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Jimi<br />
Hendrix<br />
aus dem<br />
Sommer<br />
des Jahres<br />
informierte<br />
Hoover darüber,<br />
dass<br />
ein „Negro<br />
Entertainer"<br />
aus Seattle<br />
in Buffalo<br />
mit Marihuana<br />
erwischt<br />
worden sei.<br />
Den Namen<br />
schrieb der<br />
Agent<br />
" Jimmy<br />
Hendrix", und er<br />
berichtete auch darüber,<br />
dass Jimi schon<br />
einmal 1961 wegen<br />
Au<strong>to</strong>diebstahls verhaftet<br />
worden sei. Zur gleichen<br />
Zeit gerieten auch<br />
die Doors in die Akten<br />
der Washing<strong>to</strong>ner Behörde.<br />
Denn Jim Morrison<br />
war 1969 in Miami<br />
bei einem Auftritt der<br />
Doors durch „unanständiges<br />
Verhalten"<br />
aufgefallen. Mit den<br />
Worten „You wanna see my cock, don’t you?"<br />
war er zur Tat geschritten. Die „unzüchtige Entblößung"<br />
ließ das FBI die Bundespolizei mobilisieren.<br />
Hoover teilte die Bedenken, dass „rechtschaffene<br />
Bürger" davon abges<strong>to</strong>ßen werden könnten und<br />
es „schwerwiegende Wirkung auf unsere Jugend"<br />
haben könne.<br />
Jim Morrison<br />
In diesem Zusammenhang wurde beim FBI auch<br />
angezeigt, dass es ein Album (TWO VIRGINS)<br />
von John Lennon und seiner Geliebten Yoko Ono<br />
gebe, das beide auf dem Cover „in voller Länge<br />
mit nacktem Körper" zeige, so dass man auch „die<br />
Genitalien" sehen könne. Diese ungeheuerliche Abbildung<br />
beschäftigte einen Kongressabgeordneten<br />
und das Justizministerium. Dort prüfte man, ob<br />
der jugendgefährdenden „vulgärsten Zurschaustellung<br />
von Müll, die ich je in meinem Leben gesehen<br />
habe", nicht juristisch mit einem Verbot der Versendung<br />
„obszönen Materials" beizukommen sei.<br />
Vergeblich. Also wühlte man<br />
weiter im Leben<br />
Lennons.<br />
Da kam dem FBI eine „revolutionäre Roadshow"<br />
von John und Yoko gerade recht. Sie sollte durch<br />
die USA ziehen<br />
und zum<br />
Schluss vor<br />
der Wahlversammlung<br />
der<br />
Republikaner<br />
in San Diego<br />
gegen Richard<br />
Nixon protestieren.<br />
Am 8.<br />
Februar 1972<br />
erhielt Hoovers<br />
Büro per Kurier<br />
eine Botschaft,<br />
t,<br />
Elvis Presley<br />
wonach Lennon eine große<br />
Geldsumme an den „Allamuchy<br />
Tribe" gespendet habe, der<br />
diese Aktion organisierte. Dass<br />
der Geheimdienst überhaupt<br />
mit seinen John-Lennon-Akten<br />
rausrückte, ist dem amerikanischen<br />
His<strong>to</strong>riker Jon Wiener<br />
zu verdanken. Er prozessierte von 1981 bis 1997 mit<br />
dem FBI, um die Veröffentlichung dieser Unterlagen<br />
zu erreichen. Für die Spionagezentrale in Washing<strong>to</strong>n<br />
waren die Berichte über Lennon so heikel, weil<br />
Richard Nixon persönlich die Überwachung des Ex-<br />
Beatles veranlasst hatte. Erklärtes<br />
Ziel des Präsidenten war es, den Störenfried<br />
nach England abzuschieben.<br />
Nach Nixons Wiederwahl 1972<br />
wurde die Angelegenheit dann nicht<br />
weiterverfolgt.<br />
"<br />
Killer der Roten<br />
Armee"<br />
Nixon, nicht gerade ein Pop-<br />
ein<br />
Fan, erkannte aber, wenn Musiker nützlich für ihn war.<br />
So hatte der Republikaner vis Presley auf dessen Wunsch<br />
zum Drogen agenten seiner Regierung<br />
ernannt. Da störte die<br />
FBI-Akte des King absolut nicht.<br />
Sie reichte zurück bis 1956, als<br />
um den Sittenverfall bangende<br />
Bürger ihn als „Gefahr für die<br />
Sicherheit der USA" denunzierten.<br />
Vor einem Konzert in<br />
Louisville, Kentucky, befürchtete<br />
man „Aufstände". Und<br />
im selben Jahr registrierte das<br />
FBI eine Morddrohung per<br />
Postkarte an Elvis: „Wenn<br />
El-<br />
du nicht aufhörst, werde ich<br />
dich töten." Die Fantasie anonymer<br />
Briefschreiber an den<br />
Geheimdienst kannte buchstäblich<br />
keine Grenzen. So<br />
meldete 1959 ein Informant,<br />
dass aus der Sowjetunion ein<br />
Rote-Armee-Soldat unterwegs sei, um den in der<br />
Bundesrepublik stationierten Gefreiten Presley<br />
zu töten. Aus dieser Zeit stammen die<br />
interessantesten Dokumente. Da hatte<br />
der schwule südafrikanische Derma<strong>to</strong>loge<br />
Laurenz-Johannes Griessel-Landau,<br />
der Elvis wegen seiner Akne an Schulter<br />
und Gesicht behandelte, seinem Patienten<br />
mit der Veröffentlichung angeblich<br />
kompromittierender Dokumente gedroht.<br />
Die Angelegenheit wurde stillschweigend<br />
geregelt, indem Elvis dem Erpresser die<br />
Abreise nach London bezahlte.<br />
Für das FBI kam ein Ansinnen Presleys<br />
1970 verständlicherweise nicht gelegen,<br />
als der King des Rock'n'Roll dem König<br />
der Agenten seine Aufwartung machen<br />
wollte. Man riet dem FBI-Direk<strong>to</strong>r ab: „Er<br />
ist sicherlich nicht der Typ, den der Direk<strong>to</strong>r<br />
treffen möchte. Momentan trägt<br />
er das Haar schulterlang und kleidet sich<br />
exotisch." J. Edgar Hoover ließ sich entschuldigen.<br />
Dabei hatte sich Elvis seit längerem<br />
angemeldet. Er nannte Hoover den „greatest living<br />
American", den er „bewunderte": „Niemand<br />
hat so viel für sein Land getan." Zur Vorbereitung<br />
eines Gesprächs hatte er alles Material des FBI-<br />
Chefs über den Kommunismus gelesen. Und bei der<br />
Führung durch die Washing<strong>to</strong>ner Zentrale zeigte<br />
er sich besorgt über die Entwicklung der amerikanischen<br />
Jugend. 1971 schrieb ihm Hoover, er bedauere,<br />
verhindert gewesen zu sein und Elvis nicht<br />
getroffen zu haben. Er hatte die Chance verpasst,<br />
einen neuen Agenten anzuheuern.<br />
Rüdiger Bloemeke<br />
Seite 22 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>