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Grönemeyer • Chris Jagger • Berluc • Big Jim Sullivan • Anyone's Daughter • Van Morrison • Alvin Lee • Family<br />
D: € 6,50 • Schweiz CHF 12,00 • A • L • NL • I • B: € 7,00 • Nr. 6/2012 • Dezember/Januar • www.goodtimes-magazin.de<br />
Bill Wyman<br />
Vergessene Jobs<br />
ohne Mick & Co.<br />
<strong>40</strong> JAHRE<br />
Jeff Lynne<br />
Magie der<br />
Vergangenheit<br />
Joe Cocker<br />
Versprechen:<br />
Blues mit 80<br />
Kinks<br />
Filmhelden: Der<br />
Hollywood-Traum<br />
Jimi Hendrix<br />
Status Quo<br />
PUHDYS<br />
Steve Hackett • Don Felder • War Of The Worlds • Duffy Power • Edgar Brough<strong>to</strong>n Band • Donny & Marie Osmond
INHALT<br />
Ausgabe 121 · Dezember 2012/Januar 2013<br />
12 Jimi Hendrix<br />
Denkmal für ein Genie<br />
16 Herbert Grönemeyer<br />
Ich bin ein gnadenloser Optimist!"<br />
"<br />
18 Status Quo<br />
DVD, Soundtrack, Solo-Album<br />
22 Kinks<br />
Celluloid Heroes – der Traum von Hollywood<br />
24 Jeff Lynne/Electric Light Orchestra<br />
Rückschritt & Fortschritt<br />
25 Big Jim Sullivan<br />
Die letzte Session<br />
26 <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Musikladen</strong>"<br />
Startschuss "<br />
1972 – GoGos, Glam und gute Laune<br />
30 Bill Wyman<br />
Auswärtsspiele<br />
32 Joe Cocker<br />
Blues mit 80 – versprochen!<br />
34 Berluc<br />
Reise zu den Sternen – mit Macht durch die Decke<br />
82 <strong>GoodTimes</strong>-Tipp<br />
Band Of Horses – Ryan McGarvey<br />
84 <strong>GoodTimes</strong>-Festival: Beat Beat Beat<br />
Christie – Racey – Manfreds – Searchers<br />
85 Family<br />
Zwei Konzerte – oder mehr?<br />
86 Anyone's Daughter<br />
Schwaben-Romantik<br />
87 Van Morrison<br />
Beruf(ung): Sänger – kein "Plan B"<br />
88 Geburtstage<br />
Freddie Starr – Dave Clark – Scott Walker<br />
90 Chris Jagger<br />
Kleiner Bruder, großer Könner<br />
94 Live<br />
Van Morrison – Donny & Marie Osmond<br />
Bill Wyman – Peter Hammill<br />
98 <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong> Nuggets<br />
Goldstücke für die Ewigkeit<br />
102 Edgar Brough<strong>to</strong>n (Band)<br />
Der Chef rockt weiter<br />
104 Wie Elek<strong>to</strong>nik die Musik veränderte<br />
Teil 2: Techno und Gegenwart<br />
106 Steve Hackett<br />
Genesis und kein Ende<br />
109 <strong>GoodTimes</strong>-Newcomer<br />
Wooden Sky – The Fling<br />
110 SPV<br />
Labelporträt<br />
112 Don Felder<br />
Doppelhals & Solo-Album<br />
114 Jeff Wayne – War Of The Worlds<br />
Krieg der Welten – die nächste Version<br />
116 Duffy Power<br />
Comeback auf der Nylon-Gitarre<br />
117 Queen Es<strong>the</strong>r Marrow<br />
& The Harlem Gospel Singers<br />
118 Puhdys<br />
Abschied von einer Legende?<br />
120 Es war einmal ...<br />
Ein Blick zurück auf Denkwürdiges<br />
125 Alvin Lee<br />
Kreuzverhör<br />
126 Tomorrow (Keith West)<br />
Band-Archiv<br />
128 Major Minor Records<br />
Spurensuche<br />
130 ... zuguterletzt<br />
Beth Hart – KuK – Black Country Communion<br />
Jimi Hendrix, S. 12<br />
Bill Wyman, S. 30<br />
Status Quo, S.18<br />
Joe Cocker, S. 32<br />
RUBRIKEN<br />
4 Aktuell – Neues aus der Szene<br />
36 CD/Vinyl-Vorstellungen<br />
72 DVD/Blu-ray-Vorstellungen<br />
76 Buch-Vorstellungen<br />
78 <strong>GoodTimes</strong>-Shop<br />
80 Kleinanzeigen<br />
Edi<strong>to</strong>rial<br />
Kinks, S. 22<br />
Puhdys, S. 118<br />
81 Abo-Bestellschein<br />
92 Kolumne: Christian Simon<br />
96 Kolumne: Tatzes Streifzüge<br />
108 Charts<br />
122 Konzertkalender<br />
126 His<strong>to</strong>ry<br />
130 Impressum<br />
Weihnachten rückt näher. Wie in jedem Jahr reagiert auch<br />
die Musikbranche auf das anstehende Fest: Die ersten Platten<br />
für besinnliche Stunden stehen in den Verkaufsregalen und/<br />
oder sind online herunterladbar. Zudem deutet die geradezu<br />
explodierende Zahl hochwertiger neuer CDs, DVDs und Vinylscheiben<br />
auf den Verkaufshöhepunkt der Branche hin: Aktuelles<br />
von Joe Cocker, Aerosmith, Kiss, Kris Kris<strong>to</strong>fferson, Steve<br />
Hackett oder Jeff Waynes Neubearbeitung seines „Krieg der<br />
Welten" sind im Angebot. Dazu gibt es hochwertige (Wieder-)Veröffentlichungen<br />
der „ganz Großen" der Musikhis<strong>to</strong>rie – von den Beatles/Paul<br />
McCartney und Rolling S<strong>to</strong>nes über Led Zeppelin bis hin zu Jerry Garcia; all diese<br />
Produkte zielen auf die im Advent erhöhte Kaufbereitschaft und auf weiter als üblich<br />
geöffnete Geldbeutel.<br />
Im Grunde also nichts Neues unter dem Musikhimmel. Und doch ist es auch für viele<br />
<strong>GoodTimes</strong>-Leser – als Konsumenten anspruchsvoller Rock- und Popklänge – eine paradiesische<br />
Hör-Zeit. Wir haben uns bemüht, in der einmal mehr kaum noch überschaubaren<br />
Neuheitenflut möglichst viel Interessantes für Sie, liebe Leserinnen und<br />
Leser, herauszufiltern. Außerdem waren unsere Mitarbeiter unterwegs, um mit wichtigen<br />
Künstlern zu sprechen und hinter die Kulissen zu blicken. Die vielleicht schönste<br />
Vorfreude beschert vielen Interessenten Roger Chapman: Seine Kultband Family<br />
kommt im Februar 2013 nach <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong>n wieder für zwei Reunion-Shows in London<br />
zusammen! Und: „Chappo" hat zumindest nicht kategorisch ausgeschlossen, dass er –<br />
bei entsprechendem Erfolg – mit seiner legendären Crew auch in Deutschland live zu<br />
erleben sein wird.<br />
Lassen Sie uns gemeinsam dafür die Daumen drücken! Bis es hoffentlich so weit ist,<br />
wünsche ich Ihnen und Ihren Familien schon jetzt ein erholsames Weihnachtsfest und<br />
ein erfolgreiches, vor allem gesundes neues Jahr – eines, in dem Sie uns auch weiter<br />
treu bleiben.<br />
Fabian Leibfried<br />
-Herausgeber/Chefredakteurjetzt<br />
No.7erhältlich!<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 3
Aktuell<br />
News<br />
Aktuell<br />
News<br />
Prominente Gäste beim Gedenkkonzert<br />
im Londoner Shepherd's Bush Empire zu<br />
Ehren von Marc Bolan, dessen Todestag<br />
sich am 16. September zum 35. Mal<br />
jährte, waren neben der Tribute-Band T.<br />
Rextasy Steve Harley, Tony Visconti, Bill<br />
Legend, Boy George, Linda Lewis, Lindsey<br />
de Paul, Alvin Stardust. Bolan-Fans waren<br />
aus Deutschland, Schweden, Italien,<br />
Japan, Norwegen und den USA angereist.<br />
Die Gedenkfeier zum 35. Todestag fand<br />
in der Kapelle statt, in der 1977 auch<br />
die Trauerfeier abgehalten worden war.<br />
Rabbiner Henry Goldstein, der am 20.<br />
September 1977 die Trauerrede gehalten<br />
hatte, sprach ebenso wie Vertreter von<br />
Fanclubs sowie Frank Pitta, ein Freund<br />
Bolans aus Jugendtagen. Bei zahlreichen<br />
weiteren Veranstaltungen wurde des zu<br />
früh bei einem Au<strong>to</strong>unfall ums Leben<br />
gekommenen Glam-Rock-Idols gedacht.<br />
„Es waren aufregende Tage und wirklich<br />
gelungene Events in London", konstatierte<br />
ein deutscher Teilnehmer gegenüber<br />
<strong>GoodTimes</strong>+++<br />
Anfang Ok<strong>to</strong>ber sind die Kandidaten<br />
für die nächste Aufnahmerunde in die<br />
Rock'n'Roll Hall Of Fame bekanntgegeben<br />
worden. Hoffnungen auf eine Kür als<br />
2013er Neuzugänge können sich machen:<br />
die Marvelettes, Donna Summer (posthum,<br />
um vierten Mal nominiert!), Heart, Procol<br />
Harum, Deep Purple, Chic, The Meters,<br />
Albert King (ebenfalls posthum), die Paul<br />
Butterfield Blues Band, Kraftwerk, Randy<br />
Newman, Rush, Joan Jett, Public Enemy<br />
und NWA. Wer am 18. April bei der Aufnahmezeremonie<br />
dabei sein darf, wird Mitte<br />
Dezember verkündet+++<br />
Bereits zum dritten Mal treffen sich am 30.<br />
November und 1. Dezember Fans aus ganz<br />
Europa zum „Rory Gallagher Weekend"<br />
in der Für<strong>the</strong>r Kofferfabrik, um sich<br />
über ihr Idol auszutauschen und renommierten<br />
Cover-Bands auf den Zahn zu<br />
fühlen bzw. sich von ihnen unterhalten zu<br />
lassen: Mit dabei sind Remember Rory, The<br />
Loop, Bearded Babies, die zu den Top-Acts<br />
der internationalen Gallagher-Szene gehören<br />
sowie die fränkischen Lokalmatadoren<br />
The Fac<strong>to</strong>ry Y Blues Xtended. An beiden<br />
Abenden ist auch Barry Barnes, Gitarrist<br />
und Sänger der englischen Band Sinnerboy,<br />
mit einem Akustikset dabei. Ebenfalls<br />
wieder zu sehen: eine große Rory-Ausstellung<br />
mit vielen Exponaten, präsentiert von<br />
rorysfriends.de+++<br />
„Live@Rockpalast" ist eine neue Reihe von<br />
insgesamt 15 DVD-Veröffentlichungen betitelt,<br />
die Sony <strong>Music</strong> in Kooperation mit<br />
dem „KulturSpiegel" an den Start bringt.<br />
Die auch als Box konzipierte Serie dokumentiert<br />
die Auftritte von deutschen Acts<br />
in der längst legendären TV-Musikshow<br />
des WDR, deren stilistische Bandbreite<br />
über die <strong>Jahre</strong> stetig<br />
größer geworden ist:<br />
Zum Rock gesellten<br />
sich alle möglichen<br />
aktuellen Genres, ob<br />
Indie, Metal, HipHop<br />
oder Pop. Die neue<br />
DVD-Serie bietet<br />
bislang unveröffentlichte<br />
Konzerte<br />
von Achim Reichel,<br />
Nina Hagen, Spliff,<br />
Ideal, Spider Murphy<br />
Gang, Ulla<br />
Meinecke, Fury In<br />
The Slaughterhouse,<br />
Silbermond, Söhne<br />
Mannheims, Dick<br />
Brave, Guano Apes,<br />
H-Blockx, Tocotronic,<br />
Selig und Wir<br />
sind Helden. Die DVDs werden in einer<br />
Deluxe-Verpackung inklusive Booklet mit<br />
einer ausführlichen Beschreibung zum jeweiligen<br />
Konzert angeboten. Für Sammler<br />
gibt es eine limitierte Box mit allen 15<br />
DVDs+++<br />
Die Aufnahmen für das erste Snakecharmer-Album<br />
machen Fortschritte, und<br />
inzwischen hat die Band mit Frontiers<br />
Records auch ein renommiertes Label gefunden.<br />
Gegründet haben die Gruppe die<br />
Rock + Pop<br />
Memorabilia<br />
Wall Of Fame • P.O. Box 1950 • 48580 Gronau<br />
Tel.: 0171/7412584 • eMail: info@wall-of-fame.de<br />
Internet: www.wall-of-fame.de<br />
Goldene Schallplatten, Signaturen etc. von Abba<br />
bis Zappa. Das weltweit größte Angebot an Raritä ten<br />
aus dem Bereich Rock+Pop Memorabilia.<br />
Anfragen bitte telefonisch.<br />
früheren Whitesnake-Mitglieder Micky<br />
Moody (g) und Neil Murray (b) gemeinsam<br />
mit Laurie Wisefield (g, Wishbone Ash,<br />
Tina Turner), Harry James (dr, Thunder,<br />
Magnum), Adam Wakeman (keys, Ozzy Osbourne)<br />
und Chris Ousey (voc, Heartland).<br />
Ein Veröffentlichungstermin steht noch<br />
nicht fest+++<br />
Brian Wilson, in den letzten Monaten<br />
schwer gefordertes Mastermind der Beach<br />
Boys, musste sich Mitte September einer<br />
Rückenoperation unterziehen. „Bevor die<br />
Jubiläums<strong>to</strong>ur der Beach Boys startete,<br />
hatte ich schon Probleme im Kreuz, aber<br />
ich wollte die Tour um keinen Preis verpassen",<br />
verkündete Wilson und ergänzte:<br />
„Die Probleme sind wohl erblich bedingt,<br />
weil auch schon mein Bruder Carl daran<br />
litt"+++<br />
Auch mit nur einem Bein (nach der Diabetes-bedingten<br />
Amputation seines rechten<br />
Gehwerkzeugs) lässt sich Mountain-Boss<br />
Leslie West in seinem Schaffensdrang<br />
nicht bremsen. Derzeit arbeitet er in den InterMediapost<br />
Studios in Paramus, New Jersey,<br />
an einem neuen Solo-Album. Dafür hat<br />
er sich seinen Kollegen Jonny Lang geholt,<br />
um eine Neufassung von Percy Sledges<br />
"When A Man Loves A Woman" einzuspielen.<br />
„Was für ein großartiger Gitarrist und<br />
was für ein noch beachtlicherer Sänger",<br />
schwärmte West hinterher. Das Album soll<br />
„irgendwann 2013" erscheinen+++<br />
Wenn die Originale schon nicht mehr<br />
selbst live unterwegs sind, muss man sich<br />
als Liebhaber eben mit Cover-Acts behelfen.<br />
Diese Devise beherzigen offensichtlich<br />
viele Musikfans, was ausverkaufte<br />
Hallen nicht nur im Falle von diversen<br />
Abba- oder Pink-Floyd-„Ersatzbands"<br />
beweisen. Ähnliches versuchen jetzt<br />
Creedence Again und Massachusetts.<br />
Erstgenannte Formation gilt in<br />
Expertenkreisen als au<strong>the</strong>ntischste CCR-<br />
Cover-Band. „Creedence Again sind eine<br />
gnadenlose gute Gruppe", attestierte<br />
Pop-Superstar Pink der US-Combo<br />
um Sänger Cameron John. Die kommt<br />
jetzt erstmals nach Europa, und allein<br />
in Deutschland sind bis April knapp 50<br />
Shows unter dem Mot<strong>to</strong> „Hey Tonight<br />
Live 2013" gebucht. Als „Das Bee Gees<br />
<strong>Music</strong>al" angekündigt sind die Konzerte<br />
der italienischen Band Massachusetts:<br />
Die besteht im Wesentlichen aus den drei<br />
Egiziano-Brüdern, die die Geschichte der<br />
legendären Brüdergruppe mit allen Hits<br />
erzählen und laut Veranstalter in engem<br />
Kontakt mit der Familie Gibb stehen. Sie<br />
sind „In Memoriam To Robin & Mau rice<br />
Gibb" ab dem 16.1. ebenfalls bis April<br />
unterwegs+++<br />
Fo<strong>to</strong>s: © Jeff Kleeman<br />
Creedence Again<br />
THE POWER OF MIND heißt die neue<br />
Scheibe, die John Law<strong>to</strong>n demnächst<br />
veröffentlichen wird. Der frühere Sänger<br />
von Uriah Heep und Lucifer's Friend (einst<br />
auch Mitglied der Les Humphries Singers)<br />
hat für das Konzeptalbum mit der bulgarischen<br />
Band Diana<br />
Express zusammengearbeitet<br />
und 14 Songs<br />
aufgenommen.<br />
„Es geht um positives<br />
Denken –<br />
das ist das Thema der Songs", sagt Law<strong>to</strong>n<br />
über sein Werk. „Die Melodien und Texte<br />
sagen viel darüber, wie wir uns gegenseitig<br />
in der heutige Welt wahrnehmen und<br />
miteinander umgehen sollten." THE PO-<br />
WER OF MIND ist erst Law<strong>to</strong>ns zweites<br />
Solowerk nach dem 2000er Album STILL<br />
PAYING MY DUES TO THE BLUES. Seine<br />
letzten Platten hatte der Engländer mit<br />
Bands wie Zar oder Gun Hill eingesungen+++<br />
Fo<strong>to</strong>: © R. Fengler<br />
Herzattacke, aber kein Infarkt – diese Diagnose<br />
erhielt Ventures-Gitarrist Nokie<br />
Edwards Mitte September in einem Krankenhaus<br />
in Japan, wo er sich während einer<br />
vierwöchigen Tournee seiner Band aufhielt.<br />
Inzwischen wurde der 77-Jährige operiert<br />
und soll sich auf dem Wege der Genesung<br />
befinden. Er hatte 2009 einen Herzinfarkt<br />
erlitten+++<br />
Vor einigen Monaten hatten sich Scott<br />
Gorham und die aktuelle Thin-Lizzy-<br />
Besetzung zurückgezogen, um an neuen<br />
Songs für das erste Album nach dem Tod<br />
von Bandleader Phil Lynott 1986 zu arbeiten.<br />
Doch dann hat die Gruppe es sich<br />
noch einmal überlegt und beschlossen, die<br />
Scheibe nicht unter dem alten Namen herauszubringen.<br />
„Aus Respekt vor Phil Lynott<br />
und seinem Erbe”, begründete Gorham die<br />
Entscheidung. „Wir haben 20 Songs geschrieben<br />
und sind sicher, dass Phil s<strong>to</strong>lz<br />
auf sie wäre. Wir werden das neue Material<br />
bald veröffentlichen – allerdings werden<br />
wir erst im neuen Jahr bekanntgeben, unter<br />
welchem Namen das passieren wird." Sänger<br />
Ricky Warwick ergänzte, dass die Band<br />
nur noch bis Ende 2012 unter dem Namen<br />
Thin Lizzy unterwegs sein wird: „Nach der<br />
Europa-Tour ist damit Schluss!"+++<br />
Der Platten-Output der schottischen Formation<br />
The Blue Nile ist extrem dünn.<br />
Die als Trio gestartete und auf Quartettgröße<br />
angewachsene Band brachte es seit<br />
Beginn der 80er <strong>Jahre</strong> auf nur vier Alben,<br />
dessen „jüngstes", HIGH, 2004 erschien.<br />
Ansonsten gibt es lediglich einige verstreute<br />
Tracks und ein paar Kollaborationen, vor<br />
allem von Sänger Paul Buchanan (mit Peter<br />
Gabriel, Annie Lennox und Robbie Robert-<br />
Seite 4 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
News Aktuell News<br />
Anzeige<br />
son von The Band). A WALK ACROSS THE<br />
ROOFTOPS (1984) und HATS (1989), die<br />
einst bei Virgin Records erschienen, werden<br />
jetzt als limitierte Special Double-CD-Editions<br />
neu aufgelegt. Beide Alben wurden<br />
von Buchanan, Blue-Nile-Bassist Robert<br />
Bell und dem originalen Soundmann Calum<br />
Malcolm remastert und enthalten jeweils<br />
eine Bonus-CD mit teils extrem seltenen<br />
Tracks+++<br />
Einige interessante Veröffentlichungen<br />
verspricht der Reissue-Spezialist Sireena<br />
Records für die nächsten Wochen und<br />
Monate: Das Elektronikprojekt Mythos<br />
hat mit SURROUND SOUND EVOLUTION<br />
ein neues Album im Kasten. Die 1979er LP<br />
GEWALT IST SCHITT der Deutsch-Rockveteranen<br />
Franz K kommt erstmals auf CD.<br />
Dazu steht mit THE SPIRIT OF SIREENA<br />
VOL 7 der alljährliche Labelsampler mit<br />
2012er-Veröffentlichungen ins Haus. Erster<br />
Höhepunkt 2013 ist dann MAGNIFICA-<br />
TION von Yes auf Vinyl, dem sich weitere<br />
Vinyl-VÖs wie STAMPEDE von Krokus<br />
und RECYCLED von Nektar anschließen.<br />
Im Laufe des nächsten <strong>Jahre</strong>s sollen dann<br />
drei weitere Re-Releases der schwedischen<br />
Prog-Rocker Tribute folgen. Desgleichen<br />
in der Pipeline sind „Rockpalast"-DVDs<br />
von Der Moderne Mann, Bullfrog und<br />
der Pee Wee Bluesgang. Und dann wäre<br />
da noch LIVEKRAUT, die Fortsetzung<br />
von JAZZKRAUT mit Livetiteln von Grobschnitt,<br />
Jane, Anyone's Daughter, Mythos,<br />
Karthago únd anderen+++<br />
Auch im Jahr 2013 bricht der „Blues<br />
Caravan" mit Akteuren des Blues-<br />
Labels Ruf Records auf, um zunächst in<br />
Deutschland, dann auch in Rest-Europa<br />
und in den USA zu <strong>to</strong>uren. Er steht<br />
dabei unter dem Mot<strong>to</strong> „Tomorrow's<br />
Guitar Heroes" und präsentiert mit Jimmy<br />
Bowskill einen Künstler, der bereits<br />
mehrfach hier zu Lande live unterwegs<br />
war und sein Können demonstriert hat.<br />
Gleiches gilt für Joanne Shaw Taylor, die<br />
bereits 2009 „Blues Caravan"-Erfahrung<br />
sammelte. Ein echter Newcomer hingegen<br />
ist Bart Walker aus Nashville, der sich<br />
und sein Debütalbum WHO I AM ab dem<br />
23. Januar live vorstellt+++<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Für die alljährliche Royal Variety Show von<br />
Königin Elizabeth II., eine Benefizveranstaltung,<br />
am 19. November in der Londoner<br />
Royal Albert Hall waren Auftritte von<br />
Rod Stewart, Neil Diamond, Alicia Keys und<br />
Kylie Minogue angekündigt+++<br />
So traurig der Anlass – der Tod von Jon<br />
Lord vor wenigen Monaten – auch ist, er<br />
beschert den Fans des Hammondzauberers<br />
einige (Wieder-)Veröffentlichungen des<br />
einstigen Deep-Purple-Keyboarders: EMI<br />
bringt sein Solowerk BEFORE I FORGET<br />
von 1982 remastert heraus, inklusive der<br />
Beiträge die die Gitarristen Bernie Marsden<br />
(Whitesnake) und Mick Ralphs (Bad Company)<br />
und die Drummer Simon Phillips und<br />
Ian Paice damals geleistet hatten+++<br />
Derzeit räumt Peter Maffay wieder einmal<br />
live mit „Tabaluga" ab, doch der<br />
62-Jährige macht sich durchaus Gedanken<br />
über das Älterwerden. „Meine Zeit läuft<br />
langsam ab. Ein Tod mit 63 ist nicht so<br />
außergewöhnlich. Ich wäre kein Realist,<br />
wenn ich nicht schon mal darüber nachgedacht<br />
hätte", meinte er jüngst in einem<br />
Interview. Dennoch blickt er optimistisch<br />
nach vorn: „An Rente ist bei mir nicht zu<br />
denken. Mein Plattenvertrag läuft bis 2022.<br />
Bis dahin möchte ich noch einiges ausprobieren"+++<br />
Die Hollies haben ein Live-Album aufgenommen.<br />
„Nun hoffen wir, dass Tonys<br />
Sohn Paul Hicks bald Zeit findet, die Aufnahmen<br />
in Abbey Road abzumischen und<br />
zu mastern", sagte Drummer Bobby Elliott<br />
<strong>GoodTimes</strong>. Hicks jr., der gerade mit Dhani<br />
Harrison in Los Angeles aufnimmt, war mit<br />
einem Grammy für seine Beatles-Veredelungen<br />
ausgezeichnet worden. El liott über<br />
die weiteren Pläne der Altmeister: „Ende<br />
Januar geht es nach Neuseeland und Australien,<br />
danach beginnt im März unsere<br />
große UK-Tournee"+++<br />
Beatles-Manager Brian Epstein wird<br />
in seiner Heimatstadt Liverpool mit einer<br />
Statue geehrt – wenn Fab-Four-Fans die<br />
dafür notwendigen 96.274 Dollar aufbringen.<br />
Ein entsprechender Beschluss des Liverpooler<br />
Stadtrats wurde am 2. November<br />
bekanntgegeben. Die Statue soll vor dem<br />
Haus aufgestellt werden, in dem einst Epsteins<br />
Vater und Großeltern lebten+++<br />
Georgie Fame plant nach seiner neuen<br />
CD mit den kroatischen Jazzgrößen Primaz<br />
Grasic (g) und Mario Mavrin (b), LOST IN A<br />
LOVER'S DREAM, zwei weitere Alben: „Wir<br />
haben ein sehr schön klingendes Live teil<br />
mit meinen Söhnen Tristan (g) und James<br />
(dr) aufgenommen, und hier liegen zehn<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 5
Aktuell News Aktuell<br />
brandneue Kompositionen von mir, die ich<br />
mit den Blue Flames einspielen werde, sobald<br />
ich Zeit habe." Doch erst stehen nach<br />
der Rückkehr von einer Tournee mit Bill<br />
Wyman's Rhythm Kings im November weitere<br />
Konzerte als Georgie Fame & Sons ins<br />
Haus+++<br />
Ernie Isley (Isley Bro<strong>the</strong>rs), Rick Derringer,<br />
David Johansen, Merle Haggard, Ronnie<br />
Hawkins und Joe Bonamassa standen<br />
am 27. Ok<strong>to</strong>ber bei einem „All-Star<br />
Rock'n'Roll Hall Of Fame Tribute Concert”<br />
für die Rock'n'Roll-Legende Chuck<br />
Berry in Cleveland, Ohio, auf der Bühne.<br />
Anlass war die Eröffnung einer Ausstellung<br />
zu Ehren des 87-Jährigen, der immer<br />
noch jeden Monat eine Show in seiner<br />
Heimatstadt St. Louis spielt. Zu sehen sind<br />
unter anderem Bühnenklamotten, eine Gitarre<br />
und der Vertrag, den Berry 1958 bei<br />
Chess Records unterschrieben hat. Seinen<br />
musikalischen Enkeln gab der Altmeister<br />
folgende Ratschläge mit auf den Weg:<br />
„Erstens: Keep rocking! Zweitens: Seid<br />
nett zu euren Fans!" Ansonsten beklagte<br />
Berry sich über gesundheitliche Probleme:<br />
„Meine Stimme ist weg, meine Lungen<br />
pfeifen – die Zeiten des Singens sind für<br />
mich vorbei"+++<br />
In Beverly Hills ist bei einer Auktion von<br />
Memorabilia aus dem Besitz von Ron<br />
Wood der Hammer bei 60.800 Dollar gefallen<br />
– für eine 1955er Fender-Gitarre,<br />
die Woods live mit den Faces gespielt<br />
hatte. Eine Lithografie, die Wood von Eric<br />
Clap<strong>to</strong>n angefertigt hatte und von beiden<br />
handsigniert wurde, brachte immerhin<br />
5120 Dollar. Ein Teil des Auktionserlöses<br />
soll guten Zwecken zufließen+++<br />
Perfekt nicht nur für Nostalgiker: Bereits<br />
seit dem 2. November wiederholt das<br />
ZDF auf seinem Subkanal ZDF.Kultur die<br />
„Rockpop"-Sendungen werktags jeweils<br />
um 18.45 Uhr. Die wurden bekanntlich in<br />
den 80er <strong>Jahre</strong>n von <strong>GoodTimes</strong>-Mitarbeiter<br />
Christian Simon moderiert – verpasste<br />
Sendungen sollten noch in der Media<strong>the</strong>k<br />
des Kanals zu finden sein+++<br />
Ende Ok<strong>to</strong>ber erschien die deutsche Version<br />
des „Rock Science Game". Bei diesem<br />
Spiel für zwei bis sechs Teilnehmer<br />
muss man beim Umrunden des Spielfelds<br />
verschiedene Fragen zu Songs, Alben,<br />
Rocker, Sex & Drugs & Rock'n'Roll-Geschichten,<br />
My<strong>the</strong>n und Legenden beantworten.<br />
Damit für jeden etwas dabei ist,<br />
sind die Fragen in drei Schwierigkeitsgrade<br />
– Poser, Fan und Scientist – unterteilt,<br />
weiterhin sind alle Spieler ständig involviert,<br />
da sie wetten müssen, ob die anderen<br />
Mitspieler ihre Fragen beantworten<br />
können. Mit mehr als 1600 Fragen über<br />
Hunderte von Rockbands, von Top-Gruppen<br />
bis zu One-Hit-Wonders, von längst<br />
vergangenen Zeiten bis zu aktuellen<br />
Acts, dreht sich alles um Black Sabbath,<br />
AC/DC, Iron Maiden, Motörhead, Sex Pis<strong>to</strong>ls,<br />
Pearl Jam oder die Rolling S<strong>to</strong>nes.<br />
Mit dem „Rock Science Game" kann nun<br />
jeder spielerisch testen, wie gut sein Musikwissen<br />
wirklich ist+++<br />
Bei der Buchrezension zu „We Are Ugly<br />
But We Have The <strong>Music</strong>" in der letzten<br />
Ausgabe hatten sich leider Fehler eingeschlichen:<br />
Das Buch von Jonas Engelmann<br />
und seinen Mi<strong>the</strong>rausgebern ist beim Ventil<br />
Verlag, Mainz, mit der ISBN-Nummer 978-<br />
3-931555-39-9 erschienen. Und es kostet<br />
„nur" 17,90 Euro, nicht wie irrtümlich angegeben<br />
49,80+++<br />
Rick Parfitt hatte es im <strong>GoodTimes</strong>-Interview<br />
angedeutet (siehe S. 18), und in letzter<br />
Minute vor Drucklegung kam die Bestätigung:<br />
Die Originalbesetzung von Status<br />
Quo mit Francis Rossi, Parfitt, Alan Lancaster<br />
und John Coghlan ist – nach den<br />
„geheimen" Jamsessions für die DVD-Doku<br />
HELLO QUO 2011 – noch einmal live zu<br />
erleben, allerdings leider nur im UK: Zwischen<br />
dem 10. und 16. März treten Quo<br />
in Glasgow, Manchester, Wolverhamp<strong>to</strong>n<br />
und London (2x Hammersmith Apollo) live<br />
auf. Zuletzt <strong>to</strong>urte der Originalvierer 1981<br />
gemeinsam+++<br />
Musikalische Kreuzfahrten sind seit geraumer<br />
Zeit groß angesagt. Auch die<br />
britischen Rockveteranen Moody Blues<br />
mischen nun in diesem neuen Geschäftsbereich<br />
kräftig mit und bieten vom 20.<br />
bis 25. März 2013 für ihre Fans eine solche<br />
Schiffsreise an. Mit an Bord sind Greg<br />
Lake (ELP), Asia featuring John Pay ne,<br />
Ambrosia, The Strawbs, die Zombies,<br />
die Little River Band sowie Joe Williams<br />
(To<strong>to</strong>). Infos sind zu finden unter moodyblues<strong>to</strong>day.com+++<br />
Wie erst verspätet – und nach Redaktionsschluss<br />
der Rubrik „Vers<strong>to</strong>rben" – bekannt<br />
wurde, ist Christian Engel (*22.4.1950),<br />
der Schlagzeuger und Mitbegründer der<br />
Beatles Revival Band bereits am 14.<br />
Juli einem langen Krebsleiden erlegen. Die<br />
Cover-Band erfreute sich zu Zeiten des Kal-<br />
2x Tickets/je Stadt<br />
<strong>GoodTimes</strong> verlost unter allen Teilnehmern:<br />
Stichwort: Harlem Gospel Singers<br />
Bitte gewünschte Stadt angeben,<br />
wir versuchen Ihren Wunsch zu berücksichtigen.<br />
Stuttgart 25.12.12<br />
Mannheim 26.12.12<br />
Essen 31.12.12<br />
Köln 04.01.13<br />
Düsseldorf 06.01.13<br />
Frankfurt 07.01.13<br />
Hamburg 10.01.13<br />
Dortmund 12.01.13<br />
Die Gewinner werden benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
NikMa Verlag · Eberdinger Straße 37 · 71665 Vaihingen/Enz · Fax: 0 70 42/37660-188 · email: goodtimes@nikma.de<br />
Einsendeschluss ist der 15.12.2012!<br />
Seite 6 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
News Aktuell News<br />
ten Kriegs gerade auch im Ostblock und in<br />
der DDR großer Belieb<strong>the</strong>it, wo sie häufig<br />
<strong>to</strong>urte+++<br />
Zum <strong>40</strong>-jährigen Jubiläum von David<br />
Bowies "The Jean Genie" veröffentlicht<br />
EMI die Single als 7"-Sammlerstück in<br />
Form einer Vinyl-Picture-Disc. Ursprünglich<br />
wurde "The Jean Genie” in Großbritannien<br />
am 14. November 1972 von RCA<br />
als erste Single aus dem Album ALADDIN<br />
SANE veröffentlicht. Er habe mit diesem<br />
Song „denselben Sound kreieren wollen wie<br />
die S<strong>to</strong>nes auf ihrem allerersten Album mit<br />
der Mundharmonika”,<br />
erzählte Bowie<br />
1973 dem<br />
„New <strong>Music</strong>al<br />
Express".<br />
Im Dezember<br />
erreichte die<br />
Single, deren Titel<br />
eine Anspielung auf<br />
den französischen Romancier und Theaterau<strong>to</strong>r<br />
Jean Genet war, Platz 2 der UK-<br />
Charts. Die B-Seite der Jubiläumsausgabe<br />
enthält eine erst kürzlich wiederentdeckte<br />
Aufnahme der BBC von "The Jean Genie”<br />
vom Januar 1973 aus der Sendung „Top Of<br />
The Pops". Mit dabei war Bowies grandiose<br />
Begleitband Spiders From Mars mit Mick<br />
Ronson, Trevor Bolder und Woody Woodmansey.<br />
Beide Songs wurden von dem damaligen<br />
Toningenieur Ray Stuff remastert<br />
und werden nur kurz erhältlich sein+++<br />
Bei den gemeinsamen Bandprojekten EBC<br />
Roxx und Over The Rainbow hatten Tony<br />
Carey und Jürgen Blackmore bereits zusammengearbeitet,<br />
bei seinen anstehenden<br />
Gigs mit der Tony Carey Band wird der<br />
singende Keyboarder mit Rainbow- und<br />
Maffay-Vergangenheit den Sohn von Ritchie<br />
Blackmore im Schlepptau haben – so<br />
in Nürnberg (27.11.), Erding (29.11.) und<br />
München (30.11.). Die TCB besteht außerdem<br />
aus Jan E. Holberg (b), Per Ole Iversen<br />
(dr) sowie den Gitarristen Jostein Svarstad<br />
und Anders Norman+++<br />
Mit den Rolling S<strong>to</strong>nes ist Mick Jagger<br />
gerade wieder schwer beschäftigt, um die<br />
Konzerte zum 50-jährigen Jubiläum auf<br />
die Reihe zu bringen. Die Band spielte am<br />
25. Ok<strong>to</strong>ber einen vor Energie strotzenden,<br />
75-minütigen Warm-up-Gig im La Trabendo<br />
in Paris vor 700 begeisterten Besuchern,<br />
um sich für ihre jeweils zwei in London<br />
(25.+29.11.) und New York (13.+15.12.)<br />
geplanten Arena-Shows in Form zu bringen.<br />
Daneben findet Jagger aber offenbar<br />
auch die Zeit, um seiner zweiten Liebe zu<br />
frönen, dem Filmbusiness: Er wird die Verfilmung<br />
des Lebens von James Brown produzieren.<br />
Das Drehbuch schreiben Jez und<br />
John-Henry Butterworth („Fair Game”),<br />
Tate Taylor („The Help”) ist als Regisseur<br />
im Gespräch, während über die Besetzung<br />
noch nichts durchgesickert ist. „Ich hatte<br />
gehofft, das James-Brown-Biopic machen<br />
zu können, weil er für mich der elektrisierendste<br />
und aufregendste Bühnenperformer<br />
aller Zeiten war – es ist eine große<br />
Ehre, bei so einem Projekt dabei zu sein",<br />
ließ Jagger verbreiten+++<br />
Wenn diese <strong>GoodTimes</strong>-Ausgabe erscheint,<br />
ist der neue US-Präsident gewählt. Ob das<br />
Engagement diverser Rock- und Popstars<br />
Barack Obama wieder ins Weiße Haus geholfen<br />
hat oder zur Wahl von Mitt Romney<br />
beitrug, ist dann wohl nicht mehr festzustellen.<br />
Doch in den Wochen vor der Wahl<br />
legten sich jede Menge Künstler mächtig<br />
für einen der beiden Kandidaten ins Zeug:<br />
Meat Loaf jedenfalls sang gemeinsam mit<br />
Randy Owen von der C&W-Band Alabama<br />
und den Country-Stars Big & Rich "America<br />
The Beautiful" bei einer Romney-Veranstaltung<br />
in Defiance, Ohio. Bruce Springsteen<br />
und Rapper Jay-Z hingegen röhrten<br />
am Tag vor der Wahl in Madison, Wisconsin,<br />
für Obama. Auch Altmeister Chuck<br />
Berry lobte Obama über den grünen Klee,<br />
und Mo<strong>to</strong>wn-Legende Stevie Wonder veröffentlichte<br />
gar einen neuen Song mit dem<br />
Titel "Keep Moving Forward", um Obamas<br />
Wiederwahl zu unterstützen+++<br />
Soulveteran Bobby Womack ist vom<br />
britischen Magazin „Q” für sein Album<br />
THE BRAVEST MAN IN THE UNIVER-<br />
SE, sein erstes Studioprodukt seit 1994,<br />
ausgezeichnet worden. Der 68-jährige<br />
Womack war Anfang des <strong>Jahre</strong>s mit der<br />
Diagnose Darmkrebs konfrontiert worden,<br />
nachdem er 2010 von Damon Albarn<br />
(Blur) ermutigt worden war, wieder im<br />
Musikgeschäft aktiv zu werden. Albarn<br />
co-produzierte auch das nun ausgezeichnete<br />
Album+++<br />
Was andere können, kann ich auch, mag<br />
sich Sir Paul McCartney gesagt haben.<br />
Und so hat der Ex-Beatle nun auch „sein"<br />
Weihnachtsalbum aufgenommen. Es trägt<br />
den Titel HOLIDAYS RULE und enthält<br />
Beiträge von The Shins, fun., Rufus Wainwright<br />
& Sharon Van Etten, Andrew Bird,<br />
Calexico, The Civil Wars sowie The Head &<br />
The Heart. Außerdem widersprach McCartney<br />
in einem Interview mit Sir David Frost<br />
für den englischen Ableger des Fernsehsenders<br />
Al Jazeera der weitverbreiteten These,<br />
allein Yoko Ono sei schuld gewesen an der<br />
Trennung der Beatles. Zwar habe er es als<br />
„sehr schwierig" empfunden, dass Ono bei<br />
den Aufnahmesessions der Band dabei war.<br />
„Sie hat die Gruppe aber nicht gesprengt<br />
– dieser Prozess war bereits im Gange."<br />
Ihr avantgardistischer Ansatz habe John<br />
Lennon fasziniert, „der ohnehin schon auf<br />
dem Sprung war", sagte McCartney und<br />
ergänzte, er sei überzeugt, dass Lennon<br />
ohne Yoko Ono Songs wie "Imagine" nie<br />
geschrieben hätte+++<br />
Um bei den Beatles zu bleiben: Oscar-Gewinner<br />
Al Pacino wird die Hauptrolle in einem<br />
Film über einen fiktiven Rockstar spielen,<br />
der sein Leben und seine Karriere auf<br />
den Kopf stellt, nachdem er einen Brief von<br />
Lennon findet. Der Film wird „Imagine" heißen,<br />
das Drehbuch stammt von Dan Fogelman,<br />
der auch erstmals selbst Regie führen<br />
wird, nachdem er bislang für Kassenschlager<br />
wie „Crazy, Stupid, Love And Cars" „nur" als<br />
Au<strong>to</strong>r mitverantwortlich gezeichnet hatte.<br />
Drehbeginn ist im Frühjahr 2013+++<br />
Via Twitter hat Neil Young mitgeteilt,<br />
dass sein lange gestrichenes Album TIME<br />
FADES AWAY von 1973 neu aufgelegt und<br />
parallel mit der Präsentation seines Pono-<br />
Projekts herauskommen wird. Mit Pono<br />
hat Young einen iPod-Konkurrenten entwickelt,<br />
der im Gegensatz zum MP3-Player<br />
unkomprimierte HD-Files abspielen kann.<br />
Außerdem habe er vor, demnächst gemeinsam<br />
mit Dave Grohl (Nirvana, Foo Fighters)<br />
aufzunehmen+++<br />
Mittels einer wissenschaftlichen Studie haben<br />
die in den USA wie im UK beheimateten<br />
Kaplan International Colleges festgestellt,<br />
welche Musiker mit ihren Werken am<br />
hilfreichsten dabei sind, die englische Sprache<br />
zu erlernen. Ganz vorn landete bei der<br />
Erhebung Reggae-Legende Bob Marley,<br />
dahinter rangierten Michael Jackson, Madonna,<br />
Justin Bieber und Lady Gaga+++<br />
Sängerin Daliah Lavi veröffentlicht am<br />
5.12. kurz vor ihrem 70. Geburtstag die<br />
Song- und Video-Retrospektive MEINE<br />
WELT – DAS BESTE VON 1970 – 2008+++<br />
Bassist Roger Glover hat berichtet, dass<br />
Deep Purple bereits 14 Songs für ihr<br />
noch titelloses neues Studio-Album fertig<br />
haben. „Elf oder zwölf davon werden<br />
es wohl auf die Platte schaffen”, meinte<br />
Glover. Entstanden sind die Aufnahmen in<br />
Nashville, wo die Band mit Produzent Bob<br />
Ezrin wiederholt im Studio war+++<br />
Am 21. Januar wird TRANSITION, das neue<br />
Solowerk von Steve Luka<strong>the</strong>r (To<strong>to</strong>), in<br />
den Plattenläden stehen – in drei verschiedenen<br />
Formaten: als Deluxe Edition, als<br />
Jewel-Case-CD und als Vinyl+++<br />
Unsere Gewinner aus<br />
Heft 4/2012<br />
Stichwort "<br />
Sex Pis<strong>to</strong>ls"<br />
3x CD:<br />
- Michael Martin, Lichtenfels<br />
- Stefan Rodenbeck, Petershagen<br />
- Ralf Kohlwes, Varel-Borgstede<br />
Stichwort "<br />
The Baseballs"<br />
3x DVD:<br />
- Alfred Wal<strong>the</strong>r, Hamburg<br />
- Ot<strong>to</strong> Blunck, Cottbus<br />
- Reiner Bellstedt, Leipzig<br />
Unsere Gewinner aus<br />
Heft 5/2012<br />
Stichwort "<br />
Mega Records"<br />
5x 2 Tickets:<br />
- Matthias Lerbs, Achim<br />
- Fritz Erlemann, Werdohl<br />
- Bernd Schmalenbach, Lüdenscheid<br />
- Cord Sonnekalb, Bremen<br />
- Michael Wüseke, Merzhausen<br />
KING CRIMSON<br />
Im Rahmen der King Crimson <strong>40</strong>th Anniversary<br />
Edition folgt in diesem Jahr<br />
die Neuauflage des Klassiker „Lark‘s<br />
Tongues in Aspic“. Das 73er Album war<br />
das Studiodebüt des dritten King Crimson<br />
Live-Lineups mit Robert Fripp, Bill<br />
Bruford, John Wet<strong>to</strong>n, Jamie Muir und<br />
David Cross. Auch das fünfte Studio-Album<br />
wurde nun neu von Steven Wilson<br />
und Robert Fripp gemischt und liegt<br />
in drei komplett neuen Ausgaben vor.<br />
Neben der bekannten CD/DVD-Audio<br />
Version gibt es ebenso eine Doppel-CD<br />
sowie eine Box mit zusätzlich zahlreichen<br />
Live-Aufnahmen.<br />
Lark‘s Tongues in Aspic<br />
Best-Nr. DGM5011<br />
(2 CD)<br />
Best-Nr. KCSP5<br />
(CD/DVD-Audio)<br />
Best-Nr. KCCBX5<br />
(13 CD/DVD-Audio/Blu-Ray)<br />
Best-Nr. KCLP3<br />
(200g Vinyl)<br />
Best-Nr. KCSP3<br />
(CD/DVD-Audio)<br />
Lizard<br />
ebenso erhältlich: KING CRIMSON<br />
In <strong>the</strong> Wake of Poseidon<br />
Best-Nr. KCLP2<br />
(200g Vinyl)<br />
Best-Nr. KCSP2<br />
(CD/DVD-Audio)<br />
Best-Nr.: KCSP6<br />
(CD/DVD-Audio)<br />
Best-Nr.: KCSP8<br />
(CD/DVD-Audio)<br />
Starless and Bible Black<br />
Discipline<br />
FRIPP/TRAVIS<br />
Follow<br />
Best-Nr. GYRSP1<br />
(CD/DVD-Autio)<br />
Star-Produzent Steven<br />
Wilson hat Elemente<br />
von Fripps und Travis‘<br />
Live-Konzerten und<br />
Studio-Aufnahmen zu einem zusammenhängenden<br />
Album verwoben.<br />
JAN BANG / ERIK HONORÉ /<br />
DAVID SYLVIAN<br />
Uncommon Deities<br />
Best-Nr. SS022<br />
(CD, ltd. Auflage)<br />
Jan Bang und Erik<br />
Honoré haben aus David<br />
Sylvians Gedicht-Rezitation,<br />
Elementen einer<br />
Audio-Installation und Improvisa<strong>to</strong>nsfragmenten<br />
ein Album gemacht, das in<br />
der Linie von Manafon und Died in <strong>the</strong><br />
Wool zu verstehen und hören ist.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 7<br />
Galileo <strong>Music</strong> Communication GmbH<br />
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Aktuell News Aktuell<br />
Erfolgs-Songschmied Albert Hammond<br />
bringt nicht nur im Frühjahr ein neues Album<br />
heraus, für das er weitere seiner Erfolgslieder<br />
neu aufgenommen hat, sondern<br />
er kommt erstmals seit undenklichen Zeiten<br />
wieder zu Konzerten nach Deutschland.<br />
Zehn Gigs im April sind angepeilt. Zuvor<br />
gibt es allerdings mit "Snow In New York"<br />
erst einmal noch eine neue Single, die er gemeinsam<br />
mit Chris de Burgh verfasst hat+++<br />
Gerade erst waren die um Midge Ure reformierten<br />
Ultravox konzertant unterwegs,<br />
und schon im Frühjahr soll ein Tourmitschnitt<br />
als Live-CD und -DVD auf den<br />
Markt kommen+++<br />
Eine Label übergreifende BEST OF-Werkschau<br />
der Pop-Veteranen The Fixx ist für<br />
Anfang 2013 angekündigt. Die Band um<br />
Sänger Cy Curnin wird das Album auch bei<br />
mehreren Shows auf deutschen Bühnen vorstellen+++<br />
Bereits in der letzten Ausgabe war an dieser<br />
Stelle angekündigt worden, dass Paul<br />
Rodgers (Free, Bad Company, The Firm)<br />
als Headliner die 2013er Ausgabe von<br />
„Rock Meets Classic" anführen wird. Inzwischen<br />
stehen auch die übrigen Teilnehmer<br />
der Tour im Februar und März fest: Eric<br />
Bazilian (Hooters), Steve Augeri (Journey),<br />
Chris Thompson (Manfred Mann's<br />
Earth Band) und „Very Special Guest"<br />
Bonnie Tyler werden ihre größten Hits<br />
anstimmen. Unterstützt werden sie dabei<br />
von der Mat Sinner Band und dem Bohemian<br />
Symphony Orchestra Prag+++<br />
Kaum hatte Hurrikan Sandy New York und<br />
die US-Ostküste aus seinen Klauen gelassen,<br />
war ein „Hurricane Sandy: Coming<br />
Toge<strong>the</strong>r"-Benefizkonzert auf die Beine<br />
gestellt, um Geld für die Sturmopfer aufzutreiben.<br />
Auf der Bühne standen dabei Bruce<br />
Springsteen, Jon Bon Jovi, Sting, Billy Joel<br />
und Christina Aguilera. Weitere hilfsbereite<br />
Charity-Teilnehmer waren Berühm<strong>the</strong>iten<br />
wie Jimmy Fallon, Jon Stewart, Kevin Bacon,<br />
Tina Fey und James Gandolfini. Der<br />
Erlös geht direkt an das amerikanische Rote<br />
Kreuz+++<br />
Peter Framp<strong>to</strong>n schreibt die Musik für<br />
ein neues Projekt des Cincinnati Ballet.<br />
Die Produktion wird am 26. und 27. April<br />
insgesamt dreimal im Aronoff Center For<br />
The Arts in der Stadt im US-Bundesstaat<br />
Ohio aufgeführt, wobei Framp<strong>to</strong>n und<br />
seine Band live zu den Tanzaufführungen<br />
spielen werden. „Ich liebe Tanz, ich<br />
liebe Ballett, und alle meine Töchter sind<br />
durch diese Schule gegangen", sagte<br />
Framp<strong>to</strong>n zu seinem Ausflug in ein anderes<br />
Kunstgenre, kurz nach Veröffentlichung<br />
seiner neuen DVD FCA! 35 TOUR.<br />
Die Ballettmusik soll voraussichtlich als<br />
EP mit fünf, sechs Songs veröffentlicht<br />
werden+++<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
„Ain't In It For My Health: A Film About<br />
Levon Helm”, die 2010 entstandene Dokumentation<br />
über den vers<strong>to</strong>rbenen Sänger<br />
und Drummer von The Band, soll Anfang<br />
2013 landesweit in US-Kinos gezeigt werden<br />
und wird dann irgendwann wohl auch<br />
als DVD erhältlich sein. Gedreht hatte den<br />
Film Regisseur Jacob Haley, der Helm nach<br />
der Veröffentlichung seines 2007er Comebackalbums<br />
DIRT FARMER begleitet und<br />
auch beim Schreiben der Songs für den<br />
Nachfolger ELECTRIC DIRT beobachtet<br />
und mit der Kamera über die Schulter geschaut<br />
hatte+++<br />
Sein 20-jähriges Bestehen hat das Beat<br />
Archiv am 6. Ok<strong>to</strong>ber im sächsischen<br />
Glauchau gefeiert. Mit in der Jubelschar<br />
war Tony Sheridan, der bereits bei der<br />
Eröffnung des Beat Archivs gespielt hatte<br />
und sei<strong>the</strong>r mehrere Projekte mit der<br />
Einrichtung realisiert hat, darunter das<br />
Buch „Tony Sheridan – Biographie/ Discographie"<br />
(ISBN 3-9804452-1-6) und Veranstaltungen,<br />
bei denen er berichtete, wie<br />
ihn die Beatles bei den Aufnahmen für die<br />
LP MY BONNIE begleiteten. Ebenfalls vor<br />
Ort: Rod Davis, Mitglied der ersten Band<br />
von John Lennon, The Quarrymen, der<br />
bereits seinen vierten Auftritt in Glauchau<br />
absolvierte und wie Hans-Wal<strong>the</strong>r Braun,<br />
ein Freund der Beatles aus Hamburger<br />
Tagen, das Fanbuch „John Lennons<br />
Quarrymen – Yesterday And Today" von<br />
Beat-Archiv-Leiter Edmund Thielow<br />
unterstützte. Für die passenden Töne<br />
sorgten zudem die Berliner Cover-Band<br />
Frankie Goes To Liverpool, der Thüringer<br />
Singer/Songwriter Andreas Geffarth (hatte<br />
seine CD COME TOGETHER – JOHN LEN-<br />
NON TRIBUTE LIVE dabei); Lothar Becker<br />
und Kai-Uwe Witten von Die Strawberries,<br />
die gerade ihre CD BEAT INVASION veröffentlicht<br />
haben, sowie Reinhard Fißler<br />
(Stern Combo Meißen), der einst bei einer<br />
Beatles-Fan-Convention in Glauchau einmalig<br />
seinen John-Lennon-Gedenksong<br />
"He, John" gespielt hatte, den er aber<br />
nicht veröffentlichte, da die Puhdys ebenfalls<br />
1981 einen gleichnamigen Gedenksong<br />
herausgebracht hatten. Thorsten<br />
Dahlberg, Amtsleiter für Kultur der Stadt<br />
Glauchau, schenkte dem Beat Archiv eine<br />
gerahmte handschriftliche Aufzeichnung<br />
von Gerhard Zachar (Gründer der Band<br />
Lift) aus dem Jahr 1963 mit dem Titel „Do<br />
you want <strong>to</strong> know a secret" – und feierte<br />
mit zahlreichen weiteren Gästen, die sich<br />
den Beatles und dem Beat Archiv verbunden<br />
fühlen+++<br />
Buddy Miller, renommierter Studiogitarrist<br />
und Americana-Künstler, der zuletzt<br />
Robert Plants Band Of Joy produziert<br />
hatte, hat berichtet, dass er und der<br />
frühere Led-Zeppelin-Sänger mehrere<br />
Songs in Nashville geschrieben haben.<br />
Die sollen 2013 möglicherweise auf dem<br />
nächsten Solo-Album Plants zu hören<br />
sein. „Wir hatten das nicht geplant, aber<br />
wir haben genug Material für ein ganzes<br />
Album geschrieben", meinte Miller. Kurz<br />
zuvor war durchgesickert, dass Plant<br />
ein paar Gesangsspuren für das nächste<br />
Studiowerk von Primal Scream gefüllt<br />
hat+++<br />
Derweil hat Jimmy Page dem britischen<br />
Magazin "Mojo” berichtet, dass er dabei<br />
ist, mehrere Alben von Led Zeppelin zu<br />
remastern. Die sollen 2013 neu aufgelegt<br />
werden und auch noch unveröffentlichtes<br />
Bonus-Material aus der jeweiligen Entstehungsphase<br />
enthalten. „Nächstes Jahr<br />
werden einige Led-Zeppelin-Projekte herauskommen,<br />
darunter diverse Boxsets”,<br />
kündigte Page an+++<br />
Man soll's nicht glauben, auch bei den<br />
Beatles gibt s immer noch Premieren zu<br />
feiern: Nach der erstmaligen CD-Veröffentlichung<br />
der Studio-Album-Remasters<br />
im Jahr 2009 und dem „Debüt" als Digital<br />
Download exklusiv auf iTunes ein Jahr<br />
später, hat der überarbeitete Studiokatalog<br />
der Fab Four am 9. November seinen<br />
Einstand auf Stereo-Vinyl gefeiert. Alle<br />
14 Alben der Beatles sind nun in audiophiler<br />
Qualität auf 180g-Vinylscheiben<br />
inklusive hochwertiger Reduplikationen<br />
des originalen Artworks erhältlich. So<br />
kehren die Albumklassiker in ihrer ursprünglichen<br />
Pracht zurück, inklusive des<br />
Posters im Album THE BEATLES (WHITE<br />
ALBUM), der Cut-Outs in SGT. PEPPER'S<br />
… und spezieller Innenhüllen bei einigen<br />
Titeln. Jedes Album ist einzeln erhältlich,<br />
dazu gibt es ein auf weltweit 50.000 Exemplare<br />
limitiertes, aufwändiges Boxset,<br />
dem jeweils ein 252-seitiges Hardcover-<br />
Buch beigefügt ist+++<br />
Ruhmeshallen gibt es mittlerweile wie Sand<br />
am Meer, doch zu den bedeutenderen zählt<br />
allein wegen ihres Standorts die Memphis<br />
<strong>Music</strong> Hall Of Fame. Die hat jüngst ihre<br />
Neuaufnahmen bekanntgegeben: Elvis<br />
Presley, Jerry Lee Lewis, Otis Redding, Isaac<br />
Hayes, Al Green, Booker T. & The MG's,<br />
The Staple Singers, Rufus Thomas, Bobby<br />
„Blue” Bland, Willie Mitchell, Howlin' Wolf,<br />
Sam Phillips (Sun Records), Jim Stewart &<br />
Estelle Ax<strong>to</strong>n von Stax Records, DJ Dewey<br />
Phillips sowie die Bluespioniere W.C. Handy<br />
und Memphis Minnie sind diesmal an der<br />
Reihe. Feierlich aufgenommen werden sie<br />
am 29. November im Memphis Rock'n'Soul<br />
Museum+++<br />
Die prominentesten diesjährigen Neuzugänge<br />
in der Official R&B Hall Of Fame<br />
heißen Aretha Franklin, James Brown, The<br />
Temptations, Otis Redding, Michael Jackson<br />
und The O'Jays. Zelebriert wird ihre<br />
Aufnahme erst am 5. Mai 2013 in Cleveland+++<br />
Und noch eine Ruhmeshalle bedarf der Erwähnung,<br />
zählt sie doch zu den gewichtigsten:<br />
die Songwriters Hall Of Fame. Auf<br />
der (überaus begehrten) Kandidatenliste<br />
sind diesmal aufgeführt in der Kategorie<br />
„Performer” Lindsay Buckingham, Christine<br />
McVie und Stevie Nicks (alle Fleetwood<br />
Seite 8 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
News<br />
Aktuell<br />
Mac), Ray Davies (Kinks), Steve Winwood<br />
(Spencer Davis Group, Traffic), Jimmy<br />
Buffett, B.B. King, Jeff Lynne (ELO), Mick<br />
Jones & Lou Gramm (Foreigner), Steven<br />
Tyler & Joe Perry (Aerosmith), Elvis Costello<br />
und Bobby Womack. Als „Non-Performer”<br />
nominiert sind die Songschreiber<br />
Tony Hatch ("Down<strong>to</strong>wn”), Don Covay<br />
("Chain Of Fools”), J.D. Sou<strong>the</strong>r ("Best Of<br />
My Love”), P.F. Sloan & Steve Barri ("Secret<br />
Agent Man”), Dennis Lambert & Brian<br />
Potter ("Don't Pull Your Love”), Rod Temper<strong>to</strong>n<br />
("Rock With You”) und Randy Goodrum<br />
("You Needed Me”). Für die „Aufnahmeklasse<br />
2013” werden zwei Performer<br />
und drei Non-Performer gekürt, die Aufnahmezeremonie<br />
findet am 13.6. in New<br />
York statt+++<br />
Lemmy war mit Motörhead Vorreiter,<br />
Foghat produzieren seit <strong>Jahre</strong>n im eigenen<br />
Weinberg Süffiges, und nun mischt<br />
auch Sting bei der Weinproduktion mit.<br />
Macher im Hintergrund ist der Düsseldorfer<br />
Weinhändler und passionierte<br />
Rockfan Michael Spreckelmeyer, der seine<br />
beiden Leidenschaften kombinierte.<br />
Im Herbst 2011 begann er mit der Firma<br />
Metal & Wine, unter dem Label bekannter<br />
Rockbands hochwertige Weine<br />
zu vertreiben. Das Portfolio erstreckt sich<br />
von Pink Floyd, Rolling S<strong>to</strong>nes, Kiss über<br />
The Police bis hin zu AC/DC, Motörhead<br />
und Slayer. Die durchweg hochwertigen<br />
Weine aus 100-prozentig ökologischnachhaltiger<br />
Produktion (Eigenwerbung<br />
der Firma) tragen so klangvolle Namen<br />
wie „Back In Black"-Shiraz (AC/DC),<br />
„Forty Licks"-Merlot (S<strong>to</strong>nes), „ZinFire"-<br />
Zinfandel (Kiss) oder „Reign In Blood"-<br />
Cabernet Sauvignon (Slayer). Teils sind<br />
die Cuvées von der Musik der Bands<br />
inspiriert, teils haben die Musiker selbst<br />
ein Weingut oder an den Weinkreationen<br />
mitgewirkt. Bei AC/DC, Grateful Dead<br />
oder Slayer wiederum kommt der Wein<br />
aus ihren Heimatregionen. Stings Cuvée<br />
„Sister Moon" stammt von seinem eigenen<br />
<strong>to</strong>skanischen Weingut Il Palagio und<br />
erhielt von „Weinpapst" Robert Parker 92<br />
von 100 Punkten!+++<br />
Bereits 2010 hatte ein Spezialist bei Art<br />
Garfunkel eine Stimmbandschwäche<br />
konstatiert, was den Sänger aber nicht<br />
davon abhielt, 2012 auf Welt<strong>to</strong>ur zu gehen.<br />
Doch nachdem er Ende September<br />
zwei Gigs in S<strong>to</strong>ckholm aus gesundheitlichen<br />
Gründen (s.o.) absagen musste,<br />
blies er gleich auch noch den Rest seiner<br />
bis Ende Dezember gebuchten Tournee<br />
ab+++<br />
Die fast schon legendäre Prog-Rockband<br />
Nektar legt mit A SPOONFUL OF TIME<br />
ihr erstes Album voller Cover-Version vor.<br />
Im Studio waren bei den Aufnahmen zahlreiche<br />
Gäste dabei, auch Mitglieder der<br />
Bands, von denen sich Roye Albrigh<strong>to</strong>n &<br />
Co. Songs vornahmen: Michael Pinnella<br />
(Symphony X), Mark Kelly (Marillion), Geoff<br />
Downes (Asia/Yes), Edgar Froese (Tangerine<br />
Dream), Ian Paice (Deep Purple) & Nik Turner<br />
(Hawkwind), Steve Howe (Yes) & Derek<br />
Sherinian (Dream Theater/Black Country<br />
Communion) & Mel Collins (King Crimson),<br />
Simon House (Hawkwind), Billy Sheehan<br />
(Mr. Big) & Rod Argent (Zombies/Argent),<br />
Ginger Baker (Cream), David Cross (King<br />
Crimson), Jerry Goodman (Mahavishnu Orchestra),<br />
Rick Wakeman (Yes) sowie Bobby<br />
Kimball (To<strong>to</strong>) & Patrick Moraz (Yes, Moody<br />
Blues)+++<br />
Einen Hörsturz hatte der Kölner Blueser<br />
Richard Bargel während eines Konzerts<br />
Anfang September erlitten, sei<strong>the</strong>r plagt<br />
ihn ein „zischender, rauschender Tinnitus".<br />
Da ihm sein Arzt von einer „lauten elektrischen<br />
Band" abriet, um eine dauerhafte<br />
Hörschädigung zu vermeiden, hat Bargel<br />
die Zusammenarbeit mit dem früheren Bap-<br />
Gitarristen Klaus „Major" Heuser" als Men<br />
In Blues beendet. „Ein Projekt aufzugeben,<br />
das aus dem Stand heraus erfolgreich war,<br />
ist nicht leicht", sagte Bargel. Deshalb werde<br />
Heuser sich nach einem neuen Sänger umsehen,<br />
während er selbst zum akustischen<br />
Musizieren zurückkehre. Ab Januar wird er<br />
auf die Bühne zurückkehren und mit zehn<br />
neu geschriebenen Songs schnellstmöglich<br />
eine CD aufnehmen. Zuvor wird Bargel allerdings<br />
in einem „Drei-Generationen-Konzert"<br />
zu erleben sein: Gemeinsam mit dem<br />
Singer/Songwriter Mario Nyekin und Robert<br />
Coyne (Sohn von Kevin Coyne) wird er am 8.<br />
Dezember im Theater Der Keller in Köln auf<br />
der Bühne stehen+++<br />
Mit zwei Bonus-Tracks reichert das UK-<br />
Label Angel Air die Neuauflage des 1973er<br />
Albums SNAFU der gleichnamigen Band<br />
an. Snafu waren die gemeinsame Gruppe<br />
von Bobby Harrison (Originaldrummer<br />
von Procol Harum, der dann auf Gesang<br />
umsattelte) und des früheren Juicy-Lucy-<br />
Gitarristen Micky Moody (später Whitesnake).<br />
Veröffentlichungstermin ist der<br />
23.1.2013+++<br />
Die Reihe von Wiederveröffentlichungen<br />
des englischen Musikers David Courtney<br />
geht weiter. Also des Mannes, der Leo Sayer<br />
die Hits "One Man Band", "The Show Must<br />
Go On" und "Giving It All Away" auf die<br />
Stimmbänder geschrieben hatte, eher er sich<br />
entschloss, selbst ins Rampenlicht zu treten:<br />
Im Januar erscheinen seine beiden Alben<br />
MIDSUMMER MADNESS und SHOOTING<br />
STAR auf einer CD. Ersteres spielte er mit<br />
diversen Argent-Musikern 1975 im Honky<br />
Chateau Studio in Südfrankreich ein, zweiteres<br />
1980 in Los Angeles. Mike Love wollte<br />
ihm SHOOTING STAR „abkaufen", um es als<br />
LP der Beach Boys herauszubringen. Was<br />
Courtney ablehnte – und teuer bezahlte:<br />
Die Scheibe verschwand unveröffentlicht im<br />
Archiv und kommt jetzt mit 33-jähriger Verspätung<br />
auf den Markt+++<br />
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Americana Legende aus<br />
Seattle, eine Band in<br />
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"Dieser herrliche Roots-Rock,<br />
die berückenden Folk-<br />
Balladen, diese Stimmen..."<br />
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"Die unwahrscheinlich hübsche<br />
Klavierspielerin Caroline Keating<br />
legt mit ihrer delikaten Musik Zeugnis<br />
eines unglaublichen Talents ab,<br />
das an aktuelle Indie-Heroinen wie<br />
Joanna Newsom oder Regina<br />
Spek<strong>to</strong>r erinnert." (Der Spiegel)<br />
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Tongewordene Melancholie,<br />
intensiv, sensibel, fesselnd.<br />
"Dakota Suite klingt erneut so<br />
intensiv und traurig und wundervoll<br />
und hoffnungslos, als wäre<br />
jeder einzelne Takt dem Frei<strong>to</strong>d<br />
abgetrotzt." (Musikexpress)<br />
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<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 9
Vers<strong>to</strong>rben<br />
George Gallacher (21.10.1943) amtierte<br />
in den 60er <strong>Jahre</strong>n als Leadsänger der<br />
schottischen Blues- und Psychedelic-Popband<br />
The Poets, die von Andrew Loog Oldham<br />
gemanagt wurde und für Immediate<br />
aufnahm. Er war bei der Reunion 2011 mit<br />
dabei. Erlag bereits am 25.8. einem Herzinfarkt,<br />
als er sich auf der Heimfahrt von<br />
einem Spiel seines Lieblings-Fußballklubs<br />
Partick Thistle befand.<br />
Dorothy McGuire (*19.2.1928) gehörte<br />
zu den McGuire Sisters, die 1955 mit "Sincerely"<br />
und 1958 mit "Sugartime" #1-Hits<br />
in ihrer Heimat USA schafften, sich 1964<br />
auflösten, 1986 eine Reunion feierten.<br />
2001 wurden sie in die Vocal Group Hall<br />
Of Fame aufgenommen. McGuire litt<br />
schon länger an Parkinson, als sie am 7.9.<br />
für immer ging.<br />
Johnny Perez (*1943) trommelte in den<br />
60er <strong>Jahre</strong>n bei der texanischen Kultcombo<br />
Sir Douglas Quintet, auch auf "She's About<br />
A Mover” (#13/1965) und "Mendocino”<br />
(#27/1969). Ihm gehörte später das Topanga<br />
Skyline Studio, in dem Bob Dylan, Sting,<br />
Jackson Browne und Bobby McFerrin aufnahmen,<br />
er schrieb Songs und spielte mit<br />
Joe „King" Carrasco. Am 11.9. kostete ihn<br />
eine Leberzirrhose das Leben.<br />
Homer Joy (*12.4.1945). arbeitete als<br />
Songwriter für Buck<br />
Owens und viele<br />
andere, seine bekannteste<br />
Kreation<br />
dürfte "Streets Of<br />
Bakersfield" sein,<br />
das er 1972 selbst<br />
aufnahm, allerdings<br />
waren Owens und Dwight Yoakam (im Duett<br />
mit Joy) sehr viel erfolgreicher damit.<br />
Er starb am 11.9. an den Spätfolgen einer<br />
komplizierten Herztransplantation im Jahr<br />
2006.<br />
James Sugar Boy" Crawford<br />
"<br />
(*12.10.1934), New-Orleans-Göße, arbeitete<br />
als R&B-Sänger, spielte Piano und<br />
Posaune, schrieb Songs, gehörte Chapaka<br />
Shawee an, aus denen Sugar Boy & The<br />
Sugar Lumps sowie Sugar Boy & His Cane<br />
Cutters hervorgingen. Das 1954 von ihm<br />
verfasste "Jock-A-Mo" nahmen auch die<br />
Dixie Cups, Dr. John, Grateful Dead und<br />
Cyndi Lauper auf. Zog sich 1969 in die<br />
Kirchenmusik zurück. Ging am 15.9. für<br />
immer.<br />
Manfred "<br />
Manne" Praeker (*25.9.1951)<br />
spielte Bass bei den Polit-Rockern Lokomotive<br />
Kreuzberg, die sich dann Nina<br />
Hagen 1978 als Begleitband (und Songau<strong>to</strong>ren)<br />
angelte. Danach räumte er mit<br />
seinen alten Mitstreitern als Spliff ab, produzierte<br />
Nena, arbeitete mit den Ärzten.<br />
Ende der 80er <strong>Jahre</strong> zog er nach Portugal,<br />
wo er sich ein Studio einrichtete und<br />
lokale Künstler produzierte. Nach langer,<br />
schwerer Krankheit starb er am 17.9. in<br />
seiner Geburtsstadt Berlin.<br />
Tony Bernabale (alias Tony Bell, T, Tone,<br />
Ding & Fickas, *13.8.19<strong>40</strong>) spielte Saxofon,<br />
Akkordeon und Orgel, unter anderem bei<br />
den Red Ryders, die Quincy Jones 1964<br />
produzierte. Machte danach Musik in erster<br />
Linie zum eigenen Vergnügen, bis er am<br />
22.9. nach kurzer Krankheit starb.<br />
Billy Barnes (*27.1.1927) belieferte Patti<br />
Page, June Christy und Barbra Streisand<br />
mit Songs. Komponiert seit dem 25.9. im<br />
Jenseits.<br />
Andy Williams (*3.12.1927) startete<br />
seine Karriere mit seinen drei Brüdern als<br />
The Williams Bro<strong>the</strong>rs, sang ab 1952 solo<br />
und schaffte es bis weit in die 70er <strong>Jahre</strong><br />
hinein mit 45<br />
Easy-Listeningund<br />
Popsongs in<br />
die US-Charts.<br />
Er hatte in den<br />
60er <strong>Jahre</strong>n seine<br />
eigene TV-<br />
Show, moderierte<br />
mehrfach die<br />
Grammy-Verleihungen, betrieb sein eigenes<br />
Label Barnaby Records, für das er den<br />
jungen Jimmy Buffett unter Vertrag nahm,<br />
und hatte später in Branson, Missouri, sein<br />
eigenes Musik<strong>the</strong>ater. 2011 wurde bei ihm<br />
Blasenkrebs diagnostiziert, der ihn am<br />
25.9. das Leben kostete.<br />
Ronald Bertram Aloysius R. B."<br />
"<br />
Greaves (*28.11.1943) dürften ältere Musikfans<br />
von seinem 1969er Erfolg "Take A<br />
Letter, Maria” (US #2, selbst verfasst) her<br />
kennen. Er nahm als Sonny Childe & The<br />
TNTs im UK früh auf, kehrte dann in die<br />
USA zurück, wo kein Geringerer als Ahmet<br />
Ertegun seinen musikalischen Brief produzierte.<br />
Nach ein paar weiteren kleineren<br />
Hits arbeitete er für eine HighTech-Firma.<br />
Am 27.9. erlag er einem Prostata-Krebsleiden.<br />
Frank Wilson (*5.12.19<strong>40</strong>) war als Songschmied<br />
und Produzent im Hause Mo<strong>to</strong>wn<br />
tätig. Aus seiner Feder stammten die Supremes-Erfolge<br />
"Love Child” und "Up The<br />
Ladder To The Roof" sowie Eddie Kendricks'<br />
"Keep On Truckin'”. Auch Marvin<br />
Gaye, Smokey Robinson & The Miracles,<br />
die Four Tops und Temptations nahmen<br />
Songs von ihm auf. Prostatakrebs stand am<br />
27.9. in seinem Totenschein.<br />
Simon Oberender spielte Gitarre und<br />
Keyboards bei den Neo-Prog-Metallern Beyond<br />
The Bridge und Trillium, war an Aufnahmen<br />
von Kamelot, Avantasia, Edguy und<br />
Epica (auch als Toningenieur) betei ligt. Zwei<br />
Wochen vor seinem Tod am 27.9. hatte er<br />
mit Beyond The Bridge beim „ProgPower<br />
USA"-Festival in Atlanta erstmals in Amerika<br />
gespielt. Die Umstände des Ablebens des<br />
29-Jährigen sind nicht bekannt.<br />
Raylene Rankin (*15.9.1960), kanadische<br />
Sängerin, die ab 1989 mit vieren<br />
ihrer zwölf Geschwister die Rankin Family<br />
bildete, verlor am 30.9. ihren über<br />
zehn <strong>Jahre</strong> währenden Kampf gegen den<br />
(Brust-)Krebs. Sie hatte auch mehrere Solo-<br />
Alben mit Celtic-Country-Musik veröffentlicht,<br />
zuletzt vor einigen Monaten LITTLE<br />
DIAMONDS.<br />
Kathi McDonald (*25.9.1948) war als<br />
Blues- und Rocksängerin unterwegs, ar-<br />
beitete mit Long John Baldry zusammen,<br />
mit dem ihr 1980 ein Hit mit "You've Lost<br />
That Lovin' Feelin'" gelang. Sie nahm immer<br />
wieder eigene Platten auf, desgleichen<br />
mit/für Ike & Tina Turner, Big Bro<strong>the</strong>r &<br />
The Holding Company, Joe Cocker, Brian<br />
Auger, Leon Russell und den Rolling S<strong>to</strong>nes<br />
("Tumbling Dice”). Sie starb überraschend<br />
am 3.10. in Seattle, wo sie ihre Karriere gestartet<br />
hatte.<br />
Danny Sims (*19<strong>40</strong>) entdeckte Bob Marley,<br />
nahm ihn 1967 unter Vertrag und<br />
transferierte ihn 1972 zu Island Records,<br />
zeitgleich übernahm er das Management<br />
des Sängers, der einige <strong>Jahre</strong> später den<br />
großen Durchbruch schaffte. Mit Johnny<br />
Nash ("I Can See Clearly Now”) betrieb<br />
er bis 2002 JAD Records und machte nie<br />
ein Hehl aus seinen Mafia-Verbindungen.<br />
Darmkrebs kostete ihn am 3.10. das Leben.<br />
Nick Curran (*20.9.1977) führte singend<br />
und Gitarre spielend seine Blues-Rockband<br />
Nick Curran & The Nitelifes an, spielte<br />
auch Rockabilly und Punk, u.a. mit Deguello,<br />
The Lowlifes, The Jaguars und den<br />
Fabulous Thunderbirds. Krebs raffte ihn am<br />
6.10. dahin.<br />
Nils Koppruch (*25.10.1965) leitete<br />
1996 bis 2006 als Frontmann die Band<br />
Fink, spielte dann als Singer/Songwriter<br />
eine Mischung aus Indie-Pop mit Elementen<br />
aus Folk, Americana, Blues und<br />
Bluegrass, betrieb in Hamburg eine eigene<br />
Galerie und war zugleich auch als bildender<br />
Künstler SAM. aktiv. Zuletzt tat er sich mit<br />
Gisbert zu Knyphausen zu Kid Kopphausen<br />
zusammen und veröffentlichte im August<br />
das Album "I". Kurz vor Beginn der ersten<br />
KK-Tour schlief Koppruch am 10.10. friedlich<br />
für immer ein.<br />
Patricia Ann Mileski (*4.2.1952) arbeitete<br />
als Psycho<strong>the</strong>rapeutin (Spezialgebiet<br />
Drogen- und Alkoholmissbrauch) und<br />
Chorsängerin für Santana, Neil Young und<br />
Rita Coolidge. Leberkrebs beendete ihr irdisches<br />
Dasein am 11.10.<br />
Blake Baker BB" Cunningham<br />
"<br />
(*1942) gehörte zu den profiliertesten Musikern<br />
(keys, b) von Memphis, wo er 1954<br />
als Perkussionist<br />
Elvis Presley begleitete.<br />
Er spielte<br />
mit Steve Cropper<br />
und Donald<br />
„Duck" Dunn bei<br />
den Six O’Clock<br />
Boys, landete<br />
1967 mit The<br />
Hombres und "Let It Out (Let It All Hang<br />
Out)" einen US#-12-Hit, zog später nach<br />
Los Angeles, wo er auch als Chef-Toningenieur<br />
in den Independent Recorders<br />
Studios mit Billy Joel, El<strong>to</strong>n John und Lou<br />
Rawls arbeitete. Nach der Rückkehr nach<br />
Memphis stieg er 1997 in Jerry Lee Lewis'<br />
Band ein, der er bis zu seinem Tod angehörte.<br />
Zuletzt arbeitete Cunningham auch<br />
bei einem Sicherheitsunternehmen und<br />
wurde am 14.10. im Dienst erschossen.<br />
Dickie Freeman (*20.6.1928) sang als<br />
Solist zwar hauptsächlich Gospel, war aber<br />
auch Mitglied der Skylarks und ließ seine<br />
Stimme für John Fogerty, Johnny Cash,<br />
Elvis Costello, The Fairfield Four und The<br />
Kings Of Harmony ertönen – bis zum<br />
16.10.<br />
Cody Burnside (*1983), Enkel der<br />
Country-Blueslegende R.L. Burnside und<br />
Bruder von Cedric Burnside, machte selbst<br />
HipHop-Blues, war auf mehreren Alben<br />
der North Mississippi Allstars zu hören,<br />
betrieb mit Lu<strong>the</strong>r und Cody Dickinson die<br />
Hill Country Revue. Er war gerade mal 29,<br />
als er am 17.10. aus unbekannten Gründen<br />
starb.<br />
Tim Johnson (*1960) – Mickey Newbury<br />
lotste den Songschmied von Oregon nach<br />
Nashville, wo mehr als 100 seiner Lieder<br />
von Country-Größen aufgenommen wurden.<br />
Unterlag am 21.10. im Kampf gegen<br />
den Krebs.<br />
Michael Marra (*Februar 1952), auch<br />
bekannt als „The Bard From Dundee"<br />
schrieb Songs, arbeitete am Theater, fürs<br />
Radio und Fernsehen. Der Schotte gründete<br />
seine erste Band Hen’s Teeth 1971,<br />
machte sich 1980 mit THE MIDAS TOUCH<br />
selbstständig. Und komponierte mit "If<br />
The Moon Can Be Believed” auch eine<br />
Operette. Starb am 23.10. nach längerer<br />
Krankheit.<br />
Bill Dees (*24.1.1939) spielte Gitarre,<br />
sang, schrieb Songs und produzierte, beispielsweise<br />
Roy Orbison ("Oh, Pretty Woman”,<br />
" It's Over"). Aus seinem Liedfundus<br />
bedienten sich auch Johnny Cash, Loretta<br />
Lynn, Skeeter Davis, Glen Campbell, Billy<br />
Joe Royal und Gene Pitney. Am 24.10. war<br />
ein Gehirntumor stärker.<br />
Louis Nunley (*15.10.1931) machte<br />
seine ersten kommerziellen Aufnahmen<br />
1949 in Nashville, war ab 1953 Mitglied<br />
der Anita Kerr Singers, sprang bei Bedarf<br />
bei den Jordanaires ein und prägte den<br />
„Nashville Sound" entscheidend mit. War<br />
als Backgroundsänger auf Hunderten von<br />
Platten zu hören, u.a. von Brenda Lee, Jim<br />
Reeves, Floyd Cramer, Marty Robbins, Patsy<br />
Cline, Eddy Arnold, Perry Como, Dolly<br />
Par<strong>to</strong>n, Engelbert, Randy Travis, Kenny<br />
Rogers, Garth Brooks und Elvis Presley.<br />
Das Singen stellte er endgültig am 26.10.<br />
ein.<br />
Jo Dunne (*12.11.1968) spielte Gitarre bei<br />
der UK-Combo Fuzzbox – bis zu seinem<br />
krebsbedingten Lebensende am 26.10.<br />
Terry Callier (*24.5.1945) griff in seinen<br />
Soulsongs auch stets Elemente aus Gospel,<br />
Folk und Weltmusik auf. Das Debütalbum<br />
THE NEW FOLK SOUND des Jugendfreunds<br />
von Curtis Mayfield erschien<br />
1964 erst mit vierjähriger Verspätung, weil<br />
es seine damalige Plattenfirma nicht veröffentlichen<br />
wollte. Nachdem er längere<br />
Zeit von der Bildfläche verschwunden war,<br />
entdeckten ihn Acid-Jazz-Produzenten<br />
in den 90ern wieder. Sein letztes Werk<br />
HIDDEN CONVERSATIONS produzierte er<br />
2009 gemeinsam mit Massive Attack. Der<br />
ausdrucksstarke Sänger starb am 28.10.<br />
nach langer schwerer Krankheit.<br />
Seite 10 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
BB PROMOTION GMBH PRESENTS A PRODUCTION OF MICHAEL BRENNER<br />
Queen Es<strong>the</strong>r Marrow’s<br />
„Der Superstar der internationalen<br />
Gospelszene.“ New York Times<br />
Eindrucksvoll bewies die First Lady des Gospel mit<br />
ihren unvergleichlichen Harlem Gospel Singers<br />
im vergangenen Jahr, warum sie seit 20 <strong>Jahre</strong>n<br />
die erfolgreichste Formation ihres Genres sind.<br />
Jetzt kehrt Queen Es<strong>the</strong>r Marrow’s The Harlem<br />
Gospel Singers Show mit ihrer brandneuen,<br />
aufwendig inszenierten Produktion WONDERFUL<br />
WORLD zurück auf die Bühnen Europas!<br />
Mit traditionellem und zeitgenössischem Gospel,<br />
hinreißenden Spirit als und dem funkensprühenden<br />
Rhythm & Blues ihrer exzellenten<br />
Band öffnen sie die Augen für die Wunder dieser<br />
Welt: Schönheit, Hoffnung, Freude und Liebe –<br />
es sind diese größten Geschenke des Lebens,<br />
an die WONDERFUL WORLD uns erinnert –<br />
mit überbordender Lebensfreude und dem<br />
packendsten Gospel-Sound der Welt.<br />
WHAT A WONDERFUL WORLD!<br />
produced by BB Promotion GmbH and Sundance / Kirk Productions, N. Y.<br />
„Wenn der Chor erst einmal loslegt,<br />
hält es niemanden mehr auf den Sitzen.”<br />
The Voice, London<br />
„Stimmliche Urgewalt,<br />
sensationelle Interpretationskunst,<br />
hypnotisierende Vitalität.“<br />
Stuttgarter Nachrichten<br />
21.12.12 · GENF<br />
22.12.12 · BREGENZ<br />
23.12.12 · NÜRNBERG<br />
25.12.12 · STUTTGART<br />
26.12.12 · MANNHEIM<br />
27. - 28.12.12 · ZÜRICH<br />
29.12.12 · BASEL<br />
31.12.12 · ESSEN<br />
03. - 04.01.13 · KÖLN<br />
05. - 06.01.13 · DÜSSELDORF<br />
07.01.13 · FRANKFURT<br />
09.01.13 · BREMEN<br />
10.01.13 · HAMBURG<br />
11. - 12.01.13 · DORTMUND<br />
14.01.13 · LEIPZIG<br />
15. - 19.01.13 · MÜNCHEN<br />
20.01.13 · LUZERN<br />
Tickets: 01805 - 2001* · www.<strong>the</strong>harlemgospelsingers.de<br />
*0,14 €/Min. aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 €/Min.
Jimi Hendrix<br />
Denkmal<br />
für ein Genie<br />
Von Alan Tepper<br />
Marilyn Monroe, Che Guevara, Twiggy, die Beatles und die Rolling S<strong>to</strong>nes – alles<br />
Ikonen der Populärkultur, deren Bilder allein schon zahlreiche Assoziationen<br />
auslösen. Sie stehen für verschiedene Aspekte einer Jugendkultur, die Grenzen<br />
überschritt, Altes in Frage stellte und Neues forderte. Ein schwarzer<br />
Gitarrist in regenbogenbunter Kleidung, die Haare mit einem Stirnband<br />
zurückgebunden, darf bei einer solchen Aufzählung nicht fehlen. Er hielt<br />
eine weiße Fender Stra<strong>to</strong>caster, mit der er das Publikum wie ein Magier<br />
mit seinem Zauberstab in andere Klangdimensionen lockte. Jimi Hendrix<br />
(27. November 1942–18. September 1970) wäre in diesem Jahr 70 geworden,<br />
hätte ihn nicht das<br />
Schicksal in den<br />
berüchtigten<br />
"<br />
Club 27" eintreten<br />
lassen.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Daniel Tehaney<br />
Es ist gewiss nicht übertrieben, die moderne<br />
Musikgeschichte und besonders die Entwicklung<br />
der Rockgitarre in eine Zeit vor und nach<br />
Jimi Hendrix aufzuteilen. Peter Jones, Journalist des<br />
„Record Mirror", prognostizierte am 10.12.1966 in<br />
einem „MR. PHENOMENON!" betitelten Artikel: „Ein<br />
neuer Künstler, ein neuer Star bereitet sich darauf vor,<br />
wie ein Tornado durchs Musikbusiness zu <strong>to</strong>sen." Die<br />
Kommentare von Gitarristenkollegen fielen nicht weniger<br />
überschwänglich aus. Pete Townshend meinte<br />
nach einem Konzert im Londoner Saville Theatre, bei<br />
dem die Liverpooler Koobas und die Jimi Hendrix<br />
Experience als Vorbands spielten: „Ich dachte: Mein<br />
Gott, was geschieht hier?! ... Er hat uns von der Bühne<br />
geblasen – und ich schäme mich nicht dafür."<br />
Bei einer Kneipen<strong>to</strong>ur in London begegnete Hendrix<br />
Trevor Bur<strong>to</strong>n von The Move und Eric Clap<strong>to</strong>n, der<br />
erfuhr, dass „der Neue" sein erstes Album aufgenommen<br />
hatte. Hendrix lud die beiden in seine Wohnung<br />
ein und spielte ihnen ein Demo vor. Bur<strong>to</strong>n erinnert<br />
sich: „Es war unglaublich. Ich saß neben Eric und<br />
konnte seinen Gesichtsausdruck bei jedem Track sehen,<br />
den Jimi uns präsentierte. Wir waren völlig baff.<br />
Wir fühlten uns, als wären die Marsmenschen gelan-<br />
det." Ließen sich die Reaktionen auf Jimi Hendrix zu<br />
Lebzeiten nur in Superlativen ausdrücken, scheint die<br />
Strahlkraft des Musikers die Jahrzehnte unbeschadet<br />
überstanden, ja sogar noch zugenommen zu haben.<br />
Die Erklärung dafür liegt nahe, denn „MR. PHENO-<br />
MENON!" hat die Musikwelt in kürzester Zeit auf den<br />
Kopf gestellt und inspiriert noch immer Heerscharen<br />
von Hörern und Instrumentalisten.<br />
Der Gitarrist<br />
Jimi Hendrix wird in erster Linie als Instrumentalist<br />
wahrgenommen, der das Vokabular der Rockgitarre<br />
immens bereicherte. Vor seiner Zeit war die Rolle<br />
eines Gitarristen klar definiert – entweder schrubbte<br />
er Rhythmus oder spielte lead. Hendrix betrachtete<br />
die sechs Saiten einer Gitarre als komplettes Orchester<br />
und setzte jeden einzelnen Ton effektiv ein. Er spielte<br />
mit Doppelakkorden Soli ("The Wind Cries Mary"), erfand<br />
völlig neue Akkorde (das Intro zu "Castles Made<br />
Of Sand") oder zerlegte Harmonien zu einem neuen<br />
Klangbild, wofür "Little Wing" steht. Dissonanzen<br />
wie der Tri<strong>to</strong>nus (schrägstes Intervall in der 12-Ton-<br />
Musik) zu Beginn von "Purple Haze", Oktavgriffe im<br />
Stile eines Wes Montgomery ("Villanova Junction"),<br />
Rückkopplungen (das Intro<br />
von "Foxy Lady") oder ausgeflippter Gebrauch<br />
des Tremolos der Gitarre (die Woods<strong>to</strong>ck-Fassung<br />
von "Star Spangled Banner", bei der er die amerikanische<br />
Nationalhymne zerstörte, oder "Machine<br />
Gun") sind weitere Beispiele für die Innovationen des<br />
genialen Musikers. Ein wichtiges Charakteristikum<br />
bestand in der tieferen Tonlage, denn er stimmte alle<br />
Saiten um einen Halb<strong>to</strong>n herunter, um einen massiveren<br />
Sound zu garantieren – ein Trick, den seitdem<br />
zahlreiche Metalbands nutzen. Doch am wichtigsten<br />
war das unvergleichliche Spielgefühl von Hendrix – es<br />
reichte von ruhigen, introspektiven Stimmungen bis<br />
zu schreienden, emotionalen Ausbrüchen, womit er<br />
lichterlohe Feuer entzündete. Hier lassen sich Parallelen<br />
zum italienischen Teufelsgeiger Niccolò Paganini<br />
ziehen, der sein Publikum auf ähnliche Art in den<br />
Bann zog. Natürlich dürfen die Showeinlagen nicht<br />
vergessen werden – das Spiel mit den Zähnen, hinter<br />
dem Rücken, die Gitarre wie ein Phallus zwischen<br />
den Beinen gehalten und die legendäre, rituelle Verbrennung<br />
seiner „Axt" beim Monterey Pop Festival<br />
1967. Diese i-Tüpfelchen sorgten zu Beginn seiner<br />
Seite 12 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Karriere zweifellos für ein verblüfftes, meist fassungsloses<br />
Publikum, das so etwas bis dahin noch nicht<br />
erlebt hatte. Doch schon bald<br />
wurde Hendrix dieser Mätzchen<br />
überdrüssig und wollte sich nur<br />
noch als Musiker präsentieren –<br />
ein schwieriges Unterfangen in<br />
der visuell geprägten Welt des<br />
Showbusiness.<br />
Der Komponist<br />
Bei Hendrix-Konzerten stand<br />
ganz klar sein Gitarrenspiel im<br />
Mittelpunkt des Geschehens.<br />
Im Studio hingegen be<strong>to</strong>nte<br />
er die Atmosphäre des jeweiligen<br />
Songs und verknüpfte<br />
seine handwerkliche Kunst mit<br />
den visionären Kompositionen.<br />
Mal spielte er einen Walzertakt<br />
("Manic Depression"), dann<br />
wieder sparsame, aber effektive Gitarrenriffs ("Fire",<br />
"Little Miss Lover"), aber auch wunderschön expressive<br />
Titel ("One Rainy Wish") und rhythmisch aufregende<br />
Songs ("Gypsy Eyes"). Hendrix hatte schon<br />
mit dem Debütalbum ARE YOU EXPERIENCED neue<br />
Ausdrucksmöglichkeiten kreiert, doch auf der im eigenen<br />
Studio aufgenommenen ELECTRIC LADYLAND<br />
überschritt er Grenzen. Ob er einen leichten Hauch<br />
Soul in die Musik integrierte ["Have You Ever Been<br />
(To Electric Ladyland)"], Jazzphrasen zitierte ("Rainy<br />
Day, Dream Away") oder epische und experimentelle<br />
Tracks präsentierte wie "1983 ... (A Merman I Should<br />
Turn To Be)" – hier war ein Könner am Werk, der<br />
sich längst um Lichtjahre von seinen Tagen als Begleitmusiker<br />
von Little Richard, King Curtis oder den<br />
Isley Bro<strong>the</strong>rs entfernt hatte. Besonders bei ELECTRIC<br />
LADYLAND wurde deutlich, dass Hendrix das Studio<br />
als zusätzliches Instrument nutzte. Natürlich war er<br />
nicht der erste, der technische Möglichkeiten bei den<br />
Songs einbaute, denn schon George Martin hatte mit<br />
den Beatles in dieser Hinsicht Beachtliches geleistet;<br />
Hendrix jedoch machte zusätzliche Schritte und<br />
nutzte Rückwärtsspuren, Ping-Pong-Effekte und das<br />
natürliche Band-Flanging (ein wabernder Effekt) bis<br />
zum Extrem.<br />
Der Texter<br />
Häufig wird das lyrische Werk von Hendrix übersehen,<br />
mit dem er viele Themengebiete absteckte. Die<br />
Stimmung seiner Kompositionen wurden durch die<br />
Texte hervorragend unterstrichen. Natürlich standen<br />
oftmals Zeitbezüge im Vordergrund, wie zum<br />
Beispiel die in den Sechzigern<br />
populären<br />
Drogenreferenzen<br />
("Purple Haze", "Are You Experienced?"),<br />
klassische Bluesschemata<br />
("Red House", "Hear<br />
My Train A Comin’"), unverhohlene<br />
Anspielungen auf die sexuelle<br />
Revolution ("Foxy Lady",<br />
"Dolly Dagger") oder Songs<br />
über die Außenseiterrolle der<br />
Anti-Establishment-Bewegung<br />
("If 6 Was 9", "S<strong>to</strong>ne Free").<br />
Doch Hendrix beschäftigte sich<br />
auch mit Fantasy, wenn er zum<br />
Beispiel einen „Drachenflug" als<br />
geeignetes Fortbewegungsmittel<br />
beschrieb („Spanish Castle<br />
Magic"). Außerdem spielte<br />
die Mystik eine wichtige Rolle<br />
["Voodoo Chile (Slight Return)", "Angel"], ebenso<br />
der Einfluss der Science-Fiction-Literatur [3rd<br />
S<strong>to</strong>ne From The Sun", „Hey Baby (New Rising Sun)",<br />
"EXP"] aber auch das zärtliche Liebeslied ("May This<br />
Be Love", "Little Wing"). Mit dieser Vielschichtigkeit<br />
entlarvte Hendrix schon früh die Banalität von „Sie<br />
liebt mich, sie liebt mich nicht"-Texten, stellte sie ins<br />
Abseits und zeigte alternative Wege auf.<br />
Das Equipment<br />
Hendrix' bevorzugtes Instrument war eine Fender<br />
Stra<strong>to</strong>caster, meist weiß lackiert. In Ermangelung von<br />
Linkshänder-Modellen musste er sich mit „normalen"<br />
Klampfen begnügen, die er „verkehrt herum" spielte,<br />
indem er die Saiten umspannte. Sonderanfertigungen?<br />
Nein, danke! Jimi kaufte sich sein Werkzeug<br />
von der Stange und suchte nach einem passenden<br />
Instrument, bis er eines gefunden hatte. Neben der<br />
Strat besaß er Modelle fast aller anderen Marken,<br />
setzte sie aber nur sporadisch ein, wie zum Beispiel<br />
die Gibson Flying V beim „Isle Of Wight-Festival"<br />
oder eine Gibson SG bei einem Jam mit Elvin Bishop<br />
in Ungano, New York City. An Verstärkern standen<br />
bei ihm die klassischen Marshall-Türme (zwei 4x<br />
12"-Lautsprecherboxen und ein 100-Watt-Verstärker)<br />
hoch im Kurs, obwohl er bei Konzerten und im Studio<br />
auch häufig Fender Twin Reverbs und Anlagen<br />
der Marke Sunn einsetzte. Bei den Effekten benutzte<br />
er extensiv das Wah-Wah-Pedal, Verzerrer (u.a. den<br />
von seinem Lötlurch Roger Mayer entwickelten Fuzz<br />
Face), einen Octavia, der dem Original<strong>to</strong>n noch eine<br />
höhere und eventuell einen tiefere Oktave hinzufügte<br />
und das so genannte Uni-Vibe: ein Pedal, mit dem er<br />
den Effekt des Leslie-Lautsprechers einer Hammondorgel<br />
simulierte.<br />
Die Erben<br />
Viele Gitarristen sind von Jimi Hendrix beeinflusst –<br />
mal mehr, mal weniger. Nach seinem Tod traten sechs<br />
Musiker in Erscheinung, die auf ihre individuelle Art<br />
das Erbe des Saitenhexers antraten. Neben Randy California<br />
(Spirit) waren dies der Kanadier Frank Marino,<br />
der mit seiner Truppe Mahogany Rush oft an sein<br />
Idol erinnerte, und der Ex-Scorpions-Gitarrist Uli Jon<br />
Roth, dessen Alben EARTHQUAKE (1979) und FIRE<br />
WIND (1981) musikalisch und textlich gekonnt an<br />
Hendrix angelegt sind. Nicht zu vergessen Robin Trower,<br />
der speziell mit BRIDGE OF SIGHS (1974) sein<br />
Vorbild würdigte, und natürlich Stevie Ray Vaughan,<br />
der im Studio und auf der Bühne häufig Hendrix-<br />
Titel zelebrierte. Der jüngste im Bund ist der in Großbritannien<br />
geborene Vernon Reid, der mit seiner Band<br />
Living Colour und dem Album VIVID (1988) dem<br />
Hendrix-Ansatz folgte und einen neuen Sound kreierte<br />
– als Fusion aus Hard Rock und Funk.<br />
Letztendlich sind es aber nicht nur die Musiker, die<br />
immer wieder Neues ins Hendrix-Denkmal meißeln,<br />
Facetten seiner Musik entdecken und sich von seinen<br />
überirdischen Klängen verzaubern lassen. Es sind<br />
auch seine Fans und Hörer, die nach wie vor Klangexkursionen<br />
des Großmeisters aufsaugen und sich<br />
immer wieder davon verzaubern lassen. Nicht zu<br />
vergessen die nachgewachsenen Kids, die erst viele<br />
<strong>Jahre</strong> nach Hendrix Tod geboren wurden, aber bei der<br />
ersten Hör-Experience schwärmen: „Boah, Alter – das<br />
is’ ja arschcool!"<br />
Fan-Seite im Web: www.hendrix-fans.de<br />
Fo<strong>to</strong>: © goodtimes-pho<strong>to</strong>.de
Jimi Hendrix Discographie<br />
Von Frank Küster<br />
Singles: *<br />
1966 Hey Joe / S<strong>to</strong>ne Free Polydor 59 061<br />
1967 Purple Haze / 51st Anniversary Polydor 59 072<br />
1967 The Wind Cries Mary / Highway Chile Polydor 59 078<br />
1967 Burning Of The Midnight Lamp /<br />
The Stars That Play With Laughing Sam's Dice Polydor 59 117<br />
1967 Foxy Lady / Manic Depression Polydor 59 159<br />
1968 All Along The Watch<strong>to</strong>wer / Can You See Me Polydor 59 2<strong>40</strong><br />
1969 Cross<strong>to</strong>wn Traffic / Gypsy Eyes Polydor 59 256<br />
1969 Let Me Light Your Fire /<br />
The Burning Of The Midnight Lamp Polydor 59 375<br />
1970 No Such Animal Part 1 / Part 2 Bellaphon BF 18019<br />
1970 I'm A Man / Bright Lights, Big City Stateside 1 C 006-91 709<br />
1970 Voodoo Chile / Watch<strong>to</strong>wer Polydor 2121 012<br />
1971 Angel / Freedom Polydor 2121 0<strong>40</strong><br />
1971 Johnny B. Goode / Little Wing Polydor 2001 277<br />
1977 Hey Joe / All Along The Watch<strong>to</strong>wer Polydor 2135 001<br />
1980 Hey Joe / Purple Haze Polydor 2001 993<br />
Alben: *<br />
1967 Are You Experienced Polydor 184 085<br />
1967 Axis: Bold As Love Polydor 184 110<br />
1968 Smash Hits Polydor 184 138<br />
1968 Electric Ladyland (2-LP) Polydor 184 183/184<br />
1970 Band Of Gypsys Polydor 2480 005<br />
1970 Jimi Hendrix Live Hör zu SHZE 293<br />
1970 Early Jimi Hendrix Stateside 1 C 062-92 031<br />
1971 At The Isle Of Wight (Live) Polydor 2310 139<br />
1971 The Cry Of Love Polydor 2480 027<br />
1971 Hendrix In The West (Live) Polydor 2310 161<br />
1971 Rainbow Bridge (Soundtrack) Reprise REP 54 004<br />
1971 Starportrait (2-LP) Polydor 2672 002<br />
1971 Pop His<strong>to</strong>ry Vol. 2 (2-LP) Polydor 2675 013<br />
1971 Voodoo Chile Karussell 2499 012<br />
1971 The Best Of Jimi Hendrix Karussell 2499 043<br />
1972 War Heroes Polydor 2310 208<br />
1973 Pop Giants, Vol. 16 Brunswick 2911 527<br />
1973 Jimi Hendrix –<br />
Soundtrack Recordings From The Film (2-LP) Reprise REP 64 017<br />
1973 Jimi Hendrix Bellaphon BI 1552<br />
1973 Loose Ends Polydor 2310 301<br />
1975 Crash Landing Polydor 2310 398<br />
1975 Midnight Lightning Polydor 2310 415<br />
1975 Rock Sensation Karussell 2345 105<br />
1975 Jimi Hendrix Polydor 2488 309<br />
1976 Good Times INT 128.600<br />
1977 Voice In The Wind (2-LP) Metronome<br />
1978 The S<strong>to</strong>ry Of Jimi Hendrix (2-LP) Polydor 2664 379<br />
* Auswahl<br />
Riesen-<br />
Poster<br />
in der aktuellen<br />
kult!<br />
kult! siehe Seite 79 in diesem Heft.<br />
Seite 14 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
ZUM<br />
50-JÄHRIGEN<br />
JUBILÄUM<br />
DER BAND<br />
EIN<br />
BEST-OF<br />
ALBUM<br />
DER EXTRAKLASSE<br />
+ 2 BRANDNEUE<br />
STUDIOAUFNAHMEN<br />
AB JETZT<br />
ALS DOPPEL-CD, 3-CD SOWIE LIMITIERTE<br />
3-CD DELUXE, 4-CD SUPER DELUXE<br />
UND VINYL!<br />
THE ROLLING STONES<br />
CHARLIE IS MY DARLING – IRELAND 1965<br />
Ab 02.11. zum ersten Mal auf DVD, Blu-Ray und<br />
als limitierte Super Deluxe Edition!<br />
www.universal-music.de
H<br />
ERBERT<br />
Fo<strong>to</strong>: © An<strong>to</strong>n Corbijn<br />
" ICH BIN EIN GNADENLOSER OPTIMIST! "<br />
Von wegen, "Grönemeyer kann nicht tanzen",<br />
bereitet an einem Live-Abend, machen die Band und<br />
wie Bela B. (Die Ärzte) und der spitzzüngige<br />
ich weiter und weiter. Und Zugaben fallen häufig<br />
Au<strong>to</strong>r Wiglaf Droste auf der gleichnamigen<br />
endlos aus, denn sie sind das Dessert jedes Auftritts.<br />
Single 1989 despektierlich behaupteten: Der Mann<br />
Inzwischen bin ich auch gern das Zentrum auf der<br />
tanzt mittlerweile jeden Abend, den er auf einer<br />
Bühne. Während ich mich früher meist hinter dem<br />
Konzertbühne steht, geradezu wie ein Derwisch!<br />
Klavier versteckt und von dort eher steif fungiert<br />
Vielleicht nicht klassisch elegant, dafür umso leidenschaftlicher.<br />
Herbert Grönemeyer live 2012 ist durch<br />
hinterm Mikrofon, gern auch mit Gitarre.<br />
habe, bin ich jetzt als Frontmann präsent, immer<br />
und durch ein kompaktes Energiebündel, auf der<br />
Höhe seines Schaffens, mit sich im Reinen, mit der<br />
Welt sowieso und mit seiner Musik unbedingt.<br />
Kein Wunder, dass dieser Entertainer – Geburtsort<br />
Göttingen, aufgewachsen in Bochum – seit vielen<br />
<strong>Jahre</strong>n einen Ritterschlag nach dem anderen bekommt.<br />
Das Publikum hievte jedes seiner Alben<br />
seit 1984 aus dem Stand auf die Pole Postion der<br />
Charts und kürte Grönemeyer so mit aktuell knapp<br />
15 Millionen verkaufter Alben zu einem der erfolgreichsten<br />
Musiker aus dem deutschsprachigen Raum.<br />
Und es machte sein 2002 erschienenes Meisterwerk<br />
MENSCH (vier Millionen abgesetzte Einheiten) zum<br />
bislang bestverkauften Album der deutschen Musikhis<strong>to</strong>rie.<br />
Aber auch namhafte Kollegen und Veranstalter<br />
zollen „Herbie" Tribut, wollen Kooperationen<br />
mit ihm auf unterschiedliche Art und Weise eingehen.<br />
GRÖNEMEYER<br />
Einer davon ist der Schweizer Claude Nobs, Mitbegründer<br />
und langjähriger Leiter des 1967 ins Leben<br />
gerufenen Montreux Jazzfestivals. Zu dieser legendären<br />
Veranstaltung können sich Musiker nicht etwa<br />
einkaufen oder -buchen, sie werden vielmehr von der<br />
Leitung eingeladen. Oder eben nicht. Herbert Grönemeyer<br />
wurde 2003 angefragt, er folgte dem Ruf mit<br />
großem S<strong>to</strong>lz und Vergnügen und absolvierte einen<br />
grandiosen Auftritt. Neun <strong>Jahre</strong> später wollte der<br />
inzwischen 76-jährige Nobs Nachschlag von Grönemeyer<br />
– und der heute 56-jährige Künstler war bereit<br />
dazu. Und so gab der Wahl-Berliner und -Londoner<br />
am 14. Juli ein vielumjubeltes Konzert im ausverkauften<br />
Audi<strong>to</strong>rium Stravinski in Montreux vor rund 3500<br />
Besuchern. Sie kamen volle drei Stunden in den Genuss<br />
eines einzigartigen Auftritts, der ab November als<br />
DVD-Mitschnitt (LIVE AT MONTREUX 2012) vorliegen<br />
wird. <strong>GoodTimes</strong>-Mitarbeiter Michael Fuchs-Gamböck<br />
sprach exklusiv mit Grönemeyer in Montreux.<br />
Sie wirken bei Ihren aktuellen Konzerten wie<br />
ausgewechselt: Sie reden launig mit dem Publikum,<br />
tanzen, albern, sind entspannter. Sind Sie<br />
inzwischen der “<br />
lässige Live-Herbert”?<br />
Wenn ein Konzert gelegentlich drei Stunden dauert,<br />
merke ich das gar nicht. Ich bewege mich auf der<br />
Bühne in einer Art Zeitschleife. Wenn es mir Spaß<br />
Seite 16 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Das Livespielen bereitet also mehr Spaß als<br />
früher?<br />
Das ist in der Tat so! Die Lust darauf wächst von<br />
Tour zu Tour. Die Musiker an meiner Seite sind extrem<br />
gut, da macht das Spielen erst recht Freude. Wir<br />
sind eine <strong>to</strong>lle Crew, seit langem schon, mit vielen<br />
Bandmitgliedern arbeite ich seit den 1980ern zusammen.<br />
Und während wir früher musikalische Partner<br />
waren, bezeichne ich uns inzwischen als echte<br />
Freunde. Unter diesen Umständen kann gar nichts<br />
Langweiliges herauskommen.<br />
“<br />
Musik verwässert Sprache”, haben Sie mal gesagt.<br />
Wie ist das zu verstehen bei einem Künstler,<br />
der großen Wert auf die Texte legt?<br />
Obwohl es nach außen vielleicht anders wirkt:<br />
Eigentlich habe ich mich immer eher als Sänger denn<br />
als Texter gesehen. Ich bin zwangsweise zum Schrei-
Fo<strong>to</strong>: © EMI <strong>Music</strong><br />
... und er kann doch tanzen:<br />
Herbert Grönemeyer in<br />
bester Livelaune 2012.<br />
ber von Versen geworden, da die Texte auf meinen<br />
ersten – nicht ganz zu Unrecht erfolglosen – Alben<br />
von eingekauften Au<strong>to</strong>ren kamen und ziemlich<br />
schlecht waren. Also habe ich mich selbst ans Werk<br />
gemacht. Doch, wie gesagt, in erster Linie ist meine<br />
Leidenschaft das Singen. Und was ich mit „Musik<br />
verwässert Sprache” letztlich gemeint habe: Musik<br />
entzieht der Sprache ihre Kraft. Deshalb verwende<br />
ich gern bockige Wörter, kernige Ausdrücke. Meine<br />
Worte müssen in der Regel viel Kraft und Energie<br />
besitzen, damit sie der Musik gewachsen sind. Außer<br />
bei Liebesliedern, da setze ich auf Emotion pur, gern<br />
auch mal auf eine Prise Kitsch.<br />
Angeblich stimmen Sie sich mit dem Lesen von<br />
Lyrik auf das eigene Schreiben ein …<br />
Das ist richtig! Ich stimme mich ein, um diesen<br />
schwierigen Part meiner Arbeit bewältigen zu können.<br />
Denn ich bin kein großer Schreiber. Außer Liedtexten<br />
verfasse ich nichts, nicht mal Briefe, schon<br />
gar keine Kurzgeschichten oder gar Romane. Um<br />
Himmels Willen! Beim Studieren der Werke von anderen<br />
fallen mir immer mal wieder interessante oder<br />
schöne Wörter auf, die ich mir notiere und eventuell<br />
verwende. Der Begriff „Schiffsverkehr” etwa ist auf<br />
diese Art klebengeblieben und jetzt Titel meiner aktuellen<br />
Platte.<br />
Ist es richtig, dass Sie mit Ihren Texten gern<br />
irritieren, auch mal absurd werden, obwohl<br />
die Öffentlichkeit Sie eher als<br />
“<br />
au<strong>the</strong>ntischen Künstler” wahrnimmt?<br />
Das Absurde und streckenweise Alberne<br />
ist in meinen Texten eher<br />
versteckt. Aber beides ist unbedingt<br />
vorhanden! Dass ich diesen „Au<strong>the</strong>ntizitäts-Status”<br />
besitze, kann<br />
ich nicht recht nachvollziehen. Denn<br />
die Mehrzahl meiner Lieder hat mit<br />
meinem Leben wenig bis nichts zu<br />
tun, und au<strong>to</strong>biografische Sachen<br />
sind rar gesät.<br />
Sind Sie vielleicht im November<br />
1988 zu einer “<br />
au<strong>to</strong>biografischen<br />
Figur” geworden? Innerhalb von<br />
zwei Tagen starb einer Ihrer Brüder<br />
sowie Ihre Ehefrau Anna.<br />
Bis zu jenen tragischen Ereignissen<br />
war mein Privatleben in der Öffentlichkeit<br />
kaum bekannt, was ich sehr<br />
genossen habe. Unmittelbar danach<br />
bekam ich allerdings geballte Anteilnahme.<br />
Das war sehr berührend<br />
und hat mich zutiefst bewegt. Doch<br />
wenn ich heute, über 13 <strong>Jahre</strong> später,<br />
immer noch darauf angesprochen<br />
werde, ist mir das zu weit hergeholt. Mein<br />
Leben geht ja weiter, man muss nach vorn schauen,<br />
darf nicht in der Vergangenheit stehenbleiben. Mir<br />
ist es wichtig, auch für meine beiden Kinder, dass<br />
ich ein gesteigertes Maß an Privatsphäre besitze.<br />
Dieser Wunsch drückt sich gleichfalls in meiner Arbeit<br />
aus: Mit dem Album SCHIFFSVERKEHR bin ich<br />
zurückgekehrt zum erzählerischen Schreiben, die<br />
Inhalte der Lieder haben kaum mit meinem Alltag<br />
zu tun.<br />
Sind Sie nach London gezogen, um Ihr Privatleben<br />
weitgehend zu schützen?<br />
Dort lebe ich auch weiterhin ungefähr die Hälfte<br />
des <strong>Jahre</strong>s; den Rest der Zeit bin ich in Berlin, wo<br />
ich gleichfalls relativ anonym sein kann. Gerade<br />
für meine Kinder war der Umzug nach London<br />
elementar wichtig – so kurz vor dem Tod ihrer<br />
Mutter, als ihr Ableben absehbar war. So entstand<br />
auch eine räumliche Distanz zu den bald darauf<br />
folgenden tragischen Ereignissen. Außer unseren<br />
unmittelbaren Nachbarn wusste in England niemand<br />
etwas von meinem Schicksal – und diese<br />
Menschen, die bis heute Freunde sind, verhielten<br />
sich weniger betroffen als vielmehr loyal zu uns.<br />
Das war sehr, sehr schön! Denn ich bin durchaus<br />
jemand, dem Anteilnahme nahegeht. Aber irgendwann<br />
muss damit auch gut sein. Schließlich bin<br />
ich tief im Herzen ein gnadenloser Optimist, was<br />
unser Dasein angeht.<br />
Ausgewählt und<br />
präsentiert von<br />
KulturSPIEGEL<br />
© Pressefo<strong>to</strong>
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Status Quo<br />
DVD,<br />
Soundtrack,<br />
Solo-Album<br />
HELLO QUO! ist die Doppel-DVD betitelt,<br />
mit der die UK-Boogie-Rockveteranen<br />
Status Quo ihr 50-jähriges<br />
Bestehen zelebrieren und ihre<br />
lange His<strong>to</strong>rie voller Höhen und Tiefen<br />
erzählen. Alan G. Parker ( Who "<br />
Killed Nancy" über die Sex Pis<strong>to</strong>ls,<br />
Rebel Truce - The His<strong>to</strong>ry Of The<br />
"<br />
Clash", diverse Monty-Python-Filme)<br />
brachte das Filmwerk auf den Weg<br />
und führte Regie, wie Rick Parfitt<br />
im <strong>GoodTimes</strong>-<br />
Interview verriet.<br />
Also der Mann, der<br />
seit 45 <strong>Jahre</strong>n die<br />
Band anführt, die<br />
Gitarre schwingt<br />
und singt - gemeinsam<br />
mit Francis<br />
Rossi, der als einziges<br />
Mitglied der<br />
Gründungsbesetzung g<br />
von 1962 mit Alan<br />
Lancaster (b, bis 1985), John Coghlan<br />
(dr, bis 1981) und Roy Lynes (keys,<br />
bis 1970) bis heute dabei ist.<br />
Rick, ich<br />
erreiche dich in<br />
Spanien<br />
- warum bist du<br />
vor einigen <strong>Jahre</strong>n dort-<br />
hin gezogen?<br />
Verschiedene Gründe, vor allem aber<br />
das Wetter. Ich liebe zwar Regen und<br />
auch Kälte, aber nicht, wenn es dau-<br />
ernd kalt ist und regnet. Dazu der<br />
Verkehr in England, all die Kameras,<br />
die einen permanent<br />
überwachen, überhaupt das<br />
Leben in England. Ich hatte irgendwann<br />
genug davon, habe<br />
mich mit meiner Frau beraten<br />
– wir hatten schon eine Villa in<br />
Spanien, wo man immer im Pool schwimmen kann,<br />
der nicht wie in England die meiste<br />
Zeit wegen des Wetters abgedeckt ist.<br />
Wir haben alle Annehmlichkeiten des<br />
Lebens im UK, haben Sky-Fernsehen,<br />
die Kinder gehen hier zur Schule,<br />
wachsen zweisprachig auf, was heutzutage<br />
ja auch nicht unwichtig ist –<br />
es ist hier einfach ein angenehmeres<br />
Leben. Ich sitze jetzt hier bei 26 Grad<br />
und genieße den Sonnenschein am<br />
Swimmingpool, während wir uns unterhalten.<br />
Mit HELLO QUO! feiert<br />
ihr das 50-jährige Bestehen<br />
der Band - inwieweit<br />
habt ihr an der<br />
Produktion mitgewirkt?<br />
Alan G. Parker wollte die Sache schon<br />
Fo<strong>to</strong>: © P. Roser<br />
seit <strong>Jahre</strong>n machen und war auf uns zugekommen,<br />
und jetzt schien die Zeit einfach reif dafür zu sein.<br />
Wir haben lange darüber gesprochen, trugen sechs<br />
Monate lang all das Material zusammen, darunter<br />
viele noch nie gezeigte Aufnahmen. Alle Leute, die<br />
irgendwann mit Quo zu tun hatten, wurden ausführlich<br />
interviewt, zusätzlich äußern sich viele Menschen<br />
über die Band, von Brian May und Joe Elliott<br />
von Def Leppard über Cliff Richard bis zu Thomas<br />
Gottschalk, die alle nette Dinge über uns sagen. Es<br />
war jetzt an der Zeit, die wahre Geschichte der Band<br />
zu erzählen – und ich meine, am Ende ist etwas herausgekommen,<br />
das für jeden Quo-Fan ein Muss ist!<br />
Stichwort Wahrheit. Waren auch<br />
John Coghlan und Alan Lan caster<br />
v.l.: Rick Parfitt, John Coghlan, Francis Rossi und Alan<br />
Lancaster Anfang der 80er <strong>Jahre</strong> in einem Münchner TV-Studio<br />
Seite 18 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
an der Entstehung der DVD<br />
beteiligt?<br />
Jeder schildert seine Sicht der Dinge.<br />
Der einzige, der nicht mitmachen<br />
wollte, ist Pete Kircher, der 1982<br />
bis 1985 Johns Platz eingenommen nommen<br />
hatte. Alle haben in Interviews, ews, die<br />
wirklich in die Tiefe gehen, en, ihre<br />
Sicht der Dinge dargelegt, ihre fühle geschildert, was ihnen in ihrer<br />
Zeit bei Quo gefallen hat und was<br />
nicht. Außerdem waren John, Alan,<br />
Francis und ich erstmals seit fast<br />
Ge-<br />
30 <strong>Jahre</strong>n wieder gemeinsam in<br />
einem Raum – und wir haben zum ersten Mal seit<br />
jener Zeit wieder zusammengespielt! Das war schon<br />
ein sehr emotionaler Moment.<br />
Wie kam es dazu?<br />
Sie reisten für die DVD-Aufnahmen<br />
an – Alan lebt ja in Australien. Wir<br />
waren in all den <strong>Jahre</strong>n seit der<br />
Trennung nicht gerade die besten<br />
Freunde, es herrschte viel Bitterkeit<br />
auf beiden Seiten. Wir sind<br />
jetzt alle Mitte 60, und da war es<br />
überfällig, die alten Geschichten<br />
auszuräumen und das Kriegsbeil zu<br />
begraben. Dass uns das gelungen<br />
ist, reflektiert die DVD durchaus,<br />
meine ich. Wir gingen in unseren<br />
Probenraum, schauten uns fragend<br />
an: „Was sollen wir spielen?" Wir<br />
haben dann ein paar alte Nummern<br />
angestimmt.
