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BAHN EXTRA Deutsche Bundesbahn 1975 (Vorschau)

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Inhalt<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

da hat es uns gleich richtig gepackt:<br />

Schon beim ersten Durchblättern des<br />

Sommer-Kursbuchs <strong>1975</strong> lasen wir uns<br />

fest. Da war der „Hispania-Express“,<br />

stimmt ja, der große Fernzug von Hamburg-Altona<br />

nach Port Bou! Und D 714,<br />

Mensch, der letzte Schnellzug, den die<br />

012 bespannte, damals von Rheine<br />

hinauf nach Norddeich Mole. Und dann<br />

die Nebenbahnen: der Betrieb zwischen<br />

Bad Neustadt und Königshofen im Fränkischen<br />

(dort gab es damals noch Personenverkehr!)<br />

oder der Langlauf von<br />

Lauterbach Nord über die Hauptbahn<br />

bis Frankfurt (Main) – wer dafür wohl<br />

dreieinhalb Stunden im Schienenbus<br />

verbrachte? Im Nu fühlten wir uns in<br />

jene alte Zeiten versetzt, als wir wieder<br />

und wieder die Kursbuchtabellen studierten.<br />

In der Fahrkartenausgabe – für<br />

die nächste Fahrt. In der Jugendherberge<br />

– für den nächsten Reisetag. Oder<br />

am Küchentisch – einfach so.<br />

Ein bisschen von diesem Gefühl möchten<br />

wir mit diesem Heft auch bei Ihnen<br />

wecken. Mit Beispielen aus dem Fahrplan,<br />

den die <strong>Deutsche</strong> <strong>Bundesbahn</strong><br />

zum Kursbuch-Jubiläum <strong>1975</strong> anbot.<br />

Auch wenn sich im Rückblick die Zeiten<br />

als gar nicht so rosig darstellen – das<br />

Betriebsgeschehen dieses konträren<br />

<strong>Bundesbahn</strong>-Jahres zieht bestimmt<br />

auch Sie in den Bann. So, wie es uns<br />

bereits ergriffen hat ...<br />

Viel Vergnügen!<br />

Ihre Redaktion <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong><br />

Idylle in Ederbringhausen an der Strecke Korbach – Frankenberg (Eder): Im Mai <strong>1975</strong> trifft<br />

eine Schienenbusgarnitur mit 798/998 in dem nordhessischen Bahnhof ein<br />

Momentaufnahmen<br />

Im Übergangsstadium<br />

Die <strong>Bundesbahn</strong> der Mittsiebziger 4<br />

Die letzten Mohikaner<br />

Fahrzeuge vor dem Abschied 52<br />

Das ist die DB!<br />

<strong>Bundesbahn</strong>-Impressionen 74<br />

Was ist geblieben?<br />

Bahnstandorte einst und jetzt 86<br />

Schwerpunkt: Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Die Jubiläumsausgabe<br />

125 Jahre Kursbuch 20<br />

Fundgrube Fahrplan<br />

Markantes und Besonderes im Kursbuch 24<br />

Vor allem Fernverkehr<br />

Der Betrieb auf der Vogelfluglinie<br />

Lübeck – Puttgarden (KBS 140) 36<br />

Tief in den Wald hinein ...<br />

Nebenbahn Passau – Freyung (KBS 877) 40<br />

Vielfalt garantiert<br />

Der Betrieb auf der Nord-Süd-Strecke<br />

Hannover – Kassel/– Bebra (KBS 250) 42<br />

Der andere Weg<br />

Der Heckeneilzug Frankfurt – Köln 50<br />

Hintergrund<br />

Krisenstimmung<br />

Die allgemeine Lage der<br />

<strong>Bundesbahn</strong> <strong>1975</strong> 14<br />

Erinnerungen<br />

Mit der Bahn auf Dampflokjagd<br />

Mit der Bezirkswochenkarte unterwegs<br />

in Niedersachsen 70<br />

Strecken und Fahrten<br />

Abschied mit 012<br />

Der letzte dampflokbespannte<br />

Schnellzug der <strong>Bundesbahn</strong> 56<br />

Knallfrosch, Akku-Blitz und Eierkopf<br />

Nahverkehr im Ballungsraum Ruhrgebiet 58<br />

Neuer Bestwert 10.000<br />

Elektrifizierung <strong>1975</strong> 62<br />

Einstmals bedeutend<br />

Vergangene Eisenbahnknoten 64<br />

Ein Unfall als Merkpunkt<br />

Zugverkehr im bayerischen<br />

Oberland 1974/75 76<br />

Abwechslung auf allen Strecken<br />

Betrieb in und um Hameln <strong>1975</strong> 80<br />

<strong>Vorschau</strong>/Leserservice/Impressum 98<br />

Titelfotos: Georg Wagner (gr. Bild),<br />

Peter Schiffer/Bildarchiv d. Eb.stftg.<br />

(o. r.), Slg. Konrad Rothzoll (Kursbuch),<br />

Albert Schöppner, Herbert<br />

Stemmler, Ludwig Rotthowe (u., v. l.)<br />

Rücktitel: Georg Wagner (gr. Bild),<br />

Jürgen A. Bock (u. l.), Wolf-Dietmar<br />

Loos (u. r.)<br />

Bilder S. 3: Slg. Konrad Rothzoll (o.<br />

l.), Wolf-Dietmar Loos (Mitte)<br />

Autoren in diesem Heft<br />

Ulrich Rockelmann, Jahrgang<br />

1953, studierte Volkswirtschaft<br />

und arbeitete im Personennahverkehr.<br />

Er ist heute als<br />

freier Autor im Eisenbahnbereich<br />

tätig. Nebenbahnen und<br />

Bahnbetriebsabläufe zählen zu<br />

seinen Schwerpunktthemen.<br />

Mit dem Bildfahrplan an der<br />

Strecke: Josef Mauerer, Jahrgang<br />

1958, begann 1974<br />

seine Laufbahn bei der DB, befasste<br />

sich aber schon vorher<br />

mit Fahrplänen. Seit 1994 ist<br />

er bei DB Regio zuständig für<br />

die Fahrplangestaltung.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

1


Momentaufnahmen<br />

Die <strong>Bundesbahn</strong> der Mittsiebziger<br />

Im Übergangsstadium<br />

Als <strong>1975</strong> das Jubiläumskursbuch erscheint, ist die <strong>Bundesbahn</strong> nicht<br />

unbedingt in Feierlaune. Die Modernisierung kommt zwar voran, aber<br />

auch der Schuldenberg wächst. Eisenbahnfreunde erleben diese Zeit<br />

ebenso als Wechselbad. Denn der Abschied der Dampflok naht<br />

4


Vorgänger und Nachfolger: Auf der Angertalbahn<br />

Lintorf – Wülfrath begegnen sich im<br />

August <strong>1975</strong> Dampflok 052 024 als Lokzug<br />

und die mit einem Ganzzug betraute Diesellok<br />

216 012<br />

Georg Wagner<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

5


Momentaufnahmen<br />

Nachdem sie in den 50er- und 60er-Jahren die Dampflok abgelöst hat,<br />

ist die V 60 oder jetzt 260 die Standardmaschine im Rangierdienst.<br />

Hunderte der robusten Stangendieselloks bevölkern das DB-Netz; im<br />

Oktober 1976 ist 260 033 in Frankfurt (Main) Hauptgüterbahnhof im<br />

Einsatz<br />

Wolf-Dietmar Loos<br />

6


Die Zweisystem-Ellok 181 255 ist eines der<br />

bestaunten Exponate auf der Verkehrsausstellung<br />

in Essen (Bild vom März <strong>1975</strong>). Sie<br />

trägt auch schon das aktuelle <strong>Bundesbahn</strong>-<br />

Farbschema Ozeanblau-Beige Theodor Horn<br />

Altes und Neues<br />

Alles grau in grau bei der<br />

<strong>Bundesbahn</strong>? Nein. Neue<br />

Fahrzeuge in neuen Farben<br />

rücken in den Bestand,<br />

während die Vor- und Vor-<br />

Vor-Generationen weiterhin<br />

im Einsatz stehen. Und<br />

dann gibt es da manche<br />

„<strong>Bundesbahn</strong>isierte“ ...<br />

Eigentlich ist 465 021 ein Vorkriegstriebwagen.<br />

Aber mit Doppellampen und neuer Front<br />

hat man ihn auf „<strong>Bundesbahn</strong>-Aussehen“ getrimmt.<br />

Im Februar 1976 trifft er als Vorortzug<br />

in Stuttgart Hbf ein, der seinerzeit noch<br />

über Formsignale verfügt Herbert Stemmler<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013


Einst Massenware, im Frühjahr <strong>1975</strong> aber<br />

längst gern gesehen und freudig in Szene gesetzt:<br />

die Schlepptenderlok der Baureihe 50.<br />

Im Bild 052 807 bei Baumholder Georg Wagner<br />

Dampflok adé<br />

Nur 25 Einsatzjahre zählt<br />

die Baureihe 23, als <strong>1975</strong><br />

die letzten Exemplare ausgemustert<br />

werden. Der<br />

Dampf-Abschied geht bei<br />

der DB ohne Pause voran;<br />

kein Wunder, dass Eisenbahnfreunde<br />

vor allem<br />

Dampfloks fotografieren<br />

Der Lokschuppen in Herzberg im Harz hat<br />

kein richtiges Dach mehr. Wozu auch? Die<br />

Zeit, in der Dampfloks ihn aufsuchen, läuft<br />

ohnehin ab. Und so steht die Kabinentenderlok<br />

052 798 im September <strong>1975</strong> quasi unter<br />

freiem Himmel<br />

Jürgen A. Bock<br />

8


Dampflok adé<br />

Je mehr sich das Ende der planmäßigen<br />

Dampflokeinsätze abzeichnet, umso mehr<br />

haben Dampf-Sonderfahrten Konjunktur. Im<br />

Oktober <strong>1975</strong> steht 023 023 – wieder mit<br />

alter Nummer versehen – mit einem Sonderzug<br />

in Tübingen Hauptbahnhof. Ein Ereignis,<br />

das sich kein Eisenbahnfreund entgehen<br />

lassen möchte<br />

Herbert Stemmler<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

9


Momentaufnahmen<br />

10


Im Juni 1976 rollt eine 220 mit dem Eilzug<br />

nach Emden in den Bahnhof Norden ein. Das<br />

Bahnhofspersonal erwartet ihn schon, nicht<br />

zuletzt wegen anstehender Postsendungen<br />

Jürgen A. Bock<br />

Reisevariationen<br />

Auf der Nebenfernstrecke,<br />

mit dem Hecken eilzug oder<br />

doch im schnittigen Intercity-Triebwagen?<br />

Es gibt<br />

viele Möglichkeiten, mit der<br />

<strong>Bundesbahn</strong> zu fahren.<br />

Auch wenn Kürzungen im<br />

Fahrplan das Angebot seit<br />

<strong>1975</strong> einschränken<br />

Die IC-Linie 4 München – Bremen ist die Heimatstrecke<br />

des Elektrotriebwagens 403 –<br />

falls er nicht für Sonderfahrten herangezogen<br />

wird. Im Oktober 1976 eilt eines der „Donald<br />

Duck“ genannten Fahrzeuge als IC „Hermes“<br />

auf der Strecke Gemünden – Fulda dahin<br />

Dr. Rolf Brüning<br />

Etwas abseits der großen Verkehrsadern<br />

liegt das pfälzische Grünstadt. Den Reisenden<br />

aber empfängt der Bahnhof mit Charme:<br />

Gusseiserne Bahnsteigüberdachungen wetteifern<br />

mit dem Kaugummi-Automat um die<br />

Aufmerksamkeit, und dann sind da noch die<br />

Bahnhofsnamensschilder in dreierlei Schrift<br />

Herbert Stemmler<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

11


Munterer Plausch „im Schatten“ einer 118<br />

im Februar <strong>1975</strong> in Stuttgart Hbf. Die eleganten<br />

Vorkriegs-Elloks stehen seinerzeit<br />

noch klar im Schatten der letzten Dampfer;<br />

ihre Zeit kommt erst später ...<br />

Burkhard Wollny/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung<br />

Erlebnis DB<br />

Altbau-Ellok, Akku-Anhang<br />

oder Schmalspurbahn, der<br />

<strong>Bundesbahn</strong>alltag der Mittsiebziger<br />

hat so manchen<br />

Leckerbissen in petto. Doch<br />

es dauert, bis die vom<br />

Dampf-Abschied gepeinigten<br />

Eisenbahnfreunde auf<br />

den Geschmack kommen<br />

Die Strecke von Warthausen nach Ochsenhausen<br />

hat <strong>1975</strong> ein Alleinstellungsmerkmal:<br />

Sie ist die letzte Schmalspurbahn der<br />

DB auf dem Festland – und dient auch nur<br />

dem Güterverkehr. Im Mai <strong>1975</strong> hat 251 903<br />

auf der 750-Millimeter-Strecke einen Zug mit<br />

aufgeschemelten Güterwagen am Haken<br />

Herbert Stemmler


Erlebnis DB<br />

Eine ungewöhnliche Kombination steht im<br />

Mai 1976 als Dienstzug 83712 im Bahnhof<br />

Wanne-Eickel bereit: Diesellok 212 301<br />

nimmt neben einigen Umbau- und einem<br />

Mitteleinstiegswagen auch einen Akkutriebwagen<br />

515 mit<br />

Wolf-Dietmar Loos<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

13


Hintergrund<br />

Auch Lauda gehört <strong>1975</strong> zum elektrifizierten Netz. In der neuen, 1974 eingeführten Lackierung Ozeanblau-Beige steht Einheits-Ellok 110 242<br />

mit Altbau-Ellok 118 055 im Schlepp und E 2656 im August <strong>1975</strong> im Bahnhof. Der Zug hat den Laufweg Würzburg – Heidelberg – Mannheim –<br />

Kaiserslautern – Pirmasens; man stelle sich einen solchen Zuglauf heute vor ...<br />

Albert Schöppner<br />

Die allgemeine Lage der <strong>Bundesbahn</strong> <strong>1975</strong><br />

Krisenstimmung<br />

In der Geschichte der <strong>Bundesbahn</strong> ist das Jahr <strong>1975</strong> ein problematisches Jahr. Anhaltende Defizite,<br />

politischer Druck und ein „Sparfahrplan“ schränkten den Betrieb ein. Auf der anderen Seite stehen<br />

einige Erfolge bei der Modernisierung, die Spätzeit der Dampflok und manche romantische Strecke<br />

Das Jahr <strong>1975</strong> war für die Bundesrepublik<br />

Deutschland noch erheblich durch<br />

die Folgen der 1973 eingetretenen<br />

Energiekrise geprägt; die spürbare Verteuerung<br />

des Erdöls belastete die wirtschaftliche<br />

Entwicklung. Und noch ein weiterer Faktor<br />

machte sich bemerkbar: Willy Brandt war im<br />

Mai 1974 als Bundeskanzler zurückgetreten.<br />

Sein Nachfolger wurde Helmut Schmidt, was<br />

für die Bundespolitik wie auch für die <strong>Bundesbahn</strong><br />

Konsequenzen haben sollte.<br />

Gegenwind für die <strong>Bundesbahn</strong><br />

Von der Regierungsumbildung 1974 war nicht<br />

zuletzt das Verkehrsressort betroffen. Während<br />

der vorherige Verkehrsminister Lauritz Lauritzen<br />

(1910 – 1980) dem öffentlichen Verkehrswesen<br />

positiv gegenübergestanden hatte, konnte man<br />

das von seinem Nachfolger Kurt Gscheidle (1924<br />

– 2003) wohl nicht behaupten. Gscheidle kam<br />

von der Ausbildung her aus dem technischen<br />

Postdienst und wurde 1953 hauptberuflicher<br />

Funktionär bei der <strong>Deutsche</strong>n Postgewerkschaft<br />

(DPG). Zum Eisenbahn- oder öffentlichen Verkehrswesen<br />

besaß er persönlich keine Beziehung<br />

und strebte eine baldige Privatisierung der damaligen<br />

<strong>Bundesbahn</strong> – mit Ausnahme des Schienennetzes<br />

– an. Priorität hatte für ihn, ebenso wie<br />

für seinen Chef Helmut Schmidt, die bloße<br />

Ökonomie.<br />

In der Regierungserklärung Schmidts vom<br />

17. Mai 1974 hatte es daher unter anderem<br />

geheißen: „In einer Zeit weltweit wachsender<br />

Probleme konzentrieren wir uns in Realismus<br />

und Nüchternheit auf das Wesentliche, auf<br />

das, was jetzt notwendig ist.“ Damit nahm er<br />

Abstand von der Politik Willy Brandts, die von<br />

Schlechte Karten für die <strong>Bundesbahn</strong>: Die neue<br />

Bundesregierung setzte allein auf Ökonomie<br />

visionärem Idealismus und weitgreifenden Gestaltungsabsichten<br />

geprägt war. Als innenpolitische<br />

Schwerpunkte seiner Arbeit nannte<br />

Schmidt die Fortsetzung der bisherigen Wirtschafts-<br />

und Finanzpolitik, die Bekämpfung<br />

14


Die Lage der <strong>Bundesbahn</strong><br />

Dr. Wolfgang Vaerst, Vorsitzer des DB-Vorstands,<br />

wendet sich in der Zeitschrift „Die<br />

<strong>Bundesbahn</strong>“ 12/<strong>1975</strong> mit einem Lagebericht<br />

an die Leserschaft. Die schwierige<br />

Situation der DB wird noch öfter Thema der<br />

DB-Publikationen sein Slg. Oliver Strüber<br />

der Arbeitslosigkeit und die Wiedererlangung<br />

der Geldwertstabilität.<br />

Volkswirtschaftlich ergaben sich für das<br />

Jahr <strong>1975</strong> folgende Kennzahlen: Die Inflationsrate<br />

betrug 5,9 Prozent, die Zahl der Arbeitslosen<br />

1,074 Millionen (entspricht 4,6<br />

Prozent); das Bruttosozialprodukt sank im<br />

Vergleich zum Vorjahr um 1,1 Prozent.<br />

Einige Zahlen für die DB des Jahres <strong>1975</strong>: Es<br />

waren durchschnittlich 410.000 Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter beschäftigt. Die Beförderungsleistungen<br />

beliefen sich auf 1,6 Milliarden<br />

Reisende (einschließlich Bahnbus) und über<br />

310 Millionen Tonnen Güter. Dazu dienten unter<br />

anderem 9.820 Triebfahrzeuge, 19.200 Reisezug-<br />

und 290.000 Güterwagen. An neuen<br />

Fahrzeugen kamen dazu: 67 Elloks, 120 Dieselloks,<br />

120 elektrische Triebwagen, 30 Dieseltriebwagen,<br />

290 Reisezug- und 4.000 Güterwagen.<br />

Außerdem beschaffte die DB 260 neue<br />

Omnibusse. Ein Kuriosum ist beim Schienengüterverkehr<br />

beachtenswert: Trotz der Ölkrise<br />

von Ende 1973 wuchsen die Güterverkehrsleistungen<br />

der Bahn 1974 noch auf ein höheres Niveau<br />

– offenbar schlug die Wirtschaftskrise im<br />

Transportwesen erst zeitverzögert durch. Der<br />

Absturz danach fiel allerdings umso drastischer<br />

aus. Für die kriselnde Situation der <strong>Bundesbahn</strong><br />

steht auch die vielleicht wichtigste Zahl ihrer Bilanzen.<br />

Der betriebswirtschaftliche Jahresfehlbetrag<br />

belief sich auf 4,2 Milliarden DM. Damit<br />

setzte sich die Verschuldung der DB fort; sie<br />

war nicht zuletzt eine Folge stetig gestiegener<br />

Zahlungen für Löhne und Gehälter an das <strong>Bundesbahn</strong>-Personal.<br />

Für die Schienenpolitik waren <strong>1975</strong> vor allem<br />

drei Bundesminister relevant: Finanzminister<br />

Hans Apel, Verkehrsminister Kurt<br />

Gscheidle (beide SPD) und Wirtschaftsminister<br />

Hans Friderichs (FDP). Alle Ressorts<br />

mussten finanziell kürzer treten – entweder<br />

durch reale Mittelstreichungen oder geringere<br />

Zuwächse als ursprünglich geplant. Die drei<br />

genannten Minister bildeten zusammen mit<br />

Kanzler Schmidt nun nicht gerade große Un-<br />

Im August <strong>1975</strong> ist 290 373 im Rangierbahnhof Duisburg-Hochfeld im Einsatz. Unter anderem<br />

im Wagenladungsverkehr mit seinen aufwendig zu verschiebenden Einzelwagen oder Wagengruppen<br />

hat die Bahn gegenüber dem Lkw das Nachsehen<br />

Wolf-Dietmar Loos<br />

Auch der Fernverkehr kriselt Mitte der 70er-Jahre; es braucht neue Ideen, um wieder in die Gewinnzone<br />

zu kommen. Im Bild: 103 124 mit D 533 nach Westerland und ein Gasturbinen-Triebzug<br />

602 als Reisebüro-Sonderzug nach Norddeich in Münster Hbf, Juli <strong>1975</strong> Ludwig Rotthowe<br />

IN KÜRZE: STILLLEGUNGEN DER DB IM PERSONENVERKEHR <strong>1975</strong><br />

01.06.<strong>1975</strong> KBS 152 Dannenberg Ost – Lüchow (21 km)<br />

01.06.<strong>1975</strong> KBS 153 Uelzen – Dannenberg West (42 km)<br />

01.06.<strong>1975</strong> KBS 831 Ebersdorf (bei Coburg) – Fürth am Berg (23 km)<br />

01.06.<strong>1975</strong> KBS 858 Floß – Eslarn (40 km)<br />

26.09.<strong>1975</strong> KBS 122 Itzehoe – Kellinghusen – Wrist (21 km)<br />

28.09.<strong>1975</strong> KBS 222 Schandelah – Velpke – Abzw Grafhorst (30 km)<br />

28.09.<strong>1975</strong> KBS 253 Bad Gandersheim – Bodenburg (23 km)<br />

28.09.<strong>1975</strong> KBS 247 Odertal – St. Andreasberg West (7 km)<br />

28.09.<strong>1975</strong> KBS 515 Stockheim (Oberhessen) – Lauterbach Nord (65 km)<br />

28.09.<strong>1975</strong> KBS 684 Winden (Pfalz) – Kapsweyer – Wissembourg [F] (16 km)<br />

28.09.<strong>1975</strong> KBS 773 Ludwigsburg – Markgröningen (8 km)<br />

28.09.<strong>1975</strong> KBS827 Breitengüßbach – Dietersdorf (32 km)<br />

28.09.<strong>1975</strong> KBS 854 Holenbrunn – Wunsiedel – Leupoldsdorf (11 km)<br />

28.09.<strong>1975</strong> KBS 856 Tirschenreuth – Bärnau (13 km)<br />

Gesamtlänge: 352 km<br />

Die Strecke Winden – Wissembourg wurde inzwischen für den Personenverkehr reaktiviert, und zwischen<br />

Kellinghusen und Wrist ist eine Reaktivierung ziemlich sicher. Für Markgröningen gibt es<br />

Stadtbahnpläne.<br />

ULRICH ROCKELMANN<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 15


Hintergrund<br />

ZUM THEMA AUSWIRKUNGEN DES SPARFAHRPLANS<br />

Die erste Ölkrise im Herbst 1973 und den<br />

daraus folgenden Konjunktureinbruch<br />

bekam die <strong>Deutsche</strong> <strong>Bundesbahn</strong> seit der<br />

zweiten Jahreshälfte 1974 in Form rigider<br />

Rückgänge beim Personenaufkommen und<br />

auch beim Güterverkehr zu spüren. Am<br />

11. Dezember 1974 forderte der damalige<br />

Verkehrsminister Gscheidle die <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Bundesbahn</strong> auf, einer neuerlichen starken<br />

Zunahme des Defizites vorzubeugen und ließ<br />

erkennen, dass seitens des Bundes keine Bereitschaft<br />

zu einer Erhöhung der Zuschüsse<br />

bestände. Als eine von mehreren Maßnahmen<br />

gegen die Finanzprobleme sah die <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Bundesbahn</strong> für den Jahresfahrplan<br />

<strong>1975</strong>/76 die Reduzierung der Nahverkehrsleistungen<br />

in der Fläche um ca. 10 % vor.<br />

Zur Verwirklichung dieses Zieles genügte es<br />

nicht mehr, sich auf die Streichung einzelner<br />

schwach ausgelasteter Züge zu beschränken.<br />

Vielmehr bedurfte es in bisher nicht gegebenem<br />

Umfang der Einstellung des gesamten<br />

Reisezugverkehrs an Sonn- und Feiertagen,<br />

zum Teil auch an Samstagnachmittagen. Das<br />

ergab sich schon daraus, dass in den Randbereichen<br />

der Verdichtungsräume mit ihrem<br />

hohen Personenaufkommen Streichungen von<br />

Zügen kaum angebracht waren. Umso härter<br />

musste es folglich die Peripherie treffen. Hier<br />

waren in der Tat die nur wenigen an Feiertagen<br />

noch rollenden Reisezüge vielfach minimal<br />

ausgelastet. Allerdings dürfte sich der<br />

Einspareffekt in Grenzen gehalten haben,<br />

befuhr man doch häufig die von ihrem Verkehrsaufkommen<br />

her in Betracht kommenden<br />

Strecken im Zugleitbetrieb ohne eigenes örtliches<br />

Betriebspersonal. Aber auch Hauptbahnen<br />

waren betroffen. Hier konnte sich der<br />

Einspareffekt sehen lassen wegen des umfangreichen<br />

örtlichen Betriebspersonals.<br />

Beispiel Hessen<br />

Sehen wir uns die Situation im Bundesland<br />

Hessen an: Insgesamt waren es 535 Streckenkilometer<br />

Bahn, die ganz oder teilweise in Hessen<br />

verliefen und damals ihren Feiertags verkehr<br />

einbüßten. Auf der verkehrsarmen Nebenbahn<br />

Berleburg – Frankenberg mit ihren zuletzt drei<br />

Zugpaaren an Sonn- und Feiertagen wurde an<br />

örtlichem Betriebspersonal der Fahrdienstleiter<br />

in Hatzfeld eingespart, die Nebenbahn Herborn –<br />

Schönbach verfügte über kein örtliches Betriebspersonal.<br />

Anders sah es bei den betroffenen<br />

Hauptbahnen aus. Zwischen Gießen und Gelnhausen<br />

war der Kundenandrang tatsächlich bescheiden,<br />

aber mehr als zehn Schrankenwärter,<br />

Weichenwärter und Fahrdienstleiter erforderte<br />

die Durchführung des Betriebes auf der 70 Kilometer<br />

langen Strecke. Vergleichbar war die<br />

Situation zwischen Darmstadt und Aschaffenburg.<br />

Die zweigleisige elektrifizierte Hauptbahn<br />

wies zwar an Werktagen umfangreichen Berufs-<br />

und Schülerverkehr sowie zahlreiche<br />

Güterzüge auf, sie wurde aber an Feiertagen<br />

wenig genutzt. Dazu verfügte sie noch über<br />

viele zu besetzende Stellwerke. Inwieweit die<br />

angestrebten Sparziele erreicht wurden, steht<br />

dahin. Ersatzbusverkehre mussten organisiert<br />

und bezahlt werden, zudem waren die Zugstreichungen<br />

dazu angetan, Kunden generell, also<br />

auch an den übrigen Wochentagen zu vergraulen.<br />

Rollmaterial ließ sich schon gar nicht einsparen,<br />

denn dessen Umfang bemaß sich<br />

nach dem in der Regel umfangreicheren Verkehr<br />

an Werktagen.<br />

Während vor allem bei den Strecken im nörd -<br />

lichen Hessen die Einstellung des Feiertagsverkehrs<br />

den Anfang vom Ende bedeutete,<br />

erfreuen sich einige der im südlichen Hessen<br />

gelegenen Bahnen inzwischen wieder regen<br />

Verkehrs auch an Feiertagen, so die Linien<br />

Friedberg – Friedrichsdorf und Aschaffenburg<br />

– Darmstadt. Trotz immer noch hohen Personalbedarfs,<br />

bedingt durch alte Sicherungstechnik,<br />

rollen zwischen Gießen und Gelnhausen<br />

ebenfalls wieder an allen Tagen in<br />

der Woche Reisezüge. DR. LUTZ MÜNZER<br />

Slg. Oliver Strüber<br />

Am 11. September <strong>1975</strong> hat 212 276 ihren Nahverkehrszug in den alten Bahnhof von Kirchheim<br />

(Teck) gebracht; wenig später geht die neue Station am Stadtrand in Betrieb Wolf-Dietmar Loos<br />

terstützer des Schienenverkehrs, so dass der<br />

DB schwierige Zeiten ins Haus standen. Auf<br />

Hilfe bei der zunehmenden finanziellen<br />

Schieflage konnte sie wohl kaum rechnen.<br />

Prekäre Situation für die Bahn<br />

In der Tat beschritt die <strong>Bundesbahn</strong> einen gewagten<br />

Spagat. Einerseits stimmte die Führung<br />

den Regierungsforderungen weitgehend<br />

zu, andererseits konnte sie den wachsenden<br />

Widerstand in weiten Teilen der Bevölkerung<br />

nicht ignorieren. Hierzu gibt der <strong>1975</strong> veröffentlichte<br />

Artikel „Zum Abschuss freigegeben“<br />

des damaligen DB-Pressereferenten Elmar<br />

Haass ein treffendes Beispiel. Er schrieb<br />

dort unter anderem:<br />

Die <strong>Bundesbahn</strong> setzte auf Rationalisierung und<br />

Sparkurs – und traf wiederholt auf Widerstand<br />

„Nun liegt natürlich die Forderung nahe,<br />

diesen schwerfälligen Beamtenapparat auf Trab<br />

zu bringen, ihm wirtschaftliches Denken und<br />

unternehmerisches Verhalten gleich kübelweise<br />

einzuflößen. Und die allgemeine Überraschung:<br />

Der angeblich so verknöcherte Beamtenapparat<br />

und seine angeblich durch keinerlei<br />

Managementwissen belastete Unternehmensleitung<br />

tun es. Sie handeln – wo das Gesetz es<br />

zuläßt – wie ein Unternehmen, sie denken<br />

kommerziell. Hierzu einige Kostproben: Es<br />

werden nichtrentable Strecken stillgelegt; die<br />

Verwaltung wird durchrationalisiert; das Angebot<br />

im hochdefizitären Kleingutverkehr wird<br />

gestrafft; der Personalbestand wird abgebaut;<br />

das Angebot im Schienenpersonennahverkehr<br />

verstärkt, der tatsächlichen Nachfrage angepaßt,<br />

also verringert mangels Nachfrage; auf<br />

dem Güterverkehrsmarkt wird mit härteren<br />

Bandagen um Marktanteile gerungen.<br />

Wer da allerdings meint, diese Weichenstellung<br />

finde breiten Beifall, täuscht sich. Gleichgültig<br />

ob nun der schärfere Wettbewerb, die Stillegung<br />

der sonst schon fast aus dem Bewußtsein<br />

verschwundenen Bahnstrecke, ein verstärkter<br />

Personalabbau oder überhaupt die ganze Richtung<br />

nicht paßt, alles mobilisiert jetzt ungeahnte<br />

Kraftreserven gegen den eingeschlagenen<br />

Weg…“ (zitiert aus dem Buch „40 Jahre Deut-<br />

16


DB auf Sparkurs<br />

Eine Dampflok der Baureihe 050 und Schienenbusse pausieren gemeinsam im Bahnbetriebswerk Westerburg. Seit das Defizit der DB ansteigt,<br />

stehen die Strecken „in der Fläche“ unter verschärfter Beobachtung. Kürzungen und Streichungen werden folgen<br />

Wolf-Dietmar Loos<br />

OBEN Auch einige Altbau-Elloks werden von der <strong>Bundesbahn</strong> farblich „aktualisiert“: 118 028<br />

ist eine von drei Maschinen dieser Baureihe, die das Schema Ozeanblau-Beige erhalten (Bild<br />

in München Hbf)<br />

Edgar Fischer/Archiv GM<br />

RECHTS Ende 1974 vorgestellt, geht die 111 als Nachfolgerin der 110 im Jahr <strong>1975</strong> in Serie. Die<br />

