Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
CD<br />
REVIEWS<br />
ins Englische übertrug. IT’S ALL IN THE<br />
GAME war ein zeitgeistiges Werk, Synthiegeprägt,<br />
hier und da mit Streichern aufgemotzt.<br />
Netter, durchaus facettenreicher Pop,<br />
aber es wird deutlich, dass sich relativ wenige<br />
Songs im Gedächtnis festsetzten, außer “Anyplace,<br />
Anywhere, Anytime” (“Irgendwie,<br />
irgendwo, irgendwann”), das aber auch ein<br />
wenig belanglos dahinplätschert. Unter den<br />
vier Bonus-Tracks ist ein Clubmix von “99<br />
Red Balloons” zu hören.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1985,<br />
14/68:16) pro<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
FORMEL EINS JUBILÄUMS<br />
EDITION<br />
30 Jahre „Formel<br />
Eins”, das muss<br />
gefeiert<br />
werden:<br />
Die beiden Kölner<br />
DJs und Produzenten<br />
Piet Blank<br />
und Jaspa Jones,<br />
bestens bekannt von ihren klasse SO<strong>80s</strong>-Serien,<br />
durften tief in die Archiven der großen<br />
und kleinen Plattenfirmen eintauchen, um<br />
dort nach den Hits zu suchen, mit denen<br />
diese kultige TV-Hitparade zwischen 1983<br />
und 1990 zum Pflichtprogramm für die<br />
Pop- und Rockjugend wurde. DIE ROCK<br />
& POP HITS versammeln Bands wie Depeche<br />
Mode (“Everything Counts”), Alphaville<br />
(“Forever Young”), Europe (“<strong>The</strong><br />
Final Countdown”), Era sure (“Sometimes”)<br />
und Status Quo (“In <strong>The</strong> Army Now”), DIE<br />
DEUTSCHEN HITS liefern Spliff (“Herzlichen<br />
Glückwunsch”), Steinwolke (“Ka<strong>the</strong>rine,<br />
Ka<strong>the</strong>rine”), Extrabreit (“Flieger,<br />
grüß mir die Sonne”) oder United Balls<br />
(“Pogo in Togo”). Spezieller dann die Auswahl<br />
der ONE HIT WONDER betitelten<br />
CDs, auf der sich lange nicht mehr gehörte<br />
Bands wie Mezzoforte (“Garden Party”), P.<br />
Lion (“Happy Children”), Savage Progress<br />
(“My Soul Unwraps Tonight”) oder Ellis,<br />
Beggs & Howard (“Big Bubbles, No Troubles”)<br />
tummeln. Viele seltene 12”- oder Extended<br />
Versions gibt es dann auf der MAXI<br />
HIT COLLECTION zu hören, von knapp<br />
acht Minuten New Order (“Blue Monday”)<br />
über Ultravox (mit einem über zehnminütigen<br />
“Dancing With Tears In My Eyes”)<br />
bis zu Falco (“Rock Me Amadeus” in der<br />
immer noch unschlagbaren Extended Version).<br />
Klasse Zeitreise, die noch dazu alles<br />
andere als angestaubt klingt.<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 2013, jeweils 2 CDs) us<br />
THE LEISURE SOCIETY<br />
ALONE ABROAD THE ARK<br />
Während mit Mumford & Sons und Frank<br />
Turner die zurzeit erfolgreichsten britischen<br />
Indie-Acts den Rock- und Popanteil ihrer<br />
Musik zugunsten traditionsreicher Folkklänge<br />
so gut wie aufgegeben haben, gehen<br />
<strong>The</strong> Leisure Society mit ALONE ABROAD<br />
THE ARK genau in die entgegengesetzte<br />
Richtung. Viel für diese Pop-verliebte<br />
Grundausrichtung dürfte das opulent ausgestattete<br />
Aufnahmestudio von Kinks-<br />
Sänger Ray Davies gesorgt haben, das dort<br />
vorhandene Instrumentarium ermöglichte<br />
