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OKTA LOGUE<br />
New<br />
comer<br />
Mit den <strong>60s</strong> Flucht aus Hessen<br />
Ein bisschen klingt die Erfolgsgeschichte der Band Okta Logue ja schon wie<br />
ein modernes Märchen: Da machen vier Jungs um die zwanzig aus Südhessen<br />
einfach die Musik, die ihnen gefällt, ohne sich darum zu scheren, was gerade hip<br />
oder <strong>to</strong>p ist – und landen 2012 gleich mit ihrer selbst produzierten Debüt-EP<br />
"Ballads Of Burden" beim großen Label Columbia. Die Scheibe war schnell vergriffen,<br />
das selbst gedrehte, ins Internet gestellte Video<br />
"Bright Lights" eroberte die Netzgemeinde. Nachdem die<br />
Vier im vergangenen Jahr ausgiebig <strong>to</strong>urten und auch<br />
größere Open Airs spielten (u.a. Burg Herzberg Festival),<br />
gibt es jetzt TALES OF TRANSIT CITY (Columbia/Sony<br />
<strong>Music</strong>), ihr erstes Album in voller Länge. Und wieder<br />
präsentieren sie darauf ihren unwiderstehlichen Mix aus<br />
<strong>60s</strong>/70s-Sounds und moderneren Rock- und Popansätzen<br />
(Radiohead, Air etc.). Die Arbeit wird dem Quartett erneut Vergleiche mit<br />
Pink Floyd einbringen, was vor allem am eleganten, an David Gilmour geschulten<br />
Gitarrenspiel Philip Melois liegt, aber auch den wohlgesetzten Orgeltönen von<br />
Nicolai Hildebrandt. Doch die Combo um Sänger/Bassist Benno Herz und dessen<br />
Bruder Robert (dr) fährt nicht nur einfach auf der Retroschiene, dafür sind ihre<br />
Songs viel zu lebendig und agil. Mit trickreichen Arrangements und unbändiger<br />
Spielfreude sorgt TALES OF TRANSIT CITY trotz einiger vertrauter Sounds stets<br />
für neue Überraschungen.<br />
frs<br />
HELMUT B.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Sandra Gün<strong>the</strong>r<br />
NEO RODEO<br />
Rock'n'Roll mit Milchmann<br />
Ich bin heute Morgen aufgewacht und hatte den Blues / Meine Freundin war<br />
„ weg, und auch sonst ging es mir nicht gut / Ich glaub, ich hab mein ganzes<br />
Geld in weißes Pulver umgesetzt / Und dann den Wirt um die Zeche geprellt,<br />
jetzt ist die Nase blau, sind die Klamotten zerfetzt." Mit diesen Worten begrüßt<br />
Sänger Johannes Winter die Hörer im ersten Lied des Albums, und seine Stimme<br />
klingt so rau und unausgeschlafen, dass man ihm<br />
den Text sofort abkauft. Mit MEIN JUNGES UND SORG-<br />
LOSES HERZ (Tapete/Indigo) präsentiert die Band Neo<br />
Rodeo aus Freiburg im Breisgau ihr Debüt, eine Kollektion<br />
herrlich schnodderiger Songs mit Titeln wie "Meine<br />
Karriere und ich", "Milchmann", "Freie Liebe" und<br />
"Fleißiges Mädchen". In den derzeitigen Boom sensibler<br />
junger deutscher Songwriter (Max Prosa, Philipp Poisel,<br />
Dota Kehr u.a.) bringt das Quintett einen ruppigen Ton und eine gehörige Portion<br />
Rock’n’Roll ein – ganz in der Nachfolge deutscher Künstler wie Rio Reiser,<br />
S<strong>to</strong>ppok und Nils Koppruch (Fink). Anstatt auf romantisch zu machen, orientieren<br />
sich Neo Rodeo eher an Gossenpoeten wie Charles Bukowski und Jörg Fauser,<br />
musikalisch stecken sie knietief in Indie-, Blues- und Country-Rock, vorangetrieben<br />
von markanten Breitseiten-Gitarrenriffs. „Ich hab mich heute selbst gefeuert,<br />
und es war / Ein Sieg, ich ging gleich an der nächsten Ecke in die Bar / Meine<br />
Karriere und ich ..."<br />
frs<br />
MIKA VANDBORG<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Alt macht neu<br />