Sie haben gewählt!<br />
Hier sind die<br />
60 besten kultHits!<br />
Zusammengestellt von<br />
den Lesern der<br />
jetzt auch bei
Ist diese Session eine einmalige<br />
Sache, oder wird man euch mal<br />
wieder zusammen auf der Bühne<br />
erleben?<br />
Nichts ist in Stein gemeißelt! Es laufen Gespräche,<br />
und wie wir schon mal auf einem unserer alten Alben<br />
gesungen haben: „Never say never"! Alles kann<br />
passieren. Im Augenblick ist nichts geplant, aber<br />
warten wir mal das nächste Jahr ab.<br />
Quo feiern 50-Jähriges, du selbst<br />
bist ein wenig später dazu ges<strong>to</strong>ßen,<br />
nachdem du Francis 1965 im<br />
Butlin's Feriencamp kennen gelernt<br />
hast, als du unter dem<br />
Namen Ricky Harrison<br />
mit The Highlights unterwegs<br />
warst ...<br />
Richtig. Ich hatte meinen Namen<br />
geändert, weil ich mit<br />
den Zwillingsschwestern<br />
Jean und Gloria Harrison<br />
etwa zwei <strong>Jahre</strong> lang als The<br />
Highlights unterwegs war. Wir<br />
gaben uns als Familie aus und<br />
haben zu dritt Musik-Kabarett arett<br />
gemacht. Im Butlin's freundete<br />
ich mich mit Francis und Alan an,<br />
die damals noch als The Spectres auftraten. Etwa<br />
ein Jahr später rief ihr Manager an, ob ich nicht einsteigen<br />
wolle. Die Highlights hatten sich da schon<br />
aufgelöst, ich hatte nichts zu tun und sagte zu. Ich<br />
stieg 1967 ein, im Februar 1968 erschien "Pictures<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Of Matchstick Men", und der Rest ist Geschichte.<br />
Wer es noch genauer wissen will, sollte sich die DVD<br />
anschauen.<br />
Du bist ein guter Verkäufer!<br />
Das ist Teil meines Jobs.<br />
Für den Auftritt bei Live Aid"<br />
"<br />
1985 wart ihr nach einer längeren<br />
Phase der Inaktivität wieder zusammen.<br />
Welche Erinnerungen hast<br />
du daran?<br />
Sehr wenige. Wir wurden mit einem Helikopter ins<br />
Wembley-Stadion eingeflogen – und ich war und<br />
bin eigentlich nie vor Auftritten nervös. Doch unmittelbar<br />
bevor wir auf die Bühne gingen, hatte ich<br />
wirklich Schmetterlinge im Bauch. Immerhin standen<br />
da draußen 80.000 Menschen, und wir hatten<br />
die Riesenehre, als Opener ran zu dürfen! Es war<br />
unglaublich – die 14 Minuten, die wir gespielt haben,<br />
fühlten sich an wie 14 Sekunden. Ich weiß nur<br />
noch, dass wir ein kurzes Interview gaben, als wir<br />
die Bühne verließen, ansonsten erinnere ich mich<br />
an nichts mehr.<br />
Wie geht es dir gesundheitlich? Du<br />
hattest 1997 deine Vierfach-Bypass-Herzoperation<br />
und musstest<br />
im letzten Dezember und im Ja-<br />
nuar nochmals auf den OP-Tisch ...<br />
Ich fühle<br />
mich großartig, mir geht es wirklich gut!<br />
Ich habe mich damals sehr schnell von meiner<br />
Herz-OP erholt, obwohl ich zwölf Minuten<br />
klinisch <strong>to</strong>t war. Sie mussten mein Herz<br />
gewissermaßen abschalten, während sie<br />
die Bypässe legten. In der Zeit hing ich<br />
an einem Kuns<strong>the</strong>rz – sie haben mir<br />
einen Film von diesem vierstündigen<br />
Eingriff geschenkt, den ich aber bis<br />
heute nicht angeschaut habe und es wohl<br />
auch nie tun werde. Da schaue ich mir lieber<br />
andere interessante Sachen an.<br />
Und was ist im letzten Dezember<br />
passiert?<br />
Ich habe ja ein wildes Leben geführt, Sex ex&Drugs<br />
& Rock'n'Roll eben, für das ich einen Preis zahlen<br />
muss. Ich bin zwar nicht mehr unbedingt<br />
ein wilder alter<br />
Rock'n'Roller, habe<br />
schon ewig keine<br />
Drogen mehr<br />
genommen, en,<br />
aber einem em<br />
Drink bin<br />
ich nicht ab-<br />
geneigt. An<br />
einem Don-<br />
nerstag im Dezember<br />
letzten<br />
<strong>Jahre</strong>s hatte ich<br />
eine Herzattacke,<br />
wurde am Freitag operiert<br />
und bekam einen<br />
Stent eingesetzt, und<br />
am Samstag stand ich<br />
im NEC in Birmingham<br />
schon wieder auf<br />
der Bühne. Die Ärzte<br />
weigerten sich zwar<br />
anfangs, mich aus dem<br />
Krankenhaus zu lassen, aber ich sagte, dass ich mich<br />
dann selbst entlassen würde. Und so haben sie letztlich<br />
zugestimmt. Natürlich haben alle gesagt, ich sei<br />
verrückt, aber die Fans hatten für die Tickets bezahlt!<br />
Und wenn ich mal auf der Bühne umkippen sollte,<br />
ist es eben so – es gibt doch keinen besseren Ort, um<br />
abzutreten (lacht)!<br />
Was wurde eigentlich aus dem Solo-Album,<br />
das du 1985 aufgenommen<br />
hast?<br />
Der Titel stand mit RECORDED DELIVERY schon<br />
fest, aber ich weiß bis heute nicht, warum es nicht<br />
erschienen ist. Bei den Aufnahmen waren John<br />
„Rhino" Edwards und Jeff Rich dabei, nachdem<br />
Rhythmusgitarre und Gesang<br />
sind Rick Parfitts Job.<br />
sich John Coghlan und Alan Lancaster verabschie-<br />
det hatten und keine Band mehr vorhanden war.<br />
Eines Tages rief unsere damalige<br />
Plattenfirma an und sagte,<br />
wir würden ihr laut Vertrag<br />
noch ein Album schulden.<br />
Also sprach ich mit Francis, erzählte<br />
ihm von John und Jeff<br />
– mit ihnen haben wir dann<br />
"In The Army" aufgenommen,<br />
was überall ein Riesenhit war.<br />
Und<br />
nachdem ich ohnehin nie<br />
mit Quo hatte aufhören wollen,<br />
legten wir ab 1986 wieder los – und<br />
John ist bis heute dabei!<br />
Wird<br />
das Solo-Album jemals<br />
erscheinen?<br />
In dieser Form wohl nicht, weil die meisten Songs<br />
inzwischen als B-Seiten oder Bonus-Tracks Verwendung<br />
gefunden haben. Aber wenn ich mal ges<strong>to</strong>rben<br />
sein sollte, wird sich irgendjemand zumindest<br />
die unveröffentlichten Tracks herauspicken und ausschlachten,<br />
wie es eben so üblich ist. Man weiß ja,<br />
wie das so läuft in diesem Geschäft (lacht).<br />
Macht ihr euch schon Gedanken<br />
über ein neues Studio-Album?<br />
Als nächstes kommt ein Soundtrack. Wir haben Anfang<br />
des <strong>Jahre</strong>s den Film „Bula Quo!” gedreht. Dafür<br />
haben wir rund zehn neue Songs eingespielt und einige<br />
unserer älteren Nummern überarbeitet, die auf<br />
dem Soundtrack zu hören sein werden.<br />
Worum geht es in dem Film? Es<br />
soll ja ein Spielfilm sein ...<br />
Ich darf nichts darüber verraten, nur so viel: Francis<br />
und ich spielen uns in einem Action-Thriller selbst,<br />
bringen eine lustige Note rein. Es hat jedenfalls viel<br />
Spaß gemacht, das Ding zu drehen. Es wird im April<br />
2013 anlaufen.<br />
Philipp Roser<br />
Seite 20 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Mit neu restauriertem Material und nie zuvor gehörten Versionen von<br />
The WASP (Texas Radio And The Big Beat), Spanish Caravan und Hello, I Love You!<br />
Auf Grundlage der originalen Mehrspurbänder remixed und remastert bieten<br />
sowohl CD, Vinyl & Download als auch DVD und Blu-ray die vollständigste<br />
Version dieses legendären Konzerts, die jemals veröffentlicht wurde.<br />
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Von Ul<br />
i Twelk<br />
ker<br />
Celluloid Heroes –<br />
der Traum von Hollywood<br />
Wer kann bessere Milieu-Geschichten erzählen als Ray Davies von den Kinks? "Waterloo Sunset" etwa ist<br />
45 <strong>Jahre</strong> nach Erscheinen unvergessen als die Hommage an eine romantische Seite Londons. Sollte Davies<br />
seinen Sonnenuntergang hinter der damals besonders hässlichen Waterloo Station ironisch gemeint haben, so wollten weder die<br />
schönen Melodielinien dies aufnehmen noch Terry, Julie oder die Hörer es bemerken. Ray Davies' "Dead End Street" t" zeigte eindrucksvoll<br />
die Kehrseite, das London der Verlierer: There's a crack up in <strong>the</strong> ceiling" – Risse in den endlosen Reihenhäusern!<br />
"<br />
Schnitt zum Babylon Hollywoods: Hier gelang es dem exzentrischen Songpoeten,<br />
der seine Kompositionen als Grundlage für Soundtracks eigener Filme sah, sowohl<br />
die Sonnen- als auch die Schattenaspekte der Filmfabrik nahe Los Angeles<br />
vorzuführen – und als Metapher für Jedermanns zerplatzte Träume zu verstehen.<br />
Der Kinks-Regisseur, der 1971 in der Filmstadt gelebt hatte, ging den Hollywood<br />
Boulevard hinab und wusste genau: Hier hielt sich jeder für<br />
eine Leinwandgranate, „everybody's a dreamer, and everybody's<br />
a star". Die Konsequenz: „Everybody's in movies."<br />
Instinktiv wusste Davies die Sternchen im Boulevard-Pflaster als<br />
telepathischen Star-Kontakt zu deuten: Wagt es ja nicht, auf<br />
Greta Garbo herumzutrampeln, auch wenn es nur ihr Stern ist!<br />
Das hatten zu ihren Lebzeiten andere getan, indem sie den Mythos<br />
einer Prinzessin schufen und erstaunt sahen, wie die unnahbare<br />
Stille reagierte: „She turned her back on stardom." Aber<br />
der Kinks-Chronist lässt auch Luft zum Lachen: beim pomadigen<br />
Rudolph Valentino, der den Hollywood-Ladies unter die Röcke<br />
schaut, während sie ihn ignorieren. Beim unverwüstlich lächelnden<br />
Mickey Rooney, auf dessen Stern man ruhig treten kann –<br />
und der sich mit 92 noch immer bester Gesundheit erfreut.<br />
Anderen sieht Davies den Lebens- und Karrierekampf deutlich<br />
an, ob sie nun Erfolg hatten oder vergeblich litten: „Some succeeded<br />
and some who suffered in vain." Letztlich kehrt der Au<strong>to</strong>r zur<br />
„fantasy<br />
asy<br />
world" der Leinwand zurück, denn „celluloid heroes never suffer any pain" – und<br />
natürlich sterben sie auch nicht: Wer wollte Bette Davis nicht für so lebendig<br />
halten wie Mickey Rooney?!<br />
Musikalisch baute Ray Davies seine Kinks dynamisch geschickt für einen seiner<br />
stärksten Songs auf. John Goslings Piano und die eigene Akustikgitarre<br />
beginnen das Midtempo-Stück. John Dal<strong>to</strong>ns Bass und Mick Avorys Drums<br />
beschränken sich auf sparsame Untermalung, und auch Dave Davies darf nur<br />
ein paar gebremste Power-Chords einstreuen, während die Klavierkaskaden Goslings<br />
zunehmend an einen verehrten „Session Man" des Kinks-Bosses erinnern:<br />
Nicky Hopkins. Ein gewisser Hollywood-<br />
Drama-Effekt wird noch durch Syn<strong>the</strong>sizer-<br />
Overdubs hinzugefügt, aber der Fokus des<br />
Traumfabrik-Traktats liegt in Ray Davies' erstaunlicher<br />
vokaler Performance, die Gosling<br />
„Ehrfurcht" verspüren ließ, und in welcher<br />
der New Yorker Au<strong>to</strong>r Thomas M. Kitts eine<br />
subtile Melange von „Nachdenklichkeit, Verwundbarkeit,<br />
Ironie, Leidenschaft und – am<br />
Ende – Verzweiflung" ausmacht und sogar<br />
eine gewisse Todessehnsucht bescheinigt.<br />
Die kommerzielle Ausgangsbasis des Songs<br />
war<br />
eher<br />
er schlecht: cht:<br />
Er war das Finale des zweiten RCA-Albums der Band (die<br />
Livebeigabe mal ausgenommen). Das Major-Label kündigte diese zentrale<br />
Nummer im Albumtitel zwar mit der Songzeile EVERYBODY`S IN SHOW BIZ,<br />
EVERYBODY`S A STAR an, verschloss sich allerdings wie beim Albumvorläufer<br />
MUSWELL HILLBILLIES einer Multimedia-Auswertung mit Filmprojekten<br />
buchhalterisch borniert – und dies, obwohl ohl<br />
der Band 1972 mit der launigen Concorde-<br />
Jet-„Werbung" "Supersonic Rocket Ship"<br />
zwei <strong>Jahre</strong> nach "Lola" immerhin ein kleiner<br />
Hit gelang. Hatte man das erste Kinks-<br />
Label Pye noch gescholten,<br />
Albumerfolge durch<br />
immer neue Kopplungen<br />
auf dem Billiglabel Marble<br />
Arch zu konterkarie-eren,<br />
so waren zu RCA-<br />
Zeiten einfach zu wenig<br />
Albumstapel in den Geschäften.<br />
Und die mageren<br />
Inserate des<br />
Konzerns Signal eines es<br />
Geizes, der dem Vorschuss<br />
der Band und<br />
MUSWELL HILBILLIES<br />
Launch-Parties<br />
kaufmännisch<br />
widersprach.<br />
Dennoch, das<br />
Sechs-Minuten-Epos wurde<br />
im US-Radio jahrelang regelmäßig<br />
g<br />
aufgelegt. Eine Single gab es zum Glück<br />
in einigen europäischen Ländern, darunter<br />
im Vereinigten Königreich (UK),<br />
am 24. November 1972. Einem 7-Inch-<br />
Release in den USA stand wohl nur die<br />
traurige Tatsache entgegen, dass man<br />
bereits vier <strong>Jahre</strong> nach "Hey Jude" den<br />
Mut zu einem solchen Wagnis verloren<br />
hatte, vom Erinnern an den Geniestreich<br />
der Ray-Charles-Single "What'd<br />
I Say" ganz zu schweigen: Hier hatte<br />
man eine Langnummer einfach auf<br />
zwei Seiten verteilt. Ray Davies lieferte<br />
prompt eine lediglich 4:39 laufende<br />
Version, und das Ding konnte im November<br />
1972 auch in Amerika an den<br />
Start gehen, ebenfalls mit der Rückseite<br />
"Hot Pota<strong>to</strong>es". Zum Jubiläum bitte<br />
Angriff auf allen Formaten: 7-Inch-<br />
Engrille, 12-Inch-Vinyl, CD-Single,<br />
Download und großes Remaster der<br />
damaligen RCA GREATEST HITS. Die<br />
hatten nämlich 1976 als Haupttitel<br />
– "Celluloid Heroes" in veränderter r<br />
Version!<br />
Greta Garbo<br />
Rudolph Valentino<br />
Bette Davis<br />
Marilyn Monroe<br />
Seite 22 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Jeff Lynne/Electric Light Orchestra<br />
LONG WAVE enthält ausschließlich<br />
Cover-Versionen. Warum eine solche<br />
Rückschau?<br />
Als ich die Lieder aufnahm, habe ich mich permanent<br />
an meine Kindheit und Jugend erinnert, also an<br />
die 1950er und frühen 1960er – an endlose Nächte,<br />
in denen ich trotz elterlichen Verbots mit Kopfhörern<br />
im Bett lag und mich von der Musik verschiedener<br />
Langwellen-Sender in den Schlaf wiegen ließ. Ohne<br />
jene Nächte wäre die Magie der Musik niemals in<br />
diesem Maße auf mich übergesprungen! Überhaupt<br />
das Radio: Sobald mein Vater von der Arbeit zu Hause<br />
war, lief es unentwegt, und an den Wochenenden<br />
sowieso: Jazz, Skiffle, Bigband-Sound. Es war<br />
herrlich, ständig von dieser Musik umgeben zu sein.<br />
Manche Songs klingen für mich bis heute so frisch,<br />
als hätte ich sie gestern zum ersten Mal gehört. Mit<br />
diesen Eindrücken ging ich ins Studio, um LONG<br />
WAVE einzuspielen. Es ist eine radikal persönliche,<br />
radikal egoistische Scheibe. Weil ich sie im Alleingang<br />
aufgenommen habe und sie ausschließlich<br />
altes Zeug präsentiert, das vermutlich nur noch mir<br />
so nahe ist. Aber wer weiß, vielleicht haben auch<br />
einige andere Leute ihren Spaß an der Sache.<br />
Sind Sie ein eingefleischter Nostalgiker?<br />
Unbedingt! All die Zeit vor dem Radio, in der ich<br />
mich hemmungslos meinen Träumen hingab! Es gab<br />
viele Tage und vor allem Nächte, in denen ich richtiggehend<br />
ins Gerät gekrochen bin! Ich hoffe, dass<br />
jeder von einer Nostalgiewelle erfasst wird, wenn er<br />
sich LONG WAVE anhört.<br />
Gibt es zwischen den beiden aktuellen<br />
Alben eine Verbindung?<br />
Beide stehen für sich, aber auch dafür, wo ich mich<br />
Rückschritt & Fortschritt<br />
Seite 24 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Mit zwei Alben, die am selben Tag erschienen<br />
sind, hat sich Jeff Lynne<br />
(Gründungsmitglied und Mastermind<br />
des Electric Light Orchestra/ELO) weit<br />
zurück in die Zukunft gebeamt:<br />
Unter seinem Namen<br />
kam LONG WAVE (Langwelle)<br />
auf den Markt, eine nostalgische<br />
Hommage an die<br />
eigene musikalische Kindheit<br />
und Jugend, gespickt mit frisch klingenden<br />
Cover-Versionen aus den 19<strong>40</strong>-<br />
ern bis frühen 1960ern. Und Lynne,<br />
geboren am 30.12.1947 in Birmingham,<br />
hat außerdem zwölf ELO-Kracher entrümpelt<br />
und ihnen ein wenig die Patina<br />
genommen; sie bringt er als<br />
MR. BLUE SKY – THE VERY<br />
BEST OF ELECTRIC LIGHT<br />
ORCHESTRA an den Start.<br />
Beide CDs unterstreichen<br />
die Zeitlosigkeit des Lynne-<br />
Sounds.<br />
Von Michael Fuchs-Gamböck<br />
musikalisch derzeit fixiere. Da ist Jeff Lynne, der<br />
unbarmherzige Nostalgiker – und da ist außerdem<br />
Jeff Lynne, der einem Dutzend ELO-Klassikern<br />
neue Perspektiven abgewinnen will. Darum habe<br />
ich alle Songs von MR. BLUE SKY ... komplett neu<br />
eingespielt. Es sind speziell diese Titel, von denen ich<br />
weiß, dass sie zeitlos sind, dass man sie sich auch in<br />
der Zukunft problemlos wird anhören können.<br />
Sie haben alle Instrumente auf MR.<br />
BLUE SKY gespielt …<br />
Das war dringend erforderlich, denn dadurch habe<br />
ich sie vom gelegentlich zu heftigen Bombast etwas<br />
entstaubt. Sie behielten ihre Identität, bekamen aber<br />
ein frischeres Gesicht mit weniger Schminke.<br />
Welche Erinnerungen sind an <strong>40</strong><br />
<strong>Jahre</strong> ELO präsent?<br />
Wechselhafte, wie für eine Unternehmung dieser Größenordnung<br />
angemessen. Anfangs waren wir eine<br />
richtige Band, sehr kreativ, mit sehr unterschiedlichen<br />
Charakteren. Es war aufregend, unter solchen Umständen<br />
zu arbeiten, aber auch recht kompliziert. Ab<br />
den späten 1970ern war ELO weitgehend mein eigenes<br />
Projekt, nahezu alle Ideen stammten von mir. Ich<br />
bin kein allzu guter Teamplayer, eher ein Tüftler und<br />
Einzelkämpfer. Damit konnten im Laufe der Zeit nicht<br />
alle umgehen, mit denen ich gearbeitet habe.<br />
Kritiker unterstellten ELO gern<br />
Kitsch und Größenwahn, Sie selbst<br />
sprechen von "<br />
klassischem Rock'n'<br />
Roll" …<br />
ELO war und ist unbedingt eine Rock'n'Roll-Truppe,<br />
da bei allem gelegentlichen Orchester-Beiwerk die<br />
Melodien stets simpel und eingängig waren. Diese<br />
Eigenschaft zeichnet für mich Rock'n'Roll aus. Okay,<br />
es gab schon mal die eine oder andere süßliche Melodie.<br />
Das lag dann am Inhalt des Lieds, meist herzzerreißende<br />
Balladen. Da ist dann eine fette Prise<br />
Kitsch durchaus angebracht, um den dramatischen<br />
Aspekt zu verstärken.<br />
Das letzte ELO-Album ZOOM erschien<br />
2001. Kommt noch was Neues?<br />
Da ich mich von nichts und niemandem drängen<br />
lasse, wenn ich an einer neuen Platte arbeite – vor<br />
allem nicht von der Zeit –, habe ich keine Ahnung,<br />
ob und wann es eine neue ELO-Scheibe gibt. Sicher<br />
ist: Es gibt einige neue Ideen für Songs, manche sehr<br />
konkret und weit fortgeschritten, was immer das zu<br />
bedeuten hat. Lust darauf, ein richtig scharfes ELO-<br />
Album abzuliefern, habe ich unbedingt. Schließlich<br />
stehen diese drei magischen Buchstaben für ein ganzes<br />
Leben – mein Leben.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Martyn Atkins
Big Jim Sullivan (1941 – 2012)<br />
Die letzte Session<br />
Die Zahl der Kollegen, für die er Gitarre spielte, ist fünfstellig (!). Rund<br />
1000 LPs und 45er mit ihm kamen in die UK-Charts, über 50 Singles auf<br />
Platz 1. S<strong>to</strong>nes, Kinks, Small Faces, Smoke, Chris Farlowe, Cliff Bennett.<br />
Family, David Bowie, Dave Clark Five, George Harrison, Walker Bro<strong>the</strong>rs,<br />
Dusty Springfield, Dave Berry, Marmalade, Love Affair, Peter Sarstedt.<br />
Donovan, Petula Clark, Tom Jones, Cilla Black. Und so geht es seitenlang<br />
im Berichtsheft weiter. Unvergessen bleibt seine lange Tandem-Zusammenarbeit<br />
mit dem blutjungen Jimmy Page ( "<br />
Big Jim & Little Jim"), beispielsweise<br />
1964 in Köln auf den kuriosen LPs FOLKLORE WITH A BEAT<br />
und CLASSICS WITH A BEAT.<br />
Sullivan, am 14.2.1941 als James George Tomkins in Uxbridge geboren, gehörte<br />
zu den Wildcats, begann 1958 als Studiogitarrist, gab parallel unter anderem<br />
Ritchie Blackmore Unterricht. Bis in die späten 70er arbeitete der Hüne rund<br />
um die Uhr für Produzenten wie Joe Meek, George Martin, Paul McCartney,<br />
Andrew Oldham, Mick Jagger, Shel Talmy, Mickie Most; eigene Platten (unter<br />
seinem Namen und mit Tiger) blieben – wie bei so vielen Sessionstars – eher<br />
blass. Von 1969 bis 1974 war er Tom Jones' Gitarrist, knapp zehn <strong>Jahre</strong> im<br />
Orchester von James Last folgten, nach 1990 zog sich der musikalische Wegweiser<br />
mehr und mehr zurück. Rock'n'Roll, Beat, R&B, Pop, Rock, Jazz, Klassik<br />
– Sullivan hatte alles erledigt; er prägte aus dem Hintergrund (und fast immer<br />
ungenannt) mit den Kollegen John McLaughlin, Alan Parker, Joe Moretti, Vic<br />
Flick und Eric Ford die UK-Musikhis<strong>to</strong>rie der <strong>60s</strong>.<br />
Der "<br />
Session-Guru" wurde geholt, wenn die Qualität von Bandmitgliedern<br />
nicht ausreichte, es schnell gehen musste, und er lieferte Backings für Solosänger.<br />
Er trat in London und Paris an, wenn Songs von Johnny Hallyday,<br />
Francoise Hardy, Michel Polnareff und An<strong>to</strong>ine aufzupeppen waren. Wer heute<br />
etwa "Itychcoo Park" hört, "Eloise", "Down<strong>to</strong>wn" oder "Space Oddity", "Je<br />
t'aime", "Shout", "Black Is Black", "Crying Game", "Out Of Time", "My Friend<br />
Jack", "Supergirl" oder "The Sun Ain't Gonna Shine Anymore", der hört (auch)<br />
Big Jim Sullivan. Werbe-,<br />
Film- und TV-Showmusiken<br />
sind für ihn verbucht, er veröffentlichte<br />
Lehrbücher und<br />
Gitarrenschulen.<br />
Am 2.10. ist Big Jim,<br />
schwer herz- und zuckerkrank,<br />
in seinem Haus in<br />
West Sussex ges<strong>to</strong>rben.<br />
Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
MIT<br />
8-KÖPFIGER<br />
BAND<br />
14.JULI 2012<br />
STRAVINSKI<br />
AUDITORIUM<br />
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erhältlich oder bei
1972 – GOGOS, GLAM<br />
UND GUTE LAUNE:<br />
Startschuss<br />
für den<br />
" <strong>Musikladen</strong>"<br />
M<br />
ichael „Mike" Leckebusch hielt<br />
sich nach dem Ende des „Beat-Club"<br />
nicht lange mit Nebensächlichkeiten auf. In<br />
kürzester Zeit hatte der legendäre TV-Produzent<br />
ein neues Konzept aus dem Ärmel<br />
geschüttelt und am 13. Dezember 1972<br />
den „<strong>Musikladen</strong>" eröffnet. Die Sendung<br />
war musikalisch so bunt wie die Pop- und<br />
Rocklandschaft aufregend. Während Chris<br />
Barber’s Jazzband die Show einblies, Mega-<br />
Star Johnny Cash sein "San Quentin" sang,<br />
sorgten Slade mit "Gudbuy T’Jane" für den<br />
lärmenden Abschluss. Die Premiere war gelungen.<br />
Und für die nächsten zwölf <strong>Jahre</strong> wurde die fast monatlich<br />
ausgestrahlte Show zum festen Termin im Kalender<br />
junger Leute, die mitreden wollten.<br />
M<br />
it Uschi Nerke hatte Leckebusch<br />
jene heiße, immer<br />
ein bisschen plappernde „Beat-<br />
Club"-Modera<strong>to</strong>rin mit rübergeholt.<br />
Manfred Sexauer – 14 <strong>Jahre</strong><br />
älter als seine damals 28-jährige<br />
Co-Modera<strong>to</strong>rin – übernahm den<br />
Part des in den Wirren der 60er<br />
gestählten Musikfachmanns, dem<br />
das Teenager-Publikum jede Analyse<br />
glauben durfte. Die Titelmusik<br />
bis zur 32. Show, "Rip This Joint"<br />
Marc Bolan<br />
(T. Rex)<br />
Wer<br />
sich aktuell durch<br />
die diversen TV-Musiksender<br />
zappt, wird vermutlich<br />
meist von Langeweile getrieben.<br />
Neugierde, Aufgereg<strong>the</strong>it, Vorfreude?<br />
Fehlanzeige. Es ist wie in einem<br />
Supermarkt: Von allem gibt es reichlich<br />
und meist noch mehr. Das war<br />
vor <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong>n ganz anders. Als der<br />
Brian Connolly<br />
(Sweet)<br />
erste ARD- "<br />
<strong>Musikladen</strong>" über die<br />
Mattscheibe flimmerte, kam<br />
das einem Großereignis<br />
gleich.<br />
von den S<strong>to</strong>nes, ist dem kollektiven<br />
Vergessen zum Opfer gefallen. Ab<br />
Ausgabe 33 schallte "A Touch Of<br />
Velvet – A Sting Of Brass" des Mark-<br />
Wirtz-Orchesterprojekts The Mood<br />
Mosaic aus den TV-Lautsprechern,<br />
das schon beim „Beat-Club" Verwendung<br />
gefunden hatte. Auch jetzt sah<br />
man dazu GoGos tanzen oder zumindest<br />
dekorativ herumstehen. Nur wa-<br />
Seite 26 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
ren die Girls mittlerweile meist jeglicher störenden Textilverhüllung beraubt.<br />
Und da die Mädchen auch während der Sendung immer wieder zu Songs<br />
herumzappelten, waren nicht mehr nur Bands und Solisten ein Thema – auch<br />
das erotische Element wurde für einen Teil der maskulinen Zuschauerschicht<br />
zu einem beinahe ebenso wichtigen Grund, den „<strong>Musikladen</strong>"<br />
einzuschalten. Und Leckebusch war da keineswegs zimperlich.<br />
Die GoGos zeigten, was sie konnten und hatten. Und da spielte das<br />
Rhythmusgefühl der Tänzerinnen manchmal gar die sekundäre Rolle:<br />
Hauptsache, es wackelte, dass der Bildschirm vibrierte. Schon damals<br />
hatte man einfach noch verdammt viel Spaß am Leben – und am Sex.<br />
Uschi Nerke war ein Jahr nach der Einführung der lasziven Tänzerinnen<br />
aus der Sendung verschwunden. Von Verdrängung<br />
durch Konkurrenzdruck kann da aber keine Rede sein (siehe Interview<br />
mit Manfred<br />
Sexauer).<br />
„Mister<br />
<strong>Musikladen</strong>"<br />
kämpfte<br />
sich<br />
daraufhin ein halbes Jahr<br />
allein durch die Liveshow,<br />
bevor ihm mit August-<br />
Walter Thiemann ein<br />
männlicher Partner zur<br />
Seite stand. Der „Auwa"<br />
genannte Sexauer-Assi<br />
passte jedoch nicht und<br />
wurde schon ein Jahr<br />
später wieder abgezogen.<br />
Viele <strong>Jahre</strong> unzertrennlich: Uschi Nerke und<br />
Mike Leckebusch
Thiemann, der heute als angelnder Naturbursche mit angetackertem Stirnband<br />
in den Medien auftritt, hatte nach eigenen Angaben auch kaum etwas<br />
mit Musik am Hut. Auf seiner Homepage findet seine „<strong>Musikladen</strong>"-Episode<br />
denn auch nicht mal Erwähnung in einem Nebensatz.<br />
A<br />
Suzi Quatro<br />
b Januar<br />
1981 folgten<br />
für Manfred Sexauer<br />
drei Solo-<br />
<strong>Jahre</strong>, bevor er mit<br />
der<br />
22-jährigen<br />
Christine<br />
Röthig<br />
erneut<br />
weibliche<br />
Unterstützung<br />
erhielt. Allerdings<br />
hatte die reizende<br />
Blondine<br />
lediglich<br />
sechs Mo-<br />
nate Zeit, um<br />
sich ins Bewusstsein stsein der bundesdeut-<br />
d Dan McCafferty<br />
schen Jugend zu moderieren. Denn am 29. November<br />
(Nazareth)<br />
1984 ging mit Folge 90 der letzte reguläre „<strong>Musikladen</strong>"<br />
über den Sender. Die Gästeliste liest sich heute<br />
vergleichsweise unspektakulär: Robert Vanguard,<br />
Bananarama, Lihmal, The Twins, Bad Boys Blue und<br />
Ricchi e Poveri zum Beispiel. Nicht nur bei Rockfans<br />
dürften diese Namen Grund zum leidvollen Stöhnen n<br />
gewesen sein, selbst New Romantics oder New-Wave--<br />
Anhänger konnten mit diesen Pop-Eintagsfliegen nur<br />
herzlich wenig anfangen. Dann schon eher mit Duran<br />
Duran, die Leckebuschs Regie-Assistent Jörg Sonntag<br />
in einem Rückschau-Interview auf Radio Bremen kürzlich<br />
salopp als „Blödmänner" bezeichnete, ihre Professionalität<br />
aber lobte.<br />
Thema Künstler. Sonntag hob in dem Radiogespräch den Auftritt von Roxy<br />
<strong>Music</strong> im „<strong>Musikladen</strong>" vom 30. Mai 1973 hervor. Man habe damals angesichts<br />
dieses exaltierten Haufens vom Ende der Rockmusik gewispert, sagte<br />
er. Bleibenden Eindruck hinterließen über die <strong>Jahre</strong> aber auch andere Interpreten.<br />
Etwa der schweißtreibende Auftritt des Funk-Rock-Orchesters rs Ohio<br />
Players am 5. Februar 1975, die Puhdys als erste DDR-Band im Westfernsehen<br />
(12. Februar 1977) oder die Ramones mit "Sheena Is A Punk<br />
Rocker" am 21. September 1978. Wenngleich der US-Band sogar ein<br />
Special gewidmet war, ging Punk am „<strong>Musikladen</strong>" praktisch vorbei.<br />
Es sind zwischen 1976 und 1980 keine Szenegrößen im Programm m<br />
von Leckebuschs bunter Musik-Kirmes zu finden. Zwar legte man mit<br />
Cherry Vanilla und dem Titel<br />
"The Punk" am 3. Dezember<br />
1977 scheinbar gewaltig g<br />
los, zog in den Folgejahren<br />
aber nicht nach. Und Cher-<br />
ry<br />
Vanilla selbst hatte mit<br />
Punk so viel zu tun wie Roy<br />
Black mit Rock’n’Roll. So<br />
gesehen war der Ramones-<br />
Auftritt durchaus eine klei-<br />
ne Sensation. Auch Heavy Metal<br />
Status Quo<br />
The Jacksons<br />
blieb b bei Mike Leckebusch Lärm aus<br />
der Schmuddelecke. Lediglich Motörhead<br />
landeten 1981 einen Hattrick:<br />
15. Januar "Ace Of Spades", 30. April<br />
"Please Don’t Touch" (mit Girlschool)<br />
und am 10. September "Motörhead".<br />
Die Glam-Metal-Welle aus den USA<br />
verpasste der „<strong>Musikladen</strong>" aber vor<br />
allem, weil er 1984 eingestellt wurde.<br />
In einer der letzten Sendungen, am<br />
21. Juni, reichte es wenigstens noch<br />
für einen den Mainstream schockie-<br />
Amanda Lear<br />
renden Auftritt von Twisted Sister mit<br />
"We’re Not Gonna Take It".<br />
Ansonsten gaben sich regelmäßig g<br />
Stars und Sternchen die Klinke in<br />
die Hand, wobei Leckebusch häufig ein<br />
geschicktes Händchen bewies. So holte<br />
er sich am 29. Mai 1976 die völlig<br />
unbekannte Amanda Lear in seine Sendung<br />
und ließ sie ihre erste, französisch<br />
gesprochene Single "La Bagerre" vortragen.<br />
Die an jenem Abend in knallenges Lederoutfit gehüllte Mega-Blondine<br />
avancierte in den kommenden Monaten zur Disco-Queen und setze sich<br />
mehrere <strong>Jahre</strong> weltweit in den Top 10 fest. Im 26. „<strong>Musikladen</strong>" war davon<br />
allerdings noch nichts zu spüren.<br />
Kuriositäten gab es natürlich ebenfalls zuhauf. Dazu gehörten Die Gol-<br />
ich sechs Mo dene 11 (1976 eine frühe<br />
Version von Max Raabe und seinem Palast<br />
Orchester) ebenso wie Pornodarstellerin Sybille<br />
Rauch (1982), die Manfred Sexauer als<br />
Schauspielerin ankündigte, „die Sie von vielen<br />
Filmen kennen. Sie hat sogar die Goldene<br />
Leinwand, jetzt singt sie auch", oder das<br />
ostdeutsche Schlagerduo Monika Hauff &<br />
Klaus-Dieter Henkler, das schon in der DDR<br />
für Menschen unterhalb der <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong> völlig<br />
inakzeptabel war.<br />
Stammgäste gab es bei Michael Leckebusch<br />
reichlich. Inwieweit das auf seinem<br />
persönlichen Kontakt zu den Musikern<br />
oder eigenen Vorlieben beruhte, sei dahingestellt.<br />
Bei einigen Künstlern hing es aber<br />
auch unbestritten mit einer anhaltenden Popularität zusammen: die Glam-<br />
Rock’n’Roller Showaddywaddy traten zehnmal auf, die unbeholfenen Luv aus<br />
Holland hüpften von 1977 bis 1980 neunmal durchs Bild, Boney M. kamen<br />
zwischen 1976 und 1984 sogar 15 Mal zu Auftrittsehren, und Abba lösten<br />
elfmal ein „<strong>Musikladen</strong>"-Ticket. Und immer wieder hielten die Damen Einzug:<br />
achtmal Amanda Lear, jeweils siebenmal Clout, Baccara und Pussycat.<br />
Wie schwer<br />
es ist, Musik<br />
für junge Leu-<br />
te<br />
mit altersgerechtem<br />
Humor<br />
zu<br />
verbinden,<br />
hatte bereits Ilja<br />
Richter in seiner<br />
seit 1971 im ZDF<br />
laufenden<br />
„Disco"<br />
belegt. Schon<br />
in<br />
den 70ern war<br />
das steife Reim-<br />
Potpourri<br />
eher<br />
Brachten den Bildschirm zum Glühen: die GoGos ein Fall zum<br />
Fremdschämen.<br />
Darum fiel im „<strong>Musikladen</strong>" die Bespaßungs-Aufgabe nicht den Modera<strong>to</strong>ren<br />
zu, sondern wurde bis 1975 von Insterburg & Co. (mit Karl Dall)<br />
besorgt. Deren Witze waren durchaus dreister als das Ilja-Theater,<br />
Geschmackssache blieb es aber trotzdem.<br />
Glaubt man den Machern des „<strong>Musikladen</strong>s", hat dieses TV-<br />
Format nicht nur als Wiederholungsendlosschleife in der aktuellen<br />
TV-Landschaft eine Chance. Darum sei nochmals Regie-<br />
Assi Jörg Sonntag aus dem Interview bei Radio Bremen zitiert. Es<br />
sei immer noch möglich, eine Liveshow zu platzieren, meinte er.<br />
Man müsste nur „die Generationen zusammenbringen" und „ein<br />
bisschen mehr Risiko" wagen. Stünden die Helden von einst mit<br />
den Stars von heute auf der Bühne, könnte solch eine Sendung<br />
wieder Massen vor die Mattscheibe ziehen.<br />
Jens-Uwe Berndt<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 27
Manfred Sexauer<br />
Er ist der "<br />
Mister <strong>Musikladen</strong>": Manfred Sexauer. Der heute 82-Jährige<br />
war das Gesicht der Liveshow, ließ nicht eine Sendung aus. Bekannt<br />
wurde er ab 1965 als Modera<strong>to</strong>r seiner Radio-Sendung "<br />
Hallo Twen"<br />
für Europawelle Saar. Nach dem "<br />
<strong>Musikladen</strong>" blieb Sexauer mit dem<br />
" ARD-Nachtexpress" und dem "<br />
ARD-Radiowecker" dem Rundfunk treu.<br />
Er moderierte außerdem von 1984 bis 1991 die Fernsehpreisverleihung<br />
"<br />
Die Goldene Europa" und hat seit 2007 auf Radio Melodie eine eigene<br />
Sendereihe unter dem Titel "<br />
Das bleiben Hits".<br />
Von Jens-Uwe Berndt<br />
Fo<strong>to</strong>: © Archiv Manfred Sexauer<br />
Wie sind Sie zum "<br />
<strong>Musikladen</strong>" gekommen?<br />
Das war noch während meiner Sendung „Hallo Twen", als mich 1971 Michael<br />
Leckebusch anrief. Er sagte, wir hören mit dem „Beat-Club" auf und machen<br />
dann noch zwei Sendungen „Das waren Hits". Willst du die moderieren? Gern,<br />
meinte ich, und fuhr nach Bremen. Die beiden Shows kamen großartig an,<br />
darum wollte mich Leckebusch für seine neue Sendung „<strong>Musikladen</strong>" als Modera<strong>to</strong>r<br />
haben. Ich war völlig baff und habe mit Freuden zugesagt.<br />
Sie waren bei der Premiere des "<br />
<strong>Musikladen</strong>s"<br />
42 <strong>Jahre</strong> alt, Ihre Co-Modera<strong>to</strong>rin Uschi Nerke<br />
erst 28. Gehörte diese Konstellation – "<br />
Beat-<br />
Club"-Häschen trifft auf reiferen, etwas biederen<br />
Herrn – zum Konzept?<br />
Ich habe gerade wieder ein paar Wiederholungen<br />
gesehen und fand mich gar nicht so bieder. Und<br />
damals war dieser Altersunterschied auch gar keine<br />
Frage. Ich hatte bis dahin nur Jugendsendungen<br />
gemacht: „Hallo Twen" zum Beispiel. Und später<br />
„Show Mix" und „Disco Top Ten". Ich habe auch im<br />
Hörfunk nie konventionelle Sendungen moderiert.<br />
Die Auswahl der Interpreten erschien manchmal etwas abenteuerlich:<br />
gestylte Popacts, Metalbands, New Wave, Disco. Haben diese Gegensätze<br />
stets funktioniert?<br />
Kritische Stimmen gab es immer. Die waren aber grundsätzlich in der Minderzahl.<br />
Meiner subjektiven Meinung nach kamen die Sendungen gut an.<br />
Manchmal war die Star-Dichte recht hoch. Wie lief die Produktion, um all<br />
die Namen unter einen Hut zu bringen?<br />
Das begann zwei Tage vorher mit Besprechungen und Stellproben. Mit der Plattenfirma<br />
wurde abgeklärt, wann die Künstler eintrafen.<br />
Und wenn die da waren, hat Leckebusch ihnen<br />
im<br />
Studio erklärt, wie er sich den Auftritt vorstellte.<br />
Meistens waren die Stars hellauf begeistert von der<br />
gesamten Atmosphäre, weil sie sich in einer Situation<br />
befanden, die sie so nicht kannten. Und so haben<br />
wir auch ein paar ausgefallene Sachen gemacht:<br />
Wir sendeten von der Funkausstellung in Berlin und<br />
aus dem Theater des Westens. Und es waren Leute<br />
dabei, die vom Fernsehen richtig verwöhnt waren:<br />
Johnny Cash, George McCrea, Stevie Wonder und so<br />
weiter. Die wussten schon, wo es langgeht, waren<br />
vom „<strong>Musikladen</strong>" aber jedesmal angetan.<br />
Wer hat für den musikalischen Stilmix im "<br />
<strong>Musikladen</strong>"<br />
gesorgt?<br />
Die Programmhoheit hatte, genau wie zuvor beim<br />
„Beat-Club", Mike Leckebusch. Der entschied völlig au<strong>to</strong>nom darüber, welche<br />
Interpreten eingeladen wurden. Natürlich gab es auch mal von dem einen oder<br />
anderen Vorschläge, die – wenn sie Leckebusch in den Kram passten – auch<br />
realisiert wurden. Ich hatte zum Beispiel im Berliner Friedrichstadtpalast mal<br />
die Puhdys gesehen und Leckebusch gesagt, das sei eine Band aus der DDR,<br />
die wir unbedingt holen sollten. Leckebusch ist hingefahren, hat sie sich angeschaut<br />
und mir später gesagt: War eine gute Idee.<br />
Hatte Leckebusch nach über 20 <strong>Jahre</strong>n Jugend-TV bis zum Schluss den<br />
richtigen Riecher?<br />
Er hat immer auf die neuen Trends gesetzt und damit immer eine gute Spürnase<br />
bewiesen. Damals wurden nach einem „<strong>Musikladen</strong>" rund 35.000 Platten<br />
von Auftretenden verkauft. Das beweist, dass er den Geschmack des Publikums<br />
zu 100 Prozent getroffen hat.<br />
Manfred Sexauer hielt bis zur letzten<br />
Sendung das Mikrofon in der Hand.<br />
Seite 28 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Ständig unter Stars: Sind Sie trotzdem Fan geblieben,<br />
der bei bestimmten Künstlern noch aufgeregt<br />
war?<br />
Es war immer wieder ein neues Erlebnis. Aber eine Livesendung ist nichts,<br />
was man mal eben mit der linken Hand macht. Da besteht durchgehend eine<br />
gewisse Anspannung, die gar nicht gestattete, wegen irgendwelcher Stars aufgeregt<br />
zu sein.<br />
Sie hatten mit Uschi<br />
Nerke, August-Walter<br />
Thiemann und Christine<br />
Röthig drei Co-Modera<strong>to</strong>ren.<br />
Gab's einen<br />
Favoriten?<br />
Das kann ich im Nachhinein<br />
nicht mehr sagen.<br />
Uschi war natürlich<br />
immer richtig gut,<br />
wenn sie da war. Und<br />
Christine Röthig, die in<br />
Der unbefangene Umgang mit Stars – hier<br />
Robin Gibb – gehörte zu Sexauers Alltag.
den letzten beiden <strong>Jahre</strong>n bis zum Schluss mitgemacht hat, war auch ein<br />
Supermädchen.<br />
Warum musste Uschi Nerke gehen?<br />
Sie hatte geheiratet und wurde schwanger. Ob sie dann selbst entschieden hat,<br />
nicht wieder zurückzukommen, weiß ich nicht.<br />
1977 kamen die frivolen Gogo Girls. War das damals ein gewagter Schritt?<br />
Das hatte sich natürlich Mike Leckebusch einfallen lassen. Und es war sicher<br />
etwas Neues, dass man Gogos in einer Fernsehsendung so zentral präsentierte.<br />
Gewagt war es aber nicht. Mir hat es natürlich gefallen, und es waren auch<br />
unheimlich nette Mädchen.<br />
On The 13th Day<br />
Das neue Studioalbum inkl. der Single<br />
„So Let It Rain“!<br />
Erhältlich als Limited Digipak + Bonus<br />
CD, 2LP Gatefold farbiges Vinyl,<br />
Standard Version und Download.<br />
Anfang der 80er nahm die Produktion von Videoclips zu. Machte das den<br />
<strong>Musikladen</strong>" mehr und mehr zu einem Auslaufmodell?<br />
"<br />
Das glaube ich nicht. Aber man kennt ja die ARD beziehungsweise die Öffentlich-Rechtlichen.<br />
Die wollen doch immer irgendwann was völlig Neues. Und<br />
immerhin lief der „<strong>Musikladen</strong>" ja zwölf <strong>Jahre</strong>.<br />
War unter Umständen auch bei Leckebusch die Luft raus?<br />
Auf keinen Fall. Sie war es nie, bis zu seinem Tod nicht.<br />
Musikalisch hat sich der "<br />
<strong>Musikladen</strong>" mit dem Aufkommen neuer Stile<br />
Ende der 70er immer mehr verändert. Gefiel Ihnen das persönlich noch?<br />
Natürlich hatte ich meine speziellen Vorlieben. Das Programm war aber immer<br />
sehr abwechslungsreich – und irgendwie gab es doch für jeden etwas, der auf<br />
moderne Musik stand. Darum war das ganz in meinem Sinn.<br />
Heute gibt es ein solches Sendeformat nicht mehr. Fehlt Ihrer Meinung<br />
nach so etwas?<br />
Ganz bestimmt. Und ich glaube auch, dass das funktionieren würde. Man<br />
macht heute TV-Shows mit Ausschnitten aus alten „<strong>Musikladen</strong>"-Sendungen<br />
oder mit Videos. Live<br />
gibt es das leider nicht<br />
mehr.<br />
Ersten <strong>Musikladen</strong> am 13. Dezember 1972:<br />
Uschi Nerke und Manfred Sexauer<br />
Warum traut sich niemand<br />
mehr?<br />
Es gibt zu viele Sender,<br />
und man verzichtet sicher<br />
aus Kostengründen<br />
auf solche Dinge.<br />
Das ist unheimlich<br />
bedauernswert, denn<br />
wenn ich mir jeden<br />
Sonntagabend Wiederholungen<br />
des „<strong>Musikladen</strong>s"<br />
auf Radio<br />
Bremen anschaue, muss ich sagen, dass das ein gutes Konzept war: Man sah<br />
die Künstler im Studio, nahm unmittelbar Anteil, und die Musiker hatten direkte<br />
Reaktionen vom Publikum.<br />
www.ufo-music.info<br />
„SEVEN DEADLY“<br />
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Haben Sie aus zwölf <strong>Jahre</strong>n "<br />
<strong>Musikladen</strong>" einen Lieblingstitel?<br />
"Up Where We Belong" von Joe Cocker und Jennifer Warnes. Der Auftritt von<br />
Diana Ross gehört ebenfalls zu meinen Favoriten.<br />
Sehen Sie sich selbst gern in den Wiederholungen?<br />
Das ist jetzt ja fast 30 <strong>Jahre</strong> her, dass die letzte Sendung im Fernsehen lief.<br />
Und da schaue ich schon, wie war das damals. Was habe ich da damals gemacht?<br />
Wie habe ich den einen oder anderen Titel bewertet und die diversen<br />
Musikrichtungen eingeschätzt? Das finde ich schon interessant.<br />
Poster<br />
in der aktuellen<br />
Gibt es Momente, in denen Sie sich sagen: Oh Gott,<br />
was habe ich denn da für einen Quatsch gesagt?!<br />
Sicher, solche Situationen gibt es. Aber man erinnert<br />
sich doch in erster Linie an das Positive. Und<br />
ich finde, wir haben das alle – das gesamte Team<br />
– ganz gut gemeistert.<br />
kult!<br />
kult!siehe Seite 79 in diesem Heft.<br />
Ab<br />
23.11.!<br />
ASLEEP AT THE WHEEL<br />
„10 / Western Standard Time“<br />
COLLIN RAYE<br />
„Extremes /<br />
I Think About You“<br />
presents<br />
KT OSLIN<br />
„Love In A Small Town /<br />
My Roots Are Showing“<br />
SWEETHEARTS OF<br />
THE RODEO<br />
„Swee<strong>the</strong>arts Of The<br />
Rodeo / One Time<br />
One Night“<br />
DIAMOND RIO<br />
„Diamond Rio /<br />
Close To The Edge“
Bill Wyman<br />
Auswärtsspiele<br />
Von Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
Er ist inzwischen 76 <strong>Jahre</strong> jung und <strong>to</strong>urt nach wie vor<br />
frisch mit seinen Rhythm Kings quer über den Kontinent.<br />
Das Thema Rolling S<strong>to</strong>nes war lange Zeit für ihn keines<br />
mehr – und auch schon zu Beginn seiner langen Karriere<br />
hatte sich Bill Wyman in<br />
den Sixties dann und wann<br />
die Freiheit genommen,<br />
Auswärts spiele zu bestreiten:<br />
als Songwriter, Manager<br />
und Produzent. Erinnerungen<br />
an fast Vergessenes.<br />
Schon bevor William George Perks<br />
(*24.10.1936) aus Penge 1974 sein erstes<br />
Solo-Album MONKEY GRIP veröffentlichte,<br />
hatte sich der Bassist nicht länger darauf<br />
beschränken wollen, „nur" – zumindest auf<br />
der Bühne – in der Ecke zu stehen. Von ihm für<br />
die S<strong>to</strong>nes vorgeschlagene Songs wie "Goodbye<br />
Girl" (November 1964) fielen der Jagger-Richards-<br />
Oldham-Diktatur zum Opfer, oder sie endeten auf<br />
der Resteverwertung METAMORPHOSIS ("Down<strong>to</strong>wn<br />
Suzie" bzw. "Down<strong>to</strong>wn Lucy", 1968/69). Dass<br />
die Schnarchnummer "In Ano<strong>the</strong>r Land" 1967 auf<br />
THEIR SATANIC MAJESTIES<br />
REQUEST landete, war eher<br />
ein gönnerhaftes Zugeständnis<br />
des allmächtigen Au<strong>to</strong>renduos:<br />
Jagger/Richards glänzten<br />
in den Londoner Olympic<br />
Studios mal wieder durch<br />
Abwesenheit und nickten<br />
später die erledigte Arbeit<br />
von Wyman, Charlie Watts,<br />
Steve Marriott, Ronnie<br />
Lane und Nicky Hopkins<br />
(Arbeitstitel: "Bill's Tune"<br />
und "Acid In The Grass")<br />
als passend ab.<br />
Bill Wyman war bereits<br />
1965 ausgeschert. Er folgte<br />
Jagger und Richards aufs<br />
Nebengleis, die schon im<br />
Jahr zuvor begonnen hatten,<br />
mit Zusatzaktivitäten<br />
die damals noch eher schmalen Finanzen aufzubessern.<br />
Hier sind Interpreten, um die er sich kümmerte.<br />
BOBBIE MILLER<br />
Richtiger Name: Audrey Wealleans. Die 22-jährige<br />
Sängerin wurde Wyman von ihrem Bruder Stuart<br />
empfohlen, Bills Kumpel aus Jugendtagen und<br />
Techniker in der Civic Hall in Croydon. Mit der<br />
Single "What A Guy"/"You Went Away" (Decca F<br />
12064; VÖ: 22.1.1965) begannen die Wyman-Produktionen.<br />
Er komponierte außerdem die B-Seite<br />
mit Brian Cade, einem Kumpel, mit dem er 1961<br />
bei The Clif<strong>to</strong>ns gespielt te. Mitte/Ende Juli produzierte<br />
Wyman ferner r<br />
hat-<br />
Millers "Every Beat Of<br />
My Heart"/"Tomorrow"<br />
(VÖ: 15.10.; Decca F<br />
12252): Im Begleitteam<br />
standen u.a. Peter<br />
Framp<strong>to</strong>n (g) und der<br />
Früh-S<strong>to</strong>nes-Drummer<br />
Tony<br />
Chapman. Am 5.1.1966 folgte die dritte Kooperation<br />
Wyman/Miller: "Everywhere I Go" (Decca<br />
F 12354; B-Seite von Ian Stewart & The Railroaders)<br />
kam am 11.3. in die Läden. Die Karriere der<br />
jungen Dame war damit beendet. Die ihrer letzten<br />
Assistenten nicht: Colin Giffin (g), Dave Brown (b),<br />
Nicky Graham (org) und Roger Groom (dr) waren<br />
The End (siehe unten).<br />
THE CHEYNES<br />
Ebenfalls im Januar<br />
1965 erschien die<br />
wohl schon im Dezember<br />
1964 eingespielte<br />
Single "Down<br />
And Out"/"S<strong>to</strong>p<br />
Running Around" (Columbia<br />
DB 7464). Zur Londoner<br />
R&B-Band gehörten mit<br />
Peter Bardens (p, org),<br />
Mick Fleetwood (dr)<br />
und dem späteren Spencer-Davis-Gitarristen<br />
Phil Sawyer drei Hochka-<br />
räter in spe; mit dabei: Roger<br />
Peacock (voc) und Peter Hollis (b). Die B-Seite<br />
war wiederum eine Komposition von Cade und Bill<br />
Wyman, der hier auch produzierte und den Bass<br />
übernahm.<br />
JOEY PAIGE<br />
Bassist der Everly-Bro<strong>the</strong>rs-Begleitgruppe. Wyman<br />
war ihm bei einem Gastspiel der Brüder in England<br />
begegnet und hielt Kontakt. Der Amerikaner gehörte<br />
am 18.3.1965 auch zu den<br />
Strahlemännern, als S<strong>to</strong>nes-<br />
Mitglieder sich an einer Tankstellenwand<br />
entleerten, was<br />
als lächerlicher Pinkel skandal<br />
mit Polizeieinsatz in die<br />
Bandgeschichte einging. g Wyman<br />
schrieb für Paige<br />
"Cause I'm In Love<br />
With You", einge spielt<br />
in Los Angeles und<br />
produziert von Sonny<br />
Bono (UK: Fontana TF<br />
554; 3/1965). Viel interessanter<br />
für Sammler ist<br />
Seite 30 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
jedoch die US-Ausgabe (Tollie 9045): Auf der Promoversion – und nur dort! –<br />
spricht Bill ein exklusives Intro, das die Single bzw. den Interpreten anpreist.<br />
THE PREACHERS<br />
Die Band existierte seit 1963, damals noch mit Keyboarder Tim Hinkley. Zwei<br />
<strong>Jahre</strong> später, neu formiert, traten im August 1965 in den<br />
Londoner PYE-Studios zur Aufnahme<br />
an: Peter Framp<strong>to</strong>n<br />
(g), Pete Atwood (b), Peter<br />
Gosling (voc, org), Tony<br />
Chapman (dr) und Ken<br />
Leeman (sax). Als Columbia<br />
DB 7680 kam ihr von<br />
Peter Framp<strong>to</strong>n<br />
Wyman produziertes "Hole In My Soul"/"Too Old<br />
In<br />
The Head" am 3.9.1965 in<br />
die Läden und blieb dort liegen.<br />
Als die Gruppe zu Moon's Train (s.<br />
unten) wurde und sich der Aufbau von The Herd abzeichnete,<br />
drosselte Framp<strong>to</strong>n seine Aktivität, es blieb bei nur einer<br />
Preachers-Veröffentlichung. 2002 erschien die LP NOD,<br />
SHAKE & STOMP (Tenth Planet) mit 14 Livetracks und zwei<br />
Studiodemos von 1964.<br />
THE END<br />
Das umfangreichste Nebenprojekt des S<strong>to</strong>nes-Bassisten.<br />
Begonnen hatten die Londoner als The Innocents (drei<br />
Singles für Columbia), die live u.a. Mike Berry, Billie<br />
Davis und Elkie Brooks begleiteten. Auf einer Package-<br />
Tour lernten sie Bill Wyman kennen – eine Verbindung,<br />
die nie abriss.<br />
1965 erfolgte<br />
die Umbenennung in The End,<br />
mit Colin Giffin (voc, g), Dave Brown<br />
(b, g), Nick Graham (p, g), Hugh Atwool<br />
(dr) und wechselnden Sax-Playern.<br />
Wyman wurde ihr Manager und<br />
besorgte einen Vertrag bei Philips. Mit<br />
Glyn Johns produzierte er in den IBC-<br />
Studios die Debütsingle "I Can't Get<br />
Any Joy"/"Hey Little Girl" (BF 1444; VÖ: 10/1965). Ein dritter Track, "Searchin'<br />
For My Baby" (ebenfalls am 26.8. aufgenommen), blieb unveröffentlicht. Danach<br />
verlagerte die Band ihre Aktivitäten nach Spanien, aufgenommen wurde weiter in<br />
London. Vier Singles, alle von Wyman produziert, erschienen ab Januar 1967 nur<br />
auf dem Madrider Sonoplay-Label: "You'd<br />
Better Believe Me, Baby", "Why", "We've<br />
Got It Made" und "Morning Dew". Bereits<br />
im August/September 1967 begannen intensive<br />
Arbeiten an einer LP; inzwischen<br />
gehörte der Gitarrist Terry Taylor zur<br />
Band, die einen sehr attraktiven Psychedelic-Sound<br />
pflegte. Wyman, mit den S<strong>to</strong>nes<br />
auf Richtung Talsohle zusteuernd, konnte<br />
sich nicht genug kümmern – die Band<br />
nahm unentwegt weiter auf, wurde aber<br />
permanent vertröstet. Als, lange nach der<br />
UK-Single "Shades Of Orange"/"Loving<br />
Sacred Loving" (Decca F 12750), INTROSPECTION (Decca SKL-R 5015) im November<br />
1969 endlich erschien, war der Psychedelic-Boom passé. In Spanien kam<br />
noch 1970 – unter dem Pseudonym Polos Opues<strong>to</strong>s – die Single "Smartypants"<br />
auf Hispavox (CP–58) auf den Markt. Da hatten sich The-End-Mitglieder aber<br />
schon entschlossen, mit Wyman als Tucky Buzzard eine härtere Gangart einzuschlagen.<br />
Es blieb dermaßen viel Material im Archiv,<br />
dass das Vinyl-Label Tenth Planet damit in den <strong>Jahre</strong>n<br />
1996, 1998 und 2000 drei zusätzliche (!) Alben füllen<br />
konnte: 42 Tracks auf IN THE BEGINNING, RETRO-<br />
SPECTION und THE LAST WORD.<br />
JOHN LEE'S GROUNDHOGS<br />
Diesen Produktionsjob für die Ex-Dollarbills erledigte<br />
Bill Wyman im Team mit einer schon bald dauerbeschäftigten<br />
(Blues-)Koryphäe, Mike Vernon. Für das<br />
kurzlebige Planet-Label ihres berühmten<br />
Kollegen Shel Talmy (u.a. Kinks, Who,<br />
Creation) regelten<br />
sie die einzige<br />
Single<br />
der<br />
Band mit<br />
Tony Mc-<br />
Phee (g),<br />
Früh aktiv – der junge Tony McPhee (Mitte)<br />
Pete Cruickshank (b), John Cruickshank (voc), Dave<br />
Boorman (dr) und Fred Coker (sax). Im Ok<strong>to</strong>ber 1965<br />
ging's ins Studio, drei Monate später erschien "I'll<br />
Never Fall In Love Again"/"Over You Baby" (Planet PLF<br />
104) – beide Titel allerdings noch weit entfernt vom späteren Wucht-Blues des<br />
Groundhogs-Trios.<br />
HAMILTON & THE MOVEMENT<br />
Londoner Band, Mitte 1964 formiert vom amerikanischen<br />
Sänger Gary Hamil<strong>to</strong>n. Nach einer Polydor-<br />
Single (1965, als Hamil<strong>to</strong>n) wechselte das Personal<br />
der souligen R&B-Combo mehrfach. Als Bill Wyman<br />
ihnen seine Komposition "I'm Not The Marrying<br />
Kind" (B-Seite: "My Love Belongs To You; CBS 202<br />
573; VÖ: 10.2.1967) anbot und sie dann auch produzierte,<br />
gehörten Tony Sinclair (g), Ron Right (b), Mick<br />
Fletcher (org), Phil Wainman (dr; Ex-Paramounts) und eine<br />
Bläsergruppe zur Formation. Erfolge blieben aus, Hamil<strong>to</strong>n stand später im Londoner<br />
„Hair"-Ensemble und veröffentlichte unbeachtete Solosingles.<br />
MOON'S TRAIN<br />
Sie entstanden aus den Preachers (Besetzung s. oben), statt tt<br />
Tony Chapman trommelte Malcolm Penn. Die einzige, von<br />
ihrem Manager Bill Wyman produzierte Single "Deed I<br />
Do"/"It's In My Mind" erschien<br />
erst am 10.3.1967<br />
(MGM 133). Eingespielt<br />
wurden die beiden Titel bereits<br />
im April/September 1965 in<br />
den PYE- bzw. IBC-Studios in London. Von der Band<br />
existieren 21 Songs in leicht jazzigem, punktuell an<br />
Georgie Fame erinnernden Blue-Beat-Sound,<br />
die 2007 auf der offiziellen CD THE LIFE I<br />
LEAD (Castle CMQCD 1250) enthalten waren;<br />
17 davon gab es bereits 1999 auf THE RARE<br />
RECORDINGS 1965–1968 (CD: in-akustik<br />
11004) – mit rund einem Dutzend Wyman-<br />
(Co-)Kompositionen und mehrfacher Beteiligung von Gitarrist Peter Framp<strong>to</strong>n.<br />
THE WARREN DAVIS MONDAY BAND<br />
Mit Peter Gosling schrieb Bill Wyman den Song "Wait For Me", er landete mit<br />
"I Don't Wanna Hurt You" auf Columbia DB 8190 (VÖ:<br />
5.5.1967). Wyman produzierte die Sing-<br />
le der obskuren Crew um den Sänger<br />
und Saxofonisten Warren Davis. Mit<br />
dabei: die ehemaligen Overlanders<br />
Paul Brett (g, b) und Paul Petts (b)<br />
sowie Drummer Peter Dobson, die<br />
auch als Backing Group für The<br />
Flirtations arbeiteten. Eine weitere Paul Brett<br />
Columbia-45er ohne Wyman-Beteiligung erschien Ende 1967,<br />
dann war Schluss. Paul Brett tauchte u.a. bei Elmer Gantry's Velvet Opera wieder<br />
auf und formierte The Paul Brett Sage.<br />
Nach dem Job für Warren Davis stellte Bill Wyman seine Auswärtsspiele in den<br />
Sixties ein. Die Rolling S<strong>to</strong>nes hatten sich berappelt, ihren einstigen Lenker Andrew<br />
Loog Oldham entsorgt und sich von Producer Jimmy Miller reanimieren<br />
lassen. Zeit für vielfältige „Schwarzarbeit" blieb jetzt nicht mehr. Wyman hielt lediglich<br />
an seinen alten Kumpels fest, die als Tucky Buzzard aktiv waren. Einzelne<br />
Produktionsjobs gab es noch, u.a. für John Maus (Walker Bro<strong>the</strong>rs) und Buddy<br />
Guy/Junior Wells. Doch der S<strong>to</strong>nes-Senior hatte ab 1974 mit MONKEY GRIP<br />
Wichtigeres zu tun – die Konzentration auf eine bescheidene Parallelkarriere in<br />
eigener Sache. Aber das ist, wie so oft, wieder eine andere Geschichte.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 31
Joe<br />
Cocker<br />
Fo<strong>to</strong>: © Cole Walliser, 2012<br />
Blues mit 80 – versprochen!<br />
Von Michael Fuchs-Gamböck<br />
Joe Cocker ist ein Rolls-Royce unter den weißen<br />
Bluessängern. Das einst dauer-alkoholisierte<br />
Urgestein ist außerdem eine Legende<br />
des "<br />
Woods<strong>to</strong>ck"-Festivals – und zwar eine<br />
mit Nachhall: Das Festival von 1969 verhalf<br />
Cocker zum endgültigen Durchbruch. Seitdem<br />
ist viel in seinem Leben passiert, die<br />
Karriere verlief wie eine völlig aus der Spur<br />
gesprungene Achterbahn. Dennoch hat sich<br />
an Cockers Stellenwert sei<strong>the</strong>r nichts geändert<br />
– ein Unikat mit einer der ausdrucksstärksten<br />
Stimmen im gesamten Business.<br />
Geboren 1944 im englischen Sheffield, spielte<br />
der Brite bereits mit zwölf <strong>Jahre</strong>n in der Band<br />
seines älteren Bruders Vic<strong>to</strong>r. Acht <strong>Jahre</strong> später<br />
nahm er seine erste Single auf, ein Remake der<br />
Beatles-Nummer "I’ll Cry Instead", ehe er 1969 mit<br />
"With A Little Help From My Friends" ein Millionenpublikum<br />
eroberte. Einer großen Karriere und damit<br />
verbundenem Reichtum stand nichts mehr im<br />
Wege. Doch es kam ganz anders. Cocker verfügt<br />
zwar über eine unersättliche Lust an Musik, doch<br />
sein Geschäftssinn ist alles andere als ausgeprägt.<br />
Kein Wunder, dass ihn skrupellose Manager ausnahmen;<br />
kein Wunder auch, dass der intellektuell eher<br />
schlichte Interpret seinen Körper durch rigorose Alkohol-<br />
und Drogenexzesse aus lauter Verzweiflung<br />
über den Verlauf der Dinge nach und nach ruinierte.<br />
Erst 1982 schaffte Cocker ein kommerziell einträgliches<br />
Comeback mit der fulminanten LP SHEF-<br />
FIELD STEEL – und er hat<br />
seitdem Drogenkonsum und<br />
Manager im Griff. Im Interview,<br />
keine Frage, fühlt er<br />
sich wohl. Zu viel Respekt?<br />
Nein, nicht nötig: „Keine e<br />
Sorge, mein Sohn – ich bin’s<br />
doch nur." Die Unterhaltung<br />
sollte sich vorrangig um das<br />
23. Studio-Album, FIRE IT<br />
UP, drehen; es geriet zur<br />
Rundum-Bestandsaufnahme.<br />
Mr. Cocker, fast 50 <strong>Jahre</strong><br />
im Geschäft – ist da die<br />
Musik nur noch ein mehr oder weniger lästiger<br />
Job für die Rente?<br />
Was für ein Quatsch! Nein, die Musik ist mein einziges<br />
wirkliches Hobby, meine einzige Leidenschaft,<br />
sie ist die Hauptmotivation, mir selbst noch ein<br />
längeres Leben zu wünschen. Klar, ich liebe meine<br />
Ehefrau, ich mache auch noch etwas anderes<br />
als Singen, zum Beispiel gehe ich oft und gerne<br />
spazieren. Aber ansonsten? Ich glaube, ich würde<br />
ohne die Musik eine traurige, äußerst verschissene<br />
Existenz führen.<br />
Warum greifen Sie so häufig zu Cover-Versionen?<br />
In meinen Anfangstagen war ich ein wirklich fähiger<br />
Komponist. Aber das hat immer mehr nachgelassen.<br />
Irgendwie sagen mir die modernen Zeiten<br />
nicht allzu viel. Es gibt keine Themen, die mich<br />
so stark interessieren, dass ich darüber schreiben<br />
möchte. Damit ich überhaupt noch was zu singen<br />
kriege, nehme ich die Songs von talentierten anderen<br />
Musikern. Eine Art Notlösung!<br />
Es heißt, dass Sie in Ihrer musikalischen<br />
Entwicklung stagnieren, dass Cocker-Alben<br />
durch die Bank austauschbar sind ...<br />
Wer zum Teufel fragt Eric Clap<strong>to</strong>n oder Mark<br />
Knopfler, ob sie musikalische Fortschritte machen?<br />
Die ziehen strikt ihr ureigenes Ding durch, genau<br />
wie ich – und vielen Menschen gefällt’s! Außerdem<br />
kann ich nunmal keine Syn<strong>the</strong>sizer und all den neumodischen<br />
Kram ausstehen – selbst wenn sich das<br />
Zeug noch so modern anhören mag. Darum habe<br />
ich ohnehin keine Chance, modern zu klingen. Aber<br />
ich pfeife darauf! Mir geht’s in erster Linie darum,<br />
au<strong>the</strong>ntisch zu klingen. Und so etwas funktioniert<br />
nur mit einem Mindestmaß an Technologie. Echt<br />
wahr! Fortschritt hin oder her: Musik muss in die<br />
Seele fahren, alles andere ist unwichtig.<br />
Sie beschreiben sich selbst gern als Blues-<br />
Mann. Muss man eigentlich nicht von der<br />
Hand in den Mund leben, um Blues richtig<br />
empfinden zu können?<br />
Ganz offen: Obwohl ich seit den frühen 80ern eine<br />
Menge Platten verkauft habe, bin ich immer noch<br />
weit davon entfernt, ein wirklich reicher Mann zu<br />
sein. Doch die Rock'n'Roll-Welt, und damit auch<br />
mein Leben, ist professioneller geworden, das<br />
stimmt. Ich begrüße diese Entwicklung, denn sie<br />
hilft mir. Ich bin so verdammt gutmütig und wurde<br />
Seite 32 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
mein Leben lang hart dafür bestraft. Jetzt bin ich bald 70 <strong>Jahre</strong> alt – und es<br />
ist schön, dass ich die Dinge seit längerem ein bisschen ruhiger angehen kann.<br />
Zurück zur Frage: Nein, muss man nicht. Den Blues hat man in sich, ein Leben<br />
lang, er hat nichts mit dem Kon<strong>to</strong>stand zu tun. Bluesmusiker sind darüber hinaus<br />
hungrig nach dem Leben auf der Straße und auf den Bühnen dieser Welt.<br />
Das bin ich auch. Immer noch!<br />
Sie wurden "<br />
Sänger des einfachen Mannes" betitelt. Haben Sie mit<br />
dem "<br />
Mann auf der Straße" überhaupt noch was am Hut?<br />
Der einfache Mann erwartet von einem Sänger, dass er Seele zeigt, so viel davon<br />
wie möglich. Ich denke, davon habe ich in meinen Songs trotz meiner endlosen<br />
Karriere nach wie vor jede Menge zu bieten. Das Geheimnis meines Erfolgs ist,<br />
dass ich in jedes einzelne Lied so tief wie möglich mit meiner Persönlichkeit<br />
eintauche und das Äußerste heraushole. Dieser Arbeitsweise werde ich ein Leben<br />
lang treu bleiben, weil sie die intensivsten Ergebnisse hervorbringt. Speziell<br />
Start einer Achterbahn-Karriere: Cocker beim "<br />
Woods<strong>to</strong>ck"-Festival 1969<br />
der so genannte einfache Mann spürt diese Intensität und kauft darum meine<br />
Platten. Und auch deshalb, weil er instinktiv spürt, das ich nach all den <strong>Jahre</strong>n<br />
im Business im Herzen selbst ein einfacher Mann geblieben bin.<br />
Wie beurteilen Sie die Gefahr, Herz und tiefste Empfindungen vor dem<br />
Publikum allzu sehr zu entblößen? Gilt die Gleichung "<br />
Seelen-Striptease<br />
= Masochismus"?<br />
Stimmt schon, vor allem früher war das ganz schlimm bei mir! Inzwischen habe<br />
ich gelernt, mit meinen Kräften ein wenig besser hauszuhalten. In den 70ern<br />
verausgabte ich mich manchmal in einer Nacht auf der Bühne dermaßen, dass<br />
ich für die nächsten beiden Shows nichts mehr an Energie übrig hatte und<br />
hundsmiserable Gigs ablieferte. Inzwischen bin ich etwas vernünftiger geworden.<br />
Ich finde, jeder Fan hat das Recht, eine <strong>to</strong>lle Show zu erleben. Die Leute<br />
zahlen Eintritt für mich, sie sollen so viel wie möglich dafür kriegen, jeder einzelne.<br />
Nur ganz so viel wie bei meinen besten Auftritten früher bekommen sie<br />
nicht mehr. Dafür bin ich schlicht zu alt.<br />
Seit SHEFFIELD STEEL verläuft Ihre Karriere sehr stabil. Haben Sie dadurch<br />
heute eine gewisse Distanz zu den wilden, instabilen 1970ern?<br />
Die Zeit zwischen 1976 und 1981 nenne ich immer meine „verlorenen <strong>Jahre</strong>",<br />
weil ich mich damals selbst zerstörte, Stück für Stück. Aber das ist Vergangenheit<br />
und – ich habe überlebt! Gott sei Dank ging es dann aufwärts mit meiner<br />
Karriere, denn tiefer hätte ich nicht mehr fallen können, dann wäre ich heute<br />
<strong>to</strong>t. Klar, ich neige nach wie vor zu Selbstzerstörung, das scheint in meinen<br />
Genen verankert zu sein. Doch ich habe die Sache heute besser unter Kontrolle.<br />
Die Leute sagen gern, dass Rock'n'Roll ein Spiel für junge Leute sei, aber das<br />
glaube ich nicht: Ich bin jetzt weit über 60 und nach wie vor voll in diesem<br />
Spiel drin. Wenn jemand so lange dabei ist und so viel erlebt hat wie ich, dann<br />
hat er keine Alternative zu dieser Existenz, dann bleibt er dabei. Und ich warne<br />
euch alle und verspreche: Joe Cocker wird auch mit 80 noch dabei sein und<br />
den Blues röhren. So lange, bis sich der Sargdeckel über mir schließt. Ich habe<br />
einfach keine andere Wahl ...<br />
Eine Rezension der aktuellen CD FIRE IT UP lesen Sie auf Seite 46 in diesem<br />
Heft.
REISE ZU DEN STERNEN<br />
Mit Macht<br />
durch die<br />
Decke<br />
Völliger Quatsch", tönt Bandgründer und einziges<br />
verbliebenes Originalmitglied, Schlagzeuger<br />
Dietmar Ränker. „Wir waren <strong>to</strong>tale<br />
„<br />
Science-Fiction-Fans und hatten dazu einige Songs<br />
in pet<strong>to</strong>, weshalb sich unsere erste LP auch ausschließlich<br />
diesem<br />
Genre zuwandte."<br />
REISE ZU DEN STER-<br />
NEN (1979) war ein<br />
Monument. Die Songs<br />
zwischen Heavy Rock,<br />
Keyboard-Gigan<strong>to</strong>nomie<br />
und ausufernden<br />
Melodiegebirgen klangen<br />
für Ost-Rock-Verhältnisse<br />
ungewöhnlich. h Nur das Plattencover blieb<br />
mal wieder halbherzig:<br />
Der Gestalter hatte sich<br />
eines Integralhelms bedient,<br />
um dem Weltraum<strong>the</strong>ma<br />
gerecht zu<br />
werden. Ränker bezeichnet<br />
die damalige<br />
Besetzung als echte<br />
Berlucianer. Er selbst<br />
verkörperte mit seinem<br />
exaltierten Schlagzeugspiel l den durchgeknallten Mo<strong>to</strong>r,<br />
Keyboarder Alexander Stehr war ein talentierter<br />
Songschreiber, Gitarrist Gerd Pöppel und Bassist<br />
Gün<strong>the</strong>r Briesenick gaben die unprätentiösen tiö<br />
Arbeiter, und Sänger/Gitarrist Manfred<br />
Kähler glänzte als stimmgewaltiger Berserker,<br />
dessen Organ ein außergewöhnliches<br />
Timbre besaß und der die besten<br />
Stücke der Band aus den Ärmeln<br />
schüttelte. „Manne war ein Urvieh,<br />
ein echter Typ, unser Aushängeschild",<br />
schwärmt Dietmar Ränker noch heute<br />
von seinem Frontmann. „Leider verließ eß er<br />
uns Mitte der 80er, als<br />
er glaubte, die Richtige<br />
gefunden zu haben."<br />
Bis dahin knallten<br />
Berluc aber noch<br />
durch die Decke. Zwar<br />
wurden Briesenick und<br />
Pöppel im Zuge der<br />
Aufnahmen zur zweiten<br />
LP HUNDERTTAU-<br />
SEND URGEWALTEN (1982) durch die Regenbogenund<br />
Keks-Mitstreiter Detlef Brauer (g) und Wolfgang<br />
Hoffmann (b) ersetzt, das Album geriet aber dennoch<br />
zu einem Karrierehöhepunkt. Die Band war noch<br />
härter geworden, lieferte aber weiterhin komplexe<br />
Songs zwischen straightem Brachialmaterial ("Flie-<br />
gen vor der Zeit", "Hunderttausend Urgewalten")<br />
und machtvoller Epik ("Bernsteinlegende", "Öffne<br />
ich mein Fenster") ab. Zum meistgespielten Song in<br />
einschlägigen g Jugendsendungen avancierte 1982/83<br />
allerdings lerd<br />
das Zeitgeistlied "No<br />
Bomb", dessen Eröffnungsriff<br />
fünf <strong>Jahre</strong> später<br />
ausgerechnet im Song<br />
"Bombenhagel" der<br />
westdeutschen Thrash-<br />
Metal-Formation Sodom<br />
wieder auftauchte. Die<br />
Headbanger-Nummer von<br />
Berluc passte in den „Rock für<br />
den Frieden"-Rummel der DDR-Kulturoberen, darum<br />
wurde Berluc Staatsnähe nachgesagt. Dietmar Ränker<br />
kann darüber nur lachen. „Wir waren die Band<br />
mit den meisten Ausreiseanträgen", erzählt er. „Zu<br />
uns kamen Musiker, die meinten, wegen unserer<br />
Popularität zu Auftritten in die BRD zu gelangen.<br />
Wegen dieser Antragsteller wurde aber nie etwas aus<br />
Westgigs." Mit einer modifizierten Version von REISE<br />
ZU DEN STERNEN kam die Band bei der Hamburger<br />
Teldec 1981 aber wenigsten zu Vinyl-Ehren.<br />
Das dritte Album, ROCKER VON DER KÜSTE<br />
(1985), wurde zu einem Sammelsurium ohne roten<br />
Faden. Alte Nummern wie "No Bomb" standen<br />
neben Pop-Fehltritten im Stil von "Traumflug".<br />
Dennoch ging die LP über die Laden<strong>the</strong>ke wie geschnitten<br />
Brot. Denn mit den Konstanten Ränker<br />
BERLUC<br />
Von Jens-Uwe Berndt<br />
Als Berluc 1978 mit "Hallo Erde, hier ist Alpha" die Wertungssendungen<br />
des DDR-Rundfunks aufmischten, war die Überraschung komplett.<br />
Man kannte die in BER-lin und LUC-kenwalde erfundene, mittlerweile<br />
aber in Ros<strong>to</strong>ck ansässige Band noch von banalem Schunkel-Pop der<br />
Debütsingle "Wer hat mein Geld?" (1977). Das Science-Fiction-Epos<br />
hingegen war ein brachialer Heavy-Metal-Knaller, der nicht nur in Melodie<br />
und Arrangement, sondern auch mit der bombastischen Produktion<br />
internationalen Standard repräsentierte. Und all das zu Ehren des<br />
ersten deutschen Kosmonauten Sigmund Jähn?<br />
und Kähler behielten Berluc ihren Wiedererkennungswert.<br />
Als jedoch auch Kähler ging, riss die Erfolgsserie.<br />
Zwar existierte 1988 mit Ränker, Tino Schul<strong>the</strong>is<br />
(b), Johann Pis<strong>to</strong>r (g), Bernd Fleischer (g, keys) und<br />
Ralf Dohanetz (voc) noch einmal eine<br />
schlagkräftige Truppe, die es zu einer<br />
EP brachte – mit der Wende war jedoch<br />
auch für Ostdeutschlands einstige<br />
Vorzeige-Heavy-Rocker Schluss.<br />
Seit 1993 ist Ränker mit wechselnden<br />
Besetzungen wieder unterwegs.<br />
2010 wurden anlässlich des 35-jährigen<br />
Bandjubiläums von Ränker, Schul<strong>the</strong>is,<br />
Ronnie Pilgrim (voc), Bert Hoffmann<br />
(g) und Uwe Märzke (keys) neue Songs aufgenommen;<br />
sie sind als Bonus-Stücke auf der CD ROCKER<br />
VON DER KÜSTE (NO.2) zu finden. "In der Stille der<br />
Nacht" ist okay, die Ballade "Flieg Adler flieg" hat<br />
Berluc-Niveau, "Blind vor Liebe" und "Wenn du lebst"<br />
hingegen sind Al<strong>the</strong>rren-Rock. Ränker träumt insgeheim<br />
davon, irgendwann wieder mit Manfred Kähler<br />
auf einer Bühne zu stehen. „Als er Ende der 80er zurückkommen<br />
wollte, habe ich ihn abgewiesen", bedauert<br />
der Bandchef. „Das hat er bis heute scheinbar<br />
nicht verwunden. Mit Berluc braucht man ihm nicht<br />
mehr kommen." Wie stark die Gruppe mit Kähler war,<br />
machen zwölf TV-Aufnahmen und Videoclips aus den<br />
erfolgreichsten <strong>Jahre</strong>n der Band deutlich; Dietmar<br />
Ränker hat sie auf der DVD DAMALS WAR’S … IM<br />
FERNSEHEN (siehe S. 72) veröffentlicht.<br />
Seite 34 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
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! REVIEWS<br />
HIGHLIGHTS<br />
CD<br />
KRAVETZ & FRIENDS<br />
LISZT & LIVE AUF DER WARTBURG<br />
Wenn man Jean Jacques Kravetz in Udo<br />
Lindenbergs Panikorchester oder Peter<br />
Maffays Band auf der Bühne rocken sieht,<br />
kommt man nicht unbedingt darauf, dass<br />
der Mann einst am Pariser Konserva<strong>to</strong>rium<br />
Piano und Altsaxofon studiert hat. Zumal<br />
mit dem Wissen im Hinterkopf, dass der<br />
gebürtige Pariser seit den 70er <strong>Jahre</strong>n kräftig<br />
in der deutschen Rockszene mitmischt,<br />
als Keyboarder die City Preachers, Frumpy<br />
und Atlantis mitgründete.<br />
Doch der inzwischen<br />
65-Jährige hat nicht<br />
nur musikalisch schon<br />
immer über den eigenen<br />
Tellerrand hinausgeblickt.<br />
So gründete<br />
er 2008 im längst zur<br />
Heimat gewordenen<br />
Hamburg die Musikstiftung<br />
Entrée, mit<br />
der er Talente fördern<br />
will. Und der umtriebige Musiker lässt sich<br />
immer wieder Neues einfallen, spannt auch<br />
Kollegen ein, um Geld für die Stiftung einzutreiben.<br />
Sei es mit Festivals im Stadtpark<br />
der Hansestadt, sei es mit einem einzigartigen<br />
Event in der altehrwürdigen und geschichtsträchtigen<br />
Wartburg bei Eisenach. Dorthin<br />
Fo<strong>to</strong>: © Christian Barz<br />
hatte er am 9. September 2011 zu einem ganz<br />
besonderen Ereignis eingeladen, und nachdem<br />
das erste Konzert im Handumdrehen<br />
ausverkauft war, wurde flugs für den späten<br />
Abend gleich noch ein zweites angesetzt.<br />
Natürlich wurde das Ganze aufgezeichnet,<br />
und der CD-Mitschnitt sollte Anfang 2012 in<br />
den Läden stehen (siehe <strong>GoodTimes</strong> 2/2012).<br />
Aus diversen technischen und logistischen<br />
Gründen verzögerte sich die Veröffentlichung<br />
um knapp ein Jahr, doch nun liegt LISZT &<br />
LIVE AUF DER<br />
WARTBURG endlich<br />
vor, ist zu hören,<br />
womit Kravetz &<br />
Friends damals beim<br />
ersten Rockkonzert<br />
überhaupt in dem his<strong>to</strong>rischen<br />
Gemäuer<br />
für regelrechte Begeisterungsstürme<br />
sorgten.<br />
Aufhänger für das Ereignis waren der 200.<br />
Geburts- und 125. Todestag von Franz Liszt<br />
– auf der klassischen Seite eines der großen<br />
Kravetz-Vorbilder. Und so begann das Konzert<br />
und beginnt die CD mit einer Bearbeitung<br />
der Chopin/Liszt-Komposition “Wiosna<br />
Spring Opus 74 No. 2”, das Kravetz<br />
gemeinsam mit seiner Schwester Monique<br />
in<strong>to</strong>nierte, ehe der von der Entrée-Stiftung<br />
geförderte Youngster Camille Taver die Flügeltasten<br />
bei Liszts “Annees De Pelerinage”<br />
beeindruckend traktierte und Kravetz erstmals<br />
mit Friends der “Lust auf<br />
Lizt Opus 47” freien Lauf ließ.<br />
Die Freunde, die Kravetz am<br />
Vorabend bei einem feierlichen<br />
Dinner (Peter Maffay<br />
mit einer eindringlich-intimen<br />
Version von “Über sieben Brücken”)<br />
und beim eigentlichen<br />
Konzert um sich geschart hatten,<br />
lesen sich wie ein Who<br />
is who des deutschen Rock: Seine Söhne<br />
Pascal (voc, g, keys) und Julien (dr) sowie<br />
Steffi Stephan (b) und Carl Carl<strong>to</strong>n (g, voc)<br />
bildeten die „Hausband”, die das Fundament<br />
für alle Gäste lieferte: So sang sich Caro<br />
Josée inbrünstig durch ihre Glanznummer<br />
“Let It Rain”; das einst gemeinsam mit Eric<br />
Burdon verfasste und nun von Pascal Kravetz<br />
gesungene “Dead Bird On The Beach”<br />
sorgte für Gänsehautgefühle. Und nach dem<br />
getragenen, gefühlvollen Auftakt nahm das<br />
Konzert Schwung auf. Carl<strong>to</strong>n röhrte “Star-<br />
Crossed” aus seinem Songdogs-Fundus,<br />
ehe die beiden Kravetz-Freunde Peter Freu-<br />
denthaler (voc) und Volker Hinkel (g) mit<br />
den Friends im Rücken satt rockende Versionen<br />
ihrer Fools-Garden-Ohrwürmer “Life”<br />
und “Lemon Tree” anstimmten.<br />
Fast schon nostalgisches, aber knackefrisches<br />
Schwelgen in der<br />
Rockgeschichte folgte dann<br />
im Schlussdrittel: Pascal<br />
Kravetz ließ mit einer unwiderstehlich<br />
groovenden<br />
Fassung von “Bad Case Of<br />
Lovin’ You” Robert Palmer<br />
glatt vergessen, und angeführt<br />
von Carl<strong>to</strong>n gewann<br />
die All-Starbesetzung dem<br />
unverwüstlichen “Radar Love” von Golden<br />
Earring in einer langen, spiel- und improvisationsfreudigen<br />
Darbietung ganz neue Facetten<br />
ab, ehe beim großen Finale mit “How<br />
The Gypsy Was Born” (Hammergesang:<br />
Pascal Kravetz) die Freundesschar ein weiteres<br />
Highlight zum Abschluss zündete. Bei<br />
diesem unglaublich abwechslungsreichen<br />
Abend wäre man gerne dabei gewesen! Aber<br />
vielleicht bietet sich ja wieder eine Möglichkeit,<br />
denn ganz versteckt auf dem CD-Cover<br />
steht „Volume I”, was auf mehr hoffen lässt.<br />
(Jacko’ <strong>Music</strong>/Sony <strong>Music</strong>, 2012,<br />
12/71:07) pro<br />
DVD<br />
LED ZEPPELIN<br />
CELEBRATION DAY<br />
BOX<br />
PETER GABRIEL<br />
SO (25th ANNIVERSARY<br />
DELUXE EDITION)<br />
Jimmy Page war eigens in Tokio, John Paul<br />
Jones in Berlin, um bei Kino-Präsentationen<br />
die Werbetrommel zu rühren. Schließlich<br />
ging und geht es um die DVD-Dokumentation<br />
eines der denkwürdigsten Ereignisse,<br />
das in der letzten Rock-Dekade zu feiern<br />
war: um CELEBRATION DAY, also<br />
die Reunion von Led Zeppelin<br />
am 10. Dezember 2007 in<br />
London, genauer dort in<br />
der o2 Arena. 27 <strong>Jahre</strong> lang<br />
waren Sänger Robert Plant,<br />
Gitarrist Jimmy Page und<br />
Bassist John Paul Jones nicht<br />
mehr gemeinsam auf einer<br />
Bühne gestanden – und diesmal<br />
hatten sie sich deutlich besser<br />
vorbereitet als beispielsweise<br />
für die Knebworth-Reunion,<br />
nicht zuletzt auch ein Verdienst<br />
von Drummer Jason<br />
Bonham, der seinen Vater mehr als<br />
würdig und kraftvoll vertrat, als es darum<br />
ging, den legendären Gründer des Atlantic-<br />
Labels und Led-Zep-Förderer, Ahmet Ertegun,<br />
musikalisch zu ehren, der ein Jahr zuvor<br />
vers<strong>to</strong>rben war.<br />
Vor 18.000 Zuschauern legte das Quartett<br />
vehement los, kam bei der Präsentation seiner<br />
16 Klassiker stets auf den Punkt – von<br />
zahlreichen Kameras superb eingefangen<br />
und festgehalten. Regisseur Dick Carru<strong>the</strong>rs<br />
hat einen exzellenten Job abgeliefert bei der<br />
Umsetzung der Show, Ton und Bild erfüllen<br />
alle Wünsche. Jones lässt seine Jazzvorlie-<br />
be im Bassspiel durchschimmern, verleiht<br />
“Trampled Under Foot” an den Keyboards<br />
einen funky Touch, interagiert intuitiv mit<br />
dem brillierenden Page, und Plant röhrt sich<br />
die Seele aus dem Leib, ist wie seine drei<br />
Kollegen unübersehbar mit Herzblut bei der<br />
Sache.<br />
CELEBRATION DAY stellt<br />
THE SONG REMAINS THE<br />
SAME von 1976 locker in<br />
den Schatten, außer dass damals<br />
eben Bonham sr. seine<br />
Kollegen vorwärtstrieb.<br />
Rock und staubtrockener<br />
Blues mit allerlei<br />
Ingredienzien, angestimmt<br />
bei einer<br />
stimmungsvollen,<br />
aber nicht in Nostalgie<br />
absaufenden Party, da<br />
geht einem als Musikfan das Herz so<br />
richtig auf! Geliefert wird: brillantes High-<br />
Definition 16:9-Format in 5.1/48/24 Hi-<br />
Resolution Audio Surround Sound, mit Aufnahmen<br />
von den Proben in den Shepper<strong>to</strong>n<br />
Studios plus BBC-Footage. Manchmal einen<br />
Tick zu hektisch geschnitten, und ob es<br />
die Super-8-Aufnahmen aus dem Zuschauerbereich<br />
gebraucht hätte, ist eher zweifelhaft.<br />
Aber das sind zu vernachlässigende<br />
Kritikpünktchen. Entscheidend ist letztlich,<br />
was hinten rauskommt, sprich in diesem Fall<br />
die Musik – und die ist schlicht grandios!<br />
Auch auf der Präsentation per Doppel-CD.<br />
(Warner, 2012, CD: 8/55:07, 8:60:30) pro<br />
Mit seinem fünften Solo-Album vollzog Peter<br />
Gabriel eine Kehrtwende. Schon die Hüllengestaltung<br />
deutete dies an: Erstmals ließ sich<br />
der Ex-Genesis-Sänger auf dem Cover nicht<br />
verzerrt oder sonst wie verfremdet ablichten<br />
(er habe bei den Frauen punkten wollen, erklärte<br />
er), und erstmals wählte er einen,<br />
wenn auch kurzen, Titel: SO.<br />
Auch musikalisch<br />
gab sich Gabriel<br />
zugänglicher, ja,<br />
poppiger: “Sledgehammer”<br />
und “Big<br />
Time” überraschten<br />
mit Soulgrooves, das ett “Don’t Give Up” mit<br />
Du-<br />
Kate Bush (ursprünglich<br />
wollte Gabriel dafür Dolly Par<strong>to</strong>n<br />
gewinnen) mit süßem Schmelz. Der Wandel<br />
zahlte sich aus: SO verkaufte sich weltweit<br />
millionenfach (UK #1, USA #2, D #2). Bei<br />
allem kommerziellen Erfolg: Das Album ist<br />
künstlerisch äußerst anspruchsvoll. Unter<br />
der Pop-Oberfläche offenbart sich bei genauerem<br />
Hinhören eine Fülle an klanglichen<br />
Innovationen und kniffligen Arrangements.<br />
Man denke etwa an die (oft kopierten) Shakuhachi-Eröffnungstöne<br />
von “Sledgehammer”,<br />
die komplex-kompakten Grooves, die<br />
Manu Katché (dr) und Tony Levin (b) fast<br />
allen Songs geben, den Gospel-Pianopart von<br />
“Don’t Give Up”, oder wie Gabriel stimmlich<br />
glänzt – angefangen mit dem wuchtigen “Red<br />
Rain” über das zarte “Mercy Street” bis hin zu<br />
“In Your Eyes”, seinem beschwingten Duett<br />
mit Youssou N’Dour. Zum 25. Jubiläum (die<br />
LP erschien 1986, doch der no<strong>to</strong>risch langsam<br />
arbeitende Gabriel verspätete sich) erscheint<br />
nun eine schmucke, von einem 60-seitigen<br />
Buch begleitete 4-CD/2-DVD/2-Vinyl-Box,<br />
die dazu einlädt, sich noch einmal ausgiebig<br />
mit dem Albumklassiker zu beschäftigen.<br />
Das Set enthält<br />
neben einem<br />
neuen, klanglich<br />
transparenten Remaster<br />
des Originalalbums<br />
(digital<br />
wie analog) eine<br />
CD mit dem Titel SO<br />
DNA, die den Entwicklungsprozess<br />
der<br />
Songs im Studio nachzeichnet.<br />
Hinzukommen der wunderbar in<br />
Bild und Ton festgehaltene, bislang unveröffentlichte<br />
Gig LIVE IN ATHENS 1987 (auf<br />
zwei CDs bzw. einer DVD) sowie die sehenswerte<br />
Doku „The Definitive Authorised S<strong>to</strong>ry<br />
Of The Album” (siehe DVD-Rezension in<br />
diesem Heft). Schließlich gibt es noch eine<br />
Vinyl-EP mit den bisher nicht erhältlichen<br />
Stücken “Courage”, “Sagrada” und einer Alternativversion<br />
von “Don’t Give Up”. Diese<br />
Titel hätte man sich zwar auch als Bonus auf<br />
der CD gewünscht, doch abgesehen davon<br />
gibt es nichts zu mäkeln an diesem rundum<br />
zufriedenstellenden Paket.<br />
(Real World/EMI, 1986/2012, CDs/LP:<br />
9/46:16, 9/59:37, 9/58:20, 7/47:55, DVDs:<br />
117 Min., 90 Min.) frs<br />
Seite 36 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
TOP 5 – Konzeptalben<br />
1. Pink Floyd – The Dark Side Of The Moon<br />
2. Jeff Wayne – War Of The Worlds<br />
3. Manfred Mann’s Earth Band – Somewhere In Africa<br />
4. Various Artists – The Legend Of Jesse James<br />
5. Stern-Combo Meißen – Weißes Gold<br />
Fabian Leibfried<br />
1. Who – Quadrophenia<br />
2. Gary Hughes – Once And Future King<br />
3. Berluc – Reise zu den Sternen<br />
4. Sopor Aeternus – Dead Lover’s Sarabande<br />
5. Heino – Fahrtenlieder Album<br />
Jens-Uwe Berndt<br />
1. Dr. John – Goin’ Back To New Orleans<br />
2. Nitty Gritty Dirt Band – Will The Circle Be Unbroken<br />
3. Johnny Cash – Bitter Tears<br />
4. Frank Sinatra – Come Fly With Me<br />
5. Willie Nelson – Red Headed Stranger<br />
Rüdiger Bloemeke<br />
1. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />
2. Who – Quadrophenia<br />
3. Dream Theater – Metropolis Pt. 2: Scenes From A Memory<br />
4. Triumvirat – Pompeji<br />
5. Webber/Rice – Jesus Christ Superstar<br />
Lothar Brandt<br />
1. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />
2. Nektar – Remember The Future<br />
3. Camel – The Snow Goose<br />
4. Jethro Tull – Thick As A Brick<br />
5. Donald Fagen – The Nightfl y<br />
Michael Fuchs-Gamböck<br />
1. Lou Reed – Berlin<br />
2. Peter Hammill – Nadir’s Big Chance<br />
3. Al Stewart – Past, Present, Future<br />
4. Kinks – Arthur (Or The Decline And Fall Of The British Empire)<br />
5. Alan Price – Between Today And Yesterday<br />
Hans-Jürgen Gün<strong>the</strong>r<br />
1. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />
2. Who – Quadrophenia<br />
3. Dream Theater – Metropolis Pt. 2: Scenes From A Memory<br />
4. Jethro Tull – Thick As A Brick<br />
5. Fates Warning – A Pleasant Shade Of Grey<br />
Ralf Gün<strong>the</strong>r<br />
1. Spliff – The Spliff Radio Show<br />
2. Beatles – Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band<br />
3. Phillip Boa – Philister<br />
4. Kraftwerk – Tour de France<br />
5. Pink Floyd – The Dark Side Of The Moon<br />
Christian Hentschel<br />
Mitarbeiter<br />
1. Beatles – Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band<br />
2. Rolling S<strong>to</strong>nes – Beggar’s Banquet<br />
3. Kinks – Arthur (Or The Decline And Fall Of The British Empire)<br />
4. Who – Quadrophenia<br />
5. Willie Nelson – Red Headed Stranger<br />
Helmut Ölschlegel<br />
1. Kinks – Arthur (Or The Decline And Fall Of The British Empire)<br />
2. Pretty Things – S.F. Sorrow<br />
3. Wigwam – Fairyport<br />
4. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />
5. Pink Floyd – The Wall<br />
Martin Reichold<br />
1. Who – Tommy<br />
2. David Bowie – The Rise And Fall Of Ziggy Stardust<br />
3. Alan Parsons Project – Tales Of Mystery And Imagination<br />
4. Pink Floyd – The Wall<br />
5. Paul Vincent – Sternenreiter<br />
Philipp Roser<br />
1. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />
2. Who – Quadrophenia<br />
3. Grobschnitt – Rockpommel’s Land<br />
4. Donald Fagen – The Nightfl y<br />
5. Al Stewart – Between The Wars<br />
Oliver Schuh<br />
1. Beatles – Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band<br />
2. Tom Waits – Frank’s Wild Years<br />
3. David Bowie – Ziggy Stardust<br />
4. Who – Tommy<br />
5. Pretty Things – S.F. Sorrow<br />
Frank Schuster<br />
1. Alan Parsons Project – Pyramid<br />
2. Buddy & The Huddle – <strong>Music</strong> For A Still Undone Movie Maybe Called Suttree” “<br />
3. Emerson, Lake & Palmer – Pictures At An Exhibition<br />
4. Die Toten Hosen – Ein kleines bisschen Horrorschau<br />
5. Bo Hansson – <strong>Music</strong> Inspired By Lord Of The Rings<br />
Ulrich Schwartz<br />
1. Spirit – Future Games<br />
2. Nirvana – The S<strong>to</strong>ry Of Simon Simopath<br />
3. Pretty Things – S.F. Sorrow<br />
4. Fire – The Magic Showmaker<br />
5. Kinks – The Village Green Preservation Society<br />
Alan Tepper<br />
1. Beatles – Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band<br />
2. Small Faces – Ogdens Nut Gone Flake<br />
3. Kinks – The Village Green Preservation Society<br />
4. Who – Quadrophenia<br />
5. El<strong>to</strong>n John – Tumbleweed Connection<br />
Uli Twelker<br />
1. Pink Floyd – The Wall<br />
2. Pete Townshend – White City: A Novel<br />
3. Who – Quadrophenia<br />
4. Jethro Tull – Thick As A Brick<br />
5. Rush – 2112<br />
Tino Krauter<br />
1. Kraftwerk – Radio-Aktivität<br />
2. Eloy – Ocean<br />
3. Klaus Schulze – Timewind<br />
4. Blue Öyster Cult – Imaginos<br />
5. Pink Floyd – The Wall<br />
Frank Küster<br />
Lita Ford<br />
1. Magma – Mekanik Destruktiw Kömmandöh<br />
2. Frank Zappa – Joe’s Garage<br />
3. Genesis – The Lamb Lies Down On Broadway<br />
4. Who – Quadrophenia<br />
5. Jethro Tull – A Passion Play<br />
Thomas Wachter<br />
1. Black Sabbath – Black Sabbath<br />
2. Deep Purple – Fireball<br />
3. El<strong>to</strong>n John – Yellow Brick Road<br />
4. Pink Floyd – The Dark Side Of The Moon<br />
5. Alice Cooper – Welcome To My Nightmare<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 37<br />
© Pressefo<strong>to</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
MARK EITZEL<br />
DON’T BE A STRANGER<br />
Seine Solokarriere und die Arbeit als Sänger<br />
bei der Band American <strong>Music</strong> Club<br />
(AMC) liefen bei Mark Eitzel stets parallel.<br />
Mit DON’T BE A STRANGER legt<br />
der Kalifornier sein nunmehr elftes Solo-<br />
Album vor. Eigentlich waren die Songs für<br />
ein neues Album des AMC gedacht. Doch<br />
nach einem Herzinfarkt entschied der Sänger/Songschreiber,<br />
erst mal langsam zu<br />
machen, sich den Band-Stress noch nicht<br />
zu geben und die neuen Stücke solo einzuspielen.<br />
DON’T BE A STRANGER ist ein<br />
wunderschönes Singer/Songwriter-Album<br />
geworden; die elf reduziert instrumentierten<br />
Lieder oszillieren zwischen ruhigintrospektiv<br />
und poppig-leichtfüßig, erinnern<br />
in ihrer Zerbrechlichkeit mal an Nick<br />
Drake, dann wieder an das Geradeheraus<br />
eines Elvis Costello.<br />
(Decor/Indigo, 2012, 11/43:45) frs<br />
FOOLS GARDEN<br />
WHO IS JO KING?<br />
Nein, den Veröffentlichungstakt<br />
von<br />
Fools Garden als<br />
„hyperaktiv” zu bezeichnen,<br />
ist ohne<br />
Frage unangebracht.<br />
Sieben <strong>Jahre</strong> haben<br />
sich Pt Peter Freudenthaler (voc, keys),<br />
Volker Hinkel (g, voc), Dirk Blümlein (b)<br />
und Claus Müller (dr) Zeit gelassen für ihr<br />
neues Studiowerk, das mit dem kryptischen<br />
Titel WHO IS JO KING? sowie dem von<br />
Klaus Voormann wunderschön gestalteten<br />
Albumcover im REVOLVER-Stil neugierig<br />
auf seinen Inhalt macht. Und schon nach<br />
den ersten paar Songs erkennt man dann<br />
den Vorteil dieser langen Entstehungszeit,<br />
hier hat es nur erstklassiges Material aufs<br />
Album geschafft, mediokres Füllmaterial<br />
Fehlanzeige! Gekrönt wird dieser hochklassige<br />
Indie-Pop – der, wen wundert’s,<br />
oft an die späten Beatles erinnert – durch<br />
die erste Single-Auskopplung “Innocence”,<br />
die in gleich zwei (ebenbürtigen) Versionen<br />
zu hören ist: einmal als Pop-verliebter Radio-Edit,<br />
einmal sorgte das Deutsche Filmorchester<br />
Babelsberg für den klassischen<br />
instrumentalen Background. Stark!<br />
(Seven Days <strong>Music</strong>/Sony <strong>Music</strong>, 2012,<br />
12/54:19) us<br />
DESIGN<br />
ONE SUNNY DAY – SINGLES<br />
AND RARITIES 1968–1978<br />
Letztes Jahr erschienen bereits die vier<br />
ersten Alben dieser sechsköpfigen Vocal-<br />
Pop-Band aus Großbritannien auf zwei<br />
CDs. Gegründet wurden Design 1968 von<br />
Tony Smith, dessen Platz ab 1970 von Jeff<br />
Mat<strong>the</strong>ws eingenommen wurde; mit Barry<br />
Alexander, Gabrielle Field, Kathy Manuell,<br />
John Mulcahy-Morgan und Geoff Ramseyer<br />
blieb das Personal ansonsten konstant.<br />
Nach fünf Alben, 13 Singles und über<br />
50 TV-Auftritten löste sich die Band 1976<br />
auf. Bevor nun das letzte, noch nicht wiederveröffentlichte<br />
Album der Band erscheinen<br />
kann – es fehlt noch die Freigabe der<br />
ursprünglichen Plattenfirma –, kann man<br />
sich die Wartezeit mit ONE SUNNY DAY<br />
verkürzen. Getreu dem Untertitel SING-<br />
LES AND RARITIES 1968–1978 liefert<br />
es Single A- und B-Seiten, Demoversionen<br />
sowie bisher unveröffentlichte Raritäten<br />
wie das in Deutsch gesungene “Träume”,<br />
das die Band 1973 als Polydor-Single für<br />
den deutschen Markt aufnahm. Äußerst interessant<br />
auch die Track-by-track Infos von<br />
Barry Alexander, der dabei mehr als einmal<br />
aus dem Nähkästchen plaudert ...<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 2012,<br />
20/61:13) tk<br />
CHERRY GEHRING<br />
MACHS LAUT, ’S ISCH STEREO<br />
Auf den Spuren einer<br />
Schwaben-Rock-<br />
Legende, des 2003<br />
vers<strong>to</strong>rbenen<br />
Wolle<br />
Kriwanek,<br />
wandelt<br />
Cherry<br />
Gehring<br />
mit seinem Album<br />
MACHS LAUT, ‘S ISCH STEREO. Dabei<br />
hat der umtriebige Musiker, der sein<br />
Talent an Stimme und Keyboard schon mit<br />
Kriwanek und David Hanselmann bei der<br />
Stimmband und den Dudes, als vielseitiger<br />
Tourbegleiter von Pur sowie bei zahlreichen<br />
Studioproduktionen (Pe Werner,<br />
Relax, Rudi Buttas) beweisen konnte,<br />
zusammen mit Gitarrist Jörg Orlamünder<br />
eingängige Songs zwischen Pop und Rock<br />
geschrieben. Die Texte, die Cherry Gehring<br />
in „gemäßigtem” Schwäbisch – zur Not<br />
im Booklet mitlesbar – zum Besten gibt,<br />
beackern ein weites Feld. Der Titelsong ist<br />
eine Ode an die Kraft lauter Musik, “1, 2,<br />
3 und vorbei” schildert das Urproblem aller<br />
Musikanten, mit “Zurück zu dir”, “Herz<br />
aus Gold” und “Steh <strong>to</strong>tal auf dich” kommt<br />
er natürlich am Songtext<strong>the</strong>ma Nummer 1,<br />
der Liebe, nicht vorbei.<br />
(Stereo Süd/Intergroove, 2012,<br />
12/48:46) tk<br />
EFTERKLANG<br />
PIRAMIDA<br />
Es gibt in Skandinavien nicht nur Sigur<br />
Rós aus Island, die in wehmütigen, traumverhangenen<br />
Wohlfühlklängen jenseits<br />
der schnöden Realität schwelgen, sondern<br />
auch beispielsweise das dänische Kollektiv<br />
Efterklang, das den Bogen solcher Soundkaskaden<br />
raus hat und mit dessen Kompositionen<br />
man sich als Hörer prächtig dem<br />
Eskapismus hingeben kann. Wobei sich die<br />
Dänen ähnlich wie ihre nördlicheren Kollegen<br />
an sphärischen Bands wie den Cocteau<br />
Twins, Mogwai oder auch mal Dead Can<br />
Dance orientieren, bei ihrer Klangarbeit<br />
aber rhythmischer und dadurch fokussierter<br />
vorgehen. Weit ab von jeglichem Alltag<br />
sind die Melodien auf dem vierten Efterklang-Werk<br />
PIRAMIDA freilich allemal.<br />
Wer sich hier nicht begeistert dem Taumel<br />
der idyllischeren Parallelwelt hingibt, dessen<br />
Alltag besteht tatsächlich nur aus Euro-<br />
Krise und Rentenvorsorge.<br />
(4 ad/Indigo, 2012, 10/46:11) mfg<br />
GABBY YOUNG & OTHER<br />
ANIMALS<br />
THE BAND CALLED OUT FOR<br />
MORE<br />
Im Gegensatz zu manchen ihrer Newcomer-<br />
Kolleginnen gelingt es Gabby Young, ihrem<br />
hervorragenden Erstling ALL IN THIS TO-<br />
GETHER (2010) ein noch besseres Album<br />
folgen zu lassen. THE BAND CALLED<br />
OUT FOR MORE vereint alles was exzellenten<br />
Pop ausmacht. Die Musik atmet den<br />
Hauch der 20er bis 60er <strong>Jahre</strong> mit clever<br />
modernisierten Elementen, bei den flotten<br />
Songs wie “In Your Head” ein wenig an<br />
Caro Emerald erinnernd. Die vielköpfige<br />
Band sorgt für Abwechslung mit Akkordeon,<br />
Trompete, Geige, Piano und akustischen Gitarren,<br />
während die 28-jährige Gabby Young<br />
mit ihrer vielseitig ausgebildeten Stimme<br />
alles überragt. Die von ihr selbst geschriebenen<br />
Songs sind fein ausgearbeitet mit viel<br />
Sinn für die Kunst der Ökonomie (wundervoll:<br />
“Honey”). Somit bleibt trotz der vielseitigen<br />
Instrumentierung ein lockerer Sound.<br />
Wer Popmusik auf allerhöchstem Level und<br />
mit grandioser Stimme erleben möchte, fügt<br />
seiner Sammlung mit dieser CD einen wahren<br />
Schatz bei.<br />
(Monumental/India Media/Rough Trade,<br />
2012, 13/47:<strong>40</strong>) p<br />
AZTEC CAMERA<br />
HIGH LAND, HARD RAIN +<br />
LOVE + STRAY + DREAMLAND<br />
+ FRESTONIA<br />
In allerhöchster h Rhino-Qualität<br />
sind aktuell<br />
fünf Alben der<br />
schottischen<br />
Band<br />
um Mastermind Roddy<br />
Frame erschienen.<br />
Die Hardcover-Digis<br />
punkten jeweils durch ein umfangreiches<br />
Booklet. Die CDs wurden kraftvoll remastert<br />
und enthalten zahlreiche Bonus-Tracks<br />
oder sogar eine komplette Bonus-CD zum<br />
regulären Album. HIGH LAND, HARD<br />
RAIN war ein außergewöhnlich starkes<br />
Debüt, auf dem die Gruppe Pop-orientierte<br />
Musik mit viel Gitarren und leichten Folkeinflüssen<br />
präsentierte, die auch noch das<br />
Rockpublikum erreichte. Neben vier klanglich<br />
einwandfreien Nummern sind 12”-<br />
Mixe zu finden. Der dritte Longplayer der<br />
Band fiel insgesamt stromlinienförmiger<br />
und gefälliger aus, wobei leichte Soulelemente<br />
ähnlich wie bei Style Council im<br />
Sound auftauchen, die dem Gesamtklang<br />
einen raueren Charakter verleihen. Auf der<br />
Bonus-CD erklingen neben einem harten<br />
Mix von “Deep And Wide And Tall” unterschiedliche<br />
Versionen, Live-Aufnahmen<br />
und unbekannte Nummern. STRAY lebt<br />
durch kraftvolle Pop-Rocksongs (“The<br />
Crying Scene”), den Hit “Good Morning<br />
Britain” und leichte Jazzeinflüsse. Gelungenes<br />
Album, das die Metamorphose von<br />
Aztec Camera belegt. Neben vier nicht<br />
immer überzeugenden Bonus-Tracks verdeutlichen<br />
insgesamt sechs Remixe des<br />
Chartstürmers “Good Morning Britain” die<br />
Klasse der Nummer. DREAMLAND kann<br />
Pop<br />
mit Nummern voller Beatles-Referenzen<br />
aufwarten (“Safe In Sorrow”), dem erstklassigen<br />
Hit “Spanish Horses”, bei dem Frame<br />
seine Qualitäten als Gitarrist zeigt, und dem<br />
sehr entspannten “Valium Summer”. Neben<br />
dem regulären Album wurde eine charmante<br />
Fassung von “(If Paradiese Is) Half<br />
As Nice” von der Gruppe mit Unterstützung<br />
von Andy Fairwea<strong>the</strong>r Low berücksichtigt.<br />
Die Bonus-CD enthält ein Akustikkonzert<br />
aus dem Jahr 1991 aus Ronnie Scott’s Club<br />
– wohl einer der schönsten Momente der<br />
Bandgeschichte! FRESTONIA bewegt sich<br />
zwischen Brit-Pop (“Sun”), sehr ruhigen,<br />
auf der Akus tikgitarre vorgetragen Stücken<br />
(“On The Avenue”), aber auch packenden<br />
Rocktiteln (“Beautiful Girl”). Eines ihrer<br />
stärksten Alben, bei dem der Pop-Ansatz<br />
weit in den Hintergrund rückt. Vier abwechslungsreiche<br />
Livetracks von einem<br />
Fes tival aus dem Jahr 1995 wurden als Bonus<br />
genutzt. Durch die Neuausgaben können<br />
sich die Hörer mit einer Band auseinandersetzen,<br />
die wegen der zeitlichen Nähe<br />
der Gründung viel zu schnell in die Kategorie<br />
Synthie-Pop geworfen wird, was aber<br />
dem Gesamtkonzept nicht gerecht wird.<br />
(Edsel/Soulfood, 1983, 17/66:09 + 1987,<br />
9/37:48, 10/44:45 + 1990, 9/41:44,<br />
10/45:44 + 1993, 12/56:58, 14/58:58 +<br />
1995, 14:69:25) fl<br />
TORI AMOS<br />
GOLD DUST<br />
Einst brach die in alle<br />
Richtungen<br />
widerspenstige<br />
Pfarrers<strong>to</strong>chter<br />
Tori Amos aus<br />
North Carolina ihre<br />
Konserva<strong>to</strong>riumsausbildung<br />
ab, um sich<br />
als eigenwillige illi Pop- und Rockkünstlerin<br />
zu betätigen. Mit ihrem letztjährigen Opus<br />
NIGHT OF THE HUNTERS kehrte sie zu<br />
ihren Wurzeln zurück und ließ sich bei ihren<br />
Kompositionen von der Klassik inspirieren.<br />
Diesen Weg setzt sie mit GOLD DUST nun<br />
konsequent fort: Mit dem Metropole Orchestra<br />
hat sie gut ein Dutzend Songs aus ihrem<br />
reichhaltigen Backkatalog neu arrangiert<br />
und eingespielt. Und zwar weniger die bekannten,<br />
sondern eher obskure. Das Resultat<br />
klingt erhaben, fein ziseliert und einzigartig,<br />
voller Kontraste und doch stets in sich<br />
schlüssig. Gerade auch in diesem Klangkontext<br />
kommt Amos’ markante Stimme gelungen<br />
zur Geltung. Das Resultat klingt neu und<br />
zugleich vertraut.<br />
(Deutsche Grammophon/Universal,<br />
2012, 14/61:09) pro<br />
GEVA ALON<br />
IN THE MORNING LIGHT<br />
In seiner Heimat Israel liegen ihm die Fans<br />
schon länger zu Füßen, GET CLOSER ließ<br />
letztes Jahr schon international aufhorchen<br />
und machte neugierig auf den Weg, den der<br />
Gitarrist und Sänger Geva Alon mit seinem<br />
neuen Werk gehen würde. Nun liegt es mit<br />
IN THE MORNING LIGHT vor und hält<br />
den hohen Erwartungen locker stand. Nach<br />
eigenen Worten beeinflusst von Künstlern<br />
wie Neil Young, Bill Callahan, Tom Verlaine<br />
oder Wilco, ist es Alon gelungen,<br />
seine leidenschaftlich vorgetragenen Songs<br />
an diesen Vorbildern auszurichten. Nicht<br />
von der Stimme her – da agiert Geva Alon<br />
Seite 38 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
einige Oktaven tiefer –, aber bezogen auf<br />
die Stimmung, kommt einem da sofort Neil<br />
Youngs Meisterwerk ON THE BEACH in<br />
den Sinn, öfter fühlt man sich auch an die<br />
(eher ruhigeren) Songs von R.E.M. erinnert,<br />
stark auch die warmen und berührenden<br />
Texte. Außerdem gelang es Produzent<br />
Thom Monahan (Pernice Bro<strong>the</strong>rs, Vetiver,<br />
Beachwood Sparks), die sonnige Stimmung<br />
des spanischen Studios in den Sound zu packen,<br />
was IN THE MORNING LIGHT zu<br />
einem klasse Gesamtpaket macht.<br />
(25 Vibes/Warner, 2012, 10/44:35) us<br />
R.E.M.<br />
DOCUMENT (25TH ANNI-<br />
VERSARY EDITION)<br />
Mit<br />
DOCUMENT,<br />
ihrem fünften Studio-Album,<br />
feierten<br />
R.E.M. 1987 ihren<br />
internationalen<br />
Durchbruch.<br />
Erstmals<br />
stiegen sie in<br />
in die US-Top-Ten T ein (Albumcharts #10,<br />
Single “The One I Love” #9). Der Longplayer<br />
war aber nicht nur ein kommerzieller,<br />
sondern auch ein künstlerischer Erfolg:<br />
R.E.M. suchten neue Wege, öffneten ihren<br />
Sixties-orientierten Jangle-Pop rockigeren<br />
Sounds und klangen auf dem Album, das<br />
mitten in einer politisch angespannten Situation<br />
erschien (Reagan-Ära: „Star Wars”-<br />
Pläne, Iran- Contra-Affäre), wütender als je<br />
zuvor; Mit “Finest Worksong”, “Welcome<br />
To The Occupation”, “Exhuming McCarthy”<br />
und “It’s The End Of The World As<br />
We Know It (And I Feel Fine)” schrieben<br />
sie gar handfeste Protestsongs. Der Albumklassiker<br />
erscheint nun zum 25. Jubiläum,<br />
klanglich erneuert, in einer schön gestalteten<br />
Box, die eine zweite CD mit einem<br />
1987er Konzert im niederländischen Utrecht<br />
sowie ein umfangreiches Booklet,<br />
Postkarten und ein Poster enthält.<br />
(I.R.S./Capi<strong>to</strong>l/EMI, 1987,<br />
11/39:51, 20/79:39) frs<br />
PALAIS SCHAUMBURG<br />
PALAIS SCHAUMBURG<br />
Die Hamburger Band Palais Schaumburg,<br />
die sich im vergangenen Jahr reformierte,<br />
war eine der wichtigsten Gruppen der frühen<br />
Neuen Deutschen Welle. Zwar hatten<br />
sie mit ihren avantgardistischen, genialdilettantischen,<br />
u.a. von The Residents und<br />
Post-Punk inspirierten Songs nie einen so<br />
durchschlagenden Erfolg wie die viel kommerzieller<br />
orientierten Nena, Markus & Co.,<br />
doch ihre Alben genießen bis heute Kultstatus<br />
– sogar in Großbritannien. Das selbst<br />
betitelte Debüt PALAIS SCHAUMBURG<br />
(1981) wird nun in einer erweiterten 2-CDbzw.<br />
2-LP-Version wiederveröffentlicht.<br />
Neben dem remasterten Originalalbum mit<br />
seinen zehn Songs (u.a. “Wir bauen eine neue<br />
Stadt”, “Grünes Winkelkanu”) gibt es als<br />
Dreingabe noch eine zweite Scheibe voll mit<br />
Non-Album-Singles (darunter “Rote Lichter”<br />
und “Telefon”) sowie bislang unveröffentlichte<br />
Live-Aufnahmen von einem Konzert<br />
in den Niederlanden im Januar 1982. Hinzu<br />
kommt ein üppig ausgestattetes Booklet mit<br />
einem Begleittext des englischen Musikjournalisten<br />
Chris Bohn („The Wire”).<br />
(Bureau B/Indigo, 1981, 10/34:54,<br />
12/33:03) frs<br />
Pop<br />
JEFF LYNNE<br />
LONG WAVE<br />
Für gespaltene Reaktionen unter den<br />
ELO- und Jeff-Lynne-Fans dürfte das<br />
neueste Album ihres Helden sorgen. Mit<br />
LONG WAVE hat sich Jeff Lynne auf<br />
den ersten Blick gesehen weit weg von<br />
seiner sons tigen Musik begeben und ist<br />
mit “Running Scared”, “Smile At Last”,<br />
“If I Loved You”, “Bewitched, Bo<strong>the</strong>red<br />
And Bewildered” oder “So Sad” auf die<br />
Spuren von Roy Orbison, Etta James,<br />
Barbra Streisand, Carol Bruce und der<br />
Everly Bro<strong>the</strong>rs unterwegs. Er hat den<br />
Soundtrack seiner Jugend in der für ihn<br />
typischen Manier, also mit einem gefühlten<br />
Orchester voller Gitarren, Synthie-<br />
Streicher und Chöre, aufgenommen. Doch<br />
wer genau hinhört, wird die zahlreichen<br />
Parallelen zu Lynnes eigenen Songs herausfinden;<br />
wer sich tief genug im ELO-<br />
Kosmos auskennt, wird erkennen, wo sich<br />
Jeff Lynne die Inspiration für seine Musik<br />
hergeholt hat. Und wie gut ihm diese zeitlosen<br />
Klassiker auch heute noch gefallen,<br />
beweist er ja damit, dass er nicht nur den<br />
einen oder anderen Titel davon spielt,<br />
sondern jetzt ein ganzes Album mit diesen<br />
Cover-Versionen veröffentlicht.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 11/27:25) tk<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
HANDY MAN – THE OTIS<br />
BLACKWELL SONGBOOK<br />
Otis<br />
Blackwell<br />
(1931–2002) hat<br />
auch einiges als Sänger<br />
veröffentlicht,<br />
aber das war nicht<br />
sein Wunschberuf. Er<br />
wollte lieber Komponist<br />
itsein, und ddas gelang ihm – speziell in<br />
den Fifties – derart gut, dass kein Geringerer<br />
als Little Richard ihn für den Besten<br />
jenes Jahrzehnts hält. Was der Wahrheit<br />
zumindest sehr nahe kommt, wofür HAN-<br />
DY MAN massenhaft Beweise liefert. Die<br />
Prominenz aus Rock’n’Roll, Pop und Soul<br />
von Elvis Presley und Jerry Lee Lewis über<br />
Little Willie John, Cliff Richard und Gene<br />
Pitney bis Solomon Burke, Ben E. King,<br />
Del Shannon, Clyde McPhatter und Mahalia<br />
Jackson bediente sich bei Otis Blackwell.<br />
Presley ist zwar nur mit dem minder<br />
bekannten, aber eindrucksvollen “Make Me<br />
Know It” vertreten, doch seine Hits “Don’t<br />
Be Cruel” und “All Shook Up” gefallen natürlich<br />
auch in der Version von Jerry Lee<br />
Lewis bzw. David Hill. Weitere Highlights<br />
sind “My Pigeon’s Gone” (<strong>to</strong>ller Doo-Wop<br />
mit The Five Keys), der All-Time-Klassiker<br />
“Fever” (den Blackwell unter dem Pseudonym<br />
John Davenport schrieb) in Little Willie<br />
Johns perfekter Fassung, “Nine Times<br />
Out Of Ten” (Cliff Richard), “Honky Tonky”<br />
(Dinah Washing<strong>to</strong>n), “Too Long Will<br />
Be Too Late” (Jimmy Jones) sowie “Daddy<br />
Rolling S<strong>to</strong>ne” (Derek Martin, von den<br />
frühen Who <strong>to</strong>ll gecovert). Tja, und “One<br />
Broken Heart For Sale”, hier als Demo zu<br />
hören, zeigt, dass Blackwell, stimmlich<br />
Presley ähnelnd, als Interpret gewiss besser<br />
war, als er es selbst wahrhaben wollte<br />
... Anyway, der Meisterklassen-Komponist<br />
arbeitete zeitweilig wie am Fließband, aber<br />
auf einem irre hohen Niveau, so dass fürs<br />
Singen vielleicht auch die Zeit nicht reichte.<br />
ERIC<br />
CLAPTON<br />
SLOWHAND<br />
35th Anniversary Edition<br />
Super Deluxe Edition<br />
(3 CDs / 1 DVD (Audio) / 1 LP)<br />
Die Box enthält:<br />
• Slowhand remastert von den original ¼-Zoll Analog-Masterbändern<br />
plus vier Album unveröffentlichte Session Outtakes.<br />
• Live At Hammersmith Odeon, 27. April 1977 in voller Länge (2CDs,<br />
inkl. zehn bisher unveröffentlichten Tracks).<br />
• Slowhand remastert in 24/96 Hi-Resolution Stereo und<br />
5.1 Surround Sound (Audio DVD).<br />
• Slowhand remastert Vinyl-LP auf 180g Heavyweight Vinyl.<br />
• dazu drei Reproduktionen von Tourprogrammen aus der Zeit<br />
und ein Buch.<br />
• Das Packaging ist dem original Fenderamp nachempfunden,<br />
der bei den Aufnahmen verwendet wurde.<br />
Auch erhältlich als Deluxe Edition<br />
(2 CD), 1 CD und 180g Vinyl<br />
(alle remastert)<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 39<br />
www.universal-music.de
CD<br />
REVIEWS<br />
Wer sich vertieft mit Blackwell befassen<br />
will, greife ergänzend zu seinem Sampler<br />
ALL SHOOK UP (Shanachie 9204) und<br />
dem Tribute-Album BRACE YOURSELF<br />
(Shanachie 5702) mit Aufnahmen u.a. von<br />
Graham Parker, Kris Kris<strong>to</strong>fferson, Willy<br />
DeVille und Dave Edmunds.<br />
(Ace/Soulfood, 2012, 24/51:39) hjg<br />
GRIZZLY BEAR<br />
SHIELDS<br />
Seit das wunderbare Kollektiv Fleet Foxes<br />
mit grandiosem, mehrstimmigem Gesang<br />
weltweit einen Siegeszug in den Charts<br />
startete, gibt es geradezu eine Epidemie von<br />
psychedelisch angehauchten Neo-Folk -<br />
Rockbands. Am bekanntesten und garantiert<br />
mit am talentiertesten ist das Quartett<br />
Grizzly Bear aus dem New Yorker Stadtteil<br />
Brooklyn. Auch auf ihrem aktuellen, vierten<br />
Album SHIELDS sorgen die „Grizzlys” ein<br />
weiteres Mal für jede Menge Glückswogen<br />
mit ihrem so introvertierten wie ekstatischen<br />
Sound irgendwo zwischen Simon &<br />
Garfunkel, Crosby, Stills & Nash und der<br />
Incredible String Band. Zwischendrin verirren<br />
sich schon mal ein kerniger Rock-Ton<br />
und sogar ein kleiner Ausflug ins Reich des<br />
Electro. Doch der Grundtenor des Geschehens<br />
lautet eindeutig: Sehnsucht.<br />
(Warp/ Rough Trade, 2012, 10/48:03) mfg<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
CHRISTMAS RULES<br />
Alle <strong>Jahre</strong> wieder<br />
...? Muss nicht sein!<br />
Aus der jährlich erscheinenden<br />
Flut<br />
von Weihnachts-CDs<br />
ragen immer wieder<br />
einige wenige hervor,<br />
die wirklich aufhorchen h lassen. In dieser<br />
Saison gehört CHRISTMAS RULES ganz<br />
unbedingt dazu. Kein Wiederaufguss alter,<br />
bereits zigfach aufgelegter Aufnahmen, sondern<br />
neu und exklusiv für diese Compilation<br />
eingespielte Songs. Und das von Künstlern,<br />
denen Kitsch fern liegt: Paul McCartney und<br />
Diana Krall liefern mit der von Nat King<br />
Cole bekannt gemachten Nummer “Christmas<br />
Song (Chestnuts Roas ting On An Open<br />
Fire)” ein schönes Jazzduett ab, ebenso wie<br />
Rufus Wainwright und Sharon Van Etten mit<br />
“Baby It’s Cold Outside”. Calexico bringen<br />
eine ruhige Americana-Version des englischen<br />
Renaissance-Liedes “Green Grows<br />
The Holly”, inklusive pompöser Mariachi-<br />
Trompeten; ebenso melancholisch klingen<br />
die Neo-Folker The Civil Wars mit “I Heard<br />
