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CD<br />
REVIEWS<br />
Album bereits 24 Jahre zurück. Ein Jahr<br />
nach der Auflösung remastert, liefern die<br />
kräftigen Keef’n’Mick-Gitarren von Markus<br />
Neunzerling und Mathias Baumgardt<br />
knackige Gerüste für viele eigene Songs.<br />
Besonders attraktiv kommen zweistimmige<br />
Refrains rüber, wenn die renommierte<br />
Gastvokalis tin Anne Haigis sich dem lasziven<br />
Duktus der Purzelnden Würfel hingibt<br />
– etwa auf “Good Lookin’ Woman”. Eingängig<br />
und radiotauglich auch der Country-<br />
Rocker “Far Away”, an dem Gram Parsons<br />
Gefallen gefunden hätte. Mit “Man Of Constant<br />
Sorrow” und “You Never Can Tell”<br />
leistet sich die Truppe nur zwei Cover, bei<br />
dem soliden Songwriting völlig stimmig.<br />
(Tumbling Dice Records, 1979,<br />
10/38:04) utw<br />
BIG BROTHER &<br />
THE HOLDING COMPANY<br />
CHEAP THRILLS<br />
Bei Janis Joplins<br />
Debüt mit Big<br />
Bro<strong>the</strong>r & <strong>The</strong><br />
Holding Company<br />
stellte das Comic-<br />
Cover<br />
sicherlich<br />
einen geschickten<br />
Schachzug h dar, denn kein Geringerer als<br />
Underground-Zeichner Robert Crumb malte<br />
die witzigen Szenen. Und musikalisch?<br />
Mit dem faszinierenden und ungemein<br />
dynamischen “Ball And Chain” und der<br />
Cover-Version “Summertime” waren zwei<br />
Liveklassiker mit an Bord, die Joplins Ruf<br />
als eine der besten Bluessängerinnen der<br />
Sixties manifestiert. Aber auch der psychedelische<br />
Gospel “Oh, Sweet Mary” und der<br />
eher normale Blues “Turtle Blues” stellen<br />
die Hippie-Königin in den Vordergrund und<br />
nicht so sehr die solide agierende Band.<br />
Ein Klassiker, der diese Bewertung auch<br />
verdient. Die Gold Disc (nummerierte Edition)<br />
lenkt die Aufmerksamkeit besonders<br />
auf die Vocals und klingt deutlich differenzierter<br />
als ältere Remasters.<br />
(Audio Fidelity/Sieveking Sound,<br />
1968, 7/37:11) at<br />
ARBOURETUM<br />
COMING OUT OF THE FOG<br />
Langsam können einem die Bezeichnungen<br />
für sich neu etablierende Genres schon<br />
etwas unheimlich werden: Der US-Folk-<br />
Rockband Arbouretum, die hier ihr fünftes<br />
Album vorlegt, wird neuerdings gern dem<br />
Doom Folk zugeordnet. Eine durchaus clevere<br />
Wortwahl, die dem Umstand, dass Dave<br />
Heumanns Quartett einerseits folkgrundierte<br />
Melodien (Einflüsse: der akustische Neil<br />
Young und Fairport Convention) bevorzugt,<br />
diese aber durch kompakte Heavy-Fuzz-<br />
Lärmgitarren bis hin zu schroffsten Anleihen<br />
bei Velvet Underground oder auch neuzeitlichen<br />
S<strong>to</strong>ner-Rockbands wie die Queens<br />
Of <strong>The</strong> S<strong>to</strong>ne Ages in dunkle Klangzonen<br />
zerrt, während sich bei den Balladen Wilco-<br />
Einflüsse orten lassen. Die große Kunst ist<br />
dabei, dass diese kontrastreiche Mischung<br />
völlig logisch klingt. Was an Heumanns<br />
zunehmend souveräner Stimme und seinen<br />
irrsinnig intensiven, sich organisch aus dem<br />
Musikfluss herausschälenden Gitarrensoli<br />
