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CD<br />
REVIEWS<br />
Gitarrist Joel Peterson mit zahlreichen<br />
Gästen mit Jump Blues und New Orleans<br />
Swamp-Feeling. Acht Eigenbauten haben<br />
sie mit fünf sorgfältig gewählten, weniger<br />
bekannten Covers ergänzt. Herausgekommen<br />
ist ein quicklebendiges, spannendes<br />
und variantenreiches Album zeitloser<br />
Güte, mit dem die Herrschaften jeden<br />
Club zum Kochen bringen dürften. Es ist<br />
ihnen gelungen Retro-Flair au<strong>the</strong>ntisch in<br />
die Gegenwart zu tragen, ohne dabei auch<br />
nur eine Spur altbacken zu wirken.<br />
(Bling Pig/Fenn, 2013, 13/47:03) pro<br />
ERIC CLAPTON<br />
OLD SOCK<br />
Der „späte” Eric<br />
Clap<strong>to</strong>n ist ja nicht<br />
gerade für seine Innovationsfreudigkeit<br />
bekannt, und wie im<br />
Titel OLD SOCK<br />
versprochen,<br />
bleibt<br />
er auch auf seinem neuen Album in seiner<br />
heimischen Komfortzone. Ebenso wie auf<br />
dem 2010er CLAPTON konzentriert er<br />
sich größtenteils auf Songs, die ihn schon<br />
seit seiner Kindheit begleiten. Taj Mahal<br />
unterstützt ihn beim Reggae-Opener “Fur<strong>the</strong>r<br />
On Down <strong>The</strong> Road”, Steve Winwoods<br />
Orgel und Clap<strong>to</strong>ns Gitarre duellieren<br />
sich in Gary Moores “Still Got <strong>The</strong><br />
Blues”, Paul McCartney brachte bei “All<br />
Of Me” das 30er-Jahre-Feeling seines letzten<br />
Albums mit, für “Angel” wurde dessen<br />
Komponist, J.J. Cale, als Gastmusiker verpflichtet,<br />
Chaka Khan sorgt bei “Gotta Get<br />
Over” für soulige Vocals. Dabei bleibt die<br />
Umsetzung dieser Songs exquisit – keine<br />
Frage bei Clap<strong>to</strong>ns einzigartigem Gitarrenspiel<br />
und bei Mitmusikern wie Greg Leisz,<br />
Steve Gadd, Doyle Bramhall II, Jim Keltner<br />
oder Henry Spinetti.<br />
(Polydor/Universal, 2013, 12/53:49) us<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
FINDERS KEEPERS – MOTOWN<br />
GIRLS 1961–67<br />
Zu oft wird die weibliche Seite von Tamla<br />
Mo<strong>to</strong>wn auf Erfolgsacts wie Diana Ross<br />
& <strong>The</strong> Supremes, Martha & <strong>The</strong> Vandellas,<br />
Gladys Knight & <strong>The</strong> Pips oder<br />
Mary Wells und Kim Wes<strong>to</strong>n reduziert.<br />
Die genannten Ladies sind alle auch auf<br />
diesem äußerst sinnvollen Sampler vertreten<br />
– und zwar mit nur einem schwachen<br />
(Wes<strong>to</strong>n), ansonsten guten (Knight,<br />
Vandellas) bis sensationellen Aufnahmen<br />
wie “Long Gone Lover” (<strong>The</strong> Supremes)<br />
und “What’s Easy For Two Is So Hard<br />
For One” (Wells). Es gab aber noch weit<br />
mehr begnadete Stimmen, die heute vordem<br />
Vergessen bewahrt werden müssen.<br />
Highlights auf FINDERS KEEPERS sind<br />
nämlich auch “Do You Know What I’m<br />
Talkin’ About You” (LaBrenda Ben),<br />
“Grass Seems Greener (On <strong>The</strong> O<strong>the</strong>r<br />
Side)” (<strong>The</strong> Marvelettes), “Till Johnny<br />
Comes Home” (Brenda Holloway), die<br />
sehr gefühlsechte Ballade “So Let <strong>The</strong>m<br />
Laugh At Me” (Linda Griner) und das<br />
irre, temperamentvoll arrangierte “Dance<br />
Yeah Dance” (<strong>The</strong>lma Brown). Das Erstaunlichste<br />
