Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Fo<strong>to</strong>: © Tom Oyley<br />
Wir fühlten uns<br />
" wie coole Idioten"<br />
Nein, damit kommen Andy McCluskey und Paul Humphreys<br />
alias Orchestral Manoeuvres In <strong>The</strong> Dark alias OMD nicht<br />
durch: Da behauptet das Duo aus Liverpool, seine aktuelle<br />
CD ENGLISH ELECTRIC würde nahtlos an die eigenen Großtaten<br />
als Elektronik-Pioniere der frühen 1980er anschließen – allen voran<br />
an den Meilenstein ARCHITECTURE AND MORALITY von 1981, vor<br />
allem aber an die Großtaten der Elektronik-Urgesteine Kraftwerk,<br />
die ganz großen Vorbilder der Briten.<br />
Gut, das süße Pluckern alter elektronischer Gerätschaften ist auf<br />
dieser aktuellen Scheibe eindringlich zu vernehmen. Aber hilft das<br />
über austauschbare Melodien hinweg? ENGLISH ELECTRIC ist eher<br />
Kraftwerk im Popgewand.<br />
Vielleicht liegt die musikalische Beliebigkeit an den eher legeren Umständen, unter denen ENGLISH<br />
ELECTRIC entstanden ist: „Unsere Kinder”, feixt McCluskey, „stecken inzwischen heftig in der Pubertät. Die<br />
sind froh, wenn wir Alten aus dem Haus sind und sie in Ruhe lassen. Die beste Voraussetzung also, dass<br />
man sich um das eigene Zeug kümmern kann.”<br />
Es war nicht einfach, mit über 50 die musikalischen Ansprüche für die Gegenwart zu definieren, meint<br />
McCluskey (Jahrgang 1959) beinahe entschuldigend: „Wir fühlten uns wie coole Idioten und waren nicht<br />
sicher, ob wir modern, post-modern oder einfach nur altmodische Deppen sind. Ab einem gewissen Zeitpunkt<br />
war uns das jedoch egal. Wir wurstelten einfach drauflos.” Schließlich nahm sich das Duo wie<br />
gewohnt „als Menschen nicht allzu ernst, wir haben viel gelacht im Studio. Aber unsere Arbeit haben wir<br />
definitiv ernstgenommen”, erklärt der Alt-New-Waver eindringlich.<br />
War es nicht schwer, mit dem Ruhm der Achtziger auf dem Buckel 30 Jahre später erneut in den Ring zu<br />
steigen, um die Menschheit für sich und seine Arbeit zu gewinnen? „Das Schlimmste haben wir hinter uns”,<br />
ist McCluskey überzeugt, „denn die Ära, in der wir unseren Ruhm hatten, war bereits im Folge-Jahrzehnt<br />
völlig out, 80er-Style ging ab 1994 oder 1995 gar nicht mehr! Darum ließ ich OMD in jener Zeit auslaufen,<br />
nachdem Paul sich bereits Ende der 1980er verabschiedet hatte. Aber seit einiger Zeit ist unser S<strong>to</strong>ff wieder<br />
angesagt, hippe junge Bands, etwa die Killers oder <strong>The</strong> XX, berufen sich auf unser Werk. Das stärkt den<br />
Rücken für eigene musikalische Schandtaten ungemein. Heute ist es kein Makel mehr, sich auf die Kunst<br />
der 80er zu berufen.”<br />
Nachdem der Zweier in den letzten Jahren seit der Wiedervereinigung 2006 erfolgreiche, ausverkaufte<br />
Touren in England und Europa absolviert hat, gehen OMD jetzt geballt auf Konzertreise, die sie im Mai<br />
auch nach Deutschland führt. Auf der Bühne wird dann die Originalbesetzung stehen, neben McCluskey<br />
und Humphreys also auch die frühen Mitstreiter Martin Cooper und Malcolm Holmes. „Wir lieben es, live<br />
zu spielen”, lacht McCluskey, „selbst wenn ich nicht recht weiß, was der Unterschied zwischen OMD live<br />
und auf Platte ist – das hat sich mir noch nie erschlossen. Egal! Hauptsache, alle Anwesenden haben einen<br />
vergnüglichen Abend …”<br />
Michael Fuchs-Gamböck