Ellok bleibt mit 227 Exemplaren für lange Zeit die größte Neubeschaffung der <strong>Bundesbahn</strong> M. Weltner<br />

derlanden oder der Schweiz) erfolgreiche Einbeziehung<br />

von Nebenstrecken in einen attraktiven<br />

Nahverkehr ignorierten sowohl die<br />

meisten tonangebenden Verkehrspolitiker als<br />

auch die <strong>Bundesbahn</strong>-Führung. Dort war<br />

nach wie vor eine Nebenstrecke „in der Fläche“<br />

gleichbedeutend mit dem Attribut „überflüssig“.<br />

Daran, dass man mit einem jahrelang<br />

unzureichenden Zugangebot Reisende vergrault<br />

hatte und kaum aus dem meist vorsche<br />

<strong>Bundesbahn</strong> 1949 – 1989“ von Horst Weigelt<br />

und Ulrich Langner; Seite 400)<br />

Im Zuge des eingeschlagenen Wegs hatte<br />

die <strong>Bundesbahn</strong> <strong>1975</strong> einen „Sparfahrplan“<br />

auf den Weg gebracht, der vor allem für Nebenbahnen<br />

Einschränkungen im Angebot<br />

brachte. Dazu passte es, dass die DB-Spitze<br />

durchaus den Wert der Schiene betonte, aber<br />

dabei nur die Ballungsgebiete meinte. Die zu<br />

jener Zeit schon anderswo (etwa in den Nie-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

Slg. Oliver Strüber<br />

17


Hintergrund<br />

Mit einem kurzen Eilzug dieselt 220 079 im Juli <strong>1975</strong> nach Groß Gleidingen herein, wo sich die Strecken Löhne – Braunschweig (Kursbuchnummer<br />

265) und Hannover – Braunschweig (KBS 230) vereinigen. Im Bahnhof hat die Moderne vor kurzem mit der Oberleitung Einzug gehalten<br />

Slg. Oliver Strüber<br />

Auf der Strecke Gronau – Dortmund (Kursbuchnummer 289) übernehmen 624er-Triebwagen<br />

große Teile des Zugverkehrs. Im Bild: 624 668 im Bahnhof Bork (Westf) Wolf-Dietmar Loos (2)<br />

handenen guten Fahrgastpotenzial Neukunden<br />

rekrutieren konnte, durfte offiziell nicht<br />

erinnert werden. Und ebenso wenig an die<br />

meist weit geringere Attraktivität des Autobusses!<br />

Charakteristisch war weiterhin die<br />

Aussage, DB bedeute auch „Der Bus“. Man<br />

übersah dabei, dass normalerweise die Fahrgastzahlen<br />

auch in Bahnbussen sanken und die<br />

Busfahrpläne in der Region ebenso – nur entsprechend<br />

zeitverzögert – ausgedünnt wurden<br />

wie zuvor auf der Schiene.<br />

Kleine Lichtblicke<br />

In die recht düstere Grundstimmung kam im<br />

Herbst <strong>1975</strong> ein kleiner Lichtblick: Am<br />

25. September erreichte die Streckenelektrifizierung<br />

ihren 10.000sten Kilometer; ein sichtbarer<br />

Beweis für den Erfolg der Modernisierungsmaßnahmen<br />

der <strong>Bundesbahn</strong>, die den<br />

Betrieb rationeller und leistungsfähiger machten.<br />

Ort des Jubiläums-Geschehens war der<br />

Bahnhof Villingen an der berühmten Schwarzwaldbahn,<br />

als der Fahrdraht von Offenburg her<br />

das Gebirge überwunden hatte. Zwei Jahre<br />

später sollte dann auch die Fortsetzung über<br />

Singen bis Konstanz in Betrieb gehen.<br />

Die Planungen zur Infrastruktur gingen unterdessen<br />

noch in eine andere Richtung. So wurde<br />

die propagierte Verkehrswende durch Überlegungen<br />

zu einem „betriebswirtschaftlich<br />

optimalen Schienennetz“ geprägt. Manche Politiker<br />

– wenn auch weniger in der SPD – forderten<br />

zudem generell die Privatisierung öffentlicher<br />

Bereiche. Finanzminister Apel bemerkte hierzu<br />

im April <strong>1975</strong> in einer Haushaltsdebatte:<br />

„Wir denken nicht daran, dadurch Unruhe<br />

bei Bahn und Post zu erzeugen, daß wir<br />

eine völlig unnötige Debatte über Privatisierung<br />

dieser Bundesunternehmen beginnen.<br />

Diesen Schuh mögen Sie sich anziehen (Anm.:<br />

gemeint war die CDU/CSU-Opposition), wir<br />

machen ihn uns nicht zu eigen. Wir haben<br />

sehr großen Respekt vor der Leistung der<br />

Bahn- und Postbeamten in schwierigen Zeiten,<br />

auch in schwierigen Haushaltszeiten.“<br />

Konkret auf die anvisierten Kürzungen vor<br />

allem im Streckennetz ging der Minister allerdings<br />

nicht ein. Diese sollten bald in zahlreichen<br />

mehr oder weniger fundierten Meldungen<br />

auftauchen und allenthalben noch für<br />

größere Verwirrung sorgen. Da wurden in der<br />

Boulevardpresse Listen veröffentlicht, in die<br />

man offensichtlich verschiedene stillzulegende<br />

Bahnlinien ohne Zusammenhang aufgenommen<br />

hatte. So fehlte in der Liste eines<br />

„Bild“-Artikels für Rheinland-Pfalz die Eifel-<br />

18


Personenverkehr <strong>1975</strong>: 110 506 mit D 614 (in „Pop-Farben“) in Bingerbrück (l.) und ein 430 im Ruhrgebiets-Nahverkehr (r.)<br />

J. A. Bock (l.), L. Rotthowe (r.)<br />

ZUM THEMA DAMPFLOK <strong>1975</strong>: DER ABSCHIED NAHT<br />

Der Wirtschaftsaufschwung der frühen<br />

sich Ende des Jahres von den Gleisen. Damit<br />

70er-Jahre war <strong>1975</strong> längst vorbei, so waren dampfgeführte Reisezüge zur absoluten<br />

Rarität geworden und beschränkten sich<br />

dass die DB die schwarzen Rösser nicht mehr<br />

als Reserve brauchte. Vielmehr konnte sie bei auf Kurzstrecken. Während die Bestände der<br />

der Ausmusterung von Dampfloks nun zunehmend<br />

aus dem Vollen schöpfen. So mussten blieben, reichten bei den „Massenbaureihen“<br />

Baureihen 042 und 043 weitgehend stabil<br />

die Rheiner 012 als letzte Schnellzugloks im 044 und 050-053 schon kleine Schäden für<br />

Mai <strong>1975</strong> den im Schwarzwald arbeitslos gewordenen<br />

220 weichen, und die 023 als<br />

wann die Fristen abliefen. Die Emslandstre-<br />

die Abstellung – ganz unabhängig davon,<br />

letzte Nachkriegs-Neubaulok verabschiedete cke, das Ruhrgebiet mit seinem weit verzweig-<br />

ten Streckennetz, Teile des Saarlandes, Ulm<br />

und Crailsheim sowie die Einsatzgebiete der<br />

niedersächsischen Bahnbetriebswerke Lehrte<br />

und Ottbergen waren die letzten Hochburgen<br />

der Dampftraktion und zogen die Fotografen<br />

an. Und mancherorts entstanden Sammelplätze<br />

für die ausgedienten Maschinen – von<br />

dort gab es nur noch ein Fahrtziel, den Ort,<br />

wo Männer mit Schweißbrennern warteten ...<br />

MARTIN WELTNER<br />

Da ist die 023 noch im Einsatz: Am 14. März <strong>1975</strong> wendet 023 018<br />

auf der ländlich platzierten Drehscheibe in Lauda Ludwig Rotthowe<br />

In Jerxheim warten im August <strong>1975</strong> abgestellte 023 und 050 aus<br />

Crailsheim auf die Verschrottung in Braunschweig Martin Weltner<br />

querbahn Mayen – Daun – Gerolstein (also<br />

nicht betroffen?), aber die Hauptstrecke Euskirchen<br />

– Gerolstein – Ehrang war dabei …<br />

Überhaupt schienen zum Thema „betriebswirtschaftlich<br />

optimales Bahnnetz“ gar keine<br />

sinnvollen Definitionen zu bestehen. Es wurden<br />

nicht selten recht fragwürdig einzelne Streckenabschnitte<br />

untersucht, ohne in irgendeiner<br />

Form deren Netzwirkung zu berücksichtigen.<br />

So fiel der 18 Kilometer lange Hauptbahnabschnitt<br />

Wiesau – Marktredwitz (einzige Zwischenstation<br />

dort: Bahnhof Pechbrunn) zumindest<br />

zeitweise aus dem betriebswirtschaftlich<br />

optimalen Netz heraus mit der hanebüchenen<br />

Begründung, Schnellzüge Regensburg – Hof<br />

könnten auch über den Umweg Nürnberg –<br />

Bayreuth geleitet werden. Und noch ein pikantes<br />

Detail am Rande: Von <strong>1975</strong> bis 1977 war im<br />

mit derartigen Berechnungen befassten Bundesfinanzministerium<br />

unter anderem ein aufstrebender<br />

höherer Beamter tätig. Ach ja, sein<br />

Name fehlt noch: Thilo Sarrazin …<br />

Die weitere Entwicklung<br />

So düster die Aussichten <strong>1975</strong> schienen (und<br />

sich manche Befürchtung in der Folge bewahrheitete),<br />

nicht alles wurde letztlich verwirklicht.<br />

Die Netzreduzierung – insbesondere<br />

in der Fläche – ging wie bisher weiter, ein<br />

Kahlschlag im Sinne des „betriebswirtschaftlich<br />

optimalen Bahnnetzes“ kam aber doch<br />

nicht. Die <strong>Bundesbahn</strong> blieb auf schwierigem<br />

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Kurs und kämpfte weiterhin mit Verlusten.<br />

Wer andererseits aus der heutigen Situation<br />

der <strong>Deutsche</strong>n Bahn AG heraus den Vergleich<br />

zum Bahnbetrieb <strong>1975</strong> zieht, dürfte sich wohl<br />

mehrfach verwundert die Augen reiben. Vieles,<br />

was seinerzeit im Zugverkehr und im Betriebsgeschehen<br />

alltäglich war, ist in späteren<br />

Jahren und erst recht seit der Bahnreform verschwunden.<br />

Es hat moderneren Entwicklungen<br />

und neuen Reisetrends Platz gemacht,<br />

nicht immer zum Vorteil der Schiene.<br />

Denn auch die durchrationalisierte Bahn AG<br />

der Gegenwart läuft nahezu chancenlos den anderen<br />

Verkehrsträgern hinterher. Insofern ist der<br />

Blick zurück oftmals ein Blick mit Wehmut.<br />

Zum einen, weil selbst die gebeutelte <strong>Bundesbahn</strong><br />

von damals dem aktuellen Bahnwesen<br />

manches voraus hat – und sei es nur die hier und<br />

da beschaulicher anmutende Art des Betriebs.<br />

Zum anderen, weil manche seinerzeit stillgelegte<br />

Strecke inzwischen mit Erfolg reaktiviert wurde.<br />

Da stellt sich im nachhinein schon die Frage,<br />

ob der Sparkurs der Mitt-Siebziger und der<br />

Folgejahre tatsächlich die einzig richtige Option<br />

für das Verkehrsmittel Bahn gewesen ist.<br />

Ulrich Rockelmann/GM<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

19


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Um es vorweg zu nehmen: So eindeutig,<br />

wie sie <strong>1975</strong> von der DB angegeben<br />

wurde, ließ sich die Angelegenheit<br />

nicht unbedingt zurückdatieren. Die <strong>Bundesbahn</strong><br />

bezog sich bei ihrem Jubiläum<br />

„125 Jahre Kursbuch“ auf das vom „Cours-<br />

Bureau des Königlichen Generalpostamtes“<br />

1850 herausgegebene, mit dem Attribut<br />

„amtlich“ versehene „Eisenbahn-, Post- und<br />

Dampfschiff-Coursbuch“. Zuvor hatte es<br />

aber auch schon Fahrplanhefte – etwa<br />

„Hendschels Telegraph“ – gegeben, wenngleich<br />

dies rein privat verlegte Werke waren.<br />

Ebenso muss der Zusatz „amtlich“ von 1850<br />

etwas differenziert betrachtet werden; die<br />

Post verlegte zwar das Kursbuch, hatte jedoch<br />

auf das Zugangebot keinen Einfluss. In dem<br />

Zusammenhang hat wohl Hans-Joachim Ritzau<br />

nicht ganz Unrecht, wenn er in seinem<br />

1978 erschienenen Buch „Das Kursbuchund<br />

Fahrplanwesen der <strong>Deutsche</strong>n Eisenbahnen“<br />

vermerkt: „Rechtlich hatte die Berliner<br />

Postbehörde gegenüber den Bahnverwaltungen<br />

vieler Länder keine andere<br />

Position, als sie Hendschel einnahm. Ein<br />

Kursbuch amtlichen Charakters setzt Identität<br />

von Herausgeber der Fahrpläne und<br />

Führung des Bahnbetriebes voraus, oder die<br />

Herausgabe erfolgt im Auftrag.“<br />

OBEN BEIDE Reisezüge der 70er-Jahre: Ein Trans-Europ-Express mit 103 153 und klimatisierten 1.-<br />

Klasse-Wagen hält in Mainz Hauptbahnhof (ganz oben, Juni 1976), ein Nahverkehrszug mit 144 018<br />

und Vorkriegswagen fährt in Heidelberg Hbf ein (unten, Juli <strong>1975</strong>) Dr. Rolf Brüning (o.), Harald Schönfeld (u.)<br />

125 Jahre Kursbuch<br />

Die Jubiläumsausgabe<br />

Das Kursbuch, das die DB zum Sommerfahrplan<br />

<strong>1975</strong> herausgab, sah nicht aus wie die anderen.<br />

Auf dem weinroten Einband prangte ein gelber<br />

Lorbeerkranz, flankiert von den Jahreszahlen 1850<br />

und <strong>1975</strong>. Der Titel lautete „Kursbuch Jubiläums-<br />

Gesamtausgabe“. Gezielt griff die <strong>Bundesbahn</strong> die<br />

Tradition der Fahrplanbücher auf<br />

Kursbücher 1850 bis <strong>1975</strong><br />

Wie immer man dazu stehen mag, es bleibt<br />

festzuhalten: Die damals bestehenden einzelnen<br />

deutschen Bahnverwaltungen zeigten sich<br />

weder Willens noch in der Lage, ein Gesamtkursbuch<br />

für Deutschland herauszugeben. So<br />

war über Jahrzehnte die Postverwaltung Herausgeber<br />

des Eisenbahnkursbuchs, während<br />

es daneben weitere Kursbücher von rein privater<br />

Seite gab. Insofern muss man den Gründungszeitpunkt<br />

nicht auf 1850 setzen, es ist<br />

andererseits aber auch nicht abwegig.<br />

Was die weitere Entwicklung des Kursbuchs<br />

betrifft, so wäre der Übergang der Länderbahnen<br />

an das <strong>Deutsche</strong> Reich zum<br />

1. April 1920 eigentlich ein Zeitpunkt gewesen,<br />

um eine Gesamtausgabe des Kursbuches<br />

unter Eisenbahnregie herauszugeben. Vermutlich<br />

verzögerte aber die prekäre Wirtschaftssituation<br />

ein solches Vorhaben. Erst<br />

1926 erhielt das Reichskursbuch echten bahnamtlichen<br />

Charakter: Als Herausgeber fungierten<br />

nunmehr Post und Bahn. Die Systematik<br />

des Werks lehnte sich an das vormalige<br />

Slg. Konrad Rothzoll (2)<br />

20


125 Jahre Kursbuch<br />

Reichskursbuch der Post an und konnte von<br />

Druckbild und Übersichtlichkeit her weiter<br />

nicht recht überzeugen.<br />

Der große Fortschritt kam 1932 mit fünf<br />

Regionalausgaben, die eine neue Streckennummerierung,<br />

neue Streckenkarten und Fahrplantabellen<br />

mit einem gelungenen zeitlosen<br />

Druckbild bekamen. Und 1934 kam endlich<br />

von der <strong>Deutsche</strong>n Reichsbahn das „Amtliche<br />

Kursbuch für das Reich“ auf den Markt. Wenige<br />

Jahre später änderte sie den Titel in „<strong>Deutsche</strong>s<br />

Kursbuch“. Das „Reichskursbuch“ der<br />

Post erschien vorerst zwar parallel weiter, spielte<br />

aber eine zunehmend geringere Rolle.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen<br />

die ersten Kursbücher für die vier deutschen<br />

Besatzungszonen im Laufe des Jahres 1946,<br />

ehe es im Sommer 1947 eine Gesamtausgabe<br />

für die drei Westzonen gab. Zum Zeitpunkt<br />

der Gründung der Bundesrepublik Deutschland<br />

am 23. Mai 1949 war das entsprechende<br />

Kursbuch bereits acht Tage zuvor erschienen,<br />

daher lautete der Titel für den<br />

Sommerfahrplan 1949 noch „Reichsbahn<br />

Kursbuch“. Erst im Herbst erschien dann ein<br />

„Amtliches Kursbuch westliches Deutschland“<br />

für den Winterfahrplan 1949/50 (gültig ab<br />

2. Oktober 1949). Zum Sommerfahrplan<br />

1954 ersetzte man den Begriff „westliches<br />

Deutschland“ durch „<strong>Deutsche</strong> <strong>Bundesbahn</strong>“.<br />

Die folgenden Änderungen waren dann<br />

mehr kosmetischer Natur. Ab Sommerfahrplan<br />

1959 erhielt der Einband eine Glanzfolie<br />

und 1967 wechselte seine Farbgebung von<br />

Das Äußere wechselte,<br />

der Grundaufbau des<br />

Kursbuchs blieb gleich<br />

Dunkelbraun in ein freundlicheres Weinrot.<br />

Schließlich verzichtete die DB 1971 im Titel<br />

auf das Attribut „amtlich“. So präsentierte sich<br />

das zweimal jährlich – jeweils im Frühsommer<br />

und Herbst zu den Fahrplanwechseln – herausgegebene<br />

Kursbuch auch in den Folgejahren<br />

bis zum Jubiläum.<br />

Der Aufbau des Kursbuchs<br />

Im Grundaufbau unterscheidet sich die Jubiläumsausgabe<br />

nicht von den seit den 50er-Jahren<br />

angebotenen Vorgängern. Es umfasst sechs Einzelteile.<br />

Teil 1 („Allgemeines“) enthält den Kurs-<br />

IN KÜRZE: KURSBUCH-STRECKENNUMMERN <strong>1975</strong><br />

Im Jahr 1934 hatte die <strong>Deutsche</strong> Reichsbahn<br />

für die deutschen Kursbuchstrecken<br />

nordöstliches Niedersachsen<br />

100 – 199 Schleswig-Holstein mit Hamburg;<br />

eine einheitliche Nummerierung eingeführt.<br />

Das System reichte von 90 bis 429, zur Feinverteilung<br />

200 – 299 übriges Niedersachsen, nördliches<br />

Westfalen<br />

wurden diese Streckennummern 300 – 399 Ruhrgebiet, übriges Westfalen<br />

noch durch die Kleinbuchstaben a bis z ergänzt.<br />

Mit dem geteilten deutschen Streckennetz<br />

400 – 499 Rheinland, Westerwald,<br />

westliche Eifel<br />

nach 1945 sowie der Einstellung des 500 – 599 Hessen<br />

Personenverkehrs auf etlichen Nebenstrecken<br />

lag es spätestens Anfang der 70er-Jahre<br />

600 – 699 Rheinland-Pfalz (ohne Westerwald),<br />

Saarland<br />

nahe, eine neue Systematik der Nummern zu 700 – 799 Baden-Württemberg<br />

finden. Ähnliches hatte die <strong>Deutsche</strong> Reichsbahn<br />

der DDR schon zum Sommerfahrplan<br />

800 – 899 Franken, Oberpfalz, nordöstliches<br />

Niederbayern<br />

1968 vorgenommen.<br />

Im Jahr 1972 führte die DB ihre neue Nummernsystematik<br />

900 – 999 restliches Niederbayern,<br />

Oberbayern, Schwaben<br />

ein. Dabei verzichtete sie auf<br />

zusätzliche Buchstaben und verwendete dreistellige<br />

Nummern von 100 bis 999. Vereinfacht<br />

ausgedrückt trugen fortan wichtige<br />

Strecken runde, durch zehn teilbare Nummern,<br />

während die Einerstellen die Funktion<br />

der vormaligen Kleinbuchstaben übernahmen<br />

und weniger wichtige Strecken kennzeichneten.<br />

Die aufsteigenden Tabellennummern<br />

erstreckten sich ungefähr in einer Schlangenlinie<br />

von Norden nach Südosten und zeigten<br />

folgende regionale Hundertergruppen:<br />

Hierbei kam es bisweilen zu Überlappungen,<br />

vor allem bei längeren Strecken. Dann versuchte<br />

die DB, den jeweils längeren Abschnitt<br />

„seiner“ Region zuzuordnen. So gehörte die<br />

Kursbuchstrecke 250 (Hannover – Bebra/<br />

Kassel) der Region Niedersachsen an. In den<br />

Hundertergruppen hielt man überwiegend die<br />

Endzahlen zwischen .90 (teilweise auch .80)<br />

und .99 für den Nah- oder S-Bahn-Verkehr frei<br />

– der Münchner S-Bahn waren so die Nummern<br />

990 bis 998 vorbehalten.<br />

ULRICH ROCKELMANN<br />

buchschlüssel, Hinweise für Fahrgäste, Preistabellen<br />

und Ortsverzeichnisse; hier findet sich auf<br />

einer Umschlagseite auch die Übersicht über „die<br />

schnellsten Züge der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bundesbahn</strong>“,<br />

<strong>1975</strong> angeführt vom „Rheinpfeil“ mit 118 km/h<br />

Reisegeschwindigkeit zwischen Hannover und<br />

Duisburg (1974 waren es noch 120 km/h).<br />

Teil 2 enthält die Fernverbindungen, wobei die<br />

Seiten mit drei Farben gekennzeichnet werden:<br />

grün für die Verbindungen ins Ausland, gelb für<br />

die großen Fernverbindungen und rot für die<br />

mittleren Fernverbindungen in der Bundesre -<br />

pub lik. Der grüne Teil listet auch die TEE-Züge<br />

und Autoreisezugverbindungen auf. Am Ende<br />

des roten Teils kommen nochmals weiße Seiten<br />

mit den Fahrplänen der Fernbuslinien, die von<br />

der DB, der Bundespost, der <strong>Deutsche</strong>n Touring<br />

(Europabus) oder auch anderen Unternehmen<br />

(zum Beispiel nach Berlin) betrieben wurden.<br />

Die für Eisenbahnfreunde wohl wichtigsten Teile<br />

3 bis 5 (Umschläge grün, rosa und blau) enthalten<br />

dann die kompletten Streckenfahrpläne<br />

des DB-Netzes in der ungefähren Aufteilung von<br />

Nord nach Südost. Der letzte, kurze Teil 6 – ohne<br />

speziellen Umschlag – ist schließlich Schifffahrtslinien<br />

und Bergbahnen gewidmet und<br />

weist zusätzlich die Anschriften aller Vertretungen<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Reisebüros (DER) auf. Als<br />

Beilage gibt es das Kurswagenverzeichnis sowie<br />

die Streckenkarte. Verantwortlich für den Inhalt<br />

war <strong>1975</strong> die in Mainz angesiedelte Zentrale<br />

Transportleitung (Kursbuchstelle der DB).<br />

Ergänzt wurde die Gesamtausgabe noch<br />

durch neun Regionalausgaben, ein Fernkursbuch,<br />

ein Auslandskursbuch (für fast ganz<br />

Europa einschließlich Türkei und zudem die<br />

Maghreb-Staaten), ein Omnibus-Kursbuch<br />

(in Kooperation von DB und Bundespost) sowie<br />

regionale Taschenfahrpläne. Wer zumindest<br />

das Gesamtkursbuch einsehen wollte,<br />

musste es aber nicht zwingend kaufen. Bei<br />

großen Fahrkartenausgaben lagen einige Bände<br />

im Vorraum aus, so dass der Reisende selbst<br />

seine Verbindungen heraussuchen konnte und<br />

nicht am Auskunftsschalter fragen musste.<br />

Manchmal bekam man dort auf seine Bitte<br />

hin sogar Kursbücher von Nachbarbahnen<br />

zum Nachschlagen ausgehändigt.<br />

Der Inhalt im Jubiläumsjahr<br />

Bezüglich des Fahrplanangebots stand das Jubiläumskursbuch<br />

allerdings unter keinem gu-<br />

Slg. Konrad Rothzoll (5)<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 21


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

LINKS BEIDE Weitere<br />

Reisezüge der 70er-<br />

Jahre: In Biberach<br />

(Riß) überholt ein<br />

D-Zug mit 221 138<br />

an der Spitze einen<br />

von 050 735 bespannten<br />

Dienstgüterzug<br />

(links oben,<br />

Mai <strong>1975</strong>), bei Weikersheim<br />

ist Nahverkehrszug<br />

7531 mit<br />

023 002 auf dem<br />

Weg von Lauda nach<br />

Crailsheim (links<br />

Mitte, März <strong>1975</strong>)<br />

Burkhard Wollny/Bildarchiv<br />

der Eisenbahnstiftg.<br />

(o.), Ludwig Rotthowe (M.)<br />

Slg. Konrad Rothzoll (3)<br />

ten Stern: Die DB befand sich <strong>1975</strong> in einer<br />

schwierigen wirtschaftlichen Lage und der<br />

Fahrplan von <strong>1975</strong> war ein ausgesprochener<br />

„Sparfahrplan“. Aufgrund dieses Umstandes<br />

konnte er kaum mit neuen Zügen aufwarten<br />

– dafür gab es jede Menge Streichungen und<br />

Reduzierungen. Die DB bekannte sich damals<br />

noch offen dazu und in der Beilage „Neuerungen<br />

und Änderungen“ wurde das wie folgt<br />

angekündigt: „In den vergangenen Jahren<br />

wurde das Angebot im Personenfernverkehr<br />

ständig erweitert und verbessert. In Erwartung<br />

neuen Verkehrs wurde davon ausgegangen,<br />

daß dieses Angebot entsprechend genutzt würde.<br />

Nachdem jedoch das Verkehrsaufkommen<br />

seit einiger Zeit rückläufig ist, wird mit Beginn<br />

des Sommerfahrplans <strong>1975</strong> das Angebot im<br />

Personenfernverkehr um ca. 3 % gekürzt.“ Im<br />

Regionalverkehr lagen die Kürzungen sogar<br />

bei durchschnittlich zehn Prozent.<br />

Das Kursbuch nach <strong>1975</strong><br />

Bald nach der Jubiläumsausgabe wurde die<br />

Gestaltung des Kursbuchs modifiziert. Die<br />

Farben wechselten ab den 80er-Jahren (zum<br />

Teil auch zwischen Winter- und Sommerausgabe),<br />

das Tabellen-Layout der Tabellen wurde<br />

durch die Einführung der Lichtsatztechnik<br />

modernisiert, womit der auf die 30er-Jahre zurückgehende<br />

Bleisatz zunehmend der Vergangenheit<br />

angehörte. 1992 gab es nochmals eine<br />

Neugestaltung der Tabellennummern, da die<br />

Strecken der <strong>Deutsche</strong>n Reichsbahn integriert<br />

wurden. Zudem wurden lange Tabellen zunehmend<br />

„zerstückelt“, um sie leichter in regionalen<br />

Heften unterbringen zu können.<br />

Im Zeitalter der elektronischen Medien<br />

begann ab 2000 der Abstieg des gedruckten<br />

Kursbuches. Ein 150-jähriges Jubiläum wurde<br />

von der nunmehrigen <strong>Deutsche</strong>n Bahn<br />

AG nicht gefeiert. Ab 2001 erschienen nur<br />

noch regionale Hefte, die zunächst gesammelt<br />

in einem Karton als „Gesamtausgabe“<br />

vertrieben wurden. Ab 2010 verzichtete die<br />

DB AG auch darauf. Informationen in Kursbuchart<br />

bietet sie seitdem nur im Internet mit<br />

dem elektronischen Kursbuch an. Einige Verbünde<br />

und Aufgabenträger, zum Beispiel in<br />

Bayern und Baden-Württemberg, geben hingegen<br />

weiterhin gedruckte Regionalausgaben<br />

heraus. Sie halten auch noch an einer alten<br />

Kursbuch-Tradition fest: dem quadratischen<br />

Format aus den 30er-Jahren.<br />

U. Rockelmann/J. Mauerer/GM<br />

22


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Eine Chronik, die keine Fragen offen lässt !<br />

WA-Nr. 6200070048


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Markantes und Besonderes im Kursbuch<br />

Fundgrube Fahrplan<br />

Selbst wenn das Sommerkursbuch <strong>1975</strong> nicht viel Neues brachte, es bot doch<br />

reichlich Interessantes: internationale Zuglangläufe, Kurswagenverbindungen,<br />

ungewöhnliche Nahverkehrszüge oder auch Strecken kurz vor dem Aus<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

Rund eineinhalb Kilo schwer und rund<br />

2.000 Seiten stark – die Gesamtaus -<br />

gabe des Kursbuchs vermochte die<br />

Einkaufstasche (oder den Rucksack) recht gut<br />

auszufüllen. Jedes Mal erwarteten Eisenbahnfreunde<br />

mit Spannung den Ausgabetag, um<br />

sich schnellstmöglich die neueste Edition zu<br />

holen und anschließend stundenlang darin zu<br />

blättern und zu stöbern. Was war neu? Was<br />

war anders? Was gab es Interessantes? So verhielt<br />

es sich auch <strong>1975</strong>, und es gab auf die<br />

Fragen eine Reihe von Antworten.<br />

D 240/241 „Ost-West-Express“<br />

Immer eine Betrachtung wert waren etwa die<br />

Ferntabellen. So zum Beispiel die Tabelle B 1,<br />

die das Angebot zwischen der Bundesrepublik,<br />

Polen und der Sowjetunion darstellte. Sie verzeichnete<br />

für Hannover sechs abgehende D-<br />

Züge, darunter einen der Züge mit dem längsten<br />

Laufweg des gesamten Fahrplanangebots:<br />

D 240/241 „Ost-West-Express“ Moskau –<br />

Berlin – Hannover – Köln – Paris.<br />

Den Zugnamen gab es erstmals im Jahr<br />

1969, während die Schlafwagenverbindung<br />

auf der rund 3.000 Kilometer langen Strecke<br />

zwischen Moskau und Paris ab 1960 regel-<br />

24


Interessantes im Kursbuch<br />

mäßig angeboten wurde. Seit 1971 verkehrte<br />

das Zugpaar mit den Zugnummern 240/241.<br />

Im <strong>Bundesbahn</strong>-Bereich fuhren die Züge<br />

zwischen Aachen und Helmstedt über Nacht;<br />

der Zuglauf zwischen Köln und Paris findet sich<br />

auf der Ferntabelle G 1. Er führte über Liege<br />

(Lüttich) und den belgisch-französischen<br />

Grenzübergang Erquelinnes – Jeumont. Diese<br />

Route nutzten damals alle Fernzüge zwischen<br />

Köln und Paris. Im Bereich der französischen<br />

Staatsbahnen SNCF lief D 240 vereinigt mit<br />

D 234 Kopenhagen – Paris, im Winterfahrplan<br />

<strong>1975</strong>/76 war dies auch bei D 241/235 der Fall.<br />

In Richtung Osten führte der Weg über die damals<br />

für den Ost-West-Verkehr wichtigste<br />

Route Helmstedt – Berlin und weiter über Warschau<br />

nach Brest, wo die Umspurung der Wagen<br />

von/nach Moskau stattfand.<br />

Im Sommer führte der Zug planmäßig drei<br />

Schlafwagen der sowjetischen Staatsbahn SZD,<br />

die westlich von Berlin durch die Internationale<br />

Schlafwagengesellschaft (ISTG) betreut<br />

wurden. Zwei dieser Wagen liefen zwischen Pa-<br />

Reichlich Kurs- und<br />

Schlafwagen: D 240<br />

„Ost-West-Express“<br />

im Kurswagenverzeichnis<br />

Winter<br />

<strong>1975</strong>/76<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

ris und Moskau und einer zwischen Oostende<br />

und Moskau, bei Bedarf war auch hier ein<br />

zweiter vorgesehen. Wer von Moskau bis Paris<br />

im Zug mitfuhr, war mehr als 40 Stunden<br />

unterwegs. Im Sommer <strong>1975</strong> gab es einen Liegewagen<br />

Paris – Warschau, gestellt von den<br />

Polnischen Staatsbahnen (PKP), sowie einen<br />

Liegewagen der <strong>Deutsche</strong>n Reichsbahn/Mitropa<br />

zwischen Oostende und Berlin. Die Sitzund<br />

Gepäckwagen wurden im Sommer von<br />

PKP und SNCF gestellt, von/nach Oostende<br />

lief ein Wagen der Belgischen Staatsbahn<br />

SNCB nach Warschau und ein Wagen der<br />

<strong>Deutsche</strong>n Reichsbahn (DR) nach Berlin.<br />

Im Winterfahrplanabschnitt bestand die<br />

Sitzwagengruppe Aachen – Berlin aus Wagen<br />

der DR, wobei diese östlich von Helmstedt im<br />

zeitnah verkehrenden Zugpaar D 244/245<br />

Warschau – Helmstedt (– Aachen) liefen.<br />

Mit 3.000 Kilometern<br />

hatte D 240/241 einen<br />

der längsten Laufwege<br />

Zwei Wagen Warschau – Paris wurden von der<br />

SNCF gestellt. Auch einen DB-Wagen gab es<br />

mit Lauf von Warschau nach Hoek van Holland.<br />

Von den SZD-Schlafwagen lief nur einer<br />

bis Paris; ein weiterer lief vier Mal wöchentlich<br />

bis/ab Hoek van Holland, der nach Oostende<br />

zwei Mal wöchentlich. Zusätzlich endete<br />

ein Schlafwagen zwei Mal wöchentlich in Aachen.<br />

Der DR-Liegewagen lief im Winter zwischen<br />

Berlin und Aachen, ergänzt durch einen<br />

Mitropa-Schlafwagen. Auch diese wurden in<br />

Helmstedt umgestellt auf D 244/245, während<br />

die beiden Wagen nach Hoek van Holland in<br />

Hannover auf das Zugpaar D 1244/1245 übergingen.<br />

Die Umstellung der Wagengruppe<br />

nach Oostende fand in Aachen statt – im Sommer<br />

auf das Zugpaar D 1212/1213, im Winterfahrplanabschnitt<br />

auf D 810/225. Neben<br />

diesen vielen abschnittsweise eingereihten Wagen<br />

bzw. Kurswagen sei schließlich noch ein<br />

Am 29. Mai 1976, dem letzten Tag des Winterfahrplans<br />

<strong>1975</strong>/76, verlässt die erst<br />

sechs Monate alte 111 048 mit D 790 München<br />

– Kassel die bayerische Landeshauptstadt;<br />

rechts zwei Elektrotriebwagen 403.<br />

Gleich hinter der Ellok läuft der Kurswagen<br />

Meran – Kassel. Kurswagenverbindungen wie<br />

diese sind seinerzeit noch oft im Zugangebot<br />

der <strong>Bundesbahn</strong> zu finden E. Fischer/Archiv GM<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 25


