmerk auf<br />

Spezialgenres. <strong>Die</strong> beliebte<br />

Kindertrickserie<br />

„Biene<br />

Maja" erhielt eine eigene<br />

Reihe, genauso wie zum<br />

Beispiel<br />

das<br />

Motto Technik.<br />

Hierbei<br />

wurden<br />

Kutschen,<br />

Dreiräder,<br />

Dampf bügeleisen<br />

und andere<br />

Wunderwerke<br />

der Zeit verewigt.<br />

Vervollständigt wurden die<br />

Darstellungen mit Erklärungen. Etwa bei den süßen Figuren der<br />

Trickserie, also Maja, Willi, Grashüpfer Flip und Co., wo unter den<br />

Bildern in kurzen Sätzen etwas zur Szene stand. Oder bei den<br />

Maschinen und Geräten, auf denen hinten längere Informationen zu<br />

Erfinder und Nutzen standen. Für die auf Kaugummibildern verewigten<br />

Personen war dieser Fakt ein Zeichen großer Popularität. Ob nun<br />

Schauspieler oder Sportler – wer im Kaugummi steckte, konnte sich seines<br />

Ruhms sicher sein. Je nach Marke und Zeit war bekannt – ähnlich<br />

heute die Strategie bei den Überraschungseiern –, welche Motivserie<br />

sich aktuell horten ließ.<br />

I<br />

n Westdeutschland waren die Kaugummibilder längst<br />

wichtiger Begleiter von Kindheit und Jugend, als<br />

die Erfindung auch in der DDR Einzug hielt. Dort waren<br />

Kaugummis von „drüben" allein schon ob ihres Geschmacks,<br />

ihrer Konsistenz und der bunten Farben eine begehrte<br />

Delikatesse. <strong>Die</strong> bebilderten Beilagen machten<br />

das Ganze aber noch wertvoller. Wer<br />

nicht mit Westverwandschaft gesegnet war,<br />

kam nur durch kostenintensiven Einkauf<br />

an seine Idole aus der Kaugummi-Packung:<br />

auf dem Schwarzmarkt des Schulhofes oder<br />

hinterm Wohnblock, wo Spielkameraden –<br />

die mit Westverwandschaft – die bunten<br />

Zettel feilboten. Im Gegensatz zu den<br />

Kaugummis aus dem Westen, die meist<br />

weich waren und den Geschmack einige Zeit behielten, kamen die DDR-<br />

Versionen vergleichsweise holzhart daher. Viele hatten eine quadratische<br />

Form, waren lieblos in Silberpapier eingewickelt und bestanden<br />

aus nicht näher definierbaren Zutaten, die bestenfalls krachsüß waren,<br />

mit den fruchtigen Kaugummis im Westen aber nichts gemein hatten.<br />

Seite 66 ■ GoodTimes 1/2013


Als die DDR-Wirtschaft erkannte, dass Kaugummibilder unter jungen<br />

Leuten enorm gefragt waren, sollte eine Lizenzversion der OK-Produkte<br />

auf den Ost-Markt kommen. „Big Babaloo" hieß die Serie. Motive,<br />

die in den 70er und später<br />

auch 80er Jahren in<br />

der BRD gefragt waren,<br />

wie etwa Disneyfiguren<br />

und Asterix und Obelix,<br />

sollten jedoch nicht auf<br />

Kaugummibildern der DDR<br />

prangen. Ein eigener<br />

Künstler, in der DDR<br />

heimisch, musste kreativ<br />

werden. <strong>Die</strong> bereits<br />

bekannten Comics von<br />

Jürgen Günther waren<br />

der FDJ genehm. Er<br />

hatte sich bei einer<br />

Ausschreibung durchgesetzt und zwar mit<br />

seinen Geschichten ht um „Otto und Alwin", zwei befreundete Zootiere.<br />

Otto war dabei ein grüner Orang-Utan, der mit Pinguin Alwin allerhand<br />

Abenteuer und Späße erlebte. <strong>Die</strong> Geschichten der niedlichen Zoo-<br />

Genossen wurden auf Strips für die Kaugummis herausgebracht. Jeder<br />

Strip hatte mehrere kleine Bildchen mit Sprechblasen. Ganz nach dem<br />

Muster eines Comics eben. Gut 50 dieser Bildergeschichten, die Jürgen<br />

Günther in Windeseile entwickelt hatte, wurden gedruckt und mit den<br />

Kaugummis veröffentlicht. Da es eine Lizenzproduktion war, waren die<br />

Motive nicht nur damals, sondern sind bis heute noch bei Sammlern<br />

äußerst begehrt und sehr wertvoll.<br />

Kaugummibilder wurden spätestens mit den 70er Jahren zunehmend<br />

verspielter. Statt Szenen aus Western- und Indianerfilmen<br />

waren Trickszenen und deren bekannte Figuren die Verkaufsrenner. Das<br />

zog sich teilweise bis in die 90er Jahre hinein. Vor allem bei der Kölner<br />

Marke Hitschler, die die bunten Kugeln entsprechend einwickelte. Neben<br />

Motiven mit dem Pink Panther in Aktion – mal, wie das tollpatschige<br />

Tierchen auf die Schnauze geplumpst war, mal, wie Paulchen Panther den<br />

Schirm aufspannte, weil über ihm die Blumen so ausschweifend gegossen<br />

wurden – gab es eine weniger definierbare Figur namens Pilly, die doch<br />

schon etwas kitschiger wirkte.<br />

I<br />

n den letzten zwei Jahrzehnten des<br />

20. Jahrhunderts wurde nebenn<br />

Sammelbildern ein weitreichender Trend rund<br />

um die Kaugummis geboren: abwaschbare<br />

Tattoos, die innen in<br />

das<br />

Kaugummipapier<br />

gelegt waren. Plötzlich<br />

zierten in den 80er<br />

und 90er Jahren bunte<br />

Bildchen und obskure,<br />

schwarze Motive<br />

dünne Kinderärmchen.<br />

Monster aus Trickserien,<br />

Indianerköpfe<br />

oder das Gesicht von<br />

Micky Maus klebten<br />

auf Oberarmen und am Handgelenk. Mädchen<br />

wie Jungen fühlten sich damit mindestens so<br />

cool und erwachsen wie ihre großen – natürlich<br />

echt tätowierten – Idole. Kaum war das begehrte<br />

Motiv zur Hand, floss das Wasser aus dem Hahn,<br />

um das Abziehbild ausreichend zu befeuch-<br />

ten. Hatte man das nämlich<br />

nicht gemacht oder etwa nicht<br />

geduldig genug beim anschließenden<br />

Drücken auf die Haut<br />

gewartet, so konnte das schöne<br />

Bildchen schnell hin sein:<br />

Entweder haftete es gar nicht<br />

auf der Haut oder löste sich<br />

nur halb vom Zettel. Ein echtes<br />

Ärgernis. Bei geglückter<br />

Mission verließen die Kinder<br />

völlig selig das Waschbecken. Nichts<br />

wie raus zu den Freunden und<br />

angeben. Und nicht nur da wurde<br />

es mit auffälligem Armwedeln und<br />

hochgerollten T-Shirt-Ärmeln präsentiert.<br />

Auch Eltern und Lehrerr<br />

sollten das Bildchen ja nicht über-<br />

sehen. Ein bisschen<br />

Rebellion<br />

steckte<br />

nämlich allemal l in dieser Aktion. Da<br />

die Tattoos jedoch unnatürlich glänzten,<br />

schnappte man sich am besten Mamas<br />

Gesichtspuder und tupfte die Stelle ab. Schon<br />

sah es wie echt aus. Für Wechselfreudige, die<br />

am liebsten jeden Tag mit neuem Motiv<br />

auftrumpfen wollten, gab es angesichts<br />

stark klebender Bilder nur einen Weg: Statt<br />

schmerzvoller, harter Bürste und Wasser (was<br />

meist eh nicht funktionierte) konnte man<br />

zu purem Alkohol oder Baby-Öl greifen, und<br />

schwupps war das nun lästige alte „Tattoo" too"<br />

verschwunden.<br />

Heutzutage sind Bilder in Kaugummis längst keine gängigen<br />

Beigaben mehr. Dafür hat der Begriff „Kaugummibilder" in<br />

den letzten Jahren eine etwas abgewandelte Bedeutung bekommen:<br />

Zumindest für den<br />

britischen Künstler<br />

Ben Wilson in<br />

den Straßen von<br />

London. Sieht er<br />

einen achtlos auf<br />

die Pflastersteine<br />

gespuckten Kaugummi,<br />

so zückt er<br />

Farbe und Pinsel,<br />

kniet nieder und<br />

Der Londoner Künstler Ben Wilson<br />

verschönert ausgespuckte<br />

Kaugummis auf den Straßen.<br />

malt die weiße Kaumasse an.<br />

<strong>Die</strong> fertigen Werke ähneln<br />

runden Stempelmotiven,<br />

die an Einfallsreichtum und<br />

Detailgenauigkeit kaum zu<br />

überbieten sind. In den<br />

vergange-<br />

genen<br />

acht<br />

Jahren hat er mehr als<br />

8000 Mal den Gummi-<br />

Müll verschönert. Mag<br />

der Gedanke, den mit<br />

Spucke durchgekauten<br />

Kaugummi aus fremdem<br />

Mund anzumalen, für<br />

die<br />

meisten eklig erscheinen, so kommt die<br />

Verschönerung des Straßenbilds bei Einheimischen und Touristen<br />

durchaus gut an. Kaugummibilder 2.0 also.<br />

Claudia Tupeit<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 67


Russ Meyer<br />

Von Thorsten Pöttger<br />

Eva, Erotik<br />

und Eruption<br />

" Busenfetischist", " Walt Disney der Sexfilme", " Fellini vom Lande", " Ein-Mann-<br />

Filmfabrik" – es gibt viele Synonyme für den amerikanischen Autorenfilmer.<br />

Keines von ihnen trifft völlig zu, aber jedes hat einen wahren Kern. Im tiefen Tal<br />

der Füchsinnen, Satansweiber und Superhexen beginnt die nicht ungefährliche<br />

Suche nach einem wahren Autorenfilmer, der mit Vorliebe nicht nur portionierte weibliche Körper, sondern vor allem sämtliche Fäden bei der<br />

Produktion seiner Filme in den Händen<br />

wohlpro-<br />

hielt.<br />

Russel Albion Meyer wurde am 21. März 1922 in Oakland,<br />

Kalifornien, geboren. Während über seinen Vater nichts<br />

außer, dem Beruf des Polizisten bekannt ist, weiß man, dass<br />

sein Großvater mütterlicherseits aus Deutschland in die USA auswanderte,<br />

um dort als Farmer zu arbeiten. Russ Meyers Mutter Lydia spielte in<br />

einer seiner wenigen bekannten Kindheitsepisoden eine wichtige Rolle:<br />

Sie kaufte ihrem<br />

Russ Meyer<br />

Sohn im einsetzenden<br />

Teenageralter<br />

nach langem Betteln<br />

seine erste Kamera.<br />

<strong>Die</strong> Legende, dass<br />

sie zur Finanzierung<br />

ihren Ehering versetzen<br />

musste, verkündete<br />

Meyer in<br />

späteren Jahren<br />

selbst. <strong>Die</strong> am<br />

häufigsten an den<br />

Regisseur gestellte Interviewfrage im Zusammenhang mit seiner Mutter<br />

war allerdings eher küchenpsychologischer Art: ob seine Fixierung auf<br />

große Brüste nämlich etwas mit ihr und seiner Kindheit zu tun habe.<br />

Irgendwann hatte Russ Meyer, der Journalisten gern das<br />

erzählte, was sie hören wollten, genug von der Frage:<br />

Ja, meinte er. Seine Mutter habe schöne große Brüste,<br />

ihn gestillt, und dennoch sei er nicht zum Psychiater<br />

gegangen.<br />

Tatsächlich könnte Meyers ehemalige Mitschülerin<br />

Polly in der 11. Klasse den Grundstein für sein<br />

Faible gelegt haben, indem sie bevorzugt in offenherzigen<br />

Dirndln ihren Bleistift auf den Boden fallen ließ, was<br />

nicht nur allmorgendliche Schülerkämpfe um die besten<br />

Plätze an den Pulten zur Folge hatte, sondern den 17-jährigen<br />

Russ bei einem Biokurs durchrauschen ließ.<br />

Zur eigentlichen Probe für ihn wurde seine Zeit in<br />

der US-Armee, in der er dank seiner hervorragenden<br />

Amateurarbeiten zum professionellen Fotografen<br />

ausgebildet wurde.<br />

Mit 20 Jahren zog Staff Sergeant Meyer 1942<br />

in den Krieg – als Frontberichterstatter.<br />

Insbesondere die Ereignisse während der Kämpfe<br />

in Frankreich (1944/45) protokollierte der vor Abenteuerlust<br />

sprühende Fotograf genauestens in mehreren<br />

Alben. Nichtsdestotrotz war das im Militärjargon<br />

als ETO (European Theatre Of Operations) bezeichnete<br />

Unterfangen kein Theater, sondern vor allem gefährlich.<br />

Von einer Knieverletzung infolge eines Autounfalls<br />

abgesehen,<br />

blieb der<br />

späteree<br />

Filmstar aus<br />

der 166.<br />

Foto komp<br />

anie jedoch<br />

unverletzt.<br />

Nachdem Meyer<br />

im März 1945 mit einer amerikanischen Panzerdivision die Saar<br />

überquert hatte, hätte er nur wenige Monate nach der deutschen<br />

Kapitulation nach Japan gehen sollen, wurde im Dezember aber aus<br />

der Armee entlassen, ging zurück nach Oakland. Dort fiel er nach<br />

all den Aktivitäten in der Armee, die er als sein zweites Zuhause<br />

bezeichnete, in dem er die vielleicht wichtigsten Erfahrungen seines<br />

Lebens machte (unter anderem ein Besuch in einem französischen<br />

Bordell), zunächst mal in ein mentales Loch. Auch eine mehrjährige<br />

Tätigkeit als Dokumentarfilmer einer Industriefirma konnte das nicht<br />

ändern, obwohl sie für seine späteren Filme hilfreich werden sollte.<br />

Abwechslung privater Art fand er nachts in Burlesque-Shows.<br />

Richtig auf den Geschmack kam Meyer 1952, als er seine zweite<br />

Frau Eve nicht nur heiratete, sondern auch fotografierte (über<br />

seine erste Frau Betty hüllte er sich stets in Schweigen). Schnell<br />

stellte er fest, dass er selbstständig Geld mit dem Verkauf der<br />

Fotos an Magazine verdienen konnte – darunter 1955 eine<br />

gerade erst zwei Jahre zuvor erstmals erschienene Gazette<br />

namens „Playboy". Eine weitere Erfahrung der Zeit für ihn war,<br />

dass die Anzahl der Verkäufe eines Fotos proportional zudem<br />

Brustumfang der darauf abgelichteten Modelle zunahm.<br />

Da Eve Turner nicht nur über einen großen<br />

Brustumfang, sondern auch einen<br />

ausgedehnten Unternehmergeist verfügte,<br />

gründete sie mit ihrem Ehemann 1958 die<br />

Firma Eve Productions. In deren erstem<br />

Film „Eva und der Mann für alles"<br />

spielte sie selbstredend die Hauptrolle<br />

und nahezu alle weiteren weiblichen<br />

Figuren. Zuerst tüftelte Meyer<br />

ein Konzept aus, wie Nacktheit<br />

auf unproblematischste Weise in<br />

bewegten Bildern dargestellt werden<br />

konnte. <strong>Die</strong> Lösung lautete<br />

Blöße ohne Sex, nach dem altbekannten<br />

Motto „Nur gucken, nicht<br />

anfassen", garniert mit einer Prise<br />

Humor. So entstand der knapp einstündige<br />

Pseudo-Dokumentarfilm<br />

Seite 68 ■ GoodTimes 1/2013


„Der unmoralische Mr. Teas" über einen Voyeur, dessen Blicke sich im<br />

Laufe eines Arbeitstags in einem tiefen Dekollete nach dem anderen<br />

verlieren. Erst beinahe ein Jahr nach dem Aufkreuzen der Polizei bei<br />

der Premiere gelang dem Werk der Durchbruch in einem Kino in San<br />

Francisco. Zuvor war die Auflage der lokalen Zensoren erfüllt worden,<br />

eine Szene herauszuschneiden, in der eine Frau am Ohr eines<br />

Mannes knabberte – beide bekleidet, wohlgemerkt. „Der unmoralische<br />

Mr. Teas" spielte letztlich die rekordverdächtige 400-fache<br />

Summe seiner Produktionskosten ein und löste eine eigentlich<br />

nie wirklich abgeflaute Welle von (S)Exploitationfilmen aus. Den<br />

darin enthaltenen körperlichen Akt deutete Meyer mit Hilfe von<br />

Metaphern an, beispielsweise 1962 in der Westernparodie „Wilde<br />

Weiber im nackten Westen", indem er Bilder aus der Natur mit der<br />

Richard-Wagner-Komposition „Walkürenritt" untermalte. Nachdem er<br />

1964 erkannt hatte, dass allein mit nackten Frauen kein Blumentopf<br />

zu gewinnen war, erschuf er eine neue Art des Sexfilms, die sein<br />

Markenzeichen werden sollte.<br />

Der für lediglich 37.000 (!) Dollar gedrehte Schwarzweiß-<br />

Film „Lorna – Zu viel für einen Mann" gilt als Prototyp des<br />

„Roughies" (rough = grob, hart, roh). Nicht nur, dass zum ersten<br />

Mal überhaupt Sexszenen in eine zusammenhängende<br />

Geschichte eingebettet wurden,<br />

darüber hinaus standen seitdem in fast allen<br />

Meyer-Filmen Schlägereien, Morde und<br />

Vergewaltigungen an der Tagesordnung.<br />

Das Drehbuch für „Lorna" schrieb Meyer<br />

zusammen mit James Griffith, der<br />

in dem Film die Rolle des Predigers<br />

spielte. Dadurch, dass er als „griechischer<br />

Chor" das<br />

Geschehen kommentierte<br />

und die Bösen<br />

am Ende ihre gerechte<br />

Strafe erhielten, wurde<br />

dem Geschehen ein<br />

gewisser „religiöser Stempel"<br />

aufgedrückt, der Sittenrichtern die<br />

Butter vom Brot nahm und den Vorwurf von<br />

Pornografie entkräftete. <strong>Die</strong> schlichte Story<br />

kam allerdings nicht nur in der US-Provinz,<br />

sondern erstmals auch besonders gut bei<br />

intellektuellen Kritikern an: Sie fassten den<br />

Film als sozialkritische Parodie auf, obwohl<br />

der Regisseur persönlich versicherte, „so<br />

ernsthaft wie nur was" vorgegangen zu<br />

sein. Schlussendlich war der Schlüssel zum<br />

Erfolg des Films die von der Stripperin Lorna<br />

Maitland verkörperte Titelfigur, deren Körper<br />

dank der berühmten Badesequenz im See<br />

besonders anregend in Szene gesetzt werden konnte. Russ Meyers Frau<br />

Eve zeigte sich allerdings alles andere als begeistert darüber, dass ihr<br />

Gemahl zum ersten Mal den Geschlechtsverkehr nicht mehr nur durch<br />

visuelle Symbole andeutete, sondern Mann und Frau augenscheinlich<br />

in intimer Zweisamkeit präsentierte. <strong>Die</strong> Scheidung ließ nicht mehr<br />

allzu lange auf sich warten.<br />

Auch der Hollywood-Produzent Albert Zugsmith zählte zu den<br />

zahlreichen Zuschauern von „Lorna" – und holte den Regisseur<br />

noch im selben Jahr nach Berlin, um ihn dort John Clelands Erotik-<br />

Bestseller „Fanny Hill" verfilmen zu lassen. Grundsätzlich und auch in<br />

den Nächten nach Drehschluss war der konservative Meyer sehr angetan<br />

von der von Kommunisten umringten Großstadtinsel (und der deutschen<br />

Darstellerin Rena Horten, die seine Lebensabschnittsgefährtin<br />

wurde). Dass er entgegen der Zusage von Zugsmith und seiner persönlichen<br />

Erwartung „nur" dessen Co-Regisseur wurde, gefiel ihm<br />

überhaupt nicht. Da überrascht es nicht, dass „Fanny Hill" trotz großen<br />

Erfolgs in Deutschland und den USA nicht als ein für ihn typischer Film<br />

bezeichnet werden kann.<br />

1965 drehte Russ Meyer im Auftrag des Produzenten George Costello<br />

nach anfänglicher Skepsis (zu wenig Sex, zu viel Handlung) seinen<br />

bis dato teuersten und nach Meinung mancher Kritiker besten Film,<br />

der erst nach einer Umbenennung beim Publikum ankam. Den Titel<br />

„Mudhoney" entlieh der Regisseur einem Zitat von Oscar Wilde. Zuvor<br />

war das Werk unter dem Namen „Rope Of Flesh"<br />

in Kombination mit dem Filmplakat, auf dem<br />

die finale Hängeszene dargestellt wurde,<br />

als Horrorfilm missverstanden worden.<br />

Der deutsche Titel „Im Garten der Lust"<br />

war auch nicht besser. Entscheidend für<br />

das Prädikat „wertvoll" war letztlich die<br />

Schilderung der Kehrseite des amerikanischen<br />

Traums in der Rezession<br />

der 30er Jahre.<br />

der Erfolg von<br />

Weil „Mudhoney" zunächst<br />

nicht abzusehen war, drehte<br />

Meyer noch im selben Jahr<br />

einen weiteren Film, den er<br />

auf die Mitte der 60er anlaufenden<br />

Autokinos ausrichtete. Dennoch<br />

würde die Behauptung, er habe durch<br />

„Motorpsycho … wie wilde Hengste" die<br />

Motorradfilm-Welle angeschoben, zu weit<br />

führen. <strong>Die</strong> kleinen Modelle waren verwendet<br />

worden, um Kosten zu sparen (hier<br />

ist die Rede ausdrücklich von Maschinen),<br />

und das Gangstertrio setzt im Film seine<br />

Flucht im Auto des Opfers fort. Eher kann<br />

„Motorpsycho" als Vorläufer jener amerikanischen<br />

Werke gelten, die traumatisierte<br />

Heimkehrer aus dem Vietnamkrieg thema-<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 69


tisierten – auch wenn die Vorgeschichte des Mörders<br />

dem Regisseur, der persönlich in die Rolle eines Sheriffs schlüpfte, nur<br />

als Mittel zum Zweck diente. Haji, die Darstellerin von Ruby, schickte<br />

Meyer zwar drehbuchbedingt in die Wüste, aber dennoch tauchte<br />

die Mexikanerin von nun an in weiteren seiner Filme auf. <strong>Die</strong> weibliche<br />

Hauptrolle im Nachfolger „<strong>Die</strong> Satansweiber von Tittfield", in<br />

dem die Damen den Spieß umdrehten,<br />

spielte allerdings eine andere: Dass<br />

die kräftige Tura Satana ihre Stunts<br />

selbst ausführte und beim Transport<br />

der Filmausrüstung helfen konnte,<br />

waren nur zwei ihrer Vorzüge. Da ihr<br />

der Drehort zu abgeschieden von der<br />

triebstillenden Welt lag, forderte sie<br />

während der dreiwöchigen Arbeiten<br />

für sich einmal pro Nacht Sex mit dem<br />

Kamera-Assistenten ein – mit Erfolg.<br />

<strong>Die</strong>ses Abkommen passte prächtig zum<br />

dominanten Frauenbild des Films, in<br />

dem fehlende Nacktszenen mit sadistischer<br />

Gewalt kompensiert wurden. Zur<br />

Kultfigur des B(usen)-Movie wurde die<br />

2011 verstorbene Satana allerdings erst<br />

später. Das aus künstlerischer Sicht zu<br />

vernachlässigende „Mondo Topless",<br />

eine „dokumentarische" Mischung aus<br />

Schnellschuss und Resteverwertung,<br />

warf immerhin so viel Geld ab, dass<br />

Meyers Schwarzweiß-Ära abgeschlossen<br />

werden konnte. Böse Zungen<br />

würden ohnehin behaupten, das einzig<br />

neue Element in den nächsten<br />

Produkten des Autorenfilmers sei<br />

nichts anderes als die Farbe gewesen.<br />

1967 befand sich die Drive-in-<br />

Kinoszene noch in voller Blüte.<br />

Das bedeutete, dass Meyer nach<br />

wie vor Auflagen der Kinobesitzer<br />

beachten musste, um sein Zelluloid<br />

vor ihrer Schere zu bewahren: keine<br />

Brustwarzen, keine Nacktszenen.<br />

Immerhin konnten sich seine drei Hauptdarstellerinnen in dem<br />

Detektivfilm „<strong>Die</strong> liebestollen Hexen" die Bikinimodelle untereinander<br />

teilen, da sie identische Körpermaße aufwiesen (105-60-90, falls es<br />

jemanden interessiert). Geworben wurde mit dem Trio übrigens als „Big<br />

6". Babette Bardot war eh seit „Mondo Topless" mit dem Regisseur<br />

zusammen, die Deutsche Adele Rein verschwand anschließend wieder<br />

in der Versenkung, und Alaina Capri erhielt ebenso die Hauptrolle im<br />

nächsten Film, der genau wie „<strong>Die</strong> liebestollen Hexen" zwar nicht den<br />

