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CD<br />
REVIEWS<br />
ten Marc Hausmann auftrat. Diesen nahm<br />
er gleich mit in ein Elsässer Studio, um die<br />
wunderschönen Stücke von LE TEMPS DES<br />
ÂMES einzuspielen.<br />
(Thoobett/Broken Silence, 2013,<br />
16/48:49) frs<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
THE SONGS OF CAROLE KING<br />
Carole Kings komposi<strong>to</strong>risches<br />
Gesamtwerk<br />
gehört zum<br />
Eindrucksvollsten,<br />
was die Pop-His<strong>to</strong>ry<br />
zu bieten hat. Das<br />
gilt nicht nur für<br />
ihre Singer/Songwriter-Zeit it ab 1971, sondern<br />
auch schon für die Jahre ab 1958, in<br />
denen sie mit Partner Gerry Goffin fleißige<br />
Brill-Building-Songlieferantin war. Der<br />
vorliegende Drei-CD-Sampler enthält 74<br />
Lieder von 1958 bis 1962, darunter sattsam<br />
bekannte „Immergrün-Erfolge” wie “Up On<br />
<strong>The</strong> Roof”, “<strong>The</strong> Loco Motion”, “Crying In<br />
<strong>The</strong> Rain”, “Will You Love Me Tomorrow”<br />
und “When My Little Girl Is Smiling” –<br />
gesungen von Hochkarätern wie <strong>The</strong> Drifters,<br />
<strong>The</strong> Everly Bro<strong>the</strong>rs und <strong>The</strong> Shirelles<br />
oder One-Hit-Wonders wie Little Eva. Es<br />
finden sich allerdings auch etliche kaum<br />
bekannte Arbeiten von längst Vergessenen<br />
wie “Good Buddies” (Crawford Bro<strong>the</strong>rs),<br />
“Follow That Girl” (Vinnie Monte) oder<br />
“Love Eyes” (Bertell Dache). Nicht alles ist<br />
hier erste Sahne, vieles wirklich nicht mehr<br />
als Routinekompositionen. Doch es macht<br />
durchaus Freude, beim Herumhören in B-<br />
Ware immer wieder versteckte A-Ware zu<br />
finden ... Außerdem enthält THE SONGS<br />
OF CAROLE KING auch immerhin elf<br />
Lieder, die von – erraten – Carole King<br />
selbst gesungen werden. Man bekommt<br />
also, sozusagen nebenbei, auch noch ein<br />
Album mit frühen Gesangstaten der gro ßen<br />
Meisterin, und das alles zu einem Kleingeldpreis<br />
von rund zehn Euro!<br />
(MCPS/H’art 1958–1962, 25/59:28,<br />
25/59:52, 24/57:57) hjg<br />
JOE MEEK<br />
I HEAR A NEW WORLD<br />
Ein frühes experimentelles Pop-Weltraum-<br />
Konzeptwerk dachte sich Produzent Joe<br />
Meek schon bald aus und nahm es 1959 mit<br />
<strong>The</strong> Blue Men (bis dahin als Skifflegruppe<br />
<strong>The</strong> West Five aktiv) auf. Als „Outer space<br />
music fantasy” bezeichnete Meek das Projekt<br />
von kleinen Kompositionsvignetten, das 1960<br />
auszugsweise als EP erschien und in Mono-<br />
Zeiten vor allem als Demonstrationsobjekt<br />
der Stereo-Möglichkeiten diente. Erst 1991<br />
erschien es in der ursprünglich geplanten<br />
Langform. Damals futuristische Elektroniksounds<br />
und Effekte kreuzte Meek mit (verstimmtem)<br />
Piano, (Hawaii-)Gitarren, Bass<br />
und Schlagzeug. Instrumentals dominierten<br />
auf dieser wahrhaft neuen Klangwelt, die<br />
Meek hörte und die er schon 1960 in erklärende<br />
Worte zu fassen versuchte. Die Neuauflage<br />
bietet einen 1962 aufgenommenen “A Day In<br />
<strong>The</strong> Life Monologue” Meeks zur Erläuterung<br />
