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30 Jahre<br />
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QualitAt<br />
Von Christian Hentschel<br />
Als 2012 das Album DREH MICH UM der Berliner Band Volkmann erschien,<br />
war dies Debüt und Comeback zugleich; ein Debüt, weil die<br />
Besetzung – außer Mastermind und Frontmann Peter Butschke sowie<br />
Texter Werner Karma, der aktuell auch mit Silly Erfolge feiert – aus<br />
neuen Musikern besteht: Jens-Peter Kruse, Jan Haasler und Frank<br />
Godde-Gohlke. Außerdem ist im Ansatz der Bandname neu, dennoch<br />
verweist er auf eine lange (Erfolgs-)Geschichte. Denn Volkmann sind<br />
die musikalischen Erben der Pension Volkmann – und die zählten in den<br />
Achtzigern zu den wichtigsten Musikern Ostdeutschlands.<br />
Die DDR-Musikszene geriet um 1980 mächtig in<br />
Bewegung. New Wave und Punkeinflüsse s<strong>to</strong>ppten<br />
nicht an Mauer und Stacheldraht. Gestandene<br />
Bands wie etwa die Stern-Combo-Meißen tauschten<br />
ihre jahrelangen Sänger gegen Newcomer aus.<br />
Die Veronika Fischer Band nutzte den Weggang<br />
ihrer Sängerin in den Westen als musikalischen<br />
Neustart und spielte von da an als Pankow mit<br />
aufmüpfigen Texten und spröden Songs. Frische<br />
Bands wie Meridian und Mona Lise orientierten<br />
sich an Ideal, Silly an Spliff – und selbst eine längst<br />
etablierte Gruppe wie<br />
die Puhdys, an der<br />
Entwicklung des Ost-<br />
Rock in den Siebzigern<br />
maßgeblich beteiligt,<br />
setzte mit Songs<br />
wie "TV-Show" und<br />
"Jahreszeiten" auf die<br />
Neue Deutsche Welle.<br />
In diese Zeit – 1983 –<br />
fiel der Startschuss von<br />
Pension Volkmann,<br />
die auf der Bühne zu<br />
zweit und hinter den Kulissen zu dritt agierten.<br />
Mit dem pompösen, an Bombast reichen Siebzigersound<br />
und den damals mit wuchtigen Metaphern<br />
ausgestatteten Lyrics hatte das Trio zwar nichts<br />
gemein, doch die neuen Wave-Akzente waren ihnen<br />
genauso fremd. Die Pension saß musikalisch<br />
zwischen den Stühlen. Schubladendenker drückten<br />
ihr den Liedermacher-Stempel auf. Das war nicht<br />
wirklich falsch, schließlich waren die Songs oftmals<br />
spärlich arrangiert und wurden in den Konzerten<br />
mit nur zwei Akustikgitarren vorgetragen. Vieles,<br />
was die heutige deutschsprachige Singer/Songwriterszene<br />
ausmacht, nahmen die Musiker dabei vorweg.<br />
Sie flirteten mit Blues und Folk, liebäugelten<br />
mit Pop und Chanson. Sänger und Gitarrist Peter<br />
Butschke war der Extrovertierte des Bühnenduos,<br />
sein expressiver Gesangsstil und seine<br />
sonore Stimme überzeugten von<br />
leise wimmernd bis lauthals nörgelnd.<br />
In schnoddrig-spöttischem Ton sang<br />
Butschke von Freiheit und Leidenschaft,<br />
stänkerte gegen die realsozialistische Enge.<br />
Independent-Label dent veröffentlicht, erreichte dann<br />
Introvertiert dagegen war Gitarrist Reinhard Buchholz.<br />
Der begnadete Virtuose wirkte neben seinem<br />
agilen Frontmann immer etwas still und zurückhaltend,<br />
doch sein Gitarrenspiel war magisch. Er<br />
schien mit seiner Akustischen zu verschmelzen,<br />
sich im Spiel aufzulösen.<br />
Durch die überschaubare<br />
Instrumentierung<br />
fiel das Hauptaugenmerk<br />
allerdings auf die<br />
Texte. Werner Karma<br />
war damals der Shootingstar<br />
unter den Textdichtern<br />
des DDR-Rock.<br />
Das 1983er Silly-Album<br />
MONT KLAMOTT gilt<br />
Das Duo Pension Volkmann in den 80ern<br />
vor allem wegen seiner<br />
Verse, alle von Werner Karma, als Meilenstein der<br />
DDR-Rockmusikgeschichte. Karma blendete jeglichen<br />
Schwulst aus und war in der Lage, auch mit einfachen<br />
Worten ganze Bildlandschaften entstehen zu lassen –<br />
ein Talent, von dem Silly und Volkmann noch heute<br />
profitieren. Bei Pension Volkmann sah sich Werner<br />
Karma nicht nur als Textlieferant, sondern als Bestandteil<br />
des Bandgefüges, als Dritten im Bunde.<br />
Butschke und Buchholz kannten sich bereits viele<br />
Jahre, sie waren überzeugt, einmal etwas gemeinsam<br />
zu machen. Schließlich klopften sie an Karmas Tür.<br />
Drei großartige Alben belegen diese Zeit: DIE GE-<br />
FÜHLE (1985), VOLLPENSION (1987) und TRAUM-<br />
TÄNZER (1993). Die beiden ersten erschienen noch<br />
beim staatlichen DDR-Label Amiga und verkauften<br />
zusammen sechsstellig; TRAUMTÄNZER, bei einem<br />
Seite 70 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Songs für Herz und Hirn: Die Berliner Band Volkmann mit (v.l.): Frank Godde-Gohlke (perc),<br />
Jens-Peter Kruse (bass), Jan Haasler (git) und Peter Butschke (voc, g).<br />
nur noch ein Nischenpublikum. Butschke, Buchholz<br />
und Karma schworen sich, den Bandnamen<br />
nur in dieser Dreier-Konstellation zu nutzen; sie<br />
schraubten wiederholt an einem Comeback, doch<br />
dazu kam es nicht mehr: 2007 erlag Reinhard<br />
Buchholz (53) einem Krebsleiden, wenige Monate<br />
später verstarb der frühere Silly-Bassist Matthias<br />
Schramm, der ein neues Pension-Volkmann-Album<br />
produzieren wollte.<br />
Seit 2010 gibt es nun Volkmann, eine neue Band<br />
als konsequente Weiterführung der Pension.<br />
Das Kult-Label Amiga, längst zu<br />
Sony <strong>Music</strong> gehörig, würdigt<br />
das 30-jährige Jubiläum<br />
der Pension Volkmann<br />
mit einer Best-Of-<br />
Kopplung. Die<br />
Spanne reicht<br />
dabei von<br />
Songs der<br />
frühen Alben<br />
über<br />
die eingangs<br />
erwähnte<br />
D R E H<br />
M I C H<br />
UM-Platte<br />
bis hin<br />
zu zwei<br />
bislang<br />
unveröffentlichten<br />
Liedern.<br />
Peter<br />
Butschke<br />
© Pressefo<strong>to</strong>s