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Im Juli <strong>1975</strong> ist<br />

103 182 mit D 221<br />

„Donau-Kurier“ in<br />

Würzburg eingetroffen.<br />

Der Zug hat nur<br />

fünf Minuten Aufenthalt<br />

und anders als<br />

beim Gegenzug<br />

D 220 werden hier<br />

keine Kurswagen<br />

umgestellt; das erledigt<br />

man in Nürnberg<br />

Jürgen A. Bock<br />

Speisewagen der PKP zwischen Frankfurt<br />

(Oder) und Warschau erwähnt; im Winterfahrplan<br />

verkehrte er bis Brest.<br />

Der „Ost-West-Express“ ging 1998 auf im<br />

EuroNight „Jan Kiepura“. Den Wagenlauf<br />

Moskau – Paris hatte man bereits 1994 beendet,<br />

er wurde aber 2007/2008 wieder anderweitig<br />

reaktiviert.<br />

D 413/412 „Istanbul-Express“<br />

Ein dichtes Zugangebot enthielt die Ferntabelle<br />

D 3 zu den Balkanländern – Folge des<br />

in den 60er-Jahren stark angestiegenen Gastarbeiterverkehrs.<br />

<strong>1975</strong> gab es noch drei Direktverbindungen<br />

nach Athen und zwei nach<br />

Istanbul, letztere mit dem „Tauern-Orient“<br />

und dem „Istanbul-Express“. Auch hierbei<br />

handelte es sich um stattliche Langläufer.<br />

Der „Istanbul-Express“ wurde eingelegt im<br />

Jahr 1965 – zunächst zwischen München und<br />

Istanbul. Seit 1971 verkehrte er als D 413/412<br />

zwischen Frankfurt (Main) und Istanbul, einer<br />

Strecke von knapp 2.500 Kilometern, auf<br />

der die Züge rund 45 bis 46 Stunden unterwegs<br />

waren – also länger als der „Ost-West-Express“,<br />

obwohl der „Istanbul-Express“ dessen<br />

Distanz nicht ganz erreichte.<br />

In München Hbf hielt der in Richtung Süden<br />

abfahrende Zug nur zum Einsteigen, der<br />

aus Richtung Süden ankommende nur zum<br />

Aussteigen. In der Kursbuchtabelle wurde das<br />

durch einen kleinen „Halbmond“ neben den<br />

Abfahrtszeiten kenntlich gemacht. In Rosenheim<br />

hingegen war das Aussteigen bei D 413<br />

zugelassen. Dieser Halt wurde 1974 neu eingelegt,<br />

während D 412 von Istanbul dort weiterhin<br />

durchfuhr. In dieser Richtung wäre der<br />

Vor allem für Gast -<br />

arbeiter gedacht:<br />

D-Zug „Istanbul-<br />

Express“, hier<br />

im Winterfahrplan<br />

<strong>1975</strong>/76<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

Zug für potenzielle Einsteiger aber ohnehin<br />

uninteressant gewesen, weil die Züge eine<br />

hohe Verspätungsanfälligkeit hatten.<br />

Überhaupt hatte man bei den Zügen aus<br />

Richtung Balkan ein Qualitätsproblem. Deshalb<br />

erhielten die Züge ab 1969 in den Streckentabellen<br />

den Vermerk „Internationaler<br />

Reisezug mit langem Laufweg; mit normaler<br />

Pünktlichkeit und dem üblichen Komfort<br />

kann nicht gerechnet werden.“ Auch D 412<br />

hatte im Kursbuch von <strong>1975</strong> die entsprechende<br />

Anmerkung. Ab der Winterfahrplanperiode<br />

1977/78 wurde schließlich wieder darauf<br />

verzichtet.<br />

Die abfahrenden Züge waren grundsätzlich<br />

platzkartenpflichtig für Reisende in die Balkanländer,<br />

bei D 413 war das auch für Reisende<br />

nach Österreich (einschließlich Salzburg)<br />

der Fall.<br />

<strong>1975</strong> führte der „Istanbul-Express“ einen<br />

Schlafwagen der Jugoslawischen Staatsbahn JZ<br />

zwischen Frankfurt (Main) und Belgrad, ein<br />

bulgarischer Liegewagen lief zwischen Frankfurt<br />

und Istanbul. Die Sitzwagengruppe nach<br />

Istanbul bestand hauptsächlich aus Wagen der<br />

DB, die teilweise in München beigestellt wurden.<br />

Einen Wagen Frankfurt – Istanbul stellte<br />

die türkische Staatsbahn TCDD. Daneben<br />

gab es eine Wagengruppe Frankfurt – Zagreb/Belgrad,<br />

die aus Wagen der JZ bestand.<br />

Der Balkanverkehr hatte <strong>1975</strong> seinen Zenit<br />

bereits überschritten und ab 1976 kam es<br />

deshalb zu kontiniuierlichen Reduzierungen<br />

des Zugangebotes. Direktzüge von München<br />

nach Istanbul und Athen verkehrten letztmals<br />

im Fahrplanjahr 1993/94, seitdem sind diese<br />

Langläufe Geschichte.<br />

D 220/221 „Donau-Kurier“<br />

Aber auch auf kürzeren internationalen Relationen<br />

verzeichnete das Kursbuch interessante<br />

Verbindungen, die einerseits Fernweh weckten,<br />

andererseits bereits Tradition aufwiesen. Und<br />

die nicht selten attraktive Kurswagenläufe mitführten<br />

– im Jahr <strong>1975</strong> noch gang und gäbe.<br />

26


D-Züge mit Kurswagen<br />

Der „Donau-Kurier“ hat<br />

neun Wagen im Stammlauf<br />

plus Kurswagen<br />

Ein solcher „Kandidat“ war das Paar<br />

D 220/221 „Donau-Kurier“ Dortmund –<br />

Wien. Den Zug mit diesem Namen gab es<br />

erstmals im Fahrplanjahr 1956, damals als<br />

D 303/304. Damit wurde das wohl eher<br />

glücklose F-Zug-Paar 19/20 „Glückauf“ zwischen<br />

Essen und Passau mit Wagenlauf nach<br />

Wien, das nur 2. Klasse (ab 1956 = 1. Klasse)<br />

führte, ersetzt. Der „Donau-Kurier“ war<br />

von Anfang an eine Tagesverbindung Dortmund<br />

– Wien, 1956 noch als „LS“-Zug klassifiziert,<br />

also als Zug mit Leichtbauwagen und<br />

kurzen Reisezeiten. Ab 1971 verkehrte er mit<br />

den Zugnummern 220/221.<br />

Im Kursbuch von <strong>1975</strong> sind D 220/221 in<br />

der Ferntabelle D 1 im „grünen Bereich“ aufgelistet,<br />

also bei den Fernverbindungen ins<br />

Ausland. Die Tabelle D 1 bildet den Abschnitt<br />

Frankfurt (Main) – Wien ab und beinhaltet<br />

alle Fernzüge, die über Passau verkehren. Im<br />

DB-Bereich werden nur große Knoten wie Regensburg,<br />

Nürnberg und Würzburg aufgeführt,<br />

während sich im Bereich der Österreichischen<br />

<strong>Bundesbahn</strong>en (ÖBB) auch kleinere<br />

Bahnhöfe finden. Dazu werden Anschlüsse<br />

nach Budapest und Bukarest dargestellt.<br />

Im <strong>Bundesbahn</strong>-Gebiet lässt sich der Lauf<br />

des „Donau-Kurier“ komplett auf der Ferntabelle<br />

3 im „gelben Bereich“, das heißt, in den<br />

großen Nord-Süd-Verbindungen im Bundesgebiet,<br />

nachverfolgen. Der Zug führt gemäß<br />

Kursbuch einen Speisewagen und das Symbol<br />

für Kurswagen; diese waren beim nordwärts<br />

fahrenden D 220:<br />

• Wien – Hamburg mit Umstellung in Würzburg<br />

auf D 592<br />

• Bad Aussee – Dortmund samstags und sonntags<br />

mit Umstellung in Wels aus Zug 3019<br />

• Prag – Dortmund mit Umstellung in Würzburg<br />

aus D 558, dem sie in Nürnberg aus<br />

E 2668 beigestellt wurden (von Prag bis<br />

Schwandorf liefen diese im D 468 Prag –<br />

München).<br />

Gemäß Zugbildungsplan bestand der ganze<br />

Zug einschließlich der Kurswagen aus DB-Wagen;<br />

in der Hauptsaison vom 14. Juni bis<br />

31. August liefen planmäßig neun Wagen zwischen<br />

Wien und Dortmund, darunter ein Gepäckwagen<br />

Dm, ein Speisewagen WRmz und<br />

ein 1.-Klasse-Wagen Am. Dazu kamen zwei<br />

Wagen Wien – Hamburg, also zusammen elf<br />

Wagen. An bestimmten Sonntagen gab es auch<br />

noch einen Liegewagen Wien – Dortmund für<br />

Eine der wenigen<br />

Neuheiten im<br />

Sommerkursbuch<br />

<strong>1975</strong> war der DER-<br />

Auto reisezug Münster<br />

– Sonthofen<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

den „Alpen-See-Express“. In Passau wurden<br />

weitere Wagen beigestellt, aber hauptsächlich<br />

außerhalb der Sommerhauptsaison, wenn der<br />

Zugteil von Wien schwächer war.<br />

Die Wagengruppe Wien – Hamburg lief<br />

am Schluss des D 220. In Würzburg wurde sie<br />

umgestellt auf den Schluss des D 592 (Stuttgart<br />

– Hamburg). Anschließend wurde am<br />

Schluss die Wagengruppe Prag – Dortmund<br />

beigestellt (zwei Wagen), die mit D 558 von<br />

Nürnberg kamen. Eine Beistellung dieser<br />

Gruppe gleich in Nürnberg schied wegen der<br />

Gruppe Hamburg aus, die dann nicht mehr<br />

am Schluss gewesen wäre. Auf diese Weise<br />

konnte der Aufenthalt in Nürnberg Hbf auf<br />

fünf Minuten begrenzt werden, während er in<br />

Würzburg 13 Minuten betrug – aus heutiger<br />

Sicht eine durchaus kurze Zeit für das Rangieren<br />

von zwei Kurswagengruppen.<br />

Der „Donau-Kurier“ wurde 1977 mit den<br />

neuesten ÖBB-Fernverkehrswagen ausgestattet<br />

und avancierte 1983 zum „Fern-Express“ (FD),<br />

als diese Zuggattung für den „qualifizierten<br />

Schnellzug“ eingeführt wurde. 1988 wurde er<br />

noch für kurze Zeit auf einem Teillaufweg zum<br />

IC, doch 1989 verschwand der Name vorübergehend<br />

und der „Franz Liszt“ trat die Nachfolge<br />

an. 1991 bekam ein Nachtzug Dortmund<br />

– Wien den Namen „Donau-Kurier“.<br />

D 790/791<br />

Neben den internationalen Zügen führten<br />

auch etliche Inlandsreisezüge Kurswagen mit,<br />

welche die Verbindungen noch weiter verbesserten.<br />

Stellvertretend sei hier das Zugpaar<br />

D 790/791 erwähnt, wobei sich die Betrachtung<br />

auf den nordwärts laufenden D 790 beschränkt.<br />

Dieser war eine Nachmittagsverbindung<br />

von München über Stuttgart und<br />

Inlands-Tages ver -<br />

bindung mit Kurs -<br />

wagen: D 790 im<br />

Winterfahrplan<br />

<strong>1975</strong>/76<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

Frankfurt (Main) nach Kassel. Sein Laufweg<br />

lässt sich am besten in der Ferntabelle 90 im<br />

„roten Bereich“ des Kursbuchs, also dem Bereich<br />

der mittleren Fernverbindungen, verfolgen.<br />

D 790 verließ München um 14:09 Uhr,<br />

nahm ab Stuttgart den Weg über Bruchsal<br />

nach Heidelberg und dann über die „Main-<br />

Neckar-Bahn“ nach Frankfurt. Unter dem<br />

Speisewagensymbol ist noch die Raute abgedruckt,<br />

die auf Beschränkungen für Gruppenreisen<br />

hinweist (nur im Sommerfahrplan).<br />

Vor allem freitags war die Nachfrage groß, deshalb<br />

gab es an diesem Wochentag auch einen<br />

Entlastungszug D 1790, der in München Hbf<br />

um 13:45 Uhr abfuhr und in Augsburg vom<br />

D 264 „Mozart“ Wien – München – Paris<br />

überholt wurde. Im weiteren Verlauf verkehrte<br />

der Entlastungszug stets etwa zehn Minuten<br />

vor dem Hauptzug, da er nur so am besten seine<br />

Entlastungsfunktion erfüllte. Im Winterfahrplan<br />

fuhr er nur zwischen Stuttgart und<br />

Frankfurt (Main).<br />

Von Frankfurt (Main) nach Kassel nahm<br />

D 790 den Weg über die Main-Weser-Bahn;<br />

hier kann man den Zuglauf auf der regionalen<br />

Tabelle 520 oder der Ferntabelle 50<br />

betrachten. Zug 790 wurde ab Frankfurt zum<br />

zuschlagfreien Eilzug, ebenso der sommerliche<br />

Entlastungszug 1790; Letzterer endete bereits<br />

in Gießen. E 790 erreichte schließlich um<br />

22:08 Uhr Kassel. In der Ferntabelle 50 werden<br />

nun zwei Widersprüche sichtbar: Zum einen<br />

führt E 790 weiterhin links die punktierte<br />

Linie für die Zuschlagpflicht und der<br />

Speisewagen wird plötzlich zum Büffetwagen.<br />

In der Tabelle 520 sind die Darstellungen plausibel<br />

(keine Zuschlagpflicht und das „richtige“<br />

Speisewagensymbol). Solche Unstimmigkeiten<br />

waren bei der „Fülle des zu<br />

verarbeitenden Materials nicht immer vermeidbar“,<br />

wie es eingangs im „Kursbuchschlüssel“<br />

respektive in der Zeichenerklärung<br />

hieß – durchaus verständlich. Zur Berichtigung<br />

erschien immer ein mehr oder weniger<br />

umfangreiches „Fahrplan-Mitteilungsblatt“, in<br />

dem wohl dies korrigiert worden sein dürfte.<br />

Oder auch nicht: Im Winterfahrplan war in<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

27


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Im September 1976 hat 144 024 den Güterzug mit Personenbeförderung (GmP) 62957 Griesen – Garmisch-Partenkirchen übernommen. Mit<br />

einem Reisezugwagen und einem Kesselwagen fährt die Altbau-Ellok bei Hammersbach durch die Alpen<br />

Claus-Jürgen Schulze<br />

der Tabelle 50 nach wie vor die punktierte Linie<br />

vorhanden. Das Speisewagensymbol<br />

stimmte aber in allen Darstellungen überein.<br />

Bei D 790 findet sich weiterhin das Kurswagensymbol,<br />

das auf entsprechende Wagen<br />

hinweist. Dies war gemäß Kurswagenverzeichnis<br />

eine Wagengruppe Meran – Kassel,<br />

die aus D 286 von Rom umgestellt wurde, Ankunft<br />

in München Hbf um 13:10 Uhr. Eine<br />

Stunde Umstellzeit war durchaus angemessen<br />

aufgrund der Verspätungsanfälligkeit der Züge<br />

aus Italien. Im Winterfahrplan gab es weitere<br />

Kurswagen Oberstdorf – Frankfurt und Innsbruck<br />

– Lindau – Frankfurt/Kassel, die in Ulm<br />

beigestellt wurden. Dazu betrug im Winterfahrplan<br />

der Aufenthalt in Ulm acht Minuten,<br />

während es im Sommer nur drei Minuten waren.<br />

Bemerkenswert außerdem: Ulm wurde<br />

im Winter fünf Minuten früher erreicht, obwohl<br />

die Abfahrtszeit in Augsburg in beiden<br />

Fahrplanperioden unverändert war!<br />

DER-Tagesautoreisezug<br />

Dk 9717/9716<br />

Zu den wenigen Neuerungen im ansonsten von<br />

Einsparungen gekennzeichneten Fahrplan von<br />

<strong>1975</strong> gehörte das Autoreisezugpaar 9717/9716<br />

zwischen Münster (Westf) und Sonthofen. Es<br />

fand sich im grünen Kursbuchbereich beim Autoreisezugteil,<br />

als Tabelle 14 auf Seite B10.<br />

Das DER mietete einen<br />

Autoreisezug und trug<br />

das finanzielle Risiko<br />

Der neu eingeführte DER-Autoreisezug Münster – Sonthofen im Zugbildungsplan. Intern wurden<br />

die Autoreisezüge seit 1971 mit der Zuggattung „Dk“ geführt; das stand für schnell fahrende<br />

Reisezüge des Fernverkehrs, die überwiegend der Beförderung von Reisenden mit Kraftfahrzeugen<br />

dienen<br />

Slg. Josef Mauerer<br />

D 9716 verkehrte samstags um 11:09 Uhr ab<br />

Sonthofen; der Laufweg führte über die Ruhr-<br />

28


Autoreisezüge und Expressgutzüge<br />

Eine Kleinlok und<br />

Dreiachser-Umbauwagen<br />

bilden <strong>1975</strong><br />

den Zug für die vier<br />

Kilometer kurze Verbindung<br />

Salzgitter-<br />

Ringelheim – Salzgitter<br />

Bad der KBS 237<br />

Wolf-Dietmar Loos<br />

Auszug des Verkehrs<br />

auf der Strecke 237<br />

aus dem Sommerfahrplan<br />

<strong>1975</strong><br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

Sieg-Strecke nach Hagen und dann weiter nach<br />

Münster mit Ankunft um 21:06 Uhr. Sonntags<br />

fuhr der Wagenpark als D 9717 auf dem gleichen<br />

Laufweg wieder nach Sonthofen. Zu- und<br />

Auslademöglichkeiten bestanden in Hagen-Kabel<br />

und Hüttental-Weidenau (= Siegen).<br />

Der Wagenpark für D 9716 kam aus D 9783,<br />

der freitags von Hamburg nach Sonthofen verkehrte<br />

– ebenfalls ein DER-Tagesautoreisezug.<br />

Dessen Gegenzug 9782 verkehrte montags, womit<br />

die Garnitur optimal verwendet werden<br />

konnte. Allerdings war dies bei 9783/9782 mit<br />

einer entsprechenden Änderung verbunden: Diese<br />

Züge wurden 1974 neu eingelegt und verkehrten<br />

zweimal wöchentlich. <strong>1975</strong> wurden die<br />

Verkehrstage auf einmal wöchentlich reduziert,<br />

so dass insgesamt kein Mehraufwand durch das<br />

neue Zugpaar entstand.<br />

GmP und Expressgutzüge<br />

Auch sonst hat das Kursbuch <strong>1975</strong> (im Sommer<br />

wie im Winter) interessante Züge zu bieten.<br />

So gab es noch auf verschiedenen Strecken<br />

den Güterzug mit Personenbeförderung<br />

(GmP), in den Tabellen oft erkennbar an der<br />

hohen fünfstelligen Zugnummer. Ein Beispiel<br />

dafür verkehrte auf der Kursbuchstrecke (KBS)<br />

973 Kempten – Pfronten – Reutte – Garmisch-<br />

Partenkirchen (Außerfernbahn) mit dem Zug<br />

62957; er verließ Griesen um 13:30 Uhr und<br />

erreichte Garmisch-Partenkirchen um 14:04<br />

Uhr. Gemäß dem Zugbildungsplan bestand der<br />

Zug aus einem Mitteleinstiegswagen Byl. In<br />

Untergrainau hatte er nach der Fußnote [7] einen<br />

Aufenthalt von 13:41 bis 13:54 Uhr. Hier<br />

fand die Kreuzung mit N 5428 statt, der in Untergrainau<br />

aber schon um 13:47 Uhr abfuhr.<br />

Die längere Aufenthaltszeit dürfte zum Beistel-<br />

Für die Beförderung von Personen führt der Expressgutzug 14040 Kassel – Hamm einen nicht näher<br />

definierten Wagen 2. Klasse (Kürzel „B“) mit; Auszug aus dem Zugbildungsplan Slg. Josef Mauerer<br />

len von Güterwagen genutzt worden sein. Daneben<br />

gab es DB-intern seit den 50er-Jahren<br />

eine Reihe von Zügen, die nur der Gepäck- und<br />

Expressgutbeförderung dienten: die Expressgutzüge,<br />

abgekürzt als „Expr“ und ab 1971 als<br />

„ExprD“. Diese Züge wurden eingerichtet, weil<br />

die Regelzüge für den öffentlichen Verkehr auf<br />

den betreffenden Relationen die Aufgaben im<br />

Mitläuferverkehr nur noch in begrenztem Umfang<br />

erfüllen konnten. Ab 1971 führten die Expressgutzüge<br />

fünfstellige Zugnummern im<br />

14000er-Bereich und <strong>1975</strong> gab es etwa 20 Zugpaare<br />

davon, wobei manche Relationen nicht<br />

paarweise bedient wurden. Für die öffentliche<br />

Personenbeförderung waren diese Züge nicht<br />

zugelassen, aber es gab auch Ausnahmen wie das<br />

Zugpaar 14040/14041 Kassel – Hamm, das einen<br />

im Zugbildungsplan nicht näher spezifizierten<br />

B-Wagen (2. Klasse) mitführte.<br />

KBS 237 Salzgitter-Ringelheim –<br />

Salzgitter Bad (– Börßum)<br />

Überraschungen erwarteten den Reisenden<br />

<strong>1975</strong> noch andernorts im <strong>Bundesbahn</strong>netz,<br />

beispielsweise auf dem Abschnitt Salzgitter-<br />

Ringelheim – Salzgitter Bad der KBS 237.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

29


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Eine 140er-Ellok und<br />

ein doppelklassiger<br />

Reisezugwagen aus<br />

der Vorkriegszeit<br />

stellen <strong>1975</strong> den<br />

Nahverkehrszug<br />

Duisburg-Wedau –<br />

Düsseldorf<br />

Udo Kandler<br />

Wer dort als unkundiger Beobachter die<br />

Köf II mit zwei Umbau-Dreiachserwagen am<br />

Haken sah, dachte mit Sicherheit an eine Rangierfahrt.<br />

Doch dem war nicht so: Die Kleinlok<br />

der Baureihe 323 bewältigte mit den beiden<br />

Wagen einen Teil des Gesamtverkehrs<br />

zwischen den beiden an Hauptstrecken gelegenen<br />

Ortsteilen. Vier Kilometer waren bei<br />

der Fahrt zu bewältigen, womit die hiesigen<br />

Nahverkehrszüge am anderen Ende der Laufweg-Skala<br />

standen als etwa der anfangs beschriebene<br />

„Ost-West-Express“. Während die<br />

sonst im Pendelverkehr eingesetzten Schienenbusse<br />

diese Kurzstrecke in vier Minuten<br />

bewältigten, waren die mit der 323 bespannten<br />

Züge acht Minuten unterwegs – kein<br />

Wunder bei einer Höchstgeschwindigkeit von<br />

45 km/h. Und wenn es draußen kalt wurde,<br />

schürte der Zugführer den in einem der Dreiachser<br />

installierten Kohleofen ein, denn über<br />

eine Zugheizeinrichtung verfügte die Kleinlok<br />

natürlich nicht.<br />

Womit ein weiteres Feld interessanter Kursbuchstudien<br />

eröffnet ist: das einzelner Strecken<br />

und ihrer Bedienung. Hier liefert der<br />

Sommerfahrplan <strong>1975</strong> erneut markante, ungewöhnliche<br />

Beispiele.<br />

KBS 307<br />

Duisburg-Wedau – Düsseldorf<br />

Mit dieser 23 Kilometer langen, elektrifizierten<br />

Strecke war im Kursbuch eine Bahnlinie<br />

verzeichnet, die in erster Linie dem Güterverkehr<br />

diente. Speziell für Berufspendler gab es<br />

außerdem noch zwei Reisezugpaare, die montags<br />

bis freitags in den frühen Morgen- und<br />

Abendstunden verkehrten. Allzu groß war das<br />

Reisendenaufkommen nicht: Anfang der 70er-<br />

Jahre pendelte noch ein Akkutriebwagen, <strong>1975</strong><br />

war es dann eine Ellok mit einem einzelnen<br />

Reisezugwagen. Und noch etwas Besonderes ist<br />

zu bemerken: Während das morgendliche<br />

Zugpaar nur die 2. Wagenklasse führte, musste<br />

für das Abend-Zugpaar ein Wagen mit 1.<br />

und 2. Klasse verwendet werden – wofür die<br />

<strong>Bundesbahn</strong> auch Vorkriegsfahrzeuge heranzog.<br />

Durchgehende Züge gibt es seit 1983<br />

nicht mehr, Teile der Strecke werden heute von<br />

der S-Bahn befahren. Duisburg-Wedau ist nur<br />

noch über die KBS 449 Duisburg Hbf – Duisburg<br />

auf der Schiene zu erreichen.<br />

KBS 515 Lauterbach Nord –<br />

Stockheim – Frankfurt<br />

Die Kursbuchtabelle weist hier immerhin eine<br />

112 Kilometer lange Verbindung aus, von der<br />

nur 16 Kilometer auf die Hauptstrecke Frank-<br />

Dreieinhalb Stunden<br />

Schienenbus: Das erlebten<br />

Reisende, die<br />

sich im Sommer<br />

<strong>1975</strong> Zug 6213 Lauterbach<br />

– Frankfurt<br />

anvertrauten. Zum<br />

Ende des Sommerfahrplans<br />

legte die<br />

DB den Abschnitt<br />

Lauterbach – Stockheim<br />

für den Personenverkehr<br />

still<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

30


Kursbuchstrecken 307, 515, 811, 815<br />

Wegen des Güterverkehrs<br />

präsentiert<br />

sich das Personen -<br />

zug angebot auf der<br />

eingleisigen Werntalbahn<br />

<strong>1975</strong> schon<br />

ziemlich reduziert.<br />

Zum Ende des Winterfahrplans<br />

<strong>1975</strong>/<br />

76 verzichtet die DB<br />

hier ganz und gar auf<br />

Personenzüge<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

Mehr Bus als Bahn:<br />

das Angebot zwischen<br />

Bad Neustadt<br />

und Königshofen<br />

(Grabfeld) im<br />

Sommer <strong>1975</strong><br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

Von Lauterbach nach<br />

Frankfurt mit 31 km/h<br />

Reisegeschwindigkeit<br />

Eine 212 bedient im März 1976 den Bahnhof Königshofen (Grabfeld) im Güterverkehr; der<br />

Personenverkehr wird nur noch bis Ende des Winterfahrplans <strong>1975</strong>/76 betrieben M. Weltner<br />

furt – Gießen entfielen; der Rest war als Nebenbahn<br />

eingestuft. Verkehrlich bildete der<br />

Bahnhof Stockheim (Oberhessen) eine Art<br />

Brechpunkt. Nordöstlich davon in Richtung<br />

Vogelsberg war das Verkehrsaufkommen geringer,<br />

und auf dem Nordteil Gedern – Lauterbach<br />

Nord verkehrten <strong>1975</strong> gerade noch drei werktägliche<br />

Schienenbuspaare. Darunter gab es aber<br />

einen interessanten Langlauf von Lauterbach bis<br />

Frankfurt Hbf. Lauterbach Nord wurde von<br />

dem roten Brummer um 05:15 Uhr verlassen,<br />

und nach einer Fahrzeit von drei Stunden und<br />

37 Minuten hätte ein Durchgangsreisender<br />

Frankfurt Hbf erreicht! Bis auf Eisenbach wurde<br />

an allen Zwischenstationen gehalten, einen<br />

größeren Aufenthalt von mehr als fünf Minuten<br />

gab es im Knotenpunkt Heldenbergen-Windecken.<br />

Die mittlere Reisegeschwindigkeit betrug<br />

knapp 31 Kilometer pro Stunde. Doch sollte<br />

dies die letzte Saison sein, in der ein Reisender<br />

eine solche Bahnfahrt unternehmen konnte.<br />

Zum Winterfahrplan <strong>1975</strong>/76 legte die DB den<br />

Schienenreiseverkehr Lauterbach Nord – Stockheim<br />

auf 65 Kilometern Streckenlänge still.<br />

KBS 811 Schweinfurt – Gemünden<br />

Die 39,7 Kilometer lange eingleisige Werntalbahn<br />

bildet eine direkte Verbindung des<br />

Schweinfurter Raums mit dem Knotenpunkt<br />

Gemünden und ermöglicht eine Umgehung<br />

von Würzburg. Dadurch wird klar, dass die<br />

Hauptstrecke vor allem für den Güterverkehr<br />

Bedeutung hat. Eine Elektrifizierung war die<br />

logische Folge, der Planbetrieb begann am<br />

22. September 1971. Hier lag aber auch das<br />

Dilemma: Wegen des regen Güterverkehrs<br />

standen immer weniger günstige Fahrplantrassen<br />

für Reisezüge zur Verfügung – was der<br />

damaligen DB-Politik nur recht gelegen kam.<br />

Die seit den 60er-Jahren durchgeführten Fahrplanausdünnungen<br />

hatten für den Sommerfahrplan<br />

<strong>1975</strong> einen kläglichen Rest von vier<br />

unpaarigen Reisezügen übrig gelassen: Frühmorgens<br />

(Montag bis Freitag) und am frühen<br />

Nachmittag (werktags) von Gemünden nach<br />

Schweinfurt und zweimal nachmittags (werktags<br />

bzw. Montag bis Freitag) von dort zurück<br />

nach Gemünden. Dabei wurde die Leistung<br />

Schweinfurt ab 16:06 Uhr als Schienenbus<br />

(798/998) unter Fahrdraht erbracht. Ob die<br />

Rückleistung als Leerfahrt geschah? Im Kursbuch<br />

ist keine Triebwagenleistung mehr angeboten.<br />

Mit Ende des Winterfahrplans<br />

<strong>1975</strong>/76 am 29. Mai 1976 endete schließlich<br />

der Reiseverkehr über die Werntalbahn vollständig.<br />

KBS 815<br />

Bad Neustadt – Königshofen<br />

Auf der 23,2 Kilometer langen Stichstrecke<br />

im unterfränkischen Grabfeld war der Schienenreiseverkehr<br />

schon seit den frühen 60er-<br />

Jahren sukzessive ausgedünnt und meist durch<br />

Buskurse ersetzt worden. Der Sommerfahrplan<br />

von <strong>1975</strong> wie auch der vorausgegangene<br />

Winterfahrplan verzeichneten nur noch ein<br />

werktägliches Triebwagenpaar auf der Schiene:<br />

In aller Frühe ging es von Königshofen<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

31


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Auch die Meterspur-Strecke Amstetten – Laichingen der Privatbahn WEG ist im Kursbuch <strong>1975</strong> verzeichnet. Im Juli des Jahres stehen die<br />

