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GoodTimes - Music from the 60s to the 80s The Who (Vorschau)

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BAND-ARCHIV HISTORY <strong>The</strong> Undertakers<br />

In New York begraben<br />

Natürlich, die Beatles, Searchers & Co. haben weitaus intensiver<br />

an den Kassen und in Sälen abgeräumt. Dennoch genossen auch<br />

andere Bands aus der Beat-Wiege Liverpool einen exzellenten<br />

Ruf, zum Beispiel die Undertakers aus Wallasey an der Mersey-<br />

Mündung. Für anfängliche Verstimmung sorgte allein ihr etwas<br />

ungewöhnlicher Name: die Leichenbestatter.<br />

Was, wenn gerade die Mutter<br />

eines Zuschauers ges<strong>to</strong>rben<br />

„ ist?!" So wurden die Musiker<br />

einst pietätvoll-besorgt zu ihrem Namen<br />

befragt. Sänger Jackie Lomax:<br />

„Der wird wohl eher nicht in ein Beatkonzert<br />

gehen." Womit das <strong>The</strong>ma erledigt<br />

war. Eine Episode aus der Zeit,<br />

als die Undertakers den starken Frontmann<br />

schon in ihren Reihen wussten.<br />

Die Gründertage der Band lagen da<br />

schon eine Weile zurück. 1960 spielten<br />

drei der Beerdigungsunternehmer<br />

in spe schon bei Bob Evans & <strong>The</strong> Five<br />

Shillings (zuvor: <strong>The</strong> Vegas<br />

Five): Chris Hus<strong>to</strong>n<br />

(*25.6.1943, Wallasey;<br />

g, voc), Geoff Nugent<br />

(*23.2.1943, Kirkby; g,<br />

voc) und Brian Jones<br />

(*27.11.1940, Wallasey;<br />

sax). Als die Crew einfach<br />

nicht in die Hufe<br />

kam, wurde die lokale<br />

Konkurrenz Dee & <strong>The</strong><br />

Dynamites angegraben:<br />

Von dort wechselte –<br />

neben Warren „Bugs"<br />

Pember<strong>to</strong>n (*7.1.1945,<br />

dr) – ein Mann die<br />

Front reihe, der noch<br />

heute als einer der besten Sänger aus<br />

Liverpool bezeichnet wird: Bassist Jackie<br />

Lomax (*10.5.1944).<br />

Die Undertakers – im Leichenwagen<br />

unterwegs und auf der Bühne stets<br />

in schwarzen Klamotten – punkteten<br />

aber auch mit Brian Jones: Sein Saxofon<br />

half immens bei der Erweiterung<br />

des Reper<strong>to</strong>ires, was vielen bläserlosen<br />

Beatcombos nur bedingt möglich war.<br />

Denn es wurde, zeitgemäß, gecovert<br />

wie am Fließband: bevorzugt US-Originale<br />

aus dem R&B-Fundus, in dem<br />

von Haus aus „Blech" eine nicht unbedeutende<br />

Rolle spielte. Auf<br />

diese Weise waren Lomax &<br />

Co. Zugriff und Umsetzung<br />

eines weitaus größeren Songspektrums<br />

möglich.<br />

Bereits 1962 folgte das Quintett<br />

unzähligen Kollegen aufs europäische<br />

Festland, wo es mehr Clubs und<br />

Kohle gab. Im August heuerten sie<br />

im Hamburger Star-Club an, Gesamtauftrittsdauer:<br />

140 Tage. Auch die<br />

Totengräber durchlebten en ein Stahlbad,<br />

kehrten erfahrener<br />

nach England zurück.<br />

Sie schickten erste Demos<br />

an Plattenfirmen<br />

und akzeptierten eine<br />

Offerte von Tony Hatch<br />

bei PYE, was Lomax<br />

auch Jahrzehnte später<br />

ebenso bedauerte wie<br />

das selbst abgelehnte<br />

Andocken bi bei Bi Brian<br />

Epstein als Manager.<br />

So „glänzt" die B-Seite<br />

der Undertakers-Debütsingle,<br />

ihr ultimativer<br />

Bühnen-Bringer<br />

"(Do <strong>The</strong>) Mashed Pota<strong>to</strong>es"<br />

(7/1963), noch<br />

heute mit geradezu<br />

grauenhaft versemmeltem<br />

Gesang. Ein Flop,<br />

genau wie die zweite<br />

45er, "What About Us"<br />

(10/1963), obwohl die<br />

Band "Money" favorisiert<br />

hatte. Erst der dritte<br />

Versuch, "Just A Little<br />

Von Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />

Bit" (2/1964), schaffte es in den UK-<br />

Charts bis auf Rang 49.<br />

PYE bestand danach aus Imagegründen<br />

auf einer Verkürzung des<br />

Bandnamens auf <strong>The</strong> Takers, die<br />

Friedhofstextilien verschwanden im<br />

Kostümfundus. Was nichts half, Single<br />

Nr. 4 ("If You Don't Come Back";<br />

9/1964) trieb erneut keine Käufer in<br />

die Läden. Ein Weg aus der Sackgasse<br />

musste her.<br />

Gitarrist Chris Hus<strong>to</strong>n hatte schon<br />

zuvor eine Zeitungsanzeige entdeckt,<br />

in der Bands Gigs in den USA versprochen<br />

wurden. Die Undertakers griffen<br />

zu – ohne zu wissen, dass der Promoter<br />

Bob Harvey parallel Pete Best und<br />

seine Crew verpflichtet hatte. Schon<br />

als sich beide Gruppen am 14.8. im<br />

Flieger nach New York „begegneten",<br />

kam Freude auf. Die bei den Takers<br />

noch wuchs, als Harvey sich<br />

ausschließlich um Best<br />

kümmerte – denn<br />

ihn konnte er werbewirksam<br />

als den<br />

Mann anpreisen,<br />

der die Beatles auf<br />

acht Millionen Dol-<br />

lar<br />

Schadenersatz<br />

verklagt hatte ...<br />

Lomax & Co. waren<br />

chancenlos, in Schmuddelhotels abgestellt,<br />

traten mal in Kanada auf<br />

und übernachteten in einem Aufnahmestudio<br />

von Harveys Partner Bob<br />

Gallo. Dort machten sie aus dem Beschiss<br />

eine Tugend und spielten eine<br />

Ladung Songs<br />

ein, von denen "I Fell<br />

In Love"/"Throw Your<br />

Love Away Girl" auf<br />

Gallos Mini-US-Label<br />

Black Watch erschien.<br />

Als Brian Jones<br />

Weihnachten 1965 zurück<br />

nach London flog,<br />

waren die Undertakers<br />

Geschichte. Lomax und<br />

Pember<strong>to</strong>n blieben in<br />

Amerika und wagten dort – nach den<br />

Zwischenstationen Mersey Lads und<br />

Lost Souls – mit John Canning (g)<br />

und Tom Cacetta (b) einen Neuanfang<br />

als Lomax Alliance. Deren Aufnahmen<br />

von 1966/67 gibt es auf der CD<br />

LOST SOUL (rpm, 2010). Sämtliche 21<br />

Tracks der Undertakers enthält die Disc<br />

UNEARTHED (Big Beat, 1996).<br />

Nachsatz: Gefragt, ob er es war,<br />

der auf dem Beatles-Song "You Know<br />

My Name, Look Up My Number" Saxofon<br />

gespielt habe, antwortete Undertaker<br />

Brian Jones einst ehrlich:<br />

"Nein, das war der andere. Der nicht<br />

schwimmen konnte." Schwarzer britischer<br />

Bestatter-Humor ...<br />

Seite 94 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>

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