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Alb Magazin - Ausgabe Kispel Lauter 1/2013

Regional Magazin auf der Schwäbischen Alb für die Region St. Johann, Sirchingen, Marbach und Gomadingen

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Ortsportrait<br />

<strong>Alb</strong>-<strong>Magazin</strong> <strong>Ausgabe</strong> 1/<strong>2013</strong><br />

Die Gächinger waren schon immer ein findiges Völkchen<br />

Ganz beschaulich liegt Gächingen eingebettet in ausgedehnte Wiesen- und Waldflächen im Tal der<br />

Kleinen <strong>Lauter</strong>. Der 830-Seelen-Ort gehört seit der Gebietsreform in Baden-Württemberg im Jahre<br />

1975 offiziell zu St. Johann, hat sich aber stets seine eigene Identität bewahrt. Das Vereins- und<br />

Kirchenleben pulsiert, die mitten im Ort gelegene Gastwirtschaft Hirsch ist weit über die Grenzen<br />

bekannt und ein Anziehungspunkt für Leute aus dem Ort aber auch für Auswärtige.<br />

Natur pur: Der Ortsteil Gächingen liegt im Tal der kleinen <strong>Lauter</strong>, umgeben von Wiesen, Wald und Feldern<br />

„Wir haben hier eine gesunde Struktur“,<br />

sagt der stellvertretende Ortsvorsteher von<br />

Gächingen Walter Holder. Während anderswo<br />

in den vielen kleinen Örtchen auf<br />

der Schwäbischen <strong>Alb</strong> blinde Fensterscheiben<br />

und verwahrloste Gärten auf viele leerstehende<br />

Wohngebäude hinweisen, wurden<br />

in Gächingen viele der älteren Häuser<br />

im Ortskern liebevoll renoviert. Auch mit<br />

den beiden Neubaugebiete punktet der Ort<br />

vor allen bei jungen Familien.<br />

Obendrein verfügt Gächingen über viele<br />

Arbeitsplätze vor Ort: Besagter Hirsch<br />

mit Gaststätte und Metzgerei beschäftigt<br />

eine ganze Reihe von Leuten, dazu<br />

kommen einige kleinere mittelständische<br />

Betriebe und natürlich das alteingesessene<br />

Bus unternehmen Stoss. Auch die<br />

Grundversorgung an Nahrungsmittel ist<br />

gewährleistet: Es gibt zwar keinen reinen<br />

Lebensmittelladen in Gächingen mehr, die<br />

Metzgerei bietet aber ein erweitertes Sortiment<br />

an, zudem machen einige mobile<br />

Lebensmitteldienste regelmäßig Station<br />

von dem alten Rathaus. „Man muss nicht<br />

wegfahren um einzukaufen, da hat sich in<br />

den letzten Jahren einiges getan“, bestätigt<br />

Walter Holder.<br />

Von der <strong>Alb</strong> in die weite Welt<br />

Schön früher erwiesen sich die Gächinger<br />

stets als findiges Völkchen, wenn es um<br />

die Verbesserung ihrer Lebensumstände<br />

ging. Als einer der raren <strong>Alb</strong>-Orte mit eigener<br />

Quelle – die Kleine <strong>Lauter</strong> entspringt<br />

im Ort, das Areal ist heute komplett mit<br />

dem „Brunnenhaus“ überbaut – gab es sogar<br />

ein Freibad. Eine Sensation auf der kargen<br />

Schwäbischen <strong>Alb</strong>, von nah und fern<br />

strömten die Leute und so manch einer<br />

hat in Gächingen das Schwimmen gelernt.<br />

Oder das Busunternehmen Stoss, das<br />

seine Wurzeln bis zu den Anfängen des<br />

20. Jahrhunderts zurückverfolgen kann:<br />

Als Busunternehmen Stotz wurde die Firma<br />

im Jahr 1929 gegründet. Die aufstrebende<br />

Textilwirtschaft in Urach schaffte<br />

eine Menge Arbeitsplätze – anfänglich<br />

karrte die Gächinger Firma die Leute von<br />

der <strong>Alb</strong> noch mit Pferdegespannen zu den<br />

Spinnereien ins Tal, nach dem 2. Weltkrieg<br />

wurde aufgerüstet und es ging motorisiert<br />

den Berg hinunter. Gächingen entwickelte<br />

sich zu eine Art Busbahnhof für die umliegenden<br />

<strong>Alb</strong>dörfer mit Anbindung an Urach,<br />

Münsingen und Reutlingen. 1953 erhielt<br />

das Unternehmen Konzessionen für den<br />

Linienverkehr nach Reutlingen, Urach und<br />

Münsingen. Im Jahre 1955 wurde mit dem<br />

Ortsverkehr in Urach begonnen. Allmählich<br />

kamen auch Ausflüge für Vereine,<br />

Betriebe, Schulen und Jahrgänge dazu,<br />

zunächst nur Fahrten im Nahbereich, nach<br />

und nach wurden auch Ziele im Fernbereich<br />

angesteuert.<br />

Heute werden Fahrten mit Zielen in ganz<br />

Europa angeboten. Aber auch die Gächinger<br />