Triebwagen T 35 und T 34 im Bahnhof Laichingen<br />

Theodor Horn<br />

Das Angebot auf der<br />

KBS 905 im Sommer<br />

<strong>1975</strong>; an Sonntagen<br />

kommen noch zwei<br />

Zugpaare zum Einsatz<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

Auch internationale<br />

Busverbindungen der<br />

<strong>Deutsche</strong>n Touring-<br />

Gesellschaft sind im<br />

Kursbuch <strong>1975</strong> enthalten.<br />

Unter anderem<br />

findet sich dabei<br />

die Linie München –<br />

Istanbul (– Teheran);<br />

die Reisezeit zwischen<br />

Deutschland<br />

und Iran beträgt<br />

rund eine Woche<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

nach Bad Neustadt (dabei war die Zeitlage für<br />

den potenziell nicht geringen Schülerverkehr<br />

ungeeignet, denn der Zug erreichte Bad Neustadt<br />

bereits um 06:16 Uhr), ehe der Triebwagen<br />

montags bis freitags am Spätnachmittag<br />

wieder zurück ins Grabfeld fuhr. Auch<br />

hier fällt die Nichtberücksichtigung des Schülerverkehrs<br />

ins Auge! Zum Einsatz gelangte<br />

eine dreiteilige Schienenbusgarnitur der Reihe<br />

798/998. Schon im November 1974 hatte<br />

die <strong>Bundesbahn</strong>direktion Nürnberg das<br />

Stilllegungsverfahren für den Reiseverkehr eingeleitet,<br />

dessen Umsetzung durch den Bundesverkehrsminister<br />

schließlich für das Ende<br />

des Winterfahrplans <strong>1975</strong>/76 angeordnet<br />

wurde.<br />

KBS 905 Amstetten – Laichingen<br />

Abgesehen von der Wangerooger Inselbahn<br />

hatte die <strong>Deutsche</strong> <strong>Bundesbahn</strong> den Personenverkehr<br />

auf ihren Schmalspurbahnen<br />

längst eingestellt, aber auch <strong>1975</strong> konnte man<br />

32


Kursbuchstrecke 905 und der Wangerooge-Zubringer<br />

Im Juli 1976 hat die 212 mit ihrem Nahverkehrszug Reisende für die Insel Wangerooge nach Harle gebracht. Nun setzt die Diesellok für die<br />

Rückfahrt um ihren Zug um<br />

Jürgen A. Bock, Herbert Stemmler (u.)<br />

Die einzige DB-Schmalspurbahn mit Personenverkehr gibt es <strong>1975</strong> auf der Insel Wangerooge. Die Fahrzeiten zwischen Anleger (Foto) und Wangerooge<br />

Bahnhof richten sich nach den Schiffsfahrzeiten; das Kursbuch enthält nur Fahrpläne für die Zubringerzüge nach Harle und die Schiffe<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

33


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Mitteleinstiegswagen und eine 212 sind das Fahrzeugmaterial, das die Reisenden Richtung<br />

Wangerooge bringt. Ausfahrt aus Carolinensiel, Juli <strong>1975</strong><br />

Jürgen A. Bock<br />

unter der Nummer 905 noch eine richtige<br />

schmalspurige „Festlands-Kleinbahn“ im<br />

Kursbuch finden: Von Amstetten an der<br />

Hauptbahn Stuttgart – Ulm fuhren meterspurige<br />

Triebwagen nach Laichingen. Der<br />

Hintergrund: Hier fuhr die Württembergische<br />

Eisenbahn-Gesellschaft, eine Privatbahn,<br />

deren Züge mit im Kursbuch aufgeführt wurden.<br />

Mit sechs Zugpaaren war das Angebot<br />

gar nicht mal schlecht. Zwischen 40 und<br />

50 Minuten dauerte die 19 Kilometer lange<br />

Fahrt über die beschauliche Schwäbische Alb,<br />

inklusive vier regulären Halten und einem Bedarfshalt.<br />

Noch zehn Jahre sollte eine solche<br />

Fahrt möglich sein, bis am 31. August 1985<br />

der Personenverkehr und wenige Tage später<br />

der Güterverkehr eingestellt wurde. Heute<br />

verkehren auf dem Teilstück Amstetten – Oppingen<br />

Museumszüge mit Dampfloks oder<br />

Triebwagen.<br />

Strecke 10007<br />

Sande – Harle (– Wangerooge)<br />

Zum Abschluss noch ein Blick in den Norden,<br />

auf den Zubringer zur eben erwähnten<br />

Wangerooger Inselbahn. Dabei wies die Strecke<br />

Sande – Harle eine interessante Besonderheit<br />

auf: Die Züge verkehrten im Anschluss<br />

an die Schiffe zur Nordseeinsel<br />

Wangerooge, die in Harle anlanden. Dieser<br />

Schiffsverkehr ist von Ebbe und Flut abhängig,<br />

wobei sich die „Flut“ jeden Tag um etwa<br />

45 Minuten verschiebt. Die Schiffe verkehren<br />

im so genannten Tidefahrplan mit fast täglich<br />

wechselnden Fahrzeiten. Entsprechend wurde<br />

der Fahrplan der Anschlusszüge nach Sande<br />

auf den Schiffsfahrplan ausgerichtet; dies<br />

hatte zur Folge, dass auch die Züge nach Ebbe<br />

und Flut verkehrten. Man sprach hier deshalb<br />

von „Tidezügen“.<br />

Schiffe wie Zubringerzüge<br />

in Harle richteten<br />

sich nach Ebbe und Flut<br />

Den Fahrplan der Züge findet man deshalb<br />

nicht in einer „gewöhnlichen“ Streckentabelle<br />

mit dreistelliger Nummer, sondern<br />

zweckmäßigerweise integriert bei der Fahrplantabelle<br />

des Schiffsfahrplans. Dieser Fahrplan<br />

war im Kursbuch tagesscharf abgebildet<br />

und beanspruchte deshalb auch gleich vier<br />

Seiten nur im Sommerfahrplan. Im doppelt<br />

so langen Winterfahrplan reichten auch vier<br />

Seiten, da die Darstellung aufgrund der geringeren<br />

Bedienungsfrequenz komprimierter<br />

möglich war.<br />

Die Tabelle des Sommerfahrplans beginnt<br />

am 1. Juni <strong>1975</strong> und hier ist für die ersten drei<br />

Tage die Abfahrt des Zuges 7584 in Sande um<br />

16:21 Uhr verzeichnet. Das Anschluss-Schiff<br />

nach Wangerooge verkehrt ab Harle ebenfalls<br />

drei Tage lang unverändert um 17:40 Uhr, ungeachtet<br />

des sich verschiebenden Gezeitenwechsels.<br />

Am 4. Juni gibt es mit Zug 7580<br />

eine weitere Abfahrt um 07:42 Uhr in Sande<br />

mit Anschluss in Harle an ein Schiff um 08:45<br />

Uhr. Dieses Schiff verkehrt am 3. Juni noch<br />

um 07.40 Uhr und war offenbar für einen Anschlusszug<br />

zu früh. Der Nachmittagszug verkehrt<br />

am 4. Juni als 7586 erst um 18:14 Uhr<br />

ab Sande, rund zwei Stunden später als an den<br />

vorherigen drei Tagen. Das gleiche gilt für das<br />

Anschluss-Schiff um 19:30 Uhr ab Harle. Am<br />

5. Juni verschiebt sich die Abfahrt des Frühzuges<br />

auf 08:32 Uhr, während die Nachmittagsfahrt<br />

noch einmal gleich bleibt.<br />

So schiebt sich das ganze fort und am<br />

18. Juni ist man wieder bei der Abfahrt um<br />

16:21 Uhr, am Tag darauf wird wieder um<br />

18:14 Uhr gefahren. Es wurde also versucht,<br />

bestimmte, sich wiederholende Fahrpläne mit<br />

gleichen Zugnummern einzuhalten, die dann<br />

intern mit entsprechenden Verkehrstageregelungen<br />

versehen wurden. Für die Gegenrichtung<br />

gilt das analog. Dadurch konnten in<br />

Sande in der Regel auch gute Anschlüsse von<br />

und nach Bremen hergestellt werden. Die<br />

meisten der Tidezüge verkehrten durchgehend<br />

von/nach Wilhelmshaven, in der Tabelle<br />

an der geraden Darstellung in der Anschlussspalte<br />

erkennbar. Auf eine zusätzliche<br />

Darstellung in der Streckentabelle 215 wurde<br />

aber aus den bereits erwähnten Übersichtlichkeitsgründen<br />

verzichtet.<br />

Insgesamt verkehrten ein bis zwei Züge<br />

pro Tag. Im Herbst – hier ab 22. September<br />

<strong>1975</strong> – wurde der Zugverkehr eingestellt und<br />

es verkehrten Busse zwischen Sande und Harle.<br />

Dieser Busverkehr bestand schließlich über<br />

die ganze Winterfahrplanperiode, wo nur<br />

zwischen Sande und Jever an einzelnen Tagen<br />

Züge verkehrten. Mitte April 1976 verkehrten<br />

wieder Züge an bestimmten Tagen, wohl<br />

aufgrund des höheren Verkehrsaufkommens<br />

an Ostern – ansonsten überwog weiterhin der<br />

Busverkehr. Erst ab Mitte Mai 1976 setzte<br />

wieder der Zugverkehr im vollen Umfang mit<br />

ein bis zwei Zugpaaren je Tag ein.<br />

Das Ende für den Verkehr zwischen Sande<br />

und Harle kam am 27. September 1987.<br />

An diesem Tag verkehrte zum letzten Mal ein<br />

Tidezug auf der Strecke. Ein Jahr später wurde<br />

auch der Güterverkehr eingestellt und die<br />

Strecke stillgelegt, bald darauf wurde sie abgebaut.<br />

Den Zubringerdienst leisten heute<br />

ausschließlich Busse, die so genannten Inselhopper,<br />

die auch einen Anhänger für das Gepäck<br />

mitführen.<br />

Josef Mauerer/Ulrich Rockelmann/<br />

Martin Weltner/Georg Müller<br />

Vier Seiten nehmen<br />

die „Tidezüge“<br />

Sande – Harle mit<br />

Anschluss zu den<br />

Schiffen nach<br />

Wangerooge im<br />

Sommerkursbuch<br />

<strong>1975</strong> ein. Der Zugfahrplan<br />

verschiebt<br />

sich gemäß den<br />

variierenden Gezeiten<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

34


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Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Als „Fehmarn-Express“ setzt die <strong>Bundesbahn</strong> einen Eil- bzw. D-Zug ein, der als Leerzug von<br />

Puttgarden nach Burg kommt, dann für Reisende von Burg nach Puttgarden und weiter nach<br />

Süden fährt. Im Bild der Leerzug von Puttgarden in der Kurve nach Burg (1976) Dr. Rolf Brüning<br />

Der Betrieb auf der Vogelfluglinie (KBS 140)<br />

Vor allem<br />

Fernverkehr<br />

Seit Eröffnung der Vogelfluglinie 1963 hat die <strong>Bundesbahn</strong> den<br />

Nahverkehr auf der Strecke Lübeck – Puttgarden spürbar verringert.<br />

Die Fernreisezüge haben Vorrang. Dies und einige betriebliche<br />

Besonderheiten machen das Zugangebot des Jahres <strong>1975</strong> aus<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

Beim Blick auf die Tabelle der Kursbuchstrecke<br />

140 fallen im nördlichen<br />

Teil sofort die vielen Buskurse auf, und<br />

ebenso die Wellenlinien bei den überregionalen<br />

Zügen. Die Strecke, die einst nur lokale<br />

Bedeutung hatte, wurde Anfang bis Mitte der<br />

50er-Jahre für den Fernverkehr nach Skandinavien<br />

optimiert, zunächst zum Fährhafen<br />

Großenbrode. Damit verbunden war der Bau<br />

von Umgehungskurven bei Neustadt (Holst)<br />

und Lütjenbrode sowie eine Erhöhung der<br />

Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h. 1963<br />

wurde die Verbindung nach Puttgarden in Betrieb<br />

genommen und der Fährverkehr nach<br />

Rodby eröffnet. Burg (Fehmarn) wurde durch<br />

ein Gleisdreieck angeschlossen. Nun firmierte<br />

die Route offiziell als „Vogelfluglinie“.<br />

Im Jahr <strong>1975</strong> rollen auf der Kursbuchstrecke<br />

140 Hamburg – Lübeck – Puttgarden<br />

13 Fernreisezüge gen Norden, ein weiterer<br />

kommt ab Lübeck dazu. Star des Angebots ist<br />

– zumindest auf dem Papier – TEE 35 „Merkur“<br />

Stuttgart – Hamburg – Kopenhagen. Eine<br />

Diesellok 221 und einige wenige 1.-Klasse-Wagen<br />

genügen allerdings für das Fahrgastaufkommen.<br />

Größeren Umfang haben die meisten<br />

D-Züge, unter denen sich attraktive<br />

internationale Zugläufe versammeln. Zu ihnen<br />

zählen D 280 „Alpen-Express“ Rom – München<br />

– Hamburg – Kopenhagen, D 231 „Holland-Skandinavien-Express“<br />

Hoek van Holland<br />

– Kopenhagen, D 270 „Italia-Express“ Rom –<br />

Frankfurt (Main) – Hamburg – Kopenhagen,<br />

D 398 „Hamburg-Express“ Hamburg – Kopenhagen<br />

– Stockholm oder D 371 „Schweiz-<br />

Express“ Chur – Hamburg – Kopenhagen.<br />

Nahverkehrszüge gibt es im nennenswerten<br />

Umfang nur auf dem Streckenabschnitt zwischen<br />

Neustadt (Holst) und Lübeck – und natürlich<br />

weiter südlich bis Hamburg. Nördlich<br />

von Neustadt hat die DB den Schienenpersonennahverkehr,<br />

der 1963 noch recht umfangreich<br />

war, bis Ende der 60er-Jahre fast vollkommen<br />

eingestellt. Die Bedienung des dünn<br />

besiedelten Gebietes geschieht seitdem ausschließlich<br />

durch Busse. Neben den Fernreisezügen<br />

nach Dänemark verkehren noch einzelne<br />

Eilzüge, die Stationen wie Oldenburg,<br />

Großenbrode, Burg und auch Heiligenhafen<br />

bedienen. Interessant ist noch, dass zwischen<br />

Hamburg und Lübeck einige Eilzüge, D-Züge<br />

sowie ein DC-Zug als „Hansa-City“ laufen; sie<br />

sind damit in das IC-Zubringersystem der<br />

DCity-Züge eingebunden.<br />

Beispielzug E 3121<br />

Einer der Eilzüge auf der Vogelfluglinie ist<br />

E 3121, der Puttgarden um 06:21 Uhr verlässt<br />

und einige aufwendige „Manöver“ durchläuft.<br />

Zunächst fährt er über das Gleisdreieck Burg<br />

(Fehmarn) an, wo er „Kopf machen“ muss. Die<br />

Abfahrt geschieht um 06:32 Uhr und über die<br />

südliche Verbindung des Gleisdreiecks fährt er<br />

Eine Reihe namhafter D-Züge nimmt den Weg über<br />

die Vogelfluglinie nach Skandinavien<br />

wieder auf die Hauptstrecke. Nach einem weiteren<br />

Halt in Großenbrode befährt er bei der<br />

Abzweigung Lütjenbrode Ost erneut ein Gleisdreieck<br />

und hält dann in Lütjenbrode. Anschließend<br />

geht es zum Endbahnhof Heiligenhafen,<br />

wo der Zug nochmals die Fahrtrichtung<br />

36


Vogelfluglinie<br />

Von Rang und Namen her ist der Trans-Europ-Express „Merkur“ Mitte der 70er-Jahre der glanzvollste Zug auf der Vogelfluglinie. Im August 1976<br />

holt eine 221 in Puttgarden die Wagen des TEE 34 Kopenhagen – Hamburg – Stuttgart mithilfe eines Zwischenwagens von der Fähre Dr. Rolf Brüning<br />

wechselt. Der Aufenthalt dort dauert von 06:53<br />

Uhr bis 07:01 Uhr. Die Fahrt geht danach ein<br />

weiteres Mal südwärts nach Lütjenbrode und<br />

über den Abzweig Lütjenbrode Süd wird wieder<br />

die Hauptstrecke erreicht.<br />

Nach Bedienung der Zwischenhalte Oldenburg<br />

und Lensahn trifft der Zug in Neustadt<br />

(Holst) ein, wo sich ebenfalls ein Kopfbahnhof<br />

befindet. Doch hier gibt es kein<br />

Gleisdreieck (mehr) wie in Burg oder Lütjenbrode,<br />

da die Kurve in Richtung Norden Ende<br />

der 60er-Jahre abgebaut wurde. Deshalb muss<br />

der Zug in Neustadt (Holst) Güterbahnhof<br />

(Gbf) einen Betriebshalt einlegen und dort<br />

wenden, um nach Neustadt Personenbahnhof<br />

(Pbf) zu gelangen. Dort hat er abermals einen<br />

Wendehalt von vier Minuten und setzt<br />

dann die Fahrt nach Lübeck fort, jetzt ohne<br />

weitere Besonderheiten.<br />

E 3121 ist <strong>1975</strong> der einzige Zug, der Heiligenhafen<br />

noch bedient. Einen weiteren Eilzug<br />

(E 3075) gibt es noch nachmittags ab<br />

Puttgarden, dieser fährt aber ohne Umwege<br />

nach Hamburg mit Ausnahme von Neustadt<br />

– dieser Halt ist für einen Eilzug obligatorisch.<br />

In der Gegenrichtung verkehren ebenfalls zwei<br />

Eilzüge bis Puttgarden, aber keiner von ihnen<br />

fährt Heiligenhafen an.<br />

Beispielzug „Fehmarn-Express“<br />

Ein weiterer interessanter Zug ist E 1840 (ab<br />

Lübeck: D 1840) „Fehmarn-Express“. Ihn hat<br />

die DB speziell zur Bedienung<br />

der Ferienziele in<br />

Ostholstein eingelegt,<br />

wobei er ursprünglich<br />

in Neustadt<br />

(Holst) endete.<br />

1964 wurde er<br />

verlängert bis<br />

Puttgarden, um<br />

auch Fehmarn<br />

miteinzubeziehen<br />

(seinerzeit<br />

D 409/410), 1966<br />

gab es erstmals die<br />

Verbindung nach Burg, die aber noch als<br />

Kurswagen ausgewiesen wurde. 1968 wurde<br />

schließlich der Zuglauf bis/ab Burg geführt.<br />

Im Kursbuch vom Sommer <strong>1975</strong> verkehrt er<br />

bis Lübeck als zuschlagfreier Eilzug, ab Lübeck<br />

schließlich als D-Zug. Diese Abstufung ist damals<br />

bei vielen derartigen Zügen noch üblich<br />

und wird 1983 generell abgeschafft werden.<br />

Entgegen der üblichen Reihenfolge in der<br />

Tabelle startet der Zug in Burg (11:19 Uhr).<br />

Dazu fahren vier Wagen als Leerreisezug<br />

Lr 31840 zunächst von Puttgarden nach Burg.<br />

Nach Umfahren mit dem Triebfahrzeug startet<br />

E 1840 seinen definitiven Zuglauf und<br />

kehrt zurück nach Puttgarden. Dort wird der<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

37


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

OBEN LINKS Auszug<br />

aus einem Buchfahrplan<br />

von 1976, der<br />

fast identisch ist mit<br />

dem Fahrplan von<br />

<strong>1975</strong>: Links der<br />

Fahrplan für Ea 3840<br />

von Burg bis Puttgarden;<br />

er ist für<br />

eine 260 berechnet,<br />

diese muss aber<br />

nicht Zuglok sein.<br />

Rechts ein Auszug<br />

aus dem weiteren<br />

Fahrtverlauf bis Bad<br />

Schwartau mit einer<br />

Minute (!) Wendehalt<br />

in Neustadt Gbf<br />

Slg. Josef Mauerer (2)<br />

RECHTS Der Fernverkehr<br />

dominiert den<br />

Zugbetrieb auf der<br />

Strecke Lübeck –<br />

Puttgarden. Mit einem<br />

D-Zug am Haken<br />

rollt 221 128 im<br />

Sommer 1976 aus<br />

dem Fährbahnhof<br />

Puttgarden aus<br />

Dr. Rolf Brüning<br />

LINKS Der E/D 1840<br />

im Zugbildungsplan<br />

von <strong>1975</strong>. Ab Burg<br />

führte er vier Wagen,<br />

ab Puttgarden in der<br />

Hauptsaison bis zu<br />

elf Wagen; zwei davon<br />

waren Nahverkehrswagen<br />

Bnr, die<br />

in der verkehrsstarken<br />

Reisezeit vom<br />

16. Juli bis 31. August<br />

zum Einsatz kamen.<br />

In Lübeck wurden<br />

noch drei Wagen<br />

Kiel – Köln beigestellt.<br />

Den gastronomischen<br />

Service<br />

übernahm ein Halbspeisewagen<br />

BRbum<br />

In Neustadt (Holst) ist das gleiche Manöver<br />

durchzuführen wie bei E 3121, doch handelt<br />

es sich bei E/D 1840 nicht um einen<br />

Wendezug. In einem Buchfahrplan von 1976<br />

(fast identisch mit <strong>1975</strong>) kann der Ablauf<br />

nachverfolgt werden: In nur einer (!) Minute<br />

wird der Wendehalt in Neustadt Gbf durchgeführt!<br />

Sicher stand dafür ein Bediensteter<br />

während der Fahrt am Zugschluss bereit. Der<br />

nächste öffentliche Wendehalt in Neustadt<br />

Pbf beträgt drei Minuten. Ab Lübeck benutzt<br />

D 1840 die Strecke über Büchen nach Lüneburg,<br />

ab dort geht es elektrisch weiter. Der<br />

Laufweg des Zuges führt über Hannover nach<br />

Köln – durch die Führung über Lehrte ist in<br />

Hannover Hauptbahnhof kein Kopf machen<br />

erforderlich. Zur Entlastung des „Fehmarn-<br />

Express“ gibt es drei Stunden früher mit dem<br />

saisonalen E 1842 nach Mönchengladbach einen<br />

vergleichbaren Zug, der aber Burg nicht<br />

bedient. Im Buchfahrplanauszug von 1976<br />

sind beide Züge nebeneinander dargestellt.<br />

Mit vier Wagen bedient der „Fehmarn-Express“<br />

Burg, mit elf Wagen geht es ab Puttgarden weiter<br />

komplette Zug zusammengestellt (bis zu elf<br />

Wagen in der Hauptsaison) und tritt dann die<br />

Reise nach Köln an, nun vorbei am Gleisdreieck<br />

Burg. Eine Lösung wie bei E 3121 dürfte<br />

wegen der nicht ausreichenden Bahnsteiglänge<br />

in Burg nicht möglich gewesen sein.<br />

Die Streckensituation auf der Insel Fehmarn<br />

und im Anschluss daran Slg. Konrad Rothzoll<br />

Die weitere Entwicklung<br />

E 3121 wird im Jahr 1976 nördlich von Oldenburg<br />

eingestellt; damit endet die Bedienung<br />

von Heiligenhafen. Der „Fehrmarn-Express“<br />

fährt bis einschließlich Sommer 1983<br />

von und nach Burg. Danach wird auch dieser<br />

Halt nicht mehr bedient. Den Zug selbst<br />

gibt es als IC 2220/2221 heute noch. Neu-<br />

38


Die Entwicklung nach <strong>1975</strong><br />

LINKS E 3121 ist im<br />

Sommer <strong>1975</strong> der<br />

einzige Zug, der noch<br />

Heiligenhafen bedient.<br />

Nach der Abfahrt<br />

in Burg um<br />

06:21 Uhr macht er<br />

bis Neustadt (Holst)<br />

nicht weniger als drei<br />

Mal Kopf<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

stadt (Holst) fährt er wegen des umständlichen<br />

Manövers aber nicht mehr an. Dafür bedient<br />

er seit 2011 wieder den neu gebauten Bahnsteig<br />

in Fehmarn-Burg, jedoch nicht Puttgarden.<br />

Bis einschließlich Sommerfahrplan 1992<br />

fuhr der Zug (damals als „Fern-Express“ – FD)<br />

über die KBS 145 Lüneburg – Büchen – Lü-<br />

beck, seitdem ist auch diese Strecke ohne Fernverkehr.<br />

Stichwort Fernverkehr: Dieser zeigt nicht<br />

mehr die Bandbreite von einst. Der Trans-<br />

Europ-Express „Merkur“ wurde 1978 zum Intercity<br />

mit 1. und 2. Klasse. Ab 1987 fuhren<br />

er und andere Züge als EuroCity, die 1991<br />

weitgehend vertaktet wurden. Die D-Züge<br />

und lokbespannten EuroCitys verschwanden<br />

bis Juni 1997; mit den ICE/EC-Zügen Hamburg<br />

– Kopenhagen (– Berlin) gibt es heute<br />

eine vertaktete Verbindung Deutschland –<br />

Dänemark, die aus fünf bis sechs Zugpaaren<br />

am Tag besteht. Josef Mauerer/GM<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

39


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Schienenbusse tragen <strong>1975</strong> die Hauptlast des Zugverkehrs Passau – Freyung. Eine Garnitur aus Triebwagen 798<br />

und Beiwagen 998 trifft in Waldkirchen ein<br />

Jürgen A. Bock<br />

Die Nebenbahn Passau – Freyung (KBS 877)<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

Tief in den Wald hinein ...<br />

Von Passau mit der Bahn ins 50 Kilometer entfernte Freyung – das klingt schon nach Urlaub im<br />

Bayerischen Wald. <strong>1975</strong> wurde diese als Ilztalbahn bekannte Strecke von der DB mit Reiseund<br />

Güterzügen bedient. Wobei Reisezug meist einen Schienenbus meinte, aber nicht nur ...<br />

Die große Zeit der Nebenbahn von Passau<br />

über Kalteneck und Waldkirchen<br />

in den Bayerischen Wald nach Freyung<br />

war <strong>1975</strong> bereits vorüber. Die DB hatte den<br />

Personenverkehr auf der Verbindungsbahn<br />

von Kalteneck nach Deggendorf und auf der<br />

Stichstrecke von Waldkirchen nach Handmühle<br />

bereits eingestellt. Auch Dampfloks<br />

waren dort Geschichte: Keine Passauer 64<br />

oder 86 dampfte mehr ins 636 Meter über<br />

dem Meeresspiegel gelegene Freyung, den zugleich<br />

höchsten Punkt der Strecke.<br />

Fünf Zugpaare im Einsatz<br />

Aber immerhin: Die im Kursbuch unter der<br />

Nummer 877 geführte Verbindung hatte die<br />

bisherigen Stilllegungswellen bei der <strong>Bundesbahn</strong><br />

überstanden. Der Bahnbus trug inzwischen<br />

die Hauptlast des Verkehrs, an Sonnund<br />

Feiertagen sogar ausschließlich. Andererseits<br />

gab es im Sommer <strong>1975</strong> montags bis freitags<br />

noch fünf werktägliche Zugpaare, samstags<br />

deren drei – wenngleich nicht alle auf der<br />

gesamten Strecke. Im Vergleich zu manch an-<br />

40


Nebenbahn Passau – Freyung<br />

Das Kontrastprogramm: Eine 212 und eine gemischte Wagengarnitur bilden den nachmittäglichen Zug 7410. Auf dem Weg<br />

von Passau nach Freyung erreicht er soeben Waldkirchen<br />

Jürgen A. Bock<br />

derer Nebenbahn im <strong>Bundesbahn</strong>-Netz war<br />

das aber noch ein halbwegs gutes Angebot.<br />

Wie sah die Bedienung der Strecke seinerzeit<br />

aus? Überwiegend dieselten Schienenbusse<br />

der Baureihe 798 mit Beiwagen 998 durch<br />

das malerische Ilztal; daneben gab es aber auch<br />

das Reisezugpaar 7403/7410, geführt von einer<br />

212-Diesellok und auf der gesamten Strecke<br />

unterwegs. Fast anderthalb Stunden<br />

brauchte die V 100 für die exakt 49,5 Kilometer<br />

nach Freyung, neun reguläre Halte und<br />

ein Bedarfshalt inbegriffen. Neben dem Zugpaar<br />

7403/7410 erreichten zwei weitere, aus<br />

Schienenbussen zusammengestellte Zugpaare<br />

den Endbahnhof Freyung. Die beiden Zugpaare,<br />

die in den Morgenstunden bzw. vormittags<br />

verkehrten, beschränkten die Fahrt<br />

dagegen auf den Abschnitt zwischen Passau<br />

Das Zugangebot Passau – Freyung im Sommer <strong>1975</strong><br />

Fast eineinhalb Stunden war die 212-Diesellok auf<br />

den 49,5 Kilometern nach Freyung unterwegs<br />

und Waldkirchen, den bedeutendsten Zwischenbahnhof<br />

der Ilztalbahn; sie waren vorrangig<br />

auf den Schüler- und Berufsverkehr<br />

ausgerichtet.<br />

Der einst recht rege Güterverkehr war<br />

schon deutlich zurückgegangen. Hauptkunden<br />

waren eine Zahnradfabrik unweit von Passau,<br />

die Bundeswehr in Freyung sowie der<br />

Wohnwagenhersteller Knaus in Jandelsbrunn<br />

an der Zweigstrecke nach Haidmühle.<br />

Die weitere Entwicklung<br />

Mit der Einführung der Alpen-See-Express-<br />

Ferienzüge wurde die Nebenbahn vom Sommer<br />

1979 an kurzzeitig noch einmal aufgewertet.<br />

Ein ehemaliger TEE-Triebzug der<br />

Baureihe 601 verkehrte planmäßig von Dortmund<br />

bis nach Freyung. Schon im Folgejahr<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

war damit Schluss, und am 30. April 1982,<br />

noch vor Beginn des Sommerfahrplans, wurde<br />

der Reisezugverkehr auf der Ilztalbahn eingestellt.<br />

Als im Jahre 2001 auch der Güterverkehr<br />

zwischen Passau und Freyung eingestellt wurde<br />

und das Augusthochwasser 2002 die Strecke<br />

an mehreren Stellen beschädigte, schien<br />

das Schicksal der Ilztalbahn besiegelt. Wie vielerorts<br />

sollten die Gleise entfernt werden. Anliegergemeinden<br />

planten, auf der Trasse einen<br />

Radweg zu errichten. Doch sie trafen auf<br />

Widerstand: Engagierte Eisenbahnfreunde<br />

kämpften um den Erhalt der Strecke und setzten<br />

sich für eine Wiederaufnahme des Zugverkehrs<br />

in saisonaler Form ein. Mit Erfolg:<br />

Seit Juli 2011 wird die Gesamtstrecke durch<br />

die Ilztalbahn GmbH an Wochenenden von<br />

Reisezügen befahren – planmäßig von einem<br />

angemieteten RegioShuttle, gelegentlich aber<br />

auch von einem Schienenbus der Passauer Eisenbahnfreunde,<br />

sozusagen auf den Spuren<br />

der roten Brummer einstmals bei der <strong>Bundesbahn</strong>.<br />

Martin Weltner/GM<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 41


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Der Betrieb auf der Nord-Süd-Strecke (KBS 250)<br />

Vielfalt garantiert<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

Sie ist eine der großen Verkehrsadern der <strong>Bundesbahn</strong>. Über die Nord-Süd-<br />

Strecke Hannover – Göttingen – Bebra/– Kassel rollen die Fernzüge Richtung<br />

Frankfurt und Würzburg. Im Sommer <strong>1975</strong> hat das Angebot kaum an Reichhaltigkeit<br />

eingebüßt, selbst wenn sich einige Negativtrends zeigen<br />

42


Nord-Süd-Strecke<br />

OBEN Eine beeindruckende<br />

Dichte an<br />

Nachtzügen ist auf<br />

der Strecke Kassel –/<br />

Bebra – Hannover versammelt.<br />

Der Auszug<br />

zeigt den Zug verkehr<br />

in den Morgenstunden<br />

in Süd-Nord-Richtung<br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

LINKS Nahezu rund<br />

um die Uhr rollen die<br />

Züge auf der Nord-Süd-<br />

Strecke Hannover –<br />

Kassel/– Bebra. Die<br />

Intercity- und TEE-<br />

Züge mit der Ellok-<br />

Baureihe 103 gehören<br />

dabei zum Besten, was<br />

die <strong>Bundesbahn</strong> zu bieten<br />

hat (Foto auf der<br />

Brücke in Oberrieden)<br />

Wolf-Dietmar Loos<br />

Keine Frage, in der Liste der <strong>Bundesbahn</strong>-Magistralen<br />

hat die Strecke Hannover<br />

– Göttingen – Bebra/– Kassel ihren<br />

sicheren Platz. Das Verkehrsaufkommen<br />

ist stattlich, das zeigt auch das Kursbuch: Die<br />

Fahrplantabellen nehmen sage und schreibe<br />

14 Seiten ein, sieben für die Nord-Süd-, sieben<br />

für die Gegenrichtung. Dagegen täuscht<br />

die Nummerierung etwas über die Bedeutung<br />

hinweg. Die Nord-Süd-Strecke ist zwischen<br />

Hannover und Bebra als Kursbuchstrecke<br />

(KBS) 250 geführt, dabei stünde ihr durchaus<br />

eine „glatte 100er-Nummer“ zu. Bei der Tabellenneuordnung<br />

von 1972 konnte jedoch<br />

für diesen Abschnitt kein voller 100er-Block<br />

berücksichtigt werden, da die Nummern 200<br />

und 300 wohl auch aufgrund der geographischen<br />

Zuordnung besser zu den dann verwendeten<br />

Strecken passten (200: Hannover –<br />

Hamm; 300: Köln –Hamm). Ihre Fortsetzung<br />

findet die KBS 250 südlich von Bebra in den<br />

Nummern 500 (Kassel – Frankfurt/– Gemünden)<br />

und 800 (Frankfurt – Nürnberg). In<br />

der Anschlussspalte der Fahrplantabellen sind<br />

die wichtigsten Zielorte schon dargestellt, so<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 43


