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Procol Harum / Gary Brooker<br />
Von Uli Twelker<br />
Edmon<strong>to</strong>n Symphony aus Kanada klingt romantischer, Danish National Concert Orchestra erst recht.<br />
Außerdem will Procol Harums Gary Brooker die Ansage "<br />
Das Wuppertaler Sinfonie-Orchester und die<br />
Kan<strong>to</strong>rei Barmen-Gemarke" einfach nicht so locker über die Lippen. Und doch spielte Wuppertal in der<br />
(Früh-)Geschichte der "<br />
Whiter Shade Of Pale"-Band schon einmal eine Rolle.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Andre Scollick<br />
s war 1966, unser letzter Auftritt noch als Paramounts,<br />
da hinten", schwelgt der Tastenmann<br />
„<br />
in alten Zeiten. Er zeigt aus dem Panoramafenster<br />
der Hotelbar: „Unter dem Gebäude, wo jetzt Sparkasse<br />
steht, lag das Thalia. Auf der Tour mit den Paramounts<br />
begleiteten wir Chris Andrews, und neun<br />
Monate später schoss 'Whiter Shade' dann an die<br />
Spitze der Charts! Nach Bigbands, Rock'n'Roll und<br />
Pop war Rock ernster geworden, einiges verstiegen<br />
– einiges nicht."<br />
Die Paramounts, das waren neben Brooker Gitarrist<br />
Robin Trower und Bassist Chris Copping. Brooker:<br />
„2005 gab es im Riga-Club von Sou<strong>the</strong>nd, wo wir<br />
seit 1959 gespielt hatten, eine Reunion. Ich wollte<br />
Dave Bronze am Bass<br />
haben, dann fiel mir<br />
ein: Chris Copping<br />
ist ja noch da. Vor<br />
Ort war er allerdings<br />
nicht gerade, er lebte<br />
in Australien, aber<br />
wir schickten ihm ein<br />
Ticket. Er kam gerade<br />
noch rechtzeitig an.<br />
Ur-Drummer Mick<br />
Brownlee war auch<br />
dabei. Er wollte 1962<br />
kein Profi werden. So<br />
kamen wir damals auf BJ Wilson, der leider <strong>to</strong>t ist,<br />
aber in unserer Erinnerung bleibt." Mit BJ waren die<br />
Paramounts nach Organist Mat<strong>the</strong>w Fi shers Abgang<br />
die Procol-Besetzung von 1970.<br />
In Wuppertal nahmen Geoff Whitehorn (g), Matt Pegg<br />
(b), Geoff Dunn (dr) und Josh Phillips (org) ihre Plätze<br />
ein. Wie sie die aktuellen Abende mitgestalteten, trieb<br />
Tränen in die Augen. Nach dem Streicherintro der Sinfoniker<br />
und einem lateinisch gesungenen Choral der<br />
75-stimmigen Kan<strong>to</strong>rei (alles dirigiert von <strong>Music</strong>al-Legende<br />
David Firman) sang Brooker mit klarer, kräftiger<br />
Stimme „Your multi-lingual business friend" – "Homburg"!<br />
Derart berührend arrangiert ging es auch durch<br />
"A Salty Dog", mit Whitehorns Gitarren-generierten<br />
Möwen und großem Drama. "Simpler Sister" ließ Mitglieder<br />
des Pina-Bausch-Balletts tanzen, "Shine On<br />
Brightly" blieb ein verlässlicher Ohrwurm. Natürlich<br />
warteten viele auf "A Whiter Shade Of Pale". Brooker:<br />
„Die 13-jährige Tochter des McCartney-Pianisten Wix<br />
Wickens kam kürzlich angerannt und sagte: ,Mum,<br />
Dad, ich hab ein <strong>to</strong>lles neues Lied gehört.' Es war 'Whiter<br />
Shade', es muss wohl tatsächlich zeitlos sein!" Hier<br />
erschien die Mega-Hymne mit einem Breitwandintro<br />
als wär's von Filmkomponistenlegende Ennio Morricone.<br />