The Bells On Christmas Day”. Weitere Interpreten<br />
sind u.a.: Irma Thomas, Punch Bro<strong>the</strong>rs,<br />
fun., The Shins, Andrew Bird, Holly<br />
Golightly und The Head And The Heart.<br />
(Hear/Universal, 2012, 17/58:38) frs<br />
DIVA DIVER<br />
DIVA DIVER<br />
Schon seit ihrer Kindheit musizieren die in<br />
Griechenland geborenen und nun zwischen<br />
Berlin und A<strong>the</strong>n pendelnden Brüder Al und<br />
Emil Potamianos miteinander, mischten zunächst<br />
Punk mit Ska und Prog-Rock und sind<br />
mittlerweile mit ihrem Debüt DIVA DIVER<br />
bei abwechslungsreichem Indie-Pop angekommen.<br />
Das Interessante an ihrer Musik<br />
ist die Tatsache, dass ihr Songwriting alles<br />
andere als eindimensional ist, dass es bei ihren<br />
Songs immer eine Wendung mehr gibt,<br />
als man vielleicht erwarten würde, dass sie<br />
gekonnt mit Zitaten und Referenzen aller<br />
Art spielen. Dabei beherrschen sie die Erfolg<br />
versprechende Kunst ihre Arrangements so<br />
anzulegen, dass sie schnell auf den Punkt<br />
kommen, aber dennoch immer wieder mit<br />
kleinen Details imponieren können. Und<br />
dass sie dabei ihren Indie-Charme nicht verlieren,<br />
dass ihre Musik durch einen Touch<br />
Rohheit irgendwie sympathisch wirkt, ist<br />
sicher auch kein Nachteil. Ein gekonntes und<br />
vor allem vielschichtiges Erstwerk.<br />
(G/Rough Trade, 2012, 10/30:43) tk<br />
KLAUS HOFFMANN<br />
BERLINER SONNTAG<br />
Als<br />
Liedermacher<br />
muss man ein aufmerksamer<br />
Beobachter<br />
sein. Doch damit<br />
fängt die Arbeit erst<br />
an. Denn das, was da<br />
so beobachtet wird,<br />
muss dann sowohl in passende (und wohlklingende)<br />
Worte als auch in wohlklingende<br />
(und passende) Musik gebracht werden.<br />
Ein unbestrittener Meister dieses Faches ist<br />
der Berliner Klaus Hoffmann, der Freunde<br />
feingeistiger Tonkunst seit Mitte der 70er<br />
<strong>Jahre</strong> mit wunderschöner Musik versorgt.<br />
War es anfangs noch hauptsächlich französisch<br />
inspiriertes Chanson (insbesondere<br />
Jacques Brel), hat er das Reper<strong>to</strong>ire im<br />
Laufe seiner Karriere gehörig erweitert.<br />
Auch auf BERLINER SONNTAG reicht<br />
das Spektrum von luftigem Bossa (“Maoam<br />
und Magdalene”) über Jazz (“Es hat klack<br />
gemacht” und “Berliner Sonntag” mit Till<br />
Brönner) bis zu Singer/Songwriter-Folk<br />
(“Meine Zeit” mit Reinhard Mey). Doch<br />
abseits aller Stile beeindruckt Hoffmann<br />
auch auf seinem neuen Album mit seiner<br />
feinen Beobachtungsgabe, mit seiner Fähigkeit,<br />
die richtigen Worte zur richtigen<br />
Musik zu finden – was sich wahrscheinlich<br />
wesentlich leichter anhört, als es ist.<br />
(Stille <strong>Music</strong>/Indigo, 2012, 15/48:32) us<br />
BOB LIND<br />
FINDING YOU AGAIN<br />
Manchmal bedarf es einer neuen Platte, um<br />
sich daran zu erinnern, dass jemand, den man<br />
mag, aber längst aus den Augen verloren hat,<br />
noch still alive & well ist. So ein Fall ist der<br />
US-Liedermacher Bob Lind, im <strong>Jahre</strong> 1966<br />
ein verheißungsvoller Kurzzeitstar. Sein Super-Lied<br />
hieß “Elusive Butterfly”, erreichte<br />
in den USA und im UK Platz 5 und war auch<br />
bei uns und in zig anderen Ländern ein Hit.<br />
The Blues Project coverten den Lind-Song<br />
“Cheryl’s Going Home”, Marianne Faithfull<br />
griff sich “Counting” und die Yardbirds<br />
“Mr. Zero”. In rascher Folge erschienen drei<br />
Lind-Alben, von denen DON’T BE CON-<br />
CERNED den meisten Kritikerzuspruch bekam.<br />
Der optisch Bob Dylan etwas ähnelnde<br />
Sänger schien auf der richtigen Schiene zu<br />
laufen, aber es gab keinen weiteren Hit. Und<br />
nach 1966 passierte ohnehin nicht mehr viel,<br />
bis auf einen schnell verebbenden 1971er<br />
Comeback-Versuch mit SINCE THERE<br />
WERE CIRCLES. Endstation: Obskurität.<br />
Lind verließ das Musikgeschäft und schrieb<br />
lieber Romane und Kurzgeschichten. Und<br />
nun liegt nach 41 <strong>Jahre</strong>n Pause doch noch<br />
eine neue Platte vor. FINDING YOU AGAIN<br />
ist ein unspektakulär schönes Album mit Musik<br />
im angenehmen frühsieb ziger Stil. Praktisch<br />
alles ist wie damals: mit sanften Orchesterklängen<br />
untermalter Folk-Pop-Rock von<br />
einiger Ausstrahlung. Lind hat als Komponist<br />
nichts verlernt und ist noch gut bei – gereifter<br />
– Stimme. Ein Klassiker ist leider nicht dabei,<br />
aber “Somewhere In This City” und “Someone<br />
To Adore” kommen “Elusive Butterfly”<br />
doch ziemlich nah.<br />
(Big Beat/Soulfood 2012,<br />
13/54:12) hjg<br />
DAVID CASSIDY<br />
DREAMS ARE NUTHIN’ MORE<br />
THAN WISHES/THE HIGHER<br />
THEY CLIMB + HOME IS<br />
WHERE THE HEART IS ... /<br />
GETTIN’ IT IN THE STREET<br />
Prall gefüllt mit 24 Titeln erscheint tDavid<br />
Cassidys UK-Nr.1-Album DREAMS ARE<br />
NUTHIN’ MORE THAN WISHES zusammen<br />
mit seinem Top-30-Nachfolger THE<br />
HIGHER THEY CLIMB, beide als CD-<br />
Premieren. Wie schon bei den ersten Alben<br />
Cassidys wurde der edle amerikanische<br />
Pop mit Top-Musikern umgesetzt, darunter<br />
Larry Carl<strong>to</strong>n, Danny Kortchmar und<br />
Al Casey an den Gitarren, Emory Gordy<br />
und Larry Knechtel am Bass, am Schlagzeug<br />
Ronnie Tutt und Jim Keltner, für die<br />
Backing-Vocals standen Carl Wilson, Kim<br />
Carnes oder Richie Furay zur Verfügung.<br />
Fast noch erlesener wurde es dann 1976<br />
und 1977, als Produzent Bruce Johns<strong>to</strong>n<br />
(The Beach Boys) für die Alben HOME IS<br />
WHERE THE HEART IS ... und GETTIN’<br />
IT IN THE STREET mit Gerry Beckley<br />
und Dewey Bunnell die prägenden Stimmen<br />
von America, den perlenden Bass von<br />
Leland Sklar (The Section) und mit Mick<br />
Ronson den Gitarristen von David Bowie<br />
einsetzen konnte. Auch hier sind beide Alben<br />
CD-Debüts, mit dabei auch die Cover-<br />
Version des Pilot-Hits “January”, die 1976<br />
in Deutschland als Single veröffentlicht<br />
wurde.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1973/1975 +<br />
1976/1977, 24/75:29, 19/65:26) us<br />
FAMILY FIVE<br />
HUNDE, WOLLT IHR EWIG<br />
LEBEN?<br />
Für die „Zeit” ist Peter Hein „der beste Texter<br />
der Generation-Nach-Punk”. Doch die<br />
hintergründigen, beißend bösen, witzigen<br />
Ideen Heins kämen ohne die musikalische<br />
Verpackung, die ihm seine Combo Family<br />
Five lieferte, nicht derart grandios zur<br />
Geltung. Die Düsseldorfer kreierten eine<br />
für deutsche Verhältnisse geradezu unglaublich<br />
vielseitige Melange aus Funk,<br />
Punk, Pop, Blues, Rock, Soul und Swing<br />
mit messerscharfen Bläsern plus Gitarre.<br />
Wie ideenreich und handwerklich astrein<br />
die 2011 wieder aktiv gewordene Truppe<br />
um Hein und Gitarrist/Songschmied Xao<br />
Seffcheque zur Sache ging, beweisen die 36<br />
Songs dieser Werkschau. Seffcheque selbst<br />
stellte den von 1981 bis 2004 reichenden<br />
Pop<br />
Klang überblick zusammen, im aufwändigen<br />
Booklet wird die Bandgeschichte<br />
sehr informativ gewürdigt. Family Five<br />
waren/sind die bes te unbekannte deutsche<br />
Popband!<br />
(Sireena/Broken Silence, 2012,<br />
20/69:38, 16/61:27) pro<br />
RODRIGUEZ<br />
SEARCHING FOR SUGAR MAN<br />
Ende Dezember läuft<br />
der Film „Searching<br />
For Sugar Man” in<br />
deutschen Kinos an.<br />
Die Doku erzählt eine<br />
fast unglaubliche Geschichte:<br />
Vor rund <strong>40</strong><br />
<strong>Jahre</strong>n veröffentlichte der mexikanisch-amerikanische<br />
Sänger/Songschreiber Six<strong>to</strong> Diaz<br />
Rodriguez, der nur unter seinem Nachnamen<br />
auftrat, die beiden Alben COLD FACT (1970)<br />
und COMING FROM REALITY (1971),<br />
beide ursprünglich beim Buddah-Unterlabel<br />
Sussex erschienen. Trotz Förderung durch<br />
die Mo<strong>to</strong>wn-Legende Dennis Coffey, der das<br />
Debüt produzierte, und der Mitwirkung von<br />
brillanten Studiomusikern wie Chris Spedding<br />
sowie fabelhafter Kritiken waren die<br />
beiden Alben in den USA Ladenhüter. Rodriguez<br />
begann, sich zurückzuziehen. Was er<br />
nicht wusste: Seine Musik, eine großartige<br />
Mischung aus dylaneskem Songwriting und<br />
Soul, gewürzt mit flirrenden psychedelischkammermusikalischen<br />
Arrangements, traf in<br />
anderen Teilen der Erde auf offene Ohren,<br />
vor allem in Australien und Südafrika. Seine<br />
mit kritischer Straßenlyrik gespickten Lieder<br />
wurden zu Hymnen der gegen die Apar<strong>the</strong>id<br />
rebellierenden Jugend Südafrikas. Die dortige<br />
Regierung hatte COLD FACT zwar auf den<br />
Index gesetzt, dennoch kursierten Bootlegs in<br />
einer so hohen Anzahl, dass die problemlos<br />
für eine Platin-Auszeichnung gereicht hätte.<br />
Vorgezogen zum Filmstart von „Searching<br />
For Sugar Man” erscheint nun der Soundtrack,<br />
der einen schönen Querschnitt aus den<br />
beiden Alben bietet sowie drei Songs aus den<br />
<strong>Jahre</strong>n 1972/1973.<br />
(Legacy/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 14/51:07) frs<br />
MARTHA WAINWRIGHT<br />
COME HOME TO MAMA<br />
Die Familie Wainwright ist schon längere<br />
Zeit in zweiter Generation erfolgreich am<br />
Musizieren. Während Vater Loudon Wainwright<br />
III und die 2010 vers<strong>to</strong>rbene Mutter<br />
Kate McGarrigle dem Folkgenre zuzurechnen<br />
sind, zeichnet sich Sohn Rufus durch orchestralen<br />
Singer/Songwriter-Pop aus. Schwester<br />
Martha hat nun nach dem Debüt (2005) und<br />
dem Zweitwerk (2008) mit COME HOME<br />
TO MAMA ihr drittes Album vorgelegt, das<br />
wie schon die früheren Alben die beeindruckende<br />
mehrstimmige Gesangsarbeit vorweisen<br />
kann, die auch die Werke ihres Bruders<br />
auszeichnet. Dass sie dieses Mal nicht mit<br />
ihrem Ehegatten Brad Albetta zusammenarbeitete,<br />
sondern sich mit der New Yorker<br />
Multi-Instrumentalistin Yuka C. Honda und<br />
deren Mann Nels Cline, dem Sologitarristen<br />
von Wilco, zusammengetan hat, ändert nicht<br />
viel am Stilmix aus 80er-Pop, Indie-Rock<br />
und stillen Songs am Klavier, der schon das<br />
zweite Album prägte. Liebhaber von Kate<br />
Bush und Hea<strong>the</strong>r Nova sowie von Marthas<br />
Bruder dürften ihre Freude am neuen Werk<br />
haben, dem aber ein Übersong wie “Ball &<br />
Seite <strong>40</strong> ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
Chain” oder “The Maker” vom Debüt<br />
fehlt. Als Anspieltipps sind der Opener<br />
“I Am Sorry”, das abwechslungsreiche<br />
“Radio Star” und “Four Black Sheep”<br />
zu empfehlen.<br />
(V2/Cooperative <strong>Music</strong>, 2012,<br />
10/38:25) an<br />
JON DEROSA<br />
A WOLF IN PREACHER’S<br />
CLOTHES<br />
Der Name Jon DeRosa dürfte wohl<br />
bisher nur wenigen Insidern ein Begriff<br />
sein. Es wäre zu wünschen, dass<br />
das erste Solo-Album des 33-jährigen<br />
Sänger/Songschreibers und Gitarristen,<br />
der bislang vor allem als Kopf der New<br />
Yorker Band Aarktica in Erscheinung<br />
getreten war, zahlreiche Hörer findet.<br />
Denn es ist eine ganz großartige Songkollektion!<br />
DeRosa singt mit einer<br />
einehmend schönen Crooner-Stimme,<br />
auf die Julian Cope neidisch wäre,<br />
über einen superben, von romantischen<br />
Streichern und vielen weiteren akustischen<br />
Instrumenten getragenen Kammermusik-Pop,<br />
der in seinen besten<br />
Momenten (derer gibt es viele!) an den<br />
jungen Scott Walker oder an Divine Comedy<br />
erinnert. Prädikat: wunderschön!<br />
(Rocket Girl/Rough Trade, 2012,<br />
10/42:30) frs<br />
JONI MITCHELL<br />
THE STUDIO ALBUMS<br />
1968–1979<br />
Pure<br />
Schlich<strong>the</strong>it<br />
kann<br />
manchmal erhabener<br />
und schöner<br />
sein als noch<br />
so<br />
prunkvolle<br />
und opulent ausgestattete<br />
tttt Vielfalt. lflt So stellt die Rückschau<br />
auf die ersten zehn <strong>Jahre</strong> von<br />
Joni Mitchells (Studio-)Schaffen auch<br />
die Musik in den Mittelpunkt, genau<br />
so und ohne weitere Kommentierung<br />
für sich sprechend, wie sie von der kanadische<br />
Songwriterin zwischen 1968<br />
und 1979 erschaffen wurde, sprich<br />
weder zusätzliche Bonus-Tracks noch<br />
ein dickes Begleitbuch vernebeln hier<br />
den Blick. Eingepackt sind die CDs in<br />
wunderschön gestaltete Replicas der<br />
Original-LPs, alle mit aufklappbaren<br />
Hüllen mit den (mikroskopisch kleinen,<br />
aber dennoch lesbaren) Texten auf<br />
den Innenseiten. Immer noch atemberaubend<br />
das von David Crosby produzierte<br />
Debüt SONG TO A SEAGULL,<br />
bittersüß die Romantik-Reflexionen<br />
von BLUE, traumwandlerisch die<br />
Westcoast-Fantasien von LADIES OF<br />
THE CANYON, erste Annäherungen<br />
an Jazz mit COURT AND SPARK,<br />
die sie auf HEJIRA und MINGUS zur<br />
Perfektion brachte. Eine Künstlerin,<br />
die immer ihren eigenen Weg ging, die<br />
der Versuchung, kommerziell erfolgreich<br />
zu sein (so in etwa mit der Top-<br />
20-Single “You Turn Me On, I’m A<br />
Radio” von FOR THE ROSES), schon<br />
immer unerschrockene, innovative und<br />
aus heutiger Sicht auch wegweisende<br />
Musikalität entgegenstellte.<br />
(Rhino/Warner, 2012, 10 CDs) us<br />
PURPLE SCHULZ<br />
SO UND NICHT ANDERS<br />
Kinder, wie die Zeit vergeht: Unglaubliche<br />
15 <strong>Jahre</strong> sind ins Land gezogen,<br />
seit uns Purple Schulz ein neues<br />
Studio-Album geschenkt hat. Das<br />
vergisst man gerne, denn zumindest<br />
als Radiohörer weidet man sich weiter<br />
an Evergreens wie “Verliebte Jungs”,<br />
“Kleine Seen” oder dem dramatischunsterblichen<br />
“Sehnsucht” mit dem<br />
waidwunden Schrei “Ich will raus”.<br />
Egal: Schulz und sein musikalischer<br />
Langzeitpartner Josef Piek hatten<br />
1997, nach eigener Aussage, „die Faxen<br />
dicke mit der Plattenfirma, schon<br />
damals ging es in der Branche mehr<br />
ums Geschäft als um die Musik”, beklagt<br />
der Kölner. Jetzt ist der Rheinländer<br />
– ohne Piek – mit einem fulminanten<br />
neuen Werk zurückgekehrt,<br />
das sämtliche Purple-Schulz-Vorzüge<br />
bündelt: intelligente Texte zwischen<br />
Ironie, Witz und Empathie, gepaart mit<br />
unverkennbaren Melodien, die einen<br />
auch in 15 <strong>Jahre</strong>n noch angenehm verfolgen<br />
werden. Chapeau!<br />
(Rakete/Rough Trade, 2012,<br />
14/64:29) mfg<br />
THE OSMONDS<br />
AROUND THE WORLD –<br />
LIVE IN CONCERT<br />
Die Hysterie in<br />
den 70er <strong>Jahre</strong>n<br />
um die US-<br />
Familienband<br />
The<br />
Osmonds<br />
ist heute nicht<br />
mehr recht vorstellbar.<br />
Hörbar wird das beim Konzertmitschnitt<br />
von 1975. Die Show war<br />
clever strukturiert und dramaturgisch<br />
aufgebaut, die Hits “Crazy Horses”,<br />
“Down By The Lazy River” oder<br />
“Some Kind Of Wonderful” wurden<br />
geschickt eingestreut, um die Stimmung<br />
zu pushen. Doch die Geschwister<br />
hämmerten nicht nur all ihre Erfolge<br />
heraus – inklusive Medleys von Donny<br />
& Marie sowie von Little Jimmy mit<br />
Streifzügen durch ihr Soloreper<strong>to</strong>ire –,<br />
sondern interpretierten Rock’n’Roll-<br />
Klassiker und demonstrierten wie<br />
Merrill bei seiner Banjo-Einlage handwerkliches<br />
Können. Und das Publikum<br />
wurde zum selbstständigen Performer<br />
gemacht. Insofern unterhält AROUND<br />
THE WORLD nicht nur, sondern<br />
könnte auch als akustisches Lehrbuch<br />
für Newcomer herhalten.<br />
(7T’s/Rough Trade, 1975,<br />
12/42:44, 7/36:06) pro<br />
LOVE & MONEY<br />
THE DEVIL’S DEBT<br />
Manche Dinge scheinen nie aus der<br />
Mode zu kommen. Als die schottische<br />
Band Love & Money 2011<br />
nach 16-jähriger Bühnenabstinenz zu<br />
einem einmaligen Auftritt beim Celtic<br />
Connection Festival in Glasgow wieder<br />
zusammenfand, war die Resonanz<br />
des Publikums so gut, dass sich James<br />
Grant (voc, g), Douglas McIntyre (g),<br />
Paul McGeechan (keys) und Gordon<br />
Wilson (dr) dazu entschlossen, Love &<br />
Pop<br />
Money mit einem neuen Album wieder<br />
aufleben zu lassen. Wie gewohnt nahm<br />
Sänger James Grant das Songwriting in<br />
die Hand, schließlich sollte die Musik<br />
von THE DEVIL’S DEBT ja so nahtlos<br />
wie möglich an ihre erfolgreichen<br />
Zeiten Ende der 80er <strong>Jahre</strong> anschließen,<br />
als sie mit Songs wie “Hallelujah<br />
Man” und “Jocelyn Square” Freunde<br />
gut gemachten Blue-Eyed-Souls beglückten.<br />
Fans dieser Musikrichtung<br />
werden Love & Money wahrscheinlich<br />
immer noch auf der Landkarte haben,<br />
doch auch wem Dream-Pop oder edler<br />
New Wave à la Spandau Ballet gefallen,<br />
der dürfte hier an der richtigen<br />
Adresse sein.<br />
(Vertical Records/Import, 2012,<br />
10/44:<strong>40</strong>) tk<br />
ROD STEWART<br />
MERRY CHRISTMAS, BABY<br />
Sentimental.<br />
Gefühlselig.<br />
Nett.<br />
Risikoscheu.<br />
So tönt<br />
Altmeister<br />
Rod<br />
Stewart<br />
auf seiner ersten<br />
Weihnachtsplatte ht tt überhaupt. Die<br />
passt sich mit sanftem Bigband-<br />
Swing nahtlos in seine „Great American<br />
Songbook”-Reihe ein. Mit “Silent<br />
Night”, “Santa Claus Is Coming<br />
<strong>to</strong> Town”, “When You Wish Upon A<br />
Star” und “White Christmas” nahm<br />
der Sänger sich Klassiker vor, die er<br />
in ihrer geläufigen Form anstimmt.<br />
Aufhorchen lassen allenfalls das<br />
mit den Produzenten David & Amy<br />
Foster verfasste “Red-Suited Super<br />
Man” dank des Gastspiels von<br />
Trombone Shorty sowie die Duette<br />
mit Mary J. Blige und Cee Lo Green<br />
(plus Michael Bublé). Grenzwertig:<br />
das virtuelle Duett mit Ella Fitzgerald<br />
bei “What Are New Years Eve”.<br />
Stewarts Kon<strong>to</strong> füllt sich jedenfalls,<br />
und für sanft blubbernde Hintergrundmusik<br />
bei der Bescherung ist<br />
auch gesorgt.<br />
(Universal, 2012, 13/46:11) pro<br />
JERRY LORDAN<br />
ALL MY OWN WORK<br />
Jerry Lordan teilt sein hartes Los mit<br />
vielen hervorragenden Komponisten.<br />
Obwohl die Shadows mit seinem Song<br />
“Apache” über eine Million Singles<br />
verkauften und 1960 für fünf Wochen<br />
an der Spitze der britischen Charts<br />
standen, ist er heutzutage nur noch<br />
Spezialisten (und natürlich Good-<br />
Times-Lesern) ein Begriff. Dabei gelangte<br />
er schon ein Jahr zuvor mit seinem<br />
selbst gesungenen “I’ve Waited<br />
So Long” in die Charts und hatte im<br />
Laufe der 60er <strong>Jahre</strong> drei weitere Hits.<br />
1961 veröffentlichte er auf Parlophone<br />
das Album ALL MY OWN WORK<br />
(u.a. mit seiner “Apache”-Version),<br />
das jetzt, remastert und um zahlreiche<br />
Tracks ergänzt, wiederveröffentlicht<br />
wird. Neben all seinen Singles sind<br />
dies zahlreiche Songs, die er zusammen<br />
mit dem Johnny Spence Orchestra<br />
aufgenommen hat. Als Besonderheit<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 41
CD<br />
REVIEWS<br />
gibt es noch zwei bisher unveröffentlichte<br />
Demos von Jerry Lordan zu hören, die<br />
er dem Shadows-Bassisten Jet Harris einst<br />
mitgab, damit dieser sich zu Hause die Basslinien<br />
besser erarbeiten konnte ...<br />
(Cherry Red/Rough Trade,<br />
1961, 26/59:59) us<br />
PUR<br />
SCHEIN UND SEIN<br />
Ohne Zweifel haben<br />
Pur eine der treuesten<br />
Fangemeinden<br />
der<br />
Popszene. Und das<br />
sicher auch zu Recht,<br />
denn es gibt nur wenige<br />
Bands, die sich<br />
(zumindest soweit man das von außen beurteilen<br />
kann) so wenig nach Ratschlag-Gebern<br />
aller Art richten. Ihre Musik präsentieren sie<br />
seit mehr als 30 <strong>Jahre</strong>n so, dass alte Fans<br />
und neue Freunde, dass Frauen, Männer, Jugendliche<br />
und Kids gleichermaßen vom Pur-<br />
Virus befallen werden – oder eben auf immer<br />
immun dagegen bleiben. Doch für alle<br />
Befallenen wird SCHEIN UND SEIN genau<br />
das sein, worauf sie warten: auf glaubwürdige<br />
Texte, deren Themen – ganz egal, ob<br />
ernst oder humorvoll – von Frontmann Hartmut<br />
Engler mitten aus dem Leben gegriffen<br />
sind, auf von Ingo Reidl und Martin Ansel<br />
gewohnt stark komponierte Musik zwischen<br />
Pop und Rock, auf einen klasse Sound, der<br />
je nach Erfordernis mal transparent, mal dynamisch,<br />
mal druckvoll ist. Also ein klasse<br />
Album, auf das sich die treue Fangemeinde<br />
völlig zu Recht freuen darf.<br />
(<strong>Music</strong> Pur/Universal, 2012, 14/55:59) us<br />
PRODUCERS<br />
MADE IN BASING STREET<br />
Vier Briten, die in ihrem bisherigen Schaffen<br />
wichtige Beiträge zur internationalen<br />
Rock- und Popgeschichte lieferten, das sind<br />
die Producers. Trevor Horn hat von ABC<br />
über Grace Jones und Art Of Noise bis zu<br />
Frankie Goes To Hollywood sein Können<br />
bewiesen, als Gitarrist, Toningenieur und<br />
Produzent gilt Stephen Lipson als seine<br />
rechte Hand. Lol Creme startete seine Karriere<br />
schon in den 60ern, als er mit den Hotlegs<br />
und deren “Neanderthal Man” für einen<br />
denkwürdigen Hit sorgte, in den 70ern<br />
dann zuerst 10cc, dann verließen Kevin<br />
Godley und er die Band um fortan als Godley<br />
& Creme erfolgreich zu sein. Aktuell<br />
verhalf er den Alben von Kate Bush (AERI-<br />
AL) und der Pet Shop Boys (CONCRETE)<br />
zu ihrem Sound. Der Vierte im Bund ist<br />
Schlagzeuger Ash Soan, in den 90ern erst<br />
bei Del Amitri, dann bei Squeeze sowie mit<br />
Tom Jones, Marianne Faithful und Faithless<br />
unterwegs, aktuell kann man ihn auf<br />
den Alben von Adele, James Morrison und<br />
Seal hören. Seit einigen <strong>Jahre</strong>n arbeiten die<br />
Vier jetzt schon zusammen, mit MADE IN<br />
BASING STREET haben sie jetzt auch ein<br />
gemeinsames Album voller starker Songs<br />
zwischen Pop und Rock veröffentlicht, bei<br />
dem die enorme Erfahrung der Beteiligten<br />
deutlich durchklingt. Wer auf perfekt ausbalancierte<br />
Musik steht, bei der sich weise<br />
Entspann<strong>the</strong>it und produktionstechnische<br />
Perfektion die Waage halten, der wird hier<br />
optimal bedient.<br />
(Big Lake/Rough Trade, 2012,<br />
10/48:39, 33:16) tk<br />
DAKOTA SUITE<br />
AN ALMOST SILENT LIFE<br />
Auf seiner Homepage hatte Chris Hooson,<br />
Kopf der Band Dakota Suite, bereits<br />
im Frühjahr angekündigt, dass das neue<br />
Album, an dem er arbeite, diesmal wieder<br />
eines mit Gesang werde. Nach der<br />
größtenteils instrumentalen, äußerst melancholischen,<br />
gleichwohl großartigen<br />
Doppel-CD THE SIDE OF HER INEX-<br />
HAUSTIBLE HEART (Rezension in<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2011) reflektiere es zudem<br />
seine neu erlangte „positivere Sicht des Lebens”,<br />
gibt der Sänger/Songschreiber jetzt<br />
mit Veröffentlichung bekannt. Ist also auf<br />
AN ALMOST SILENT LIFE alles ganz<br />
anders? Nein, zum Glück nicht! Das neue<br />
Album knüpft weitgehend an den wunderschön<br />
traurigen Vorgänger an – auch mit<br />
seinem grazilen, zerbrechlichen kammermusikalischen<br />
Unplugged-Sound (Klavier,<br />
Akustikgitarre, Cello etc.), wenngleich es<br />
klarere Songstrukturen und mitunter gar<br />
elektronische Klangzutaten gibt. Mit den<br />
neuen Liedern stellen Dakota Suite einmal<br />
mehr unter Beweis, dass sie derzeit eines<br />
der aufregendsten Projekte an den Schnittstellen<br />
von Pop, Folk und Klassik sind.<br />
(Glitterhouse/Indigo, 2012, 13/53:19) frs<br />
ART GARFUNKEL<br />
ORIGINAL ALBUM CLASSICS<br />
Nach seiner selbst zusammengestellten<br />
Retrospektive THE SINGER (Review in<br />
<strong>GoodTimes</strong> 5/2012) gibt es jetzt auch fünf<br />
Alben von Art Garfunkel in der ORIGINAL<br />
ALBUM CLASSICS-Reihe, wie gewohnt<br />
sind die einzelnen CDs dabei in LP-Replica-<br />
Papphüllen im Original-Artwork verpackt.<br />
Der Reigen beginnt im Jahr 1973, als er nach<br />
dem Split von Simon & Garfunkel mit AN-<br />
GEL CLAIRE seine Solokarriere startete.<br />
Eine ganze Armada prominenter Kollegen<br />
– darunter J.J. Cale, Paul Simon, Jerry Garcia,<br />
Larry Carl<strong>to</strong>n und Hal Blaine – sowie<br />
Top-Songwriter sorgten für ein erstklassiges<br />
Album, gekrönt von den erfolgreichen Hits<br />
“All I Know” (Jimmy Webb), “Traveling<br />
Boy” (Paul Williams/Roger Nichols) und<br />
“I Shall Sing” (Van Morrison). Auch das<br />
1975er BREAKAWAY konnte mit illustren<br />
Gästen wie Graham Nash, Nicky Hopkins<br />
oder Klaus Voormann glänzen, bot dazu noch<br />
mit “My Little Town” eine erste, inoffizielle<br />
Simon & Garfunkel Reunion. Im Ok<strong>to</strong>ber<br />
1977 erschien WATERMARK, bei dem nach<br />
anfänglichen (Verkaufs-)Schwierigkeiten ab<br />
Januar 1978 der Song “Fingerpaint” durch<br />
den Klassiker “(What A) Wonderful World”<br />
ersetzt wurde, bei dem Paul Simon und<br />
James Taylor die Harmony-Vocals beisteuerten.<br />
Wenig beachtet (und dementsprechend<br />
erfolglos) in seiner amerikanischen Heimat<br />
dann FATE FOR BREAKFAST, das sich in<br />
Europa durch den Singlehit “Bright Eyes”<br />
in zahlreichen Länder-Charts platzieren<br />
konnte. Ähnlich ging es 1981 SCISSORS<br />
CUT, dem es wiederum nicht gelang, in die<br />
US-Top-<strong>40</strong> einzuziehen und trotz der Hinzunahme<br />
der europäischen Erfolgsversion von<br />
“Bright Eyes” auch keinen Singlehit abwarf.<br />
Aber vielleicht war Art Garfunkel bei den<br />
Aufnahmen dieses Albums ja schon einen<br />
Schritt weiter, beim umjubelten „Concert In<br />
Central Park”, bei dem er mit Paul Simon im<br />
selben Jahr Musikgeschichte schrieb.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 5 CDs) tk<br />
NICO<br />
THE END<br />
Jim Morrison persönlich<br />
hatte Nico<br />
empfohlen,<br />
eigene<br />
Songs zu schreiben,<br />
nachdem sie auf ihrem<br />
Debüt CHELSEA<br />
GIRL (1967) fast ausschließlich<br />
h Cover-Versionen gesungen hatte.<br />
Auf ihrem vierten Studio-Album THE END<br />
(1974) verabschiedete sich die gebürtige Kölnerin<br />
(bürgerlich Christa Päffgen) und Ex-<br />
Velvet-Underground-Kollaborateurin dann<br />
zweifach von ihrem vers<strong>to</strong>rbenen Ex-Lover:<br />
Sie interpretierte die Doors-Nummer “The<br />
End” und verarbeitete in “You Forgot To Answer”<br />
ein gescheitertes Treffen mit ihm. THE<br />
END wurde zwar ein kommerzieller Misserfolg,<br />
übte jedoch großen Einfluss auf die<br />
spätere Gothic-Szene, auf Sängerinnen wie<br />
Siouxsie Sioux und Björk aus. Nico begleitete<br />
ihren ungewöhnlichen Gesang mit lang<br />
anhaltenden Akkorden auf einem indischen<br />
Harmonium, und Produzent John Cale sowie<br />
die beiden Roxy-<strong>Music</strong>-Mitglieder Brian Eno<br />
und Phil Manzanera fügten ein feinziseliertes<br />
Tongewebe aus Synthis, Klavier, Xylofon,<br />
Glockenspiel, Gitarre u.v.m. hinzu. Das neu<br />
remasterte Reissue kommt mit einer Bonus-<br />
CD; sie enthält fünf solo eingespielte Songs<br />
aus John-Peel-Sessions, darunter eine bislang<br />
unveröffentlichte Version von “Secret Side”;<br />
hinzu kommen zwei Livetitel aus der BBC-<br />
Sendung “Old Grey Whistle Test” (1975)<br />
und zwei 1974er-Konzertaufnahmen aus dem<br />
Londoner Rainbow Theatre.<br />
(Island/Universal, 1974, 8/42:02,<br />
9/48:18) frs<br />
THE ELECTRIC STARS<br />
SONIC CANDY SOUL<br />
Endlich mal ein Titel, der es trifft und souverän<br />
persifliert: klingender süßlicher Soul.<br />
Eine in die Gegenwart geholte Besinnung<br />
auf die Klarheit, Melodievorrang und, meinetwegen,<br />
auch eine gewisse Naivität der<br />
Sixties – mit Liebe zum Detail. Die Band<br />
aus Manchester um Jason Edge und Keith<br />
Whitehead bewegt sich deutlicher als andere<br />
Mod-Ikonen vor ihr im Spannungsfeld zwischen<br />
frühem Bowie und sehr frühen S<strong>to</strong>nes<br />
und bringt einen Hauch von Small Faces mit<br />
– schnell liebt man das Mo<strong>to</strong>wn-Feeling von<br />
“Between The Streets” und den Beat-Groove<br />
ihrer Single “I Want You”. Zum Glück folgt<br />
die Band nicht dem Coolness-Diktat, alles in<br />
zwei Minuten pro Song heruntergedroschen<br />
zu haben – dadurch kann ein Siebeneinhalb-<br />
Minüter wie “Blind” alles zwischen Ballade<br />
und Bo Diddley abdecken. Produziert wurde<br />
mit Punch und Transparenz vom Bruder des<br />
britischen Radio/TV-Comedians Steve Coogan<br />
alias Alan Partridge, Martin Coogan.<br />
(De<strong>to</strong>ur Records/Import, 2012,<br />
11/55:37) utw<br />
Pop<br />
DIE FANTASTISCHEN VIER<br />
MTV UNPLUGGED II<br />
Wie sollte der erste MTV-Unplugged-Auftritt<br />
der Fantastischen Vier aus dem Jahr 2000<br />
noch zu <strong>to</strong>ppen sein, was mussten sich die<br />
Stuttgarter einfallen lassen, um eines der innovativsten<br />
Konzerte aus dieser Reihe noch<br />
zu übertrumpfen? Zwölf <strong>Jahre</strong> nach ihrem<br />
ersten Auftritt in der Balver Höhle packten<br />
sie einfach noch mehr Qualität & Quantität<br />
auf die Bühne, erweiterten die bewährte,<br />
Streichorchester-unterstützte F4-Band mal<br />
um einen Gospelchor, mal um eine südamerikanische<br />
Rhythmusgruppe, mal um eine<br />
feurige Flamenco-Gitarre. Mit diesem exorbitanten<br />
Klang im Rücken gelangen ihnen dann<br />
dementsprechend kolossale Versionen ihrer<br />
Songs – und sie konnten es sich für MTV UN-<br />
PLUGGED II auch locker leisten, auf jegliche<br />
Überschneidungen mit Teil I zu verzichten.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2012,<br />
10/54:14, 8/41:19) us<br />
BENJAMIN BIOLAY<br />
VENGEANCE<br />
Auf seinem siebten<br />
Album<br />
innerhalb<br />
von elf <strong>Jahre</strong>n erfindet<br />
sich einer der<br />
bekanntesten Vertreter<br />
des so genannten<br />
Nouvelle<br />
Chanson<br />
nicht ihtneu, wenngleich lihBenjamin Biolay musikalische<br />
Elemente wie Rap-Gesang zum<br />
ersten Mal oder Keyboardklänge der 80er<br />
<strong>Jahre</strong> und Trip-Hop-Sounds der 90er <strong>Jahre</strong><br />
häufiger als bislang einsetzt. Ansonsten ist<br />
VENGEANCE ein gelungenes Exempel<br />
dafür, dass der in Frankreich sehr erfolgreiche<br />
Biolay mit aus den Filmmusiken von<br />
Enrico Morricone vertrautem Pathos und nuschelndem<br />
Flüstergesang durchaus als Serge<br />
Gainsbourg des 21. Jahrhunderts gelten darf.<br />
Die Rolle der Jane Birkin übernimmt unter<br />
anderem Vanessa Paradis in “Profite”. Beim<br />
Titelsong “Vengeance” mimt außerdem Carl<br />
Barât, ehemaliger Frontmann der Libertines,<br />
mit, der sich alle Mühe gibt, so mächtig wie<br />
Tom Jones oder Scott Walker zu klingen.<br />
Hoffentlich sieht man Biolay demnächst<br />
auch auf deutschen Bühnen.<br />
(Naïve, 2012, 14/55:00)<br />
an<br />
MICKEY NEWBURY<br />
LULLED BY THE MOONLIGHT<br />
+ STORIES FROM THE SILVER<br />
MOON CAFÉ + BLUE TO THIS<br />
DAY<br />
Für seine klassischen Americana-Alben, die<br />
er zwischen 1968 und 1981 aufgenommen<br />
hat, für Großtaten wie das 1971 veröffentlichte<br />
FRISCO MABEL JOY wurde der 2002<br />
vers<strong>to</strong>rbene Songwriter Mickey Newbury erst<br />
letztes Jahr mit dem opulenten Rückblick AN<br />
AMERICAN TRILOGY geehrt. Jetzt erscheinen<br />
drei seiner (schon lange vergriffenen)<br />
Spätwerke in luxuriösen Editionen. LULLED<br />
BY THE MOONLIGHT (17/73:12) erschien<br />
1996 und beendete damals eine 15-jährige<br />
Auszeit Newburys, auf dementsprechend viel<br />
hervorragendes Songmaterial konnte zurückgegriffen<br />
werden, noch dazu gespielt von der<br />
ersten Riege an Nashville-Studiomusikern,<br />
darunter Roger Hawkins, Reggie Young,<br />
Mike Elliot und Gene Chrisman. Mit nahezu<br />
der gleichen Mannschaft nahm er vier <strong>Jahre</strong><br />
später STORIES FROM THE SILVER<br />
Seite 42 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
MOON CAFÉ (13/55:31) auf, zeitlose Musik<br />
im typischen Newbury-Stil: gefühlsbe<strong>to</strong>nt,<br />
tiefgründig und immer etwas morbid angehaucht.<br />
Bis zu seinem Tod im Jahr 2002 arbeitete<br />
der sensible Künstler an BLUE TO THIS<br />
DAY (15/69:23), das dann 2003 posthum<br />
veröffentlicht wurde. Mit Kenny Malone und<br />
Mac Gayden verstärkten zwei weitere Könner<br />
das Nashville-Studioteam, besonders bewegend<br />
die Neu-Interpretation von Leadbellys<br />
“Bring A Little Water Sylvie” sowie ein neu<br />
aufgenommenes “Remember The Good” von<br />
FRISCO MABEL JOY.<br />
(Mountain Retreat/Cargo, 1996 +<br />
2000 + 2003) us<br />
MANFRED MANN<br />
THE FIVE FACES OF MANFRED<br />
MANN<br />
Der Legende nach<br />
wurde mit der Veröffentlichung<br />
dieses Albums<br />
auch der Name<br />
der Band eigenmächtig<br />
durch die Plattenfirma<br />
geändert, aus<br />
den Mann Hugg Blues Bro<strong>the</strong>rs wurde Manfred<br />
Mann. Neben dem neuen Namensgeber<br />
an der Orgel und Schlagzeuger Mike Hugg<br />
gehörten damals noch Tom McGuinness (b,<br />
g), Mike Vickers (g, sax) und Paul Jones<br />
(voc, harp) zur Gruppe, besonders Letzterer<br />
sorgte mit seiner Stimme für den letzten<br />
Schliff des Sounds, der bald darauf als „britische<br />
Blues-Invasion” in alle Welt exportiert<br />
wurde. Das Liveprogramm der fünf Musiker<br />
war schwer von amerikanischen Blues- und<br />
Jazzmusikern beeinflusst, sie spielten Songs<br />
von Bo Diddley, Cannonball Adderly, Willie<br />
Dixon oder Howlin’ Wolf. Aus diesem<br />
erlauchten Kreis suchten sie sich 1964 dann<br />
auch die Vorlagen für ihr LP-Debüt aus,<br />
dazu noch ein paar (beileibe nicht schlechter<br />
klingende!) Eigenkompositionen, fertig war<br />
THE FIVE FACES OF MANFRED MANN.<br />
Mit 14 Tracks – jeweils in Stereo und Mono<br />
– erscheint jetzt die UK-Originalversion –<br />
also noch ohne “Do Wah Diddy Diddy” –<br />
erstmalig auf CD, zeigt eindrucksvoll, mit<br />
welch Klasse die so genannte Chapter I-Besetzung<br />
von Manfred Mann loslegte.<br />
(Pias/Rough Trade, 1964, 28/78:57) us<br />
KIRSTY MACCOLL<br />
DESPERATE CHARACTER +<br />
KITE + ELECTRIC LANDLADY +<br />
TITANIC DAYS<br />
Jeden 10. Ok<strong>to</strong>ber versammelt sich eine<br />
Gruppe von Fans um eine Bank am Soho<br />
Square in London, um einer Sängerin zu gedenken,<br />
die viel zu früh diese Welt verlassen<br />
musste. „One day I’ll be waiting <strong>the</strong>re, no<br />
empty bench in Soho Square”, ist auf der<br />
Bank eingraviert. Der 10. Ok<strong>to</strong>ber ist Kirsty<br />
MacColls Geburtstag, und “Soho Square”,<br />
aus dem das Zitat stammt, ist einer der beliebtesten<br />
Songs der Sängerin, die vor zwölf<br />
<strong>Jahre</strong>n bei einem tragischen Tauchunfall,<br />
erst 41 <strong>Jahre</strong> alt, ums Leben kam. Im UK hat<br />
MacColl, Tochter des Folkmusikers Ewan<br />
McColl (“Dirty Old Town”), eine treue Anhängerschaft.<br />
Auf dem europäischen Festland<br />
ist sie, die zu den besten britischen Pop-Sängerinnen/Songschreiberinnen<br />
der 80er und<br />
90er zählt, wohl noch wiederzuentdecken.<br />
Das Plattenlabel Salvo bringt nun ihre ersten<br />
vier zu Lebzeiten veröffentlichte reguläre<br />
Pop<br />
Alben in schön aufgemachten, sorgfältig<br />
edierten Deluxe-Ausgaben mit – abgesehen<br />
vom Debüt – jeder Menge Bonus-Material<br />
heraus. Ihr zu New-Wave- und Synthie-Pop-<br />
Hochzeiten erschienener Erstling DESPE-<br />
RATE CHARACTER (1981) beindruckt<br />
mit anachronistischem Sixties-Jangle-Sound<br />
(“See That Girl”) sowie der Rockabilly-<br />
Nummer „There’s A Guy Works Down The<br />
Chip Shop Swears He’s Elvis” (UK #14),<br />
die sich gleich noch mal als Country-Reprise<br />
auf dem Album befindet. Wegen zahlreicher<br />
Engagements als Backgroundsängerin dauerte<br />
es acht <strong>Jahre</strong>, bis MacColl ihr nächstes<br />
Album KITE veröffentlichen sollte, für das<br />
sie die Gitarristen Johnny Marr (The Smiths)<br />
und David Gilmour (Pink Floyd) gewann.<br />
Neben den Single-Auskopplungen – der ambitionierten<br />
Eigenkomposition “Free World”<br />
und dem Kinks-Cover “Days” (UK #12) –<br />
gibt es weitere schöne zwischen Sixties- und<br />
Eighties-Pop changierende Songs. CD zwei<br />
der Neu-Ausgabe enthält 17 teils bislang<br />
unveröffentlichte Aufnahmen, Non-Album-<br />
Singles, B-Seiten und Remixe, u.a. auch ihr<br />
Smiths-Cover “You Just Haven’t Earned<br />
It Yet, Baby”. ELECTRIC LANDLADY<br />
(1991) knüpfte qualitativ an die Vorgänger<br />
an, unter anderem gibt es mit “The One And<br />
Only” eine Zusammenarbeit mit den Pogues.<br />
Wie schon bei KITE ist die Bonus-CD mit<br />
Raritäten bestückt, u.a. zwei Duetten mit Billy<br />
Bragg. TITANIC DAYS (1993), ihr viertes<br />
Album, ist das Beste in der Vierer-Serie. Als<br />
Komponistin glänzt sie darauf mit Songs wie<br />
“Angel”, “Last Days Of Summer”, “Bad”,<br />
“Tomorrow Never Comes” und vor allem<br />
dem zu Herzen gehenden “Soho Square”. Auf<br />
der Zusatz-CD sind u.a. Stücke von ihrem<br />
1995er Gig beim Fleadh-Festival zu hören.<br />
(Salvo/Soulfood, 1981, 12/35:00 +<br />
1989, 12/39:23, 17/59:35 + 1991,<br />
12/51:37, 16/73:48 + 1993,<br />
11/47:41, 17/78:08) frs<br />
THE BEACH BOYS<br />
12 ORIGINAL ALBEN<br />
Nach dem Best-Of-<br />
Doppelpack 50 BIG<br />
ONES – GREATEST<br />
HITS (Review in<br />
<strong>GoodTimes</strong> 5/2012)<br />
und den lange nicht<br />
mehr für möglich<br />
gehaltenen hlt Live-Auftritten Aft in deutschen<br />
Hallen gibt es nun noch einen weiteren<br />
Grund zur Freude für alle Beach-Boys-<br />
Fans: Alle zwölf Studio-Alben wurden<br />
digital remastert und neu veröffentlicht,<br />
wobei ein Großteil der Alben sowohl die<br />
Mono- als auch die Stereo-Abmischungen<br />
enthält. Dabei geht es von SURFIN’ USA<br />
über LITTLE DEUCE COUPE und PET<br />
SOUNDS bis zu SURF’S UP, geben SMI-<br />
LEY SMILE und BEACH BOYS PARTY!<br />
ihr Stereo-CD-Debüt. THE BEACH BOYS<br />
TODAY! und SUMMER DAYS (AND<br />
SUMMER NIGHTS!) erscheinen überhaupt<br />
zum ersten Mal in Stereo, so dass<br />
einige der Schlüsselsongs der Beach Boys<br />
– wie “Good Vibrations”, “I Get Around”<br />
oder “Help Me Rhonda” – nun erstmals<br />
in den exzellenten Stereofassungen vorliegen.<br />
Auch optisch kommen diese Alben<br />
eindrucksvoll daher, sind als aufklappbare<br />
LP-Replicas im Original-Artwork gestaltet.<br />
(Capi<strong>to</strong>l/EMI, 2012, 12 CDs) us<br />
Nach 20 <strong>Jahre</strong>n, endlich wieder ein<br />
neues Live-Album<br />
19 ihrer besten Songs verteilt auf<br />
2 CDs oder 3 roten Vinylscheiben.<br />
Die legendären Shows aus<br />
Buenos Aires mit den Klassikern<br />
„Back In Black“, „Thunderstruck“,<br />
„You Shook Me All Night Long“<br />
und „Rock N Roll Train“<br />
Weitere AC/DC Top-Highlights<br />
High<br />
Voltage<br />
Highway<br />
To Hell<br />
www.ACDC.com<br />
Back<br />
In Black<br />
The Razor’s<br />
Edge<br />
Live (2 CD<br />
Collec<strong>to</strong>r’s<br />
Edition)<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 43
CD<br />
REVIEWS<br />
STEVE HACKETT<br />
GENESIS REVISITED II<br />
Als „ein Projekt Wagner-ischer Ausmaße”<br />
beschreibt Steve Hackett die Aufnahmen für<br />
GENESIS REVISITED II, seines zweiten<br />
musikalischen Rückblicks auf die Zeiten,<br />
als er von 1970 bis 1977 innovativer Gitarrist<br />
und wichtiger Songwriter von Genesis<br />
war – eine Zeit, auf die Hackett nach eigenen<br />
Worten heute noch immer unglaublich<br />
s<strong>to</strong>lz ist. So erklärt sich auch die relativ<br />
originalgetreue Aufführung von Stücken<br />
wie “Supper’s Ready”, “Dancing With The<br />
Moonlit Knight” oder “The <strong>Music</strong>al Box”,<br />
die Hauptänderungen im Sound der Stücke<br />
kommen von den unterschiedlichen Charakteren<br />
am Mikrofon. Neben Steven Wilson,<br />
John Wet<strong>to</strong>n, Neal Morse, Mikael Akerfeldt<br />
und Conrad Keely sind auch Phil Collins’<br />
Sohn Simon sowie mit Nik Kershaw eher<br />
unerwartete Gäste zu hören. Und obwohl<br />
Steve Hackett sicher nicht auf gitarristische<br />
Unterstützung angewiesen wäre, lud er sich<br />
mit Steve Ro<strong>the</strong>ry von Marillion und Roine<br />
S<strong>to</strong>lt von den Flower Kings zwei prominente<br />
Kollegen dafür ein. Lee Pomeroy und Nick<br />
Beggs am Bass, Jeremy Stacey am Schlagzeug<br />
und Saxofonist Rob Townsend ergänzen<br />
die Wagner-ische All-Star-Besetzung.<br />
Kein Wunder, gelingt Steve Hackett mit diesem<br />
Doppelalbum ein makelloser Rückblick<br />
auf alte, progressive Rock-Zeiten.<br />
(Insideout/EMI, 2012, 10/73:39,<br />
11/71:50) us<br />
THE DOOBIE BROTHERS<br />
WHAT WERE ONCE VICES ARE<br />
NOW HABITS<br />
Mit ihrem vierten<br />
Longplayer machten<br />
die Doobie Bro<strong>the</strong>rs<br />
einen<br />
gewaltigen<br />
Schritt nach vorne,<br />
denn es gab nicht<br />
nur mit “Black Water”<br />
den ersten Chart-Topper, sondern auch<br />
musikalisch hatte sich die Band immens<br />
entwickelt. Jeff „Skunk” Baxter spielte ausgezeichnete<br />
Gitarrenparts, die er kunstvoll<br />
in den Gesamtsound integrierte, und auch<br />
die Memphis Horns sorgten für Highlights<br />
bei den Arrangements. Locker-lässiger<br />
Westcoast mit Country-Einlagen (“Spirit”),<br />
das schwebende “Eyes Of Silver”, die<br />
wunderschöne Ballade “Tell Me What You<br />
Want (And I’ll Give You What You Need)”<br />
und das melancholische, auf Akustikgitarren<br />
basierende “Ano<strong>the</strong>r Park, Ano<strong>the</strong>r<br />
Sunday” sind Glanzbeispiele des US-Rock.<br />
Durch das vorzügliche Mastering sind erstmalig<br />
alle Instrumente präsent, aber dennoch<br />
kompakt wahrzunehmen. Toll!<br />
(Mobile Fidelity/Sieveking Sound,<br />
1963, 12/45:09) at<br />
CHRIS ROBINSON<br />
BROTHERHOOD<br />
THE MAGIC DOOR<br />
Wie angekündigt legen Chris Robinson<br />
Bro<strong>the</strong>rhood mit THE MAGIC DOOR<br />
schon drei Monate nach ihrem Debüt BIG<br />
MOON RITUAL Album Nummer zwei<br />
vor. Dabei ist das neue Werk weniger ein<br />
Nachfolger, vielmehr könnte man es als<br />
ein Ergänzungsalbum beschreiben; aufgenommen<br />
und produziert wurden beide<br />
Platten nämlich gemeinsam. Somit fällt<br />
einem die Bewertung von THE MAGIC<br />
DOOR auch relativ leicht, vereinfacht<br />
gesagt können alle bedenkenlos zugreifen,<br />
die schon mit BIG MOON RITUAL<br />
zufrieden (oder gar begeistert) waren. Wie<br />
gehabt führt der Black-Crowes-Frontmann<br />
seine Mitmusiker an der langen Leine,<br />
was bei Cracks wie Neal Casal (voc, g),<br />
Adam MacDougall (keys, voc) und Mark<br />
Dut<strong>to</strong>n (b, voc) wohl auch die beste Taktik<br />
ist. Spielfreudig und ausufernd machen sie<br />
sich über die von Robinson geschriebenen<br />
Songs her, mit “Let’s Go, Let’s Go, Let’s<br />
Go” von Hank Ballard gibt es auch eine<br />
Cover-Version. Natürlich weckt solche<br />
Musik Begehrlichkeiten, da darf man freudig<br />
gespannt sein, wie es sich anhört, wenn<br />
Robinson & Co. das nächste Mal einen<br />
wirklichen Nachfolger vorlegen.<br />
(Silver Arrow-Megaforce/Soulfood,<br />
2012, 7/51:00) us<br />
TEN YEARS AFTER<br />
A SPACE IN TIME<br />
Ten Years After und<br />
ihr Zugpferd Alvin<br />
Lee werden die Hörer<br />
immer wieder in<br />
ihren Bann ziehen.<br />
So ist eine Neuauflage<br />
eines vergessenen<br />
Klassikers der Band durchaus sinnvoll. Das<br />
Reissue erscheint im originalen 71er-Mix<br />
und im 73er-Quad-Mix, der für Stereo aufbereitet<br />
wurde und andere Dimensionen be<strong>to</strong>nt<br />
und so ein ungewohntes und reizvolles<br />
Hörerlebnis bietet. Das Album bewegte sich<br />
zwischen härterem Blues-Rock, fragilen<br />
Akustiktracks und typischem Seventies-<br />
Rock. Hier verzichtete Alvin Lee auf seine<br />
Solo-Eskapaden, konzentrierte sich auf das<br />
Songwriting, was sich nicht nachteilig auf<br />
das Album auswirkt. Im Gegensatz zu der<br />
EMI-Ausgabe wurde beim Mastering der<br />
parallel erscheinenden 24 KT-Gold-CD<br />
(Audio Fidelity/Sieveking Sound) auf mehr<br />
Wärme geachtet.<br />
(EMI, 1971, 20/75:33)<br />
fl<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
ACTION! – THE SONGS OF<br />
TOMMY BOYCE & BOBBY<br />
HART<br />
Mit den Namen Tommy Boyce & Bobby<br />
Hart verbindet man zunächst und vor allem<br />
die Hits, die sie für The Monkees in den<br />
mittsechziger <strong>Jahre</strong>n schrieben. Drei Erfolge<br />
(“Theme From The Monkees”, “Valleri”<br />
und “P.O. Box 9847”) sind hier vertreten.<br />
Und etliche andere Hits kommen in den –<br />
durchweg gehaltvollen – Versionen anderer<br />
Interpreten; u.a. “I’m Not Your Stepping<br />
S<strong>to</strong>ne” von The Flies, “Words” von The Regents<br />
und “Last Train To Clarksville” von<br />
The Standells. Doch damit erschöpft sich<br />
dieser herrliche Sampler nicht. Zu hören<br />
sind auch Spitzenwerke wie “Come Little<br />
Bit Closer” (Jay & The Americans), “She”<br />
(Del Shannon), “Action” (Paul Revere &<br />
The Raiders) oder “Beverley Jean” (Curtis<br />
Lee). Schwarzer Pop ist durch Fats Domino<br />
(“Be My Guest”), The Ikettes (“Fine Fine<br />
Fine”) und Chubby Checker (“Lazy Elsie<br />
Molly”) vertreten, während Boyce & Hart<br />
selbst mit ihrem Hit “I Wonder What She’s<br />
Doing Tonight” zu Gehör kommen und auch<br />
Harts 1962er Single “Too Many Teardrops”<br />
nicht fehlt. Das in New York und Kalifornien<br />
– seit Ende der Fifties zunächst getrennt – arbeitende<br />
Duo verstand enorm viel vom Tin-<br />
Pan-Alley-Sound der Prä-Beat-<strong>Jahre</strong> und<br />
verband ihn dann mühelos mit den Klängen<br />
der britischen Invasoren. Es entstand zeitloser<br />
Qualitäts-Pop-Rock, immer mit Biss,<br />
oft ohne Scheu vor gezügeltem Pathos. Und<br />
auch nach dem Ende der heißen Monkees-<br />
<strong>Jahre</strong> gelangen Boyce & Hart noch manche<br />
Treffer. Da ACTION nur die <strong>Jahre</strong> 1959–<br />
1968 abdeckt, läge noch reichlich Material<br />
für eine weitere Sammlung vor. Das fette,<br />
überaus detailreiche Booklet gibt auch hierüber<br />
beredt Auskünfte.<br />
(Ace/Soulfood, 2012, 26/63:49) hjg<br />
MOTHER JANE<br />
TURN THE PAGE<br />
Jane sind seit 1994<br />
nur noch sozusagen<br />
markenrechtlich<br />
existent. Mit Schilderungen<br />
der 1982<br />
einsetzenden bandinternen<br />
Streitigkeiten<br />
lassen sich locker ganze Hefte füllen.<br />
Der interessierte Leser informiert sich<br />
am besten im Internet auf den diversen<br />
Seiten – da geht es mal mehr, mal weniger<br />
aggressiv zu. Jetzt also TURN THE<br />
PAGE von Klaus Hess und Co. mit Studio-<br />
Versionen von Titeln, die bislang nur in<br />
Live-Einspielungen erhältlich waren, was<br />
auch das LIVE AT HOME-Album mit<br />
einbezieht. Die CD baut sich sozusagen<br />
selber auf, beginnt verhalten und etwas zu<br />
schnörkellos, um insbesondere mit dem<br />
13-minütigen Highlight “Nightmares” (der<br />
2012er Version von “Windows”) völlig<br />
abzuheben. Psych-, Prog-, Art-, Hard- und<br />
Krautrock werden hier unter Zuhilfenahme<br />
Floyd’scher Klangkonstrukte so was<br />
von miteinander verzwurbelt, dass man<br />
staunt. Zudem ist Sänger Qusai Zureikat<br />
eine Bereicherung, und dass man als letzten<br />
Track Bob Segers titelgebenden Song<br />
“Turn The Page” gewählt hat, ist auch eine<br />
Erwähnung wert. Viele Jane-Fans-werden<br />
es noch interessanter finden, dass die zweite<br />
CD „The Lost Tracks” etwa 20 Minuten<br />
bislang unveröffentlichtes Jane-Material<br />
aus dem Jahr 1982 enthält – die Stücke<br />
wurden kürzlich im ehemaligen Aufnahmestudio<br />
in Sarstedt wiederentdeckt.<br />
(Dust On The Tracks/Fenn <strong>Music</strong>, 2012<br />
8/48:58, 5/18:46) os<br />
Y&T<br />
LIVE AT THE MYSTIC<br />
Mit Superlativen soll man sich bekanntlich<br />
zurückhalten. Erst recht, wenn es um das<br />
aktuelle Live-Album einer Band geht, die<br />
Ende der 70er und in den frühen 80ern ihre<br />
Hochzeit hatte. Denn Konzertmitschnitte alter<br />
Helden haben gerade Konjunktur und das<br />
auch, weil es die erfahrenen Rampensäue<br />
immer noch drauf haben. Trotzdem reiht sich<br />
LIVE AT THE MYSTIC von Y&T im Überangebot<br />
der ungehobelten Hit-Schauen ganz<br />
vorn ein. Die Doppel-CD rockt wie Hölle,<br />
streift sämtliche großen Phasen der US-Band<br />
und die Nummern aus dem jüngsten Y&T-<br />
Werk FACEMELTER passen zum alten Material<br />
wie angenäht. Dass Urmitglied Dave<br />
Meniketti immer noch am Mikro steht und<br />
für die sägenden Riffs sorgt, trägt wesentlich<br />
Rock<br />
dazu bei, dass der Doppeldecker von dieser<br />
bestechenden Qualität ist.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 13/62:47,<br />
9/50:11) jub<br />
DEEP PURPLE<br />
MACHINE HEAD – <strong>40</strong>TH<br />
ANNIVERSARY DELUXE<br />
EDITION<br />
ION<br />
Immer noch unglaublich, welch großartige<br />
Musik Jon Lord, Ritchie Blackmore, Ian<br />
Gillan, Roger Glover und Ian Paice im Winter<br />
1971 in Montreux erschufen – besonders<br />
wenn man die Umstände dieser Aufnahmen<br />
bedenkt. Leerstehende Zimmer und unbenutzte<br />
Korridore des Grand Hotels dienten<br />
als Aufnahmeräume, der Lastwagen mit<br />
dem mobilen Recording-Equipment (ausgeliehen<br />
von den Rolling S<strong>to</strong>nes) parkte vor<br />
dem Haupteingang. Für jedes musikalische<br />
Feedback, für das Anhören ihrer gerade<br />
aufgenommenen Parts mussten die Musiker<br />
einmal quer durch das Hotel laufen, was laut<br />
Ritchie Blackmore ziemlich schnell dazu<br />
führte, dass sie so gut wie jede aufgenommene<br />
Tonspur schon vorab für „gut” befanden,<br />
nur um sich die weiten Wege zu ersparen.<br />
Eben jener Ritchie Blackmore spielte<br />
in “Highway Star” das beste Solo seiner<br />
Karriere, katapultierte “Space Truckin’” mit<br />
seinem Gitarrenspiel in bisher unerreichte<br />
Umlaufbahnen, vom wohl legendärsten Eingangsriff<br />
aller Zeiten bei “Smoke On The<br />
Water” gar nicht zu sprechen. Mindestens<br />
genauso wichtig dabei Jon Lord, dessen<br />
Hammondorgel sich beherzte Duelle mit<br />
Blackmores Gitarre lieferte. Wie humorvoll<br />
Deep Purple damals auf ihren (Superstar-)<br />
Status reagierten, zeigen Hard-Rock-untypische<br />
Titel wie das burleske “Maybe I’m A<br />
Leo” oder das als Non-Album-B-Seite versteckte<br />
Meisterstück “When A Blind Man<br />
Cries” – beides Songs, die für sich allein<br />
genommen schon den legendären Ruf dieses<br />
Albums rechtfertigen. Drei Versionen von<br />
MACHINE HEAD (2012 Remaster, Roger<br />
Glover’s 1997 Mixes, 2012 Quad SQ Stereo)<br />
sowie eine Liveversion aus dem März<br />
1972 (Paris Theatre, London) bieten die<br />
getreu dem Bandnamen tief purpurrot daherkommenden<br />
vier CDs, die Audio-DVD<br />
liefert die MACHINE HEAD-Versionen für<br />
High-End-Freunde in 96/24 LPCM Stereo,<br />
Quad <strong>to</strong> 4:1 DTS sowie, als Bonus, drei Titel<br />
in 5.1 DTS-Abmischungen.<br />
(EMI, 2012, 4 CDs, 1 Audio-DVD) us<br />
RIO REISER<br />
ALL TIME BEST –<br />
RECLAM MUSIK EDITION<br />
Zweifellos war Rio Reiser einer der größten<br />
deutschen Rockpoeten seiner Zeit,<br />
nachdenklich, scharfsinnig, und das alles,<br />
ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.<br />
Seite 44 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
Im bekannten gelben Outfit präsentiert die<br />
Reclam Musik Edition in einer Neuauflage<br />
des 1994er Best-Of-Albums (KÖNIG VON<br />
DEUTSCHLAND – DAS BESTE VON<br />
RIO REISER) die wichtigsten Titel aus<br />
seinen Solo-<strong>Jahre</strong>n. Nach seiner Zeit bei<br />
Ton Steine Scherben (“Macht kaputt was<br />
euch kaputt macht”) erschien 1986 RIO I.,<br />
das mit den Hits “Alles Lüge”, “Für immer<br />
und dich”, “Junimond” und “König von<br />
Deutschland” einerseits den Grundstein für<br />
seinen enormen Erfolg beim breiten Publikum<br />
legte, andererseits aber auch viele aus<br />
seinem alten Gefolge vergraulte, die ihm<br />
„kommerziell getriebene Anbiederung an<br />
den Massengeschmack” vorwarfen. Einer<br />
der Höhepunkte dieser Zeit war das legendäre<br />
Anti-WAAhnsinns-Festival 1986, bei<br />
dem Reiser gemeinsam mit Kollegen wie<br />
Herbert Grönemeyer, den Toten Hosen,<br />
Bap und Udo Lindenberg die über 100.000<br />
A<strong>to</strong>mkraftgegner begeisterte. BLINDER<br />
PASSAGIER zeigte Rio Reiser dann ein<br />
Jahr später als Schöpfer wunderbarer Melodien,<br />
stellte träumerische Poesie vor blinde<br />
Wut. Qualitativ nicht viel schlechter, aber<br />
aus kommerzieller Sicht deutlich nachlassender<br />
dann seine Veröffentlichungen der<br />
90er <strong>Jahre</strong>; unter dem Strich bieten die 18<br />
Songs von ALL TIME BEST aber genau<br />
das, was im Titel genannt wird: die besten<br />
Songs aus dieser Zeit. Weiterhin sind aktuell<br />
in der Reclam Musik Edition noch ALL<br />
TIME BEST-Zusammenstellungen von Karat,<br />
Aretha Franklin, Nena sowie von Earth,<br />
Wind & Fire erschienen. Wie bei dieser<br />
Reihe gewohnt, geht das Booklet auf einem<br />
Zeitstrahl kurz auf die wichtigsten Alben<br />
der Protagonisten ein und stellt sie wichtigen<br />
Daten der Weltgeschichte gegenüber.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 1994,<br />
18/69:53) tk<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
DELTA SWAMP ROCK – VOL. 2<br />
Freunde des Sou<strong>the</strong>rn<br />
Rock, aufgepasst:<br />
Die Reihe<br />
DELTA<br />
SWAMP<br />
ROCK findet nach<br />
ihrem<br />
großartigen<br />
Auftakt (siehe Good-<br />
Times 3/2011) eine Fortsetzung. Auf Teil<br />
zwei, die den Hörer erneut – so der Untertitel<br />
– zu den „Crossroads Of Rock,<br />
Country And Soul” führt, gibt es, für Kenner<br />
wie Neueinsteiger, wieder jede Menge<br />
an Entdeckungen aus den späten Sixties<br />
und frühen Seventies machen. Neben<br />
Genre-Größen wie Lynyrd Skynyrd (“Free<br />
Bird”), Gregg Allman (“Midnight Rider”)<br />
und der Marshall Tucker Band (“Fire On<br />
The Mountain”) sind auch unbekanntere<br />
Interpreten zu hören wie Grinderswitch,<br />
Barefoot Jerry oder die wunderbaren Area<br />
Code 615 (die schon auf Folge eins glänzten).<br />
Die Sammlung fokussiert nicht alleine<br />
auf Rock, auch benachbarte Stile wie<br />
Bluegrass (wunderbar: Banjo-Spieler Earl<br />
Scruggs mit “Lonesome And A Long Way<br />
From Home”) oder die Pop-Lady Cher (mit<br />
einer gelungen Cover-Version der Buffalo-Springfield-Nummer<br />
“For What It’s<br />
Worth”) sind vertreten. Die CD kommt in<br />
gewohnt guter Souljazz-Records-Aufmachung<br />
samt buchdickem Booklet.<br />
(Souljazz/Indigo, 2012, 20/76:30) frs<br />
ELECTRIC LIGHT<br />
ORCHESTRA<br />
MR. BLUE SKY – THE VERY<br />
BEST OF ELECTRIC LIGHT<br />
ORCHESTRA<br />
Die aktuelle „Very Best”-Kompilation<br />
des Electric Light Orchestra ist eigentlich<br />
ein bisschen Schummelei. Denn da einige<br />
der größten Nummern der Band nicht nur<br />
überarbeitet, sondern von Nachlassverwalter<br />
Jeff Lynne gleich mal neu aufgenommen<br />
wurden (interessant “Don’t Bring<br />
Me Down”, “Turn To S<strong>to</strong>ne” oder “Livin’<br />
Thing”, merkwürdig “Do Ya”), bekommt<br />
der geneigte Fan hier nicht ausschließlich<br />
das im Titel geführte Orchester zu<br />
hören, sondern vor allem Soundtüfteleien<br />
des Masterminds. Lynne ging mit seinen<br />
Songs allerdings derart behutsam um, dass<br />
MR. BLUE SKY – THE VERY BEST OF<br />
ELECTRIC LIGHT ORCHESTRA nicht<br />
etwa für eine peinliche Modernisierung<br />
sorgte, sondern den Stücken lediglich<br />
kleine neue Nuancen verpasste. Wem eine<br />
„Best Of” von ELO genügt, wird nicht<br />
merken, dass hier gar nicht die Originale zu<br />
hören sind. Fans können vergleichen und<br />
die Modifizierungen entdecken, was als<br />
Kaufanreiz meist ganz gut funktioniert. Zusätzlich<br />
gibt es mit “10538 Overture (<strong>40</strong>th<br />
Anniversary)” und dem bisher unveröffentlichten<br />
“Point Of No Return” noch etwas<br />
für die Sammler.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 12/49:28) jub<br />
MANFRED MANN<br />
THE BEST OF MANFRED MANN<br />
(50TH ANNIVERSARY) SPECIAL<br />
EDITION<br />
Für ihr 50-Jähriges<br />
geht die Band zurück<br />
zu den Originaltakes<br />
1962–1969: Die<br />
Hits von “5-4-3-2-1”<br />
über “Do Wah Diddy<br />
Diddy” zu “Pretty<br />
Flamingo” (Jones-Ära) und zwischen<br />
“Just Like A Woman”, “Mighty Quinn”<br />
und “Ragamuffin Man” sind chronologisch<br />
enthalten und beweisen erneut, wie man<br />
mit Jazzsensibilität die bessere Popmusik<br />
bastelte. Für das Jubiläum passender: Die<br />
Manfreds nahmen 1998, sieben <strong>Jahre</strong> nach<br />
der Wiedervereinigung, 19 ihrer Klassiker<br />
neu auf, mit beiden Leadsängern, Paul<br />
Jones und Mike d’Abo sowie Mike Hugg<br />
(dr, jetzt keys), Tom McGuinness (g) und<br />
Mike Vickers (fl, sax) – mithin fünf Sixties-<br />
Mitgliedern, wenn auch ohne Boss Mann.<br />
Sie präsentierten sie auf dem mehr als eine<br />
Stunde laufenden Album 5-4-3-2-1 (Camden/BMG),<br />
samt genauen Besetzungsangaben,<br />
etwa „Mike Vickers: Wind Controller”<br />
bei “Sha-La-La”. Dieses Booklet enthält<br />
engagierte Liner-Notes von Jones & d’Abo.<br />
Die DVD bringt drei Hits in schwammigem<br />
Schwarzweiß (“Diddy” läuft 43 Sekunden),<br />
“Fox On The Run” in Farbe und zwei lohnenswerte<br />
Livecuts der Manfreds anno<br />
2007: “Watermelon Man” in einer sehr<br />
lebendigen Neun-Minuten-Fassung, “I’m<br />
You Kingpin” mit hinreißenden Soli von<br />
Mike Hugg (p), Simon Currie (sax), und<br />
Tom McGuinness (g). Fans brauchen auch<br />
die Re-Recordings.<br />
(Creature <strong>Music</strong>/Umbrella <strong>Music</strong>,<br />
CD 12/45:01, DVD 6/24:00) utw<br />
Rock<br />
DOKKEN<br />
BROKEN BONES<br />
Dokken gehörten in den 80ern ganz klar zu<br />
den ganz dicken Fischen im US-Melodic-<br />
Metal-Teich. Ihre Alben waren durchweg<br />
meisterlich geschmiedet. Daran hatten<br />
zwar Leute wie Gitarrist George Lynch<br />
oder Basser Jeff Pilson ihre Anteile, der<br />
kreative Kopf blieb allerdings bis heute<br />
Sänger Don Dokken, weshalb auch Alben<br />
nach den goldenen 80ern wie ERASE THE<br />
SLATE (1999) oder HELL TO PAY (2004)<br />
trefflich ausfielen. BROKEN BONES steht<br />
dieser Qualitätsserie in Nichts nach. Don<br />
Dokken, mit dem alten Mitstreiter Mick<br />
Brown (dr) an seiner Seite und verstärkt<br />
durch Jon Levin (g, Ex-Doro) und Sean<br />
McNabb (b, Ex-Great White), lässt es mit<br />
“Empire” oder “Tonight” krachen, hat mit<br />
dem dynamischen “For The Last Time” ein<br />
Karriere-Highlight am Start und spielt mit<br />
dem Titelsong und “The Best Of Me” die<br />
AOR-Karte aus. Ein Füller wie “Victim Of<br />
The Crime” stört da nicht.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 11/46:49) jub<br />
MADNESS<br />
OUI, OUI, SI, SI, JA, JA,<br />
DA, DA<br />
Drei <strong>Jahre</strong> nach ihrem<br />
letzten Studio-<br />
Album THE LIBER-<br />
TY OF NORTON<br />
FOLGATE kommen<br />
Madness mit ihrem<br />
unverwechselbaren<br />
Nutty-Sound und einem ungewöhnlichen<br />
Albumtitel, mit dessen Worten sie gleichzeitig<br />
den ersten Song “My Girl 2” eröffnen,<br />
zurück. Das mittlerweile zehnte Studiowerk<br />
von Graham McPherson (voc),<br />
Mike Barson (keys), Lee Thompson (sax),<br />
Chris Foreman (g) und Carl Smyth (voc,<br />
tr) spüht wieder einmal nur so vor Lebenslust,<br />
steckt mit seinen Ska-Rhythmen von<br />
der ersten Sekunde zum Mittanzen an. Und<br />
ganz egal, ob sie wie in “Leon” von den<br />
Tagträumen eines desillusionierten Lehrers<br />
singen oder wie bei “Powder Blue”<br />
eine rauch- und alkoholgeschwängerte<br />
Nacht voller Aretha-Franklin-R&B <strong>the</strong>matisieren,<br />
letztendlich siegt in ihren Songs<br />
das Gute, gewinnt die Einsicht Oberhand,<br />
dass sie mit ihrer Band und ihrer Musik auf<br />
der Sonnenseite des Lebens stehen – und<br />
dieses Gefühl mit OUI, OUI, SI, SI, JA,<br />
JA, DA, DA deutlich hörbar allen anderen<br />
mitteilen.<br />
(Embassy Of <strong>Music</strong>/Warner,<br />
2012, 14/47:32) tk<br />
DEAN BROWN<br />
UNFINISHED BUSINESS<br />
Der Jazz-Rock/Fusion-Gitarrenvirtuose<br />
Dean Brown bietet mit seinem neuen Album<br />
ein intensives Hörvergnügen von hohem<br />
spieltechnischem Format. Die neun<br />
zwischen fünf und elf Minuten langen<br />
Songs bieten ausladende Soli, denen meist<br />
Blues-getränkte, funkige Grooves zugrunde<br />
liegen. Der großartige Jazzdrummer<br />
Marvin „Smitty” Smith sorgt für flexible<br />
Rhythmik auf höchstem Niveau und überzeugt<br />
auch als Komponist. So lässt einen<br />
der rockig-raffinierte Opener “Uncle Ray”<br />
fast schon sprachlos zurück. Ingredienzien<br />
aus Jazz und Rock werden virtuos ge-<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 45
REVIEWS<br />
CD<br />
REVIEWS<br />
Rock<br />
mischt, funkig-bluesige Sounds sorgen für<br />
eine groovige Bodenhaftung – so stehen<br />
Kopf und Bauch gleichberechtigt und spannungsgeladen<br />
nebeneinander. Eine Samba<br />
mit wunderschönen Akustikgitarrenparts<br />
sorgt für Abkühlung, bevor dann mit einem<br />
Tribut an Bluesmeister Albert King sowie<br />
schneidigen Bläserriffs die Stimmung wieder<br />
mächtig angeheizt wird. Wenn dies Mr.<br />
Browns UNFINISHED BUSINESS ist,<br />
fragt man sich, was da noch kommen soll.<br />
Ein mitreißendes Album!<br />
(Moosicus/Indigo, 2012, 9/70:49) rg<br />
GRATEFUL DEAD<br />
SPRING 1990 – SO GLAD YOU<br />
MADE IT<br />
Als der Rezensent<br />
Grateful Dead am<br />
11.7.1990 erstmals<br />
live erlebte, traute<br />
er seinen Augen<br />
nicht: Da tanzten<br />
70.000 Menschen<br />
bi bei strömendem tö Regen im RFK Stadium<br />
in Washing<strong>to</strong>n, D.C., zu eigentlich untanzbarer<br />
Musik, und das drei Stunden lang! Die<br />
Stimmung bei Dead-Konzerten auf Platte<br />
einzufangen, ist eigentlich unmöglich, und<br />
dennoch ist SPRING 1990 – SO GLAD<br />
YOU MADE IT wärmstens zu empfehlen.<br />
Diese Doppel-CD ist der höchst gelungene<br />
Extrakt aus einer 18 (!) Silberlinge umfassenden<br />
Box, die diese Tour im Frühjahr<br />
1990 zum 25-jährigen Bestehen dokumentiert<br />
– es war die letzte mit dem kurz darauf<br />
vers<strong>to</strong>rbenen Keyboarder Brent Mydland.<br />
Natürlich sind einige Jamsessions zu hören<br />
(“Bird Song”, “Eyes Of The World”), aber<br />
die für Jerry Garcia, Bob Weir & Co. so typischen,<br />
schier endlosen Improvisationen<br />
sind knapp gehalten. Im Wesentlichen gibt<br />
es kompakte Songs zwischen Psychedelic<br />
Rock, Country, Rock’n’Roll und Soul,<br />
reichlich Cover-Versionen (S<strong>to</strong>nes, Spencer<br />
Davis Group, Sam Cooke) und allerlei Eigenbauten<br />
aus den verschiedenen Dekaden.<br />
Abwechslungsreich, quicklebendig, mehr<br />
als empfehlenswert!<br />
(Rhino/Warner, 2012, 11/79:41,<br />
9/79:49) pro<br />
JOE COCKER<br />
FIRE IT UP<br />
Nichts Neues musikalisch von der Joe<br />
Cocker-Front, wer hätte das auch erwartet?<br />
Viel wichtiger für den Fan des Mannes<br />
mit der unverwechselbaren Reibeisenstimme<br />
ist die Erkenntnis, ob das Sangesorgan<br />
des mittlerweile 68-Jährigen aus Sheffield<br />
weiterhin kraftvoll und dominant ist. Keine<br />
Frage: Cockers entscheidendes Pfund<br />
wiegt, wie schon auf dem überraschend<br />
starken Vorgänger HARD KNOCKS, auch<br />
auf FIRE IT UP schwer, nachdem er einige<br />
durchaus schwächere Gesangsleistungen<br />
bei den Alben davor abgeliefert hatte. Auf<br />
FIRE IT UP hingegen ist der Stilmix aus<br />
kehlig interpretierten Uptempo-Blues-<br />
Rocknummern, gepaart mit steinerweichenden<br />
Balladen gelungen, allesamt perfekt<br />
produziert, die Songauswahl exzellent<br />
zusammengestellt. Damit steht einer neuen<br />
Nummer 1 in den Charts nichts mehr im<br />
Wege. Joe Cocker steht prächtig im Saft!<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2012,<br />
11/42:54) mfg<br />
THE WHEELS<br />
ROAD BLOCK<br />
Diese Band aus Belfast gehört in die erste<br />
Liga des nordirischen Blues-Rock der Mittsechziger,<br />
stand aber immer im Schatten<br />
der Van-Morrison-Gruppe Them, so dass<br />
ihr offiziell nur die Silbermedaille bleibt.<br />
Die aber ist mehr als verdient, wie dieser<br />
Sampler mit ihrem Gesamt-Output drastisch<br />
beweist. Der Titeltrack “Road Block” ist ein<br />
unglaublich zündender Hammer, definitiv<br />
ein Härte-Superklassiker, der es mit Thems<br />
besten Arbeiten locker aufnimmt! Weitere<br />
Tracks (“Bad Little Woman”, “I’m Leaving”)<br />
warten mit Wolfsstimmengesang in<br />
bester Morrison-Manier (Stichwort: “Mystic<br />
Eyes”) auf, während bei “Don’t You Know”<br />
oder Graham Bonds “Tell Me (I’m Gonna<br />
Love Again)” sanftere Töne angeschlagen<br />
werden. Auch beim Reper<strong>to</strong>ire gingen The<br />
Wheels nur (zu) vorsichtig eigene Wege:<br />
“Call My Name” und den All-Time-Klassiker<br />
“Gloria” übernahmen sie direkt von<br />
Them, und mit “Kicks” (Paul Revere &<br />
The Raiders) und Bo Diddleys “Mona”,<br />
damals im Programm jeder zweiten UK-<br />
Band, sind – anständige! – Versionen weiterer<br />
Erfolgstitel dabei. Letztlich konnte die<br />
Gruppe um die Sänger Rod Demick (auch<br />
ein prima Bluesharp-Player) und Brian Rossi<br />
(auch Keyboards) sowie Gitarrist Herbie<br />
Armstrong, 1978–1982 in Diensten von Van<br />
Morrison, ihr Potenzial nicht ausschöpfen.<br />
Aber es ist schön, dass ROAD BLOCK sie<br />
vor dem Vergessen bewahrt!<br />
(Big Beat/Ace/Soulfood 2012,<br />
12/32:11) hjg<br />
NIGHT RANGER<br />
24 STRINGS AND A DRUMMER<br />
– LIVE AND ACOUSTIC<br />
Akustikversionen<br />
von Songs, die sonst<br />
von<br />
schmetternden<br />
E-Gitarrenriffs<br />
leben,<br />
sind nicht jedermanns<br />
Sache. Und<br />
doch ziehen Bands<br />
aus dem Hard’n’Heavy-Bereich ’H<br />
immer<br />
mal wieder den Stecker und tragen ihre<br />
Erfolgsnummern staubtrocken vor. Mit 24<br />
STRINGS AND A DRUMMER – LIVE<br />
AND ACOUSTIC betreten jetzt die USamerikanischen<br />
Melodic-Metal-Pioniere<br />
Night Ranger dieses Terrain. Und da die<br />
Band unter anderem mit “Sister Christian”,<br />
“Four In The Morning” oder “Don’t Tell<br />
Me You Love Me” unschlagbare Melodie-<br />
Sahne<strong>to</strong>rten im Programm hat, funktioniert<br />
auch ein an Höhepunkten zwangsläufig<br />
eher armes Akustikset ziemlich gut. Und<br />
Night Ranger setzen wie immer vor allem<br />
auf ihren Satzgesang, der gerade im ballastfreien<br />
Sound bestens rüberkommt. Diese<br />
Band erinnert ganz offensichtlich gern an<br />
die satten 80er, steht aber mit allen Beinen<br />
ganz klar im Hier und Heute. Da geht garantiert<br />
auch in den nächsten <strong>Jahre</strong>n noch<br />
eine Menge.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 13/64:21) jub<br />
COLOUR HAZE<br />
SHE SAID<br />
Auch mit Album Nummer zehn bleiben<br />
sich Colour Haze treu und spielen Rockmusik,<br />
die sie selbst – absolut zutreffend –<br />
als „Heavy Psychedelic Rock” bezeichnen.<br />
Gleich der Opener ihres Doppelalbums,<br />
der Titeltrack “She Said”, bietet in knapp<br />
19 Minuten einen beherzten Parforce-Ritt<br />
durch meterhohe und ebenso dicke Riffwände,<br />
durch <strong>to</strong>nnenschweres, verzerrtes<br />
Tonmaterial, das immer wieder unerwartete<br />
Wendungen nimmt, so dass die Spielzeit<br />
wie im Fluge vorübergeht. Stilistisch<br />
freier wird es gegen Ende der zweiten CD,<br />
das zehnminütige “Grace” zeigt eindrucksvoll<br />
eine ganz andere, bisher eher selten<br />
gehörte Seite von Colour Haze. Gitarrist<br />
Stefan Koglek beginnt mit sanften akustischen<br />
Tönen, Streicher, Fender Rhodes,<br />
Piano und Bläser s<strong>to</strong>ßen dazu, bevor dann<br />
die Rhythmusfraktion aus Bassist Philipp<br />
Rasthofer und Drummer Manfred Merwald<br />
den Song wieder in gewohnte Sphären<br />
hinaufschießt. Starkes Ende eines souveränen<br />
Albums.<br />
(Elektrohasch/Sonic Rendezvous, 2012,<br />
3/38:10, 5/43:45) us<br />
PAUL GILBERT<br />
VIBRATO<br />
Der durch sein<br />
Mitwirken<br />
bei<br />
Racer X und den<br />
Millionen-Sellern<br />
Mr. Big bekannt<br />
gewordene Metal-<br />
Gitarrenvirtuose<br />
Paul Gilbert wartet t mit einem neuen, vielfältigen<br />
Album auf. In acht neuen Stücken,<br />
darunter vier Instrumentals, kam man seine<br />
Fingerfertigkeit, die aber nie in Selbstgefälligkeit<br />
ausartet, bewundern. Erfreulicherweise<br />
degradiert er sein Trio nicht zu Statisten,<br />
so dass Keyboardsoli und eine tighte<br />
Rhythmussektion für Abwechslung sorgen.<br />
Ein großer Sänger wird Gilbert zwar nicht<br />
mehr, die Songs gehen aber durchaus gut<br />
ins Ohr. Interessant ist eine Version von<br />
Dave Brubecks Jazzklassiker “Blue Rondo<br />
A La Turk”. Ebenso die Live-Bonus-<br />
Tracks. Hier widmet er sich drei sehr unterschiedlichen<br />
Vorlagen: “Roundabout” von<br />
Yes, Muddy Waters’ Bluesklassiker “I Want<br />
To Be Loved” und AC/DCs “Go Down”.<br />
Eine abwechslungsreiche Scheibe, die nicht<br />
nur Gitarrenfreaks Freude bereitet!<br />
(Mascot/Rough Trade, 2012, 11/67:39) rg<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
KEEP THE LIGHT ALIVE –<br />
CELEBRATING THE MUSIC OF<br />
LOWEN & NAVARRO<br />
Eric Lowen und Dan Navarro haben unter<br />
eigenem Namen seit 1990 rund ein Dutzend<br />
Alben mit melodisch stets hochwertigem<br />
Soft-Pop-Rock veröffentlicht, wobei sie<br />
sich nicht vollends vom Mainstream vereinnahmen,<br />
immer noch ein paar Prozente<br />
Indie-Feeling einfließen ließen. Weltberühmt<br />
sind sie damit nicht geworden, aber<br />
für einen sehr soliden Ruf bei der Kollegenschaft<br />
hat es locker gereicht, und dass Pat<br />
Benatar ihren Song “We Belong” zum Bestseller<br />
machte, sichert wohl die Rente. Besagte<br />
„interne Wertschätzung” sorgte auch<br />
für den vorliegenden, rundum geglückten<br />
Sampler. Jackson Browne bringt als Starter<br />
eine wunderschöne Version von “Weight Of<br />
The World” und gibt damit die Grundrichtung<br />
vor: keine wilden Experimente oder<br />
Neudeutungen, stattdessen strikte Be<strong>to</strong>nung<br />
der melodischen Attraktivität. S<strong>to</strong>nehoney<br />
packen “If I Was The Rain” und John<br />
Ondrasik “Keep The Light Alive” sanft und<br />
flauschig bis zur Stromlinienförmigkeit an.<br />
Etwas strammer pop-rockig geht es bei Phil<br />
Parlapiano (“The Opposite Of Everything”)<br />
und Severin Browne (“Open Your Heart”)<br />
zu. Bei “If You Loved Me Like That” vergisst<br />
Keb’ Mo, fast, dass er Blueser ist,<br />
und The Bangles fügen “We Belong” zwar<br />
nichts Wesentliches hinzu, drücken dem<br />
Song aber ihren eigenen Stempel auf. Unterm<br />
Strich eine zeitlos schöne Kollektion<br />
mit nicht zu viel Tiefgang, aber hohem Unterhaltungswert.<br />
(Aix/Bertus Import, 2012, 13/51:57) hjg<br />
THE FACES<br />
STAY WITH ME – ANTHOLOGY<br />
Die Karriere von<br />
The Faces mag nur<br />
ein halbes Jahrzehnt<br />
zwischen Ende der<br />
1960er und Mitte der<br />
1970er gedauert haben<br />
– dennoch besitzt<br />
dieses britische Quintett Legendenstatus!<br />
Vor allem sind The Faces Repräsentanten<br />
einer fernen wilden Ära, in der es zum guten<br />
Ton jedes Rock & Rollers gehörte, Hotelzimmer<br />
zu zerlegen, Groupies en masse<br />
flachzulegen und die Bierpulle niemals<br />
aus der Hand zu geben. Aber unabhängig<br />
von solcherart wüster Legendenbildung:<br />
Was hatten Rod Stewart, Ron Wood, Ronnie<br />
Lane, Kenney Jones und Ian McLegan<br />
musikalisch drauf? Zunächst mal einen<br />
herrlichen Mix aus Blues, Rock und Boogie,<br />
nachzuhören auf dieser bestechend<br />
zusammengestellten Anthologie. Darüber<br />
hinaus hatten The Faces ein Gespür für rüpelhafte<br />
Eingängigkeit, also für Songs, die<br />
man in Kneipen frühestens ab dem fünften<br />
Bier problemlos mitgrölen konnte. Und<br />
doch: die Faces waren keine Pub-Band,<br />
dafür fünf junge, hitzköpfige und vor allem<br />
äußerst talentierte Musiker, jeder prall<br />
voll mit Ideen, jeder prall voll mit Leben.<br />
Der Fünfer existierte in einer Zeit, als vor<br />
allem die Karrieren von Rod Stewart und<br />
Ron Wood vor der Eruption standen. Exakt<br />
dieses Prä-Eruptive macht aus Faces-Songs<br />
moderne Klassiker!<br />
(Rhino, 2012, 18/68:50 +<br />
18/74:37) mfg<br />
MARDI GRAS.BB<br />
CRIME STORY TAPES<br />
Mardi Gras.BB sind musikalisch schon<br />
lange nicht mehr nur in New Orleans zu<br />
Hause. Klangen die ersten Alben der vor<br />
20 <strong>Jahre</strong>n von dem ehemaligen Guru-Guru-Bassisten<br />
Uli Krug gegründeten Combo<br />
noch stark nach Swamp-Blues und Brass-<br />
Band-Jazz, so hat sich die Palette der<br />
Mannheimer über die <strong>Jahre</strong> kontinuierlich<br />
erweitert; es schlichen sich z.B. Country<br />
und Chanson ein. Auf ihrem letzten Album<br />
VON HUMBOLDT PICNIC (<strong>GoodTimes</strong><br />
3/2010) traten sie gar eine musikalische<br />
Reise um die Welt an. Wie schon dieser<br />
ambitionierte Vorgänger ist auch CRIME<br />
STORY TAPES ein Konzeptalbum. Statt<br />
auf den Spuren des Naturforschers Alexander<br />
von Humboldt sind Mardi Gras.<br />
BB diesmal dem Krimiau<strong>to</strong>ren Raymond<br />
Chandler auf den Fersen, dem Schöpfer<br />
des Privatdetektivs Philip Marlowe – be-<br />
Seite 46 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
kannt geworden durch die Bogart-<br />
Verfilmungen. Die Texte sind herrlich<br />
skurril, die Musik ist wunderbar<br />
altmodisch, an Swing, Dance Hall<br />
und Cabaret der <strong>40</strong>er <strong>Jahre</strong> orientiert<br />
– indes nicht frei von Schrägtönereien<br />
à la Tom Waits und Kurt Weill.<br />
Im Jahr des Doppeljubiläums (20<br />
<strong>Jahre</strong> Bandbestehen, zehntes Album)<br />
liefern Mardi Gras.BB erneut ein<br />
ganz großartiges Werk ab.<br />
(Hazelwood/Rough Trade, 2012,<br />
16/41:35) frs<br />
THE XX<br />
COEXIST<br />
Das<br />
„schwierige<br />
zweite Album”<br />
der Londoner<br />
Band, die<br />
nach dem Ausstieg<br />
von Baria<br />
Qureshi<br />
zum<br />
Ti Trio geschrumpft ist, it was aber die<br />
Musik nicht hat mitschrumpfen lassen.<br />
Erneut machen XX Musik, die eigentlich<br />
nur noch aus reiner Gewohnheit<br />
unter „Rock” einsortiert wird.<br />
In Wahrheit handelt es sich um kühn<br />
und kühl am Reißbrett konstruierte<br />
Klanggefüge mit klaren Konturen, bei<br />
denen kein Ton zu viel gespielt wird.<br />
Gespeist wird sie aus homöopathischen<br />
Spuren der schwarzen Musik<br />
von Joy Division, Rudimenten eines<br />
Trance-artigen Rhythm & Blues, viel<br />
Minimalismus und virtuos eingesetzten<br />
Elektronikeffekten. Vor 30 <strong>Jahre</strong>n<br />
haben The Young Marble Giants<br />
schon einmal Vergleichbares zuwege<br />
gebracht. Oliver Sims Bass und Jamie<br />
Smiths Schlagzeug liefern knappe<br />
Gerüste, Keyboards den Kitt, während<br />
die Gitarre herumgeistert und<br />
die Stimmen von Gitarristin Romy<br />
Madley Croft und Oliver Sim über<br />
alledem schweben. Also keine Angst,<br />
seelenlose Robotermusik ist das<br />
wahrlich nicht. Denn das humane Element<br />
findet sich in den verhaltenen,<br />
sehr natürlich belassenen Stimmen<br />
und erst recht in den Texten, die von<br />
Ratlosigkeit und Ängsten in unseren<br />
<strong>Jahre</strong>n der Finanzkrisen, prekären<br />
Arbeitsverhältnisse und erodierenden<br />
Staaten handeln. Gemütlich oder<br />
beruhigend, gar radio-popig klingt<br />
hier nichts. Dies ist Musik für leere<br />
Parkhäuser bei Nacht und Abende<br />
an der kalten Zentralheizung statt am<br />
gemütlich prasselnden Kamin. CO-<br />
EXIST liefert alles in allem eine Art<br />
Soundtrack für dieses Jahrzehnt. Das<br />
ist eine riesige Leistung, deren wahrer<br />
Wert vielleicht aber erst retrospektiv<br />
erkannt werden wird.<br />
(Young Turks/Indigo, 2012,<br />
11/37:20) hjg<br />
RITCHIE VALENS<br />
RITCHIE VALENS + RITCHIE<br />
Hätte Ritchie Valens doch bloß<br />
nicht die Münze geworfen, um mit<br />
Crickets-Gitarrist Tommy Allsup<br />
den letzten freien Platz auszulosen!<br />
Dann hätte er nicht den Flieger betreten<br />
und wäre nicht im zarten Alter<br />
von 17 <strong>Jahre</strong>n bei jenem Crash ums<br />
Leben gekommen, der auch die beiden<br />
Rock’n’Roller Buddy Holly und<br />
Big Bopper das Leben kostete – an<br />
jenem 3. Februar 1959, der als „<strong>the</strong><br />
day <strong>the</strong> music died” in die Geschichte<br />
ein ging. So hinterließ der US-Amerikaner<br />
mexikanischer Herkunft (bürgerlich:<br />
Richard S. Valenzuela) nur<br />
ein schmales Werk. Eines jedoch, das<br />
zeigt, dass noch Großes von ihm zu<br />
erwarten gewesen wäre. Mit seinem<br />
rauen Gesang und energiegeladenen<br />
Gitarrenspiel (“Come On, Let’s Go”,<br />
“Bony-Moronie” etc.) übte er Einfluss<br />
auf spätere Beat-, Garagen-Rock- und<br />
Punkbands aus. Zugleich war er ein<br />
begnadeter – Buddy Holly kaum<br />
nachstehender – Balladensänger, der<br />
mit dem schmachtenden “Donna”<br />
(1958, US #2) seinen größten Hit feierte<br />
und mit “La Bamba” (1958, US<br />
#22) quasi der Erfinder des Chicano-<br />
Rock wurde. Nun kann man die beiden<br />
ersten Alben RITCHIE VALENS<br />
und RITCHIE, beide im Todesjahr<br />
posthum erschienen, auf einer CD<br />
in einer guten 24-Bit-Remaster-<br />
Abmischung hören, inklusive acht<br />
Bonus-Titel, (Outtakes, Demos, Live-<br />
Aufnahmen, darunter Eddie Cochrans<br />
“Summertime Blues”) sowie mit<br />
einem informativen, reich bebilderten<br />
Booklet. Besser geht es kaum!<br />
(Hoodoo/Harmonia Mundi, 2012,<br />
31/67:23) frs<br />
KISS<br />
MONSTER<br />
Da hör’ hin,<br />
die<br />
Altmeis ter<br />
können es auch<br />
nach <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong>n<br />
noch (oder wieder)!<br />
Paul Stanley<br />
und Gene<br />
Simmons setzen mit ihren Mitstreitern<br />
Eric Singer (dr) und Tommy Thayer (g<br />
und Gesang auf “Outta This World”)<br />
höllisch viel Energie frei, die sie mittels<br />
eingängiger, geradeaus abgehender<br />
Songs mit einigen Überraschungsmomenten<br />
in gelungene Bahnen lenken.<br />
Rau und erdig, alles andere als klinisch<br />
steril produziert, geht die Kiss-Post<br />
ab – wie versprochen ohne Balladen,<br />
Keyboards und Streicher. Man genieße<br />
“Shout Mercy”, “All For The Love<br />
Of Rock’n’Roll” (mit Singer-Gesang),<br />
“The Devil Is Me” oder die Mitgröhlnummer<br />
“Freak” an – da waten Kiss<br />
knietief in 70er- und 80er-Assoziationen,<br />
ohne dass es veraltet oder altbacken<br />
klingt. Und nach mehrfachem<br />
Anhören setzen sich diese Nummern<br />
auch in den Gehörgängen fest.<br />
(Universal, 2012, 12/43:45) pro<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
WORLD OF ACID<br />
Es gehört bei solchen Kollektionen wie<br />
WORLD OF ACID schon länger zum<br />
guten Ton, Eigenlob auszuschütten und<br />
sich selbst zur „heißesten, seltensten,<br />
essenziellsten, feinsten, wildesten,<br />
obskursten” Edition zu küren. Was ja<br />
teilweise immer irgendwie ein wenig<br />
Rock<br />
zutrifft. So auch hier: Versammelt sind<br />
Bands aus den USA, Spanien, Belgien<br />
und Kanada sowie eine unidentifizierbare<br />
Combo. Die bringt, gewissermaßen<br />
zum Ausgleich, eine durchaus<br />
von psychedelischem Talent gesegnete<br />
Version des Hendrix-Klassikers “Purple<br />
Haze” – und damit den einzigen<br />
bekannten Song hier. Aber auch Pretty<br />
mit “Mustache In Your Face”, Purp le<br />
Canteen mit “Brains In My Feet”, Graffiti<br />
mit “He’s Got The Knack” oder das<br />
Johnny Thompson Quintet mit “Color<br />
Me Columbus” wissen, wo der Psycho-<br />
Hammer hängt und wie man halbwegs<br />
normale Beatsongs zur Bewusstseinserweiterung<br />
treibt. Im achtseitigen<br />
bunten Booklet bemüht man sich nach<br />
Kräften, alle wichtigen Fakten über<br />
die Interpretenschar auszubreiten, und<br />
kann immerhin auflisten, von welchen<br />
Singles der <strong>Jahre</strong> 1966 bis 1971 die<br />
kompilierten Titel stammen.<br />
(Particle/Soulfood, 2012,<br />
12/<strong>40</strong>:12) hjg<br />
ELVIS PRESLEY<br />
PRINCE FROM ANOTHER<br />
PLANET<br />
P R I N C E<br />
FROM ANO-<br />
THER<br />
PLA-<br />
NET, der Titel<br />
dieser<br />
edlen<br />
Box im Single-<br />
Format, bezieht<br />
sich auf eine Schlagzeile der „New<br />
York Times”, die damit die Bedeutung<br />
von vier restlos ausverkauften Shows<br />
des Kings Of Rock’n’Rolls im Madison<br />
Square Garden vom Juni 1972<br />
<strong>the</strong>matisierte. CD 1 liefert die (etwas<br />
längere) Show vom Samstagnachmittag,<br />
ursprünglich 1997 erstmals auf<br />
CD veröffentlicht, CD 2 dokumentiert<br />
das Abendkonzert vom gleichen Tag,<br />
das schon eine gute Woche später, am<br />
18. Juni 1972, als LP herauskam. Bisher<br />
unveröffentlicht und erst kürzlich<br />
entdeckt sind die Amateuraufnahmen<br />
der 20-minütigen Pressekonferenz,<br />
die Elvis zusammen mit seinem Vater<br />
sowie Manager Colonel Tom Parker<br />
am 9. Juni 1972 gab. Daneben liefert<br />
die DVD noch gut eine Stunde lang<br />
die Bilder des Nachmittagskonzertes<br />
vom 10. Juni, also der einmaligen<br />
Performance Presleys, die mit klasse<br />
Band im Rücken, vielstimmigem<br />
Backgroundchor und vollem Orchester<br />
einmal mehr zeigte, wie wohl er<br />
sich auf der großen Showbühne fühlte.<br />
Edel auch das voluminöse, klasse<br />
bebilderte Beglei<strong>the</strong>ft mit Liner-Notes<br />
von Lenny Kaye.<br />
(RCA/Sony <strong>Music</strong>, 1997/1972/2012,<br />
25/60:45, 22/54:05) us<br />
THE DOORS<br />
LIVE AT BOWL ’68<br />
Die Aufnahme im Hollywood Bowl<br />
vom 5. Juli 1968 stellt einen Sonderfall<br />
in der Geschichte der Doors dar,<br />
denn es handelt sich dabei um das einzige<br />
Konzert der Band, das in seiner<br />
vollen Länge aufgezeichnet wurdet.<br />
Frühere Audio- oder Video-Releases<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 47
CD<br />
REVIEWS<br />
boten jedoch nie das gesamte Programm.<br />
So enthielt die erste CD von 1987 nur sieben<br />
der 16 Songs, und selbst die entsprachen<br />
nicht der Original-Reihenfolge oder<br />
waren unvollständig wie “Light My Fire”.<br />
Manche Lieder des Konzerts wie “When<br />
The <strong>Music</strong>’s Over”, “Hello, I Love You”<br />
und “Spanish Caravan” waren noch auf<br />
gar keiner Aufnahme zu hören. Neben der<br />
Filmversion auf DVD und Blu-ray liegt nun<br />
endlich das gesamte Konzert auch vollständig<br />
neu überarbeitet auf CD vor. Das Liedmaterial<br />
ist dem Doors-Fan vertraut, birgt<br />
also keine Überraschungen wie das Live-<br />
Album ALIVE SHE CRIED (1983), das die<br />
Cover-Versionen von “Gloria” und “Little<br />
Red Rooster” enthält. Dafür bekommt man<br />
ein sehr au<strong>the</strong>ntisches Konzerterlebnis. Das<br />
allein ist bei den spiel- und improvisationsfreudigen<br />
Doors schon den Kauf von LIVE<br />
AT THE BOWL ‘68 wert. Schließlich ist<br />
die Aufnahme ein wunderbares Zeitdokument<br />
der Doors auf ihrem Höhepunkt.<br />
(Rhino/Warner, 2012, 20/71:06) an<br />
ROGER McGUINN<br />
THUNDERBYRD<br />
So ganz kommt Andrew<br />
Thompsons<br />
Remasterleistung<br />
nicht an die von Eroc<br />
heran, der sich Roger<br />
McGuinns<br />
1977er<br />
Album THUNDER-<br />
BYRD 2005<br />
schon mal vorgenommen hatte.<br />
Der Ex-Byrd hatte seinerzeit mit dem<br />
Meistergitarristen Rick Vi<strong>to</strong>, Drummer<br />
Greg Thomas, Bassist Charlie Harrison und<br />
Keyboarder Marty Grebb eine Mischung<br />
aus Cover-Versionen (Tom Petty, Bob<br />
Dylan, Peter Framp<strong>to</strong>n, Williams/Goldberg,<br />
Jones/Edwards) und Eigenem eingespielt,<br />
die er auch in der legendären ersten<br />
„Rockpalast”-Nacht live präsentierte. Es<br />
war die McGuinn-typische Mischung aus<br />
Country-Rock, Westcoast-Anklängen und<br />
den damals angesagten Rock-Popsounds.<br />
Dazu sein unverkennbarer Rickenbacker-<br />
Twang, sein leicht näselnder Gesang, beschwingte<br />
Chorgesänge – alles in allem<br />
sehr ordentlich, mit einigen Finessen, im<br />
McGuinn-Gesamtkatalog aber eher im hinteren<br />
Mittelfeld anzusiedeln.<br />
(BGO/H’Art, 1977, 9/37:44) pro<br />
COLIN JAMES<br />
FIFTEEN<br />
Der Gitarrist, Sänger und Komponist Colin<br />
James wird von seinen Fans gern als<br />
Kanadas Antwort auf US-Haudegen wie<br />
Chris Duarte und Kenny Wayne Shepherd<br />
gesehen. Da ist viel dran! James pendelt seit<br />
1988 erfolgreich zwischen Pop-tauglichem<br />
Blues und Blues-getränkten Hard Rock. Er<br />
ist in seiner Heimat ein stiller Superstar,<br />
dessen Debüt das am schnellste verkaufte<br />
Album in Kanadas Musikgeschichte war,<br />
konnte aber in den USA oder gar Europa<br />
bislang keinen nachhaltigen Durchbruch<br />
verbuchen. Vielleicht ändert sich das mit<br />
FIFTEEN, seinem – richtig geraten – 15.<br />
Album. Die Platte bringt ein Bündel großartiger<br />
James-Originale, von denen “Sweets<br />
Gone Sour”, “Love For Life”, “S<strong>to</strong>ne Faith”<br />
und “Shoulder To Cry On” das Format haben,<br />
zu Genre-Klassikern zu reifen. Bestens<br />
ausgesucht wurden auch die wenigen Cover-Versionen:<br />
Allen Toussaints “Sneakin’<br />
Sally Through The Alley” rockt höchst beachtlich,<br />
ohne die Funk-Wurzeln zu kappen.<br />
John Lennons “Jealous Guy” verhehlt nicht<br />
James’ Bewunderung für den Beatle. Bei<br />
Peter Greens Klassiker “Oh Well” liegt die<br />
Würze in der Kürze; aus 9:06 bei Fleetwood<br />
Mac werden hier 3:45. Und auch das gospelige<br />
“Shed A Little Light” aus der Feder<br />
des Iren Foy Vance behandelt James bei der<br />
Umformung in seinen Stil respektvoll. All<br />
der gute S<strong>to</strong>ff wurde eingespielt von einem<br />
dicht agierenden Klasse-Team: James überzeugt<br />
als Gitarrist und Sänger gleichermaßen.<br />
Zudem brachte er seine langjährigen<br />
Kumpels Eric Webster und Simon Kendall<br />
(beide keys, vor allem Orgel) mit. Den Bass<br />
bedient James „Hutch” Hutchinson (Bonnie<br />
Raitt), am Schlagzeug sitzt das Nashville-<br />
Schwergewicht Greg Morrow, und ergänzende<br />
kernige Gitarrentöne kommen von<br />
Craig Northy (The Odds). So hat bluesiger<br />
Hard Rock heutzutage zu klingen, nur so.<br />
(EMI/Bertus Import, 2012, 13/49:42) hjg<br />
MEAT LOAF<br />
GUILTY PLEASURE TOUR<br />
Gleich zu Beginn<br />
geht Marvin Lee<br />
Aday, der in den<br />
ausführlichen<br />
Liner-Notes<br />
mit allen<br />
My<strong>the</strong>n<br />
Schluss<br />
macht, wie er zu<br />
seinem Künstlernamen Meat Loaf kam,<br />
mit einem „Rocky Horror Picture Show”-<br />
Medley zurück zu den Anfangszeiten seiner<br />
Karriere, als er in der amerikanischen Adaption<br />
dieses <strong>Music</strong>als den „Eddie” sang und<br />
spielte. Powert sich dann durch seine höchst<br />
erfolgreichen frühen Jim-Steinman-Zeiten<br />
(“Bat Out Of Hell”, “Paradise By The Dashboard<br />
Light”, You Took The Words”), streut<br />
geschickt aktuelle Titel ein, um am Ende seines<br />
Sets mit den erfolgreichen Comeback-<br />
Kollaborationen mit Steinman (u.a. dem<br />
Grammy-Gewinner “I’d Do Anything For<br />
Love”) und unterstützt von Co-Sängerin<br />
Patti Russo wieder Vollgas zu geben. Zehn<br />
Titel sind auf der CD zu hören, 13 auf der<br />
DVD, die noch dazu mit <strong>40</strong> Minuten Bonus-<br />
Material lockt: Backstage-Aufnahmen, On-<br />
The-Road-Impressionen und Interviews, die<br />
einen offenen Blick hinter die Kulissen dieser<br />
GUILTY PLEASURE TOUR erlauben.<br />
(S<strong>to</strong>re For <strong>Music</strong>/H’Art, 2012,<br />
10/72:03, DVD 160 Min.) us<br />
… AND YOU WILL KNOW<br />
US BY THE TRAIL OF DEAD<br />
LOST SONGS<br />
Wer nach dem Album TAO OF THE<br />
DEAD (2011) ein ebenso ausgeklügeltes<br />
Progressive-Rock-Werk mit langen verschachtelten<br />
Songs erwartete, wird von<br />
dem neuen, achten Album von … And<br />
You Will Know Us By The Trail Of Dead<br />
sicher enttäuscht sein. Wer allerdings dreibis<br />
vierminütigen Powerchord-Gewitternummern<br />
nicht abgeneigt ist, ist bei LOST<br />
SONGS an der richtigen Adresse. Zwar<br />
sind die Stücke auf dem diesmal in Hannover<br />
aufgenommenen Album immer wieder<br />
von trickreichen Passagen unterbrochen,<br />
doch insgesamt bewegen sich die Mannen<br />
aus Texas in einem Hard- und Punk-Rock-<br />
Kontext – nennen wir es Art-Grunge. Aber<br />
nach einem Trip durch ä<strong>the</strong>rische Gefilde<br />
ist es auch mal ganz schön, wieder Dreck<br />
unter den Schuhsohlen zu spüren. Das kann<br />
jeder Kosmonaut bestätigen!<br />
(Superball/EMI, 2012, 12/45:45) frs<br />
THE LEVELLERS<br />
LEVELLING THE LAND +<br />
LEVELLERS + ZEITGEIST +<br />
HEADLIGHTS, WHITE LINES,<br />
BLACK TAR RIVERS + MOUTH<br />
TO MOUTH + HELLO PIG<br />
Die Levellers waren in den 90ern eine der<br />
erfolgreichsten englischen Folk-Rockbands.<br />
Von der britischen Musikpresse eher<br />
stiefmütterlich behandelt, gelang es der<br />
Combo aus Brigh<strong>to</strong>n, sich durch unermüdliches<br />
Touren und energiegeladene Live-<br />
Gigs eine treue Gefolgschaft zu erspielen.<br />
Ihr viertes Studio-Album ZEITGEIST<br />
(1995) schaffte es, inmitten des Brit-Pop-<br />
Hypes, gar an die Spitze der UK-Charts;<br />
schon der unbetitelte Vorgänger (1993)<br />
hatte Platz zwei erreicht. Bis heute mixt die<br />
nach einer englischen Freiheitsbewegung<br />
des 17. Jahrhunderts benannte Band mit E-<br />
Gitarren, Fidel, Mandoline und Harmonika<br />
auf originelle Art melodiösen Folk mit treibendem<br />
Punk-Rock. Seit dem in Fankreisen<br />
geschätzten Zweitling LEVELLING THE<br />
LAND (1991, UK #14), der mit Publikumslieblingen<br />
wie “Liberty Song” und “One<br />
Way” glänzt, hat sie sich musikalisch kontinuierlich<br />
weiterentwickelt. Auf MOUTH<br />
TO MOUTH (1997, UK #5) und HEY PIG<br />
(2000, UK #28) integrierte sie in stärkerem<br />
Maße auch Brit-Pop- und Sixties-Elemente.<br />
Nun werden die fünf zwischen 1991 und<br />
2000 erschienenen Studiowerke (es fehlt<br />
das 1990er Debüt) sowie das Live-Album<br />
HEADLIGHTS, WHITE LINES, BLACK<br />
TAR RIVERS in schön gestalteten, mit<br />
dicken Booklets versehenen 2-CD-Deluxe-<br />
Editionen wiederveröffentlicht, angefüllt<br />
mit reichlich Bonus-Material, darunter<br />
Sing le-B-Seiten, Remixe und Liveversionen.<br />
LEVELLING und HEADLIGHTS<br />
liegt zudem jeweils eine Live-DVD bei.<br />
(Edsel/Soulfood, 1991–2000/2012) frs<br />
THE BE GOOD TANYAS<br />
A COLLECTION (2000–2012)<br />
Aus drei Alben destilliertes Best-Of-Album<br />
des Frauentrios aus Vancouver, das ganz<br />
vor züglichen „gesamtamerikanischen”<br />
Folk- Country-Blues-Rock macht, wobei<br />
Rock<br />
sich nördliche und südliche Elemente erstaunlich<br />
gut ergänzen. Die Band pendelt<br />
dabei geschickt zwischen bittersüßen Balladen<br />
und dezent fröhlichen Songs aus<br />
zumeist eigener Werkstatt. Die stets passenden<br />
stromlosen Arrangements mit viel<br />
akustischer Gitarre, Piano, Banjo und Geige<br />
als tragenden Instrumenten sind schlicht<br />
delikat, und der ebenso feurige wie pointierte,<br />
mit nahtlosen Harmonien gespickte<br />
Gesang von Sam Par<strong>to</strong>n, Trish Klein und<br />
Frazey Ford sucht seinesgleichen. Unter<br />
den 16 Songs sind vier bislang nicht erhältliche<br />
Titel, nämlich neue Mixe von “Scattered<br />
Leaves” und “Song For R.” sowie die<br />
neuen Kompositionen “Little Black Bear”<br />
und “Gospel Song”. Sie gehören, ebenso<br />
wie Neil Youngs “For The Turnstiles”, zu<br />
den Höhepunkten einer hochwertigen Kollektion,<br />
die 70 Minuten lang nie zweitklassig<br />
oder gar langweilig klingt.<br />
(Nettwerk/Soulfood, 2012, 16/69:29) hjg<br />
SCOTT WALKER<br />
BISH BOSCH<br />
Scott Walker beschreitet<br />
mit seinem<br />
ersten Album seit<br />
sieben <strong>Jahre</strong>n konsequent<br />
den Weg weiter,<br />
den er spätestens<br />
1995 mit TILT eingeschlagen<br />
und 2005<br />
mit THE DRIFT fortgesetzt<br />
hatte. BISH BOSCH wird wieder<br />
die Gemüter spalten: Die einen werden das<br />
neue Werk als hohe Kunst feiern, die anderen<br />
es als elitären Kunstmist abkanzeln.<br />
Das kennt man aus dem Kunstbetrieb, in<br />
dem Walker durch seine Arbeiten für Ballett<br />
und Film seit etlichen <strong>Jahre</strong>n zu Hause ist.<br />
Er experimentiert auf BISH BOSCH abseits<br />
gewohnter Hörerlebnisse. Die Musik, mit<br />
der er in den 60er <strong>Jahre</strong>n bekannt wurde, ist<br />
das nie, vielmehr sind gewagte Gesangsmelodien,<br />
zumeist dramatisch inszeniert, heulende<br />
Gitarren (teilweise von BJ Cole) und<br />
viele perkussive Experimente das Maß der<br />
Dinge. Erst nach mehrmaligem Hören beginnt<br />
Walkers neues Album, seine Wirkung<br />
zu entwickeln, dann aber mit Gewinn.<br />
(4ad/Indigo, 2012, 9/73:32)<br />
an<br />
DAVE GOODMAN &<br />
STEVE BAKER<br />
THE WINE DARK SEA<br />
Hier haben sich zwei bestens zueinander<br />
passende Musiker getroffen und ein Album<br />
eingespielt, das dem oft strapazierten Begriff<br />
„Geheimtipp” <strong>to</strong>tal gerecht wird. Der<br />
Kanadier Goodman spielt auffällig versiert<br />
Gitarren aller Art und greift auch gern zum<br />
Banjo und Bass. Eine ausgefuchste Saitenbehandlung<br />
ist zweifellos seine größte Stärke.<br />
Aber er singt auch überdurchschnittlich<br />
gut, einerseits sehr entspannt, zugleich aber<br />
bissig und vor allem variabel. Das ist Voraussetzung<br />
für seinen Ehrgeiz, Country-<br />
Rock, akustischen Funk, Blues und Folk<br />
unter einen Hut zu bringen. Goodman zur<br />
Seite steht mit dem bemerkenswert originellen<br />
Mundharmonikaspieler Steve Baker<br />
ein zweiter Virtuose. Unterstützt wird das<br />
Duo vom Schlagzeuger Martin Röttger sowie<br />
einigen punktuellen Helfern. Zu hören<br />
sind zwölf Goodman-Originale, von denen<br />
“Leavin’ On My Mind”, “The Shack” und<br />
“Maybe She’s Afraid” höchsten Ansprü-<br />
Seite 48 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
chen genügen. Hinzu kommen ausgezeichnete<br />
Fassungen des Blues-Klassiker “Hard<br />
Time Killing Floor” (Skip James) und des<br />
Box-Tops-Superhits “The Letter”. Goodman<br />
hat bislang noch kein besseres Album<br />
veröffentlicht!<br />
(Acoustic <strong>Music</strong>/Rough Trade 2012,<br />
14/53:29) hjg<br />
BLACK COUNTRY<br />
COMMUNION<br />
AFTERGLOW<br />
Für das dritte BCC-<br />
Studiowerk hat sich<br />
Glenn Hughes (voc,<br />
b) als alleiniger<br />
Songlieferant – nur<br />
Jason Bonham (dr)<br />
war zweimal beteiligt<br />
– noch einmal zu einem Höhenflug<br />
aufgeschwungen. Er hat erneut Lieder<br />
kreiert, die tief den Geist der 70er <strong>Jahre</strong><br />
atmen, ohne aber altmodisch daherzukommen.<br />
Joe Bonamassa (g) dürfte wohl für<br />
den gelegentlichen Blues-Unter<strong>to</strong>n gesorgt<br />
haben, während Derek Sherinian an den<br />
Keyboards, vor allem an der Orgel (und<br />
gar Mellotron!) für stets passende Soundkolorierung<br />
und Abrundung sorgt. Handfestes<br />
wechselt gelungen mit Balladeskem,<br />
Brachiales (auch Led-Zeppelin-Mäßiges)<br />
mit Bombastischem, aber auch Fragilem.<br />
Und Hughes, der auf seine Kreischeinlagen<br />
verzichtet, singt wie ein junger Rockgott<br />
– man führe sich nur mal “Afterglow”<br />
zu Gemüte! Rundum gelungen und Hard-<br />
Rockfans ans Herz zu legen!<br />
(Provogue/Rough Trade, 2012,<br />
11/57:56) pro<br />
INGA RUMPF &<br />
NDR BIGBAND<br />
RADIO LOVE<br />
Mit einer Stimme wie der von Inga Rumpf<br />
kann man einfach alles singen: Egal ob<br />
Folk, wie 1965 mit den City Preachers,<br />
psychedelischen Blues-Rock mit Frumpy,<br />
amerikanisch geprägten Rock mit Atlantis,<br />
Gospel in kleinen Gotteshäusern oder im<br />
Singer/Songwriter-Stil bei ihren Solokonzerten,<br />
die Hamburgerin sorgte überall für<br />
hochklassigen Gesang. Dass sie ihr Handwerk<br />
auch mit Bigband-Begleitung oder<br />
mit einem Orchester im Rücken beherrscht,<br />
zeigt sie nun auf den drei CDs von RADIO<br />
LOVE. Thematisch unterteilt in „The Spirit<br />
Of Jimi Hendrix”, „It’s A Man’s World” und<br />
„Radio Love”, wird sie abwechselnd von<br />
der NDR Bigband und vom NDR Radio<br />
Philharmonie Orchester begleitet, croont<br />
sich durch Klassiker wie “Unchain My<br />
Heart”, “Jumpin’ Jack Flash” oder “Like A<br />
Ship”, zeigt mit jazzigen Interpretationen<br />
von “Foxy Lady” oder “S<strong>to</strong>ne Free” ihre<br />
Verehrung für Jimi Hendrix, setzt Sängerinnen<br />
wie Billie Holiday und Sara Vaughan<br />
mit orchestral begleiteten Titeln – von<br />
“S<strong>to</strong>rmy Wea<strong>the</strong>r” über “Body & Soul” bis<br />
zu “I Cover The Waterfront” – ein Denkmal.<br />
(edel, 2012, 3 CDs)<br />
tk<br />
DIO<br />
THE VERY BEAST OF VOL. 2<br />
Witwe Wendy Dio wertet die musikalische<br />
Hinterlassenschaft des 2010 vers<strong>to</strong>rbenen<br />
Gatten Ronnie James konsequent und clever<br />
aus. Mit VERY BEAST OF VOL. 2<br />
Rock<br />
deckt sie die <strong>Jahre</strong> ab 1996 mit vier Alben<br />
ab. Da es speziell für die Fans zusätzliche<br />
Kaufanreize braucht, gibt es hier ein paar<br />
Schmankerl: “Electra” war der letzte Song,<br />
den Dio – für ein geplantes MAGICA II-<br />
Album – aufnahm; “The Prisoner Of Paradise”<br />
war ein nur in Japan veröffentlichter<br />
Bonus-Track; “Metal Will Never Die” hatte<br />
Dio für/mit seinem Cousin (und Mitstreiter<br />
bei Elf) David Feinstein aufgenommen.<br />
Dokumentiert ist mit dieser CD die zweite,<br />
nicht ganz so starke Karrierephase des Ausnahmevokalisten,<br />
dessen markante Stimme<br />
allein schon den Erwerb dieser Werkschau<br />
wert ist – auch wenn die Songs der ersten<br />
Laufbahnhälfte schlicht stärker waren.<br />
(Niji/Tonpool, 2012, 17/78:31) pro<br />
BOB DYLAN<br />
THE FREEWHEELIN’<br />
BOB DYLAN<br />
Gegenüber<br />
seinem<br />
Debüt stellte der<br />
zweite<br />
Longplayer<br />
von Bob Dylan eine<br />
rasante<br />
Weiterentwicklung<br />
dar, denn<br />
das<br />
zunehmende<br />
Selbstbewusstsein Slbtb t war deutlich wahrnehmbar,<br />
besonders in solch fantastischen Protestsongs<br />
wie “Masters Of War”, “Talkin’<br />
World War III Blues” und “A Hard Rain’s<br />
A-Gonna Fall” und natürlich dem Evergreen<br />
der Friedensbewegung, “Blowin’<br />
In The Wind”. Doch auch die weniger bekannten<br />
Tracks wie “Bob Dylan’s Dream”<br />
oder “Corina, Corinna” stehen für Aufbruch<br />
und die Stimme einer neuen Generation.<br />
Klang Dylan seit dieser Zeit jemals<br />
ehrlicher? Die Ausgabe wurde warm und<br />
sehr direkt remastert, wodurch ein intimer<br />
Eindruck entsteht, der den Hörer klanglich<br />
quasi ins Studio versetzt. Das zwölfseitige<br />
Booklet enthält ein langes, detailliertes und<br />
aufschlussreiches Essay von Nat Henoff.<br />
(Mobile Fidelity/Sieveking Sound,<br />
1963, 13/50:28) at<br />
KLUSTER<br />
SCHWARZ (ERUPTION)<br />
Es verwundert nicht, dass Dieter Moebius<br />
und Hans-Joachim Roedelius das finanzielle<br />
Risiko scheuten, ihr drittes Kluster-Album<br />
zu veröffentlichen, denn SCHWARZ<br />
(ERUPTION) dürfte Anfang der 70er <strong>Jahre</strong><br />
mit das Experimentierfreudigste an elektronischer<br />
Musik gewesen sein. Die LP<br />
erschien dann 1971 als erstes Album des<br />
dritten Mitstreiters Konrad Schnitzlers.<br />
Die anderen beiden werkelten in der Folge<br />
einflussreich unter dem Namen Cluster<br />
weiter. Die Wiederveröffentlichung auf CD<br />
erscheint nun endlich als Kluster-Werk, das<br />
zwei mit “Eruption 1” (31:04) und “Eruption<br />
2” (25:30) betitelte gesangfreie Stücke<br />
enthält. Die erste der beiden dramatisch<br />
durchstrukturierten Geräuschsymphonien<br />
beginnt leise und wird zunehmend lauter,<br />
bei der zweiten verhält es sich umgekehrt<br />
— beide aber voll bedrohlicher Stimmung.<br />
Wahrlich keine leichte Kost, die aber beim<br />
aufmerksamen Zuhören ihre Wirkung nicht<br />
verfehlt: Man wäre gerne bei der Produktion<br />
des damals live aufgenommenen Albums<br />
dabei gewesen, um herauszufinden,<br />
womit welcher Klang hergestellt wurde.<br />
(Bureau B/Indigo, 1971, 2/56:34) an<br />
<br />
Erhältlich als limitiertes 2 CD Mediabook<br />
und als aufwändige 180gr 4fach<br />
Vinyl Edition (inkl. Album auf CD).<br />
Auf Tour mit Genesis Revisited in 2013!<br />
www.insideoutmusic.com<br />
<br />
STEVE<br />
HACKETT<br />
Genesis Revisited II<br />
Steve Hackett<br />
re-interpretiert Genesis<br />
& Solo Klassiker wie<br />
u.a. Supper‘s Ready!<br />
Mit Steven Wilson,<br />
Mikael Akerfeldt, Nik Kershaw,<br />
Francis Dunnery, Steve Ro<strong>the</strong>ry, Simon<br />
Collins, Conrad Keely, Roine S<strong>to</strong>lt,<br />
Steve Hackett Genesis Revisited II<br />
Neal Morse und vielen anderen!<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 49
CD<br />
REVIEWS<br />
DORO<br />
RAISE YOUR FIST<br />
Für ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum hat sich<br />
die blonde Metalqueen mit ihrem zwölften<br />
Solostudiowerk mit einigen Arenahymnen<br />
selbst beschenkt, bei denen sie kräftig nach<br />
vorne rockt. Natürlich gibt es einige der<br />
bei Frau Pesch unvermeidlichen Balladen<br />
(bei “It Sills Hurts” wieder mal ein Duett<br />
mit Kumpel Lemmy Kilmister), dazu die<br />
obliga<strong>to</strong>rische deutsch gesungene Nummer<br />
sowie mit “Freiheit (Human Rights)” eine<br />
deutsch-englische Nummer, die nicht nur<br />
gängige Klischees aufgreift. Wobei man<br />
Doro zugute halten muss, dass sie auf positive<br />
Liebes- und Freundschaftsbotschaften<br />
setzt, nicht auf metallische Düsterkeit.<br />
RAISE YOUR FIST präsentiert Doro, wie<br />
man sie seit ihren Anfangszeiten mit Warlock<br />
kennt und schätzt, ohne Anspruch auf<br />
Originalitätspreise, dafür mit überaus solidem<br />
Rock- und Metal-Handwerk.<br />
(Nuclear Blast/Warner, 2012, 13/52:09) pro<br />
THE COSMIC GARDEN<br />
SUN SECRETS<br />
Krautrock mit Ambient/Electronic<br />
zu<br />
vermischen ist nichts<br />
Neues. Aber den beiden<br />
Musikern Tibor<br />
Fredmann und Sigi<br />
Hümmer, die hinter<br />
The Cosmic Garden stehen, geht es mit ihrem<br />
Debüt SUN SECRETS auch weniger<br />
darum, neue Pfade zu erschließen, vielmehr<br />
richten sie ihr Augenmerk darauf, die Hörer<br />
mit ihrer Musik auf einen Streifzug durch<br />
vielschichtige, psychedelische Klanguniversen<br />
mitzunehmen. Das tun sie ohne<br />
Frage gekonnt und lassen keinen Zweifel<br />
darüber aufkommen, wer ihre Lehrmeister<br />
waren: Bands wie Can, Popol Vuh, Tangerine<br />
Dream, Agitation Free oder Amon<br />
Düül. Mit Synthies, Keyboards, Mellotron,<br />
Bass, Drums und Gitarren aller Art wird<br />
der Soundteppich gelegt, auf dem dann<br />
– je nach Bedarf – Sitar, Glockenspiel,<br />
Piano, Perkussion, verfremdete Stimmen<br />
oder Field Recordings für unterschiedliche<br />
Stimmungen sorgen. Dabei lassen sie ihren<br />
Reisen die notwendige Zeit, geraten nie in<br />
Hektik, bieten die passende Beschallung<br />
für eine knappe Stunde Auszeit vom hektischen<br />
Alltag.<br />
(Hyper Fac<strong>to</strong>ry Records, 2012, 8/54:00) us<br />
SON OF A BITCH<br />
VICTIM YOU<br />
1974 hatten Gitarrist Graham Oliver und<br />
Bassist Steve Dawson die Band Son Of<br />
A Bitch gestartet, aus der mit Saxon eine<br />
der Ikonen der New Wave Of British Heavy<br />
Metal hervorging. 1994 mussten beide<br />
dort gehen, formierten aber umgehend mit<br />
Saxon-Mitstreiter Pete Gill (dr; Ex-Glitter<br />
Band, später Motörhead), Sänger Ted Bullet<br />
(Thunderhead) und Gitarrist Haydn<br />
Conway eine neue Combo unter dem alten<br />
Namen. Ihr 1996er Debüt, das jetzt mit dem<br />
Bonus-Track “Running Away” neu aufgelegt<br />
wurde, erinnert mit dem druckvollen<br />
wie riffigen und doch melodischen Gitarrenspiel<br />
sowie Donnerdrums über weite<br />
Strecken an Saxon, weist allerdings auch<br />
einige komposi<strong>to</strong>rische Durchhänger auf.<br />
Insgesamt aber immer noch ordentlich und<br />
für NWOBHM-Fans eine Pflichtnummer.<br />
Anspieltipps: “More For Me”, “Past The<br />
Point” oder “Victim You”.<br />
(Angel Air/Fenn, 1996, 12/53:58) pro<br />
SEX PISTOLS<br />
NEVER MIND THE BOLLOCKS –<br />
DELUXE EDITION<br />
Wäre<br />
interessant<br />
zu wissen, wer<br />
von den Sex Pis<strong>to</strong>ls<br />
1977 daran<br />
geglaubt<br />
hätte,<br />
dass 2012, also<br />
35 <strong>Jahre</strong> später,<br />
ihr NEVER MIND THE BOLLOCKS die<br />
Ehre einer Deluxe Edition erhalten würde.<br />
Die Wucht, mit der dieses Album den Punk<br />
von Großbritannien aus in die ganze Welt<br />
rotzte, die naiv dilettantische Produktion,<br />
die auch nach Hunderten von Tape-<strong>to</strong>-tape-<br />
Kopien nichts von ihrer Ursprünglichkeit<br />
verlor, und letztendlich Songs für die Ewigkeit<br />
beeinflussen bis heute junge Musiker,<br />
haben für einen Meilenstein der Musikgeschichte<br />
gesorgt. Die Deluxe-Ausgabe enthält<br />
das Album, das von den erst kürzlich<br />
wiederentdeckten Originalbändern gemastert<br />
wurde und deren druckvoller Klang<br />
den der 80er-<strong>Jahre</strong>-CD-Version um Längen<br />
schlägt, inklusive der vier Single-B-Seiten.<br />
Auf einer zweiten CD gibt es – trotz „Full<br />
