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GoodTimes - Music from the 60s to the 80s The Who (Vorschau)

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SPURENSUCHE<br />

HISTORY<br />

<strong>The</strong> Amboy Dukes<br />

Psycho aus der Garage<br />

Eigentlich müsste er jetzt <strong>to</strong>t<br />

sein oder im Knast sitzen. Dies<br />

hatte Gitarrist Ted Nugent –<br />

„Ausländer sind Arschlöcher, Ausländer<br />

sind Abschaum" – nämlich für den<br />

Fall der Wiederwahl von Barack Obama<br />

zum US-Präsidenten 2012 angekündigt.<br />

Sogar die eher konservative<br />

„Welt" stempelte ihn per Überschrift<br />

wegen seiner verqueren Ansichten zum<br />

„Vollidioten", und er bekam verdienten<br />

Besuch vom Geheimdienst. Nugent<br />

bezeichnete Obama, Außenministerin<br />

Hillary Clin<strong>to</strong>n und Justizminister Eric<br />

Holder als „Kriminelle": „Wir müssen<br />

auf das Schlachtfeld ziehen und ihnen<br />

im November ihre Köpfe abschlagen."<br />

Rund 45 Jahre zuvor war Nugent (geboren<br />

1948 in Detroit) offenbar noch<br />

bei besserer Gesundheit. Seine Eltern<br />

zogen nach Chicago, wo ihr Sohn<br />

1964 erste musikalische Gehversuche<br />

machte, aber bald wieder in der Mo<strong>to</strong>r<br />

City landete. Kein Mitspieler aus den<br />

Anfangstagen war mehr dabei, als die<br />

Amboy Dukes formiert wurden – benannt<br />

nach einer New Yorker Jugendbande<br />

während des Zweiten Weltkriegs<br />

aus Irving Shulmans gleichnamigem<br />

Knall garantiert: Ted Nugent aktuell<br />

Roman-Bestseller von 1947. Mit Sänger<br />

John Drake, Steve<br />

Farmer (g), Bill<br />

White (b), Rick<br />

Lober (org, p)<br />

und Drummer<br />

Dave Palmer fiel<br />

Nugent Spähern<br />

von Mainstream<br />

Records auf, die<br />

dem wilden Sixpack<br />

einen Vertrag<br />

über drei<br />

LPs gaben.<br />

Die Amboy Dukes verstanden es von<br />

Beginn an, schroffe Elemente des Garagen-Rock<br />

mit zwirbeligen Psychedelic-Passagen<br />

zu verbinden. Niemanden<br />

störte es, dass der eingefleischte Drogen-<br />

und Alkoholhasser Nugent Titel<br />

komponierte und/oder spielte, die<br />

sich nicht eben ablehnend mit diesen<br />

<strong>The</strong>men befassten ... Gleich auf der<br />

Debüt-LP THE AMBOY DUKES legte<br />

der Sechser im November 1967 einen<br />

Klassiker hin – nie wieder gab es eine<br />

dermaßen dreckige, über 5:35 Minuten<br />

hingekeulte Version von Big Joe<br />

Williams' "Baby Please Don't Go". Nugents<br />

Gitarre und die dominante Stimme<br />

von John Drake<br />

prägten das Album,<br />

das in den Charts<br />

allerdings auf Platz<br />

183 verendete.<br />

LP-Versuch Nr. 2,<br />

schon im April 1968<br />

nachgeschoben,<br />

trug einen weiteren<br />

Meilenstein bereits<br />

im Titel: JOURNEY<br />

TO THE CENTER<br />

OF THE MIND. Mit<br />

Was kann eine starke Band für immense, offenbar<br />

irreparable Spätschäden ihres ehemaligen<br />

Chefs? Nichts. Und so werden die Amboy Dukes<br />

der Sixties als amerikanische Top-Crew in Erinnerung<br />

bleiben, deren erste drei Alben psychedelischen<br />

Garagen-Rock mit Prädikat boten.<br />