es den Musikern, ihrer Kreativität freien<br />
Lauf zu lassen – auch wenn es nach eigenen<br />
Worten nicht immer einfach war, alle<br />
unterschiedlichen Meinungen unter einen<br />
Hut zu bringen. Am Ende – und das ist über<br />
das komplette Album spürbar – haben sie<br />
es dennoch mit Bravour geschafft, haben<br />
sie ihr starkes Songwriting mit einem einladend<br />
warmen Sound gekrönt. Kurz gesagt:<br />
alles richtig gemacht!<br />
(Full Time Hobby/Rough Trade, 2013,<br />
12/44:17) us<br />
SPARKS<br />
PULLING RABBITS OUT OF<br />
A HAT<br />
Kann man auf eine<br />
über 40-jährige Karriere<br />
im Popgeschäft<br />
zurückblicken, ist es<br />
fast unvermeidlich,<br />
dass man in deren<br />
Verlauf auch schwächere<br />
Platten herausgebracht hat. Bei den<br />
Sparks gilt dies für PULLING RABBITS<br />
OUT OF A HAT von 1984. Damals konnten<br />
sich Ron & Russell Mael wie viele andere<br />
den angesagten Synthieklängen nicht<br />
entziehen. Doch es fehlte ihnen offenbar<br />
an den sonst für sie typischen originellen<br />
wie eigenwilligen Ideen, die neuen technischen<br />
Möglichkeiten mit Hilfe starker<br />
Songs zu nutzen. Vielmehr <strong>to</strong>bte sich das<br />
Brüderpaar offenbar ungehemmt wie uninspiriert<br />
im Studio aus und reihte wie<br />
viele Zeitgenossen Belanglosigkeiten aneinander.<br />
Etwas bessere Fahrstuhlmusik,<br />
nicht unbedingt besonders sinngefüllt.<br />
Daran ändern bei der Neuauflage die fünf<br />
Bonus-Tracks (Mix-Varianten, Extended-<br />
Versionen) wenig.<br />
(Reper<strong>to</strong>ire/Sony <strong>Music</strong>, 1984,<br />
16/67:33) pro<br />
CLIFFORD T. WARD<br />
SINGER-SONGWRITER<br />
Der 2001 im Alter von nur 57 Jahren vers<strong>to</strong>rbene<br />
Brite Clifford T. Ward betitelte sein 1972<br />
auf John Peels Dandelion-Label veröffentlichtes<br />
Debütalbum völlig zutreffend SIN-<br />
GER-SONGWRITER, denn ein solcher war<br />
er. Der Seelenverwandte von Paul McCartney<br />
hatte ein geradezu begnadetes Händchen<br />
für eingängig-sanfte Melodien, mit denen er<br />
sich im anspruchsvollen Pop- und Midtempobereich<br />
bewegte. Seine wohldurchdachten<br />
Lieder fließen auch heute noch so gelungen<br />
und clever arrangiert dahin, dass man sich ihnen<br />
so gut wie nicht entziehen kann. Ebenfalls<br />
sehr einfühlsam gelungen ist der Aufsatz von<br />
„Mojo”-Au<strong>to</strong>r Michael Heatley, der die aktuelle<br />
Neuauflage vom 2005er Reissue abhebt.<br />
Anspieltipps, die für laue Frühlingsabende<br />
bes tens geeignet sind: “Anticipation”, “Rayne”,<br />
“God Help Me” und “Coathanger”.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1972,<br />
14/47:11) pro<br />
THE SPOTNICKS<br />
THE BEST OF VOL. 2<br />
Derzeit absolvieren die schwedischen Instrumental-Gitarrenasse<br />
<strong>The</strong> Spotnicks nach<br />
58 Jahren ihre Abschieds<strong>to</strong>ur. Schon im Januar<br />
2012 sagten sie in Homberg (NRW)<br />
ihren deutschen Fans goodbye. Also kann<br />
man sich nur via Tonträger am makellosen,<br />
punktgenauen Fingerpicking auf den leicht<br />
spacigen Twang-Gitarren erfreuen. So dank<br />
des BEST OF VOL. 2, das die französischen<br />