Schüler werden von der Firma Stoss<br />

bis heute tagtäglich in die Grundschule<br />

nach Lonsingen oder in die weiterführenden<br />

Schulen nach Urach oder Münsingen<br />

gebracht.<br />

Wurzeln bis ins Frankenreich<br />

Gächingen wurde 760 als Cachinga erstmals<br />

urkundlich erwähnt. Mitte des 13.<br />

Jahrhunderts fiel der Ort an Württemberg.<br />

Im 14. Jahrhundert erwarb das Kloster<br />

Offenhausen einige Güter im Ort. Gächingen<br />

wurde zum Amtsort des Gächinger<br />

Unteramtes, genannt Kirchspiel oder mittelhochdeutsch<br />

<strong>Kispel</strong> – daher übrigens<br />

auch der Name <strong>Alb</strong>-<strong>Magazin</strong> <strong>Kispel</strong>-<strong>Lauter</strong>.<br />

Diese Begriffe bezeichneten den Bezirk,<br />

der alle Ortschaften umfasst, die in eine<br />

bestimmte Kirche eingepfarrt, in diesem<br />

Fall der spätgotischen Wehrkirche St. Georg<br />

- bis heute ein Wahrzeichen der Gemeinde,<br />

und deren Pfarrer zugeordnet<br />

sind. Besiedelt war das Gebiet aber wohl<br />

schon früher, so kamen bei Sanierungsarbeiten<br />

unter St. Georg Fundamente noch<br />

früherer Bauten zum Vorschein, die auf<br />

Bauwerke, vermutlich Kapellen, aus fränkischen<br />

Zeiten hindeuten.<br />

Die Kirche spielt bis heute eine große Rolle<br />

im Dorf, unter anderem gibt es eine Reihe<br />

kultureller Veranstaltungen namens „Kirche,<br />

<strong>Kispel</strong> und Kultur“. Das alte Schulhaus<br />

über dessen Eingang die Inschrift<br />

„Der Weisheit Anfang ist die Furcht des<br />

Herrn“ eingemeißelt ist und in dem heute<br />

die Musikschule für ganz St. Johann beheimatet<br />

ist, steht direkt neben St. Georg, der<br />

Dorflehrer war meist gleichzeitig der Organist<br />

in der Kirche.<br />

Nicht unerwähnt darf natürlich die „Gächinger<br />

Kantorei“ bleiben, die mit der heutigen<br />

Musikschule allerdings nichts zu tun<br />

hat: Die Gächinger Kantorei wurde 1954<br />

von Helmuth Rilling gegründet. Die Familie<br />

Rilling musste nach Kriegsende aus<br />

dem zerstörten Stuttgart evakuiert werden<br />

und kam über verwandtschaftliche Beziehungen<br />

in Gächingen unter. Von bescheidenen<br />

Anfängen in der St. Georgskirche<br />

entwickelte sich die Gächinger Kantorei<br />

unter Helmuth Rilling zu einem weltweit<br />

bekannten und geschätzten Chor, der heute<br />

in der Landeshauptstadt beheimatet ist.<br />

Zäsur Strukturreform 1975<br />

Eine Zäsur in der Ortsgeschichte bildet<br />

die Strukturreform 1975, als die bis dahin<br />

selbstständigen Gemeinden Gächingen,<br />

Würtingen, Bleichstetten, Lonsingen,<br />

Ohnastetten und Upfingen zum heutigen<br />

St. Johann mit einer Gemarkungsfläche<br />

von rund 60 Quadratkilometern zusammengefasst<br />

wurden. Fast 45 Prozent der<br />

Gemarkung ist Teil des Biosphärengebiets<br />

Schwäbische <strong>Alb</strong>. St. Johann zählt heute<br />

etwa 5200 Einwohner, der Gemeindename<br />

ist vom gleichnamigen Gestütshof - einer<br />

Außenstelle des Haupt- und Landgestüts<br />

Marbach – entlehnt. Von den Bewohnern<br />

wurde dieser Schritt zunächst wenig begrüßt,<br />

heute sind aber viele der alten Ressentiments<br />

verschwunden und ein neues<br />

Zusammengehörigkeitsgefühl unter der<br />

verschiedenen Ortsteilen ist entstanden.<br />

Die Gächinger haben sich dennoch ein<br />

Stückchen eigene Identität bewahrt. So<br />

gibt es zum Beispiel eine ganze Reihe von<br />

Vereinen, die die Dorfgemeinschaft unter<br />

anderem mit dem weit über die Ortsgrenzen<br />

bekannten Straßenfest „Dorfhock“<br />

(dieses Jahr am 10. und 11. August) pflegen.<br />

Viele Wanderrouten rund ums Dorf<br />

und einige private Unterkünften machen<br />

Gächingen heute zu einem beliebten<br />

Ausflugs- und Urlaubsort auf der Schwäbischen<br />

<strong>Alb</strong>.<br />

Text: Kerstin Dannath<br />

Rathaus Würtingen<br />

Schulstraße 1<br />

72813 St. Johann<br />

Informationen<br />

Tel.: +49 (0) 71 22 / 82 99 0<br />

Email: info@st-johann.de<br />

Internet: www.st-johann.de<br />

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