Ein eher gewagter<br />
Höhepunkt: "In Held<br />
Twas In I", die avantgardistisch-sperrigunvergessliche<br />
Suite,<br />
die "Glimpses Of<br />
Nirvana" bescherte.<br />
Brooker: „Die Orchestrierung<br />
schrieb<br />
ich bereits 1969, ich<br />
habe sie nur etwas<br />
aufgepeppt." Ebenso<br />
sinfonisch verfeinert<br />
folgte als Zugabe<br />
"Conquistador": jene dynamisch auf den absoluten<br />
Höhepunkt zusteuernde Komposition, die einst Auftakt<br />
des unvergessenen LIVE WITH THE EDMONTON<br />
SYMPHONY ORCHESTRA war.<br />
Gary Brooker: „Deren Originalkonzert fand 1971 statt,<br />
das nächste spielten wir 1972. Dann kam es 2010<br />
zur Wiedervereinigung. Veränderungen gab es stets.<br />
Der French-Horn-Spieler des ersten Konzerts war im<br />
zweiten Jahr der Dirigent und 2010 wohl längst im<br />
Ruhestand – tja, so überleben wir sie. Die Proben<br />
Procol Harum 2013 v.l.: Josh Phillips, Gary Brooker,<br />
Geoff Dunn, Matt Pegg, Geoff Whitehorn<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
und Auftritte dort waren<br />
sehr intensiv. Sie haben eine<br />
wunderschöne Halle in Edmon<strong>to</strong>n,<br />
Alberta – die wurde<br />
zwischen 1972 und 2010<br />
komplett renoviert oder neu<br />
gebaut. Dagegen ist die His<strong>to</strong>rische Stadthalle in<br />
Wuppertal echt, uralt, lebendige Geschichte. Der Initia<strong>to</strong>r<br />
dieser Reihe, Michael Ackermann, ist Wuppertaler<br />
– er kennt die Kultur hier und sprach offenbar mit den<br />
richtigen Leuten: unfassbar, was an Organisation und<br />
Energie nötig ist, damit so was zustandekommt."<br />
Der „Whaling S<strong>to</strong>ries"-Fanclub organisierte parallel<br />
eine Convention: Hier ließen es sich Gary Brooker und<br />
Gitarrist Geoff Whitehorn nicht nehmen, die Procol-<br />
Tribute-Band <strong>The</strong> Palers anzuführen. Dabei trafen sie<br />
auf den früheren Procol-Gitarristen Dave Ball. Er war<br />
Teil der „Edmon<strong>to</strong>n"-Konzerte und auf der LP dabei.<br />
Whitehorn: „Ich wuchs mit Procol Harum auf, auch<br />
als ich noch bei Back Street Crawler und If spielte. Ich<br />
weiß noch, wie ich das erste Mal HOME und BROKEN<br />
BARRICADES hörte – was für geniale Alben!"<br />
Das letzte Wort behält Gary Brooker, <strong>The</strong>ma: Die<br />
Chance auf ein neues Studio-Album, zehn Jahre<br />
nach THE WELL'S ON FIRE. „Unser Texter Keith Reid<br />
hatte noch Texte, die wir nicht nahmen und inzwischen<br />
zu Songs machten. Das Problem ist, wenn du<br />
sagst ,Lass uns dies heute Abend mal ausprobieren',<br />
dann ist es bis Mitternacht schon auf YouTube. Das<br />
nimmt das Aufregende aus unserem Job. Man muss<br />
alles geheimhalten, bis es im Studio fertig ist. Was<br />
du live spielst, ist verbrannt. Andererseits hatten wir<br />
auf THE WELL'S ON FIRE ein oder zwei Songs, die<br />
textmäßig von 1967 stammten und die auch musikalisch<br />
in die Sechziger und Siebziger fielen. Die<br />
waren hoffentlich nicht veraltet, andererseits klingen<br />
sie nicht nach 30 Jahre alten Ideen – genau das<br />
macht Procol Harum aus!"<br />
Seite 24 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>