Reissue-Spezialisten von Magic von den<br />
originalen Mastertapes in High Definition<br />
96K/24-Bit-Verfahren gezogen haben. Inklusive<br />
eines Rock’n’Roll-Bonus-Medleys (mit<br />
“Be Bop A Lula”, “<strong>The</strong>re’ll Never Be Anyone<br />
Else But You For Me”), das einige Bandmitglieder<br />
1959 als <strong>The</strong> Rebels eingespielt<br />
hatten. Eine Spezialität der Spotnicks wird<br />
durch die Compilation ebenfalls deutlich:<br />
Sie spielten zwar meist flotte Instrumentals,<br />
streuten aber gesungene Nummern ein, inklusive<br />
allerlei Cover-Versionen, denen sie<br />
ihren unverkennbaren Sound verpassten.<br />
(Magic/Fenn, 2012, 25/58:15) pro<br />
THE NATIONAL<br />
TROUBLE WILL FIND ME<br />
Auf ihrem sechsten Album zeigt sich die<br />
New Yorker Band von der gewohnten Seite.<br />
In den 13 zumeist düster-melancholischen<br />
Songs dominieren der Bari<strong>to</strong>n von Matt<br />
Berninger, dezentes Gitarrengezupfe und<br />
flächiges Schlagzeugspiel. Besonders gelungen<br />
sind “Don’t Swallow <strong>The</strong> Cap” und<br />
vor allem das abwechslungsreiche “This Is<br />
<strong>The</strong> Last Time”, bei denen noch Streicher<br />
hinzukommen. In diesen Momenten reicht<br />
das Quintett an die Klasse vergleichbarer<br />
Bands wie Tindersticks, Wilco und Nick<br />
Cave & <strong>The</strong> Bad Seeds heran. Andere<br />
Lieder gehen mehr in Richtung jüngerer<br />
Coldplay-Produktionen, als ob sich <strong>The</strong><br />
National einem breiteren Publikum öffnen<br />
wollten. Dann stehen eingängige Mitklatsch-Grooves<br />
und Mitsing-Refrains im<br />
Vordergrund. TROUBLE WILL FIND ME<br />
ist durchgängig gut hörbar, reicht aber vielleicht<br />
nicht ganz an die Qualität des Vorgängers<br />
HIGH VIOLET (2010) heran, der aber<br />
auch eine sehr hohe Messlatte darstellt.<br />
(4AD/Indigo, 2013, 13/55:36) an<br />
BAY CITY ROLLERS + ULLA<br />
MEINECKE + KLAUS HOFF-<br />
MANN + JAZZKANTINE<br />
ORIGINAL ALBUM CLASSICS<br />
Mit ziemlicher Sicherheit<br />
dürfte in<br />
den<br />
Plattenschränken<br />
zahlreicher<br />
Musikfans<br />
allerhöchstens<br />
eine<br />
Best-Of-Zusammenstellung<br />
der Bay City Rollers zu finden<br />
sein, Original-LPs oder einzelne CD-<br />
Veröffentlichungen: Mangelware. Mit der<br />
neuesten Serie der ORIGINAL ALBUM<br />
CLASSICS kann hier Kosten und Platzsparend<br />
Abhilfe geschaffen werden, gibt<br />
es jetzt die ersten fünf Alben der schottischen<br />
Teenie-Stars aus den 70ern in<br />
der von dieser Serie gewohnten Aufmachung,<br />
also fünf LP-Replica-Pappschuber<br />
in einer Sammelbox ohne zusätzliches<br />
Booklet, die einzelnen CDs teilweise mit<br />
Bonus-Tracks ergänzt. Bei Ulla Meinecke<br />
beginnen die Alben mit dem 1980er<br />
ÜBERDOSIS GROSSSTADT über ihr<br />
stärkstes (Früh-)Werk WENN SCHON<br />
NICHT FÜR IMMER DANN WENIG-<br />
STENS FÜR EWIG bis zum 1994er AN!.<br />
Bei Liedermacher Klaus Hoffmann wurde<br />
die mittlere 80er-Jahre-Phase ausgewählt,<br />
vom 1982er VERÄNDERUNGEN<br />
bis zum vier Jahre später erschienenen<br />
Doppel-Live-Album WENN ICH SING’.<br />