Es ist nie zu spät für Neues. Sagte sich der frühere Besitzer eines IT-Unternehmens.<br />
Und so debütiert Helmut B. jetzt mit ALT ABER GOLD, womit er<br />
nicht nur „Hamburgs ältester Newcomer" sein dürfte, wie das lokale „Abendblatt"<br />
titelte. Typisch für seinen verschmitzten, manchmal ironischen, oft nachdenklichen<br />
Unter<strong>to</strong>n prangt der Sticker „Freigegeben ab 60 Jahren" auf dem Cover. Mit<br />
„gemischten Gefühlen" erlebte der 67-jährige Hamburger sein Debüt. „Ich habe<br />
gesagt, der Weg ist das Ziel, und fand es <strong>to</strong>ll, mit Musikern<br />
wie Hardy Kayser, dem Produzenten von Annett Louisan, zu<br />
arbeiten – die hat übrigens zwei Refrains mitgesungen", erzählt<br />
B. Für Geburtstagsfeiern von Freunden hatte B. die nun<br />
ver<strong>to</strong>nten Texte geschrieben. „'Die Brille' behandelt altersbedingte<br />
Vergesslichkeit, die unfreiwillige Komik des Alters",<br />
meint B. exemplarisch, und: „Die Platte kann ja das Älterwerden<br />
nicht s<strong>to</strong>ppen, sondern nur für eine Stunde lang vergessen lassen." Kunstförderer<br />
B. kommt von der Klassik, brachte in Hamburg die Konzertreihe „Happy New<br />
Ears" mit auf den Weg und inszenierte Revuen, etwa über Heinrich Heine oder<br />
Obama. „Ich hatte als Junge eine große Sehnsucht nach <strong>The</strong>ater und Schreiben.<br />
Daraus wurde aber nichts, weil ich früh Vater wurde und Geld verdienen musste.<br />
Nachdem ich kapiert hatte, wie Programmieren geht, fing ich an, ein paar Träume<br />
zu verwirklichen. Dazu gehört eben, ab und zu was in <strong>The</strong>atern zu machen, im<br />
Schauspielhaus oder Thalia-<strong>The</strong>ater." Und jetzt eine CD.<br />
pro<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Saitenvielfalt<br />
Der kleine Däne (Jahrgang 1971) mit dem Riesengitarrensound, dem lustigen<br />
Zwirbel-Moustache und der Lightshow-freundlichen Glatze fiel u.a. im Sommer<br />
2012 bei einem Clubgig der Kopenhagener Band Kiss Me I'm Danish auf.<br />
Vandborg = beseelt, beschlagen, besessen. Ein Neuling für Deutschland, in Dänemark<br />
eine feste Größe – seit 1999 bei den seit 1966 aktiven Rockern <strong>The</strong><br />
Gnags um die Nielsen-Brüder, mit der Sängerin Ida Corr und<br />
vor allem durch vier Alben, aber: „Aus der Band wurde leider<br />
nichts." Das aktuelle WALL OF BOOKS (GT 1/2013) mit<br />
Drummer Christer Jansson (Roxette) schlägt Wellen: „Ich<br />
bekomme irre Mails, Hörer spüren durch meine Texte Seelenverwandtschaft.<br />
Mein Falsettgesang entstand durch gesangliche<br />
Unsicherheit bei meinen Demos; nun fühle ich mich im oberen Register<br />
am sichersten." Den warmen Gitarren<strong>to</strong>n liebte er schon als Teenager bei Clap<strong>to</strong>n,<br />
ihm widmete er den Track "Ocean Boulevard": „Beim Gesang hatte ich Richard<br />
Manuel von <strong>The</strong> Band auf 'I Shall Be Relased' im Kopf. Bei 'Twelve Keys Of<br />
Reprise' geht es stets einen Halb<strong>to</strong>n höher als bei 'Layla'." Mika Vandborg <strong>to</strong>urt<br />
momentan mit der Band Love Shop durch Jütland. Sein Projekt Electric Guitars,<br />
mit Gitarrist („und meinem besten Freund") Søren Anderson, läuft ab August mit<br />
neuer CD weiter: „Søren spielt seine Songs, ich meine. Wir sind beide Guitar-<br />
Hero-Guys; so haben wir doppeltes Publikum. Jetzt reist Søren gerade mit Glenn<br />
Hughes durch Australien!"<br />
utw<br />
Fo<strong>to</strong>: © Palle Schultz<br />
Seite 76 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>