an dieser herrlichen Sammlung<br />
ist, dass die Hälfte der Tracks erstmals<br />
veröffentlicht werden!<br />
(Ace/Soulfood, 2013, 24/64:50) hjg<br />
CHARLES BRADLEY<br />
VICTIM OF LOVE<br />
Auf das vor zwei Jahren erschienene erfolgreiche<br />
Debütalbum NO TIME FOR DREA-<br />
MING folgt nun mit VICTIM OF LOVE ein<br />
weiterer Geniestreich des neuen Sterns am<br />
US-amerikanischen Soulhimmel, der den<br />
Zuhörer auf eine Zeitreise mit ins Jahr 1968<br />
nimmt. Dass Bradley schon 64 Jahre alt ist<br />
und auf ein Leben voller Armut und Schicksalsschläge<br />
zurückblicken kann, macht seine<br />
Entdeckung im hohen Alter durch Dap<strong>to</strong>ne<br />
Records zu einer ganz besonderen Geschichte.<br />
Auf dem zweiten Album zeigt sich<br />
Bradley vielseitiger als noch beim Erstling.<br />
Elemente psychedelischen Souls, wie er von<br />
den Temptations, Curtis Mayfield und Isaac<br />
Hayes bekannt ist, durchziehen nun das<br />
Werk. Mit jedem Fuzz-Effekt grüßen Stax<br />
und Hi-Records. Dabei glänzt der frühere<br />
James-Brown-Imita<strong>to</strong>r mit großartigem Ausdruck<br />
in der Stimme, der man das Leiden<br />
und den Schmerz, aber auch die Liebe und<br />
die Hoffnung zu jeder Sekunde abnimmt.<br />
Otis Redding und James Brown haben ihren<br />
legitimen Nachfolger gefunden!<br />
(Dap<strong>to</strong>ne Records/Groove Attack,<br />
2013, 11/40:28) an<br />
JIMMIE VAUGHAN<br />
STRANGE PLEASURE + OUT<br />
THERE + DO YOU GET THE<br />
BLUES?<br />
Kein Ki Geringerer als<br />
Nile Rodgers produzierte,<br />
Dr. John,<br />
Lou Ann Bar<strong>to</strong>n<br />
und Fonzi Thorn<strong>to</strong>n<br />
(Chic) waren<br />
als Gäste dabei, als<br />
Jimmie i Vaughan – neben seinem Job als Gitarrist/Sänger<br />
bei den Fabulous Thunderbirds<br />
– 1984 sein erstes Solowerk einspielte. Durchaus<br />
retrolastig am Blues der 50er und 60er orientiert,<br />
spielte Vaughan gefühlvoll, entspannt,<br />
demonstrierte verschiedene Bluesspielarten,<br />
vereinte Texas Blues und eine leicht rockigere<br />
Form von Roadhouse-Rock – unangestrengt<br />
und doch vital, inspiriert, mit hörbarer Freude<br />
am Musizieren. OUT THERE ging vier<br />
Jahre später in eine ähnliche Richtung, setzte<br />
auf kompakte Songs mit ökonomischem Gitarrenspiel<br />
ohne große Solierambitionen, die<br />
nur zu Dauervergleichen mit seinem jüngeren<br />
Bruder Stevie gereizt hätten. 2001 war bei DO<br />
YOU GET THE BLUES? eine dezent jazzige<br />
Note unüberhörbar, aber auch seine Shuffle-<br />
Affinität konnte und wollte Vaughan nicht<br />
leugnen. Harpspieler James Cot<strong>to</strong>n brachte<br />
ein wenig Schmiss ein, auch Vaughan-Sohn<br />
Tyrone konnte sich als Gitarrist vorstellen.<br />
Die Grammy-Auszeichnung als „Bestes traditionelles<br />
Bluesalbum” verdiente sich das Opus<br />
durchaus und ließ Jimmie V. als Solokünstler<br />
endgültig aus dem brüderlichen Schatten<br />
hervortreten. Die Neuauflagen (ohne Bonus-<br />
Material) überzeugen durch gelungenes Mastering<br />
und aufklärende Liner-Notes.<br />
(Reper<strong>to</strong>ire/Sony <strong>Music</strong>, 1994 + 1998 +<br />
2001, 11/45:34 + 10/40:31 + 11/54:53) pro<br />
Blues – R&B – Soul – Funk – Reggae<br />