des Ganzen. Zu sehen ist zudem als „enhanced<br />
track” ein per Film festgehaltenes Interview<br />
mit dem Visionär von 1964. Eine immer<br />
noch gewöhnungsbedürftige Pop-Pioniertat!<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1960,<br />
16/64:56) pro<br />
MAX PROSA<br />
RANGOON<br />
Im vergangenen Jahr legte der Sänger-<br />
Songschreiber Max Prosa mit DIE<br />
PHANTASIE WIRD SIEGEN (D #20)<br />
ein erstaunliches Debüt hin, das Kritiker<br />
wie Hörer gleichermaßen begeisterte.<br />
Seine folkigen Songs und seine bildreiche<br />
Lyrik (“Visionen von Marie”) trugen ihm<br />
Vergleiche mit seinem Vorbild Bob Dylan<br />
ein. Nun legt der 23-jährige Berliner<br />
RANGOON nach und kann die Vorerwartungen<br />
mehr als erfüllen. Komposi<strong>to</strong>risch<br />
und klanglich sind die Songs eine<br />
Weiterentwicklung. Ganz wie in alten<br />
Krautrock-Tagen zogen sich Prosa und<br />
seine Mitmusiker für die Probe- und Aufnahmesessions<br />
aufs Land zurück, in die<br />
Lüneburger Heide und in den Thüringer<br />
Wald, um die Kreativität frei fließen zu<br />
lassen. Das Songkorsett ist gelockert, die<br />
Stücke färben sich bunt mit Tupfern von<br />
Psychedelia und Jazz, ohne freilich ihre<br />
Folkwurzeln zu verlassen. Es gibt impressionistische<br />
Dramolette (“Der Clown”,<br />
“Charlie”), Dylan-Anklänge (die “Desolation<br />
Row” mündet ins “Café Noir”),<br />
Chanson-Inspiriertes (“C’est La Vie”)<br />
sowie eine gelungene Leonhard-Cohen-<br />
Eindeutschung (“Hallelujah”), aber auch<br />
mal einen eingängigen Popsong voller<br />
textlicher Finessen (“Verlorene Söhne”).<br />
(Columbia/Sony, 2013, 12/51:38) frs<br />
AGNETHA FÄLTSKOG<br />
A<br />
Widersprüchliches<br />
ließ Agnetha Fältskog<br />
zur Veröffentlichung<br />
ihres Albums<br />
A über eine Abba-<br />
Reunion verlauten.<br />
Mal schloss sie<br />
eine einmalige Wiedervereinigung nicht<br />
aus, mal erklärte sie, eine solche werde<br />
es nicht geben. Unbenommen dessen<br />
sorgte die Schwedin für eine faustdicke<br />
Überraschung, als sie ihre Rückkehr nach<br />
25 Jahren Studio-Abstinenz (Ausnahme:<br />
die 2004er Cover-CD MY COLOURING<br />
BOOK) das Album A mit neuen Songs ankündigte.<br />
Mit dem Werk selbst liefert sie<br />
eine weitere erfreuliche Überraschung:<br />
Die klare Stimme ist unverkennbar, die<br />
Eingängigkeit dank wunderschöner Melodien<br />
ungebrochen. Es geht um Herz,<br />
Schmerz, um Träume, auch verpackt in<br />
Metaphern mit Blumen, nicht nur in “If I<br />
Was A Flower”; mit Gary Barlow duettiert<br />
sie in “I Should’ve Followed You Home”.<br />
Die gelegentlich syn<strong>the</strong>tische Rhythmusunterlage<br />
stört da nicht besonders, zu<br />
gediegen tönen die clever arrangierten<br />
Songs. A liefert schlicht ausgereiften Pop.<br />
(Universal, 2013, 10/38:37) pro<br />
SANDIE SHAW<br />
SANDIE + ME + LOVE ME<br />
PLEASE LOVE ME<br />
38 Bonus-Tracks (A- und B-Seiten zahlreicher<br />
Non-Album-Singles, darunter der<br />
Grand-Prix-Erfolg “Puppet On A String”<br />
von 1967) ergänzen die Wiederveröffentlichungen<br />
der ersten drei (klanglich verbesserten)<br />