Weg in die deutschen Kinos fand, aber in den Autokinos der USA mit<br />

diesem oft zusammen im Doppelpack gezeigt wurde. „Guten Morgen<br />

… und auf Wiedersehen" schilderte die auf physische Bedürfnisse reduzierte<br />

Liebe zwischen einer nymphomanischen jungen Frau und einem<br />

älteren, von ihr betrogenen Mann.<br />

Als 1968 der US-Trend von Leinwänden unter freiem Himmel zurück<br />

zu geschlossenen Kinosälen ging, reagierte Meyer sofort: Für<br />

„Null Null Sex" ging er mit der Inszenierung von Nacktheit weiter, ohne<br />

dabei Metaphern wie die Fontäne eines<br />

Springbrunnens oder eines aufsteigenden<br />

Drachen außer Acht zu lassen.<br />

Persönlich bezeichnete er den Film als<br />

Übergangswerk, in dem diesmal eine<br />

hintergangene Ehefrau Anlass zur Rache<br />

besaß. Und während die Studenten auf<br />

die Barrikaden gingen und Flower Power<br />

den Siegeszug um die Welt antrat, grübelte<br />

Russ Meyer darüber nach, wie<br />

er ein Werk erschaffen konnte, das in<br />

Sachen Sex alles bisher Dagewesene in<br />

den Schatten stellen würde.<br />

Das schockierende Resultat lautete<br />

„Vixen – Ohne Gnade,<br />

Schätzchen", vom Regisseur selbst als<br />

erster und einziger ernsthafter eigener<br />

Versuch bezeichnet, einen Erotikfilm<br />

zu drehen. „Vixen" (deutsch: Füchsin,<br />

zänkisches Weib) sicherte nicht nur<br />

Meyers finanzielle Zukunft (nach<br />

einem Jahr war das Hundertfache der<br />

Produktionskosten eingespielt), sondern<br />

revolutionierte auch das Sexkino. <strong>Die</strong><br />

Titelfigur ist alles andere als unzufrieden<br />

mit sich und der Welt und macht<br />

nicht einmal vor dem eigenen Bruder<br />

Halt. Gespielt wurde sie von Erica<br />

Gavin, die dank ihrer sinnlichen bis<br />

animalischen Ausstrahlung auch beim<br />

weiblichen Publikum Eindruck hinterließ.<br />

Das Zittern der Hauptdarstellerin<br />

in der heißen Lesben-Liebesszene zwischen<br />

Vincene Wallace und ihr soll<br />

nicht gestellt gewesen sein. <strong>Die</strong> Lösung<br />

für das Rätsel, warum sie keine erfolgreiche Filmkarriere starten konnte,<br />

werden Produzenten mit ins Grab genommen haben.<br />

kam bei „Vixen" erstmals im Zeichen der Zeit eine poli-<br />

Hinzu tische Dimension in einem Sexstreifen, indem Kommunismus,<br />

Rassismus und Kriegsdienstverweigerung thematisiert wurden. Wenn<br />

Russ Meyer in seinen Filmen soziale Probleme auf die Leinwand brachte,<br />

dann tat er dies jedoch eher aus eigenem Interesse, um sich vor<br />

Klagen zu schützen. <strong>Die</strong> Strategie ging zwar nur selten auf, doch folgte<br />

dank „Vixen" bald der Lockruf aus Hollywood.<br />

Seite 70 ■ GoodTimes 1/2013


Vorher nahm Meyer noch einen Film in Angriff, dessen Realisierung<br />

beinahe an zwei Hunden gescheitert wäre. Genauer gesagt,<br />

an der empörten Reaktion der Eigentümerin der Vierbeiner auf die<br />

Beschwerde eines Motelbesitzers darüber, dass die Tiere in Abwesenheit<br />

ihres Frauchens auf den Zimmerteppich machten. <strong>Die</strong> Dame hieß Linda<br />

Ashton. Sie war gerade mit Dreharbeiten an „Megavixens" beschäftigt.<br />

Nach den Vorwürfen reiste sie schnurstracks samt ihrer Köter ab, und<br />

Regisseur Meyer stand ohne Hauptdarstellerin da. <strong>Die</strong> Rettung in der Not<br />

hieß Uschi Digard, Fotomodell aus Europa, die immer dann mit nackter<br />

Haut und kommentierender Stimme einsprang, wenn die Story ein<br />

Loch hatte. Den Zuschauern und Russ Meyer, der sie zunächst zu einer<br />

Stammdarstellerin und später zu seiner Produktionsassistentin machte,<br />

war es nur recht. Doch auch Charles Napier in der Rolle des psychopathischen<br />

Polizisten wusste zu überzeugen.<br />

Erneut wurde eine Lesbenszene gedreht –<br />

schließlich hatte Meyer mit „Vixen" einen<br />

Ruf erworben, den es zu verteidigen galt,<br />

was nicht ganz gelang.<br />

Es reichte aber aus, um die Herren<br />

in Hollywood nervös werden<br />

zu lassen. Fox-Produzent Richard D.<br />

Zanuck trat mit den Rechten an einen<br />

Nachfolger zu „Das Tal der Puppen",<br />

1967 mit Sharon Tate entstanden, an den<br />

unabhängigen Filmemacher heran. Nicht<br />

weil er von der Kunst des Regisseurs<br />

begeistert war – Meyers Aufgabe lautete<br />

schlichtweg, Einnahmen zu generieren.<br />

Dass er dies auf niedrigerem Niveau mit<br />

geringeren finanziellen Mitteln konnte,<br />

hatte er nachdrücklich bewiesen. Das<br />

Studio hingegen hatte sich 1962 mit<br />

der Verfilmung von „Cleopatra", dem<br />

damals teuersten Film der Geschichte,<br />

verspekuliert. Meyer holte den jungen<br />

Filmkritiker Roger Ebert als Co-Autor<br />

ins Boot. Das Ende vom Lied trug den Titel „Blumen ohne Duft"<br />

mit den ehemaligen „Playboy"-Bunnys Dolly Reed und Cynthia<br />

Myers in zwei der Hauptrollen. <strong>Die</strong>se angeblich zufällig getroffene<br />

Personalpolitik trug nicht unwesentlich<br />

zur Werbewirksamkeit bei. Edy<br />

Williams wurde für die Rolle<br />

des Pornostars Ashley St. Ives<br />

engagiert – und von 1970<br />

bis 1975 Russ Meyers dritte<br />

Ehefrau, nach dem schlagzeilenträchtigen<br />

Motto<br />

„Hollywood-Regisseur<br />

heiratet junges Starlet".<br />

Obwohl „Blumen ohne<br />

Duft" der erste Film in<br />

der Geschichte des Fox-<br />

Studios war, für den<br />

jugendliche Zuschauer<br />

nicht zugelassen wurden,<br />

waren die Produzenten<br />

mit dem Ergebnis zufrieden<br />

– und das Publikum<br />

sowieso. Russ Meyer war<br />

der festen Überzeugung,<br />

es in Hollywood geschafft<br />

zu haben, auch wenn er<br />

sich dort nicht wohlfühlte.<br />

Doch<br />

der<br />

Schein trog.<br />

Nachdem seine<br />

nächsten beiden<br />

Filme „The Seven<br />

Minutes" und „Black<br />

Snake" aus teils<br />

Zitate: Meyer über Meyer<br />

„Ich schlage meinen Vorteil aus Sex, aber ich behandle ihn mit<br />

Humor." (1961)<br />

„Sie mögen bemerkt haben, dass alle meine Darstellerinnen zwei<br />

Dinge gemeinsam haben." („Wall Street Journal", April 1968)<br />

„Eine Menge zweitklassiger Typen in diesem Geschäft halten<br />

es für sexy, eine Dame vor der Kamera auszuziehen. Sie<br />

liegen falsch. Was sexy ist, ist die Situation." (1969)<br />

„Ich greife auf das zurück, was ich am besten kann – große<br />

Busen und kantige Gesichter." („Chicago Daily News", 1974)<br />

„Meine Filme sind alle auf die eine oder andere Art Parodien.<br />

Sie sind abstrakte Fantasien voller gigantischer Mädchen,<br />

die sich benehmen wie keine Frau, die man jemals trifft, von<br />

denen man sich aber wünscht, dass sie sich genauso verhalten.<br />

Aggressiv, knallhart." („Chicago Free Weekly", 1974)<br />

„Ich bin wahrscheinlich einer der Letzten, der heute noch einen<br />

Film mit einem Haufen Unbekannter allein aufgrund seines<br />

Namens drehen und aus ihm einen Erfolg machen kann –<br />

vorausgesetzt, ich halte mich an meine Formel."<br />

(„Washington Post", 1976)<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 71<br />

unerklärlichen, teils erklärbaren Gründen (weniger nacktes Fleisch im<br />

Vergleich zu früher) Flops an den Kinokassen geworden waren, war<br />

Meyers Hollywood-Karriere nach wenigen Jahren wieder beendet. Sein<br />

erneut selbst produziertes Comeback fiel dafür 1975 mit „Supervixens<br />

– Eruption" umso aufsehenerregender aus, allein schon auf Grund<br />

des Einstiegs mit dem Horst-Wessel-Lied und der Tankstelle Martin<br />

Bormanns Super Service. Der Werbeslogan zum Film lautete nicht von<br />

ungefähr „Russ Meyers ‚Vixen’ war nicht groß genug". „Drüber, drunter<br />

und drauf" ging es ein Jahr später weiter. <strong>Die</strong>smal bekam ein gewisser A.<br />

Schwartz sein Fett weg – Ähnlichkeiten seiner Person mit einem ehemaligen<br />

deutschen Führer und seiner Behausung zu Schloss Neuschwanstein<br />

waren beabsichtigt und lassen sich durch Anzeigen, in denen ein Hitler-<br />

Double gesucht wurde, sogar belegen. Nachdem Herr Schwartz seine<br />

perversen Spiele mit drei großbusigen<br />

Damen und einem jungen Herrn getrieben<br />

hat, wird er in seiner Badewanne von<br />

einem Piranha getötet, den ein im Laufe<br />

des Films noch ausfindig zu machender<br />

Eindringling zu Wasser lässt. Von der<br />

weiblichen Hauptrolle ließ Meyer diesmal<br />

die Finger – die schöne Raven de la Croix<br />

hatte seinen Eindrücken nach persönliche<br />

Probleme. Stattdessen rückte er „Kitten"<br />

Natividad als kommentierenden „griechischen<br />

Chor" ins Bild, die seitdem für ihre<br />

„Bikini Walks" bekannt ist. <strong>Die</strong> Trägerin<br />

der Titel „Miss Nude Universe" und „Miss<br />

Nude Cosmopolitan" stand auch 1979<br />

„Im tiefen Tal der Superhexen" nicht nur<br />

für diese Rolle erneut zur Verfügung,<br />

sondern auch für mehrere Jahre dem<br />

Regisseur an seiner Seite.<br />

In den 80ern wurde es ruhiger um<br />

Russ Meyer. Im Zeitalter von Peep-<br />

Shows und Videokassetten hatte er<br />

Konkurrenz bekommen, wenngleich er<br />

natürlich von dem VHS-Geschäft und der Wiederveröffentlichung<br />

seiner Filme in West-Deutschland profitierte. Ein letztes, dialogfreies<br />

Spätwerk entstand 2001 mit „Pandora Peaks", in dem das<br />

gleichnamige 90er-Jahre-Bademoden-Modell mal mehr, mal weniger<br />

bekleidet umherstolzierte. An dem von langer Hand geplanten<br />

Mammutprojekt „The Breast Of Russ Meyer", das sein Leben und<br />

Werk in mehreren Stunden dokumentieren sollte, verlor er leider<br />

das Interesse. Stattdessen brachte er 2000 eine selbstverständlich<br />

voluminöse dreiteilige Autobiografie in Buchform (angeblicher<br />

Autor: Adolph Schwartz) heraus, für die Fans bis zu zehn Jahre vor<br />

Veröffentlichung vorab bezahlt hatten. Im selben Jahr wurde bei<br />

ihm Alzheimer diagnostiziert. Am 18. September 2004 verstarb Russ<br />

Meyer an den Folgen einer Lungenentzündung. Seine Inspiration für<br />

ihm nachfolgenden Künstlergenerationen ist ungebrochen. Wer sich<br />

davon noch überzeugen will, wird unmittelbar auf DVD<br />

oder früher oder später im Nachtprogramm eines<br />

<strong>kult</strong>urell angehauchten deutsch-französischen<br />

TV-Senders fündig.


Michael Schanze<br />

Der freundliche<br />

Von Christian Simon<br />

" Flitterabend"-Mann<br />

darf heute böse sein<br />

Michael Schanze war der Mann mit dem "<br />

Plopp", machte "<br />

Kinderquatsch"<br />

und gewann auch mal den "<br />

Bravo"-Otto in Bronze. Der heute 65-Jährige<br />

war aber nicht etwa nur etwas für Kinder oder Halbwüchsige. In seiner<br />

langjährigen Karriere besang er Schallplatten, moderierte abendfüllende<br />

Unterhaltungs-Shows oder trat in Spielfilmen auf. Häufig stand er an<br />

der Spitze, manchmal war er ganz unten. Der Entertainer blickt auf die<br />

Berg- und Talfahrt seines Lebens zurück.<br />

© Pressefoto<br />

Foto: © Zill/Bildarchiv Hallhuber<br />

Es gibt ein schönes Lied von Reiner Schöne: "Werd’ ich noch<br />

jung sein, wenn ich älter bin". Wie jung fühlst du dich?<br />

Ich fühl' mich eigentlich ganz gut. Gelogen wäre, wenn ich jetzt sagen<br />

würde, ich fühl' mich wie 20. Dafür macht mir das Treppensteigen doch<br />

mehr Mühe als früher.<br />

Aber f it bist du?<br />

Ja, ich denke schon. In den vergangenen Jahren hatte ich<br />

nicht so viel Glück mit meiner Gesundheit. Ich habe von<br />

einem gebrochenen Brustwirbel über mehrere Knieoperationen<br />

bis hin zur Prothese so einiges mitgemacht. Das war schon ein<br />

Eingriff in mein Leben. Wenn man die Grenzen seines Körpers<br />

erkennt – das muss man erst einmal verdauen.<br />

Du hast es doch anscheinend sehr gut verdaut. <strong>Die</strong><br />

Talfahrt ist vorbei. Du bist mittlerweile ein anerkannter r<br />

Schauspieler.<br />

Es ist ja kein Eingeständnis, sondern ein Fakt, dass ich in diesem<br />

heutigen Theatergeschäft ein Späteinsteiger bin. Nach anfänglichem<br />

Schauspielunterricht hat mein Leben Anfang der 70er<br />

Jahre eine andere Wendung genommen. Wenn ich jetzt mit über<br />

60 plötzlich am Theater alle möglichen Rollen spielen darf, dann n liegt die<br />

Betonung auf alle möglichen Rollen. Ich war böse, ich war zynisch, ich<br />

war jähzornig, ich war weiß der Henker was – all das, was ich in meinem<br />

Fernsehleben nie sein durfte und auch ehrlich gesagt von innen nie sein<br />

wollte. Aber nach all den Jahren ist es für mich wie ein Geschenk, dass<br />

ich plötzlich in andere Charaktere einsteigen darf. Das ist schon etwas<br />

Besonderes. Wer hat schon das Glück, dass – wenn man in meinem<br />

Alter ist – er noch einmal so eine Art Neuanfang erleben darf?<br />

Jeder Schauspieler hat ja so seine eigene Art, Text zu lernen ...<br />

Ja, und ich lerne gut in der Badewanne. Und in den letzten<br />

Monaten bin ich auch immer mehr dazu übergegangen, nicht<br />

Du bist ein alter Hase" in die-<br />

sem Geschäft. " Beeinflussen dich<br />

nur meinen Text, sondern das ganze Stück zu lernen. Das ist<br />

eine große Hilfe. Dann hast du auch keine Hänger, weil du immer<br />

weißt, wie es weitergeht.<br />

© Pressefoto<br />

Seite 72 ■<br />

GoodTimes 1/2013<br />

Kritiken noch, oder geht das bei dir links rein und rechts wieder<br />

raus?<br />

Elegant ausgedrückt müsste ich jetzt sagen, Kritiken machen mir nicht<br />

mehr viel aus. Aber im Gegenteil – ich habe das Gefühl, die Haut wird<br />

immer dünner. Aber man lernt mit der Zeit, sich das rauszupicken, was<br />

wirklich fundiert ist. Man kann besser unterscheiden,<br />

ob<br />

einer an dem Abend lieber mit seiner Freundin<br />

ausgegangen wäre, statt die Pflicht zu haben, zur<br />

Theaterpremiere zu gehen, dann eine Wut hat und<br />

alles grundsätzlich nicht gut findet. Man kann es<br />

noch besser sagen: Irgendwann lernst du zu unterscheiden,<br />

ob derjenige, der über dich schreibt, die<br />

richtige Elle anlegt. Ein Beispiel: Am Ernst-Deutsch-<br />

Theater haben wir eine Farce gespielt. Das ist ein<br />

auf die Spitze getriebenes Boulevardstück mit einem<br />

abstrusen Witz. Wenn da jetzt einer drinsitzt und<br />

sagt, er vermisst Dinge im Kleist'schen Sinn, dann ist<br />

die falsche Elle angelegt.<br />

Oft liest man den Satz Von der Show-Treppe<br />

auf die Theaterbühne". Hast du das selber mitgesteuert, " oder kam<br />

es einfach auf dich zu?<br />

Da habe ich schon ganz kräftig mitgesteuert. Ich habe schon in den<br />

70er Jahren in Berlin vom Theaterdirektor Jürgen Wölfer gehört, dass er<br />

mich nicht einplanen konnte, weil ich so viele Fernsehverpflichtungen<br />

hatte. Wenn das mal anders würde, jederzeit gerne. Und genau so kam<br />

es dann auch. Ich hatte 1995<br />

diese totale Umwälzung in meinem<br />

Privatleben. <strong>Die</strong> Trennung<br />

von der Ehefrau ... Und da fragt<br />

man sich dann: Möchtest du so<br />

weitermachen oder nicht? Und<br />

ich hatte einfach das Gefühl,<br />

es muss jetzt eine Veränderung<br />

eintreten. Dazu kam noch, dass<br />

eine<br />

e TV-Sendung von mir zu diesem Zeitpunkt nicht gerade erfolgreich<br />

war („NKL Show", Anm. d. Autors.). Das hat dann auch noch gerade in<br />

mein<br />

Bild von mir selbst gepasst. Mein Unterbewusstsein hat signalisiert:<br />

„Es ist jetzt einfach genug." Erst haben wir in „Flitterabend" die Leute<br />

verheiratet, und dann spielen wir um die Ausbildung ihres ersten Kindes.<br />

Das<br />

war doch von Anfang an eine Vanille-Knoblauch-Mischung. Und<br />

Unstimmigkeiten mit dem Lotteriegesetz ergaben sich auch noch.<br />

Dann habe ich den Wandel gesteuert. Nun, eins muss man auch<br />

wissen: Wenn du einen Platz im Fernsehen freimachst, wird er für<br />

dich nicht freigehalten.


" Flitterabend", Hätten Sie heut’ Zeit für mich" usw. Vermisst<br />

du ab und an das " Fernsehen und die große Show, oder ist das für<br />

dich abgehakt?<br />

Es ist nicht abgehakt, und ich denke auch gerne daran zurück. Ich könnte<br />

mir auch vorstellen, in einem Massenmedium vorzukommen, aber<br />

nicht um jeden Preis. Eine gute Rolle in einem schönen Stück würde mir<br />

mehr entsprechen, als eine Show-Treppe runterzuwalken.<br />

Zu deinem Geburtstag schrieb eine Zeitung: Der Mann mit<br />

dem Plopp". Das ist für dich wohl auch ein bleibendes " Image?<br />

Das ist einfach ein Markenzeichen geworden, das anfangs gar nicht<br />

unbedingt gerne gesehen war. <strong>Die</strong> Idee kam von einer Kommilitonin an<br />

der Hochschule für Fernsehen und Film, die sagte: „Du, mach doch mal<br />

diesen Backenschnalzer, diesen Plopp!" <strong>Die</strong> hat auch das Wort erfunden.<br />

Und die hat dann auch den Text geschrieben für das „Eins, Zwei oder<br />

Drei – Lied". <strong>Die</strong> verantwortlichen Herren haben dann gesagt: „Das ist<br />

aber nichts, wenn sich ein halbwegs erwachsener Mensch andauernd<br />

den Finger in den Mund steckt." Und trotzdem ist es mein<br />

Markenzeichen geworden.<br />

Wäre eine Koch-Show im Fernsehen etwas für<br />

dich?<br />

Kochen gefällt mir schon sehr gut, aber normale<br />

Koch-Shows im Fernsehen gibt’s genug. Was<br />

mir gefallen könnte, wäre so eine Mischung aus<br />

Kochen und Talk. Etwas gemeinsam fabrizieren<br />

und sich dabei unterhalten. Das, was Bio (Alfred<br />

Biolek, Anm. d. Autors) mal erfunden hat, so<br />

etwas könnte ich mir schon vorstellen. Ich könnte<br />

mich auch mit Leuten ganz gut unterhalten, ohne<br />

mit ihnen zu kochen.<br />

Wenn wir gerade vom Kochen sprechen – was<br />

hältst du von Diäten?<br />

Eigentlich halte ich gar nichts mehr davon. Ich bin ein Opfer von<br />

Diäten. Ich habe so gut wie alles probiert und bin das Jo-Jo im Reinformat.<br />

Abnehmen, zunehmen. Der Körper sagt „schlechte Zeiten, ich speichere".<br />

Das geht nur mit einer kapitalen Essensumstellung. Als Initialzündung<br />

kann man natürlich mal mit einer Diät anfan-ngen.<br />

Aber danach muss man sein Essen umstellen,<br />

auch mal auf „Mangel-Basis". Ein bisschen<br />

mehr Eiweiß täte uns allen gut, und auch in<br />

Richtung Trennkost sollte man denken. Aber<br />

das ist ein schlimmes Thema.<br />

Bühnenmenschen sind ja bekanntlich<br />

eitel. Deine Anzugsgröße hat sich nun<br />

mal ein bisschen verändert. Gehst du<br />

damit locker um?<br />

Nun ja, ich habe mich jetzt bei der Tournee<br />

gefreut, dass eine blaue Hose, die ich in dem<br />

Stück trage, plötzlich gerutscht ist. Nur, das<br />

kann ich niemandem weiss machen, der mich anschaut.<br />

Aber für mich sind es die kleinen Glücksmomente. Ich gehe noch einen<br />

Schritt weiter – ich glaube, dass ich ein paar Rollen als Hänfling nicht<br />

bekommen hätte. Ich glaube, dass ich in der Tat nicht nur vom<br />

Kopf her, sondern auch vom Körper her aus diesem frühe-<br />

ren Fernsehkästchen rausgewachsen bin und vielleicht<br />

sogar dadurch jetzt einige Rollen bekomme, die mir<br />

früher nie angeboten worden wären. Wenn da ein<br />

Brocken Mannsbild steht, dann hat der weniger die<br />

Hypothek „Ach, der ist lieb und nett zu Kindern".<br />

W Was sind für dich heute unerfüllte Träume?<br />

Wenn ich heute zum Beispiel in Berlin auf der<br />

Bühne stehe, und der Vorhang geht auf, dann<br />

denke ich mir „Lieber Gott, was für ein Geschenk".<br />

Und von diesem Geschenk wusste ich vor ein paar<br />

Michael Schanze mit seiner<br />

Wochen noch gar nichts. In diesem Beruf kann jede<br />

Caterin Monika" und<br />

" neue Rolle zu einer Wunscherfüllung werden! Und da<br />

Christian Simon<br />

kommen noch einige Rollen auf mich zu, zum Beispiel „Der<br />

eingebildete Kranke" und andere aus der Weltliteratur. Und noch<br />

eins, so lächerlich sich das jetzt vielleicht anhört, aber es kommt aus dem<br />

Herzen: Ich habe es in den letzten Jahren erfahren – ich wünsche mir,<br />

dass die Gesundheit mitspielt, und den Rest mache ich irgendwie alleine.<br />

Foto: © Zill/Bildarchiv Hallhuber<br />

WEIHNACHTEN KANN KOMMEN:<br />

LOLITA<br />

Weihnachten in den Bergen (1969)<br />

Erhältlich ab 09.11.<br />

VICO TORRIANI<br />

Weihnacht in Europa (1966)<br />

Erhältlich ab 09.11.<br />

ANITA<br />

Fröhliche Weihnachtszeit mit Anita (1972)<br />

Erhältlich ab 09.11.<br />

<br />

ROY BLACK<br />

Weihnachten bin ich<br />

zu Haus (1968)<br />

PETER ALEXANDER<br />

Schöne Weihnacht mit<br />

Peter Alexander (1965)<br />

KAREL GOTT<br />

Weihnachten in der<br />

goldenen Stadt (1969)<br />

<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 73<br />

KELLY FAMILY<br />

Festliche Stunden<br />

bei der Kelly Family (1980)