Soundboard Recording” eher in Bootleg-<br />
Qualität – den Mitschnitt eines S<strong>to</strong>ckholmer<br />
Sex-Pis<strong>to</strong>ls-Konzertes vom Juli 1977<br />
sowie drei Songs, die bei einem Auftritt<br />
in Cornwall mitgeschnitten wurden. Deluxe<br />
auch das voluminöse Booklet mit<br />
Geschichte der Band, massenhaft O-Tönen<br />
von John Lydon & Co. sowie ausführlichen<br />
Song-By-Song-Infos. Deluxe!<br />
(Universal, 1977, 16/55:19, 14/54:57) us<br />
ALICE COOPER + BOOKER<br />
T. & THE MG’S + FLEET-<br />
WOOD MAC + THE<br />
REPLACEMENTS<br />
ORIGINAL ALBUM SERIES<br />
Wie gewohnt sind die einzelnen CDs der vier<br />
jetzt erschienenen, neuen Boxen der ORIGI-<br />
NAL ALBUM SERIES in LP-Replica-Pappschubern<br />
verpackt, zusammengehalten von<br />
einem Schuber, auf dessen Rückseite noch<br />
einmal alle Titel aufgeführt sind. Ohne Frage<br />
klassisch die Auswahl der Alice-Cooper-Alben,<br />
chronologisch geht es vom 1969er Debüt<br />
PRETTIES FOR YOU über EASY ACTION,<br />
LOVE IT TO DEATH und KILLER bis zum<br />
ersten großen Erfolg, dem 1972 veröffentlichten<br />
SCHOOL’S OUT (USA #2, D #3). Auch<br />
für die Box von Booker T. & The MG’s wurden<br />
mit GREEN ONIONS, SOUL DRES-<br />
SING, AND NOW!, HIP HUG-HER und<br />
DOIN’ OUR THING die ersten fünf Alben<br />
der Memphis-Soulband ausgesucht, nur das<br />
1966er Weihnachtsalbum IN THE CHRIST-<br />
MAS SPIRIT und BACK TO BACK, der<br />
Livemitschnitt aus dem Jahr 1967, wurden<br />
übersprungen. Bei LP Nummer drei, dem<br />
1969 veröffentlichten THEN PLAY ON,<br />
steigt die Zusammenstellung von Fleetwood<br />
Mac ein, präsentiert dann die drei aufeinanderfolgenden<br />
Longplayer KILN HOUSE,<br />
FUTURE GAMES und BARE TREES, bevor<br />
dann mit MYSTERY TO ME die stärkere<br />
von zwei 1973 veröffentlichten LPs die Box<br />
beschließt – ausgespart wurde PENGUIN.<br />
Fast zehn <strong>Jahre</strong> später veröffentlichten die<br />
Replacements aus Minneapolis, deren enormer<br />
Einfluss auf viele Alternative-Rockbands<br />
umgekehrt proportional zu ihren Plattenverkäufen<br />
war, ihr Debüt SORRY MA, FOR-<br />
GOT TO TAKE OUT THE TRASH. Über<br />
HOOTENANNY, LET IT BE und TIM geht<br />
es bis ins Jahr 1987, als sie mit PLEASED TO<br />
MEET ME ihr fünftes von insgesamt sieben<br />
Alben veröffentlichten. Also wieder einmal<br />
ideale und preisgünstige Gelegenheiten, sträfliche<br />
Sammlungslücken zu füllen!<br />
(Rhino/Warner, 2012, jeweils 5 CDs) us<br />
PAUL BRADY<br />
DANCER IN THE FIRE –<br />
A PAUL BRADY ANTHOLOGY<br />
Unter eigenem Namen<br />
hat der irische<br />
Folk -Rocker Paul<br />
Brady rund zwei<br />
Handvoll<br />
Alben<br />
veröffentlicht,<br />
die<br />
komplett wohl nur<br />
bi bei erpichten iht Fans im Regal stehen. Aber<br />
dieser prächtige Doppeldecker gehört in<br />
jede anständige Folk-Rocksammlung! Abgesehen<br />
davon, dass ausgerechnet vom<br />
starken Album SPIRITS COLLIDING<br />
(1995) kein Track dabei ist, gibt es hier<br />
keinen ernsten Einwand. Brady hat seinen<br />
sorgfältig ausgearbeiteten, nach allen Seiten<br />
umsichtig abgesicherten Stil über all<br />
die <strong>Jahre</strong> seit 1978 nur wenig verändert.<br />
Experimente sind nicht seine Baustelle,<br />
lieber verlässt er sich auf die ohrwürmige<br />
Qualität seiner Kompositionen (sowie dreier<br />
Traditionals und des Hank-Williams-<br />
Klassikers “You Win Again”), be<strong>to</strong>nt je<br />
nach den Erfordernissen der Songs mal<br />
die kontrolliert rockige, mal die verhalten<br />
melancholisch folkige Seite. Zudem ist er<br />
ein konstant zuverlässiger Klassesänger<br />
und Multi-Instrumentalist, der vor allem<br />
als Gitarrist vielseitiges Können vorweisen<br />
kann. All diese mehr als soliden Qualitäten<br />
machen Songs wie “Crazy Dreams”, “Hard<br />
Station”, “Dancer In The Fire” “The Road<br />
To The Promised Land” – alle von seinem<br />
besten Album HARD STATION (1981)<br />
– , “The Game Of Love”, “Sail Sail On”,<br />
“Steel Claw”, “Steal Your Heart Away”, “I<br />
Am A Youth That’s Inclined To Ramble”<br />
und “Walk The White Line” zu völlig zeitlosen<br />
Vergnüglichkeiten. Abgerundet wird<br />
die Edition durch ein 20-seitiges Booklet<br />
mit Track-By-Track-Anmerkungen von<br />
Brady selbst.<br />
(Proper/Rough Trade 2012, 11/55:23,<br />
11/53:41) hjg<br />
Rock<br />
LOS LOBOS<br />
BY THE LIGHT OF THE<br />
MAGICAL MOON<br />
Nach ihrem großen 80er-<strong>Jahre</strong>-Hit “La<br />
Bamba” flutschte das Nachfolge-Album<br />
und brachte den Tex-Mex-Protagonisten<br />
endlich die ihnen gebührende Anerkennung.<br />
Produziert von T-Bone Burnett,<br />
schmiedeten Los Lobos einen packenden,<br />
ungemein tanzbaren Sound, bei dem besonders<br />
die Rhythmussektion für ordentlich<br />
Druck sorgte. Das Spektrum reicht<br />
von geschmackvoll mit Gitarren verzierten<br />
Shuffle (“One Time One Night”) über eine<br />
klassisch mexikanische Schmachtballade<br />
(“Prenda Del Alma”) über Tanzbodenfüller<br />
(“Set Me Free (Rosa Lee)”) bis hin<br />
zu einem offensiveren Blues-Track (“My<br />
Baby’s Gone”). Abwechslungsreich und ein<br />
Garant für gute Laune. Die aktuelle Mobile-<br />
Fidelity-Ausgabe erscheint in einem Digisleeve,<br />
das ein Booklet mit sämtlichen Texten<br />
enthält. In Bezug auf den Sound wurden<br />
die früher unangenehmen Höhen gekappt<br />
und der Gesamtdruck erhöht – sehr angenehm.<br />
(Mobile Fidelity/Sieveking Sound,<br />
1987, 11/<strong>40</strong>:43) at<br />
KROKUS<br />
METAL RENDEZ-VOUS + HARD-<br />
WARE + ONE VICE AT A TIME<br />
Erstmals mit Sänger<br />
Marc S<strong>to</strong>race nahmen<br />
Krokus, die 1975<br />
gegründeten Schweizer<br />
Riffrocker mit<br />
Metal-Affinität, 1980<br />
ihr vierte LP METAL<br />
RENDEZ-VOUS auf und wurden damit<br />
auch international wahrgenommen. Inklusive<br />
des Vorwurfs einer allzu großen Nähe<br />
zu AC/DC, doch diese Kritik traf nur teilweise<br />
zu. Auch Elemente der damals neuen<br />
britischen Metalwelle und traditionelle<br />
Hard-Rockeinflüsse fanden bei Krokus<br />
Niederschlag. Auf HARDWARE griffen<br />
die Schweizer 1981 allzu viele Klischees<br />
und bekannte Versatzstücke auf, lieferten<br />
mit ONE VICE ... dann aber wieder eigenständigere<br />
Songs mit einem gehörigen Maß<br />
Kommerzialität, so dass Krokus selbst den<br />
schwierigen US-Markt knackten. Alle drei<br />
Scheiben sind jetzt preiswert in der sparsam<br />
gestalteten Serie „Original Album Classics”<br />
im Pappschuber wieder erhältlich.<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 1980 + 1981 + 1982,<br />
10/43:36 + 9/37:39 + 9/36:36) pro<br />
ROBERT LAMM<br />
LIVING PROOF<br />
67 ist Robert Lamm inzwischen, mit Chicago<br />
hat er Rockgeschichte geschrieben<br />
– und dieser Hintergrund ist auch auf seinem<br />
zwölften Solo-Album unschwer herauszuhören.<br />
Satte Bläser schmettern oder<br />
schleichen gefällig durch seine Songs, die<br />
mal Westcoast-Flair aufweisen, dann funky<br />
tänzeln, ehe sie AOR-mäßig pulsieren oder<br />
durch Jazztupfer aufgelockert werden.<br />
Manchmal tun sie dies allerdings einen<br />
Tick zu gefällig (und die meist zum Einsatz<br />
kommenden Drumcomputer-Rhythmen<br />
kämen mit echtem Schlagzeug besser zur<br />
Geltung); zwischendurch überrascht Lamm<br />
mit unerwarteten (Streicher-)Breaks – und<br />
mit der reichlich zu hörenden Zosia hat<br />
er eine starke Sangespartnerin an der Seite,<br />
die neugierig macht auf mehr aus ihrer<br />
Kehle. Insgesamt ein richtig ordentliches,<br />
abwechslungsreiches Pop-Rockalbum für<br />
Erwachsene.<br />
(Blue Infinity/Import, 2012, 10/36:45) pro<br />
FRANK MARINO<br />
THE POWER OF ROCK’N’ROLL /<br />
JUGGERNAUT<br />
Die Rockmusik wiederholt sich in Zyklen.<br />
Da passt die Wiederveröffentlichung zweier<br />
Alben des Gitarrenvirtuosen Frank Marino<br />
während eines Blues-Rockbooms bestens<br />
in die Zeit. Mit seinen ersten beiden Soloscheiben<br />
ohne seine langjährige Begleit-<br />
Seite 50 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
truppe Mahogany Rush streifte der<br />
oft als Hendrix-Klon abgetane Kanadier<br />
dieses Image ab. THE PO-<br />
WER OF ROCK’N’ROLL ging 1981<br />
richtig gerade aus ab und bot mit<br />
dem Titelstück sowie “Ain’t Dead<br />
Yet” und “Runnin’ Wild” erstklassige<br />
Highlights (und unterschwellige<br />
Blues einflüsse). Marino zündete<br />
darauf und auf dem vielseitigeren,<br />
songschreiberisch gereiften JUG-<br />
GERNAUT begeisternde Gitarrenfeuerwerke,<br />
wobei das in den USA<br />
erfolgreiche “Strange Dreams” ohne<br />
Solo auskam! Mit Krachern wie<br />
“Ditch Queen”, “For Your Love”<br />
oder dem Titelstück war er näher bei<br />
Ted Nugent als bei Hendrix!<br />
(BGO/H’Art, 1981/1982, 8/41:34,<br />
8/44:51) pro<br />
THE WALKABOUTS<br />
BERLIN<br />
Nach<br />
über<br />
30 <strong>Jahre</strong>n<br />
erscheint mit<br />
BERLIN<br />
nun das erste<br />
„richtige”<br />
Live-Album<br />
der Walkabouts, alle bislang veröffentlichten<br />
Konzertmitschnitte waren<br />
entweder nur bei den Tourneen, als<br />
exklusive Mailorder-CDs oder in limitierten<br />
Kleinstauflagen erhältlich.<br />
Getreu dem Albumtitel wurden die 13<br />
Songs im Juli dieses <strong>Jahre</strong>s im Berliner<br />
C-Club mitgeschnitten, als die<br />
amerikanischen Indie-Rocker ihr aktuelles<br />
Album TRAVELS IN DUST-<br />
LAND vorstellten. So stammt etwa<br />
die Hälfte der Songs aus diesem Album,<br />
der Rest setzt sich aus verschiedenen<br />
Walkabouts-Alben der letzten<br />
Jahrzehnte zusammen. Dabei wurden<br />
die älteren Songs mit dem Ziel gespielt,<br />
sie neu zu erfinden, sozusagen um<br />
die alten Geschichten auf eine neue<br />
Weise zu erzählen – das Wort Stillstand<br />
gehörte noch nie zum Vokabular<br />
der Walkabouts. Auch auf der Bühne<br />
stand eine Mischung aus Alt und Neu,<br />
mit den Gründungsmitgliedern Chris<br />
Eckman (voc, g) und Carla Torgerson<br />
(voc, g), den langjährigen Mitstreitern<br />
Michael Wells (b), Terri Moeller (dr)<br />
und Glenn Slater (keys) sowie dem<br />
neuen Mitglied Paul Austin (g), der<br />
erst kurz vor den DUSTLAND-Aufnahmen<br />
zur Band stieß.<br />
(Glitterhouse/Indigo, 2012,<br />
12/76:12) us<br />
JOHN THE CONQUEROR<br />
JOHN THE CONQUEROR<br />
John The Conqueror (1339–1399)<br />
war Herzog der Bretagne und Graf<br />
des britischen Montford, kann aber<br />
nicht gemeint sein. Eher schon der<br />
afrikanische Folk-Hero gleichen<br />
Namens, der die LSD-artige Pflanze<br />
Ipomoea Jalapa unter die Völker<br />
brachte – jenen auch von Dr. John<br />
besungenen Medizinmann nahm<br />
sich das Powertrio aus Philadelphia<br />
mit singenden Gitarristen Pierre<br />
Moore, Drummer Michael Gardner<br />
und Bassist Ryan Lynn zum<br />
Vorbild: mit einem ausgefuchsten,<br />
urwüchsigen und abgehangenen<br />
Debüt. Wer derart entspannt, kraftvoll<br />
und originell eigene Nummern<br />
abspult, läuft zwangsläufig dem<br />
neuen ZZ-Top-Opus den Rang ab:<br />
LA FUTURA liegt hier, in kongenialem<br />
Mix von Blues-Rock, Soul &<br />
Funk, dem man anhört, dass Komponist<br />
Moore und Drummer Gardner<br />
aus Jackson, Mississippi, stammen:<br />
Midtempo-Grooves, Riff-Reichtum<br />
zum Niederknien, lakonisch-rauer<br />
Gesang und bei allen regelmäßigen<br />
„Ausflügen” der drei Akteure ein<br />
homogenes Ensemble-Bewusstsein<br />
– dieser Cocktail wirkt auch ohne<br />
Ipomoea Jalapa!<br />
(Alive/Cargo, 2012, 10/37:45) utw<br />
BILLY SQUIER<br />
ENOUGH IS ENOUGH /<br />
HEAR & NOW / CREATURES<br />
OF HABIT<br />
“The<br />
Stroke”<br />
hieß 1981<br />
der<br />
weltweite<br />
Hit des Billy<br />
Squier, der<br />
ebenso abräumte<br />
wie das dazugehörige<br />
Album DON’T SAY NO. In<br />
den Folgejahren zeigte die Erfolgskurve<br />
des Amerikaners allmählich, aber<br />
kontinuierlich nach unten. ENOUGH<br />
IS ENOUGH rockte 1986 zwar ordentlich,<br />
aber nur durchschnittlich<br />
– den Songs fehlte es schlicht an Originalität.<br />
HEAR & NOW drei <strong>Jahre</strong><br />
später enthielt zwar den mittleren Hit<br />
“Don’t Say You Love” (US #54), riss<br />
aber nicht besonders vom Hocker mit<br />
dem darauf zu hörenden AOR und der<br />
Vermengung von Rock und Pop; die<br />
Platte wies ebenso einige qualitative<br />
Durchhänger auf wie das allzu sehr<br />
auf Kommerz schielende 1991er Opus<br />
CREATURES OF HABIT. Da standen<br />
mit starken Nummern wie “She<br />
Goes Down”, “(L.O.V.E.) Four Letter<br />
Word” oder “Hollywood” zu wenige<br />
Highlights den Schwachstellen gegenüber.<br />
Da stört bei der Verteilung<br />
der drei Alben auf zwei CDs auch die<br />
Stückelung von HEAR ... nicht weiter.<br />
(BGO/H’Art, 1986, 1989, 1991,<br />
16/72:32, 15/71:41) pro<br />
CORY CHISEL AND THE<br />
WANDERING SONS<br />
OLD BELIEVERS<br />
Das neue Album des Liedermachers<br />
Cory Chisel und seiner Wandering<br />
Sons zeigt vor allem eines: Es ist schier<br />
unmöglich, dem übermächtigen Einfluss<br />
von Bob Dylan und seiner Schüler<br />
Tom Petty und Bruce Springsteen<br />
zu entgehen. Wer die genannten Großen<br />
Drei oder auch die Wallflowers, die<br />
Band des Dylan-Sohnes Jakob liebt,<br />
kommt an OLD BELIEVERS nicht<br />
vorbei. Die zwölf Songs haben einen<br />
hohen komposi<strong>to</strong>rischen Standard und<br />
werden von einer Horde kompetenter<br />
Cracks wie Brendan Benson (g), Billy<br />
Mercer (b), Andrew Higley (keys)<br />
Rock<br />
und Adriel Denae (dr, voc) sowie diverser<br />
Spezialhelfer fehlerfrei realisiert.<br />
Für genügend Abwechslung ist<br />
dabei gesorgt: Im Duett “Seventeen”<br />
trifft Chisels raspelige Stimme auf die<br />
weich abfedernde von Adriel Denae.<br />
“Over Jordan” ist ein simpel-handfester<br />
Bluesstampfer mit offensiver<br />
Mundharmonika. Und “Times Won’t<br />
Change” rockt tüchtig und balanciert<br />
genau auf der Trennlinie zwischen<br />
Dylan-Folk und Petty-Rock, relativiert<br />
die aufkommende Härte aber durch<br />
Streicher. Auch “Never Meant To Love<br />
You”, “Foxgloves” und der zarte Eröffner<br />
“This Is How It Goes” liegen klar<br />
über dem Durchschnitt. Etwas mehr<br />
Mühe könnte sich Chisel allerdings<br />
noch mit seinen Texten geben. Die<br />
Mischung aus Alltagslyrik und religiös<br />
gefärbten Versen ist nicht immer<br />
klischeefrei und somit noch um einiges<br />
von Dylans Standardhöhe entfernt.<br />
(Readymade Records/Bertus Import,<br />
2012, 12/39:49) hjg<br />
COCKNEY REBEL<br />
FEATURING STEVE<br />
HARLEY<br />
CAVALIERS: THE ANTHO-<br />
LOGY 1973–1974<br />
Beim<br />
Thema<br />
Steve<br />
Harley<br />
und seiner Band<br />
Cockney<br />
Rebel<br />
fällt schnell<br />
das Schlagwort<br />
„unterbewer-<br />
tt” tet”, was den heute fast vergessenen<br />
Musikern auch gerecht wird. Ihr bunter<br />
Stilmix aus Singer/Songwriter-Folk<br />
und Pub-Rock wirkt durch die nicht<br />
alltäglichen Kompositionsstrukturen,<br />
die ungewöhnlich eingesetzte Violine<br />
und die Offenheit der Arrangements.<br />
Die 4-CD-Ausgabe (plus ein klasse<br />
Booklet) umfasst die beiden Alben<br />
THE HUMAN MENAGERIE (eher-<br />
Soft-Glam-lastig, zusätzlich vier Singletracks)<br />
und THE PSYCHOMODO<br />
(eher experimentell, zusätzlich zwei<br />
Singletracks). Besonders interessant ist<br />
der dritte Silberling, denn hier finden<br />
sich 14 unveröffentlichte Fassungen<br />
der Albumtracks, ungekürzte Versionen<br />
und Alternativmixe im brillanten<br />
Klang. Die letzte CD umfasst BBC-<br />
Aufnahmen und sogar die rare John-<br />
Peel-Session – alles in gutem Sound.<br />
(EMI, 1973, 14/58:12, 1974,<br />
11/50:20, 14/63:41, 10/55:00) at<br />
TEN<br />
HERESY AND CREED<br />
Gary Hughes, Sänger und Gitarrist<br />
der Band Ten, die mit HERESY<br />
AND CREED dieser Tage ihr zehntes<br />
Album vorlegt, ist der Größte.<br />
Und dass diesem Ausnahmekünstler<br />
das überschwängliche Prädikat des<br />
Unantastbaren zugestanden werden<br />
kann, kommt nicht von ungefähr:<br />
Hughes schreibt Songs, die die<br />
meisten ambitionierten Musiker im<br />
melodischen Rock- und Metal-Bereich<br />
nicht einmal träumen können.<br />
HERESY AND CREED belegt das.<br />
Sie haben<br />
gewählt!<br />
Hier sind die<br />
60 besten<br />
kultHits!<br />
Zusammengestellt<br />
von den<br />
Lesern der<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 51
CD<br />
REVIEWS<br />
Schon der Opener “Arabian Night” überflutet<br />
den Hörer geradezu mit unter die<br />
Haut gehenden Melodien zwischen Epik<br />
und Melancholie. Ob Ten ohne Federlesen<br />
rocken, Orientalisches einfließen lassen<br />
oder auf keltische Weisen zurückgreifen<br />
– die Stücke klingen wie aus einer anderen<br />
Welt. Zu allem Überfluss erhielten die<br />
Songs Arrangements in Vollendung, in denen<br />
die zwar facettenarme, aber wundervoll<br />
warme Stimme von Hughes bestens<br />
zur Geltung kommt. Und den Konflikt<br />
zwischen Islam und Christentum auf dem<br />
Cover in einem Schwertkampf zweier fast<br />
nackter Amazonen zu personifizieren, ist<br />
der Hammer schlechthin. Ten sind im Melodic<br />
Metal zur Zeit die besten!<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 13/69:19) jub<br />
IAN HUNTER<br />
FROM THE KNEES OF MY<br />
HEART<br />
In einem großen<br />
Jewel-Case erscheinen<br />
vier CDs, die<br />
das Chrysalis-Werk<br />
Ian Hunters <strong>the</strong>matisieren.<br />
Neben zahlreichen<br />
unveröffentlichten<br />
Tracks überzeugt das Booklet mit<br />
Kommentaren des Musikers. Auf YOU’RE<br />
NEVER ALONE WITH A SCHIZO-<br />
PHRENIC hatte sich Ian Hunter dem Mainstream<br />
verschrieben und lieferte mit “When<br />
The Daylight Comes” einen griffigen, aber<br />
dennoch packenden Hit ab. Die CD wurde<br />
mit diversen Fassungen vornehmlich der<br />
Albumtracks aufges<strong>to</strong>ckt. WELCOME TO<br />
THE CLUB wurde im November 1979 in<br />
L.A. mitgeschnitten und präsentiert einen<br />
feurig performten Querschnitt des Schaffens<br />
des Mannes, der nie seine Sonnenbrille<br />
absetzt, natürlich eingeleitet mit seinem<br />
Lieblings-Shadows-Song “FBI”. SHORT<br />
BACK N’ SIDES leidet eindeutig an dem<br />
sterilen Achtziger-<strong>Jahre</strong>-Sound und ist ein<br />
eindeutiger Ausfall im Gesamtwerk. Dafür<br />
entschädigt aber die vierte CD, ein bislang<br />
unveröffentlichtes Konzert aus dem Jahr<br />
1981, das zwar schlapp beginnt, aber dann<br />
Fahrt aufnimmt.<br />
(EMI, 1979, 16/77:08, 1980, 16/79:39,<br />
1981, 17/77:11, 2012, 14/78:15) at<br />
BREWERS DROOP<br />
THE BOOZE BROTHERS<br />
Ab Ende der 60er <strong>Jahre</strong> tingelte mit Brewers<br />
Droop eine Combo durch die Pubs im UK,<br />
die unüberhörbar von Westcoast-Rock und<br />
Cajun inspiriert war, aber durchaus auch rocken<br />
konnte. Als sie 1973 unter zeitweiliger<br />
Produktionsregie von Dave Edmunds (Banjo-,<br />
Kontrabass-, Pedalsteel- und Harpeinsatz)<br />
ihr zweites Album einspielte, stieß<br />
nach den ersten Aufnahmen ein 21-jähriger<br />
Neuzugang an der Gitarre dazu: Mark<br />
Knopfler, der spätere Höhenflüge mit den<br />
Dire Straits hier dezent andeutete. Als die<br />
Aufnahmen 1989 endlich erschienen, lag<br />
es für das damalige Label nahe, mit dem<br />
an BROTHERS IN ARMS angelehnten<br />
Cover ein wenig auf den Knopfler-Ruhm<br />
zu spechten. Die Neuauflage ist mit vier<br />
Bonus-Tracks angereichert und unterhält<br />
vergnüglich mit ansprechender Stilvielfalt<br />
– als Pub-Rock im weitesten Sinne.<br />
(Angel Air/Fenn, 1998, 14/52:50) pro<br />
CRAAFT<br />
CRAAFT<br />
Nach dem Ende von Tokyo hob Sänger/<br />
Gitarrist Klaus Luley gemeinsam mit Reinhard<br />
Besser (g, b) und Franz Keil (keys)<br />
Craaft aus der Taufe. Das Trio debütierte<br />
1986 mit CRAAFT, das nun ebenfalls neu<br />
aufgelegt wurde. Auf der LP dominierte<br />
deutlich amerikanisch orientierter Melodic<br />
Rock vom Feinsten mit reichlich Druck<br />
und Hooks, gefälligen Melodien, starken<br />
Refrains. Die Songs gingen ins Ohr, angestimmt<br />
von erfahrenen wie hörbar spielfreudigen<br />
Musikern. Natürlich gibt es neben<br />
ansprechenden Gitarren viele typische<br />
80er-<strong>Jahre</strong>-(Keyboard-)Sounds, aber bei<br />
diesen Songs tönen sie immer noch stimmig.<br />
Satte acht Demos werden als Bonus<br />
mitgeliefert – der Vergleich der Grund ideen<br />
und des in den legendären Bearsville Studios<br />
in Woods<strong>to</strong>ck eingespielten Ergebnisses<br />
macht diese Wiederveröffentlichung<br />
noch reizvoller.<br />
(Yesterrock/Alive, 1986, 18/73:24) pro<br />
STACKRIDGE<br />
RADIO SESSIONS<br />
1971–1973<br />
Die skurrile Folk-<br />
Rockband um die<br />
Gitarristen<br />
Andy<br />
Davis und James<br />
Warren sowie Bassist<br />
„Crun” Walter war in<br />
den frühen Siebzigern<br />
trotz t gefälligen Harmoniegesangs und<br />
schöner Melodien eher etwas für offene<br />
Ohren. Seit 1999 <strong>to</strong>urt die Gruppe wieder,<br />
wenn auch nicht mehr als Headliner nach<br />
Tim Rose oder Support für Wishbone Ash.<br />
Querflötist „Mutter” Slater stellte sich im<br />
Mittelteil des mit einer Viertelstunde gefühlt<br />
die Hälfte des Albums einnehmenden<br />
“Slark” quer zu vielen Hörgewohnheiten:<br />
Wer derart die Flöte traktiert und die Natur<br />
mit einem „rülpsenden Seufzer” beobachtet,<br />
hat auch lyrisch ganz eigene Vorstellungen.<br />
Die Band wollte ihren fröhlichen<br />
Anti-Raucher-Song “The Lyder Loo” – „If<br />
you smoke at such a rate, <strong>the</strong>n you’re bound<br />
<strong>to</strong> suffocate (ersticken)” – eigentlich als<br />
Single bringen und ihrem von George Martin<br />
produzierten Album MAN IN A BOW-<br />
LER HAT hinzufügen – bisher ist dieser<br />
Radiomitschnitt die einzig veröffentlichte<br />
Version. Schräg, aber interessant.<br />
(Angel Air/Fenn, 1971–1973, 6/33:58) utw<br />
ANYONE’S DAUGHTER<br />
ANYONE’S DAUGHTER + IN<br />
BLAU + NEUE STERNE + LIVE<br />
Mit diesen vier CDs gibt es nun alle Alben<br />
von Anyone’s Daughter als remasterte<br />
und um Bonus-Tracks ergänzte Wiederveröffentlichungen<br />
(siehe auch Bericht<br />
Seite 24 dieser Ausgabe). Nach dem überraschend<br />
erfolgreichen Debüt, dem Konzeptalbum<br />
ADONIS, erschien 1980 mit<br />
ANYONE’S DAUGHTER (12/52:25) ein<br />
eher Song- und Rock-orientiertes Werk<br />
ohne ausufernde Longtracks. Als Bonus<br />
gibt es drei 1980er Live-Aufnahmen.<br />
Nach dem eher märchenhaften PIKTORS<br />
VERWANDLUNGEN war das 1982 veröffentlichte<br />
IN BLAU (9/62:31) wieder<br />
ein Schritt in Richtung progressiver Rock,<br />
zwei im badischen Ettlingen mitgeschnittene<br />
Livetracks gibt es als Bonus. Ein Jahr<br />
später erschien dann mit NEUE STERNE<br />
(13/57:47) das insgesamt schwächste<br />
Album von Anyone’s Daughter, die sich<br />
mit dieser LP an die aufkommende Neue<br />
Deutsche Welle anhängen wollten, was<br />
aus heutiger Sicht natürlich nur schief gehen<br />
konnte. Bonus-Tracks: drei Livemitschnitte.<br />
Erstmals auf CD erscheint jetzt<br />
das komplette LIVE-Album (9/42:19,<br />
7/43:19) aus dem Jahr 1984, bei dem es<br />
statt Bonus-Tracks vier Bonus-Videos<br />
dazu gibt, alle 1983 bei einem Konzert<br />
im baden-württembergischen Magstadt<br />
aufgenommen.<br />
(Tempus Fugit/SPV, 1980 + 1982 +<br />
1983 + 1984) us<br />
AC/DC<br />
LIVE AT RIVER PLATE<br />
Ist es tatsächlich<br />
schon wieder 20<br />
<strong>Jahre</strong> her, seit AC/<br />
DC mit LIVE ihren<br />
letzten Konzertmitschnitt<br />
auf CD veröffentlicht<br />
haben?<br />
Ja, und ddementsprechend erwartungsvoll<br />
wird die Fangemeinde der Australier<br />
auch auf diesen Doppelpack warten. Besonders<br />
da das gigantische Konzert, das<br />
man auf LIVE AT RIVER PLATE miterleben<br />
kann, seit dem Frühjahr schon als<br />
DVD erhältlich ist. Im Zuge der BLACK<br />
ICE-Tour besuchten AC/DC nach über<br />
zehnjähriger Abstinenz wieder einmal die<br />
argentinische Hauptstadt Buenos Aires,<br />
die 200.000 Tickets waren in Rekordzeit<br />
ausverkauft. In knapp zwei Stunden<br />
rockten sich Angus Young & Co. durch<br />
ein makelloses Programm, das geschickt<br />
Neues mit Altem verband, bei dem sie<br />
sowohl mit Stücken von ihrem aktuellen<br />
Studio-Album als auch mit ihren Klassikern<br />
– von “Hells Bells” über “Let There<br />
Be Rock”, “You Shook Me All Night<br />
Long”, “T.N.T.” und “Thunderstruck” bis<br />
zu “Highway To Hell” – dem Publikum<br />
keine ruhige Minute gönnten.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 10/51:27,<br />
9/59:21) tk<br />
STEVE WINWOOD<br />
ARC OF A DIVER<br />
Das Etikett Deluxe Edition trägt die Neuauflage<br />
von Steve Winwoods 1980er Album<br />
ARC OF A DIVER durchaus zu Recht.<br />
Bei den drei Bonus-Tracks ist der US-Single-Edit<br />
des Titelstück wenig essenziell,<br />
doch die instrumentale 12”-Übernahme<br />
von “Night Train” hat ihren Reiz, wie auch<br />
die 2010er Neufassung von “Spanish Dancer”.<br />
Relevant ist auf der Bonus-CD aber<br />
vor allem die BBC-Doku über Winwood.<br />
Und dann wäre da natürlich das eigentliche<br />
Album, das zweite, im Alleingang eingespielte<br />
Solowerk des singenden Multi-Instrumentalisten.<br />
Winwood griff Seventies-<br />
Einflüsse auf und übertrug sie mit Hilfe<br />
anspruchsvoller wie eingängiger Songs in<br />
die damalige Gegenwart. Beeindruckendes<br />
Spiel, distinktiver Gesang, ausgefeilte Arrangements<br />
und gute Stücke machten ARC<br />
... zu einem der Höhepunkte in Winwoods<br />
Schaffen.<br />
(Island/Universal, 1980,<br />
7/<strong>40</strong>:04, 4/73:49) pro<br />
Rock<br />
TRIBUTE<br />
NEW VIEWS<br />
Tribute waren eine schwedische Band um<br />
Mastermind Gideon Andersson (g, b, dr)<br />
und Josef Rhedin (keys), die ab 1982 auf<br />
gefällige Art und Weise Folk, Pop, Neo<br />
Prog und Klassik kreuzte, dabei verhalten<br />
Psychedelisches integrierte, an Mike Oldfield<br />
ebenso erinnerte wie stellenweise an<br />
Gong. Sie verband in ihren weitestgehend<br />
instrumentalen Nummern harmonisch und<br />
mit viel Wärme symphonische Akustikgitarren<br />
mit Synthie-Sounds und vielen<br />
ausgefallenen Instrumenten von anderen<br />
Kontinenten. So auch auf NEW VIEWS,<br />
das sie 1984 in Kalle Trapps Karo Studios<br />
in Münster aufnahm. Mehrfach wurden die<br />
NEW VIEWS sei<strong>the</strong>r wiederveröffentlicht.<br />
Die von Andersson und Rhedin selbst betreute<br />
Neuauflage für Sireena besticht vor<br />
allem durch ihren Sound und das informative<br />
Booklet – und die immer noch gefangennehmende,<br />
überaus vielfältige Musik.<br />
(Sireena/Broken Silence,<br />
1984, 6/46:42) pro<br />
ELVIS PRESLEY<br />
THE COMPLETE 50’s MASTERS<br />
In dieser s<strong>to</strong>lzen Box hat<br />
RCA auf fünf CDs alle<br />
Studio-Aufnahmen<br />
von<br />
Elvis Presley zusammengefasst,<br />
die der King Of<br />
Rock’n’Roll in den 50er<br />
<strong>Jahre</strong>n aufgenommen hat –<br />
und sich dbi dabei nicht nur auf den Rock’n’Roll<br />
beschränkte, sondern seine Klasse auch mit<br />
Rockabilly, Country oder Gospel bewies.<br />
Im Sommer 1953 begann er im Memphis<br />
Recording Studio mit den Privataufnahmen<br />
“My Happiness” und “That’s When Your<br />
Heartaches Begins” seine Karriere, die ersten<br />
kommerziellen Sessions erfolgten dann<br />
am 5. und 6. Juli 1954, als er unter der Obhut<br />
von Sun-Records-Chef Sam Phillips und<br />
mit Scotty Moore an der Gitarre sowie Bill<br />
Black am Bass vier Songs aufnahm: “I Love<br />
You Because”, “That’s Allright”, “Harbour<br />
Lights” und “Blue Moon Of Kentucky”. So<br />
kann man sich Track für Track durch dieses<br />
beeindruckende Jahrzehnt von Elvis Presley<br />
hören, kann im wunderbar bebilderten Begleitbuch<br />
Session für Session nachverfolgen,<br />
erhält detailliert – mit Datum, Musikern<br />
und aufgenommenen Titeln – Einblick in<br />
eine Zeit, in der man ohne weiteres in zwei<br />
Tagen noch eine komplette LP aufnahm. Mit<br />
dabei natürlich auch einige Outtakes, die legendäre<br />
Million-Dollar-Quartet-Jamsession<br />
vom 4. Dezember 1956 (zusammen mit Carl<br />
Perkins, Jerry Lee Lewis und Johnny Cash),<br />
Livemitschnitte für Radio- und Fernsehproduktionen<br />
sowie alternative oder privat aufgenommene<br />
Versionen, die teilweise bisher<br />
unveröffentlicht waren. THE COMPLETE<br />
50’S MASTERS: sowohl dokumentarisch<br />
als auch musikalisch vorbildlich!<br />
(RCA/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 5 CDs) us<br />
JASON COLLETT<br />
RECKON<br />
Jason Collett ist ein Wanderer zwischen<br />
den Welten. Wenn er mit seiner Band Broken<br />
Social Scene unterwegs ist, dann ist<br />
der Musiker aus dem kanadischen Toron<strong>to</strong><br />
Teil eines Kollektivs, das mit ausufernden<br />
Power-Hymnen bunten Indie-Rock präsen-<br />
Seite 52 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
tiert. Als Solokünstler ist er mit RECKON<br />
nun schon bei Album Nummer acht angekommen,<br />
blieb dabei aber immer so sperrig,<br />
dass seine eigenen Veröffentlichungen<br />
kaum aus dem Schatten seiner übermächtigen<br />
Band herauskamen. Auch RECKON<br />
wird daran wenig ändern, Collett bleibt<br />
sich und seinem Stil treu, bietet Musik, die<br />
man weder nebenher hören sollte noch den<br />
Anspruch hat, schon beim ersten Hören geschmeidig<br />
in die Gehörgänge zu flutschen.<br />
Doch wie so oft liegt – auf lange Sicht gesehen<br />
– hier ihre Stärke, denn dringt man<br />
erst mal in ihre emotionale Tiefe ein, dann<br />
hat man ein Leben lang Freude an ihr. Als<br />
Bonus gibt es eine ESSENTIAL CUTS betitelte,<br />
zweite CD dazu, auf der es neben<br />
neun Songs aus seinen bisherigen Alben<br />
noch zwei noch unveröffentlichte B-Seiten<br />
zu hören gibt.<br />
(Arts & Crafts/Rough Trade, 2012,<br />
15/41:50, 11/41:22) us<br />
JEFFERSON STARSHIP<br />
ROSWELL UFO FESTIVAL,<br />
JULY 3, 2009 – TALES FROM<br />
THE MOTHERSHIP<br />
Fette Vierer-Box, die<br />
Sammlerherzen höherschlagen<br />
lässt, aber auf<br />
Grund ihrer Tonqualität<br />
absolut nichts für<br />
High-End-Freaks ist.<br />
Zwei komplette CDs sind<br />
(allerdings in teilweise e<br />
wertiger Bootleg-Qualität) den Proben<br />
und dem Soundcheck vorbehalten,<br />
grenz-<br />
dabei erhält man zumindest einen kleinen<br />
Einblick in die Art und Weise, wie<br />
Paul Kantner (g, voc), David Freiberg (g,<br />
voc), Slick Aguilar (g, voc), Donny Baldwin<br />
(dr), Chris Smith (keys) und Cathy<br />
Richardson (voc, g) zusammen mit musikalischen<br />
Gästen wie Tom Constanten (p)<br />
und Pete Sears (b) an ihren Songs arbeiten.<br />
Zwei Sets spielten Jefferson Starship<br />
dann am Festivaltag, dem 3. Juli 2009. Jedes<br />
ist auf einer separaten CD (in gerade<br />
noch akzeptabler Tonqualität) dokumentiert,<br />
die Songauswahl konzentriert sich<br />
auf das Festival-Thema, also Raumfahrt,<br />
Science-Fic<strong>to</strong>n und zahlreichen Hippieund<br />
Öko-Themen. Neben Bob Dylans<br />
“Chimes Of Freedom” und David Bowies<br />
“Space Oddity” gibt es Traditionals<br />
wie “Follow The Drinking Gourd” sowie<br />
klasse Versionen von Starship-Klassikern<br />
wie “White Rabbit”, “Volunteers” oder<br />
“Somebody To Love”.<br />
(Bear Records/Gonzo Multimedia,<br />
2012, 4 CDs) tk<br />
BOB DYLAN<br />
BOB DYLAN’S GREATEST HITS<br />
Ja, diese Compilation stand in den Sechzigern<br />
und Siebzigern wohl in jeder WG,<br />
die etwas auf sich hielt. Speziell das deutsche<br />
Publikum entdeckte mit der Scheibe<br />
das Werk Dylans, von dem sich auch hier<br />
zu Lande zahlreiche Musiker inspirieren<br />
ließen und das den deutschen Folk-Rock<br />
maßgeblich beeinflusste. “Like A Rolling<br />
S<strong>to</strong>ne”, “Blowin’ In The Wind”, “Mr. Tambourine<br />
Man”, das schmeichelnde “Just<br />
Like A Woman”, “I Want You” und der<br />
aufpeitschende “Subterranean Homesick<br />
Blues” zeugen von der visionären Kraft<br />
Rock<br />
Dylans und dem Gespür für Melodien –<br />
dass er überdurchschnittliche Texte verfasste,<br />
braucht an diese Stelle nicht mehr<br />
erwähnt zu werden. Die Edition erscheint<br />
als 24 KT-Gold-CD und wurde meisterhaft<br />
remas tert, denn die dynamische Bandbreite<br />
blieb vollkommen erhalten. Lediglich<br />
die Höhen wurden sanft angehoben.<br />
(Audio Fidelity/Sieveking Sound, 1967,<br />
10/<strong>40</strong>:21) at<br />
REINER SCHÖNE BAND<br />
MITTEN INS HERZ<br />
Reiner Schöne kann<br />
nicht nur eine beachtliche<br />
Hollywood-Karriere<br />
sowie<br />
überzeugende Filme<br />
(auch als Synchronsprecher)<br />
in der deutschen<br />
Heimat vorweisen, sondern auch eine<br />
lange, erfolgreiche Sangeskarriere. Mit 70<br />
hat er nun seine Au<strong>to</strong>biografie „Werd ich<br />
noch jung sein, wenn ich älter bin” verfasst<br />
und dazu mit seiner Band ein überzeugendes<br />
neues Album vorgelegt. Dafür<br />
spielte er nicht nur seinen größten Erfolg<br />
neu ein, der den Buchtitel lieferte, sondern<br />
elf weitere Lieder in frischem Singer/Songwriter-Stil.<br />
Die wecken vom entspannten<br />
Feeling her durchaus J.J.-Cale- oder Tony-<br />
Joe-White-Assoziationen, bewegen sich<br />
im weiten Rockfeld mit Bluesbasis. Nachdenklich<br />
erinnern sie meist auf Deutsch an<br />
vergangene Zeiten wie die Hippie-Ära und<br />
den Mauerfall, spiegeln (auch augenzwinkernd)<br />
dazu Schönes gegenwärtige Befindlichkeit.<br />
(Hypertension/Soulfood, 2102,<br />
12/46:48) pro<br />
CLARK-HUTCHINSON<br />
A=MH²<br />
Bei Sam Gopal’s Dream begegneten sich<br />
die Multi-Instrumentalisten Andy Clark<br />
und Mick Hutchinson, ehe sie sich als<br />
The Dogs, dann als Clark – Hutchinson<br />
selbstständig machten. 1969 brachten sie<br />
das abgedrehte, bei mehrfachem Lauschen<br />
durchaus faszinierende Album A=MH²<br />
heraus. Darauf verschmolzen sie (psychedelischen)<br />
Rock, Jazz, klassische und exotische<br />
Einflüsse (aus Indien), mal meditativ,<br />
mal aggressiver – abhängig von den<br />
jeweils konsumierten Drogen, die sie bei<br />
den Improvisationsessions eingeworfen<br />
hatten. A=MH² wurde mehrfach wiederveröffentlicht,<br />
so von Reper<strong>to</strong>ire (2002 +<br />
2005), Akarma (2006) und Sunbeam 2008.<br />
Letztgenannte Fassung enthielt als Bonus<br />
erstmals die ebenfalls 1969 mit Band eingespielten,<br />
unveröffentlichten Bluesnummern<br />
des Duos. Die Angel-Air-Version<br />
jetzt ist identisch, mit drei informativen<br />
Liner-Notes-Aufsätzen (u.a. John Peel)<br />
und klangverbessert.<br />
(Angel Air/Fenn, 1969, 13/77:52) pro<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
JUKEBOX FAVOURITES<br />
Mit jeweils vier prallvollen CDs ist jede<br />
Ausgabe der JUKEBOX FAVOURITES<br />
bestückt. Dabei darf man die Stilgrenzen,<br />
die der jeweilige Untertitel vorgibt,<br />
aber nicht zu eng ziehen. THE BEST OF<br />
ROCKABIL LY liefert so neben typischen<br />
Vertretern dieser Musikrichtung wie John-<br />
Das hochwertige Live-Boxset<br />
mit 3 DVDs plus Live-CD und<br />
Buch zeigt die beeindruckendsten<br />
Live-Momente der Ausnahmekünstlerin,<br />
inklusive all ihrer<br />
Hits, wie Rehab, Valerie,<br />
Back To Black u. v. m.<br />
DVD 1:<br />
A Tribute To Amy Winehouse<br />
by Jools Holland<br />
DVD 2:<br />
BBC One Sessions<br />
Live at Porchester Hall<br />
DVD 3:<br />
The Day She<br />
Came To Dingle<br />
CD:<br />
Live With The BBC<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 53<br />
AMY<br />
WINEHOUSE<br />
LIVE AT THE BBC<br />
Winehouse (1/2-hoch)<br />
AB 09.11.<br />
IM HANDEL!<br />
www.universal-music.de<br />
Jetzt bei:
CD<br />
REVIEWS<br />
ny Burnette, Hal Harris, Johnny Carroll,<br />
Eddie Cochran und Billy Lee Riley auch<br />
Jukebox-Songs von Roy Orbison, Johnny<br />
Cash, Elvis Presley, Webb Pierce, Carl<br />
Perkins oder Dale Hawkins. Noch breiter<br />
ist natürlich das Spektrum der Künstler,<br />
die es auf HITS OF THE 50S AND 60S<br />
zu hören gibt. Hier ist vor allem die Mischung<br />
aus bekannten und weniger geläufigen<br />
Künstlern interessant, stehen Cracks<br />
wie Pat Boone, Connie Francis, die Everly<br />
Bro<strong>the</strong>rs, Del Shannon, Shirley Bassey<br />
und Paul Anka neben eher unbekannten<br />
Namen wie Eden Kane, Michael Holliday,<br />
den Hollywood Argyles, San<strong>to</strong> & Johnny<br />
oder Jerry Keller.<br />
(AP <strong>Music</strong>/Bellaphon, 2012, je 4 CDs) tk<br />
NEIL YOUNG WITH CRAZY<br />
HORSE<br />
PSYCHEDELIC PILL<br />
„Ja, endlich!” werden<br />
all die Fans sagen,<br />
die sich Anfang Juni<br />
dieses <strong>Jahre</strong>s von<br />
der ersten Zusammenarbeit<br />
mit Crazy<br />
Horse seit rund zehn<br />
Jh <strong>Jahre</strong>n etwas anderes erhofft hatten als die<br />
Interpretationen alter amerikanischer Folksongs,<br />
die ihnen Neil Young und Crazy<br />
Horse auf AMERICANA anboten. Gleich<br />
die ersten Töne von PSYCHEDELIC PILL<br />
gehen da in eine ganz andere Richtung, mit<br />
einem 27-minütigen, epischen Ritt durch<br />
ausufernde Gitarrenlandschaften legt dieses<br />
Album los, als seien nur wenige Tage vergangen,<br />
seit man sprachlos und ehrfürchtig<br />
vor Monumenten wie “Cortez The Killer”<br />
oder “Down By The River” stand. “Driftin’<br />
Back” heißt dieses Songmonster, das alles<br />
in sich vereint, was die Zusammenarbeit<br />
von Neil Young mit Poncho Sampedro (g),<br />
Billy Talbot (b) und Ralph Molina (dr) seit<br />
über 30 <strong>Jahre</strong>n ausmacht. Nach diesem Parforceritt<br />
schalten Young & Co. einen Gang<br />
zurück, gibt es Au<strong>to</strong>biografisches (“Born In<br />
Ontario”), Danksagungen an Kollegen wie<br />
Bob Dylan und Hank Williams (“Twisted<br />
Road”) oder mit “Ramada Inn” eine elegische<br />
Road-Trip-Ode. Ohne Zweifel ein<br />
triumphales Werk!<br />
(Reprise/Warner, 2012, 5/51:47,<br />
5/36:00) us<br />
THE TOASTERS<br />
POOL SHARK + 30TH<br />
ANNIVERSARY<br />
Doppelte Freude für Ska-Fans, die Feierlichkeiten<br />
des 30. Geburtstages der Toasters<br />
werden mit zwei neuen Veröffentlichungen<br />
unterstützt. Einmal gibt es das 1987er<br />
POOL SHARK, das außer den elf Originaltiteln<br />
acht weitere Tracks aus zwei zuvor<br />
erschienen EPs enthält. Darauf klingt die<br />
New Yorker Band noch wesentlich (Stil-)<br />
offener, mit abwechselnden Leadstimmen<br />
geht es wild und rau zwischen Rap, Dub,<br />
2-Tone, Dancehall, Punk und klassischem<br />
Ska hin und her. Ausgeglichener dann das<br />
Bild, das die 20 Tracks auf 30TH ANNI-<br />
VERSARY von den Toasters abgeben. Von<br />
“Life In A Bubble” geht es über die “2Tone<br />
Army” und “Dog Eat Dog” bis zu “Don’t<br />
Let The Bastards Grind You Down”. Schade<br />
nur, dass es von dieser Band, die vor<br />
allem auf der Bühne ihre Sternstunden hatte,<br />
mit “Matt Davis” nur ein einziger Live-<br />
Song auf diese Karriererückschau geschafft<br />
hat.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1987, 2012,<br />
19/63:29 + 20/76:29) us<br />
HERBERT<br />
GRÖNEMEYER<br />
I WALK<br />
Vierter englischsprachiger<br />
Anlauf des<br />
zwischen Berlin und<br />
London pendelnden<br />
deutschen Vorzeigemusikers,<br />
auch im<br />
Ausland Tritt zu fassen<br />
– und erstaunlicherweise sind die ersten<br />
Kritikerreaktionen im UK oft positiver<br />
ausgefallen als in der Heimat. Grönemeyer<br />
hat ältere Songs mit englischen Texten bestückt,<br />
dazu auch ein paar neue verfasst,<br />
so dass am Ende fast ein „Best Of” mit<br />
Ergänzungen herausgekommen ist. Highlight<br />
ist das mit funky Hooks angereicherte<br />
“Mensch”, zu dem es auch gleich noch eine<br />
zweite, gemeinsam mit U2s Bono eingesungene<br />
Fassung gibt. Auch “Airplanes”,<br />
die Neufassung von “Flugzeuge im Bauch”,<br />
nötigt Respekt ab. I WALK, das ist majestätischer<br />
Pop-Rock, der zugleich (in Ermangelung<br />
eines deutschen Wortes) sophisticated<br />
ausgefallen ist. Gelungen, weil würdig<br />
und international absolut konkurrenzfähig.<br />
(Grönland/Rough Trade, 2012,<br />
13/53:09) pro<br />
THE LYRES<br />
ON FYRE / LYRES LYRES<br />
Die ersten beiden Alben der Fundamental-Garagen-Rockband<br />
aus Bos<strong>to</strong>n. Als<br />
Mitte der 80er <strong>Jahre</strong> Punk verblüht war,<br />
kam bei den heimatlos dastehenden Fans<br />
ruppiger Klänge die Erinnerung an Ausdrucksformen<br />
der Sixties wieder zu Ehren.<br />
Neo-Garagen-Rock war angesagt, und<br />
die Lyres marschierten unter Führung des<br />
komponierenden Keyboarders und Sängers<br />
Jeff Conolly in der Spitzengruppe mit. Ihr<br />
Debütalbum ON FYRE (1984) ist noch<br />
heute eine Offenbarung: Aus den Vorlagen<br />
kerniger US-Vorbilder und Vorläufer – vor<br />
allem The Seeds und ? & The Mysterians<br />
– sowie kantiger Briten formten The Lyres<br />
ein kochendes Gebräu ohne Wenn & Aber.<br />
Großartig krachende Songs wie “Don’t Give<br />
It Up Now”, “I’m Tellin’ You Girl”, “Dolly”<br />
und “Busy Body” sowie das melodisch<br />
außergewöhnliche “I Really Want You Right<br />
Now” fielen dabei zwangsläufig an. Und die<br />
Cover-Versionen der Kinks-Songs (“Tired<br />
Of Waiting”, “Never Met AGirl Like You”,<br />
“Love Me Till The Sun Shines”) überzeugen<br />
ebenso. Der Nachfolger LYRES LYRES<br />
(1986) setzte diesen Kurs nahtlos & meisterhaft<br />
fort, geriet dabei sogar noch etwas<br />
vielseitiger. Neben Härte-Übungen wie “She<br />
Pays The Rent”, “Busy Men” und “Someone<br />
Who’ll Treat You Right Now” gibt es<br />
auch deutlich melodiebe<strong>to</strong>nte Songs wie “I<br />
Love Her Still, I Always Will”, “Teach Me<br />
To Forget” und “I’ll Try Anyway” und sogar<br />
eine Ballade mit schöner Orgelei (“If You<br />
Want My Love”). Beide Alben wurden mit<br />
fünf bzw. vier Bonus-Tracks aufgemöbelt<br />
und ausgezeichneten Booklets ausgestattet.<br />
(Munster/Cargo, 1984/1986, 16/53:36,<br />
17/58:33) hjg<br />
DARE<br />
CALM BEFORE THE STORM 2<br />
Seit 1985 führt der frühere Thin-Lizzy-Keyboarder<br />
Darren Whar<strong>to</strong>n seine Band Dare an,<br />
in der er auch selbst singt. CALM BEFORE<br />
THE STORM 2 ist das achte Album der<br />
Gruppe und die Fortsetzung/Überarbeitung<br />
des gleichnamigen Album von 1998. Mit<br />
dem damaligen Resultat war Whar<strong>to</strong>n nicht<br />
zufrieden, so dass er das Werk noch einmal<br />
vornahm. Er strich “Still In Love With<br />
You” und integrierte stattdessen mit “Cold<br />
Wind Will Blow” und “Precious” zwei neue<br />
Songs. Jetzt klingt vieles frischer, durchaus<br />
auch moderner, ohne den ursprünglichen<br />
Geist der Stücke zu verraten – und dass Richie<br />
Dews’ Gitarre an Präsenz gewonnen hat,<br />
schadet keineswegs. (Manchmal ein wenig<br />
überfrachteter) Melodic Rock mit dezenten<br />
keltischen Untertönen ist am Ende wieder<br />
herausgekommen, mit dem sich Dare erneut<br />
in der Spitzengruppe des Genres einreihen.<br />
(Legend Records/ADA Warner, 2012,<br />
11/54:08) pro<br />
DEMIS ROUSSOS<br />
ON THE GREEK SIDE OF MY<br />
MIND<br />
Dass<br />
Griechenlands<br />
Prog-Rock-König<br />
Demis Roussos schon<br />
1971, also ein Jahr vor<br />
dem legendären Konzeptalbum<br />
666 seiner<br />
Band<br />
Aphrodite’s<br />
Child, mit ONTHE GREEK SIDE OF MY<br />
MIND ein eigenes ausuferndes Werk dieser<br />
Art veröffentlicht hat, ist im Laufe der <strong>Jahre</strong><br />
fast in Vergessenheit geraten. Der britische<br />
Spezialist für solche Geschichten, Cherry<br />
Red Records, hat diese Perle nun wieder ausgegraben<br />
und lässt sie, frisch remastert und<br />
mit einem neuen Booklet versehen, in neuem<br />
Glanz erstrahlen. Zusammen mit Boris Bergmann<br />
– der später auch für die Aphrodite’s-<br />
Child-Texte verantwortlich war – machte<br />
sich Roussos, unterstützt von griechischen<br />
und französischen Musikern, auf eine Reise,<br />
die sie von traditionellen griechischen Volksweisen<br />
bis zu opulent orchestriertem, hymnischem<br />
Prog-Rock führte. Und über <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong><br />
nach seiner Erstveröffentlichung zeigt dieses<br />
Album erst recht, welchen Platz es in der<br />
Musikgeschichte einnimmt: ein essenzieller<br />
Meilenstein in der Entwicklung von Demis<br />
Roussos.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1971,<br />
12/43:44) us<br />
SILVER HORSES<br />
SILVER HORSES<br />
Der nächste Künstler in der Rubrik „Was<br />
macht eigentlich ...?” ist Tony Martin. Insgesamt<br />
neun <strong>Jahre</strong> lang (1987–1990, 1993–<br />
1997) war er der Sänger von Black Sabbath,<br />
hat mit dieser legendären Band fünf Alben,<br />
darunter TYR und CROSS PURPOSES, veröffentlicht.<br />
2011 hat sich der britische Sänger<br />
in der italienischen Heavy-Metal-Szene umgesehen<br />
und zusammen mit dem Gitarristen<br />
Gianluca Galli (Mantra, Time Machine), Andrea<br />
Castelli (Shabby Trick, Cappanera) am<br />
Bass und Drummer Matteo Bonini die Band<br />
Silver Horses gegründet, die jetzt ihr selbstbetiteltes<br />
Debüt vorlegen. Ziel des Quartetts<br />
ist es, laut Tony Martin, „Led Zeppelin<br />
mit frühen Whitesnake” zu verbinden, also<br />
Rock<br />
hymnischen Rock mit einer kräftigen Prise<br />
Heavy Metal vorzulegen. Dies gelingt über<br />
weite Strecken dann auch sehr gut, darüber<br />
hinaus dürfen hier aber auch Fans von (italienischem)<br />
AOR oder (amerikanischem) Melodic<br />
Rock ein Ohr riskieren, auch da stehen<br />
SILVER HORSES ihren Mann!<br />
(7music/New <strong>Music</strong> Distribution, 2012,<br />
11/49:22) tk<br />
ROD STEWART<br />
THE GREAT AMERICAN<br />
SONGBOOK<br />
„Der Schlüssel ist, diesen<br />
Songs einen eigenen<br />
Stempel aufzudrücken,<br />
weil sie schon so oft<br />
interpretiert wurden –<br />
aber eben nicht von jemandem,<br />
der sonst ‘Hot<br />
Legs’ und ‘Maggie May’<br />
gesungen hat.” ht”So<br />
einfach erklärt Rod Stewart<br />
die Motivation, die ihn dazu brachte,<br />
zwischen 2002 und 2005 vier Alben zu veröffentlichen,<br />
auf denen er sich (Standard-)<br />
Songs großer amerikanischer Komponisten<br />
vornahm. Titel wie “They Can’t Take<br />
That Away From Me” von George und Ira<br />
Gershwin, Cole Portes “Every Time We Say<br />
Goodbye” oder “We’ll Be Toge<strong>the</strong>r” von<br />
Frankie Laine suchte sich der Sänger mit<br />
der markanten Reibeisenstimme für Volume<br />
I aus, Duke Elling<strong>to</strong>ns “Don’t Get Around<br />
Much Anymore”, “My Heart S<strong>to</strong>od Still”,<br />
“Where Or When” und “Bewitched, Bo<strong>the</strong>red<br />
& Bewildered” vom Komponistenduo<br />
Richard Rogers und Lorenz Hart für Volume<br />
II, mit “For Sentimental Reasons”, “What A<br />
Wonderful World”, “Night And Day” oder<br />
“My Funny Valentine” geht der Klassiker-<br />
Reigen auf Volume III und IV weiter. Für<br />
Abwechslung sorgen dazu noch illustre Gäste,<br />
von Stevie Wonder über Dolly Par<strong>to</strong>n<br />
und El<strong>to</strong>n John bis zu Eric Clap<strong>to</strong>n. THE<br />
GREAT AMERICAN SONGBOOK lautet<br />
der Titel der hochformatigen Box, in der<br />
nun diese vier Alben zusammengefasst<br />
wurden, im Booklet erzählt Alan Light aus<br />
der wechselvollen Karriere Stewarts, im<br />
Dokuteil kann man die ausführlichen Produktionsinfos<br />
aller Titel nachlesen.<br />
(J Records/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 4 CDs) tk<br />
NOVALIS<br />
BUMERANG<br />
Auf harsche Ablehnung stieß BUME-<br />
RANG 1984 bei seiner Veröffentlichung<br />
bei Kritikern wie Fans – zu Recht!.<br />
„Stumpf, platt und banal” schrieb damals<br />
ein Kritiker noch relativ zurückhaltend.<br />
Zu abklingenden Hoch-Zeiten der Neuen<br />
Deutschen Welle schwammen Novalis auf<br />
dieser Welle mit oder ihr auch hinterher,<br />
glitten sogar ins trivial Schlagerhafte ab<br />
(“Torero der Nacht”). Das inhaltlich Hintergründige<br />
war ebenso auf der Strecke<br />
geblieben wie die Entfaltung fantasievoller<br />
Klangwelten. Stattdessen gab’s Syn<strong>the</strong>tik-<br />
Pop (“Über S<strong>to</strong>ck und Stein”) – ein bitterer<br />
Tief- und Endpunkt in der His<strong>to</strong>rie dieser<br />
für den Deutsch-Rock durchaus wichtigen<br />
Combo! Positive Ausreißer waren eigentlich<br />
nur “Nimm meine Hand” und das Instrumental<br />
“Espresso”. Mit BUMERANG<br />
lieferten Novalis Schmalz statt Romantik<br />
und reichlich Anlässe zum Fremdschämen.<br />
(MiG/Intergroove, 1984, 10/39:26) pro<br />
Seite 54 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
TYGERS OF PAN TANG<br />
BURNING IN THE SHADE<br />
Anfang der 80er <strong>Jahre</strong> gehörten die Tygers Of<br />
Pan Tang zur zweiten Reihe der New Wave<br />
Of British Metal. Doch als sie den Sprung<br />
ganz nach vorn nicht schafften, schwenkten<br />
1987 Jon Deverill (voc), Steve Lamb (g) und<br />
Brian Dick (dr) mit neuen Begleitern um,<br />
schielten über den großen Teich. Statt rau-melodiösem<br />
Power-Rock war für BURNING IN<br />
THE SHADE mainstreamiger AOR angesagt<br />
mit dominanten, oft syn<strong>the</strong>tischen Keyboardspielereien.<br />
Dabei konnte die Band doch noch<br />
satt abrocken, wie sie mit “Hit It” zumindest<br />
andeutete! Auch wenn handwerklich alles<br />
gut gemacht war, fehlten Esprit und eigene<br />
Handschrift, zumal die Fans den neuen Weg<br />
nicht mitgingen. Kein Wunder, dass die Band<br />
sich wenig später auflöste. Bei der Neuauflage<br />
gibt’s als Bonus den Videotrack “Waiting”<br />
(bezeichnenderweise vom 85er Album THE<br />
WRECK AGE).<br />
(Lemon/Cherry Red/Rough Trade, 1987,<br />
10/37:16) pro<br />
VELVET UNDERGROUND<br />
& NICO<br />
THE VELVET UNDERGROUND<br />
& NICO (45TH ANNIVERSARY<br />
EDITION)<br />
Das bekannteste Zitat zum Debüt von Velvet<br />
Underground stammt von Brian Eno. Der<br />
ehemalige Roxy-<strong>Music</strong>-Keyboarder sagte<br />
einmal, nur etwa 5000 Leute hätten das Album<br />
gekauft, „aber jeder von ihnen gründete<br />
eine Band”. Die im März 1967 veröffentlichte<br />
LP THE VELVET UNDERGROUND &<br />
NICO, auf der die deutsche Schauspielerin<br />
Nico (bürgerlich Christa Päffgen) für ein<br />
paar Lieder das Mikro von Lou Reed übernahm,<br />
war zwar kommerziell ein Misserfolg.<br />
Sie erwies sich jedoch auf längere Sicht als<br />
ebenso einflussreich wie SGT. PEPPER’S<br />
oder PET SOUNDS. Ob David Bowie, Can,<br />
The S<strong>to</strong>oges oder Sonic Youth, ob Punk,<br />
Gothic, Grunge oder Noise-Rock – sie alle<br />
wurden von dem Album mit Andy Warhols<br />
berühmtem Bananen-Cover inspiriert. Zum<br />
45. Jubiläum erscheint nun ein Neu-Remaster<br />
in unterschiedlichen Versionen. Neben einer<br />
6-CD-Box gibt es eine 2-CD-Edition sowie<br />
eine Einzel-Silberling- bzw. Vinyl-Ausgabe.<br />
Das Sechser-Set beinhaltet die Stereo- und<br />
Monoversionen des Originalalbums sowie<br />
bislang unveröffentlichte Alternativversionen<br />
und Probenmitschnitte aus Warhols Fac<strong>to</strong>ry.<br />
Enthalten ist zum ersten Mal offiziell auch<br />
die Azetat-Pressung vom April 1966, die ersten<br />
Studio-Aufnahmen der Band in den New<br />
Yorker Scepter-Studios, mit denen sie sich<br />
um einen Plattenvertrag bewarb. Zudem gibt<br />
es einen Livemitschnitt vom November 1966<br />
aus Columbus, Ohio. Überdies liegt der Box<br />
Nicos 1967er Debütalbum CHELSEA GIRL<br />
bei, dessen Songs zum Teil aus der Feder<br />
der VU-Mitglieder John Cale und Lou Reed<br />
stammen. Die 2-CD-Ausgabe umfasst die<br />
Stereoversion sowie die Fac<strong>to</strong>ry-Proben und<br />
die Scepter-Studiosessions.<br />
(Verve/Universal, 1967/2012) frs<br />
AEROSMITH<br />
MUSIC FROM ANOTHER<br />
DIMENSION<br />
Im Jahr 2004 gab es<br />
mit HONKIN’ ON<br />
BOBO ja immerhin<br />
ein Cover-Album als<br />
Lebenszeichen, jetzt<br />
haben<br />
Aerosmith<br />
nach elf <strong>Jahre</strong>n wieder<br />
ein Album mit neuen Songs veröffentlicht.<br />
MUSIC FROM ANOTHER DIMEN-<br />
SION haben Steven Tyler (voc), Joe Perry<br />
(g), Brad Whitford (g), Tom Hamil<strong>to</strong>n (b)<br />
und Joey Kramer (dr) – also immer noch<br />
die Originalbesetzung – ihr neues Werk<br />
genannt. Doch keine Angst, statt neuartige<br />
Musik aus einer anderen Dimension anzustimmen,<br />
sind sich Aerosmith treu geblieben,<br />
spielen im Prinzip nichts anderes als<br />
die Musik, die man von ihnen gewöhnt ist<br />
– und erwartet! Heavy-Metal-Hymnen wie<br />
die erste Single “What Could Have Been<br />
Love”, Midtempo-Power-Balladen wie das<br />
Duett mit Carrie Underwood “Can’t S<strong>to</strong>p<br />
Lovin’ You”, rotzige Punk-S<strong>to</strong>mper wie<br />
“Lover Alot” oder straighte Rock’n’Roll-<br />
Kracher wie “Freedom Fighter”, bei dem<br />
kein Geringerer als Johnny Depp als Backgroundsänger<br />
zu hören ist.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 15/68:06) tk<br />
RAY STINNETT<br />
A FIRE SOMEWHERE<br />
Nach Teenie-Band und Duo-Auftritten in<br />
Kneipen und Nachtclubs landet Ray Stinnett<br />
mit gerade mal 20 <strong>Jahre</strong>n bei Sam The Sham<br />
& The Pharaos, mit denen er mit “Woolly<br />
Bully” 1965 einen Riesenhit hat. Nach den<br />
üblichen Streitereien, die so ein schneller<br />
und unerwarteter Erfolg nach sich zieht, trennen<br />
sich die Pharaos (inklusive Stinnett) von<br />
Sam und benennen sich in The Violations<br />
um. 1967 macht sich Stinnett als Komponist<br />
selbstständig, zieht mit Frau und Sohn nach<br />
San Francisco. Freundet sich dort mit Booker<br />
T. Jones an, der mit ihm ein Album aufnimmt,<br />
das bis heute verschollen ist. Dann geht es<br />
nach Memphis, wo er mit Booker T. Jones’<br />
Unterstützung und seinen alten Freunden Jerry<br />
Peterson (die andere Hälfte des eingangs<br />
erwähnten Duos) und Mike Plunk ein Album<br />
voller bunter Musik aufnimmt – heiße Country-Twang-Nummern,<br />
souliger Boogie-Woogie<br />
und psychedelische Pop-Exkursionen. Als<br />
die LP mit dem Titel A FIRE SOMEWHERE<br />
fertig zur Veröffentlichung ist, gibt es Streit<br />
über die Art der Promotion, die Plattenfirma<br />
möchte Stinnett zum Superstar aufbauen, der<br />
wiederum möchte nur seine LP in den Läden<br />
stehen sehen. Kurzerhand schnappt sich Stinnett<br />
seine Tapes und lebt sein Vagabundenleben<br />
weiter. Jetzt erscheint diese Musik aus<br />
einer anderen Galaxie, also mit <strong>40</strong>-jähriger<br />
Verspätung, dafür aber in einem herrlich gestalteten<br />
Digipak, mit einem noch herrlicheren<br />
Booklet, in dem es die Geschichte, die<br />
Bilder und die Song-By-Song-Kommentare<br />
von Ray Stinnett gibt. Irre S<strong>to</strong>ry!<br />
(Light In The Attic/Cargo, 2012,<br />
14/52:56) us<br />
TOM GILLAM<br />
GOOD FOR YOU<br />
„Welcome once again ...” liest man, wenn<br />
man Tom Gillams neue CD aus der Halterung<br />
löst, „Tom Gillam is GOOD FOR<br />
YOU”, darauf weist einen der eindringlich<br />
blickende Herr mit ausgestrecktem Zeigefinger<br />
auf dem Backcover hin. Auch musikalisch<br />
beginnt dieses Album so entspannt, so<br />
freundlich, so gelassen, dass man sich kaum<br />
noch an den kräftigen Roots-Rock erinnern<br />
mag, mit dem Tom Gillam vor gut zehn<br />
<strong>Jahre</strong>n noch stilistischer Kollege von John<br />
Mellencamp, Bob Seger oder John Hiatt war.<br />
Doch ebenso wie mit seiner (Teilzeit- & Neben-)Band<br />
US Rails – zusammen mit Ben<br />
Arnold, Joseph Parsons, Scott Bricklin und<br />
Matt Muir – oder als Duo mit Todd Thibaud<br />
lässt er nun mehr Folk- und Country-Einflüsse<br />
zu, ist seine Musik über die letzten drei<br />
Alben hinweg ein gutes Stück in Richtung<br />
Americana gedriftet. Und somit schließt sich<br />
auch wieder der Kreis zum Titel des Albums,<br />
GOOD FOR YOU ist nämlich alles andere<br />
als eine leere Versprechung, Tom Gillams<br />
Songs klingen einfach zu gut, als dass er<br />
im letzten Stück augenzwinkernd drohen<br />
müsste : „You Better Be Good (To Me)!”<br />
(Blue Rose/Soulfood, 2012, 12/55:44) us<br />
MAD MOON<br />
CHAPTER III<br />
Über ein Jahr lang<br />
haben Mad Moon aus<br />
dem baden-württembergischen<br />
Öhringen<br />
an ihrem dritten<br />
Longplayer gebastelt.<br />
War der progressive<br />
Rock auf den beiden ersten Alben noch stark<br />
von Tom Schmidts Wechselspielen zwischen<br />
seiner 30 <strong>Jahre</strong> alten Orgel und modernen<br />
Syn<strong>the</strong>sizerklängen dominiert, lässt Rainer<br />
Webers Leadgitarre die neuen Songs auf<br />
CHAPTER III auch mal in Richtung Melodic-Rock-Gefilde<br />
driften. Der so entstehende<br />
vielschichtige Klangkosmos erinnert über<br />
weite Strecken an gute alte 70er-<strong>Jahre</strong>-Klänge,<br />
als der verspielte Prog-Rock von Bands<br />
wie Eloy, Anyone’s Daughter oder den frühen<br />
Genesis seine fruchtbarsten Zeiten erlebte. In<br />
diesem Sinne ist das dritte Album von Mad<br />
Moon dann nicht nur eine erwartete Weiterentwicklung<br />
des bisherigen Stiles, sondern<br />
bietet auch neue Töne, die dem Album so<br />
richtig gut tun, die der klasse Musik eine weitere<br />
Facette hinzufügt!<br />
(Mad Moon Records/CMS, 2012,<br />
10/58:25) us<br />
DONALD FAGEN<br />
SUNKEN CONDOS<br />
Erneut ein Meisterwerk! Fagens cooles<br />
Songwriting bildet die Basis für völlig<br />
pathos-freien Gesang, der im Dienste eines<br />
stilsicheren Mixes aus smoo<strong>the</strong>m City-<br />
Rock, Funk-Einarbeitungen, Pop-Spritzern<br />
und Jazz-Verquickungen steht. Fagens Arbeit<br />
an den Tasten versprüht eine unterkühlte<br />
Eleganz und Präzision, der sich die feinen<br />
Rhythmus-Arbeiter an Bass & Drums und<br />
die swingende Bläser-Crew gern anschließen.<br />
Dazu kommen meist eher unauffällige,<br />
aber perfekte Gitarrentöne. Der Song-Zyklus<br />
über untergegangene Apartmenthäuser,<br />
die Liebe in Zeiten der Finanzkrise und<br />
sogar ein verwegener Ausflug zum “Planet<br />
Rock<br />
D’Rhonda” enthält mit “Slinky Thing”,<br />
“Wea<strong>the</strong>r In My Head”, “Miss Marlene”<br />
und “Good Stuff” einige der besten Fagen-<br />
Songs der letzten 30 <strong>Jahre</strong>.<br />
(Reprise/Warner, 2012, 9/44:14) hjg<br />
THE STEVE MILLER BAND<br />
CILDREN OF THE FUTURE +<br />
SAILOR + BRAVE NEW WORLD<br />
+ YOUR SAVING GRACE +<br />
NUMBER 5<br />
Fällt der Name Steve<br />
Miller Band,<br />
denken die meisten<br />
an die großen Hits<br />
aus den Siebzigern<br />
wie “The Joker”,<br />
“Fly Like An Eagle”<br />
oder “Abracadabra” b aus den Achtzigern.<br />
Doch zu Beginn seiner Karriere spielte der<br />
„Space Cowboy” psychedelische Musik in<br />
allen Facetten, die erst in den letzten <strong>Jahre</strong>n<br />
entsprechend gewürdigt wird. Edsel, eins<br />
der führenden Labels auf dem Reissue-<br />
Markt, hat nun klanglich verfeinerte CDs<br />
in sechsseitigen Digipaks mit Booklets auf<br />
den Markt gebracht, bei denen jeder US-<br />
Rock-Fan zuschlagen muss. CILDREN<br />
OF THE FUTURE bewegt sich zwischen<br />
psychedelischen Klangcollagen, Westcoast<br />
mit starkem San-Fancisco-Flair und hauchzarten<br />
Titeln (der Bonus-Track “Sittin’ In<br />
Circles”). Klasse Album, kein einziger Ausfall!<br />
Auf SAILOR gelang Miller die Quadratur<br />
des Kreises, da er sich als hervorragender<br />
Komponist präsentierte (“Dear Mary”),<br />
kräftigen Rockeinfluss in den Sound integrierte,<br />
aber immer noch verspielt-psychedelisch<br />
blieb. BRAVE NEW WORLD ist<br />
natürlich für jeden Beatles-Fan ein Muss, da<br />
Paul McCartney unter dem Pseudonym Paul<br />
Ramon auf dem Track “My Dark Hour” als<br />
Drummer, Background-Sänger und Bassist<br />
gastierte. Obwohl Millers Weggefährten<br />
Boz Scaggs und Jim Peterman die Band<br />
verlassen hatten, gelang ihm ein Album,<br />
das dem Gesamtwerk in nichts nachsteht.<br />
YOUR SAVING GRACE bewegt sich tendenziell<br />
ein wenig in Richtung Blues und<br />
Rock, gefiel den Hippies im Golden Gate<br />
Park aber immer noch, besonders wegen<br />
des offenen und freigeistigen Klangbildes.<br />
Kaum zu glauben, aber auch auf NUMBER<br />
5 kann Miller seine Kreativität voll ausspielen,<br />
ohne sich zu wiederholen oder bei anderen<br />
zu kopieren. Mit “Good Morning” und<br />
“Never Kill Ano<strong>the</strong>r Man” befinden sich<br />
zwei seiner attraktivsten Titel auf der Platte.<br />
Empfehlenswerte Neuauflagen, die ältere<br />
Reissues meilenweit überragen.<br />
(Edsel/Soulfood, 1968, 12/41:25 + 1968,<br />
10/34:33 + 1969, 9/29:59 +1969, 8/37:36<br />
+ 1970, 10:36:22) fl<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 55
LP<br />
AGITATION FREE<br />
MALESCH + 2ND<br />
REVIEWS<br />
Nach hder CD-Wiederveröffentlichung der beiden<br />
ersten Alben der Krautrockband Agitation<br />
bi<br />
Free vor vier <strong>Jahre</strong>n legt nun das Label MiG<br />
mit schön edierten, klanglich guten Vinylausgaben<br />
nach. MALESCH (1972) und 2ND<br />
(1973) rechnen Kenner zu den besten Werken<br />
des frühen Krautrock. MALESCH entstand,<br />
nachdem die Berliner Combo auf Einladung<br />
des Goe<strong>the</strong>-Instituts durch Ägypten, Libanon,<br />
Zypern und Griechenland ge<strong>to</strong>urt war. Der<br />
Trip gen Osten hinterließ Eindruck bei den<br />
Musikern, mitunter sind Ethno-Instrumente<br />
oder arabische Tonskalen zu hören. Allerdings<br />
gehen Agitation Free in ihrer Verschmelzung<br />
von Ost und West nicht so weit wie etwa Embryo<br />
auf ihren Goe<strong>the</strong>-Institut-Tourimpressionen<br />
EMBRYO’S REISE. Die Musik ist eher<br />
als frei fließender, von jazzigen Grooves getragener<br />
Electric Space-Rock zu beschreiben.<br />
Diesem Konzept blieben die Mannen um den<br />
Gitarristen Lutz „Lüül” Ulbrich (heute bei den<br />
17 Hippies) auch auf 2ND weitgehend treu.<br />
Allerdings brachte der neue zweite, Jazz- und<br />
Westcoast-versierte Gitarrist Stephan Diez,<br />
der für Jörg Schwenke kam, einen neuen<br />
Sound ein. Den Improvisationen der Gitarrendoppelspitze<br />
Ulbrich/Diez haftet eine sonnige<br />
Leichtigkeit an, die an die kalifornischen<br />
Quicksilver Messenger Service erinnert. Insgesamt<br />
ist 2ND das rundere Album der beiden<br />
Krautrock-Meisterwerke.<br />
(MiG/Intergroove, 1972 + 1973,<br />
7/<strong>40</strong>:01 + 7/41:37) frs<br />
JETHRO TULL<br />
THICK AS A BRICK 1 & 2<br />
1972 veröffentlichten<br />
Jethro Tull mit<br />
THICK AS A TRICK<br />
ihr fünftes Album –<br />
mit einem einzigen,<br />
44 Minuten langen<br />
Song. Gedacht war<br />
es als Persiflage auf den „Konzeptalbum-<br />
Wahn”, den Frontmann Ian Anderson bei<br />
ihrem letzten Werk, AQUALUNG, den Kritikern<br />
bescheinigte. Folglich überzeichneten<br />
Jethro Tull alle (musikalischen) Kennzeichen<br />
eines Konzeptalbums und erfanden<br />
dazu noch eine unglaubwürdige S<strong>to</strong>ry über<br />
ein episches Gedicht, das von einem Achtjährigen<br />
namens Gerald Bos<strong>to</strong>ck stammen<br />
sollte. „If <strong>the</strong> critics want a concept album<br />
we’ll give <strong>the</strong> mo<strong>the</strong>r of all concept albums<br />
and we’ll make it so bombastic and so over<br />
<strong>the</strong> <strong>to</strong>p”, so Ian Anderson 2009. Das Ganze<br />
muss der Band aber so viel Spaß gemacht<br />
haben, dass sie im April dieses <strong>Jahre</strong>s mit<br />
THICK AS A BRICK 2 (Review Good-<br />
Times 3/2012) der Geschichte um Gerald<br />
Bos<strong>to</strong>ck ein zweites Kapitel anhängten. Beide<br />
Alben als hochwertige 180g Pressungen<br />
(remastert von Steven Wilson), dazu ein<br />
80-seitiges Buch voller Bilder, Zeitungsausschnitte,<br />
Tourberichte, Studio-Erinnerungen,<br />
Songtexte (u.a. auch in der deutschen Übersetzung)<br />
und (echte und fiktive) Interviews.<br />
Daneben erscheint das Album auch als <strong>40</strong>TH<br />
ANNIVERSARY SET, bei dem die remasterte<br />
Platte als CD sowie als Audio-DVD in<br />
zahlreichen audiophilen Abmischungen enthalten<br />
ist und das Begleitbuch gleichzeitig<br />
vom LP- auf DIN A5-Format schrumpfte.<br />
(EMI, 2012, 2 LPs)<br />
us<br />
FLEETWOOD MAC<br />
THE PIOUS BIRD OF GOOD<br />
OMEN<br />
Eigentlich war THE<br />
PIOUS BIRD OF<br />
GOOD OMEN gar<br />
kein „richtiges” Album<br />
von Fleetwood<br />
Mac. Vielmehr wurden<br />
auf dieser 1969<br />
veröffentlichten LP die ersten vier UK-Singles<br />
(inkl. B-Seiten) sowie zwei Stücke zusammengefasst,<br />
bei denen Peter Green (voc, g, harp),<br />
Jeremy Spencer (voc, g, p), Danny Kirwan (g),<br />
John McVie (b) und Mick Fleetwood (dr) vom<br />
amerikanischen Bluesmusiker Eddie Boyd<br />
unterstützt wurden. So erklärt sich auch die<br />
hohe musikalische Qualität dieser LP, die im<br />
Nachhinein ja nichts anders ist als eine (zugegebenermaßen<br />
sehr frühe) „Best Of”, die neben<br />
selbst verfassten, erfolgreichen Titeln wie<br />
“Albatross” und “Black Magic Woman” auch<br />
klassischen Blues(-Rock) von Elmore James<br />
und Eddie Boyd präsentiert. Die Tonqualität<br />
der 180g-Pressung ist trotz altersbedingter Patina<br />
unglaublich transparent, schließt man die<br />
Augen, könnte man meinen, Mick Fleetwood<br />
hätte seine Hi-Hat direkt vor einem im heimischen<br />
Wohnzimmer, aufgebaut.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1969,<br />
12 Tracks) us<br />
THELONIOUS MONK<br />
IT’S MONK TIME<br />
Unberechenbar,<br />
exzentrisch,<br />
manisch<br />
und grenzüberschreitend<br />
– alles Adjektive,<br />
die auf einen der<br />
wichtigsten Jazzmusiker<br />
des 20. Jahrhunderts<br />
zutreffen, der besonders durch seine<br />
Konzentration auf dissonante Harmonien<br />
bei Genrefans ankam. Doch erst ab 1962,<br />
nachdem er mit Columbia einen Vertrag abgeschlossen<br />
hatte, ereichte er ein größeres<br />
Publikum. Zusammen mit Charlie Rouse (ts),<br />
Butch Warren (b) und Ben Riley (dr) spielte<br />
der legendäre Pianist zwischen Januar und<br />
März 1964 eines seiner wohl bekanntesten<br />
Werke ein – IT’S MONK TIME. Hier konnte<br />
er sich aufgrund der gemäßigten Melodieführung<br />
ein neues Publikum erspielen, ohne<br />
es dabei an rhythmischer Komplexität fehlen<br />
zu lassen (“Lulu’s Back In Town”). Subtilität<br />
beim Songwriting (“Memories Of You”) gepaart<br />
mit swingenden Songs (“Stuff Turkey”)<br />
stehen für die gekonnte Gratwanderung zwischen<br />
seinen vielen Welten. Erstklassig!<br />
(Speakers Corner, 1964, 6 Tracks) at<br />
ANN PEBBLES<br />
STRAIGHT FROM THE HEART<br />
Ann Pebbles? Der<br />
Name der schwarzen<br />
Sängerin wird vielen<br />
zuerst nichts sagen,<br />
doch ihr erster großer<br />
Hit “I Can’t Stand The<br />
Rain” (nicht auf der<br />
Platte enthalten), der einige <strong>Jahre</strong> später von<br />
der Disco-Combo Eruption in die Charts gehievt<br />
wurde, hat eine erstaunlich hohe Halbwertszeit<br />
bewiesen. Auf ihrem 72er-Album<br />
gibt sich die Dame mit der beseelten Stimme<br />
recht bodenständig und zelebriert Black <strong>Music</strong>,<br />
wie die Hörer des Stils es lieben. Bei “I<br />
Feel Like Breaking Up Somebody’s Home<br />
Tonight” taucht sie in Soulgefilde ab, wohingegen<br />
“Trouble, Heartaches & Sadness”<br />
durch das geschmackvoll arrangierte Orchester<br />
gefällt. Als Anspieltipp kann “I Pity The<br />
Fool” genannt werden, denn hier zeigt sie ihre<br />
stimmliche Ausdruckskraft in vollem Umfang.<br />
Empfehlung!<br />
(Speakers Corner, 1972, 10 Tracks) at<br />
BILLY JOEL<br />
PIANO MAN<br />
Der Titel eines seiner<br />
erfolgreichsten (und<br />
immer noch besten)<br />
Alben wurde für Billy<br />
Joel schnell zum<br />
Spitznamen: PIANO<br />
MAN. Erwartet hatte<br />
man so ein Meisterwerk 1973 allerdings<br />
nicht. Denn nach dem relativ erfolglosen<br />
Debüt COLD SPRING HARBOUR und<br />
den daraus resultierenden Streitigkeiten<br />
mit seiner alten Plattenfirma wechselte<br />
Joel zum Branchenriesen Columbia. Und<br />
dort stellte man ihm mit Banjo-Ass Eric<br />
Weissberg, der Elvis-Presley-Rhythmusfraktion,<br />
bestehend aus Schlagzeuger Ronnie<br />
Tutt und Bassist Emory Gordy, sowie<br />
dem Gitarristen Larry Carl<strong>to</strong>n, Dean Parks<br />
und Richard Bennett die idealen Mitstreiter<br />
an die Seite, um seine edlen Songs zwischen<br />
Singer/Songwriter-Pop und Country<br />
passend zu instrumentieren. Herausragend,<br />
neben dem Titeltrack, immer noch “The<br />
Ballad Of Billy The Kid”, bei dem Joel<br />
den Outlaw mit gleichem Vornamen zwar<br />
his<strong>to</strong>risch unkorrekt, aber – besonders im<br />
letzten Vers – mit deutlich au<strong>to</strong>biografischen<br />
Bezügen schildert. Ein Meisterwerk,<br />
das durch die audiophile 180g-Pressung<br />
besser als je zuvor klingt.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1973,<br />
10 Tracks) tk<br />
ALCATRAZ<br />
VAMPIRE STATE BUILDING<br />
Die<br />
Hamburger<br />
hatten als Blues-<br />
Rock-Coverband begonnen,<br />
wechselten<br />
dann 1971 auch für<br />
ihr einziges Album<br />
zu<br />
progressiven,<br />
jazz-rockigen Eigengewächsen, die für das<br />
Publikum gewöhnungsbedürftig sein mochten,<br />
aber sicherlich einen größeren Sog auslösten<br />
als weitere Savoy-Brown-Anleihen.<br />
Manches klingt scheppernd, weniger ausgereift<br />
– so folgt im Opener “Simple Headphone<br />
Mind” auf eine ansprechende Herbie-<br />
Mann-Passage eine persiflierte Blaupause<br />
der ersten Blackmore-Breitseite in Deep<br />
Purples CONCERTO FOR GROUP AND<br />
ORCHESTRA: interessant allemal. Neben<br />
drei kürzeren Titel präsentieren Rüdiger<br />
Berghahn (voc, p), Klaus Holst (g), Klaus<br />
Nagurski (fl, sax) und Ronald Wilson (b)<br />
im 13-minütigen Titelopus auf dem Friedhof<br />
eine gar dürre Schöne im Negligé, die<br />
Vinyl<br />
sich zu allerlei Quälereien anschickt – angereichert<br />
mit Amon-Düül-esken instrumentalen<br />
Breitseiten mit Tempowechseln<br />
und Schlagzeugsolo von Jan Rieck. Ansprechendes<br />
Zeitdokument.<br />
(Malesch/Long Hair <strong>Music</strong>, 1971,<br />
5 Tracks) utw<br />
J.J. CALE<br />
COLLECTED<br />
Einen echten Schatz<br />
hält man mit dieser<br />
Dreifach-LP in Händen,<br />
sowohl was die<br />
Aufmachung<br />
als<br />
auch was den Inhalt<br />
angeht. Von den ursprünglich<br />
h60T Tracks der 2006er CD-Version<br />
sind immerhin noch 49 übriggeblieben,<br />
eine Reduktion, die durch die exzellente<br />
Tonqualität der audiophilen 180g-Scheiben<br />
mehr als wettgemacht wird. Natürlich<br />
stammt das Gros der Auswahl aus den<br />
70ern und frühen 80ern, wer wie J.J. Cale<br />
in dieser Zeit Songs wie “After Midnight”,<br />
“Call Me The Breeze”, “Changes”, “Cocaine”,<br />
“Carry On” oder “Cajun Moon”<br />
geschrieben und veröffentlicht hat, wer<br />
dazu noch in den 90er <strong>Jahre</strong>n mit vielbeachteten<br />
Spätwerken und Kollaborationen<br />
seine Klasse bewies, der kann ohne Probleme<br />
mehrere LPs mit hochklassigem<br />
Material füllen. Eine seltene Ausnahme<br />
auch das mehrseitige, LP-große Booklet,<br />
das COLLECTED beiliegt. Neben einer<br />
kurzen Einführung in Cales Werk lädt es<br />
mit Songlisten und großformatigen Bildern<br />
zum entspannten Blättern ein.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 2006,<br />
3 LPs, 49 Tracks) us<br />
HARRY NILSSON<br />
SON OF SCHMILSSON<br />
Auch in den 70er <strong>Jahre</strong>n<br />
funktionierte das<br />
Musikbusiness nach<br />
der alten Regel „Never<br />
change a winning<br />
team”. So forderte<br />
die Plattenfirma von<br />
Harry Nilsson einen möglichst schnellen<br />
Nachfolger zu seinem 1971er Erfolgsalbum<br />
NILSSON SCHMILLSON. Möglichst<br />
mit ähnlichem Titel – der mit SON OF<br />
SCHMILSSON schnell gefunden war –,<br />
und natürlich mindestens genauso guter Musik.<br />
Doch da kannten die Plattenbosse den<br />
exzentrischen Amerikaner scheinbar nicht<br />
gut genug, sonst hätten sie eigentlich wissen<br />
müssen, dass der sein Hauptaugenmerk<br />
noch nie auf unbedingten kommerziellen<br />
Erfolg gelegt hatte. Mit einer namhaften Musikerschar,<br />
darunter Nicky Hopkins, Chris<br />
Spedding, George Harry-son (!), Richie<br />
Snare (aka Ringo Starr), Klaus Voormann,<br />
Peter Framp<strong>to</strong>n und Lowell George macht<br />
sich Harry Nilsson im Laufe des Albums auf<br />
eine bizarre Reise durch orchestralen Singer/<br />
Songwriter-Pop, verzerrte Rock’n’Roll-Kracher,<br />
schräge, Akkordeon-unterstützte Chormusik<br />
und allerlei andere, spleenige Klangexperimente.<br />
Neben dickem 180g-Vinyl<br />
liefert diese Wiederveröffentlichung auch<br />
das originale 60x90-cm-Poster, auf dessen<br />
Rückseite genug Platz für alle Songtexte ist.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1972,<br />
11 Tracks) tk<br />
Seite 56 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
LP<br />
REVIEWS<br />
PELL MELL<br />
FROM THE NEW WORLD<br />
Der Titel täuscht nicht – die ersten 16 Minuten<br />
dieses zweiten Albums der Marburger Formation<br />
mit Frumpy- und Classic-Purple-Nähe<br />
waren 1973 der 9. Sinfonie “Aus der Neuen<br />
Welt” von An<strong>to</strong>n Dvorak gewidmet, geprägt<br />
von Ot<strong>to</strong> Puschs Orgel- und Pianofertigkeiten.<br />
Er weist bei Bachs “Toccata” eine angenehme<br />
Nähe zum Classic-Meets-Jazz Rick van der<br />
Lindens von den niederländischen Mitbewerbern<br />
Ekseption auf. Bei “Suite I” und “Suite<br />
II” übernimmt Dietrich J. Noll die Tasten, teilt<br />
sich die instrumentale Hauptrolle erneut mit<br />
den Violinen- und Querflötenkünsten Thomas<br />
Schmitts. Jörg Götzfried (b) und Mitch<br />
Kniesmeijer (dr) sorgen wie auf dem Debüt<br />
MARBURG für einen perkussiv-jazzigen<br />
Teppich, während die hohen Leadvocals von<br />
Rudolf Schön selbstsicherer, vom Drama<br />
her dosierter und Yes-mäßig Chor-gestützt<br />
daherkommen. Nette Zugabe: Gerade wenn<br />
einem zum Schluss mal ein beherzter Gitarreneinsatz<br />
fehlt, grätscht Andy K. auf “Suite<br />
II – Deficiency” expressiv ins Klangbild: rockiges<br />
Finale.<br />
(Malesch/Long Hair <strong>Music</strong>, 1973,<br />
5 Tracks) utw<br />
McCHURCH SOUNDROOM<br />
DELUSION<br />
Eine der begehrtesten<br />
Krautrock-Scheiben<br />
stammt aus der<br />
Schweiz.<br />
Originale<br />
werden<br />
mittlerweile<br />
für 600 Euro gehandelt,<br />
und das hat auch<br />
seinen Grund, denn hier stimmen Musik,<br />
Cover und Individualität überein. Glücklicherweise<br />
hat das Münchner Reissue-Label<br />
Ohrwaschl Records diesen Schatz gehoben<br />
und nun in einer strengstens limitierten 500er-<br />
Auflage veröffentlicht. Eine Reproduktion des<br />
Original-Flyers, ein Hochglanz-cellofaniertes<br />
Klappcover und das kolorierte, blutrote Vinyl<br />
(erweckt jeden Vampir aus dem Mittagsschlaf)<br />
machen einen vorbildlichen Eindruck.<br />
Die Musik? Hammondorgel, eine Flöte im<br />
Jethro-Tull-Stil, eine starke Gitarre und meist<br />
harte, im Blues verwurzelte Songs werden in<br />
einem einzigartigen Stil dargeboten, der auch<br />
Fans von Frumpy, Birth Control, Epitaph, Gift<br />
oder Gila gefallen wird. Eine der schönsten<br />
Vinylausgaben des <strong>Jahre</strong>s. Empfehlung!<br />
(Ohrwaschl Records, 1971, 6 Tracks) fl<br />
JOHN COUGAR<br />
MELLENCAMP<br />
SCARECROW<br />
Zusammen mit Bruce<br />
Springsteen<br />
dominierte<br />
John Cougar<br />
Mellencamp Mitte der<br />
80er <strong>Jahre</strong> den nordamerikanischen<br />
Heartland-Rock,<br />
Springsteen war dabei dbieher städtisch fixiert,<br />
Mellencamp deckte den ländlichen Part ab.<br />
Bestes Beispiel hierfür ist das LP-Cover –<br />
Mellencamp in sich gekehrt am Weidezaun<br />
– des äußerst erfolgreichen Albums SCARE-<br />
CROW aus dem Jahr 1985, das sowohl in den<br />
USA als auch in Kanada mit jeweils fünffach<br />
Platin ausgezeichnet wurde. Von den drei<br />
Top-Ten-Hits war “R.O.C.K. In The USA (A<br />
Salute To 60’s Rock)” mit Platz 2 am erfolgreichsten,<br />
ein Song, in dem die Klasse von<br />
Frankie Lymon, Bobby Fuller, Martha Reeves,<br />
Jackie Wilson und James Brown gepriesen<br />
wurde. Neben Mellencamps Großmutter<br />
(Leadvocals auf “Grandma’s Theme”) sind<br />
auch Rickie Lee Jones (Backgroundvocals<br />
auf “Between A Laugh And Tear”) sowie Ry<br />
Cooder (Slideguitar auf “The Kind Of Fella<br />
I Am”) zu hören. Gegenüber der ziemlich<br />
flach klingenden Original-CD aus den 80ern<br />
klingt die audiophile 180g-Pressung weit<br />
überlegen, behauptet selbst im Vergleich<br />
zum weitaus besseren 2005er Reissue noch<br />
einen knappen Vorsprung.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1985,<br />
12 Tracks) us<br />
SUZI CHUNK<br />
GIRL FROM THE NECK DOWN<br />
Kaum hört man in Miss Chunk – benannt<br />
nach ihrer Ex-Band Dark Chunk – so etwas<br />
wie die Tochter von Lulu oder empfindet sie<br />
als Enkelin Dusty Springfields, steht das in<br />
den Notes. Es stimmt aber – dabei macht die<br />
muntere, leicht angeraute Sängerin keines-<br />
wegs künstlich auf Retro, sondern liebt und<br />
lanciert tanzbaren Sixties-Soul, als hätte sie<br />
bis zum sechsten Lebensjahr gar nicht gewusst,<br />
dass es andere Musik überhaupt gibt.<br />
Die junge, in Cardiff lebende Sängerin ließ<br />
sich von ihrem Gitarristen/Keyboarder Glenn<br />
Prangnell ein Dutzend Preziosen schreiben:<br />
“For The Millionth Time” mag der “Keep On<br />
Running”-Rhythmus wiederholt werden, zum<br />
Opener passt er. “Got Any Mantras” verbreitet<br />
“Dancing In The Street”-Feeling”, in “Look<br />
Back And Laugh” tritt Bruce Brand als Hank<br />
Marvin auf, überlässt aber John Littlefair ein<br />
schönes Trompetensolo. Suzi Chunk kann als<br />
Jung-Ausgabe von Sharon Tandy aber auch<br />
swingen – “I Can’t S<strong>to</strong>p The Rain” sprüht vor<br />
Charme. Eine Entdeckung.<br />
(State Records/ Import, 2012,<br />
12 Tracks) utw<br />
SPIRIT<br />
THE FAMILY THAT PLAYS<br />
TOGETHER<br />
Diese LP war im<br />
Dezember 1968 das<br />
zweite Album (von<br />
insgesamt<br />
vieren),<br />
das Spirit in der Originalbesetzung<br />
veröffentlichten.<br />
Diese<br />
bestand aus Randy California Cli (voc, g), Mark<br />
Andes (b, voc), John Locke (keys), Jay Ferguson<br />
(keys, voc) und Ed Cassidy (dr). Nach<br />
ihrem surrealistischen Debüt SPIRIT drifteten<br />
sie mit THAT FAMILY THAT PLAYS TO-<br />
GETHER einen Schritt weiter in psychedelische<br />
Gefilde. So weit, dass einige Songs des<br />
neuen Albums – “It Shall Be”, “Silky Sam”<br />
– nichts anderes als purer Jazz-Rock sind.<br />
Doch nicht nur in diese Richtung entwickelten<br />
sie sich, mit “Jewish” und “Aren’t You Glad”<br />
zeigten sie sich auch stark beeinflusst von<br />
Word-<strong>Music</strong> und Jam-Rock, besonders auf<br />
Gitarrist Randy California schien dieses stilistisches<br />
Ausbrechen befreiend zu wirken, man<br />
höre sich nur seine beiden Gitarrenspuren von<br />
“All The Same” an. In der Rückschau eines ihrer<br />
besten Werke, noch dazu mit dem einzigen<br />
richtigen Singlehit, “I Got A Line On You”.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1968,<br />
11 Tracks) tk<br />
Vinyl<br />
MAGGIE & TERRE ROCHE<br />
SEDUCTIVE REASONING<br />
Paul Simon engagierte die heute leider in<br />
Vergessenheit geratenen Roche-Schwestern<br />
als Backgroundsängerinnen für sein Album<br />
THERE GOES RHYMIN’ SIMON. Ihr Debüt<br />
wurde 1973 in den Morgan Studios, London,<br />
und 1974 in den Muscle Shoals Studios,<br />
Alabama, aufgenommen (Produzent: Paul<br />
Simon!) und präsentiert zwei kraftvolle Sängerinnen,<br />
die trotz der Musik, die sich zwischen<br />
Country, Blues und Folk abspielt, einen<br />
eher ungewöhnlichen Satzgesang bieten. Die<br />
Melodieführung mutet modern an, was einen<br />
spannungsvollen Kontrast zum erdigen Background<br />
bietet. Ob sich die beiden im Country-<br />
Blues auslassen (“Western Union”) oder intensive<br />
und leidenschaftliche Balladen singen<br />
(“The Burden Of Proof”, “Telephone Bill”), ist<br />
egal – sie verzaubern den Hörer auf ihre ganz<br />
individuelle Art. Wie bei allen LP-Releases<br />
von Speakers Corner üblich, wurde audiophil<br />
gemastert und auf 180 Gramm gepresst.<br />
(Speakers Corner, 1975, 10 Tracks) at<br />
JOHNNY CASH<br />
HELLO, I’M JOHNNY CASH<br />
Die legendären ersten<br />
Worte eines Johnny-<br />
Cash-Konzertes lauteten<br />
stets „Hello, I’m<br />
Johnny Cash”, und genauso<br />
heißt diese LP,<br />
die Cash 1970 veröffentlichte.<br />
Mit “To Beat The Devil” interpretierte<br />
er darauf erstmals einen Song von Kris<br />
Kris<strong>to</strong>fferson, “See Ruby Fall” schrieb er zusammen<br />
mit Roy Orbison, dazu das erstaunlich<br />
reife “Sing A Travelling Song” – verfasst<br />
vom 14-jährigen Ken Jones, dem Sohn von<br />
Helen Carter, der 1969 bei einem Au<strong>to</strong>unfall<br />
ums Leben kam – aber am berühmtesten ist<br />
wohl immer noch die Tim-Hardin-Komposition<br />
“If I Were A Carpenter”, hier als bewegendes<br />
Duett mit seiner Ehefrau June Carter<br />
Cash. Carl Perkins und Bob Woo<strong>to</strong>n an den<br />
Gitarren, Bass und Schlagzeug; vom Rest der<br />
Tennessee Three Marshall Grant und W.S.<br />
Holland, die Backgroundvocals steuerte die<br />
Carter Family bei.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1970, 12 Tracks) us<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 57
CD<br />
REVIEWS<br />
TAJ MAHAL<br />
THE HIDDEN TREASURES OF<br />
TAJ MAHAL 1969–1973<br />
Ein<br />
Doppeldecker<br />
des Klasse-Bluesers<br />
Taj Mahal mit bislang<br />
unveröffentlichtem<br />
Material seiner<br />
sauguten (halb)<br />
frühen <strong>Jahre</strong>, die<br />
nach hAnsicht vieler Fans zu seinen besten<br />
gehören. CD 1 bringt Studio-Aufnahmen<br />
mit verschiedenen Begleitbands, die aus<br />
vier Sessions stammen und bis auf wenige<br />
„Aufwärm-Instrumentals” nur gigantisch<br />
Gutes bieten. Auffällig ist dabei, dass die<br />
längsten Tracks auch die eindringlichsten<br />
sind, weil Taj Mahal hier seiner Improvisationsfreude<br />
freien Lauf lassen kann, ohne sich<br />
in Wiederholungen oder Gedaddel zu verlieren.<br />
So avancieren Songs wie Bob Dylans “I<br />
Pity The Poor Immigrant” (8:09), die Eigenkompositionen<br />
“Ain’t Gwine Whistle Dixie”<br />
(7:22) und “You Ain’t No Streetwalker,<br />
Honey But I Do Love The Way” (16:05!)<br />
sowie die Standards “Good Morning Little<br />
Schoolgirl” und “Shady Grove” zu Trüffeln<br />
im ohnehin hochwertigen Taj-Mahal-Katalog.<br />
Der Meister singt durchweg inspiriert<br />
und nuanciert, und die famose Begleiterschar<br />
vom Gitarristen Jesse Ed Davis über<br />
die Dixie Flyers bis hin zum Bläserquartett<br />
Howard Johnson, Bob Stewart, Joseph Daly<br />
und Earl McIntyre – alle spielen Tuba und<br />
dazu entweder Trompete oder Posaune –<br />
heizt gewaltig ein. CD 2 enthält ein schönes<br />
Konzert aus der Royal Albert Hall (1970),<br />
das eine Bluesreise vom archaisch Akustischen<br />
zum gepfeffert Elektrischen bietet.<br />
Unfassbar, welcher Superqualitätss<strong>to</strong>ff hier<br />
geborgen wurde. Es wäre absolut unverantwortlich<br />
gewesen, diese Schätze Taj Mahals<br />
noch länger vorzuenthalten!<br />
(Legacy/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 12/77:28,<br />
10/53:48) hjg<br />
ANDRE WILLIAMS<br />
LIFE<br />
Etwa der Andre Williams, der in den Fifties<br />
seinen Song “Bacon Fat” zum Hit machte,<br />
in Detroit intensiv mit Ike Turner kooperierte<br />
– ihn und Tina mit der Meganummer<br />
“Shake A Tail Fea<strong>the</strong>r” ausrüstete? He <strong>the</strong><br />
man – „Mr. Rhythm”, und der alte Hit wird<br />
neu verkostet! Mit 76 hat das zwischenzeitliche<br />
Drogenwrack und Punk-Blues-<br />
Fak<strong>to</strong>tum ein R&B-Album erster Güte gezaubert.<br />
Auf “Stuck In The Middle” gibt er<br />
den afro-amerikanischen J.J. Cale, für die<br />
wunderbaren Bassläufe sorgt Jim Diamond.<br />
“But’n” belebt das Riff aus “Night Of The<br />
Long Grass” von den Troggs, und der Frauenfuß-Fetisch-Party<br />
“Heels” merkt man an,<br />
dass Williams in New Orleans kürzlich mit<br />
den Morning <strong>40</strong> Federation zusammenkam:<br />
so heiße wie abgehangene Voodoo-Grooves<br />
etwa in der Kragenweite von “Just Wanna<br />
See His Face” auf EXILE ON MAIN ST.<br />
Mit “Blame It On Obama” kommen bissigironische<br />
Ansichten, “Money Ain’t Got No<br />
Loyalty” würzt Philosophie mit abenteuerlichstem<br />
Reggae, und mit “Ty The Fly”<br />
folgt mit Uralt-Drummachine leichte Kinderkost.<br />
Alles wie so oft bei ihm Made in<br />
Detroit, dreckig und ehrlich.<br />
(Natural Sound/ Alive, 2012,<br />
10/53:47) utw<br />
GWYN ASHTON<br />
RADIOGRAM<br />
Der 51-jährige Gitarrist und Sänger, der<br />
durch die Tour mit seiner Two-Man Blues<br />
Army im Vorprogramm von Magnum auch<br />
in Deutschland einem größeren Publikum<br />
bekannt wurde, spielte früher in der<br />
Rory Gallagher-Tribut Band Of Friends,<br />
was auch seine Stilistik zwischen Blues<br />
und Rock erklärt. Sein neues Album frönt<br />
einem 70er-<strong>Jahre</strong> Vintage-Sound, der zwischen<br />
rockig-straighten Grooves, gerne<br />
mal auch mit etwas Funk angereichert,<br />
bluesigen Slides und melodischen Hooks<br />
pendelt. Die zehn Songs stammen alle, außer<br />
Willie Dixons Klassiker “I Just Wanna<br />
Make Love”, aus der Feder von Ash<strong>to</strong>n, der<br />
einen ehrlich-unverkünstelten Stil pflegt.<br />
Eine grundsolide Scheibe, der allerdings<br />
die unverwechselbaren Highlights fehlen.<br />
(Fab<strong>to</strong>ne Records/Proper/Rough Trade,<br />
2012, 10/50:48) rg<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
KING NORTHERN SOUL<br />
VOLUME 3<br />
Auch für diesen Sammeleimer<br />
gilt, was<br />
an dieser Stelle über<br />
Soul-Sampler schon<br />
oft gesagt wurde: Wenige<br />
berühmte oder<br />
halbwegs<br />
bekannte<br />
Namen – hier Hank Ballard, Marv Johnson,<br />
Otis Williams, Little Willie John ... –, viele<br />
knapp bis unbekannte Acts. Große, überzeugende<br />
Stimmen. Songs im oberen Qualitätsdrittel.<br />
Professionelle, ideenreiche Produktion<br />
im Idealfall, oder wenigstens grundsolide<br />
Fließbandware. Ohrwürmer soweit das Ohr<br />
reicht. Es macht einfach Spaß, derartige<br />
Sampler am Stück zu hören – Überdruss<br />
und Langeweile bleiben außen vor. Weshalb<br />
natürlich auch die ersten beiden Folgen der<br />
kleinen Serie lobend erwähnt sein sollen.<br />
So, und nun noch kurz zu den Siegertracks:<br />
Die Plätze eins bis fünf belegen Mill Evans<br />
mit “Right Now Well”, Freddie Williams<br />
mit “Name In Lights”, Oscar Toney Jr. mit<br />
“Keep On Loving Me”, Hank Ballard mit<br />
“I’m Just A Fool (And Everybody Knows)”<br />
und Charles Spurling mit “That’s My Zone<br />
(He’s Pickin’ On)”. Diese Wertung ist natürlich<br />
völlig subjektiv. Wenn vier Hörer(innen)<br />
die Disc gemeinsam hören, gibt es bei der<br />
Sieger(innen)-Suche garantiert Diskussionen,<br />
bis der Arzt kommt ...<br />
(Kent/Soulfood, 2012, 24/58:29) hjg<br />
Blues – R&B – Soul – Funk – Reggae<br />
RAY CHARLES<br />
PURE GENIUS – THE COMPLE-<br />
TE ATLANTIC RECORDINGS<br />
(1952–1959)<br />
2004 verstarb mit Ray Charles ein Musiker,<br />
der völlig zu Recht als ein Gründungsvater<br />
der Soulmusik gilt. In den 50er <strong>Jahre</strong>n verband<br />
er R&B mit Gospel, Blues und Jazz,<br />
ließ sich aber auch von neuen Strömungen<br />
wie Pop und Rock’n’Roll beeinflussen, wurde<br />
mit diesem neugeschaffenen Stil sowohl<br />
für Freunde traditioneller Klänge als auch für<br />
junge, fortschrittlich orientierte Musikfans<br />
interessant. Legendär die Wertschätzung von<br />
Frank Sinatra, der Ray Charles als „<strong>the</strong> only<br />
true genius” bezeichnete. Darauf geht auch<br />
PURE GENIUS, der Titel der jetzt veröffentlichten<br />
Box zurück, in der man auf sieben<br />
CDs die bahnbrechende Musik, die Ray<br />
Charles zwischen 1952 und 1959 für das<br />
New Yorker Label Atlantic aufnahm, nachverfolgen<br />
kann. Sagenhafte 155 Tracks gibt<br />
es insgesamt zu hören, eine komplette CD ist<br />
dabei 35 bisher unveröffentlichten Stücken<br />
vorbehalten – darunter Outtakes, Demos<br />
und Testaufnahmen, bei denen Ray Charles<br />
zusammen mit dem Atlantic-Gründer Ahmet<br />
Ertegun zu hören ist. Dem hochwertigen Inhalt<br />
absolut ebenbürtig ist auch das 80-seitige<br />
Begleitbuch, in dem ein ausführlicher<br />
Essay über Ray Charles’ Atlantic-<strong>Jahre</strong>,<br />
die detaillierten Aufnahme-Infos aller enthaltenen<br />
Songs sowie die originalen Liner-<br />
Notes zahlreicher Alben enthalten sind.<br />
(Rhino/Warner, 2012, 7 CDs) us<br />
JAKI GRAHAM<br />
FOR SENTIMENTAL REASONS<br />
Seit Jaki Graham<br />
1984 mit ihrer ersten<br />
Single “What’s<br />
The Name Of Your<br />
Game” in die Charts<br />
einzog, gehört sie<br />
weltweit zu den erfolgreichsten<br />
iht britischen Soulsängerinnen,<br />
auch wenn es in der letzten Zeit etwas ruhiger<br />
um sie wurde. Für FOR SENTIMEN-<br />
TAL REASONS, ihrem ersten Studiowerk<br />
seit dem 1998er MY LIFE, hat sie zwölf<br />
Titel aufgenommen, die sie im Laufe der<br />
letzten beiden <strong>Jahre</strong>n bei zahlreichen Auftritten<br />
rund um den Globus – darunter auch<br />
als Dauergast bei Cliff Richards gefeierter<br />
„Soulicious Tour” – live erprobt hat. Die<br />
Mischung, die ihr dabei gelungen ist, kann<br />
sich sehen lassen: Neben Klassikern wie<br />
“Summertime”, “My Funny Valentine”,<br />
“Ain’t Nobody’s Business” oder “Someone<br />
To Watch Over Me” hat sie auch einige<br />
beinahe vergessene Songperlen (wieder-)entdeckt,<br />
wie das von H.M. Woods<br />
geschriebene “What A Little Moonlight<br />
Can Do”, Mitte der 30er <strong>Jahre</strong> von Billie<br />
Holiday populär gemacht.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 2012,<br />
12/53:30) tk<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
HARD TO HANDLE – BLACK<br />
AMERICA SINGS OTIS REDDING<br />
Im Sommer 1967 sagte Ray Charles in<br />
einem Interview: „Otis Redding wird mein<br />
Nachfolger” – Titanen unter sich, doch das<br />
Schicksal hatte anderes vor und machte<br />
Charles zum gescheiterten Propheten. Und<br />
Otis Redding zum Mythos, der bis heute<br />
nichts von seinem Zauber verloren hat. Die<br />
harten Fakten des vorliegenden Samplers<br />
beweisen: Bei Charles war nicht Wunschdenken<br />
im Spiel, sondern sein unbestechliches<br />
Ohr. Vulgär formuliert: Otis Redding<br />
war als Komponist der geilste Champion<br />
der Soul-Liedermacher seiner Zeit. Zwangsläufig<br />
besteht HARD TO HANDLE aus 14<br />
Treffern und 11 Volltreffern, wobei natürlich<br />
Reddings berühmteste Songs wie “These<br />
Arms Of Mine”, “I’ve Been Loving You<br />
Too Long”, “Hard To Handle”, “Fa-Fa-Fa-<br />
Fa-Fa-Fa (Sad Song)”, “I’ve Got Songs To<br />
Remember”, “Respect” und “Dock Of The<br />
Bay” in würdevollen Top-Versionen von Albert<br />
Washing<strong>to</strong>n, William Bell, Patti Drew,<br />
Lou Rawls, Percy Sledge, Aretha Franklin<br />
und den Staple Singers vertreten sind. Aber<br />
auch etwas weniger bekannte Lieder wissen<br />
zu gefallen, und auch alle übrigen Protagonisten<br />
singen in der ersten Liga. Stilistisch<br />
verlässt niemand das sichere Fahrwasser des<br />
Redding-Souls, aber was Aretha Franklin als<br />
Queen dieses <strong>to</strong>llen Schaulaufs veranstaltet,<br />
dicht gefolgt von den anderen Soul Sisters<br />
und was die ebenbürtigen Soul Bro<strong>the</strong>rs zu<br />
bieten haben, zeigt – mal wieder –, dass es oft<br />
nicht nur auf den Kern der Sache ankommt,<br />
sondern auf die oft spannenden Details. Die<br />
gibt es hier in Hülle & Fülle, bestens erläutert<br />
im 20-seitigen Booklet. Dass auch drei<br />
unveröffentlichte Tracks dabei sind, darunter<br />
einer von Redding selbst (“Loving By The<br />
Pound”), macht den edlen Sampler noch<br />
wertvoller.<br />
(Ace/Soulfood, 2012, 25/71:08) hjg<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
ATLANTIC SOUL LEGENDS<br />
„20 Original Albums From The Iconic Atlantic<br />
Label” lautet der Untertitel dieser Box,<br />
der damit wahrlich nicht zu viel verspricht.<br />
Mit den Unterlabels Atco, East West und (ab<br />
1961) Stax bot die New Yorker Plattenfirma<br />
Atlantic mit ihrem charismatischen Gründer<br />
Ahmet Ertegun eine ernstzunehmende Alternative<br />
zu den Mo<strong>to</strong>wn-Produktionen aus<br />
Detroit. Besonders im Süden der USA fand<br />
Talentscout Jerry Wexler (Zitat: „Wir machen<br />
keine Scheiben mit weißen Jungs, die<br />
schlechte Kopien schwarzer Sänger liefern.<br />
Wir bringen das Otiginal.”) junge und unverbrauchte<br />
Künstler wie Solomon Burke, Wilson<br />
Pickett oder Aretha Franklin. Mit Ray<br />
Charles’ WHAT’D I SAY aus dem Jahr 1959<br />
beginnt die Reihe der legendären Atlantic-<br />
Alben, führt über GREEN ONIONS (Booker<br />
T. & The MG’s), DON’T PLAY THAT<br />
SONG (Ben E. King), MERCY! (Don Convay),<br />
OTIS BLUE/OTIS REDDING SINGS<br />
SOUL (Otis Redding), SWEET SOUL<br />
MUSIC (Arthur Conley), EVERYTHING<br />
IS EVERYTHING (Donny Hathaway) bis<br />
zum Jahr 1975, in dem Sam Dees mit THE<br />
SHOW MUST GO ON eines der besten<br />
Soulalben aller Zeiten veröffentlichte – hier<br />
übrigens als CD-Premiere!. Alle Silberlinge<br />
(im Vinyl-Outfit) sind in aufwändig gestalteten<br />
LP-Replicas verpackt, die notwendigen<br />
Zusatzinfos zu jedem Album liefert das<br />
30-seitige Booklet, in dem die Geschichte<br />
des Labels vom französischen Journalisten<br />
Chris<strong>to</strong>phe Geudin erzählt wird; dazu noch<br />
Interviews mit Booker T., Sam Moore, Solomon<br />
Burke und Isaac Hayes. Auch klanglich<br />
gibt es an diesen Soul-Highlights absolut<br />
nichts auszusetzen, laut Booklet wurden für<br />
die CD-Überspielungen ja auch „<strong>the</strong> best<br />
existing masters” verwendet.<br />
(Rhino/Warner, 2012, 20 CDs) us<br />
BETH HART<br />
BANG BANG BOOM BOOM<br />
Nach der kläglichen Entwicklung von<br />
Anastacia und dem traurigen Abgang von<br />
Amy Winehouse ist Beth Hart die derzeit<br />
Seite 58 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
Blues – R&B – Soul – Funk – Reggae<br />
beste weiße Rhythm’n’Blues-Interpretin.<br />
Nach einem fürchterlichen<br />
privaten Zusammenbruch arbeitete<br />
sich die heute <strong>40</strong>-Jährige fleißig<br />
nach oben. Ihre Konzerte auf Clubebene<br />
sind inzwischen ausverkauft,<br />
und wer die Sängerin, Keyboarderin<br />
und Gitarristin live erlebt hat, fragt<br />
sich, woher sie die Kraft nimmt,<br />
derart intensive Auftritte durchzustehen.<br />
Jeder Durchschnittsmensch<br />
müsste anschließend die Stimmbänder<br />
erneuern. Auf ihren grandiosen<br />
Live-Alben 37 DAYS und LIVE AT<br />
PARADISO zeigte sie alle Facetten<br />
ihres Könnens, und auch das großartige<br />
Album DON’T EXPLAIN (mit<br />
Joe Bonamassa, 2011) gehört zur<br />
First-Class-Kategorie. Beth Harts<br />
Fähigkeit, knallharten Rock, eindringlichen<br />
Blues und groovenden<br />
Soul umwerfend gut herauszuschreien,<br />
wird mit den überwiegend balladesken<br />
Stücken des neuen Werkes<br />
BANG BANG BOOM BOOM noch<br />
erweitert. Hier werden Talent, Inbrunst<br />
und die absolute Hingabe zur<br />
Musik derart eindringlich dargeboten,<br />
dass man nur folgern kann: Besser<br />
geht’s nicht!<br />
(Provogue/Mascot/Rough Trade,<br />
2012, 11/48:52) p<br />
STEVIE RAY VAUGHAN<br />
S.R. VAUGHAN<br />
Der 1990 vers<strong>to</strong>rbene<br />
Blues-Rocker<br />
steht in einer<br />
Reihe mit großartigen<br />
Kollegen<br />
wie Jimi Hendrix,<br />
Eric Clap<strong>to</strong>n oder<br />
Johnny<br />
Winter.<br />
Als größte Einflüsse bezeichnete<br />
er selbst die „drei Kings”, Albert<br />
King, B.B. King und Freddie King,<br />
mit deren Popularität er im Laufe<br />
seiner Karriere, die durch einen<br />
Hubschrauberabsturz jäh zu Ende<br />
ging, mindestens gleichzog. Zusammen<br />
mit seiner Begleitband – mit<br />
dem programmatischen, von einem<br />
Otis-Rush-Song entliehenen Namen<br />
Double Trouble – spielte er gegen<br />
den Zeitgeist an, ging, als Drumcomputer<br />
und digitale Syn<strong>the</strong>sizer<br />
die Musikwelt eroberten, wieder zurück<br />
zu den Ursprüngen des elektrischen<br />
Blues, bot mit überlangen Soli<br />
und konsequentem Verzicht auf störendes<br />
Beiwerk den Musikfans ein<br />
Rückzugsgebiet, die sich sonst (fast)<br />
nirgends mehr wiederfanden. Mit<br />
54 Tracks, mit insgesamt über vier<br />
Stunden Musik, bietet die Hochformat-Box<br />
S.R. VAUGHAN einen<br />
ebenso breiten wie tiefen Einblick in<br />
sein Schaffen. Chronologisch geht<br />
es durch bekannte Hits aus seinen<br />
Studio-Alben, Live-Aufnahmen aus<br />
allen Karrierephasen, selten zu findende<br />
Raritäten und Tondokumente<br />
aus Radio- und TV-Auftritten; dazu<br />
noch eine DVD, die Stevie Ray<br />
Vaughan und Double Trouble 1989<br />
bei einem TV-Auftritt in Austin<br />
zeigt: eine wahrlich meis terliche<br />
Rückschau auf einen der größten Gitarristen<br />
aller Zeiten.<br />
(Epic/Sony <strong>Music</strong>, 2012,<br />
3 CDs & DVD) us<br />
MICK HUCKNALL<br />
AMERICAN SOUL<br />
Was Rod Stewart<br />
kann,<br />
kann<br />
Mick<br />
Hucknall<br />
erst<br />
recht. Die ehemalige<br />
Stimme<br />
von<br />
Simply<br />
Red Rdging daran, sich im amerikanischen<br />
Soul-Songbook nach Passendem<br />
umzuhören, und dabei<br />
machte Hucknall zumindest keine<br />
groben Fehler. Dass mit “That’s<br />
How Strong My Love Is”, “I’d<br />
Ra<strong>the</strong>r Go Blind”, “Tell It Like It<br />
Is” und “Don’t Let Me Be Misunders<strong>to</strong>od”<br />
etliche seit Jahrzehnten<br />
zigfach aufgenommene Songs im<br />
Mittelpunkt stehen, ist natürlich<br />
ihrem hohen Wiedererkennungswert<br />
geschuldet. Einerseits begibt<br />
sich Hucknall damit in knifflige<br />
Konkurrenzsituationen zu Könnern<br />
wie den S<strong>to</strong>nes, Christine Perfect,<br />
Aaron Neville, Nina Simone oder<br />
den Animals (um nur einige zu nennen),<br />
andererseits erfordert gerade<br />
dies ziemlichen Mut. Im Grunde<br />
verlässt Hucknall dabei in keinem<br />
Fall den Ring als Sieger, aber auch<br />
nicht als Knockout-Opfer. Denn<br />
stimmlich schlägt er sich wacker,<br />
die Punktabzüge gehen klar auf das<br />
Kon<strong>to</strong> der oft allzu glatten, heutigen<br />
Soulerwartungen der Durchschnittshörerschaft<br />
entsprechenden Arrangements.<br />
Auch bei den weiteren<br />
Liedern, darunter “Lonely Avenue”<br />
(Ray Charles), “Baby What You<br />
Want Me To Do” (Jimmy Reed) und<br />
“Let Me Down Easy” (Etta James)<br />
klappt der Spagat zwischen Au<strong>the</strong>ntizitätsbewahrung<br />
und Ringen<br />
ums eigene Profil nur bedingt. So<br />
avanciert ausgerechnet das wenig<br />
bekannte “The Girl That Radiates<br />
That Charm” (Arthur Alexander) zur<br />
besten Leistung hier, während Perry<br />
Comos “It’s Impossible” als wenig<br />
überzeugender Schlager am anderen<br />
Ende der Bewertungsskala rangiert.<br />
(Atco/Warner, 2012, 12/38:08) hjg<br />
BEN HARPER<br />
BY MY SIDE<br />
Seine zwölf Liebslingsballaden hat<br />
Ben Harper für diese vorweihnachtliche<br />
„Best Of”-Kollektion zusammengetragen,<br />
übrigens seine erste<br />
die gesamte Karriere umspannende<br />
Werkschau. Der gelernte Briefträger<br />
gilt zwar in erster Linie als Blueser,<br />
doch seine Lieder passen in keine<br />
Stilschublade, reichert er sie doch mit<br />
(Sou<strong>the</strong>rn) Gospel, Funk oder Reggae<br />
ebenso an wie mit Country, Jazz,<br />
Folk oder auch zurückhaltendem<br />
Rock. Ob er mit samtweicher Stimme<br />
und Akustikgitarre “Forever”<br />
anstimmt oder beim Titeltrack einen<br />
wilden Orgelritt hinlegt oder sich<br />
mit “Gold To Me” Richtung Americana<br />
orientiert, tut er dies stets ohne<br />
Schmalz oder Kitsch – auch wenn<br />
zwischendurch auch mal eine kräftigere<br />
Gangart das sanfte Destillat<br />
seiner bislang zehn (Studio-)Alben<br />
durchaus auflockern würde. Etwas<br />
für herbstliche Wohlfühlabende.<br />
(EMI, 2012, 12/45:12)<br />
pro<br />
AMY WINEHOUSE<br />
AT THE BBC<br />
Rechtzeitig<br />
fürs<br />
Weihnachtsgeschäft<br />
erscheint eine Box<br />
mit diversen Live-<br />
Aufnahmen<br />
der<br />
letztes Jahr tragisch<br />
verschiedenen Soulmusikerin<br />
Amy Winehouse.<br />
Auf drei<br />
DVDs und einer<br />
CD werden noch<br />
einmal ihre großartige Stimme und das<br />
außergewöhnliche Songmaterial vor<br />
allem des zweiten Albums BACK TO<br />
BLACK offenbar. DVD 1 enthält von<br />
Musikfernsehmodera<strong>to</strong>r Jools Holland<br />
zusammengestellte Aufnahmen von<br />
Auftritten zwischen 2003 und 2007,<br />
darunter im Duett mit Paul Weller ein<br />
formidables “I Heard It Through The<br />
Grapevine”. Die zweite DVD bietet<br />
ein 2007 von der BBC aufgezeichnetes<br />
Konzert in der Londoner Porchester<br />
Hall, das Winehouse und ihre Band in<br />
Hochform zeigt. DVD 3 umfasst eine<br />
Dokumentation rund um einen intimen<br />
Auftritt im Dezember 2006 vor nicht<br />
einmal hundert Zuschauern in der<br />
kleinen Kirche des irischen Dörfchens<br />
Dingle, bei dem sie nur von Gitarre und<br />
Bass begleitet wird. Auf der CD sind<br />
schließlich 14 Lieder zu finden, die von<br />
2004 bis 2009 für die BBC aufgenommen<br />
wurden. Dass die stimmgewaltige<br />
Sängerin von 2005 an oft nur wegen<br />
Drogen- und anderer Eskapaden ein<br />
Medien<strong>the</strong>ma war, ist äußerst schade,<br />
denn in AMY WINEHOUSE AT THE<br />
BBC wird vor allem ihre musikalische<br />
Klasse deutlich.<br />
(Universal, 2012, 38 Min. + 51 Min.<br />
+ 59 Min. + 14/48:47) an<br />
SAM APPLE PIE<br />
SAM APPLE PIE<br />
Wer auch nur den Opener “Hawk” auf<br />
einem 1969er Decca-Sampler hörte,<br />
wird diese Band um Sänger/Harpman<br />
Sam Sampson mit den Gitarristen Mick<br />
Tinkerbell Smith und Andy Snakehips<br />
Johnson (Slide) nie wieder vergessen<br />
haben. Deren einziges Album liegt endlich<br />
wieder vor. Vom Sound her in Stil<br />
& Niveau den frühen Fleetwood Mac<br />
und Savoy Brown vergleichbar, konnten<br />
die Apfelkuchenblueser im Nordlondoner<br />
Walthams<strong>to</strong>w mit einem eigenen<br />
Club punkten und an ihren Songs<br />
feilen, angetrieben durch den Dave-<br />
Edmunds-Intimus Dave Charles. Neben<br />
härterem, melodischem R&B gibt<br />
ein 12-Bar-Blues wie “Swan Song”<br />
den beiden Saxern Rex Morris (Tenor)<br />
und Harry Klein (Bari<strong>to</strong>n) Gelegenheit,<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 59<br />
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His<strong>to</strong>rischer Teil in der Heftmitte<br />
CD<br />
Blues – R&B – Soul – Funk – Reggae<br />
sich ohne Einschränkung zu entfalten; das im<br />
Vorjahr 1968 auch von Elvis Presly gecoverte<br />
“Tiger Man” erfährt eine ekstatische Parodie<br />
– kein Wunder, dass Zappa in Belgien mit<br />
Sam Apple Pie jammte.<br />
(Angel Air/Fenn, 1969, 10/74:42) utw<br />
IKE TURNER<br />
ROCKET 88<br />
Bei dieser randvollen CD erstaunt der<br />
frische Sound, vor allem aber der Inhalt<br />
begeistert geradezu. Wie der Untertitel<br />
„The Original 1951–1960 R&B And<br />
Rock&Roll Sides” besagt, sind hier Ike<br />
Turners frühen Profischritte dokumentiert,<br />
der in jenen Tagen ein gefragter<br />
Studiomusiker war und in allerlei stilistischen<br />
Sätteln absolut sicher saß. Was<br />
allein die Namen der hier zu hörenden<br />
Akteure belegen, von Howlin’ Wolf, Otis<br />
Rush, Willie King über Junior Parker oder<br />
Bobby „Blue” Bland bis zu seiner späteren<br />
Gattin Tina. Und: “Rocket 88”, das<br />
er mit Jackie Brens<strong>to</strong>n aufnahm, gilt als<br />
der erste Rock’n’Roll-Song überhaupt!<br />
Viele der hier enthaltenen 30 Songs (zahlreiche<br />
mit seinem eigenen Orchestra)<br />
waren bislang kaum bis sehr schwer zugänglich<br />
und sind des Hörens wert. Eine<br />
vergnügliche Musikgeschichtsstunde!<br />
(SoulJam/inakustik, 2011, 30/76:08) pro<br />
JOHNNY WINTER<br />
ORIGINAL ALBUM CLASSICS<br />
Den Standardinhalt<br />
von fünf Alben bietet<br />
Teil 2 der „Original<br />
Album Classics”<br />
Johnny Winters aus<br />
dem Hause Sony<br />
<strong>Music</strong>.<br />
Abgedeckt<br />
werden diesmal die <strong>Jahre</strong> 1970 bis 1980,<br />
als der Texaner musikalisch zwischen<br />
Blues(-Rock) und Rock wanderte und dabei<br />
sogar Country-Gefilde streifte. JOHN-<br />
NY WINTER AND (1970, 11/41:44) setzte<br />
auf handfesten und teils richtig harten<br />
Rock (mit dem Klassiker “Rock And Roll,<br />
Hoochie Koo”). JOHN DAWSON WIN-<br />
TER III (1974, 11/38:06) bediente alles<br />
zwischen Rock, Blues und Country – wie<br />
praktisch alle Winter-Scheiben mit einem<br />
Mix aus Selbstverfasstem und Gecovertem.<br />
Auf dem vor Energie schier berstenden<br />
Album CAPTURED LIVE (1976,<br />
6/46:04) dominierten die Fremdnummern,<br />
die bis in die R’n’R-Ära zurückreichten<br />
und den Gitarrenvirtuosen in bestechender<br />