Alben der englischen Popsängerin<br />
Sandie Shaw. Die sorgte einst nicht<br />
nur mit ihrer Stimme für Aufsehen, sondern<br />
auch dadurch, dass sie stets barfuß<br />
auftrat. Größen wie Chris Andrews und<br />
Bacharach/David schrieben ihr gefällige<br />
Nummern förmlich auf die Stimmbänder,<br />
mit denen sie die Swinging Sixties<br />
befeuerte. Nach dem durchwachsenen<br />
Debüt SANDIE (1965), einer Anhäufung<br />
hastig aufgenommener Cover-Versionen,<br />
überzeugte sie noch im gleichen Jahr mit<br />
der nicht überfrachtet produzierten LP<br />
ME, die auch erste selbst verfasste Songs<br />
enthielt. LOVE ME ... war ihr bis dahin<br />
stärkstes Album, für das sie sich auch an<br />
Songs von Brel, Jobim und Cole Porter<br />
wagte und in ihrer poppigen Manier gelungen<br />
interpretierte.<br />
(Salvo/Soulfood, 1965 + 1967, 22/58:27 +<br />
24/61:58 + 28/73:36) pro<br />
DAVID BOWIE<br />
ZEIT! 77–79<br />
In seinem Song<br />
“Where Are We<br />
Now?” auf seinem<br />
jüngsten<br />
Album<br />
THE NEXT DAY<br />
erinnert sich David<br />
Bowie wehmütig<br />
an seine Zeit in Berlin zurück, wo er<br />
von 1977 bis 1979 lebte. Der deutschen<br />
Hauptstadt hat der „Thin White Duke”<br />
viel zu verdanken. Dort erfand er sich neu<br />
und brachte in der Zeit drei seiner besten<br />
Studio-Alben überhaupt heraus, die so<br />
genannte Berlin-Trilogie LOW (1977),<br />
HEROES (1977) und LODGER (1979),<br />
sowie das überzeugende Live-Doppelalbum<br />
STAGE (1978). EMI hat die fünf<br />
Scheiben nun unter dem Titel ZEIT!<br />
77–79 in ein kostengünstiges Paket gepackt,<br />
ohne Bonus-Material und in bereits<br />
erhältlichen Remasters (die drei Studio-<br />
Alben in der 1999er, das Live-Werk in der<br />
2005er Neuabmischung). Auf den größtenteils<br />
in den Berliner Hansa-Studios gemeinsam<br />
mit Brian Eno aufgenommenen<br />
Alben LOW und HEROES frönt Bowie<br />
einerseits seiner Liebe zu Krautrock à la<br />
Neu! und Harmonia (vor allem bei den Instrumentalstücken),<br />
andererseits verwebt<br />
er Einflüsse der damals aufkommenden<br />
New Wave (“Heroes”, “Beauty And <strong>The</strong><br />
Beast” u.a.). Auf LODGER kündigt sich<br />
dagegen schon der etwas tanzbarere, Disco-beeinflusste,<br />
polyrhythmische Stil der<br />
beiden Nachfolge-Alben SCARY MONS-<br />
TERS und LET’S DANCE an. Fünfmal<br />
Bowie-Hochgenuss!<br />
(EMI, 1977–79, 11/38:48, 10/40:36,<br />
10/35:07, 8/34:00, 9/37:57) frs<br />
THE PLATTERS +<br />
RICKY NELSON<br />
THE BALLADS OF<br />
Die Platters waren ohne Frage eine der erfolgreichsten<br />
Vokalgruppen der 50er Jahre,<br />
da ist es für die Spezialisten von Bear<br />
Family natürlich kein Problem, die neueste<br />
CD in ihrer <strong>The</strong>-Ballads-Of-Reihe mit<br />
33 Titeln und fast 90 (!) Minuten Spielzeit<br />
auszustatten. Vor allem der samtweiche<br />
und dennoch zupackende Tenor von Tony<br />
Williams sorgte dafür, dass Titel wie<br />
“Smoke Gets In Your Eyes”, “Only You<br />
(And You Alone)”, “<strong>The</strong> Great Pretender”<br />
oder “In <strong>The</strong> Still Of <strong>The</strong> Night” zu herausragenden<br />