DAS JAHR 1972<br />

Von Bernd Matheja<br />

Einmarsch<br />

der Nationen<br />

<strong>Die</strong> Zwei": Roger Moore (l.), Tony Curtis<br />

"<br />

Foto: Bildarchiv Hallhuber<br />

Terrorist im<br />

olympischen Dorf<br />

1972<br />

olympischen Dorf. Der dilettantische Befreiungsversuch auf dem<br />

Zeitgeschichte<br />

München, 5.9.: Der Sport wird getötet – palästinensische Attentäter<br />

des „Schwarzen September" nehmen elf Israelis als Geiseln im<br />

Flugplatz Fürstenfeldbruck scheitert: Alle Sportler, fünf Terroristen<br />

und ein Polizist sterben. Kein<br />

Abbruch der Spiele, IOC-<br />

Präsident Avery Brundage<br />

erklärt: „The games must go<br />

on!" *** Horror auch schon am<br />

30.1. in Londonderry: britische<br />

Soldaten erschießen bei<br />

einer Demo für Bürgerrechte<br />

13 Zivilisten. Das Datum geht als „Nordirischer Blutsonntag" in die<br />

Geschichte ein. *** Eskalation durch RAF-Terroristen in der BRD:<br />

Bombenanschläge mit Toten und Verletzten am 11.5. (Frankfurt), 15.5.<br />

(Karlsruhe), 19.5. (Hamburg) und 24.5. (Heidelberg).<br />

Der Staat schlägt zurück: Am 1., 7. und 15.6. werden<br />

in Frankfurt, Hamburg und Hannover führende<br />

Mitglieder der Rote Armee Fraktion verhaftet:<br />

Andreas Baader, Holger Meins, Jan Carl Raspe,<br />

Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof. *** Annäherung<br />

beider deutscher Staaten: Am 3.6. tritt das<br />

Transitabkommen<br />

in Kraft, am<br />

21.12. wird der<br />

Grundlagenvertrag<br />

unterzeichnet.<br />

Am 14.9. hatte die Bundesrepublik<br />

außerdem die diplomatischen<br />

Beziehungen zu Polen aufgenommen.<br />

*** Cape Canaveral: Nach Apollo<br />

16 (16.4.) endet mit dem Start von<br />

Apollo 17 am 7.12. das langjährige<br />

Nasa-Projekt der Amerikaner. Eugene<br />

Cernan ist der letzte Astronaut, der den<br />

Mond betritt, bevor er mit Ron Evans<br />

Olympia am Boden, die Fußballer<br />

obenauf. Dem Mond wird adieu<br />

gesagt, eine Superband in spe<br />

begrüßt. In Washington stinkt's, es<br />

gibt Geschlechtsorgane im Hals, und<br />

Jesus erscheint singend in Münster.<br />

Schwer was los im bis dahin längsten<br />

Jahr des Gregorianischen Kalenders!<br />

und Harrison Schmitt am 19.12. auf der Erde landet.<br />

Das US-Folgeprogramm heißt Skylab. *** Dicke Luft<br />

in Washington: Im Oktober kommt heraus, dass<br />

die republikanische Regierung in den Einbruch ins<br />

Hauptquartier der Demokraten steckt. Kennwort:<br />

Watergate-Affäre. <strong>Die</strong> „Washington Post"-<br />

Journalisten Carl Bernstein und Bob Woodward<br />

(im späteren Film „<strong>Die</strong> Unbestechlichen"/„All<br />

The President's Men" von Robert Redford<br />

und Dustin Hoffman gespielt) werden durch<br />

ihre glänzenden Recherchen<br />

weltberühmt. *** Trotz des Skandals<br />

gewinnt Richard Nixon am 7.11. die<br />

Präsidentschaftswahlen gegen George<br />

McGovern. Nixon hatte zuvor mit<br />

einem China-Besuch punkten können<br />

und am 26.5. mit Leonid Breschnew<br />

die Salt-1-Verträge<br />

Willy Brandt<br />

(Ziel: Eindämmung des nuklearen Wettrüstens) mit<br />

der Sowjetunion unterzeichnet. *** Fünf Wochen<br />

später wird in der BRD Willy Brandt erneut zum<br />

Kanzler gewählt, nachdem die SPD am 19.11.<br />

erstmals stärkste Bundestagsfraktion geworden<br />

war. Seinem Kabinett gehört als Finanzminister<br />

Helmut Schmidt an. Er hatte zuvor außerdem das<br />

Wirtschaftsressort geleitet, nachdem Karl Schiller<br />

am 7.7. zurückgetreten war. *** Drei weitere<br />

Entscheidungen aus Bonn: Bund und Länder<br />

beschließen am 28.1. den Radikalenerlass<br />

(keine Verträge für „Extremisten" im öffentlichen<br />

<strong>Die</strong>nst). Der Grundwehrdienst wird am<br />

23.6. von 18 auf 15 Monate reduziert und das<br />

aktive Wahlalter auf 18 Jahre gesenkt. *** Als<br />

Reaktion auf die Ereignisse in München und den<br />

bundesweiten RAF-Terror kündigt Innenminister<br />

Hans-<strong>Die</strong>trich Genscher am 13.9. den Aufbau<br />

der GSG 9 an, einer Spezialeingreiftruppe<br />

Seite 74 ■ GoodTimes 1/2013


des Bundesgrenzschutzes. *** Am 22.5. erfolgt die Umbenennung<br />

des ehemaligen Ceylon in die Republik Sri Lanka. *** <strong>Die</strong> erste<br />

Weltumweltkonferenz beginnt am 5.6. in Stockholm. *** Am 21.11.<br />

tritt die DDR der Unesco bei, am 31.12. verlässt Portugal die seit 1946<br />

aktive Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft<br />

und Kultur. *** Seit dem 1.1. amtiert der Österreicher Kurt Waldheim<br />

als Generalsekretär der Vereinten Nationen. Über Jahrzehnte erstrecken<br />

sich immer neue Vorwürfe zu seiner dubiosen Vergangenheit während<br />

der Naziherrschaft. Unvergessen die Einschätzung des Bundeskanzlers<br />

(1983–1986) Fred Sinowatz: „Nehmen wir also zur Kenntnis, dass<br />

nicht Waldheim bei der SA war, sondern nur sein Pferd." ***<br />

1972<br />

olympischen Sommerspiele in München (26.8.–11.9.) fortgesetzt.<br />

Sport<br />

Trotz der kriminellen, tödlichen Begleitumstände (s. oben) wurden die<br />

Ulrike Meyfarth<br />

Erfolgreichste Nation wurde die Sowjetunion mit 50x Gold, 27x Silber<br />

und 22x Bronze. <strong>Die</strong> DDR kam<br />

auf Rang 3 der Nationenwertung<br />

(20/23/23), die BRD auf Platz 4<br />

(13/11/16). In bester Erinnerung<br />

bleibt der Nachwuchs: die australische<br />

Schwimmerin Shane Gould<br />

(15), Hochspringerin Ulrike<br />

Meyfarth (16) und die russische Turnerin Olga Korbut (17), die zusammen<br />

sieben Goldmedaillen abtransportierten. <strong>Die</strong> bis heute unglaublichste<br />

Kampfszene im Ringersport gelingt Wilfried <strong>Die</strong>trich (1933–1992;<br />

„Der Kran von Schifferstadt"): Per Schulterwurf besiegt er den 13<br />

Jahre jüngeren 200-kg-Koloss Chris Taylor<br />

(USA). *** Auch die Winterspiele in Sapporo<br />

(Japan) vom 2.–13.2. hatte die Sowjetunion<br />

dominiert: 8x Gold, 5x Silber, 3x Bronze<br />

(BRD: 3/1/1). *** <strong>Die</strong> Vierschanzentournee<br />

1971/72 der Skispringer gewinnt der Norweger<br />

Ingolf Mork – ohne einen Sieg in den vier<br />

einzelnen Wettbewerben. *** Fußball: BRD-<br />

Meister wird der FC Bayern München, der an<br />

allen Spieltagen Platz 1 belegt und den 1. FC<br />

Köln und Fortuna Düsseldorf auf die Plätze verweist. Den DFB-Pokal<br />

holt sich Schalke 04 am 1.7. mit einem 5:0 in Hannover gegen den<br />

1. FC Kaiserslautern. DDR-Titelträger ist erstmals der 1. FC Magdeburg,<br />

Pokalsieger wird der FC Carl Zeiss Jena. Fußballer des Jahres werden<br />

Günter Netzer (Mönchengladbach) und Torwart Jürgen Croy<br />

(Jena). *** Europa: Als bester Spieler wird Franz Beckenbauer<br />

ausgezeichnet. Den Landesmeistercup gewinnt Ajax Amsterdam (2:0<br />

gegen Inter Mailand), den der Pokalsieger die Glasgow Rangers<br />

(3:2 gegen Dynamo Moskau). *** Im Juli strampelt Eddy Merckx<br />

(Belgien) bei der Tour de France zum vierten Mal auf Platz 1,<br />

Robert<br />

Fisher<br />

gefolgt von den ewigen Konkurrenten<br />

Felice Gimondi (Italien) und Raymond<br />

Poulidor (Frankreich). *** Wintersport im<br />

Sommer: Am 10.8. wird der Eishockeyclub<br />

Kölner Haie gegründet, der zwischen<br />

1977 und 2002 acht Meistertitel erringt.<br />

*** Formel-1-Weltmeister im Motorsport<br />

ist der Brasilianer Emerson Fittipaldi, zu ihm aufs Treppchen steigen<br />

Jackie Stewart (Schottland/2.) und der Neuseeländer Dennis Hulme (3.).<br />

*** Das „Match des Jahrhunderts" findet ab 11.7. in Reykjavik (Island)<br />

statt: Nachdem es bis dahin ausschließlich russische Schachweltmeister<br />

gegeben hatte, besiegt der extrovertierte Amerikaner Robert "<br />

Bobby"<br />

Fisher (1943–2008)<br />

diesmal Boris Spasski<br />

(*1937) aus Leningrad,<br />

der am 1.9. nach 21 von<br />

24 Partien aufgibt. ***<br />

<strong>Die</strong> vielleicht spielstärkste<br />

deutsche Fußball-<br />

Nationalmannschaft<br />

der Geschichte holt sich<br />

am 18.6. in Brüssel den<br />

Wilfried <strong>Die</strong>trich<br />

<strong>Die</strong> deutsche Fußball-Nationalmannschaft<br />

Conchita Martinez<br />

Titel des Europameisters, durch ein 3:0 gegen<br />

die Sowjetunion. Ihr Meisterstück hatte die<br />

Elf um Günter Netzer, Franz Beckenbauer<br />

und Gerd Müller bereits im Viertelfinale am<br />

29.4. beim 3:1 gegen England im Londoner<br />

Wembley-Stadion abgeliefert. *** BRD-Sportler<br />

des Jahres sind die Leichtathleten Klaus<br />

Wolfermann und Heide Rosenthal sowie die<br />

Hockey-Nationalmannschaft der Herren. DDR:<br />

Wolfgang Nordwig (Leichtathletik), Karin Janz<br />

(Turnen) und die 4x400-Meter-Staffel der Frauen. *** Später populäre<br />

Sportler werden geboren, darunter Basketballer Shaquille O'Neal (6.3.),<br />

Tennisstar Conchita Martinez (16.4.), Skiläuferin Katja Seizinger<br />

(10.5.), die Fußballer Giovane Elber (23.7.), Luis Figo (4.11.) und Steffi<br />

Jones (22.12.). Es stirbt der schwedische Formel-1-Rennfahrer Joakim<br />

Bonnier am 11.6. bei einem Sportwagenunfall in Le Mans. ***<br />

Funk & Fernsehen<br />

1972<br />

Namensänderung mit politischem Kalkül: Am 3.1. wird aus dem<br />

(Ost-)Deutschen Fernsehfunk (DFF) das „Fernsehen der DDR". *** 26<br />

Tage später beginnt die bis zum Schluss populärste Showreihe des<br />

Senders: Ein Kessel Buntes", live aus dem Friedrichstadtpalast in<br />

"<br />

Berlin übertragen, bleibt mit 118 Ausgaben<br />

bis 1992 gefeierter Programmbestandteil.<br />

Zu den wechselnden Gastgebern gehören<br />

u.a. DDR-Topstars wie Willi Schwabe, Helga<br />

Hahnemann, Heinz Rennhack, Gunther<br />

Emmerlich und Dagmar Frederic. *** Musik<br />

kommt auf den Bildschirm: In den USA<br />

wird die beliebte Mike Douglas Show"<br />

"<br />

eine Woche lang von John Lennon und<br />

Yoko Ono co-moderiert. *** Innerhalb von nur vier Tagen beginnen<br />

im amerikanischen Fernsehen drei Erfolgsserien. 14.9.: „The<br />

Waltons" (CBS; 221 Folgen bis 1981; mit Richard Thomas); 16.9.:<br />

Streets Of San Francisco" (ABC; 121 Episoden bis 1977; mit<br />

"<br />

Karl Malden und Michael Douglas);<br />

17.9.: „M.A.S.H." (CBS; 251 Folgen<br />

bis 1983; mit Alan Alda). <strong>Die</strong> beiden<br />

Erstgenannten laufen ab 1975<br />

bzw. 1974 als Renner auch in der<br />

BRD. *** Für Kinder produzieren die<br />

Engländer schöne Tiergeschichten<br />

Michael Douglas & Karl Malden<br />

um das Pferd Black Beauty" (52<br />

"<br />

Folgen), die am 8.9.1974 erstmals auch im ZDF zu sehen sind. Der<br />

Nachwuchs freut sich seit dem 23.1.72 über die spielerisch-lehrreiche<br />

(und später vielfach ausgezeichnete) Sendung mit der Maus", erstmals<br />

mit diesem Titel. *** Am 1.4. werden in den alten Bundesländern<br />

"<br />

20 Millionen Hörfunkteilnehmer errechnet. *** Im Fernsehen/West<br />

werden zu Rennern: Einmal "<br />

im Leben", die unterhaltsamen<br />

Abenteuer der Familie<br />

Semmeling beim nervtötenden<br />

Eigenheimbau, mit Antje<br />

Hagen und Fritz Lichtenhahn<br />

(es hagelt anschließend böse<br />

Handwerkerproteste!); die<br />

Einmal im Leben"<br />

Showreihen „Hätten Sie heut<br />

"<br />

Zeit für mich?" (Gastgeber: Michael Schanze) und „Eine Frau<br />

bleibt eine Frau" (Lilli Palmer); der Musikladen" von Radio<br />

"<br />

Bremen mit Manfred Sexauer (bis 1978 im<br />

Moderationsteam mit Uschi Nerke) tritt am<br />

13.12. die schwere Nachfolge des „Beat-<br />

Club" in der ARD an. 90 Ausgaben laufen<br />

bis zum 29.11.1984, erreichen aber – die<br />

Musikszene hat sich grundlegend verändert<br />

– nicht das Flair des Vorgängers. *** Krimi-Fans haben im ZDF<br />

ab 11.7. mächtig Spaß an der britischen TV-Krimiserie <strong>Die</strong> Zwei"<br />

"<br />

(„The Persuaders!") um Lord Brett Sinclair (Roger Moore) und Playboy<br />

Danny Wilde (Tony Curtis). <strong>Die</strong> stark veränderten deutschen Texte<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 75


von Rainer Brandt („Lordchen, du musst schneller sprechen, sonst<br />

bist du nicht synchron!"; „Hände hoch, ich bin Achselfetischist!")<br />

machen den 24-Folgen-Klamauk<br />

erst zu einem amüsant-<strong>kult</strong>igen<br />

Programm-Highlight, die englischsprachigen<br />

Originale sind<br />

eher staubtrocken. *** Neuheiten<br />

von der Technik, auch in<br />

einem Jahr ohne Internationale<br />

Funkausstellung: Philips präsentiert<br />

ein erstes HiFi-Stereo-Tonbandgerät sowie als Weltpremiere einen<br />

Bildplattenspieler mit Laserstrahlabtastung, von Blaupunkt kommt<br />

die neue Suchlaufsteuerung für Farbfernsehgeräte, und Saba schafft<br />

Bedienungserleichterungen für Verbraucher durch ein „TV-Diagnose-<br />

System". *** Ein weiterer<br />

Dauerläufer gelingt ab<br />

18.7. dem DDR-Fernsehen<br />

mit<br />

" Außenseiter –<br />

Spitzenreiter",<br />

ausgedacht<br />

und bis zum<br />

14.12.2011 auch moderiert<br />

von Hans-Joachim<br />

Wolfram. <strong>Die</strong> Sendung<br />

läuft noch immer, jetzt<br />

im Programm des MDR.<br />

*** Langzeitwirkung auch in den USA: Nach dem Debüt im Oktober<br />

1955 wird am 27.10. Folge Nr. 5000 der Kinderserie „Captain<br />

Kangaroo" (CBS) ausgestrahlt. Erst 1984 ist Schluss. *** Auch in<br />

diesem Jahr wird die Goldene Kamera" der Programmzeitschrift<br />

"<br />

„Hörzu" verliehen. Preisträger unter den Fernsehschaffenden sind<br />

u.a. „Kommissar" Erik Ode, der Autor und Regisseur <strong>Die</strong>ter Wedel<br />

sowie die Schauspielerinnen Monica Bleibtreu und Lilli Palmer. ***<br />

Rund zwei Millionen Autoradios sind inzwischen in bundesdeutschen<br />

Fahrzeugen installiert und registriert. *** Ein Jubiläum feiert die ARD<br />

am 26.12.: 20 Jahre „Tagesschau". ***<br />

1972<br />

Film<br />

Viele Film-, Fernseh- und Bühnenschauspieler(innen), die sich inzwischen<br />

– national und/oder international – einen Namen machen<br />

konnten, erblicken 1972 das Licht der Welt. Eine Auswahl: Muriel<br />

Baumeister (24.1.), Anneke Kim Sarnau<br />

(25.2.), Benno Fürmann (17.1.), Henning Baum<br />

(20.9.); Gwyneth Paltrow (28.9.), Vanessa<br />

Paradis (22.12.), Ben Affleck (15.8.), Jude Law<br />

(29.12.). *** In hiesige Kinos kommen nach<br />

wie vor Filme vom Kaliber à la „Kinderarzt Dr.<br />

Fröhlich", „Grün ist die Heide", „Immer Ärger<br />

mit Hochwürden", „Ein Käfer gibt Vollgas"<br />

und „Lass jucken, Kumpel"; großes Kritikerlob Anneke Kim Sarnau<br />

erhalten aber auch engagierte Arbeiten wie Werner Herzogs<br />

Aguirre, der Zorn Gottes" (Klaus Kinski), Wim Wenders' Handke-<br />

"<br />

Verfilmung „<strong>Die</strong> Angst des Tormanns beim Elfmeter" mit Kai Fischer<br />

und Arthur Brauss sowie die Faßbinder-Werke „Bremer Freiheit"<br />

Klaus<br />

Kinski<br />

1972<br />

und „<strong>Die</strong> bitteren Tränen der<br />

Petra von Kant". Einer weiteren<br />

Literaturumsetzung gelingt<br />

sogar beides: Gute Rezensionen<br />

und (!) viele Zuschauer kann<br />

Alfred Vohrers „Der Stoff, aus<br />

dem die Träume sind" (nach<br />

Johannes Mario Simmel, mit<br />

Herbert Fleischmann) für sich<br />

verbuchen. *** International ist es ein exzellentes Filmjahr, in dem<br />

ausnehmend viele Klassiker entstehen, darunter Steven Spielbergs<br />

„Das Duell" (Dennis Weaver), Alfred Hitchcocks „Frenzy" (Jon Finch),<br />

Sam Peckinpahs „Getaway" (Steve McQueen/Ali MacGraw), Francis<br />

Ford Coppolas "<br />

Der Pate" (Marlon Brando), Peter Bogdanovichs „Is<br />

was, Doc?" (Barbra Streisand) und „Paper Moon" (Ryan O'Neal) sowie<br />

Woody Allens „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten ...". ***<br />

Zu einem Kult-Porno gerät „Deep Throat",<br />

in dem bei einer jungen Frau die Klitoris<br />

in den Hals verlegt wird. Darstellerin Linda<br />

Lovelace stürzt der Film später in schwe-<br />

re psychische Probleme. *** Bei der Oscar-<br />

Verleihung 1973 (für das Filmjahr 1972) räumt<br />

„Cabaret" gewaltig ab: Es regnet gleich acht<br />

Auszeichnungen, u.a. für die Regie von Bob<br />

Fosse und die superbe Hauptdarstellerin Liza<br />

Minnelli. Drei Statuen<br />

gehen an „Der Pate" als besten Film, für das<br />

beste Drehbuch und den dominanten Marlon Brando. *** <strong>Die</strong> beliebten<br />

„Bravo-Ottos" nehmen bei den Schauspielern Ryan O'Neal und<br />

Uschi Glas mit nach Hause. *** In den Top 10 nach Besucherzahlen<br />

in BRD-Lichtspielhäusern stehen u.a. „Vier Fäuste für ein Halleluja",<br />

„Schulmädchen-Report, 3. Teil", „Freibeuter<br />

der Meere", „<strong>Die</strong> tollkühne Hexe in ihrem<br />

fliegenden Bett" und „Lucky Luke". ***<br />

Für immer schließt sich in diesem Jahr der<br />

Vorhang für Robert Meyn (3.2.; *1896),<br />

George Sanders (25.4.; *1906), „Bonanza"-<br />

Star Dan Blocker („Hoss"; 13.5.; *1928),<br />

die umwerfende „Miss Marple"-Darstellerin<br />

Margaret Rutherford (22.5.; *1892), die<br />

große Dänin Asta Nielsen (25.5.; *1881),<br />

DDR-Star Günther Simon (25.6.; *1925), Leo G. Carroll (16.10.;<br />

*1892), bekannt u.a. als Chef in der TV-Krimi-Reihe „The Man From<br />

U.N.C.L.E.".<br />

1972<br />

Musik<br />

Das staatliche DDR-Schallplattenlabel<br />

Amiga startet eine seiner populärsten<br />

LP-Kopplungsreihen: HALLO Nr. 1–12<br />

erscheinen 1972/73. Später folgen sechs weitere<br />

Ausgaben, und mit HALLO, THE BEST 1<br />

und 2 (auf Unionton) geht das Projekt erst<br />

2001 zu Ende. *** Nachhaltige Alben gelingenn<br />

u.a. Neil Young (HARVEST), Deep Purple (MACHINE<br />

HEAD),<br />

den Rolling Stones (EXILE ON MAIN STREET) und Alice Cooper<br />

(SCHOOL'S OUT). Sie enthalten Songs wie "Heart Of Gold" und<br />

"Smoke On The Water"; bleibende Titel kommen<br />

auch von Elton John ("Rocket Man"), von den<br />

Kinks ("Celluloid Heroes") und Roberta Flack<br />

("Killing Me Softly With His Song"). *** <strong>Die</strong><br />

Electrola/Köln fusioniert mit der Carl Lindstöm<br />

GmbH zur EMI Electrola. *** Beim Grand Prix<br />

(heute ESC) siegt am 25.3. in der Ulster Hall<br />

von Edinburgh Vicky Leandros mit "Après<br />

toi" für Luxemburg: 128 Punkte. Auf den<br />

Plätzen 2 und 3: die New Seekers mit "Beg,<br />

Steal Or Borrow" (114 P.) und Mary Roos<br />

– das Orchester für ihr "Nur die Liebe lässt<br />

uns leben" (107 P.) wird von Paul Kuhn<br />

dirigiert. *** Von solchen Erfolgen träumen<br />

vier junge Schweden noch. Agnetha<br />

Fältskog, Björn Ulvaeus, Benny<br />

Margaret Rutherford<br />

Andersson und Anni-Frid Lyngstad<br />

formieren sich – um schon zwei Jahre<br />

später als Abba eine gigantische Karriere mit "Waterloo" zu star-<br />

ten. *** Tierisch: Loriot<br />

singt als TV-Elefant<br />

Wum "Ich wünsch<br />

mir eine kleine<br />

Miezekatze" und<br />

landet damit an<br />

der Spitze der<br />

Single-Charts. ***<br />

Mit den renommierten<br />

Grammys<br />

Abba<br />

werden in den<br />

Seite 76 ■ GoodTimes 1/2013


USA u.a. Carole King, James Taylor, The Carpentersers<br />

und als Newcomer(in) Carly Simon ausgezeichnet.<br />

Im R&B-Bereich erhalten Aretha Franklin,<br />

Bill Withers, Lou Rawls und Ike & Tina Turner<br />

die begehrte Auszeichnung. *** In Hamburg<br />

gründen die ehemaligen A&R-Manager Bruno<br />

Wendel und Günther Körber das Brain-Label<br />

als Ableger von Metronome Records. Ihre Marke<br />

wird zur Topadresse für Kraut- oder Deutsch-Rock mit<br />

Interpreten wie Cluster,<br />

The Sweet<br />

Tangerine Dream, Guru Guru,<br />

Birth Control, Grobschnitt und<br />

Popol Vuh. *** <strong>Die</strong> erfolgreichsten<br />

UK-Songs des Jahres sind<br />

"Without You" (Nilsson), "Puppy<br />

Love" (Donny Osmond), "Long<br />

Haired Lover From Liverpool"<br />

(Jimmy Osmond) und "Amazing<br />

Grace", das die Royal Scots<br />

Dragoon Guards instrumental auf<br />

ihren Säcken dudeln – alle Titel<br />

belegen fünf Wochen lang Platz<br />

1 der Hitlisten. In den US-Charts<br />

hält Roberta Flack diesen Rang<br />

sechs Wochen mit "The First Time<br />

Ever I Saw Your Face". Mouth &<br />

MacNeal ("Hello-A") und die Windows ("How Do You Do") sind die<br />

Abräumer in Deutschland (je acht Wochen auf Platz 1) – genau wie<br />

"Wig Wam Bam" von The Sweet, die mit Gary Glitter, Slade, T. Rex<br />

und anderen das Glam-Rockgenre in den Mittelpunkt des Interesses<br />

rücken. *** Auch Deutschsprachiges hält sich lange in den Fanohren,<br />

z.B. Juliane Werdings Anti-Drogensong "Am Tag, als Conny Kramer<br />

starb" (Original: "The Night They Drove Old Dixie Down" von Joan<br />

Baez), "Komm, gib mir deine Hand"<br />

von Tony Marshall, Jürgen Marcus'<br />

"Eine neue Liebe ist wie ein neues<br />

Leben" und (das im Dezember 1971<br />

erschienene) "Du lebst in deiner Welt":<br />

Daisy Door (= Evelyn van Ophuisen aus<br />

Duisburg) wird zum Ein-Hit-Wunder,<br />

nachdem der Titel im TV-Krimi „Als die<br />

Blumen Trauer trugen" aus der Serie<br />

Beth Hart<br />

„Der Kommissar" zu hören ist. *** <strong>Die</strong> deutsche Niederlassung der<br />