den Neuzugängen<br />

Greg Arama<br />

(b) und<br />

Andy Solomon<br />

(org, p)<br />

machte die<br />

Band diesen<br />

Nugent/Farmer-Song zu<br />

einem Evergreen der sechziger, der mehr als nur Rang 16<br />

End-<br />

in den Single-Charts verdient gehabt<br />

hätte (LP: US #74). Auch mit "Surrender<br />

To Your King", "Flight Of <strong>The</strong><br />

Byrd" und "Dr. Slingshot" konnten die<br />

Dukes protzen. Ihr Label war jedoch<br />

nicht zufrieden mit der Ausbeute an<br />

den Verkaufstresen und gestattete nur<br />

noch einen weiteren Versuch.<br />

Den Abgang von Sänger Drake konnte<br />

die Band gut kompensieren: Russell<br />

Davidson (Künstlername: Rusty Day)<br />

hielt das Niveau locker aufrecht, doch<br />

die stilistische Ausrichtung hatte sich<br />

hörbar geändert,<br />

als<br />

MIGRATION<br />

1969 in die<br />

Läden kam:<br />

kaum noch<br />

Garagen-<br />

Geschrubbe,<br />

stattdessen wurde es – zeitgemäß<br />

– strichweise verspielter, wenngleich<br />

ohne nichtsnutziges Geschwurbel.<br />

Mit "Loaded For Bear" und einzelnen<br />

Passagen aus anderen Songs<br />

gelang weiter Handfestes. Dennoch<br />

war die absolute Hoch-Zeit der<br />

Amboy Dukes vorüber. Folge-Alben<br />

ab Frühjahr 1970 (jetzt auf Polydor<br />

und mit wechselndem Personal) waren<br />

mehr oder minder auf Vehikel für Nugents<br />

Gitarrenattacken reduziert.<br />

Rusty Day (später Cactus-Frontmann)<br />

wurde 1982 in Florida erschossen,<br />

drei Jahre zuvor war Bassist Greg<br />

Arama bei einem Verkehrsunfall ums<br />

Leben gekommen. Dave Palmer avancierte<br />

zu einem der international ge-<br />

Von Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />

fragtesten Toningenieure<br />

(Jimi Hendrix, Humble<br />

Pie, Faces, Alice Cooper<br />

etc.), John Drake arbeitete<br />

als Au<strong>to</strong>verkäufer.<br />

Bill White und Steve<br />

Farmer spielen noch im-<br />

mer<br />

in wechselnden Bands,<br />

Andy<br />

Solomon komponierte<br />

u.a. TV-Werbejingles. Die mit Abstand<br />

größten Erfolge verbuchte der erzreaktionäre<br />

Waffennarr Ted Nugent als<br />

einst gefeierter Hard-Rocksolist mit<br />

rund 20 Alben seit 1975.<br />

In England spielten die frühen Amboy<br />

Dukes kaum eine Rolle. Hier wurden<br />

sie allenfalls verwechselt – mit der<br />

gleichnamigen UK-Band um den Sänger<br />

Dave Amboy (und den späteren<br />

Gonzalez-Bläsern Bud Beadle und<br />

Steve Gregory), die 1967/68 gleich<br />

sechs Singles auf Polydor veröffentlichte.<br />

Die Platten der Nugent-Combo<br />

erschienen darum unter dem Namen<br />

<strong>The</strong> American Amboy Dukes.<br />

Die 1967er Originalbesetzung der Dukes<br />

wurde 2009 bei der Verleihung der<br />

Detroit <strong>Music</strong> Awards ausgezeichnet<br />

– dabei stimmten sie (neben Mitch<br />

Ryders "Jenny Take A Ride") auch<br />

noch einmal "Baby Please Don't Go"<br />

und "Journey To <strong>The</strong> Center Of <strong>The</strong><br />

Mind" an. Und Nugent hat zumindest<br />

niemanden erschossen.<br />

Seite 96 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>

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