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

dass man auch hier erkennen kann, wann die<br />

Züge (oder Anschlusszüge) in Frankfurt,<br />

München oder Basel ankommen.<br />

LINKS OBEN Zwei der<br />

vier IC-Linien laufen<br />

über die KBS 250 (IC-<br />

Durchfahrt im Bahnhof<br />

Friedland). Hohe<br />

Geschwindigkeiten erreichen<br />

die Fernzüge<br />

dabei kaum, deshalb<br />

baut die <strong>Bundesbahn</strong><br />

an einer neuen Strecke.<br />

Diese geht aber<br />

erst ab den späten<br />

80er-Jahren in Betrieb<br />

Wolf-Dietmar Loos<br />

LINKS MITTE Als „rotblauen“<br />

Zug muss<br />

man sich den „Komet“<br />

vorstellen gemäß der<br />

<strong>1975</strong> üb lichen Farbgebung<br />

der Schlaf- und<br />

Liegewagen (Auszug<br />

aus dem Zugbildungsplan).<br />

Zum Autotransport<br />

führt der Zug<br />

noch einen gedeckten<br />

Autotransportwagen<br />

MDDm nach Chiasso.<br />

Einen solchen besitzt<br />

er seit der Anfangszeit<br />

1958; <strong>1975</strong> ist dies<br />

schon eine exo tische<br />

Erscheinung<br />

Slg. Josef Mauerer<br />

Nachtzüge nach Mitternacht<br />

Konkret zur KBS 250: Auf der ersten Seite fällt<br />

gleich das umfangreiche Nachtzugangebot<br />

auf. Dabei handelt es sich noch nicht einmal<br />

um die gesamte Palette, sondern „nur“ um die<br />

Nachtzüge, die Hannover nach 0 Uhr verlassen.<br />

Die Betriebsamkeit ist nichtsdestotrotz<br />

beachtlich. Zunächst fährt um 00:05 Uhr<br />

D 471 „Komet“ ab. Der Zugname ist Kennern<br />

ein Begriff, kam dieser Zug doch erstmals<br />

1954 als Glieder-Triebzug zwischen Hamburg<br />

und Basel – Zürich ins Laufen. Dieser Triebzug<br />

wurde 1958 aus dem Verkehr gezogen, geblieben<br />

ist bis in die 70er-Jahre der Status als<br />

reiner Schlaf- und Liegewagenzug. Da hier<br />

ständiges Ein- und Aussteigen unerwünscht<br />

ist, bedient der Zug auch nur wenig Zwischenhalte,<br />

selbst in der Universitätsstadt Göttingen<br />

fährt er durch. Der nächste Halt ist um<br />

03:26 Uhr in Frankfurt Süd, in der Anschlussspalte<br />

noch erkennbar.<br />

Neun Minuten später, um 00:14 Uhr, fährt<br />

in Hannover Hbf D 281 „Alpen-Express“ ab.<br />

Er hat den Zuglauf Kopenhagen – Rom; dieser<br />

entstand 1952 bis 1954 durch Zusammenschluss<br />

eines Nachtzuges München –<br />

Hamburg und eines Tageszuges München –<br />

Rom. Zwischen Kopenhagen und Rom laufen<br />

Sieben Züge in 40 Minuten: Das ist das Nachtzug -<br />

angebot nach 00:00 Uhr in Hannover Hbf<br />

<strong>1975</strong> noch zwei Wagen sowie weitere ein bis<br />

zwei ab Puttgarden. Ansonsten ist es eine<br />

Nachtverbindung Hamburg – München, aus<br />

der 1981 ein reiner Schlaf- und Liegewagenzug<br />

Hamburg – München ähnlich dem „Komet“<br />

wird. Der „Alpen-Express“ verkehrt ab<br />

1981 nur noch zwischen München und Rom.<br />

Der Flugverkehr beginnt diesen langen Relationen<br />

seinerzeit den Rang abzulaufen.<br />

Nach weiteren sechs Minuten, um 00:20<br />

Uhr, macht sich D 599 Kiel – Lindau in Hannover<br />

Hbf auf den Weg. Bis Barnten kennzeichnet<br />

ihn eine Wellenlinie, die besagt, dass<br />

der Zug über eine andere Strecke fährt. In der<br />

Anschlussspalte von Nordstemmen sieht man<br />

es auch gleich: Der Zug fährt von Hannover<br />

nach Hildesheim und kommt in Nordstemmen<br />

auf die Nord-Süd-Strecke. Die Fortsetzung<br />

folgt einige Spalten weiter rechts, weil der<br />

Umweg einen gewissen Zeitverlust verursacht.<br />

Ab Eichenberg nimmt der Zug schließlich den<br />

Weg nach Kassel, von wo er über die Main-<br />

Weser-Bahn via Marburg und Gießen nach<br />

Frankfurt fährt. Der weitere Weg führt über<br />

Heidelberg – Stuttgart – Ulm nach Lindau.<br />

Nochmals zwölf Minuten später, um 00:32<br />

Uhr, folgt D 597, damals noch eine Nachtverbindung<br />

Hamburg – Stuttgart über Würzburg.<br />

Um 00:36 Uhr schließt sich D 1685 von Norddeich<br />

nach München an. Die vierstellige Zugnummer<br />

sagt: Er verkehrt nur saisonal; die Wellenlinie<br />

links weist auf eine Verkehrszeitund/oder<br />

Verkehrstagebeschränkung hin und der<br />

Buchstabe „N“ erläutert diese. Auch D 1685<br />

nimmt – wie D 599 – den Weg über Hildesheim.<br />

Um 00:39 Uhr nimmt auch D 473 den<br />

Weg nach Süden, eine weitere Verbindung<br />

Hamburg – Basel. Wenn die Zeiger bei 00:44<br />

Uhr stehen, verlässt D 1485 „Tirol-Express“<br />

von Kopenhagen nach Innsbruck Hannover<br />

Hbf. Dieser Zug verkehrt während der gesamten<br />

Sommerfahrplanperiode täglich, nicht<br />

aber im Winterfahrplan. Deshalb hat er ebenfalls<br />

eine vierstellige Zugnummer; sonst sind<br />

keine Einschränkungen dargestellt, da es ja für<br />

die Winterfahrplanperiode eine eigene Kursbuchausgabe<br />

gibt.<br />

Die frühen Morgenstunden ...<br />

Damit findet die große Betriebsamkeit nach<br />

Mitternacht langsam ihr Ende. Es gibt eine<br />

größere „Pause“ bis 01:26 Uhr, wenn D 299<br />

„Kärnten-Express“ in Hannover abfährt. Bei<br />

dem Zug handelt es sich um eine weitere<br />

Standard-Nachtverbindung zwischen Hamburg<br />

und München; nur in der Sommerfahrplanperiode<br />

verkehrt er bis Klagenfurt. Nach<br />

weiteren 46 Minuten, um 02:12 Uhr, rollt<br />

D 677 Wilhelmshaven – Frankfurt aus, dessen<br />

Laufweg eine eher kurze Strecke für einen<br />

Nachtzug darstellt. Bei diesem Zug gibt es<br />

auch keine Schlafwagen, nur einen Liegewagen,<br />

der bereits von Westerland kommt.<br />

Kurz nach D 677 kann man noch D 575<br />

sehen, der um 02:23 Uhr ausfährt und den<br />

Laufweg Westerland – Hamburg – Basel hat;<br />

er ist bereits die dritte Nachtverbindung zwischen<br />

Hamburg und Basel. Zwischen Westerland<br />

und Hamburg verkehrt er saisoniert. Der<br />

Zug ist bis Kassel mit einer Wellenlinie dargestellt,<br />

denn er nimmt die als Entlastung für<br />

die Nord-Süd-Strecke dienende Route über<br />

Hameln – Altenbeken – Warburg.<br />

D 575 hat eine interessante Geschichte:<br />

Schon 1949 verkehrte er als D 476/475 mit<br />

dem Zuglauf Kiel – Frankfurt, noch über Bebra.<br />

1951 hatte er den Zuglauf Hamburg –<br />

Basel, ab 1954 fuhr er saisonal ab Westerland.<br />

Vor der Elektrifizierung der Nord-Süd-Strecke<br />

im Jahr 1963/64 verkehrte er dort als D 476<br />

bis Göttingen und nahm anschließend den<br />

44


Nachtzüge und Nahverkehr<br />

Gegenüber dem dichten Fernverkehr spielen der Güter- und der Nahverkehr nur eine nachgeordnete Rolle. Eine 141 rollt mit ihrem Nahverkehrszug<br />

Richtung Göttingen in den Bahnhof Friedland ein<br />

Wolf-Dietmar Loos<br />

Weg über Dransfeld nach Hannoversch Münden<br />

und weiter nach Kassel. Diese Route wurde<br />

damals nur in Nord-Süd-Richtung genutzt;<br />

der Gegenzug D 475 fuhr deshalb über Eichenberg<br />

(KBS 1959).<br />

Erst 1972 hat man ihn und ein weiteres Tageszugpaar,<br />

D 579/578, zur Entlastung der<br />

Nord-Süd-Strecke auf die Route über Altenbeken<br />

verlegt und dort verbleibt er bis 1982.<br />

Auf dieser Route legt er nur in Hameln einen<br />

Verkehrshalt ein. Altenbeken wird ohnehin<br />

auf der 1958 dort gebauten Kurve umfahren<br />

und auch in Warburg hält er nicht.<br />

Danach gibt es keine weiteren Nachtzüge<br />

mehr, nun haben die Güterzüge sprichwörtlich<br />

„freie Bahn“. Doch ist das noch nicht alles;<br />

weitere Nachtzüge fahren vor 24 Uhr/0<br />

Uhr ab Hannover, dazu später mehr.<br />

Nahverkehrs- und Eilzüge<br />

Nahverkehrszüge finden sich ab 5 Uhr schwerpunktmäßig<br />

auf dem dichter besiedelten Abschnitt<br />

Eichenberg – Hannoversch Münden –<br />

Kassel. Bemerkenswert ist an dem um 05:05<br />

Uhr ab Eichenberg fahrenden N 5501, dass er<br />

um diese Zeit auch sonntags verkehrt; damals<br />

nicht der übliche Standard.<br />

Zwischen Hannover und Nordstemmen<br />

gibt es den Hinweis „Gesamtverkehr siehe<br />

240“. Auf der KBS 250 sind also nur die Nahverkehrszüge<br />

dargestellt, die über Nordstemmen<br />

hinaus fahren. Um 05:25 Uhr fährt werktags<br />

der erste Nahverkehrszug ab Hannover<br />

(N 5541) in Richtung Göttingen. Das Besondere<br />

ist hier, dass er zwischen Elze und<br />

Göttingen als Eilzug unterwegs ist, im Kursbuch<br />

erkennbar an der fetten Schrift und dem<br />

Hinweis in der Fußnote [9]. Das gleiche gilt<br />

für N 5361 (06:45 Uhr ab Hannover mit längerem<br />

Aufenthalt in Nordstemmen, wo er von<br />

IC 173 und D 571 überholt wird) und für alle<br />

weiteren Nahverkehrszüge auf diesem Streckenabschnitt.<br />

Das erstaunt zunächst, weil die<br />

Züge doch überall halten! Wieso die Einstufung<br />

als „Eilzug“? Die Erklärung dafür liegt in<br />

der Anordnung der Haltestellenabstände.<br />

Zwischen Hannover und Elze findet sich alle<br />

drei bis sechs Kilometer ein Halt (= durchschnittlich<br />

alle vier Kilometer), ab Elze betragen<br />

die Haltestellenabstände fast immer zehn<br />

Kilometer. Grund genug für die <strong>Bundesbahn</strong>direktion<br />

Hannover, diese Züge deshalb<br />

als Eilzüge einzustufen. Bis 1974/75 trugen<br />

diese Züge übrigens auf dem gesamten Laufweg<br />

die Bezeichnung „Nahschnellverkehrszug“,<br />

doch wird dieser Zugtyp <strong>1975</strong> generell<br />

abgeschafft.<br />

Ab Kreiensen finden sich in der Tabelle Eilzüge,<br />

die von Braunschweig (über Seesen)<br />

kommen und dann nach Göttingen, Kassel<br />

oder noch weiter fahren. Interessant ist hierbei<br />

E 2079, der Braunschweig laut Kursbuch<br />

(Anschlussspalte) um 06:17 Uhr verlassen hat.<br />

Er befährt dabei die KBS 235 (Wolfsburg –)<br />

Braunschweig – Kreiensen und in dieser Tabelle<br />

kann man ersehen, dass der Zug in Kreiensen<br />

um 07:14 Uhr ankommt. Vier Minuten<br />

Aufenthalt sind für einen Lokwechsel zu kurz,<br />

deshalb dürfte dieser – wenn überhaupt – in<br />

Göttingen stattgefunden haben. Der Zug<br />

fährt über die Main-Weser-Bahn weiter nach<br />

Frankfurt und beim „Kopf machen“ in Kassel<br />

Hbf ist auf jeden Fall ein (weiterer) Lokwechsel<br />

erforderlich.<br />

In Göttingen wird E 2079 überholt von<br />

IC 173 „Mercator“. Der Eilzug stellt sowohl<br />

zu diesem als auch von diesem einen Anschluss<br />

her; aufgrund letzterem trägt er zwischen Göttingen<br />

und Kassel die Bezeichnung „Kurhessen-City“.<br />

Diese Bezeichnung resultiert aus<br />

dem 1973 eingeführten City-D-Zug-System,<br />

bei dem neben ergänzenden DC-Zügen bereits<br />

bestehende D-Züge und Eilzüge auf kürzeren<br />

IC-Anschlussstrecken regional orientierte<br />

Bezeichnungen mit dem Zusatz „City“<br />

bekommen haben. Der Name „Kurhessen-<br />

City“ taucht deshalb noch mehrmals bei Eilzügen<br />

zwischen Göttingen und Kassel auf, so<br />

um 12:14 Uhr (E 3087) und 14:15 Uhr<br />

(E 2071), aber seltsamerweise nicht bei<br />

E 3081 um 20:14 Uhr, wo noch ein Anschluss<br />

aus IC 191 „Sachsenross“ hergestellt wird.<br />

Man kann diese Bezeichnungen lächerlich finden<br />

oder auch nicht – 1978 wird jedenfalls damit<br />

wieder „aufgeräumt“.<br />

Auswirkungen des „Sparfahrplans“<br />

Und noch ein weiterer Aspekt der aktuellen<br />

DB-Entwicklung schlägt sich im Zugangebot<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

45


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Kurzer Zug, eingeschränkte Verkehrszeit: Der DCity 942 „Schwälmerland“ steht symptomatisch<br />

für den langsamen Niedergang des als Intercity-Zubringer gedachten DCity-Systems. Wenige<br />

Jahre später wird die <strong>Bundesbahn</strong> ganz auf die Zuggattung verzichten Slg. Josef Mauerer<br />

der Nord-Süd-Strecke im Sommer <strong>1975</strong> nieder:<br />

der „Sparfahrplan“. E 3087/E 942 bieten<br />

gleich ein Beispiel dafür. Bis 1974/75 verkehrte<br />

im Anschluss an IC 175 „Otto Hahn“<br />

um 12:14 Uhr ab Göttingen DC 942 „Werraland“<br />

mit dem Zuglauf Göttingen – Siegen<br />

– Köln, und zwar jeweils montags bis freitags.<br />

<strong>1975</strong> hat die <strong>Bundesbahn</strong> die Verkehrstage<br />

(bedarfsgerecht) reduziert auf den Freitag; zudem<br />

ist DC 942 zwischen Göttingen und Kassel<br />

abgestuft zum Eilzug, damit er auf diesem<br />

Abschnitt auch mit Fahrkarten ohne D-Zug-<br />

Zuschlag benutzt werden kann (dieser Zuschlag<br />

ist damals noch erforderlich bei D-Zug-<br />

Fahrten bis 50 Kilometer Entfernung sowie<br />

bei bestimmten Zeitkarten). Ergänzend dazu<br />

hat die DB montags bis donnerstags E 3087<br />

eingelegt, damit zumindest bis Kassel die Bedienung<br />

Montag bis Freitag erhalten bleibt.<br />

Eine weitere DC-Verbindung verkehrt um<br />

18:27 Uhr ab Göttingen mit E 944 „Schwälmerland“<br />

nach Köln. Diese ist zwar noch für<br />

Montag bis Freitag erhalten, aber auch hier<br />

findet sich die Abstufung zum Eilzug, obwohl<br />

der Zug in Hannoversch Münden nicht hält.<br />

Darin zeigt sich auch der mittlerweile begonnene<br />

Niedergang des DC-Systems; bis 1978<br />

wird es wieder verschwunden sein.<br />

Auch als Triebwagen geführte Eilzüge (mit<br />

entsprechendem Symbol) erreichen von<br />

Braunschweig aus öfter Göttingen, zum Beispiel<br />

E 3061 um 08:08 Uhr, E 3065 um 12:02<br />

Uhr oder auch E 3075 um 17:23 Uhr. Alle<br />

diese Züge verkehren über Bad Harzburg –<br />

Seesen nach Kreiensen und benutzen dann die<br />

46


Betrieb auf der Nord-Süd-Strecke<br />

LINKS Drei Mal 103 in<br />

Hannover Hbf, drei<br />

verschiedene Züge,<br />

aber alle fahren über<br />

die KBS 250: Im Juni<br />

1976 stehen 103 109<br />

mit der „Füllleistung“<br />

E 2077 nach Frankfurt,<br />

103 215 mit<br />

IC 175 „Otto Hahn“<br />

nach Basel und<br />

103 207 mit IC 185<br />

„Nordwind“ nach<br />

München bereit<br />

Dietrich Bothe<br />

RECHTS OBEN Pause im<br />

Bahnbetriebswerk<br />

Northeim für Kleinlok<br />

311 229 und<br />

Diesellok 216 161<br />

(September <strong>1975</strong>)<br />

Jürgen A. Bock<br />

RECHTS UNTEN Ein<br />

Elektrotriebzug der<br />

Baureihe 403 und<br />

sonntags eine Lok-<br />

Wagen-Garnitur sind<br />

die Fahrzeuge für<br />

IC 189 „Hermes“ auf<br />

der IC-Linie 4 München<br />

– Bremen<br />

Slg. Josef Mauerer<br />

Nord-Süd-Strecke bis Göttingen. E 3075 hat<br />

bereits in Helmstedt seinen Ausgangspunkt.<br />

Die Intercity-Züge<br />

Große Bedeutung hat die Nord-Süd-Strecke<br />

für den IC-Verkehr, verlaufen zwischen Hannover<br />

und Flieden doch gleich zwei der insgesamt<br />

vier Linien: IC-Züge der Linien 3 und<br />

4 fahren alle zwei Stunden in jeweils zeitlich<br />

nahem Abstand zueinander, da in Hannover<br />

untereinander Systemanschlüsse bestehen. Die<br />

Züge der Linie 3 haben den Laufweg Hamburg<br />

– Basel und halten auf dem Abschnitt der<br />

KBS 250 in Hannover, Göttingen und dann<br />

erst wieder in Fulda; in Bebra fahren sie durch.<br />

Die Züge der Linie 4 wiederum fahren von<br />

Bremen nach München; sie machen nach<br />

Hannover in Göttingen und Bebra Station,<br />

haben aber keinen Halt in Fulda.<br />

Doch keine Regel ohne Ausnahme: IC 173<br />

„Mercator“, Hannover ab 07:00 Uhr, hat den<br />

Zuglauf Bremen – Basel, dafür hat der rund<br />

eine halbe Stunde später verkehrende IC 183<br />

„Riemenschneider“ den Zuglauf Hamburg –<br />

München. Aufgrund des größeren zeitlichen<br />

Abstandes gibt es hier auch keinen Systemanschluss<br />

in Hannover.<br />

Zwei Stunden später wird die Systematik<br />

gleich wieder durchbrochen: Der in das IC-<br />

System integrierte TEE 75 „Roland“ hat den<br />

Zuglauf Bremen – Basel – Milano, während<br />

TEE 91 „Blauer Enzian“ (seit jeher) von Hamburg<br />

nach München und dann weiter nach<br />

Klagenfurt fährt. Vormittags dominieren also<br />

schon die Direktverbindungen Hamburg –<br />

München, erst ab 11 Uhr wird die Liniensystematik<br />

eingehalten.<br />

Wichtig für den Fernverkehr: Zwei der vier Intercity-<br />

Linien laufen über die Nord-Süd-Strecke<br />

Ansonsten fällt auf: Bei den IC-Zügen der<br />

Linie 4 fehlt ab 11 Uhr das Symbol für Zugpostfunk<br />

und Schreibabteil, während es bei<br />

den Zügen der Linie 3 überall geführt wird<br />

mit Ausnahme der Tagesrandverbindung IC<br />

191 „Sachsenross“. Das ist wohl auch ein Indiz<br />

für die schwache Auslastung der IC-Züge<br />

der Linie 4, wo 1976 erstmals die 2. Klasse bei<br />

IC-Zügen eingeführt werden wird. Dazu ist zu<br />

bemerken, dass <strong>1975</strong> IC 185 „Nordwind“<br />

(Hannover ab 11:18 Uhr) mit einem Dieseltriebzug<br />

601 geführt wird, während IC 187<br />

„Albrecht Dürer“ (Hannover ab 15:16 Uhr)<br />

und IC 189 „Hermes“ (Hannover ab 17:27<br />

Uhr) mit den neuen Elektrotriebzügen 403<br />

verkehren. Bei IC 191 handelt es sich übrigens<br />

auch um einen 601. Schon 1972 hat man auf<br />

der KBS 250 bei den TEE- und IC-Zügen auf<br />

das Triebwagensymbol verzichtet, während es<br />

auf anderen Strecken auch <strong>1975</strong> bei den mit<br />

601 geführten Zügen teilweise noch zu finden<br />

ist. Bei den mit 403ern laufenden IC-Zügen<br />

kam das Triebwagensymbol nie zur Anwendung.<br />

Intern werden sie gleichwohl als „ICt“<br />

bezeichnet (siehe Auszug aus dem Zugbildungsplan).<br />

Insgesamt verkehren auf der Nord-Süd-<br />

Strecke im erwähnten Sommerfahrplan vier<br />

TEE- und neun IC-Züge, davon zwei plus<br />

fünf auf der Linie 3 sowie zwei plus vier auf der<br />

Linie 4.<br />

Bemerkenswerte Tageszüge<br />

Neben dem vertakteten Fernverkehr enthält<br />

der Sommerfahrplan der KBS 250 noch eine<br />

Reihe von D-Zügen und Eilzügen, von denen<br />

einige durchaus bemerkenswert sind. Beispielsweise<br />

verkehren tagsüber:<br />

D 371 „Schweiz-Express“ mit dem Laufweg<br />

Kopenhagen – Chur, Hannover Hbf ab<br />

07:58 Uhr, nächster Halt Kassel Hbf an 09:41<br />

Uhr. Der Zug ging 1960 aus dem „Basel-Express“<br />

hervor und führt unter anderem <strong>1975</strong><br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

47


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Der „Hispania-Express“ ist <strong>1975</strong> einer der großen Fernzüge im <strong>Bundesbahn</strong>-Zugsortiment.<br />

Auch wenn, genau genommen, nur zwei der zwölf Wagen den gesamten Laufweg von Hamburg<br />

nach Port Bou mitmachen<br />

Slg. Josef Mauerer<br />

noch durchlaufende Wagen Kopenhagen –<br />

Milano sowie Schlaf- und Liegewagen Kopenhagen<br />

– Frankfurt. Die entsprechenden<br />

Symbole sind in der Tabelle nicht dargestellt,<br />

weil eine Benutzung auf diesem Abschnitt<br />

nicht mehr in Frage kommt. An Samstagen<br />

gibt es einen saisonalen Entlastungszug D<br />

1371 zwischen Hannover und Karlsruhe, der<br />

ebenfalls in Göttingen durchfährt. Ab 1979<br />

fährt das Zugpaar D 370/371 nur noch<br />

von/nach Konstanz und verliert seine internationale<br />

Transitfunktion.<br />

D 1683 Hamburg – Berchtesgaden, Hannover<br />

Hbf ab 10:06 Uhr, Würzburg Hbf (!) an<br />

13:37 Uhr: Dieser durchgehende Zuglauf entstand<br />

1965 durch Zusammenschluss des damaligen<br />

D 84/83 mit D 13/10 in München.<br />

1983 wird daraus der „Fernexpress“ (FD) 781/<br />

780 „Königssee“ und als IC 2083/2082 gibt es<br />

diese Verbindung noch heute!<br />

D 377 „Hispania-Express“ mit dem Zuglauf<br />

Hamburg – Genf – Lyon – Port Bou an<br />

der spanischen Grenze (mit Anschluss nach<br />

Barcelona, der gleich im Zuglauf mit erwähnt<br />

wird); er fährt in Hannover Hbf um 10:28<br />

Uhr ab, hält in Göttingen (11:24 Uhr/11:26<br />

Uhr) und dann erst wieder in Frankfurt<br />

(Main) Hbf (an 13:51 Uhr). Der Langlauf<br />

nach Port Bou besteht nur aus einem D-Zug-<br />

Wagen 1./2. Klasse (Gattung ABm), der saisonal<br />

durch einen Wagen 2. Klasse (Bm) ergänzt<br />

wird.<br />

E 2071; dies ist ein klassischer „Hecken -<br />

eilzug“ mit dem Laufweg Westerland (S) – Luxembourg<br />

über Kassel – Gießen – Koblenz.<br />

Der Zug hat Westerland um 06:55 Uhr verlassen,<br />

fährt in Hannover um 12:41 Uhr ab<br />

und erreicht nach zehn Zwischenhalten Kassel<br />

Hbf um 15:14 Uhr. In Luxembourg trifft<br />

er um 22:02 Uhr ein. Das entspricht einer<br />

Fahrzeit von 15 Stunden auf exakt 1.011 Kilometern<br />

Laufweg und einer Reisegeschwindigkeit<br />

von 67 km/h.<br />

D 271 „Italia-Express“ Kopenhagen –<br />

Frankfurt (Main) – Rom, Hannover Hbf ab<br />

17:58 Uhr, Zwischenhalt in Göttingen<br />

(18:58/19:00 Uhr), Ankunft in Fulda um<br />

20:29 Uhr. Seit 1947 ist das eine bedeutende<br />

Verbindung Skandinavien – Italien. <strong>1975</strong> führt<br />

der Zug unter anderem noch einen Schlafwagen<br />

Stockholm – Mailand und einen Liegewagen<br />

Puttgarden – Ventimiglia. Doch seine<br />

große Zeit hat er bereits hinter sich; 1977 wird<br />

man ihn nördlich von Hamburg einstellen.<br />

D 591 „Konsul“ Kiel – Stuttgart, Hannover<br />

Hbf ab 18:34 Uhr, Frankfurt (Main)<br />

Hbf an 21:52 Uhr (!). Das ist damals die<br />

schnellste Verbindung zwischen Kiel/Hamburg<br />

und Stuttgart mit einer Reisezeit von<br />

rund sieben Stunden zwischen Hamburg und<br />

Stuttgart. Bemerkenswert ist, dass er zwischen<br />

Hannover und Frankfurt nicht hält.<br />

Die Verbindungen Hamburg – Stuttgart über<br />

Würzburg (Beispiel D 593, um 9:40 Uhr ab<br />

Hannover Hbf) brauchen rund acht Stunden,<br />

bedienen aber auch mehr Halte.<br />

D 671 „Senator“; dies ist eine schnelle Tagesrandverbindung<br />

Bremerhaven – Wiesbaden<br />

über Frankfurt, Hannover Hbf ab 18:38 Uhr,<br />

Zwischenstopp in Göttingen (19:36/19:38<br />

Uhr), Kassel Hbf an 20:25 Uhr. Der „Senator“<br />

war einst „Versuchszug“ für den erfolglosen Tages-Gliedertriebzug<br />

der 50er-Jahre. <strong>1975</strong> führt<br />

er in der verkehrsschwachen Zeit Montag bis<br />

Donnerstag nur fünf Wagen und einen Postwagen;<br />

freitags sind es bis zu zehn Wagen.<br />

D 499 „Beograd-Express“ Hamburg –<br />

Beograd, Hannover Hbf ab 18:43 Uhr, Zwischenhalte<br />

in Kreiensen (19:21/19:23 Uhr),<br />

Göttingen (19:45/19:47 Uhr), Bebra an 20:40<br />

Uhr. Dieser Zug erscheint erstmals 1971 und<br />

wird wegen der damals starken Auslastung der<br />

österreichischen Tauernbahn über Passau und<br />

Spielfeld – Straß geführt. Im Gegensatz zu den<br />

München anlaufenden „Balkanzügen“ besteht<br />

er ausschließlich aus einem DB-Wagenpark<br />

einschließlich des Schlaf- und Liegewagens.<br />

Einmal wöchentlich führt er Autotransportwagen<br />

des Typs DDm bis Graz.<br />

Nachtzüge am Abend<br />

Quasi als Gegenstück zum Angebot nach Mitternacht<br />

verlassen in den Abendstunden zuvor<br />

weitere Nachtzüge Hannover Hauptbahnhof<br />

gen Süden. Zu ihnen zählen<br />

D 491 Kopenhagen – Wien; Hannover<br />

Hbf ab 21:12 Uhr, fünf Zwischenhalte, Bebra<br />

an 23:28 Uhr. Er kam im Sommer 1969<br />

als D 388/389 zustande, noch mit durchgehendem<br />

Schlafwagen, der schon 1970 entfiel.<br />

<strong>1975</strong> führte der Zug nur noch Sitzwagen auf<br />

der Gesamtstecke sowie einmal wöchentlich<br />

einen Liegewagen ab Puttgarden. Schlaf- und<br />

Liegewagen gab es täglich in der Relation<br />

Hamburg – Wien. 1979 entfiel der Zug nördlich<br />

von Hamburg.<br />

Das Tagesangebot auf der Strecke reicht vom<br />

Heckeneilzug bis zum „Hispania-Express“<br />

D 681 Hamburg – München, Hannover<br />

Hbf ab 23:01 Uhr, vier Zwischenhalte, Bebra<br />

an 01:36 Uhr; er fährt via Hildesheim, wie der<br />

einmal pro Woche laufende Entlastungszug<br />

D 881 Bremerhaven – München, Hannover<br />

Hbf ab 22:50 Uhr, vier Zwischenhalte, Bebra<br />

an 01:30 Uhr. Dieser Zug führt auch Wa-<br />

48


Nord-Süd-Strecke nach <strong>1975</strong><br />

Die deutsche Teilung mit den von Ost-West- auf Nord-Süd-Richtung gedrehten Verkehrsströmen hat die Verbindung Hannover – Kassel/– Bebra<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg aufgewertet. Die innerdeutsche Grenze kann man abschnittsweise von der Strecke aus direkt sehen, wie hier im<br />