amerikanischen Kinney Corporation wird zur WEA (Warner/Elektra/<br />

Atlantic). *** Geboren werden u.a. Sänger Sasha (Schmitz; 5.1.),<br />

Rockröhre Beth Hart (24.1.), der US-Rapper Busta Rhymes (Trevor<br />

Smith; 20.5.) und Geri Halliwell (6.8.). *** Vom Mikro verabschieden<br />

sich die Gospelikone Mahalia Jackson (27.1.; *1911), Sopranistin<br />

Erna Sack (2.3.; *1898), Stone-The-Crows-Gitarrist Les Harvey (3.5.;<br />

*1944), Bluesmusiker Mississippi Fred McDowell (3.7.; *1904) und<br />

"Lili Marleen"-Sängerin Lale Andersen (29.8.; *1905). ***<br />

Vermischtes aus<br />

1972<br />

aller Welt<br />

1972 ist ein Jahr der Flugzeug-Katastrophen. Allein bei Abstürzen<br />

auf Ibiza und Teneriffa, in London, Moskau, Palermo, Miami, in<br />

nimmt die 1956 gegründete Lach- und<br />

" Schießgesellschaft" die Arbeit wieder<br />

auf. *** Erste Vorstellung eines<br />

berühmten Theaterstückes am 18.5. in<br />

Halle an der Saale: „<strong>Die</strong> neuen Leiden<br />

des jungen W." von Ulrich Plenzdorf.<br />

*** Verbesserte Bedingungen: Der<br />

schwedische Automobilbauer Volvo<br />

setzt ab dem 3.8. auf Arbeitsgruppen<br />

statt Fließbandfertigung. *** „Lass dein<br />

<strong>Die</strong>ter Hildebrandt<br />

Auto leer, wenn du voll bist!" lautet der<br />

aktuelle Werbeslogan gegen Alkohol<br />

am Steuer. Ein „Frank S. Thorn" wird<br />

zum markanten Reklamegesicht. Er heißt<br />

eigentlich Hans Meyer und hat zwölf Jahre<br />

zuvor Puschkin-Wodka angepriesen. *** <strong>Die</strong><br />

Forscher Godfrey Hounsfield (England) und<br />

Allan MacLeod Cormack (Südafrika) schaffen<br />

Großes, ihnen gelingt der Durchbruch für die<br />

Computertomografie. *** Ein anderer Tüftler<br />

denkt sich Unverzichtbares für die Kurzen<br />

aus: Ernst A. Bettag (1929–2003; BIG-Spielwarenfabrik Fürth)<br />

erfindet das Bobby Car", von<br />

"<br />

dem bis 2003 rund 30 Millionen<br />

Stück gebaut und verkauft werden.<br />

*** Am 29.4. findet im<br />

katholischen Münster die erste<br />

deutsche Schwulen-Demo statt.<br />

*** Andreas Pavel (*1945) aus<br />

Aachen stellt 1972 einen ersten<br />

"<br />

Stereobelt" her. Er meldet ihn<br />

1977 als „Batteriebetriebene,<br />

elektroakustische, miniaturisierte<br />

Anordnung für die hochwertige<br />

stereofone Wiedergabe<br />

von Hör-Ereignissen" zum<br />

Patent an, doch viele deutsche<br />

Hersteller lehnen ab. Sony<br />

nennt das Gerät ab 1979 einfach<br />

„Walkman" – 23 Jahre<br />

Rechtsstreit folgen, es geht um<br />

zig Millionen. *** Bei Bauarbeiten in der Berliner Invalidenstraße wird<br />

ein Skelett gefunden – es handelt sich definitiv um die Überreste<br />

des gesuchten Nazi-Schwerverbrechers Martin Bormann. Der<br />

„Abfall" wird erst 1999 endgültig verbrannt und auf Staatskosten<br />

anonym in der Ostsee entsorgt. *** Im Juni bringt Hewlett<br />

Packard den ersten Taschenrechner<br />

auf den Markt, der nicht nur die<br />

Grundrechenarten beherrscht. Das<br />

Gerät wiegt ein halbes Pfund und ist<br />

für schlappe 1987 D-Mark zu haben.<br />

*** 1972 sterben in Deutschland erstmals<br />

mehr Menschen (965.689) als<br />

Heinrich Lübke<br />

Heinrich Böll<br />

geboren werden (901.657). Bis 2010<br />

erhöht sich das Verhältnis auf 858.768<br />

zu 677.947. Im Jahr 1950 war es noch umgekehrt mit 1.116.701<br />

zu 748.329. *** 10.4.: Ein schweres Erdbeben im Iran kostet über<br />

5000 Menschen das Leben. *** Beliebteste Vornamen sind laut BRD-<br />

Standesämtern Nicole, Claudia und Tanja sowie Michael, Christian<br />

und Andreas. DDR: Kathrin, Daniela, Manuela und Thomas, Sven,<br />

Marco *** Prominente Verstorbene 1972: der niederländische<br />

den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Königs Wusterhausen<br />

(DDR) sterben über 1000 Passagiere.<br />

In den Anden (Uruguay) überleben im<br />

Oktober 16 Menschen 72 Tage lang,<br />

indem sie Teile der 29 Opfer aufessen.<br />

*** Deutschland-Premiere des Musicals Künstler M.C. Escher (27.3.; *1898), Alt-Bundespräsident<br />

Jesus Christ Superstar" von Andrew Heinrich Lübke (6.4.; *1894), FBI-Gründer J. Edgar<br />

"<br />

Reiner Schöne<br />

Lloyd Webber am 18.2. in Münster. Vier Hoover (2.5.; *1895), Unternehmer r Friedrich Flick<br />

Monate nach der New Yorker Uraufführung spielt Reiner Schöne die (20.7.; *1883), Ex-US-Präsident Harry S. Truman<br />

Hauptrolle. *** Bedeutende Ehrung: Schriftsteller Heinrich Böll (26.12.; *1884).<br />

(1917–1985) erhält am 18.12. in Stockholm den Literaturnobelpreis.<br />

Der Friedensnobelpreis wird in diesem Jahr nicht verliehen. ***<br />

1972<br />

München, 30.11.: Das – neben den „Stachelschweinen" aus Berlin –<br />

bekannteste Kabarett um <strong>Die</strong>ter Hildebrandt löst sich auf. Erst 1976<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 77


Von Horst Berner<br />

E g m o n t<br />

Ehapa und Entenhausen sind<br />

untrennbar miteinander verbunden, seit dort<br />

die Micky Maus" im Jahr 1951 ihre verlegerische<br />

"<br />

Heimat fand. Aus dem gleichen Haus kommen die erfolgreichen<br />

Lustigen Taschenbücher", die einen unterhaltsamen<br />

"<br />

Mix aus Maus- und Enten-Comics bieten. Am 9. Oktober 1967<br />

gestartet, blicken die Macher der Reihe 45 Jahre später auf<br />

sage und schreibe 434 publizierte Titel zurück. <strong>Die</strong><br />

gelten inzwischen Jung und Alt als begehrtee<br />

Lese- und Sammelobjekte.<br />

Neu" heißt es in großen Lettern<br />

auf der zeitgenössischen Anzeige<br />

„ des Ehapa Verlags gegen Ende<br />

des Jahres 1967, mit der das jüngste<br />

Produkt beworben wird: „Walt Disneys<br />

Lustige Taschenbücher". Für 2,50<br />

Mark kommt „Der Kolumbusfalter"<br />

am 9. Oktober in den hiesigen<br />

Buch- und Zeitschriftenhandel und<br />

trägt auf dem Titelbild, quasi als<br />

Empfehlung, das Logo der Micky<br />

Maus. Das inklusive Umschlag 260<br />

Seiten starke Buch im handlichen<br />

Format 12,5 x 19 Zentimeter, in dem<br />

Disney-Bildgeschichten von italienischen Autoren abgedruckt werden,<br />

en<br />

entspricht zwar nicht unbedingt der damals am deutschen Markt<br />

gängigen Form von Comics, passt damit aber ganz gut in die Zeit. Ein<br />

bisschen revolutionär durfte es schon sein in jenem Jahr, in dem die<br />

sogenannte Kommune 1 in West-Berlin gegründet wird, das Musical<br />

„Hair" seine Uraufführung in New York erlebt, der Mini-Rock von<br />

Mary Quant die Modewelt aufrüttelt, die Beatles mit SGT. PEPPER’S<br />

LONELY HEARTS CLUB BAND zum radikalen Wandel der Popmusik<br />

beitragen, ARD und ZDF das Farbfernseh-Zeitalter einläuten, der NSU<br />

RO 80 als Sensationsauto gefeiert wird, die „Mao-Bibel" zum Bestseller<br />

gerät und „alle vom Wetter reden", mit Ausnahme der Mitglieder vom<br />

Sozialistischen Deutschen Studentenbund.<br />

Während die beliebten b Enten<br />

Dagobert und Donald Duck<br />

das Titelbild der Erstausgabe zieren<br />

en<br />

(Zeichnung: Marco Rota), kommt in der<br />

Zweitausgabe „Hallo … hier Micky!" (Z.:<br />

Giovan Battista Carpi) die Maus zu plakativen<br />

Ehren. Auf den Innenseiten präsentieren<br />

ren<br />

sich die entsprechenden Disney-Charaktere<br />

ere<br />

in einer Reihe von Kurzgeschichten, en, die<br />

in eine Rahmenhandlung eingebettet et sind.<br />

Rasch entwickelt sich die Buchreihe mit dem<br />

hohen<br />

Spaßfaktor,<br />

deren<br />

Vorlagen<br />

über lange Zeit aus<br />

den<br />

italienischen<br />

Serien „I Classici<br />

di Walt Disney"<br />

und<br />

„Topolino"<br />

kommen,<br />

zum<br />

Bestseller.<br />

Im<br />

Jahr 1973<br />

sind<br />

bereits<br />

26 Bände im<br />

Handel<br />

erhältlich,<br />

h,<br />

wie das abgebildete Inserat zeigt.<br />

Dass die einzelnen Bände zunächst<br />

Seite 78 ■ GoodTimes 1/2013


fast immer eine inhaltliche Trennung<br />

von Enten- und Maus-Universum bieten,<br />

ist dabei ebenso eine Besonderheit<br />

wie der aus Kostengründen alternierende<br />

Abdruck einer Doppelseite in Farbe und<br />

in Schwarzweiß bis zur Nummer 118:<br />

„Donald, der Weltenbummler" vom 3.<br />

März 1987. Erwähnenswert auch, dass<br />

die Übertragungen der Comics anfangs<br />

noch von Erika Fuchs und dann über viele<br />

Jahre von „Asterix"-Übersetzerin Gudrun<br />

Penndorf angefertigt werden.<br />

<strong>Die</strong> Nummer 119 „Fern von Entenhausen", die<br />

am 21. April 1987 in den Verkauf kommt, steht<br />

in mancher Hinsicht für einen Wandel. Der bisherige<br />

Titel „Lustige Taschenbücher" wird zu „Lustiges<br />

Taschenbuch", und das Logo verändert seine<br />

Form. Vor allem erscheint das „LTB", wie es kurz<br />

genannt wird, nun aber monatlich, und zwar komplett<br />

in Farbe. Zeitgleich erlebt der Gag mit dem<br />

Buchrückenmotiv seine Premiere. So gelangen von<br />

der Ausgabe 119 bis zur 165 Teilstücke von populären<br />

Disney-Figuren vor gelbem Hintergrund zur<br />

Darstellung, was dann bei den im Regal nebeneinander<br />

gereihten Büchern ein attraktives Gesamtbild ergibt. <strong>Die</strong>se geniale<br />

Idee hat seither nichts von ihrer Faszination verloren, weswegen<br />

sie mit weiteren Illustrationen bis heute zur Anwendung kommt. Dass<br />

Donald Duck in Band 119 als Marco Polo bis nach China reist und als<br />

Dolliver Duck nach Liliput und ins Reich der Riesen kommt, ist typisch<br />

für die fantasievoll gestrickten Abenteuer der Reihe. Nicht wenige<br />

Geschichten basieren auf Vorlagen aus Literatur, Film oder Musik:<br />

„Tausendundeine Nacht" kommt als „Donald Baba" in Band 16, „<strong>Die</strong><br />

ten Anspielungen auf die wahren<br />

Liverpooler Pilzköpfe sind unverkennbar.<br />

Großer Comic-Klamauk<br />

ist, dass die vier Musiker ihre<br />

letzten gemeinsamen Aufnahmen<br />

in einem Studio in Entenhausen<br />

eingespielt und das Tonband<br />

nach heftigem Streit und<br />

Auflösung der Band ausgerechnet<br />

im Garten der Ducks vergraben<br />

haben. Bei Donalds erbärmlichem<br />

Verhältnis zum Glück kann sich<br />

jeder ausmalen, dass das<br />

wertvolle Dokument wenige<br />

Chancen auf eine behutsame<br />

Konservierung hat.<br />

Als wichtigste Protagonisten<br />

in den „LTB"-Bänden agiert natürlich die Elite der<br />

Disney’schen Comicfiguren. Auf Seiten der Enten sind das<br />

Donald Duck, Tick, Trick und Track, Daisy Duck, Onkel Dagobert,<br />

die<br />

Panzerknacker und Daniel Düsentrieb, auf Seiten der Maus<br />

heißen sie Micky, Minni, Goofy, Kommissar Hunter, das Schwarze<br />

Phantom und Kater Karlo. <strong>Die</strong> Liste der Charaktere, die in den<br />

bis dato erschienenen „LTB"-Ausgaben aufgetreten sind, umfasst<br />

freilich weit mehr als 300 Namen. Einer dieser unglaublichen<br />

Hel den ist Phantomias, das Alter Ego von Donald Duck. In<br />

der Nummer<br />

41: „Donald<br />

Im Rah-<br />

mal ganz<br />

men<br />

durchge-<br />

drei Musketiere" als „Donald und die drei Musketiere" in Band 60,<br />

anders" vom 9.<br />

hend farbig gedruck-<br />

„Carmen" und „Aida" als „Carmen olé" und „Holde Aida" in Band<br />

Au gust 1976<br />

ter Neuauflagen von<br />

älteren<br />

88, „Reise um die Erde in 80 Tagen" als „Mit 80 Talern um die<br />

ist der ewige<br />

" LTB"-Ausgaben<br />

erhielten einzelne Bände<br />

Welt" in Band 123, „Der Name der Rose" als „Im Namen der<br />

Pechvogel<br />

neue Titel, neue Titelbilder<br />

Mimose" in Band 142, „<strong>Die</strong> Abenteuer des Tom Sawyer" als<br />

in seiner<br />

und ein Buchrückenmotiv.<br />

neuenn<br />

Aus<br />

"<br />

„<strong>Die</strong> Abenteuer des Mick Sawyer" in Band 153, „Odysseus" als<br />

Donald mal ganz<br />

anders" wurde auf diese<br />

„Streit um Odysseus" in Band 224, „Der Herr der Ringe" als<br />

Rolle als<br />

Weise „Der Herr der Klinge" in Band 319 oder „Star Wars" als „<strong>Die</strong><br />

Rächer der<br />

"<br />

Jetzt kommt<br />

Phantomias!".<br />

Weltraumritter" in Band 338. Kurz gesagt, die Autoren und<br />

Armen und<br />

Zeichner, deren Namen nach Jahrzehnten des anonymen Tuns<br />

seit der Ausgabe 245 vom 31. März 1998 im „LTB" auch endlich Kater Karlo<br />

Entrechteten erstmals in Deutschland<br />

zu sehen. <strong>Die</strong> ursprüngliche Ideee<br />

genannt sind, lassen ihrem starken Einfallsreichtum freien Lauf.<br />

dazu kommt von der italienischen<br />

E<br />

Autorin Elisa Penna. Texter Guido Martina<br />

ine recht originelle Kurzgeschichte – jedenfalls aus der Sicht von und Zeichner Giovan Battista Carpi verhelfen<br />

Beatles-Fans – kommt in Band 369 zum Abdruck. Von Mark „Paperinik", wie er im Original heißt, dann<br />

und Laura Shaw geschrieben, vom italienischen Zeichner Massimo<br />

Fecchi für die am 9. Oktober 2010 erschienene<br />

im Juni 1969 zu seinem Debüt. Mit Maske,<br />

schwarzem Umhang und cooler Ausrüstung<br />

Jubiläumsausgabe „40 Jahre Walt Disney Lustiges aus der Werkstatt von Daniel Düsentrieb,<br />

Taschenbuch" in Szene gesetzt, t, bringt „Es war<br />

wozu die voll automatische<br />

genau … vor 40 Jahren"<br />

Knockout-Faust gehört, steigt<br />

ein<br />

Wiedersehen<br />

Donald zum Superhelden<br />

mit der berühmtes-<br />

von Entenhausen auf. Eine<br />

ten und erfolgreichs-<br />

Bestimmung, mit der sich auch hiesige ige Leser auf<br />

ten Rockband aller<br />

Anhieb anfreunden konnten. Folge davon: Weitere<br />

Zeiten: die Käfer. <strong>Die</strong><br />

Stories mit dem neuen Star Phantomias gehörten<br />

auf 26 Seiten gezeig-<br />

fortan zum festen Bestandteil des „LTB".


Eine Besonder heit der Reihe „Lustiges<br />

Taschen buch" ist, dass die einzelnen<br />

Bände nachgedruckt werden, sie somit<br />

für die Leser im Handel stets verfügbar<br />

sind. Zum 16. Oktober 2012 liegen exakt<br />

434 Ausgaben vor. Im Regal nehmen<br />

diese gut sieben Meter Stellfläche ein<br />

und bieten grob überschlagen an die<br />

113.000 Seiten Lektüre. Jährlich kommen<br />

13 Novitäten dazu, seit das „LTB"<br />

im Jahr 1994 sein Erscheinen auf einen<br />

vierwöchigen Rhythmus umgestellt hat.<br />

Dass es der Schmöker Monat für Monat<br />

auf gut 230.000 verkaufte Exemplare<br />

mit einer Reichweite von fast einer halben<br />

Million Leser bringt, ist bester Beleg für<br />

die<br />

enorme Popularität des Titels. 225<br />

Millionen „Lustige Taschenbücher"<br />

hat der Egmont Ehapa Verlag seit der<br />

Erstausgabe im Oktober 1967 unters<br />

Volk gebracht. Eine imposante Zahl,<br />

der Inbegriff einer Erfolgsstory. Apropos pos Erstausgabe:<br />

sgab<br />

abe:<br />

„Der Kolumbusfalter" in der ersten Auflage zum Preis<br />

von 2,50 DM und mit aufgedrucktem Micky-Maus-<br />

Kopf ist laut dem „Comic-Preiskatalog 2012" in druckfrischer<br />

Erhaltung unbegreifliche 1800 Euro wert.<br />

Vorrangigstes Motiv beim Erwerb eines „Lustigen<br />

Taschenbuchs" sind sicher die darin abgedruckten<br />

Comics. Dass eine ansprechende Verpackung,<br />

sprich ein gelungener Umschlag mit einem raffinierten<br />

Titelbild, die Kaufentscheidung erleichtert,<br />

kann jedoch nicht von der Hand gewiesen werden.<br />

Auch in dieser Hinsicht hat das „LTB" einiges zu<br />

bieten. Besondere Gestaltungen zu Jubiläen, runden<br />

Geburtstagen einzelner Hauptfiguren oder ausgefalle-<br />

nen Ereignissen haben inzwischen eine lange Tradition.<br />

Seit<br />

der Ausgabe 150, die mit dem ersten Glanzeinband<br />

aufwartete, gab es davon etliche Nachläufer: etwa die<br />

Bände 236, 239, 293 und 383 oder, ganz clever, der<br />

Jubiläumsband 369 in den beiden Varianten Gold<br />

und Silber. Optisch pfiffig muten die Bände 385<br />

mit einer Art Hologramm, 397 mit Prägedruck der<br />

Panzerknacker vor Dagoberts Geldspeicher sowie<br />

372 und 398 mit je einem 3D-Bild von Phantomias<br />

an. Das gute alte Wackelbild kommt auf dem Cover<br />

von Band 424 „Donalds Lieblinge" zum Einsatz und<br />

macht bei verändertem Blickwinkel gleich drei Motive<br />

sichtbar: Donald, Daisy und die beiden im legendären<br />

Wagen mit der Nummer 313.<br />

Das „Lustige Taschenbuch" ist in seinem 45-jährigen<br />

Bestehen am hiesigen Comicmarkt längst<br />

zu einer festen Größe mit Klassikerstatus geworden.<br />

Der Riesenerfolg enerfo<br />

der Reihe hat Egmont Ehapa immer wieder zur<br />

Produktion einer Vielzahl von weiteren Ausgaben im Stil des „LTB"<br />

ermutigt, die neben bekanntem Material auch bisher unveröffentlichte<br />

Comics bieten. Namentlich erwähnt seien die Titel „LTB Spezial", die<br />

„LTB Enten-Edition", die „LTB Maus-Edition", das „LTB Weihnachten",<br />

das „LTB Premium" (in dem Phantomias, Supergoof und einige<br />

andere Superhelden von Entenhausen das Sagen haben) oder die<br />

ambitionierte, iert<br />

seit Mitte des Jahres 2009 erscheinende ende<br />

„LTB English<br />

Edition". Bei den so genannten Jubiläums- oder Sondereditionen,<br />

die bis dato stets mit vier Bänden aufgelegt wurden,<br />

gibt<br />

es inzwischen isch<br />

fünf Sammelboxen zu den Themen<br />

„40 Jahre LTB: 1967–2007", „Happy<br />

Birthday Micky: 1928–2008", „Donald<br />

Duck: 75 Jahre Spaß", „Das Beste aus<br />

LTB 1–400" und „<strong>Die</strong> Panzerknacker: 60<br />

Jahre knackige Zeiten". Eine sechste Box<br />

ist<br />

zum Jahresende 2012 in Vorbereitung<br />

und rückt die reichste Ente der Welt in den<br />

Mittelpunkt: „65 Jahre Dagobert Duck".<br />

Damit nicht genug, bietet auch die<br />

Ehapa Comic Collection – das ist die<br />

Verlagsmarke von Egmont Ehapa, die für<br />

den<br />

Buchhandel produziert – in ihrem<br />

Programm eine Menge von Disney-Titeln.<br />

Eine<br />

der gelungensten Buchreihen der jüngeren<br />

Vergangenheit ist mit „Enthologien"<br />

überschrieben und umfasst aktuell 14 Bände.<br />

<strong>Die</strong> Comics in diesen bis zu 456 Seiten starken Wälzern<br />

sind aus dem „Lustigen Taschenbuch" und dessen<br />

Spin-offs kompiliert, werden hierfür aber nach Themen<br />

geordnet. Enten- und Maus-Fans (denn auch Micky<br />

und die Seinen sind in diesen Geschichten vertreten)<br />

aller Altersstufen garantieren diese attraktiv gestalteten<br />

Hardcover-Ausgaben gute Unterhaltung. Momentan gibt<br />

es sogar Überlegungen in den Redaktionsstuben der ECC,<br />

das „LTB" als Buchhandelsausgabe mit festem Einband<br />

zu produzieren. Am Konzept, so heißt es, wird gearbeitet,<br />

ein Erscheinungsdatum ist aber noch nicht gewiss.<br />

• Buch 1: Duckanchamun I – Im Tal der Enten<br />

• Buch 2: Duckanchamun II – Im Zeichen der Sphinx<br />

• Buch 3: Ente in Antik – Orakel und andere<br />

Debakel<br />

• Buch 4: Cowboys, Enten und Indianer –<br />

High Noon in Entenhausen<br />

• Buch 5: Enten entern! – Meuterei auf der Mounty<br />

• Buch 6: So ein Theater! – Donald setzt sich in Szene<br />

• Buch 7: NullNull Duck – Quak niemals nie!<br />

• Buch 8: Mitten ins Herz! – Liebesgrüße aus<br />

Entenhausen<br />

• Buch 9: Enten, Mäuse und Moneten –<br />

Geschichten rund ums Geld<br />

• Buch 10: Huch! – Gänsehaut in Entenhausen<br />

• Buch 11: Hex! Hex! – Zauberhaftes<br />

Entenhausen<br />

• Buch 12: Enten im All – Donaldchens<br />

Mondfahrt<br />

• Buch 13: Anas sapiens – Vom Nest in die Höhle<br />

• Buch 14: Ritter Donalds Schwafelrunde<br />

– Minnesang und Entenlyrik<br />

Abbildungen: © Disney 2012/Egmont Ehapa Verlag GmbH<br />

Seite 80 ■ GoodTimes 1/2013


<strong>kult</strong>! Bücher<br />

Von Alan Tepper<br />

Für den Winter ist eine Offensive der Lesegeräte geplant.<br />

Texte, die nicht mehr unter das Copyright fallen, sollen in<br />

monströs großen Medienpaketen unters Volk gebracht werden,<br />

so dass man "<br />

Viel" für sein Geld bekommt. Angeblich sollen<br />

Geiz ja immer noch geil sein und die Quantität über der Qualität<br />

stehen. Doch mal ehrlich – ist es nicht wichtiger, sich mit einem<br />

ausgewählten Buch zu befassen, sich in eine Atmosphäre<br />

Kultbücher – Geschätzt, geliebt, gelobt<br />

hineinfallen zu lassen, es zu genießen, sich inspirieren oder<br />

einfach nur unterhalten zu lassen? Durch ein Überangebot wird<br />

die Wahl nur erschwert, die Einzigartigkeit von Literatur auf ein<br />

Ramschniveau gedrückt. Da ziehe ich doch lieber den Gang<br />

zur ortansässigen Buchhandlung vor, in der man von fachkompetenten<br />

Angestellten beraten wird und ein ganz besonderes<br />

Schätzchen entdeckt ...<br />

Bram Stoker – "<br />

Dracula"<br />

Abraham („Bram") Stoker wurde am 8.11.1847 nahe Dublin geboren<br />

und verstarb am 20. April 1912 in London. Er studierte am Trinity-<br />

College und leitete einige Jahre das Londoner Lyceum Theatre. <strong>Die</strong><br />

wenigen Kurzgeschichten und Romane des Autors werden von seinem<br />

Meisterwerk „Dracula", dessen Erfolg erst nach seinem Tod einsetzte,<br />

blutrot überstrahlt. Mittlerweile hat der Vampir Einzug<br />

in die Gegenwarts<strong>kult</strong>ur genommen, ja, er erlebt sogar<br />

seit mehreren Jahren ein ungeahntes Revival. Anne<br />

Rice und ihr „Gespräch mit einem Vampir" (1976)<br />

legte den Grund-Grabstein für die Rückkehr der<br />

Untoten, die durch viele Filme, unter anderem sind die<br />

Reißer mit Christopher Lee von Hammer Productions<br />

erwähnenswert, mittlerweile ein Eigenleben entwickelt<br />

haben. <strong>Die</strong> „Blut-Serie" von Kim Harrison, Charlaine<br />

Harris’ i’Romane und vor allem die „Bis(s)"-Bücher von Stephenie Meyer<br />

und die darauffolgenden Kino-Blockbuster lassen den tageslichtscheuen<br />

Unhold und seine zahlreichen Nachkommen nicht zur Ruhe kommen.<br />

Doch Stokers Roman ist nach wie vor unübertroffen. Obwohl es nicht der<br />

erste Text war, der einen Vampir porträtierte, überzeugt der Stoff durch<br />

die dichte, düstere Atmosphäre und die sich stetig steigernde Spannung<br />

– und das auf über 500 Seiten. Ein weiteres Stilmerkmal sind die verschiedenen<br />