Form zeigten: erdig, rau und vor allem<br />
laut. Mit NOTHIN’ BUT THE BLUES<br />
(1977, 9/34:42) kehrte der schreiberisch<br />
wieder aktivere Maestro zu seinen Blueswurzeln<br />
zurück, führte dabei die Muddy<br />
Waters Band an, und der Altmeister war<br />
zeitweilig auch dabei. New-Orleans-Feeling<br />
verbreitete RAISIN’ CAIN (1980,<br />
11/43:23), Winter slidete einfühlsam. Für<br />
vergleichweise wenig Geld erhält man mit<br />
dieser Box einen umfassenden Einblick in<br />
Winters Schaffensspektrum und kann Lücken<br />
in der Sammlung günstig schließen.<br />
(Legacy/Sony <strong>Music</strong>)<br />
pro<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
SOULFOOD<br />
„Soulfood” nennen Afro-Amerikaner<br />
s<strong>to</strong>lz die einfachen, aber schmack- und<br />
nahrhaften Gerichte ihrer Südstaatenküche:<br />
Fried Chicken Wings, Barbecues,<br />
Gumbos, Jambalayas. All diese Speisen<br />
haben auch Blues-, R&B-, Soul-, Funkund<br />
Hip-Hop-Musiker immer wieder<br />
besungen. Das Münchner Trikont-Label<br />
veröffentlicht nun eine ganz fabelhafte<br />
Song-Anthologie, die von einem Kochbuch<br />
(!) begleitet wird, damit man gleich<br />
auch mal ein paar der Gerichte (Hoppin’<br />
John, Chitterlings, Catfish etc.) nachkochen<br />
kann. Und bei der Zubereitung wiederum<br />
kann man die CD einlegen und sich<br />
von großartig groovenden Songs befeuern<br />
lassen, wie “Soul Food” (Bo Diddley),<br />
“Ham Hocks & Beans” (Chuck Womack<br />
& The Sweet Souls), “Pig Snoots” (Andre<br />
Williams), “Pots On The Fiyo” (Dr. John),<br />
“Watermelon Man” (Oscar Brown Jr.) u.a.<br />
Es ist angerichtet!<br />
(Trikont/Indigo, 2012, 18/61:19) frs<br />
MACY GRAY<br />
TALKING BOOK<br />
Rund 25 Millionen<br />
verkaufte<br />
Tonträger,<br />
mit “I Try” ein<br />
Welthit,<br />
Grammys<br />
und MTV Awards:<br />
Macy Gray hat es<br />
geschafft. Da fällt es<br />
ihr liht leicht, sich ihfür ihr neues Album etwas<br />
Außergewöhnliches einfallen zu lassen,<br />
hat sich dafür entschieden, mit Stevie<br />
Wonders TALKING BOOK – 1972 bei<br />
Mo<strong>to</strong>wn veröffentlicht – einen Klassiker<br />
zu re-interpretieren. Sieben von zehn<br />
Songs schafften es damals in die Top-<br />
10, mit “You Are The Sunshine Of My<br />
Life” und “Superstition” gelang es Stevie<br />
Wonder sogar zweimal, an die Spitze der<br />
Charts zu klettern. Produzent Hal Wilner<br />
ist es für die Neuaufnahme gelungen, den<br />
Sound so gestalten, dass Macy Grays rauchige<br />
Stimme bestens dazu passt, er hat<br />
den spleenigen Funk, den das Original<br />
auszeichnet, durch gelassenes Soulfeeling<br />
ersetzt. Damit entsteht fast ein neues<br />
Album, teilweise sind die Vorlagen kaum<br />
noch erkennbar, besonders deutlich wird<br />
diese Transformation bei “Superstition”,<br />
das in der Macy-Gray-Version ganz im<br />
Gegensatz zum Original eingangs langsam<br />
vor sich hinköchelt und erst gegen<br />
Ende dann so richtig Fahrt aufnimmt.<br />
(Membran/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 10/39:16) us<br />
RB STONE<br />
LONESOME TRAVELER’S<br />
BLUES<br />
Aus einem äußerst bewegtem Leben kann<br />
RB S<strong>to</strong>ne erzählen, so dass der Albumtitel<br />
LONESOME TRAVELER’S BLUES keine<br />
hohlen Worte beschert. Arbeiter bei einem<br />
Schienenbautrupp, stellvertretender Manager<br />
einer Installationsfirma, erst Cowboy in<br />
Colorado, dann Rodeo-Reiter, und irgendwann,<br />
nachdem er sich selbst das Gitarre,<br />
spielen beigebracht hatte, dann auch die<br />
erste Band. Zunächst wurden seine Aufnahmen<br />
noch lokal vertrieben, dann, nach<br />
dem Umzug nach Nashville, veröffentlichte<br />
er zahlreiche Alben für den amerikanischen<br />
Markt. Für sein Europadebüt hat er nun<br />
zehn Titel ausgewählt, die er in den letzten<br />
20 <strong>Jahre</strong>n geschrieben hat, kernigen Blues<br />
und feinen Country im Singer/Songwriter-<br />
Gewand, denen man ihre langjährige Erfahrung<br />
mit jeder Note anhört. Und wer auf die<br />
Texte achtet, der wird zusätzlich mit interessanten<br />
Geschichten und der einen oder<br />
anderen Lebensweisheit belohnt.<br />
(www.cactusrock-records.com, 2012,<br />
10/39:43) us<br />
B.B. KING<br />
LADIES AND GENTLEMEN ...<br />
MR. B.B. KING<br />
Trotz seines hohen<br />
Alters von 85 <strong>Jahre</strong>n<br />
<strong>to</strong>urt B.B. King immer<br />
noch, und sein hervorragendes<br />
Renommee<br />
– innerhalb und außerhalb<br />
der Bluesszene<br />
– ist ungebrochen. Anlässlich des 50. <strong>Jahre</strong>stages<br />
seiner Vertragsunterzeichnung bei<br />
ABC-Paramount im <strong>Jahre</strong> 1962 erscheint<br />
(neben einem 10-CD-Boxset mit 194<br />
Titeln) eine wunderschön aufgemachte<br />
4-CD-Edition mit den wichtigsten Tracks<br />
seiner bisherigen Karriere und einem<br />
64-seitigen, edlen Hardcoverbuch mit Beiträgen<br />
von Ashley Kahn und Dick Surman.<br />
Chronologisch führen die vier CDs durch<br />
ein Werk, das mit klassischem elektrischen<br />
Blues beginnt, bei dem B.B. King im Laufe<br />
der 50er <strong>Jahre</strong> mit Songs wie “B.B. Boogie”,<br />
“Early In The Morning” und “Everyday<br />
I Have The Blues” seinen eigenen Stil<br />
fand. Über “Worried Dream”, “The Thrill<br />
Is Gone”, “Sweet Sixteen” und sein unwiderstehliches<br />
“Lucille” begann er Anfang<br />
der 70er <strong>Jahre</strong> mit Kollaborationen mit<br />
Kollegen aus Pop, Rock und Jazz: Carole<br />
King, Ringo Starr, Dr. John, The Memphis<br />
Horns, Lee Ritenour, Hugh McCracken,<br />
später dann Songs zusammen mit U2, Eric<br />
Clap<strong>to</strong>n und Van Morrison. Spätestens zu<br />
diesem Zeitpunkt wurde deutlich, dass der<br />
Schatten dieses Musikers weit über den<br />
Blues hinausreicht, dass er mit seinem<br />
warmen Gesang, seinem charakteristischen<br />
Gitarrenspiel und seinen Songs über<br />
die schönen und die dunklen Seiten des<br />
Lebens zu den ganz Großen der Musikwelt<br />
gehört.<br />
(Universal, 2012, 4 CDs)<br />
tk<br />
INNES SIBUN<br />
CAN’T SLOW DOWN – LIVE AT<br />
THE ESTRADO<br />
Der 44-jährige englische Gitarrist Innes<br />
Sibun begleitete Mitte der 90er <strong>Jahre</strong><br />
Robert Plant, ehe er sich auf eine Blues-<br />
Rock-Solokarriere verlegte. Im März 2011<br />
schnitt er im Estrado im niederländischen<br />
Harderwijk sein zweites Live-Album mit.<br />
Die ursprünglich geplante DVD-Veröffentlichung<br />
scheiterte an Bildproblemen.<br />
Doch die Töne überzeugen auch allein.<br />
Sibun ist ein Meister der eher leisen, getragen<br />
fließenden Gitarrentöne, ist aber<br />
auch für eruptiv-rockige Ausbrüche gut.<br />
Dazu liefert Jim Bucket dezente Keyboard-Hintergrundabrundung,<br />
die Rhythmiker<br />
Rob Brian (dr) und Steve Hall (b)<br />
sorgen für den stets passenden Groove.<br />
Snowy-White-Freunde kommen hier auf<br />
ihre Kosten wie die von Roy Buchanan<br />
oder Rory Gallagher. Sibun hätte deutlich<br />
mehr Beachtung verdient, als er im Augenblick<br />
genießt.<br />
(Zyx, 2012, 7/49:47)<br />
pro<br />
Seite 60 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
RABIH ABOU-KHALIL<br />
HUNGRY PEOPLE<br />
Von den vielen Projekten des im Libanon<br />
geborenen, heute wahlweise in München<br />
und Frankreich lebenden Oud-Spielers<br />
Rabih Abou-Khalil ist das Mediterranean<br />
Quintet sein langlebigstes. Bereits seit<br />
zwölf <strong>Jahre</strong>n spielt der Meister der arabischen<br />
Kurzhalslaute mit Gavino Murgia<br />
(sax), Luciano Biondini (acc), Michel Godard<br />
(tuba) und Jarrod Cagwin (dr, perc)<br />
zusammen. Das Quintett ist inzwischen<br />
dermaßen eingespielt, dass sein unverwechselbarer<br />
Mix aus Jazz sowie östlichen<br />
und mediterranen Musikstilen immer ambitionierter<br />
und komplexer ausfällt, zugleich<br />
aber auch immer leichtfüßiger. Das jüngste<br />
Album HUNGRY PEOPLE, auf dem sich<br />
die fünf Virtuosen gegenseitig zu Höchstleistungen<br />
antreiben, setzt erneut Maßstäbe<br />
in Sachen World-Jazz.<br />
(World Village/Harmonia Mundi,<br />
2012, 10/56:46) frs<br />
MILES DAVIS<br />
MILESTONES<br />
Mit seiner Platte<br />
KIND OF BLUE<br />
schrieb Miles Davis<br />
Jazzgeschichte. Nur<br />
ein Jahr zuvor spielte<br />
er ein bedeutendes<br />
Album ein, auf dem<br />
er sein melodiöses Gefühl und die rhythmische<br />
Extravaganz weiterentwickelte.<br />
Allein die Besetzung lässt Jazz-Freunde<br />
aufhorchen: Julian „Cannonball” Adderly,<br />
John Coltrane, Red Garland, Paul Chambers<br />
und Philly Joe Jones waren ein Dreamteam,<br />
das sich im Studio gegenseitig anstachelte<br />
und zur Höchstleistung antrieb. Die perfekten<br />
Harmonielinien von “Miles<strong>to</strong>nes”,<br />
untermalt von der swingenden Rhythmussektion,<br />
gehören nach wie vor zum Reper<strong>to</strong>ire<br />
vieler Jazzcombos, wohingegen “Billy<br />
Boy” speziell aufgrund der Pianopassagen<br />
punktet. Vergessen werden sollten aber<br />
nicht das legendäre “Sid’s Ahead”, praktisch<br />
ein Symbol des „Coolen”, und das rasante<br />
“Straight, No Chaser”, eine komplexe<br />
Komposition, die durch Gegenrhythmen<br />
wirkt. Durch das Mastering von Rob Lo-<br />
Verde klingt die Scheibe außergewöhnlich<br />
au<strong>the</strong>ntisch und „rund”.<br />
(Mobile Fidelity/Sieveking Sound,<br />
1958, 6/48:30) at<br />
WOLFGANG HAFFNER<br />
HEART OF THE MATTER<br />
Eben so, wie der Albumtitel HEART OF<br />
THE MATTER ein schönes Wortspiel ist,<br />
das aus der „Herzensangelegenheit” ein<br />
„Herz der Sache” macht, eben so „mit<br />
Herz” agieren Wolfgang Hafner und seine<br />
Mitmusiker auf diesem Album. Dabei ist<br />
es ihnen (wieder einmal) gelungen, ihre<br />
Stücke so anzurichten, dass sie zunächst<br />
verspielt und fast beiläufig daherkommen,<br />
dass sich die dem Jazz so oft (negativ)<br />
nachgesagte Ernsthaftigkeit bei Haffners<br />
Kompositionen in keinster Weise einstellen<br />
will. Götz Alsmann steuert ein federleichtes<br />
Akkordeon bei, Till Brönner ein virtuoses<br />
Flügelhorn, selbst die sonst so markanten<br />
Gitarrenlicks von Chuck Loeb passen sich<br />
bestens in das entspannte Gesamtkonzept<br />
ein. Mit Céline Rudolph, Shovell und Tho-<br />
mas Quasthoff gibt es auch drei Stücke mit<br />
Gesang, die sich hervorragend zu den rein<br />
instrumentalen Stücken gesellen. Ohne<br />
Zweifel sind Haffner & Co. mitten im Herzen<br />
der Sache angekommen, ist ihnen ein<br />
wunderschön relaxtes Album gelungen.<br />
(ACT/edel, 2012, 12/53:12)<br />
us<br />
GEORGIE FAME<br />
LOST IN A LOVER’S DREAM<br />
Wie – keine Hammond?<br />
Keine Drums<br />
oder Singing Horns?<br />
Fames alte Freunde<br />
aus Zagreb garantieren,<br />
dass die melodisch-rhythmische<br />
Begleitung ein volles Klangbild ergibt, selbst<br />
wenn Primaz Grasic seinen Partner Mario<br />
Mavrin ein Basssolo spielen lässt oder er sich<br />
bei eigenen Ausflügen auf seiner Yamaha<br />
auf Mavrins sechs Bongo-Bassseiten stützen<br />
muss. Fames Gesang steht im Mittelpunkt<br />
des klaren Spektrums. Mit fast 70 strahlt er<br />
noch immer die Wärme, Dynamik, Zar<strong>the</strong>it<br />
und Phrasierungskunst eines jungen Künstlers<br />
aus. Tonumfang und humorige Einlagen sind<br />
intakt, während die Präzision eher noch zunimmt.<br />
Fame schwelgt in Balladen wie “My<br />
Foolish Heart”, “Cry Me A River” und starken<br />
Eigenwerken wie “How Blue” oder “Singing<br />
Horn”. Es ergeben sich willkommene rhythmische<br />
Varianten: Das Likör-Lamen<strong>to</strong> seines<br />
Freundes Andy Fairwea<strong>the</strong>r Low, “Wide-<br />
Eyed And Legless” – bei dessen Original er<br />
1975 mitwirkte – bekommt ein federleichtes<br />
Bossa-Nova-Arrangement, seine Hommage-<br />
Erwiderung an „Blossom” Dearie aus SE-<br />
VENTH SON ist ein beschwingter Walzer.<br />
Mit dem “Skiing Blues” gibt es eine weitere<br />
stilistische Variante. Beim George-Gershwin-<br />
Standard “I Can’t Get Started (With You)” aus<br />
den 30er <strong>Jahre</strong>n schreibt sich der Profi (seit<br />
1958) neue Zeilen auf den Leib: „I <strong>to</strong>ured with<br />
Basie’s band for a while, and Tony Bennett<br />
sketched my profile”. Ein Juwel.<br />
(Three Line Whip/Import, 2012,<br />
12/50:25) utw<br />
ROYAL STREET<br />
ORCHESTRA<br />
VISIBLE AT GIVEN<br />
TEMPERATURE<br />
Die Macher des Hazelwood-Labels staunten<br />
nicht schlecht, als sie in Wuppertal zufällig<br />
in einen Auftritt des Royal Street Orchestra<br />
hineingerieten. Ihre Plattenfirma (Mardi Gras.<br />
BB, King Khan etc.) ist zwar eigentlich auf<br />
Independent- und Americana-Rock spezialisiert.<br />
Doch mit ihrem feurigen, tanzbaren<br />
Mix aus Maghreb- und Balkan-Sounds hatte<br />
die neunköpfige Multikulti-Formation aus<br />
dem Bergischen Land die Hazelwood-Leute<br />
schnell für sich eingenommen, so dass sie ihr<br />
Debüt auf dem Label veröffentlichen durften.<br />
Da hört man Geigen seufzen, flinke Akkordeonläufe<br />
und Bouzoukisaiten flirren. Mit Folklore<br />
hat das indes nur wenig zu tun, denn E-<br />
Bass, Drums und Elektronik (für Samples und<br />
Scratches ist als Gast DJ Mahmut von Mardi<br />
Gras.BB dabei) legen tiefe, treibende Beats, so<br />
dass man sich streckenweise an vergleichbare<br />
kulturübergreifende Projekte wie Transglobal<br />
Underground oder Suns Of Arqa erinnert fühlt.<br />
Hier groovt die globalisierte Welt!<br />
(Hazelwood/Rough Trade, 2012,<br />
9/35:55) frs<br />
Jazz & World <strong>Music</strong><br />
ASTRID<br />
HIGH BLUES<br />
Der Name der Gruppe und erst recht ihre<br />
Musik deuten auf Skandinavien hin. Doch<br />
Astrid sind eine französische Band, gegründet<br />
1997 von Cyril Secq und Yvan Ros<br />
als Gitarren-Schlagzeug-Duo und durch<br />
das Hinzukommen von Vanina Andreani<br />
und Guillaume Wickel zum Quartett aufges<strong>to</strong>ckt.<br />
Nun macht man mit Gitarren,<br />
Harmonium, Standbass, Violine, Kalimba,<br />
Klarinette, Bassklarinette, Rhodes-Piano,<br />
Schlagzeug und Perkussion Instrumentalmusik<br />
der leisesten, aber ungemein intensiven<br />
Art. Der HIGH BLUES der Gruppe<br />
hat mit Blues im engeren Sinne nichts zu<br />
tun. Stattdessen ertönt eine weiße Improvisationsmusik,<br />
die ihre Wurzeln in der<br />
Ambient <strong>Music</strong>, sanftem Pop-Rock-Jazz,<br />
europäischer Klassik des 20. Jahrhunderts<br />
und ein wenig Seventies-Folk hat. In Namen<br />
ausgedrückt reicht das Spektrum von<br />
Maurice Ravel und Erik Satie über Philip<br />
Glass und Brian Eno bis zu Mark Hollis<br />
(Talk Talk). Dies ist Musik für kleinste<br />
Clubs, Kirchen, Vernissagen in angesagten<br />
Galerien und Keller<strong>the</strong>atern. Und natürlich<br />
für die ganz ruhigen Stunden daheim<br />
bei einem Glas guten Rotwein. Wer dieser<br />
Musik konzentrierte Entspannung, Offenohrigkeit<br />
und Geduld entgegenbringt, wird<br />
reichlich belohnt!<br />
(Rune Gramofon/Cargo, 2012,<br />
5/52:52) hjg<br />
YASMIN LEVY<br />
LIBERTAD<br />
Yasmin<br />
Levy<br />
hat eine der der<br />
schönsten<br />
Stimmen<br />
in der an guten<br />
Sängerinnen nicht<br />
gerade armen spanischsprachigen<br />
Wlt Welt. Wobei Wbi „spanischsprachig” freilich<br />
nicht ganz zutrifft, denn erstens lebt Levy<br />
in Israel, und zweitens ist das Spanisch,<br />
das sie singt, Ladino, die alte romanische<br />
Sprache der einstmals auf der iberischen<br />
Halbinsel lebenden sephardischen Juden.<br />
Doch ihr mit einer satten Portion Flamenco<br />
und leichten Prise Tango gewürzter,<br />
emotionsgeladener Stilmix steht ganz klar<br />
im Erbe ihrer spanischen Vorfahren. Mit<br />
LIBERTAD (Freiheit) legt die 36-Jährige<br />
ihr fünftes Studio-Album vor. Neben Levy<br />
selbst beeindruckt besonders Gitarrist Yechiel<br />
Hasson, der aus seinen Nylonsaiten<br />
einfühlsame, im Flamenco wurzelnde Töne<br />
herauskitzelt. Für Überraschungen sorgt<br />
diesmal das String Orchestra Istanbul, das<br />
der klagenden Ladino-Musik mit seinen<br />
auf- und abschwellenden Streichertönen<br />
einen Hauch von Orient verleiht. Geheimnisvoll,<br />
schön, hin- und mitreißend!<br />
(World Village/Harmonia Mundi,<br />
2012, 12/54:32) frs<br />
NILS LANDGREN<br />
CHRISTMAS WITH MY<br />
FRIENDS III<br />
„Never change a winning team” scheint<br />
sich Nils Landgren gedacht zu haben, als<br />
er den beiden höchst erfolgreichen Vorgängern<br />
nun mit CHRISTMAS WITH MY<br />
FRIENDS III schon das dritte Weihnachtsalbum<br />
mit nordischem Jazz folgen lässt.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 61<br />
kult!<br />
Alle Hefte zu bestellen<br />
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CD<br />
REVIEWS<br />
Recht hat er, es gibt wahrlich noch genügend<br />
(mehr oder weniger) bekannte Weihnachtslieder,<br />
die es wert sind, von Könnern<br />
wie Jonas Knutsson (sax), Sharon Dyall<br />
(voc), Johan Norberg (g), Ida Sand (voc,<br />
p), Eva Kruse (b), Jeanette Köhn (voc) und<br />
Jessica Pilnäs (voc) gesungen und gespielt<br />
zu werden. Wie gewohnt ist die Bandbreite<br />
dieses Projektes enorm, von his<strong>to</strong>rischen<br />
Liedern wie “Ich steh’ an deiner Krippen<br />
hier” oder “Gläd dig, du Kristi brud”, bei<br />
denen der ausgebildeten Sopran von Jeanette<br />
Köhn besonders eindrucksvoll zum<br />
Tragen kommt, über groovende Spirituals<br />
wie “Somebody Talkin’” und das orchestrale<br />
“Someday At Christmas” bis zum<br />
A-cappella-Stück “Bethlehem Down”.<br />
Clever auch der Zeitpunkt und die Art der<br />
Aufnahmen: Da es im August bekanntlich<br />
schwer ist, feierliche Weihnachtsstimmung<br />
aufkommen zu lassen, haben Nils Landgren<br />
& Co. die Lieder am 19. und 20. Dezember<br />
letzten <strong>Jahre</strong>s live vor Publikum in einer<br />
S<strong>to</strong>ckholmer Kirche aufgenommen.<br />
(ACT/edel, 2012, 15/54:20)<br />
us<br />
CHICO FREEMAN – THE<br />
ELVIN JONES PROJECT<br />
ELVIN<br />
Am 9.9.2012 wäre<br />
der 2004 vers<strong>to</strong>rbene<br />
Elvin Jones, einer<br />
der besten Jazzdrummer<br />
aller Zeiten, 85<br />
<strong>Jahre</strong> alt geworden.<br />
Ihm zu Ehren legt<br />
sein einstiger Schützling Shüt Chico Freeman,<br />
selbst längst eine Jazzlegende, ein fantastisches<br />
Tributalbum vor. Freeman (ts, ss),<br />
George Cables (p), Lonnie Plaxico (b),<br />
Winard Harper (dr) sowie die Bläsergäste<br />
Joe Lovano und Martin Fuss haben neun<br />
Stücke eingespielt, die Elvin Jones irgendwann<br />
selbst aufnahm oder in Konzerten anstimmte.<br />
Darunter sind Kompositionen von<br />
John Coltrane, Wayne Shorter, Joe Henderson,<br />
George Cables, Chico Freeman und<br />
natürlich Elvin Jones. Besseres Material<br />
gibt es schwerlich. Zu hören ist Hard Bop,<br />
der bis an die Grenze zum Free Jazz vorstößt,<br />
ungemein swingt, harmonisch und<br />
rhythmisch brilliert, viele Stimmungen von<br />
balladesk bis explosiv in pet<strong>to</strong> hat und somit<br />
vorbildlich abwechslungsreich daherkommt.<br />
Alle Beteiligten legen ein Höchstmaß<br />
an Engagement und Einfallsreichtum<br />
an den Tag, wechseln vom Standardisierten<br />
zum Improvisierten, spielen aber nie wild<br />
drauflos. Die wohl schwersten Aufgaben<br />
hatte dabei Schlagzeuger Winard Harper<br />
zu bewältigen – und es gelang ihm, nicht<br />
genau wie Elvin Jones zu spielen, aber in<br />
dessen Geist originell. ELVIN ist ein einziger<br />
Höhepunkt, aber zwei Stücke ragen<br />
dennoch etwas hervor: “Elvin” und “Think<br />
Of Me”, wo sich Freeman und Lovano fesselnde<br />
Saxofon duelle liefern. Beruhigend<br />
zu wissen, dass die Sprache des Hard Bop<br />
noch immer nicht erschöpft ist!<br />
(o-<strong>to</strong>ne music/Jive/ edel, 2012,<br />
9/59:18) hjg<br />
LEE RITENOUR<br />
RHYTHM SESSIONS<br />
Das neue Album des Gitarrenvirtuosen Lee<br />
Ritenour trägt seinen Titel zu Recht: Der<br />
Amerikaner hat diverse Rhythmusspezialisten<br />
ins Studio gelotst, um über deren<br />
Groovezaubereien mit anderen Größen<br />
wie Chick Corea, Steve Jordan, Christian<br />
McBride, Larry Golding oder Marcus Miller<br />
anspruchsvolle Sechs-Saiten- und Tastenimprovisationen<br />
zu legen. Nathan East,<br />
Tal Wilkenfeld, Dave Weckl, Will Kennedy,<br />
Peter Erskine oder Melvin Davis sorgten<br />
für passende Rhythmen bei dieser Mixtur<br />
aus Funk/R&B, Fusion, Post-Bop und zeitgenössischem<br />
Jazz. Die „Arbeitsbasis” lieferten<br />
drei Ritenour-Kompositionen sowie<br />
Vorlagen von Corea, Herbie Hancock, Agent<br />
Spark oder Nick Drake. Die Kooperationsergebnisse<br />
klingen durchdacht, aber keineswegs<br />
kopflastig, voller Feeling und Groove<br />
– nicht nur für Jazzfans tauglich.<br />
(Concord/Universal, 2012, 12/57:53) pro<br />
ENNIO MORRICONE<br />
MORRICONE IN COLOUR<br />
Mit seiner unvergleichlichen<br />
Vielseitigkeit<br />
und Produktivität<br />
gehört<br />
Ennio Morricone zu<br />
den<br />
profiliertesten<br />
und<br />
einflussreichsten<br />
Komponisten des 20. Jahrhunderts. Mit<br />
seiner riesigen Bandbreite an musikalischen<br />
Stilen konnte er so gut wie jedes Filmgenre<br />
begleiten, was bis heute dazu führte, dass ca.<br />
500 Filme mit seiner Musik unterlegt sind.<br />
Seine Arbeiten für Sergio Leones Italo-Western<br />
sind legendär, veränderten nachhaltig<br />
die Art und Weise, wie Regisseure und Produzenten<br />
die Filmmusik als Stilmittel einsetzten.<br />
Auf vier CDs – zusammengefasst in<br />
einer schönen Box – gibt es nun die Soundtracks<br />
von acht italienischen Filmen, die<br />
zwischen 1969 und 1979 entstanden sind:<br />
von “Metti, Una Sera A Cena (Love Circle)”<br />
über “L’Uccello Dalle Piume Di Cristallo<br />
(The Bird With The Crystal Plumage)” bis<br />
zu “Il Giocat<strong>to</strong>lo (A Dangerous Toy)”. Immer<br />
wieder atemberaubend, wie es Morricone<br />
trotz höchst unterschiedlicher Scores gelingt,<br />
Stimmungen in Töne umzusetzen, wie<br />
er mit Themen spielt, sie verlässt und wieder<br />
aufnimmt, wie seine Musik auch als reines<br />
„Kopfkino” funktioniert.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1969–1979,<br />
4 CDs) us<br />
Jazz & World <strong>Music</strong><br />
FRANK SINATRA<br />
A JOLLY CHRISTMAS<br />
Klar gibt es genug Weihnachts-Platten<br />
von Frank Sinatra. Aber keine mit einem<br />
Album und Querschnitt durch Schellack-<br />
Singles – schon gar nicht eine mit derart<br />
Old-America-Zeitgeist-sprühendem Cover:<br />
Papa Sinatra schlitzt, lächelnd und in<br />
einen lila Schmusewolle-Sweater gewandet,<br />
einem Truthahn den Schenkel ab. A<br />
JOLLY CHRISTMAS stammt von 1957<br />
und entstand unter Begleitung des Gordon<br />
Jenkins Orchestra: “Jingle Bells”, “Adeste<br />
Fideles” und “Have Yourself A Merry Little<br />
Christmas” tauchten auch in der 1945–1948<br />
entstandenen Sammlung CHRISTMAS<br />
DREAMING auf, die von Axel S<strong>to</strong>rdahl<br />
arrangiert wurde: Die ersten Titel wurden<br />
noch als V-Discs an kämpfende Truppen<br />
versandt. Gesucht auch die drei 78-U/<br />
Min-Titel mit Nelson Riddle, “I Believe”,<br />
“White Christmas” und “Silent Night” von<br />
1954, bei denen Sinatras Timbre und Geschmackssicherheit<br />
wieder über Schmalzgefahr<br />
erhaben sind. Wie stets bei Phoenix<br />
bester Klang und beste Kommentierung.<br />
(Phoenix/inakustik, 1945–1957,<br />
25/70:17) utw<br />
LONNIE LISTON SMITH<br />
COSMIC FUNK & SPIRITUAL<br />
SOUNDS<br />
Wem die Grooves<br />
auf COSMIC FUNK<br />
& SPIRITUAL<br />
SOUNDS<br />
bekannt<br />
vorkommen sollten,<br />
muss sich nicht wundern,<br />
selbst wenn er<br />
den Namen Lonnie Lis<strong>to</strong>n Smith noch nie<br />
gehört hat. Denn der Keyboarder, der 1973<br />
seine Solokarriere startete, nachdem er zuvor<br />
u.a. für Miles Davis und Roland Kirk<br />
in die Tasten gegriffen hatte, gehört heute<br />
zu den meistgesampleten Jazzmusikern.<br />
Schon vor seiner Adelung durch die jüngere<br />
Dancefloor-Gemeinde war Smiths Musik, in<br />
der sich relaxte Grooves und spacige Sounds<br />
paaren, äußerst erfolgreich: Sein wohl bekanntestes<br />
Stück, das 1975 als Single veröffentlichte<br />
“Expansions” (1988 von den<br />
HipHoppern Stetsasonic gesamplet), wurde<br />
gerne in Discos gespielt; das gleichnamige<br />
Album kam in die Top 100 der US-Pop-<br />
Charts – ein seltener Erfolg für eine Jazz-<br />
LP. Die treffend mit COSMIC FUNK &<br />
SPIRITUAL SOUNDS betitelte Anthologie<br />
versammelt 15 Stücke, die Smith in seiner<br />
wohl besten Phase zwischen 1973 und 1976<br />
auf seinen fünf Alben für das Label Flying<br />
Dutchman veröffentlichte, darunter “Expansions”.<br />
Expand your mind!<br />
(Ace/Soulfood, 2012, 15/78:29) frs<br />
VOLKER KRIEGEL &<br />
FRIENDS<br />
JAZZFEST BERLIN 81<br />
Kenner halten Volker Kriegel, der sich in<br />
Bands wie dem United Jazz + Rock Ensemble<br />
und Dave Pike Set internationales Renommee<br />
erspielte, für einen der besten deutschen<br />
Jazz- und Fusiongitarristen. Das Spiel des in<br />
Darmstadt geborenen und in der Frankfurter<br />
Jazzszene um Emil Mangelsdorff sozialisierten<br />
Saitenvirtuosen steht dem von Pat Me<strong>the</strong>ny<br />
und John Scofield kaum nach. Im November<br />
1981 trat der Musiker, der 2003 mit 59<br />
<strong>Jahre</strong>n viel zu früh starb, beim Jazzfest Berlin<br />
auf, in Begleitung eines großartigen Ensembles,<br />
zu dem der Bassist Eberhard Weber und<br />
der Vibrafonist Wolfgang Schlüter gehörten.<br />
Das Konzert wurde fürs Fernsehen (für den<br />
„Rockpalast”!) aufgezeichnet und wird nun<br />
als DVD plus beiliegender songidentischer<br />
CD in optisch wie akustisch guter Qualität<br />
veröffentlicht. Das Quintett spielt ein Konzert<br />
voller schwebender Klänge und Rhythmen,<br />
mitunter durchbrochen von eruptiven<br />
Solos. Den Gig beginnt Kriegel, der sich als<br />
Au<strong>to</strong>didakt eine effektive Zweifingertechnik<br />
mit der linken Hand antrainiert hatte, auf<br />
seiner speziellen Sitar-Gitarre mit dem träumerischen<br />
“Calcador”. Die konzentrierten<br />
Musiker sind in Improlaune, einige Stücke,<br />
etwa “Schwebebahn” (nomen est omen!)<br />
und “Chateau Sentimental”, geraten doppelt<br />
bis dreimal so lang wie die Studiofassungen.<br />
Ein kleines Juwel des deutschen Jazz, endlich<br />
wieder geborgen!<br />
(MiG/Intergroove, 2012, 7/64:1) frs<br />
CD<br />
BELLOWHEAD<br />
BROADSIDE<br />
Wie schon für den höchstgelobten Vorgänger<br />
HEDONISM haben Bellowhead<br />
mit John Leckie (Radiohead, S<strong>to</strong>ne Roses)<br />
einen Produzenten verpflichtet, der die<br />
zurzeit wohl beste britische Folkband auf<br />
ihrem neuen Album in der vollen Blüte<br />
ihrer Pracht präsentiert. Zehn der zwölf<br />
Songs von BROADSIDE sind Traditionals,<br />
einer stammt vom 1867 geborenen<br />
Londoner Künstler Harry Wincott, einer<br />
von Leadsänger und Geiger John Boden.<br />
Und trotz der vergleichsweise großen Anzahl<br />
an Musikern – immerhin in der Stärke<br />
einer Fußballmannschaft – und des somit<br />
fast unerschöpflichen Reservoirs an Instrumenten,<br />
klingt ihre Musik alles andere als<br />
überfrachtet. Dort, wo notwendig, kann<br />
man sie im Kirmesband-Sound hören,<br />
pumpt die Tuba, trillern die Flöten, Klarinetten<br />
und Mandolinen; oft reduzieren sie<br />
ihre Begleitung aber auch auf eine einzige<br />
Posaune, Trompete, Konzertina, Geige oder<br />
Bouzouki. Genau diese Wechselwirkungen<br />
zwischen Bigband und Kammerquartett,<br />
zwischen Jazz, World-<strong>Music</strong> und traditionellem<br />
Folk machen die Klasse dieser Band<br />
aus, führen so fast zwangsläufig zu einem<br />
Top-Album.<br />
(Naviga<strong>to</strong>r Records/Rough Trade,<br />
2012, 12/46:41) us<br />
DEAD FINGERS<br />
DEAD FINGERS<br />
Stehen sie in der<br />
Wüs te? Oder doch<br />
nur in einer Kiesgrube?<br />
Das Coverbild<br />
ihres selbst betitelten<br />
Debütalbums DEAD<br />
FINGERS lässt offen,<br />
ob Taylor Hollingsworth (bekannt geworden<br />
als Gitarrist von Conor Oberst) und<br />
Kate Taylor echte oder gefakete Wüstenwanderer<br />
sind. Aber egal – auch bei Lee<br />
Hazlewood und Nancy Sinatra, mit denen<br />
man das Duo schon verglich, stellte kaum<br />
einer die Frage nach Au<strong>the</strong>ntizität. Mitunter<br />
weiß man zwar wirklich nicht genau,<br />
wie ernst den Dead Fingers die Sache ist,<br />
etwa bei ihrer Dylan-Travestie “Ano<strong>the</strong>r<br />
Planet” oder bei sprachlich witzigen Titeln<br />
wie “Closet Full Of Bones”, doch ihr mit<br />
Country, Folk und Blues getränkter Wüsten-Rock<br />
(!) macht enormen Spaß!<br />
(Affairs Of The Heart/Indigo, 2012,<br />
11/39:05) frs<br />
BOBBY GENTRY & GLEN<br />
CAMPBELL / ANNE MUR-<br />
RAY & GLEN CAMPBELL<br />
BOBBY GENTRY & GLEN<br />
CAMPBELL/ANNE MURRAY &<br />
GLEN CAMPBELL<br />
Zwei erfolgreiche Duettplatten von Glen<br />
Campbell, frisch remastert auf einer CD.<br />
1968 veröffentlichte er zusammen mit der<br />
Country-Sängerin Bobbie Gentry das Album<br />
BOBBIE GENTRY & GLEN CAMP-<br />
BELL, das durch seine Stilvielfalt – mit<br />
Songs aus den Bereichen Country, Pop und<br />
Folk – sowohl in den Country-Charts (#1)<br />
als auch in den Billboard Pop-Charts (#11)<br />
höchst erfolgreich war. Als Bonus-Track<br />
ist der 1970 aufgenommene Hit der Everly<br />
Bro<strong>the</strong>rs “All I Have To Do Is Dream”<br />
Seite 62 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD REVIEWS Country & Folk<br />
dabei, mit dem ihnen ein überraschender<br />
Hit in Großbritannien (#3)<br />
gelang. 1971 veröffentlichte Campbell<br />
zusammen mit Anne Murray<br />
neues Material, Cover-Versionen wie<br />
den Bro<strong>the</strong>rhood-Of-Man-Hit “United<br />
We Stand” sowie einige Titel, die<br />
jeder bisher solo aufgenommen hatte.<br />
ANNE MURRAY/GLEN CAMP-<br />
BELL platzierte sich erfolgreich in<br />
den Country-Charts (#4) und wurde<br />
für die bis dahin noch relativ unbekannte<br />
Sängerin zum Startpunkt für<br />
eine höchst eindrucksvolle und bis<br />
heute andauernden Karriere.<br />
(Cherry Red/Rough Trade,<br />
1968/1971, 22/62:06) us<br />
THE McEUEN<br />
SESSIONS<br />
FOR ALL THE GOOD<br />
Wer seit Jahrzehnten<br />
die<br />
Nitty<br />
Gritty<br />
Dirt Band in all<br />
ihren Inkarnationen<br />
mit Freude<br />
gehört hat,<br />
wird idauch gern zu dieser CD greifen.<br />
Urmitglied John McEuen und seine<br />
Söhne Jonathan und Nathan, wie er<br />
Multi-Instrumentalisten, haben sie<br />
bis auf ein paar Schlagzeugparts im<br />
Wesentlichen ohne fremde Hilfe eingespielt.<br />
Zu hören ist abgehangener<br />
Country-Rock mit der Be<strong>to</strong>nung auf<br />
Country, wobei sich alle drei McEuens<br />
auch als Komponisten hervortun. Nathans<br />
“Grand Design” und “Quicker<br />
At The Draw” gehören ebenso zu den<br />
Höhepunkten wie Johns “The Goodtime<br />
Suite”, das er allein am Banjo<br />
spielt. “Love Word” ist eine Arbeit<br />
von Jonathan & Nathan, die in zwei<br />
Versionen zu hören ist, von denen<br />
die schlagzeuglose stärker ausfällt,<br />
weil sie perfekt lieblich, aber nicht<br />
sülzig tönt. Ebenfalls überzeugt das<br />
druckvolle “Old Shep” aus Red Foleys<br />
Feder. Bei seinem Topsong “Only<br />
You And I Know” mischt auch Dave<br />
Mason (Ex-Traffic) mit – dieses Lied<br />
gibt es ebenfalls in zwei Fassungen,<br />
wobei der von Mason besorgte Mix<br />
überzeugender ausfällt. Weitere großartige<br />
Fremdtitel stammen von Rodney<br />
Crowell (“Long Hard Road”)<br />
und Dan Fogelberg (“Leader Of The<br />
Band”). Damit wird endgültig klar:<br />
Die McEuens schmoren nicht engstirnig<br />
im eigenen Saft, sondern sind hellwache<br />
Geister, die dem Country-Rock<br />
durchaus eine eigene Linie abringen<br />
können. Weiterer Pluspunkt ist die liebevolle<br />
Aufmachung: Die CD steckt<br />
in einem Hardcover-Digipak und ist<br />
optisch sehr attraktiv aufgemacht. Ein<br />
prima Sammlerstück.<br />
(Fontana, 2012, 15/52:00) hjg<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
FRANZ JOSEF DEGEN-<br />
HARDT – FREUNDE FEIERN<br />
SEIN WERK<br />
Das Konzert am 19. Dezember 2011<br />
im Berliner Theater am Schiffbauerdamm<br />
sollte eigentlich ein Treffen<br />
zum 80. Geburtstag von Franz Josef<br />
Degenhardt werden. Doch leider erlebte<br />
der Geehrte diesen Tag nicht<br />
mehr – er verstarb am 14. November.<br />
So verabschiedeten viele der bedeutendsten<br />
Liedermacher Deutschlands<br />
einen ihrer Größten mit einem<br />
Gedenkkonzert. Auf der Bühne standen<br />
alte Freunde und Weggefährten<br />
Degenhardts, darunter Hannes<br />
Wader, Konstantin Wecker und<br />
Barbara Thalheim, aber auch viele<br />
junge Vertreter der nachwachsenden<br />
Liedermachergeneration wie Max<br />
Prosa, Daniel Kahn und Dota Kehr<br />
(Sängerin von Dota & Die Stadtpiraten).<br />
Einen Zusammenschnitt aus<br />
dem vierstündigen Konzert bietet<br />
nun die Doppel-CD FRANZ JOSEF<br />
DEGENHARDT – FREUNDE FEI-<br />
ERN SEIN WERK. Jeder Teilnehmer<br />
singt darauf jeweils ein Lied<br />
aus dem Oeuvre des Geehrten sowie<br />
ein eigenes; Götz Widmann z.B.<br />
gleich nach der Degenhardt-Satire<br />
“Deutscher Sonntag” sein nicht<br />
minder bissiges Lied “Proletarier<br />
sucht Frau”. Ähnlich wie zuletzt das<br />
Wader-Salut-Album HEUTE HIER<br />
MORGEN DORT (Good Times<br />
4/2012) beweist diese Jung und Alt<br />
vereinende Doppel-CD, dass die<br />
Liedermacherei weiterhin sehr lebendig<br />
ist, auch wenn nun einer der<br />
Größten gegangen ist.<br />
(Universal/Polydor, 2012, 16/76:46,<br />
14/77:55) frs<br />
SERA CAHOONE<br />
DEER CREEK CANYON<br />
Neues Album<br />
der<br />
Singer/<br />
Songwriterin<br />
aus Seattle, die<br />
über die Stationen<br />
Carissa’s<br />
Weird,<br />
Chick<br />
Bt Betsy Olson und Band Of Horses<br />
seit 2006 als Solokünstlerin unterwegs<br />
ist. DEER CREEK CAN-<br />
YON ist schon ihr drittes Album<br />
sei<strong>the</strong>r, und es ist ein interessanter<br />
Weg, den sie dabei zurückgelegt<br />
hat. War ihr selbst betiteltes Debüt<br />
noch ein karges, in sich gekehrtes<br />
Werk, konnte man 2008 auf ONLY<br />
AS THE DAY IS LONG zumindest<br />
schon erste Hinwendungen zu einer<br />
Art Popmusik erahnen, die sie jetzt,<br />
na ja, zumindest teilweise, fast sonnig<br />
musizierend zeigen. Doch ganz<br />
gleich wie beschwingt sie sich gibt,<br />
umweht immer ein Schleier aus Melancholie<br />
ihre Musik, gelingt es ihr,<br />
die emotionale Tiefe ihrer Songs unmissverständlich<br />
hörbar zu machen.<br />
Besonders die einschmeichelnde<br />
Pedalsteel von Jason Kardong leistet<br />
hier Großartiges, ebenso wie die selten,<br />
aber höchst wirksam eingesetzten<br />
Streicher. Und ganz am Ende,<br />
bei “Oh My”, reist Sera Cahoone<br />
dann zurück an den Anfang ihrer<br />
(Solo-)Karriere, zeigt, dass ihre<br />
Lieder auch mit einsamer Akustikgitarrenbegleitung<br />
funktionieren.<br />
(Sub Pop/Cargo, 2012, 12/39:50) tk<br />
CRYSTAL GAYLE<br />
CRYSTAL GAYLE / SOME-<br />
BODY LOVES YOU<br />
Mit diesen beiden Alben, die jetzt gemeinsam<br />
auf einer CD wiederveröffentlicht<br />
werden, startete Crystal Gayle,<br />
die jüngste Schwester von Country-<br />
Ikone Loretta Lynn, 1975 ihre Karriere.<br />
CRYSTAL GAYLE schaffte es bis<br />
auf Platz 25 in den Billboard Country-Charts,<br />
die erfolgreichste Sing le-<br />
Auskopplung war das von Produzent<br />
Allen Reynolds verfasste “Wrong<br />
Road Again” (#6). Nur acht Monate<br />
nach ihrem Debüt erschien dann ihre<br />
zweite LP mit dem Titel SOMEBO-<br />
DY LOVES YOU, die es schon bis auf<br />
Platz 11 brachte. Die erste Single daraus,<br />
der Titeltrack “Somebody Loves<br />
You”, kletterte in den Single-Charts bis<br />
auf Nummer 8, bevor es dann im April<br />
1976 mit der zweiten Single, “I’ll Get<br />
Over You” endlich mit der Nummer 1<br />
klappte. Ein neues Booklet mit allen<br />
Song- und Produktionsinfos sowie<br />
einem zweiseitigen Text des Musikbiografen<br />
Michael Heatley runden diese<br />
schöne Wiederveröffentlichung ab.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1975,<br />
20/53:12) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
COUNTRY SOUL SISTERS<br />
Country gilt<br />
als<br />
Männerdomäne.<br />
Doch<br />
von<br />
jeher gibt es<br />
auch Frauen,<br />
die in dem<br />
als konservativ verschrienen Genre,<br />
mitunter sehr selbstbewusst, auftreten;<br />
man denke etwa an Dolly Par<strong>to</strong>n, Patsy<br />
Cline und Loretta Lynn. Die großartige<br />
Anthologie COUNTRY SOUL<br />
SISTERS – WOMEN IN COUNTRY<br />
MUSIC 1952–74 richtet den Blick auf<br />
die weibliche Seite dieser Musik, zieht<br />
die Stilgrenzen dabei aber nicht zu eng,<br />
so dass auch Sängerinnen wie Nancy<br />
Sinatra (“Get While The Gettin’s<br />
Good”) oder Bobbie Gentry (mit ihrer<br />
superben, souligen “Ode To Billie<br />
Joe”) darauf Platz finden. Bemerkenswert,<br />
mit welchem Selbstverständnis<br />
die Country-Ladys bereits in den 50er,<br />
60er und frühen 70er <strong>Jahre</strong>n feministische<br />
Themen aufgriffen; so etwa<br />
prangert Billie Jo Spears in “Mr Walker,<br />
It’s All Over” sexuelle Belästigung<br />
am Arbeitsplatz an, Lynn Anderson in<br />
“Fancy” Kinderprostitution und Jeannie<br />
C. Riley in “Harper Valley PTA”<br />
eine heuchlerische Kleinstadtmoral.<br />
(Soul Jazz/Indigo, 2012, 25/66:42) frs<br />
FRANK TURNER<br />
LAST MINUTES & LOST<br />
EVENINGS<br />
Es ist schon ein eindrucksvoller Weg,<br />
den Frank Turner in den letzten zwei<br />
<strong>Jahre</strong>n gegangen ist, und es dabei<br />
von kleinen, unbekannten Landfestivals<br />
bis zur Eröffnungszeremonie<br />
der Olympischen Spiele geschafft hat.<br />
Wenn man sich dann noch die Bilder<br />
ansieht, die ihn – in grünen, kniehohen<br />
Handmade Gert Lange 1/3 hoch<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 63
CD REVIEWS Country & Folk<br />
Gummistiefeln – als Headliner des renommierten,<br />
britischen Beautiful-Days-Festival<br />
zeigen, dürfte klar werden, warum das Publikum<br />
diesen Folk-Punk-Prinzen so liebt.<br />
Wer ihn (und seine Musik) bisher übersehen<br />
hat, darf sich jetzt mit 15 (von Turner)<br />
handverlesenen Liedern aus den letzten fünf<br />
Alben ein Bild machen, darf sich mit LAST<br />
MINUTES & LOST EVENINGS auf eine<br />
klasse Sammlung folkiger Singalong-Stücken<br />
voller Punk-Attitüde freuen. Klasse<br />
Sache: Als Bonus gibt es eine zusätzliche<br />
DVD mit einem knapp zweistündigen Konzert<br />
aus dem Londoner Wembley Stadion.<br />
(Epitaph/Indigo, 2012, 15/52:54) us<br />
JIMMY ROBINSON<br />
GUITARWORKS<br />
Aus New Orleans<br />
stammt der Gitarrist<br />
Jimmy Robinson,<br />
der nach<br />
psychedelischem<br />
Rock mit “Ejaculation”<br />
in den<br />
späten 60er <strong>Jahre</strong>n 1975 die Prog-Rock/<br />
Fusion-Band Woodenhead (mit einer Albumveröffentlichung:<br />
PRESEVERANCE)<br />
gründete. GUITARWORKS zeigt ihn – getreu<br />
dem Albumtitel – vor allem als virtuosen<br />
Gitarristen. Doch Robinson hat im<br />
Laufe der <strong>Jahre</strong> ohne Zweifel genügend<br />
musikalische Erfahrung gesammelt, um<br />
ein Album interessant zu machen, so dass<br />
er seinen Hörern neben seinen eigenen,<br />
kraftvoll gespielten Songs auch noch die<br />
eine oder andere Fremdkomposition – noch<br />
dazu in klasse Arrangements – anbietet. So<br />
wird Jimi Hendrix’ “Little Wing” von den<br />
Posaunen der Bonerama Horns eingeleitet,<br />
sorgt Washboard Chaz Leary mit seinem<br />
Waschbrett in “I Can’t S<strong>to</strong>p Drinking” für<br />
Jugband-Feeling, hält sich Robinson bei<br />
Trent Reznors “Hurt” an die Johnny-Cash-<br />
Version, liefert Gastsängerin Susan Coswill<br />
die hohen Stimmen im Byrds-Klassiker<br />
“Eight Miles High”.<br />
(Jimmy Robinson/Import, 2012,<br />
15/53:14) us<br />
AD VANDERVEEN<br />
DRIVEN BY A DREAM<br />
Der niederländische Singer/Songwriter Ad<br />
Vanderveen ist ein Musiker, der den Begriff<br />
Americana ausfüllt wie kaum ein anderer.<br />
Ruhige, in sich gekehrte Folksongs gehören<br />
bei ihm genauso zum Reper<strong>to</strong>ire wie<br />
kraftvolle, Gitarren-getriebene Rocker (die<br />
ihm jahrelang den Ruf eines Neil-Young-<br />
Epigonen einbrachten) und gefühlvolle<br />
Midtempo-Songs zwischen Blues, Folk<br />
und Country. Mittlerweile hat er schon gut<br />
20 Alben veröffentlicht und ist live mit<br />
Hochkarätern wie Eric Andersen, David<br />
Olney, Iain Mat<strong>the</strong>ws oder Eliza Gilkyson<br />
unterwegs gewesen. Auf seinem neuen Album<br />
DRIVEN BY A DREAM zeigt er mit<br />
neuen Songs – bis auf Bob Dylans “When I<br />
Paint My Masterpiece” alle selbst geschrieben<br />
– einen schönen Querschnitt durch<br />
das oben genannte Spektrum. Klasse auch<br />
die bekannt guten Harmony-Vocals seiner<br />
Freundin und langjährigen musikalischen<br />
Begleiterin Kersten de Ligny, wie auch der<br />
Rest seiner kleinen aber feinen Band für<br />
wohltemperierten Backing-Sound sorgt.<br />
(Blue Rose/Soulfood, 2012, 11/44:18) tk<br />
RALF WEIHRAUCH TRIO<br />
GREEN BREAK<br />
Mit seinem Akkordeon (manchmal auch<br />
mit Flöte oder Bodhran) und seiner Stimme<br />
war Ralf Weihrauch bisher vornehmlich<br />
als Solokünstler unterwegs. Für GREEN<br />
BREAK hat er seinem Namen ein „Trio”<br />
angehängt, da er sein neues Album zusammen<br />
mit Jonas Liesenfeld an der Geige und<br />
der Sängerin Beate Rupietta aufgenommen<br />
hat. Schwungvoll und virtuos, aber niemals<br />
bierernst, spielen sich die Drei durch Jigs,<br />
Reels und Songs aus Schottland, Irland und<br />
England. Für weitere musikalische Vielfalt<br />
sorgt eine vielköpfige Gästeschar an Mandoline,<br />
Dobro, Bass, Tuba, Piano, Klarinette<br />
und Schlagzeug, angeführt von Ray<br />
„Chopper” Cooper (Oysterband) an Cello<br />
und Harmonium. Klasse Sache auch das<br />
Booklet, das neben dem bebilderten Picknick<br />
auf einem Golfplatz (siehe Albumtitel)<br />
Track-by-track-Infos von Ralf Weihrauch<br />
enthält, in denen er kurz auf jedes Musikstück<br />
eingeht. Eine äußerst sympathische<br />
Geschichte, dieses Album!<br />
(Blue Bowl/Import, 2012, 13/60:50) us<br />
MERLE HAGGARD<br />
THE TROUBADOUR<br />
Nach einer höchst erfolgreichen<br />
Dekade<br />
bei Capi<strong>to</strong>l Records<br />
und seinem Wechsel<br />
zu MCA gelang<br />
es Merle Haggard<br />
Mitte der 70er <strong>Jahre</strong><br />
zunächst äht nicht, auf fder Erfolgsleiter weiter<br />
nach oben zu klettern. Ganz im Gegenteil,<br />
kurz darauf brauchte er eine sechsmonatige<br />
Auszeit, seine Stimme wurde tiefer<br />
und sanfter, und mit neuer Backingband<br />
gelang der Wechsel von purem Country zu<br />
einem weitaus mehr Blues-beeinflussten<br />
Stil. Doch was viel wichtiger war, Merle<br />
Haggard hatte seine Fähigkeit, richtig gute<br />
Songs zu schreiben, wiedergefunden. Auf<br />
vier CDs versammelt Bear Family nun alle<br />
existierenden Aufnahmen Haggards aus<br />
den MCA-<strong>Jahre</strong>n, also aus dem Zeitraum<br />
von 1976 bis 1981. Mit dabei natürlich<br />
MY FAREWELL TO ELVIS, das von Herzen<br />
kommende Tribute-Album an seinen<br />
großen Kollegen, ebenso wie das wohl<br />
beste Album dieser <strong>Jahre</strong>, SERVING 190<br />
PROOF, auf dem Haggard 1979 in au<strong>to</strong>biografischer<br />
Weise seinen Stilwechsel Revue<br />
passieren lässt. Nicht zu vergessen RAIN-<br />
BOW STEW, das im Ok<strong>to</strong>ber 1980 vor<br />
30.000 enthusiastischen Fans im kalifornischen<br />
Anaheim Stadium mitgeschnitten<br />
wurde, oder SONGS FOR THE MAMA<br />
THAT CRIED, das er 1981 mit Interpretationen<br />
von alten Country-Gospelsongs<br />
seiner Mutter widmete. Dazu noch die<br />
Aufnahmen, die während der MCA-Zeit<br />
unveröffentlicht blieben und aus denen<br />
später dann CBS seine drei Epic-Alben zusammengebastelte.<br />
Insgesamt liefert THE<br />
TROUBADOUR 111 Titel, darunter Hits<br />
wie “Ramblin’ Fever”, “From Graceland<br />
To The Promised Land” und “Red Bandana”,<br />
ein paar unveröffentlichte Stücke und<br />
alternative Versionen, zwei Soundtrackbeiträge<br />
sowie die erst kürzlich (wieder-)<br />
entdeckte Version von “Troubadour”. Ein<br />
wunderbar bebildertes, LP-großes Hardcoverbuch<br />
liefert Dave Samuelsons Essay<br />
zur MCA-Ära, bekannt ausführlich und<br />
detailliert die Discographie von Bear-Family-Chef<br />
Richard Weize.<br />
(Bear Family, 2012, 4 CDs)<br />
us<br />
KRIS KRISTOFFERSON<br />
FEELING MORTAL<br />
Die Hülle von<br />
Kris<br />
Kris<strong>to</strong>ffersons<br />
neuem Album<br />
ist wie ein<br />
ramponiertes,<br />
altes Buch gestaltet.<br />
Sein Titel<br />
FEELING<br />
MORTAL („Sterblich fühlen”)<br />
besagt zudem, nicht nur die Werke<br />
des Menschen sind vergänglich, auch der<br />
Mensch selber. Doch wenn sich auch der<br />
mittlerweile 76 <strong>Jahre</strong> alte Country- und<br />
Folksänger auf seinem nunmehr 28. Album<br />
Gedanken über das Altern und den<br />
Tod macht, fallen seine Songs nicht allzu<br />
düster aus, der (wunderschöne!) Titeltrack<br />
entpuppt sich gar als hoffnungsfrohe Hymne<br />
auf den Schöpfer und seine – wenn auch<br />
endliche, dennoch gelungene – Schöpfung.<br />
Kris<strong>to</strong>ffersons Stimme ist zwar nicht mehr<br />
so voll wie in früheren Tagen, oft bricht<br />
sie, aber das wirkt au<strong>the</strong>ntisch – vergleichbar<br />
mit Johnny Cashs späten Aufnahmen.<br />
Produzent Don Was hat beste Arbeit geleistet,<br />
die Songs sind reduziert arrangiert,<br />
Gesang und Akustikgitarre stehen im Vordergrund,<br />
mit Farbtupfern von Pedalsteel,<br />
Fiedel, Harmonika und Bass. Ein schönes,<br />
ein reifes Alterswerk!<br />
(Proper/Rough Trade, 2012, 10/31:24) frs<br />
SKERRYVORE<br />
WORLD OF CHANCES<br />
Statt in der Folk-Rubrik könnte man<br />
WORLD OF CHANCES genauso gut im<br />
Rock-Bereich präsentieren. Denn ebenso<br />
wie ihre schottischen Landsmänner von<br />
Big Country oder Runrig spielen Skerryvore<br />
eine Mischung aus diesen beiden<br />
Musikrichtungen, wie sie wohl nur in ihrer<br />
Heimat, hoch im Norden Großbritanniens,<br />
entstehen kann. Mit Bass, E-Gitarre<br />
und Schlagzeug wird eine rockige Grundstimmung<br />
erzeugt, die mit den typischen<br />
Folk-Instrumenten Geige, Akkordeon und<br />
Dudelsack verziert wird, angeführt von der<br />
klasse Leadstimme von Alec Dalglish. Benannt<br />
haben sich die sechs jungen Musiker<br />
nach einem Leuchtturm auf ihrer Heimatinsel<br />
– der Isle Of Tiree –, die zu den Inneren<br />
Hebriden gehört. Ihre ersten drei CDs<br />
wurden zu Hause höchst erfolgreich aufgenommen,<br />
erste Touren im Ausland verliefen<br />
vielversprechend. So darf sich nun endlich<br />
auch das deutsche Publikum auf diese junge<br />
Band mit ihrem erfrischenden Folk-Rock<br />
freuen, unter anderem werden sie nächstes<br />
Jahr im März als Headliner bei den Irish<br />
Heartbeat Festivals zu sehen sein. Unbedingt<br />
vormerken!<br />
(Tyree Records/Rough Trade, 2012,<br />
11/44:08) us<br />
TIFT MERRITT<br />
TRAVELING ALONE<br />
„Ich habe immer das Gefühl, alleine unterwegs<br />
zu sein”, singt Tift Merritt im<br />
Titeltrack ihres fünften Albums TRAVE-<br />
LING ALONE und spielt damit auf die<br />
Situation an, als sie ohne Manager und<br />
Seite 64 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Plattenfirma in der Musikszene unterwegs<br />
war. Nun ist sie beim New Yorker<br />
Label Yep Roc angekommen, das ihr für<br />
die achttägigen Aufnahmen in Brooklyn<br />
ihre „Traum-Studiobesetzung” ermöglichte.<br />
Produziert hat Tucker Martine<br />
(The Decemberists, My Morning Jacket),<br />
am Mischpult saß der dreifache Grammy-<br />
Gewinner Ryan Freeland, an den Saiten<br />
Tom-Waits-Hausgitarrist Marc Ribot, Calexicos<br />
John Convertino am Schlagzeug,<br />
dazu noch Andrew Bird, Eric Heywood<br />
sowie Tift Merritts langjähriger musikalischer<br />
Begleiter Jay Brown. Dabei ist<br />
ihr Songwriting merklich reifer geworden,<br />
gehen Stil und Klang weit über herkömmlichen<br />
Country hinaus, wird TRA-<br />
VELING ALONE – ganz im Gegensatz<br />
zum Titel – eine wunderschöne Gemeinschaftsarbeit<br />
aus erlesenem Songwriting<br />
und exzellenter Umsetzung.<br />
(Yep Roc/Cargo, 2012, 11/44:17) us<br />
MADISON VIOLET<br />
COME AS YOU ARE LIVE<br />
Sie gehören zu den<br />
Schwerarbeiterinnen<br />
des modernen<br />
Country-Folk:<br />
Lisa MacIsaac und<br />
Brenley<br />
MacEachern,<br />
aka Madison<br />
Violet, sind seit etwa 13 <strong>Jahre</strong>n nahezu<br />
ständig auf Tournee. Offenbar hat ihnen<br />
die Atmosphäre in der Kölner Kulturkirche<br />
besonders gut gefallen, denn<br />
dort ließen sie am 4. November 2011<br />
ein Konzert aufzeichnen, um es nun als<br />
CD mit 17 Titeln und als DVD (3 Songs<br />
mehr) zu veröffentlichen. Das Ergebnis<br />
ist beeindruckend. Die beiden Sängerinnen<br />
(die auch Gitarren, Geigen und<br />
Mundharmonika spielen und von Bassist<br />
Adrian Lawryshyn unterstützt werden)<br />
bestechen durch exzellenten Harmoniegesang,<br />
wobei sich die zarte, warme<br />
Stimme von MacIsaac brillant mit der<br />
rauen, bluesigen Stimme MacEacherns<br />
ergänzt. Musikalisch bietet das Duo gefühlvoll-melodiösen<br />
Country-Folk-Pop<br />
mit Hitpotenzial – herausragend: “Come<br />
As You Are”, “If I Could Love You” und<br />
“Small Of My Heart”. Obwohl Madison<br />
Violet inzwischen mehrere Longplayer<br />
veröffentlich haben, konzentrieren sie<br />
sich beim aktuellen Liveprogramm weitgehend<br />
auf Stücke aus den beiden letzten<br />
Alben NO FOOL FOR CRYING (2009)<br />
und THE GOOD IN GOODBYE (2011).<br />
Bei diesem hohen künstlerischen Niveau<br />
verwundert es, dass die Kanadierinnen<br />
immer noch vor relativ wenig Publikum<br />
in Deutschland auftreten müssen. Mit ihrer<br />
positiven Hartnäckigkeit (inzwischen<br />
beehren sie uns jedes Jahr) sollte ihnen<br />
künftig größere Anerkennung nicht weiter<br />
versagt werden.<br />
(Big Lake/India, 2012,<br />
CD: 17/61:31, DVD: 20 Titel) p<br />
CODY McCARVER<br />
I JUST MIGHT LIVE FOREVER<br />
Hier zu Lande ist Cody McCarver noch<br />
längst kein Star, aber in den USA gehört<br />
er zu den Erfolgreichsten in der Kategorie<br />
Liedermacher, Sänger & Schauspieler.<br />
Kein Wunder also, dass mehrere Tracks
CD REVIEWS Country & Folk<br />
seines neuen Albums I JUST MIGHT<br />
LIVE FOREVER aus den Filmen<br />
„Billy The Kid”, „L.A. Dirt” und<br />
„Cole Younger And The Black Train”<br />
stammen. Es sind kernige Countrysongs<br />
von echtem Schrot & Korn,<br />
die McCarver mit strammer, nicht<br />
zu rauer Stimme hemdsärmelig vorträgt,<br />
begleitet von einem routiniert<br />
zupackenden Team, dem die Country-Tradition<br />
deutlich näher steht<br />
als musikalisches Rebellentum oder<br />
gar kecke Experimente. Die konservative<br />
Grundausrichtung ist auch in<br />
den – teils au<strong>to</strong>biografisch gefärbten<br />
– Texten allgegenwärtig. Cody Mc-<br />
Carver, Sohn eines Gefängnisinsassen,<br />
wurde auf der „wrong side of <strong>the</strong><br />
tracks” geboren, gehörte zum „white<br />
trash”, arbeitete sich aber – talentiert<br />
und unverdrossen – nach oben. Ein<br />
Redneck, der zu Recht s<strong>to</strong>lz darauf<br />
ist, aber den Patriotismus auch nicht<br />
übertreibt – in Songs wie “Redneck<br />
Friends Of Mine”, “Kick It In<strong>to</strong><br />
4-Wheel Drive”, “You Can’t Hide<br />
Money” oder “White Trash With Money”<br />
gibt es auch – mal unverblümt,<br />
mal zwischen den Zeilen – nachdenkliche<br />
Aspekte. Am besten beschreibt<br />
McCarver seine Weltsicht natürlich<br />
in “I’m America”, einem Song, dessen<br />
Versöhnlichkeit überzeugt, auch<br />
wenn sie etwas zu plakativ beschworen<br />
wird.<br />
(AGR Television Records/Sony<br />
<strong>Music</strong> 2012, 11/39:44) hjg<br />
PETE SEEGER & LORRE<br />
WYATT<br />
A MORE PERECT UNION<br />
Auch mit mittlerweile<br />
93<br />
<strong>Jahre</strong>n<br />
zeigt<br />
Pete<br />
Seeger<br />
keinerlei<br />
Anzeichen<br />
von<br />
nachlassendem<br />
Abit Arbeitseifer. if A MORE PERECT<br />
UNION ist nach dem Woody-Guthrie-Tribute<br />
vom September (PETE<br />
REMEMBERS WOODY) schon das<br />
zweite Album innerhalb kurzer Zeit.<br />
Zusammen mit seinem langjährigen<br />
Freund, dem Singer/Songwriter Lorre<br />
Wyatt, begann Pete Seeger die<br />
Aufnahmen dafür allerdings schon<br />
vor gut 15 <strong>Jahre</strong>n, die Fertigstellung<br />
verzögerte sich aber aufgrund Wyatts<br />
gesundheitlicher Probleme immer<br />
wieder – und jetzt gaben ein paar weitere<br />
Freunde dem Album den letzten<br />
Schliff: Bruce Springsteen, Emmylou<br />
Harris, Steve Earle, Dar Williams,<br />
Tom Morello, dazu noch der Chor der<br />
River<strong>to</strong>wn Kids, mit denen Seeger<br />
2010 TOMORROW’S CHILDREN<br />
aufgenommen hat. Dennoch muss der<br />
Löwenanteil des Lobes an Seeger/Wyatt<br />
gehen, die alle Songs (bis auf das<br />
von Wyatt alleine verfasste “Somos El<br />
Barco”) gemeinschaftlich geschrieben<br />
haben und so einmal mehr ihre ganz<br />
besondere Klasse in Sachen zeitlose<br />
Folksongs bewiesen haben.<br />
(Appleseed/inakustik, 2012,<br />
16/70:00) us<br />
JIMMIE RODGERS<br />
JIMMIE RODGERS / SINGS<br />
FOLK SONGS<br />
Für<br />
Jimmie<br />
Rodgers (nicht<br />
zu verwechseln<br />
mit dem 1933<br />
ges<strong>to</strong>rbenen<br />
Country-Urvater<br />
gleichen<br />
Namens) wurde in den 50er <strong>Jahre</strong>n<br />
der Begriff Folk’n’Roll geprägt. Das<br />
passte – denn der Sänger und Gitarrist,<br />
der seine größten Erfolge mit “Honeycomb”<br />
(1957, US #1) und “Kisses<br />
Sweeter Than Wine” (1957, US #3)<br />
feierte, mixte Pete Seeger und Buddy<br />
Holly zu einem einzigartig swingenden<br />
Stil. Leider fand die Karriere<br />
des heute 78-Jährigen ein jähes Ende,<br />
als er sich 1967 unter bis heute nicht<br />
ganz geklärten Umständen bei einer<br />
Auseinandersetzung mit einer Polizeistreife<br />
eine Schädelfraktur zuzog und<br />
fortan nicht mehr auftreten konnte.<br />
Hoodoo Records veröffentlicht nun<br />
in schöner Aufmachung und hervorragender<br />
Klangqualität Rodgers’ beide<br />
ersten Alben auf einer CD: das unbetitelte<br />
1957er Debüt, inklusive der<br />
genannten Top-Ten-Hits, sowie den<br />
Nachfolger SINGS FOLK SONGS<br />
(1958), für den er noch tiefer in die<br />
Kiste der Traditionals griff und dabei<br />
überzeugende Fassungen von “Lord<br />
Randal”, “Black Is The Color” und<br />
“Waltzing Matilda” kreierte. Abgerundet<br />
wird der Twofer mit fünf Bonus-Tracks<br />
aus der gleichen Periode,<br />
darunter eine großartige Version von<br />
“The Wreck Of The ‚John B‘“.<br />
(Hoodoo/Harmonia Mundi,<br />
2012, 29/77:42) frs<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
MUSIC IS LOVE –<br />
A SINGER / SONG-<br />
WRITER’S TRIBUTE TO<br />
THE MUSIC OF CSN&Y<br />
Über die Musik, mit der David Crosby,<br />
Stephen Stills, Graham Nash und Neil<br />
Young im Laufe ihrer langen Karriere<br />
Musiker in aller Welt beeinflusst<br />
haben, wurden schon genügend dicke<br />
Bücher geschrieben, so dass man hier<br />
darauf verzichten kann. Hier soll es<br />
ausnahmsweise mal nicht um die Würdigung<br />
ihrer Songs gehen, sondern um<br />
das, was zahlreiche Singer/Songwriter<br />
auf MUSIC IS LOVE aus ihren Vorlagen<br />
machen. Auffallend dabei ist,<br />
dass nicht nur junge, eher unbekannte<br />
Künstler ihren Tribut erweisen, Judy<br />
Collins ist mit “Helplessly Hoping”<br />
dabei, Steve Wynn mit “Triad”, Elliott<br />
Murphy mit “Birds”, und Liam Ó<br />
Maonlaí von den Hothouse Flowers<br />
steuert ein bewegendes “Lady Of The<br />
Island” bei. Dennoch bieten die beiden<br />
CDs immer noch genügend Entdeckungspotenzial:<br />
Wer kennt schon Sadie<br />
Jemmett, die den Hörer mit “ Teach<br />
Your Children” verzaubert, wer hat<br />
schon von Cindy Lee Berryhill gehört,<br />
die Stephen Stills’ Manassas-Song “It<br />
Doesn’t Matter” stilecht als verträumten<br />
Westcoast interpretiert, wer hat<br />
Carrie Rodriguez zugetraut, aus “Cortez<br />
The Killer” eine gefühlvolle Folkballade<br />
zu machen?<br />
(Route 61/Hemifran, 2012,<br />
13/48:39, 14/55:09) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
WE’RE ALL IN THIS<br />
TOGETHER – A BENEFIT<br />
ALBUM FOR THE<br />
MORNING STAR<br />
„Ein<br />
Protestsong<br />
ist<br />
so pointiert,<br />
dass du ihn<br />
nicht<br />
mit<br />
Bullshit<br />
verwechselst”,<br />
zitiert t Michael Wes<strong>to</strong>n King<br />
den unvergessenen Phil Ochs in den<br />
Liner-Notes zur Doppel-CD, die er<br />
zugunsten des britischen Linksblattes<br />
„The Morning Star” koppelte, angeregt<br />
durch Redakteur Ivan Beavis.<br />
Der Altlinke Tony Benn sekundiert,<br />
Mainstream-Medien propagierten nur<br />
Marktkräfte: schon ist der Tenor abgesteckt,<br />
in dem die Ska-Funker The<br />
Destroyers fragen “Where Has The<br />
Money Gone” – erster Beweis, dass es<br />
hier neben Agitation beste Musik gibt.<br />
Thea Gilmore weiß durch ihre Obama-Kampagne,<br />
dass es nur “Inch By<br />
Inch” vorangeht. Jackie Leven sieht<br />
“The View From Shit Creek”, Kit<br />
Clark schafft Kinks-Atmosphäre, es<br />
gibt ein Wiederhören mit Eddie Reader,<br />
Robyn Hitchcock, Paul Hea <strong>to</strong>n<br />
und Peter Bruntnell – der wie Kathryn<br />
Williams speziell für dieses Projekt<br />
aufnahm. Andy White lässt sich frech<br />
über Ex-Premier “Gordon Brown”<br />
aus, Wes<strong>to</strong>n King selbst liefert den<br />
solidarischen Titelsong einer Tour-de-<br />
Force des Nicht-Aufgebens als Re-<br />
Write von “Eve Of Destruction”.<br />
(Red Planet Records, 2012,<br />
16/55:51, 17/60:05) utw<br />
JIM BYRNES<br />
I HEAR THE WIND IN THE<br />
WIRES<br />
US-Boy Byrnes legte seit 1981 acht<br />
Platten mit Blues, Folk und Country<br />
vor. Auch sein neues Album bietet<br />
Songs aus den Bereichen Country<br />
und Liedermacherkunst, von Byrnes<br />
mit viel Sinn für Differenzierungen<br />
in einem mätzchenfreien Stil vorgetragen,<br />
trefflich unterstützt von einer<br />
Band fähiger Musiker. Es gibt Country-Lieder<br />
von Hank Williams (“Honky<br />
Tonk”), Hank Snow (“I’m Movin’<br />
On”), Dolly Par<strong>to</strong>n (“The Bargain<br />
S<strong>to</strong>re”) und Buck Owens (“Don’t Let<br />
Her Know”), dazu edle Songs zeitgenössischer<br />
Liedermacher wie Gordon<br />
Lightfoot (“Ribbon Of Darkness”),<br />
Tom Waits (“House Where Nobody<br />
Lives”) und Nick Lowe (“Sensitive<br />
Man”). Byrnes hat null Probleme<br />
damit, das unterschiedliche Material<br />
ohne Stimmungs- und Stilbrüche zusammenzuschweißen,<br />
ohne dass alles<br />
gleich klingt.<br />
(Black Hen/inakustik, 2012,<br />
13/47:07) hjg<br />
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CANDY BEAT CAMP<br />
STAY OKAY<br />
Mit erfrischendem Indie-Rock, der seine<br />
Punkwurzeln alles andere als versteckt,<br />
sorgt Gitarrist, Sänger und Frontmann<br />
Wolfgang Kanduth (aka Candee Beat) mit<br />
seinen drei Mitstreitern (sowie zwei Gästen<br />
an Violine & Syn<strong>the</strong>sizer) für frischen<br />
Wind in diesem Genre. STAY OKAY heißt<br />
das Album, Candy Beat Camp die Band,<br />
gespielt wird Musik, der man einerseits<br />
jahrelange Bühnenerfahrung anhört, die<br />
sich andererseits aber das raue Live-Feeling<br />
jugendlichen Übermutes erhalten hat.<br />
Regler rechts!<br />
(Las Vegas Records/Broken Silence,<br />
2012, 12/39:53) tk<br />
HIS DOG BINGO<br />
BIG WHITE GHOST<br />
Singer/Songwriter Stephan Greminger<br />
macht sich zusammen mit seiner Band His<br />
Dog Bingo mit seinem Debüt BIG WHITE<br />
GHOST auf eine staubige Reise durch die<br />
Welt der Verlorenen, der Verzweifelten,<br />
der Gestrauchelten. Wichtigster Helfer<br />
hierbei ist ohne Zweifel Gitarrist Oli Hartung,<br />
der nicht nur mit superber Saitenarbeit,<br />
sondern auch mit einer ungemein<br />
atmosphärischer Produktion zum klasse<br />
Gesamteindruck des Albums beiträgt.<br />
Vielfältige Helfer an Flügelhorn, Glockenspiel<br />
oder Hammond, dazu mit Henk<br />
Hofstede (Nits) prominente Unterstützung<br />
aus den Niederlanden, schönes Album!<br />
(7music/New <strong>Music</strong> Distribution, 2012,<br />
10/32:24) us<br />
RICK SPRINGFIELD<br />
SONGS FOR THE END OF THE<br />
WORLD<br />
Was ist denn mit<br />
Rick<br />
Springfield<br />
los? SONGS FOR<br />
THE END OF THE<br />
WORLD der Albumtitel,<br />
“I Hate<br />
Myself”, “My Last<br />
Heartbeat” t” und “Our Ship’s Sinking” die<br />
Songzeilen. Der einstige Australier, der in<br />
den 80ern der Inbegriff für fast unerträglichen<br />
Mainstream war, ist aber weder beim<br />
Gothic noch beim Death Metal angekommen,<br />
trotzdem rockt sein neues Album wie<br />
verrückt. Irgendwo zwischen anspruchsvollem<br />
Pop und Hard Rock angesiedelt, ist<br />
ihm mit SONGS ... eine echte AOR-Perle<br />
gelungen. Hut ab!<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 12/<strong>40</strong>:32) jub<br />
KATIE MELUA<br />
SECRET SYMPHONY –<br />
SPECIAL BONUS EDITION<br />
Für diese spezielle Edition ihres im Frühjahr<br />
veröffentlichten Albums SECRET<br />
SYMPHONY hat Katie Melua neben vier<br />
Bonus-Tracks – Randy Newmans “Feels<br />
Like Home”, Elvis’ “Love Me Tender”,<br />
Bonnie Raitts “Too Long At The Fair” und<br />
“It’s Over” von Roy Orbison – noch eine<br />
zweite, prallvolle CD dazugepackt. Zu<br />
hören darauf ein Mitschnitt ihres Berliner<br />
Sommerkonzertes, bei dem sie vom Deutschen<br />
Filmorchester Babelsberg begleitet<br />
wurde.<br />
(Dramatico/Rough Trade, 2012,<br />
15/52:09, 21/76:26) tk<br />
MOYA BRENNAN &<br />
CORMAC DE BARRA<br />
VOICES & HARPS<br />
Letztes Jahr erschien die erste Zusammenarbeit<br />
der Clannad-Sängerin Moya Brennan<br />
mit dem Harfenvirtuosen Cormac De Barra<br />
schon in ihrer irischen Heimat, Ende November<br />
wird VOICES & HARPS nun auch<br />
in Deutschland erscheinen. Natürlich stehen<br />
Harfe und vielstimmiger, sphärischer<br />
Gesang im Mittelpunkt ihrer Mischung<br />
aus eigenen Songs und Traditionals, produziert<br />
hat John Reynolds (Enya, U2, Sinéad<br />
O’Connor), dazu Maire Breatnach an<br />
der Fiddle, Eamonn De Barra an Flöte und<br />
Bodhran sowie Aisling Jarvis an der Bouzouki.<br />
(Beo Records/da <strong>Music</strong>, 2012,<br />
12/<strong>40</strong>:53) us<br />
JIMI JAMISON<br />
NEVER TOO LATE<br />
Survivor-Sänger Jimi<br />
Jamison hat sich für<br />
NEVER TOO LATE<br />
mit den schwedischen<br />
Melodic-<br />
Metallern Eclipse zusammengetan<br />
und ein<br />
perfektes fkt Heavy-Rock-Album eingespielt,<br />
das unbedingt nach seinen einstigen AOR-<br />
Bringern vom Schlage “I’m Always Here”<br />
(„Baywatch”-Titelmelodie) klingt, aber um<br />
einiges härter ausfällt. Dadurch bekommen<br />
die Stücke eine Power, die Jamison für den<br />
europäischen Markt interessant machen<br />
dürfte. Schwelgende Balladen, Midtempo-<br />
Headbanger, Melodic-Meisterwerke – so<br />
gut war Jimi Jamison solo vermutlich noch<br />
nie.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 11/49:10) jub<br />
AVETT BROTHERS<br />
THE CARPENTER<br />
Dass Rick Rubin auch anders produzieren<br />
kann als mit karger Akustikgitarrenbegleitung,<br />
zeigt er auf THE CARPENTER,<br />
dem neuen Werk der Avett Bro<strong>the</strong>rs. Dabei<br />
gelingt es Seth und Scott Avett zusammen<br />
mit ihrer Band und zahlreichen<br />
musikalischen Gästen (darunter Benmont<br />
Tench, Lenny Castro, Chad Smith), eine<br />
tiefe musikalische Au<strong>the</strong>ntizität zu transportieren,<br />
packen einen die Songs schon<br />
beim ersten Hören. Einen Moment lang<br />
sind purer Sonnenschein und reines Glück<br />
zu hören, kurz darauf schon wieder Leid,<br />
Verzweiflung und Reue: Americana aus<br />
der Top-Etage.<br />
(Universal, 2012, 12/46:26)<br />
us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
BUNDESVISION SONG<br />
CONTEST 2012<br />
Von der Talentschmiede zum Schaulaufen<br />
arrivierter Künstler hat sich Stefan Raabs<br />
inoffizielle deutsche Pop-Meisterschaft, der<br />
„Bundesvision Song Contest”, entwickelt.<br />
Mit ihrem Duo-Projekt Xavas (“Schau nicht<br />
mehr zurück”) räumten Xavier Naidoo und<br />
Kool Savas souverän ab, die Orsons verpflichteten<br />
für ihr “Horst & Monika” Hip-<br />
Hop-Shootingstar Cro als Gastsänger. Klasse<br />
auch der erfrischende Reggae von Chris<br />
Cosmo (“Herzschlag”), Electro-Disco<br />
aus Sachsen (Laing mit “Morgens immer<br />
müde”) sowie Tim Bendz kos letztjähriger<br />
Siegertitel (“Wenn Worte meine Sprache<br />
wären”) in einer Akustikversion.<br />
(Polystar/Universal, 2012, 16/59:09) tk<br />
HELEN SCHNEIDER<br />
SO CLOSE / LET IT BE NOW<br />
Lange nicht mehr erhältlich,<br />
erscheinen<br />
Helen<br />
Schneiders<br />
erste zwei LPs nun<br />
gemeinsam auf einer<br />
CD. Eigentlich<br />
sollte Helen Schneider<br />
1977 mit SO CLOSE die nächste große<br />
Sängerin in einer Reihe mit Ella Fitzgerald,<br />
Judy Garland oder Barbra Streisand werden.<br />
Nach ernüchternden Verkäufen konnte<br />
aber auch das ein Jahr später veröffentlichte<br />
LET IT BE NOW nichts daran ändern,<br />
dass sie über die Umwege Deutschland und<br />
Rockmusik erst Mitte der 80er <strong>Jahre</strong> die gewünschte<br />
Popularität erhielt, dass sie ihre<br />
einsame Klasse im <strong>Music</strong>al- und im Adult-<br />
Pop-Genre erst viel später als geplant beweisen<br />
konnte.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1977/1978,<br />
19/64:44) tk<br />
MASSIVE ATTACK<br />
BLUE LINES<br />
Das 1991 erstmals veröffentlichte Debütalbum<br />
BLUE LINES von Massive Attack<br />
ist bereits ein Klassiker; Hörer und<br />
Kritiker wählen es immer wieder auf<br />
Bestenlisten. Neben Portishead war die<br />
Formation aus Bris<strong>to</strong>l, UK, der wichtigste<br />
Vertreter des Trip-Hop, jenem spacigen,<br />
vibrierenden Mix aus Electronica, Breakbeat,<br />
Soul, Rap, Reggae und Dub. Das Album<br />
übt bis heute einen großen Einfluss<br />
auf die Produktion von Popmusik aus.<br />
Nun gibt es eine neu remasterte Abmischung<br />
auf CD bzw. CD/DVD (High Resolution)<br />
sowie Doppel-Vinyl, die rundum<br />
zufriedenstellt.<br />
(EMI, 1991, 9/45:02)<br />
frs<br />
KIX<br />
LIVE IN BALTIMORE<br />
Ihre Karriere verlief typisch für eine Glam-<br />
Metalband: 1978 gegründet, Ende der 80er<br />
am erfolgreichsten, zog der Grunge-Boom<br />
auch bei Kix zu Beginn der 90er den Stecker.<br />
Das neue Jahrtausend brachte das<br />
Comeback und jetzt das Album LIVE IN<br />
BALTIMORE mit knackigem, partytauglichem<br />
Hard Rock. Enthalten sind auf der<br />
Scheibe fast alle erfolgreichen Singles, allen<br />
voran die Ballade “Don’t Close Your<br />
Eyes”. Kix haben Feuer wie einst, und die<br />
Fans rasen.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 12/78:39) jub<br />
THE FRETLESS<br />
WATERBOUND<br />
Wenn sich ein (klassisches) Streichquartett<br />
für irische Volksmusik begeistert und<br />
diese dann so raffiniert und hochklassig<br />
arrangiert wie es The Fretless auf WATER-<br />
BOUND getan haben, dann wird daraus<br />
eines der schönsten (Folk-)Alben des <strong>Jahre</strong>s.<br />
Mit drei Geigen und einem Cello (sowie<br />
bei zwei Titeln je einer Gastsängerin)<br />
spielen sich die vier jungen Musiker weit<br />
über traditionelle Folkgrenzen hinaus, bauen<br />
immer wieder Elemente „befreundeter”<br />
Musikrichtungen wie Bluegrass, Jazz und<br />
Kurzvorstellungen<br />
Country ein. Whow!<br />
(Magnetic <strong>Music</strong>/New <strong>Music</strong><br />
Distribution, 2012, 9/38:30)<br />
IRIS DEMENT<br />
SING THE DELTA<br />
Nach 16 <strong>Jahre</strong>n (Album-)Pause steigt Iris<br />
Dement mit “Go On Ahead And Go Home”<br />
so kraftvoll und intensiv in ihr neues Album<br />
ein, als wäre sie nie weg gewesen.<br />
Mit Dixie-Bläsern, klagender Slidegitarre,<br />
Gospelpiano und allerhand New-Orleans-<br />
Feeling in der Stimme wird sie dem Titel<br />
SING THE DELTA mehr als gerecht, zeigt<br />
darüber hinaus auch in Songauswahl (“The<br />
Kingdom Has Already Come”, “There’s A<br />
Whole Lotta Heaven”) sowie in der Wahl<br />
ihrer Begleitmusiker (Al Perkins, Reese<br />
Wynans, Bo Ramsey) ihre Sonderstellung<br />
im weiten Feld zwischen Folk und Country.<br />
(Flariella/Cargo, 2012, 12/59:16) us<br />
TRAVIS & FRIPP<br />
FOLLOW<br />
Nach ihrer ersten<br />
Zusammenarbeit<br />
im Jahr 2008 haben<br />
Saxofonist<br />
Theo<br />
Travis (Porcupine<br />
Tree, The Tangent,<br />
Soft Machine Legacy)<br />
und Gitarrist i t Robert Fripp (King<br />
Crimson) nun für FOLLOW Elemente aus<br />
ihren Konzerten mit Studio-Aufnahmen<br />
verwoben, erzeugen so Sounds zwischen<br />
Ambient und eruptiven Ausbrüchen. Eine<br />
zusätzliche DVD kommt mit drei audiophilen<br />
Audiotracks und vier Videos, die im<br />
Ok<strong>to</strong>ber 2010 bei einem Live-Auftritt in<br />
Cornwall mitgeschnitten wurden.<br />
(Discipline Global Mobile/Galileo <strong>Music</strong><br />
Communication, 2012, 9/58:38) us<br />
NOISETTES<br />
CONTACT<br />
Das zweite Album WILD YOUNG<br />
HEARTS war Retro-Pop erster Güte. Trotz<br />
dreijähriger Vorbereitungszeit gelang es<br />
mit CONTACT nur bedingt, ein würdiges<br />
Nachfolgewerk zu präsentieren. Zwar bieten<br />
die charismatische Frontfrau Shingai<br />
Shoniwa und Gitarrist Dan Smith erneut<br />
guten Neo-Sixties-Pop-Rock, aber an herausragenden<br />
Stücken fehlt es leider.<br />
(Mono-Ra-Ma/Import, 2012, 13/51:08) p<br />
ANIMAL COLLECTIVE<br />
CENTIPEDE HZ<br />
Und wieder hat das Kreativkollektiv aus<br />
Baltimore einen großen Wurf hingelegt:<br />
Auch auf seinem neunten Album CENTI-<br />
PEDE HZ versteht es das Quartett meisterlich,<br />
in frickelige Avantgarde einzutauchen,<br />
ohne dabei je den Blick für eine prachtvolle<br />
Popmelodie zu verlieren. Animal-Collective-Songs<br />
sind Labyrin<strong>the</strong>, in denen der<br />
Hörer sich verlieren kann – und Animal<br />
Collective nehmen ihn an der Hand und<br />
geleiten ihn durch eine Welt des Staunens<br />
und der Wunder.<br />
(Domino, 2012, 11/53:41)<br />
mfg<br />
PRIDE OF LIONS<br />
IMMORTAL<br />
IMMORTAL, das vierte Album von Pride<br />
Of Lions, der aktuellen Band von Melodic-<br />
Rock-Großmeister Jim Peterik (gründete<br />
us<br />
Seite 68 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
Survivor und Ides Of March, schrieb unter<br />
anderem für Sammy Hagar, 38 Special<br />
und REO Speedwagon), und ist das bisher<br />
dramatischste. Die Songs wollen vor Bombast<br />
zerspringen, bleiben aber eingängig.<br />
Peterik schreibt sowas mit links, Sänger<br />
Tobi Hitchcock in<strong>to</strong>niert das Material mit<br />
Inbrunst und klingt gar nicht mehr nach<br />
Bobby Kimball (To<strong>to</strong>). Für AOR-Fans unverzichtbar.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 11/51:49) jub<br />
BETH ORTON<br />
SUGARING SEASON<br />
Nach Mutterschaft und sechsjähriger Auszeit<br />
kehrt die frühere Electronica-Königin<br />
nun mit einem Urban-Folkalbum zurück.<br />
Produzent Tucker Martine ist es mit Hilfe<br />
einer hochklassigen Musikerschar (darunter<br />
Laura Veirs, Ted Barnes und Marc Ribot)<br />
gelungen, ihre wunderschöne Stimme<br />
in so sphärische Arrangements einzubauen,<br />
dass SUGARING SEASON an die Zeiten<br />
erinnert, in denen Künstler wie Sandy Denny<br />
und Nick Drake den britischen Folk aus<br />
der Traditionsecke herausholten und in ein<br />
eigenes Genre überführten.<br />
(Anti/Indigo, 2012, 10/37:26) tk<br />
BOB CHEEVERS<br />
SMOKE & MIRRORS<br />
Eigentlich unglaublich,<br />
dass der bei den<br />
2011er Texas <strong>Music</strong><br />
Awards mit dem Titel<br />
„Best<br />
Singer/Songwriter”<br />
ausgezeichnete<br />
Bob Cheevers<br />
für sein neues Album keinen deutschen Vertrieb<br />
findet. Auch dass Johnny Cash oder<br />
Waylon Jennigs seine Songs aufnahmen<br />
zeugt von seiner Qualität, die man jetzt wieder<br />
einmal auf dem Doppelalbum SMOKE<br />
& MIRRORS bewundern darf. Entspannt<br />
präsentierter Americana, Lieder voller Tiefe<br />
und Gefühl, mal nur mit einer akustischen<br />
Gitarre, mal mit voller Band gespielt – richtig<br />
starke Musik aus Texas!<br />
(Back Records/Import, 2012,<br />
11/50:07, 12/51:33) us<br />
DAN SEALS<br />
RAGE ON/REBEL HEART<br />
Zwei der besten 80er-<strong>Jahre</strong>-Alben des 2009<br />
in Nashville vers<strong>to</strong>rbenen Texaners Dan<br />
Seals auf einer CD. Sein Country-Rock<br />
prägte in dieser Zeit zahlreiche junge amerikanische<br />
Künstler, von Garth Brooks über<br />
Keith Urban bis zu Kenny Chesney. RE-<br />
BEL HEART war 1983 sein (Solo-)Comeback<br />
nach dem Split des Soft-Rockduos<br />
England Dan And John Ford Coley, RAGE<br />
ON aus dem Jahr 1987 bietet ein Wiederhören<br />
mit dem von Cheryl Wheeler geschriebenen<br />
Nummer-1-Hit “Addicted”.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1987/1983,<br />
21/76:49) us<br />
DIRTY AGE<br />
PLUG IN<br />
Wenn sich junge Bands an der Musik der<br />
70er und 80er <strong>Jahre</strong> orientieren, wenn sie<br />
ihre jugendliche Power ganz in den Dienst<br />
von gutem altem Hard Rock stellen, dann<br />
kann daraus so ein Album werden wie<br />
PLUG IN. Diesen programmatischen Titel<br />
setzt die Mannheimer Band Dirty Age dann<br />
auch hundertprozentig um, bei Stimme und<br />
Gitarrensound denkt man sofort an AC/DC,<br />
beim Songwriting sind es eher The Who,<br />
die man da heraushören kann: Beides ja<br />
nicht unbedingt die schlechtesten Vorbilder<br />
für eine junge Rockband!<br />
(7hard/New <strong>Music</strong> Distribution,<br />
2012, 12/53:04) tk<br />
NEAL SCHON<br />
THE CALLING<br />
Bei Journey ist er<br />
diszipliniert<br />
und<br />
zelebriert die großen<br />
Melodien.<br />
Doch wehe, wenn<br />
er<br />
losgelassen:<br />
THE<br />
CALLING<br />
zeigt den Ausnahmegitarristen Neal Schon<br />
einmal mehr im Rausch ausgeflippter Instrumentalorgien<br />
zwischen Latin, Prog,<br />
Blues und Jazz-Rock. Für Journey-Fans ist<br />
das nichts. Wer allerdings über Endlossoli<br />
noch staunen kann und Schons Klampfenkunst<br />
schon immer mochte, wird auf die<br />
Knie fallen. Dauerkumpel Jan Hammer ist<br />
am Moog zu hören.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 12/55:36) jub<br />
DOUBLE NAUGHT SPY CAR<br />
WESTERN VIOLENCE<br />
Bo Diddley, Nina Hagen, Johnny Hallyday,<br />
Stan Ridgway, I See Hawks In L.A.: Das<br />
sind nur einige der Künstler, für die die<br />
Sessionmusiker, die ihre (Nebenerwerbs-)<br />
Band Double Naught Spy Car genannt haben,<br />
schon im Studio oder auf der Bühne<br />
waren. Überdrehte Instrumentalmusik, ein<br />
alles andere als alltäglicher Mix aus Surf,<br />
Westcoast, New Wave, Rockabilly, Americana<br />
und Country, damit haben die vier<br />
Musiker Paul Lacques (lapsteel, g, dob),<br />
Marcus Watkins (g, acc), Marc Doten (b,<br />
keys) und Joe Berardi (dr) ihr neues Album<br />
WESTERN VIOLENCE bestückt. So verrückt,<br />
dass es schon wieder gut ist ...<br />
(Foot Pole Record/Import, 2012,<br />
13/61:06) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
LAWLESS – ORIGINAL MOTION<br />
PICTURE SOUNDTRACK<br />
Mit „Lawless” verfilmte Regisseur John<br />
Hillcoat einen Roman von Matt Bondurant<br />
– nach einem Drehbuch von Nick Cave!<br />
Klar, dass dieser dann auch mit seinem<br />
Filmmusik-Dauerpartner Warren Ellis (der<br />
vollbärtige Geiger von The Dirty Three)<br />
für den Soundtrack des Gangsterepos verantwortlich<br />
zeigt. Neben eigenen Songs<br />
gibt es Stücke von Lou Reed, Link Wray,<br />
Captain Beefheart und John Lee Hooker zu<br />
hören, Old-Time-bluesig in Szene gesetzt<br />
von Künstlern wie Ralph Stanley, Emmylou<br />
Harris oder Mark Lanegan.<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 2012, 14/41:49) us<br />
ANASTACIA<br />
IT’S A MAN’S WORLD<br />
Eigentlich keine schlechte Idee von Anastacia,<br />
sich für ihr Coveralbum IT’S A<br />
MAN’S WORLD lauter Männersongs vorzunehmen.<br />
Doch viel zu selten – bei U2s<br />
“One” und “Dream On” von Aerosmith –<br />
geht dieses Konzept auch auf, denn dass<br />
sie weder ein Brian Johnson noch ein Robert<br />
Plant ist, dass es kein guter Einfall ist,<br />
Kurzvorstellungen<br />
“Back In Black” oder “Ramble On” (fast)<br />
originalgetreu nachzusingen, hätte man ihr<br />
sagen können. Chance vertan, aber immerhin<br />
ein Muss für Sammler kruder Cover-<br />
Versionen!<br />
(BMG/Rough Trade, 2012, 10/48:18) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
DIRTY DANCING – THE DELUXE<br />
ANNIVERSARY EDITION<br />
Mit drei Top-5-Hits, Elffach-Platin und<br />
rund 42 Millionen verkauften Exemplaren<br />
ist der Soundtrack von „Dirty Dancing”<br />
immer noch einer der erfolgreichsten der<br />
Musikgeschichte. Zum 25. Geburtstag erscheint<br />
jetzt eine hochformatige Deluxe<br />
Edition, die neben dem remasterten Originalalbum<br />
vor allem mit einem klasse gestalteten<br />
Beglei<strong>the</strong>ft glänzen kann. Darin<br />
die ausführlichen Kommentare der beteiligten<br />
Künstler und Produzenten, die Auflistung<br />
der Hitparadenerfolge der Songs<br />
sowie fünf Hochglanz-Postkarten mit Dirty-Dancing-Motiven.<br />
(RCA/Sony <strong>Music</strong>, 1987, 12/46:27) us<br />
JAMES LAST<br />
THE AMERICA ALBUM<br />
Seit Ende der 60er<br />
geistert<br />
dieses<br />
James-Last-Album<br />
als Gerücht durch die<br />
Musikwelt,<br />
Anfang<br />
November<br />
wurde<br />
das 1969 in Hamburg<br />
aufgenommenen THE AMERICA ALBUM<br />
endlich Realität. Warum das exklusiv für<br />
den amerikanischen Markt konzipierte<br />
Werk nie ans Licht der Öffentlichkeit gelangte,<br />
ist heute nicht mehr nachvollziehbar,<br />
in gekürzter oder veränderter Form<br />
schafften es zumindest einige Titel auf die<br />
eine oder andere James-Last-LP. Die Reise<br />
des mystischen Meisterwerkes geht von<br />
Jimmy Webbs “Evie” über Bob Dylans<br />
“Lay Lady Lay” bis zu “Ballad Of Easy Rider”<br />
der Byrds.<br />
(Polydor/Universal, 2012, 11/47:13) us<br />
JOE BONAMASSA<br />
BEACON THEATRE<br />
Nach der DVD gibt es Joe Bonamassas<br />
Gastspiel im New Yorker Beacon Theatre<br />
nun auch per Doppel-CD und mit dem<br />
Bonus-Stück “Young Man Blues”. Ohne<br />
optische Ablenkung hört man plötzlich,<br />
dass Bonamassas Gitarre auf “Bird On A<br />
Wire” mit Country-Touch ertönt – derlei<br />
Feinheiten gibt es immer wieder zu entdecken.<br />
Dazu die Gäste Paul Rodgers, Beth<br />
Hart und John Hiatt – da kann man nur „zugreifen”<br />
empfehlen.<br />
(Provogue/Rough Trade, 2012,<br />
11/56:12, 9/63:04) pro<br />
BOPPIN’ B<br />
MONKEY BUSINESS<br />
Schon lange bevor Boppin’ B mit dem „kanadischen”<br />
Rock’n’Roll-Star Dick Brave<br />
(aka Sasha) für Furore sorgten, waren die<br />
fünf Jungs aus Aschaffenburg eine gestandene<br />
Rock’n’Roll-Band. So ist es kein Wunder,<br />
dass sie auch ohne ihren berühmten<br />
Teilzeit-Frontmann mit MONKEY BUSI-<br />
NESS ein astreines (und mittlerweile schon<br />
das elfte!) Rockalbum vorlegen, das mit<br />
fetzigem Rockabilly, ungewohnten Cover-<br />
Die CD-Remasters<br />
1979-1984 komplett!<br />
Anyone’s Daughter (1980)*<br />
Original Album + 3 Bonus Tracks<br />
*auch als Vinyl Picture Disc LP<br />
(streng limitiert auf 500 Exemplare!)<br />
In Blau (1982)<br />
Original Album + 2 Bonus Tracks<br />
Neue Sterne (1983)<br />
Original Album + 3 Bonus Tracks<br />
2CD Live (1984)<br />
Original Album + 4 Bonus Videos<br />
Ebenfalls erhältliche CD-Remasters:<br />
Adonis (1979)<br />
Original Album + 3 Bonus Tracks<br />
Pik<strong>to</strong>rs Verwandlungen (1981)<br />
Original Album + 1 Bonus Track<br />
www.tempusfugit.de<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 69
CD<br />
REVIEWS<br />
Versionen (“Enjoy The Silence”, “Rolling<br />
In The Deep”) und starken eigenen Songs<br />
seine Klasse beweist. Das rockt richtig gut!<br />
(Nothing To Lose Records/<br />
Broken Silence, 2012, 15/49:07) us<br />
MICHAEL JACKSON<br />
BAD 25<br />
Neu<br />
remasterte<br />
Fassung des legendären<br />
Albums von<br />
Michael Jackson,<br />
dessen<br />
Hitdichte<br />
mit “Smooth Criminal”,<br />
“Man In<br />
The Mirror”, ”“Bd”“A “Bad”, “Ano<strong>the</strong>r Part Of Me”,<br />
“The Way You Make Me Feel” und “Dirty<br />
Diana” mehr als beeindruckend ist. CD 2<br />
bietet neben neuen Remixen und alternativen<br />
Versionen (in Spanisch und Französisch)<br />
noch sechs bisher unveröffentlichte<br />
Demos, die Michael Jackson in seinem damaligen<br />
Zuhause in der Hayvenhurst Avenue<br />
in Encino, Kalifornien, aufgenommen<br />
hat. Die Deluxe Edition bietet zusätzlich<br />
noch ein Konzert im Londoner Wembley<br />
Stadion vom Juli 1988 auf CD und DVD.<br />
(Epic/Sony <strong>Music</strong>, 1987/2012,<br />
11/48:16, 13/53:43) us<br />
THE BLACK EXPLOSION<br />
SERVITORS OF THE OUTER<br />
GODS<br />
Das neueste Projekt des Ex-Dollhouse-<br />
Sängers und -Gitarristen Chris Winter heißt<br />
The Black Explosion. Musikalisch bleibt<br />
der Schwede mit neuer Begleitmannschaft<br />
aber in den gewohnten Gefilden, rückt auf<br />
SERVITORS OF THE OUTER GODS<br />
oft sogar noch weiter in die Psychedelic-Hard-Rock-Ecke<br />
als mit seiner alten<br />
Band. Schwere Riffgewitter überziehen<br />
die Songs, verzerren und verlieren sich in<br />
krachenden Rhythmusschluchten, verlieren<br />
nur dann kurzzeitig an Fahrt, wenn sie ihre<br />
Kräfte für den nächsten Angriff bündeln.<br />
(Metalville/Rough Trade, 2012,<br />
10/36:39) tk<br />
KASEY CHAMBERS AND<br />
SHANE NICHOLSON<br />
WRECK AND RUIN<br />
Überragendes Duo-Album des australischen<br />
Country-Ehepaares Kasey Chambers<br />
und Shane Nicholson. Getarnt als Old-<br />
Time-<strong>Music</strong> und Bluegrass-Heuler haben<br />
sie für WRECK AND RUIN 13 neue Songs<br />
zum Thema „Tod” geschrieben – ohne dass<br />
sie dieses Thema allerdings zu (<strong>to</strong>d-)ernst<br />
nahmen. Mit traumhaften Harmony-Gesängen,<br />
klasse musikalischen Begleitern (Jed<br />
Cardwells Banjo!) und einem glasklaren<br />
Klang ohne Zweifel ein erklärter Favorit<br />
für die Country-<strong>Jahre</strong>sbestenliste.<br />
(Sugar Hill/Import, 2012, 13/34:07) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
A CAPELLA BEST OF<br />
Schöner Querschnitt durch die Welt des<br />
A-capella-Gesanges, bei dem ein breites<br />
Spektrum dieser hohen Kunst präsentiert<br />
wird. Humorvoll gehen Basta (“Gimme<br />
Hope Joachim”), Ganz Schön Feist (“Du<br />
willst immer nur f...”) oder Mundwerk<br />
(“Ober, Zack, ‘n Helles!”) die Sache an,<br />
feingeistiger präsentieren Gruppen wie<br />
die King’s Singers (“Kokomo”), 6-Zylinder<br />
(“Wea<strong>the</strong>r With You”) oder Perpetuum<br />
Jazzile (“Africa”) ihr Ausnahmekönnen,<br />
immer noch unerreicht die Harmonien der<br />
Comedian Harmonists, die mit “Mein kleiner<br />
grüner Kaktus” und “Ein Freund, ein<br />
guter Freund” vertreten sind.<br />
(EMI, 2012, 20/67:02, 20/70:03) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
KUSCHELROCK 26<br />
Wie gewohnt prall gefüllt mit Schmusesongs<br />
kommt auch die 26. Ausgabe von<br />
KUSCHELROCK daher, reicht die Palette<br />
von Coldplays “Paradise” über Lenny Kravitz’<br />
“I’ll Be Waiting” bis zu “Live To Tell”<br />
von Madonna. Auf einer dritten (Bonus-)CD<br />
kommen dann die Freunde ausgefallener<br />
Cover-Versionen zu ihrem Recht: Xavier<br />
Naidoo croont Peter Gabriels “Don’t Give<br />
Up”, Chris De Burgh lässt Elvis’ “In The<br />
Ghet<strong>to</strong>” auferstehen, Springsteens “I’m On<br />
Fire” gibt es von Laith Al Deen zu hören,<br />
und Jennifer Rush covert “Nights In White<br />
Satin”, im Original von The Moody Blues.<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 2012, 19/74:36,<br />
19/78:26, 19/78:39) tk<br />
THE CHEVIN<br />
BORDERLAND<br />
Sänger und Songschreiber<br />
Coyle<br />
Girelli nennt Nirvana,<br />
Oasis und die<br />
Beatles, wenn er<br />
nach dem Soundtrack<br />
seiner Jugend<br />
gefragt wird. id Hört man die Musik, die<br />
er jetzt zusammen mit seiner Band The<br />
Chevin auf BORDERLAND präsentiert,<br />
dann darf man mit ziemlicher Sicherheit<br />
noch U2, Coldplay und Arcade Fire dazu<br />
addieren. Hymnische, Streicher-unterstützte<br />
Brecher wie die Single-Auskopplung<br />
“Champion”, Power-Rocksongs wie<br />
“Drive”, Synthie-Pop wie “Colours” oder<br />
auch mal eine herzzerreißende Ballade<br />
wie “Love Is Just A Game”: alles drin in<br />
diesem Debüt!<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 2012, 14/41:48) tk<br />
PARAGUAY<br />
POST-FUTURE<br />
Der Titel des Debüts der texanischen Band<br />
Paraguay führt in die richtige Richtung, auf<br />
POST-FUTURE verbinden Claire Hamil<strong>to</strong>n<br />
(voc, g), Jon Sanchez (voc, g, keys, synths)<br />
Marc Fort (b) und George Duron (dr) Americana<br />
und Indie-Rock mit allerlei elektronischen<br />
Zutaten, paaren staubtrockene<br />
Gitarrenklänge mit Synthie-Beats und Dub-<br />
Clubsounds. Über allem schwebt die coole<br />
Stimme von Claire Hamil<strong>to</strong>n, sie spielt<br />
gekonnt mit den Stimmungen, die zwischen<br />
relaxtem Chill-Out und lässiger New Wave<br />
liegen. Definitiv mal was anderes!<br />
(Cactus Rock Records, 2012, 6/30:57) us<br />
ROYAL HUNT<br />
20TH ANNIVERSARY – SPECIAL<br />
EDITION<br />
Die 20TH ANNIVERSARY – SPECIAL<br />
EDITION von Royal Hunt ist eine ultrafette<br />
Werkschau der dänischen Symphonic<br />
Metaller, die auf drei CDs Songs sämtlicher<br />
elf Studio-Alben enthält und deutlich<br />
macht, weshalb die Band um Andre Andersen<br />
und DC Cooper derart stilprägend<br />
für den Melodic und christlich orientierten<br />
White Metal war. Zusätzlich gibt es in dem<br />
Paket noch eine DVD mit ihren Videoclips<br />
und einem Interview.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 12/63:36,<br />
13/70:35, 9/39:05 + DVD) jub<br />
RYAN BINGHAM<br />
TOMORROWLAND<br />
Für seinen Song “The Weary Kind”, den<br />
Ryan Bingham zum Soundtrack des (vom<br />
Leben das Countrysängers Hank Thompson<br />
inspirierten) Filmes “Crazy Heart” beisteuerte,<br />
erhielt er 2010 einen Oscar. Doch<br />
daraus zu schließen, dass TOMORROW-<br />
LAND ein massenkompatibles Americana-<br />
Album ist, ist falsch. Bingham raspelt und<br />
röhrt sich (mit an Bruce Springsteen erinnernder<br />
Stimme) durch die Außenseiters<strong>to</strong>rys<br />
seiner Lieder, geht auch musikalisch<br />
mit einer Mischung aus Roots-Rock und<br />
Singer/Songwriter-Country ziemlich eigene,<br />
aber sehr sehr gute Wege!<br />
(Axter Bingham Records/Alive,<br />
2012, 13/62:45) us<br />
A FINE FRENZY<br />
PINES<br />
Mit ihrem dritten<br />
Album PINES versucht<br />
sich die 28-jährige<br />
Songwriterin<br />
aus Seattle, Alison<br />
Sudol, an einem<br />
Konzeptalbum,<br />
das<br />
die Lebensgeschichte ht eines Pinienbaumes<br />
schildert. Natürlich hat sich die Künstlerin<br />
dabei etwas gedacht, so lässt sich die<br />
Geschichte auf menschliche Lebenslinien<br />
umsetzen. Was für Freunde guter Songtexte<br />
durchaus ein Genuss sein kann, wurde aber<br />
musikalisch nur unzureichend umgesetzt.<br />
Zwar ist nicht mehr der nervige Keyboardbombast<br />
des Vorgängerwerkes BOMB IN<br />
A BIRDCAGE (2009) zu hören, doch sind<br />
die einzelnen Titel allzu balladenhaft und<br />
teilweise derart unnötig ausgeweitet (der<br />
Schlusstitel dauert fast neun Minuten), dass<br />
bald Langeweile aufkommt. Leider kein<br />
Vergleich zum grandiosen Erstling ONE<br />
CELL IN THE SEA von 2008. Schade.<br />
(Virgin/EMI, 2012, 17/67:51)<br />
p<br />
THE BIBLE<br />
EUREKA<br />
Mit wunderschönem Dream-Pop begeisterten<br />
The Bible Ende der 80er <strong>Jahre</strong> hauptsächlich<br />
Musikfans in Großbritannien,<br />
die Single “Graceland” wurde in ihrer<br />
Heimat zu einem kleinen Hit, “Crystal Palace”<br />
brachte es in Deutschland immerhin<br />
zu Geheimtipp-Ehren. Neben den zwölf<br />
Songs des Originalalbums gibt es noch eine<br />
zweite CD mit einer guten Stunde voller<br />
Remix-, Alternativ- oder neu eingespielter<br />
Versionen, im neu gestalteten Booklet fachkundig<br />
kommentiert von Bandmitglied Boo<br />
Hewerdine.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1988,<br />
12/48:18, 18/61/21) tk<br />
INCUBUS<br />
THE ESSENTIAL<br />
1991 gegründet, lief diese Band aus Kalifornien<br />
mit ihrer Mischung aus hartem<br />
Crossover und gefühlvollem Alternative-<br />
Rock Ende der 90er zu Hochform auf.<br />
Kurzvorstellungen<br />
Seit MAKE YOURSELF (1998) hat es jedes<br />
Album von Incubus in die US-Top-10<br />
geschafft, das von Brendan O’Brien produzierte<br />
LIGHT GRENADES (2006) gar<br />
an die Spitze. THE ESSENTIAL bietet<br />
auf zwei CDs nun einen ausführlichen<br />
Streifzug durch ihr bisheriges Schaffen,<br />
liefert neben den regulären Studiotracks<br />
auch Songs, die es nur auf Singles oder<br />
längst nicht mehr erhältlichen EPs gab.<br />
(Epic/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 14/55:50,<br />
14/62:30) us<br />
VANGELIS<br />
THE COLLECTION<br />
Mit seinen vielfältigen<br />
elektronischen<br />
Sounds war (und<br />
ist) der griechische<br />
Komponist<br />
und<br />
Musiker<br />
geradezu<br />
prädestiniert für<br />
Soundtracks, Eröffnungshymnen und ähnlich<br />
bombastische musikalische Untermalungen.<br />
THE COLLECTION versammelt<br />
auf zwei randvollen CDs aber nicht nur<br />
seine Musik für Filme wie „1492 – The<br />
Conquest Of Paradise”, „Chariots Of Fire”<br />
und „Blade Runner” sondern mit “I’ll Find<br />
My Way Home”, “I Hear You Now” und<br />
“So Long Ago, So Clear” auch einige Kostproben<br />
seiner höchst erfolgreichen Zusammenarbeit<br />
mit Yes-Sänger Jon Anderson.<br />
(Rhino/Warner, 2012, 17/78:09,<br />
14/77:34) tk<br />
WOPRKING WEEK<br />
WORKING NIGHTS<br />
Anfang der 80er waren der Jazzgitarrist Simon<br />
Booth und Saxofonist Larry Stabbins<br />
in Verbindung mit der lasziven Stimme von<br />
Sängerin Julie Roberts der Auslöser einer<br />
Jazz-Welle in der Londoner Clubszene.<br />
Kurz darauf schwappte diese Welle – angeführt<br />
vom “Inner City Blues” – auch aufs<br />
europäische Festland über. Das Debüt von<br />
Working Week mit dem Titel WORKING<br />
NIGHTS war zugleich ihr bestes Werk, das<br />
jetzt mit einer zweiten CD voller Alternativversionen<br />
und zwei bisher unveröffentlichten<br />
Live-Songs seine mehr als verdiente<br />
Wiederveröffentlichung feiern darf.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1984/1985,<br />
12/73:01, 11/68:45) us<br />
KC & THE SUNSHINE BAND<br />
DO IT GOOD<br />
1973 gründeten Harry Wayne „KC” Casey<br />
und Richard Finch in Miami, Florida, die<br />
KC & The Sunshine Band. Mit feurigem<br />
Soul lieferten sie genau das richtige Material<br />
für das tanzhungriges Publikum der<br />
Disko<strong>the</strong>ken, DO IT GOOD ist ihr Debüt<br />
aus dem Jahr 1974, ergänzt um fünf Bonus-Tracks,<br />
darunter die Singleversionen<br />
von “Sound Your Funky Horn” (US # 21,<br />
UK #17) und ihrem ersten internationalen<br />
Hit, “Queen Of Clubs” (US #25, UK #7).<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1974,<br />
14/41:26) tk<br />
EVA CASSIDY<br />
THE BEST OF EVA CASSIDY<br />
Es ist schon eine tragische Geschichte,<br />
dass die 1996 vers<strong>to</strong>rbene Eva Cassidy den<br />
enormen Erfolg ihrer zehn, größtenteils<br />
posthum veröffentlichten Alben nicht mehr<br />
Seite 70 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
miterleben durfte. Nächstes Jahr wäre sie<br />
50 <strong>Jahre</strong> alt geworden, aus diesem Anlass<br />
gibt es nun mit THE BEST OF EVA CAS-<br />
SIDY einen Querschnitt ihrer schönsten<br />
Songs, eröffnet von “You Take My Breath<br />
Away”, einer bisher unveröffentlichten<br />
Version des bewegenden Liebesliedes von<br />
Claire Hamill.<br />
(Blix Street Records/Rough Trade,<br />
2012, 20/79:35) tk<br />
ANDREAS KÜMMERT<br />
THE MAD HATTERS<br />
NEIGHBOUR<br />
Dass<br />
Andreas<br />
Kümmert<br />
erst<br />
25 <strong>Jahre</strong> alt ist,<br />
kann man seiner<br />
Musik – und<br />
vor allem seiner<br />
Stimme – nicht<br />
anhören. Ray Dorset (Mungo Jerry) fühlt<br />
sich beim Hören dieser rauen Rockröhre<br />
an den jungen Joe Cocker erinnert, und<br />
auch von der Musik her geht es in eine<br />
ähnliche Richtung: THE MAD HATTERS<br />
NEIGHBOUR liefert sowohl souligen<br />
Rock in Bandstärke als auch knorrigen<br />
Singer/Songwriter-Blues zur akustischen<br />
Gitarre – und dazu noch alles selbst geschrieben.<br />
Respekt!<br />
(7music/New <strong>Music</strong> Distribution,<br />
2012, 12/44:25) us<br />
DIE LIGA DER GEWÖHN-<br />
LICHEN GENTLEMEN<br />
JEDER AUF ERDEN IST<br />
WUNDERSCHÖN<br />
Ihre Single “Die Gentlemen-Spieler” erhielt<br />
unlängst den Preis für den Fußballsong<br />
des <strong>Jahre</strong>s – vergeben von der Deutschen<br />
Akademie für Fußballkultur (in der Jury<br />
u.a. Thomas Häßler und Gerald Asamoah!).<br />
Auch die weiteren Songs (“Der fünfte Four<br />
Top”, “Meine Jeans” etc.) auf dem Debütalbum<br />
der Hamburger Band sind allerfeinster<br />
Soul- und Sixties-orientierter Diskurs-Pop<br />
– ganz in der Nachfolge von Superpunk,<br />
der Combo, in der Sänger und Gitarrist<br />
Carsten Friedrichs und Bassist Tim Jürgens<br />
bis zur Bandauflösung 2012 spielten.<br />
(Tapete/Indigo, 2012, 11/34:58) frs<br />
DICK FARRELLY &<br />
MAT WALKLATE<br />
KEEP IT CLEAN<br />
Nach einer gemeinsamen (musikalischen!)<br />
Nacht in Amsterdam beschlossen Gitarrist<br />
Dick Farrelly – der schon in Diensten von<br />
Mary Coughlan und Van Morrison stand –<br />
und Sänger/Mundharmonika-Virtuose Mat<br />
Walklate, zusammen ein Album einzuspielen.<br />
Knapp zehn Stunden dauerten die Aufnahmen<br />
in einem kleinen Studio in Dublin,<br />
dann waren die zehn Songs für KEEP IT<br />
CLEAN auf den Bändern, alte Bluesstandards,<br />
weitgehend unbekannte Traditionals<br />
sowie drei spontan entstandene Songs.<br />
Klasse Irish Blues!<br />
(www.matwalklate.co.uk, 2012,<br />
10/33:54) us<br />
EVERY MOTHERS’ SON<br />
COME ON DOWN – THE COM-<br />
PLETE MGM RECORDINGS<br />
1967, im „Summer of Love”, hatte diese<br />
Band aus dem New Yorker Greenwich<br />
Village mit “Come On Down To My Boat”,<br />
das es bis auf Platz 6 in den Billboard Pop-<br />
Charts brachte, ihren größten Hit. COME<br />
ON DOWN liefert nun ihre beiden einzigen<br />
LPs, EVERY MOTHERS’ SON und EVE-<br />
RY MOTHERS’ SON’S BACK, als gemeinsame<br />
CD-Premiere. Darauf vermischte<br />
die Band den Folk der beiden Brüder<br />
Lary und Dennis Larden mit poppigem<br />
Rock und gelangte so – zumindest einen<br />
Sommer lang – zu kurzfristigem Ruhm.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1967,<br />
21/59:02) tk<br />
LIPPS INC.<br />
MOUTH TO MOUTH –<br />
EXPANDED EDITION<br />
1979 veröffentlichte Produzent Steven<br />
Greenberg aus Minneapolis die von Cynthia<br />
Johnson (im Jahr 1976 Miss Black<br />
Minnesota!) gesungene 12”-Single “Rock<br />
It”, die kurz darauf Grundstein für MOUTH<br />
TO MOUTH wurde, dem Album, mit dem<br />
die Lips Inc. getaufte „Band” nicht zuletzt<br />
durch ihren Disco-Hit “Funky<strong>to</strong>wn”<br />
– Nummer 1 in Deutschland, Schweden,<br />
Österreich, Schweiz, Norwegen und den<br />
Niederlanden – zu ewiger Berühm<strong>the</strong>it gelangte.<br />
Als Bonus-Tracks gibt es alle vier<br />
Albumtitel noch als Singleversionen.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1979,<br />
8/43:46) tk<br />
SUZI QUATRO<br />
IN THE SPOTLIGHT –<br />
DELUXE EDITION<br />
Wunderschöne<br />
Deluxe-Wiederveröffentlichung<br />
von Suzi Quatros<br />
letztem Album IN<br />
THE<br />
SPOTLIGHT<br />
(Review <strong>GoodTimes</strong><br />
05/2011) in einer dicken<br />
Box. Neben einem Bonus-Track (“Singing<br />
With Angels”) und einem 24-seitigen<br />
Booklet (mit allen Texten und persönlichen<br />
Worten von Suzi) wurde das Album noch<br />
um eine zweite CD ergänzt, auf der sich acht<br />
bisher unveröffentlichte Studiodemos sowie<br />
zwei Promo-Videos befinden.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 2011,<br />
11/<strong>40</strong>:43, 8/29:23) us<br />
MARY WELLS<br />
THE COMPLETE 20TH<br />
CENTURY FOX RECORDINGS<br />
Zum ersten Mal gibt es nun alle 20th-<br />
Century-Fox-Aufnahmen von Mary Wells<br />
zusammengefasst auf zwei CDs. Dem<br />
1964er Debüt MARY WELLS wurden<br />
sechs Bonus-Tracks hinzugefügt, die erstmals<br />
auf einer 1996er US-Compilation zu<br />
hören waren. Eine CD-Premiere erfährt das<br />
komplette 1965er Album LOVE SONGS<br />
TO THE BEATLES, auf dem die R&B-<br />
Sängerin Beatles-Vorlagen wie “All My<br />
Lovin’”, “Help”, “Yesterday”, “Can’t Buy<br />
My Love” oder “I Saw Him (!) Standing<br />
There” in Richtung Jazz und Soul interpretiert.<br />
Eine wunderbare Entdeckung!<br />
(Cherry Red/Rough Trade,<br />
1964/1965, 18/46:11, 12/29:04) us<br />
VOLKAN BAYDAR<br />
RAUM SCHAFFEN<br />
Erstmals ist Volkan Baydar, als Sänger<br />
des Popduos Orange Blue bekannt ge-<br />
worden, auf Deutsch zu hören, ehe er im<br />
Verlauf seines Solodebüts ins Englische<br />
wechselt (und in der Liebeserklärung<br />
“My Heart Belongs To Istanbul” orientalische<br />
Anklänge einfließen lässt). Zwischen<br />
Pop, Soul, Jazz und Funk (in eingängiger<br />
Manier) variiert Baydar versiert<br />
mit viel Leidenschaft und dürfte so viele<br />
neue Fans gewinnen.<br />
(Go Jimmee/Groove Attack, 2012,<br />
12/47:12) pro<br />
MERL SAUNDERS &<br />
JERRY GARCIA<br />
KEYSTONE COMPANIONS –<br />
THE COMPLETE 1973 FANTASY<br />
RECORDINGS<br />
Großzügige Erweiterung<br />
der beiden<br />
KEYSTONE-COM-<br />
PANIONS-LPs. Auf<br />
vier CDs gibt es nun<br />
erstmals die kompletten<br />
Mitschnitte<br />
zweier Konzerte von Jerry Garcia und<br />
Merl Saunders, bei denen sich die beiden<br />
zusammen mit John Kahn (b) und<br />
Bill Vitt (dr) einmal quer durch ein alles<br />
andere als alltägliches Programm aus<br />
Broadway-Jazz, Mo<strong>to</strong>wn-Soul, Blues<br />
und Rock’n’Roll spielen. Neben sieben<br />
bisher unveröffentlichten Tracks macht<br />
die Box auch mit dickem Booklet und<br />
diversen Sammler-Gimmicks (Poster,<br />
Bierdeckel, Ansteckbut<strong>to</strong>n) eine Top-<br />
Figur.<br />
(Concord/Universal, 1973, 4 CDs) us<br />
GLEN CAMPBELL AND<br />
JIMMY WEBB<br />
IN SESSION<br />
CD/DVD-Doppelpack eines der erfolgreichsten<br />
amerikanischen Songwriter-<br />
Duos, keiner konnte Jimmy Webbs Lieder<br />
so gefühlvoll in Szene setzen wie Glen<br />
Campbell. Webb spielte Klavier, Campbell<br />
sang und spielte Gitarre, so präsentierten<br />
sie in zwei Sessions für das kanadische<br />
Fernsehen Hits wie “Wichita<br />
Lineman”, “Galves<strong>to</strong>n” und “Where’s<br />
The Playground Susie”. Die amerikanische<br />
Journalistin Lee Hildebrand<br />
schrieb den bewegenden Begleittext für<br />
das Booklet, erzählt die Geschichte über<br />
die Triumphe und das tragische Ende ihrer<br />
musikalischen Zusammenarbeit.<br />
(Concord/Universal, 2012, 9/35:41,<br />
DVD 43 Min.)<br />
us<br />
LAU<br />
RACE THE LOSER<br />
Neuestes Werk des zurzeit wohl innovativsten<br />
und besten Folktrios aus Großbritannien,<br />
produziert vom omnipräsenten<br />
Tucker Martine aus Nashville, Tennessee.<br />
Wie gewohnt sind die (größtenteils) instrumentalen<br />
Stücke von Kris Drever (g,<br />
voc), Martin Green (acc, p) und Aidan<br />
O’Rourke (fiddle) weder überladen noch<br />
allzu gefällig angelegt, passen sich eher an<br />
die raue und unwirtliche Natur ihrer schottischen<br />
Heimat an. Dennoch – oder gerade<br />
deswegen – nimmt einen diese Musik von<br />
den ers ten Tönen an gefangen, gelingt es<br />
RACE THE LOSER, unglaublich viel Atmosphäre<br />
zu erzeugen.<br />
(Reveal Records/Import, 2012, 9/44:52) us<br />
Kurzvorstellungen<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
BEST OF BOND ... JAMES BOND<br />
Mit 50 Titeln feiert diese Doppel-CD das<br />
50-jährige Jubiläum der James-Bond-<br />
Filme. Schon von Beginn an war es eine<br />
Auszeichnung, einen Bond-Song singen<br />
zu dürfen, dementsprechend hochklassig<br />
ist auch die Reihe der Künstler, von Shirley<br />
Bassey (“Goldfinger”), Paul McCartney<br />
& Wings (“Live And Let Die”), Sheena<br />
Eas<strong>to</strong>n (“For Your Eyes Only”), Sheryl<br />
Crow (“Tomorrow Never Dies”) bis zu<br />
Madonna (“Die Ano<strong>the</strong>r Day”). Neben<br />
den Songs gibt es noch das Beste aus den<br />
Filmmusiken, größtenteils gespielt vom<br />
John Barry Orchestra, auch hier gibt es<br />
zeitlose Klassiker zu hören.<br />
(Capi<strong>to</strong>l/EMI, 2012, 23/77:21,<br />
27/78:19) us<br />
PORCUPINE TREE<br />
OCTANE TWISTED<br />
Nachdem die Porcupine-Tree-Mitglieder<br />
das letzte Jahr für zahlreiche Solo-Aktivitäten<br />
nutzten, war klar, dass ein neues<br />
Album aller Wahrscheinlichkeit nach<br />
wohl ein Livemitschnitt werden dürfte.<br />
Voilà, hier ist OCTANE TWISTED, das<br />
auf zwei CDs die 2010er Tour dokumentiert,<br />
in deren Verlauf derer sie damals<br />
ihren Fans THE INCIDENT vorstellten<br />
– aber neben den neuen Songs natürlich<br />
auch noch einiges an älteren Stücken mit<br />
im Programm hatten.<br />
(Kscope/edel, 2012, 14/56:43, 7/71:42) us<br />
HAWKLORDS<br />
WE ARE ONE<br />
1978 brachten ehemalige<br />
Hawkwind-<br />
Musiker unter dem<br />
Namen<br />
Hawklords<br />
ihr bislang einziges<br />
Album, 25 YEARS<br />
ON, heraus. 34 <strong>Jahre</strong><br />
später veröffentlichen sie nun ihr zweites:<br />
WE ARE ONE. Freunde von Space-,<br />
Hard-, S<strong>to</strong>ner- und Prä-Punk-Rock à la<br />
Hawkwind und The S<strong>to</strong>oges werden an<br />
den harten Riffs und spacigen Soundbeigaben<br />
ihre wahre Freude haben.<br />
(Hawklords/Broken Vinyl, 2012,<br />
15/75:14) frs<br />
THE DUST BUSTERS WITH<br />
JOHN COHEN<br />
OLD MAN BELOW<br />
Pflichtalbum für Freunde von Old- Time-<br />
<strong>Music</strong>: Zusammen mit John Cohen,<br />
dem legendären Gründungsmitglied<br />
der New Lost City Ramblers (vor denen<br />
Grateful Dead sich in ihrem Song<br />
“Uncle John’s Band” verbeugten), spielen<br />
die drei jungen Musiker der Dust<br />
Busters auf OLD MAN BELOW wunderbar<br />
altmodischen, amerikanischen<br />
Folk aus den 30er <strong>Jahre</strong>n. Die Songvorlagen<br />
haben sie von alten Okeh-,<br />
Vic<strong>to</strong>r- oder Folkways-Shellackplatten;<br />
Banjo, Fiddle, Gitarre und Mandoline<br />
sind die Hauptinstrumente, dazu ab und<br />
zu etwas Piano oder Harmonium. Klasse<br />
auch das dicke Booklet, in dem jeder Titel<br />
detailliert vorgestellt wird.<br />
(Smithsonian Folkways Recordings/<br />
Galileo <strong>Music</strong> Communications, 2012,<br />
20/61:21) us<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 71
DVD<br />
REVIEWS<br />
PAT METHENY<br />
THE ORCHESTRION PROJECT<br />
Pat Me<strong>the</strong>ny hat<br />
während seiner Karriere<br />
die Fans immer<br />
wieder durch unverhoffte<br />
stilistische<br />
Extravaganzen begeistert.<br />
Mit THE<br />
ORCHESTRION<br />
PROJECT erforscht<br />
er sowohl musikalisch<br />
als auch technisch neues Terrain. Im<br />
Grunde genommen ist das Orchestrion ein<br />
Ein-Mann-Orchester, da Me<strong>the</strong>ny mit seiner<br />
Gitarre durch technische Raffinessen<br />
verschiedenste Instrumente ansteuert und<br />
in einem höchst individuellen Soundbild<br />
vereint. Ein Piano, verschiedene Glocken,<br />
Perkussioninstrumente allgemein und auch<br />
ein Vibrafon gehören zu den Klangkörpern,<br />
mit denen er seinen ruhigen, mal aufwühlenden<br />
und dann wieder hochexperimentellen<br />
Modern Jazz performt. Die erste DVD<br />
zeigt die faszinierende „Orchestrion Suite”<br />
und bekannte Songs wie “Unity Village”<br />
oder “An<strong>to</strong>nia”, bei denen zu keiner Sekunde<br />
Langweile aufkommt. Auf der zweiten<br />
DVD wird das Projekt ausgiebig vorgestellt,<br />
und auch Clips von den Sessions zum<br />
2010 erschienenen Album sind zu sehen.<br />
Abgerundet wird das Ganze mit einem<br />
Interview mit Me<strong>the</strong>ny selbst. Klasse und<br />
innovativ!<br />
(Eagle Vision/edel, 2012, 173 Min.) at<br />
PETER GABRIEL<br />
SO<br />
Wer neben den zusätzlichen<br />
Tracks<br />
und Live-Aufnahmen<br />
(siehe Highlight<br />
Box diese Ausgabe)<br />
von Peter Gabriels<br />
SO auch noch einen<br />
Blick auf die Entstehungsgeschichte<br />
dieses epochalen Albums<br />
werfen möchte, für den kommt diese<br />
Blu-ray aus der „Classics Album”-Reihe<br />
wohl genau zur richtigen Zeit. Dabei dürfen<br />
die zahlreiche Künstler, die an der Entstehung<br />
dieser Musik und seiner bahnbrechenden<br />
Videos beteiligt waren, ihre Sicht<br />
der Dinge erzählen. Neben Jerry Marotta,<br />
Manu Katché und Tony Levin hört man natürlich<br />