Bahnhof Oberrieden<br />

Wolf-Dietmar Loos<br />

gen von Cuxhaven und Wilhelmshaven nach<br />

München, trägt aber keine vierstellige Saisonzugnummer,<br />

weil er auf der KBS 210 Bremerhaven<br />

– Hannover ganzjährig täglich verkehrt<br />

(als Eilzug). Außerhalb der saisonalen Führung<br />

nach München geht in Hannover die entsprechende<br />

Wagengruppe auf D 681 über.<br />

D 1381 Hamburg – Salzburg, Hannover<br />

Hbf ab 22:24 Uhr, zwei Zwischenhalte, Bebra<br />

an 00:34 Uhr. Dies ist ein weiterer Entlastungszug,<br />

der im Sommer täglich verkehrt und<br />

als „multifunktionaler“ Kurswagenträger<br />

dient. Zwei Wagen laufen nach Garmisch-Partenkirchen<br />

bzw. Innsbruck, drei Wagen gehen<br />

nach Oberstdorf; eine weitere Wagengruppe<br />

(drei Wagen einschließlich Liegewagen) haben<br />

das Ziel Berchtesgaden und schließlich gibt<br />

es noch einen Wagen nach Bad Aussee im Salzkammergut,<br />

der in Salzburg umgestellt wird.<br />

Belebte Strecke<br />

Insgesamt gibt es <strong>1975</strong> nicht weniger als<br />

30 täglich verkehrende D-Züge in einer Richtung.<br />

Davon halten 25 in Göttingen, immerhin<br />

16 in Kreiensen, sechs in Elze, acht in<br />

Northeim, einer in Alfeld, zwei in Bad Sooden-Allendorf<br />

und fünf in Eschwege West, wo<br />

stets Anschlusszüge von und nach Eschwege<br />

verkehren. Dazu muss bemerkt werden, dass<br />

die DB für die Bedienung größerer Halte versuchte,<br />

ein möglichst ausgewogenes Verhält-<br />

nis zwischen Eilzügen und D-Zügen zu schaffen.<br />

Eilzüge verkehrten bevorzugt in Zeitlagen,<br />

in denen es keine D-Züge gab, so findet<br />

man <strong>1975</strong> zwischen 11 und 13 Uhr zwei Eilzüge<br />

ab Hannover. Zwischen 9 und 11 Uhr<br />

fehlen Eilzüge wegen des dichten D-Zug-Angebotes,<br />

mit dem sich auch weitere Halte als<br />

nur Göttingen bedienen lassen. Zusammen<br />

mit den 13 TEE- und IC-Zügen summiert<br />

sich das Angebot auf 43 regelmäßig verkehrende<br />

Fernreisezüge auf der KBS 250.<br />

Sieben D-Züge fahren ab Eichenberg in<br />

Richtung Kassel, davon hält einer in Hannoversch<br />

Münden. Dazu kommen noch die beiden<br />

1973 eingelegten DC-Züge ab Göttingen,<br />

die – wie erwähnt – <strong>1975</strong> zu Eilzügen abgestuft<br />

worden sind und von denen nur noch einer<br />

montags bis freitags verkehrt.<br />

Nimmt man dazu die abschnittsweise fahrenden<br />

Nahverkehrszüge (vor allem in den<br />

Streckenteilen Hannover – Kreiensen und<br />

Göttingen – Bebra bzw. – Kassel) und den<br />

Güterverkehr, lässt sich leicht erahnen, wie intensiv<br />

die Nord-Süd-Strecke <strong>1975</strong> in Anspruch<br />

genommen wird. Abwechslung im<br />

Zugverkehr ist garantiert, und die Verbindung<br />

macht ihrem Ruf als Magistrale alle Ehre.<br />

Was daraus wurde<br />

An der Bedeutung ändert sich in den nächsten<br />

Jahren nicht viel. Von den Tagesfernzügen<br />

des Inlands werden 1979 mit IC 79 viele<br />

zu Intercity-Zügen hochgestuft. Von den<br />

D-Zügen mit exotischen Laufwegen halten<br />

sich einige bis in die 80er-Jahre, bevor sie<br />

langsam aus dem Angebot genommen werden.<br />

Die Teilinbetriebnahme der Schnellfahrstrecke<br />

Fulda – Würzburg 1988 bringt<br />

der KBS 250 durch die Fahrzeitverschiebungen<br />

der Linie 4 einen 30-Minuten-Takt<br />

im IC-Verkehr. Es ist jedoch die letzte Blüte;<br />

1991 verliert die Nord-Süd-Strecke ihre<br />

Bedeutung im Fernreiseverkehr, als die<br />

Schnellfahrstrecke Hannover – Würzburg in<br />

Betrieb geht. Zwischen Hannover und Göttingen<br />

verbleibt eine zweistündliche Inter-<br />

Regio-Linie, von der einzelne Züge bis Fulda<br />

fahren. Daneben gibt es einige FD-Züge<br />

und Nachtzüge (in kleinerem Umfang als<br />

<strong>1975</strong>). 2003 macht die <strong>Deutsche</strong> Bahn AG<br />

die IR-Linie zur IC-Linie, die sie 2010 auf<br />

die Schnellfahrstrecke verlegt. Zudem wird<br />

das Nachtreiseangebot verringert. Im Regionalverkehr<br />

gibt es 1991 zwischen Göttingen<br />

und Bebra Eilzüge mit Taktzeiten zwischen<br />

ein und drei Stunden. Ab 1993 fahren die<br />

Züge im Stundentakt, seit Dezember 2006<br />

bedient die Cantus Verkehrsgesellschaft mit<br />

FLIRT-Triebwagen die Strecke.<br />

Im Vergleich zu <strong>1975</strong> ist es heute vor allem<br />

der Fernreiseverkehr, den man bei der Strecke<br />

vermisst. Der Fahrplan von damals wirkt<br />

da wie ein glorreiches Beispiel aus längst vergangenen<br />

Zeiten. Josef Mauerer/GM<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

49


Kursbuch <strong>1975</strong><br />

Slg. Konrad Rothzoll<br />

Der Heckeneilzug Frankfurt (Main) – Köln<br />

Der andere Weg<br />

Als einer von wenigen Eilzügen hielt E 2842<br />

in Marburg Süd. Hier führt er ausnahmsweise<br />

einen Vorkriegspackwagen statt<br />

eines Behelfsgepäckwagens mit M. Ritter<br />

An sich ist die linke Rheinstrecke der Weg, um von Frankfurt<br />

nach Köln zu fahren. Aber es gab <strong>1975</strong> auch eine Alternative:<br />

das Eilzugpaar 2842/43 über Gießen, Marburg und zwei Nebenbahnen.<br />

Es sollte vor allem die ländlichen Regionen erschließen<br />

Manfred Ritter<br />

In den frühen 50er-Jahren hatte die <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Bundesbahn</strong> ein Eilzugpaar mit dem<br />

Laufweg Frankfurt – Marburg – Cölbe –<br />

Biedenkopf – Laasphe – Erndtebrück –<br />

Kreuztal – Siegen eingelegt. Wenige Jahre<br />

später erfuhr es eine Verlängerung bis Köln<br />

und hatte weit über 20 Jahre bei wenig veränderter<br />

Zeitlage Bestand. Im Unterschied zu<br />

zahlreichen anderen „Heckeneilzügen“, mit<br />

denen die DB ländliche Regionen erschloss,<br />

gab es bei diesem Zugpaar nur zwei Wechsel<br />

zwischen Haupt- und Nebenbahnabschnitten.<br />

Letzterer war dafür mit 89 Kilometern<br />

(Cölbe – Kreuztal) recht lang. Genau 300 Kilometer<br />

betrug die Distanz zwischen den<br />

Endbahnhöfen.<br />

Die Fahrzeiten <strong>1975</strong><br />

Die Fahrplankürzungen des Frühjahres <strong>1975</strong><br />

überstand das Eilzugpaar (E 2842/43) unbeschadet.<br />

Weiterhin wurde Frankfurt im Gefolge<br />

einer Ellok um 06:08 Uhr verlassen, in<br />

Gießen wurden Kurswagen abgegeben, die<br />

von da mit einem Eilzug über Dillenburg –<br />

Siegen (!) – Hagen nach Oberhausen liefen.<br />

Schon ab Gießen beförderte eine 216-Diesellok<br />

den aus drei Silberlingen und einem Behelfsgepäckwagen<br />

gebildeten Eilzug, die fünf<br />

Minuten Aufenthalt in Marburg dienten der<br />

umfangreichen Umladung von Kleingut. Zwei<br />

Stunden und fünf Minuten nahmen die<br />

89 Kilometer auf dem Nebenbahnabschnitt in<br />

Anspruch, das entspricht einer Reisegeschwindigkeit<br />

von 42 km/h. Das war durchaus<br />

beachtlich – war doch der im Zugleitbetrieb<br />

befahrene 28 Kilometer lange<br />

Teilabschnitt Wallau – Erndtebrück nur für<br />

maximal 50 km/h zugelassen und wies, da<br />

unmittelbar neben einer Landstraße gelegen,<br />

längere Langsamfahrstellen auf! Zu berücksichtigen<br />

sind schließlich die Neigungsverhältnisse:<br />

Auf langen Rampen mit maximalen<br />

Steigungen von 1:45 wird die Nebenbahn<br />

im Rothaargebirge windungsreich auf mehr<br />

als 600 Meter über dem Meer geführt. Jenseits<br />

der Wasserscheide zwischen Eder und Sieg<br />

geht es in engen Schleifen mit minimalen Bogenhalbmessern<br />

von 180 Metern lang anhaltend<br />

bergab – dieser Streckenabschnitt trägt<br />

die Bezeichnung „Westfälischer Semmering“<br />

und zählt zu den großartigsten deutschen Nebenbahnabschnitten.<br />

Kurz vor 12 Uhr wurde<br />

Köln erreicht. Um 17:38 Uhr ging es auf<br />

den Rückweg. Auf diesem fand das Umspannen<br />

von Diesel auf Ellok schon in Marburg<br />

statt, hier wurden Kurswagen aus E 3133 von<br />

Kassel übernommen. In Gießen gab es zwölf<br />

Minuten Aufenthalt wegen des vorfahrenden<br />

DC 917 Norddeich – Hagen – Frankfurt.<br />

Der linken Rheinstrecke unterlegen<br />

Auf Teilen der Hauptbahnabschnitte wurde<br />

das Eilzugpaar eher schleppend durchgeführt.<br />

So hatte es Richtung Köln zwischen Gießen<br />

und Marburg Aufenthalte in den ansonsten<br />

Frankfurt – Köln auf dem Nebenweg: Knapp sechs<br />

Stunden brauchte der Eilzug für 300 Kilometer<br />

nur von einzelnen Eilzügen bedienten Stationen<br />

Lollar, Niederwalgern und Marburg Süd,<br />

in der Gegenrichtung wurde in Lollar gehalten.<br />

Die Fahrplanlagen lassen erkennen, dass<br />

das Zugpaar nicht als Direktverbindung Köln<br />

– Frankfurt konzipiert war. Vielmehr sollte das<br />

Rothaargebirge um Laasphe früh – für Tou-<br />

50


Heckeneilzug Frankfurt – Köln<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Auszug aus der Kursbuchtabelle Marburg – Erndtebrück – Siegen, Sommerfahrplan <strong>1975</strong>, mit<br />

dem Heckeneilzug E 2842. Dank recht weniger Aufenthalte wurde der Nebenbahnabschnitt<br />

trotz bescheidener Fahrgeschwindigkeit in einer akzeptablen Zeit bewältigt Slg. Dr. Lutz Münzer<br />

risten eigentlich zu früh – von Frankfurt aus<br />

erreicht werden. Unter touristischen Aspekten<br />

war auch für die Fahrt Richtung Köln die Abfahrt<br />

aus dem Rothaargebirge noch reichlich<br />

früh, nicht aber für Geschäftsreisende. In der<br />

Gegenrichtung handelte es sich um eine attraktive<br />

Abendverbindung vom Rhein ins<br />

Rothaargebirge, für die Fahrt von dort Richtung<br />

Frankfurt lag der Zug dann schon ziemlich<br />

spät. Andererseits dürfte er mit der<br />

abschnittsweisen Lage zu Zeiten des Berufsverkehrs<br />

wenigstens auf Teilstrecken gut ausgelastet<br />

gewesen sein. Auf dem Nebenbahnabschnitt<br />

hielt sich die Inanspruchnahme in<br />

bescheidenen Grenzen. Gut ausgelastet war<br />

der Zug dafür in anderer Hinsicht: Es handelte<br />

sich um eine wichtige Verbindung für den<br />

Kleingutverkehr, des großen Gepäckwagens<br />

bedurfte es durchaus.<br />

Im Rheintal – linksrheinisch – betrug die<br />

Distanz zwischen beiden Endpunkten mit<br />

249 Kilometern 51 Kilometer weniger, war<br />

also spürbar billiger. Etwa zweieinhalb Stunden<br />

nahm die Fahrt im Schnellzug in Anspruch,<br />

per IC ging es noch einige Minuten<br />

schneller, wobei außer dem Zuschlag dann die<br />

1.-Klasse-Fahrkarte obligatorisch war. So oder<br />

so, die Reise am Rhein war für die Relation<br />

klar die bessere. Es dürfte kaum einen Fahrgast<br />

gegeben haben, der das Eilzugpaar Frankfurt<br />

– Laasphe – Köln auf ganzer Länge benutzte.<br />

Ihre Daseinsberechtigung bezog die Verbindung<br />

aus dem Zwischenortsverkehr.<br />

Doch auch das sollte nicht mehr allzu lange<br />

Bestand haben. 1979 war – zeitgleich mit<br />

der Einführung des zweiklassigen IC-Netzes –<br />

Schluss mit dem Eilzugpaar in der gewohnten<br />

Führung.<br />

Dr. Lutz Münzer<br />

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Momentaufnahmen<br />

Fahrzeuge vor dem Abschied<br />

Die letzten<br />

Mohikaner<br />

Dass die Dampftraktion einem baldigen Ende entgegen<br />

sieht, pfeifen die Spatzen <strong>1975</strong> förmlich von den Dächern.<br />

Aber auch manche Diesel- und Ellokbaureihe hat keine<br />

allzu lange Dienstzeit mehr<br />

Wer hat in Ratingen im Januar <strong>1975</strong> den<br />

größten Kultfaktor? Das Moped als erster<br />

fahrbarer Untersatz, der VW Käfer als<br />

dessen Fortsetzung oder die Schlepptenderlok,<br />

wegen der Moped und Käfer an<br />

der Schranke warten müssen? Udo Kandler


Rheine hat für Dampflokfreunde immer etwas<br />

zu bieten. Hier treffen die schwarzen Rösser<br />

der Emslandstrecke (vor allem 012, 042 und<br />

043) auf die Dieselloks 220, welche die Reisezüge<br />

aus den Niederlanden ab Hengelo in<br />

Richtung Hannover ziehen Dr. Dietmar Beckmann<br />

OBEN Im März <strong>1975</strong> stampft eine 50er mit<br />

ihrem Kalkwagenzug auf der Angertalbahn<br />

dahin. Noch hat das Straßenschild<br />

Recht, wenn es vor Dampfloks warnt.<br />

Zwei Jahre später sorgen hier allenfalls<br />

Dieselloks für Rauch und Ruß ...<br />

J. Schmidt/Bildarch. d. Eisenb.stiftg., M. Weltner (r.)<br />

RECHTS Mit einem schweren Durchgangsgüterzug<br />

ist eine Ottbergener 044 im<br />

März <strong>1975</strong> von Löhne nach Braunschweig<br />

unterwegs. Typische Schienenfracht<br />

damals: neue bunte Opel Kadett C ...<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

53


Momentaufnahmen<br />

In München sagt <strong>1975</strong> die letzte Stangen-Ellok der Baureihe 191 „servus“. Im Herbst leistet<br />

191 099 im Rangierbahnhof München-Laim die letzten Dienste – 50 Jahre, nachdem die ersten<br />

dieser Maschinen gebaut worden sind<br />

Peter Schricker<br />

Die anderen Kandidaten<br />

Im Jahr <strong>1975</strong> ist der Diesel- und Ellok-Bestand<br />

der <strong>Bundesbahn</strong> noch recht vielfältig. Noch,<br />

denn die Rationalisierung macht auch hier nicht<br />

Halt. Und es trifft nicht allein Altbau-Reihen; so<br />

manche Ausmusterungskandidatin wurde von<br />

der jungen <strong>Bundesbahn</strong> beschafft<br />

Im Jahr 1952 war die V 80 die erste große<br />

DB-Diesellok. Mit zehn Exemplaren blieb sie<br />

eine Splittergattung, weshalb ihr Stern <strong>1975</strong><br />

schon spürbar sinkt. In Franken hat die nunmehrige<br />

280 noch ihr Auskommen (Bild in<br />

Baunach, Strecke Breitengüßbach – Maroldsweisach);<br />

1978 kommt das Aus Udo Kandler<br />

54


Diesel- und Elloks<br />

Viel zu schauen gibt es für Eisenbahnfreunde,<br />

wenn einmal das AW München-Freimann seine<br />

Tore öffnet. Altbau-Elloks wie 118, 119<br />

und 169 sind <strong>1975</strong> auch übliche Gäste<br />

Theodor Horn<br />

Mit der Baureihe 117 kommt in Baden-Württemberg<br />

und Bayern eine weitere Altbau-Ellok-Reihe<br />

zum Einsatz: Im April <strong>1975</strong> bringt<br />

117 102 E 2353 von Stuttgart nach Heilbronn<br />

(Bild bei Lauffen am Neckar). Bis 1980<br />

mustert die DB diese Maschinen aus<br />

Peter Schiffer/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

55


Strecken und Fahrten<br />

Der letzte dampflokbespannte Schnellzug der <strong>Bundesbahn</strong><br />

Abschied mit 012<br />

Am 31. Mai <strong>1975</strong> endete bei der DB eine Ära: Zwischen Rheine und Norddeich-<br />

Mole verkehrte der letzte, planmäßig mit einer Dampflok bespannte Schnellzug.<br />

012 081 schloss mit D 714 das Kapitel ab<br />

Norddeich Mole den letzten dampfgeführten<br />

Schnellzug der DB überhaupt zu führen. Von<br />

Eisenbahnfreunden mit Schriftzügen dekoriert,<br />

bespannte sie den Zug.<br />

Der D 714<br />

Wer heute von München nach Norddeich<br />

Mole fahren will, besteigt in der bayerischen<br />

Landeshauptstadt einen ICE nach Bremen und<br />

steigt dort in einen Regionalexpress um, der an<br />

der Norddeicher Mole endet. Rund achteinhalb<br />

Stunden dauert die Fahrt über Nürnberg,<br />

Würzburg und Hannover. <strong>1975</strong> war das noch<br />

ganz anders. Die Reisezeit betrug knapp zwölf<br />

Stunden. Der D 714 war ein für die <strong>Bundesbahn</strong><br />

typischer Tagesschnellzug, der auf einer<br />

ganz anderen Trasse Deutschland durchquerte.<br />

Kurz nach 7 Uhr morgens ging es in München<br />

los, über Ulm, Stuttgart und Heidelberg<br />

wurde gegen 12 Uhr Frankfurt (Main) erreicht.<br />

Mit einem Schnellzug<br />

fährt 012 075 in<br />

den Bahnhof Lingen<br />

(Ems) ein und liefert<br />

sich ein Rennen mit<br />

einem Fiat 850 Coupé.<br />

Anders als beim<br />

D 714 sind in diesem<br />

Schnellzug noch<br />

ein Vorkriegspackwagen<br />

und ein<br />

„Verstärkungs-Silberling“<br />

eingereiht<br />

Martin Weltner (3)<br />

Zuletzt fuhren die 012 nur zwischen Rheine und<br />

Norddeich Mole – aber auch mit einem D-Zug!<br />

Als das Bahnbetriebswerk Hamburg-Altona<br />

zum Ende des Sommerfahrplans 1972<br />

seine 012er nach Rheine abgab, dürfte es<br />

manchem Eisenbahner (und Eisenbahnfreund)<br />

schon gedämmert haben. Das Bahnbetriebswerk<br />

in Westfalen konnte selten mit neuen Loks<br />

dienen. Vielmehr wurden hier nicht mehr benötigte<br />

Maschinen anderer Standorte „abgefahren“.<br />

Und nun traf dieses Los also diese<br />

wuchtigen Schnellzug-Dampfloks. Auch wenn<br />

die ölgefeuerten 012 in Rheine erst einmal die<br />

kohlegefeuerten Schwestern 011 ersetzten, ihr<br />

Ende ließ sich nun mehr oder weniger absehen.<br />

Schließlich war das westfälische Bw zur letzten<br />

Heimat der hochrädrigen Renner geworden.<br />

Der Grundbedarf betrug während der Wintermonate<br />

fünf Loks, im Sommer wurden einige<br />

weitere Maschinen benötigt. Während der<br />

Sommermonate absolvierten die Rheiner 012<br />

rund 500 Kilometer täglich; Eil- und Schnellzüge<br />

auf der Emslandstrecke, auf der nicht schneller<br />

als 120 km/h gefahren werden durfte, waren<br />

ihr täglich Brot. Probleme bereitete aber die steigende<br />

Schadanfälligkeit der Loks, hervorgerufen<br />

durch die jahrelange hohe Belastung und gleichzeitig<br />

nur noch leidliche Unterhaltung – wie gesagt,<br />

Rheine war „nurmehr“ Auslaufstelle.<br />

Der letzte Umlaufplan<br />

Zum Winterfahrplan 1974/75 wurde der letzte<br />

012-Plan aufgestellt: Ausschließlich zwischen<br />

Rheine und Norddeich Mole unterwegs,<br />

kamen noch fünf Loks planmäßig zum Einsatz,<br />

die durchschnittlich 458 Kilometer pro<br />

Tag abspulten. Neben zahlreichen Eilzügen<br />

waren auch noch die beiden Schnellzugpaare<br />

D 714/715 und D 734/735 im Plan enthalten.<br />

Der Traktionswechsel, sprich, der Abschied<br />

von der Dampftraktion, lief bei der <strong>Bundesbahn</strong><br />

unterdessen unentwegt weiter. Anfang<br />

<strong>1975</strong> wurde bekannt, dass die DB den folgenden<br />

Sommerfahrplan ohne 012 plane:<br />

Schon bald tauchten erste Dieselloks in den<br />

012-Umläufen auf, um das Personal zu schulen.<br />

Am 31. Mai war der offiziell letzte Betriebstag<br />

für die mächtigen Dreizylinder-<br />

Dampfloks. Einsatzfähig waren noch 012 061,<br />

063, 066, 075, 081 und 100. Die 012 081<br />

hatte an diesem Tag die Ehre, mit D 714 nach<br />

Weiter führte die Fahrt nach Gießen, wo mit einer<br />

Ellok 103 die damalige „creme de la creme“<br />

des DB-Lokparks den Zug übernahm. Sie<br />

brachte ihn über Siegen, Schwerte, Hamm und<br />

Münster nach Rheine. Dort kam die Rheiner<br />

012 ins Spiel, die für die Zugförderung auf den<br />

restlichen 176 Kilometern über die noch nicht<br />

elektrifizierte und für maximal 120 km/h zugelassene<br />

Emslandstrecke nach Norddeich<br />

Mole zuständig war. Nach dem Lokwechsel, bei<br />

dem die Stars der Schiene von einst und jetzt<br />

auch kurzzeitig nebeneinander standen, dampfte<br />

die 012 um 16:50 Uhr in Rheine los, um<br />

nach sieben Zwischenhalten um 18:51 Uhr<br />

Norddeich Mole zu erreichen. Das war spät,<br />

aber nicht zu spät: Hier bestand noch Anschluss<br />

an das Schiff zur Ferieninsel Norderney.<br />

Der D 714 war auch in Sachen Zugbildung<br />

ein typischer Schnellzug seiner Zeit: Er bestand<br />

nur aus 26,4-Meter-Wagen. Für Koffer und Expressgut<br />

stand ein Halbgepäckwagen zur Verfügung,<br />

bei den planmäßig fünf bis sechs Sitzwagen<br />

handelte es sich um Seitengangwagen<br />

der 1. und 2. Wagenklasse und in einem Büffetwagen<br />

sorgte sich das DSG-Team um das<br />

leibliche Wohl der Reisenden. Und natürlich<br />

führte der Zug auch Kurswagen mit: Von München<br />

aus gab es Wagen nach Trier und Hagen,<br />

und in Ulm wurde ein Kurswagen aus Friedrichshafen<br />

beigestellt, der somit eine Direktverbindung<br />

Bodensee – Nordsee darstellte.<br />

Die 012 081<br />

Die 1940 gebaute 012 081 zählte zu den letzten<br />

012-Neuzugängen des Bw Rheine. Nach<br />

Aufgabe des Dampfbetriebs in Hamburg-Altona<br />

war sie im September 1972 nach Westfalen<br />

gekommen. Sie wurde aber wegen Loküberschusses<br />

nicht gleich in Betrieb genommen,<br />

sondern überwinterte gut konserviert im Bw<br />

Rheine. Erst der Saisonverkehr im Sommer<br />

1973 sorgte für eine Wiederinbetriebnahme der<br />

Schnellzuglok. Nach ihrer Ausmusterung wurde<br />

die Lok in Bad Münster am Stein als Denkmal<br />

aufgestellt, 1988 wechselte sie in den Besitz<br />

der Ulmer Eisenbahnfreunde. Seit 2007 kann<br />

die Lok im Bahnpark Augsburg besichtigt werden.<br />

Eine gebührende Ehre, nachdem sie doch<br />

<strong>1975</strong> ein großes Kapitel deutscher Eisenbahngeschichte<br />

beendet hatte. Oder auch: hatte beenden<br />

müssen. Martin Weltner<br />

56


Der letzte Dampfschnellzug<br />

Mit geöffnetem Ölhahn passiert 012 081 mit D 734 nach Köln die Emsbrücke bei Hanekenfähr (links). Rechts steht 012 075 im März <strong>1975</strong><br />

mit dem D 715 abfahrbereit in Norddeich Mole – der Gegenzug D 714 sollte wenige Monate später die D-Zug-Zeit mit Dampf beschließen<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 57


Strecken und Fahrten<br />

Nahverkehr im Ruhrgebiet<br />

Knallfrosch, Akku-Blitz<br />

und Eierkopf<br />

Die Industrieregion an Rhein und Ruhr bediente Mitte der 70er-Jahre noch typische Klischees:<br />

Stahlwerke, Hochöfen, Bergbau prägten häufig das Bild. Der Berufsverkehr war ein wesentliches<br />

Standbein des hiesigen Nahverkehrs; Elektro- und Dieseltraktion regierten<br />

58


Nahverkehr im Ruhrgebiet<br />

OBEN Der 420 ist<br />

<strong>1975</strong> der Standard für<br />

den S-Bahn-Betrieb im<br />

Ruhrgebiet (Foto:<br />

420 171 in Hösel,<br />

1976). Ende der<br />

70er-Jahre müssen<br />

die Elektrotriebzüge<br />

Lok-Wagen-Garnituren<br />

weichen<br />

LINKS Ein typisches<br />

Fahrzeug im Ruhrgebiets-Nahverkehr<br />

ist<br />

der 430; er kommt<br />

auch nur hier zum<br />

Einsatz. Im Mai<br />

1976 hält einer der<br />

Elektrotriebzüge in<br />

Wanne-Eickel<br />

Aufnahmen des Beitrags:<br />

Wolf-Dietmar Loos<br />

Am Anfang ein paar Zahlen. Mitte der<br />

70er-Jahre hatte das Ruhrgebiet rund<br />

5,5 Millionen Einwohner. Zirka<br />

1,1 Millionen Menschen waren in Industrie<br />

und Handwerk beschäftigt, das entsprach<br />

rund 53,4 Prozent aller Erwerbstätigen in der<br />

Region. Die Stahlproduktion lag auf beachtlichem<br />

Niveau (<strong>1975</strong>: 24,3 Millionen Tonnen),<br />

während der Bergbau bereits zurückging.<br />

Der industrielle Wandel hatte eingesetzt<br />

und begann langsam das Revier zu verändern.<br />

Er schlug sich nieder in zunehmenden Zeitungsmeldungen<br />

über Zechenschließungen,<br />

in zurückgehenden Produktionszahlen in der<br />

Montanindustrie und dem daraus folgenden<br />

Anstieg der Arbeitslosen (im Ruhrgebiet wurde<br />

<strong>1975</strong> erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik<br />

deutlich die 100.000-Marke übersprungen).<br />

Dennoch: <strong>1975</strong> beschränkte sich<br />

all dies auf erste Anzeichen. Der Wirtschaftsalltag<br />

lief vielfach noch unverändert.<br />

Berufsverkehr auf der Schiene<br />

Und so bildete die enge Verflechtung von Eisenbahn,<br />

(Schwer-)Industrie und Handel nach<br />

wie vor das Rückgrat des Schienenverkehrs.<br />

Vor allem die Scharen der Berufstätigen konnten<br />

kaum auf die Eisenbahn, soll heißen, die<br />

<strong>Bundesbahn</strong>, als Verkehrsmittel verzichten.<br />

Die öffentlichen Verkehrsmittel hatten ihre<br />

Fahrpläne auf die Bahn abgestimmt und sorgten<br />

für die Weiterverteilung in der Fläche.<br />

Ein Charakteristikum des Ruhrgebiets war<br />

das dichte Netz an Schienenwegen, die –<br />

ursprünglich in Konkurrenz zueinander entstanden<br />

– allein von der DB betrieben wurden. So<br />

konnte die <strong>Bundesbahn</strong> <strong>1975</strong> frei von jeglicher<br />

Konkurrenz auf der Schiene aus dem Vollen<br />

schöpfen. Dabei hatte sie auf die wachsende Einwohnerzahl<br />

des Ruhrgebiets mit Modernisierungsmaßnahmen<br />

reagiert. Seit 1957 waren fast<br />

alle wichtigen Strecken elektrifiziert worden, seit<br />

Ende der 60er-Jahre bestand ein S-Bahn-System,<br />

das in seiner Vollstufe seit 1974 starre, miteinander<br />

vertaktete Fahrpläne anbot.<br />

Auch in punkto Fahrzeuge hatte die DB das<br />

Angebot modernisiert: Charakteristisch für das<br />

Revier wurden die in den 50er-Jahren speziell<br />

für den schnellen „Bezirksverkehr“ an Rhein<br />

und Ruhr beschafften Elektrotriebwagen der<br />

Baureihe ET 30. Seit 1968 von der <strong>Bundesbahn</strong><br />

als Baureihe 430 geführt, waren sie aufgrund<br />

ihrer prägnanten runden Stirnpartie bei<br />

Eisenbahnfreunden als „Eierkopf“ bekannt<br />

und beliebt. Daneben waren Garnituren aus<br />

E 41 (ab 1968: 141) und Silberlingen auf den<br />

meisten elektrisch betriebenen Strecken heimisch<br />

geworden. Das typische Anfahrgeräusch<br />

und der grüne Anstrich hatten den Elloks<br />

schnell den etwas despektierlichen, aber durchaus<br />

zutreffenden Spitznamen „Knallfrosch“ beschert.<br />

Im Revier waren sie Mitte der 70er-Jahre<br />

landauf, landab anzutreffen. Dazu kamen<br />

noch die spurtstarken Elektrotriebwagen der<br />

Baureihe 420, die <strong>1975</strong> auf den drei vorhandenen<br />

S-Bahn-Linien zu finden waren: S 1<br />

Duisburg – Essen – Bochum, S 3 Oberhausen<br />

– Essen – Hattingen und S 6 Düsseldorf – Ratingen<br />

– Essen. Die S-Bahnen fuhren tagsüber<br />

unter der Woche im 20-Minuten-Takt.<br />

Nahverkehr <strong>1975</strong>: KBS 300 und 320<br />

Und wie sah nun der Nahverkehr des Ruhrgebiets<br />

im Sommer <strong>1975</strong>, also zu Zeiten des<br />

Jubiläumskursbuchs aus? Das sollen einige<br />

Beispielstrecken zeigen.<br />

Die Betrachtung beginnt mit der weitaus<br />

wichtigsten Strecke quer durchs Ruhrgebiet,<br />

der damaligen Kursbuchstrecke (KBS) 300 von<br />

Düsseldorf über Duisburg, Mülheim, Essen,<br />

Wattenscheid, Bochum und Dortmund nach<br />

Hamm. Zu ihr zählt auch die zweite West-Ost-<br />

Verbindung, die weiter nördlich verlaufende<br />

einstige Köln-Mindener Bahn Duisburg –<br />

Typisch für das Ruhrgebiet war das dichte Netz an<br />

Strecken, allesamt betrieben von der <strong>Bundesbahn</strong><br />

Oberhausen – Essen-Altenessen – Gelsenkirchen<br />

– Wanne-Eickel – Dortmund. Sie wurde<br />

von der DB <strong>1975</strong> ebenfalls unter der Kursbuchtabellennummer<br />

300 geführt (bzw. 303<br />

für den Abschnitt Gelsenkirchen – Wanne-Eickel).<br />

Der Nahverkehr lief hier im wesentlichen<br />

auf den Teilstrecken Essen – Dortmund, Duisburg<br />

– Dortmund und Dortmund – Hamm.<br />

Er erreichte eine beachtliche Dichte: Allein<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 59