JAMES BROWN &<br />
THE FAMOUS FLAMES<br />
TELL ME WHAT YOU‘RE GON-<br />
NA DO / SHOUT AND SHIMMY<br />
Es frappiert jedes<br />
Mal – wie der Raspelrüpel<br />
aus Georgia<br />
seine<br />
gebrannten<br />
Mandeln hier 1960<br />
strapazierte,<br />
traute<br />
man ihm kaum zu,<br />
bis Weihnachten ht durchzuhalten, geschweige<br />
denn bis zum Folgejahr und SHOUT AND<br />
SHIMMY oder gar die Jahrzehnte hindurch.<br />
Zwei kochende Alben werden hier präsentiert,<br />
noch ohne die Längen späterer Ghet<strong>to</strong>-Grooves.<br />
Da sich sechs Aufnahmen bei<br />
den Original-LPs überschnitten, wird mit<br />
neun starken Bonus-Titeln ausgeglichen.<br />
“Just You And Me, Darling” eröffnet den<br />
Marathon im treibenden Rhythmus seines<br />
“I’ll Go Crazy”, aber Browns Big Hits werden<br />
hier nicht recycelt, keine Doubletten<br />
für Greatest-Besitzer: Es gibt Shuffles wie<br />
“Come Over Here”, straighte Rocker à la<br />
„Dancin’ Little Thing” und bluesige Soulballaden<br />
vom Schlage des hochemotionalen<br />
“Lost Someone”. Hochinteressant, wie<br />
“And I Do Just What I Want” den Gassenhauer<br />
“Money” mit den Breaks von “I Feel<br />
Good” verbindet – die CD ist voll solcher<br />
Entdeckungen!<br />
(Soul Jam/inakustik, 1961/1962,<br />
27/70:34) utw<br />
IRONING BOARD SAM<br />
DOUBLE BANG!<br />
Sam Moore (*1939) ist als Ironing Board<br />
Sam (Bügelbrett Sam) seit Jahrzehnten in<br />
der amerikanischen R&B- und Bluesszene<br />
aktiv, ohne die gebührende Aufmerksamkeit<br />
erlangt zu haben. Das will die <strong>Music</strong><br />
Maker Relief Foundation ändern, die ihm<br />
mit Hilfe des Dixiefrog-Labels die Aufnahme<br />
der Doppel-CD DOUBLE BANG!<br />
ermöglichte, mit der der Altmeister seine<br />
gesamte Karriere abbilden kann. Zum<br />
einen füllte er mit einer sehr funky agierenden<br />
Band satten, mit Blues getränkten<br />
R&B einen Silberling (Eigenes und Gecovertes),<br />
zum anderen nahm er 13 Songs allein<br />
mit Piano und seiner souligen Stimme<br />
auf, was des Öfteren für aufgestellte Wohlfühl-Nackenhaare<br />
sorgt. Und dann sind da<br />
zusätzlich zehn alte Aufnahmen (A- und<br />
B-Seiten seiner Singles von 1968-1970)<br />
zu hören. Ein rundum befriedigendes, beseeltes<br />
Spätwerk des 74-Jährigen, wärmstens<br />
zu empfehlen.<br />
(Dixiefrog/Fenn, 2013, 12/38:40,<br />
23/75:09) pro<br />
BILLY BOY ARNOLD<br />
CHICAGO BLUES FROM<br />
ISLINGTON MEWS 1977<br />
Mit Tony McPhee und den Groundhogs arbeitete<br />
der inzwischen 77-jährige Billy Boy<br />
Arnold auch 2012 – ihre gemeinsame S<strong>to</strong>ry<br />
begann in den 70er Jahren. Da hatte Arnold<br />
bereits Geschichte geschrieben, erhielt er<br />
doch vom ersten Sonny Boy Williamson die<br />
Harp-Weihen und blies auf Bo Diddleys “I’m<br />
A Man”. McPhee, Bassist Alan Fish sowie<br />
kein Geringerer als Taste-Drummer Wilgar<br />
Campbell fanden sich 1977 für Sessions zu<br />
diesem gar launigen Rhythm & Blues-Groove-Schnellschuss.<br />
Kein Wunder, dass Dr.<br />
Feelgoods Chef-Shouter Lee Brilleaux das<br />
Album wärmstens empfahl – bis auf Arnolds<br />
eher weiche Stimme klingt und arrangiert<br />
diese Band einige Nummern ähnlich wie die<br />
Gutfühler aus Sou<strong>the</strong>nd. Der Opener-Boogie<br />