auch Peter Gabriel selbst, sowie den<br />
Co-Produzenten Daniel Lanois und Toningenieur<br />
Kevin Killen. Interessant ist auch das<br />
gut 30 Minuten umfassende Bonus-Material<br />
(u.a. „The Making Of Sledgehammer”), das<br />
in der ursprünglichen TV-Version nicht zu<br />
sehen war.<br />
(Eagle Vision/edel, 2012, 94 Min.) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
CHICO & RITA<br />
Der<br />
Animationsfilm<br />
ist in den vergangenen<br />
<strong>Jahre</strong>n<br />
erstaunliche<br />
Wege<br />
gegangen. Streifen<br />
wie<br />
„Persepolis”<br />
oder „Waltz With<br />
Bashir” haben sich<br />
ungewöhnlicher,<br />
bis da<strong>to</strong> als eher<br />
zeichentrickfern eingeschätzter, teils<br />
brisanter Themen angenommen. In dieser<br />
Reihe ist auch die spanisch-britische<br />
Koproduktion „Chico & Rita” zu sehen,<br />
die die dramatische und bewegende Liebesgeschichte<br />
eines Musikerpaars in Havanna<br />
und New York in den späten <strong>40</strong>er<br />
<strong>Jahre</strong>n zum Höhepunkt der Afro-Cuban-<br />
Jazz-Welle erzählt. Statt mit computeranimierter,<br />
temporeicher Disney- oder<br />
Pixar-Äs<strong>the</strong>tik beeindruckt der mit vielen<br />
internationalen Preisen ausgezeichnete,<br />
für den Oscar nominierte Trickfilm mit<br />
ruhigen, äs<strong>the</strong>tischen, in Handarbeit und<br />
mit viel Liebe zum Detail gezeichneten<br />
Bildern. Im Soundtrack läuft die heiße,<br />
rhythmische Musik von Dizzy Gillespie,<br />
Cole Porter, Thelonious Monk und Bebo<br />
Valdés.<br />
(Good Movies/Indigo, 2012, 93 Min.) frs<br />
PAUL McCARTNEY<br />
LIVE KISSES<br />
Die<br />
Bezeichnung<br />
Dokumentation trifft<br />
es im Falle Paul<br />
McCartney zu 100<br />
Prozent. Denn LIVE<br />
KISSES – FROM<br />
CAPITOL<br />
STU-<br />
DIOS,<br />
HOLLY-<br />
WOOD dokumentiert<br />
im wahrsten Sinne<br />
des Wortes. Und zwar die Aufführung von<br />
13 Songs seines im Februar veröffentlichten<br />
Album KISSES ON THE BOTTOM.<br />
Darauf hatte der Ex-Beatle jazzig angelegte<br />
Standards croonermäßig neu interpertiert,<br />
die er einst durch seinen Vater kennen gelernt<br />
hatte. Live offerierte McCartney aber<br />
nicht nur die per Stream im Internet übertragenen<br />
und vom öffentlich-rechtlichen<br />
Sender PBS ausgestrahlten Stücke, sondern<br />
gab mit Produzent Tommy LiPuma<br />
ein ausführliches Interview, desgleichen<br />
seine Mitstreiter/Gäste wie Diana Krall,<br />
Eric Clap<strong>to</strong>n und Joe Walsh. Die Gespräche<br />
wurden zwischen die Songs gebaut und<br />
um einen reichhaltigen Bonus-Teil ergänzt<br />
– herausgekommen ist eine erstklassige<br />
Doku eines speziellen Ereignisses, perfekt<br />
als Weihnachtsgeschenk geeignet.<br />
(Eagle Vision/edel, 2012, 127 Min.) pro<br />
BERLUC<br />
DAMALS WAR’S …<br />
IM FERNSEHEN<br />
Diese DVD ist<br />
ein reines Fan-<br />
Geschenk:<br />
Von<br />
Schlagzeuger<br />
Dietmar<br />
Ränker<br />
selbst<br />
produziert<br />
und im Eigenvertrieb<br />
unter die<br />
Leute<br />
gebracht,<br />
beinhaltet sie lediglich<br />
zwölf TV-Auftritte der ostdeutschen<br />
Heavy-Rock-Speerspitze Berluc aus<br />
der Zeit zwischen 1978 und 1989. Ränker<br />
hat dafür in den MDR-Archiven gewühlt<br />
und sich die Genehmigung zur Veröffentlichung<br />
geholt. Und was in Sachen<br />
Qualität und Ausstattung eher bescheiden<br />
rüberkommt, dürfte Anhängern der Band<br />
Freudentränen in die Augen treiben. Chronologisch<br />
sortiert sind neben dem Metal-<br />
Gassenhauer “No Bomb” von 1983 weitere<br />
Hits wie “Die Erde lebt”, “Gradaus”<br />
oder “Das in hundert <strong>Jahre</strong>n” zu sehen.<br />
Kurios, wenn beim Auftritt Berlucs mit<br />
“Bleib Sonne bleib” in der Jugendsendung<br />
„Rund” der Modera<strong>to</strong>r die Musik zwischen<br />
Pink Floyd und Manfred Mann verortet<br />
und konstatiert, dass die Band „hörbar und<br />
eingängig” sei, „ohne Krach und gewaltige<br />
Phonstärke”. Deutlich macht die Zusammenstellung,<br />
dass Sänger Manfred Kähler<br />
im Osten ein absoluter Ausnahme-Frontmann<br />
war, der Berluc trotz des durchaus<br />
charismatischen Ralf Dohanetz (mit drei<br />
Songs auf der DVD vertreten) nach seinem<br />
Ausstieg 1988 schmerzlich fehlte.<br />
(Eigenproduktion, 2012, 51 Min.) jub<br />
PAUL SIMON<br />
LIVE IN NEW YORK CITY<br />
Mit SO BEAUTI-<br />
FUL OR SO WHAT<br />
kehrte Paul Simon<br />
2011 nach einigen<br />
<strong>Jahre</strong>n Albumpause<br />
grandios zurück. Zudem<br />
ging er wieder<br />
ausgedehnt auf Tour,<br />
die ihn für wenige<br />
Stationen auch nach<br />
Deutschland führte (siehe Live-Bericht im<br />
<strong>GoodTimes</strong> 5/2011). Das Abschlusskonzert<br />
des USA-Abschnitts seiner Welt<strong>to</strong>urnee gab<br />
er am 6. Juni in der New Yorker Webster<br />
Hall, einem his<strong>to</strong>rischen Theater, das nur<br />
1200 Zuschauer fasst. Den Gig ließ Simon<br />
in Bild und Ton aufzeichnen, das Ergebnis<br />
ist jetzt auf der großartigen Live-DVD bzw.<br />
-Blu-ray (wahlweise plus songidentischer<br />
Doppel-CD) LIVE IN NEW YORK CITY<br />
zu bewundern. Die Bildführung ist angenehm<br />
ruhig, im Vordergrund steht die Musik.<br />
Aus Simons gut eingespielter Begleitband<br />
stechen insbesondere Gitarrist Mark<br />
Stewart und Bassist Bakithi Kumalo (der<br />
schon auf GRACELAND mitwirkte) hervor.<br />
Das Reper<strong>to</strong>ire reicht mit “The Only<br />
Living Boy In New York” und einem superb<br />
solo vorgetragenen “Sounds Of Silence”<br />
zurück bis in Simon & Garfunkel-Zeiten,<br />
streift die 70er <strong>Jahre</strong> (“50 Ways To Leave<br />
Your Lover”, “Still Crazy After All These<br />
Years”), die World-<strong>Music</strong>-Phase (“The Boy<br />
In The Bubble”, “Diamonds On The Soles<br />
Of Her Shoes”) und landet schließlich bei<br />
den wunderschönen Songs von SO BEAU-<br />
TIFUL OR SO WHAT.<br />
(Hear/Universal, 2012, DVD 93 Min.,<br />
CD 10/48:16, 10/45:09)<br />
frs<br />
THE DOORS<br />
LIVE AT THE BOWL ’68<br />
Die altehrwürdige<br />
Hollywood Bowl<br />
gehörte in den<br />
Sechzigern zu den<br />
wichtigsten Veranstaltungsorten<br />
der<br />
USA, und wer es<br />
geschafft hatte, das<br />
dortige Publikum<br />
zu überzeugen,<br />
durfte sich auf weitere Gigs freuen. Zum<br />
ersten Mal ist nun das gesamte Konzert der<br />
Doors zu sehen, und das auch noch in einer<br />
guten Qualität, da die alten Filmaufnahmen<br />
sorgsam restauriert wurden. Zwar mussten<br />
DVD – Blu-ray<br />
die Techniker bei einem Track wie zum Beispiel<br />
“Hello, I Love You” ein wenig schummeln,<br />
da damals die Gesangs-Audiospur bei<br />
der Nummer streikte, aber das Ergebnis (ein<br />
Zusammenschnitt von einzelnen Phrasen<br />
des Gesangs von Jim Morrison aus anderen<br />
Konzerten) verblüfft. Ein gelungenes Konzert,<br />
wenn auch nicht das beste der Doors,<br />
da Morrison bei einigen Passagen neben<br />
sich zu stehen scheint. Zu den zahlreichen<br />
Bonus-Features zählen Interviews mit den<br />
noch lebenden Bandmitgliedern, ein Bericht<br />
über das Konzert, zwei Clips aus TV-Shows<br />
(besonders sehenswert “Light My Fire” aus<br />
der Jonathan Winters Show mit psychedelischen<br />
Effekten) und ein Video zu “Gloria”.<br />
(Eagle Vision/edel, 2012, 135 Min.) at<br />
THE WHO<br />
LIVE IN TEXAS ’75<br />
Diese DVD ist ein<br />
wahres Ärgernis!<br />
Warum? Jeder, aber<br />
wirklich jeder wird<br />
sich ärgern, nicht bei<br />
diesem packenden,<br />
rauen und gleichzeitig<br />
gefühlvollen<br />
Konzert vom 20.<br />
November 1975 dabei<br />
gewesen zu sein! Sowohl Bild als auch<br />
Ton (einen Hauch zu höhenreich) wurden<br />
von dem Mischschpult-Ass Jon Astley erstklassig<br />
restauriert, so dass sich nicht nur<br />
Fans der legendären Gruppe auf fast zwei<br />
Stunden blendende Unterhaltung freuen<br />
dürfen. Beginnend mit “Substitute”, bei<br />
dem The Who für ordentlichen Druck sorgen,<br />
geht es weiter mit Klassikern (“Baba<br />
O’Riley”), Material aus TOMMY (“Acid<br />
Queen”, “Pinball Wizard”) und dem unvermeidlichen<br />
“My Generation”. Nach fast<br />
zwei Stunden könnte man meinen, dass den<br />
Jungs die Puste ausgegangen ist, doch die<br />
Abfolge “Roadrunner”, “Won’t Get Fooled<br />
Again” und ein erstklassiges “Magic Bus”<br />
belehren jeden Zweifler eines Besseren.<br />
LIVE IN TEXAS ’75 ist eines dieser Konzerte,<br />
bei denen sich der Nachwuchs mal<br />
eine Scheibe in Sachen Classic Rock abscheiden<br />
kann – und zwar eine dicke.<br />
(Eagle Vision/edel, 2012, 117 Min.) at<br />
CITY<br />
<strong>40</strong> JAHRE CITY – DAS KONZERT<br />
„Live aus dem Tempodrom,<br />
Berlin”<br />
heißt der Untertitel<br />
des Mitschnitts des<br />
Konzerts, mit dem<br />
City am 23. März<br />
2012 ihr <strong>40</strong>-jähriges<br />
Bestehen feierten.<br />
Ungewöhnlich: Sänger<br />
Toni Krahl dankt<br />
den Fans explizit, bevor die Aufzeichnung<br />
startet. Die Ost-Rockveteranen waren prächtig<br />
in Form, rockten satt mit dreiköpfiger<br />
Bläserverstärkung und erhielten Besuch von<br />
Anna Loos und Uwe Hassbecker von Silly<br />
oder Dieter „Maschine” Birr (Puhdys), die<br />
bei je einem neuen City-Titel mitsangen und<br />
eine eigene Nummer beisteuerten. Höhepunkt<br />
ist das Finale “Casablanca” mit allen<br />
Beteiligten (inklusive Die Zöllner). Die bei<br />
Songübergängen eingebauten Statements<br />
stören nicht; zwei der auf DVD ausgelas-<br />
Seite 72 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
DVD<br />
REVIEWS<br />
senen Nummern werden im sehenswerten<br />
Bonus-Teil nachgereicht. Der enthält zudem<br />
eine halbstündige Doku des Geschehens vor<br />
und nach der Show. Sehr empfehlenswert!<br />
Bestens geeignet auch für City-Nichtkenner,<br />
um sich mit der Band vertraut zu machen.<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 2012, 145 Min.) pro<br />
STATUS QUO<br />
HELLO QUO<br />
Mit Songs wie<br />
“Pictures<br />
Of<br />
Matchstick Man”<br />
und “Gerdundula”<br />
begannen<br />
Status<br />
Quo Ende der 60er<br />
<strong>Jahre</strong> ihrer Karriere,<br />
erreichten ihre<br />
größten<br />
Erfolge<br />
– mit gefeierten<br />
Alben wie PILEDRIVER und QUO – während<br />
der 70er, bevor sie nach einigen Umbrüchen<br />
seit Mitte der 80er zu Konstanten der<br />
britischen Rockszene wurden, regelmäßige<br />
Tourneen und neue Alben inklusive. Was es<br />
hier in einem Satz zu lesen gibt, bietet HEL-<br />
LO QUO in über zwei Stunden. Neben den<br />
überraschend humorvollen Statements der<br />
Status-Quo-Mitglieder, die dabei nicht mit<br />
Anekdoten und gegenseitigen Frotzeleien<br />
geizen, kommen auch Kollegen wie Brian<br />
May, Jeff Lynne und Cliff Richard zu Wort.<br />
Dabei nimmt sich Regisseur Alan G. Parker<br />
ausreichend Zeit für seine Dokumentation,<br />
beleuchtet die Geschichte der Band von allen<br />
Seiten, lässt auch die Drogen- und Alkoholexzesse<br />
nicht außen vor. Führt den Zuschauer<br />
über den legendären „Live Aid”-Auftritt<br />
aus dem Jahr 1985 und die vielen großen<br />
und kleinen Zerwürfnisse bis hin zur emotionalen<br />
Reunion der Originalband – einer<br />
bisher unveröffentlichte Jamsession – die im<br />
Jahr 2011 stattfand.<br />
(Studiocanal, 2012, 135 Min.) tk<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
SONS OF NORWAY<br />
Die Flagge Norwegens<br />
angekokelt an<br />
die Lederjacke gepinnt<br />
– da fühlt sich<br />
der 14-jährige Nikolaj<br />
doch gleich wie<br />
Johnny Rotten: „God<br />
Save The Queen”!<br />
Es ist 1978 und die<br />
Punkwelle erreicht<br />
auch die Vorstädte Oslos. Nikolaj (Asmund<br />
Hoeg), von seinen Hippie-Eltern antiau<strong>to</strong>ritär<br />
erzogen, hat es schwerer zu rebellieren<br />
als der Rest seiner Clique; denn schließlich<br />
ist auch sein Vater Magnus (Sven Nordin,<br />
bekannt aus dem Film „Elling”) seit 68er-<br />
Tagen ein Rebell: Die Bananen, die er an<br />
den Weihnachtsbaum hängt, stammen –<br />
hoch die internationale Solidarität! – aus<br />
Ekuador. „Sons Of Norway” (Regie: Jens<br />
Lien) handelt, ähnlich wie der schwedische<br />
Kommunen-Film „Zusammen!”, die 70er<br />
<strong>Jahre</strong> auf komödiantische Weise ab. Nikolaj<br />
findet schließlich einen Weg, aufzubegehren:<br />
Punk. Denn der bedeutet viel mehr<br />
Dagegensein als Hippietum. Es braucht<br />
dann schließlich zwei Unfälle und einen Todesfall<br />
– und einen kurzen Gastaufritt von<br />
Johnny Rotten –, bis Vater und Sohn wieder<br />
zusammenfinden. „Sons Of Norway” ist<br />
ein schräger Film, der zwar einen Großteil<br />
seines Humors aus Klischees bezieht, doch<br />
so herrlich ins Satirische überspitzt einfach<br />
Spaß macht. Die DVD-Fassung des Films,<br />
der im Sommer in den Kinos lief, kommt<br />
mit zahlreichen Extras, darunter einem Making<br />
Of, einem Interview mit Johnny Rotten<br />
sowie geschnittenen Szenen.<br />
(Alamode/Alive, 2012, 85 Min.<br />
+ Bonus) frs<br />
QUEEN<br />
HUNGARIAN RHAPSODY –<br />
LIVE IN BUDAPEST<br />
In astreinem HD-<br />
Bild und bombastischem<br />
5.1-Surround-Sound<br />
liefert die jetzt<br />
veröffentlich te<br />
Blu-ray einen magischen<br />
Blick zurück<br />
ins Jahr 1986,<br />
als Freddie Mercury,<br />
Brian May, John Deacon und Roger<br />
Taylor im Budapester Népstadion 80.000<br />
Fans mit einer einmaligen Show begeisterten.<br />
Natürlich konnte damals noch keiner<br />
ahnen, dass diese „Magic-Tour” die letzte<br />
große Konzertreise von Queen war, dass es<br />
bald darauf auf Grund von Freddie Mercurys<br />
Erkrankung nur noch selten zu abendfüllenden<br />
Live-Aufführungen von Songs<br />
wie “Bohemian Rhapsody”, “Tie Your Mo<strong>the</strong>r<br />
Down” oder “Now I’m Here” kommen<br />
sollte. Neben dem knapp zweistündigen<br />
Konzert gibt es noch die 25-minütige Dokumentation<br />
„A Magic Year” zu sehen, die<br />
Queen durch ein aufregendes Jahr begleitet,<br />
beginnend mit dem his<strong>to</strong>rischen Auftritt am<br />
13. Juli 1985 beim Londoner „Live Aid”<br />
bis hin zu den Proben für die kurz darauf<br />
beginnende „Magic-Tour”. Neben der Bluray<br />
erscheint HUNGARIAN RHAPSODY<br />
auch als DVD sowie als 2-CD/DVD- bzw.<br />
2-CD/Blu-ray-Deluxe-Edition.<br />
(Island/Universal, 2012, 145 Min.) us<br />
GARY MOORE<br />
BLUES FOR JIMI<br />
Nach der CD-Version<br />
(siehe <strong>GoodTimes</strong><br />
5/2012) ist Gary<br />
Moores Verbeugung<br />
vor Jimi Hendrix nun<br />
auch optisch zu erleben.<br />
Die DVD bietet<br />
ohne Bonus-Ergänzungen<br />
(aber mit informativem<br />
Booklet)<br />
das identische Set von Moores Gastspiel<br />
am 25.10.2007 im Londoner Hippodrome<br />
mit Darrin Mooney (dr) und Dave Bronze<br />
(b, voc). Blautöne dominieren bei der nicht<br />
übermäßig inspirierten filmischen Wiedergabe.<br />
Das Trio hielt sich dicht an die Originale,<br />
auch wenn Moore diverse eigene Duftmarken<br />
setzte; es agierte tighter, als es der Fall<br />
war beim Gastspiel der Hendrix-Mitstreiter<br />
Mitch Mitchell (dr) und Bill Cox (b) mit<br />
Moore am Ende der Show. Neben den durchaus<br />
beeindruckenden Performances gewinnt<br />
dieses musikalische Dokument dadurch an<br />
Bedeutung, dass Moore (2011) und Mitchell<br />
(2008) inzwischen mit Hendrix in der Himmelsband<br />
spielen.<br />
(Eagle Vision/edel, 2012, 74 Min.) pro<br />
HERBERT GRÖNEMEYER<br />
UNS REICHT DAS NICHT<br />
Gut zwei <strong>Jahre</strong> bevor<br />
Marius Müller-<br />
Westernhagen im Kinofilm<br />
„Theo gegen<br />
den Rest der Welt”<br />
(1980) den Aufmüpfigen<br />
gab, schlüpfte<br />
Herbert Grönemeyer<br />
für die WDR-Fernsehproduktion<br />
„Uns<br />
reicht das nicht” in eine ähnliche Rolle.<br />
Erstaunlich, mimte doch Grönemeyer,<br />
dem zu Beginn seiner Karriere Musik<br />
und Schauspielerei gleich wichtig waren,<br />
in späteren Filmen („Frühlingssinfonie”,<br />
„Das Boot” etc.) den eher sensiblen Typ.<br />
In der vergessenen TV-Perle „Uns reicht<br />
das nicht” (Regie: Jürgen Flimm), die seit<br />
ihrer Ausstrahlung im Jahr 1978 nicht<br />
mehr wiederholt wurde und nun auf DVD<br />
veröffentlicht wird, spielt er den rebellischen<br />
Schlosserlehrling und Freizeitrocker<br />
Gerd. Der schmeißt seine Ausbildung<br />
und hängt lieber ab mit seiner Freundin<br />
Anna (dargestellt von Grönemeyers späterer<br />
Ehefrau Anna Henkel) und seinem<br />
Kumpel Jörg (in einer grandiosen Rolle:<br />
der junge Uwe Ochsenknecht). Sie wollen<br />
frei sein – doch eine ihrer Mo<strong>to</strong>rrad<strong>to</strong>uren<br />
endet in einer Easy-Rider-haften Tragödie<br />
... Die DVD-Ausgabe des im typischen,<br />
mitunter etwas steifen 70er-<strong>Jahre</strong>-Sozialrealismus-Stil<br />
gedrehten Film enthält als<br />
Extras unter anderem eine Bonus-CD mit<br />
der – sehr jazz-rockigen – Filmmusik des<br />
Ocean Orchestra (Grönemeyers erster Albumproduktion!)<br />
sowie einen Audiokommentar<br />
des Regisseurs.<br />
(Turbine Medien, 1978/2012, 105 Min.) frs<br />
THE LUCKY PETERSON<br />
BAND FEATURING<br />
TAMARA PETERSON<br />
LIVE AT THE 55 ARTS CLUB<br />
BERLIN<br />
Wenn schon, denn<br />
schon: Gleich die<br />
erste DVD-Veröffentlichung<br />
des<br />
amerikanischen<br />
Bluesmusikers Lucky<br />
Peterson erscheint<br />
als luxuriöser<br />
Premium-Pak<br />
mit drei DVDs und<br />
zwei CDs. Schnell hat der charismatische<br />
Gitarrist (unterstützt von einer klasse<br />
Liveband!) das Publikum des Berliner 55<br />
Arts Club mit unbändiger Spielfreude auf<br />
seiner Seite, sucht (und findet) den Kontakt<br />
zu seinen Fans. Als dann noch seine<br />
Frau Tamara mit ihrer wunderbar souligen<br />
Stimme aus dem Backstage-Bereich auftaucht<br />
und singend durch die Zuschauer in<br />
Richtung Bühne tanzt, wird dieses Konzert<br />
zur perfekten Show zwischen Blues und<br />
Soul. Flirtend improvisieren sie miteinander,<br />
kokettieren mit den Erwartungen der<br />
Fans, bringen es mit folgendem Zitat auf<br />
den Punkt: „We are <strong>the</strong> new Ike and Tina<br />
Turner – except all <strong>the</strong> fighting!” Zwei<br />
DVDs (bzw. CDs) bringen das komplette<br />
Konzert (rund 160 Min.), eine dritte DVD<br />
(45 Min.) ist den „Special Features” vorbehalten:<br />
Proben, Behind-The-Scenes,<br />
DVD – Blu-ray<br />
Interviews und vier Songs der Backing-<br />
Band.<br />
(Blackbird <strong>Music</strong>/Soulfood, 2012,<br />
3 DVDs, 215 Min.) tk<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
ROADCREW<br />
Vor jedem Konzert<br />
sieht man sie mit<br />
dem Bühnenaufbau<br />
beschäftigt:<br />
die Roadies. Doch<br />
während die Künstler<br />
im Rampenlicht<br />
stehen, bleiben<br />
die, die hinter den<br />
Kulissen für den<br />
reibungslosen Ablauf sorgen, unbekannt.<br />
Regisseur Olaf Held gibt in seiner Doku<br />
„Roadcrew”, seinem Abschlussfilm für<br />
die Hochschule für Film und Fernsehen<br />
(HFF) in Potsdam, einigen von ihnen ein<br />
Gesicht. Hauptprotagonisten sind die drei<br />
Chemnitzer Axel, Tino und Jan, die schon<br />
seit <strong>Jahre</strong>n im legendären Bühnenteam Das<br />
Dreckige Dutzend für die Toten Hosen und<br />
Die Ärzte unterwegs sind. Der im cinémavérité-Stil<br />
– direkt, nah, ungestellt und<br />
ohne Off-Kommentar – gedrehte Film geht<br />
u.a. Fragen nach, wie lange man ein Leben<br />
on <strong>the</strong> road führen kann, ob feste Beziehungen<br />
und Familie möglich sind, und was<br />
dran ist am Hotelzimmer-Zertrümmer-<br />
Mythos, der so mancher Band vorauseilt ...<br />
In Interviews kommt auch Toten-Hosen-<br />
Bassist Andreas „Andi” Meurer zu Wort.<br />
(Good Movies/Indigo, 2012,<br />
81 Min.) frs<br />
PETER FRAMPTON<br />
FCA! 35 TOUR – AN EVENING<br />
WITH PETER FRAMPTON<br />
Das mystische<br />
Kürzel FCA! 35<br />
TOUR beschreibt<br />
natürlich nichts<br />
anderes als die<br />
Feierlichkeiten<br />
zu Ehren des 35.<br />
Geburtstags von<br />
FRAMPTON<br />
COMES ALIVE.<br />
Im Zuge seiner 2011/12er Welt<strong>to</strong>urnee<br />
wurden zwei Shows vom Februar dieses<br />
<strong>Jahre</strong>s im New Yorker Beacon Theatre<br />
und im Pabst Theater in Milwaukee<br />
mitgeschnitten. Aus diesem Material<br />
wurden dann die beiden Discs zusammengestellt.<br />
Gespickt mit Klassikern wie<br />
“Show Me The Way”, “Do We Feel Like<br />
We Do” und “Baby, I Love Your Way”<br />
umfasst die erste DVD das komplette Erfolgsalbum<br />
(im Original 1976 veröffentlicht),<br />
während sich die zweite DVD auf<br />
Songs von Framp<strong>to</strong>ns neueren Alben wie<br />
FINGERPRINTS oder THANK YOU<br />
MR. CHURCHILL sowie auf ein paar<br />
ganz alte Nummern wie “I Don’t Need<br />
No Doc<strong>to</strong>r” aus der Humble-Pie-Zeit<br />
konzentriert. Als Bonus-Material gibt es<br />
„The Phoenix” zu sehen, Peter Framp<strong>to</strong>ns<br />
Reunion mit seiner geliebten (und<br />
lange verschollenen) Gibson Les Paul<br />
Gitarre, die er während der 2012er Tour<br />
auf der Bühne spielte.<br />
(Eagle Vision/edel, 2012, 2 DVDs,<br />
189 Min) tk<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 73
DVD<br />
REVIEWS<br />
MOTÖRHEAD<br />
THE WÖRLD IS OURS – VOL. 2<br />
Kann es für einen<br />
Metal-Fan Größeres<br />
geben als<br />
Motörhead live<br />
in Wacken? Eben,<br />
und so punktet<br />
auch die zweite<br />
Ausgabe von<br />
THE WÖRLD IS<br />
OURS mit krachendem<br />
Hard Rock, mit Lemmys unverwüstlicher<br />
Stimme und mit einem klasse<br />
Streifzug durch das Werk des britischen<br />
Powertrios. Von “Iron Fist” rockten sie<br />
sich im August 2011 vor einem frenetischen<br />
Publikum über “The Chase Is<br />
Better Than The Catch” bis zu ihren Killer-Hymnen<br />
“Ace Of Spades” und “Overkill”.<br />
Mit dabei auch noch sechs bzw.<br />
fünf Songs, die im gleichen Jahr beim<br />
britischen Sonisphere Festival und beim<br />
(wie immer gigantischen) „Rock in Rio”<br />
aufgezeichnet wurden, als Bonus-Material<br />
gibt es Festival-Eindrücke aus Wacken.<br />
(UDR/EMI, 2012, 1<strong>40</strong> Min.)<br />
us<br />
BRIAN AUGER’S OBLIVION<br />
EXPRESS<br />
LIVE AT THE BAKED POTATO<br />
Wer Brian Auger in<br />
den letzten <strong>Jahre</strong>n<br />
mit seinen Begleitbands<br />
Trinity oder<br />
Oblivion Express<br />
live gesehen hat und<br />
das Konzerterlebnis<br />
noch mal Revue passieren<br />
möchte, der<br />
ist bei LIVE AT THE<br />
BAKED POTATO genau richtig. Den in<br />
zwei Sets unterteilten Gig spielte der Hammond-Pionier<br />
der Londoner Swinging Sixties<br />
am 17. Juli 2005 zusammen mit Tochter<br />
Savanna Grace (Gesang), Sohn Karma<br />
D. (Schlagzeug) und dem Bassisten Derek<br />
Frank im kleinen Club Baked Pota<strong>to</strong> in Los<br />
Angeles. Der Auftritt entspricht ziemlich<br />
genau dem, was die Familie Auger in den<br />
letzten <strong>Jahre</strong>n auch auf deutschen Bühnen<br />
gezeigt hat. Die groovige Band präsentiert<br />
vor allem Augers Hits aus den 60er- und<br />
frühen 70er <strong>Jahre</strong>n wie “Truth” “Season Of<br />
The Witch”, “Indian Rope Man” und “Light<br />
My Fire”. Als Doppel-Live-CD gibt es das<br />
Konzert schon seit einigen <strong>Jahre</strong>n, das gute<br />
Zusammenspiel und die Club-Atmosphäre<br />
sind aber natürlich auf DVD um einiges<br />
besser zu erleben.<br />
(MiG/Intergroove, 2012, 130 Min.) an<br />
LAST SHOP STANDING<br />
THE RISE AND REBIRTH OF THE<br />
INDEPENDENT RECORD SHOP<br />
Inspiriert durch<br />
Graham Jones’<br />
Buch mit dem gleichem<br />
Titel entstand<br />
diese englischsprachige<br />
(Achtung:<br />
keine Untertitel!)<br />
Dokumentation<br />
über britische Plattengeschäfte,<br />
wie<br />
sie den Wandel der Zeiten, beginnend<br />
in den 60er <strong>Jahre</strong>n bis heute, mal besser<br />
oder schlechter überstanden haben.<br />
Neben über 20 Besitzern solcher Läden<br />
kommen auch Musiker wie Paul Weller,<br />
Johnny Marr, Billy Bragg, Norman Cook<br />
und Richard Hawley zu Wort, erzählen<br />
wie diese Orte für sie zu Tempeln musikalischer<br />
Entwicklung wurden, wie sie<br />
dort neue Musik und neue Bands kennenlernten.<br />
Gedreht zwischen Dezember<br />
2011 und Juni 2012 geht es in LAST<br />
SHOP STANDING aber nicht nur um die<br />
Vergangenheit, nicht nur darum, warum<br />
zurzeit statistisch gesehen drei Läden<br />
pro Woche dichtmachen müssen und wie<br />
neue Technologien diesen Trend beeinflussen,<br />
sondern auch darum, welche<br />
Wege man aus dieser Krise gehen kann.<br />
(Proper/Rough Trade, 2012, 50 Min.) us<br />
TWISTED SISTER<br />
A TWISTED XMAS – LIVE IN LAS<br />
VEGAS<br />
Schrill, schräg, nicht<br />
jedermanns Gus<strong>to</strong> –<br />
das waren/sind Twisted<br />
Sister mit dem<br />
(tuntig) geschminkten<br />
Frontmann Dee<br />
Snider. Entsprechend<br />
fiel ihre Weihnachtsfeier<br />
2006<br />
in Las Vegas aus,<br />
nachdem sie zuvor das Album A TWIS TED<br />
CHRISTMAS veröffentlicht hatten. Sechs<br />
<strong>Jahre</strong> später gibt es ihre Mischung aus<br />
selbst verfassten Weihnachtsliedern, metallisch<br />
überarbeiten Christmas-Klassikern<br />
und den Bandfavoriten zu sehen und hören<br />
(samt beifügter Bonus-CD). All zu groß unterschiedet<br />
sich das zu Sehende nicht von<br />
der 2007er DVD LIVE: A DECEMBER<br />
TO REMEMBER, die mit ähnlichem Programm<br />
in New York entstanden war. Wie<br />
gesagt, Geschmacksache – etwas für Teenager,<br />
die ihre Eltern schockieren wollen, für<br />
beinharte TS-Anhänger, Metal-Fans und<br />
Komplettisten. Es gibt aber auch reichlich<br />
gehaltvollere moderne Weihnachtsmusik!<br />
(Eagle Vison/edel, 2012, 104 Min.,<br />
CD 14/71:13)<br />
pro<br />
THE BEAT<br />
LIVE AT THE US FESTIVAL<br />
Im September<br />
1982 und im Mai<br />
1983 gingen mit<br />
dem „US” im<br />
kalifornischen<br />
San Bernardino<br />
zwei Open-Air-<br />
Wochenenden<br />
über die Bühne, die an die Festivalkultur<br />
der späten Sechziger anknüpfen sollten. Da<br />
Hauptveranstalter Steve Wozniak, Mitbegründer<br />
der Computerfirma Apple, mehrere<br />
Millionen Miese machte, blieb es bei diesen<br />
Veranstaltungen. An beiden nahmen The<br />
Beat teil. Die Engländer waren zu Beginn<br />
der 80er <strong>Jahre</strong> die nach Madness und The<br />
Specials wohl bekannteste Band, die aus<br />
dem Stall des 2Tone-Labels hervorgegangen<br />
war. Mit ihrem Mix aus Ska, Reggae,<br />
Soul, New Wave und <strong>60s</strong>-Mod-Pop waren<br />
sie äußerst erfolgreich – zumindest im englischsprachigen<br />
Raum. Als sie beim „US”<br />
auftraten, kündigten sich nach drei Alben<br />
und mehreren Hit-Singles (“Mirror In The<br />
Bathroom”, 1980, UK #4, “Too Nice To<br />
Talk To”, 1980, UK #7) bereits erste Auflösungsprozesse<br />
an. Die Mitglieder gründeten<br />
kurze Zeit später mit den Fine Young<br />
Cannibals und General Public erfolgreiche<br />
Nachfolgebands. Gleichwohl brannten die<br />
Briten mit beiden Gigs treibende Groove-<br />
Feuerwerke ab, die in der kalifornischen<br />
Sonne erst so recht zündeten. An beiden<br />
Festivaltagen war es glühend heiß: Auf der<br />
DVD, die nun die Konzerte wiedergibt,<br />
sieht man die Zuschauer in kurzen Hosen,<br />
Tops und anderer Leichtbekleidung. Beide<br />
Auftritte sind komplett dokumentiert, abgesehen<br />
von den 1982er Eröffnungsnummern<br />
“Ranking Full S<strong>to</strong>p” und “Big Shot”,<br />
deren Tonbänder hin waren. Die DVD (26<br />
Titel) kommt mit einer CD, die einen Bes<strong>to</strong>f-Querschnitt<br />
von 16 Songs enthält.<br />
(Shout/Soulfood, 2012, DVD 100 Min.,<br />
CD 16/58:32)<br />
frs<br />
HERBERT GRÖNEMEYER<br />
LIVE AT MONTREUX 2012<br />
So schnell kam bislang<br />
keine DVD<br />
nach einem Montreux-Auftritt<br />
auf<br />
den Markt wie bei<br />
Herbert Grönemeyer.<br />
Da spielten wohl<br />
geschäftliche Überlegungen<br />
(Anhängen<br />
an den Erfolg der<br />
neuen CD I WALK) eine Rolle. Am 14. Juli<br />
2012 bestritt Grönemeyer den Abschluss des<br />
legendären Montreux Jazz Festivals – noch<br />
mit seinem deutschen Programm. Dabei bot<br />
er mit 29 Songs eine Live-Werkschau, die<br />
auch auf DVD mitreißend rüberkommt. Wer<br />
Grönemeyer länger nicht mehr konzertant erlebt<br />
hat wie der Rezensent, kann sich an den<br />
teils kräftig überarbeiteten Arrangements älterer<br />
Lieder erfreuen, die der Protagonist und<br />
seine Band mit sichtbarer Spielfreude vortrugen.<br />
Dazu sind die Kameras immer dort,<br />
wo die Musik spielt, mit vielen Close-Ups,<br />
ohne zu hektisch hin- und herzuspringen.<br />
Da bleiben wirklich keine Wünsche offen,<br />
wie es auf der Coverrückseite versprochen<br />
wird! Auch wenn es kein Bonus-Material<br />
gibt – aber wofür braucht’s eigentlich die<br />
deutschen Untertitel?<br />
(Eagle Vison/edel, 2012, 149 Min.) pro<br />
STRAY CATS<br />
LIVE AT MONTREUX 1981<br />
Kaum zu glauben,<br />
dass diese Aufnahme<br />
schon über 30 <strong>Jahre</strong><br />
alt ist! Die Bilder<br />
geben keinen Anlass<br />
zu klagen, die Akustik<br />
ebenso wenig,<br />
und die Musik des<br />
Rockabilly-Trios aus<br />
New York ohnehin<br />
nicht. 1980 waren Brian Setzer (voc, g), Lee<br />
Rocker (Kontrabass) und Slim Jim Phan<strong>to</strong>m<br />
(Minischlagzeug) vorübergehend nach London<br />
umgezogen, wo Dave Edmunds ihr selbst<br />
betiteltes Debüt produzierte. Wenig später<br />
gaben die Youngster ihr einziges Gastspiel in<br />
Montreux, rotzten ihre frühen Hits wie “Stray<br />
Cat Strut”, “Runyaway Boys” und “Rock<br />
This Town” heraus, dazu einige eigenwillige<br />
Cover-Versionen (“Be Bop A Lula”, Dorsey<br />
DVD – Blu-ray<br />
Burnettes “My One Desire”, Charles Underwoods<br />
“Ubangi S<strong>to</strong>mp”), und lieferten ein<br />
herzerfrischend ungeschliffenes Hybrid aus<br />
Rockabilly, Punkenergie und Fifties-Einflüssen,<br />
das man sich heute gerne noch/wieder anschaut<br />
und fehlende Boni gar nicht vermisst.<br />
(Eagle Vision/edel, 2012, 80 Min.) pro<br />
MIRIAM MAKEBA<br />
MAMA AFRICA<br />
Miriam Makeba ist<br />
viel mehr als “Pata<br />
Pata”. An einer Stelle<br />
der Filmdoku „Mama<br />
Africa” beschwert<br />
sich die Sängerin<br />
(1932–2008) selbst<br />
darüber, wie sehr sie<br />
auf dieses fröhliche<br />
Tanzlied (USA #12)<br />
reduziert wird, das die Südafrikanerin 1967<br />
über Nacht zum Weltstar machte. Regisseur<br />
Mika Kaurismäki (Bruder des finnischen<br />
Kultfilmers Aki Kaurismäki), der schon mit<br />
mehreren Filmen seine Liebe zur Musik Brasiliens<br />
zum Ausdruck brachte, fokussiert auf<br />
eher weniger bekannte Facetten Makebas,<br />
etwa ihre umstrittene Ehe mit dem Black-<br />
Pan<strong>the</strong>r-Aktivisten S<strong>to</strong>kely Carmichael, ihr<br />
Anti-Apar<strong>the</strong>id-Engagement, ihre Flucht<br />
ins Exil oder die Trauer über den Verlust ihrer<br />
einzigen Tochter Bongi, die bis zu ihrem<br />
frühen Tod für die Mutter als Songau<strong>to</strong>rin<br />
und Backgroundsängerin tätig war. Der Film<br />
zeigt in vielen Archivaufnahmen Makeba u.a.<br />
zusammen mit Harry Belafonte, Paul Simon<br />
und Nelson Mandela. In neueren Interviews<br />
kommen ihr Ex-Ehemann, der Jazz-Trompeter<br />
Hugh Masekela, die Sängerin Angélique<br />
Kidjo sowie zahlreiche weitere musikalische<br />
und befreundete Wegbegleiter zu Wort.<br />
(Arthaus/Studiocanal, 2012, 88 Min.) frs<br />
THE DOOBIE BROTHERS<br />
LET THE MUSIC PLAY –<br />
THE STORY OF THE DOOBIE<br />
BROTHERS<br />
1970 starteten die<br />
Doobie Bro<strong>the</strong>rs in<br />
Kalifornien als Biker-Band<br />
ihre Karriere,<br />
kämpften sich<br />
mit zahlreichen Stilund<br />
Besetzungswechseln<br />
durch<br />
höchst erfolgreiche<br />
70er <strong>Jahre</strong> – besonders nach dem Einstieg<br />
von Michael McDonald im Jahr 1976. Ausgebrannt<br />
und tief zerstritten brach die Band<br />
1982 ausein ander, versuchte in den <strong>Jahre</strong>n<br />
darauf mit ein paar unausgegorenen Versuchen,<br />
wieder ins Rampenlicht zurückzukehren,<br />
doch erst in den frühen 90ern, mit<br />
einem stabilen Line-Up, neuen Alben und<br />
regelmäßigen Touren, war das Comeback<br />
von Erfolg gekrönt. LET THE MUSIC<br />
PLAY erzählt die über vier Jahrzehnte reichende<br />
Geschichte der Doobie Bro<strong>the</strong>rs<br />
mittels zahlreicher Beiträge von Management,<br />
Studiopersonal und Bandmitgliedern,<br />
von Patrick Simmons über John McFee und<br />
Jeff Baxter bis zu Michael McDonald. Als<br />
Bonus gibt es noch 48 Minuten Livematerial,<br />
darunter legendäre Songs wie “Long<br />
Train Running”, “Listen To The <strong>Music</strong>” und<br />
“Rainy Day Crossroad Blues”.<br />
(Eagle Vision/edel, 2012, 148 Min. ) tk<br />
Seite 74 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
PRÄSENTIERT
Books For You<br />
Live dabei – Mein Leben mit den Rolling S<strong>to</strong>nes, den<br />
Grateful Dead und anderen verrückten Gestalten<br />
Von Sam Cutler<br />
2012, Hannibal<br />
ISBN 978-3-85445-399-4<br />
338 Seiten<br />
19,99 €<br />
D<br />
ie Stars stehen<br />
im Rampenlicht<br />
und ernten den Erfolg.<br />
Dabei werden<br />
meist die „Nebenfiguren”<br />
vergessen,<br />
die eine gelungene<br />
Show erst ermöglichten.<br />
Sie rackern<br />
sich ab, müssen sich<br />
ständig mit uner-<br />
warteten<br />
Situationen<br />
auseinandersetzen,<br />
improvisieren und werden als Dank für die<br />
ganze Plackerei mit einem Hungerlohn abgespeist.<br />
Sam Cutler gehört zu diesem Personenkreis.<br />
Nachdem er maßgeblich an den<br />
Hyde-Park-Festivals in London beteiligt gewesen<br />
war, engagierten ihn die S<strong>to</strong>nes als<br />
Tourmanager für die 69er US-Konzertreise,<br />
die mit der Hölle von Altamont endete.<br />
Cutler schildert seine Kindheit, die Jugend<br />
im Swinging London, die ersten Drogenerfahrungen,<br />
die aufstrebenden Künstler wie<br />
Pink Floyd oder Alexis Korner lebhaft und<br />
sprachlich versiert. Kaum einem Au<strong>to</strong>ren ist<br />
es bislang gelungen, die Atmosphäre eines<br />
gesellschaftlichen Umbruchs so hautnah<br />
und emotional zu präsentieren. Dann geht<br />
es ab in die USA, wo er mit den S<strong>to</strong>nes eine<br />
wilde Zeit verlebt und dabei zusehen muss,<br />
wie Mick von einer liebes<strong>to</strong>llen 70-Jährigen<br />
angesprungen wird! Mit der Schilderung<br />
des Altamont-Konzerts, bei der<br />
Cutler reinen Tisch macht und langjährige<br />
Gerüchte negiert, ist die Reise noch nicht<br />
beendet, denn der Au<strong>to</strong>r arbeitete von nun<br />
an für die Acidheads von Grateful Dead<br />
– und erlebte die berühmt-berüchtigte<br />
Kanada-Reise im Festival-Train. Nicht nur<br />
die Anekdoten und aberwitzigen Geschichten<br />
sprechen für diesen vorzüglichen Band,<br />
sondern auch die intimen Porträts von unter<br />
anderem Jerry Garcia, Buddy Guy und<br />
besonders Janis Joplin, mit der Cutler sehr<br />
gut befreundet war. Nach der Lektüre legt<br />
der Leser den Band mit ein wenig Wehmut<br />
zur Seite, denn so eine Zeitreise kann nie<br />
lang genug sein! Packend wie ein Krimi, informativ<br />
wie ein Sachbuch und so bildhaft<br />
wie ein surreales Gemälde – noch nie ist<br />
es einem Au<strong>to</strong>ren gelungen, diese Gegensätze<br />
so geschickt und mühelos in einem<br />
rasanten Lese-Abenteuer zu vereinen. fl<br />
Ein Hippie-Traum – Die Au<strong>to</strong>biografie<br />
Von Neil Young<br />
2012, Kiepenheuer & Witsch, Köln<br />
ISBN 978-3-462-04477-5<br />
475 Seiten, Hardcover mit<br />
Schutzumschlag<br />
22,99 €<br />
on Lebensbeich-<br />
aus direkter<br />
Hand des Künstlers<br />
erwarten sich Fans<br />
und Leser stets tiefere<br />
Einblicke und neuere<br />
Erkenntnisse, als sie<br />
ihnen Biografen, die<br />
naturgemäß alles nur<br />
aus zweiter Hand haben,<br />
liefern können.<br />
Lange erwartet, erscheint nun endlich Neil<br />
Vten<br />
Youngs „Ein Hippie-Traum” (der Originaltitel<br />
ist um einiges besser: „Waging Heavy<br />
Peace”). Gleich vorweg: Das Buch ist – verglichen<br />
etwa mit den Au<strong>to</strong>biografien von<br />
Bob Dylan oder Patti Smith – eher eine<br />
Enttäuschung. Nur wirklich Wohlgesonnene<br />
werden den 475-Seiten-Wälzer, den<br />
die Tagespresse schon fast einhellig verrissen<br />
hat, wirklich bis zu Ende lesen. Young,<br />
der als Schriftsteller debütiert, wäre besser<br />
beraten gewesen, sich einen Co-Au<strong>to</strong>ren<br />
zur Seite zu nehmen. Er verheddert sich in<br />
Nebensächlichkeiten, erzählt mal zu ausufernd,<br />
mal zu sprunghaft, meist auch noch<br />
in einem schwachen Sprachstil. Zwar liegt<br />
ein gewisser Reiz darin, spontan und improvisierend<br />
zu Werke zu gehen (man höre<br />
seine Crazy-Horse-Gitarren-Solos!), aber<br />
Neil Young ist kein Jack Kerouac; es ist<br />
vermessen von ihm, wenn er an einer Stelle<br />
damit kokettiert: „Ich habe bisher nur einen<br />
einzigen Absatz überarbeitet. Aber für das<br />
Leben gibt es sowieso keine Rechtschreibkorrektur.”<br />
Gleichwohl sei das Buch all denjenigen<br />
ans Herz gelegt, die an der Person<br />
oder an dem Musiker Neil Young interessiert<br />
sind. Die langweiligen Stellen, etwa wenn<br />
Young immer wieder mit dem von ihm mitentwickelten<br />
Soundsystem PureTone anfängt,<br />
kann man bedenkenlos überspringen<br />
und sich diejenigen Passagen herauspicken,<br />
in denen es wirklich interessant wird. Etwa<br />
wenn Young über seine ersten musikalischen<br />
Gehversuche bei The Squires und Buffalo<br />
Springfield schreibt oder über seine geliebte<br />
Gibson-Les-Paul-Gitarre „Old Black”, sein<br />
Verhältnis zu dem viel zu früh vers<strong>to</strong>rbenen<br />
Crazy-Horse-Mitglied Danny Whitten oder<br />
zu Stephen Stills, seinem Partner in guten<br />
wie in schlechten Zeiten.<br />
frs<br />
Bowie – Retrospektive<br />
Von Paolo Hewit (Einf. von Robert Elms)<br />
2012, edel Books, Hamburg<br />
ISBN 978-3-84190-159-0<br />
288 Seiten, 200 farb. Abb.<br />
29,95 €<br />
owies immenser<br />
„ Bkultureller Einfluss<br />
hallt immer noch nach,<br />
wenn ein junger Musiker<br />
versucht, Kunst<br />
und Pop, Avantgarde<br />
und Mainstream miteinander<br />
in Einklang<br />
zu bringen und die<br />
Grenzen von Theater<br />
und Musik zu sprengen. Es ist, vor allem<br />
in Großbritannien, unmöglich, sich die<br />
Popwelt ohne den Einfluss jenes Mannes<br />
vorzustellen, der vor so vielen <strong>Jahre</strong>n Ziggy<br />
Stardust war und alle zukünftigen Generationen<br />
mit Sternenstaub besprenkelte.” Zu<br />
diesem Schluss kommt der BBC-Modera<strong>to</strong>r<br />
Robert Elms in seinem Vorwort zum Buch<br />
„Bowie – Retrospektive” von Paolo Hewitt<br />
(britischer Mod- und Glam-Experte). Der<br />
reichlich bebilderte, grafisch schön gestaltete<br />
Prachtband (Originaltitel: „Bowie –<br />
Album By Album”) behandelt ausführlich<br />
und in chronologischer Reihenfolge alle 27<br />
Studio-Alben, die David Bowie seit 1967<br />
veröffentlicht hat. Hewitts Texte sind informativ,<br />
kenntnisreich und mit kritischer<br />
Distanz geschrieben, viele eingearbeitete O-<br />
Töne aus früheren Bowie-Interviews runden<br />
die Sache ab.<br />
frs<br />
Retromania – Warum Pop nicht von seiner Vergangenheit lassen kann<br />
Von Simon Reynolds<br />
2012, Ventil Verlag, Mainz<br />
ISBN 978-3-93155-529-0<br />
422 Seiten, Klappenbroschur<br />
29,90 €<br />
R<br />
evivals, Cover-Bands,<br />
60er/70er/80er-<br />
Partys,<br />
Jubiläums/Deluxe-Wiederveröffentlichungen:<br />
Wir leben<br />
in einem Jahrzehnt der<br />
Retro-Phänomene. Noch<br />
nie hat die Rock- und<br />
Popwelt so stark auf ihre<br />
Vergangenheit zurückgeblickt wie heute –<br />
auch ein Magazin wie <strong>GoodTimes</strong> lebt von<br />
dieser Nostalgie. Dabei waren Rock und Pop<br />
vor einem halben Jahrhundert einmal mit<br />
dem Geist der Erneuerung und dem Willen<br />
nach dem Jetzt und Hier angetreten. Gibt es<br />
etwa immer weniger gute aktuelle Musik?<br />
Ist die Vergangenheit zu übermächtig? Gab<br />
es Retro-Erscheinungen nicht auch schon<br />
früher? Sind in Mode und Film nicht die<br />
gleichen Phänomene zu beobachten? Mit<br />
Fragen wie diese beschäftigt sich der englische<br />
Musikpublizist Simon Reynolds („Rip<br />
It Up And Start Again”) in seinem äußerst<br />
lesenswerten Buch „Retromania”, das sich<br />
gleich mit Erscheinen in seiner englischen<br />
Originalausgabe 2011 zu einem der meistdiskutierten<br />
Pop-Bücher entwickelte. Nun<br />
liegt das kluge und <strong>the</strong>oriefreudige Buch<br />
endlich in deutscher Übersetzung vor. frs<br />
Plattensüchtig – Expeditionen in eine andere Welt<br />
Von Jürgen Schmich<br />
2012, www.plattensuechtig.de<br />
ISBN 978-3-00036-732-8<br />
168 Seiten; 22,00 €<br />
er abstreitet, dass<br />
WPlattensammeln<br />
eine Sucht ist, wer sich<br />
nicht eingesteht, dass<br />
man für diese Leidenschaft<br />
– natürlich im positiven<br />
Sinne – verrückt sein<br />
muss, für den ist „Plat-<br />
tensüchtig” das falsche Buch. Alle anderen<br />
werden es lieben, werden sowohl Jürgen<br />
Schmichs kluge, fast schon philosophische<br />
Betrachtungen zum Thema Plattensammeln<br />
als auch die ausführlichen Interviews mit<br />
sieben „Süchtigen” regelrecht verschlingen.<br />
Dabei geht es eigentlich immer wieder um<br />
die gleichen Fragen: Warum wird gerade dies<br />
und nicht das gesammelt, wo macht man die<br />
besten Funde, wie viel Geld ist man bereit,<br />
für diese Fundstücke zu bezahlen, wie ordnet<br />
man solch gigantische Sammlungen, ist<br />
es wichtiger, eine Platte zu besitzen oder sie<br />
zu hören, oder ob es gar schöner ist, eine<br />
Platte zu jagen, als sie tatsächlich zu besitzen?<br />
Egal, ob europäischer Jazz der Schellackzeit,<br />
Picture Discs, Rock’n’Roll, Beatles,<br />
Rolling S<strong>to</strong>nes, Schlager oder Techno- und<br />
House-LPs gesammelt werden, agieren die<br />
befragten Sammler nach ähnlichen Verhaltensmustern,<br />
findet man auch sich selbst in<br />
vielen dieser Aussagen wieder. Auf alle Fälle<br />
ist ein Besuch auf www.plattensuechtig.de<br />
zu empfehlen, dort gibt es Leseproben,<br />
Sammlerbiografien sowie ein höchst interessantes<br />
Blog zum Thema.<br />
us<br />
Show wie noch nie – 50 <strong>Jahre</strong> HÖR ZU Langspielplatte<br />
Von Roland Butza<br />
2012, www.die-beatles-seite.de<br />
152 Seiten; 39,00 €<br />
lvis Presley und<br />
„ Edie Beatles auf<br />
einer Langspielplatte<br />
...”. Nicht ohne<br />
S<strong>to</strong>lz wirbt die Programmzeitschrift<br />
„Hör Zu” 1964 mit<br />
dieser Glanznummer,<br />
war es ihr doch gelungen,<br />
die beiden<br />
konkurrierenden Label Electrola und Teldec<br />
zur Kooperation zu bewegen, womit die<br />
vier Pilzköpfe aus Liverpool und der King<br />
des Rock’n’Rolls aus Memphis zum ersten<br />
Mal gemeinsam auf einem Album zu hören<br />
waren. Doch das Spektrum der Künstler, die<br />
es auf die legendären Hör-Zu-LPs schafften,<br />
war noch wesentlich breiter. Wie breit, das<br />
zeigt jetzt Roland Butzas Buch SHOW WIE<br />
NOCH NIE, in dem er das im September<br />
2013 anstehende 50-jährige Jubiläum dieser<br />
Schallplatten zum Anlass nimmt, die Veröffentlichungen<br />
von Maria Callas, Herbert<br />
von Karajan, Deep Purple, Pink Floyd, Ray<br />
Charles, Jimi Hendrix, James Last, der Beach<br />
Boys oder Heino in ganz besonderer Form<br />
darzustellen. Neben den Coverabbildungen,<br />
Hitparaden-Notierungen und Erscheinungsdaten<br />
liefert ein kurzer Text zu jeder Platte<br />
interessante Hintergrundinfos, garniert mit<br />
Originalauszügen aus der „Hör Zu”, in denen<br />
sie ihre Schallplatten und deren Künstler<br />
ausführlich vorstellten. Eine wunderbare<br />
Zeitreise, nicht nur für Plattensammler ein<br />
klasse Nachschlagewerk.<br />
us<br />
Seite 76 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Cosmic Dancer: The Life And <strong>Music</strong> Of Marc Bolan Rolling S<strong>to</strong>nes Worldwide IV LP/CD Releases 1971 – 2012<br />
Von Paul Roland<br />
2012, Tomahawk Press<br />
ISBN 978-0-95668-3<strong>40</strong>-3<br />
304 Seiten (engl.)<br />
20,00 Pfund<br />
aul Roland<br />
Pveröffentlich-<br />
te 1979 „Electric<br />
Warrior”, die<br />
erste Bio über den<br />
Glam-König.<br />
Dadurch<br />
konnte er<br />
auf frische Informationen<br />
zugreifen<br />
und zahlreiche<br />
Interviews mit vie-<br />
len Protagonisten führen, die im Laufe der<br />
letzten 30 <strong>Jahre</strong> tragischerweise vers<strong>to</strong>rben<br />
sind. Als lebenslanger T.Rex-Fan sammelte<br />
Roland während dieser langen Zeitspanne<br />
zusätzliche Fakten und legt nun ein Werk<br />
vor, das mehr als beeindruckt. Im Gegensatz<br />
zum glänzenden Bolan-Biograf Mark<br />
Paytress (an machen Stellen zu kritisch)<br />
und dem nur an der Oberfläche kratzenden<br />
Carl Ewens (verfasste „Born To<br />
Boogie: The Songwriting Of Marc Bolan”)<br />
ist ihm ein ausgewogenes Porträt gelungen,<br />
das den Werdegang von Marc Bolan<br />
angemessen schildert. Dabei faszinieren<br />
nicht nur einige unbekannte Fo<strong>to</strong>s (Bolan<br />
zusammen mit Joan Baez und Donovan<br />
1965 auf einer Demo!, Bolan zusammen<br />
mit den Ramones) und Aufnahmen aus<br />
der Privatsammlung von Danielz (spielt in<br />
der Band T.Rexstasy), dem wohl größten<br />
Bolan-Fan des Planeten, sondern auch<br />
die vielen Coverabbildungen, Konzertplakate<br />
und Flyer. Letztendlich überzeugt der<br />
Text, denn der Au<strong>to</strong>r, ein ausgebildeter<br />
Journalist, hat seinen Erzählstrang mit<br />
vielen O-Tönen angereichert und liefert<br />
dadurch ein au<strong>the</strong>ntisches Bild, bei dem<br />
auch die Schattenseiten des Musikers<br />
nicht vernachlässigt werden. Neben einer<br />
bislang noch nie so intensiv geschilderten<br />
Kindheit Marcs und der Zeit mit John’s<br />
Children und Tyrannosaurus Rex wird die<br />
T.Rex-Karriere <strong>the</strong>matisiert, gefolgt von einer<br />
20-seitigen Abhandlung der Zeit nach<br />
1977 (sehr detailliert) und einer ausgiebigen<br />
Discografie. Durch das Layout vermittelt<br />
Roland nicht nur den Menschen,<br />
der hinter all den <strong>to</strong>llen Songs steckt, sondern<br />
auch ein Gefühl für die Faszination<br />
der Musik, die bei vielen Fans immer noch<br />
besteht und die auch von jungen Hörern<br />
entdeckt wird – wer will da nicht schnell<br />
wieder ELECTRIC WARRIOR, THE SLIDER<br />
oder TANX auflegen?<br />
at<br />
Von Chris<strong>to</strong>ph Maus<br />
2012, Maus Of <strong>Music</strong><br />
ISBN 978-3-98091-377-5<br />
<strong>40</strong>2 Seiten, englisch/deutsch<br />
38,00 €<br />
rneut ein Band,<br />
Eder für Sammler<br />
und Bandhis<strong>to</strong>riker<br />
zu ihren<br />
unverzichtbaren<br />
Arbeitsgrundlagen<br />
zählen wird.<br />
Format, Bindung,<br />
Papier- und Druckqualität<br />
halten<br />
ebenfalls den empfohlenen,<br />
durch-<br />
weg hohen Standard der Ausgaben I-III.<br />
Veröffentlichtes S<strong>to</strong>nes-Material – seit<br />
den Neunzigern trotz des hier berücksichtigten<br />
CD-Auss<strong>to</strong>ßes quantitativ natürlich<br />
rückläufig – aus der großen internationalen<br />
Staatenpalette ist optisch und textlich<br />
erfasst, soweit verfügbar gewesen;<br />
wiederum mit außergewöhnlichen Raritäten,<br />
die viele „Steinis” vermutlich nie<br />
in eigenen Händen halten werden. Rund<br />
1600 Farbabbildungen (Cover, Labels) aus<br />
über 50 Ländern überzeugen und dürften<br />
Interessenten einmal mehr auf die Jagd<br />
scheuchen. Neu ist diesmal der Wechsel<br />
der Sortierung (nach Alben) – gewiss<br />
Geschmacksache jedes einzelnen Käufers.<br />
Einen letzten Treffer könnte bzw. sollte es<br />
geben, wenn ein Extra-Band nachgeschoben<br />
würde: Speziell die deutschen Ausgaben<br />
aller Formate – naturgemäß noch immer<br />
eines der Hauptsammelgebiete hiesiger<br />
Fans – verlangen ganz einfach danach.<br />
Gründe: a) Es gab bislang keine angemessenen<br />
Korrekturen und Ergänzungen des<br />
bereits Erschienenen; b) bei existierenden<br />
Varianten (u.a. Labels, Cover, Schriften,<br />
Katalognummern) herrscht in Teilen Unterdeckung<br />
bzw. Nichtberücksichtigung.<br />
Dies alles, großzügig ausgebreitet, ergäbe<br />
eine weitere Ausgabe. So fehlen im aktuellen<br />
Kompendium z.B. die deutschen 70s-<br />
WEA-Exporte, die vielschichtige „Reißverschluss-Problematik”<br />
(STICKY FINGERS)<br />
kommt zu kurz, das Thema Counterfeits<br />
(nicht Bootlegs) ist ausgespart usw. An der<br />
Wichtigkeit dieses Buches bzw. der gesamten<br />
Reihe ändert dies nichts: Es bietet<br />
wiederum erweiterte Grundlagenarbeit mit<br />
Langzeitwirkung und bringt erneut Licht<br />
in einen über <strong>40</strong>-jährigen globalen Veröffentlichungsdschungel.<br />
Ein Sammelschuber<br />
ist für Käufer aller vier Bände (nur über<br />
Website!) kostenlos erhältlich. bm<br />
Neil Young: Long May You Run – Eine Biografie in Bildern<br />
Von Daniel Durchholz und Gary Graff<br />
2012, edel Rockbuch, Hamburg<br />
ISBN 978-3-84190-158-3<br />
224 Seiten, Hardcover, ca. <strong>40</strong>0 Abb.<br />
24,95 €<br />
eitgleich<br />
Zmit<br />
Neil<br />
Youngs<br />
Au<strong>to</strong>biografie<br />
kommt<br />
eine<br />
neue<br />
Biografie<br />
über den<br />
Sänger/-Songschreiber<br />
und<br />
Gitarristen in<br />
die deutschen<br />
Buchläden. Gegenüber der nicht-chronologisch,<br />
etwas chaotisch angeordneten<br />
Lebensbeichte Youngs bietet das reichlich<br />
bebilderte, großformatige „Long May You<br />
Run” der beiden US-Amerikaner Daniel<br />
Durchholz und Gary Graff einen Vorteil:<br />
Man gewinnt sofort den Überblick.<br />
In vielen kurzen, gut geschriebenen und<br />
recherchierten Kapiteln kommen unterschiedliche<br />
Aspekte aus Youngs Leben zu<br />
Wort, angefangen von seiner Kindheit in<br />
der kanadischen Provinz über die Lynyrd-<br />
Skynyrd-Fehde („Sou<strong>the</strong>rn Man”) und<br />
den Einfluss auf die Grunge-Generation<br />
bis hin zu seinem „Archives”-Projekt. Wie<br />
in einem Lexikon bieten die Kurzkapitel<br />
die Möglichkeit, sich dem Phänomen Neil<br />
Young stets von einer neuen Perspektive<br />
aus zu nähern. Die Texte wie auch die<br />
über <strong>40</strong>0 Fo<strong>to</strong>s laden dazu ein, immer<br />
wieder in dem Buch zu blättern und zu<br />
lesen.<br />
frs<br />
Klaus Modick – We’d Love To Turn You On<br />
Von Klaus Modick & Matthias Bischoff (Hg.)<br />
2012, Eichborn/Lübbe<br />
ISBN 978-3-8479-0503-5<br />
224 Seiten<br />
18,00 €<br />
nd immer wieder<br />
Udie Beatles: Auch<br />
weit über <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong> nach<br />
Auflösung der ultimativen<br />
Popband machen<br />
sich die unterschiedlichsten<br />
Zeitgenossen<br />
der schreibenden Zunft<br />
ihre Gedanken über das<br />
Phänomen Fab Four. Ein „runder” Anlass,<br />
seinen Gedanken darüber freien Lauf zu<br />
lassen, findet sich beinahe immer. Der<br />
mehrfach ausgezeichnete Oldenburger Literat<br />
Klaus Modick (Jahrgang 1951) und<br />
sein Kumpan, der FAZ-Theaterkritiker<br />
Matthias Bischoff (Jahrgang 1962), nahmen<br />
das Erscheinen der ersten Beatles-<br />
Single “Love Me Do” vor einem halben<br />
Jahrhundert zum Anlass, um selbst ihren<br />
radikal persönlichen Bezug zu den Pilzköpfen<br />
schreibend zu erläutern, gewannen<br />
in ihrer Funk<strong>to</strong>n als Herausgeber parallel<br />
namhafte Au<strong>to</strong>ren wie Frank Goosen, Elke<br />
Heidenreich, Thommie Bayer u.v.a., um<br />
sie sehr intime Anekdoten erzählen zu<br />
lassen, in denen John, Paul, George und<br />
Ringo mal mehr, mal weniger – aber immer<br />
irgendwie – präsent sind. „Wir hätten<br />
gerne auch eine Anti-Beatles-Hommage<br />
im Buch gehabt”, erläutert Klaus Modick,<br />
„aber wir haben niemanden gefunden, der<br />
sie verfasst. Dafür ist diese Band schlicht<br />
zu gut.”<br />
mfg<br />
We Rocked Salzburg<br />
Blondie – Parallel Lives<br />
Von Hannes Stiegler<br />
2012, Colorama Verlagsgesellschaft,<br />
A-5020 Salzburg<br />
ISBN 978-3-90269-254-2<br />
160 Seiten<br />
24,95 €<br />
uf Bands<br />
Aund<br />
Musiker,<br />
die von der<br />
Nachkriegszeit<br />
bis in die 80er<br />
<strong>Jahre</strong> hin ein im<br />
Raum Salzburg<br />
aktiv waren,<br />
wird in diesem<br />
großformatigen<br />
Buch zurückgeschaut.<br />
Hannes Stiegler, in Berlin geborener<br />
und nun in Fürstenbrunn bei Salzburg<br />
lebender Neuphilologe, Pädagoge,<br />
Schriftsteller und selbst Musiker bei der<br />
60er-<strong>Jahre</strong>-Band Les Marquis, nahm sich<br />
der Herkulesaufgabe an, die aufwändigen<br />
Recherchen durchzuführen, die solch ein<br />
umfangreiches Werk erfordern. Jede einzelne<br />
der Rock-, Pop- oder Tanzbands<br />
wird ausführlich mit Bildern, ihren Mitgliedern,<br />
regelmäßiger Auftrittsorten und (falls<br />
vorhanden ...) Plattenveröffentlichungen<br />
vorgestellt, beginnend mit den Flamingos<br />
(1954–1979) über die Hearts Of S<strong>to</strong>ne<br />
(1966–1970) mit dem Salzburger Original<br />
Siegwulf Turek – 1970 beim Isle-Of-<br />
Wight-Festival durch einem gemeinsamen<br />
Smoke mit Jimi Hendrix geadelt –, bis zu<br />
Scheiblingseder & Gehilfen (1980–1984,<br />
1989–heute). Auch als langfristiges Nachschlagewerk<br />
ist WE ROCKED SALZBURG<br />
bestens geeignet, am Ende des liebevoll<br />
gestalteten Buches finden sich sowohl eine<br />
Liste aller erwähnten Bands (auch wenn sie<br />
kein eigenes Kapitel haben) als auch ein<br />
Musikerglossar mit Angabe von Bands und<br />
Instrumenten. Top!<br />
us<br />
Von Dick Porter und Kris Needs<br />
2012, Bosworth Edition<br />
ISBN 978-3-86543-733-4<br />
380 Seiten<br />
24,95 €<br />
ie beiden<br />
DAu<strong>to</strong>ren<br />
stellen<br />
das<br />
frühere<br />
Paar<br />
Debbie<br />
Harry<br />
und Chris Stein<br />
ins<br />
Zentrum<br />
ihrer<br />
Monografie<br />
zur vor<br />
allem Ende der<br />
70er und An-<br />
fang der 80er <strong>Jahre</strong> äußerst erfolgreichen<br />
New-Wave-Gruppe Blondie. Das verwundert<br />
natürlich nicht, waren die beiden vom<br />
Beginn im New Yorker CBGB’s an maßgeblich<br />
für die künstlerische und konzeptionelle<br />
Ausrichtung zwischen Punk- und<br />
Disco-Pop verantwortlich. Im Gegensatz<br />
zu vielen anderen Büchern zur Rock-/Pop-<br />
Musik gelingt es den Au<strong>to</strong>ren, stets die<br />
journalistische Distanz zu ihrem Thema zu<br />
wahren und und ihr Fansein in den Hintergrund<br />
zu stellen. Das ist im Falle von<br />
Blondie – „Parallel Lives” insofern einfach,<br />
da die musikalische Szene der 70er <strong>Jahre</strong><br />
in der Lower East Side mit Gruppen wie<br />
den New York Dolls, Ramones, Television<br />
und eben Blondie äußerst lebendig war.<br />
Kris Needs hatte außerdem schon früh<br />
freundschaftliche Beziehungen zur Band<br />
und war als Redakteur des „ZigZag”-<br />
Magazins und des „New <strong>Music</strong>al Express”<br />
gut mit der New Yorker und auch der englischen<br />
Independent-Szene vernetzt. Deswegen<br />
ist das Buch ein mit vielen Zitaten<br />
von Zeitzeugen Blondies angereichertes<br />
Werk, dessen Lektüre nie langweilt und<br />
selbst ein Gewinn für Nicht-Blondie-Hörer<br />
sein kann.<br />
an<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 77
Heft 11 1994 Heft 14 1994 Heft 4 1995 Heft 5 1995 Heft 1 1996 Heft 2 1996 Heft 3 1996 Heft 4 1996 Heft 6 1996<br />
Heft 5 1997<br />
Heft 6 1997<br />
Heft 2 1999<br />
Heft 3 1999<br />
Heft 4 1999<br />
Heft 5 1999 Heft 6 1999 Heft 2 2000 Heft 3 2000 Heft 4 2000<br />
Heft 5 2000<br />
Heft 6 2000<br />
Heft 1 2001<br />
Heft 2 2001<br />
Heft 3 2001<br />
Heft 4 2001 Heft 5 2001 Heft 6 2001 Heft 1 2002 Heft 2 2002<br />
Heft 3 2002<br />
Heft 4 2002<br />
Heft 5 2002<br />
Heft 6 2002<br />
Heft 1 2003<br />
Heft 2 2003 Heft 3 2003 Heft 4 2003 Heft 5 2003 Heft 6 2003<br />
Heft 1 2004<br />
Heft 2 2004<br />
Heft 3 2004<br />
Heft 4 2004<br />
Heft 5 2004<br />
Heft 6 2004 Heft 1 2005 Heft 2 2005 Heft 3 2005 Heft 4 2005<br />
Heft 5 2005 Heft 6 2005 Heft 1 2006 Heft 2 2006 Heft 3 2006 Heft 4 2006<br />
Heft 5 2006 Heft 6 2006 Heft 1 2007<br />
Heft 2 2007 Heft 3 2007 Heft 4 2007 Heft 5 2007 Heft 6 2007 Heft 1 2008 Heft 2 2008 Heft 3 2008<br />
Heft 4 2008 Heft 5 2008<br />
Heft 6 2008 Heft 1 2009 Heft 2 2009 Heft 3 2009 Heft 4 2009 Heft 5 2009 Heft 6 2009 Heft 1 2010 Heft 2 2010<br />
Heft 3 2010<br />
Heft 4 2010 Heft 5 2010 Heft 6 2010 Heft 1 2011 Heft 2 2011 Heft 3 2011 Heft 4 2011 Heft 5 2011 Heft 6 2011 Heft 1 2012<br />
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Seite 78 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
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11/94 14/94 4/95 5/95 1/96 2/96 3/96 4/96 6/96 5/97 6/97 2/99 3/99 4/99 5/99 6/99 2/00 3/00 4/00 5/00 6/00<br />
1/01 2/01 3/01 4/01 5/01 6/01 1/02 2/02 3/02 4/02 5/02 6/02 1/03 2/03 3/03 4/03 5/03 6/03 1/04 2/04 3/04<br />
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4/04 5/04 6/04 1/05 2/05 3/05 4/05 5/05 6/05 1/06 2/06 3/06 4/06 5/06 6/06 1/07 2/07<br />
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Außer den folgenden Paketvorschlägen können Sie jede andere beliebige Stückzahl bestellen.<br />
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Ich bezahle auf folgende Weise:<br />
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Die Genehmigung zum Bankeinzug und die Information über die 14-tägige Widerrufsmöglichkeit bestätige ich mit meiner folgenden Unterschrift:<br />
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3/07 4/07 5/07 6/07<br />
2/08 3/08 4/08 5/08 6/08 1/09 2/09 3/09 4/09 5/09 6/09 1/10 2/10 3/10 4/10 5/10 6/10 1/11 2/11 3/11<br />
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finden Sie auf Seite 108!<br />
Seite 80 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
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TIPP<br />
BAND OF HORSES<br />
Berg – Tal – Berg<br />
Aus Seattle im US-Bundesstaat<br />
Washing<strong>to</strong>n, einst Heimat des Grunge,<br />
stammt das Quintett Band Of Horses. Da<br />
lag es nahe, dass Sänger/Gitarrist Ben<br />
Bridwell und seine Mitstreiter schon kurz<br />
nach der Gründung 2004 einen Vertrag<br />
beim wegweisenden lokalen Label Sub<br />
Pop unterschrieben, nachdem sie 2005<br />
ihre „Tour EP" auf eigene Faust herausgebracht<br />
hatten.<br />
In den Anfangsjahren gab es in der Indie-<br />
Truppe zahlreiche Personalwechsel, „bis<br />
die Chemie innerhalb der Gruppe stimmte,<br />
schließlich ist eine Band so etwas wie<br />
eine Ehe, weil man ständig zusammen<br />
ist", beschreibt es Bridwell rückblickend.<br />
Zehn Mitglieder waren beteiligt, die heutige<br />
Besetzung mit Bridwell, Ryan Monroe<br />
(keys), Tyler Ramsey (g), Bill Reynolds (b)<br />
und Creigh<strong>to</strong>n Barrett (dr) spielt seit drei<br />
<strong>Jahre</strong>n zusammen.<br />
Nachdem sich das Debütalbum<br />
EVERYTHING ALL THE TIME<br />
2006 zu einem Underground-<br />
Erfolg entwickelte – nicht<br />
zuletzt dank des Einsatzes der<br />
Single "The Funeral" in einem<br />
Au<strong>to</strong>-Werbespot sowie in mehreren<br />
TV-Serien –, schaffte es<br />
zwölf Monate später CEASE TO BEGIN<br />
erstmalig in die US-Charts (#35). Das drei<br />
<strong>Jahre</strong> später folgende INFINITE ARMS<br />
stieg in den USA bis auf Platz 7,<br />
schnupperte auch in Europa an<br />
den Hitparaden (UK #21, D #88) –<br />
und bescherte der Band Of Horses<br />
eine Grammy-Nominierung.<br />
„Ich bin mit Neil Young, aber<br />
auch den Eagles und Rolling<br />
S<strong>to</strong>nes aufgewachsen. Ebenso<br />
haben mich 90er-<strong>Jahre</strong>-Bands<br />
wie Dinosaur Jr. oder Pavement<br />
geprägt", schildert Bridwell den<br />
musikalischen Hintergrund, der<br />
in den Songs seiner Band mitschwingt.<br />
„Wir spielen einfach,<br />
was uns in den Sinn kommt."<br />
Schrammelgitarren sind bei der Band Of<br />
Horses ebenso zu hören wie Folkanklänge<br />
und<br />
Country/Sou<strong>the</strong>rn-Rockanleihen.<br />
„Unser neues Album MIRAGE<br />
ROCK ist sehr viel stärker<br />
als die Vorgänger eine<br />
Gemeinschaftsleistung.<br />
Ich<br />
habe zwar einen Teil der<br />
Songs allein geschrieben, aber<br />
jeder hat etwas beigesteuert<br />
– vor allem bei den Intros<br />
und Outros, denen wir diesmal<br />
auch<br />
dank unseres Produzenten Glyn<br />
Fo<strong>to</strong>: © Chris Wilson<br />
Johns sehr viel mehr Augenmerk gewidmet<br />
haben." Wobei die fünf Musiker nicht<br />
nur in diesen Passagen ihrer eingängigen<br />
Songs stark mit dem Kontrast zwischen<br />
elektrischen und akustischen Instrumenten<br />
arbeiten. „Wir<br />
haben uns bemüht,<br />
dass jedes Lied<br />
eine eigene Note<br />
hat, damit es nicht<br />
zu gleichförmig<br />
klingt. Nachdem<br />
wir zuletzt selbst<br />
produziert hatten,<br />
wollten wir diesmal eine neutrale Instanz<br />
ENTDECKT – EMPFOHLEN<br />
dabei haben, weil der Produktionsprozess<br />
bislang etwas zu kompliziert verlief – und<br />
es war schon eine große Ehre, als<br />
Glyn Johns Interesse signalisierte.<br />
Er war es auch, der uns überzeugte,<br />
im Team live im Studio zu<br />
spielen", erzählt Bridwell.<br />
Die Kommunikation innerhalb des<br />
Quintetts scheint während der<br />
Entstehung von INFINITE ARMS<br />
nicht die allerbeste gewesen zu<br />
sein, wie der Anführer durchblicken<br />
lässt: „Wir sind fünf Männer und<br />
nicht immer sehr kommunikativ.<br />
Wir haben nicht soviel geredet,<br />
wohl auch um Konflikte zu vermeiden,<br />
was manchmal kontraproduktiv<br />
sein kann."<br />
Mit der rockigsten Nummer, "Knock,<br />
Knock”, startet MIRAGE ROCK und endet<br />
mit dem eher düster-ruhigen "Heartbreak<br />
On The 101". „Wir wollten, dass das<br />
Album Höhen und Tiefen hat – und so<br />
steht am Anfang gewissermaßen ein Berg,<br />
während ein tiefes Tal der Verzweiflung<br />
den Abschluss bildet. Vielleicht motiviert<br />
dies die Hörer, gleich wieder zum Gipfel<br />
zurückzukehren", begründet Bridwell die<br />
Songfolge.<br />
Philipp Roser<br />
RYAN McGARVEY<br />
Unverwechselbar<br />
Sein gefeiertes CD-Debüt von 2007 (!)<br />
kam wie aus dem Nichts, war bereits<br />
zum Niederknien stark und er gerade mal<br />
schlappe 19 <strong>Jahre</strong> jung. Bis heute hat<br />
der fabelhafte Gitarrist seinen Erstling<br />
keinem bekannten Label anvertraut, das<br />
ihn womöglich hätte gängeln<br />
können, und es darum lieber<br />
im Eigenvertrieb behalten;<br />
dennoch machte FORWARD<br />
IN REVERSE ihn weit über<br />
die Landesgrenzen hinaus<br />
bekannt und gehörte zu den<br />
gefeierten Bestsellern im<br />
350.000 CDs umfassenden<br />
Katalog des amerikanischen<br />
Web-Anbieters CD Baby. Und erst jetzt<br />
folgte die Nr. 2, REDEFINED, das zunächst<br />
ausschließlich für Konzertbesucher erhältlich<br />
war. Ryan McGarvey aus Albuquerque<br />
q<br />
nutzte fünf <strong>Jahre</strong> lang<br />
endloses Touren quer über<br />
den Globus als lehrreiche<br />
Entwicklungshilfe in eigener<br />
Sache, er wurde seitdem<br />
mit mehr als einem Dutzend<br />
Auszeichnungen überhäuft;<br />
und Eric Clap<strong>to</strong>n wählte<br />
ihn 2010 aus weltweit<br />
<strong>40</strong>00 (!) Kandidaten für sein<br />
„Crossroads"-Festival in Chicago aus. Im<br />
Sommer 2011 kam der unverwechselbare<br />
Über-Player aus New Mexico erstmals<br />
nach Europa, in diesem Jahr konnten<br />
sich auch deutsche Fans von den – live<br />
noch umwerfenderen – begnadeten und<br />
mit glaubwürdigem Feeling durchsetzten<br />
Fähigkeiten des Jungstars<br />
überzeugen: Wenn der eher introvertiert<br />
wirkende Jungmann in<br />
Spiellaune ist, gilt das bekannte<br />
Van-Morrison-Mot<strong>to</strong> „It's <strong>to</strong>o late<br />
<strong>to</strong> s<strong>to</strong>p now", und es<br />
geht schon mal unter<br />
Starkstrom über volle<br />
zwei, drei Stunden nons<strong>to</strong>p.<br />
Personalwechsel<br />
in der Triobesetzung<br />
sind keine Seltenheit:<br />
Wer an der Seite eines<br />
derart dominierenden<br />
Frontmanns<br />
antritt,<br />
muss wissen, dass er – ungeachtet<br />
der eigenen Qualitäten – auch genau<br />
dort verbleiben wird. Auf der aktuellen<br />
CD unterstützen Sam Miller<br />
(Bass) und August<br />
Johnson (Drums)<br />
den akribischen<br />
Gefühlsspezialisten.<br />
Ryan McGarveys<br />
größtes Plus ist<br />
bereits nach nur zwei<br />
Veröffentlichungen<br />
erkennbar: Er kann auf<br />
einen ganz eigenen<br />
Ton bauen<br />
– neudeutsch „signature<br />
sound" –, was ihn als Unikum aus<br />
den Heerscharen aktueller, auch ausgezeichneter<br />
Mitbewerber löst; atemberaubendes<br />
Können (sowieso), eine<br />
enorme spielerische Leichtigkeit und<br />
offenbar nie versiegender Ideenreichtum<br />
haben ihn bereits wie selbstverständlich<br />
auf Augenhöhe zum Beispiel mit<br />
dem inzwischen arrivierten Kollegen Joe<br />
Bonamassa gehievt. REDEFINED (elf ausnahmslos<br />
überzeugende Titel mit einer<br />
Laufzeit von 54 Minuten) ist – Stück<br />
für Stück – ein Ausbund an Variabilität:<br />
Höllenritte auf der Akustischen ("Four<br />
Graces"), traditionell-schnörkelloser Slow-<br />
Blues mit individuellem Garvey-Stempel<br />
("So Close To Heaven", ganz gewiss ein<br />
künftiges Reper<strong>to</strong>ire-Schlachtross mit filigraner,<br />
feingeistiger Umsetzung) und mit<br />
"Prove Myself" eine perfekt inszenierte,<br />
zu jeder Sekunde bündige Funk-Hard-<br />
Rockvariation über ein immer wieder neu<br />
aufgenommenes Motiv.<br />
Doch nicht nur über den Playerschacht<br />
kann (und sollte) man sich diesem<br />
Hochkaräter annähern; denn rundum<br />
empfehlenswerte Kennenlern-Tipps in<br />
guter Klangqualität gibt es bei YouTube<br />
mehr als genug. Zum Beispiel bieten neun<br />
ausgezeichnete Titel für das Bluesmoose<br />
Radio im niederländischen Groesbeek<br />
73 Minuten McGarvey in elektrischer<br />
Hochform! Ebenso ein Genuss, wenngleich<br />
ganz anderer Machart: fünf Tracks,<br />
präsentiert in der Toad Tavern in Little<strong>to</strong>n,<br />
Colorado: ein 45-minütiges akustisches<br />
Solo-Inferno, darunter seine einfach<br />
umwerfende Paradenummer "Mystic<br />
Dream" vom CD-Erstling als stromloser<br />
Viertelstünder (alle Aufnahmen von 2011).<br />
Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
Seite 82 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
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Road To Forever<br />
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Joe Cocker<br />
Fire It Up<br />
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Von Uli Twelker<br />
Sofort volles Haus. Vollges<strong>to</strong>pfte LP- und CD-Stände nebst<br />
<strong>GoodTimes</strong>-Tresen vorn. Viele aufregende Großleinwand-<br />
Videos des HR- "<br />
Beat-Beat-Beat"-Archivs hinten – zwischen<br />
Lee Dorsey, Sandie Shaw und Jimi Hendrix. Könnte dergleichen<br />
nicht ewig so weitergehen?<br />
Ewig war jedenfalls der Mann unterwegs, der<br />
Ersatz für das defekte Keyboard holen sollte.<br />
HR-Discjockey-Legende Werner Reinke (66<br />
<strong>Jahre</strong> jung) berichtete wie immer launig-schrill: Die<br />
tastenfreien Christie würden nun den Opener machen<br />
– und Jeff Christie ging in die Vollen: Seit über<br />
20 <strong>Jahre</strong>n mit Kev Moore (b) aus Alicante, Simon Kay<br />
(dr) und dem brillanten Leadgitarristen Adrian Foster<br />
lieferte er "Down The Mississippi Line", "San Bernadino"<br />
und ein dynamisches Remake des Beatles-<br />
Klassikers "No Reply". Angesichts seiner inspirierten<br />
Outtake-Sammlung NO STONE UNTURNED gab es<br />
zwischen "San Bernadino" und "Yellow River" dann<br />
doch zu viele Cover-Versionen: CCR müsste der begabte<br />
Komponist nicht bemühen, wenn auch "Sabre<br />
Dance"/"Hall Of The Mountain King" dank<br />
Foster bestach und "I Feel A Whole Lot Mike<br />
D'Abo<br />
Better" von den Byrds perfekt zum Christie-<br />
Stil passt. Gesamtwertung: gelungen.<br />
Keyboard endlich da, Racey legten los:<br />
Die „<strong>GoodTimes</strong>" zelebrierende Truppe ist<br />
noch immer mit Gitarrist & Sänger Phil<br />
Fursdon und Drummer Clive Wilson unterwegs<br />
– einem erklärten Jugendfan des<br />
Family- und heutigen Manfreds-Drummers<br />
Rob Townsend. Von 1978–1982 erschienen<br />
unter der Regie der Londoner Hitgaranten<br />
„ChinniChap" (Nicky Chinn & Mike Chapman)<br />
elf Racey-Singles und ein Album, SMASH & GRAB.<br />
So gab es reichlich Auswahl für einen äußerst druckvollen<br />
(manchmal zu lauten) Gig: Allem voran stand<br />
natürlich neben "Baby It's You", "Such A Night" und<br />
"Rest Of My Life" das unvergessliche "Some Girls"<br />
zum Mitsingen – nicht zu verwechseln mit dem Disco-Schlager<br />
der S<strong>to</strong>nes.<br />
Am <strong>GoodTimes</strong>-Stand: Racey mit<br />
Herausgeber Fabian Leibfried (3.v.l.)<br />
Im Jahr 2010 eine „Beat Beat Beat"-Sensation und<br />
prompt zurückgeholt: The Manfreds, also Manfred<br />
Mann ohne Earth-verbundenen Mr. Mann, sind nun<br />
schon seit 21 <strong>Jahre</strong>n<br />
mit beiden Leadsängern<br />
(und ganz<br />
trefflichen Plauderern)<br />
unterwegs: Paul<br />
„Pretty Flamingo"<br />
Jones und Mike<br />
„Ragamuffin Man"<br />
D'Abo, der sich mit<br />
Ex-Drummer Mike Hugg Keyboard-Dienste teilt.<br />
Tom McGuinness konnte kein Flugzeug besteigen<br />
– er fiel über seinen Koffer und hofft, trotz Rückenverletzung<br />
<strong>40</strong> Auftritte der 50-<strong>Jahre</strong>-Jubiläums-Tour<br />
zu überstehen. Marcus Cliffe wechselte versiert an<br />
die Gitarre, mit Wayne Elliott wurde einer der besten<br />
Christie v. l.: Adrian Foster, Jeff Christie, Kev Moore<br />
H K b d Di il Fanfarenklänge sorgten für ein dramatisches Searchers-Intro<br />
– "Sugar & Spice" kam anfangs bei aller<br />
Präzision etwas cool herüber. Die alten Merseybeater<br />
fingen sich schnell – Bassist und Ex-Rebel Rouser<br />
Frank Allen, seit 48 <strong>Jahre</strong>n ein Searcher, stellte Verbindungen<br />
zu den Fans her mit seit Jahrzehnten erprobten<br />
deutschsprachigen Überleitungen. Spencer<br />
James zeigte mit "Beach Baby" von seiner Ex-Band<br />
First Class, warum ihn die Seachers vor 26 <strong>Jahre</strong>n holten.<br />
Das Medley "All My Sorrows"/"Where Have All<br />
The Flowers Gone" ließ alle schwelgen, "Sweets For<br />
My Sweet" räumte ab. Nach beseelter Interpretation<br />
des Byrds-Dylan-Epos "Mr. Tambourine Man" – der<br />
Searchers-Twangsound inspirierte einst Roger Mc-<br />
Guinn – kam der Höhepunkt mit "Take Me For What<br />
I'm Worth": Gründervater John McNally spickte seinen<br />
ureigenen Gitarrensound mit psychedelischen<br />
Tönen im Duktus von Pink Floyds David Gilmour.<br />
"Just A Little Rain", "Love Potion No. 9", "Needles<br />
Jazzbassisten<br />
Englands<br />
nach Offenbach<br />
dabei. Wenn Frank<br />
& Pins", alles<br />
Allen<br />
geflogen. "Ha Ha! Said<br />
sich Allen auch<br />
The Clown" ließ D'Abo den Vortritt, Jones konterte beim Wunschkonzert<br />
mit "Sha La La" und reicherte "Fox On The Run"<br />
mit seiner Bass-Stimme an, ehe die Band diesen entschul-<br />
digte, man habe<br />
vorletzten Hit mit einer Funk-Einlage à la Average<br />
das Siebziger-<br />
White Band ergänzte. "The One In The<br />
Middle" war das perfekte Vehikel, die<br />
Band vorzustellen: mit dabei Saxofonist/Flötist<br />
Simon Currie, der vor zehn<br />
<strong>Jahre</strong>n Mike Vickers' Platz einnahm<br />
und die Tradition jazziger Einlagen<br />
etwa mit "Watermelon Man" fortführt.<br />
Comeback "Hearts In<br />
"Build Me Up Buttercup" schrieb Mike<br />
D'Abo einst für die Foundations, es<br />
Their Eyes" momentan<br />
nicht drauf – es war ein<br />
fügt sich kongenial ins Manfreds-Reper<strong>to</strong>ire<br />
makelloses Finale ei-<br />
ein. Nach der 1965er Nummer<br />
ner perfekten „Saturday<br />
John<br />
2, "If You Gotta Go, Go Now" gab es<br />
McNally Night Out".<br />
mit der 1968er Pole-Position "Mighty<br />
Quinn" einen weiteren Bob-Dylan-Song – und dki kein<br />
Halten mehr. Die Zugabe "Doo Wah Diddy Diddy"<br />
vergoldete Paul Jones mit einem genial-bluesigen<br />
Mundharmonikasolo samt Mozarts "Kleiner Nachtmusik".<br />
Die Fans waren derart engagiert dabei, dass<br />
DJ Reinke nach Gig-Schluss einfach weitersingen ließ<br />
– Kabinettstück!<br />
In dieser Form das letzte Mal? Bei „Beat Beat Beat"<br />
wird es 2013 zu einer einmaligen Pause kommen. Ab<br />
2014 geht es mit geändertem Mot<strong>to</strong> weiter: „Musik<br />
der 60er bis 80er" – und mit Sweet, Chris Thompson<br />
und nun Racey hatte das ja ohnehin längst begonnen.<br />
2016 folgt eine große Sonderveranstaltung zu<br />
50 <strong>Jahre</strong>n „Beat Beat Beat".<br />
Paul Jones<br />
Fo<strong>to</strong>s: © NikMa Verlag / Andrea Leibfried<br />
Seite 84 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
KLASSIK TRIFFT POP<br />
Family<br />
Von Philipp Roser<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Zwei Konzerte –<br />
oder mehr?<br />
Es war eine echte Überraschung als die Meldung die Runde machte, dass<br />
die britische Kultband Family sich knapp <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong> nach ihrem letzten Gig<br />
(Leicester, Ok<strong>to</strong>ber 1973) reformiert. Schließlich hatten Roger Chapman<br />
& Co. eine Reunion der aus The Farinas/Roaring Sixties hervorgegangenen,<br />
ab 1966 als Family arbeitenden Combo stets abgelehnt. Da die<br />
für den 1. Februar 2012 angesetzte Wiedervereinigungsshow im Londoner<br />
Shepherd's Bush Empire schnell ausverkauft war, wurde für den Tag<br />
darauf ein zweites Konzert angesetzt.<br />
<strong>GoodTimes</strong> fragte bei<br />
Chappo" nach.<br />
"<br />
Wie kam es zu der Reunion?<br />
Ich bin in den letzten Jahrzehnten<br />
endlose Male gefragt worden, war<br />
aber mit meiner Solokarriere gut<br />
ausgelastet, und auch die anderen In den 70er <strong>Jahre</strong>n waren die Haare<br />
gingen eigene Wege. Anfang des<br />
noch deutlich mehr und länger ...<br />
<strong>Jahre</strong>s wurde ich wieder angegangen, und ich fragte die Kumpel. Die meinten<br />
Warum nicht? Es gibt offenbar eine Menge Leute, die uns sehen wollen.'<br />
'<br />
John Poli" Palmer, Rob Townsend und Jim Cregan sind dabei – was<br />
"<br />
ist mit Charlie Whitney?<br />
Natürlich habe ich ihn als ersten angesprochen. Er lebt seit langem in Griechenland,<br />
und ihm war der Aufwand für eine einmalige Show zu groß. Außer den<br />
Originalmitgliedern haben wir ein paar Freunde dabei: Geoff Whitehorn (g), John<br />
Lingwood (perc), Gary Twigg (b), Nick Payne (harp, sax), dazu Paul Hirsh (keys).<br />
Wir stehen zu neunt auf der Bühne, weil es bei Family ja immer ziemlich vertrackte<br />
Arrangements und viele Instrumente gab. Im Augenblick sind wir dabei,<br />
die Songs auszuwählen, und dann müssen wir sie wieder neu lernen.<br />
Bleibt es bei dieser einmaligen Sache, oder gibt es schon weitere<br />
Überlegungen?<br />
Die ersten Anfragen für Festivals im UK sind schon eingegangen, auch die deutscher<br />
Veranstalter. Aber jeder von uns hat seine Verpflichtungen. In erster Linie<br />
kommt es sowieso darauf an, wie die Shows im Februar laufen. Ich denke, dass es<br />
keine Enttäuschung werden wird, aber man kann sich ja nie hundertprozentig sicher<br />
sein. Dann wird man weitersehen, aber wer weiß, ich will mich nicht festlegen.<br />
Schneidet ihr mit?<br />
Da kamen auch schon die ersten Anfragen. Im Moment habe ich aber zu viel um<br />
die Ohren, um mich auch noch darum zu kümmern. Mal sehen, wenn ich den<br />
Kopf wieder freier habe – aber sinnvoll wäre es sicher.<br />
Wie sieht es mit neuen Studio-Aufnahmen aus?<br />
Von Family garantiert nicht! Ich selbst schreibe ständig, nehme immer wieder<br />
auch mal auf – da wird es irgendwann wohl was Neues geben.<br />
MICK HUCKNALL<br />
THE VOICE OF SIMPLY RED<br />
ANASTACIA<br />
JUPITER JONES<br />
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IL NOVECENTO • ROBERT GROSLOT<br />
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BERLIN<br />
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MÜNCHEN<br />
STUTTGART<br />
MANNHEIM<br />
HANNOVER<br />
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Di 04.12.12 20 Uhr | Mi 05.12.12* 20 Uhr<br />
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Do 06.12.12 20 Uhr<br />
Fr 07.12.12* 20 Uhr<br />
Sa 08.12.12* 20 Uhr | So 09.12.12 18 Uhr<br />
Di 11.12.12* 20 Uhr<br />
Fr 14.12.12* 20 Uhr | Sa 15.12.12* 20 Uhr | So 16.12.12 15 Uhr<br />
Di 18.12.12 20 Uhr<br />
Mi 19.12.12* 20 Uhr<br />
Do 20.12.12* 20 Uhr<br />
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Daten unter Vorbehalt | Produktion: P.S.E. Germany GmbH Feldkirchen/München | Örtliche Veranstaltung: P.S.E. Germany GmbH Feldkirchen/München
Anyone's Daughter<br />
Von Michael Fuchs-Gamböck<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Schwaben-Romantik<br />
Auch im Deutschland der frühen 1980er<br />
<strong>Jahre</strong>, trotz erdrückender Konkurrenz<br />
von Punk oder Metal in all seinen Spielarten,<br />
gab es noch romantischen Rock<br />
– nicht selten sogar hart am Rand zum Kitsch. Aus<br />
Schwaben kam damals Futter für die Träumer der Nation.<br />
Alt-Romantik-Rocker wie Novalis und Hoelderlin<br />
waren zu Beginn des Jahrzehnts dabei, die Segel<br />
zu streichen, weil sie ihre besten Zeiten hinter sich<br />
hatten. Doch diese musikalische Nische wurde von<br />
einem Quartett aus Stuttgart ausgefüllt, wenn auch<br />
zunächst mit englischen Texten: Anyone's Daughter.<br />
Der Vierer um Gitarrist Uwe Karpa und Keyboarder<br />
Matthias Ulmer hatte zwar schon 1972 erste zaghafte<br />
Schritte in die Öffentlichkeit gewagt, „doch<br />
erst 1979", so Ulmer rückblickend, „wagten wir den<br />
Sprung von der Schülerband zur Profitruppe”.<br />
Gleich das Debütalbum ADONIS, Ende 1979 erschienen,<br />
belohnte diesen Mut: rund 25.000<br />
verkaufte Exemplare. Ulmer: „Das war beachtlich für<br />
Newcomer, deren Musik kaum im<br />
Radio gespielt wurde." ADONIS<br />
umfasst lediglich vier Titel, "Herzkammer"<br />
ist das bis heute in Prog-<br />
Kreisen hochgehandelte Titelstück<br />
mit satten 24 Minuten Spielzeit.<br />
„Man hat uns mit diesem Lied gerne in die Genesis-,<br />
Yes- und Pink-Floyd-Ecke gestellt”, erinnert sich der<br />
Keyboarder. „Dieser Umstand hat uns geschmeichelt,<br />
denn das waren unsere ganz großen Idole. Kopiert<br />
haben wir ihren Sound allerdings nie.”<br />
Um das Debüt unters Volk zu bringen, „haben<br />
wir im Anschluss an die Veröffentlichung pausenlos<br />
ge<strong>to</strong>urt. Kein Jugendclub, kein Schuppen war<br />
vor uns sicher”, bekennt Ulmer lachend. "Adonis”<br />
wurde immer wieder mit Spannung vom Publikum<br />
erwartet und meist euphorisch gefeiert. Ulmer: „Von<br />
diesem Zeitpunkt an war klar, dass die Fans von uns<br />
in erster Linie kleine Epen erwarteten, auch wenn<br />
wir selbst darauf gar nicht so wild waren, weil die<br />
ziemlich schwierig zu komponieren sind. Aber wegen<br />
unserer Anhänger haben wir auf diese Erwartungshaltung<br />
immer mal wieder Rücksicht genommen.”<br />
Bereits ein Jahr nach ADONIS kam der titellose<br />
Nachfolger auf den Markt: musikalisch ähnlich<br />
gestrickt, ein wenig forscher und härter in der musikalischen<br />
Gangart, außerdem gab's<br />
keinen Song mit mehr als zehn<br />
Minuten Spielzeit. 1981 erschien<br />
Anyone’s Daughters Meis terwerk,<br />
das die Band endgültig zu einer<br />
der wichtigsten einheimischen<br />
Progressive- und Romantik- Rockformationen machte:<br />
PIKTORS VERWANDLUNGEN. Es handelte sich dabei<br />
um die eigenwillige Ver<strong>to</strong>nung eines 1925 veröffentlichten<br />
Märchens von Hermann<br />
Hesse. Im Prinzip<br />
besteht die LP lediglich<br />
aus einem einzigen, in 13<br />
verschiedene Abschnitte<br />
unterteilten Stück. Das Album<br />
wurde am 18.1.1981<br />
während eines Konzerts in<br />
Heidenheim mitgeschnit-<br />
ten. Zum Zeitpunkt dieser<br />
Aufnahme<br />
existierte<br />
"Pik<strong>to</strong>r”<br />
als<br />
Komposition bereits seit<br />
vier <strong>Jahre</strong>n und war Herzstück<br />
jedes Auftritts von<br />
Anyone’s Daughter. „Trotz<br />
der recht melan cholischen<br />
literarischen Vorlage von<br />
Hesses Text sind wir nie Gefahr fh gelaufen, mit unserer<br />
Instrumentierung in pa<strong>the</strong>tischem Kitsch zu ersaufen”,<br />
erinnert sich Matthias Ulmer. „Tatsächlich haben<br />
wir uns der Atmosphäre der Erzählung angepasst<br />
und versucht, die darin enthaltenen transzendenten<br />
Stimmungen in Töne umzusetzen.”<br />
Auf PIKTORS VERWANDLUNGEN NGEN folgte 1982<br />
IN BLAU – ein weiteres vom<br />
Prog gefärbtes Album, ebenfalls<br />
mit deutschen Texten: Sie waren<br />
weniger märchenhaft als der Vorgänger,<br />
dafür voller gelungener,<br />
kitschfreier Beobachtungen des<br />
Spät-Hippies aus dem Ländle:<br />
Anyone's Daughter 1982 (Matthias Ulmer vorn)<br />
modernen Lebens. „Das ist ein schönes Album”, meint<br />
Ulmer, „jenseits von irgendwelchen Trends und Moden,<br />
einfach nur darauf aus, dem Hörer angenehm in<br />
Erinnerung zu bleiben.” Genauso war es, was man vom<br />
letzten Anyone’s-Daughter-Produkt NEUE STERNE<br />
(1983) nicht behaupten kann.<br />
Diese Scheibe versuchte textlich<br />
und musikalisch, sich der damals<br />
angesagten Neue Deutsche Welle<br />
anzubiedern – ein Versuch, der<br />
wegen<br />
der Vorgeschichte ht der Band<br />
kläglich scheiterte. Ein Jahr<br />
später erschien LIVE, ein<br />
<strong>to</strong>lles<br />
Konzertdokument.<br />
Das war es mit der ersten<br />
Phase dieser schwäbischen<br />
Progressive Rockband, die<br />
bei aller gelegentlichen<br />
Unbeholfenheit bis heute<br />
unvergessen ist.<br />
Die Urbesetzung von<br />
Anyone's Daughter<br />
löste sich Mitte der Achtziger<br />
auf, 2000 wurde die<br />
Formation als Quintett<br />
erneut ins Leben gerufen<br />
und ist weiterhin aktiv.<br />
Der aktuelle Sänger ist ein<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
schwarzer US-Amerikaner,<br />
„wenn er Songs von ADO-<br />
NIS anstimmt, wackelt live<br />
die Bude”, grinst Ulmer. „Dies bedeutet, dass diese<br />
Lieder weder etwas von ihrer einstigen Magie verloren<br />
haben, noch dass sie ausschließlich in Deutschland<br />
funktionieren.”<br />
Das kleine Tempus-Fugit-Label hat im Lauf der<br />
<strong>Jahre</strong> sämtliche fünf Studio- sowie das Live-<br />
Album der ersten Anyone’s-Daughter-Phase digital<br />
sauber remastert wiederveröffentlicht – jeweils ergänzt<br />
um bislang nicht auf CD erhältliche Live- und<br />
Studio-Aufnahmen. Ende dieses <strong>Jahre</strong>s soll das letzte<br />
dieser Werke in den Läden stehen. Für sensible Menschen<br />
mit Hang zu frickelig-feinen Melodien lohnt<br />
sich eine Wiederentdeckung unbedingt.<br />
Seite 86 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Van Morrison<br />
Beruf(ung): Sänger – kein "<br />
Plan B"<br />
Van Morrison ist nicht nur ein genialer Musiker;<br />
er ist zudem berüchtigt für seine Verschlossenheit<br />
auch und gerade gegenüber den Medien.<br />
Interviews gewährt er so gut wie gar nicht, auf<br />
der Bühne gibt er häufig den missmutigen Grantler.<br />
Umso überraschender war die Offenheit, mit der er<br />
die Veröffentlichung seines neuen Albums BORN<br />
TO SING: NO PLAN B begleitete: Morrison führte<br />
mit dem englischen Magazin „Mojo" ein Gespräch,<br />
in dem er seine frühen Gastspiele in Deutschland<br />
als wichtige Lehrzeit bezeichnete. „Wir mussten bei<br />
den Auditions in einem alten Theater am Leicester<br />
Square vorspielen, dort hieß es dann ja oder nein. Wir<br />
landeten schließlich in Heidelberg – dort lernten wir,<br />
wie man es macht", erinnerte „Van The Man" an die<br />
musikalische „Lehre mit sieben Sets am Abend, sogar<br />
neun am Wochenende".<br />
Doch auch für andere Medien stellte Morrison über<br />
das diesmal zuständige Label Blue Note einige wenige<br />
O-Töne zur Verfügung. Er habe dort (wie schon<br />
2003 für WHAT'S WRONG WITH THIS PICTURE?)<br />
unterschrieben, weil mit Don Was ein Mann als Chef<br />
amtiere, der um die Anliegen seiner Kollegen besser<br />
Bescheid wisse als ein Bürokrat. Zum CD-Titel BORN<br />
TO SING: NO PLAN B meinte der 67-Jährige in gewohnt<br />
knarziger Manier: „Der ist so gemeint, wie er<br />
da steht, es gibt keine verborgene Bedeutung dahinter.<br />
Singen ist für mich Beruf und Berufung – einen<br />
Plan B, eine Alternative gab und gibt es nicht.”<br />
Morrison weiter: „Ich habe von klein auf gesungen,<br />
schon in der Grundschule – dass das mal mein Leben<br />
bedeuten würde, ist mir allerdings erst später<br />
bewusst geworden, als ich das alte Lomax-<br />
Gitarrenbuch enteckt habe. Bis dahin hatte<br />
ich verzweifelt versucht, auf einer sechssaitigen<br />
Gitarre das zu spielen, was Leadbelly<br />
auf einer Zwölfsaitigen bot – davor wollte<br />
ich eigentlich Tierarzt werden." Morrison<br />
meint das heute noch erhältliche „Book Of<br />
American Folk Songs For Guitar" des amerikanischen<br />
Musik-Feldforschers Alan Lomax<br />
aus den 50er <strong>Jahre</strong>n. Und weiter: „Die<br />
Tierarztpläne gab ich endgültig auf, als ich<br />
’Irene Goodnight’ von Leadbelly hörte, auf<br />
dem Sonny Terry Mundharmonika spielte."<br />
Auf seinem neuen Album setzt sich Morrison<br />
kritisch auch mit dem Bankensystem und der<br />
Wirtschaftskrise auseinander. Doch er wehrt sich dagegen,<br />
darum gleich als „Protestsänger" eingestuft zu<br />
werden. „Ich habe nur Beobachtungen in Songform<br />
gebracht. Ein Journalist, der darüber berichtet, wird<br />
doch auch nicht gleich als Protestierer eingestuft!"<br />
Der Materialismus der Gegenwart störe ihn einfach:<br />
„Wenn man das Radio einschaltet, geht es seit einiger<br />
Zeit immer nur um Geld, Geld, Geld! Heute dominiert<br />
oft nur noch die Gier!"<br />
Philipp Roser
Freddie Starr (70)<br />
Der Hamster-Mann<br />
Dave Clark (70)<br />
Reich mit Rolli<br />
Scott Walker (70)<br />
Prächtig, sperrig<br />
Die „Sun"-Überschrift „Freddie Starr hat meinen<br />
Hamster gefressen!" wurde 2006 zu einer<br />
der<br />
bes ten englischen Boulevard-Schlagzeilen al-<br />
ler<br />
Zeiten gewählt. Und: Vor Gericht musste 1994<br />
festgestellt werden, ob er beschnitten ist. Und:<br />
Er<br />
sorgte für Gesprächss<strong>to</strong>ff in der UK-Ausgabe<br />
der TV-Show „Ich bin ein Star – holt mich hier<br />
raus!" Und so weiter. Ein schräger Vogel, dieser<br />
Frederick Leslie Fowler, der am 9.1.1943 in Liverpool<br />
geboren wurde. Seit den 70ern gehörte er<br />
zu den gefragtesten Comedians in England, dem<br />
1974/75 mit "It's You" (#9) und "White Christmas"<br />
(#41) zwei Single- und 1989/90 mit AFTER<br />
THE LAUGHTER (#10) und THE WANDERER (#33)<br />
sogar Charterfolge gelangen. Denn er konnte auch<br />
Musik. Begonnen hatte alles 1961 am Mersey River.<br />
Fowler/Starr war neben Derry Wilkie Co-Sänger bei<br />
Howie Casey & The Seniors, übernahm dann von Gus<br />
Travis dessen Midnighters. Produzent Joe Meek griff<br />
Übermäßig viele Freunde unter Beatsammlern<br />
dürfte der Geschäftsmann Dave Clark vielleicht<br />
nicht haben. Diejenigen, die es mit seiner populären<br />
Gruppe halten, müssen sich auch mehr als <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong><br />
nach der Hoch-Zeit der Dave Clark Five (DC 5) mit<br />
CD-Reissues aus zum Teil obskuren Quellen trösten.<br />
Grund: Der trommelnde Bandleader hält die<br />
Rechte am Songmaterial und mag sich kaum zu<br />
Reissues aufraffen. Mit Mike Smith (voc; †), Denis<br />
Pay<strong>to</strong>n (sax; †), Lenny Davidson (g) und Rick<br />
Huxley (dr) gehörte Ex-Stuntman Clark – geboren<br />
am 15.12.1942 in Tottenham – zu einer der<br />
beliebtesten britischen Combos der Mittsechziger;<br />
vor allem jenseits des Atlantiks, wo die gern geschniegelt<br />
antretende Crew mit Weiß-Rolli, Blazer<br />
und Bügelfaltenhosen auch bei Ma & Pa den besten<br />
Eindruck hinterließ: 24 amerikanische Single-Hits<br />
zwischen 1963 und 1967 (im UK: 22 bis 1970) sind<br />
ein eindeutiger Beleg dafür. Populäre, handwerklich<br />
Vom blutjungen Plattenbesinger (siehe Good-<br />
Times 3/2011) zum Megastar: Noel Scott Engel<br />
aus<br />
Hamil<strong>to</strong>n in Ohio, dort geboren am 9.1.1943,<br />
zählt zu den definitiven Kultstars der Sixties. Mit seinen<br />
Landsleuten John Maus (†) und Gary Leeds<br />
wurde er zu einer künstlichen Bruderschaft aufgebaut,<br />
die ab 1964 die Popwelt eroberte. Basislager<br />
der nicht verwandten Walker Bro<strong>the</strong>rs: England.<br />
Vorbei war die Zeit als US-Kinderstar und auch<br />
die als Solist, dessen erste Single schon 1957 erschien.<br />
Engel, außerdem ein solider Bassist, arbeitete<br />
in den USA außerdem schon als Studiomusiker<br />
und -sänger, bevor der Boom in London<br />
einsetzte. Seine voluminöse Stimme prägte prächtige<br />
Balladen wie "Make It Easy On Yourself", "My<br />
Ship Is Coming In", den Welt-Hit "The Sun Ain't<br />
Gonna Shine Anymore", "In My Room", "Archangel"<br />
und viele andere. Drei Studio-Alben lang war das<br />
Trio an poppig-orchestralem Schönklang kaum zu<br />
zu, rare Singles wie "Who Told You" and "It's Shakin'"<br />
erschienen auf Decca, verpufften aber. Mitte 1964<br />
wechselte Starr zu den Flamingos (u.a. mit Aynsley<br />
Dunbar). Da hatte er schon die Ochsen<strong>to</strong>ur durch<br />
Deutschland hinter sich, die aber Grundlage für eine<br />
inzwischen sehr seltene LP war: THIS IS LIVERPOOL<br />
BEAT (Vogue 17006) von Freddie Starr & The Star<br />
Boys. Sie wurde angeblich live im Iron Door Club in<br />
Liverpool aufgenommen, was Produzent Larry Yaskiel<br />
aber korrigierte: Es sind Studio-Einspielungen aus<br />
London, mit Beifall aufgepeppt. Starr lieferte sogar<br />
eine deutsche Version von "You'll Never Walk Alone"<br />
ab, "Du wirst niemals einsam sein". Bis 1969 blieb<br />
er im Musikgeschäft, dann avancierte er zu einem<br />
Top-Comedian mit eigenen Fernsehshows. Seine Gesundheit<br />
sorgte oft für Probleme, 2011 war's knapp:<br />
Vier Herz-Bypässe mussten gelegt werden. Nach wie<br />
vor ist das Unikum aktiv: für das Kinderhilfswerk Kidz<br />
Foundation Children's Charity.<br />
bm<br />
ausgezeichnete Titel wie unter anderem "Glad All<br />
Over", "Bits And Pieces", "Do You Love Me", "Red Balloon"<br />
("Callow-la-vita") und "Everybody Knows" gehören<br />
zu den Sixties-Standards mit Langzeitwirkung.<br />
Clark, der Clevere, war zugleich Manager der eigenen<br />
Band und verlegte sich ab Ende der Sechziger verstärkt<br />
auch aufs Produzieren von Fernsehsendungen.<br />
Eine Handverletzung hinderte ihn zusätzlich an einer<br />
intensiven Fortführung der Karriere als Schlagzeuger.<br />
Clark schrieb das Science-Fiction-<strong>Music</strong>al „Time",<br />
das u.a. mit Cliff Richard und David Cassidy zwei<br />
<strong>Jahre</strong> lang im Londoner Westend lief. Er sicherte sich<br />
obendrein die Rechte an allen Folgen der legendären<br />
<strong>Music</strong>-Show „Ready Steady Go!". 2008 wurden Dave<br />
Clark und seine Band in die Rock'n'Roll Hall Of Fame<br />
aufgenommen. Der Chef (auf Platten angeblich oft<br />
von Sessiondrummer Bobby Graham „vertreten") lebt<br />
zurückgezogen in einem sündhaft teuren Anwesen in<br />
London.<br />
bm<br />
überbieten, gab live aber auch Kostproben seines zupackenden<br />
R&B-Verständnisses. Dann scherte Engel/<br />
Walker aus, setzte auf seine Fähigkeiten als Solist.<br />
Strotzten seine ersten vier Alben noch vor Können<br />
und Qualität, rutschten Folge-LPs mit 08/15-Material<br />
streckenweise ins Banale ab. Das Band-Comeback<br />
NITE FLIGHTS (1978) wurde vor allem durch Engels<br />
ungewöhnliche Songs nicht zur Durchschnittsware,<br />
nachdem zuvor NO REGRETS und LINES nur bedingt<br />
überzeugt hatten. Der Sänger zog sich zurück, beschäftigte<br />
sich mit Literatur und Philosophie, erdachte<br />
neue Kompositionen. Erst 1984 gab er sein<br />
Eremitendasein auf und war mit CLIMATE OF HUN-<br />
TER wieder greifbar; die relative Sperrigkeit seiner<br />
Kreationen steigerte sich mit TILT (1995) und THE<br />
DRIFT (2006). Seitdem hat er Instrumentalmusik für<br />
Bühnenwerke geschrieben (u.a. für Jean Cocteaus<br />
„Duet For One"), die Arbeit an einem weiteren Solo-<br />
Album soll er 2011 aufgenommen haben. bm<br />
Seite 88 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
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© Pressefo<strong>to</strong><br />
Chris Jagger<br />
Bei<br />
Brüdern im Rock-Pop-Business gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder<br />
sie machen gemeinsam höchst erfolgreich Musik, wie die Kinks Ray<br />
& Dave Davies, Phil & Don Everly oder Duane & Gregg Allman. Oder sie<br />
gehen getrennte Wege, die sich nur selten kreuzen. Ein solches Brüderpaar<br />
gibt es in der Familie Jagger mit den Söhnen Mick & Chris.<br />
Von Hans-Jürgen Gün<strong>the</strong>r<br />
Kleiner Bruder, großer Könner<br />
Chris (links) mit Bruder Mick<br />
Chris Jagger wurde am 19. Dezember 1947 in<br />
Dartford, Kent, geboren. Als Micks kleiner Bruder<br />
hatte er es schon als Kind nicht ganz leicht. Es<br />
wird berichtet, dass der Große den vier <strong>Jahre</strong> jüngeren<br />
Chris regelmäßig verprügelt haben soll. Chris nahm<br />
dabei zum Glück keinen Schaden; er studierte Theaterwissenschaft<br />
und arbeitete danach in verschiedenen<br />
Bereichen, darunter Theater, Film und Textil-Design<br />
sowie als Dekorateur. Es folgte der übliche Hippie-Trip<br />
nach Indien und Nepal. Erste musikalische Zeichen<br />
setzte er nach der Rückkehr als Mitwirkender beim <strong>Music</strong>al<br />
„Hair" und den – gescheiterten – Versuchen, mit<br />
den Flying Burri<strong>to</strong> Bro<strong>the</strong>rs und Steve Cropper Platten<br />
zu produzieren.<br />
Richtig los ging es 1973. Sein Debütalbum erschien<br />
unter dem schlichten Titel CHRIS JAGGER – aber nicht<br />
gefüllt mit ebenso schlichter Musik. Zwar ähnelte er<br />
damals stimmlich (und optisch) Mick noch ziemlich,<br />
doch es wurde klar, dass er andere musikalische Vorstellungen<br />
hatte, nicht etwa der „unterbelichtete kleine<br />
Bruder" war. Die rundum gelungene Platte spielte er<br />
mit einem gemischten Ensemble aus wenig bekannten<br />
und einigen prominenten Musikern wie Roger Earl,<br />
Brian Belshaw und S<strong>to</strong>nes-Pianist Ian Stewart ein. Und<br />
Bruder Mick singt bei "Handful Of Dust" mit. Zu hören<br />
gibt es eine feine Mischung aus Rock, Blues und<br />
Country, wie sie für Chris typisch werden sollte. Er trägt<br />
sie mit druckvoller Stimme gekonnt vor, wenngleich<br />
letztlich ohne Micks „Killerinstinkt". Der Promi-Fak<strong>to</strong>r<br />
steigerte sich beim vielseitigeren und ausgefeilteren<br />
Nachfolger THE ADVENTURES OF VALENTINE VOX<br />
THE VENTRILOQUIST (1974) durch<br />
den Einsatz von Spitzenkräften wie<br />
Chris Stain<strong>to</strong>n, Neil Hubbard, Peter<br />
Framp<strong>to</strong>n, Pete Sears, Pick Wi<strong>the</strong>rs,<br />
Andy Bown und Mick Waller. Verdienter<br />
Durchbruch? Fehlanzeige!<br />
Die Folge: Chris Jagger wandte sich anderen Interessen<br />
zu. Die 80er <strong>Jahre</strong> verbrachte er als Journalist bei verschiedenen<br />
Zeitschriften, bei der BBC, und er beteiligte<br />
sich am Film „I Got The Blues In Austin" mit Pine<strong>to</strong>p<br />
Perkins und Hubert Sumlin. Chris betrieb mit seinem<br />
Partner Pat Townshend eine Gitarrenbaufirma und entwarf<br />
unter anderem eine spezielle Gitarre namens „The<br />
Stacca<strong>to</strong>", die sich auch Gene Simmons (Kiss) zulegte.<br />
Er half den S<strong>to</strong>nes bei ihrem Album STEEL WHEELS<br />
(1989) und arbeitete in Frankreich für Franck Langolff,<br />
Produzent von Vanessa Paradis.<br />
Erst 1994 erschien das nächste eigene Album. ATCHA<br />
(in den USA als ROCK THE ZYDECO veröffentlicht)<br />
brachte – unter Beibehaltung bisheriger<br />
Errungenschaften – eine<br />
heftige Hinwendung zur Musik<br />
Louisianas und entstand mit der<br />
neuen Gruppe Chris Jagger's Atcha:<br />
Malcolm Mortimore (dr), Constance<br />
Redgrave (b), Ed Deane (g, steel-g) und Robin McKidd<br />
(Fiddle) sowie einigen Gästen wie Charlie Hart. Chris<br />
Jaggers Äußeres erinnerte noch ein wenig an Mick, seine<br />
Stimme hingegen überhaupt nicht mehr – ein Fall<br />
von kompletter Emanzipation, die ihm sehr gut getan<br />
hat. ATCHA überzeugt in jeder Hinsicht, und dabei ist<br />
es bei allen folgenden Alben geblieben. Die Eigenkompositionen<br />
haben ein scharfes Profil, verbinden uramerikanische<br />
Musik mit britischen Einflüssen und lassen<br />
es an Wiedererkennungswert nicht fehlen. Songs wie<br />
"Blow The Zydeco", "Whispering Wind", "Toad In The<br />
Hole" und "Lhasa Town" sind Hochkaräter.<br />
Den Nachfolger FROM LHASA TO<br />
LEWISHAM (1996) gestaltete Jagger<br />
mit Ben Waters (Piano) und<br />
Charlie Hart (Fiddle, Akkordeon)<br />
akustisch, aber nicht weniger eindrucksvoll<br />
mit Toptracks wie "Pretty<br />
Little Thing", "The Bar" und<br />
"Manyatela".<br />
CHANNEL FEVER erschien 2001<br />
dann wieder mit der leicht umbesetzten<br />
Atcha-Gruppe; Charlie<br />
Hart war nun Vollmitglied<br />
und Paul<br />
Emile neuer Bassist.<br />
Auch hier mangelt<br />
es nicht an Spitzenliedern wie "Channel Fever", "Law<br />
Against It" und "Arms Of Kari-Ann".<br />
Die identische Besetzung spielte<br />
2006 ACT OF FAITH ein, mit den<br />
Gästen Sam Brown (Gesang) und<br />
Pink Floyds David Gilmour (Gitarre).<br />
Und sogar Bruder Mick ließ<br />
sich beim "DJ Blues" nicht lumpen.<br />
Bislang letztes Album ist THE RIDGE (2009), eingespielt<br />
mit Könnern wie Danny Thompson (b), John<br />
E<strong>the</strong>ridge (g), Malcolm Mortimore<br />
(dr), John „Rabbit" Bundrick<br />
(keys) und Andy Sheppard<br />
(sax). Die Platte ist eine rundum<br />
reife Leistung und fasst Jaggers<br />
Gesamtspektrum perfekt zusammen.<br />
Herausragend sind die <strong>to</strong>lle Country-Jazz-Mixtur<br />
"Lights Of The City" und die elegischen Folknummern<br />
"Single Spark" und "Rare Beauty".<br />
Neben seinem eigenen Hauptwerk ist Chris Jagger auch<br />
auf einigen Samplern vertreten.<br />
Darunter finden sich das Dylan-<br />
Tribute WHATEVER COLORS YOU<br />
HAVE IN YOUR MIND (2007, leider<br />
nur als MP3-Download erhältlich)<br />
und KNIGHTS OF THE BLUES<br />
TABLE (1997). Hier ist Chris beim "Racketeer Blues"<br />
vereint mit Mick zu hören.<br />
Dem kann man wirklich nicht vorwerfen, er habe seinem<br />
Bruder übertriebene Förderung angedeihen lassen.<br />
Letztlich war das auch nicht erforderlich – Chris<br />
Jagger hat auch ohne den Älteren wundervolle Musik<br />
zustande gebracht, die am ehesten unter Pub-Rock<br />
einzusortieren ist.<br />
Seite 90 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Kolumne Christian Simon – Folge 6 –<br />
Die Lords und Christian Simon in der Küche des Baden-Badener Weinkellers.<br />
Fo<strong>to</strong>s: © Christian Simon Productions<br />
The Lords –<br />
Freundschaft<br />
und Trauer<br />
Meine Geschichte über die Lords beginnt sehr früh.<br />
1966, ich war damals Gitarrist in der Duisburger<br />
Beatband The Dukes, gastierten die Lords in der dortigen<br />
Merca<strong>to</strong>r-Halle bei einem Karnevalsball. Mit 15<br />
war man natürlich zu jung, um für die Veranstaltung<br />
eine Karte zu bekommen. Also zog ich los und sah<br />
den Auftritt der Band von außen durch ein großes<br />
Fenster, bei dem die Vorhänge nicht ganz zugezogen<br />
waren. Ich sah Ulli, Leo, Bernd, Gandy und Max in<br />
ihren blauen Uniformjacken und war <strong>to</strong>tal begeistert.<br />
Dann ging ich in die Tiefgarage der Halle und fand<br />
den dunkelroten Mercedes der Lords vor, den ich am<br />
Düsseldorfer Kennzeichen und an Utensilien erkannte,<br />
die auf der Rückbank lagen. Ich schrieb einen Zettel,<br />
dass ich die Jungs unbedingt mal kennen lernen<br />
wollte und steckte ihn an die Windschutzscheibe.<br />
Und dann geschah das eigentlich Unglaubliche – ich<br />
bekam einen Brief vom Management, dass ich jederzeit<br />
gern mal im Büro in Düsseldorf vorbeischauen<br />
könne. Und das tat ich auch!<br />
Persönliches altes Au<strong>to</strong>gramm von Lord Ulli<br />
Christian Simon und die Lords 2008 beim Open Air auf der Rennbahn Iffezheim<br />
Das Büro war eine Wohnung in der Corneliusstraße.<br />
In der Diele saß Gandy, der mich sehr nett begrüßte,<br />
mir eine Cola anbot und alle Fragen beantwortete,<br />
die ich auf dem Herzen hatte. Die anderen Jungs<br />
waren nicht da. Zum Abschied gab’s noch Au<strong>to</strong>grammkarten<br />
und die Adresse des Ladens, wo die<br />
Lords einige ihrer Bühnenklamotten<br />
kauften. Da holte<br />
ich mir dann auch das große<br />
Lords-Karohemd und eine Stufenhose,<br />
um „verdammt in" zu<br />
sein. Acht <strong>Jahre</strong> später begann<br />
ich dann als Sprecher bei Radio<br />
Luxemburg und moderierte unter<br />
anderem die Sendung „Stars<br />
im Studio". Da wurden Künstler<br />
eine Stunde lang interviewt<br />
und die Lieblingsplatten des<br />
Gastes gespielt. Eines Tages<br />
kam „Lord Ulli" in die Show,<br />
und wir verbrachten einen Tag<br />
– der Beginn einer Freundschaft!<br />
Von da an hatte ich<br />
immer Kontakt zu den Lords,<br />
bis zum heutigen Tag. Ulli lud<br />
mich zu sich nach Hause ein,<br />
dort lernte ich seine Frau Re-<br />
nate kennen. Das war schon<br />
ein verrücktes Rock’n’Roll-Paar – und die nung in Oberkassel glich einem<br />
Woh-<br />
Lords-Museum.<br />
Ich organisierte dann einige Veranstaltungen fürs<br />
Radio, und wir alle hatten immer viel Spaß und<br />
lange Nächte. Ulli besuchte mich dann sehr oft in<br />
München, wo ich nach meiner RTL-Zeit ab 1979<br />
die ZDF-Sendung „Rockpop" moderierte. Ein besonderes<br />
Highlight meiner persönlichen Lords-S<strong>to</strong>-<br />
ry<br />
war der 17. Juni 1981, mein<br />
30. Geburtstag. Ich hatte eine<br />
Menge Leute aus der Szene<br />
zu mir nach Hause eingeladen,<br />
natürlich auch die Lords.<br />
Aber die kamen nicht allein,<br />
sondern mit einem großen<br />
Tourbus und ihren Roadies.<br />
Ihr Geburtstagsgeschenk: ein<br />
Open-Air-Konzert in meinem<br />
Garten – das volle Programm!<br />
Das war nicht nur eine grandiose<br />
Überraschung für meine<br />
Gäste, sondern auch für<br />
alle Nachbarn und Anwohner<br />
im<br />
Umkreis von einigen Kilometern.<br />
Eine Anzeige wegen<br />
Ruhestörung gab es nicht,<br />
dafür Applaus aus allen Richtungen,<br />
viele Zuschauer hinter<br />
Bäumen und Hecken – und<br />
Seite 92 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
tanzende Polizisten auf der<br />
Straße. Ein unvergesslicher<br />
Tag! 1989 konnte ich mich für<br />
dieses Gastspiel revanchieren<br />
und moderierte das 30-jährige<br />
Bandjubiläum der Lords, das<br />
sie<br />
mit vielen musikalischen<br />
Gästen im Münchner Rigan<br />
Club<br />
feierten.<br />
Das<br />
nächste runde Jubiläum<br />
wurde dann zur Tragödie. Ulli rief<br />
mich<br />
an und fragte, ob ich „<strong>40</strong><br />
<strong>Jahre</strong><br />
Lords" in Potsdam mode-<br />
rieren<br />
könne. Er war <strong>to</strong>tal eupho-<br />
risch<br />
und aufgedreht. Ich hätte es<br />
wahnsinnig gern gemacht, aber der Termin war belegt;<br />
und ob man es mir glaubt oder nicht ... ich hatte<br />
wirklich so ein komisches Gefühl, das sich leider<br />
bestätigte. Abends hörte ich es in den Nachrichten,<br />
am nächsten Tag las ich es in der Zeitung. Ulli lag<br />
nach seinem Sturz beim Jubiläumskonzert im Koma<br />
– ein Wiedersehen gab es nicht mehr ... Einige Tage<br />
später trafen wir uns alle wieder – alle, außer Ulli.<br />
Er war im Rock’n’Roll-Heaven und wir in der Trauerhalle<br />
eines Düsseldorfer Friedhofs. Einige Kollegen<br />
erwiesen ihm die letzte Ehre, eine ganz besondere<br />
bekam er von „seinen Jungs": Leo, Bernd und Jupp<br />
spielten vor dem Sarg „Poor Boy" unplugged. Diesen<br />
Moment werde ich mein Leben lang nicht vergessen.<br />
Anschließend saßen wir in kleiner Runde noch zusammen.<br />
Auch Gandy und Max waren da. Max konnte<br />
sich sogar noch an die „Duisburger Begegnung"<br />
und den Zettel erinnern. Unglaublich, aber Max weiß<br />
sowieso noch vieles aus den alten Tagen, wie auch<br />
Leo. Zu ihm habe ich heute ein sehr freundschaftliches<br />
Verhältnis, wie auch zu Bernd und Jupp. Wir<br />
haben in all den <strong>Jahre</strong>n unzählige Gigs zusammen<br />
gemacht. Viele davon in der Region Baden. 2008 ein<br />
großartiges Open Air auf der Iffezheimer Rennbahn<br />
und im letzten Jahr ein umjubeltes Konzert zum 50.<br />
Bandjubiläum im Baden-Badener Kurhaus. Und jedes<br />
Treffen ist eine „herzliche Umarmung" – hoffentlich<br />
gibt es noch viele davon!