Perspektiven, die Stoker durch individuelle Tagebucheinträge<br />

der Protagonisten vermittelt. „Dracula" beginnt mit der Reise Jonathan<br />

Harkers, der mit dem Grafen Dracula über den Ankauf eines Hauses in<br />

London verhandelt. Nach einiger Zeit erkennt Harker, dass er es mit<br />

einem Vampir zu tun hat, aber kann unbehelligt flüchten. Doch Dracula<br />

folgt ihm nach London, wo er sein finsteres Treiben fortsetzt, sich eine<br />

Gefolgschaft aufbaut und in Harkers Braut verliebt und sie gefügig macht.<br />

Harker und seine Freunde verbünden sich mit dem Gelehrten Professor<br />

van Helsing, und schon beginnt der Kampf mit Kruzifixen, geweihten<br />

Hostien – und – klaro – Knoblauch. Obwohl der Stoff schon häufig seziert<br />

und in verschiedensten Medien „serviert" wurde, hat noch niemand die<br />

klaustrophobe Eindringlichkeit des Originals übertroffen.<br />

J.R.R. Tolkien – "<br />

Der Hobbit oder hin und zurück"<br />

John Ronald Reuel Tolkien (3.1.1892–2.9.1973) hat mit seiner Trilogie<br />

„Der Herr der Ringe" das zentrale Werk der modernen Fantasy verfasst.<br />

Neben „Das Silmarillion" gehört auch „Der Hobbit" zu seinen wichtigsten<br />

Veröffentlichungen. Da das Buch aktuell von Regisseur<br />

Peter Jackson als Dreiteiler verfilmt wird, wird sicherlich<br />

das einstmals als Kinderbuch – was es nun nicht mehr ist<br />

–<br />

konzipierte Werk, das vom Autor überarbeitet wurde,<br />

eine Renaissance erleben. Es spielt in Mittelerde und<br />

handelt von Bilbo Beutlin, der vom Zauberer Gandalf<br />

und 13 Zwergen aufgesucht wird. Es ist der Beginn<br />

einer ereignisreichen und gefährlichen Reise, bei der dem<br />

Drachen Smaug ein gestohlener Schatz abgejagt werden<br />

soll – und ja, auch ein geheimnisvoller Ring taucht auf, der im epochalen<br />

Nachfolgewerk „Der Herr der Ringe" die entscheidende Rolle spielen wird.<br />

Zwar hat „Der Hobbit oder hin und zurück" nicht die Magie der Ring-<br />

Trilogie, eignet sich aber als Einstieg in das Universum Tolkiens, der mit<br />

seinen Werken Generationen verzauberte – und das nicht nur in den verrückten<br />

Hippie-Sechzigern, sondern auch in den letzten Jahren.<br />

Ray Bradbury – "<br />

Fahrenheit 451"<br />

Am 6. Juni diesen Jahres, einen Tag nach dem Tod von Ray Bradbury<br />

(geb. 22.8.1920), gedachte der amerikanische Präsident Barack<br />

Obama des talentierten Autors, der „unsere Kultur neu erschuf und unsere<br />

Vorstellungswelt erweiterte". Obwohl Bradbury hervorragende Science-<br />

Fiction-Romane wie zum Beispiel „Der tätowierte Mann", verfilmt 1968,<br />

oder die „Mars-Chroniken" verfasst hatte, steht sein<br />

Name synonym mit „Fahrenheit 451" (1953), das<br />

zusammen mit George Orwells „1984" und Aldous<br />

Huxleys „Schöne neue Welt" zu den wichtigsten<br />

Dystopien (Anti-Utopien) des 20. Jahrhunderts zählt.<br />

Der Regisseur François Truffaut verfilmte das Werk 1966<br />

meisterhaft, doch konnte er nicht die Eindringlichkeit<br />

des Romans wiedergeben. „Fahrenheit 451" – das ist<br />

die Temperatur, bei der Bücher Feuer fangen und lichterloh<br />

lhverbrennen. Guy Montag gehört zu den Feuerwehrmännern, die in<br />

einem autoritären Staat in der nahen Zukunft nicht die Aufgabe haben,<br />

Feuer zu bekämpfen, sondern sie zu legen, um Bücher zu verbrennen,<br />

die – wie ihm sein Vorgesetzter Captain Beatty erklärt – die Menschen<br />

nur verwirren und mit unnötigen Ideen und Gedankenwelten konfrontieren.<br />

Der neue Staat will seine Bürger unter allen Umständen ruhigstellen<br />

und wehrt sich gegen subversives Gedankengut. Montag lernt das junge<br />

Mädchen Clarisse McClellan kennen, die „verrückt" ist und sich mit unnötigen<br />

Perspektiven „abplagt". Zunehmend entwickelt sich Montag zum<br />

Außenseiter, beginnt zu lesen und muss schließlich sein eigenes Haus<br />

entzünden. Als Staatsfeind wird er gejagt und flüchtet in die Wildnis, wo<br />

er auf eine Gruppe Menschen trifft, die zu lebendigen Büchern geworden<br />

sind, also Werke auswendig gelernt haben, um sie der Nachwelt zu bewahren.<br />

„Fahrenheit 451" kann multipel ausgedeutet werden, und zwar als<br />

Warnung vor autoritären Systemen, als Angriff auf die Konsumgesellschaft<br />

oder als „feuriges" Pamphlet für die Bedeutung der Imagination. Eines ist<br />

aber sicher: Das Werk belegt erneut die Bedeutung der Science-Fiction als<br />

literarisches Genre, da hier Visionen, Spekulationen und Extrapolationen<br />

ideal umgesetzt werden können.<br />

Albert Camus – "<br />

Der Fremde"<br />

Neben Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir zählt Albert Camus<br />

(7.11.1931–4.1.1960) zu den wichtigsten Vertretern des französischen<br />

Existenzialismus, obwohl er sich selbst lieber als autonomen<br />

Philosoph bezeichnete. Ihm wurde 1957 der Literaturnobelpreis verliehen.<br />

Neben „Der Mythos des Sisyphos", „Der Mensch<br />

in der Revolte" und „<strong>Die</strong> Pest" gehört „Der Fremde"<br />

aus dem Jahr 1942 zu seinen zentralen Werken.<br />

In dem Roman schildert Camus die Geschichte des<br />

unbedeutenden Angestellten Meursaults, ein stark<br />

ausgeprägtes Individuum, der durch eine schicksalhafte<br />

Wendung zum Mörder wird. Er erkennt die<br />

Absurdität und letztendliche Sinnlosigkeit des Lebens<br />

in einer Gesellschaft, die dem Einzelnen Normen<br />

und Verhaltensmuster überstülpt. Dadurch beginnen<br />

ein Prozess der inneren Befreiung und die Erkenntnis des Selbst. Als<br />

Meursault kurz vor seiner Hinrichtung mit einem Geistlichen spricht,<br />

erläutert er seine neu gefundene Perspektive. Ein Monumentalwerk, das<br />

zum Denken und Philosophieren anregt.<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 81


Gerüchte, Mythen, Märchen:<br />

Wie der Rock-Fan in der DDR<br />

Geschichten über seine Stars erfand<br />

Elvis, die Beatles, Kiss oder die Sex Pistols – Objekte<br />

der Begierde. Es genügte den Fans nie, nur die Musik<br />

ihrer Lieblinge zu konsumieren. Das Drumherum war<br />

mindestens genauso spannend, und es lieferte den Stoff<br />

für hitzige Schulhofgespräche, stundenlange Debatten<br />

auf Partys. <strong>Die</strong> Halbwüchsigen zwischen Westerland<br />

und Bodensee wurden regelmäßig gefüttert: Was mit<br />

der "<br />

Bravo" in den 50ern begann, wurde spätestens in<br />

den 70ern mit einer Vielzahl an Musikzeitschriften zu<br />

einem eigenen Wirtschaftszweig. Das Radio versorgte die<br />

Infizierten mit den neuesten Hits, das TV zeigte die Stars<br />

in Bewegung, und Vinyl gab es irgendwann im Überfluss.<br />

Zwischen Hiddensee und Fichtelberg sah es hingegen<br />

ganz anders aus.<br />

Der Rock-Fan in der DDR wurde kurz<br />

gehalten. <strong>Die</strong> 60er waren eine reine<br />

Ödnis. Einzige Musikzeitschrift: die<br />

„Melodie & Rhythmus". Sie wandte<br />

sich genau wie das Jugendmagazin<br />

„Neues Leben"<br />

erst in den 70ern<br />

verstärkt populären<br />

internationalen Künstlern zu.<br />

Infos gab es zwar, diese hinkten<br />

den realen Ereignissen aber meist<br />

Monate, ja manchmal Jahre hinterher.<br />

Und nicht selten verstärkten<br />

die Geschichten in den Blättern das, was in<br />

Ostdeutschland sich um die Stars in einem schier<br />

unerschöpflichen Ausmaß rankte: Gerüchte, Mythen<br />

und Märchen.<br />

Wenngleich die Beatles und die Rolling Stones unbestritten<br />

als die Bands mit der größten Popularität<br />

betrachtet werden können, dürften Kiss bei den<br />

windigen Stories, die über sie in den 70ern und frühen 80ern in der<br />

DDR kursierten, die Nase vorn gehabt haben. Der Umstand ergab sich<br />

nicht zuletzt daraus, dass das US-amerikanische Heavy-Metaltheater<br />

in den Ost-Medien nicht stattfand. Wer Musik der Band hören wollte,<br />

musste seine Westverwandtschaft angraben – so er welche hatte – oder<br />

jemanden kennen, der jemanden kannte, der jemanden kannte, der<br />

Kiss-LPs besaß. <strong>Die</strong> wahrscheinlichste<br />

Möglichkeit, Kiss-Musik aufs eigene<br />

Tape zu bannen, war das Überspielen<br />

der vermutlich<br />

73. Kopie<br />

eines Songs,<br />

der meist<br />

nicht mehr preisgab als die Bassdrum<br />

und ein melodiöses Gegrummel, das<br />

dem Geräusch von in einem Plastekarton<br />

geschüttelten Wackersteinen nahekam.<br />

Und irgendwann machte sich unter<br />

den Musikkopierern die Ansicht breit,<br />

sie würden beim Überspielen von<br />

"Love Gun" bereits mit einem Bein im<br />

Knast stehen. Kiss seien Nazis, hieß<br />

es. Deshalb hätten die Kulturoberen<br />

die Band verboten. Wer<br />

erwischt würde: Stasi-<br />

Haft. <strong>Die</strong> Debatten in<br />

den Westmedien über<br />

das Kiss-Logo mit<br />

den beiden runenartigen<br />

„S" gossen Öl ins<br />

Feuer. Zitat aus dem<br />

„Spiegel" im Mai 1980:<br />

„<strong>Die</strong> ‚SS-Schergen des<br />

Rock'n'Roll' (‚Neue<br />

Zürcher Zeitung'),<br />

die mit infernalischem<br />

Show-Gebaren<br />

und faschistischem<br />

Gestus bundesdeutsche<br />

Teenies im<br />

Blitzkrieg eroberten,<br />

führen die Nazi-Runen<br />

im Namenszug." Es<br />

wurde in dem Polit-<br />

Magazin darüber sinniert,<br />

dass die bundesdeutsche<br />

Justiz bei der<br />

Verwendung der „SS"-<br />

Rune mit zweierlei Maß messe und das Beispiel eines politischen<br />

Aktivisten angeführt, der 300 Mark Strafe wegen des Tragens eines<br />

Anti-Strauß-Stickers zahlen musste, auf dem das „ß" zum Doppel-S<br />

in Runenschrift umfunktioniert worden war. „Neues Leben" griff diese<br />

Nazi-Diskussion begierig auf und veröffentlichte zwei Seiten, die einen<br />

Gene Simmons in jener bizarren Pose zierten, die der Bassist einnimmt,<br />

wenn er bei Live-Konzerten zum Song "God Of Thunder" unter das<br />

Hallendach auf eine Plattform gehievt wird. Da war es: Das erste<br />

Kiss-Bild in einer ostdeutschen Zeitung. Den Aufklärungsartikel – der<br />

dem Quartett bestenfalls die musikalische Qualität einer drittklassigen<br />

Schülercombo beschied – werden viele gar nicht oder nur oberflächlich<br />

gelesen haben. Das Gene-Simmons-Bild hat sich aber vermutlich fast<br />

jeder Bezieher der Zeitschrift ausgeschnitten.<br />

Zu jenem Zeitpunkt hatte das Faschismus-Märchen, das sich um Kiss<br />

rankte, merkwürdige und auch nicht ungefährliche Blüten getrieben.<br />

So hieß es zum Beispiel, die US-Rocker würden ihre Konzerte mit<br />

der Aufforderung „Wollt ihr den totalen Krieg?" beginnen. Beweisen<br />

konnte das zwar niemand, wer<br />

allerdings den „Hottest band in<br />

the world"-Spruch zu Beginn<br />

der ALIVE-Alben in der bereits<br />

erwähnten Rumpelqualität auf<br />

einer Kassette hatte, wusste<br />

dem aber auch nichts entgegenzuhalten.<br />

Denn was da<br />

wirklich in die Massen gebrüllt<br />

wurde, war eh nicht zu verstehen.<br />

Hartnäckig hielt sich auch<br />

das kuriose Gerücht, es gebe<br />

einen Kiss-Titel, der "Bombs<br />

Over London" lautete und die<br />

Bombardierung der englischen<br />

Hauptstadt durch die deutsche<br />

Luftwaffe im Zweiten<br />

Seite 82 ■ GoodTimes 1/2013


Blue Öyster Cult Standarten am bandeigenen<br />

Pkw vor, die ein ok<strong>kult</strong>es Symbol trugen.<br />

Da war der Bezug schnell hergestellt:<br />

Standarte Symbol Ok<strong>kult</strong>ismus Himmler-SS.<br />

Heavy-Metalbands standen eine Zeitlang<br />

eh unter Generalverdacht, bevor sie von den<br />

Punks abgelöst wurden.<br />

Das Dämonisieren einiger Idole aus dem<br />

Westen in den Ostmedien ging grundsätzlich<br />

nach hinten los. <strong>Die</strong> Nazi-Keule gegen diverse Rocker sorgte nicht<br />

Blue Öyster Cult<br />

etwa zur angewiderten,<br />

ideologisch motivierten<br />

Abkehr der Fans, sondern<br />

trieb den in den<br />

Fokus gestellten Bands<br />

weitere Anhänger zu.<br />

<strong>Die</strong> genannten Blue<br />

Öyster Cult waren bis<br />

zu dem erwähnten<br />

Zeitschriftenbeitrag in<br />

der DDR nahezu unbekannt.<br />

In Cliquen, die härtere Musik bevorzugten, stieg danach der Anteil<br />

der BÖC-Neugierigen zusehends.<br />

Weltkrieg verherrlicht haben soll. Unter den Anhängern der Band<br />

wurde das Stück gesucht wie weiland der Heilige Gral von König Artus'<br />

Rittern der Tafelrunde.<br />

Da war es am Ende nur eine Frage der Zeit, bis sich in die Anhängerschaft<br />

von Kiss vermehrt Leute mischten, die die Band weniger wegen ihrer<br />

Musik verehrten. Neo-Nazis, die es hüben wie drüben gab, fühlten sich<br />

angezogen. Und so kam es schon mal vor, dass sich Bewunderer der<br />

NS-Ideologie mit dem Kiss-Logo schmückten oder sogar zu fanatischen<br />

Fans des Quartetts mutierten, um dabei dem Nazi-Mythos um die Band<br />

noch mehr Futter zu geben.<br />

Der zunehmende Zugang der DDR-Bevölkerung zu Westmedien – die<br />

Hauptstädter waren mit West-Berlin in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft<br />

immer in einer bevorzugten Ausnahmesituation gewesen – entzog schließlich<br />

den Gerüchteküchen mehr und mehr<br />

die Gewürze, was sich letztlich auch im<br />

Umgang mit Kiss zeigte, die zu Beginn<br />

der 80er mit "I Was Made For Lovin'<br />

You" in den Jugendsendungen des<br />

Rundfunks hoch- und runtergenudelt<br />

wurden. Und die ebenfalls in dieser Zeit<br />

einsetzende Verkabelung ausgesuchter<br />

Gebiete (Neubrandenburg machte den<br />

Anfang) trug das Westfernsehen in die<br />

guten Stuben.<br />

Der staatstragende Antifaschismus der<br />

DDR heftete sich für eine gewisse Zeit<br />

auch an die Fersen von Nazareth und<br />

Blue Öyster Cult. <strong>Die</strong> Blues-Rocker fielen<br />

mit ihrem Platten-Cover für NO MEAN CITY unter den Nazi-Verdacht.<br />

Wo damals der „Enthüllungsartikel" erschien, ist bedauernswerterweise<br />

der Vergessenheit anheimgefallen. Dem Duktus der ungeprüften<br />

Denunziation nach zu urteilen, könnte aber durchaus einmal mehr das<br />

Jugendheft „Neues Leben" seine Finger im Spiel gehabt haben. Während<br />

Nazareth ihrem Monster auf der LP-Hülle vermutlich eine zu sehr an einen<br />

Wehrmachtshelm erinnernde Kopfbedeckung verpasst hatten, warf man<br />

Foto: © Zill/Bildarchiv Hallhuber<br />

Nazareth<br />

<strong>Die</strong> Gerüchte über das Gebaren diverser Punkprotagonisten kamen<br />

schnell auf. Als sich die Medien im Westen und im Osten in der<br />

Bewertung der neuen Jugendsub<strong>kult</strong>ur noch einig waren, fand man<br />

in DDR-Beiträgen über die respektlosen und destruktiven Bands aus<br />

Großbritannien häufig Zitate und Fotos aus BRD-Zeitschriften. Logisch,<br />

dass die Begeisterung der gerade im realen Sozialismus heranwachsenden<br />

neuen Generation keine Grenzen kannte. <strong>Die</strong> ersten Punkcliquen<br />

streiften beinahe ebenso zeitig durch die ostdeutschen Großstädte wie<br />

jenseits des Eisernen Vorhangs durch die Westmetropolen. Und wer<br />

aufpasste, wurde sogar im Jugendfunk mit Musik versorgt. Auf Stimme<br />

der DDR, ein Sender, der allabendlich ab 19 Uhr die unterschiedlichsten<br />

Formate für Jugendliche anbot, lief ein Special über die Sex<br />

Pistols und ihre Wirkung auf die Musikindustrie. Zu jenem Zeitpunkt<br />

hatten Senderverantwortliche – sicherlich im Verbund mit den halbwegs<br />

zurechnungsfähigen Kulturniks – die Punkbewegung als ein<br />

antikapitalistisches Phänomen wahrgenommen, was Namen wie The<br />

Clash, Sid Vicious, The Damned oder Tenpole Tudor auch ins Ostradio<br />

hob. <strong>Die</strong> Stories über Skandale oder Ereignisse flossen aber weiter<br />

spärlich. Also verpassten die Fans ihren Idolen jene Zügellosigkeit, die<br />

sie selbst gern ausgelebt hätten. Manchmal kamen die Geschichten<br />

der Wirklichkeit nahe, oft schossen sie weit übers Ziel hinaus. Zum<br />

Beispiel die imaginäre Fäkalaktion eines Johnny Rotten, der angeblich<br />

vor Publikum seine Hose heruntergelassen und unmittelbar neben dem<br />

Mikroständer seinen Darm entleert haben sollte. Bezeichnend dabei<br />

die Gleichgültigkeit, mit der diese<br />

Räuberpistole weitererzählt wurde.<br />

Denn vorstellen konnte sich das vermutlich<br />

niemand.<br />

Dass die Fans aber auch mit dieser<br />

unappetitlichen Geschichte näher am<br />

Geschehen waren, als sie es selbst für<br />

möglich gehalten hätten, belegte in<br />

den späteren 80ern ein Typ namens<br />

GG Allin, der sogar das Publikum<br />

in der ersten Reihe an seinen<br />

Verdauungsvorgängen teilhaben ließ.<br />

Allin starb 1993 an einer Überdosis<br />

Heroin.<br />

<strong>Die</strong> Rolling Stones und die DDR verbindet auf jeden Fall das Debakel<br />

vom 7. Oktober 1969. Eigentlich Republikgeburtstag und Feiertag,<br />

machte das Gerücht die Runde, Jagger & Co. würden auf dem Dach des<br />

Springer-Verlagshauses unmittelbar an der Mauer ein Konzert geben.<br />

Der Staatsmacht blieb die Ankündigung nicht verborgen, und so<br />

zogen am Abend – als die staatlichen Feierlichkeiten in der Hauptstadt<br />

ihrem Höhepunkt entgegengingen – neben hunderten Stones-Fans<br />

GoodTimes 1/2013 Seite 83


Foto: © Bernd Woick<br />

Zu Hunderten zog es ostdeutsche Stones-<br />

Fans am 7. Oktober 1969 an die Mauer.<br />

auch Polizeieinheiten zum<br />

Spittelmarkt, von wo aus<br />

man das Verlagshaus bestens<br />

einsehen konnte. Als die<br />

Uniformierten versuchten, die<br />

Musikbegeisterten abzudrängen,<br />

kam es zu Ausschreitungen.<br />

120 junge Leute wurden festgenommen.<br />

Dabei war ein Stones-Konzert<br />

nie geplant gewesen. Das<br />

Gerücht basierte auf der zwei<br />

Wochen zuvor salopp dahingeplapperten<br />

Vorstellung eines Rias-<br />

Moderators, der es witzig gefunden<br />

hätte, wenn die Rolling Stones ausgerechnet<br />

zum 20. Geburtstag der DDR<br />

auf dem Springer-Dach ein Konzert<br />

gäben.<br />

<strong>Die</strong> DDR stand mit den Stones sehr<br />

lange auf Kriegsfuß. Sie seien verboten, hieß es oft. Doch<br />

ganz so einfach war das nicht. Und das wussten auch die<br />

Jugendlichen, weshalb man sich die Abstinenz der britischen<br />

Band in den sozialistischen Medien mit der Klausel<br />

des „Unerwünschten" erklärte. Erzählte ein Schlaumeier<br />

beim Lauschen von "Angie" mal wieder, dass man ja gerade<br />

etwas Gefährliches täte, da die Rolling Stones verboten<br />

seien, wusste ein noch größerer Schlaumeier: „Verboten<br />

sind die nicht. <strong>Die</strong> sind nur unerwünscht." Was es damit<br />

auf sich hatte, war niemandem bekannt. Aber auf jeden<br />

Fall fühlte sich nach diesem Spruch jeder der Anwesenden<br />

wieder inmitten der Legalität.<br />

Mick Jagger war für den sehnsüchtig auf die westlichen<br />

Stars und ihre ausgelebte Individualität blickenden<br />

ostdeutschen Teenager das Symbol rebellischer<br />

Freiheit schlechthin. Bei dem Sänger der damals lautesten,<br />

wildesten, schmutzigsten, aggressivsten und was<br />

nicht alles Band der Welt hielt man alles für möglich.<br />

Und als in einem analytischen Beitrag einer DDR-<br />

Zeitung über Rockmusik als Zeichen des Niedergangs<br />

des Kapitalismus die in drastischen Bildern beschriebene<br />

Live-Performance Jaggers mit „und erhob sich schnaufend<br />

zu einem Geschlechtsakt" endete, traute man ihm<br />

auch Masturbation in aller Öffentlichkeit zu.<br />

Als mindestens „unerwünscht" galt unter den wissenden Rock-Fans der<br />

Titel "Moscow" von – ja von wem eigentlich? Kiss? Würde passen, denn<br />

die waren ja eh die Bösen. Wonderland? Klang wie ein Fantasiename aus<br />

der Mythen-Ecke, weil niemand so recht zu wissen schien, wer den Song<br />

denn nun eigentlich sang. Aber auf jeden Fall war das Lied ein heißes<br />

Eisen. Weshalb sich scheinbar niemand die Mühe machte, den Text zu<br />

übersetzen, um das Rätsel um die düstere Stimmung im Zusammenhang<br />

mit dem Fanal des Kommunismus – also Moskau – zu lösen, wird eines<br />

der ungelösten Rätsel der Rockhistorie bleiben. Wer sich aber nur annähernd<br />

