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möge sich nicht verletzen.<br />
Kurioserweise richtig martialisch<br />
kam das Zertrümmern<br />
von zwei Akustikgitarren<br />
am Ende eines jeden Garth-<br />
Brooks-Konzerts rüber. Wenn<br />
der Country-Meis ter seine<br />
Klampfe hoch erhoben mit<br />
dem Instrument eines Musikers<br />
seiner Band mit voller<br />
Wucht zusammendrosch,<br />
zerbarsten die Holzkorpusse<br />
in tausend Splitter – und das<br />
Publikum raste.<br />
Dass Townshends Vernichtungstrieb<br />
im Gegensatz<br />
zu genannten Kollegen aus<br />
dem Bauch kam, zeigt der<br />
Verzicht auf das Zerschlagen<br />
der Gitarre in einer Zeit, als<br />
die Fans es von ihm geradezu<br />
erwarteten: In den 70ern blieben<br />
die teuren Instrumente<br />
immer häufiger intakt. Und<br />
sind in der Neuzeit mal wieder<br />
die Reste von <strong>The</strong> <strong>Who</strong> auf fTour, deutet ttder fast nur noch hAkustikgitarre<br />
tikit<br />
schrubbende Musiker den Hieb bestenfalls lächelnd an. Dass sich der hyperaktive<br />
Drummer Keith Moon irgendwann daran beteiligen würde, die „Bühnenmöbel"<br />
kurz und klein zu hacken, war nur eine Frage der Zeit. Und so zerknüppelte<br />
der kleine Schwarzhaarige sein Schlagzeug inmitten gezündeter Nebelkörper;<br />
darum ähnelte die von <strong>The</strong> <strong>Who</strong> beackerte Fläche nach einem Konzert vor allem<br />
in den 60ern häufig dem Ort eines Terroranschlags. Da Roger Daltrey als Sänger<br />
außer dem Mikrofon nur wenig Technik in die Finger bekam, machte er sich im<br />
allgemeinen Tobsuchtsanfall ebenfalls am Drumkit zu schaffen. Lediglich John<br />
Entwistle blieb gelassen: Er sorgte mit seinem Bass für den grollenden Hintergrundsound<br />
zum Untergang. Es hätte auch nicht zum Naturell des Phlegmatikers<br />
gepasst, seinen Bewegungsradius auch nur auf einen Meter auszudehnen.<br />
Entwistle und Townshend – sie waren als Schüler der Ac<strong>to</strong>n County Grammar<br />
School zusammengekommen – setzten nach den Jazz-orientierten Confederates<br />
bei den Aris<strong>to</strong>crats und Scorpions ihren musikalischen Weg fort. Dann warb<br />
der Metallarbeiter und Gitarre spielende Roger Daltrey den talentierten Bassisten,<br />
der sich sein Instrument selbst zusammengeschraubt hatte, zu den De<strong>to</strong>urs ab.<br />
Das war 1962. Seinen Kumpel Townshend mal eben zu verlassen, passte zu<br />
Fo<strong>to</strong>: © goodtimes-pho<strong>to</strong>.de<br />
Unbändige Wut – Pete Townshend<br />
zerstört sein Equipment.<br />
dem schulterzuckenden<br />
Entwistle, der zur Bassgitarre<br />
auch nur aus rein<br />
pragmatischen Gründen<br />
gekommen war: Mit ihren<br />
vier Saiten erschien<br />
sie ihm im Gegensatz zur<br />
Gitarre einfacher zu bedienen.<br />
Pete Townshend folgte<br />
auf Empfehlung von John<br />
nur ein halbes Jahr später, als<br />
Roger Daltrey – genervt von<br />
seinem äußerst limitierten<br />
Gitarrenpartner Reg Bowen –<br />
einen neuen zweiten Klampfer<br />
suchte. Man traf sich auf<br />
einem der Flure in der Ac<strong>to</strong>n<br />
County Grammar School und<br />
wurde sich schnell einig. Aus<br />
Daltreys Sicht vor allem wegen<br />
der sich anbahnenden<br />
Möglichkeit, künftig über einen<br />
Vox Amp des Neueinsteigers<br />
spielen zu können.<br />
Die De<strong>to</strong>urs waren bekannt<br />