THE CLASSIC ALBUMS<br />
180g HEAVYWEIGHT VINYL<br />
OUT 09.11.2012<br />
www.<strong>the</strong>beatles.com
Live in Concert<br />
Van Morrison<br />
Vokalarbeiter in Ekstase<br />
Van Morrisons Auftritte bleiben erfrischend unkalkulierbar.<br />
Der Meister wählte aus 78 Songs, die seine Band auf<br />
Abruf beherrschen muss, zunächst ein paar R&B-Perlen<br />
aus der Them-Zeit der Mittsechziger aus. Nach dem<br />
Opener "Brown Eyed Girl" gab es "Baby, Please Don't<br />
Go", "Here Comes The Night", es folgten "Early In The<br />
Morning" und "Rock Me Baby". Der als grantig bekannte<br />
Nordire wirkte aufgekratzt und bei Laune, er ließ sich zu<br />
witzigen Ansagen wie „Jetzt was wie von Bert Kaempfert<br />
..." hinreißen. Und Morrison zeigte Einsatz, geizte auch<br />
nicht mit herrlich saftigen Sax-Einlagen, akzentuiertem<br />
Mundharmonika-Spiel, und er setzte sich ans Piano.<br />
Doch es dreht sich bekanntlich fast alles um seine Stimme.<br />
Zeitweise hielt Morrison Maß und Übersicht, da er –<br />
wie immer – noch per Fingerzeig seine virtuose (aber mit<br />
dringend gebotenem Respekt agierende) Band dirigieren<br />
musste. Doch Leidenschaft und Emotionen brachen immer<br />
wieder durch, es war ein Kampf: Er, den Fans „The<br />
Voice" nennen, er schrie, bellte, keuchte, flüsterte. Morrison<br />
stellte Songs vom neuen Album BORN TO SING:<br />
NO PLAN B vor, brillierte mit Standards wie "I Can't S<strong>to</strong>p<br />
Loving You" und (mit Tochter Shana) "Old Black Magic".<br />
Donny & Marie Osmond<br />
Superstars, Marke USA<br />
Was zeichnet einen Superstar aus? Um diese Frage zu beantworten, sollte man<br />
sich von den in Deutschland geltenden Parametern zu diesem Begriff schleunigst<br />
verabschieden. In den USA gelten andere Dimensionen. Donny und Marie<br />
Osmond zum Beispiel sind Superstars. Nicht etwa, weil sie seit Mitte September<br />
fünfmal pro Woche den Showroom im Flamingo-Hotel ausverkaufen. Vielmehr<br />
können die Geschwister aus dem Osmond-Clan wahrhaftig alles. Vor allem Marie.<br />
Traumwandlerisch sang sie sich an diesem Abend durch Country-Songs,<br />
<strong>Music</strong>al-Arien und Pop-Perlen, schwelgte in warmen Alt-Tönen, stieg in glasklares<br />
Sopran-Vibra<strong>to</strong> hinauf. Donny ist stimmlich limitierter, hatte aber nicht<br />
die geringste Mühe, jede Note auf den Punkt zu treffen. Und er kann rocken.<br />
Seine 89er Comeback-Nummer "Soldier Of Love" kam im neuen, druckvolleren<br />
Gewand, und der Osmonds-Hit "Crazy Horses" behielt trotz fetter<br />
Bläsersätze unverkennbar seinen Hard-Rock-Touch.<br />
Getanzt wurde praktisch pausenlos. Donny sah mit seinen 54 <strong>Jahre</strong>n dabei<br />
blendend aus und ließ die gutgemeinten Hänseleien seiner Schwester wegen<br />
der 2009 von ihm gewonnenen TV-Show „Dancing With The Stars"<br />
gern über sich ergehen. Marie (52) gab sich elegant, plumpste sich für einen<br />
Gag aber auch schon mal bäuchlings aufs Parkett. Überhaupt: Humor<br />
spielte bei dem Duo eine wesentliche Rolle. Wo es passte, wurde gewitzelt,<br />
dass sich das Publikum vor Lachen bog.<br />
Die Interaktion mit den Fans war hinreißend. Zwischen liebevoll und<br />
dankbar suchten die Geschwister immer wieder den Dialog mit auffälligen<br />
Typen in den ersten Reihen, reichten ihre Hände oder stiegen über Tische.<br />
Auch herzliche Umarmungen und vertraulich anmutenden Körperkontakt,<br />
indem sie singend auf den Schößen aufgeregt-rotwangiger Anhänger<br />
landeten, scheuten sie nicht. Rührend die Szene, als Donny eine Endvierzigerin<br />
auf die Bühne holte, die sich als Uralt-Fan outete und beim Entgegennehmen<br />
eines Au<strong>to</strong>gramms in Tränen ausbrach. Erinnerungen an Schrei-Anfälle aus den<br />
Frühsiebzigern wurden wach, als die Mädchen reihenweise in Ohnmacht fielen,<br />
wenn Donny damals sein "Puppy Love" anstimmte. In Las Vegas ließen sich die<br />
Backfische von einst und Damen von heute im Flamingo bereitwillig zu Kreischattacken<br />
animieren, als Donny diesen akustischen Nostalgietrip einforderte.<br />
Edelschnulzen wie "Paper Roses" oder "Deep Purple" gab das Paar mit einem<br />
Augenzwinkern zum Besten; Kostproben aus jenen <strong>Music</strong>alaufführungen, in<br />
Düsseldorf, Mitsubishi Halle, 13. September 2012<br />
denen vor allem Donny über die<br />
<strong>Jahre</strong> immer wieder mitgewirkt<br />
hatte, kamen voller Inbrunst.<br />
Als „Dirty Joke" bezeichnete der<br />
Sänger im Nachhinein die Ankündigung,<br />
er habe es geschafft, seine<br />
Brüder für einen Auftritt nach<br />
Vegas zu lotsen. Und als die freudige<br />
Unruhe immer größer wurde,<br />
erschienen Backgroundsänger auf<br />
der Bühne, die mit dem<br />
Spätestens, als "Enlightenment" den eher elegischen<br />
Part einläutete, kulminierte die Spannung: Mit "It's All<br />
In The Game" und "Burning Ground" sang er sich endgültig<br />
in Herz und Seele der Fans; "In The Garden" war<br />
an Schönheit und Intensität kaum auszuhalten. Momente<br />
absoluter Stille in der Halle, in denen niemand<br />
einen Mucks wagte – Hochachtung vor dem Vokalarbeiter,<br />
der sich immer wieder in Ekstase sang und alle<br />
Kraft in seine Stimme und auch seine Faust presste, mit<br />
der er wiederholt gen Boden schlug. Unfassbar wertvolle<br />
Momente.<br />
Dann musste selbst der Großmeister auf den Boden<br />
zurück. Nach einem erdigen "Help Me" folgt mit<br />
"Gloria" als fetzige Zugabe ein weiterer Griff in den<br />
Fundus aus den Tagen, als er mit Them noch der rothaarige<br />
"Belfast Cowboy" war. Van Morrison kämpft<br />
vielleicht noch mit Dämonen und hadert mit der Welt<br />
– dies jedoch fließt nach wie vor in seine Kunst und<br />
Poesie ein, wird spannend in Form gebracht und zielsicher<br />
präsentiert.<br />
Text: Peter Harasim, Fo<strong>to</strong>: Thomas Brill<br />
Las Vegas, Flamingo-Hotel, 21. September 2012<br />
Star „Yo Yo" in den legendären<br />
70er-<strong>Jahre</strong>-Tanzschritten aufführten.<br />
Aber nicht nur Nostalgie<br />
wurde transportiert – unterstützt<br />
durch stimmige Leinwandeinspieler<br />
–, auch neues Material kam zu<br />
Gehör. "A Beautiful Life" zum Beispiel.<br />
Der Song stammt von DON-<br />
NY & MARIE, dem aktuellen Album<br />
des sympathischen Duos.<br />
Für einen stillen Moment sorgte<br />
schließlich Marie, als sie an ihren Adoptivsohn erinnerte, der sich 2010 mit 18<br />
<strong>Jahre</strong>n das Leben genommen hatte. Die Tränen der Sängerin wirkten echt, das<br />
Schluchzen im Saal auch.<br />
Donny und Marie machten an diesem Abend deutlich, dass Entertainment eine<br />
Erfindung der Amerikaner ist. Bis zu 260 Dollar für einen Platz an den vordersten<br />
Tischen im Saal mögen manchem schwindelerregend erscheinen – die<br />
beiden Osmonds haben allerdings über <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong> Erfahrungen im Show-Biz in<br />
die Show gesteckt, was sie über ein normales Konzerterlebnis erhebt.<br />
Text: Jens-Uwe Berndt<br />
Fo<strong>to</strong>: © Jens-Uwe Berndt<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Seite 94 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Live in Concert<br />
Bill Wyman's Rhythm Kings<br />
Senioren-Sause<br />
Savoy Theater Düsseldorf, 10. Ok<strong>to</strong>ber 2012<br />
Die Rhythmuskönige des Ex-S<strong>to</strong>ne ohne Albert Lee an der Gitarre, das ist<br />
selten (der flinke Country-Finger <strong>to</strong>urte gerade mit seinen Hogan's Heroes).<br />
Und doch ergaben sich Chancen: für einige Bandmitglieder und für die Viel-<br />
Hörer der Truppe, die ins ausverkaufte Savoy gekommen waren. Rhythm-<br />
Kings-Urmitglied Terry Taylor (Ex-Tucky Buzzard) hatte an diesem Abend die<br />
Gitarrenhoheit und brillierte mit unaufdringlicher Rhythmusarbeit, beeindruckendem<br />
Slidespiel und einigen fein gesetzten Soli.<br />
Bill Wymans Band-Intro zeigte, wie viele fähige Gesangsstimmen der Neunercombo<br />
auch ohne Lee blieben: Die süße Dreadlock-Soulqueen Beverly Skeete<br />
betörte mit Etta James' "Tell Mama", begeisterte mit James Browns "It's A<br />
Mans Mans World" und transportierte den Memphis-Klassiker "Sweet Soul <strong>Music</strong>"<br />
in die Gegenwart. Geraint Watkins präsentierte neben trockenstem Waliser<br />
Humor Allen Toussaints "It's Raining" und brachte am Akkordeon Chuck Berrys<br />
Cajun-Kracher "You Never Can Tell" zur Aufführung. Der Ohrwurm "Man<br />
Smart, Women Smarter" war in seiner Lesart „von dem berühmten Chicago-<br />
Bluesmann Harry Belafonte", wobei das mit Harry natürlich stimmt ...<br />
Drei Rhythm Kings (v.l.): Terry Taylor, Bill Wyman und Geraint Watkins<br />
Selbst Frank Mead aus dem ewigen Sax-Tandem mit Nick Payn (das erlesene<br />
Bläsersätze, fetzige Solo-Einlagen und Las-Vegas-fähige Choreografie anbot)<br />
und er kombinierte i "Hit The Road Jack" mit Louis Jordans Jump-Jive Ji "Is You<br />
bekam zwei Boogie-Nummern seines großen Blues-Harmonicavorbilds Little Is Or Is You Ain't My Baby" zu „einer Karaoke-Party – weil ich auf Düsseldorfs<br />
Walter und lieferte diese bravourös ab. Inzwischen schwang Payn das Tanzbein Straßen so verdammt viele Japaner sehe". Dazu ein paar Japanisch-Brocken,<br />
mit Frau Skeete: Aussehen, Anzugwahl und Brille ließen glatt Peer Steinbrück und die Lacher waren gesichert.<br />
auf dem Parkett vermuten! Bill Wyman selbst ließ es sich nicht nehmen, mit Bill Wyman feierte zwei Wochen nach dem Konzert seinen 76. Geburtstag. Man<br />
Beverly Skeete "Honky Tonk Women" zu zelebrieren – hier ging das Theaterpublikum<br />
aus den bequemen Sitzen und feierte mit.<br />
über die Bühnen ziehen lässt. Und vielleicht erreicht er ja sogar das Alter seines<br />
kann ihm nur wünschen, dass er seine Rhythm Kings noch weitere 16 <strong>Jahre</strong><br />
Den lautesten Beifall jedoch verbuchte schon beim Einmarsch Georgie Fame: Blueshelden Pine<strong>to</strong>p Perkins: Der spielte mit 97 sein letztes Album ein und trat<br />
Er begann nach verschmitzter Schlagereinlage lässig mit Ray Charles' "I Got A bis zuletzt auf Kreuzfahrtschiffen auf.<br />
Woman", schwelgte in Louis Armstrongs "Just For A Thrill" vom gleichnamigen<br />
2004er Rhythm-Kings-Album, ehrte die S<strong>to</strong>nes/Bobby Troup mit "Route 66" –<br />
Text: Uli Twelker, Fo<strong>to</strong>: Michael Ackermann<br />
Peter Hammill<br />
Ein Abend mit dem Gentleman<br />
Ein Mann allein auf der Bühne. Nur Gesang, abwechselnd begleitet am Flügel<br />
und mit einer Akustikgitarre. Kommt da nicht Langeweile auf? Nicht<br />
bei Peter Hammill! Die Solo-Auftritte des Van-Der-Graaf-Genera<strong>to</strong>r-Sängers<br />
sind bekannt für ihre intime Nähe und emotionale Intensität. Mit hingegen<br />
fast schon buddhistischer Seelenruhe betritt der 64-Jährige die Bühne<br />
der Brotfabrik, in dunkler,<br />
legerer Sporthose und mit<br />
weißem, wehendem Hemd.<br />
Sein Haar indes weht nicht<br />
mehr so sehr, ist inzwischen<br />
schlohweiß. Äußerlich<br />
strahlt er Würde und<br />
Distinguier<strong>the</strong>it aus; wenn<br />
je ein Rockmusiker die Bezeichnung<br />
„Gentleman"<br />
verdient hat, dann Peter<br />
Hammill.<br />
Der nahezu ausverkaufte<br />
Saal in Frankfurt am<br />
Main ist nach Berlin, Erfurt<br />
und Hamburg die<br />
vierte Deutschlandstation<br />
seiner Herbst-Europa<strong>to</strong>ur,<br />
im Gepäck das aktuelle Album<br />
CONSEQUENCES. Die<br />
neuen Songs stehen jedoch nicht im Vordergrund. d Einfach nur, wie er sagt,<br />
„das aktuelle Produkt zu promoten", wie sonst im Rockzirkus üblich, sei seine<br />
Sache nicht. Stattdessen schöpft er ausgiebig aus seinem rund <strong>40</strong> Alben<br />
Frankfurt am Main, Brotfabrik, 23. Ok<strong>to</strong>ber 2012<br />
umfassenden Oeuvre, spielt auch mal zwei Van-Der-Graaf-Titel: gleich als<br />
Eröffnungsstück "The Siren Song", mit breiten Akkorden und kniffligen Zwischenparts<br />
am Flügel interpretiert, sowie das zur Akustikgitarre vorgetragene<br />
"Masks".<br />
Gesanglich überzeugt Hammill; seine Stimme ist tiefer als in jungen <strong>Jahre</strong>n,<br />
die anspruchsvollen hohen Passagen bewältigt er<br />
jedoch passabel. Die vielschichtigen Kompositionen,<br />
gespickt mit Elementen aus Progressive Rock, klassischem<br />
Kunstlied und Song-Dramolett, verlangen<br />
seiner Stimme und seinen Fähigkeiten am Instrument<br />
einiges ab. Unablässig, wie ein Ein-Mann-Orchester,<br />
wechselt Hammill Tonlagen und Klangfarben. "The<br />
Siren Song" geht nahtlos in das trickreiche "The Unconscious<br />
Life" über (vom 1982er Album ENTER K).<br />
Später schafft er mit dem bedrückenden "Primo On<br />
The Parapet" (THE NOISE, 1992) knisternde Atmosphäre;<br />
auch beim ruhigen "Close To Me" vom aktuellen<br />
Album lauscht das Publikum andächtig.<br />
Im Saal sitzen viele Fans, in den Pausen rufen einzelne<br />
Hammill Liederwünsche zu. Er geht darauf mit britischem<br />
Charme ein, gelegentlich spricht er deutsch<br />
mit dem Publikum (er beherrscht die Sprache, war<br />
auch schon als Grönemeyer-Übersetzer tätig). Am<br />
Ende, nach anderthalb Stunden Höchstkonzentration,<br />
verabschiedet er sich a-cappella mit "Chicago". Und<br />
bei bidieser Gelegenheit Gl hi verrät er auch, in welcher US-Stadt er sein wehendes<br />
weißes Hemd gekauft hat ...<br />
Text: Frank Schuster<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 95
TATZES STREIFZÜGE November 2012<br />
Bei meinen Streifzügen<br />
durch die<br />
Läden des noch<br />
real existierenden Plattenhandels<br />
stöbere ich<br />
immer wieder Perlen &<br />
Trüffel auf, die nicht auf meiner Want-List stehen,<br />
weil mir ihre Existenz schlicht unbekannt war. Drei<br />
Beispiele der letzten Monate:<br />
MAGIC LANDSCAPE des Duos Ian Hunt & John<br />
Turner. Die beiden singenden und diverse Instrumente<br />
beherrschenden Briten spielten die Platte 1972 in den<br />
Village Thing Studios und den berühmten Rockfield<br />
Studios in Wales ein. Sie klingen wie eine Mischung<br />
aus Magna Carta, John Martyn und Wizz Jones und<br />
produzierten hier hochwertigen Folk-Rock der – ganz<br />
deutlich – Frühsiebziger-Spielart, eine gut gelaunte<br />
Melange aus Brit-Folk und Ragtime.<br />
Neben eindrucksvollen eigenen Liedern wie "Hold<br />
Me Now", "Silver Lady", "Man Of Rings" und dem Titeltrack<br />
gibt es auch eine prima Version des Klassikers<br />
"Mr. Bojangles", die zu den besten mir bekannten Fassungen<br />
zählt. Der Gesang<br />
der beiden ist mustergültig<br />
aufeinander<br />
abgestimmt,<br />
die Gitarren-Bass-Perkussion-Arrangements<br />
sind<br />
weder zu karg noch überladen.<br />
Hier macht sich die<br />
Vergangenheit von Hunt<br />
& Turner bezahlt. Gitarrenzauberer<br />
Turner hatte<br />
1970 die Insider-Kapelle Pigsty Hill Light Orchestra<br />
auf der Suche nach neuen Ufern verlassen. Er traf<br />
auf Ian Hunt, einen Songwriter mit bestem Ruf in der<br />
Szene in Bris<strong>to</strong>l, wo er einige <strong>Jahre</strong> Chef des lokal legendären<br />
Bris<strong>to</strong>l Troubadour Clubs war. Das Duo verschaffte<br />
sich mit MAGIC LANDSCAPE eine beachtliche<br />
Fanschar in ganz Europa und erreichte sogar Platz 6.<br />
Das erklärt auch, dass die Platte auf CD ab 2002<br />
nicht nur bei H&T Records, sondern auch auf anderen<br />
Labels wie Village Thing, Lion Production und Bella<br />
Terra immer wieder erschienen ist. Der goldene Mittelweg<br />
von Hunt & Turner war also gewiss nicht Resultat<br />
einer ängstlich-biederen Grundhaltung, sondern<br />
genau der richtige Weg, auf dem sie leider trotzdem<br />
keinen Marsch in eine nachhaltige Karriere starten<br />
konnten.<br />
Zweite Entdeckung: 7 DAYS IN MEMPHIS (Epic<br />
82796 97753) von Peter Gallagher. Der 1955 in New<br />
York geborene Künstler ist im Hauptberuf Schauspieler,<br />
der bislang in über 20 Filmen<br />
(u.a. „American Beauty"<br />
und „Mr. Deeds") sowie einigen<br />
TV-Serien („O.C., California",<br />
„Californication", „Covert Affairs")<br />
zu sehen war. Musik<br />
ist also nur sein „zweiter Vorname",<br />
aber im Unterschied<br />
etwa zum ebenfalls nebenbei<br />
singenden Kollegen Bruce Willis macht er ne Sache erstaunlich gut. Gallagher verfügt über eine<br />
sei-<br />
sympathische, keineswegs überragende, aber flexible<br />
Stimme, die er white-soulig einzusetzen weiß. Er steht<br />
zwar nicht bis zu den Knien im Soul, aber immerhin<br />
knöcheltief. Und er wählte sein Liedmaterial umsichtig<br />
aus: Songs aus der Feder von Isaac Hayes/David Porter,<br />
John D. Loudermilk, Randy Newman, Dan Penn und<br />
Lucinda Williams. Sie wurden ohne Effekthaschereien<br />
von versierten Memphis-Musikern realisiert, wobei Gitarrist<br />
Steve Cropper die herausragende Persönlichkeit<br />
ist. Zudem ist das Album ein „grower" – es wächst<br />
mit jedem Hördurchlauf, der neue Feinheiten enthüllt.<br />
Beste Tracks: "I've Got To Love Somebody's Baby",<br />
"Then You Can Tell Me Goodbye", "When You Move<br />
You Lose" und eine Spitzenversion des Klassikers<br />
"When Something Is Wrong With My Baby", im Original<br />
ein Hit von Sam & Dave.<br />
Nummer Drei: Ian<br />
King und sein Debütalbum<br />
PANIC GRASS &<br />
FEVER FEW (Fledg'ling<br />
FLED 3082). Mr. King ist<br />
ein wahrer König des aktuellen<br />
britischen Folk,<br />
denn er macht ihn fit fürs<br />
21. Jahrhundert. Zu hören<br />
sind sowohl vorzügliche Eigenkompositionen wie<br />
"Evil Eye" und "By George" als auch Traditionelles<br />
wie "Adieu To Old England" und "Ah Robin, Gentle<br />
Robin". King singt mit klarer Stimme allürenlos und<br />
mit festem Zugriff auf die Songs und spielt routiniert<br />
akustische Gitarre, Banjo und Mandoline. Und damit<br />
enden die Parallelen zum gewohnten Folk. Denn Produzent<br />
dieser Scheibe ist der legendäre Dub-Wizzard<br />
Adrian Sherwood, der unter Mithilfe von Musikern wie<br />
Skip McDonald (g) und Doug Wimbish (b) sowie der<br />
Crispy Horns voll durchstartet: Kings Folk wird vermengt<br />
mit Dub-Reggae, Funk, Ambient- und Weltmusik.<br />
Sherwood arbeitet mit denselben Kunstgriffen,<br />
die er schon Acts wie den New Age Steppers oder African<br />
Head Charge angedeihen ließ und die er im Schlaf<br />
beherrscht. Die Resultate klingen unglaublich frisch<br />
und gleichzeitig ohrwürmig, avantgardistisch, vertraut<br />
und abenteuerlich.<br />
Auf dem in <strong>GoodTimes</strong><br />
4/2012 auf Seite 50 rezensierten<br />
Sampler COUNTRY FUNK<br />
fiel mir ein Sänger ganz besonders<br />
auf: Larry Jon Wilson. Der<br />
Amerikaner steuert mit "Ohoopee<br />
River Bot<strong>to</strong>mland" den vielleicht eicht besten Track bei.<br />
Derselbe Song erschien mit vollem Recht auch schon<br />
2004 auf Volume 2 der britischen Kleinserie COUNTRY<br />
GOT SOUL, die ich damals irgendwie verpasste. Den<br />
Erwerb habe ich nun nachgeholt, versteht sich. Wilson<br />
ist dort auch auf Volume 1 ("Seldon Church Yard")<br />
und Volume 3 ("Life Of A Good Man") zu hören.<br />
Alle drei Lieder stammen von seinem Doppelschlag<br />
1975/76, als die Alben NEW BEGINNINGS und LET<br />
ME SING MY SONG TO YOU (Monument KZ 33382<br />
und 3<strong>40</strong>41) erschienen und die Riesenkarriere eines<br />
Giganten in Gang hätte kommen müssen. Wilson<br />
brachte alle Voraussetzungen mit: melodisch und<br />
textlich bestes Songmaterial aus (fast nur) eigener<br />
Feder, sehr ordentliches Gitarrenspiel und eine<br />
wundervolle Brummelstimme. Gesamteindruck: Ein<br />
gewichtiger und seelenvoller Country-Folk-Rock-Poet,<br />
ein S<strong>to</strong>ryteller und Troubadour erster Güte, eine<br />
exquisite Mixtur aus Johnny Cash, Tony Joe White<br />
und Kenny Rogers. Und ausgezeichnete<br />
Begleitmusiker<br />
wie Reggie Young (g), Tommy<br />
Cogbill (b), Bobby Woods<br />
(keys) und Hayward Bishop<br />
(dr) standen außerdem an seiner<br />
Seite. Zudem zählte Prominenz<br />
wie Willie Nelson, Kris<br />
Kris<strong>to</strong>fferson, John Prine,<br />
Guy Clark und Steve Earle<br />
zu seinen großen Fans, wodurch<br />
die kaufende Fanzahl<br />
aber nicht entscheidend größer<br />
wurde. Ein ebenso rätselwie<br />
boshaftes Schicksal sorgte<br />
dafür, dass Wilson ohne Hit<br />
blieb. Er veröffentlichte 19777<br />
noch LOOSE CHANGE und<br />
1979 THE SOJOURNER und<br />
verabschiedete sich dann für<br />
zehn <strong>Jahre</strong> von der Musik. Ab<br />
1989 <strong>to</strong>urte er wieder, traf<br />
aber leider nicht Rick Rubin,<br />
der ihm einen neuen Anlauf<br />
à la Johnny Cash hätte ermöglichen<br />
können. Erst 2008 erschien sons Comeback-Album LARRY JON WILSON (Drag<br />
Wil-<br />
City 8168<strong>40</strong>3992) mit neuen Songs, die er mit reifer<br />
Stimme allein zur Gitarre präsentiert, sparsam begleitet<br />
nur vom Geiger Noel Sayre. Elegische, zwischen<br />
den Zeilen auch durchaus etwas bitter klingende, intime<br />
Kammermusik. Das Album war sein letztes. Am<br />
21. Juni 2010 ist Larry Jon Wilson im Alter von 69<br />
<strong>Jahre</strong>n ges<strong>to</strong>rben, nach einem keineswegs erfüllten<br />
Leben. Er durfte nicht mal erleben, dass seine ersten<br />
beiden Alben 2011 auf einer CD (Omni 146) neu veröffentlicht<br />
wurden und nun, ebenso wie seine letzte<br />
Arbeit, problemlos erhältlich sind. Die Alben Nr. 3 und<br />
4 dagegen sind derzeit praktisch unauffindbar. Aber<br />
vielleicht tut sich da ja noch mal was.<br />
Auf den besagten COUNTRY GOT SOUL-<br />
Samplern findet sich auch ein weiterer herausragender<br />
Vertreter undogmatischer Country-Kost:<br />
Travis Wammack. Der 68-jährige Amerikaner nahm<br />
schon als Elfjähriger seine erste Single auf, gilt seit<br />
Jahrzehnten als zuverlässiger Memphis-Sessiongitarrist<br />
der gehobenen Klasse und war von 1984<br />
bis 1995 Anführer der Band<br />
von Little Richard. Von den<br />
gelegentlich unter seinem<br />
Namen erscheinenden Alben<br />
ist COUNTRY IN MY SOUL<br />
(2009, Eigenlabel) besonders<br />
interessant. Wammack<br />
kombiniert traditionellen<br />
Rock'n'Roll mit Country der<br />
Vollfettstufe und einem guten<br />
Schuss Soul. Songs wie "No Place Like Home", "Country<br />
Cruisin'", "Heart To Heart" und "Pearl" – alle aus<br />
eigener Edelfeder – sind unwiderstehlich. Einmal mehr<br />
stellt sich die – wohl unbeantwortbare – Frage, wieso<br />
derartige Könner fernab eines größeren Publikums<br />
musizieren (müssen).<br />
Seite 96 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
BILL WYMAN’S<br />
RHYTHM KINGS<br />
The Best Of Bill Wyman’s<br />
Rhythm Kings Vol.2<br />
REP 5278<br />
Digipak<br />
GIORGIO MORODER<br />
On The Groove Train:<br />
Volume 1 (1975 - 1993)<br />
REP 5256<br />
2CD slipcase<br />
GIORGIO MORODER<br />
On The Groove Train:<br />
Volume 2 (1974 - 1985)<br />
REP 5280<br />
2CD slipcase<br />
Forthcoming release<br />
FLASH AND THE PAN<br />
The 12 Inch Mixes<br />
REP 5265<br />
2CD slipcase<br />
Forthcoming release<br />
ALVIN LEE<br />
The Best Of Alvin Lee<br />
REP 5257<br />
2CD slipcase<br />
SPARKS<br />
Shortcuts - The 7 Inch Mixes<br />
(1979 -1984)<br />
REP 5255<br />
2CD slipcase<br />
SPARKS<br />
Real Extended -<br />
The 12 Inch Mixes (1979 - 1984)<br />
REP 5277<br />
2CD slipcase<br />
IF<br />
IF2 (CD) + If Live In Liverpool (DVD)<br />
REPUK 1158<br />
CD+DVD in slipcase<br />
CLIMAX BLUES BAND<br />
Blues From The Attic<br />
REP 5276<br />
Digipak<br />
Forthcoming release<br />
CLIMAX BLUES BAND<br />
Drastic Steps<br />
REP 5275<br />
Digipak<br />
Forthcoming release<br />
THE BLUES BAND<br />
Brand Loyalty<br />
REPUK 1151<br />
Digipak<br />
Forthcoming release<br />
THE BLUES BAND<br />
Live - Bye Bye Blues<br />
REPUK 1152<br />
2CD slipcase<br />
Forthcoming release<br />
STEAMHAMMER<br />
Riding On The L&N -<br />
The Anthology<br />
REP 5254<br />
2CD slipcase<br />
OSIBISA<br />
Heads<br />
REPUK 1166<br />
Digipak<br />
Forthcoming release<br />
OSIBISA<br />
Happy Children<br />
REPUK 1165<br />
Digipak<br />
Forthcoming release<br />
CLIMAX BLUES BAND<br />
Fully Climaxed: The Best Of 1969 - 1989<br />
REP 5210<br />
2CD slipcase<br />
Forthcoming release<br />
www.reper<strong>to</strong>irerecords.com
Von Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
"<br />
Die wohl wichtigste Compilation der Geschichte",<br />
vertreten in den "<br />
200 besten Alben aller Zeiten" als<br />
"<br />
unverzichtbares Dokument der Rock-His<strong>to</strong>rie": Die<br />
Bewertungstendenz für NUGGETS war stets eindeutig.<br />
Als die amerikanische Songsammlung 1972 auf<br />
dem Elektra-Label erschien, konnte keiner der Initi-ia<strong>to</strong>ren<br />
eine so immense Nachhaltigkeit der Zusammenstellung<br />
mit 27 Titeln von 27 Bands erwarten.<br />
Der Weg<br />
Lenny Kaye war damals 26. Der gebürtige New<br />
Yorker hatte in New Jersey das College besucht,<br />
spielte als Gitarrist in den Mittsechzigern unter<br />
anderem mit The Vandals und The Zoo bluesigen<br />
Folk-Rock und scheppernden R&B. Kaye schrieb<br />
außerdem als freier Mitarbeiter für Magazine wie<br />
„Crawdaddy", den „Rolling S<strong>to</strong>ne"<br />
und „Disc". 1971 ging er musikalisch<br />
für die Folgejahre auf<br />
Kurs: Erstmals begleitete er eine<br />
Frau, die 1975 ihren Durchbruch<br />
feierte – Patti Smith.<br />
Weg vom Aufgeblähten, zurück<br />
zur Bodenhaftung – so lautete<br />
damals das Credo von Smiths<br />
Zeitgenossen wie den Modern<br />
Lovers und S<strong>to</strong>oges. Und sie erinnerten<br />
sich dabei an eine Zeit, die<br />
gerade mal ein halbes Jahrzehnt<br />
auf dem Buckel hatte und auf die<br />
Flaute reagierte, die zu Beginn der Sixties ies die USA<br />
beschäftigte: Die Hoch-Zeit des Rock'n'Roll war<br />
passé, Surf nach erheblichem Wellengang wieder<br />
abgesoffen, der Twist und weitere 1000 Dances<br />
mit verrenkten Hüften zur Ruhe gekommen. Ruhe,<br />
Ideendiät. Und plötzlich gab es aus Richtung Alter<br />
Welt massiv was auf die Ohren: Beat & Co.<br />
fegten über den Kontinent. Die „British Invasion"<br />
von den Applejacks bis Zephyrs hatte den auch<br />
musikalisch selbst ernannten Weltenwächter quasi<br />
über Nacht handstreichartig überrollt. Superverkäufe,<br />
Chartbelagerung, Livespektakel<br />
überall von Seattle<br />
bis Miami, zwischen San<br />
Francisco und Bos<strong>to</strong>n – dennoch<br />
dumm gelaufen: keine<br />
Eigengewächse, Rambazamba<br />
von Zugereisten.<br />
Im Land der plötzlich stark<br />
begrenzten Möglichkeiten<br />
musste was passieren. Und<br />
Jimmy, Jack und Johnny<br />
nahmen die Sache – besser: Instrumente te – selbst<br />
in die Hand. Halbstarke schoben Vatis Chevy aus<br />
der Garage, Billigver-<br />
igve<br />
stärker wurden aufgebaut<br />
und Krachmacher eingestöpselt.<br />
Und Putz gab<br />
es auch, weil die geschmuggel-<br />
te<br />
Butter ter aus der Frisur gewrungen wurde: Wo<br />
eben noch der per Axt gezogene Seitenscheitel<br />
dominierte, prägten jetzt<br />
cooler Mop-Kopp und<br />
erste Langzotteln die Erscheinung<br />
oberhalb des<br />
Halses. Was äußerlich<br />
an die vier Liverpooler<br />
erinnerte, hatte zugleich<br />
ein inneres Pendant aus<br />
London – nicht weni-<br />
ge<br />
Sänger eiferten<br />
en<br />
schnarrend dem UK-<br />
Typ mit den Wulstlippen<br />
nach.<br />
Die etablierten Plattenkonzerne<br />
taten<br />
sich – wen wundert's<br />
– zumindest anfangs<br />
schwer: Solche Rowdies nach den geölten Schwiegermutter-Schnullis<br />
der Fünfziger? Niemals!<br />
Capi<strong>to</strong>l zum Beispiel gab in einem Anfall wirtschaftlicher<br />
Schlich<strong>the</strong>it desinteressiert sämtliche<br />
Beatles-Rechte weiter, an Welt-Labels wie Swan,<br />
Tollie und Vee-Jay. Wohnzimmerfirmen schossen<br />
landesweit aus dem Boden, die sackweise nach<br />
nur einer Handvoll Veröffentlichungen scheiterten;<br />
andere kämpften sich durch, immer<br />
öfter landeten sie Achtungserfolge,<br />
ihre Produkte wurden von den klug gewordenen<br />
„Großen" übernommen oder<br />
in deren Vertriebe eingegliedert.<br />
Der Garagen-Rock der Baureihe „1964<br />
plus" war geboren, später auch als<br />
„Frühpunk" schubladisiert. Nordamerikaner<br />
kopierten das, was da aus Europa<br />
angelandet war; sie würzten es in Teilen<br />
noch<br />
eine<br />
Spur<br />
schärfer, reicherten<br />
Abgekupfertes mit<br />
eigenen guten Ideen<br />
an, schufen damit – in<br />
einem Meer von Untergegangenem<br />
– auch<br />
kleine Meilensteine.<br />
Und massig Müll gab<br />
es dabei ebenso, kein<br />
Deut anders als in Britannien.<br />
Seite 98 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Zur Hoch-Zeit dieser Aufbruchstimmung<br />
hatte sich niemand die<br />
Mühe gemacht, all das mal zu<br />
bündeln, um den Fokus gezielt<br />
darauf zu lenken. Drei mögliche<br />
Gründe: 1) es fehlte der Glaube an<br />
Langzeitwirkung; 2) zu verstreut<br />
lagen die Rechte; 3) Verdacht<br />
auf Eintagsfliegen, mangelnde<br />
Popularität der Interpreten. Und<br />
so entstanden<br />
zwar „Szenen"<br />
in allen Winkeln<br />
des großen<br />
Kontinents,<br />
doch es wurde<br />
weitestgehend<br />
lokal abgeschottet<br />
gewurstelt.<br />
Arrivierte Firmen<br />
wie Reprise,<br />
Epic, Columbia,<br />
Warner Bros.,<br />
A&M und Mercury landeten en versprengte reng<br />
Hits (meist<br />
auf zwei- und dreistelligen Positionen), andere<br />
Einzeltreffer hingegen kamen u.a. von Marken wie<br />
Soma, NGC, Double Shot, Mira, deren Namen bis<br />
dahin bestenfalls Eingeweihte vernommen hatten.<br />
Die <strong>Jahre</strong> 1965 bis 1968 bescherten dem Trend<br />
mit (vielleicht zu) vielen losen Enden seine beste<br />
Zeit – mit kaum noch zählbaren Singles als ideales<br />
Format für die Dreiminüter (Hunderte kurzlebiger<br />
Bands haben es nie bis zu einer LP geschafft). Dann<br />
rutschte die Sache fließend in neue Strömungen:<br />
Westcoast-Sound, Hippie-Rock, Bluesverwandtes,<br />
Progressive Rock – Haare, Songs und die Gesichter<br />
vieler Gescheiterter wurden länger. Bald erinnerte<br />
sich kaum noch jemand – Fans ausgenommen –<br />
an dieses Mittsechziger-Phänomen, das zumindest<br />
Teilen der US-Plattenindustrie als<br />
Notbeatmung gedient hatte. Und<br />
dann kam Lenny Kaye.<br />
Bands & Songs<br />
eins oben drauf: NUGGETS GETS<br />
–<br />
ORIGINAL ARTYFACTS FROM<br />
THE FIRST PSYCHEDELIC ERA<br />
1965–1968, die ganz große Ladung,<br />
Aufs<strong>to</strong>ckung der Doppel-<br />
LP per 4-CD-Box auf 118 Tracks!<br />
Jetzt hatten auch Crews wie<br />
<strong>Music</strong> Machine, The Litter, die<br />
Sonics, Monks, Charlatans, Beau<br />
Brummels, Kingsmen, Brogues<br />
ihren Platz sicher – das Spektrum<br />
war massiv erweitert.<br />
Vertragliche Probleme – bzw.<br />
Engstirnigkeit und/oder Missgunst<br />
der Rechtehalter – verhinderten<br />
z.B. den Einbau von<br />
Mit Jac Holzman (*1931), Gründer<br />
des Elektra-Labels und u.a. Doors-<br />
Entdecker, bastelte Kaye 1971 an der<br />
Idee für eine Compilation: Sie sollte<br />
erstmals flächendeckend „Goldstücke"<br />
aus der Zeit von 1964 bis<br />
1968 bündeln. Die NUGGETS waren geboren! Das "Persecution Smith"<br />
Original-Doppelalbum von 1972 enthielt 27 Songs<br />
von 27 Bands, um die sich niemand mehr gekümmert<br />
(Bob Seger System).<br />
Ein kapitales, unent-<br />
hatte. Kaye goss zunächst ein Hit-Fundament, schuldbares (Song-)<br />
u.a. mit "I Had Too Much To Dream (Last Night)" Manko jedoch ist den<br />
von den Electric Prunes, "Dirty Wa-<br />
Machern<br />
selbst<br />
ter" (Standells), "Pushin' Too<br />
Hard"<br />
(Seeds), "Psychotic Reaction" (Count<br />
Five), "Lies" (Knickerbockers), ers)<br />
"You're<br />
Gonna Miss Me" (13th Floor or<br />
Eleva<strong>to</strong>rs).<br />
Weitere – seitdem<br />
– populäre Namen:<br />
Shadows Of Knight,<br />
anzulasten:<br />
Obwohl<br />
damals von<br />
jeder zweiten<br />
Band gespielt<br />
und auf Dutzenden<br />
Castaways, Leaves,<br />
ve<br />
d<br />
Amboy Dukes, Nazz,<br />
Chocolate Watch Band.<br />
fe<br />
ch<br />
Eher unbekannt, dennoch<br />
mehr als nur Füllspachtel<br />
waren die Magicians,<br />
ians<br />
NUGGETS – ORIGINAL ARTYFACTS FROM<br />
THE FIRST PSYCHEDELIC ERA 1965–1968<br />
Third<br />
Rail,<br />
Michael & The<br />
Messengers<br />
und andere.<br />
Volle 26 <strong>Jahre</strong><br />
später. 1998<br />
setzte<br />
das<br />
Rhino-Label<br />
Garagen-Klassi-<br />
assi<br />
sikern,<br />
allen voran<br />
"96 Tears" (? &<br />
The<br />
Mysterians),<br />
"99th Floor" (Moving<br />
Sidewalks/<br />
pre-ZZ Top) und<br />
verschiedener Singles verfügbar,<br />
fehlt auf der Originalveröffentlichung<br />
und sogar in der Monster-<br />
Box die Garagen-<br />
Hymne schlechthin:<br />
"Gloria".<br />
Namen & Nachfolger<br />
Hundertschaften einst mitwirkender Musiker sind<br />
längst vergessen, andere hinterließen per NUGGETS<br />
frühe Fußspuren: John Fogerty (mit den Golliwogs),<br />
Leslie West (Vagrants), Al Kooper (Blues Project),<br />
Ted Nugent (Amboy Dukes), Todd Rundgren (Nazz),<br />
Bugs Henderson (Mouse & The Traps), Warren Zevon<br />
(Lyme & Cybelle). Damals fast vergessen, verbuchten<br />
ihre Songs und Sounds viel später Vorbildcharakter.<br />
Zunächst für die UK-Punks<br />
und New Waver ab 1976.<br />
Und in den 80er/90er <strong>Jahre</strong>n<br />
nahmen – um nur ganz wenige<br />
zu nennen – Bands wie<br />
u.a. die Chesterfield Kings,<br />
Cramps, Fuzz<strong>to</strong>nes, Lyres,<br />
aber auch Unclaimed, Green<br />
On Red, Dream Syndicate,<br />
Naked Prey, Gun Club, Giant<br />
Sand & Co. die gelegte Fähr-<br />
te wieder auf. Auch noch frischeren<br />
Formationen wie etwa den White Stripes,<br />
Black Keys, Strokes und dem Black Rebel Mo<strong>to</strong>rcycle<br />
Club darf man eine nicht unwesentliche Affinität<br />
zum Garagen-Rock der Vergangenheit attestieren.<br />
Und das NUGGETS-Projekt selbst war ebenfalls<br />
eine Initialzündung. Bis heute fand es eine Flut von<br />
Nachfolgern/Nachahmern, legale wie illegale. Vinylund<br />
CD-Reihen stürzen sich seitdem immer wieder<br />
auf zum Teil obskurste Songs von noch obskureren<br />
Sixties-Gruppen: „Pebbles", „Boulders", „Rubble",<br />
„Mindrocker", „Ripples", „Perfumed<br />
Garden" usw. erschienen<br />
– oft auf windigen Labels, x-fach<br />
durchgemischt, zu Mehrfach-CDs<br />
und sogar Boxen verarbeitet.<br />
Die NUGGETS kopierten sich<br />
auch selbst: NUGGETS II – ORI-<br />
GINAL ARTYFACTS FROM THE<br />
BRITISH EMPIRE AND BEYOND,<br />
1964–1969 (Rhino, 2001; 109<br />
Titel) richtete den Fokus auf die<br />
Alte Welt. Was<br />
dabei für das UK weitgehend passte,<br />
muss niemand für andere Terri<strong>to</strong>rien als gelungen<br />
betrachten: Mangelnde Kenntnis – und offenbar die<br />
fehlende Bereitschaft, sich intensiv zu informieren<br />
– führte hier zu indiskutablen Versäumnissen und<br />
Auslassungen (Deutschland, Österreich, Schweiz,<br />
Niederlande, Frankreich, Skandinavien, Übersee).<br />
Zum Jubiläum gibt es jetzt noch einmal das<br />
intensive NUGGETS-Original (Einzel-CD und<br />
Doppel-LP) als geballte Ladung – mit 27<br />
Tracks von 27 Kultbands wie den Seeds, Electric<br />
Prunes, Amboy Dukes (Killerversion von<br />
"Baby, Please Don't Go"), Standells, Leaves,<br />
Count Five und allen anderen Wegbereitern.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 99
The Who – My Generation<br />
das legendäre Debut Album erstmalig auf<br />
Original Mono CD.<br />
MUSIC AT<br />
The Who – Live At Hull<br />
Das Live Konzert in Hull aus dem Jahr 1970 –<br />
als 2CD Deluxe Edition im Digipack neu<br />
aufgelegt.<br />
The Kinks – Live At The BBC<br />
Auf einer repräsentativen Doppel CD und als Boxset<br />
mit 5 CDs und einer DVD präsentiert „The Kinks At<br />
The BBC“ die brillante Beat-Band aus der Radio-<br />
Perspektive.<br />
Ladies & Gentlemen...<br />
Mr B.B. King –<br />
50th Anniversary<br />
Ein einzigartiger Rückblick auf 50 <strong>Jahre</strong><br />
B.B. King bei den ABC Paramount Records –<br />
10 CDs, 72 Seiten Hardcover Buch mit rarem<br />
Bildmaterial und persönlichen Essays von Ashley Kahn<br />
und Dick Shurman und unveröffentlichten Songs.<br />
10cc – Tenology - <strong>40</strong>th Anniversary<br />
Ein umfassendes Boxset mit 4CD und 1 DVD, aufgeteilt in Singles, ausgewählte<br />
Album-Tracks und B-Seiten / Raritäten und diverse Auftritte der Band.<br />
The Pogues – Live At Olympia<br />
30th Anniversary Edition<br />
Das Konzert Live At Olympia in Paris als Doppel CD,<br />
DVD, Blu-ray und im Boxset als 2CD/2DVD Edition.
ITS BEST!<br />
The Beach Boys<br />
50 <strong>Jahre</strong> – Live In Concert<br />
Die aktuelle LIVE DVD, inklusive aller Hits wie z.B.<br />
„Good Vibrations“, „Wouldn’t It Be Nice” und “California Girls”.<br />
Plus zusätzliches Interview-Material, sowie bisher ungesehener<br />
Aufnahmen der 1966er „Good Vibrations“ und 2012er „That‘s Why<br />
God Made <strong>the</strong> Radio“ Recording Session! Erhältlich als 2 DVD und Blu-ray.<br />
The Jam – A Gift...<br />
30th Anniversary Box<br />
Das Boxset mit 3 CDs plus Compilation DVD enthält unter anderem<br />
das bisher unveröffentlichte Konzert von 1982 ”Live at Wembley”<br />
und 14 unveröffentlichte Tracks. Auch als 2CD Deluxe Edition.<br />
Merl Saunders/Jerry Garcia –<br />
The Complete 1973<br />
Fantasy Recordings Boxset<br />
Als Highlight die legendäre Zusammenarbeit<br />
von Merl Saunders & Jerry Garcia.<br />
Inklusive 7 bisher unveröffentlichter Songs.<br />
Queen – Hungarian Rhapsody<br />
Live In Budapest<br />
In HD-Qualität mit 5.1-Surround Sound!<br />
Als limitierte 2CD/DVD und 2CD/Blu-ray Edition mit zusätzlichem<br />
Bonusmaterial.<br />
www.universal-music.de
Fo<strong>to</strong>: © Privatarchiv<br />
EDGAR BROUGHTON (BAND)<br />
Der Chef rockt weiter<br />
Zu den wildesten und musikalisch eigenwilligsten Acts der späten 60er und frühen 70er <strong>Jahre</strong> gehörte<br />
die Edgar Brough<strong>to</strong>n Band. Der Namensgeber (voc, g) und sein trommelnder Bruder Steve<br />
hatten sie 1966 als Bluescombo gegründet. Wenig später verschrieb sie sich dem Polit-Rock und<br />
entwickelte ihren bis heute legendären Schlachtruf „Out, demons, out!". "Hotel Room" war einer der<br />
populärsten Titel der Brough<strong>to</strong>n Band, die bis in die 90er <strong>Jahre</strong> unregelmäßig <strong>to</strong>urte, zwischen<br />
2006 und 2010 nochmals intensiver unterwegs war, ehe ihr Boss sie endgültig auflöste. Heute ist<br />
Edgar Brough<strong>to</strong>n, der am 29. Ok<strong>to</strong>ber seinen 65. Geburtstag feierte, solo unterwegs<br />
– und freut sich über die erstmalige Veröffentlichung der CD LIVE<br />
IN HAMBURG – THE FABRIK CONCERT 1973 durch den norddeutschen Reissue-<br />
Spezialisten Sireena Records.<br />
Edgar, du bist immer noch aktiv und unterwegs?<br />
Ja, ich betreibe ein spezielles Ding, das sich „A fair<br />
day's pay for a fair day's work” nennt. Das ist ein alter<br />
Gewerkschafts-Slogan aus meiner Kindheit. Ich spiele<br />
außer öffentlichen Konzerten private Gigs, bei denen<br />
mich die Auftraggeber nach ihren Möglichkeiten bezahlen<br />
– meine niedrigste Gage waren 50 Pfund, die<br />
höchste 1500. Und es macht mir viel Spaß! In Deutschland<br />
war ich noch nicht, aber ich spiele viel im UK und<br />
in Norwegen. Das ist außerdem eine großartige Gelegenheit,<br />
für mein neues Projekt zu proben – meine<br />
neue Band, die ich 2013 an den Start bringen will.<br />
Bei diesen Gigs stehst du mit der Akustikgitarre<br />
allein auf der Bühne. Was spielst du?<br />
Ein paar alte Songs aus meiner His<strong>to</strong>rie, aber nicht<br />
viele – in einem 90-minütigen Programm sind es<br />
höchstens fünf. Diese Konzerte sind vor allem ein<br />
Labor für meine neuen Lieder, die ich da vor Publikum<br />
schon mal testen kann. Ich bin völlig frei, kann<br />
Songs kombinieren, halbfertige Nummern ausprobieren<br />
und weiterentwickeln, mittendrin aufhören,<br />
wenn etwas nicht so klappt wie geplant – mit einer<br />
Band wäre das niemals möglich. Irgendwie bin ich<br />
damit auch zu meinen Wurzeln zurückgekehrt: Es ist<br />
so, wie ich einst angefangen habe, als ich Blues und<br />
Folk spielte und dann die Edgar Brough<strong>to</strong>n Band<br />
gründete. Die begann ähnlich: Wir spielten vier <strong>Jahre</strong><br />
lang, entwickelten unsere Songs auf der Bühne,<br />
ehe wir zum ersten Mal ins Studio gingen. Das geht<br />
aber nur bis zur ersten Platte, danach nie wieder,<br />
weil man dann dafür gar<br />
nicht mehr die Zeit hatte.<br />
In welche Richtung wird<br />
die neue Band gehen?<br />
Ich arbeite mit alten Freunden<br />
aus den Midlands zusammen, wo ich einst herkam.<br />
Wir proben bereits – aber wir legen erst los, wenn<br />
gewährleistet ist, dass es wirklich etwas Besonderes<br />
wird, auch was die Texte und die Musik angeht. Denn<br />
Lange Mähne, wilder Bart ...<br />
während<br />
dieser Sologigs<br />
habe<br />
ich wieder<br />
mal festgestellt,<br />
wie<br />
wichtig<br />
die<br />
Lyrics sind! Wir sind<br />
ja alles ältere Herren<br />
und müssen erst<br />
klären, ob wir noch<br />
was zu sagen haben.<br />
Wenn es nichts wirklich<br />
Spezielles wird, lassen wir die Finger davon – aber<br />
... Edgar Brough<strong>to</strong>n in den 70ern<br />
wenn es klappt, wird es bis Ende 2013 dauern, bis wir<br />
richtig starten.<br />
Ist außer dir keiner aus der alten Band dabei?<br />
Nein, niemand.<br />
Hast du bei den aktuellen Konzerten Tonträger<br />
Fo<strong>to</strong>s: © Wilfried Zinzow<br />
Von Philipp Roser<br />
dabei, die du verkaufst?<br />
Ja, ein Album mit dem Titel BY MYSELF; das ist eine<br />
Kollektion von Songs, die ich in den letzten zwei <strong>Jahre</strong>n<br />
mitgeschnitten habe.<br />
Hier ist gerade LIVE IN HAMBURG erschienen –<br />
kamen da viele Erinnerungen hoch?<br />
Als ich das zum ersten Mal hörte, konnte ich mich<br />
kaum an den Auftritt erinnern. Natürlich konnte ich<br />
mich an die Fabrik entsinnen, dort haben wir oft<br />
gespielt. Und es war jedesmal interessant und aufregend.<br />
Je öfter ich mir die Aufnahmen anhörte, des<strong>to</strong><br />
mehr Erinnerungen kamen zurück. Wir traten damals<br />
oft und wirklich gern in Deutschland auf. Und es<br />
kommen bei meinen Gigs oft Leute zu mir, die was<br />
erzählen und fragen, „Kannst du dich noch daran und<br />
daran erinnern?"<br />
Wie war das, als Sireena Records dich wegen der<br />
Aufnahmen kontaktierten?<br />
Ehrlich? Anfangs interessierte es mich nicht besonders.<br />
Aber dann dachte ich mir, wenn Leute das noch<br />
hören und die es machen wollen, sollte ich mich aufgeschlossen<br />
zeigen. Und je intensiver ich mich damit<br />
befasste, des<strong>to</strong> positiver sah ich es. Schließlich gibt es<br />
aus jener Ära nicht viel Brough<strong>to</strong>n-Material, vor allem<br />
auch kaum Livemitschnitte.<br />
Hast du noch alte unveröffentlichte Sachen?<br />
Möglicherweise, kann sein – ein paar Demos, unfertige<br />
Aufnahmen, aber sicher kein Livematerial. Vor ein<br />
paar <strong>Jahre</strong>n haben wir ja THE ONES THAT NEARLY<br />
GOT AWAY zusammengestellt, eine Demokollektion.<br />
Unser altes Label EMI brachte außerdem die im<br />
Dezember 1969 in den Abbey Road Studios entstandenen<br />
Live-Aufnahmen raus, die wir schon längst vergessen<br />
hatten.<br />
Du warst bis 2010 mit der Edgar Brough<strong>to</strong>n Band<br />
unterwegs – warum habt ihr euch getrennt?<br />
Ein wichtiges Bandmitglied, das für die damalige<br />
Konstellation praktisch unersetzbar war, wollte aussteigen.<br />
Als ich das meinem Bruder Steve erzählte,<br />
meinte der lakonisch: Dann müssen wir eben jemand<br />
anderen holen. Das konnte ich nicht nachvollziehen.<br />
Als mein Sohn von dieser Reaktion erfuhr, stieg er<br />
ebenfalls aus. Mein Versuch, alle noch mal an einen<br />
Tisch zu kriegen, scheiterte. Ich habe letztlich resigniert,<br />
und wir lösten uns auf.<br />
Seite 102 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
KRAVETZ & FRIENDS<br />
Pascal Kravetz Carl Carl<strong>to</strong>n Peter Maffay Fools Garden Caro Josée Camille Taver Julien
Wie Elektronik die Musik veränderte<br />
Von Michael Fuchs-Gamböck<br />
Chicago 1980, eine alte, versiffte Lagerhalle namens<br />
Warehouse. Hier lebte zu jener Zeit noch<br />
der Disco-Sound des vorangegangenen Jahrzehnts<br />
weiter, den die zuckende Öffentlichkeit in den<br />
meisten Clubs auf diesem Planeten längst abgeschrieben<br />
hatte. An Frankie Knuckles<br />
den Wochenenden<br />
allerdings bediente<br />
hier ein außergewöhnlicher<br />
DJ die<br />
Regler und sorgte<br />
regelmäßig für ein<br />
volles Haus, das bis<br />
ins Morgengrauen<br />
vor ekstatischen<br />
Tänzern wackelte:<br />
Frankie<br />
Knuckles.<br />
Der stets<br />
freundliche<br />
Schwarze<br />
(Jahrgang<br />
1955) aus<br />
New York,<br />
den es<br />
Mitte der 1970er nach Chicago verschlagen hatte,<br />
war ein begnadeter DJ mit feinem Gehör und<br />
ein prima Live-Entertainer. Schon bald wurde ehrfürchtig<br />
von seiner Arbeit als „<strong>the</strong> sound that plays<br />
down <strong>the</strong> house” gesprochen. So entstand der Terminus<br />
„House”, der bald weltweit die Clubs und<br />
DJ-Ohren durchrüttelte. House wurde der legitime<br />
Nachfolger von Disco, dessen elektronische Variante.<br />
Gern wurde House zusätzlich mit Funk, Gospel<br />
und Soul vermengt. Hauptsache, es kam optimistisch<br />
rüber!<br />
Doch auch andere<br />
Musikstile der<br />
Vergangenheit speisten<br />
sich zu Beginn der<br />
Achtziger mit elektronischen<br />
Klängen:<br />
So nahm Rap-Urvater<br />
Afrika Bambaataa<br />
1982 den legendären<br />
Song "Planet Rock”<br />
auf. Dieser Titel war<br />
der glänzende Ritter des<br />
Elektro: Afrika Bambaataa<br />
eine explosive Mixtur aus<br />
Funkbeats einer Drum-Machine,<br />
gespickt mit würzigen<br />
HipHop-Gesangslinien und<br />
– beim ersten Hören paradox<br />
– kühlen<br />
Syn<strong>the</strong>sizerklängen<br />
aus Düsseldorf,<br />
Afrika Bambaataa<br />
nämlich Samples von Kraftwerks<br />
"Trans Europa Express”.<br />
In David Toops’ HipHop-Bibel<br />
„Rap Attack” äußerte sich der<br />
New Yorker Rapper über diesen<br />
zunächst irritierenden musikalischen<br />
Einfluss: „Ich glaube<br />
nicht, dass Kraftwerk wussten,<br />
wie wichtig sie 1977 für uns<br />
Schwarze waren. Aber bei Gott, sie waren es! Sie<br />
werden es immer sein!”<br />
Dieser eine Song löste die Ur-Electro-Welle aus.<br />
Ebenso wie Afrika Bambaataa vermengten auch<br />
Musiker wie Grandmaster Flash & The Furious Five,<br />
Run-DMC und Arthur Baker HipHop,<br />
Rock kühle elektronische Klänge und<br />
noch mehr Beat-Lastiges zu einer scharfen<br />
Sound-Sauce – und nannten das<br />
Resultat „Electro”. Dieses Genre wurde<br />
ebenfalls konsequent in verschiedenste<br />
musikalische Richtungen weiterentwickelt<br />
und ist heute – auch kommerziell<br />
– eines der wichtigsten Standbeine der<br />
Musikbranche. Folgerichtig wurden 1986<br />
HipHop und House vermischt – Bezeichnung:<br />
Hip House. Im Folgejahr begann<br />
sich diese Musikrichtung weltweit in<br />
Szeneläden durchzusetzen.<br />
Seite 104 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Am Ende der 1980er avancierte die<br />
elektronische Musik unter dem Etikett<br />
„Techno” zur Jugendleitkultur. Vor<br />
allem in der Tanzmusik wurden computergenerierte<br />
oder -verarbeitete Sounds von Produzierenden,<br />
DJs und Tanzenden bevorzugt. Was durch<br />
Avantgardekreise in den Siebzigern und Achtzigern<br />
begonnen worden war – von Pionieren wie Kraftwerk,<br />
Suicide, Giorgio Moroder, Cabaret Voltaire und Heaven<br />
17 –, wurde nun auch kommerziell ausgeschöpft.<br />
Mit Techno hatten Trend-Spürhunde endlich<br />
ein Phänomen geortet, das alle Bedingungen<br />
einer ernstzunehmenden Jugendkultur aufwies:<br />
Techno war kreativ, innovativ und avantgardistisch,<br />
aber nicht völlig unzugänglich. Er war schon bald<br />
nach seinem ersten Auftauchen keine Untergrundbewegung<br />
mehr, selbst wenn manche der Pioniere<br />
sich rasch nach diesen Zeiten zurücksehnten.<br />
Die Techno-Raver bildeten in den späten<br />
1980ern und in den kompletten 1990ern zwar<br />
keineswegs die einzige Jugendszene, aber der allgemeinen<br />
Einschätzung nach die größte und bedeutendste.<br />
Die Konsolidierung von Techno als<br />
führende Jugendbewegung und die Entwicklung<br />
zum Massenphänomen (ohne Berührungsängste<br />
selbst in der bürgerlichen Presse) belegte anschaulich<br />
ein Beitrag in der „Süddeutschen Zeitung”. Sie<br />
Grandmaster Flash &<br />
The Furious Five Run-DMC Arthur Baker<br />
titelte im Frühjahr 1995: „Techno – eine Spaßbewegung<br />
wird zum festen Bestandteil des verpönten<br />
Mainstreams.” Die Macht der wummernden Beats<br />
hatte mitten in der Gesellschaft eingeschlagen!<br />
Techno als Pop-musikalisches Phänomen ging<br />
einen völlig anderen Weg im Umgang mit<br />
elektronischen Klängen als seine nahezu „akademischen”<br />
Vorgänger des Kalibers eines Karlheinz<br />
S<strong>to</strong>ckhausen oder auch Kraftwerk. Identisch war<br />
jedoch der kreative Anspruch aller „Elektroniker”:<br />
zu erkennen, welche Vielfalt syn<strong>the</strong>tischer Soundmöglichkeiten<br />
das elektronische Instrumentarium<br />
bot – gemessen an herkömmlicher, „handgemachter”<br />
Pop- und Rockmusik. Das komposi<strong>to</strong>rische<br />
Element war in der Elektronik-Szene weitaus weniger<br />
entscheidend als vielmehr das Ausloten von<br />
Klangvariationen, eine fast uneingeschränkte Experimentierlust<br />
und natürlich als Fundament ein<br />
unschlagbarer Groove.
Piet Blank und René Runge, Jahrgang 1971 bzw.<br />
1968, sind seit den Achtzigern der Techno-Bewegung<br />
verfallen, obwohl sie auch satte Led-Zeppelin-<br />
und Deep-Purple-Riffs zu schätzen wissen.<br />
„Doch die elektronischen Klänge sind unsere wahre<br />
musikalische Heimat”, schwärmt Blank. Die Kölner<br />
Kumpel kennen sich seit den Schultagen und<br />
sammelten schon als Teenager erste Erfahrungen<br />
als DJ’s. Sie taten sich in den 1990ern zum Duo<br />
Blank And Jones zusammen und veröffentlichen<br />
Um die Zukunft der elektronischen Musik ist es<br />
Blank And Jones definitiv nicht bange. Runge:<br />
"Die Entwicklung in diesem Bereich geht rasend<br />
schnell voran. So schnell, dass selbst wir Profis<br />
dabei nicht immer völlig durchblicken. Die ganze<br />
Geschichte bleibt spannend. Da ist kein Ende in<br />
Sicht!” Oder, um es mit Kraftwerk auf den Punkt<br />
zu bringen: "Es wird immer weitergeh’n/Musik als<br />
Träger von Ideen”.<br />
Zeus B. Held im Tasteneinsatz für Birth Control 1973 und vor dem privaten Tastenreich.<br />
Techno ist keine Kultur aus zweiter Hand!":<br />
"<br />
Blank und Jones<br />
seitdem in regelmäßigen Abständen auch über<br />
Deutschlands Grenzen hinaus höchst erfolgreiche<br />
Alben, die musikalisch in den unterschiedlichsten<br />
Formen der Techno-Kultur angesiedelt sind: Dance,<br />
House, Ambient, Rough Techno und einiges mehr.<br />
Woher kommt diese Begeisterung für elektronische<br />
Klänge? „Das ist eine Frage unseres Alters”, erklärt<br />
René „Jones” Runge. „Mit Beginn der 80er<br />
tauchten elektronische Klänge erstmals geballt<br />
unter kommerziellem Aspekt auf. Das alles war<br />
neu, frisch und zukunftsorientiert. So etwas hat<br />
uns Jungspunde natürlich begeistert!” Piet Blank<br />
ergänzt: „Das musikalische Feindbild in jener Zeit<br />
waren Gitarren, der Rock'n'Roll. Techno hingegen<br />
war rudimentärer Punk mit elektronischen Mitteln.<br />
Super spannend!”<br />
Und wie begegnet man dem Vorwurf, die DJoder<br />
Techno-Kultur sei eine „Kultur aus zweiter<br />
Hand”? „Das ist völliger Unsinn”, ereifern sich<br />
beide: „Es ist ja nicht so, dass wir beliebig auf<br />
Knöpfe drücken und dann ein neues Lied haben,<br />
wie Rock-Puristen glauben. Um am Computer kreativ<br />
zu komponieren, braucht man genauso viele<br />
Ideen und genauso viel Wissen wie ein Rock'n'-<br />
Roller. Nur haben wir den Vorteil, dass unsere Ausrüstung<br />
wesentlich mehr Möglichkeiten bietet als<br />
die sechs Saiten einer Gitarre.” Piet Blank: „Mag<br />
sein, dass ein Computer keine Seele besitzt. Aber<br />
ich habe schließlich eine! Und die verleibe ich meinen<br />
Gerätschaften ein.”<br />
Fo<strong>to</strong>: © Soundcolours GmbH, Björn Kommerell<br />
Der Freiburger Zeus B(ernd) Held war zwischen<br />
1973 und 1978 Keyboarder bei Birth Control,<br />
schon lange ist er weltweit tätiger Produzent.<br />
Die große Liebe des 62-Jährigen<br />
gehört elektronischen<br />
Instrumenten, speziell dem<br />
Vocoder, der Stimmen elektronisch<br />
verfremdet. Eindrucksvoll<br />
nachzuhören auf der<br />
unlängst erschienenen Kopplung<br />
VOICE VERSA mit eigenen n Stücken. Held ist<br />
eine der nationalen Koryphäen, was die His<strong>to</strong>rie<br />
der elektronischen Musik betrifft.<br />
Wie hat der Einsatz von Elektronik die Rockund<br />
Popmusik verändert?<br />
Die Hörgewohnheiten wurden durch diese neuen<br />
Musik- und Klangmöglichkeiten<br />
gewaltig erweitert.<br />
Zu jedem neu entwickelten<br />
Instrument gab es meistens<br />
eine bahnbrechende Platte,<br />
z.B. das Mellotron wurde<br />
von den Moody Blues sowie<br />
nachhaltig auf der ersten<br />
LP von King Crimson vorgestellt,<br />
die analogen Sequencer<br />
im Rock mit WHO’S<br />
NEXT, der Vocoder durch<br />
Herbie Hancock. Natürlich<br />
gab es auch immer eine<br />
Welle von Musikern, Produzenten<br />
und Interpreten, die<br />
für einen jeweiligen neuen<br />
Sound standen: Walter Carlos, Tomita, Giorgio<br />
Moroder, Kraftwerk, etc. – und auch Peter Framp<strong>to</strong>n<br />
für die Voice Box.<br />
Was fällt dir zu den ersten Einsätzen von<br />
Elektronik in der Rockmusik ein?<br />
Für mich war es ganz besonders der Einsatz des<br />
Syn<strong>the</strong>sizers bei Emerson, Lake & Palmer, Wea<strong>the</strong>r<br />
Report, Roxy <strong>Music</strong>s Single "Virginia Plain”,<br />
Spooky Tooths CEREMONY mit dem Elektronik-<br />
Avantgardisten Pierre Henry und WHO’S NEXT.<br />
Sie brachten meine Welt der Musik und Klänge<br />
in Aufruhr.<br />
Wie bewertest du die Entwicklung elektronischer<br />
Rock- und Popmusik seit den späten<br />
Siebzigern?<br />
Da hat sich eine wunderbare Dynamik entwickelt<br />
– zwischen den technischen Neuheiten und deren<br />
Umsetzung in kreative Musikspielereien. Elektronik<br />
bedeutet eben nicht nur Syn<strong>the</strong>se, Elektrik oder<br />
Klangbearbeitung, sondern auch Klangkommunikation.<br />
Was hältst du von Techno?<br />
Die Entwicklung war vorhersehbar als Weiterentwicklung<br />
des Disco-Genres: elektronische Musik<br />
zum Tanzen und allein für den Körper gedacht,<br />
abgefeiert in den Tempeln der Frequenzen. All das<br />
zwar in überdimensionaler Lautstärke, aber durchaus<br />
von hoher Qualität.<br />
Wie siehst du die Zukunft elektronischer<br />
Musik, speziell im Rock und Pop?<br />
Der Begriff „Elektronische Musik” ist aktuell etwas<br />
aufgeweicht und bedarf eigentlich einer neuen Definition.<br />
Dass sich fast jeder Lap<strong>to</strong>p-unterstützte Live-<br />
Act als Elektroband ausgibt, enttäuscht mich. Elektronische<br />
Musik sollte nach meiner Philosophie immer<br />
mit Experiment und inspiriertem Anspruch verbunden<br />
sein. Der alleinige Einsatz von Software zur Erzeugung<br />
elektronischer Musik hat das Genre verwässert.<br />
Also: her mit der analogen Elektronik im Rock und<br />
Pop, denn sie erst machen diese Musik innovativ!<br />
Fo<strong>to</strong>: © Marc Doradzillo<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 105
Steve Hackett<br />
Genesis und kein Ende<br />
Es ist mal wieder Genesis-Zeit: Steve Hackett, der bei den Pionieren<br />
des Progressive Rock zwischen 1971 und 1977 die Gitarre<br />
grandios bearbeitete, lässt dieser Teil seiner musikalischen<br />
Vergangenheit nicht los. Er hat Dutzende von Solo-Alben aufgenommen,<br />
wirkte bei der Prog-Supergroup GTR mit und rief mit<br />
Chris Squire (Yes) das Duo Squackett ins Leben, aber: Genesis, "<br />
das war meine Berufung", erklärt der 62-jährige Brite.<br />
Von Michael Fuchs-Gamböck<br />
Und weil das so ist, hat der Londoner nach 1996 jetzt mit GE-<br />
NESIS REVISITED II erneut bekanntere und unbekanntere<br />
Genesis-Stücke (plus einige Eigenkompositionen) neu aufgenommen;<br />
dieses Mal allerdings in Neuinterpretationen von geradezu<br />
wagnerianischem Ausmaß: Drei Dutzend musikalische<br />
Helfer assistierten Hackett, um den Prog-Perlen neuen Glanz<br />
zu verleihen; darunter sind Musiker mit sehr unterschiedlichem<br />
musikalischem Hintergrund, etwa John Wet<strong>to</strong>n (King Crimson,<br />
Asia), Steve Ro<strong>the</strong>ry (Marillion), Neal Morse (Spock’s Beard),<br />
Simon Collins (Phils Sohn) und andere. "<br />
Das alles ist eine Anti-Zeitgeist-Angelegenheit<br />
geworden, wir haben geklotzt statt<br />
gekleckert, ohne dass wir dabei an künstlerischem Niveau eingebüßt<br />
hätten", erklärt Hackett das Konzept hinter GENESIS<br />
REVISITED II.<br />
Fo<strong>to</strong>s: © Tina Korhonen<br />
Was war das Besondere an deinen sechs<br />
Genesis-<strong>Jahre</strong>n?<br />
Die Zeit mit dieser Band<br />
ist bis heute schlicht unvergleichlich!<br />
Es war für<br />
mich ein real gewordenes<br />
Märchen, eine Fleisch<br />
gewordene Vision. Weil<br />
wir einzigartige Musik<br />
gemacht haben, die es<br />
so weder vorher noch<br />
nachher gab. Ich weiß,<br />
das klingt arrogant, und<br />
vermutlich bin ich ein<br />
arroganter Sack: Aber das Arbeiten in einem unbändigen<br />
Kreativkollektiv wie Genesis war für mich<br />
berauschend.<br />
Was unterscheidet die Originalsongs von den<br />
Versionen auf GENESIS REVISITED II?<br />
Wir sind dem Grundgeist der Originalmusik treu geblieben<br />
– doch während der Arbeit entwickelte sie<br />
gleichzeitig eine Eigendynamik. Man erkennt den<br />
Ur-Spirit jedes Songs, doch der wird durchaus neu<br />
interpretiert. Was bei rund drei Dutzend Mitwirkenden<br />
unvermeidlich ist.<br />
Steht die Gitarre im Mittelpunkt deines<br />
neuen Projekts?<br />
Sie ist definitiv im Zentrum des Geschehens – ein<br />
Schelm, wer Böses dabei denkt, schließlich bin ich<br />
Gitarrist (lacht). Ich habe eine kleine späte Rache an<br />
den Originalen geübt, denn zur Zeit ihrer Entstehung<br />
stand mein Instrument nicht im Vordergrund.<br />
Dies habe ich ganz egoistisch ein wenig korrigiert …<br />
Wie kam es zu all den Mitstreitern?<br />
Das sind durchweg Freunde von mir, deren Privatnummern<br />
ich habe. Mit meiner Ehefrau Jo habe<br />
ich sie in tage- und nächtelangen Telefonsessions<br />
angerufen und ihnen das Projekt erklärt. Wir<br />
erhielten keine einzige Absage!<br />
Darauf bin ich sehr<br />
s<strong>to</strong>lz.<br />
Ist so ein Projekt<br />
nicht sehr teuer?<br />
Bis auf ganz wenige Ausnahmen<br />
basiert die Kooperation<br />
auf einem<br />
Tauschgeschäft:<br />
Ich habe<br />
den Mitwirkenden<br />
versprochen, dass<br />
ich bei einem ihrer<br />
nächsten Projekte<br />
helfen werde<br />
(lacht). Wenn sie<br />
mich als Musiker<br />
nicht wollen, wasche<br />
ich eben ihre<br />
Au<strong>to</strong>s oder putze<br />
ihre Häuser. Ich bin<br />
darin ziemlich gut,<br />
frag meine Frau!<br />
Aber im Ernst: Wir<br />
alle sind GENESIS<br />
REVISITED II spontan<br />
angegangen, weil<br />
wir diesen Enthusiasmus<br />
für die Genesis-<br />
Originale besitzen. Natürlich<br />
hoffen wir, dass<br />
wir mit der Neuinterpretation<br />
einiger Nummern auch die<br />
junge Generation begeistern<br />
können.<br />
Im nächsten Jahr soll alles auch live umgesetzt<br />
werden ...<br />
Die Planungen sind noch nicht komplett abgeschlossen,<br />
aber wir werden das durchziehen,<br />
weil wir alle versessen darauf sind. Wir<br />
wollen das komplette Jahr über in vielen<br />
Hallen weltweit auftreten; sechs bis acht<br />
Leute sollen auf der Bühne stehen, jeder<br />
Auftritt wird mindestens zweieinhalb<br />
Stunden dauern. Ich freue mich schon<br />
unbändig darauf!<br />
Glaubst du noch an<br />
Auftritte mit den Genesis-Originalmitgliedern?<br />
Ich war immer offen für<br />
die „Original-Lösung”<br />
und bin es noch immer.<br />
Doch die Chance<br />
auf eine Realisierung<br />
schwindet Jahr für<br />
Jahr. Alle Beteiligten<br />
haben weiterhin<br />
Kontakt, sind<br />
Freunde. Aber speziell<br />
Phil Collins und<br />
Peter Gabriel haben<br />
aus unterschiedlichen<br />
Gründen nicht die<br />
große Motivation, diese<br />
Idee umzusetzen. Phils Gehör<br />
ist angeschlagen, Peter hat<br />
sehr viele andere Projekte. Jetzt<br />
schauen wir erst mal, wie „Genesis<br />
Revisited” läuft. Wer weiß, vielleicht<br />
akzeptiert uns die Menschheit<br />
ja als die legitimen Nachfolger des<br />
Originals! Mich würde es freuen …<br />
Seite 106 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
tOP VINYL UND CD beI<br />
LP<br />
ODER<br />
CD<br />
€14, 99<br />
JE<br />
EUROPE<br />
Bag Of Bones<br />
UNISONIC<br />
Unisonic<br />
STRATOVARIUS<br />
Elysium<br />
LOSTBOY! AKA JIM KERR<br />
Lostboy! aka Jim Kerr<br />
PUSHKING<br />
The World As We Love It<br />
CHICKENFOOT<br />
III<br />
GAMMA RAY<br />
To The Metal<br />
FOREIGNER<br />
Can‘t Slow Down<br />
SKUNK ANANSIE<br />
Paranoid & Sunburnt<br />
BETONTOD<br />
Entschuldigung für Nichts<br />
NOFX<br />
Self Entitled<br />
Knallerpreise<br />
BIS SILVESTER 2012!<br />
AGAINST ME!<br />
Total Clarity<br />
RE-MACHINED<br />
A tribute <strong>to</strong> Deep Purple‘s<br />
Machine Head
SINGLES<br />
VOR 45 JAHREN<br />
16. November 1967<br />
Foundations<br />
Baby Now That I’ve Found You<br />
Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich<br />
Zabadak!<br />
Bee Gees<br />
Massachusetts<br />
Engelbert Humperdinck<br />
The Last Waltz<br />
Troggs<br />
Love Is All Around<br />
Kinks<br />
Autumn Almanac<br />
Long John Baldry<br />
Let The Heartaches Begin<br />
Donovan<br />
There Is A Mountain<br />
Frankie Vaughan<br />
There Must Be A Way<br />
Dave Clark Five<br />
Everybody Knows<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
LPs<br />
VOR 45 JAHREN<br />
16. November 1967<br />
Soundtrack<br />
The Sound Of <strong>Music</strong><br />
Beatles<br />
Sgt Pepper’s Lonely Hearts Club Band<br />
Various Artists<br />
British Mo<strong>to</strong>wn Chartbusters<br />
Various Artists<br />
Break Through<br />
Cream<br />
Disraeli Gears<br />
Beach Boys<br />
Best Of The Beach Boys Vol. 2<br />
Donovan<br />
Universal Soldier<br />
Beach Boys<br />
Smiley Smile<br />
Soundtrack<br />
Dr. Zhivago<br />
Engelbert Humperdinck<br />
The Last Waltz<br />
SINGLES<br />
VOR <strong>40</strong> JAHREN<br />
16. November 1972<br />
Gilbert O’Sullivan<br />
Claire<br />
Chuck Berry<br />
My Ding-A-Ling<br />
Lieutenant Pigeon<br />
Mouldy Old Dough<br />
Shangri-Las<br />
Leader Of The Pack<br />
Donny Osmond<br />
Why<br />
10cc<br />
Donna<br />
Shag<br />
Loop Di Love<br />
Osmonds<br />
Crazy Horses<br />
Carpenters<br />
Goodbye To Love<br />
Junior Campbell<br />
Hallelujah Freedom<br />
GB-CHARTS<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
LPs<br />
VOR <strong>40</strong> JAHREN<br />
16. November 1972<br />
Simon & Garfunkel<br />
Greatest Hits<br />
Various Artists<br />
Leo Sayer<br />
20 All Time Greats Of The 50s You Make Me Feel Like Dancing<br />
Cat Stevens<br />
Catch Bull At Four<br />
Gilbert O’Sullivan<br />
Back To Front<br />
Rod Stewart<br />
Never A Dull Moment<br />
Bread<br />
Best Of Bread<br />
Max Bygraves<br />
Sing Along With Max<br />
Various Artists<br />
20 Star Tracks<br />
Gary Glitter<br />
Glitter<br />
David Cassidy<br />
Cherish<br />
SINGLES<br />
VOR 35 JAHREN<br />
16. November 1977<br />
Chicago<br />
If You Leave Me Now<br />
Pussycat<br />
Mississippi<br />
Tavares<br />
Don’t Take Away The <strong>Music</strong><br />
Wild Cherry<br />
Play That Funky <strong>Music</strong><br />
Showaddywaddy<br />
Under The Moon Of Love<br />
Manhattans<br />
Hurt<br />
Dr. Hook<br />
If Not You<br />
Demis Roussos<br />
When Forever Has Gone<br />
Joan Armatrading<br />
Love And Affection<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
LPs<br />
VOR 35 JAHREN<br />
16. November 1977<br />
Bread<br />
The Sound Of Bread<br />
Sex Pis<strong>to</strong>ls<br />
Never Mind The Bollocks Here’s The Sex Pis<strong>to</strong>ls<br />
Diana Ross & The Supremes<br />
20 Golden Greats<br />
Stranglers<br />
No More Heroes<br />
Various Artists<br />
Feelings<br />
Cliff Richard<br />
<strong>40</strong> Golden Greats<br />
Queen<br />
News Of The World<br />
Rod Stewart<br />
Footloose And Fancy Free<br />
Santana<br />
Moonflower<br />
Fleetwood Mac<br />
Rumours<br />
Leserbriefe<br />
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Seite 108 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
WOODEN SKY<br />
New<br />
comer<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Kanadier auf Höchstniveau<br />
Die Gruppe um den Komponisten und vorzüglich singenden Multi-Instrumentalisten<br />
Gavin Gardiner entstammt der fruchtbaren Campus-Folk-Rockszene<br />
Toron<strong>to</strong>s. Die Band startete mit ihrem nach diversen Seiten stiloffenen Folk-Rock<br />
2003 und präsentierte Ende 2010 ihr zweites Album IF I DON'T COME HOME<br />
YOU'LL KNOW I'M GONE. Das erste, WHEN LOST AT SEA (2008, #33 in Kanada),<br />
ließ bereits aufhorchen: Die Mischung aus kraftvollen Rocktönen und weichen,<br />
aber nicht schlabberigen Folk- und Country-Elementen stimmte<br />
in sich, die Songs kamen allesamt melodisch stark rüber. Der<br />
Nachfolger baute all das noch aus und ergab ein Meisterwerk.<br />
Die Musik ist zwar im Kern Americana-Folk-Rock, weist aber<br />
auch Anklänge an blues-rockige Strukturen à la Allman Bro<strong>the</strong>rs,<br />
an den Kunstanspruch von Wilco und – in fein dosierter<br />
Form – sogar an kakofonische Vorstellungen wie bei den Flaming Lips auf. Diese<br />
Spannbreite erfordert natürlich hochkomplexe Arrangements, darum wurden neben<br />
den üblichen Rockinstrumenten auch Streicher, Harmonium, Steelguitar, Mandoline<br />
und Klarinette integriert. Das aktuelle Album EVERY CHILD A DAUGHTER,<br />
EVERY MOON A SUN tritt stilistisch etwas kürzer, man konzentriert sich auf eine<br />
Mischung aus verhalten druckvollem und be<strong>to</strong>nt balladeskem Country-Folk-Rock<br />
und Art-Rock à la Wilco. Nur bei "I'm Your Man" bricht die Gitarre mal gedrosselt<br />
krachend aus. Ansonsten regieren zarte, schwermütige Balladen ("Angelina", "Bald,<br />
Naked And Red") und Soft-Rock auf Himalaya-Niveau, wobei "Child Of The Valley"<br />
und "Take Me Out" zu den bislang besten Songs der Gruppe gehören. hjg<br />
The Fling<br />
Großer Wurf auf Daddys Spuren<br />
Früher lehnten sich junge Musiker gegen ihre Eltern auf, indem sie sich die<br />
Haare lang wachsen ließen und lauten Krach fabrizierten. Und jetzt treten<br />
sie in die Fußstapfen ihrer Väter, gerade weil die Haare wachsen und sie ihre<br />
E-Gitarren aufdrehen. So auch bei den Brüdern Dustin und Graham Lovelis<br />
aus Long Beach, Kalifornien: Sie gründeten eine Band, die mit The Fling („Der<br />
Wurf") sogar den Namen der früheren Combo ihres Daddys übernahm. Vor<br />
einem Jahr veröffentlichten sie in den USA ihr grandioses<br />
Debütalbum WHEN THE MADHOUSE APPEAR,<br />
das nun auch in Deutschland erhältlich ist – dank<br />
des kleinen Hamburger Independent-Labels Devil-<br />
Duck. Die CD enthält zwölf wunderschöne Songs,<br />
die mit Chorgesängen und mal folk rockig perlenden,<br />
mal fuzztönig verzerrten Gitarren deutlich von<br />
den Sixties und Bands wie den Beatles und Byrds<br />
beeinflusst sind. Der Opener "Friend Of Mine" nimmt einen mit seinem vibrierenden<br />
Westcoast-Sound sofort gefangen, den schleppenden Country-Walzer<br />
"Nothing Makes Sense" hätten Buffalo Springfield kaum besser hinbekommen,<br />
und durch das psychedelische "Out Of My Head" hört man die Lovin' Spoonful<br />
trapsen. Neben Dustin (voc, g) und Graham (b, voc) gehören Justin Roeland (g,<br />
keys, voc), Joel Bond (g, keys, voc) und Justin Ivey (dr) zum Quintett. Hoffentlich<br />
kommt das Nachfolge-Album nicht wieder erst mit einem Jahr Verspätung<br />
über den großen Teich ...<br />
frs<br />
COCKER.COM <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 109<br />
DAS NEUE<br />
ALBUM<br />
AB 16.11.12 ERHÄLTLICH
Seit dem 1. Ok<strong>to</strong>ber ist die Zeit der<br />
Ungewissheit und des Bangens<br />
vorbei: Nach drei <strong>Jahre</strong>n ist das Insolvenzverfahren<br />
bei SPV, einer der<br />
international renommiertesten deutschen<br />
Indie-Plattenfirmen, abgeschlossen. Mit<br />
neuen Gesellschaftern und Errol Rennalls als<br />
Geschäftsführer legt das inzwischen enorm<br />
geschrumpfte, aber immer noch sehr effektiv<br />
arbeitende Unternehmen wieder voll los,<br />
um an alte Erfolgszeiten anzuknüpfen und<br />
in eineinhalb <strong>Jahre</strong>n das 30-jährige Firmenjubiläum<br />
als Schallplatten, Produktion und<br />
Vertrieb GmbH zu feiern.<br />
SPV ist die Company aus Hannover, deren Künstlerriege<br />
der letzten drei Jahrzehnte sich wie ein<br />
Lexikon der Rockmusik liest: The Who, Jimmy Page<br />
& The Black Crowes, Motörhead, Lynyrd Skynyrd,<br />
Judas Priest, Paul Rodgers, Dio, Molly Hatchet,<br />
Alice Cooper, Whitesnake, Helloween,<br />
Glenn Hughes haben dort Tonträger<br />
veröffentlicht, ebenso Robin Gibb,<br />
Xavier Naidoo, Simply Red und Type<br />
O-Negative. Nicht zu vergessen Acts<br />
wie Axel Rudi Pell, Sodom, Magnum,<br />
UFO, Lita Ford, Running Wild und<br />
Freedom Call, die SPV auch während<br />
des Insolvenzverfahrens<br />
die Treue gehalten haben oder<br />
in dieser Zeit dazustießen. „Eigentlich<br />
hatte SPV alle wichtigen<br />
Bands außer AC/DC und Kiss irgendwann<br />
mal unter Vertrag", bringt es Olly<br />
Hahn auf den Punkt, der seit 2001 in Hannover<br />
mit an Bord und heute beim angesehenen<br />
SPV-Label Steamhammer als A&R- und<br />
Product-Manager tätig ist.<br />
Der Name SPV steht als Synonym für Hard<br />
Rock und Heavy Metal, auch wenn das Unternehmen<br />
während seines Bestehens Platten<br />
von Punk-, Gothic-,<br />
New-Wave-,<br />
EBM- und Pop-<br />
Interpreten<br />
veröffentlicht<br />
hat. Olly Hahn<br />
schildert die<br />
Firmengeschichte<br />
im<br />
Schnelldurchlauf:<br />
„SPV<br />
entstand<br />
am 1.<br />
Januar<br />
Alice Cooper<br />
Olly Hahn<br />
Weiter geht's –<br />
mit schwarzen Zahlen<br />
Frank Uhle<br />
1984 aus den Überresten des Boots-Vertriebes und<br />
wurde von Manfred Schütz gegründet" (siehe auch<br />
das Labelporträt von Schütz' neuer Company MiG<br />
in <strong>GoodTimes</strong> 2011/2). Der Macher bewies schon<br />
damals ein Näschen für kommende Trends und<br />
übernahm früh den deutschlandweiten<br />
Vertrieb von US-Labels wie<br />
Metal Blade, Roadrunner, <strong>Music</strong> For<br />
Nations und auch Noise aus Berlin –<br />
er schob so den Heavy-Metal-Boom<br />
der frühen 80er<br />
<strong>Jahre</strong> kräftig mit<br />
an. „Manfred hat<br />
aber auch sehr<br />
schnell eigene<br />
Labels gegründet.<br />
Steamhammer war nicht<br />
das erste, denn die Debüt-EP 'In<br />
The Sign Of Devil' der Gelsenkirchener<br />
Thrash-Band Sodom<br />
erschien auf Devil Records, erst<br />
danach lief alles über Steamhammer."<br />
Heute teilweise in Vergessenheit<br />
geratene Namen wie Destruction, Iron Angel,<br />
Metal Church, Laaz Rockit oder Zed Yago fallen im<br />
Gespräch, aber auch die Hannoveraner Band Fury In<br />
The Slaughterhouse. Die hatte zwar mit Metal nichts<br />
im Sinn, avancierte<br />
aber ab<br />
Ende der 80er<br />
<strong>Jahre</strong> zum erfolgreichsten<br />
SPV-Act überhaupt<br />
– neben<br />
den internationalen<br />
Topverkäufern<br />
Jimmy<br />
Page & The<br />
Olly Hahn mit UFO: Manager Peter Knorn,<br />
Vinnie Moore & Phil Mogg (v.l.)<br />
Black Crowes:<br />
„Fury haben<br />
hier bei SPV fast fünf Millionen Einheiten verkauft",<br />
konstatiert Frank Uhle, der SPV als General Manager<br />
durch die unruhigen Zeiten des Insolvenzverfahrens<br />
gesteuert hat.<br />
Heute sind 14 Mitarbeiter bei SPV tätig – 150<br />
waren es zu Hoch-Zeiten Mitte der 90er <strong>Jahre</strong><br />
Seite 110 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
weltweit, ehe die wirtschaftliche Schlagseite<br />
kam. „Wir mussten richtig abspecken und<br />
umstrukturieren, können aber heute sagen,<br />
dass wir mit 15 Prozent der damaligen Mitarbeiter<br />
in 2009 durch Umstrukturierung<br />
und Auslagerung bestimmter Arbeitsbereiche<br />
heute sogar mehr Services anbieten, ohne an<br />
Schlagkraft eingebüßt zu haben", sagt Uhle<br />
mit S<strong>to</strong>lz.<br />
„Es ist uns<br />
gelungen,<br />
nicht nur<br />
unsere Partner<br />
davon<br />
zu überzeugen<br />
- mit den Kollegen,<br />
die im Team<br />
verblieben sind,<br />
haben wir die Qualität<br />
gehalten, wenn nicht sogar verbessert", zieht<br />
er Bilanz.<br />
Warum das Unternehmen überhaupt an den Rand<br />
des Abgrunds geraten war? Ein aufgeblasener<br />
Personalapparat, zu viel Geld für namhafte Acts, die<br />
die Ausgaben nicht<br />
einspielen konnten<br />
– so wollen<br />
es Uhle und Hahn<br />
nicht formulieren,<br />
sie stellen einfach<br />
fest: „Es wurden<br />
Fehler gemacht."<br />
Uhle: „Das haut<br />
bei einem mittelständischen<br />
Unternehmen<br />
wie uns<br />
gleich ins Kon<strong>to</strong>r.<br />
Ein Major verkraftet schon mal den ein oder anderen<br />
Flop im Geschäftshalbjahr, weil andere Produkte genug<br />
Umsatz und Gewinn einbringen; aber bei einem<br />
Mittelständler bringt das eben gleich das ganze Geschäftsjahr<br />
in die roten Zahlen." Doch<br />
die haben die heute Verantwortlichen<br />
schon einige Monate nach der Insolvenzeröffnung<br />
in den schwarzen<br />
Sek<strong>to</strong>r gelenkt. Außerdem war Pech<br />
im Spiel, wie Hahn an einem konkreten<br />
Beispiel schildert: „Robin<br />
Gibbs Album sollte im Januar<br />
2003 erscheinen. Es war alles<br />
geplant mit Fernsehsendungen,<br />
Tageszeitungen,<br />
das volle<br />
Programm. Und<br />
dann starb drei Wochen vor<br />
der Veröffentlichung Maurice<br />
Gibb – da machte Robin<br />
drei Monate lang keine Promotion,<br />
und schon war das ganze<br />
Thema hinfällig geworden<br />
und unrentabel."<br />
Labelporträt<br />
Lita Ford
Vorsichtig erweitert man inzwischen bei SPV wieder die Geschäftsfelder. „Wir<br />
sind mit einigen namhaften Acts im Gespräch, docken neue Vertriebslabels<br />
an", beschreibt es Hahn. Und auch das Glück ist zurück, wie die Verkaufserfolge<br />
der Chartstürmer Frei.Wild und Mono Inc. belegen, die auf dem SPV-Vertriebslabel<br />
Rookies & Kings unter dem Management von Stefan Harder veröffentlicht<br />
wurden. Ein wichtiges Betätigungsfeld ist der Vinylsek<strong>to</strong>r, der etwa zehn bis<br />
zwölf Prozent zum Umsatz beiträgt, wie in etwa gleichem Umfang auch der<br />
Online-Sek<strong>to</strong>r. „Wenn man eine Limited Edition macht, die schön aussieht, und<br />
nicht so ein 08/15-Teil ist, dann verkauft man auch noch! Ist Vinyl gut gemacht<br />
– und wir bringen die immer mit Doppel-Gatefold, mit farbigem Vinyl, vielleicht<br />
auch mit Bonus-Tracks –, wird das auch honoriert und gekauft. Da haben wir<br />
eine sehr ordentliche Verkaufsmenge von<br />
1000 bis 3000 Stück pro Titel", schildert<br />
Hahn die Entwicklung.<br />
Deutlich kürzer tritt die Firma in Sachen<br />
DVDs. Reine Konzertmitschnitte sind<br />
nicht Hahns Ding, „aber wenn wir richtig<br />
schöne Dokus haben, machen wir die<br />
schon", kündigt er für 2013 derartige DVD-<br />
Editionen der Metal-Veteranen Raven und<br />
Assassin an. Gestrichen sind in Hannover<br />
hingegen Hörbücher, obwohl gerade SPV zu den Vorreitern gehörte und mit der<br />
„John Sinclair Reihe" dieses Format erstmals auch in Plattenläden, zu Saturn und<br />
Media Markt brachte. Hahn:<br />
„Davon haben wir etwa eine<br />
Million verkauft."<br />
Gegen <strong>Jahre</strong>sende ist ein<br />
Blick in die Zukunft gestattet,<br />
um schon mal den Appetit<br />
der Fans und potenziellen<br />
Käufer zu wecken: Bis zum<br />
Frühjahr sollen neue Produkte<br />
(frisch eingespielt oder neu<br />
aufgelegt) von so unterschiedlichen<br />
Acts wie Die Krupps,<br />
Klaus Schulze, Anyone's<br />
Daughter, Vicious Rumours,<br />
Kingdom Come, Mad Max, Kamelot,<br />
Raven, Sodom, Freedom<br />
Intersphere<br />
Call, Intersphere und Fair Warning erscheinen. Und auch die Reissue-Labels Yellow<br />
(Schwerpunkt Country) und Blue (Blues, Rock) werden reaktiviert. Neuauflagen<br />
von Bands wie Asleep At The Wheel und Diamond Rio wird es dann geben.<br />
SPV will sich breiter aufstellen und durch den Umzug in den Peppermint<br />
Pavillion auf dem früheren Expo-Gelände die Synergie-Effekte nutzen, die<br />
sich mit den Geschäftsfeldern der neuen Besitzer ergeben. Das aber vorsichtig<br />
und nicht um jeden Preis, schließlich hat man aus der jüngeren Vergangenheit<br />
gelernt. So werden mit Martin Lanzerath und Wolfgang Funk weitere externe<br />
A&Rs in das SPV-Set-Up integriert. „Wir wollen über unseren<br />
Kernkompetenz-Tellerrand hinausblicken, was man in Zukunft<br />
sinnvoll andocken kann. Aber immer unter der Prämisse, dass es<br />
für SPV glaubwürdig bleibt – wir werden sicher nicht vorrangig<br />
Pop-, Dance-, Disco-Genres bedienen, wollen aber unseren Horizont<br />
schon ein bisschen erweitern", formuliert es Frank Uhle.<br />
Und er ist bei aller Erleichterung über den Abschluss der Insolvenz<br />
durchaus selbstbewusst: „Das Interessante ist doch, dass<br />
die Marke SPV nach all dieser Zeit keinerlei Schaden davongetragen<br />
hat!"<br />
Olly Hahn legt nach: „Wir wollen nicht den Fehler machen,<br />
dass wir jetzt wieder überkandideln und alles unter Vertrag<br />
nehmen, was bei drei nicht auf den Bäumen ist. Wir werden<br />
weiter mit realistischen Acts unsere Grundabdeckung haben und<br />
versuchen, hier und da mit ein paar größeren Künstlern zu arbeiten<br />
– aber dann auch wirklich ausgesucht und nicht zu viele."<br />
Namen werden allerdings noch nicht genannt, schließlich soll 2013<br />
einige SPV-Überraschungen bescheren –<br />
diesmal aber bitte nur positive ...<br />
Philipp Roser<br />
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den Eagles, st<br />
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i – und wurde Anfa<br />
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2001 vor die Tür gese<br />
tzt. 29 <strong>Jahre</strong> nach<br />
seinem<br />
Solodebüt AIRBOR<br />
NE läs<br />
st er nun ROAD<br />
TO<br />
FOREVER folgen. Der 65<br />
-Jährige<br />
im Gesp<br />
rä<br />
ch<br />
mit <strong>GoodTimes</strong>-Mitarbeiter Phil<br />
ipp Roser.<br />
Meditation scheint in deinem Leben eine wichtige<br />
Rolle zu spielen ...<br />
Das mache ich zu bestimmten Zeiten, aber nicht unbedingt<br />
täglich. Wenn größere Entscheidungen anstehen,<br />
wenn es Beziehungsprobleme gibt, meditiere<br />
ich. Dann tauche ich in mich selbst ein, suche nach<br />
Antworten. Bislang hat mich das in der Regel zu guten<br />
Orten geführt, wenn ich meinem Instinkt gefolgt bin.<br />
Half es, als du an deinem Buch Heaven & Hell<br />
– My Life In The Eagles" von 2008 "<br />
gearbeitet<br />
hast?<br />
Ja, sehr! Da lief gerade die Trennung von den Eag les,<br />
und nahezu parallel wurde ich nach 29 <strong>Jahre</strong>n Ehe geschieden<br />
– plötzlich waren alle Rollen zerbrochen, die<br />
ich bis dahin gespielt hatte: Ehemann, Vater, Rockstar<br />
in einer großen Band. Alles war plötzlich weg. Ich ließ<br />
mein Leben noch einmal an mir vorüberziehen: Wie<br />
ich in einer dreckigen, kleinen<br />
Straße in Gainesville aufgewachsen<br />
war, all meine Wege, die<br />
mich schließlich zu den Eagles<br />
geführt hatten – und plötzlich<br />
war alles vorbei und ich nicht<br />
mehr derjenige, der ich bis dahin<br />
gewesen war. Damals fing ich<br />
an zu meditieren, jeden Tag. Ich<br />
habe versucht, mir alle Erinnerungen<br />
und Erfahrungen wieder<br />
bewusst zu machen. Das alles schrieb ich<br />
auf, gab<br />
es meiner damaligen Verlobten zum Lesen, und die<br />
meinte, daraus müsse man ein Buch machen.<br />
Und dann schloss sich ROAD<br />
TO FOREVER an?<br />
Während ich das Buch schrieb,<br />
komponierte ich auch wieder<br />
Songs. Denn ich erinnerte mich<br />
plötzlich wieder an die Zeit,<br />
als ich zehn <strong>Jahre</strong> alt war und<br />
dann im Laufe der <strong>Jahre</strong> entdeckte,<br />
wie groß meine Liebe<br />
zum Livespielen, Schreiben und<br />
Aufnehmen von Musik gewesen<br />
ist. Und so habe ich mein Leben gewissermaßen in<br />
Songs gepackt.<br />
Die Songs sind also au<strong>to</strong>biografisch?<br />
Ein Teil des Titelstücks entstand, als mein Vater starb<br />
– er arbeitete bis 65 und starb dann mit 66. Daraus<br />
entstand ein Song über<br />
ein intensives Leben mit<br />
vielen Höhen und Tiefen.<br />
Ich führte viele Gespräche<br />
mit Greg Ladanyi, der<br />
das Album produzieren<br />
sollte, aber kurz vor dem<br />
Aufnahmebeginn starb.<br />
Er hatte mir eine Liste<br />
mit Leuten gegeben, die<br />
an der Platte mitwirken<br />
sollten. Einige habe ich<br />
dann ins Studio geholt, Steve Luka<strong>the</strong>r zum<br />
Beispiel.<br />
Die Eagles in den 70er <strong>Jahre</strong>n mit Don Felder (vorne rechts)<br />
Auch deine Freunde David Crosby, Graham<br />
Nash und Stephen Stills sind dabei<br />
gewesen ...<br />
"Fall From The Grace Of Love” schildert meine<br />
Emotionen während dieses <strong>Jahre</strong>s der<br />
Trennungen. Der Song hat einen großen<br />
Chorus – da lag es nahe, David und Graham<br />
zu fragen. Einen meiner ersten Jobs nach<br />
dem Umzug nach Los Angeles hatte ich damals für<br />
sie gespielt. Und mit Stephen hatte ich eine Band, als<br />
wir 15 <strong>Jahre</strong> alt waren.<br />
Du hast mit Ausnahme<br />
von Steve Luka<strong>the</strong>rs<br />
Beitrag zum Titelsong<br />
alle Gitarren selbst gespielt elt und kreierst er so immer<br />
wieder eigene Atmosphären ...<br />
Bei den Eagles habe ich gelernt, einen Song so anzulegen,<br />
dass die Gitarre nur dort spielen sollte, wo<br />
der Gesang nicht zu hören ist. Denn sonst lenkt sie ab<br />
vom Text. Die Löcher im Gesangsvortrag sollte man<br />
füllen – und wenn das Solo kommt, sollte es genauso<br />
wichtig und ausdrucksstark sein wie der Leadgesang.<br />
Und für mein Empfinden sollte ein Solo melodiös<br />
und vor allem simpel strukturiert sein, so dass man es<br />
mitsummen kann. Dazu kommt, dass mich in jungen<br />
<strong>Jahre</strong>n Bläser sehr geprägt haben, weil mein Vater viel<br />
Musik von Tommy Dorsey und Glenn Miller hörte.<br />
Daher schreibe ich meine Soli meist so, dass sie auch<br />
ein Bläser spielen könnte. Das<br />
Solo auf "One Of These Nights”<br />
der Eagles klingt wie ein Altsaxofon.<br />
Eines deiner Markenzeichen<br />
ist bis heute die Doppelhalsgitarre<br />
...<br />
Als ich 14 war, sah ich Chet Atkins<br />
live im Day<strong>to</strong>na Beach Audi<strong>to</strong>rium.<br />
Er spielte eine Stereogitarre,<br />
bei der die oberen und<br />
die unteren drei<br />
Saiten jeweils einen eigenen Tonabnehmer<br />
hatten. Er erinnerte während der Show an<br />
den Bürgerkrieg. Um auszudrücken, dass der Norden<br />
und Süden zusammengehören, spielte er den "Yankee<br />
Doodle Dandy” auf den tiefen Saiten und gleichzeitig<br />
auf den anderen "Dixie”. An dieses Prinzip erinnerte<br />
ich mich, als wir überlegten, wie wir "Hotel California”<br />
live umsetzen könnten. Im Studio hatte ich so<br />
viele einzelne Parts gespielt, die aber alle wichtig waren.<br />
Also ließ ich mir eine Doppelhalsgitarre bauen,<br />
mit einem zwölf- und einem sechssaitigen Hals. Mit<br />
diversen Knöpfen konnte ich hin- und herschalten<br />
und so in etwa den Sound der Platte auch auf der<br />
Bühne reproduzieren.<br />
© Pressefo<strong>to</strong>s<br />
Seite 112 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
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Jeff Wayne<br />
Krieg der Welten – die nächste Version<br />
Als Hörspiel, TV-Serie und Film wurde das 1898<br />
von H.G. Wells geschriebene Buch „The War<br />
Of The Worlds" (Krieg der Welten) mehrfach<br />
in Bild und Ton umgesetzt. Doch keine dieser<br />
Versionen war so erfolgreich wie das Konzeptalbum<br />
von Jeff Wayne aus dem Jahr 1978. Top-10-Platzierungen<br />
in 22 Ländern (11x auf Rang 1) – THE WAR<br />
OF THE WORLDS räumte richtig ab, erschien auch<br />
in einer deutschen und spanischen Version. Richard<br />
Bur<strong>to</strong>n sprach die Hauptrolle, führte als Journalist<br />
Herbert George durch die Geschichte, in der Justin<br />
Hayward, David Essex, Phil Lynott und Julie Coving<strong>to</strong>n<br />
in weiteren Hauptrollen singend zu hören waren.<br />
Mehr als 13 Millionen Exemplare wurden von der<br />
Original-Doppel-LP verkauft, die ab 2006 regelmäßig<br />
<strong>to</strong>urende musikalische Bühnenumsetzung füllte<br />
weltweit Arenen.<br />
Nun hat der inzwischen 69-jährige<br />
Wayne – ein New Yorker, der<br />
schon lange im UK lebt – sein<br />
Werk überarbeitet und komplett<br />
neu aufgenommen. Mit Liam<br />
Neeson als Erzähler, dazu Joss<br />
S<strong>to</strong>ne, Gary Barlow (Take That),<br />
Alex Clare, Maverick Sabre und<br />
Ricky Wilson (Kaiser Chiefs) als<br />
Vertreter der „New Generation",<br />
wie das aktuelle Opus im Untertitel<br />
heißt. In England hatte<br />
Wayne die überaus opulente<br />
<strong>Music</strong>alversion bei Drucklegung<br />
dieser <strong>GoodTimes</strong>-Ausgabe bereits<br />
in Marsch gesetzt. Ab dem<br />
3. Januar wird sie dann auch in fünf deutschen<br />
Städten zu erleben sein. Von den Beteiligten, die mit<br />
Wayne im Studio waren, ist Wilson dabei, ansonsten<br />
werden Jason Donovan, Marti Pellow (Wet Wet Wet)<br />
und Kerry Ellis singend auf der Konzertbühne stehen.<br />
Wayne erzählte <strong>GoodTimes</strong>-Mitarbeiter Philipp<br />
Roser mehr über das Album und die Show.<br />
Fo<strong>to</strong>s: © Sony <strong>Music</strong><br />
Nicht mehr Boygroup, sondern Weltenkrieg:<br />
Gary Barlow (r.) mit Jeff Wayne.<br />
Warum überhaupt eine Neueinspielung, warum jetzt "<br />
The New<br />
Generation"?<br />
Die Frage ist legitim und naheliegend. Als ich vor<br />
sechs <strong>Jahre</strong>n die Bühnenversion schuf und diese<br />
Multimedia-Extravaganza und Live-Performance<br />
erlebte, wurde mir klar, dass<br />
aus dramaturgischer Sicht noch<br />
sehr viel mehr möglich wäre. Im<br />
Lauf der Zeit wurde ich auch<br />
immer wieder auf das Thema<br />
einer Bearbeitung angesprochen.<br />
Zwei <strong>Jahre</strong> lang habe ich<br />
dann mit mir selbst gerungen,<br />
ehe ich mich aufraffte. Ich habe<br />
mir das Originalskript noch einmal<br />
vorgenommen, ebenso das<br />
Buch von H.G. Wells. Von den<br />
ursprünglichen Aufnahmen war<br />
damals einiges auf der Strecke<br />
geblieben, weil die Kapazität des<br />
Vinyls limitiert war, obwohl wir ja<br />
eine Doppel-LP gemacht hatten.<br />
Ich entdeckte im Archiv noch<br />
einiges an Musik, die es allemal<br />
wert war, diesmal mit veröffentlicht<br />
zu werden. Außerdem habe<br />
ich manche Passagen um- und<br />
auch ganz neu geschrieben und<br />
dann alles bis auf die Streicher<br />
komplett neu aufgenommen. Es<br />
wurden frische Sounds kreiert<br />
und die heutigen Studiomöglichkeiten<br />
genutzt. Um es an<br />
einer Zahl zu verdeutlichen: Richard Bur<strong>to</strong>n hatte<br />
damals auf Platte und live 74 Einzelsequenzen. Bei<br />
Nachfolger Liam Neeson sind es auf dem Album und<br />
in der 3D-Holografie-Produktion für die Bühnenshow<br />
90 Sequenzen, das heißt einzelne, voneinander<br />
unabhängige Auftrittseinheiten! Alles in allem hat<br />
die Arbeit an der Neufassung zwei <strong>Jahre</strong> gedauert.<br />
Es ist eine komplett neue Besetzung – gab es Überlegungen,<br />
auch Beteiligte des ersten Line-Ups wieder zu verpflichten?<br />
Wir haben kurz darüber diskutiert, aber das Thema<br />
war relativ schnell vom Tisch, auch wenn bis auf<br />
Phil Lynott alle damals Beteiligten heute noch aktiv<br />
sind. Aber hätten wir auch nur einen zurückgeholt,<br />
wäre der Gedanke der „New<br />
Generation" konterkariert gewesen.<br />
Wie schwierig war es, eine neue Künstlergeneration<br />
für die Neuaufnahmen zu finden?<br />
Das war eine echte Herausforderung! Aber<br />
alle kannten das Original, viele von ihnen<br />
waren sogar Fans. Darum hatten wir keine<br />
Probleme, diejenigen zu überzeugen, die<br />
ich dabei haben wollte. Liam Neeson, den<br />
ich noch nicht kannte, kaufte sich extra das Album,<br />
bevor ich nach New York reiste, um mit ihm über ein<br />
Engagement zu sprechen. Wichtig war für mich auch<br />
eine Erkenntnis, die ich durch die Live-Aufführungen<br />
mit mindestens sechs verschiedenen Bühnenbesetzungen<br />
gewonnen hatte: Jede Rolle ist sehr unterschiedlich<br />
interpretierbar. Was ja für die Hörer und<br />
die Showbesucher durchaus seine Reize hat.<br />
Joss S<strong>to</strong>ne und Gary Barlow vom Studioteam standen für<br />
die Bühnenproduktion nicht zur Verfügung ...<br />
Richtig, beide haben ihre Verpflichtungen,<br />
wollten aber im Studio<br />
mitmachen. Dafür ist Ricky<br />
Wilson auch live vertreten<br />
– und Jason Donovan,<br />
der in England dank<br />
seiner Westend-<br />
<strong>Music</strong>als und TV-<br />
Shows erfolgreicher<br />
ist denn<br />
je, sorgt für ein<br />
Novum: Er war<br />
früher schon als<br />
Seite 114 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
The Artillery Man dabei, den ursprünglich David Essex verkörpert hatte. Jetzt<br />
spielt Jason den Parson Nathaniel, also den verrücktesten Charakter in der Geschichte<br />
– das war für ihn eine enorme Herausforderung, die er bislang bei den<br />
Proben hervorragend gemeistert hat..<br />
Bist du selbst live dabei?<br />
Selbstverständlich! Ich habe bislang alle Aufführungen dirigiert und mache das<br />
jetzt natürlich wieder. Das werde ich so lange machen, bis ich nicht mehr auf das<br />
Dirigentenpodest klettern kann (lacht)!<br />
Wie kam es überhaupt zu THE WAR OF THE WORLDS?<br />
Ich suchte damals längere Zeit nach einem S<strong>to</strong>ff, den ich in einer derartigen Form<br />
umsetzen könnte. Ich habe zahllose Bücher gewälzt, bis mich mein Vater auf<br />
H.G. Wells' „The War Of The Worlds" aufmerksam machte.<br />
Hat das Interesse mit deinem persönlichen Hintergrund zu tun? Du hast ja mal Journalismus<br />
studiert ...<br />
Stimmt, ich habe einen Abschluss der University Of California. Das Journalistikstudium<br />
hat mich sicher für das Thema sensibilisiert.<br />
Du hast während des Studiums auch Martin Lu<strong>the</strong>r King interviewt?<br />
Richtig. Er besuchte unsere Universität, und nach seiner Rede durften einige<br />
Journalisten der Tageszeitungen der Gegend sowie unserer College-Zeitung mit<br />
ihm sprechen. Ich habe<br />
für mein Interview damals<br />
sogar eine Auszeichnung<br />
bekommen.<br />
Fo<strong>to</strong>s: © Sony <strong>Music</strong><br />
In den Spuren von Richard Bur<strong>to</strong>n:<br />
Liam Neeson (r.) & Jeff Wayne<br />
Ein paar <strong>Jahre</strong> später hast du<br />
dann in London am Trinity College<br />
Of <strong>Music</strong> studiert ...<br />
Ich hatte in meiner frühen<br />
Jugend einige <strong>Jahre</strong><br />
in London gelebt, als<br />
mein Vater, der als Sänger<br />
und Schauspieler arbeitete,<br />
dort ein Engagement<br />
hatte. Er bekam<br />
dann später den Auftrag,<br />
ein <strong>Music</strong>al im Londoner<br />
Westend auf die Beine zu<br />
stellen. Und in einem Anfall von Wahnsinn hat er mich als 18-Jährigen beauftragt,<br />
die Musik dafür zu komponieren – und es hat funktioniert, „Two Cities”<br />
war zum Glück ein Erfolg. Die Pausen während dieser Arbeit habe ich genutzt,<br />
um am Trinity College vertiefende Kurse im Dirigieren und Orchestrieren zu<br />
belegen.<br />
Und bist dann später im Musikgeschäft gelandet, hast Rock und Pop gemacht und lange Zeit mit<br />
David Essex kooperiert.<br />
Er war einer der ersten Künstler, mit dem ich arbeitete. Ich nahm ihn unter<br />
Vertrag, und wir hatten einige Erfolge. Ich habe viel Geld riskiert, das ich in ihn<br />
investierte, was sich letztlich aber ausgezahlt hat. So lief es eigentlich immer:<br />
Ich habe stets mein eigenes Geld riskiert, wenn ich von einer Sache überzeugt<br />
war. 1978 hatte ich mit CBS zwar eine Plattenfirma, die mir für das Album ein<br />
ordentliches Budget zur Verfügung stellte. Doch das war nur ein Drittel der<br />
Gesamtkosten – für den Rest habe ich meine Lebensversicherungen eingesetzt!<br />
Und bei den Tourneen ist es meist ähnlich, dass ich zunächst viel Geld selbst<br />
investiere – aber wenn ich von etwas überzeugt bin und es mit Leidenschaft<br />
verfolge, dann riskiere ich auch was.<br />
David Essex war aber nicht dein einziger musikalischer Partner ...<br />
Ich habe in der Folge viele Leute produziert und mit<br />
Songs beliefert, so habe ich einen Film und ein Album<br />
mit The Who gemacht, außerdem viele Filmmusiken<br />
geschrieben, war fürs Fernsehen tätig<br />
und realisierte andere Projekte wie „Spartacus".<br />
Ich habe Soloplatten von Justin Hayward produziert,<br />
mit Ca<strong>the</strong>rine Zeta-Jones und dem<br />
London Symphony Orchestra gearbeitet –<br />
ich hatte eigentlich immer gut zu tun und<br />
glücklicherweise auch einige Erfolge.<br />
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Original Album + 10 Singles / B-Sides<br />
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21 Demos & alternate Tracks, 14 davon bisher unveröffentlicht!<br />
DISC 3 Live at Wembley December 1982<br />
23 Tracks, das komplette Konzert der letzten Tour,<br />
bisher unveröffentlicht!<br />
DISC 4 DVD Compilation<br />
Promo clips (Town Called Malice / Precious / The Bitterest Pill)<br />
Trans-Global Unity Express Tour – Live Tracks der Birmingham Show<br />
Danish TV Special / Das komplette Album live im TV Studio gespielt,<br />
45 Minuten Länge<br />
Top Of The Pops 1982 - Town Called Malice / Precious<br />
AUCH ALS 2CD DELUXE EDITION ERHÄLTLICH!<br />
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Duffy Power<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Ray Howard (alias Duffy Power; *9.9.1941) aus<br />
Fulham hatte immer die besten Begleiter: das<br />
Gitarrengenie John McLaughlin ebenso wie<br />
Jack Bruce und Gary Brooker. Warum also<br />
jetzt ein zarter, spartanischer Solo-Unplugged-Ansatz<br />
mit seltenen Gästen? „ Jetzt' ist gut: Wir nahmen das<br />
'<br />
Album schon zwischen 2001 und 2003 auf. Drei <strong>Jahre</strong><br />
dauerte es, weil immer Geld fehlte. Wir versuchten,<br />
verschiedene Musiker zu beteiligen, aber das stellte<br />
sich als Fehler heraus. So kam ich auf die Idee mit<br />
dem sparsamen Klangbild, das nicht auf übliche Bassund-Drums-Begleitung<br />
baut. Ich habe oft mit open<br />
tunings gearbeitet (Anm. d. Au<strong>to</strong>rs: offen' gestimmte<br />
'<br />
Gitarre, bei der leere Saiten einen einfachen Akkord<br />
ergeben). Auf diese Weise spielte eines Tages Bonnie<br />
Raitt jemand einen Skip-James-Song, und ich wollte<br />
so was unbedingt auch machen. So habe ich meine<br />
Nylonklampfe etwa in der Art des Afrikaners Ali<br />
Farka Touré gestimmt und bekam bald eine ganze<br />
Reihe weiterer Gitarrenstimmungen. Zu jeder fiel mir<br />
ein Song ein."<br />
Powers Stimme hat über all die <strong>Jahre</strong> nichts von<br />
ihrer Ausdrucksstärke verloren: „Ich habe immer<br />
gesungen, wenn ich an neuen Nummern arbeitete,<br />
nur eben seit den Neunzigern keine Gigs mehr<br />
gemacht und bin so gesehen im Ruhestand. Aber<br />
ich habe schon wieder drei gute Songs und möchte<br />
genug ansammeln für ein weiteres Album. 2008<br />
erlitt ich leider einen Kollaps und verlor jegliche<br />
Spielfreude. Aber ich arbeite mich wieder auf Anfang<br />
zurück. Meine Kompositionen werden immer<br />
besser, und ich hole alte Tapes wieder hervor." Hat<br />
denn Material aus den zahlreichen Clubgigs mit Dick<br />
Heckstall-Smith überlebt? Power: „Live-Aufnahmen<br />
mit Dick habe ich nicht, doch es gibt einige Radio-<br />
Sendungen. Die könnten sogar erscheinen, aber es<br />
ist schwierig, Inter esse dafür zu wecken. 'Spaces', ein<br />
Heckstall-Smith-Track auf TIGERS, entstand 2001,<br />
nicht 1997, wie es im Booklet steht – das war nur das<br />
Demo. Dick war stets hilfsbereit,<br />
in seiner stillen Art<br />
sehr enthusiastisch, aber er<br />
konnte auch brummig sein.<br />
Wir haben oft hier in meiner<br />
Wohnung gespielt, und<br />
dann ging es zum Greater<br />
London Radio. Für Sendungen<br />
bei denen du noch<br />
nicht mal bezahlt wurdest!<br />
Die waren nur nützlich, um<br />
Fans zu aktuellen Londoner<br />
Gigs zu locken."<br />
Dass Duffy Power mal<br />
mitten in einer Sendung<br />
einen Herzinfarkt hatte,<br />
ist das Boulevard-Müll? „Nein, das stimmt, es war<br />
in Paul Jones' Bluesprogramm bei der BBC. Kein<br />
schwerer Infarkt, bei dem du auf die Erde knallst,<br />
aber ich hatte starke Schmerzen, und sie brachten<br />
mich direkt in die Klinik. Vorher musste ich noch diesen<br />
lächerlich harten Song singen, 'Little Boy Blue',<br />
bei dem Dick richtig klasse auf zwei Saxofonen brillierte.<br />
Mein Gesang schwächelte bereits, aber sie bekamen<br />
es prima auf ihr Band. Wir hätten jedenfalls<br />
genug für eine CD beisammen."<br />
Wie war die Arbeit mit Alexis Korner und Graham<br />
Bond? „Alexis war angenehm, richtig nett. Ich spürte<br />
meine Begeisterung für unsere Projekte, nicht wegen<br />
des Geldes, sondern weil es Alexis Korner war – und<br />
Blues: Er ließ sich eine Menge von mir gefallen – ich<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Comeback auf<br />
der Nylon-Gitarre<br />
1973 sah es recht gut aus für den expressiven Sänger, den<br />
versierten Gitarristen und begnadeten Harp-Spieler. Nach<br />
"<br />
Rock'n'Trad Spectacular"-Revuen zwischen 1958 und 1961,<br />
wild-drogenbetankten Zeiten bei Alexis Korner, Graham Bond<br />
und mit den Fen<strong>to</strong>nes – zu denen sein Lieblingsdrummer Ginger<br />
Baker geholt wurde – war Power als Session-Crack bestens<br />
im Studiogeschäft. Mit DUFFY<br />
POWER kam dann endlich ein Album<br />
mit eigenen und zeitgenössischen<br />
Songs auf den Markt. Das erste in<br />
einer Serie? Leider nicht, es schien<br />
das letzte zu sein, von inspirierten<br />
Kompilationen abgesehen. Vor drei<br />
<strong>Jahre</strong>n schloss das Blues-Porträt<br />
Nr. 24 in <strong>GoodTimes</strong>: "<br />
Für eine Entdeckung ist es auch 2009<br />
09<br />
nicht zu spät." Nun die kleine Sensation: Power ist mit einem<br />
Album zurück, TIGERS. Mit Uli Twelker führte er sein erstes<br />
Interview seit über drei Jahrzehnten.<br />
Der junge Duffy als Spectacular<br />
Rock'n'Trad-Sänger<br />