eine Vorstellung machen möchte, wie im Osten um Stars und<br />

Foto: © Bernd Woick<br />

Foto: © Bernd Woick<br />

Jubelfeier am Alex, die DDR<br />

feiert ihr 20-jähriges Bestehen<br />

Foto: © Bernd Woick<br />

Musik ein unergründliches Mysterium entstand, sollte<br />

den Film „Sonnenallee" schauen, wo auch Wonderlands<br />

"Moscow" zwei sehr ulkige Auftritte hat.<br />

Der illegale Handel mit Gruppenfotos und ominösem<br />

Merchandisingmaterial blühte. Wer eine „Bravo" besaß,<br />

in der es reichlich Bildmaterial gerade angesagter Acts<br />

gab, hatte die Lizenz zum Gelddrucken. <strong>Die</strong> Motive<br />

wurden abfotografiert, vervielfältigt und verkauft. Dabei<br />

wirkten die Stars auf den oft recht miserabel aufbereiteten<br />

Schwarzweiß-Darstellungen cooler als im Original.<br />

Es blieb immer noch Raum für Interpretationen, die<br />

Qualität der Fotos hatte den Ruch des Verbotenen, und<br />

sie öffneten die Tür in eine unerreichbare Welt nur einen<br />

winzigen Spalt.<br />

Besonders beliebt: die Kassettenbilder. Das<br />

waren Fotografien, die wegen ihrer Größe genau<br />

unter das Sichtfenster einer Kassettenhülle<br />

passten. Von Landstrich zu Landstrich wurden<br />

dafür unterschiedliche Preise gezahlt. 20<br />

Ost-Mark waren aber keine Seltenheit. Für das<br />

gleiche Geld konnte man bereits eine LP des<br />

staatlichen Amiga-Labels erstehen und hatte<br />

sogar noch vier Mark übrig. Drei Motive seien<br />

als Beispiele für das Eigenleben dieses Marktes<br />

genannt, auf dem in den verschiedenen Regionen der<br />

Arbeiter- und Bauern-Republik zahllose Geschichten<br />

erzählt werden können, die aber regional begrenzt<br />

wirkten. Da wäre das Mülltonnenfoto von Uriah Heep.<br />

Vermutlich stand wie so oft ein Poster Pate, das die<br />

Band herumlungernd in einem spärlich eingerichteten<br />

Raum zeigte. <strong>Die</strong> Unterbelichtung stellte die<br />

Möbel fast einheitlich schwarz dar, weshalb Heep<br />

auf einer Müllhalde<br />

abgelichtet worden<br />

zu sein schienen. <strong>Die</strong><br />

Vorlage dürfte nicht halb so spektakulär<br />

gewirkt haben.<br />

Dann das Nude-Poster von Queen,<br />

das die Band eng beieinanderstehend<br />

mit freiem Oberköper zeigte.<br />

Als blasse Schwarz-weiß-Kopie<br />

ragte einzig der zu allem Überfluss<br />

im oberen Motivbereich angeordnete<br />

Roger Taylor mit seinem hellen<br />

Haar heraus. Und wer auf einem<br />

Bandbild am meisten auffällt, ist<br />

der Sänger. Das war ein ungeschriebenes<br />

Gesetz. Schon kursierte die<br />

Vorstellung, die glasklare bis in die höchsten Töne hinaufsteigende<br />

Frontstimme der neuen Superstars gehöre dem blonden Schönling.<br />

Und schließlich das Empire-State-Building-Motiv von Kiss, womit<br />

wir wie der<br />

bei jener<br />

Band wären,<br />

die am<br />

Anfang der<br />

Geschichte<br />

stand. <strong>Die</strong><br />

wie Außerirdische<br />

wirkenden<br />

Typen<br />

konnte man sich<br />

nicht einfach so<br />

ansehen. Der Betrachter wurde geradezu zum Spinnen gezwungen.<br />

Und so besagt die Legende, die vier Musiker hätten unter Lebensgefahr<br />

das Foto von sich schießen lassen. Paul Stanley sei sogar beinahe hinabgestürzt,<br />

konnte aber gerade noch so vor dem Tod gerettet werden.<br />

Im Westen war halt alles möglich.<br />

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.<br />

Jens-Uwe Berndt<br />

Seite 84 ■ GoodTimes 1/2013


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GoodTimes 1/2013 ■ Seite 85


J.R.R. Tolkien<br />

Ein<br />

Oxford-<br />

Professor<br />

im Reich<br />

der<br />

Fantasy<br />

„In einem Loch im Boden, da lebte ein Hobbit.” <strong>Die</strong>se Worte standen am Anfang einer<br />

literarischen Lawine. Mit ihnen wurde die Begründung eines komplett neuen Genres<br />

eingeleitet, ein Kult ohnegleichen, der bis heute Bestand hat. Aufgeschrieben hat diesen<br />

mittlerweile legendären Satz zu Beginn der 1930er Jahre ein damals knapp 40-jähriger<br />

Oxford-Professor namens John Ronald Reuel Tolkien. „Ich wusste nicht, warum ich das<br />

getan hatte, ich weiß es auch jetzt noch nicht”, bekannte der Engländer viel später, „ich<br />

wusste nur, dass ich damit eine Saga begründet hatte, was ich lange Zeit nicht wahrhaben<br />

wollte und was ich nie beabsichtigt hatte.”<br />

JR.R. Tolkien erblickte am 3. Januar 1892 als Sohn des englischen<br />

Bankangestellten Arthur Tolkien und der englischen Hausfrau Mabel<br />

. Tolkien im südafrikanischen Bloemfontein das Licht der Welt. Mabel<br />

behagte das Klima an dem exotischen Ort bald nicht mehr, zudem litt<br />

sie unter Einsamkeit – Gründe genug für die junge Frau von Anfang<br />

20, im April 1895 mit John und seinem mittlerweile geborenen, zwei<br />

Jahre jüngeren Bruder Hilary Arthur Reuel einen Dampfer zurück in die<br />

britische Heimat zu besteigen. J.R.R. würde fortan bis an sein<br />

Lebensende in England sein Zuhause haben. Der spätere<br />

Oxford-Professor für Philologie war definitiv ein<br />

Sprachgenie, beherrschte Latein und Altgriechisch<br />

in allen Finessen, auch Deutsch und andere germanische<br />

Sprachen waren ihm vertraut, er beherrschte<br />

leidlich Französisch, Spanisch und Italienisch, zudem<br />

brachte er sich selbst Altisländisch, Walisisch, Gotisch,<br />

die Grundzüge des Finnischen sowie alte Formen des<br />

Englischen bei. Wobei Tolkien an die Grammatik<br />

als Wissenschaftler heranging. Sie im Gespräch zu<br />

verwenden, fiel dem eher Introvertierten meist<br />

schwer. Ähnlich wissenschaftlich kreierte er auch<br />

die Fantasiesprachen in seinen Büchern, für eine<br />

profane Unterhaltung waren diese kaum zu<br />

gebrauchen. Tolkiens literarischer Output ist eher<br />

bescheiden: Neben einigen Kurzgeschichten,<br />

Novellen und Gedichten besteht sein Hauptwerk<br />

letztlich aus drei Romanen. Zum einen dem<br />

eher fragmentarischen Wälzer „Das Silmarillion”,<br />

dann dem Kinder- und Jugendbuch „Der Hobbit” und schließlich h dem<br />

Megaseller „Der Herr<br />

der Ringe”.<br />

<strong>Die</strong> Geschichte für<br />

die junge Generation,<br />

die mit dem Satz „In<br />

einem Loch im Boden,<br />

da lebte ein Hobbit”<br />

begann, wurde 1936<br />

vollendet, einem renommierten britischen bii Verlag vorgelegt und ein<br />

Jahr später unter dem Titel „The Hobbit” in die Läden gebracht. Mit<br />

dermaßen beachtlichem Erfolg, dass Verleger Stanley Unwin seinen<br />

Autor Tolkien bat, ihm möglichst rasch einen Nachfolger für das<br />

Buch zu liefern, von ähnlichem Umfang – also knapp 300 Seiten –<br />

und wie der Vorgänger für eine jugendliche Leserschaft geeignet.<br />

J.R.R. machte sich zügig ans Werk. Um 17 (!) Jahre<br />

später „Allen & Unwin” ein Monster von weit mehr<br />

als 1000 Seiten vorzulegen, ob seiner Komplexität<br />

für Minderjährige völlig ungeeignet und in seiner<br />

wuchtig-klassischen Erzählform eigentlich vollkommen<br />

antiquiert. Und doch: Das „Monster” wurde<br />

im Laufe eines Jahres, unterteilt in drei Bücher,<br />

auf die Menschheit unter dem Titel „The<br />

Lord Of The Rings” losgelassen. Obwohl diese<br />

Veröffentlichungsweise bei Tolkien auf heftigen<br />

Widerstand stieß, entwickelte sich die Trilogie weltweit<br />

Das Silmarillion<br />

zum Mega-Bestseller und schließlich zum Pionierwerk<br />

eines eigenen literarischen Genres.<br />

Als J.R.R. Tolkien am 2. September 1973 im englischen Ferienort<br />

Bournemouth starb, war er einer der meistgelesenen Autoren des 20.<br />

Jahrhunderts. Jetzt, zu Beginn des neuen Jahrtausends, stehen er und<br />

sein überschaubares Werk für den Begriff Kult schlechthin. Unabhängig<br />

davon, dass Tolkien seine epochalen Werke in der Freizeit verfasste,<br />

gilt er als Begründer der modernen Fantasy-Literatur. In Deutschland<br />

war die „Herr der Ringe”-Trilogie 2008 noch vor der Bibel das bestverkaufte<br />

Buch. Das liegt in erster Linie daran, dass der Brite mit seiner<br />

Seite 86 ■ GoodTimes 1/2013


Fantasiewelt „Mittelerde” und den dort lebenden unterschiedlichsten<br />

Geschöpfen eine in sich stimmige, geschlossene Welt erschaffen hat,<br />

mit eigenen Sprachen, Stammbäumen und Biografien. Tolkien war den<br />

Geschöpfen seiner Fantasie tiefer verpflichtet als ein Erzähler, der nach<br />

Belieben über seinen Stoff verfügen kann.<br />

Mittelerde, wie J.R.R. seinen Mikro-, oder eigentlich Makrokosmos<br />

nannte, ist weitaus mehr als bloß gut erfunden. Mittelerde ist in sich<br />

wunderbar stimmig,<br />

hier kann man<br />

sich als Leser jederzeit<br />

verlieren. Kein<br />

Wunder, dass dieser<br />

Kosmos weltweit<br />

jede Generation<br />

aufs Neue in sich<br />

aufsaugt, die Bücher<br />

aus jener Sagenwelt<br />

zu modernen<br />

Klassikern avanciert<br />

sind. Über 150<br />

Millionen Mal hat<br />

sich alleine „Der<br />

Herr der Ringe" seit dem ersten Erscheinen des Buches im Jahr 1954<br />

weltweit verkauft. Der archaische Kampf Gut gegen Böse in der magischen<br />

Welt der Hobbits und Orks, Zauberer und Elben, den J.R.R.<br />

Tolkien darin erzählt, wurde in den<br />

Köpfen der begeisterten Leser zu<br />

Bildern. Es war nur eine Frage der<br />

Zeit, bis die zahlreichen Gestalten<br />

aus Tolkiens Fantasie den Sprung<br />

auf die Leinwand schafften.<br />

Das allerdings war eine echte<br />

Mammutaufgabe. Denn der „Herr<br />

der Ringe" umfasst rund 1200<br />

Seiten, randvoll mit unzähligen<br />

Haupt- und Nebenfiguren, mit<br />

komplexen Erzählsträngen, mit<br />

eigenen Zeitepochen, Ländern<br />

und Landschaften. Der neuseeländische<br />

Regisseur Peter Jackson<br />

nahm sich dieser<br />

Herausforderung<br />

an: Jeweils kurz vor<br />

Weihnachten der<br />

Jahre 2001, 2002<br />

und 2003 kamen<br />

die drei Teile des<br />

Buches als Film in<br />

die Kinos. Wenn man<br />

alle Einspielergebnisse<br />

plus Fanartikel zusammenzählt,<br />

dann ist<br />

„Der Herr der Ringe”<br />

die erfolgreichste<br />

Filmtrilogie aller<br />

Noch skeptisch, während die Zwerge auf eine<br />

Entscheidung fürs Abenteuer drängen: Bilbo<br />

Zeiten. Außerdem<br />

wurden die drei Teile 30 Mal für den Oscar nominiert sowie mit 17<br />

dieser begehrten Trophäen ausgezeichnet. Jetzt hat Jackson auch<br />

den „Hobbit” zu cineastischem Leben erweckt. <strong>Die</strong> Filmcrew bestand<br />

zum Großteil aus alten Bekannten der „Herr der Ringe"-Trilogie. Dazu<br />

gehörte auch eine vertraute Schauspielerriege: Ian McKellen ist wieder<br />

als Zauberer Gandalf zu sehen, Andy Serkis als tragischer Bösewicht<br />

Gollum, Orlando Bloom als Elb Legolas, Christopher Lee als Gandalfs<br />

Gegenspieler Saruman und Hugo Weaving als Elben-Chef Elrond. Cate<br />

Blanchett spielt die Elbenkönigin Galadriel, die im „Hobbit"-Buch nicht<br />

vorkommt. Und Elijah Wood verkörpert einmal mehr den Hobbit Frodo.<br />

Als Neuzugang ist der Brite Martin Freeman dabei („Per Anhalter durch<br />

die Galaxis"). Er bekam für die Hauptrolle des jungen Bilbo Beutlin,<br />

Onkel von<br />

Hobbit Frodo,<br />

den Zuschlag.<br />

Den alten Bilbo<br />

spielt Ian Holm,<br />

der diese Rolle<br />

bereits in den<br />

„Ringe"-Filmen<br />

verkörperte.<br />

Jackson hat das<br />

Kinderbuch mit seinem<br />

Autorenteam<br />

umgeschrieben und<br />

an den Geschmack eines<br />

Erwachsenenpublikums<br />

angepasst. Um die Geschichte<br />

logischer erzählen zu können,<br />

bediente er sich bei den erklärenden Anhängen, die Tolkien dem „Herrn<br />

der Ringe" angefügt hatte. Damit kamen im Film Nebenszenen dazu,<br />

die in der „Hobbit"-Vorlage nur angedeutet sind, wie zum Beispiel die<br />

Rückkehr des dunklen Herrschers Sauron oder das Treffen der Weisen<br />

von Mittelerde. All diese Erweiterungen schneiden die Handlung nicht<br />

nur auf Erwachsene zurecht, sie schaffen auch eine Verbindung zu den<br />

„Ringe"-Filmen. Dazu kam, dass Jackson einige Kritiker der „Ringe"-<br />

Filme ernstnahm und nun im „Hobbit" die Figuren humorvoller und<br />

noch sympathischer daherkommen.<br />

Trotz der nicht mal 400 Seiten des<br />

Buches und trotz dessen viel weniger<br />

komplexen Handlung als beim<br />

„Herrn der Ringe" brauchte Jackson<br />

für den „Hobbit" zwei Filme. Teil<br />

eins, „Der Hobbit: Eine unerwartete<br />

Reise",<br />

wird am 13.<br />

Dezember<br />

2012 in die<br />

deutschen<br />

Kinos kommen.<br />

Teil<br />

Hobbit Bilbo Beutlin macht sich mit Zwergen- zwei „Der<br />

Begleitung auf die Reise ins Unbekannte Hobbit: Hin<br />

und zurück"<br />

wird am 12. Dezember<br />

2013 folgen. Wie der „Herr der Ringe” ist wie-<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 87<br />

© „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise"<br />

der eine waschechte<br />

High-Fantasy-<br />

Filmadaption erster<br />

Klasse zu erwarten.<br />

<strong>Die</strong> „Hobbit"-<br />

Kinoversion könnte<br />

ein Prequel werden,<br />

das, so hoffen die<br />

Fans und Kritiker,<br />

neben der hochklassigen<br />

Verfilmung<br />

der „Ringe"-Trilogie<br />

bestehen kann. Und das Publikum weltweit wieder<br />

hineinzieht in die Tolkien-Welt und erneut das<br />

magische Feuer entfacht, das erst die Bücher und<br />

dann die Jackson-Filme in die Herzen der Fans<br />

trugen. Aktuelle Literatur zum Filmstart von „Der<br />

Hobbit”, allesamt im Oktober erschienen: Michael<br />

Fuchs-Gamböck & Thorsten Schatz: „Der Herr<br />

der Ringe in 60 Minuten” (Thiele-Verlag); Stefan<br />

Servos: „Bilbos Reise zum Erebor” (Heel-Verlag);<br />

Michael Coren: „J.R.R. Tolkien – Der Mann,<br />

der ,Herr der Ringe' und den ,Hobbit' erschuf”<br />

(Heel-Verlag).<br />

Michael Fuchs-Gamböck & Thorsten Schatz


Michel<br />

Vaillant:<br />

Abb.: © Graton Éditeur / "<br />

Zack" Edition<br />

Mehr als "<br />

" und "<br />

"<br />

Im französischen Sprachraum gehören die Abenteuer von Michel Vaillant zu den Klassikern der Comicliteratur.<br />

it<br />

Doch auch hiesigen Lesern ist der Rennfahrer, der auf allen Pisten dieser Welt zu Hause ist, seit Jahrzehnten hnte<br />

n eine<br />

vertraute Figur. Ein neues Team von Textern und Zeichnern verhilft der Erfolgsfi gur nun, knapp sechs Jahre nach<br />

dem letzten Album, zum großen Comeback. Horst Berner, Übersetzer der deutschen Ausgabe von „Michel Vaillant"<br />

an<br />

in der „Zack" Edition, berichtet über das neue Album und gibt Einblicke in die schillernde Editionsgeschichte der im<br />

Jahr 1957 von Jean Graton geschaffenen Serie.<br />

Er ist fünffacher Weltmeister, gewann<br />

fünfmal bei den 24 Stunden von Le<br />

Mans, zweimal bei den 500 Meilen<br />

von Indianapolis, zweimal bei den 500<br />

Meilen von Daytona und errang daneben<br />

noch viele weitere Siege in unzähligen<br />

Wettkämpfen im Rennsport. Michel<br />

Vaillant ist fraglos der erfolgreichste<br />

Rennfahrer aller Zeiten, was unter anderem<br />

damit zu tun hat, dass er in allen Disziplinen ein Ass ist: ob in der<br />

Formel 1, der Formel 2, bei den Prototypen, in der GT Championship<br />

oder bei Rallyes. Dazu kommt,<br />

dass seine Karriere bereits gegen<br />

Ende der 50er Jahre begonnen<br />

hat, ein Ende aber noch längst<br />

nicht in Sicht ist. Denn, und das<br />

ist der entscheidende Punkt, der<br />

Mann ist praktisch unsterblich,<br />

er altert kaum und präsentiertrt<br />

sich stets in Bestform – kein<br />

Wunder bei einer Comicfigur.<br />

Geistiger Vater des glorreichen Helden im Rennzirkus ist Jean Graton,<br />

der am 10. August 1923 in Nantes geboren wurde. Sein Enthusiasmus<br />

fürs Zeichnen führte ihn 1947 aus der Heimatstadt an der Loire nach<br />

Brüssel, ins damalige Zentrum des Comic-Schaffens. Nach ersten<br />

Versuchen für die Zeitschrift „Les Sports" und etlichen vierseitigen<br />

Kurzgeschichten in der Serie „Histoires de l’Oncle Paul" für „Spirou"<br />

startete er im Juni 1953 die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem<br />

zweiten großen belgischen Comic-<br />

Magazin, „Tintin". Das von Hergé<br />

und seiner Erfolgsreihe „Tintin et<br />

Milou" („Tim und Struppi") geprägte<br />

Heft bot die ideale Bühne für eine<br />

realistisch gezeichnete Abenteuerserie<br />

(siehe auch <strong>kult</strong>! Nr. 6). Bereits der<br />

erste Beitrag „La première ronde",<br />

der beim Grand Prix von Belgien in<br />

Francorchamps spielt, ließ in Text<br />

und Bild die große Begeisterung von<br />

Graton für den Motorsport erahnen.<br />

Auslöser dafür war, laut eigener<br />

Aussage, ein Besuch der 24 Stunden<br />

von Le Mans mit dem Vater, als er<br />

gerade mal 14 Jahre zählte. <strong>Die</strong> Idee<br />

zur Gestaltung eines Renn<br />

I<br />

E<br />

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–<br />

H<br />

e<br />

Von Horst Berner<br />

Jean Graton mit seinem Sohn<br />

Philippe, der heute die Geschicke<br />

von "<br />

Michel Vaillant" lenkt.<br />

zur Gestaltung eines Rennfahrers als Serienheld nahm 1957 Gestalt an.<br />

In fünf kurzen Comics lieferte Graton grobe<br />

Einblicke in das von der Familie Vaillant<br />

geführte Unternehmen, in dem die geschätzten<br />

Autos der fiktiven französischen Marke<br />

Vaillante gebaut werden. Dass „vaillante" für<br />

„beherzt" oder „tapfer" steht, sei an dieser<br />

Stelle vermerkt.<br />

<strong>Die</strong> packende 63-Seiten-Erzählung „Le<br />

grand Défi" („<strong>Die</strong> große Herausforderung")<br />

– abgedruckt in den belgischen „Tintin"-<br />

Heften 1 bis 43 von 1958 (parallel dazu<br />

erschien eine Ausgabe für Frankreich mit<br />

Seite 88 ■ GoodTimes 1/2013


anderer Nummerierung und teilweise anderen<br />

Inhalten) n) – markierte dann eine Art<br />

Grundstein<br />

n<br />

für die Saga<br />

„Michel<br />

Vaillant".<br />

Hier wurden<br />

nicht<br />

nur<br />

wichtige<br />

Figuren der<br />

Serie eingeführt,<br />

das Geschehen h bot auch unzählige<br />

Informationen zu und genaueste<br />

Darstellungen von technischen<br />

Details, wie es das zuvor in Comic-<br />

Form nicht gegeben gg hatte. Graton<br />

fand damit zu seiner<br />

Erfolgsformel,<br />

die<br />

jugendlichen<br />

Leser<br />

entdeckten<br />

einen neuen<br />

Helden auf dem<br />

Papier, dessen tollkühnen<br />

Eskapaden<br />

sie gespannt entgegenfieberten.<br />

Jean Graton mit dem Rennfahrer Alain Prost.<br />

Dazu zählten unter<br />

anderem so namhafte Männer wie der französische Rennfahrer Alain<br />

Prost (*1955) oder der belgische Automobildesigner Luc Donckerwolke<br />

(*1965), die nicht zuletzt durch ihre Begeisterung für „Michel Vaillant"<br />

zu ihrer Bestimmung gefunden haben.<br />

B<br />

is Ende des Jahres 1975 entwickelte Jean<br />

Graton für „Tintin" unzählige Geschichten, die<br />

bei Lombard im Rahmen der populären Albumreihe<br />

„Michel Vaillant" ihren Nachdruck fanden. Nach<br />

Verlagswechseln zu Dargaud, Fleurus und<br />

Novedi publizierte Graton ab 1982 seine<br />

Comics im eigenen Verlag, wo Anfang des<br />

Jahres 2007 der bislang letzte, 70. Titel „24<br />

heures sous influence" erschienen ist. In deutscher<br />

Fassung kam diese<br />

Episode im gleichen Jahr<br />

als „24 Stunden unter<br />

Druck" in der „Zack"<br />

Edition heraus.<br />

Zu diesem Zeitpunkt hatte Jean Graton aus<br />

Altersgründen bereits den Zeichenstift an die<br />

jüngeren Mitarbeiter im Studio Graton weitergereicht,<br />

während die Drehbücher zu den Stories<br />

seit 1994 und „La piste de Jade" („Eine Spur von<br />

Jade") von seinem Sohn Philippe Graton (*1961) verfasst wurden. Als<br />

engagierter Journalist und angesehener Fotograf frischte er die Serie<br />

mit zeitgemäßen Themen auf. So kamen in Band 68: „China Moon"<br />

die Technologie des Wasserstoffantriebs in einem Vaillante zur Sprache<br />

oder in Band 70 der Leistungsdruck und damit verbunden das Problem<br />

des Dopings im Rennsport.<br />

D<br />

ass „Michel Vaillant" heute wieder in aller Munde ist, hat mit dem<br />

regen Treiben von Philippe Graton zu tun. Neben seinem Wirken als<br />

Szenarist für die Comics betätigte er sich auch als Drehbuchschreiber<br />

für den Film „Chaque victoire à un prix" („Jeder Sieg hat seinen Preis"),<br />

den Luc Besson 2003 mit Sagamore Stévenin (*1974) in der Hauptrolle<br />

als actionreiches Bleifußspektakel für die große Kinoleinwand produzierte.<br />

Zum 50-jäh-rigen<br />

Jubiläum des<br />

Rennfahrers startete der<br />

Verlag Lombard 2008<br />

eine<br />

eindrucksvolle,<br />

20 Bände umfassende<br />

Gesamtausgabe mit allen<br />

„Michel<br />

Vaillant"-Geschich<br />

ten. Ergänzende redaktionelle<br />

Beiträge schaffen Einblicke in<br />

die Kreation der Comics und stellen<br />

diese in den Kontext zum wahren<br />

Rennsportgeschehen im jeweiligen<br />

Zeitraum. Bedauerlicherweise für<br />

hiesige Leser gibt es die gegenwärtig<br />

17 Titel umfassende Buchreihe<br />

bis jetzt nur im französischen<br />

Original. Auch die Publikation der<br />

klassischen Albumreihe hat Philippe Graton in neue Hände gelegt. Ab<br />

2010 publizierte Dupuis die besagten 70 Titel in feinen Hardcover-<br />

Ausgaben, womit die Serie in Belgien und Frankreich nun erstmals in<br />

einer einheitlichen Form bei einem Verlag vorliegt.<br />

Der jüngste Streich von Philippe Graton<br />

ist freilich die Ankündigung einer neuen<br />

Staffel von „Michel Vaillant"-Comics bei<br />

Dupuis, die von ihm selbst und Denis Lapière<br />

getextet und von Marc Bourgne und Benjaminn<br />

Benéteau gezeichnet werden. „Au nom du<br />

fils" erscheint im November 2012, die deutsche<br />

Ausgabe „Im Namen des Sohnes" ist für<br />

2013 in der „Zack" Edition in Planung. Bereits<br />

der Titel lässt erahnen, dass nun auch die<br />

junge Generation im Vaillant-Clan, Jean-Pierres<br />

Sohn Jean-Michel und Michels Sohn Patrick,<br />

aktiv ins<br />

Firmengeschehen<br />

eingreifen.<br />

Wer<br />

sich vorab<br />

Vier zentrale Figuren in der Welt von "<br />

Michel Vaillant": Bruder Jean-Pierre Vaillant, Technikgenie und Rennleiter des Teams;<br />