Interpretationen wurden.<br />
Pop<br />
Dass auch eingefleischte Rock’n’Roller<br />
ein Gespür für Balladen haben, ist oft genug<br />
bewiesen worden, doch kaum einer<br />
war damit so erfolgreich wie Ricky Nelson.<br />
Mit “Poor Little Fool” (US #1, UK<br />
#4) vollzog er 1958 einen Stilwechsel von<br />
Rock’n’Roll zu (Teenage-)Pop, gefolgt<br />
von balladesken Hits wie “Lonesome<br />
Town”, “I Wanna Be Loved” und “A<br />
Wonder Like You”. Gewohnt hochwertig<br />
und Bear-Family-typisch auch das 36-seitige<br />
Booklet voller Fo<strong>to</strong>s, Lebenslauf und<br />
vollständiger Discographie mit Einzelheiten<br />
zu den Sessions jeder einzelnen<br />
Aufnahme.<br />
(Bear Family, 2013, 33/89:44 +<br />
30/72:12) us<br />
ROD STEWART<br />
TIME<br />
Viele Jahre hat sich<br />
Rod Stewart Zeit<br />
gelassen, um selbst<br />
neue Songs (mit) zu<br />
schreiben. Doch der<br />
Altmeister kann es<br />
immer noch! TIME<br />
präsentiert t ihn im Grenzgebiet zwischen<br />
Pop und Rock mit Ausflügen weit in beide<br />
Genres. Schon der Eröffnungstrack “She<br />
Makes Me Happy” gibt mal wieder mehr<br />
Gas, “Beautiful Morning” erinnert ganz<br />
entfernt an U2 (Intro!), “Live <strong>The</strong> Life”<br />
hätte in den 70er Jahren neben “Maggie<br />
May” perfekt in sein Reper<strong>to</strong>ire gepasst<br />
und dürfte schnell zum Fanliebling werden.<br />
Der Schotte taucht manchmal gar in<br />
Folkanklänge seiner frühen Jahre ein, das<br />
Titelstück weist eine gewisse Gospeltränkung<br />
auf. Weniger gelungen: die Eighties-<br />
Anlehnung “Sexual Religion”, während<br />
“Pure Love” ein gelungener, langsamer<br />
gehaltener Anschluss an “Forever Young”<br />
von 1988 ist. Und inhaltlich? Da inspirierte<br />
ihn das Abfassen seiner Au<strong>to</strong>biografie<br />
„Rod” im letzten Jahr offenbar. Selten<br />
hat er derartig persönliche, oft auch<br />
nachdenkliche Lyrics verfasst. Das ist der<br />
gute, alte „Rod <strong>The</strong> Mod”, nach dem man<br />
sich lange gesehnt hat.<br />
(Universal, 2013, 12/50:23) pro<br />
POHLMANN<br />
NIX OHNE GRUND<br />
NIX OHNE GRUND heißt das neue Werk<br />
des deutschen Singer/Songwriters Ingo<br />
Pohlmann. Dabei darf man diesen Titel<br />
durchaus wörtlich nehmen, denn dass<br />
sein neues Werk eine klare Steigerung<br />
zu seinen bisherigen drei Alben (2007–<br />
2010) bedeutet, hat natürlich Gründe. Mit<br />
dem Wechsel zum Fanta-4-Label Four<br />
<strong>Music</strong> hat sich der Sound von Pohlmanns<br />
Musik nicht zuletzt durch Produzent Ralf<br />
Mayer (Clueso) in Richtung HipHop<br />
und elektronische Spielereien erweitert<br />
– ohne dass dafür die alten Liedermacherqualitäten<br />
vernachlässigt wurden. So<br />
erstrahlen seine (oft melancholischen)<br />
Melodien in ganz neuem, teilweise zwar<br />
ungewohntem, am Ende aber überzeugendem<br />
Glanz, seine Texte leben weiterhin<br />
von au<strong>the</strong>ntischen und charmanten<br />
Alltagsbetrachtungen – alles gute Gründe<br />
für ein gutes Album!<br />
(Four <strong>Music</strong>/Sony <strong>Music</strong>, 2013,<br />
11/51:53) tk<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 35