Auf Live- und Special-Alben wurde bei<br />
der Sammelbox der Jazzkantine verzichtet,<br />
sie bringt die regulären Veröffentli-<br />
chungen JAZZKANTINE (1994), HEISS<br />
UND FETTIG (1995), GEHEIMREZEPT<br />
(1998), IN FORMATION (2000) und<br />
FUTTER FÜR DIE SEELE (2002), auf<br />
denen Musiker wie Gunter Hampel, Smudo,<br />
Joo Kraus, Barbara Dennerlein, Till<br />
Brönner, Nils Landgren, Pee Wee Ellis,<br />
Laith Al Deen, Edo Zanki und Rolf<br />
Stahlhofen Rock mit Soul mit Funk mit<br />
Blues mit R&B mit HipHop mit Jazz vermengten.<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 2013, je 5 CDs) us<br />
GIORGIO MORODER<br />
ON THE GROOVE TRAIN<br />
VOLUME 2 + SCHLAGER-<br />
MORODER VOLUME 1<br />
Pop<br />
Vier randvoll bepackte CDs als Tondokumente<br />
plus zwei ausführliche Booklets mit<br />
teils archaisch anmutenden Fo<strong>to</strong>s: Besser<br />
lässt sich der Wandel im musikalischen wie<br />
optischen Geschmack im Laufe der Jahrzehnte<br />
kaum belegen. Der zweite Teil seiner<br />
Au<strong>to</strong>ren/Produzentenschaffens-Werkschau<br />
ON THE GROOVE TRAIN deckt<br />
den Zeitraum 1974–1985 ab und enthält<br />
weitere Euro-Disco-Perlen Giorgio Moroders<br />
mit Donna Summer, Roberta Kelly,<br />
Chris Bennett, Smiley, aber auch Kooperationen<br />
mit Vertretern aus anderen Genres<br />
(Janis Ian, Melissa Manchester, Richard<br />
T. Bear), denen er seinen unverkennbaren<br />
Popsound verpasste. Bekanntes sowie rare<br />
Perlen sind hier erneut geboten – und die<br />
Vielseitigkeit des jüngst mit Daft Punk im<br />
Studio wieder aktiven Altmeisters. Auch<br />
Soul, Glam Rock, Euro- und Synth-Pop<br />
bekam er hin. SCHLAGERMORODER<br />
(1966–1975) dokumentiert 51 eigene<br />
Klangerzeugnisse Moroders, die er als Giorgio<br />
schuf. Am bekanntesten dürfte “Son<br />
Of My Fa<strong>the</strong>r” sein, aber auch mit “Looky<br />
Looky”, “Underdog” oder “Moody Trudy”<br />
chartete der Mehrfach-Grammy-Gewinner<br />
aus Südtirol nicht nur in Deutschland. Der<br />
Albumtitel sagt’s: Moroder sang Schlager,<br />
gefälligen Pop. Zu hören sind auch Alternativversionen<br />
und mehrere italienische<br />
Fassungen. Damit weckt der seit 26. April<br />
73-Jährige viele Erinnerungen bei damals<br />
Aufgewachsenen.<br />
(Reper<strong>to</strong>ire/Sony <strong>Music</strong>, 2013, 21/77:04,<br />
12/78:02 + 29/77:29, 22/76:17) pro<br />
KENT<br />
LE TEMPS DES ÂMES<br />
Klavier und Gesang. Viel mehr braucht es<br />
nicht, um LE TEMPS DES ÂMES, das 18.<br />
Album des französischen Sängers Kent (bürgerlich<br />
Kent Cokens<strong>to</strong>ck), zu einem ganz besonderen<br />
Werk zu machen. Intim, emotional,<br />
eine Achterbahnfahrt der Gefühle, eine reiche<br />
Palette an Stimmungen, zwischen Chanson<br />
und Kammermusik changierend. Die Idee,<br />
es einmal nur mit Klavierbegleitung zu versuchen,<br />
hatte der Sänger, der vor drei Jahrzehnten<br />
Mitglied der Punkband Starshooter<br />
war und auf dessen Songschreibkünste schon<br />
Leute wie Johnny Hallyday und Zazie zurückgriffen,<br />
als er in Berlin mit dem Pianis-<br />
Seite 34 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>