liegt – und ebenso an den kernigen Basslinien<br />
von Corey Allender, Brian Careys Power-<br />
Drumming und den coolen Keyboard- und<br />
Syn<strong>the</strong>sizer-Beigaben von Mat<strong>the</strong>w Pierce.<br />
Diese Viererbande hat für das britische Magazin<br />
„Mojo” „<strong>The</strong> #1 underground album<br />
of <strong>the</strong> year” und für das „XLR8R”-Magazin<br />
„<strong>the</strong> best doom folk record of all time”. Absolute<br />
Meisterwerke wie “Renouncer”, “<strong>The</strong><br />
Promise” oder “Easter Island” sowie die<br />
abgehangene Ballade “Coming Out Of <strong>The</strong><br />
Fog” lassen an derlei Lob keinen Zweifel<br />
aufkommen!<br />
(Thrill Jockey/Rough Trade, 2013,<br />
8/39:41) hjg<br />
SOFT MACHINE LEGACY<br />
BURDEN OF PROOF<br />
Innerhalb von nur<br />
drei Alben, die Soft<br />
Machine<br />
zwischen<br />
1968 und 1970 veröffentlichten,<br />
verwandelte<br />
sich ihre<br />
Musik von psychedelischem<br />
Rock kin ein monsterhaftes Gebil-<br />
dli<br />
de aus Free Jazz, Prog-Rock und minimalistischer<br />
Avantgarde. Nach der Früh-80er<br />
Auflösung der Band gab es immer wieder<br />
Seitenprojekte, halbherzige Fortführungen<br />
und andere Versuche der ehemaligen Bandmitglieder,<br />
den alten Soft-Machine-Zauber<br />
wieder zurückzuholen. Ganz anders ist der<br />
Ansatz von Soft Machine Legacy: John<br />
E<strong>the</strong>ridge (g), <strong>The</strong>o Travis (sax, fl), Roy<br />
Babbing<strong>to</strong>n (b) und John Marshall (dr)<br />
verfolgen mit BURDEN OF PROOF (zu<br />
deutsch: Beweislast) weder das Ziel die<br />
70er-Jahre-Band wieder auferstehen zu<br />
lassen, noch sind sie eine Tribute-Band,<br />
die Musik aus einer anderen Epoche spielt.<br />
Nein, ihr Jazz-Rock klingt frisch, lebendig<br />
und sprüht vor forschender Kreativität, und<br />
wenn er denn – siehe Albumtitel – etwas<br />
beweisen soll, dann nur, dass ihr Entdeckergeist<br />
immer noch höchst vital ist.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 2013,<br />
13/55:16) tk<br />
THE DEATH LETTERS<br />
COMMON PRAYERS<br />
Damit war nach dem <strong>to</strong>llen Debütalbum<br />
THE DEATH LETTERS (GT 1/2010) nicht<br />
unbedingt zu rechnen: Bei dem singenden<br />
Gitarristen/Keyboarder Duende Ariza Lora<br />
und Schlagwerker Vic<strong>to</strong>r Brandt hieß es<br />
schon beim 2011er Zweitling POST HISTO-<br />
RIC: Blues halb raus, Punk und Metal stärker<br />
rein, aber nicht überhandnehmend. Die<br />
White Stripes schimmerten weiterhin durch,<br />
aber der Einfluss härterer Elemente im Stile<br />
der frühen Black Sabbath und Led Zeppelin<br />
bahnte sich mehr den Weg nach vorn, und<br />
stellenweise erinnerte Loras Gitarrenspiel,<br />
besonders in sphärischen Sequenzen, sogar<br />
an Jimi Hendrix. Im krassen Kontrast hierzu<br />
standen folkig-zarte Passagen, die dafür<br />
sorgten, dass das Duo mehr als nur ein Härte-<br />
Trommelfeuer vom Stapel ließ. Die Mixtur<br />
der Death Letters durfte man ehrlichen Herzens<br />
Grunge-Blues mit Folkabwechslung<br />
