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GoodTimes - Music from the 60s to the 80s The Who (Vorschau)

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Dass <strong>The</strong> <strong>Who</strong> den Punk oder gar den Heavy Metal erfanden, ist<br />

ein Irrtum. Da waren andere schneller: <strong>The</strong> Kinks hatten mit<br />

"You Really Got Me" bereits im Sommer 1964 den Grundstein<br />

für Schwermetall gelegt. Und ungezügeltes Drei-Akkorde-Geschrammel<br />

tönte seit dem Auftauchen der Beatles aus jedem<br />

zweiten Übungsraum der britischen Insel. Aber dort, wo die Kinks<br />

trotz trommelfellzerreißenden Gitarrenlärms sich diszipliniert<br />

dem rhythmischen Korsett eines Beat-Smashers unterordneten, ließen <strong>The</strong> <strong>Who</strong><br />

im Noten- und Klangbild einen Sprengsatz de<strong>to</strong>nieren. Und während die meisten<br />

Garage-Punkcombos aus reinem Unvermögen ihrer Lust am Mono<strong>to</strong>nen frönten,<br />

machte das musikalisch überdurchschnittlich begabte Londoner Quartett nuancenloses<br />

Geholze zur Methode.<br />

ie Debütsingle "I Can’t Explain" erschien im<br />

D<br />

Dezember 1964 zuerst in den USA. Grund:<br />

Mit dem aus den Staaten stammenden Produzenten<br />

Shel Talmy hatte sich die Band an die<br />

amerikanische Decca gebunden; deren UK-Ableger<br />

Brunswick zog im Januar 1965 auf der Insel<br />

nach. Während die Beatles-verrückten Amis<br />

"Explain" lediglich bis auf Platz 93 der Billboard-<br />

Charts kauften, schoss die 45er in England auf Rang<br />

8. Natürlich hatte das <strong>Who</strong>-Debüt durchaus etwas vom<br />

harten Kinks-Abräumer. Mit Talmy als Produzenten, der schon den "You Really<br />

Got Me"-Sound verzapft hatte, kein Wunder. Allerdings bestand Gitarrist Pete<br />

Townshend später immer darauf, die Nummer schon vor Veröffentlichung der<br />

Kinks-Single geschrieben zu haben. Sänger Roger Daltrey wiederum sprach<br />

davon, dass die Band der Davies-Brüder damals einen nicht unwesentlichen<br />

Einfluss auf <strong>The</strong> <strong>Who</strong> hatte. Wie auch immer: "Explain" markierte den medialen<br />

Einstieg einer Band, die in Habitus und musikalischer Aggressivität bald<br />

allen Mitbewerbern davonlief.<br />

Die Geschichte von <strong>The</strong> <strong>Who</strong> reicht zurück bis ins Jahr 1959, als Townshend<br />

und der spätere Band-Ruhepol, Bassist John Entwistle, mit den Confederates<br />

in einem Jugendclub im Londoner Distrikt Ac<strong>to</strong>n ihren ersten öffentlichen<br />

Auftritt absolvierten. „Das einzige Mal in meinem Leben, dass ich auf der Bühne<br />

nervös war", behauptete Townshend Ende der 60er in einem „NME"-Interview.<br />

Angeberei wird das nicht gewesen sein, wurde der Schlaks doch berühmt dafür,<br />

sich vor Publikum zu einem autistischen Gewalttäter zu entwickeln.<br />

Dabei war Townshends späteres Markenzeichen – die hysterische Zerstörung<br />

seines Equipments – das Resultat eines Unfalls. Als angesagter Act der Mod-<br />

Szene traten <strong>The</strong> <strong>Who</strong> unter dem Namen High Numbers 1964 regelmäßig in<br />

einem engen Raum des Railway Hotels in Harrow/London auf. Pete Townshend<br />

besaß einen enormen Bewegungsdrang, weshalb er bei einer selbst kreierten Pose<br />

mit vertikal in die Luft gestellter Gitarre mit der äußerst tiefen Decke zusammenstieß<br />

und den Hals seines Instruments einbüßte. Ein verärgertes Wegschleudern<br />

des Geräts und das die Szene mit Begeisterungsrufen begleitende Publikum wurden<br />

zur Initialzündung für kommende Destruktionsorgien. Und das im wahrsten<br />

Sinne des Wortes. Auch wenn das Zertrümmern der Gitarre in den 60er Jahren<br />

und zum Teil auch noch in den 70ern zu einer <strong>Who</strong>-Show dazugehörte, wirkte<br />

der Gewaltausbruch nie aufgesetzt. Wenn Townshend zuschlug, dann mit unbändiger<br />

Energie, die nicht selten aus Wut gespeist war. Wenn das Instrument<br />

unter Getöse zu Bruch ging, unter Umständen auch noch die Backline zerlegt<br />

wurde, war das nicht lustig. Der <strong>Who</strong>-Boss heischte dabei nie nach Fan-Reaktionen,<br />

sondern schien vielmehr – wie bei einem unkontrollierten Anfall – ganz<br />

vom Akt der Zerstörung gefangen zu sein. Und hob er inmitten der Equipmenttrümmer<br />

beim Abgang doch noch einmal kurz die Hand zum Gruß oder huschte<br />

gar ein zynisches Lächeln über sein Gesicht, wirkte er eher angewidert, aber nie<br />

erleichtert.<br />

Imitiert wurde der „Smashing-Act" in der Folge massenweise. Zu den prominentesten<br />

Gitarren-Tötern gehörte Ritchie Blackmore von Deep Purple. Als<br />

introvertierter Misanthrop agierte der Mann in Schwarz allerdings nicht als ausgeflippter<br />

Rockstar. Vielmehr zerlegte er sein Instrument genüsslich, wie ein Pathologe<br />

den Körper einer Leiche. Während Pete Townshends Zerstörung einem<br />

Quickie gleichkam, bei dem nach 30 Sekunden alles erledigt war, brauchte Blackmore<br />

für seine Verschrottung manchmal bis zu zehn Minuten. Wenn Metalbands<br />

wie Saxon zur finalen Entsorgung schritten, gehörte das irgendwie dazu, wirkte<br />

aber immer nur wie eine <strong>The</strong>-<strong>Who</strong>-Hommage. Oder Paul Stanley von Kiss. Der<br />

zerbricht noch heute seine Sechssaitige, wenngleich man dabei stets hofft, er

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