war naiv, jedenfalls naiver als er. Alexis hat sich nie in<br />
mein Spiel und meinen Gesang eingemischt. Wenn<br />
er dich in seine musikalische Welt holte, konntest<br />
du dich auslassen, er führte keine Regie. Bei seiner<br />
Party zum 50. Geburtstag gab es<br />
allerdings zu viele Musiker, da kam<br />
ich gar nicht zum Zug! Mit Graham<br />
Bond lief die Arbeit damals noch<br />
leicht, er war großartig. Später wurde<br />
er drogenabhängig, er rauchte<br />
Pot und warf gelegentlich eine Pille<br />
ein. Graham zog in eine Wohnung<br />
neben mir, Paris Terrace in Westbourne<br />
Park. Er war ein Paradiesvogel,<br />
wollte alles gleichzeitig."<br />
Mit wem gab es die inspirierendsten<br />
Sessions? „Wohl mit Bert<br />
Jansch, das lief ohne Produzent.<br />
Als ich auf dem Soundtrack von<br />
The Italian Job' spielte, führte<br />
'<br />
Quincy Jones Regie, alle lasen Partituren; auch der<br />
berühmte Jazz-Saxer Tubby Hayes war dabei. Produzenten<br />
wie Ron Richards holten mich immer, wenn<br />
eine spezielle Blues-Mundharmonika gebraucht<br />
wurde, ein Vamper. So war ich Ende 1973 auf 'Down<br />
On The Run' für die Hollies dabei, denn Allan Clarke<br />
spielte eine andere Harmonika, eine chromatische.<br />
Wir ließen meinen Vamper über einen Leslie-Lautsprecher<br />
laufen. Auch den Job bei SECOND OPINION<br />
für Marvin, Welch & Farrar bekam ich über Richards,<br />
ich kannte Hank Marvin gar nicht. Alle diese Leute<br />
kennen aber diesen Duffy Power aus den Sixties.<br />
Wenn einer eine Vamper-Harp brauchte, wurde ich<br />
angerufen." Gut, dass die Vampers auch auf TIGERS<br />
endlich wieder zu hören sind.<br />
Seite 116 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Fo<strong>to</strong>: © Thommy Mardo<br />
Queen Es<strong>the</strong>r Marrow &<br />
The Harlem Gospel Singers<br />
Königinmutter<br />
Von Michael Fuchs-Gamböck<br />
Für Queen Es<strong>the</strong>r Marrow war 2011<br />
ein ganz besonderes Jahr: Die<br />
Grande Dame des Gospel feierte<br />
ihren 70. Geburtstag, der von ihr zusammengestellte<br />
Chor The Harlem Gospel Singers<br />
blickte auf 20 <strong>Jahre</strong> Existenz zurück;<br />
außerdem veröffentlichte die Plattenfirma<br />
– ihrer Künstlerin zu Ehren – die Doppel-CD LEGEND<br />
mit einem Querschnitt aus rund 50 <strong>Jahre</strong>n Karriere.<br />
Zusätzlich enthalten: 15 neue Kompositionen, bei<br />
denen Queen Es<strong>the</strong>r (ihr richtiger Name!) auch deutsche<br />
Soul- und Gospelkoryphäen wie Xavier Naidoo<br />
oder Cassandra Steen tatkräftig zur Seite standen.<br />
Natürlich war, wie bei dieser Formation längst üblich,<br />
die anschließende mehrmonatige Tournee der „Singers”<br />
quer durch die Welt ein Riesenerfolg.<br />
„Es war ein schönes, unvergessliches Jahr”, konstatiert<br />
die lebenslustige Sängerin aus dem US-Bundesstaat<br />
Virginia, „aber jetzt ist genug gefeiert worden,<br />
nun geht es weiter mit harter Arbeit.” Die besteht<br />
vorrangig aus Proben für die nächste Tour unter dem<br />
Mot<strong>to</strong> „Wonderful World”, die das Ensemble zwischen<br />
dem 21.12. und 20.1. beinahe allabendlich auf<br />
eine Bühne in der Schweiz oder in Deutschland führen<br />
wird. Wie jedes Mal bei den „Singers” wird derzeit<br />
eine komplett neue Choreografie ausgearbeitet. „Das<br />
Mot<strong>to</strong> der Shows gibt sich optimistisch, doch die<br />
Show selbst wird mehr ernste Lieder als je zuvor haben.<br />
Wir sind uns des Ernstes des Zustands bewusst,<br />
in dem sich unser Planet ökologisch und ökonomisch<br />
befindet”, grübelt Ms. Marrow. Um im nächs ten Satz<br />
ihrem optimistischen Naturell entsprechend hinzuzufügen:<br />
„Aber selbstverständlich löst sich am Ende<br />
alles in Harmonie auf, wir entlassen keinen einzigen<br />
Besucher resigniert. Wir stehen immer im Licht. Das<br />
ist unsere Leidenschaft, das ist unsere Berufung!”<br />
Den Begriff „Licht” assoziiert Queen Es<strong>the</strong>r Marrow<br />
vorrangig mit Gott und Jesus, an die der Gospelstar<br />
voller Inbrunst glaubt: „Die Musik, die ich singe, ist<br />
zunächst ganz der Liebe zu meinem Schöpfer gewidmet,<br />
doch wenn die Hörer diese<br />
Lieder auch auf reale’ Personen<br />
'<br />
und reale’ Liebe beziehen, habe<br />
'<br />
ich damit natürlich kein Problem.<br />
Wenn sich zwei Menschen bedingungslos<br />
lieben, begegnen sie zumindest in meiner<br />
Philosophie ohnehin immer dem göttlichen<br />
Plan der Liebe.”<br />
Auch ihre ausdrucksstarke Stimme sieht<br />
die Queen als ein „gewaltiges Geschenk<br />
des Herrn, um der Menschheit Freude zu<br />
schenken”, erklärt sie leicht pas<strong>to</strong>ral, „aber man muss<br />
unbedingt Tag für Tag an seiner Stimme arbeiten,<br />
wenn man sie sich erhalten will. Ich möchte die Menschen<br />
weiterhin mit meinem Gottesgeschenk begeistern.<br />
Schon darum bin ich es ihnen schuldig, dass ich<br />
mein Sangesorgan trainiere. Auch den Harlem Gospel<br />
Singers bin ich es schuldig. Ich habe sie ins Leben<br />
gerufen, meine Babies', wie ich sie nenne. Also darf<br />
'<br />
ich sie nicht mit untrainierten Stimmbändern kompromittieren.<br />
Die Babies' kommen mit jedem zwischenmenschlichen<br />
Problem zu mir, ich bin für sie<br />
'<br />
verantwortlich. Kürzlich haben sie mich allen Ernstes<br />
zu ihrer Königinmutter' ernannt”, kichert Harrow.<br />
'<br />
Schon ehe sie 1991 die Harlem Gospel Singers ins<br />
Leben rief, hatte Marrow eine erstaunliche Karriere<br />
hinter sich. Bereits in den 1960ern war sie gefeierte<br />
<strong>Music</strong>al-Darstellerin, sie verkörperte u.a. die von ihr<br />
innig verehrte Mahalia Jackson, als deren Nachfolgerin<br />
sie seit Jahrzehnten immer wieder bezeichnet<br />
wird. Im Lauf der Zeit traf sie auf Musiklegenden wie<br />
Bob Dylan, Ella Fitzgerald, Harry Belafonte und Ray<br />
Charles, entdeckt wurde sie bereits im Teenager-Alter<br />
vom Jazzer Duke Elling<strong>to</strong>n.<br />
Und auch politisch zeigte Queen Es<strong>the</strong>r stets Flagge<br />
– die der Bürgerrechte; sie setzte sich Hand in Hand<br />
u.a. mit Martin Lu<strong>the</strong>r King und Jesse Jackson gegen<br />
Rassendiskriminierung ein. Allerdings: „Wenn ich auf<br />
meine Karriere zurückblicke, entdecke ich selbstverständlich<br />
Dinge, die ich besser nicht getan hätte”,<br />
seufzt die beeindruckende Lady. „Aber immerhin<br />
kann ich mir zugute halten, keinen einzigen Fehler<br />
zweimal begangen zu haben. Dem Herrn sei Dank!<br />
Darauf ein Halleluja!”<br />
ZOUNDS-Chef Wolfgang Feld<br />
mit aktuellen CD-Tipps.<br />
SUPERCHARGE<br />
BEST »Get Up And<br />
Dance«<br />
Pink Champagne ·<br />
Swing Bro<strong>the</strong>r Swing ·<br />
Mellow Saxophone ·<br />
Eat That Chicken ·<br />
Memphis Soul Stew ·<br />
Sir La Dude · Teach<br />
Me Tonight · Fatman<br />
Blues · Rainy Night In<br />
Georgia · When U Get<br />
Back · Fool That I Am ·<br />
The Spirit In Me · T-<br />
Bone Shuffle (live) ·<br />
Them Changes ·<br />
Wysiwyg · Don't Worry 'Bout A Thing · I Think I'm Gonna Fall (In<br />
Love) · We Both Believe In Love · Get Up And Dance.<br />
Spielzeit: 79:21.<br />
Mit CD-Text. CD Best.Nr. 27000 20171 D 22,49<br />
Für CD-Abonnenten nur D 19,12<br />
BILLY JOEL BEST<br />
»The Golden<br />
Essentials«<br />
CD 1: Just The Way<br />
You Are · My Life · It’s<br />
Still Rock And Roll To<br />
Me · An Innocent Man ·<br />
Piano Man · You’re My<br />
Home (Live) · Every -<br />
body Loves You Now ·<br />
The Enter tainer ·<br />
Street life Serenader<br />
(Live) · New York State<br />
Of Mind · Say Goodbye<br />
To Hollywood · She’s<br />
Got A Way · Movin’ Out (Anthony’s Song) · She’s Always A<br />
Woman · Honesty · You May Be Right · Don’t Ask Me Why ·<br />
Miami 2017 (Seen The Lights Go Out On Broadway) (Live).<br />
CD 2: Up<strong>to</strong>wn Girl · Tell Her About It · The River Of Dreams ·<br />
The Longest Time · We Didn’t Start The Fire · Goodnight Saigon<br />
· Allen<strong>to</strong>wn · All For Leyna · This Is The Time · Leave A Tender<br />
Moment Alone · A Matter Of Trust · Baby Gran · I Got To<br />
Extremes · Leningrad · The Downeaster ”Alexa“ · You’re Only<br />
Human (Second Wind) · All About Soul (Remix).<br />
Lieferbar ab 3.12.2012. Spielzeit: 154:53. Mit CD-Text.<br />
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Keep On<br />
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»Mein Körper und<br />
ich«. Der BAP-<br />
Drummer auf Solo-<br />
Pfaden: Mit seinem<br />
neuen Projekt erfüllt<br />
sich der schon seit 1987<br />
amtierende BAP-Schlag -<br />
zeuger einen persönlichen<br />
Musiker traum.<br />
Für sein »Jürgen Zöller<br />
Network« produziert<br />
der mittlerweile im<br />
Badischen beheimatete<br />
Zöller zusätzlich zur aktuellen BAP-Tour eine CD mit seinen<br />
Lieblingsmusikern und Freunden, die ihn im Laufe der Karriere<br />
auf der Bühne und im Studio begleitet haben. Und einen ersten<br />
Vorge schmack dafür gibt es jetzt mit dieser Single bei FL45 –<br />
dem Label des Musikjournalisten Frank Laufenberg und ZOUNDS.<br />
Mein Körper und ich (Nobody’s Perfect) · It’s Your Party · Take<br />
You Out Tonight. Spielzeit: 13:02. Mit CD-Text.<br />
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© Pressefo<strong>to</strong><br />
"<br />
Es war schön/einfach schön/endgültig vorbei, aber schön/Winde dreh’n, Menschen geh’n/was<br />
war, kann uns keiner mehr neh’m/denk an unsre Zeit, sie war schön" – so singen die Puhdys im<br />
Titelstück ihrer neuen CD ES WAR SCHÖN. Worte, die man den Altrockern zweifelsohne glauben<br />
kann. Etwa 20 Millionen verkaufte Tonträger und 4500 Konzerte finden sich auf der Habenseite<br />
Ostdeutschlands bekanntester Band, die auch im Westteil des Landes schon seit den 1970ern<br />
eine große Fangefolgschaft hat.<br />
Abschied von einer Legende?<br />
Es war schön" ist nicht der einzige Song des aktuellen<br />
Albums, der von einem gelebten Leben<br />
„ erzählt. Weise und sehr emotional <strong>the</strong>matisiert<br />
die Rockband ebenso Krankheit und Tod. Die Puhdys<br />
befinden sich im nunmehr 44. Jahr ihres Bestehens.<br />
Das älteste Mitglied, Keyboarder Peter Meyer, ist 72<br />
<strong>Jahre</strong> alt, der Sänger Dieter Birr auch schon 68. Das ist<br />
zwar im großen Rock’n’Roll-Zirkus nichts Ungewöhnliches<br />
mehr, doch die Puhdys machen nicht den Fehler,<br />
etwa von 20-jährigen Blondinen zu singen. Es ist dennoch<br />
kein trauriges Album geworden, viele Songs sind<br />
gewohnt fröhlich und optimistisch ausgefallen. Der<br />
Eindruck, es könne sich um<br />
ein Abschiedsalbum handeln,<br />
lässt sich jedoch nicht einfach<br />
ignorieren. „Vielleicht ist es ja<br />
wirklich unser letztes Album",<br />
erklärt Gitarrist Dieter Hertrampf,<br />
„wir haben alle ein gewisses<br />
Alter erreicht. Außerdem<br />
fährt jeder von uns zig tausende<br />
Kilometer durchs Land.<br />
Es kann ja alles sehr schnell<br />
vorbei sein." Wer die Puhdys<br />
– neben Birr, Hertrampf und<br />
Meyer gehören Drummer Klaus<br />
Scharfschwerdt (seit 1979) und<br />
Bassist Peter Rasym (seit 1997) dazu – aber kennt, sie<br />
in Gesprächen erlebt, weiß von der Energie, mit der die<br />
Musiker an den Tag gehen. Ans Aufhören denkt hier<br />
konkret niemand. 2013/14 sind längst durchgeplant,<br />
© Pressefo<strong>to</strong> 1976<br />
von der Akustik<strong>to</strong>ur bis zur Weihnachtsshow. In ihren<br />
Konzerten singen mittlerweile drei Generationen ihre<br />
Hits lauthals mit. Wohltuend unterscheiden sich die<br />
Puhdys von vielen anderen „alten" Formationen. Sie<br />
ruhen sich nicht auf ihren früheren Erfolgen aus, mutieren<br />
nicht zur Oldieband, die sich auf das Abspielen<br />
erprobter Klassiker beschränkt. Akribisch fließen immer<br />
wieder neue Musikströmungen in den Sound ein,<br />
jahrzehntelange Erfahrungen bilden die Basis. Das gilt<br />
auch für ES WAR SCHÖN. Jeder Ton ist unverkennbar<br />
Puhdys, und dennoch handelt es sich um eine sehr<br />
moderne Produktion.<br />
Die Band will es noch mal<br />
wissen und heuerte darum<br />
beim Branchenriesen Universal<br />
an. Das ist neu, denn<br />
nach dem letzten Album<br />
DEZEMBERTAGE, 2001 bei<br />
BMG erschienen, wechselten<br />
die Puhdys zu kleineren Labels<br />
mit überschaubareren Strukturen.<br />
Als dann das Angebot<br />
von Universal kam, fühlten sie<br />
sich dennoch geschmeichelt.<br />
„Die haben ja nachweislich<br />
einige Erfolge vorzuweisen",<br />
schmunzelt Dieter Birr, der von<br />
den Fans „Maschine" genannt wird. „Wir sind sehr<br />
gespannt", sagt Schlagzeuger Klaus Scharfschwerdt,<br />
„unsere Single 'Es war schön' wird jetzt schon von<br />
vielen Radiostationen in Ost und West gespielt. Das<br />
Seite 118 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Von Christian Hentschel<br />
ist neu für uns." Die Band freut sich darüber sehr,<br />
denn wenngleich die Puhdys auch immer in den Medien<br />
präsent waren, beschränkten sich die Airplays auf<br />
die alten Hits. Neu war auch die Entstehungsweise<br />
des neuen Albums. Zwar lassen sich die gestandenen<br />
Rocker nur bedingt in ihre Arbeit hineinreden, doch<br />
die Verantwortlichen von Universal sagten sehr wohl,<br />
wenn ihnen etwas nicht gefiel. „Das gab es bei uns<br />
noch nicht", sagt Dieter Birr. Ein glattgebügeltes,<br />
nur auf Kommerz ausgelegtes Werk ist es aber dennoch<br />
nicht geworden, wie der Sänger ergänzt: „Die<br />
Diskussionen mit dem Label haben zum Nachdenken<br />
angeregt. Beispielsweise haben wir uns entschlossen,<br />
zwei Songs nur in den Downloadportalen anzubieten,<br />
weil sie sich in den Gesamtkontext der Platte nicht<br />
integrieren ließen. Und über eine Single-Auskopplung<br />
hatten wir früher auch nie nachgedacht, wenn etwas<br />
im Radio lief, waren es die alten Hits."<br />
Die Klassiker sind allerdings auch stark genug, die<br />
Jahrzehnte zu überdauern. 1973 erlebten die Puhdys<br />
ihren endgültigen Durchbruch. Für den Kinofilm „Die<br />
Legende von Paul und Paula" schrieb Filmkomponist<br />
Peter Gotthardt die Songs "Wenn ein Mensch lebt"<br />
und "Geh zu ihr", die Puhdys interpretierten sie. Der<br />
Spielfilm, sehr nah am wirklichen Leben in der DDR,<br />
entwickelte sich zum Publikumsmagneten. Auch die<br />
Puhdys profitierten davon. Zwar waren sie da schon<br />
vier <strong>Jahre</strong> in Aktion und hatten mit "Türen öffnen
sich zur Stadt" und einigen anderen Liedern kleinere<br />
Hits, doch über Nacht wurden sie nun zur populärsten<br />
Band Ostdeutschlands.<br />
Beim staatlichen Label Amiga folgte 1974 die erste<br />
LP. Im selben Jahr konnte die Gruppe erstmals ein<br />
Konzertengagement außerhalb des Ostblocks annehmen,<br />
bei einem Brauereifest in Belgien. 1975 spielten<br />
die Puhdys viele Konzerte in niederländischen Disco<strong>the</strong>ken,<br />
bevor es 1976 auch nach Westdeutschland<br />
ging. Zunächst zu einem Dortmunder Festival mit<br />
Frumpy, dann nach Berlin (West) und im November<br />
nach Hamburg. „Die Pilzköpfe vom Alexanderplatz",<br />
titelte die lokale „Morgenpost". Im Publikum saß auch<br />
Udo Lindenberg, der die Ost-Rocker prompt zu sich<br />
einlud. 1977 waren es schon mehrwöchige Tourneen,<br />
die durch die BRD führten. Außerdem gastierten sie<br />
im „<strong>Musikladen</strong>", und gleich drei Puhdys-LPs erschienen<br />
in der Bundesrepublik. Mitunter waren die Puhdys<br />
mehr im Westen unterwegs als im Osten. Songs wie<br />
"Alt wie ein Baum", "Lebenszeit"<br />
oder "Melanie" wurden<br />
in Ost und West gehört. Seit<br />
1980 erschienen die Langspielplatten<br />
in beiden Teilen<br />
des Landes fast zeitgleich, in<br />
der BRD aber oft mit einem<br />
veränderten Cover. Beispiel:<br />
NEUE HELDEN. Es zeigt zwei<br />
Babys, die prima miteinander<br />
klarkommen. An den Windeln<br />
(!) ist zu erkennen, dass es sich<br />
um ein amerikanisches und ein<br />
sowjetisches Kind handelt. Für<br />
die DDR war das im Frühling<br />
1989 offenbar zu spektakulär, die Ost-LP wurde in<br />
schlichtem Blau veröffentlicht.<br />
Es war das vorläufig letzte Puhdys-Jahr. Die Musiker<br />
gingen auf „Goodbye"-Tour und kündigten die Auflösung<br />
der Band an. In Ost-Berlin pilgerten 80.000 Fans<br />
zum vielleicht letzten Konzert auf dem Bebelplatz. Die<br />
Puhdys spielten jährlich 150 Konzerte, nun sahen sie<br />
ihre Zukunft in der Produktion. Lediglich Dieter Birr<br />
und Klaus Scharfschwerdt mussten sofort auf die<br />
Bühnen zurück und tingelten als Maschine & Männer<br />
durchs Land. Doch schon 1992 waren die Puhdys<br />
wieder komplett. Weder die Bandpause noch das Verschwinden<br />
eines ganzen Landes konnten die Popularität<br />
schmälern. Ein Film mit Mario Adorf, ein Duett mit<br />
Rammstein-Sänger Till Lindemann sowie ein Hit ("Hey,<br />
wir woll’n die Eisbären sehn", den<br />
auch Jürgen Drews coverte) sind die<br />
Eckpfeiler des 1990er-Jahrzehnts.<br />
Auch im neuen Jahrtausend behielten<br />
die Puhdys die Nase vorn.<br />
Unter dem Mot<strong>to</strong> „Ost-Rock Klassik"<br />
luden sie Kollegenbands wie<br />
City und Karat sowie das Filmorchester<br />
Babelsberg ein, die größten<br />
Hits klassisch zu interpretieren.<br />
Mit Weihnachtsprogrammen zogen<br />
sie zwischen den Festtagen Zehntausende<br />
in die Konzerthallen. Ein<br />
Spirituosenhersteller veredelte seine<br />
Schnaps-Etiketten mit den Konterfeis<br />
der Puhdys, und in S<strong>to</strong>rkow<br />
bei Berlin gibt es ein Puhdys-Museum.<br />
Nachdem die Musiker 2009<br />
© Pressefo<strong>to</strong> 1995<br />
das <strong>40</strong>-jährige Jubiläum mit großen Livespektakeln,<br />
dem Album ABENTEUER und einer gleichnamigen<br />
Bandbiografie feierten, hätte<br />
es den Musikern niemand<br />
übelgenommen, wenn sie<br />
in Zukunft alles einen Gang<br />
langsamer angegangen wären.<br />
Machen sie aber nicht.<br />
Im Gegenteil: Der Puhdys-<br />
Dampfer steuert wieder volle Kraft voraus, folgerichtig<br />
singen sie in "Unser Schiff": „Auf unserm Schiff, sind<br />
wir zu Haus/werfen keine Anker, steigen nie aus/die<br />
Fahrt ist lang, hört niemals auf/wir nehmen Flauten<br />
und Stürme in Kauf." Es lohnt sich dabei zu sein, ES<br />
WAR SCHÖN ist die beste Puhdys-Platte seit 20 <strong>Jahre</strong>n.<br />
Mindestens.<br />
www.metal-and-wine.de
Es war einmal ...<br />
Von Philipp Roser<br />
17.11. Bob Gaudio schrieb mit 15 als<br />
Co-Au<strong>to</strong>r den ersten Hit "Who Wears<br />
Short Shorts" für seine The Royal Teens,<br />
war später Gründungsmitglied der Four<br />
Seasons, für die er "December '63 (Oh,<br />
What A Night)" verfasste; produzierte Neil<br />
Diamond, Barbra Streisand, Frank Sinatra,<br />
Marvin Gaye, Barry Manilow, komponierte<br />
für das <strong>Music</strong>al „Peggy Sue Got<br />
Married" und TV-Serien. Das Mitglied der<br />
Rock'n'Roll Hall Of Fame und der Songwriters<br />
Hall Of Fame ist nun 70.<br />
20.11. Norman Greenbaum profilierte<br />
sich 1969 als One-Hit-Wonder: Die Tantiemen<br />
für "Spirit In The Sky" sichern ihm<br />
auch mit 70 ein ordentliches<br />
Auskommen.<br />
24.11. Billy Connolly (voc,<br />
g) gründete 1965 in Schottland<br />
The Humbelbums (mit<br />
Gerry Rafferty); nach einer<br />
kurzen Solokarriere verlegte<br />
er sich auf die Schauspiele-<br />
Nor<br />
man Gr<br />
eenen<br />
rei und Stand-up-Comedy. Dreht jetzt mit<br />
70 am liebsten Reiseberichte.<br />
30.11. Bob Moore gehörte als Bassist in<br />
Nashville zum so genannten A-Team der<br />
Sessionmusiker, spielte ab 1958 oft für Elvis<br />
Presley, Roy Orbison, Bob Dylan; gründete<br />
mit Fred Foster Monument Records,<br />
war einige Zeit Mitglied bei Moby Grape<br />
und begeht nun seinen 80. Geburtstag.<br />
30.11. Jimmy Bowens eigene Karriere<br />
war weniger erfolgreich als die als Produzent<br />
von Kenny Rogers, Glen Campbell,<br />
Hank Williams jr., Reba McEntire, Kim<br />
Carnes und Garth Brooks, schuf Soundtracks<br />
und gibt mit 75 noch<br />
längst keine Ruhe.<br />
2.12. Ted Buechel Jr. (voc, g,<br />
b, dr) war 1965 Gründungsmitglied<br />
der Soft- und Folk-Rockgruppe<br />
The Association; war mit<br />
wechselnden Besetzungen bis<br />
Noe<br />
oel lP<br />
Paul<br />
1984 unterwegs, stieg dann aus,<br />
um sich um seinen autistischen Sohn zu<br />
kümmern. Auch wenn im Internet Todesmeldungen<br />
kursieren, soll er seinen 70. fit<br />
begehen.<br />
4.12. Bob Mosley erfuhr am<br />
meisten Aufmerksamkeit als<br />
Bassist/Sänger/Songschmied<br />
von Moby Grape, veröffentlichte<br />
diverse Soloplatten (zuletzt<br />
2005 TRUE BLUE für das<br />
deutsche Taxim-Label), wurde<br />
baum<br />
in seinem Schaffensdrang oft<br />
durch seine Schizophrenie-Erkrankung<br />
gebremst. Gehört nun zum Kreis der 70er.<br />
eenbau<br />
5.12. Little Richard (bürgerlich Richard<br />
Wayne Penniman) mischte ab Mitte der<br />
50er <strong>Jahre</strong> mit Klassikern wie "Tutti Frutti",<br />
"Long Tall Sally", "Rip It Up", "Good<br />
Golly Miss Molly" die Musikszene auf,<br />
der singende Pianist avancierte mit seiner<br />
schrillen Show zum wilden Mann der Szene,<br />
zog sich 1957–1964 ein wenig zurück,<br />
um als Prediger zu amtieren und Gospel<br />
zu in<strong>to</strong>nieren, feierte ein Comeback und<br />
Geburtstage<br />
ist bis heute mit Höhen und Tiefen aktiv.<br />
Das Mitglied der Rock'n'Roll Hall Of Fame<br />
hat mit 80 noch reichlich Power.<br />
au St<br />
ooko ey<br />
30.12. Noel Paul S<strong>to</strong>okey<br />
wurde erfolgreich mit dem<br />
Folktrio Peter, Paul & Mary,<br />
veröffentlichte immer wieder<br />
Soloplatten und ist seit dem<br />
Tod von Mary Allin Travers<br />
2009 allein musikalisch und<br />
als Politaktivist unterwegs,<br />
veröffentlichte kurz vor seinem 75. das<br />
Album CABIN FEVER WALTZ.<br />
31.12. Andy Summers, englischer Multi-Instrumentalist,<br />
wurde berühmt als Gitarrist<br />
von The Police, nachdem er zuvor<br />
schon bei Soft Machine und als vielgefragter<br />
Studiomusiker (u.a. für Eberhard<br />
Schoener) gespielt hatte. Nach dem Ende<br />
von Police solo aktiv (u.a. im New-Age-<br />
Sek<strong>to</strong>r), profilierte sich als Fo<strong>to</strong>graf, ist<br />
mit 70 immer noch gefragt als Studiogast.<br />
2.1. Wolfgang Sauer (Markenzeichen:<br />
Sonnenbrille, die er wegen einer<br />
Augenerkrankung als Kind<br />
trägt) war als Schlagerinterpret<br />
("Tango für den Kommissar",<br />
"Cindy, oh Cindy") erfolgreich,<br />
ersang sich auch einen Ruf als<br />
Jazz- und Bluesvokalist. Tönt<br />
mit 85 leiser.<br />
Chr<br />
is Mon<br />
3.1. Michael Zager spielte ab 1968<br />
Jazz-Rock mit Ten Wheel Drive, mach-<br />
Montez<br />
te viel (Radio-)Werbung, landete mit<br />
der Michael Zager Band im Disco-Genre<br />
(Hit: "Let's All Chant", 1978), produzierte<br />
(Spinners, Johnny Guitar Watson), machte<br />
mit The Moving Images Smooth Jazz;<br />
dazu lehrte der nun 70-Jährige an der<br />
Florida Atlantic University.<br />
6.1. Adriano Celentano gelangte als<br />
Sänger, Schauspieler („Das süße Leben",<br />
„Gib dem Affen Zucker") und TV-Modera<strong>to</strong>r<br />
zu Ruhm und Reichtum. Sein größter<br />
Hit war 1968 das von Paolo Conte<br />
geschriebene "Azzurro". Ist auch mit 75<br />
noch live zu erleben.<br />
7.1. Paul Revere lernte Frisör, zog es<br />
dann aber vor, mit seinen in Uniformen<br />
des Unabhängigkeitskrieges auftretenden<br />
Raiders zu rocken, mit denen der Keyboarder<br />
und Songschreiber bis 1973 zahlreiche<br />
Hits in seiner Heimat USA landete<br />
und auch mit 75 noch eifrig <strong>to</strong>urt.<br />
9.1. Roy Head – der US-Bluey-eyed-<br />
Soulsänger landete mit seiner Band Traits<br />
1965 mit "Treat Her Right" weltweit einen<br />
Hit, zog sich 1985 aus<br />
dem Musikbusiness zurück,<br />
kehrte zu diversen Traits-<br />
Reunions zurück und ist<br />
nun 75.<br />
17.1. Chris Montez tingelt<br />
heute mit 70 immer<br />
noch mit seinem Evergreen<br />
"Let's Dance" von 1962 durch den Oldie-<br />
Zirkel.<br />
Sie könnten mit 65 in den offiziellen Ruhestand gehen:<br />
17.11. Robert "<br />
Stewkey" An<strong>to</strong>ni war<br />
neben Todd Rundgren Leadsänger und<br />
Keyboarder bei The Nazz, spielte zuvor mit<br />
Rick Nielsen und Tom Petersson (Cheap<br />
Trick) bei Fuse und Sick Man Of Europe.<br />
Der fünffache Großvater ist noch mit Nazz<br />
5.0 unterwegs.<br />
20.11. Joe Walsh war schon mit<br />
der James Gang und solo erfolgreich,<br />
als er 1976 bei den Eagles<br />
einstieg. Der begeisterte Funkamateur<br />
veröffentlichte zuletzt<br />
das Solowerk ANALOG MAN.<br />
Joe<br />
Walsh<br />
20.11. George Grantham, der in den<br />
letzten Aufnahmezügen bei Buffalo<br />
Springfield dabei war, trommelte 1969 auf<br />
Neil Youngs Solodebüt, wurde als singender<br />
Drummer von Poco rekrutiert. Nach<br />
einem Schlaganfall 2002 nicht mehr aktiv.<br />
22.11. Sonny Geraci sang bei den Outsiders<br />
und Climax, die mit "Precious And<br />
Few" 1972 einen #3-Hit landeten. Ein<br />
Comebackversuch als Peter Emmett scheiterte<br />
1983, <strong>to</strong>urte nach langer Pause ab<br />
2007 wieder. Ist seit April 2012 und einem<br />
Gehirnaneurysma ein Pflegefall.<br />
25.11. Val Fuentes machte sich einen<br />
Namen als Drummer der psychedelischen<br />
Folk-Rocker It's A Beautiful Day, mit denen<br />
er wieder aktiv ist; war zwischendurch<br />
bei New Riders Of The Purple Sage und<br />
The Moments.<br />
5.12. Jim Messina war<br />
Mitglied von The Dragsters<br />
(gleichnamiges Surfalbum<br />
1966), Buffalo Springfield,<br />
Poco, Loggins & Messina,<br />
arbeitete später als Mixer<br />
und Produzent und ist<br />
noch solo unterwegs.<br />
6.12. Kim Simmonds ist<br />
seit 1966 singender Gitarrist<br />
und Bandleader von Savoy<br />
Brown, hat für das Frühjahr<br />
eine neue Scheibe angekündigt.<br />
Betätigt sich nebenbei<br />
live und auf Platte auch als<br />
Akustik-Solokünstler.<br />
Gregg<br />
All<br />
man<br />
8.12. Gregg Allman schreibt als singender<br />
Keyboarder mit der Allman Bro<strong>the</strong>rs<br />
Band seit 1969 (Blues & Sou<strong>the</strong>rn-)<br />
Rockgeschichte, war stets auch als Solist<br />
aktiv (letztes Album: 2011 LOW COUNTRY<br />
BLUES), <strong>to</strong>urt immer noch, hat allerdings<br />
seit seiner Lebertransplantation 2010 immer<br />
wieder gesundheitliche Probleme.<br />
28.12. Dick Diamonde (bürgerlich: Dingeman<br />
Ariaan van der Sluys) spielte Bass<br />
bei den Easybeats.<br />
30.12. Jeff Lynne sammelte<br />
erste Erfahrungen bei Idle Race<br />
und The Move, führte das Electric<br />
Light Orchstra auf Erfolgshöhen,<br />
war bei den Traveling<br />
Wilburys dabei, ist als Produzent<br />
Don<br />
ald<br />
gefragt – derzeit an<br />
der Veröffentlichungsfront mit<br />
LONG WAVE aktiv.<br />
2.1. Kerry Minnear studierte<br />
Musik, stieß 1970 als Keyboarder<br />
(und Gelegenheitssänger)<br />
zu Gentle Giant. Lebt heute<br />
zurückgezogen in den UK-Midlands.<br />
7.1. Kenny Loggins – der US-Soft-<br />
Rocker war mit Jim Messina unterwegs<br />
(Loggins & Messina), debütierte 1977<br />
solo, erhielt für "Footloose" eine Oscar-<br />
Nominierung und ist heute auch mit<br />
dem Countrytrio Blue Sky Riders aktiv.<br />
10.1. Scott English landete 1971 mit<br />
dem selbst verfassten "Brandy" im UK<br />
auf #12, (Barry Manilow machte 1974<br />
daraus den Abräumer<br />
"Mandy"). English arbeitete<br />
danach als Songau<strong>to</strong>r und<br />
Produzent.<br />
10.1. Donald Fagen<br />
gründete 1972 mit Walter<br />
Becker die Kultband Stee-<br />
gen<br />
ly Dan, sang und spielte<br />
Keyboards. Veröffentlichte hochwertige<br />
Solo-Alben, zuletzt gerade SUNKEN<br />
CONDOS.<br />
Fa<br />
gen<br />
14.1. Allen Toussaint begleitete schon<br />
früh Fats Domino im Studio, veröffentlichte<br />
1958 seine erste eigene Single<br />
"Whirlaway" (noch als Al Tousan), leitete<br />
das Minit-Label, entwickelte sich zum<br />
vielgefragten Songlieferanten, Mitspieler<br />
und Produzenten in New Orleans.<br />
Hat bislang 818 Songs bei der BMI registriert!<br />
Seite 120 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Gedenktage<br />
Gerald "<br />
Gerry" Lockran (*19.7.1942), in<br />
Indien geborener und im UK aufgewachsener<br />
Gitarrist spielte Folk und Blues, <strong>to</strong>urte in Europa<br />
und den USA, zog 1981 nach Amerika,<br />
erlitt ein Jahr später auf Tour in Deutschland<br />
einen Herzinfarkt, weniger später einen<br />
Schlaganfall, deren Folgen ihn am 17.11.1987<br />
das Leben kosteten.<br />
Danny Whitten (29) machte sich sowohl<br />
einen Namen als Gitarrist bei Crazy Horse<br />
(an der Seite Neil Youngs) als auch als Songschmied<br />
– aus seiner Feder stammte das vielgecoverte<br />
"I Don't Want To Talk About It".<br />
Starb am 18.11.1972 an einer fatalen Mixtur<br />
aus Medikamenten und Drogen.<br />
Robert „Bobby" Nelson Relf (*10.1. 1937)<br />
veröffentlichte in den 50er solo, war Mitglied<br />
bei den Doo-Woppern The Laurels, dann den<br />
Crescendoes und Hollywood Flames, landete<br />
1963 mit dem Duo Bob & Earl den Hit<br />
"Harlem Shuffle" (mit Partner Bobby Day<br />
alias Bobby Byrd); nahm als Bobby Valentino<br />
und Bobby Garrett auf, produzierte<br />
Jackie Lee und Barry White, starb nach längerer<br />
Krankheit am 20.11.2007.<br />
Hadda Brooks (29.10.1916) konnte auf<br />
eine 60 <strong>Jahre</strong> anhaltende Karriere als Sängerin<br />
von Blues, Boogie, R&B und Torch Songs zurückblicken,<br />
als sie 21.11.2002 an den Folgen<br />
einer Herzoperation starb.<br />
Michael Hutchence (22.1.1960) führte<br />
INXS ab 1979 als Sänger zu Welterfolgen,<br />
wurde am 22.11.1997 unter ungeklärten Umständen<br />
mit einem Gürtel erhängt in einem<br />
Hotel in Sydney aufgefunden. Sexspielchen<br />
sollen möglicherweise eine Rolle gespielt haben.<br />
June Tyson (*5.2.1936) sang von 1968<br />
bis zu ihrem krebsbedingten Ableben am<br />
24.11.1992 mit Sun Ra.<br />
Eagles, war in diversen Spielfilmen zu sehen,<br />
starb beim Joggen am 2.12.1982 in New York.<br />
Michael Hedges (*31.12.1953) gehörte zu<br />
den innovativsten und stilistisch vielseitigsten<br />
(Akustik-)Gitarristen der 80er <strong>Jahre</strong>, nahm für<br />
das renommierte Windham-Hill-Label auf<br />
und kam am 2.12.1997 bei einem Au<strong>to</strong>unfall<br />
in seiner Heimat Kalifornien ums Leben.<br />
Thomas "<br />
Tommy" Cogbill war einer der<br />
gefragtesten Sessionbassisten der 60er und<br />
70er <strong>Jahre</strong>, arbeitete in Memphis und verewigte<br />
sich mit seinem Basslauf auf Dusty<br />
Springfields Hit "Son Of A Preacher Man"<br />
(1969). Auf Aufnahmen von Elvis Presley, Kris<br />
Kris<strong>to</strong>fferson, Aretha Franklin, J.J. Cale, Chuck<br />
Berry, Dolly Par<strong>to</strong>n und Neil Diamond zu hören<br />
– legte sein Instrument am 7.12.1982 für<br />
immer aus der Hand.<br />
Otis Redding<br />
(*9.9.1941) hat sich<br />
mit Klassikern wie<br />
"These Arms Of<br />
Mine", "Mr. Pitiful",<br />
"Respect", vor allem<br />
aber dem posthum<br />
Oi<br />
Oti<br />
sR edding<br />
gecharteten "(Sittin'<br />
On) The Dock Of The Bay" unsterblich<br />
gemacht. Der Sohn eines Predigers avancierte<br />
zu einer prägenden Gestalt des Memphis<br />
Soul und kam viel zu früh ums Leben, als das<br />
Flugzeug mit ihm und vier Musikern seiner<br />
Begleitband The Bar-Kays (Ronnie Caldwell/keys,<br />
Jimmy King/g, Phalon Jones/<br />
sax und Carl Cunningham/dr) am 10. Dezember<br />
1967 in Madison abstürzte.<br />
Simon Jeffes (*19.2.1949), englischer Gitarrist,<br />
Komponist und Arrangeur führte 24<br />
<strong>Jahre</strong> lang bis zu seinem Tod am 11.12.1997<br />
(Gehirntumor) das Penguin Cafe Orchestra<br />
an, mit dem er die Grenzen zwischen Klassik,<br />
Rock und Folk überwand.<br />
selbst auf, kooperierte mit Leon Russell und<br />
erneut mit Waters. Als er am 19.12.1997<br />
überraschend starb, arbeitete er gerade mit<br />
Eric Clap<strong>to</strong>n, Robert Plant, Jimmy Page, Taj<br />
Mahal, Stephen Stills, Jeff Healey und Keith<br />
Richards an einem All-Star-Projekt<br />
– das Ergebnis BLUES, BLUES,<br />
BLUES erschien 1999 posthum.<br />
Albert King (*25.4.1923) avancierte<br />
zu einer der einflussreichsten<br />
Persönlichkeiten im Blues –<br />
viele Gitarristen berufen sich bis<br />
Albe ert<br />
Ki<br />
heute auf ihn als Vorbild. Nach<br />
ersten Aufnahmen Anfang der 50er <strong>Jahre</strong><br />
in Chicago zog er nach Memphis, veröffentlichte<br />
dort auf Stax. Spielte wie Jimi<br />
Hendrix, John Mayall und Janis Joplin am<br />
1.2.1968 in San Francisco bei der Eröffnung<br />
des Fillmore West, <strong>to</strong>urte mit dem St. Louis<br />
Symphony Orchestra. Starb am 19.12.1992<br />
an einem Herzinfarkt.<br />
Jackie Landry (*22.5.1941) sang von<br />
1957 bis 1970 bei der ersten landesweit<br />
erfolgreichen Frauen-Popgruppe The Chantels.<br />
Starb am 23.12.1997 an Brustkrebs.<br />
Conny Plank (3.5.19<strong>40</strong>) war Tonstudio-<br />
Pionier nicht nur der deutschen Rockszene,<br />
arbeitete als Tonmeister und Produzent für<br />
Cluster, Ash Ra, die Scorpions, Gomorrha,<br />
<br />
King<br />
Ber<br />
ry Oak<br />
ley<br />
Neu!, Guru Guru, Kraan und vor allem dann<br />
Kraftwerk, Grobschnitt, Ultravox, Devo, Eurythmics<br />
oder Brian Eno. Daneben nahm<br />
Plank im Duo mit Dieter Moebius vier eigene<br />
Alben auf. Während der Arbeit am ersten<br />
Solo-Album von Heiner<br />
Pudelko (Interzone) erlag<br />
Plank völlig überraschend<br />
am 18.12.1987 einem Krebsleiden.<br />
Eddie Hazel (10.4.1950)<br />
sorgte für die richtigen<br />
Gitarrentöne bei den P-<br />
Funkern Parliament und Funkadelic, mit<br />
denen er 1997 posthum in die Rock'n'Roll<br />
Hall Of Fame aufgenommen wurde. Nierenversagen<br />
und innere Blutungen hatten am<br />
23.12.1992 zu seinem Ableben geführt.<br />
Hank Williams (*17.9.1923) gilt als die<br />
Country-Ikone schlechthin, sowohl als Interpret<br />
wie auch als Songschmied – sein<br />
erster Hit "Lovesick Blues" öffnete ihm<br />
1949 alle Türen. Er kämpfte früh mit Alkohol-<br />
und Drogenproblemen. Er wurde<br />
am 1.1.1953 von einer Polizeistreife <strong>to</strong>t<br />
in seinem Au<strong>to</strong> aufgefunden. Offizielle<br />
Todesursache war zwar ein Herzinfarkt,<br />
doch ein fataler Drogen- und Medikamentenmix<br />
dürfte eine größere Rolle gespielt<br />
haben.<br />
Fen<strong>to</strong>n Robinson (*23.9.1935) nahm seine<br />
erste (Blues-)Single "Tennessee Woman"<br />
1957 in Memphis auf, zog 1962 nach Chicago<br />
weiter, nahm für Alliga<strong>to</strong>r auf, saß wegen<br />
Totschlags neun Monate im Knast und starb<br />
am 25.11.1997 an einem Gehirntumor.<br />
Wayne Bennett (*13.12.1931) griff für<br />
Bobby Bland, Buddy Guy, John Lee Hooker,<br />
die Chi-Lites, aber auch viele Jazzer in seine<br />
Gitarrensaiten. Starb am<br />
28.11.1992.<br />
Paul Ryan (*24.10.1948)<br />
war mit seinem Zwillingsbruder<br />
Barry als Duo unterwegs,<br />
zog sich aber bald<br />
zurück und überließ dem<br />
Bruder das Scheinwerfer-<br />
Nic olett<br />
tte<br />
Lars<br />
rson<br />
licht. Schrieb dessen 1968er Welthit "Eloise",<br />
aber auch für Dana, Dalida sowie Frank Sinatra.<br />
Ging am 29.11.1992 für immer.<br />
David Blue (*18.2.1941) war integraler Bestandteil<br />
der Greenwich-Village-Folkszene,<br />
<strong>to</strong>urte später mit Bob Dylans „Rolling Thunder<br />
Revue", schrieb "Outlaw Man" für die<br />
Clif<strong>to</strong>n Chenier (26.6.1925), der „King Of<br />
Zydeco", war ab Mitte der 50er mit seinem<br />
Akkordeon unterwegs, 1983 gewann er einen<br />
Grammy für sein Album I'M HERE! Diabeteskrank<br />
musste ihm ein Fuß amputiert werden,<br />
er starb am 12.12.1987 an Nierenversagen.<br />
Kurt Winter (*2.4.1946) stieg 1970 als<br />
Nachfolger Randy Bachmans als Gitarrist<br />
bei Guess Who ein, schrieb gemeinsam mit<br />
Sänger Bur<strong>to</strong>n Cummings zahlreiche<br />
Songs, u.a. "Clap For The Wolfman",<br />
stieg 1974 aus und kehrte dem Musikgeschäft<br />
den Rücken. Erlag am<br />
14.12.1997 einem Nierenversagen.<br />
Nicolette Larson (*17.7. 1952)<br />
startete als Chorsängerin bei Commander<br />
Cody, arbeitete mit Emmylou<br />
Harris, Linda Ronstadt, Neil Young, den<br />
Doobie Bro<strong>the</strong>rs und Rodney Crowell, lieferte<br />
auf ihren eigenen Alben Westcoast-Rock.<br />
Ein Blutgerinnsel im Gehirn kostete sie am<br />
16.12.1997 das Leben.<br />
Jimmy Rogers (*3.6.1924) spielte ab<br />
1947 Gitarre in Muddy Waters' Band, nahm<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 121
Konzertkalender<br />
präsentiert:<br />
ALAN PARSONS LIVE<br />
PROJECT<br />
www.mfpconcerts.com<br />
15.03. Hamburg, Laeiszhalle<br />
16.03. Weimar,<br />
Congress Centrum<br />
18.03. Nürnberg,<br />
Meistersingerhalle<br />
19.03. Mainz, Phönixhalle<br />
21.03. Stuttgart, Liederhalle<br />
22.03. Wien, Gasometer<br />
24.03. CH-Zürich,<br />
Kongresszentrum<br />
DAN BAIRD & HOMEMADE SIN<br />
www.danbairdandhomemadesin.com<br />
16.11. Duisburg, Parkhaus<br />
19.11. Nürnberg, Hirsch<br />
21.11. Habach, Village<br />
BARCLAY JAMES HARVEST<br />
feat. Les Holroyd<br />
www.kul<strong>to</strong>polis.com<br />
28.11. Erfurt, Alte Oper<br />
29.11. Osnabrück, Rosenhof<br />
30.11. Bremen, Aladin<br />
02.12. Paderborn, Paderhalle<br />
05.12. Donaueschingen,<br />
Donauhalle<br />
06.12. Düdingen, Podium<br />
07.12. CH-Biel, Rockin<br />
Christmas Marquee<br />
09.03. Lohmar, Jabachhalle<br />
11.05. Freising, Festival<br />
12.05. Augsburg, Spectrum<br />
31.07. CH-Cevio, Festival<br />
BOPPIN' B<br />
www.boppinb.de<br />
16.11. Altenkunstadt,<br />
Nepomuk<br />
17.11. Mark<strong>the</strong>idenfeld,<br />
Lichtspielhaus<br />
22.11. Oldenburg, Cadillac<br />
23.11. Köln, Underground<br />
24.11. A-Marbach, Riot Show<br />
25.11. Saarbrücken, Garage<br />
30.11. Landau, Altes Kaufhaus<br />
01.12. Kassel, Fiasko<br />
07.12. Fulda, Alte Piesel<br />
08.12. Hasselfelde, Festival<br />
14.12. Emden, Alte Post<br />
15.12. Lünen, Lükaz<br />
21.12. Regensburg, Gloria<br />
22.12. Freudenburg, Ducsal<br />
23.12. Schwäbisch Hall,<br />
Kantine 26<br />
26.12. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
27.12. Frankfurt, Batschkapp<br />
28.12. Hamburg, Logo<br />
29.12. Osnabrück, Rosenhof<br />
30.12. Ingolstadt,<br />
Eventpark West<br />
ALLISON BURNSIDE EXPRESS<br />
www.jazzhausbooking.com<br />
09.01. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
10.01. Minden, Jazzclub<br />
11.01. Berlin, Quasimodo<br />
12.01. Wilhelmshaven,<br />
Pumpwerk<br />
13.01. Rheinberg,<br />
Schwarzer Adler<br />
15.01. Bonn, Harmonie<br />
16.01. Hamburg,<br />
Down<strong>to</strong>wn Bluesclub<br />
17.01. Dortmund, Piano<br />
19.01. Hannover, Bluesgarage<br />
21.01. Kaiserslautern,<br />
Kammgarn<br />
22.01. Koblenz, Cafe Hahn<br />
23.01. Mainz, KUZ<br />
25.01. Freiburg, Jazzhaus<br />
26.01. CH-Cham,<br />
Live In Cham<br />
HAMBURG BLUES BAND &<br />
FRIENDS<br />
www.handmadeconcerts.de<br />
30.11. Braunschweig,<br />
Barnaby's<br />
01.12. Wissen, Kulturwerk<br />
07.12. Rheinberg,<br />
Schwarzer Adler<br />
08.12. Melle, Kulturwerkstatt<br />
14.12. Ros<strong>to</strong>ck, Pumpe<br />
15.12. Erfurt, HsD<br />
Gewerkschaftshaus<br />
21.12. Oldenburg, Charly's<br />
22.12. Worpswede, <strong>Music</strong> Hall<br />
04.01. Freiburg, Jazzhaus<br />
05.01. Garching,<br />
Gasthof zum Bräu<br />
10.01. Bensheim, Kolpinghaus<br />
12.01. Schwerin, Speicher<br />
17.01. Bonn, Harmonie<br />
18.01. Göttingen, Musa<br />
19.01. Rheine, Tholi<br />
08.02. Minden, BÜZ<br />
09.02. Schöneiche,<br />
Kulturgießerei<br />
15.02. Hamburg, Fabrik<br />
16.02. Bordesholm,<br />
Savoy Kino<br />
21.02. Kaiserslautern,<br />
Kammgarn<br />
22.02. Wuppertal, LCB<br />
23.02. Koblenz, Café Hahn<br />
01.03. Bocholt, Alte Molkerei<br />
02.03. Hamm, Kulturwerkstatt<br />
12.03. A-Linz, Arbeiterkammer<br />
15.03. A-Ried, KiK<br />
16.03. Marburg, KFZ<br />
22.03. Berlin, Quasimodo<br />
23.03. Forst, Manitu<br />
28.03. Ravensburg,<br />
Zehntscheuer<br />
30.03. Torgau, Kulturbastion<br />
05.04. Idstein, Scheuer<br />
06.04. Baden Baden, Bluesclub<br />
30.04. A-Wien, Reigen<br />
01.05. Habach, Village<br />
03.05. Mannheim, Hbf.<br />
04.05. Heidelberg, Hbf.<br />
10.05. Husum, Speicher<br />
11.05. Cloppenburg, Bebop<br />
17.05. Soest,<br />
Alter Schlachthof<br />
RANDY HANSEN & BAND<br />
www.jazzhausbooking.com<br />
16.11. Fulda, Alte Piesel<br />
17.11. Esslingen, Dieselstraße<br />
HARLEM GOSPEL SINGERS<br />
www.harlemgospelsingers.de<br />
21.12. CH-Genf,<br />
Théâtre du Léman<br />
22.12. Bregenz, Festspielhaus<br />
23.12. Nürnberg,<br />
Meistersingerhalle<br />
25.12. Stuttgart, Liederhalle<br />
26.12. Mannheim, Rosengarten<br />
27.+28.12. CH-Zürich,<br />
Kongresshaus<br />
29.12. CH-Basel, Stadtcasino<br />
31.12. Essen,<br />
Colosseum Theater<br />
03.+04.01. Köln, Philharmonie<br />
05.+06.01. Düsseldorf,Tonhalle<br />
07.01. Frankfurt, Alte Oper<br />
09.01. Bremen, Glocke<br />
10.01. Hamburg, CCH1<br />
11.+12.01. Dortmund,<br />
Konzerthaus<br />
14.01. Leipzig, Gewandhaus<br />
15.–19.01. München,<br />
Deutsches Theater<br />
20.01. CH-Luzern, Kultur- und<br />
Kongresszentrum<br />
JOHN IDAN GROUP<br />
www.viking-music.de<br />
23.11. Obing, Kleinkunstbühne<br />
zur Post<br />
24.11. Habach, Village<br />
LEVELLERS<br />
www.levellers.co.uk<br />
28.11. Münster, Gleis 22<br />
LITTLE FEAT<br />
www.lb-events.de<br />
12.02. Hamburg, Grünspan<br />
JOHN MAYALL<br />
www.assconcerts.com<br />
16.11. Oldenburg, Kulturetage<br />
17.11. Osnabrück, Rosenhof<br />
18.11. Bochum, Zeche<br />
19.11. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
20.11. Freiburg, Jazzhaus<br />
21.11. München, Muffathalle<br />
22.11. Dresden,<br />
Alter Schlachthof<br />
23.11. Erfurt, HsD<br />
Gewerkschaftshaus<br />
24.11. Affalter, Zur Linde<br />
25.11. Berlin, C Club<br />
26.11. Köln, Die Kantine<br />
PROCOL HARUM &<br />
Sinfonieorchester Wuppertal<br />
www.cts.de<br />
05.+06.04. Wuppertal,<br />
Stadthalle<br />
ACHIM REICHEL<br />
www.assconcerts.com<br />
16.11. Heide, Stadt<strong>the</strong>ater<br />
17.11. Wuns<strong>to</strong>rf, Stadt<strong>the</strong>ater<br />
19.11. Gummersbach,<br />
Theater<br />
20.11. Verden, Stadthalle<br />
21.11. Cloppenburg,<br />
Stadthalle<br />
23.11. Bremerhaven,<br />
Stadthalle<br />
24.11. Helgoland,<br />
Nordseehalle<br />
SAGA<br />
www.dmc-music.de<br />
16.11. CH-Pratteln, Z7<br />
17.11. München, Muffathalle<br />
ERIC SARDINAS & BIG<br />
MOTOR<br />
www.jazzhausbooking.com<br />
16.11. Berlin, Quasimodo<br />
17.11. Hannover, Bluesgarage<br />
STATUS QUO<br />
www.kb-k.com<br />
Seite 122 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
16.11. Köln, Palladium<br />
17.11. Aurich,<br />
Sparkassen-Arena<br />
VARGAS BLUES BAND<br />
www.mfpconcerts.com<br />
25.01. Köln, Yard Club<br />
26.01. Frankfurt, Nachtleben<br />
29.01. München,<br />
Garage deLuxe<br />
30.01. Augsburg, Spectrum<br />
31.01. Fulda, Alte Piesel<br />
01.02. Hannover,<br />
Bluesgarage<br />
WISHBONE ASH<br />
www.assconcerts.com<br />
22.01. Twist, Heimathaus<br />
23.01. Bonn, Harmonie<br />
24.01. Esslingen, Dieselstraße<br />
25.01. Karlsruhe, Substage<br />
27.01. Mannheim, Alte Seilerei<br />
29.01. München, Ampère<br />
30.01. Nürnberg, Hirsch<br />
31.01. Freiburg, Jazzhaus<br />
01.02. CH-Zug, Chollerhalle<br />
02.02. CH-Rubigen,<br />
Mühle Hunziken<br />
05.02. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
06.02. Tübingen, Sudhaus<br />
15.02. Osnabrück, Rosenhof<br />
16.02. Affalter, Zur Linde<br />
17.02. Braunschweig,<br />
Meier <strong>Music</strong> Hall<br />
19.02. Oberhausen,<br />
Zentrum Altenberg<br />
20.02. Hamburg, Fabrik<br />
21.02. Leipzig, Moritzbastei<br />
22.02. Hannover,<br />
Bluesgarage<br />
23.02. Berlin, Quasimodo<br />
24.02. Dortmund, Piano<br />
MUSICALS<br />
ALL YOU NEED IS LOVE<br />
Das Beatles-<strong>Music</strong>al<br />
www.cofo.de<br />
14.12.–30.04.<br />
MASSACHUSETTS<br />
Das Bee Gees-<strong>Music</strong>al<br />
www.resetproduction.de<br />
16.01.– 29.04.<br />
HEY TONIGHT<br />
Das CCR-<strong>Music</strong>al<br />
www.resetproduction.de<br />
08.01.–30.04.<br />
ANIMALS<br />
www.kul<strong>to</strong>polis.com<br />
03.04. CH-Pratteln, Galery<br />
04.04. Friedrichshafen,<br />
Bahnhof Fischbach<br />
05.04. Regensburg,<br />
Kulturzentrum<br />
11.04. Neuss, Ham<strong>to</strong>rkrug<br />
12.04. Pleißenthal, Stadthalle<br />
14.04. Stemwede,<br />
Live House<br />
JOAN ARMATRADING<br />
www.hypertension-music.de<br />
26.11. Köln, Gloria<br />
27.11. Hannover, Pavillon<br />
29.11. Pforzheim, Kulturhaus<br />
30.11. Darmstadt,<br />
Centralstation<br />
01.12. Worpswede,<br />
<strong>Music</strong> Hall<br />
02.12. Berlin, Kesselhaus<br />
05.12. Oldenburg,<br />
Kulturetage<br />
06.12. Hamburg, Fabrik<br />
08.12. Offenburg, Reithalle<br />
THE AUSTRALIAN PINK<br />
FLOYD SHOW<br />
www.fkpscorpio.com<br />
12.04. Trier, Arena<br />
13.04. Oberhausen,<br />
KöPi-Arena<br />
14.04. Emden, Nordseehalle<br />
16.04. Berlin, Tempodrom<br />
17.04. Hannover, AWD Hall<br />
18.04. Köln, Lanxess Arena<br />
19.04. Leipzig, Arena<br />
21.04. Chemnitz, Stadthalle<br />
23.04. Neu-Ulm,<br />
Ratiopharm Arena<br />
24.04. Ludwigsburg, Arena<br />
26.04. Bremerhaven,<br />
Stadthalle<br />
27.04. Hamburg, o2 World<br />
28.04. Frankfurt,<br />
Jahrhunderthalle<br />
BARCLAY JAMES HARVEST<br />
feat. John Lees<br />
www.live-concept.de<br />
13.04. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
14.04. Stuttgart, LKA<br />
15.04. CH-Pratteln Z7<br />
16.04. Ravensburg,<br />
Schwabenhalle<br />
18.04. Leipzig, Gewandhaus<br />
19.04. Dresden,<br />
Alter Schlachthof<br />
20.04. Neuruppin, Kulturkirche<br />
21.04. Berlin, Kesselhaus<br />
PHILLIP BOA &<br />
THE VOODOOCLUB<br />
www.phillipboa.de<br />
16.11. Fulda, Kreuz<br />
17.11. Dresden,<br />
Alter Schlachthof<br />
23.11. Celle, CD Kaserne<br />
24.11. Münster, Sputnikhalle<br />
30.11. Lingen,<br />
Alter Schlachthof<br />
01.12. Bochum, Zeche<br />
07.12. Kassel, Panoptikum<br />
08.12. Berlin,<br />
Huxleys Neue Welt<br />
JOE BONAMASSA<br />
www.jbonamassa.com<br />
05.03. Ravensburg,<br />
Oberschwabenhalle<br />
07.03. Freiburg, Konzerthaus<br />
09.03. Stuttgart, Liederhalle<br />
11.03. Nürnberg,<br />
Meistersingerhalle<br />
12.03. München,<br />
Kleine Olympiahalle<br />
14.03. Dortmund,<br />
Westfalenhalle 2<br />
15.03. Hannover, AWD Halle<br />
17.03. Hamburg, CCH
Konzertkalender<br />
ANGELO BRANDUARDI<br />
www.<strong>to</strong>urneen.com<br />
16.11. Geiselwind,<br />
Strohofer Halle<br />
17.11. Ludwigshafen,<br />
Theater im Pfalzbau<br />
19.11. Stuttgart, Theaterhaus<br />
20.11. Düsseldorf, Tonhalle<br />
21.11. Stade, Stadeum<br />
22.11. Bremen, Glocke<br />
23.11. Bielefeld,<br />
Ringlokschuppen<br />
27.11. Köln, Theater<br />
am Tanzbrunnen<br />
28.11. Mainz, Kurfürstliches<br />
Schloss<br />
30.11. Schwäbisch Gmünd,<br />
Stadtgarten<br />
01.12. Saarbrücken,<br />
Congresshalle<br />
TONY CAREY BAND<br />
www.<strong>to</strong>nycarey.com<br />
27.11. Nürnberg, Hirsch<br />
28.11. Ingolstadt, Ohrakel<br />
29.11. Erding, Schiaßn<br />
30.11. München,<br />
Garage Deluxe<br />
19.12. Braunschweig,<br />
Meier <strong>Music</strong> Hall<br />
20.12. Hamburg, Kaiserkeller<br />
21.12. Bremen, Tivoli<br />
PAUL CARRACK<br />
www.india-media.de<br />
02.12. Neckarsulm,<br />
Audi Forum<br />
10.12. Mannheim, Rosengarten<br />
11.12. Karlsruhe, Konzerthaus<br />
13.12. Stuttgart, Liederhalle<br />
16.12. CH-Visp,<br />
Theatre La Poste<br />
17.12. Friedrichshafen,<br />
Zeppelinhalle<br />
CITY<br />
www.city-internet.de<br />
24.11. Kölpinsee,<br />
Strandhotel Seerose<br />
14.12. Hemelingen,<br />
Aladin <strong>Music</strong> Hall<br />
27.12. Magdeburg,<br />
Johanniskirche<br />
28.12. Berlin, Konzertsaal<br />
der HdK<br />
29.12. Schwedt, Theater<br />
30.12. Suhl, CCS<br />
03.01. Chemnitz, Brauclub<br />
04.01. Erfurt, Alte Oper<br />
05.01. Jena, Volkshaus<br />
06.01. Staßfurt,<br />
Salzland<strong>the</strong>ater<br />
11.01. Barth,<br />
Vineta Sportarena<br />
12.01. Grevesmühlen,<br />
Sporthalle<br />
13.01. Greifswald,<br />
Mehrzweckhalle<br />
18.01. Neubrandenburg,<br />
Marienkirche<br />
19.01. Ros<strong>to</strong>ck, Nikolaikirche<br />
20.01. Schwerin, Capi<strong>to</strong>l<br />
15.02. Eisenhüttenstadt,<br />
Theater<br />
16.02. Leipzig, Theaterfabrik<br />
22.02. Riesa, Stadthalle Stern<br />
23.02. Neuruppin,<br />
Stadtpfarrkirche<br />
02.03. Coswig, Börse<br />
07.03. Potsdam, Nikolaisaal<br />
CLANNAD<br />
www.assconcerts.com<br />
21.01. Mainz,<br />
Kurfürstliches Schloss<br />
22.01. Stuttgart, Theaterhaus<br />
23.01. Köln, Theater<br />
am Tanzbrunnen<br />
24.01. Erfurt, Alte Oper<br />
25.01. Chemnitz, Markuskirche<br />
27.01. Hannover, Theater<br />
am Aegi<br />
ERIC CLAPTON<br />
www.clap<strong>to</strong>n.de<br />
29.05. Frankfurt, Festhalle<br />
30.05. Berlin, o2 World<br />
01.06. Hamburg, o2 World<br />
02.06. Leipzig, Arena<br />
09.06. München, Olympiahalle<br />
12.06. Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
14.06. Oberhausen, KöPi-Arena<br />
18.06. Nürnberg,<br />
Arena Nürnberger Vers.<br />
JOE COCKER<br />
www.prknet.de<br />
12.04. München, Olympiahalle<br />
13.04. Nürnberg,<br />
Arena Nürnberger Vers.<br />
16.04. Leipzig, Arena<br />
17.04. Neu-Ulm,<br />
Ratiopharm Arena<br />
19.04. Halle,<br />
Gerry Weber Stadion<br />
20.04. Bremen, ÖVB-Arena<br />
22.04. Köln, Lanxess Arena<br />
24.04. Frankfurt, Festhalle<br />
25.04. Berlin, o2 World<br />
27.04. Erfurt, Messehalle<br />
28.04. Mannheim, SAP Arena<br />
30.04. Freiburg, Rothaus Arena<br />
03.05. Oberhausen,<br />
KöPi-Arena<br />
04.05. Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
07.05. Hannover, TUI Arena<br />
08.05. Hamburg, o2 World<br />
23.05. Zwickau, Stadthalle<br />
25.05. Magdeburg,<br />
Bördelandhalle<br />
26.05. Ros<strong>to</strong>ck, Stadthalle<br />
DEEP PURPLE<br />
www.kb-k.com<br />
16.11. Bremen, Halle 7<br />
17.11. Hannover, AWD-Hall<br />
20.11. Kiel, Sparkassen Arena<br />
22.11. Frankfurt, Festhalle<br />
23.11. Oberhausen, KöPi-Arena<br />
24.11. Hamburg, o2 World<br />
26.11. Leipzig, Arena<br />
27.11. Berlin, o2 World<br />
29.11. Augsburg,<br />
Schwabenhalle<br />
30.11. München, Olympiahalle<br />
01.12 Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
DORO<br />
www.ics-int.com<br />
16.11. Bremen, Aladin<br />
28.11. Stuttgart, Longhorn<br />
30.11. Memmingen,<br />
Kaminwerk<br />
01.12. A-Wien, Szene<br />
06.12. Bochum, Zeche<br />
07.12. Karlsruhe, Substage<br />
08.12. Vacha, Vachwerk<br />
09.12. Berlin,<br />
Huxleys Neue Welt<br />
11.12. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
DUBLINERS<br />
www.karsten-jahnke.de<br />
30.11. Berlin, Tempodrom<br />
02.12. Dresden, Schlachthof<br />
03.12. Braunschweig,<br />
Stadthalle<br />
04.12. Cloppenburg,<br />
Stadthalle<br />
05.12. Kiel, Schloss<br />
06.12. Lübeck, MuK<br />
07.12. Flensburg,<br />
Deutsches Haus<br />
08.12. Hamburg, CCH<br />
EPITAPH<br />
www.m2-music.com<br />
27.11. Capi<strong>to</strong>l, Köln<br />
ANDY FAIRWEATHER LOW<br />
& THE LOW RIDERS<br />
www.rock-<strong>the</strong>-earth.de<br />
30.11. Dortmund,<br />
Musik<strong>the</strong>ater Piano<br />
01.12. Hannover, Bluesgarage<br />
02.12. Frelsdorf,<br />
Kulturtransport<br />
04.12. Bremen, Meisenfrei<br />
05.12. Hamburg,<br />
Down<strong>to</strong>wn Bluesclub<br />
06.12. Bad Salzufl en, Bahnhof<br />
07.12. Eckernförde,<br />
Carls Showpalast<br />
08.12. Torgau, Kulturbastion<br />
11.12. Kirchheim, Bastion<br />
12.12. A-Wels, Sound<strong>the</strong>atre<br />
13.12. Ingolstadt, Neue Welt<br />
14.12. Habach, Village im<br />
Obermühltal<br />
15.12. Mühldorf, Haberkasten<br />
CHRIS FARLOWE &<br />
NORMAN BEAKER BAND<br />
www.rock-<strong>the</strong>-earth.de<br />
16.11. Halle, Objekt 5<br />
17.11. Oldenburg,<br />
Charlys Musikkneipe<br />
19.11. A-Salzburg, Rockhouse<br />
20.11. Offenbach, KjK<br />
21.11. Marburg,<br />
Kulturladen Kfz<br />
22.11. Bonn, Harmonie<br />
23.11. Ludwigshafen, Das Haus<br />
25.11. CH-Pratteln, Z7<br />
FLOYD RELOADED<br />
www.fl oydreloaded.com<br />
04.01. Düsseldorf, Mitsubishi<br />
Electric Halle<br />
10.01. München, Olympiahalle<br />
12.01. Berlin, Columbiahalle<br />
16.01. CH-Basel,<br />
St. Jakob-Arena<br />
19.01. Mannheim, SAP Arena<br />
20.01. Bremen, Pier 2<br />
15.06. Ros<strong>to</strong>ck, IGA Park<br />
FOOLS GARDEN<br />
www.foolsgarden.de<br />
03.12. München, Circus Krone<br />
14.12. Goslar, Kulturkraftwerk<br />
15.12. Schwerin, Speicher<br />
08.02. Pforzheim,<br />
Kulturhaus Osterfeld<br />
GOTTHARD<br />
www.bot<strong>to</strong>mrow.com<br />
16.11. Bamberg,<br />
Stechert Arena<br />
17.11. München, Zenith<br />
20.11. A-Wien, Gasometer<br />
HERBERT GRÖNEMEYER<br />
www.groenemeyer.de<br />
17.11. Freiburg, Zäpfl e Club<br />
18.11. CH-Zürich, Maag Halle<br />
GURU GURU<br />
www.guru-guru.com<br />
16.11. Wuppertal, LCB<br />
20.11. Rutesheim,<br />
Uhlenspiegel<br />
23.11. Unna, Ladenbrauerei<br />
24.11. Hannover, Alter Bahnhof<br />
08.12. Hersbruck, Kick<br />
12.12. Mainz, Kuz<br />
13.12. Mannheim,<br />
Alte Feuerwache<br />
14.12. Karlsruhe, Jubez<br />
BETH HART<br />
www.mascotlabelgroup.com<br />
19.11. Nürnberg, Hirsch<br />
24.11. Köln, Live <strong>Music</strong> Hall<br />
26.11. Hamburg, Markthalle<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 123
Konzertkalender<br />
28.11. Berlin, Lido<br />
21.12. Karlsruhe, Substage<br />
HEAVEN 17<br />
www.assconcerts.com<br />
10.12. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
11.12. Hamburg, Fabrik<br />
12.12. Berlin, C-Club<br />
13.12. Köln, Live <strong>Music</strong> Hall<br />
14.12. Leipzig, Anker<br />
16.12. Bielefeld, Forum<br />
HELLMUT HATTLER<br />
www.hellmut-hattler.de<br />
24.11. Korntal, Stadthalle<br />
30.11. Obertrubach,<br />
The Studio Lounge<br />
08.12. Rodgau,<br />
Bühne der GBS<br />
HELTER SKELTER<br />
www.helter-skelter-live.de<br />
17.11. Kempten, bigBOX<br />
24.11. Friedrichshafen,<br />
Dornier Museum<br />
01.12. Mering, Mehrzweckhalle<br />
08.12. Bad Waldsee,<br />
Durlesbachhalle<br />
15.12. Rosenheim, Ballhaus<br />
22.12. Erding, Stadthalle<br />
26.12. Memmingen, Kaminwerk<br />
27.12. Nürnberg, Hirsch<br />
04.01. Dellmensingen,<br />
Mehrzweckhalle<br />
05.01. Ravensburg,<br />
Konzerthaus<br />
12.01. Königsbronn, Ostalbhalle<br />
19.01. Ulm, Roxy<br />
25.01. Neustädtlein,<br />
Tanzmetropole<br />
02.02. Westerstetten,<br />
Lonetalhalle<br />
09.02. Ulm, Club Fort<br />
06.02. München,<br />
Rockmuseum<br />
23.02. Augsburg,<br />
Kongresshalle<br />
02.03. Neustadt, NeuStadt-<br />
Halle am Schloss<br />
23.03. Untersulmetingen,<br />
Mehrzweckhalle<br />
31.03. Baindt,<br />
Schenk-Konrad-Halle<br />
HOT'N'NASTY<br />
www.hot-n-nasty.de<br />
16.11. Dortmund,<br />
Blues Notez Club<br />
17.11. Lüdenscheid,<br />
Panoptikum<br />
08.12. Köln, Cafe Kram<br />
HUMAN LEAGUE<br />
www.contrapromotion.com<br />
16.11. Saarbrücken, Garage<br />
17.11. Herford, X<br />
IRON MAIDEN<br />
www.wizardpromotions.de<br />
11.06. Frankfurt, Festhalle<br />
18.06. Berlin, o2 World<br />
19.06. Hamburg, o2 World<br />
29.06. Singen-Aach, Open Air<br />
06.07. Oberhausen, Open Air<br />
AL JARREAU<br />
www.kb-k.com<br />
19.11. Leipzig, Arena<br />
20.11. Berlin, Philharmonie<br />
JETHRO TULL'S<br />
IAN ANDERSON<br />
www.dmc-music.de<br />
21.11. Osnabrück,<br />
Osnabrückhalle<br />
30.04. Paderborn, Paderhalle<br />
01.05. Bremen, Glocke<br />
02.05. Gronau, Stadthalle<br />
03.05. Chemnitz, Stadthalle<br />
05.05. Ulm, CCU<br />
06.05. Leipzig, Arena<br />
07.05. Berlin, Tempodrom<br />
08.05. Ros<strong>to</strong>ck, Stadthalle<br />
10.05. CH-Zürich,<br />
Kongresshaus<br />
11.05. CH-Basel,<br />
<strong>Music</strong>al Theater<br />
12.05. Heilbronn, Harmonie<br />
13.05. Bonn, Beethovenhalle<br />
14.05. Mainz, Phönixhalle<br />
15.05. München, Circus Krone<br />
17.05. Zweibrücken,<br />
Westpfalzhalle<br />
18.05. Freiburg, Konzerthaus<br />
KARAT<br />
www.karat-band.de<br />
24.11. Erfurt, Messehalle<br />
15.12. Hagenow,<br />
Ot<strong>to</strong>-Ibs-Sporthalle<br />
29.12. Zwönitz, Wind<br />
KRIS KRISTOFFERSON<br />
www.modernewelt.de<br />
27.11. Stuttgart, Theaterhaus<br />
28.11. Frankfurt,<br />
Jahrhunderthalle<br />
KuK<br />
Heinz Rudolf Kunze &<br />
Tobias Künzel<br />
www.heinzrudolfkunze.de<br />
17.01. Schwerin,<br />
Sport- u. Kongreßhalle<br />
18.01. Leipzig, Werk II<br />
19.01. Halle, Stein<strong>to</strong>r-Varieté<br />
21.01. Zwickau, Neue Welt<br />
22.01. Erfurt, Kaisersaal<br />
23.01. Berlin, Postbahnhof<br />
25.01. Magdeburg, AMO<br />
26.01. Dresden,<br />
Alter Schlachthof<br />
28.01. Hamburg, Fabrik<br />
29.01. Hannover , Capi<strong>to</strong>l<br />
KRAAN<br />
www.hellmut-hattler.de<br />
01.12. Steele, Grend<br />
LORDS<br />
www.<strong>the</strong>lords.de<br />
16.11. Vluyn, Klingerhuf<br />
07.+ 08.12. Winnenden,<br />
S<strong>to</strong>rchenkeller<br />
05.01. Schwerin, Speicher<br />
26.01. Greiz, Vogtlandhalle<br />
PETER MAFFAY & Tabaluga<br />
www.deag.de<br />
16.–18.11. München,<br />
Olympiahalle<br />
23.+ 24.11. Köln,<br />
Lanxess-Arena<br />
30.11.– 02.12. Leipzig, Arena<br />
08.12. Oberhausen, KöPi-Arena<br />
11.12. Chemnitz,<br />
Chemnitzarena<br />
13.12. Bremen, ÖVB Arena<br />
15.12. Kiel, Sparkassen-Arena<br />
18.12. Ros<strong>to</strong>ck, Stadthalle<br />
MANFRED MANN'S<br />
EARTHBAND<br />
www.dmc-music.de<br />
06.12. Ulm, Theatro<br />
07.12. Würzburg, Posthalle<br />
13.12. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
14.12. Winterbach, Salierhalle<br />
MARILLION<br />
www.marillion.com<br />
20.11. Köln, Live <strong>Music</strong> Hall<br />
23.11. Nürnberg, Löwensaal<br />
24.11. München, Theaterfabrik<br />
MOTHER JANE<br />
www.mo<strong>the</strong>r-jane.de<br />
24.11. Braunschweig,<br />
Barnaby’s Bluesbar<br />
28.12. Hannover, Gig<br />
29.12. Harburg,<br />
Marias Ballroom<br />
22.02. Bremen, MS Treue<br />
23.02. Kirchheim,<br />
Teck Club Bastion<br />
23.03. Metzingen, Hirsch<br />
24.03. Marbach, Cafe Provinz<br />
MOTÖRHEAD<br />
www.mlk.com<br />
25.11. Oberhausen,<br />
Turbinenhalle<br />
26.11. Offenbach, Stadthalle<br />
28.11. Ludwigsburg, Arena<br />
30.11. Erfurt, Thüringenhalle<br />
01.12. München, Zenith<br />
04.12. Hannover, AWD-Hall<br />
05.12. Berlin, Columbiahalle<br />
07.12. CH-Bern, Festival<br />
08.12. Bamberg, Festival<br />
11.12. Kempten, BigBox<br />
NEW MODEL ARMY<br />
www.noisenow.de<br />
15.12. Köln, Palladium<br />
DIE PRINZEN<br />
www.dieprinzen.de<br />
16.12. Berlin, Admiralspalast<br />
PUHDYS<br />
www.puhdys.com<br />
23.+ 24.11. Freiberg, Tivoli<br />
28.11. Stuttgart, Theaterhaus<br />
29.11. Villingen-Schwenningen,<br />
Neue Tonhalle<br />
30.11. München, Tonhalle<br />
08.12. Hildesheim, Audimax<br />
09.12. Nürnberg, Hirsch<br />
15.12. Detmold, Stadthalle<br />
16.12. Darmstadt,<br />
Staats<strong>the</strong>ater<br />
26.12. Weinböhla,<br />
Zentralgasthof<br />
28.12. Altenburg,<br />
Landgasthof Kosma<br />
29.12. Halle, Stein<strong>to</strong>r Varieté<br />
LIONEL RICHIE<br />
www.semmel.de<br />
24.11. Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
26.11. Berlin, o2 World<br />
01.12. Oberhausen,<br />
KöPi-Arena<br />
03.12. Hamburg, o2 World<br />
06.12. Köln, Lanxess-Arena<br />
RUFUS ZUPHALL<br />
www.rufus-zuphall.de<br />
23.11. Aachen, Jakobshof<br />
RUNRIG<br />
www.india-media.de<br />
27.11. Oberhausen, KöPi-Arena<br />
28.11. Hannover, AWD-Hall<br />
29.11. Berlin, Tempodrom<br />
30.11. Leipzig, Haus Auensee<br />
01.12. Karlsruhe, Europahalle<br />
JOE SATRIANI<br />
www.shooter.de<br />
20.06. Hannover, Capi<strong>to</strong>l<br />
21.06. Münster, Jovel<br />
22.06. Hamburg, Fabrik<br />
23.06. Berlin, Columbia Halle<br />
24.06. Leipzig, Haus Auensee<br />
26.06. Nürnberg,<br />
Serenadenhof<br />
27.06. Köln, E-Werk<br />
28.06. Mainz, Phönixhalle<br />
29.06. Stuttgart, Theaterhaus<br />
SCORPIONS<br />
www.semmel.de<br />
15.12 Oberhausen,<br />
KöPi-Arena<br />
17.12. München, Olympiahalle<br />
SILLY<br />
www.silly.de<br />
12.05. Köln, E-Werk<br />
14.05. Hannover, Capi<strong>to</strong>l<br />
15.05. Dortmund, FZW<br />
17.05. Bremen, Aladin<br />
18.05. Hamburg, Große Freiheit<br />
21.05. Stuttgart, Theaterhaus<br />
22.05. Saarbrücken, Garage<br />
31.05. Neubrandenburg,<br />
Jahnsportforum<br />
01.06. Cottbus, Stadthalle<br />
07.06. Chemnitz, Wasserschloss<br />
Klaffenbach<br />
08.06. Sondershausen,<br />
Thüringentag<br />
14.06. Schwerin,<br />
Freilichtbühne<br />
15.06. Dresden, Junge Garde<br />
21.06. Leipzig, Parkbühne<br />
21.07. München,<br />
Tollwood Festival<br />
17.08. Berlin, Zitadelle<br />
SPIDER MURPHY GANG<br />
www.helloconcerts.de<br />
30.11. Mühldorf, Stadtsaal<br />
01.12. Gersthofen, Stadthalle<br />
06.12. München, Circus Krone<br />
SWEET<br />
www.stuff-music.de<br />
02.03. A-Wien, Szene<br />
05.03. A-Rankweil, Altes Kino<br />
06.03. Augsburg,<br />
Club Spectrum<br />
07.03. Stuttgart, Longhorn<br />
08.03. Nürnberg, Hirsch<br />
09.03. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
13.03. Hamburg, Markthalle<br />
14.03. Krefeld, Kulturfabrik<br />
15.03. Bremen,<br />
Aladin <strong>Music</strong> Hall<br />
16.03. Schwalmstadt,<br />
Festhalle<br />
TEN YEARS AFTER<br />
www.kul<strong>to</strong>polis.com<br />
17.11. A-Wörgl, Komma<br />
21.11. CH-Solothurn,<br />
Kulturfabrik Kofmehl<br />
23.11. Pforzheim,<br />
Kulturhaus Osterfeld<br />
24.11. Ingolstadt,<br />
Kulturhalle Westpark<br />
08.12. Kellinghusen,<br />
Ulmenhofschule<br />
09.12. Dortmund, Piano<br />
THIN LIZZY<br />
www.wizardpromotions.de<br />
16.11. Köln, Kantine<br />
CHRIS THOMPSON<br />
www.christhompson-central.com<br />
23.11. Göppingen, Lambert<br />
18.02. Berlin,<br />
Max-Schmeling-Halle<br />
19.02. Ros<strong>to</strong>ck, Stadthalle<br />
22.02. Halle,<br />
Gerry Weber Stadion<br />
DIE TOTEN HOSEN<br />
www.jkp.de<br />
17.11. Köln, Lanxess-Arena<br />
18.11. Frankfurt, Festhalle<br />
21.11. Bremen, ÖVB-Arena<br />
23.+24.11. Düsseldorf,<br />
ISS Dome<br />
28.11. Hamburg, o2 World<br />
01.12. München, Olympiahalle<br />
02.12. Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
05.12. CH-Zürich,<br />
Hallenstadion<br />
08.12. Erfurt, Messehalle<br />
09.12. Chemnitz, Arena<br />
11.+12.12. Hannover,<br />
TUI-Arena<br />
14.12. Friedrichshafen,<br />
Rothaus-Halle<br />
15.12. Mannheim, SAP-Arena<br />
18.12. CH-Basel,<br />
St. Jakobshalle<br />
19.12. Nürnberg,<br />
Arena Nürnberger Vers.<br />
21.+22.12. A-Graz,<br />
Stadthalle<br />
26.+27.12. Dortmund,<br />
Westfalenhalle 1<br />
29.+30.12. Berlin,<br />
Max-Schmeling-Halle<br />
MIDGE URE<br />
www.hypertension-music.de<br />
07.12. Oberhausen,<br />
Zentrum Altenberg<br />
Seite 124 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
08.12. Frankfurt, Das Bett<br />
09.12. Leverksuen, Scala<br />
11.12. Kiel, Kulturforum<br />
12.12. Braunschweig,<br />
Meiers <strong>Music</strong> Hall<br />
13.12. Bremen, Ki<strong>to</strong><br />
URIAH HEEP<br />
www.dmc-music.de<br />
07.12. Burglengenfeld,<br />
VAZ Pfarrheim<br />
09.12. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
10.12. Augsburg, Spectrum<br />
13.12. Worpswede, <strong>Music</strong> Hall<br />
VINCENT ROCKS<br />
www.vincentrocks.de<br />
23.11. Besigheim, Alte Kelter<br />
14.12. Schwerin, Der Speicher<br />
15.12. Brakel, Stadthalle<br />
16.12. Twist, Heimathaus<br />
HANNES WADER<br />
www.scala-kuenstler.de<br />
16.11. Friedrichshafen,<br />
Graf-Zeppelin-Haus<br />
17.11. Mannheim, Capi<strong>to</strong>l<br />
18.11. Saarlouis,<br />
Theater am Ring<br />
19.11. Bonn, Brückenforum<br />
20.11. Fulda, Orangerie<br />
JOHNNY WINTER<br />
www.kul<strong>to</strong>polis.com<br />
09.04. München, Muffathalle<br />
10.04. Aschaffenburg,<br />
Colos-Saal<br />
FESTIVALS<br />
Ost-Rock<br />
www.semmel.de<br />
16.11. Frankfurt/O.,<br />
Messehalle<br />
17.11. Chemnitz, Arena<br />
Puhdys, Karat, Rockhaus,<br />
Pankow<br />
6. Lörracher Rocknacht<br />
www. rocktimes.de<br />
17.11. Lörrach, Festhalle<br />
u.a. Jane<br />
Traumrock<br />
www.traum-rock.de<br />
24.11. Erfurt, Messehalle<br />
u.a. Mungo Jerry, Suzi<br />
Quatro, Dozy Beaky Mick &<br />
Tich, Rubettes, Karat<br />
Jimi Hendrix wird 70-Tribute<br />
www.musikmarktmueller.de<br />
28.11. Gaggenau, Kulturhaus<br />
05.12. Osterfeld, Kulturhaus<br />
Aida Night Of The Proms<br />
www.notp.com<br />
30.11.– 01.12. Köln,<br />
Lanxess-Arena<br />
02.12. Oberhausen,<br />
KöPi-Arena<br />
04.+05.12. Frankfurt, Festhalle<br />
06.12. Erfurt, Messehalle<br />
07.12. Berlin, o2 World<br />
08.+09.12. Hamburg,<br />
o2 World<br />
11.12. Bremen, Arena<br />
14.–16.12. München,<br />
Olympiahalle<br />
18.12. Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
19.12. Mannheim, SAP Arena<br />
20.12. Hannover, TUI Arena<br />
21.12. Dortmund,<br />
Westfalenhallen<br />
22.12. Frankfurt, Festhalle<br />
23.12. Oberhausen,<br />
KöPi-Arena<br />
u.a. Mick Hucknall,<br />
Anastacia, Jupiter Jones,<br />
John Milles<br />
WISHBONE ASH, MARTIN<br />
TURNER'S<br />
www.kul<strong>to</strong>polis.com<br />
20.11. CH-Pratteln, Z7<br />
21.11. Metzingen, Hirsch<br />
22.11. Freising, Lindenkeller<br />
23.11. Habach, Village<br />
24.11. Ansbach,<br />
Kammerspiele<br />
26.11. Saarlouis,<br />
Theater am Ring<br />
27.11. Leverkusen, Scala<br />
29.11. Dortmund,<br />
Musik<strong>the</strong>ater Piano<br />
30.11. Hamburg,<br />
Down<strong>to</strong>wn Bluescub<br />
ALEXANDER WOLFRUM<br />
www.alexanderwolfrum.de<br />
22.11. Kulmbach,<br />
Brauereimuseum<br />
24.11. Neunkirchen,<br />
Brauerei Wolfshöher<br />
26.11. München, Fraunhofer<br />
15.12. Nürnberg,<br />
Pegnitzbühne<br />
23.12. Bayreuth, Katharina<br />
von Bora-Kirche<br />
ZUCCHERO<br />
www.wizardpromotions.de<br />
24.05. München, Olympiahalle<br />
25.05. Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
29.05. Düsseldorf, Mitsubishi-<br />
Electric-Halle<br />
31.05. Berlin, o2 World<br />
War Of The Worlds<br />
www.<strong>to</strong>urneen.com<br />
03.01. Hamburg, o2 World<br />
04.01. Oberhausen, KöPi-Arena<br />
05.01. Berlin, o2 World<br />
07.01. Nürnberg, Arena<br />
08.01. München, Olympiahalle<br />
Rock Meets Classic<br />
www.<strong>to</strong>urneen.com<br />
18.02. Berlin,<br />
Max-Schmeling-Halle<br />
19.02. Ros<strong>to</strong>ck, Stadthalle<br />
22.02. Halle,<br />
Gerry-Weber-Stadion<br />
23.02. Essen, Grugahalle<br />
25.02. Frankfurt,<br />
Jahrhunderthalle<br />
26.02. Hof, Freiheitshalle<br />
27.02. Passau, Dreiländerhalle<br />
02.03. Ingolstadt, Saturn Arena<br />
03.03. Neu-Ulm, Arena<br />
05.03. Landshut, Arena<br />
06.03. München, Olympiahalle<br />
08.03. Mannheim, SAP-Arena<br />
09.03. Nürnberg, Arena<br />
10.03. Würzburg, s.Oliver Arena<br />
11.03. Saarbrücken,<br />
Saarlandhalle<br />
13.03. Stuttgart, Porsche-Arena<br />
15.03. Kempten, BigBox<br />
16.03. Regensburg,<br />
Donau Arena<br />
17.03. CH-Zürich, Hallenstadion<br />
Bonnie Tyler, Paul Rodgers,<br />
Chris Thompson, Eric<br />
Bazillian, Steve Augeri, Mat<br />
Sinner Band<br />
Porsche <strong>Music</strong> Night<br />
www.porsche-music-night.de<br />
22.+23.03. Stuttgart,<br />
Schleyer-Halle<br />
u.a. Rattles, Umber<strong>to</strong> Tozzi,<br />
The Queen Kings<br />
Christian Simon’s Original<br />
Oldie Night<br />
www.eventim.de<br />
04.05. Sindelfi ngen, Glaspalast<br />
u.a. Hollies, Suzi Quatro,<br />
Sweet, Boney M., George<br />
McCrae
© Pressefo<strong>to</strong><br />
KREUZVERHÖR<br />
Von Philipp Roser<br />
Alvin Lee<br />
Naomi darf alles<br />
Alvin Lee hatte schon seinen eigenen<br />
n<br />
(Dick-)Kopf, als er mit Ten Years<br />
After und dem legendären "I'm Going<br />
Home" in Woods<strong>to</strong>ck abräumte und<br />
sich mit seiner Gibson ES 335 den Ruf<br />
des (damals) schnellsten Gitarristen<br />
der Welt erspielte. 1974 verließ er die<br />
Band, formierte in den 80er <strong>Jahre</strong>n Ten<br />
Years Later, war aber meist solo aktiv,<br />
ist live nur noch sehr selten zu erleben<br />
und veröffentlicht unregelmäßig Alben.<br />
Vor kurzem warf der bald 68-Jäh-<br />
rige (*19.12.1944) STILL ON THE ROAD<br />
TO FREEDOM auf den Markt.<br />
Dienstag, 22. Januar 2013, 20 Uhr<br />
Stuttgart, Liederhalle Beethoven-Saal<br />
A Tribute <strong>to</strong> <strong>the</strong><br />
Greatest Rock Band<br />
on Earth<br />
ONE NIGHT OF QUEEN<br />
performed by<br />
Gary Mullen & The Works<br />
Samstag, 9. März 2013, 20 Uhr<br />
Stuttgart, Liederhalle Beethoven-Saal<br />
An Evening with<br />
Montag, 25. März 2013, 20 Uhr<br />
Stuttgart, Theaterhaus<br />
DIE ANDEREN …<br />
Bester Sänger? Howlin' Wolf oder Little Richard<br />
Beste Sängerin? Mrs. Wolf oder Big Mama<br />
Thorn<strong>to</strong>n<br />
Beste Band? Glenn Miller Orchestra oder Count<br />
Basie<br />
Beste(r) Songschreiber(in)? Chris Smi<strong>the</strong>r<br />
Unterschätzteste(r) Band/Solist? Earl &<br />
The Neutrons<br />
Überschätzteste(r) Band/Solist? Beach Boys<br />
Beste Single? "Hound Dog"<br />
Bestes Album? RSVP (Herbie Hancock)<br />
Bester Song? "What 'd I Say" (Ray Charles)<br />
Deine Allstar-Band? DJ Fontana an den Drums,<br />
Bill Black am Bass & Naomi Campbell, die machen<br />
kann, was sie will.<br />
... UND ICH<br />
Welche Cover-Version möchtest du mal<br />
aufnehmen? "Heartbreak Hotel"<br />
Welchen Song hättest du gern selbst geschrieben?<br />
"Blowing In The Wind"<br />
Wer sollte einen Song über dich schreiben?<br />
Niemand<br />
Wie sollte der Song heißen? "Unreleased"<br />
Was war das Highlight deiner Karriere? Das<br />
erste Mal in den USA, die Gigs im Fillmore West und<br />
dergleichen.<br />
Dein Lebensmot<strong>to</strong>? Play it by ear and follow<br />
your nose (Spiele nach Gehör und folge deiner Nase).<br />
EINIGE W0RTE ZU ...<br />
Nottingham (Geburtsstadt): Zwei Mädchen für<br />
jeden Jungen (sagt man) – ich hatte mehr als zwei.<br />
Spanien (dort lebt er): Leidenschaft für den<br />
Flamenco.<br />
Klarinette (sein erstes Instrument): Goodman<br />
& Artie Shaw.<br />
Elvis Presley: Viel zu pfleglich.<br />
Scotty Moore: Viel zu gut.<br />
The A<strong>to</strong>mites: Die Band aus Mansfield, bei der ich<br />
Mad Dan" Lyons mitgehen ließ.<br />
"<br />
Deutschland: Der Star-Club Hamburg. Crashkurs<br />
in Sachen Sex, Drogen und Rock'n'Roll.<br />
Woods<strong>to</strong>ck: Wo sind sie alle hingegangen?<br />
Jimi Hendrix: Der Mann vom Mars.<br />
George Harrison: The Bluest Blues.<br />
Steve Gould (Bassist der Alvin Lee Band<br />
ab 1980): Hat sein Instrument an den Nagel gehängt<br />
und seine Blue Suede Shoes weggeräumt.<br />
Country: & Western.<br />
Live spielen: The highest high.<br />
Arbeit im Studio: Suche nach magischen<br />
Momenten – ich lerne jeden Tag etwas Neues dazu.<br />
Big Red" (seine legendäre Gitarre): My<br />
"<br />
main man, kostete mit Koffer 45 Pfund.<br />
Priva<strong>the</strong>it: Fast schon eine Obsession.<br />
PLEASE, ANSWER<br />
THE S0NG …<br />
Why Do Fools Fall In Love?<br />
(FRANKIE LYMON, 1963)<br />
Weil sie können.<br />
Where Have All The Good Times Gone?<br />
(KINKS, 1965)<br />
Sie sind zu meinem Haus weitergezogen.<br />
What Are You Doing Sunday? (DAWN, 1971)<br />
Ich kümmere mich um meine eigenen Angelegenheiten.<br />
Who's Gonna Rock You? (THE NOLANS, 1980)<br />
Jerry Lee Lewis.<br />
Why Believe In You? (TEXAS, 1991)<br />
Ich werde nicht existieren, wenn du das nicht tust.<br />
Samstag, 6. April 2013, 20 Uhr<br />
Stuttgart, Schleyer-Halle<br />
CHRIS de BURGH<br />
& Band<br />
Live<br />
In Concert<br />
2013<br />
Dienstag, 30. April 2013, 20 Uhr<br />
Stuttgart, Theaterhaus<br />
Steve Hackett<br />
Genesis Revisited<br />
2013 World Tour<br />
Samstag, 4. Mai 2013, 20 Uhr<br />
Stuttgart, Schleyer-Halle<br />
JOE<br />
COCKER<br />
FIRE IT UP<br />
TOUR<br />
Vorverkauf an der Konzertkasse im Saturn Stuttgart, Königsbau-<br />
Passagen sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen und bei:<br />
<strong>Music</strong> Circus Concertbüro GmbH Kartentelefon 0711 22 11 05
BAND-ARCHIV HISTORY Tomorrow<br />
Flower, Power, Eigen<strong>to</strong>r<br />
Dass ein Sänger mit einem (erfolgreich) parallel l laufenden Soloprojekt<br />
seine eigentliche Band erschüttert, kommt nicht so<br />
oft vor. Keith Hopkins, besser bekannt als Keith West, ist genau<br />
dies passiert. Tomorrow bleiben dennoch im Gedächtnis<br />
als eine der potentesten Psychedelic-Pop-Formationen der UK-<br />
Sixties. Der obendrein ein Hit gelang, der nie einer wurde.<br />
v.l.: Keith West, John "<br />
Junior" Wood,<br />
Steve Howe, John "<br />
Twink" Alder<br />
Einfach dumm gelaufen. Produzent<br />
Mark Wirtz aus dem Elsass<br />
hatte 1967 eine "Teenage Opera"<br />
ausgebrütet, daraus ein "Excerpt<br />
From ..." ausgeklinkt und diesen Titel<br />
– Volksmund: „Grocer Jack" – Keith<br />
West aufnehmen lassen. Das Resultat<br />
ist bekannt: ein süßlicher Ohrwurm<br />
europaweit, Chartplatz 2 zum Beispiel<br />
in Deutschland und England. Wirtz saß<br />
zeitgleich auch für die Band Tomorrow<br />
an den Reglern, deren Sänger er für<br />
das vermeintliche Nebenprodukt abgezogen<br />
hatte. Die Folge: Treffer hier,<br />
Tristesse dort, Eigen<strong>to</strong>r.<br />
Die angeschmierte Crew war zu diesem<br />
Zeitpunkt schon seit rund drei <strong>Jahre</strong>n<br />
in London aktiv; zunächst mit Keith<br />
West (voc) und John „Junior" Wood<br />
(b; später kurz bei Jeff Beck) als Four<br />
Plus One und – nach dem Einstieg von<br />
Gitarrist Steve Howe (ab April 1970<br />
bei Yes) – als The In Crowd, die sich<br />
zwischen souligem R&B ("That's How<br />
Strong My Love Is"), Freakbeat ("S<strong>to</strong>p!<br />
Wait A Minute") und Folk-Rock ("Why<br />
Must They Criticize") nicht entscheiden<br />
konnten. Vier gute Parlophone-Singles<br />
verpufften – u.a. auch weil das Label<br />
es schaffte, "Time Is On My Side" als<br />
A-Seite zu veröffentlichen, obwohl es<br />
mit den Aufnahmen der Rolling S<strong>to</strong>nes,<br />
Moody Blues und Brian Poole & The<br />
Tremeloes bereits drei (!) nahezu zeitgleich<br />
gestartete Versionen gab. Am<br />
In-Crowd-Schlagzeug saß ab Juni 1966<br />
John „Twink" Alder (Pre-Pink Fairies).<br />
Der neue EMI-Produzent Mark Wirtz<br />
nahm sich der Band an. Ihr eher<br />
hausbackener Name wurde umgehend<br />
in Tomorrow geändert, um sich<br />
den neuen Gegebenheiten<br />
anzupassen:<br />
Psychedelische<br />
Klänge waren<br />
inzwischen angesagt,<br />
West,<br />
Howe & Co.<br />
drückten auf<br />
„Neustart".<br />
Es galt, sich<br />
zwischen Pink<br />
Floyd, Soft<br />
Machine und<br />
Nice, zwischen<br />
Nirvana, Kaleidoscope, Procol Harum<br />
und ungezählten anderen zu behaupten.<br />
Ein runderneuertes Reper<strong>to</strong>ire und<br />
die Qualität der Musiker sorgten überaus<br />
schnell<br />
für eine gute<br />
(Live-)Akzeptanz:<br />
Tomorrow<br />
gehörten<br />
dazu und<br />
erhielten das<br />
Angebot für<br />
die Filmmusik und einen Kurzauftritt<br />
im Kultklassiker in spe, „Blowup".<br />
Musikteile (inklusive des Titelsongs<br />
"Blow Up") waren komponiert, alles<br />
lief – doch nach sechs Wochen<br />
kam es zum Abbruch:<br />
John Wood war erkrankt,<br />
Regisseur Michelangelo<br />
An<strong>to</strong>nioni übergab den<br />
Job an die bekannteren<br />
Yardbirds.<br />
Während Tomorrow noch<br />
ihre Wunden leckten und<br />
für Parlophone im Studio standen,<br />
kam eine neue Offerte. Die Band<br />
wirkte als The Snarks in einem anderen<br />
Swinging London-Film mit, „Smashing<br />
Time" (mit den UK-Top-Mimen Rita<br />
Tushingham,<br />
Lynn Redgrave<br />
und Michael<br />
York), von dem<br />
leider kein<br />
Soundtrack<br />
existiert. Mark<br />
Wirtz hatte<br />
bereits vielversprechende<br />
Tomorrow-Töne<br />
aufgenommen,<br />
John<br />
Peel spielte in<br />
seiner „Perfumed<br />
Garden"-Show beim Piratensender<br />
Radio London eines der Highlights:<br />
"My White Bicycle" wurde im<br />
Mai 1967 zum Flo wer-Power-Favorit<br />
bei Fans und Kritikern – doch nichts<br />
passierte (erst Nazareth gelang 1975<br />
ein Hit damit). Auch die ähnlich starke<br />
Folgesingle "Revolution" verpuffte;<br />
und als im Februar 1968<br />
endlich das gleichnamige<br />
Tomorrow-LP-Debüt erschien<br />
(zur grell-buntschrillen<br />
Zeit passend<br />
im Schwarzweiß-Cover),<br />
war zwischenzeitlich<br />
Schwerwiegendes passiert<br />
– siehe Anfang.<br />
Wirtz hatte Keith West ab Juli 1967<br />
als Solisten quasi ausgekoppelt. Dem<br />
Bandverbund nicht eben zuträglich,<br />
drehte sich fast alles nur noch um die<br />
(damals nicht beendete) "Teenage Opera".<br />
Ein paar Brocken Popularität fielen<br />
zwar auch für Tomorrow ab, doch<br />
schon im März 1968 war die Endstation<br />
erreicht. Howe, Wood und Alder<br />
veröffentlichten mit Herbie Flowers (b)<br />
und Clem Cattini (dr) noch eine Single<br />
als Aquarian Age ("10000 Words In A<br />
Cardboard Box"; 5/1968); Howe schob<br />
mit Ron Wood (b) und Aynsley Dunbar<br />
(dr) "On A Saturday"/"The Kid Was A<br />
Killer" (7/1968) nach – Tomorrow aber<br />
waren unverdient Geschichte.<br />
Gelungene CD-Ausgaben wie TO-<br />
MORROW (EMI), EXCERPTS FROM ...<br />
(Keith West), 50 MINUTE TECHNICO-<br />
LOR DREAM (Howe, West, Tomorrow)<br />
und MOTHBALLS von Steve Howe (alle<br />
RPM) leuchten die Zeit ab 1964 bis<br />
zum bitteren<br />
Ende sehr<br />
detailliert<br />
aus. Sie erinnern<br />
an eine<br />
Band, die als<br />
„klassischer<br />
Fall für ungenutztes<br />
Potenzial des britischen <strong>60s</strong>-<br />
Underground" (Richie Unterberger)<br />
trefflichst beschrieben ist.<br />
Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
Seite 126 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Liebe, Liebe, Liebe<br />
Emotionen haben schon unzählige Rock- und Popsongs inspiriert und<br />
geprägt – allen voran die Liebe. Bei Stevie Wonder war das Resultat gleich<br />
eine ganze LP; sie war Teil 2 der Trilogie,<br />
die seine kreative Explosion in den<br />
70ern markierte: Nach MUSIC OF MY MIND<br />
(1972) folgten noch im selben Jahr TAL-<br />
KING BOOK und ein Jahr später INNVER-<br />
VISIONS. Kurz vor TALKING BOOK hatte<br />
er seine Partnerin verlassen, die Sängerin<br />
Syreeta Wright, von der noch zwei Texte<br />
für dieses Album stammten. Thematisch<br />
reichten die Themen der LP von den Freuden<br />
der Liebe bis zu den Qualen einer<br />
Trennung. Es begann mit "You Are The<br />
Sunshine Of My Life", das vom Funk von<br />
"Maybe Your Baby" konterkariert wurde.<br />
Die Achterbahnfahrt einer Beziehung spiegelten<br />
auch die Songs "You And I (Toge<strong>the</strong>r<br />
We Conquer The World)", "Tuesday Heartbreak" und "You've Got It Bad, Girl"<br />
wider. "Superstition", ein zynischer Kommentar zur freien Liebe, eröffnete die<br />
zweite LP-Seite und gab den Rhythmus vor. "I Believe (When I Fall In Love<br />
It Will Be Forever)" stand als Abgesang an die aktuelle Liebe, glaubte aber<br />
Januar 1968: Walker Bro<strong>the</strong>rs in Fernost<br />
HISTORY<br />
STEVIE WONDER • TALKING BOOK • (10/43:26; 1972)<br />
Gesuchtes nach (Bank-)Noten<br />
Rolling S<strong>to</strong>nes: Let It Bleed (Decca SLK 166<strong>40</strong>); Dezember 1969<br />
ROCK-CLASSICS<br />
zugleich an die Kraft der Liebe insgesamt. Musikalisch gelang Wonder eine<br />
nahezu geniale Mischung aus Soul, Funk, Pop und Rock, die er mit der Hilfe<br />
seines Produzenten musikalisch äußerst modern kreiert hatte – dem<br />
Syn<strong>the</strong>sizer-Magier Robert Margouleff,<br />
der zudem den Elektronik-Supertüftler<br />
Malcolm Cecil mit in die<br />
Arbeit eingebunden hatte. te.<br />
Diesen Weg behielt Wonder<br />
während der 70er <strong>Jahre</strong><br />
bei, in denen er die besten<br />
und mutigsten Platten<br />
seiner Laufbahn ablieferte.<br />
Stets war der Syn<strong>the</strong>sizer<br />
prominent vertreten,<br />
gleichzeitig komponierte e<br />
der Top-Star Songs, von nen etliche seitdem zum Kanon<br />
der Rockmusik gehören. TALKING<br />
BOOK bedeutete seine Emanzipation n nicht nur<br />
de-<br />
als Künstler, sondern auch vom Mo<strong>to</strong>wn-Sound. Ohne dieses Album wäre seine<br />
Entwicklung gar nicht zu verstehen; es ist das entscheidende Bindeglied in der<br />
Karriere des Stevie Wonder.<br />
mr<br />
DATENBANK<br />
Es muss wohl mächtig Kohle geflossen sein, um noch mal für ein paar Tage<br />
die Rucksäcke zu schnüren. Denn im Januar 1968 hatten die drei amerikanischen<br />
„Brüder" Scott Engel, John Maus und Gary Leeds nur noch eines gemeinsam –<br />
nichts mehr. Ego-Probleme, Depressionen, die guten alten „künstlerischen Differenzen",<br />
die ganze Palette war medial ausgekippt<br />
worden. Ihre Hoch-Zeit lag einige Monate<br />
zurück, alle drei waren bereits mit Solo-Arbeiten<br />
in den UK-Charts vertreten. Trotzdem rauften<br />
sie sich für einige Auftritte in Japan nochmals<br />
zusammen; oder auch nicht, wenn man dem<br />
gepressten Produkt lauscht: gepflegtes Neben-<br />
statt Miteinander. Mitschnitte aus der Osaka<br />
Festival Hall vom 2.–4. Januar 1968 wurden –<br />
anfangs nur in Nippon – auf der Doppel-LP THE<br />
WALKER BROTHERS IN JAPAN (Philips SFL<br />
9046-7; 1968) veröffentlicht. 21<br />
Tracks waren Beleg für eine absolvierte Pflichtveranstaltung<br />
mit monumentaler Kreischbeilage. Dabei hatte das Tracklisting<br />
immenses Raritätenpotenzial: Solotitel erstmals als Gruppenaufnahme ("Lady<br />
Came From Baltimore"/Scott, "Annabella"/<br />
John, "Twinkie Lee"/Gary), dazu diverse R&B-<br />
Standards von Larry Williams, Ray Charles, Bobby<br />
Bland, Sam & Dave, Stevie Wonder, den Four<br />
Tops und anderen, die sonst nirgends als Walkers-Nummern<br />
zu hören sind, und es gab sogar<br />
ein Beatles-Cover ("Yesterday"). Eigene Mega-<br />
Hits wie "The Sun Ain't Gonna Shine Anymore"<br />
und "Make It Easy On Yourself" blieben fast<br />
Randerscheinungen. Erst 1987 erfolgte ein<br />
Euro-Reissue auf Bam Caruso (AIDA 076), das<br />
– offenbar aus rechtlichen Gründen – recht flott wieder vom Markt verschwand.<br />
Offizielle CD? Fehlanzeige. Was Fans und Sammlern geblieben ist, sind die<br />
Vinylalben – als Soul- und Rock'n'Roll-Dokument der kuriosen Art. bm<br />
RAR & TEUER<br />
Wer sich selbst oder Bekannte im Dezember 1969 zu Weihnachten mit dem neuen<br />
S<strong>to</strong>nes-Album LET IT BLEED beschenken wollte, bekam schon zum zweiten Mal<br />
in nur drei Monaten eine optische Gurke. Im September<br />
waren die (in der Fertigung schwierigen)<br />
Achteck-Cover für THROUGH THE PAST, DARKLY<br />
nicht rechtzeitig fertig geworden; Fans erhielten<br />
zunächst eine Nothülle. Und nun – wegen des<br />
angepeilten Festtagsumsatzes noch ärgerlicher –<br />
gab es wieder Probleme: Für die internationale e<br />
Erstauflage der mit Spannung erwarteten LP war<br />
ein großformatiges Band-Poster der noch relativ<br />
neuen Besetzung mit Mick Taylor als Beipack vorgesehen.<br />
Die Anlieferung der Beilage aus England<br />
ging jedoch, wie schon bei der Oktagonalhülle für ... DARKLY, kapital in die<br />
Wicken – Lieferprobleme. Was tun? Das fertig auf Halde gebunkerte Cover mit der<br />
Spezial<strong>to</strong>rte konnte nicht verwendet werden, da dort der Hinweis „Full Color Rolling<br />
S<strong>to</strong>nes Poster Included" in die Frontseite eingedruckt war, das aber noch nicht existierte.<br />
Also wurde in Deutschland eiligst erneut eine Billighülle auf den Weihnachts-<br />
Markt geworfen, die den reißerischen Zusatz „Aktuelle Express-Ausgabe" verpasst<br />
bekam. Beigelegt war ferner eine kleine Karte: Wer<br />
diesen Beleg später im Plattenladen vorlegte, konnte<br />
die Schrotti-Hülle mit der unbedruckten Rückseite<br />
abgeben und gegen die reguläre (samt Poster)<br />
tauschen, was natürlich ab Januar 1970 vieltausendfach<br />
geschah. Die Folge: Unzählige Behelfstüten<br />
verschwanden auf Nimmerwiedersehen, wurden<br />
geschreddert – und sind heute gesuchte Raritäten. So<br />
selten und begehrt, dass 2010 einmal mehr clevere<br />
Bootlegger aktiv wurden und THROUGH THE PAST,<br />
DARKLY und auch LET IT BLEED in den schlichten<br />
Simpelhüllen neu in Umlauf brachten (zusätzlicher Anreiz: farbiges Vinyl). Auch<br />
diese illegalen Nachbauten sind inzwischen schon wieder Mangelware. bm<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 127
SPURENSUCHE<br />
HISTORY<br />
Major Minor (Label)<br />
Mal größer,<br />
mal kleiner<br />
Seit fast 30 <strong>Jahre</strong>n freuen sich Sammler, über CD-Reissues ihren Kollektionen<br />
rare Originalveröffentlichungen einverleiben zu können.<br />
Und reine Musikfans hören endlich Songs (oft als Bonus-Tracks von<br />
seltenen Singles), die sie als Vinylausgaben vergeblich suchten. Ein<br />
UK-Label hinkt hinterher: Major Minor Records. Mit Ausnahme der Arbeiten<br />
eines irischen Singer/Songwriters blieb bis heute viel Interessantes<br />
in den Archiven. Ein Blick in die Regale.<br />
Von Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
Der Grund fürs Fehlen etlicher<br />
Perlen: Major Minor hatte zwar<br />
auch eigene Künstler, war aber<br />
stark als Vertriebslabel unterwegs; das<br />
heißt: Viele Rechte liegen noch immer<br />
bei anderen Firmen. Am 23.11.1966<br />
schickte der Nordire Phil(ip) Solomon<br />
die neue Marke von London aus ins<br />
Rennen. Sein älterer Bruder Mervyn<br />
hatte in Belfast bereits Emerald Records<br />
aufgebaut. Ihr Vater Maurice<br />
war in den Vierzigern der Gründer des<br />
allgemeinen Vertriebsimperiums Solomon<br />
& Peres mit Sitz in Dublin.<br />
Phil Solomon (*27.4.1924, Belfast),<br />
wegen seines aggressiven<br />
Geschäftsgebarens nicht<br />
unumstritten, war außerdem<br />
Teilhaber am Piratensender<br />
Radio Caroline;<br />
ihn nutzte er intensiv als<br />
willkommenes Vermarktungvehikel<br />
eigener Produkte,<br />
bis DJs wie der<br />
landesweit populäre Emperor<br />
Rosco die Nase voll<br />
hatten und gingen.<br />
Philip Solomon,<br />
Gründer des Labels<br />
Drei stilistisch unterschiedliche (nord-)<br />
irische Acts prägten die Anfangszeit<br />
von Major Minor Records: die Folkies<br />
The Dubliners, Van Morrisons<br />
Them und der Singer/Songwriter Da-<br />
vid McWilliams. Sie landeten Hits<br />
wie<br />
"Seven<br />
Drunken<br />
Nights" und<br />
Reper<strong>to</strong>ire-<br />
Klassiker<br />
à<br />
la<br />
"Friday's<br />
Child"<br />
und<br />
"Days<br />
Of<br />
Pearly Spencer".<br />
Damit entstand ein<br />
solides Fundament, auf<br />
dem vier <strong>Jahre</strong> lang clevere<br />
Übernahmen Halt<br />
fanden. Phil Solomon<br />
kaufte zusätzlich weltweit eit<br />
(Vertriebs-)Rechte an Songs<br />
etablierter Künstler zusammen:<br />
Crazy Elephant, Tommy<br />
James & The Shondells,<br />
Isley Bro<strong>the</strong>rs, Johnny Nash,<br />
Lloyd Price (USA), Milva<br />
(Italien), Golden Earring,<br />
Tee-Set (Holland), Jeronimo<br />
(Deutschland), Pop Tops (Spanien),<br />
Charles Aznavour (Frankreich)<br />
– kaum<br />
aufregend.<br />
Im MM-Programm<br />
mit<br />
Schwerpunkt<br />
auf Singles lagern<br />
jedoch auch<br />
etliche Perlen. So<br />
verbirgt sich<br />
hinter Peter<br />
Lincoln<br />
("My Monkey<br />
Is A Junkie", MM 520) Peter<br />
„Where Do You Go To"<br />
Sarstedt mit einem 67er-<br />
Erstling. Für Furore sorgten im<br />
selben Monat die Italo-Stars Equipe<br />
84 mit ihrer Single "Auschwitz"/"Bang<br />
Bang" (MM 517). Von Taste erschien<br />
– ohne Wissen der Band – 1968 als<br />
MM 560 "Blister On The Moon"/"Born<br />
On The Wrong Side Of Time" (alternative<br />
Frühfassungen samt Fehler im gedruckten<br />
Titel und beim Komponisten<br />
Roy Gallaher; Neustart: MM 718). Eine<br />
Schottin war um 1964 in Deutschland<br />
als Isabella Bond bekannt – von<br />
Isabel<br />
Bond<br />
gab es bei<br />
Major Minor<br />
1968/69 die<br />
Singles "Cry"<br />
(MM 566) und<br />
"Don't<br />
Forget<br />
About Me" (MM<br />
627) und sogar<br />
eine LP, THE HEART<br />
AND SOUL OF ... (MLP 28).<br />
Sehr gesucht sind längst<br />
zwei 45er ("My Clown"/<br />
MM 568 und "The Way"/<br />
MM 580) und vor allem die<br />
gleichnamige<br />
Original-LP<br />
(MLP 29) der<br />
UK-Psychedelic-Band<br />
July.<br />
Auch<br />
der Berliner<br />
Michael Vol-<br />
ker Kogel ist vertreten:<br />
Der<br />
Los-Bravos-Sänger ist als<br />
Mike Kennedy mit den<br />
1969er Singles "I'll Never<br />
Forget" und "Johnny Rebel"<br />
(MM 614/629)<br />
im Angebot. Und<br />
wer "Cecilia" von<br />
The New Wave Band<br />
(MM 694; 1970) findet,<br />
hört die Herren Godley,<br />
Creme, Stewart (10cc)<br />
mit dem ehemaligen<br />
Herman's-Hermits-Gitarristen<br />
Derek Leckenby.<br />
Bis heute nicht (mehr leicht) auf CD<br />
zu finden sind <strong>60s</strong>-Gruppen wie The<br />
Choir, The Gibsons, The Sands, Wild<br />
Angels, The Deep Set,<br />
Second City Sound<br />
und andere – sie standen<br />
bzw. stehen alle im<br />
Major-Minor-Katalog,<br />
genau wie die Nashville<br />
Teens-Single<br />
"The Lament Of The<br />
Cherokee<br />
Reservation<br />
Indian" (MM 599). Mit LPs hielt sich<br />
das Label eher zurück: Außer den<br />
schon genannten ragen lediglich der<br />
Psycho-Kracher ORGASM (von Head<br />
Machine, MLP 79), DHARMA BLUES<br />
(Dharma Blues Band, MCP 5017) und<br />
ACCORDING TO ST. JOHN (MLP 43)<br />
heraus – von der ewig<br />
unterbewerteten schottischen<br />
Soul-Pop-Sängerin<br />
Barry St. John<br />
(Elizabeth<br />
Thompson),<br />
deren<br />
Gesamtauss<strong>to</strong>ß<br />
auf Decca, Columbia,<br />
Major Minor und<br />
Bradleys noch nie offiziell<br />
auf CD transferiert<br />
wurde.<br />
Das Label ging 1970 den Bach runter,<br />
im September war Schluss. Umso<br />
größer die Überraschung, als<br />
am 27.9.2010 urplötzlich<br />
die Morrissey-<br />
Single "Everyday Is Like<br />
Sunday" (MMX 721)<br />
erschien – mit exaktem<br />
Nummernanschluss an<br />
die MM 720 von 1970<br />
(Roger Webb, "Love Theme<br />
From 'Sunflower'") und mit<br />
identischer Labeloptik. Es blieb bis<br />
jetzt eine Einzelunternehmung. Major-Minor-Gründer<br />
Phil Solomon ist<br />
am 23.4.2011 vers<strong>to</strong>rben.<br />
Seite 128 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
... zuguterletzt Impressum<br />
Fo<strong>to</strong>: © Jeff Katz<br />
BETH HART KuK BLACK COUNTRY COMMUNION<br />
Eigen-BOOM &<br />
Neues mit Joe<br />
Einst studierte die <strong>40</strong>-jährige Kalifornierin<br />
Beth Hart Cello und Gesang, als Solokünstlerin<br />
ist sie seit Anfang der 90er <strong>Jahre</strong> aktiv.<br />
Auf ihren ersten sieben Alben sang sie sich<br />
quer durch alle Stile, 2011 coverte sie mit<br />
Joe Bonamassa auf DON'T EXPLAIN grandios<br />
Blues-, Soul- und Gospelvorlagen. Ihre<br />
neue Solo-CD enthält starke eigene Nummern<br />
mit mehr Tiefgang, als es der schlichte<br />
Titel BANG BANG BOOM BOOM vielleicht<br />
erwarten lässt.<br />
War da eine bestimmte<br />
Vision im Hinterkopf, als<br />
du die neuen Songs komponiert<br />
hast?<br />
Nach MY CALIFORNIA war<br />
für mich das Ende meiner Songwriting-<br />
Straße erreicht. Ich hatte nichts mehr zu sagen<br />
und keine Ideen mehr, wollte aber nicht<br />
aufgeben, sondern weitersingen – was hätte<br />
ich auch anderes machen sollen? DON'T<br />
EXPLAIN hat mich dann so inspiriert, dass<br />
ich mehr in diese Richtung schreiben wollte.<br />
Das lief nach dem Mot<strong>to</strong> „Versuch & Irrtum"<br />
ab: Ich hatte noch nie eine Swingnummer<br />
komponiert, hatte keine Ahnung, wie man<br />
das anstellt. Ich hörte mir darum viel Thelonius<br />
Monk, Billie Holiday, Ella Fitzgerald,<br />
Dinah Washing<strong>to</strong>n, Frank Sinatra, aber auch<br />
Amy Winehouse und Fiona Apple an, und<br />
irgendwann flossen mir die Songs förmlich<br />
aus der Feder.<br />
Gleich der Opener "Baddest Blues" hat<br />
was von einer Zusammenfassung des<br />
gesamten Albums, er vereint viele Stile ...<br />
Stimmt! Außerdem haben mich meine Co-<br />
Au<strong>to</strong>ren James House, Juan Winans, Rune<br />
Westberg und Monty Byron sowie mein<br />
Produzent Kevin Shirley stark inspiriert – die<br />
Arbeit mit ihnen war eine geradezu spirituelle<br />
Erfahrung und gab mir unglaublichen<br />
Auftrieb.<br />
Die neuen Texte klingen positiver – viele<br />
deiner früheren Songs handelten von<br />
Schmerz und Leid.<br />
Da fand die musikalische Inspiration ihren<br />
Niederschlag, weil diese Musik eine romantische<br />
Ader in sich birgt. Außerdem fühle ich<br />
mich momentan pudelwohl, bewege mich<br />
auf neuen Lebenspfaden, es ist wieder alles<br />
aufregend und voller Leidenschaft. Wobei<br />
ich nicht sagen kann, wie die nächste Platte<br />
ausfallen wird. Dafür habe ich schon wieder<br />
Kevin Shirley gebucht, der aber erst in zwei<br />
<strong>Jahre</strong>n Zeit hat. Vorher werde ich mit Joe<br />
Bonamassa noch DON'T EXPLAIN VOL. II<br />
machen!<br />
pro<br />
© My Darling Clementine<br />
Einmalig &<br />
exklusiv<br />
Tobias Künzel wurde mit den Prinzen erfolgreich<br />
und berühmt. <strong>GoodTimes</strong>-Leser<br />
kennen ihn auch als singenden Drummer<br />
der sporadisch aufspielenden Spaßband<br />
Final Stap. Jetzt hat sich der Blondschopf<br />
mit dem Rockpoeten Heinz Rudolf Kunze<br />
zum Projekt KuK zusammengetan – beide<br />
werden im Januar auf Tour zu erleben sein.<br />
Tobias, wie kam es zur Zusammenarbeit<br />
mit Heinz Rudolf?<br />
Wir kennen uns schon seit mehr als 20<br />
<strong>Jahre</strong>n. Zum ersten Mal habe ich ihn<br />
1992 bei einem Konzert von Emerson,<br />
Lake & Palmer in Hannover gesehen und<br />
mich gewundert, dass er auch darauf<br />
steht. Unsere musikalischen Vorlieben<br />
und das Leben überhaupt haben wir vor<br />
ungefähr zehn <strong>Jahre</strong>n, als HRK und die<br />
Prinzen in Berlin in der Wuhlheide ein<br />
Festival gespielt haben, eine Nacht lang<br />
besprochen und festgestellt: „Wir müssen<br />
mal was zusammen machen." Jetzt<br />
klappt es endlich, darum wird es im Januar<br />
2013 einen Monat lang KuK geben.<br />
Was können Konzertbesucher erwarten?<br />
Wir haben neues Material geschrieben –<br />
und wir werden die Songs weitestgehend<br />
zweistimmig singen, man kann sich das<br />
so ein bisschen wie „Simon & Garfunkel<br />
singen NDW" vorstellen. Außerdem gibt<br />
es drei Prinzen- und drei HRK-Songs, die<br />
vom jeweils anderen gesungen werden.<br />
Ich werde "Dein ist mein ganzes Herz" als<br />
Ballade bringen, ganz besonders spannend<br />
wird sicher die HRK-Version von<br />
"Mann im Mond". Unser Gitarrist Chris<strong>to</strong>f<br />
Stein-Schneider wird mit einem Song<br />
von Fury In The Slaughterhouse vertreten<br />
sein, und selbstverständlich wird auch<br />
Paul Millns ein paar seiner Titel singen.<br />
Ich bin ja eigentlich Schlagzeuger und<br />
freue mich darauf, bei KuK mein erlerntes<br />
Instrument zu bedienen.<br />
Schneidet ihr mit?<br />
Jeder, der ein KuK-Ticket gekauft hat,<br />
wird die Möglichkeit erhalten, die Musik<br />
mit nach Hause zu nehmen.<br />
Ist die Zusammenarbeit längerfristig<br />
angelegt?<br />
KuK gibt es einmalig und exklusiv im Januar<br />
2013. Danach geht es ganz normal<br />
mit HRK und den Prinzen weiter. Heinz<br />
und ich werden aber Freunde bleiben und<br />
mal sehen ... was sich so ergibt. pro<br />
Vier Männer<br />
– ein Hut<br />
Die Gerüchteküche brodelt anlässlich der<br />
Veröffentlichung von AFTERGLOW, des<br />
dritten Studio-Albums von Black Country<br />
Communion. Ist es der Abgesang von Glenn<br />
Hughes (voc, b), Joe Bonamassa (g, voc),<br />
Derek Sherinian (keys) und Jason Bonham<br />
(dr)? <strong>GoodTimes</strong> fragte bei Bandleader<br />
Hughes nach.<br />
Du genießt offenbar das volle Vertrauen<br />
der Kollegen hinsichtlich des Songwritings<br />
...<br />
Stimmt. Ich habe ein halbes Jahr investiert,<br />
um wirklich starke und persönliche<br />
Titel zu komponieren. Ich schreibe jeden<br />
Tag, morgens und am Abend – und<br />
das Ergebnis spiele<br />
ich dann meiner<br />
Frau vor dem Zubettgehen<br />
vor. Die<br />
anderen bekamen<br />
die Songs erst zu<br />
hören, als wir uns<br />
im Studio trafen.<br />
Wir spielten alles live ein, höchstens drei<br />
Durchgänge pro Nummer – und ich bin<br />
sehr zufrieden mit dem Ergebnis.<br />
Wie sieht es mit Konzerten aus?<br />
Wir spielen im Januar zwei Shows in<br />
London, alles Weitere liegt in den Händen<br />
der Rockgötter. Ich will nicht zu viel<br />
versprechen, weil ich für 2011 Konzerte in<br />
Deutschland angekündigt hatte, die dann<br />
aber nicht zustande kamen – da stand<br />
ich wie ein Depp da. Eines kann ich versprechen:<br />
Ihr werdet mich nächstes Jahr<br />
in Deutschland live erleben – wenn nicht<br />
mit BCC, dann mit einer anderen Band,<br />
über die ich aber aus vertraglichen Gründen<br />
noch nichts erzählen darf. Ich werde<br />
2013 etwas machen, aber nicht solo.<br />
Ist AFTERGLOW das letzte BCC-Album?<br />
Ich will nicht sagen, dass dies das Ende<br />
von Black Country ist. Da haben mich<br />
US-Medienvertreter falsch verstanden.<br />
Ich habe vielleicht gesagt, dass es das<br />
letzte Album ist, bis wir wieder <strong>to</strong>uren.<br />
Damit wollte ich die Notwendigkeit signalisieren,<br />
dass wir <strong>to</strong>uren müssen! Aber<br />
wir sind vier Mann, und die muss man<br />
unter einen Hut bringen. Ich bin nur<br />
einer davon, und ich versuche, alles zusammenzuhalten.<br />
Bei AFTERGLOW ist<br />
mir das gelungen, aber der Rest liegt, wie<br />
schon gesagt, bei den Göttern. Was ich<br />
sonst sagen kann, ist, dass 2013 für mich<br />
etwas Aufregendes und Neues bringen<br />
wird.<br />
pro<br />
Die nächste <strong>GoodTimes</strong>-Ausgabe erhalten Sie ab dem 18. Januar 2013.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Christie Goodwin<br />
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Gün<strong>the</strong>r (hjg), Ralf Gün<strong>the</strong>r (rg), Hartmut<br />
Hennig (hhe, Fo<strong>to</strong>s), Christian Hentschel<br />
(che), Tino Krauter (tk), Frank Küster (fk), Willi<br />
Kuper (wk, Fo<strong>to</strong>s), Andrea Leibfried (al, Fo<strong>to</strong>s),<br />
Bernd Ma<strong>the</strong>ja (bm), Alexander Neumann (an),<br />
Helmut Ölschlegel (ös, Fo<strong>to</strong>s), Martin Reichold<br />
(mr), Michele Robustino (mro, Fo<strong>to</strong>s), Markus<br />
Roosen, Philipp Roser (pro), Elmar Schürmann,<br />
Oliver Schuh (os), Frank Schuster (frs), Ulrich<br />
Schwartz (us), Peter Seeger (p), Claudia Seeger-<br />
Wedeleit (csw), Alan Tepper (at), Uli Twelker<br />
(utw), Thomas Wachter<br />
Abonnements, Shop:<br />
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Grafische Gestaltung:<br />
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Seite 130 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
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