Strecken und Fahrten<br />

Das übliche Rollmaterial des DB-Nahverkehrs fährt im November <strong>1975</strong> in Essen-Katernberg Süd vor: Die 141 und ihre Silberling-Wagen sind auf<br />

der Kursbuchstrecke 300 unterwegs, einer der wichtigsten Magistralen des Reviers<br />

zwischen Dortmund und Hamm fuhren zwölf<br />

Züge täglich, dazu weitere acht montags bis<br />

samstags, sieben montags bis freitags, einer täglich<br />

außer samstags und zwei an Sonn- und<br />

Feiertagen. Zum Einsatz kamen 430er, unterstützt<br />

von 141ern mit Silberlingen.<br />

Neben diesen beiden Magistralen, die das<br />

Ruhrgebiet in West-Ost-Richtung durchzogen,<br />

gab es mehrere Nord-Süd-Verbindungen, die<br />

nicht nur beide Strecken miteinander verbanden,<br />

sondern teilweise auch deutlich über sie hinausreichten.<br />

Eine von ihnen war die KBS 320<br />

Münster – Haltern – Recklinghausen – Wanne-Eickel<br />

– Gelsenkirchen – Essen, ebenfalls<br />

eine elektrifizierte Strecke und mit einigem Verkehr<br />

belegt. Der Nahverkehr hatte hier allerdings<br />

eine andere Ausprägung als auf der<br />

KBS 300; es gab nur zwei durchgehende tägliche<br />

Nahverkehrszüge von Münster nach Essen,<br />

zusätzlich drei von Montag bis Samstag und je<br />

einen Montag bis Freitag bzw. täglich außer<br />

Samstag. Des Rätsels Lösung: Etliche Eilzüge<br />

– allein 17 tägliche Verbindungen – fingen einen<br />

Teil des Verkehrsbedarfs auf. Zusätzlich<br />

fuhren Nahverkehrszüge auf Teilstrecken.<br />

Nahverkehr <strong>1975</strong>: KBS 309 und 330<br />

Aus dem Zentrum des Ruhrgebietes hinaus<br />

führte die „Lüner Strecke“ von Dortmund nach<br />

Lünen (KBS 309). Heute hat sie im Nahverkehr<br />

nur eine untergeordnete Bedeutung, <strong>1975</strong> sah<br />

das noch ganz anders aus. Der erste Haltepunkt<br />

Ob Ellok oder Akkutriebwagen, die Elektrotraktion<br />

war die Nummer eins im Nahverkehr des Reviers<br />

nördlich des Dortmunder Hauptbahnhofs hieß<br />

Dortmund-Hoesch und hier war der Name Programm;<br />

direkt nebenan erhoben sich die An -<br />

lagen der Westfalenhütte der Hoesch AG, auf<br />

deren Gelände der Haltepunkt lag. Die Werktätigen<br />

des riesigen Stahlwerks machten einen<br />

Großteil des Berufsverkehrs auf dieser Strecke<br />

aus; entsprechend dicht war der Fahrplan angelegt.<br />

16 tägliche Nahverkehrszüge, dazu noch<br />

acht von Montag bis Freitag sowie zehn von<br />

Montag bis Samstag sorgten unter der Woche<br />

phasenweise für einen angenäherten Halbstunden-<br />

bis Stundentakt. Lok-Wagen-Garnituren<br />

(141 + Silberlinge) kamen dabei ebenso zum<br />

Einsatz wie Triebwagen (430). Vergangene Zeiten,<br />

nicht nur wegen des Abgangs der Fahrzeuge.<br />

Nach der Stilllegung der Westfalenhütte Anfang<br />

der 90er-Jahre fiel die Strecke zunächst in<br />

Agonie, der Personenverkehr am Haltepunkt<br />

wurde zum 31. Mai 1992 eingestellt.<br />

Auf weniger stark frequentierten Strecken<br />

hingegen waren Mitte der 70er-Jahre auch<br />

141er mit Dreiachser-Umbauwagen und Mitteleinstiegs-Steuerwagen<br />

anzutreffen, etwa auf<br />

der etwas abseitigen Nord-Süd-Querverbindung<br />

von Recklinghausen über Herne, Bochum<br />

Nord, Bochum-Langendreer und Witten nach<br />

Hagen (KBS 330). Nur auf die durchgehende<br />

Relation Recklinghausen – Hagen bezogen, gab<br />

es im Sommer <strong>1975</strong> drei tägliche Nahverkehrszüge,<br />

dazu fünf montags bis freitags, drei montags<br />

bis samstags sowie einen täglich außer<br />

Samstag. Ergänzt durch Nahverkehrszüge und<br />

Eilzüge (auch auf Teilabschnitten), ergab sich<br />

hier in einer recht komplexen Fahrplangestaltung<br />

wiederum eine recht umfangreiche Bedienung,<br />

wenngleich sie beileibe nicht an jene der<br />

KBS 300 oder 309 herankam.<br />

Akku-Blitz und Diesellok<br />

Aber nicht nur auf den elektrifizierten Strecken<br />

im Kohlenpott war <strong>1975</strong> der Elektrobetrieb die<br />

Regel, in ähnlicher Form galt das auch für die<br />

(noch) nicht mit Fahrdraht überspannten Strecken.<br />

Hier verkehrten ebenso Elektrotriebwagen,<br />

wobei der Fahrstrom nicht aus der Oberleitung,<br />

sondern aus Akkumulatoren kam.<br />

Diese Traktionsart hatte im Ruhrgebiet eine<br />

lange Tradition; bereits die Preußischen Staatsbahnen<br />

hatten zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

mit Erfolg die frühen Vertreter der Wittfeld-<br />

Akkutriebwagen heimisch gemacht. Bei der DB<br />

waren diese in den 50er-Jahren durch die modernen<br />

ETA 150 (ab 1968: 515) abgelöst worden,<br />

die noch Mitte der 70er-Jahre unverändert<br />

nahezu alle anfallenden Nahverkehrsleistungen<br />

erbrachten. Bestes Beispiel hierfür ist die Emschertalbahn,<br />

KBS 308, von Herne über Castrop-Rauxel<br />

Süd, Dortmund-Bövinghausen<br />

und -Huckarde Nord zum Dortmunder<br />

Hauptbahnhof. Hier waren die 515 zeitweise<br />

recht häufig unterwegs: Für die Fahrtrichtung<br />

Wanne-Eickel – Dortmund sind im Kursbuch<br />

insgesamt 20 Züge angegeben; davon befahren<br />

zwölf die gesamte Strecke – fünf täglich, fünf<br />

montags bis samstags und die übrigen zwei<br />

montags bis freitags. Dazu kommen ein Zug<br />

Wanne-Eickel – Herne sowie sieben Züge Herne<br />

– Dortmund (einer täglich, einer montags<br />

bis freitags, fünf montags bis samstags).<br />

60


<strong>1975</strong> und später<br />

Schlachten am Boden,<br />

in der Luft und<br />

auf dem Wasser.<br />

Übrigens war der Einsatz des „Akku-Blitz“,<br />

der Baureihe 515, die meist in Kombination mit<br />

einem Steuerwagen der Baureihe 815 unterwegs<br />

war, nicht allein auf die fahrdrahtlosen Strecken<br />

beschränkt. Auf der erwähnten KBS 330, der<br />

Nord-Süd-Querverbindung von Herne bzw.<br />

Wanne-Eickel nach Bochum-Langendreer über<br />

Bochum Nord, waren sie <strong>1975</strong> ebenso in einigen<br />

Kursen unterwegs. Doch das Ende dieser Verbindung<br />

war schon abzusehen: 1979 verschwand<br />

die direkte Relation Herne – Bochum-Langendreer<br />

aus den Kursbüchern, nachdem eine neue<br />

Verbindungskurve den Herner Ast von Bochum-<br />

Hamme aus an den Bochumer Hauptbahnhof<br />

angeschlossen hatte. Damit reagierte die <strong>Bundesbahn</strong><br />

auch auf die geänderten Verkehrsströme,<br />

mit denen das Aufkommen auf der alten Streckenführung<br />

zuletzt stetig zurückgegangen war.<br />

Gleichzeitig endete der Personenverkehr am quasi<br />

in Sichtweite zum Hautpbahnhof liegenden<br />

Bochumer Nordbahnhof. Und auch das Ende des<br />

alten Bahnhofs Bochum-Langendreer nahte: Im<br />

Zuge der Fortführung der S 1 nach Dortmund erhielt<br />

Langendreer zwei neue S-Bahnhöfe, die ihn<br />

überflüssig machten. Noch heute hat die alte Strecke<br />

über Bochum Nord Bestand, nur rollen hier<br />

jetzt ausschließlich Güterzüge.<br />

Ganz ohne Diesellok ging es aber letztlich<br />

doch nicht. Auf den nicht elektrifizierten Außenstrecken<br />

des Reviers, etwa auf der KBS 381<br />

von Essen über Langenberg nach Wuppertal-<br />

Vohwinkel, der KBS 382 Essen Hbf – Essen-<br />

Borbeck – Bottrop oder der teilweise (von<br />

Oberhausen bis Gladbeck-Zweckel) von Fahrdraht<br />

überspannten KBS 284 nach Dorsten<br />

– Coesfeld und weiter bis Rheine, waren die<br />

<strong>1975</strong> bereits klassischen Garnituren mit 212-<br />

Diesellok zu sehen. Meist zog sie Silberlinge,<br />

zum Teil auch Umbauwagen.<br />

Der 515 war vielfach<br />

die Option für nicht<br />

elektrifizierte Strecken,<br />

aber auch auf<br />

Verbindungen mit<br />

Fahrdraht konnte<br />

man ihn antreffen.<br />

Im Dezember <strong>1975</strong><br />

legt 515 555 in Bochum-Langendreer<br />

einen Halt ein<br />

In die Zukunft<br />

Was 141er, 515er und 212er betrifft, sollte sich<br />

das Bild der Nahverkehrszüge in den ersten Jahren<br />

nach <strong>1975</strong> nicht gravierend wandeln. Anders<br />

sah es bei den 420ern und 430ern aus. Als das<br />

S-Bahn-Netz ab 1979 weiter ausgebaut wurde,<br />

griff die DB (auch durch politische „Fürsprache“)<br />

bewusst auf lokbespannte Wendezüge zurück.<br />

Die x-Wagen hielten Einzug. Und die 430 mussten<br />

Anfang der 80er-Jahre Wagengarnituren mit<br />

Elloks weichen. Nun war es allein der 515, der im<br />

Revier die Fahne des Nahverkehrs-„Elektrotriebwagens“<br />

noch hoch hielt.<br />

O. Strüber/Dr. H.-B. Schönborn/GM<br />

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Strecken und Fahrten<br />

Elektrifizierung <strong>1975</strong><br />

Neuer Bestwert 10.000<br />

Seit den 50er-Jahren intensivierte die <strong>Bundesbahn</strong> ihre Bestrebungen zur Rationalisierung und<br />

Beschleunigung ihres Betriebes. Das essenzielle Mittel dazu war die Elektrifizierung zumindest<br />

der wichtigsten Strecken. <strong>1975</strong> überschritt die DB dabei die 10.000-Kilometer-Marke<br />

Der 28. August <strong>1975</strong> war ein bedeutendes<br />

Datum für die DB. An diesem Tag<br />

weihte sie feierlich den 10.000. elektrifizierten<br />

Streckenkilometer ein; die Rekordmarke<br />

erreichte sie im Bahnhof Villingen<br />

(Schwarzwald). Seit den 50er-Jahren hatte die<br />

<strong>Bundesbahn</strong> die Elektrifizierung kontinuierlich<br />

vorangetrieben. In den jährlichen Bilanzen<br />

konnte sich <strong>1975</strong> mit 301 Kilometern neu<br />

elektrifizierter Strecken durchaus sehen lassen.<br />

Die großen Magistralen der <strong>Bundesbahn</strong> lagen<br />

zu dieser Zeit bereits unter Fahrdraht. Nun<br />

ging es um die Ergänzungen, vor allem die bedeutenden<br />

Nebenfernstrecken standen zur<br />

Elektrifizierung an. Das realisierte die DB<br />

<strong>1975</strong> bei mehreren Relationen:<br />

• der Strecke Herford – Himmighausen (Länge<br />

48 Kilometer; Inbetriebnahme 27. Mai <strong>1975</strong>)<br />

• der Strecken Neckarelz – Osterburken und<br />

Osterburken – Würzburg (30 bzw. 76 Kilometer;<br />

Inbetriebnahme 28. Mai <strong>1975</strong>)<br />

• der Strecke Rheine – Salzbergen (13 Kilometer;<br />

Inbetriebnahme 23. Juli <strong>1975</strong>)<br />

• der Strecke Offenburg – Villingen<br />

(„Schwarzwaldbahn“, 86 Kilometer; Inbetriebnahme<br />

28. August <strong>1975</strong>)<br />

Zusammen mit der Elektrifizierung verschiedener<br />

Ergänzungsstrecken dienten sie der weiteren<br />

Optimierung des Einsatzes der vorhandenen<br />

Fahrzeuge und ortsfesten Anlagen der<br />

elektrischen Zugförderung. Vorteile im Betriebseinsatz<br />

brachte auch die Elektrifizierung<br />

eines Abschnitts nahe der innerdeutschen<br />

Grenze, und zwar<br />

• der Strecke Coburg – Neustadt (b Coburg)<br />

(Länge 15 Kilometer; Inbetriebnahme<br />

15. Dezember <strong>1975</strong>)<br />

Hier hatte man bisher die Nahverkehrszüge<br />

noch auf Dieselloks umspannen müssen, nun<br />

konnten die Elloks die Wagengarnituren<br />

durchweg auf den 36 Kilometern von Lichtenfels<br />

über Coburg nach Neustadt befördern.<br />

Weitere Elektrifizierungen<br />

Die übrigen Elektrifizierungen <strong>1975</strong> hatten<br />

vor allem Bedeutung für den schnellen Vorort-<br />

/S-Bahn- sowie den Güterverkehr. Dies waren<br />

die Abschnitte:<br />

• Köln-Mülheim – Bergisch Gladbach (Länge<br />

10 Kilometer; Inbetriebnahme 28. Mai <strong>1975</strong>)<br />

• Köln-Longerich – Köln-Chorweiler (Neubaustrecke;<br />

4 Kilometer; Inbetriebnahme<br />

28. Mai <strong>1975</strong>)<br />

• Hamburg Hbf – Landungsbrücken (Neubaustrecke;<br />

3 Kilometer: Inbetriebnahme<br />

30. Mai <strong>1975</strong>)<br />

• Abzw. Nordstern – Gelsenkirchen-Schalke<br />

– Wanne-Eickel (9 km; Inbetriebnahme<br />

1. Juni <strong>1975</strong>)<br />

• Duisburg-Ruhrort Hafen – Oberhausen-<br />

West Stw. 1/Abzw. Mathilde (8 Kilometer;<br />

28. September <strong>1975</strong>)<br />

• Düsseldorf-Unterrath – Düsseldorf-Flughafen<br />

(Neubaustrecke; 3 Kilometer; Inbetriebnahme<br />

27. Oktober <strong>1975</strong>)<br />

Nach Eröffnung des<br />

Elektrobetriebs<br />

Herford – Himmighausen<br />

fahren in<br />

Bad Salzuflen Elektro-<br />

und Dieselzüge<br />

parallel. Links ein<br />

624 nach Herford,<br />

rechts 141 281<br />

mit E 3119 nach<br />

Altenbeken (März<br />

1976) Dietrich Bothe<br />

Am 15. Dezember<br />

<strong>1975</strong> bespannt Ellok<br />

111 009 den<br />

Sonderzug zur Eröffnung<br />

des elektrischen<br />

Abschnitts<br />

Coburg – Neustadt<br />

b. Coburg (Bild in<br />

Coburg Pbf). Bereits<br />

1950 hat die<br />

DB den Abschnitt<br />

Lichtenfels – Coburg<br />

elektrifiziert<br />

DB Museum<br />

Auch die Strecke<br />

Würzburg – Osterburken<br />

kommt<br />

<strong>1975</strong> ins elektrische<br />

Netz. Bei Reichenberg<br />

passiert<br />

eine 023 mit ihrem<br />

Zug einen Turmtriebwagen<br />

der<br />

Baureihe 701<br />

Thomas Naumann<br />

Der Fortschritt zeigte sich langfristig vor allem<br />

in der Einsparung von Ressourcen, Personal<br />

und damit auch Kosten. Dass der Betrieb dadurch<br />

flüssiger gestaltet und vor allem erheblich<br />

beschleunigt werden konnte, war ein weiteres<br />

wichtiges Mosaiksteinchen auf dem Weg<br />

der <strong>Bundesbahn</strong> zu mehr Effizienz und weniger<br />

Defizit. Auch wenn sie mit diesem Ziel oftmals<br />

Mühe hatte. Oliver Strüber<br />

62


10.000 Kilometer und<br />

noch ein bisschen<br />

dazu: der Stand der<br />

Elektrifizierung bei<br />

der <strong>Bundesbahn</strong> zum<br />

Jahresende <strong>1975</strong> DB<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 63


Strecken und Fahrten<br />

Der kleine Turmbahnhof Mariagrube war ein Eisenbahnknotenpunkt im Aachener Steinkohlerevier, von dem man mit Triebwagen 795 oder 515<br />

in fünf Richtungen fahren konnte. Am 16. September <strong>1975</strong> steht ein Solo-795 zur Fahrt nach Aachen Nord bereit<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Vergangene Eisenbahnknoten<br />

Einstmals bedeutend<br />

Trotz mannigfacher Stilllegungen vor allem im ländlichen Raum bestanden <strong>1975</strong> im <strong>Bundesbahn</strong>-Netz<br />

noch eine Reihe von Eisenbahnknoten, auch auf Nebenbahnen. Allerdings wirkten<br />

sich die allgemeinen Fahrplaneinschränkungen vom 1. Juni des Jahres gerade dort stark aus.<br />

Sechs Knotenpunkte, die heute betrieblich nicht mehr wichtig sind<br />

Wer im <strong>Bundesbahn</strong>-Streckennetz<br />

nach Nebenbahnknoten Ausschau<br />

hielt, verzeichnete je nach Region<br />

höchst unterschiedliche Erfolge. Während es<br />

im Bereich der einstigen Preußischen Staatsbahn<br />

eine ganze Anzahl davon gab, tat man<br />

sich mit der Suche in Baden, Württemberg<br />

und Bayern schwerer. Letztlich war das auf<br />

die unterschiedliche Politik der einzelnen<br />

Länderbahnen zurückzuführen. Preußen versuchte<br />

an relativ vielen Stellen, auch durchgehende<br />

Nebenstrecken zu errichten. Dagegen<br />

war Bayern ein Verfechter des<br />

Stichbahnprinzips. Lokalbahnen sollten nur<br />

dem Zubringerverkehr zum Hauptbahnnetz<br />

dienen. Bei einer durchgehenden Nebenstrecke<br />

befürchtete man Verluste für die Hauptbahnen,<br />

und das sollte möglichst vermieden<br />

werden. Echte Nebenbahnknoten – Kreuzungspunkte<br />

mehrerer Strecken – waren im<br />

flächenmäßig großen Bayern folglich an zwei<br />

Händen abzuzählen. Eher noch gab es dort<br />

Bahnhöfe, in denen sich zwei Stichbahnen<br />

teilten (etwa Frensdorf oder Drahthammer<br />

bei Amberg). Auch die Bahnpolitik Württembergs<br />

und Badens tendierte in diese Richtung.<br />

Allerdings muss man in diesen Ländern<br />

die größere Verbreitung von Privatbahnen<br />

berücksichtigen, die sich weniger Restriktionen<br />

auferlegten …<br />

Erbe des Eisenbahnbaus: Vor allem im ehemals<br />

preußischen Netz gab es Nebenbahnknoten<br />

Durch das allgemeine Nebenbahnsterben<br />

bei der <strong>Bundesbahn</strong> wurde seit Mitte der 50er-<br />

Jahre auch die Zahl der Nebenbahnknoten beträchtlich<br />

verringert. Dennoch fanden sich<br />

<strong>1975</strong> durchaus noch einige Vertreter, wenngleich<br />

teilweise der Schienenreiseverkehr auf<br />

einzelnen Ästen bereits ruhte.<br />

Ein Kennzeichen des Fahrplanwechsels im<br />

Juni <strong>1975</strong> war bundesweit die verstärkt eingeführte<br />

Betriebsruhe auf der Schiene an Wochenenden<br />

– also in der Regel von Sonnabendnachmittag<br />

bis Montagmorgen – und<br />

64


Nebenbahnknoten<br />

Beispiel 3: Olpe<br />

Die sauerländische Kreisstadt Olpe erhielt<br />

schon früh einen Eisenbahnanschluss durch die<br />

damalige Bergisch-Märkische Eisenbahngesellwährend<br />

der Woche der nunmehrige Verzicht<br />

auf Züge in Tagesrandlagen. Das wirkte sich<br />

auch bei jenen Nebenbahnknoten aus, die im<br />

folgenden als Beispiele betrachtet werden.<br />

Beispiel 1: Sulingen<br />

Hier handelte es sich um einen geradezu klassischen<br />

niedersächsischen Knotenbahnhof,<br />

kreuzten hier doch zwei relativ lange Nebenstrecken!<br />

Allerdings besaß Sulingen 20 Jahre<br />

lang nur einen bloßen, wenn auch wichtigen<br />

Durchgangsbahnhof an der Linie (Bünde –)<br />

Rahden – Bassum, die von der Preußischen<br />

Staatsbahn in zwei Etappen eröffnet wurde:<br />

Rahden – Sulingen am 1. Oktober 1900, weiter<br />

bis Bassum am 1. August 1901. Damit war<br />

eine sekundäre Nord-Süd-Verbindung entstanden,<br />

die in DB-Tagen sogar zu Eilzugehren<br />

kam (mit den legendären Heckeneil zügen<br />

zwischen Bremen und Frankfurt über Bielefeld).<br />

<strong>1975</strong> trug sie die Kursbuchstreckennummer<br />

(KBS) 150. Die Ost-West-Querverbindung<br />

Nienburg – Sulingen – Diepholz<br />

wurde 1908 genehmigt, war aber erst ab Oktober<br />

1923 durchgehend befahrbar! In Sulingen<br />

befand sich auch ein kleiner Lokbahnhof.<br />

Die Strecke Diepholz – Nienburg stand<br />

verkehrlich stets im Schatten der Nord-Süd-<br />

Linie und verlor ihren Personenverkehr bereits<br />

in den 60er-Jahren: Im September 1966 zwischen<br />

Diepholz und Sulingen, im September<br />

1969 von Sulingen nach Nienburg. Dabei hatte<br />

der Bahnhof Sulingen in den 50er-Jahren<br />

noch ein neues Empfangsgebäude erhalten …<br />

Nach diesen Einschränkungen stellte Sulingen<br />

nur noch für den Güterverkehr einen Knotenpunkt<br />

dar. Im Winterfahrplan 1974/ 75 beschränkte<br />

sich das Zugangebot schon auf je zwei<br />

tägliche Eilzug- und Nahverkehrspaare. Zum<br />

Fahrplanwechsel am 1. Juni <strong>1975</strong> strich die<br />

<strong>Bundesbahn</strong> die Nahverkehrsleistungen komplett,<br />

die Eilzüge verkehrten nur noch werktags<br />

außer sonnabends. Dies entspricht einer<br />

Kürzung von 36 Prozent pro Woche. 19 Jahre<br />

später war dann mit der Streichung des letzten<br />

Eilzugpaares die Reiseverkehrsära für den Bahnhof<br />

Sulingen vollständig Vergangenheit. Heute<br />

gibt es lediglich Güterverkehr auf dem Abschnitt<br />

Diepholz – Sulingen – Barenburg (früherer<br />

Ast nach Rahden); das Sulinger Bahnhofsgebäude<br />

wurde vor einigen Jahren nach<br />

seinem Verkauf an die Gemeinde abgerissen.<br />

Beispiel 2: Mariagrube<br />

Einen der interessantesten Nebenbahnknoten<br />

im <strong>Bundesbahn</strong>-Netz besaß seit den frühen<br />

50er-Jahren Mariadorf im Aachener Revier:<br />

Dort fand sich eine Kombination von Turmund<br />

Anschlussbahnhof. Es kreuzten niveaufrei<br />

Mariagrube lag an<br />

den KBS 452–454<br />

die Nebenbahnen<br />

Stolberg – Herzogenrath<br />

(<strong>1975</strong>: KBS 452)<br />

und Aachen Nord –<br />

Jülich (KBS 454),<br />

und es begann die<br />

Stichstrecke zur Grube<br />

Emil Mayrisch<br />

(KBS 453; öffentlicher<br />

Verkehr nur bis<br />

In den späten 70ern verfügt Sulingen noch über Wasserkräne, obwohl die Diesellok längst den Betrieb<br />

erledigt. Eine 220 trifft 1977 mit einem Eilzug in Sulingen ein W.-D. Loos (o.), Karten: Slg. K. Rothzoll<br />

OBEN/RECHTS <strong>1975</strong><br />

ist Sulingen für den<br />

Personenverkehr nur<br />

noch Unterwegshalt<br />

(o.); die Bahnanlagen<br />

sind recht ausgedehnt<br />

(r., 1977)<br />

Wolf-Dietmar Loos (r.)<br />

zum vor dem Werksbahnhof gelegenen Haltepunkt<br />

Siersdorf). Außerdem hatte die DB<br />

1953 eine Verbindungskurve vom unteren<br />

Bahnhofsteil hinauf zur Alsdorfer Strecke (Abzweig<br />

Kellersberg) eröffnet. Trotz des hohen<br />

Verkehrsaufkommens begann die DB aber<br />

schon keine zehn Jahre später mit Fahrplaneinschränkungen<br />

– zunächst an Sonntagen<br />

zwischen Aachen Nord und Jülich.<br />

Zum Sommerfahrplan <strong>1975</strong> hatte es weitere<br />

Kürzungen gegeben. Außer in Tagesrandlagen<br />

ruhte nun auch sonnabends der<br />

Verkehr nach Aachen und Jülich sowie sonntags<br />

zwischen Stolberg und Herzogenrath.<br />

Unter der Woche war der mit Triebwagen abgewickelte<br />

Reiseverkehr aber immer noch beachtlich,<br />

wie die Zugzahlen (wegen Unpaarigkeit<br />

addierte Werte für beide Richtungen)<br />

beweisen: Grube Emil Mayrisch 14, Jülich 20,<br />

Aachen Nord 22, Herzogenrath 26 und Stolberg<br />

22. Und immer noch gab es für den Berufsverkehr<br />

einige durchgehende Verbindungen<br />

Grube Emil Mayrisch – Mariagrube –<br />

Herzogenrath über die Kellersberger Kurve!<br />

Nachmittags konnte man beispielsweise gegen<br />

15 Uhr vier Reisezüge zugleich im Bahnhof erleben:<br />

Unten kreuzten zwei Triebwagen der<br />

Relation Aachen Nord – Jülich, oben passierte<br />

ein Triebwagen Herzogenrath – Stolberg<br />

den (einzigen) Bahnsteig und schließlich gab<br />

es noch den Zuglauf Grube Emil Mayrisch –<br />

Herzogenrath am Durchgangsbahnsteig der<br />

Verbindungskurve. Lange sollte diese Nebenbahnherrlichkeit<br />

aber nicht mehr währen. Im<br />

Mai 1980 endete der Reiseverkehr Aachen<br />

Nord – Jülich und im Dezember 1984 auch<br />

auf den anderen Strecken.<br />

Der Nebenbahnknoten Olpe an den Kursbuchstrecken<br />

361 und 416, Stand <strong>1975</strong><br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 65