nennen. Dabei ist es auch auf dem bruchlosen<br />
Nachfolger COMMON PRAYERS<br />
geblieben. Erneut haben Lora & Brandt<br />
mit „ausgeschriebener” eigener Handschrift<br />
neue, be<strong>to</strong>nt kraftvolle Lieder komponiert<br />
und setzen sie mit einer selbstbewussten<br />
Mischung aus kontrolliertem Lärm und Ruhepausen,<br />
aus unerbittlichem Vorpreschen<br />
und niemals verleugnetem Gefühlsreichtum<br />
um. Beim Zuhören soll man ja gepackt und<br />
geschüttelt, aber nicht überrollt werden. Mit<br />
derart ausgefeilter Musik nehmen die Death<br />
Letters in der Welt der intelligenten Härte-<br />
Offenbarungen einen Spitzenplatz ein.<br />
(Redfield/Alive, 2013, 11/42:15) hjg<br />
URIAH HEEP<br />
SEA OF LIGHT + SPELLBINDER<br />
+ SONIC ORIGAMI<br />
Wie gut Uriah Heep<br />
Mitte der 90er Jahre<br />
waren (und aktuell immer<br />
noch sind!), wird<br />
vielen erst aus heutiger<br />
Sicht bewusst.<br />
1995 spielten sie in<br />
der Besetzung Bernie Shaw (voc), Mick Box<br />
(g), Lee Kerslake (dr), Trevor Bolder (b) und<br />
Phil Lanzon (keys, voc) mit SEA OF LIGHT<br />
(15/77:31) ein klasse Rockalbum ein, so dass<br />
viele der Songs noch heute zum Livereper<strong>to</strong>ire<br />
der Band gehören. Drei Bonus-Tracks gibt’s<br />
dazu, darunter die Singleversion von “Dream<br />
On”. Ein Jahr zuvor wurde in Köln in der gleichen<br />
Besetzung ein Radiokonzert vor Publikum<br />
mitgeschnitten, das 1996 dann unter dem<br />
Titel SPELLBINDER – LIVE (13/65:47) in<br />
die Läden kam. Dabei punktet diese CD vor<br />
Rock<br />
allem mit klasse (remastertem) Sound und mit<br />
einer lockeren und unverkrampften Herangehensweise<br />
an 70er Jahre-Song-Monumente<br />
wie “Gypsy”, “Look At Yourself” oder “Easy<br />
Livin’”. Zwei Bonus-Songs: der Studiotrack<br />
“Sail <strong>The</strong> Rivers” sowie die Radioversion<br />
von “Across <strong>The</strong> Miles”. 1998 eröffnete das<br />
bis heute immer noch sträflich unterschätzte<br />
SONIC ORIGAMI (15/79:37) mit dem gut<br />
sechsminütigen “Between Two Worlds”, das<br />
mit David Byron und Gary Thain zwei ehemaligen<br />
Bandmitgliedern gewidmet ist, beide<br />
viel zu jung vers<strong>to</strong>rben. Bis zum Streicher-unterstützten,<br />
letzten Titel “<strong>The</strong> Golden Palace”<br />
zeigt dieses Album die komplette Bandbreite<br />
der 90er-Uriah-Heep, von druckvollem Blues-<br />
Rock über akustische Midtempo-Balladen bis<br />
zu ausuferndem Classic Rock.<br />
(Cherry Red/Rough Trade,<br />
1995 + 1996 + 1998) us<br />
ELTON JOHN<br />
ROCK OF THE WESTIES<br />
Nach einem Meisterwerk<br />
wie CAP-<br />
TAIN<br />
FANTAS-<br />
TIC AND THE<br />
BROWN<br />
DIRT<br />
COWBOY<br />
liegt<br />
ein<br />
ebenbürtiger<br />
Nachfolger außerhalb des Möglichen – das<br />
ist klar. Dennoch präsentiert der Brillenfan<br />
und Liebhaber schräger Outfits ein solides<br />
Album mit Balladen (“I Feel Like A Bullet<br />
[In <strong>The</strong> Gun Of Robert Ford]”), hochkarätigem<br />
Mainstream (“Street Kids”) und<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 41