Steve Warson, US-amerikanischer Rennfahrer, der mit Unterbrechungen zum Vaillante-Rennstall gehört; der Leader und<br />

seine Tochter Ruth, ewige Widersacherin in vielen Rennen.<br />

einen Eindruck vom neuen<br />

Erscheinungsbild der Serie machen<br />

will, dem eröffnet der sogenannte<br />

Work-in-progress-Band, den<br />

der Mosaik Verlag zur diesjährigen<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 89


Frankfurter Buchmesse in limitierter<br />

Auflage produziert hat, interessante<br />

Einblicke. Darin ngezeigt sind<br />

erste übersetzte<br />

Seiten,<br />

französische<br />

Original seiten,<br />

getuschte<br />

und skizzierte<br />

Seiten<br />

sowie andere<br />

Michel Vaillant aus der<br />

Fragmente<br />

aus Feder von Marc Bourgne<br />

der Entstehungs-ngsgeschichtdes<br />

und Benjamin Benéteau.<br />

Comics.<br />

So<br />

viel sei verraten:<br />

Michel<br />

Vaillant gibt<br />

darin ein großes<br />

Comeback<br />

bei der World<br />

Touring Car<br />

Championship.<br />

Ganz so überraschend<br />

Rennfahrer Alain Menu<br />

verwandelt sich in Michel<br />

Vaillant, sein Chevrolet<br />

in einen Tourenwagen<br />

der<br />

Marke<br />

Vaillante.<br />

kommt das nicht, denn beim WTCC-Rennen an<br />

der portugiesischen Atlantikküste in Portimao<br />

am 3. Juni 2012 machten die neuen Autoren<br />

mit einer ausgefallenen PR-Aktion auf sich<br />

aufmerksam. Da nahm doch tatsächlich der<br />

Schweizer Profifahrer Alain Menu (*1963) auf<br />

Chevrolet, der in einen Vaillante umgewandelt<br />

wurde, in Gestalt von Michel Vaillant am<br />

Rennen teil und gewann den zweiten Lauf.<br />

Fiktion und Realität gehörten zwar schon<br />

immer zur Serie, da sich Michel Vaillant stets<br />

mit echten Rennfahrern zu messen hatte,<br />

Philippe Graton überreicht dem Pilot seinen Helm.<br />

dieser Auftritt war dennoch<br />

mehr als spektakulär.<br />

In Deutschland erreichte<br />

„Michel Vaillant" den<br />

größten Bekanntheitsgrad<br />

zweifellos in den<br />

1970er Jahren, als die<br />

Comiczeitschrift „Zack" und<br />

die Taschenbuchreihe<br />

e<br />

„Zack Parade" aus<br />

dem<br />

Koralle<br />

Verlag<br />

regelmäßig<br />

seine<br />

Abenteuer druckten.<br />

Erstmals zu<br />

sehen war der<br />

Rennfahrer jedoch ab 1965<br />

in der vom Ehapa Verlag<br />

herausgegebenen Heftreihe<br />

„Mickyvision", wobei er<br />

da eigenartigerweise in<br />

den deutschstämmigen<br />

„Michael Voss" umbenannt<br />

wurde. Alben von<br />

„Michel Vaillant" erschienen<br />

zwischen 1966 und 2004<br />

in<br />

den<br />

Verlagen Ehapa,<br />

Koralle, Carlsen und<br />

Seven Island, die<br />

inzwischen zum<br />

Teil als gesuch te<br />

Raritäten gelten.<br />

Im Juni des Jahres<br />

2006 begann dann<br />

der Berliner Mosaik<br />

Verlag, in dem<br />

seit 1999 auch<br />

monatlich die<br />

wiederbelebte Fassung von<br />

„Zack" als „das<br />

Magazin<br />

für europäische<br />

Comic-<br />

Kultur"<br />

er scheint, den<br />

Nachdruck<br />

der Serie<br />

„Michel<br />

Vaillant"<br />

in einer<br />

anspruchsvollen<br />

Bearbeitung.<br />

Neu<br />

übersetzt,<br />

lesefreundlich<br />

gelettert<br />

und<br />

in bester Druck qualitätt<br />

hat es diese Ausgabe<br />

mittlerweile auf weit<br />

über 30 Titel gebracht. In<br />

naher Zukunft, so darf<br />

der Liebhaber dieses<br />

Klassikers hoffen, liegt<br />

die bedeutendste Comic-<br />

Serie aus der Welt des<br />

Motorsports dann auch<br />

endlich in deutscher<br />

Sprache komplett und<br />

in der chronologisch<br />

richtigen Reihenfolge<br />

vor.<br />

Michel Vaillant<br />

<strong>Die</strong> 70 Alben<br />

der Staffel 1:<br />

1. Le grand defi (1959)<br />

<strong>Die</strong> große Herausforderung (Mosaik, 2012)<br />

2. Le Pilot sans Visage (1960)<br />

Wettrennen mit einem Phantom * (Carlsen, 1989)<br />

3. Le Circuit de la Peur (1961)<br />

Den Tod vor Augen * (Carlsen, 1989)<br />

4. Route de Nuit (1962)<br />

Finale um Mitternacht * (Carlsen, 1989)<br />

5. La 13 est au depart (1962)<br />

<strong>Die</strong> mysteriöse 13 * (Carlsen, 1990)<br />

6. La Trahison de Steve Warson (1964)<br />

Steve Warsons Geheimnis * (Carlsen, 1990)<br />

7. Les Casse-Cou (1964)<br />

Teufelskerle * (Carlsen, 1991)<br />

8. Le 8eME Pilote (1965)<br />

Der Russe * (Carlsen, 1991)<br />

9. Le Retour de Steve Warson (1965)<br />

Verfolgungsjagd in Amsterdam * (Carlsen, 1991)<br />

10. L’Honneur de SamuraÏ (1966)<br />

<strong>Die</strong> Ehre des Samurai * (Carlsen, 1991)<br />

11. Suspense A Indianapolis (1966)<br />

Entscheidung in Indianapolis * (Carlsen, 1991)<br />

12. Les Chevaliers de Königsfeld (1967)<br />

<strong>Die</strong> Ritter von Königsfeld * (Carlsen, 1992)<br />

13. Concerto pour Pilotes (1966)<br />

Zwischen Himmel und Erde * (Carlsen, 1992)<br />

14. Mach 1 pour Steve Warson (1968)<br />

Mach 1 für Steve Warson * (Seven Island,1999)<br />

15. Le Cirque Infernal (1969)<br />

Der Teufelskreis * (Seven Island, 2000)<br />

16. Km 357 (1969)<br />

Das Geheimnis von Kilometerstein 357 *<br />

(Seven Island, 2002)<br />

17. Le Fantôme des 24 heures (1970)<br />

Das Phantom der 24 Stunden von Le Mans<br />

(Mosaik 2010)<br />

18. De l’huile sur la Piste (1970)<br />

Öl auf der Piste (Mosaik, 2010)<br />

19. 5 Filles dans la Course (1971)<br />

Fünf Mädchen im Rennen * (Seven Island, 1998)<br />

20. Rodeo sur 2 Roues (1971)<br />

Rodeo auf zwei Rädern * (Seven Island, 1996)<br />

21. Massacre pour un Moteur (1972)<br />

Schlacht um einen Motor (Mosaik 2010)<br />

22. Rush (1972)<br />

Rush (Mosaik, 2011)<br />

23. Serie Noire (1973)<br />

Schwarze Serie (Mosaik 2011)<br />

24. Cauchemar (1973)<br />

Alptraum ohne Ende * (Seven Island, 1995)<br />

25. Des Filles et des Moteurs (1974)<br />

Mädchen und Motoren * (Seven Island, 1998)<br />

26. Champion du Monde (1974)<br />

Der Weltmeister (Mosaik, 2011)<br />

27. Dans l’Enfer du Safari (1975)<br />

Safari durch die Hölle (Mosaik, 2011)<br />

28. Le Secret de Steve Warson (1975)<br />

Rätsel um Steve Warson (Mosaik, 2009)<br />

29. San Francisco Circus (1975)<br />

Brennpunkt San Francisco (Mosaik, 2009)<br />

30. Le Prince Blanc (1977)<br />

Der weiße Prinz (Mosaik, 2009)<br />

Seite 90 ■ GoodTimes 1/2013


31. Les jeunes Loups (1978)<br />

<strong>Die</strong> jungen Wölfe (Mosaik, 2009)<br />

32. La Revolte des Rois (1979)<br />

Aufstand der Champions (Mosaik, 2010)<br />

33. La Silhouette en Colere (1979)<br />

Der Hitzkopf (Mosaik, 2010)<br />

34. K.o. pour Steve Warson<br />

(1979)<br />

K.o. für Steve Warson<br />

(Mosaik, 2011)<br />

35. Le Galerian (1979)<br />

Der Galeerensklave<br />

(Mosaik, 2012)<br />

36. Un pilote a disparu (1980)<br />

Ein Fahrer ist verschwunden<br />

(Mosaik, 2012)<br />

37. L’inconnu des 1000 pistes<br />

(1980)<br />

Der Unbekannte der 1000<br />

Pisten (Mosaik, 2012)<br />

38. Steve Warson contre<br />

Michel Vaillant (1981)<br />

Steve Warson gegen Michel<br />

Vaillant (Mosaik, 2012)<br />

39. Rallye sur un Volcan (1981)<br />

Rallye auf dem Vulkan * (Ehapa, 1981)<br />

40. Rififi en F1 (1982)<br />

Chaos in der Formel 1 * (Ehapa, 1982)<br />

41. Paris-Dakar (1982)<br />

Rallye der tausend Tränen:<br />

Paris-Dakar! * (Ehapa, 1983)<br />

42. 300 a l’heure dans Paris (1983)<br />

Superrennen: mit 300 Sachen durch<br />

Paris * (Ehapa, 1983)<br />

43. Rendez-vous a Macao (1983)<br />

Rennen um Milliarden *<br />

(Ehapa, 1984)<br />

44. Steve & Julie (1984)<br />

Schock für Steve – der<br />

schwere Unfall von<br />

Julie Wood * (Ehapa, 1985)<br />

45. L’homme de<br />

Lisbonne (1984)<br />

Spionage – der<br />

Mann von Lissabon *<br />

(Ehapa, 1985)<br />

46. Racing-Show (1985)<br />

Racing-Show (Mosaik, 2007)<br />

47. Panique a Monaco (1986)<br />

Panik in Monaco (Mosaik, 2007)<br />

48. Irish Coffee (1986)<br />

Irish Coffee (Mosaik, 2007)<br />

49. Categorie poids Lourds (1987)<br />

Schwere Kaliber (Mosaik, 2007)<br />

50. Le Defi des Remparts (1988)<br />

<strong>Die</strong> Herausforderung der<br />

4 Asse (Mosaik, 2008)<br />

51. Le Caid de<br />

Francorchamps (1989)<br />

Spa-Francorchamps *<br />

(Seven Island, 1998)<br />

52. F 3000 (1989)<br />

F 3000 (Mosaik, 2006)<br />

53. La Nuit de Carnac (1990)<br />

<strong>Die</strong> Nacht von Carnac<br />

(Mosaik, 2006)<br />

54. L’Affaire Bugatti (1991)<br />

<strong>Die</strong> Affäre Bugatti *<br />

(Seven Island, 1998)<br />

55. Une histoire de Fous<br />

(1992)<br />

Einfach verrückt * (Seven Island, 1999)<br />

56. Le Maitre du Monde (1993)<br />

Der Herr der Leader * (Seven Island, 2000)<br />

57. La Piste de Jade (1994)<br />

Eine Spur von Jade *<br />

(Seven Island, 2004)<br />

58. Paddock (1995)<br />

Paddock * (Seven Island, 1997)<br />

59. La Prisonnière (1996)<br />

<strong>Die</strong> Gefangene<br />

(Mosaik, 2007)<br />

60. Victoires oubliees (1997)<br />

Vergessene Siege *<br />

(Seven Island, 1997)<br />

61. La Fievre de Bercy (1998)<br />

Das Fieber von Bercy *<br />

(Seven Island, 1998)<br />

62. Le sponsor (1999)<br />

Der Sponsor *<br />

(Seven Island, 2001)<br />

63. Cairo! (2000)<br />

Cairo! * (Seven Island, 2002)<br />

64. Operation Mirage (2001)<br />

Operation Mirage * (Seven Island, 2002)<br />

65. L’Epreuve (2003)<br />

Der Wettbewerb (Mosaik, 2006)<br />

66. 100.000.000 $ pour Steve Warson (2004)<br />

100.000.000 Dollar für Steve Warson<br />

(Mosaik, 2006)<br />

67. Pour David (2004)<br />

Für David (Mosaik, 2008)<br />

68. China Moon (2005)<br />

China Moon (Mosaik, 2008)<br />

69. Hors-piste en Enfer (2006)<br />

Geradewegs in die Hölle<br />

(Mosaik, 2008)<br />

70. 24 Heures sous Influence<br />

(2007)<br />

24 Stunden unter Druck<br />

(Mosaik, 2007)<br />

* diese deutschsprachigen Titel sind<br />

zurzeit nur auf dem Sammlermarkt<br />

erhältlich, sollen aber nach und nach in<br />

der Zack" Edition aus dem Mosaik Verlag<br />

neu aufgelegt "<br />

werden.<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 91<br />

Neuer Titel aus der<br />

legendären Classic Albums<br />

Serie, der die Entstehung<br />

des Hitalbums „So“ von<br />

Peter Gabriel eindrucksvoll<br />

dokumentiert.<br />

Mit Interviews und Beiträgen<br />

von Peter Gabriel, Co-Produzent<br />

Daniel Lanois, Tontechniker<br />

Kevin Killen und den Musikern<br />

Jerry Marotta, Laurie Anderson,<br />

Tony Levin, Manu Katché und<br />

vielen anderen.<br />

DVD: 1099314E11 . BLU-RAY: 1051514E14<br />

Ab 19.10.2012 auf DVD<br />

und Blu-ray erhältich!<br />

<br />

Ab 19.10.2012 überall im Handel erhältlich<br />

oder bei www.amazon.de/rockschuppen


&<br />

präsentieren:<br />

Das sind die 60 <strong>kult</strong>!-Hits<br />

© Sony Music Catalog&Concept<br />

CD 1<br />

1. Lynyrd Skynyrd – Sweet Home Alabama<br />

2. Toto – Hold The Line<br />

3. Fleetwood Mac – Don’t Stop<br />

4. Terry Jacks – Seasons In The Sun<br />

5. Ram Jam – Black Betty<br />

6. The Sweet – Blockbuster<br />

7. Chris Norman & Suzi Quatro –<br />

Stumblin’ In<br />

8. Don McLean – American Pie (Part 1)<br />

9. Mother’s Finest – Baby Love<br />

10. Lou Reed – Walk On The Wild Side<br />

11. Status Quo – Rockin’ All Over The World<br />

12. Elvis Presley – Way Down<br />

13. Scott McKenzie – San Francisco<br />

14. Harpo – Moviestar<br />

15. Kenny Loggins – Footloose<br />

16. Roy Orbison – Oh Pretty Woman<br />

17. Sailor – Girls, Girls, Girls<br />

18. Deep Purple – Smoke On The Water<br />

19. City – Am Fenster<br />

20. Spliff – Carbonara<br />

CD 2<br />

1. After The Fire – 1980-F<br />

2. Bill Medley & Jennifer Warnes –<br />

(I've Had) The Time Of My Life<br />

3. A-Ha! – Take On Me<br />

4. Madness – Our House<br />

5. New Order – Blue Monday 88<br />

6. Simple Minds –<br />

Don’t You (Forget About Me)<br />

7. Survivor – Eye Of The Tiger<br />

8. Visage – Fade To Grey<br />

9. Frankie Goes To Hollywood – Relax<br />

10. Cyndi Lauper – Girls Just Want To Have Fun<br />

11. Alphaville – Big In Japan<br />

12. The Bangles – Walk Like An Egyptian<br />

13. Bonnie Tyler – Holding Out For A Hero<br />

14. Daryl Hall & John Oates – Maneater<br />

15. Talk Talk – Such A Shame<br />

16. Wham! – Wake Me Up Before You Go Go<br />

17. The Weather Girls – It’s Raining Men<br />

18. Earth, Wind & Fire – September<br />

19. Baccara – Yes Sir, I Can Boogie<br />

20. Boney M. – Daddy Cool<br />

3 CD-Box<br />

im wertigen Digipack<br />

ab sofort im Handel<br />

erhältlich!<br />

UVP: 14,99 €<br />

CD 3<br />

1. Marius Müller-Westernhagen – Mit 18<br />

2. Nena – Irgendwie, irgendwo, irgendwann<br />

3. Heinz Rudolf Kunze – Dein ist mein ganzes Herz<br />

4. Joachim Witt – Goldener Reiter<br />

5. Klaus Lage Band – Faust auf Faust<br />

6. Falco – Der Kommissar<br />

7. Trio – Da Da Da<br />

8. Ideal – Blaue Augen<br />

9. DÖF – Codo<br />

10. Clowns & Helden – Ich liebe dich<br />

11. Hubert Kah –<br />

Wenn der Mond die Sonne berührt<br />

12. Marianne Rosenberg – Mr. Paul McCartney<br />

13. Karel Gott – <strong>Die</strong> Biene Maja<br />

14. Juliane Werding –<br />

Am Tag, als Conny Kramer starb<br />

15. Frank Farian – Rocky<br />

16. Udo Jürgens – Siebzehn Jahr, blondes Haar<br />

17. Ricky Shayne –<br />

Mamy Blue (Deutsche Version)<br />

18. Orchester Martin Böttcher – Winnetou<br />

19. Bernd Clüver –<br />

Der Junge mit der Mundharmonika<br />

20. Karat – Über sieben Brücken musst du geh’n<br />

Seite 92 ■ GoodTimes 1/2013


Es ist immer wieder schön, zu verfolgen welche Bedeutung die 60er, 70er<br />

und 80er Jahre für viele Menschen darstellen. <strong>kult</strong>! zeigt auf eine außergewöhnliche<br />

Weise, wie<br />

ein Heft gemacht werden<br />

soll. Dazu meine<br />

große Anerkennung an<br />

die Macher! Natürlich<br />

verbinden wir alle die<br />

Musik aus dieser Zeit<br />

auch mit ganz persönlichen<br />

Erinnerungen.<br />

© Sony Music Catalog & Concept (disco Tour 2011)<br />

Christian Stronczek hier mit Moviestar<br />

Harpo – auch auf dieser <strong>kult</strong>!-Box<br />

Genau dieses Erlebnis<br />

werden Sie auf dieser<br />

CD <strong>kult</strong>!-Box erfahren!<br />

Eine musikalische<br />

Zeitreise "<br />

Zurück in die 60er, 70er und 80er Jahre"! Vielen Dank für die<br />

rege Teilnahme und das damit verbundene Interesse! Ich wünsche Ihnen<br />

viel Spaß mit diesen 60 <strong>kult</strong>!-Hits und wunderschöne Déjà-Vu-Erlebnisse!<br />

Christian Stronczek (Sony Music)<br />

Wir hatten in der letzten Ausgabe gefragt: Welcher Song ist Ihr <strong>kult</strong>!-Hit"?<br />

"<br />

<strong>Die</strong> Resonanz hat unsere Erwartungen total übertroffen. Vielen Dank an alle<br />

Teilnehmer. Einige davon<br />

sind zusätzlich unserem<br />

Aufruf gefolgt und haben<br />

ein persönliches Foto<br />

aus der <strong>kult</strong>igen Zeit beigelegt.<br />

Fünf dieser tollen<br />

Zeitzeugnisse haben wir<br />

stellvertretend rechts<br />

abgebildet.<br />

Da leider nicht alle der<br />

teilweise auch vielfach<br />

gewünschten Lieder Andy Scott (The Sweet) und Fabian Leibfried<br />

berücksichtigt werden<br />

freuen sich auch schon auf die <strong>kult</strong>!-Box.<br />

konnten, ist eine Folge 2 geplant. Hierbei sollen dann vor allem die 60er<br />

Jahre berücksichtigt werden. Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit der CD-Box.<br />

Jede Party wird damit bestimmt zum Kracher.<br />

Fabian Leibfried (Herausgeber <strong>kult</strong>!)<br />

VERLOSUNG<br />

GoodTimes <strong>kult</strong>! verlost unter allen Teilnehmern<br />

10x CD-Box<br />

Beantworten Sie bitte folgende Frage:<br />

Mit wieviel Jahren rannte Marius Müller-Westernhagen in Düsseldorf rum?<br />

Stichwort: <strong>kult</strong>!-Box<br />

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Einsendeschluss ist der 31. Januar 2013<br />

NikMa Verlag · Eberdinger Straße 37 · 71665 Vaihingen/Enz<br />

Fax: 0 70 42/37660-188 · email: goodtimes@nikma.de<br />

Foto: © NikMa Verlag<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 93<br />

Eine kleine Auswahl unserer Teilnehmer:<br />

Meine <strong>kult</strong>! Top 3<br />

Rüdiger Schirrmacher, Essen<br />

Titel<br />

Interpret<br />

1. Wig-Wam Bam Sweet<br />

2. Daytona Demon Suzi Quatro<br />

3. My Oh My Slade<br />

Meine <strong>kult</strong>! Top 3<br />

Paul Stockhammer, Freilassing<br />

Titel<br />

Interpret<br />

1. Rock 'n' Roll Music Beatles<br />

2. Love Hurts Nazareth<br />

3. Satisfaction Rolling Stones<br />

Meine <strong>kult</strong>! Top 3<br />

Wolfgang Welke, Walsrode<br />

Titel<br />

Interpret<br />

1. Hippy Hippy Shake Swinging Blue Jeans<br />

2. Angel Of The Morning P.P. Arnold<br />

3. Out Of Time Rolling Stones<br />

Meine <strong>kult</strong>! Top 3<br />

Maxim Weling, Berlin<br />

Titel<br />

Interpret<br />

1. Hell Raiser Sweet<br />

2. Crazy Horses Osmonds<br />

3. His Latest Flame Elvis Presley<br />

Meine <strong>kult</strong>! Top 3<br />

Manfred Birkenbeul, Solingen<br />

Titel<br />

Interpret<br />

1. Imagine John Lennon<br />

2. Tin Soldier Small Faces<br />

3. Waterloo Sunset Kinks<br />

3 CD-Box<br />

14,99 €<br />

Bestellen Sie noch heute!<br />

In unserem <strong>kult</strong>!-Shop auf Seite 31 in diesem Heft.<br />

Oder unter www.goodtimes-magazin.de


Marty<br />

Feldman<br />

Der "<br />

merkwürdige<br />

kleine Mann",<br />

der Frankensteins<br />

<strong>Die</strong>ner war<br />

Wenn man heute den Namen im Bekanntenkreis<br />

erwähnt, schlagen sich neun von zehn Leuten auf<br />

das Stichwort Marty Feldman immer wieder die<br />

flache Hand vor die Stirn: „Ach ja …, der!" Seit 30 Jahren<br />

nicht mehr unter uns und schon nicht mehr präsent? <strong>Die</strong><br />

Erinnerungen an einen ganz großen manisch-depressiven<br />

Komiker mit ebenso großen Augen sind immer noch wach.<br />

Unvergessen sind die Auftritte von Marty Feldman in den<br />

Mel-Brooks-Streifen „Frankenstein Junior" (als „Eigor von<br />

der Nordwand", der seinen Buckel mal links, mal rechts trägt)<br />

sowie „Silent Movie", dem Stummfilm mit den großartigen<br />

Selbstparodien von Burt Reynolds, Paul Newman, Liza Minelli<br />

und Co., in dem von allen Mitwirkenden ausgerechnet der<br />

große Pantomime Marcel Marceau das einzige Wort sagen<br />

durfte: „Non!"<br />

Marty Feldman überzeugte insbesondere hier als legitime Reinkarnation<br />

seines großen Idols, Buster Keaton, mit dem kleinen aber feinen<br />

Unterschied, dass ihm vor der Kamera niemals Traurigkeit im Gesicht<br />

stand. Dennoch ist die Aussage seines Regisseurs Mel Brooks verbürgt,<br />

dass es sich bei Marty Feldman um „das komplizierteste menschliche<br />

Wesen handelt, das ich jemals getroffen habe".<br />

Grund zur Traurigkeit hat er gehabt. 1961, gerade einmal 27-jährig,<br />

wurde bei ihm eine krankhafte Überfunktion der Schilddrüse diagnostiziert<br />

(die so genannte Hyperthyreose), die unter anderem an einem<br />

auffälligen Hervortreten der Augäpfel aus den Höhlen zu erkennen ist –<br />

etwas, das sein Erscheinungsbild auf Lebenszeit veränderte, von ihm in<br />

Interviews aber meist als das Geheimnis seines Erfolges verkauft wurde.<br />

Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber<br />

Originalzitat: „Ich bin der einzige Schauspieler, der jemals ohne Make-<br />

Up in einem Horrorfilm mitmachen durfte." Soviel zu „Frankenstein<br />

Junior".<br />

Oder: „Wenn Orson Welles Krebs hätte und sich eine schreckliche<br />

Perücke aufsetzen würde – er sähe in etwa so aus wie ich." Totales<br />

Understatement. Zum Zeitpunkt dieser öffentlichen Äußerungen war<br />

Feldman ziemlich weit oben angelangt.<br />

<strong>Die</strong> beiden Mel-Brooks-Filme (1974 bzw. 1976) waren eher die späten<br />