“Dirty Mo<strong>the</strong>r F!” hätte vom Text her auch<br />
dem späten Steve Marriott gefallen, und dies<br />
nicht nur wegen der Erwähnung von “Little<br />
Red Rooster”. Für sieben Minuten passiert<br />
allerdings zu wenig. Auch im Set: “I Wish<br />
You Would”, zu dem sich die Yardbirds einst<br />
schließlich von Diddley/Arnold inspiriert<br />
fühlten. Zu weiteren Krachern sowohl aus<br />
Diddleys als auch Arnolds Feder kommt im<br />
Zugaben/Bonus-Teil auch Big Bill Broonzys<br />
„Just A Dream”. Mit Arnolds Regie-Anweisungen.<br />
Launig.<br />
(Angel Air/Fenn, 1977/2013, 15/59:93) utw<br />
JOHN FIDDLER<br />
STATE OF THE HEART<br />
Es schien ein guter<br />
Anfang der Neunziger:<br />
Yardbirds-<br />
Ableger Box Of<br />
Frogs erreicht dank<br />
Fiddlers Führung die<br />
US-Charts, eine Tour<br />
aber scheitert tam Ve<strong>to</strong> von Dreja & McCarty.<br />
Das trieb den Medicine-Head-Honcho nicht<br />
zurück zum Harp-Partner Peter Hope-Evans.<br />
Er suchte sich Partner für Studiosessions,<br />
die 1991 als Cassette erschienen: Laurence<br />
Archer (b, Phil Lynott’s Grand Slam), Duncan<br />
Mackay (keys, Alan Parsons, 10cc) und<br />
seinen Box-Of-Frogs-Freund Dzal Martin<br />
(No Dice) für die weitere Gitarrenarbeit. Sein<br />
Händchen für griffige Songs stand beim “One<br />
And One Is One”-Au<strong>to</strong>ren ohnehin nie in<br />
Frage, “Only <strong>The</strong> Roses” kommt im gleichen<br />
Duktus. Die Wahl der Arrangements schockt<br />
jedoch: So klingt “Strong Heart” wie eine<br />
Chris-de-Burgh-Persiflage. Mackay hätte statt<br />
Keyboardbrei lieber seine Hammond B3 anwerfen<br />
sollen, Songs wie “Sex In <strong>The</strong> 90’s”<br />
sind es wert. Funk-Basteleien wie “<strong>Who</strong>’s<br />
Havin’ Fun” bringen dagegen keinen Spaß,<br />
die Drums übernehmen Billigmaschinen.<br />
Dubioser Klang: Ist es Tinnitus, oder ist es<br />
Grundrauschen?<br />
(Angel Air/Fenn, 1991/2013, 12/44:08) utw<br />
MARCELLA DETROIT<br />
THE VEHICLE<br />
Bei Bob Seger und Leon Russell verdiente<br />
sich die in Detroit geborene Künstlerin<br />
Marcy Levy in den 70ern die ersten musikalischen<br />
Sporen, verfeinerte ihre Ausbildung<br />
dann bei Eric Clap<strong>to</strong>n, den sie nicht nur auf<br />
der Bühne und im Studio, sondern auch<br />
beim Songwriting unterstützte – siehe die<br />
millionenfach verkaufte Single “Lay Down<br />
Sally”. Höchst erfolgreich auch ihre kurze<br />
Zusammenarbeit mit der bei Bananarama<br />
ausgestiegenen Sängerin Siobhan Fahey, mit<br />
der sie als Shapespeare’s Sister mit “Stay”<br />
bis an die Spitze der Hitparaden kam. Mitte<br />
der 90er arbeitete sie dann mit El<strong>to</strong>n John<br />
zusammen, veröffentlichte mit JEWEL (UK<br />
#15) und FEELER zwei Solo-Alben. Unter<br />
der Produktionsregie von Reggie Dozier<br />
(Aretha Franklin, Lionel Richie, Joss S<strong>to</strong>ne)<br />
und unter Mithilfe von Mo<strong>to</strong>wn-Musikern<br />
wie James Gadson und Reggie McBride geht<br />
sie mit THE VEHICLE nun zurück zu ihren<br />
heimatlichen Soulwurzeln, getreu dem Leitsatz<br />
„You can take <strong>the</strong> girl out of Detroit, but<br />
Seite 52 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>