dafür, Leute kommen und<br />
gehen zu sehen, was sich nach Townshends Einstieg mit dem Abgang des damaligen<br />
Sängers Colin Dawson fortsetzte. Für Daltrey eröffnete sich die Chance,<br />
ausschließlich das Mikrofon zu übernehmen und auch optisch als Bandchef in<br />
den Mittelpunkt zu rücken. Musikalisch waren die De<strong>to</strong>urs ein Gemischtwarenladen:<br />
Alles, was populär war, wurde einstudiert. Und – je nach Publikum – drehte<br />
man das Fähnchen in den Wind. Nach einer Phase des Nachspielens sämtlicher<br />
Beatles-Songs bekamen die De<strong>to</strong>urs den Blues; dies führte im Dezember 1963<br />
zu einem Support-Gig vor den Rolling S<strong>to</strong>nes im St. Mary’s Ballroom in Putney,<br />
Südwest-London. „Ich glaube, wir lernten an diesem Abend mehr über Rock<strong>the</strong>ater<br />
als jemals zuvor", sagte Pete Townshend später. „Ich meine, Jagger ging<br />
auf die Bühne und war ein Star für mich." Und nicht nur das. Der De<strong>to</strong>urs-Gitarrist,<br />
der mit seinen elend langen Gliedmaßen immer aussah, als würde er eine ungeschickt<br />
an Fäden geführte Holzmarionette imitieren, bezog von Keith Richards<br />
die Inspiration für ein weiteres Show-Markenzeichen – die Windmühle. Während<br />
es der S<strong>to</strong>nes-Musiker bei der coolen Pose beließ, den in die Luft gereckten Arm<br />
zum Akkordschlag auf die Saiten fallen zu lassen, geriet bei Townshend daraus<br />
eine wilde Drehbewegung.<br />
he <strong>Who</strong> wurden im Februar 1964 geboren, als der Name<br />
Tplötzlich auf Plakaten namhafter Clubs erschien, in de-<br />
nen allabendlich mehrere Gruppen in Folge auftraten. Er<br />
war ulkig, wegen seiner Kürze äußerst einprägsam sowie<br />
Frage und Antwort zugleich. Es heißt, dass Pete Townshend<br />
– mittlerweile Grafik- und Design-Student – auf<br />
der Suche nach einem neuen Namen für die De<strong>to</strong>urs mit<br />
seinen Studienkollegen auf einer Party ein ausgelassenes<br />
Brains<strong>to</strong>rming betrieb, bei dem alle Anwesenden die unterschiedlichsten<br />
Ideen anboten. Und bei jedem skurrilen<br />
Vorschlag wurde immer wieder ungläubig „die Wer?" gefragt.<br />
Als man schließlich überlegte, welcher Name denn<br />
nun am häufigsten genannt worden war, habe jemand<br />
festgestellt: „<strong>The</strong> <strong>Who</strong>"! Richard Barnes – damals Townshends<br />
Kommili<strong>to</strong>ne, später Tourmanager der Band und<br />
Au<strong>to</strong>r zahlreicher <strong>Who</strong>-Publikationen – erzählte die Geschichte<br />
1983 etwas anders: „Nach einer De<strong>to</strong>urs-Show<br />
kam die Band zurück ins Apartment, in dem Pete und ich<br />
lebten. Sie meinten, wir sollten über einen neuen Namen<br />
nachdenken, als sie in einer TV-Show eine amerikanische<br />
Band namens <strong>The</strong> De<strong>to</strong>urs gesehen hatten. Ich glaube,<br />
es war eine Showband mit Trompeten. Am Ende blieben<br />
nach zahlreichen Vorschlägen <strong>The</strong> <strong>Who</strong> und <strong>The</strong> Hair in<br />
der engeren Auswahl. <strong>The</strong> <strong>Who</strong> war am einprägsamsten.<br />
Er zwang die Leute zum Nachdenken. Außerdem dachte<br />
ich, der Name würde gut auf Plakaten aussehen – ich<br />
Seite 12 ■ <strong>GoodTimes</strong> 3/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>