Früchte seiner Arbeit. Viel weniger Menschen erinnern sich an<br />

seine bahnbrechenden Arbeiten für die englische BBC in den 60er<br />

Jahren, haben vielleicht noch die legendäre „Marty Feldman’s Comedy<br />

Machine" im Gedächtnis (für die er 1972 die Goldene Rose von<br />

Montreux erhielt). Aber selbst das war nicht der Anfang.<br />

Eigor von der Nordwand"<br />

"<br />

in Frankenstein Junior<br />

Also von vorn: Martin Alan Feldman wurde 1934<br />

als Sohn eines jüdischen Schneiders in London<br />

geboren. Als 15-Jähriger verließ er die Schule, um<br />

Jazztrompeter zu werden, was heutzutage auch<br />

nicht jeder Halbwüchsige machen würde. Benzedrin<br />

und Heroin gehören in diesem Alter auch nicht<br />

zwingend zur Entwicklung dazu, aber Feldman<br />

trennte sich gedanklich schnell vom Establishment<br />

in England: „Hier werden viele Massenmörder hervorgebracht:<br />

Bankangestellte, der Doktor in der<br />

Nachbarschaft und so weiter."<br />

Nach eigenen Angaben entschied er sich früh, die<br />

Rolle des Sonderlings auszufüllen. Ebenso früh<br />

eiferte er mit seinen Freunden Morris und Mitch den<br />

Marx Brothers nach und traf im Alter von 20 Lenzen<br />

in Barry Took auf einen Bruder im Geiste.<br />

In der Folgezeit ersannen die beiden Texte für<br />

Radioprogramme wie „Educating Archie" (unter<br />

anderem mit Benny Hill und Julie Andrews), „We're<br />

In Business" und „The Army Game" (unbedingt<br />

Seite 94 ■ GoodTimes 1/2013


empfehlenswerte Ansammlung skurriler Sketche), die die Leute von den<br />

Sitzen rissen. Dann kam die TV-Produktion „Bootsie & Snudge" mit<br />

Feldman als Hauptautor, und sein Durchbruch als Comedy-Schreiber<br />

war endgültig geschafft. Es war die meistgesehene Sendung im britischen<br />

Fernsehen zu jener Zeit.<br />

Und dann trat der „merkwürdige kleine Mann" (O-Ton Feldman) auch<br />

vor die Kamera, für die „At Last The 1948 Show", in der angehende<br />

Comedy-Stars wie John Cleese, Graham Chapman und Eric Idle ihre<br />

ersten Auftritte hatten. Michael Palin und Terry Jones waren bereits in<br />

der Fernsehserie „The Frost Report" aufgetreten – und schon hat man<br />

alle fünf britische Monty-Python-Mitglieder zusammen (Terry Gilliam<br />

folgte später aus den USA). Marty Feldman hat auch hier Geschichte<br />

mitgeschrieben.<br />

Eine der schönsten Stories ist der „Annoying Train-Passenger", also der<br />

nervige Zuggast: nach diversen Umsetz-Versuchen im leeren Sechser-<br />

Abteil („Entschuldigen Sie, dürfte ich vielleicht da sitzen, wo Sie sitzen?"<br />

„Entschuldigen Sie, jetzt, wo ich da sitze, wo Sie saßen, merke<br />

ich, dass ich lieber dort sitzen würde, wo Sie<br />

bietet Feuer an, aber der nervige Zuggast hat die Zigarette eingesteckt)<br />

„Wollten Sie nicht rauchen?"<br />

„Oh nein, wenn ich die Zigarette jetzt rauche, habe ich keine für<br />

danach."<br />

Und so weiter und so fort.<br />

Loriot muss das begeistert haben, und auch <strong>Die</strong>ter Hallervorden hat<br />

nicht unter Feldman gelitten. Er war seine deutsche Synchronstimme<br />

und hat typische Verhaltensmerkmale des englischen Vorbildes übernommen<br />

– vor allem die Penetranz in aller Unbeirrbarkeit. Schön auch<br />

der Undertaker Sketch – wiederum aus der „At Last The 1948 Show" –<br />

mit zwei an einer Kreuzung konkurrierenden Bestattungsunternehmern<br />

– neben Marty Feldman tritt hier der geniale Spike Milligan an.<br />

Marty Feldman bekam durch den Erfolg oben genannter Kinofilme<br />

Lust und Mut, sich an eigene Kino-Projekte zu wagen. „Drei<br />

Fremdenlegionäre" (1977) mit Michael<br />

Fotos: © Davids/Bildarchiv Hallhuber<br />

mit Ann-Margret und Michael York in "<br />

Drei Fremdenlegionäre"<br />

jetzt gerade sitzen." usw.). Allein der<br />

folgende (hier kurz gefasste) Dialog<br />

ist der Hammer:<br />

„Entschuldigen Sie, stört es Sie,<br />

wenn ich rauche?"<br />

„Nein, überhaupt nicht."<br />

(Pause)<br />

„Ich wünschte, ich hätte eine Zigarette,<br />

die ich jetzt rauchen könnte …"<br />

„Darf ich Ihnen eine Zigarette anbieten?"<br />

(schon schwer genervt)<br />

„Oh, nein, danke, danke."<br />

„Bitte, nehmen Sie sie."<br />

„Nein, danke, wirklich nicht."<br />

(Pause)<br />

„Ich wünschte, ich hätte die<br />

Zigarette nicht abgelehnt. Oh, wie<br />

sehr wünschte ich mir, ich hätte sie<br />

nicht abgelehnt."<br />

(John Cleese holt noch genervter<br />

die Schachtel aus der Jackentasche,<br />

Foto: © Davids/Bildarchiv Hallhuber<br />

York, Ann-Margret und Sir Peter<br />

Ustinov war eine Abenteuergroteske, die nicht recht<br />

in Erinnerung bleiben wollte, und auch „Dreist und<br />

gottesfürchtig" (1980) zeigte ihn als großen Komiker<br />

und gleichzeitig überforderten Regisseur. Ohnehin<br />

war er nie glücklich in Beverly Hills. Er spielte<br />

lieber mit befreundeten italienischen Kellnern<br />

Fußball, statt sich mit den Reichen und den<br />

Schönen abzugeben. <strong>Die</strong> Folge: zurück zur<br />

reinen Schauspielerei.<br />

Während der Dreharbeiten zum Piratenfilm<br />

„Dotterbart" (Original: „Yellowbeard"<br />

mit Monty Python Graham Chapman) verstarb<br />

Marty Feldman 48-jährig überraschend an<br />

Herzversagen in Mexiko-City – angeblich ausgelöst<br />

durch eine Lebensmittelvergiftung, aber<br />

auch akut angestiegener Drogenkonsum dürfte ein<br />

Grund gewesen sein. Sein Leichnam wurde zur Musik<br />

von "I Can’t Give Anything But Love" in Los Angeles in<br />

der Nähe seines Idols Buster Keaton begraben. Der Song<br />

wurde ausgesucht von seiner Witwe Lauretta, mit der er<br />

23 Jahre verheiratet war und die er mindestens ebenso oft<br />

betrogen hatte. Einer seiner Kommentare dazu: „Der Erfolg<br />

ist mir auf die Eier gegangen."<br />

Oliver Schuh<br />

GoodTimes 1/2013 ■ Seite 95


<strong>Die</strong> Männer der Karin Dor:<br />

Foto: © DAVI<br />

DS/Bild<br />

ildarchi<br />

v Hallhu<br />

llhuber<br />

Von Christian Simon<br />

Sie ist unbestritten eine deutsche Kinolegende. Als<br />

erstes und einziges deutsches Bond-Girl agierte sie<br />

1966 in Man lebt nur zweimal " an der Seite Sean<br />

" Connerys. Bereits 1962 stand Karin Dor neben Pierre<br />

Brice für den ersten Winnetou-Film Der Schatz im<br />

" Silbersee" vor der Kamera. Mit ihren Rehaugen verzauberte<br />

sie die Kinobesucher und ist bis heute unvergessen<br />

als Ribanna, Winnetous große Liebe. In der Edgar-<br />

Wallace-Reihe sorgte sie für erotisch-gruselige Schauer.<br />

Mit tAlfred Hitchcock drehte sie den Thriller Topas". Los<br />

"<br />

Angeles war lange Zeit ihre Wahlheimat. Wegen ihres an<br />

Alzheimer erkrankten Mannes kehrte sie vor einigen Jahren<br />

nach Deutschland zurück. Seit 2007 ist Karin Dor verwitwet und<br />

lebt heute in Niederbayern.<br />

Sie haben hb in den 1960er Jahren in<br />

Mein Mi Gott, wenn das doch nur zu Italien gehören<br />

würde. <strong>Die</strong> Landschaft ist traumhaft schön, verwundet und<br />

spielt. Ahnten Sie damals schon, aber es fehlte die Freiheit der Leute.<br />

trägt mich jetzt. t.<br />

dass<br />

die Filme so erfolgreich wer-<br />

Sie haben alle Stunts selbst gemacht und Was ich aber<br />

den würden?<br />

sich dabei einmal schwer verletzt. nicht wusste:<br />

Nein, beim<br />

ersten Film überhaupt nicht, das Ich bin vom Pferd gestürzt. Das war bei Das war meinee<br />

hat kein Mensch geahnt. Es hat uns sehr viel „Winnetou II". Wir hatten zwei Schimmel. Kopfwunde, die<br />

Spaß<br />

gemacht, aber keiner hat gedacht, dass Ich sollte meinen warmreiten. Allerdings war so blutete. <strong>Die</strong><br />

es so einschlagen würde. Bei der Premiere war der eine Steigbügel ein bisschen kürzer als wurde dann<br />

es klar, das<br />

merkte man an der Reaktion der der andere. Ich habe ihn angezogen und geklammert.<br />

len, der ist selbstst<br />

mehreren eren Winnetou-Filmen mitge-<br />

Leute.<br />

e.<br />

unterwegs gemerkt, dass es immer noch nicht Schließlich<br />

Sie sind<br />

unvergessen als Ribanna stimmte. Wir waren auf sehr hartem, gestampftem<br />

Lehmboden im Galopp unterwegs, als ich noch einen<br />

hatte ich<br />

– Winnetous große Liebe. Damals<br />

wurden Sie<br />

doch sicher überall die Zügel anzog, um das Pferd zum Stehen zu Haarriss in der<br />

erkannt?<br />

n bringen. Was ich nicht wusste: Der Stallbursche<br />

hatte das Pferd vertauscht – ich saß auf<br />

einem Kaskadeur-Pferd (Pferd für Stunts und<br />

Trickreiten, Anm. d. Autors). Beim Anziehen<br />

der Zügel ging das Pferd auf die Hinterhand.<br />

Normalerweise rollt man sich sofort ab, aber ich<br />

war so geschockt von der Reaktion des Pferdes,<br />

dass es mich so richtig platt auf den Rücken<br />

gelegt hat. Jemand nahm mich auf den Arm<br />

und trug mich rauf, und ich sah, dass er Blut<br />

am Hemd hatte. Ich dachte: Um Gottes wil-<br />

Ja, das ist sogar bis heute so. Ich kriege<br />

immer mer noch<br />

viel Autogrammpost. Von Amerika<br />

und vom Ausland wegen James Bond und<br />

Hitchcock. Aber sonst – aus Europa, der<br />

Tschechei h und wo die alle herkommen, das ist<br />

alles les wegen Karl<br />

May.<br />

Wie war Pierre<br />

Brice denn so?<br />

Sehr, sehr<br />

nett. t. Ich hoffe, er ist noch nett, er<br />

lebt ja noch<br />

(lacht). Er sah damals aus wie ein<br />

Märchenprinz. rinz<br />

Aber man sah dann von Film zu<br />

Film, wie der Schmelz etwas schwand.<br />

Es<br />

war<br />

ja körperlich sehr anstrengend –<br />

wir mussten sehr früh aufstehen, weil<br />

wir etwa<br />

zwei Stunden Fahrt hatten bis<br />

zum Motiv, dann die Hitze und die mit<br />

ihrer Reiterei, erei<br />

ei, das strengte schon sehr an.<br />

Aber<br />

er ist ja ein<br />

Mann, er kann sich das<br />

erlauben.<br />

en.<br />

<strong>Die</strong> Karl-May-Filme entstanden alle<br />

in Jugoslawien, erinnern Sie sich an<br />

die Dreharbeiten?<br />

1959 9 habe<br />

ich<br />

den ersten Film dort<br />

gemacht, und da<br />

gab es gar nichts. Man<br />

musste sich alles le mitbringen. Ich war<br />

nicht so angetan. Ich hab' immer gesagt:<br />

Karin Dor und Pierre Brice<br />

Wirbelsäule. Zwei Zentimeter eterer höher, und ich<br />

wäre gelähmt gewesen für den Rest meines<br />

Lebens.<br />

Sie waren damals mit Harald Reinl verheiratet,<br />

der bei den meisten Winnetou-<br />

Filmen Regie führte. Sie waren sehr jung,<br />

als Sie geheiratet haben.<br />

Ja, knapp 17. Ich habe es aber nicht bereut, wir<br />

hatten ja zehn Jahre eine sehr gute Ehe.<br />

Mit Harald Reinl haben Sie auch die<br />

Edgar-Wallace-Filme gedreht. Klaus<br />

Kinski spielte da meist den<br />

Bösewicht. Er galt schon damals<br />

als ziemlich exzentrisch und unberechenbar.<br />

Sie haben sich aber gut<br />

mit ihm verstanden?<br />

Ja, ich bin herrlich mit ihm ausgekommen<br />

und mochte ihn sehr. Das meiste war ja<br />

alles gespielt. Nur bei Inkompetenz wurde<br />

er fuchsig. Ich werde aber nie vergessen: Er<br />

lebte damals noch in Rom und hatte acht<br />

Tage drehfrei. Wir haben in Jugoslawien<br />

gedreht, und er sagte zu mir: Ich würde<br />

so gerne nach Rom fahren, leihst du mir<br />

dein Auto. Er war aber dafür bekannt,<br />

dass er seine teuren Wagen alle zu Schrott<br />

Seite 96 ■ GoodTimes 1/2013


i<br />

darchiv<br />

Hall<br />

huber<br />

/B ildarc<br />

Foto: DA<br />

VIDS/Bil<br />

fuhr. Und ich hatte damals gerade einen neuen<br />

230 SL. Ich sagte: Du, ich weiß, dass du jedes<br />

Edgar<br />

Wallace<br />

Auto zu Schrott fährst, aber ich vertraue dir<br />

mein Auto an. Acht Tage später brachte er das<br />

Auto picobello wieder zurück, und es war voll<br />

von Geschenken, unglaublich: herrliche Pucci-<br />

Kleider, Zigaretten, Lippenstifte und Crèmes,<br />

alles, was man da unten nicht bekam.<br />

Für "<br />

James Bond " mussten Sie nach<br />

London, um sich vorzustellen.<br />

Ich war stinksauer. Ich wollte in den Urlaub<br />

fahren. Aber meine Agentin buchte mir einen<br />

Flug nach London. Auf dem Flughafen kaufte<br />

sie mir hochhackige Schuhe, in denen ich kaum<br />

laufen konnte, weil sie eine 1,75 Meter große<br />

Blondine suchten. Und ich war 1,65 Meter<br />

und dunkel (lacht). Wir waren nachmittags bei<br />

Produzent Albert Broccoli zum Tee eingeladen.<br />

Während der Unterhaltung fragte er plötzlich,<br />

welchen Bond-Film ich gesehen hätte. Ich<br />

sagte: gar keinen. Worauf er meinte: Oh, that’s<br />

the girl I have to pay a ticket for!<br />

Stimmt es, dass Sie auch Sean Connery<br />

nicht kannten?<br />

Ich kannte ihn tatsächlich nicht. Bei den<br />

ersten Proben dachte ich: Um Gottes willen,<br />

Karin Dor mit Sean Connery<br />

ist der langweilig. Aber als die Klappe fiel, war<br />

plötzlich alles da: der Wahnsinnscharme, die<br />

Coolness und „the sparkle", dieses berühmte<br />

Funkeln in den Augen. Er war phänomenal.<br />

Aber bei Proben hat er sich nie angestrengt. Er<br />

war schon ein toller Typ.<br />

Als Bond-Girl Helga Brandt erleiden<br />

Sie einen spektakulären Tod – Sie werden<br />

von Piranhas aufgefressen. Sie wollten<br />

die Szene unbedingt ohne Double drehen.<br />

Ja, ich wollte das selbst machen, das war ja<br />

nichts Besonderes, da konnte ja nichts passieren.<br />

Es waren also keine echten Piranhas im<br />

Becken ...<br />

Nein, es waren Taucher drin, die mich an den<br />

Füßen ein bisschen runterziehen mussten. Bei<br />

der Probe haben die mich an den Füßen gekitzelt.<br />

Da musste ich erst irrsinnig lachen.<br />

Zwei Jahre später engagierte sie dann<br />

Alfred Hitchcock für den Film Topas".<br />

Waren Sie sehr nervös? "<br />

Ich bekam morgens um vier einen Anruf von<br />

Walter Kohner, meinem Agenten. Er sagte:<br />

Karin, nächste Maschine nach Amerika buchen<br />

und sofort heute noch abfliegen, Hitchcock<br />

will Sie sehen. Das ließ ich mir natürlich<br />

nicht zweimal sagen. Ich wusste aber, dass<br />

Hitchcock schon mit über 90 Schauspielerinnen<br />

Probeaufnahmen gemacht hatte. Deshalb flog<br />

ich nur mit einem Köfferchen rüber und dachte:<br />

Wunderbar, du bleibst acht Tage, hängst noch<br />

ein bisschen Urlaub dran und genießt das.<br />

Es kam bekanntlich anders.<br />

Ich kam rüber und wurde rausbestellt zu<br />

Universal ins Büro von Hitchcock. Sein Büro<br />

war mit Esszimmer und großem Salon, mein<br />

Agent durfte gar nicht mit rein, sondern nur<br />

die Sekretärin vom Hitchcock und ich, wir drei.<br />

Wir haben zu Mittag gegessen, unterhielten<br />

uns. Er war hinreißend. Und plötzlich sagte er:<br />

Kennen sie Miss Edith Head? (<strong>Die</strong> Schneiderin<br />

der Hitchcock-Filme, Anm. d. Autors) Ich sagte:<br />

Topas<br />

Klar, wer kennt sie nicht, mit all ihren Oscars.<br />

Er darauf: Ich glaube, es wäre eine gute Idee,<br />

wenn Sie zu ihr gingen und an sich Maß<br />

nehmen ließen. Das war seine Art, mir klar<br />

zu machen, dass ich die Rolle hatte. Ich bin<br />

beinahe zusammengebrochen, ich habe einen<br />

Jubelschrei losgelassen.<br />

Sie verstanden sich ausgezeichnet mit<br />

Hitchcock. Dabei soll er doch so schwierig<br />

gewesen sein, ein Frauenfeind.<br />

Es hieß immer, er hasst alle Schauspielerinnen.<br />

Ich wurde vorher auch gewarnt, sogar Rock<br />

Hudson hat mich gewarnt: Oh Gott, du Arme.<br />

Aber wir hatten gleich einen guten Draht<br />

zueinander.<br />

Wie sehen Ihre beruflichen Pläne aus?<br />

Eine Theaterrolle, die man mir letztes Jahr im<br />

Januar angeboten hat, habe ich jetzt zugesagt.<br />

Es ist traumhaft, sehr komisch: „Pythonee".<br />

Das spiele ich in Düsseldorf. Nächstes Jahr<br />

spiele ich in Köln nach einem Buch von Esther<br />

Vilar, „Der dressierte Mann". Ein Vier-Personen-<br />

Stück, es sind<br />

zwei Mütter<br />

eines jungen<br />

Paares.<br />

Ich bin die<br />

Mutter von<br />

ihr, Marianne<br />

Rogée ist die<br />

Mutter von<br />

ihm. Ich habe<br />

beim Lesen<br />

so gelacht,<br />

da freue ich<br />

mich richtig<br />

drauf. Karin Dor heute<br />

v Ha<br />

llhuber<br />

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ildarchi<br />

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Foto<br />

:©<br />

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1/3-AZ hoch


Schulmeister-TV:<br />

Heinz Maegerlein ließ die Kandidaten schwitzen<br />

" Tausende standen an den Hängen und Pisten." "<br />

Und jetzt wickeln die Damen<br />

ihre 100 Meter Brust ab." Zwei Sätze, die Fernsehgeschichte schrieben. Sie<br />

stammen aus dem Munde von Heinz Maegerlein, fast 20 Jahre lang (1958<br />

bis 1976) redseliger Abteilungsleiter Sport beim ehrwürdigen Bayerischen<br />

Rundfunk. Historisch noch bedeutsamer wurde er aber dank seiner elf Jahre<br />

währenden Moderation der Oberlehrer-Quizsendung "<br />

Hätten Sie's gewusst?".<br />

Kaum jemand hätte sich den Mann als Geschichtsoder<br />

Deutschlehrer gewünscht. Seine Show<br />

ähnelte eher dem grauslichen Frontalunterrichtt<br />

am Gymnasium als dem Anspruch gediegenerer<br />

Fernsehunterhaltung. Auf manchmal schon mitleidslose Weise<br />

fertigte er die gut präparierten, aber auch mal mehr, mal weniger<br />

ahnungslosen Kandidaten ab. Und man konnte sich nie ganz des<br />

Eindruckes erwehren, dass er es insbesondere bei den Kandidatinnen<br />

datinnen<br />

nicht ganz verstehen wollte, warum die sich hinter<br />

dem Herd hervorgetraut hatten.<br />

Das Spiel war einfach, die Zeiten zuvor waren schwer<br />

genug gewesen. Nach dem „17 und 4"-Prinzip war<br />

das Ziel, schnellstmöglich 21 Punkte zu erreichen,<br />

je nach Grad der Schwierigkeit gab es<br />

einen bis elf Punkte. Mit den meisten<br />

damaligen Wissensgebieten könnte man<br />

heute keine Show mehr senden, und sei<br />

es um drei Uhr morgens zum Konsum<br />

von Hanf: Pflanzenkunde, Oper,<br />

Sagen der Völker etc. standen auf<br />

dem Fragezettel. „Was versteht man<br />

unter Karnivoren oder Insektivoren?"<br />

„In welchem Jahr wurde Verdis Oper<br />

‚Rigoletto’ uraufgeführt?" „In welcher<br />

Sage kommt Hagen von Tronje vor?"<br />

<strong>Die</strong> Kandidaten saßen wie später<br />

bei Wim Thoelke in schalldichten<br />

Kabinen und wurden von<br />

Maegerlein per Mikrofon zugeschaltet,<br />

wenn sie an der Reihe waren.<br />

Vor jeder Frage wurde ihnen die<br />

dazugehörige Kategorie mitgeteilt<br />

und die Möglichkeit gegeben, den Vermarktung weit vor Wer wird<br />

Schwierigkeitsgrad und die damit Millionär" – das Spiel zur "<br />

Sendung<br />

verbundene Punktzahl anzugeben, die sie mit der Beantwortung<br />

erreichen konnten. <strong>Die</strong> falsche Antwort führte zu entsprechendem<br />

Punktabzug. Das Spannende: Kein Kandidat hatte auch nur die<br />

geringste Ahnung, wie der Punktestand der Konkurrenten war.<br />

„Na, das wundert mich jetzt aber, dass Sie darauf keine Antwort<br />

finden." „Das ist doch eigentlich ganz leicht zu beantworten."<br />

„Na, Sie machen es uns heute aber schwer." Es ist nicht bekannt,<br />

wie viele der schwitzenden Kabineninsassen angesichts des<br />

manchmal arg schulmeisterlichen Tons den Moderator am<br />

liebsten erwürgt hätten. Mit Respekt hatte sein Oberlehrerton hin und<br />

wieder wenig zu tun. <strong>Die</strong> recht bescheidenen Sachpreise – hier mal ein<br />

Radio, dort ein Fotoapparat – treiben einem heute Lachtränen in die<br />

Augen. Damals war es der Hammer. Aber auch heute würde sich der eine<br />

oder andere über den Hauptgewinn, eine BMW Isetta, freuen, und sei es<br />

nur aus purer Nostalgie.<br />

Unvergessen ist der Top-Scorer der Raterunde, ein<br />

Mann namens Rudolf Steiner, Fachgebiet Oper.<br />

Hierbei handelte es sich nicht um den österreichischen<br />

Esoteriker, sondern laut eigenem Bekunden<br />

um einen „Handelsvertreter in Damenunterwäsche",<br />

dem man das gar nicht ansah.<br />

Heinz Maegerlein sah sich in den späten 60ern<br />

zunehmender Kritik ob seines Redeflusses ausgesetzt.<br />

Nach der Berichterstattung von 16<br />

Olympischen Spielen, diversen Europa- und Weltmeisterschaften t jedweder<br />

d<br />

Sportart und vielen anderen Sportereignissen warf man ihm zudem vor,<br />

dass er den jungen Nachrückern im Reporterstamm den Weg versperre.<br />

Noch weitere acht Jahre übte er das Amt des Abteilungsleiters Sport beim<br />

Bayerischen Rundfunk aus, war jedoch kaum noch vor der Kamera zu<br />

sehen. Er starb am 25. Oktober 1998 in Gräfelfing.<br />

Oliver Schuh<br />

Seite 98 ■ GoodTimes 1/2013


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