Strecken und Fahrten<br />

FOKUS HAUPT<strong>BAHN</strong>KNOTEN WUPPERTAL-WICHLINGHAUSEN<br />

Betrachtet man Eisenbahnknoten, die <strong>1975</strong><br />

noch existierten (und in gewisser Weise<br />

wichtig waren), aber heute ihre Bedeutung eingebüßt<br />

haben, so finden sich hierfür nicht nur<br />

auf Nebenbahnen Beispiele. Ein (kleiner)<br />

Hauptbahnknoten ist Wuppertal-Wichlinghausen,<br />

den man heute sogar auf aktuellen Eisenbahnkarten<br />

gar nicht mehr findet.<br />

Die Ausgangslage<br />

<strong>1975</strong> gab es im Bahnhof Wuppertal-Wichlinghausen<br />

noch ganz regulären Betrieb, wenn auch<br />

schon nicht mehr so viel wie in den Jahren davor.<br />

Entstanden ist der Bahnhof unter dem Namen<br />

„Ober-Barmen (Rh)“ mit dem Bau der Rheinischen<br />

Strecke von (Düsseldorf-)Derendorf nach<br />

(Dortmund-)Hörde, die am 15. Sep tember 1879<br />

durchgehend eröffnet wurde. Gedacht als Konkurrenzlinie<br />

zur im Tal der Wupper verlaufenden Strecke<br />

der Bergisch-Märkischen Eisenbahn (BME),<br />

führte die Rheinische Strecke in erhöhter Lage an<br />

den Nordhängen der noch eigenständigen Städte<br />

Elberfeld und Barmen entlang. Dies machte aufwendige<br />

Bauwerke erforderlich, hielt die Steigungen<br />

aber im Gegensatz zur BME mit deren<br />

Steil rampe bei Hochdahl gering. Mit dem Bau der<br />

aus nördlicher Richtung einmündenden Strecke<br />

aus Hattingen wurde der im engen Gleisbogen gelegene,<br />

1892 in „Barmen-Wichlinghausen“ umbenannte<br />

Bahnhof 1884 endgültig zum kleinen<br />

Knotenpunkt. Der Ausbau ging weiter: 1890 entstand<br />

in Form einer großen S-Kurve die Einführung<br />

in den Bahnhof Barmen-Rittershausen (seit<br />

1930: Wuppertal-Oberbarmen) an der BME-Tallinie.<br />

Dadurch wurde Wichlinghausen zum Keilbahnhof.<br />

Fortan bildete er den östlichen Zugang<br />

von der Rheinischen Strecke zu den anderen Wuppertaler<br />

Bahnhöfen, dazu entstand hier auch ein<br />

großer Rangierbahnhof mit Ablaufberg.<br />

OBEN Im Mai 1973 begegnet<br />

052 625 im<br />

Bahnhof Wuppertal-<br />

Wichlinghausen einem<br />

Akkutriebwagen-Gespann;<br />

die Dampflok<br />

holt hier einen Güterzug<br />

mit Ziel Vohwinkel<br />

ab, die Garnitur aus<br />

515/815 ist im Personenverkehr<br />

unterwegs<br />

Wolfgang Bügel/Bildarchiv<br />

der Eisenbahnstiftung<br />

RECHTS Am 31. Juli<br />

<strong>1975</strong> erreicht der<br />

(offiziell) letzte<br />

dampflokbespannte<br />

Kalkzug Gag 58988<br />

aus Geseke den<br />

Bahnhof Wuppertal-<br />

Wichlinghausen. Für<br />

die Leistung ist<br />

044 674 eingeteilt<br />

Wolfgang Bügel/Bildarchiv<br />

der Eisenbahnstiftung<br />

Zugverkehr ab den späten 70ern<br />

Trotz ihrer steigungsarmen Streckenführung<br />

stand die Rheinische Strecke immer im Schatten<br />

der BME-Verbindung und erlangte im Personenverkehr<br />

nur regionale Bedeutung, während<br />

man im Güterverkehr gern auf sie zurückgriff.<br />

Ähnlich erging es auch der Hattinger Strecke<br />

(KBS 336). Im Winter <strong>1975</strong>/76 wies das Kursbuch<br />

für sie nurmehr sechs Zugpaare auf, zwei<br />

weitere Züge endeten aus Richtung Wuppertal-<br />

Oberbarmen kommend in Wichlinghausen. Auf<br />

der zuletzt allein mit Akkutriebwagen 515 und<br />

Schienenbussen betriebenen Strecke endete<br />

der Personenverkehr zum 30. November 1979<br />

und 1984 wurde die ganze Strecke stillgelegt.<br />

Auf der Rheinischen Strecke hingegen sah es<br />

<strong>1975</strong> noch besser aus: Zwar war der Personenverkehr<br />

auf dem östlichen Abschnitt von<br />

Wichlinghausen in Richtung Hagen bereits<br />

1971 eingestellt worden (letzten Güterverkehr<br />

gab es noch bis 1989), doch vermeldete das<br />

Kursbuch für die KBS 401 Düsseldorf/Wuppertal-Vohwinkel<br />

– Wuppertal-Wichlinghausen immerhin<br />

noch insgesamt 21 Zugpaare. Ab 1984<br />

dünnte die DB aber auch hier den Zugverkehr<br />

aus; übrig blieb zuletzt nur noch ein Alibi-Zugpaar.<br />

Der Anfang vom Ende der Rheinischen<br />

Strecke und damit auch des Bahnhofs Wichlinghausen<br />

kam am 27. September 1991, als<br />

die DB den kompletten Personenverkehr einstellte.<br />

Der Güterverkehr hielt sich kaum länger.<br />

1996 wurden die Gleise an mehreren<br />

Stellen demontiert, so auch im Wichlinghauser<br />

Bahnhof. Der kleine Bahnknoten im Bergischen<br />

Land war Geschichte. Heute befindet<br />

sich hier das erste Teilstück eines Radweges,<br />

der später einmal auf der Trasse der Rheini-<br />

schen Strecke durch ganz Wuppertal führen<br />

soll.<br />

Eine Besonderheit sei abschließend noch erwähnt.<br />

Der Bahnknoten verfügte im Laufe seiner<br />

Geschichte über insgesamt vier Namen.<br />

Nacheinander waren dies:<br />

Ober-Barmen (Rh) ......................... 1879 – 1892<br />

Barmen-Wichlinghausen ................ 1892 – 1930<br />

Wichlinghausen ...................... 1930 – 1952/53<br />

Wuppertal-Wichlinghausen ...... 1952/53 – 1991<br />

OLIVER STRÜBER<br />

schaft (BME), indem man die 1874 eröffnete<br />

Zweigstrecke Finnentrop (an der wichtigen<br />

Ruhr-Sieg-Strecke) – Attendorn ab 1. November<br />

1875 bis Olpe verlängerte. Zum 1. Dezember<br />

1880 wurde aus dem Endbahnhof Olpe<br />

eine Durchgangsstation durch Inbetriebnahme<br />

der Verlängerung nach Rothemühle. 1907<br />

schließlich wurden die Stadt Freudenberg bzw.<br />

das Siegtal bei Kirchen direkt per Schiene verbunden.<br />

Zum Knotenpunkt wurde der Bahnhof<br />

Olpe bereits einige Jahre vorher. Mit dem<br />

am 1. September 1903 vollzogenen Lückenschluss<br />

Olpe – Bergneustadt gab es nun auch<br />

eine durchgehende Verbindung hinüber ins<br />

Bergische Land und weiter an den Rhein.<br />

Im bis 31. Mai <strong>1975</strong> gültigen Winterfahrplan<br />

war der Schienenreiseverkehr um Olpe<br />

auf der KBS 361 Finnentrop – Olpe –<br />

66


Wuppertal-Wichlinghausen, Daun, Olpe<br />

Rothemühle noch recht umfangreich; das galt<br />

unter der Woche auch für die KBS 416 Olpe –<br />

Dieringhausen, doch gab es hier sonntags<br />

schon starke Einschränkungen. Es fuhren weit<br />

überwiegend Schienenbusse, in/aus Richtung<br />

Rothemühle sogar ausschließlich.<br />

Der Fahrplanwechsel zum Sommer <strong>1975</strong><br />

brachte für den Bahnhof Olpe Kürzungen unterschiedlichen<br />

Ausmaßes. Richtung Finnentrop<br />

entfielen nur einzelne Züge (wöchentlich<br />

vier Prozent), doch sah es auf den beiden anderen<br />

Ästen düster aus. Von Samstagnachmittag<br />

bis Montagmorgen herrschte fortan Betriebsruhe.<br />

Nach/von Rothemühle schrumpfte<br />

das wöchentliche Angebot um 34 Prozent, auf<br />

der Dieringhauser Strecke gar um 58 Prozent.<br />

Das beachtliche Verkehrspotenzial dort überließ<br />

die DB weitestgehend dem Bus. Daher<br />

war eine spätere Stilllegung der Streckenäste in<br />

Richtung Dieringhausen (Dezember 1979)<br />

und Rothemühle (Reiseverkehr Mai 1983) nur<br />

eine Frage der Zeit. Der einstige Bahnhof Olpe<br />

ist heute Endhaltepunkt der im Stundentakt<br />

betriebenen Strecke aus Finnentrop.<br />

Beispiel 4: Daun<br />

In der herb-schönen Vulkaneifel gelegen, erhielt<br />

Daun seinen Bahnhof an der am 15. Mai<br />

OBEN Im Januar 1977<br />

steht 211 230 mit<br />

ihrem Nahverkehrszug<br />

in Olpe. Der lokbespannte<br />

Zug wirkt<br />

hier eher etwas ungewöhnlich<br />

...<br />

Udo Kandler<br />

RECHTS ... denn in<br />

erster Linie war Olpe<br />

ein Schienenbusrevier<br />

(Foto mit 795<br />

und 995) Udo Kandler<br />

UNTEN RECHTS Daun<br />

(KBS 602, 623) und<br />

Simmern (KBS 606,<br />

607) im DB-Netz ‘75<br />

Ähnlich wie Olpe wurde Daun erst im frühen<br />

20. Jahrhundert ein kleiner Knotenpunkt. Die<br />

Preußische Staatsbahn eröffnete nach Süden<br />

den Abschnitt Daun – Gillenfeld. Vom Juli<br />

1910 an konnte durch den Lückenschluss Gillenfeld<br />

– Wittlich auch das Gebiet um die<br />

Mittelmosel direkt erreicht werden. <strong>1975</strong> war<br />

dies die KBS 623 Daun – Wengerohr.<br />

Fahrplankürzungen in Daun: Von Samstagmittag bis<br />

Montagmorgen fuhren keine Reisezüge mehr<br />

1895 in Betrieb gegangenen Eifelquerbahn<br />

Mayen Ost – Gerolstein (<strong>1975</strong>: KBS 602).<br />

Bis Mai <strong>1975</strong> hatte der Fahrplan die Struktur<br />

aus den späten 60er-Jahren mit – wenn auch<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

67


Strecken und Fahrten<br />

Mitte der 70er-Jahre hat der Bahnhof von Daun in der Eifel durchaus ein<br />

gewisses Verkehrsaufkommen. Davon zeugen der Güterwagen an der<br />

Laderampe und der Gepäckkarren rechts<br />

Selbst ein kleiner Lokbahnhof war in Daun vorhanden. Mitte der 70er-<br />

Jahre präsentierte er sich noch gut gepflegt, die Spitzenzeiten der<br />

Nutzung lagen aber schon hinter ihm Ulrich Rockelmann (2)<br />

nicht allzu gutem – täglichen Zug angebot. Nur<br />

ein Paar zwischen Gerolstein und Mayen war lokbespannt,<br />

sonst sah man Schienenbusse.<br />

Die Fahrplankürzungen zum 1. Juni zeigten<br />

sich auf die Woche verteilt nicht einmal so stark,<br />

doch lag der Teufel im Detail. Einmal gab es von<br />

Samstagnachmittag bis zum frühen Montagmorgen<br />

auf allen drei Streckenästen keine Reisezüge<br />

mehr. Von Daun in Richtung Gerolstein reduzierte<br />

sich das Wochenangebot um 14 Prozent,<br />

in Richtung Mayen um 13 Prozent. Werktags außer<br />

sonnabends entfielen nur wenige Züge, dafür<br />

endete am Samstag der Zugverkehr gegen 15 Uhr.<br />

Atypisch zeigte sich der neue Fahrplan auf der<br />

KBS 623 Daun – Wittlich. Während sonntags<br />

acht und samstags zwei Züge entfielen, kamen<br />

unter der Woche sogar zwei Leistungen zwischen<br />

Daun und Gillenfeld dazu. Diese stellten indes<br />

keine Kundenfreundlichkeit der DB dar, sondern<br />

waren vor allem umlaufbedingt! Auf die ganze<br />

Woche bezogen also letztlich ein „Nullsummenspiel“…<br />

1988 wurde dann durch Stilllegung des<br />

Abschnitts Daun – Schalkenmehren der Bahnhof<br />

Daun zu einer reinen Durchgangsstation.<br />

Beispiel 5: Simmern<br />

Die älteste Bahnverbindung Simmerns datiert<br />

vom 7. Oktober 1889 mit Inbetriebnahme der<br />

Stichstrecke von Langenlonsheim (Anschluss an<br />

die Nahebahn) hinauf in den Hunsrück. 1901<br />

eröffnete Preußen gleich zwei weitere Bahnen<br />

von Simmern aus: am 15. Juli nach Kirchberg<br />

(Hunsrück) und am 20. Oktober bis Kastellaun.<br />

Beide Orte waren nicht als Dauer-Endpunkte<br />

angesehen, denn es entstanden jeweils<br />

Lückenschlüsse nach Südwesten und Nordosten.<br />

Durchgehenden Nebenbahnverkehr bis<br />

Hermeskeil gab es seit Oktober 1903, bis Boppard<br />

im Rheintal ab August 1908. Die vierte<br />

Simmerner Strecke entstand bei der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Reichsbahn und wurde am 16. August<br />

1921 bis Gemünden (Hunsrück) eröffnet. Sie<br />

wies stets nur einen bescheidenen Verkehr auf<br />

und wurde von der DB bereits im November<br />

1963 (Personenverkehr) bzw. zum Jahresende<br />

1964 (Güterverkehr) stillgelegt. Simmern<br />

besaß auch ein kleines Bahnbetriebswerk.<br />

Das Zugangebot bis Ende Mai <strong>1975</strong> zeigte<br />

sich zwar mager, doch bestand außer in<br />

Richtung Hermeskeil noch Verkehr an Sonnund<br />

Feiertagen. Auf den Strecken Simmern –<br />

Boppard (KBS 606) und Simmern – Hermeskeil<br />

(Teil der KBS 607) waren Schienenbusse<br />

im Einsatz, auf der Strecke Simmern –<br />

Langenlonsheim (zweiter Teil der KBS 607)<br />

überwiegend. Der Fahrplanwechsel zum<br />

Das Jahr <strong>1975</strong> war eine Wendemarke: Für viele<br />

Nebenbahnknoten begann der Niedergang<br />

1. Juni brachte – außer auf der ohnehin schon<br />

schwach bedienten Hermeskeiler Strecke –<br />

spürbare Einschränkungen. Generell führte<br />

die DB von Sonnabendnachmittag bis Montagmorgen<br />

eine Betriebsruhe ein. Von und<br />

nach Langenlonsheim sank das wöchentliche<br />

Zugangebot um 14 Prozent, auf der Bopparder<br />

Strecke sogar um 25 Prozent. Der Grund:<br />

Der Sonntagsverkehr entfiel, unter der Woche<br />

strich man vor allem Früh- und Abendzüge.<br />

Nach Stilllegung der Verbindung Simmern<br />

in Richtung Emmelshausen 1983 besitzt<br />

Simmern einen bloßen Durchgangsbahnhof,<br />

wobei die Reaktivierung der Strecke<br />

Langenlonsheim – Simmern – Flugplatz<br />

Hahn im Reiseverkehr inzwischen fraglich erscheint.<br />

Rückblickend betrachtet, stellt gerade das<br />

Jahr <strong>1975</strong> bei der <strong>Bundesbahn</strong> eine Wendemarke<br />

dar. Setzte doch mit dem eingeführten<br />

Sparfahrplan vielfach der Niedergang ein, der<br />

die Nebenbahnknoten reduzierte und vielfach<br />

obsolet machte. Die vorgestellten Bahnhöfe<br />

liefern ein beredtes Beispiel dafür.<br />

Ulrich Rockelmann/GM<br />

Im September 1973<br />

entstand dieses Bild<br />

vom kleinen Bahnbetriebswerk<br />

des<br />

Nebenbahnknotens<br />

Simmern. Noch hat<br />

die DB hier Verwendung<br />

für Dieselloks,<br />

aber die Buskonkurrenz<br />

ist ebenfalls<br />

schon präsent<br />

Wolf-Dietmar Loos<br />

68


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06/12<br />

01/13<br />

02/13<br />

03/13<br />

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Erinnerungen<br />

Unterwegs mit der Bezirkswochenkarte<br />

Mit der Bahn auf<br />

Dampflokjagd<br />

Traditionell nutzt der jugendliche Martin Weltner die Zeit nach<br />

Weihnachten zu Ausflügen mit und zu der Eisenbahn. Ende <strong>1975</strong><br />

ist er den Strecken vor der Haustür auf der Spur: Mit der<br />

Bezirkswochenkarte geht es durch Niedersachsen und zu den<br />

letzten Dampfloks im Harz<br />

Am kalten 29. Dezember <strong>1975</strong> steht die Lehrter<br />

052 491 mit dem E 3104 abfahrbereit im<br />

Bahnhof Bad Harzburg. Die Dampflok wird<br />

den Zug bis Goslar ziehen, wo ihn eine Diesellok<br />

zur Weiterfahrt nach Hannover übernimmt<br />

Aufnahmen des Beitrags: Martin Weltner<br />

70


Bahnreise <strong>1975</strong><br />

LINKS Mit einer<br />

Bezirks- bzw.<br />

Bezirkswochenkarte<br />

war der<br />

Autor im Jahre<br />

<strong>1975</strong> mehrfach<br />

unterwegs<br />

RECHTS Der<br />

Bezirk "Kassel<br />

322" ermöglichte<br />

Fahrten<br />

von Hameln in<br />

den Harz und<br />

bis nach Kassel<br />

Im Jahr <strong>1975</strong> war an eine Bahncard noch nicht zu denken, aber die<br />

<strong>Bundesbahn</strong> bot eine Reihe von Fahrpreisvergünstigungen an, die<br />

das Bahnfahren preiswerter und teilweise auch einfacher machten.<br />

Großer Beliebtheit erfreuten sich seinerzeit die einen Monat geltenden<br />

Bezirkskarten und ihre kleinere Variante, die Bezirkswochenkarte. Diese<br />

galt auf einem Schienennetz von rund 1.000 Kilometern Länge. Das<br />

DB-Netz war dafür in zahlreiche Bezirke aufgeteilt, die sich mehr oder<br />

weniger überlappten.<br />

Im Winterfahrplanabschnitt <strong>1975</strong>/76 kostete eine solche Bezirkswochenkarte<br />

65,- DM. Dafür konnte man sieben Tage lang Nahverkehrs-<br />

, Eil-, D- und DC-Züge unbeschränkt benutzen. Die noblere<br />

Variante, die Bezirkswochenkarte 1. Klasse berechtigte (für 150,- DM)<br />

auch zur Nutzung von IC- und TEE-Zügen ohne Zuschlag.<br />

Tour in den Harz<br />

Die Tage nach Weihnachten wurden von mir wie üblich für eine ausgedehnte<br />

Fototour genutzt. Ende Dezember <strong>1975</strong> ging es aber nicht in<br />

fernere Gefilde wie Hof oder Rottweil, sondern in den Harz und das<br />

östliche Niedersachsen. Ziel waren die Dampfloks der Baureihen 044<br />

und 050-053, die in Lehrte und Ottbergen ihren letzten Fahrplanabschnitt<br />

vor sich hatten – Ende Mai 1976 sollte die Herrlichkeit enden.<br />

Und für Fahrten dorthin war die Bezirkswochenkarte ideal.<br />

Ganz früh morgens um 04:30 Uhr machten wir uns am 29. Dezember<br />

auf den Weg. Wir, das waren zwei gleichgesinnte Freunde und<br />

ich. Unser Ziel: die beiden morgendlichen Reisezüge im Harz, die zwischen<br />

Bad Harzburg und Goslar noch mit Dampfloks bespannt wurden.<br />

Das war ein lohnendes Fotoziel.<br />

Mit einer Ellok 141 und einem Wendezug aus Silberlingen ging es<br />

zunächst als Zug 5801 von Hameln nach Weetzen. Die Türen schlossen<br />

automatisch, was damals noch keinesfalls die Regel war. In Weetzen<br />

gab es Anschluss an den Zug 4801, der über die Deisterbahn von<br />

Haste kam und uns bis Hannover brachte. Auch hier Standardmaterial:<br />

eine Seelzer 141 mit Silberlingen, die noch im Originalzustand daher<br />

kamen; mit Kunstledersitzen und allen Fenstern zum Öffnen. Nach<br />

einer knappen halben Stunde Aufenthalt fuhren wir weiter mit E 3101<br />

nach Goslar. Diesmal lief eine Diesellok 216 aus Braunschweig an der<br />

Spitze und hatte ein Sammelsurium von Wagen am Zughaken: Silberlinge,<br />

einen Mitteleinstiegs-Eilzugwagen, einen Umbau-Vierachser<br />

und als krönenden Schluss des Zuges einen noblen Schürzenwagen<br />

1./2. Klasse. Längst aus dem Fernverkehr verdrängt, bot er mit (in der<br />

2. Klasse) Abteilen mit acht Sitzplätzen Schnellzugkomfort der 50er-<br />

Jahre. Keine Frage: Den mussten wir nehmen.<br />

„Bitte Türen schließen, der Zug fährt ab“ tönte es um 06:04 Uhr<br />

aus dem Bahnsteiglautsprecher. Geschmeidig rollte der Wagen von der<br />

Landeshauptstadt in Richtung Goslar. Kein Vergleich zu den Silberlingen,<br />

in denen immer etwas klapperte und schepperte. Pünktlich erreichte<br />

der Zug nach sieben Zwischenhalten und anderthalb Stunden<br />

Fahrtzeit die Kaiserstadt am Harz, wo uns schon ein Dampfzug erwartete.<br />

Am Hausbahnsteig stand der Leerreisezug für den E 3104 Bad<br />

Harzburg –<br />

Goslar – Hannover<br />

mit<br />

Kurswagen<br />

nach Köln –<br />

seinerzeit der<br />

prominenteste<br />

Dampfreisezug<br />

der DB,<br />

wenngleich<br />

die eingesetzte 44 oder 50 (das Goslarer Personal hatte da frühmorgens<br />

die freie Auswahl) nur die elf Kilometer von Bad Harzburg nach Goslar<br />

am Zug blieb. Ein, zwei Bilder vom Leerzug, der schnell den Bahnhof<br />

verließ, dann ging es mit einem Schienenbus (Nahverkehrszug<br />

6762, im Kursbuch ohne Buchstabe vor der Zugnummer) hinterher<br />

nach Bad Harzburg. Die an diesem Tag eingesetzte 50er hatte mittlerweile<br />

umgesetzt und stand vor ihren sechs 26,4-Meter-Wagen abfahrbereit<br />

am Bahnsteig. Gleich im ersten Wagen hinter der Lok fanden<br />

wir in einem freien Abteil des E 3104 Platz: Um 08:16 Uhr ging<br />

es los und die folgenden 13 Minuten bis zur Ankunft in Goslar blieb<br />

die „Rübe“ draußen. Galt es doch, den Klängen der schwer arbeitenden<br />

Lok zu lauschen und den Geruch von Dampf und heißem Öl zu<br />

schnuppern.<br />

Dampftraktion pur: Von Bad Harzburg<br />

bis Goslar blieb die „Rübe draußen“<br />

Von Goslar aus brachte uns ein Schienenbus als Zug 6121 zurück<br />

nach Bad Harzburg, wo mit dem E 3536 nach Goslar samt Kurswagen<br />

nach Flensburg der nächste Dampfzug anstand. Nur zwei Wagen<br />

umfasste er, doch durch zwei Zwischenhalte brauchte er 17 Minuten<br />

für die Fahrt nach Goslar.<br />

Von Goslar fuhren wir dann in einem weiteren Eilzug nach Kreiensen,<br />

und auch diese Fahrt verlief stilvoll. Letzter Wagen im Zug war<br />

ein aus Polen stammender Schnellzugwagen der Hecht-Bauart: Seitengang,<br />

acht Sitzplätze im Abteil und viel verbautes Holz sorgten in<br />

dem fast 50 Jahre alten Wagen für eine heimelige Atmosphäre.<br />

Nach einem Abstecher nach Herzberg ging es über Goslar am Abend<br />

nach Braunschweig: Höhepunkt des Tages war die nun folgende Mitfahrt<br />

im Zug 6178 Braunschweig – Goslar, dem damals längsten Dampflok-<br />

Durchlauf vor einem DB-Reisezug. Obwohl im Kursbuch mit dem Triebwagen-Piktogramm<br />

(so was gab es damals noch!) gekennzeichnet, verkehrte<br />

der Zug planmäßig mit einer Lehrter 50er und sechs Reisezugwagen.<br />

57 Minuten hatte der Fahrplan für die 53 Kilometer nach Goslar vorgesehen,<br />

und das bei sieben Zwischenhalten – hier waren erfahrene Männer<br />

am Regler und eine „sportliche“ Fahrweise gefragt. Ohne scharfes Anfahren<br />

und beherztes Bremsen war die Fahrzeit nicht zu halten.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 71


Erinnerungen<br />

Schwer arbeiten muss die Tender voraus fahrende 044 671 vom Bw Ottbergen am 30. Dezember<br />

<strong>1975</strong>, um ihren Güterzug nach Northeim im Bahnhof Herzberg in Gang zu setzen<br />

„Differenz Ortszeit zu Berlin-Zeit -14 Minuten“ verkündet ein verblasster Schriftzug unterhalb<br />

der Bahnhofsuhr in Hardegsen<br />

Nachdem der Zug pünktlich um 19:53 Uhr mit qualmenden Bremsen<br />

in Goslar eingelaufen war, steuerten wir erst einmal die Bahnhofsgaststätte<br />

an, um die Erlebnisse des Tages Revue passieren zu lassen.<br />

Und wir waren uns einig, das am nächsten Tag noch einmal oder so<br />

ähnlich erleben zu wollen.<br />

Kühne Entschlüsse dank der Karte<br />

Da die Bezirkswochenkarte bis nach Kassel reichte, fassten wir einen<br />

kühnen Entschluss: eine Nacht im Zug bzw. in zwei Zügen zu verbringen.<br />

Mit dem E 3172 als letztem Zug des Tages fuhren wir nach<br />

Hannover, das wir um 23:06 Uhr erreichten. Pünktlich um 23:56 Uhr<br />

rollte D 599 Kiel – Lindau in den Bahnhof ein, der uns die erste Nachthälfte<br />

beherbergen sollte. An der Zugspitze fanden wir ein leeres Abteil,<br />

schnell waren das Licht gelöscht und die Vorhänge zum Abteil<br />

zugezogen; Sitze in Liegestellung und möglichst nicht fest einschlafen.<br />

Wenigstens einer von uns musste halbwegs wach bleiben, denn um<br />

02:59 Uhr hieß es in Kassel umsteigen in den Gegenzug D 598, der<br />

um 03:05 Uhr in Richtung Norden abfahren sollte. Alles kein Problem,<br />

unser Rückreisezug stand schon am selben Bahnsteig bereit – geschätzte<br />

acht Meter Fußmarsch, und wir fanden auch hier wieder ein Abteil<br />

für uns. Nach anderthalb Stunden flotter Fahrt über die Nord-Süd-<br />

Nächtliche Spritztour nach Kassel –<br />

Ankunft 02:59 Uhr, Abfahrt 03:05 Uhr!<br />

Strecke stiegen wir um 04:35 Uhr in Kreiensen aus, von wo uns ein<br />

als Zug 6105 geführter Schienenbus mit Halten „an jeder Milchkanne“<br />

wieder nach Goslar brachte, wo wir schon wieder dem damals noch<br />

alltäglichen Dampfspektakel entgegen fieberten ... So haben wir das<br />

Jahresende <strong>1975</strong> und den Jahresbeginn 1976 mit aufregenden Touren<br />

kreuz und quer durch „unseren“ Bezirk verbracht. Es sollte nicht<br />

das letzte Abenteuer im <strong>Bundesbahn</strong>-Netz bleiben. Martin Weltner<br />

72


„Nachtfahrt“ mit der Bezirkswochenkarte<br />

OBEN Auch am frühen Abend gibt es noch einen dampf bespannten Reisezug Goslar – Bad Harzburg:<br />

Eine Lehrter 50er wird E 3547 mit seinen Kurswagen aus Flensburg in den Kurort bringen<br />

LINKS Nostalgisch<br />

reisen im Jahre<br />

<strong>1975</strong>: In einem<br />

Eilzug von Goslar<br />

nach Kreiensen<br />

bildet dieser Hechtwagen<br />

polnischen<br />

Ursprungs den Zugschluss<br />

RECHTS Ein Blick in<br />

den Hechtwagen mit<br />

seinem Seitengang<br />

und den hölzernen<br />

Schiebetüren zu den<br />

achtsitzigen Abteilen<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

73


Momentaufnahmen<br />

Den dynamischen Schwung der 50er-Jahre-Formen nehmen die Triebzüge 601/602 auch in die<br />

70er mit. Sie fahren unter anderem im IC-Verkehr (Bild bei Münster (Westf)) Ludwig Rotthowe<br />

<strong>Bundesbahn</strong>-Impressionen<br />

Das ist die DB!<br />

Wer sagt, dass die <strong>Bundesbahn</strong> kein Flair hat? Ob letzte<br />

Dampfnostalgie, uriger Bahnhof oder dynamischer Reisezug,<br />

der Alltagsbetrieb kann durchaus beeindrucken.<br />

Erinnerungen an charakteristische Seiten der DB<br />

Links zum Personalbüro, rechts zum Gleis -<br />

lager und geradeaus zu den Dampfloks: Im<br />

Bahnbetriebswerk Duisburg-Wedau hat alles<br />

seine Ordnung (Bild vom September <strong>1975</strong>).<br />

Und für den Fan sind es paradiesische Verhältnisse<br />

Udo Kandler/Bildarchiv der Eisenbahnstftg.<br />

Auch in der angestrebten modernen Eisenbahnwelt<br />

hat die Zugschlusslaterne mit Petroleumlicht<br />

ihren festen Platz. Meist findet<br />

man sie auf Güterzügen, manchmal auch im<br />

Nahverkehr. Die Laternen bleiben noch bis<br />

weit in die 80er-Jahre hinein im Einsatz (Aufnahme<br />

in Bebra)<br />

Udo Kandler


<strong>Bundesbahn</strong>-Impressionen<br />

Auf den DB-Nebenbahnen sind es Mitte der<br />

70er-Jahre oftmals Umbauwagen, welche die<br />

Reisenden von der Bahnsteigkante abholen.<br />

Ausnahmsweise hat sich hier ein Schnellzugwagen<br />

dazu gesellt. Mit dem Vorkriegspackwagen<br />

ist außerdem noch ein typisches<br />

Fahrzeug für Nahverkehrs- und Eilzüge dabei.<br />

Aufgenommen in Waldkirchen, Strecke Passau<br />

– Freyung<br />

Jürgen A. Bock<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

75


Strecken und Fahrten<br />

Am 15. Mai 1976 steht Diesellok 218 254 mit E 3590 in Lenggries bereit. Der Zug nahm seit dem Winterfahrplan <strong>1975</strong>/76 die Wagen des<br />

vorigen Saison-Eilzugs E 3594 auf, womit die DB jenen Zug und eine Fahrt einsparte. Die Fahrplanlage des E 3594 und ein Versagen der Fahrdienstleiter<br />

hatten am 8. Juni <strong>1975</strong> bei Warngau eine Katastrophe heraufbeschworen<br />

Claus-Jürgen Schulze<br />

Zugverkehr im bayerischen Oberland 1974/75<br />

Ein Unfall als Merkpunkt<br />

Zwei Strecken erschließen von München aus das bayerische Oberland. Die eine führt nach Lenggries,<br />

die andere nach Bayrischzell. In den 70er-Jahren haben sie teilweise Taktverkehr erhalten. Vor allem<br />

aber bleibt ein Ereignis in Erinnerung: der schwere Zugzusammenstoß bei Warngau am 8. Juni <strong>1975</strong><br />

Als 1972 in München das S-Bahn-Zeitalter<br />

begann, hatte dies auch mehr oder<br />

weniger große Auswirkungen auf den<br />

Regionalverkehr der von München ausgehenden<br />

Strecken. Besonders beeinflusst wurde das<br />

Angebot ins „bayerische Oberland“, denn hier<br />

wurde zu dieser Zeit bereits der Taktverkehr<br />

eingeführt. Die Eilzüge nach Lenggries und<br />

Bayrischzell verkehrten im exakten Zwei-<br />

Stunden-Takt. Zwischen 7 Uhr und 20 Uhr<br />

ergab dies sieben tägliche Zugpaare je Relation<br />

– das Zugangebot war damit freilich nicht<br />

so üppig, wie man es bei dem heutigen Stundentakt<br />

kennt.<br />

Bei den Lenggrieser Taktzügen fand die Begegnung<br />

der Züge in Holzkirchen statt, damit<br />

entsprach das Taktschema schon dem heutigen<br />

Muster. Die Bayrischzeller Züge hatten<br />

ihre Systemkreuzung in Fischhausen-Neuhaus.<br />

Dadurch mussten sie zwischen München<br />

und Holzkirchen andere Taktlagen einnehmen<br />

als die Lenggrieser Züge, wodurch es<br />

auf diesem Abschnitt nicht zum exakten Stundentakt<br />

kam. Die Züge von/nach Lenggries<br />

hatten alle einen Zugteil nach Tegernsee, der<br />

in Schaftlach entsprechend umgestellt wurde.<br />

Ergänzend zu den Taktzügen gab es noch zusätzliche<br />

Nahverkehrszüge, die überwiegend<br />

von Montag bis Freitag verkehrten, sowie zusätzliche<br />

Ausflugszüge zu den verkehrsstarken<br />

Zeiten am Wochenende.<br />

Die S-Bahn-Linie 2 konnte 1972 noch<br />

nicht bis Holzkirchen verkehren, weil noch<br />

nicht genügend Elektrotriebzüge der Baureihe<br />

420 vorhanden waren. Diese Linie endete<br />

deshalb in Deisenhofen (nur zwei Züge nachts<br />

bzw. frühmorgens fuhren bis/ab Holzkirchen).<br />

In Deisenhofen bestand ein Übergang zu einem<br />

lokbespannten Zug als „S-Bahn-Anschlussverkehr“<br />

München Hbf – Holzkirchen<br />

im 40-Minuten-Takt. Bis 1974/75 gab es für<br />

die Strecken noch drei Kursbuchtabellen: 954<br />

(S-Bahn-Verkehr München – Holzkirchen),<br />

955 (München – Lenggries) und 956 (München<br />

– Bayrischzell).<br />

Der Bahnbetrieb <strong>1975</strong><br />

<strong>1975</strong> wurde einiges anders: Dies betraf zunächst<br />

die Kursbuchtabellen selbst. Aus 954,<br />

955 und 956 wurde eine Tabelle 955, die jetzt<br />

alles enthielt. Übersichtlicher wurde sie dadurch<br />

nicht unbedingt ...<br />

Die S-Bahn-Linie 2 konnte <strong>1975</strong> durchgehend<br />

von Petershausen bis Holzkirchen verkehren.<br />

Dafür entfiel der lokbespannte Anschlussverkehr<br />

München – Holzkirchen<br />

weitgehend. Nur in den Berufsverkehrszeiten<br />

76


Oberland 1974/75<br />

verblieben einzelne Züge München Hbf –<br />

Deisenhofen, aus denen später die S 27 wurde.<br />

Speziell für die Bedienung des Haltepunkts<br />

Siemenswerke gab es weiterhin einige durchgehende<br />

Züge Germering/Fürstenfeldbruck/Starnberg<br />

– Pasing – Deisenhofen.<br />

Auf der Lenggrieser Strecke wurde <strong>1975</strong><br />

der bisherige Taktverkehr aufgegeben. Offensichtlich<br />

war die Verteilung der Züge zu ungünstig<br />

und man ging wieder zur bedarfsorientierten<br />

Fahrplangestaltung über. Statt um<br />

07:30 Uhr, 09:30 Uhr und 11:30 Uhr verließen<br />

vormittags die Züge München Hbf nun<br />

um 07:28 Uhr, 08:46 Uhr und um 10:08 Uhr,<br />

also im Abstand von jeweils rund 80 Minuten.<br />

Für den Ausflugsverkehr mag diese Komprimierung<br />

bestimmt vorteilhafter gewesen sein.<br />

Dafür bestand nun eine Lücke von 10:08 bis<br />

13:28 Uhr, die wohl eher tragbar war. In der<br />

Gegenrichtung verfuhr die DB nach dem gleichen<br />

Schema, wobei hier auch nachmittags<br />

vom bisherigen Takt nichts mehr übrig blieb.<br />

Von München ausgehend, wurden die Züge<br />

3591 und 3597 um jeweils 20 Minuten nach<br />

hinten verschoben. Bei den Bayrischzeller Eilzügen<br />

wurde der Zwei-Stunden-Takt weitgehend<br />

beibehalten, die exakten Taktminuten<br />

gab es allerdings nicht mehr.<br />

Schließlich wurden <strong>1975</strong> auch alle Eilzughalte<br />

in Deisenhofen gestrichen. 1974 gab es<br />

dies noch mit Ausnahme der Wochenend-<br />

Entlastungszüge. Im Winterfahrplan <strong>1975</strong>/76<br />

entfielen auch die Halte in München-Mittersendling,<br />

dafür wurde München-Harras neu<br />

zum Eilzughalt.<br />

Durch den starken Ausflugsverkehr wurde<br />

an Sonntagen in einem Fall auf die Zugteilung<br />

in Schaftlach verzichtet. Dies betraf vormittags<br />

den E 3583 (08:46 Uhr ab München), der<br />

sonntags als E 3593 komplett bis Tegernsee<br />

verkehrte (mit sechs Wagen). Zusätzlich gab es<br />

um 09:00 Uhr einen E 3595, der mit fünf bis<br />

sechs Wagen bis Lenggries fuhr. In der Gegenrichtung<br />

verkehrten diese Züge nachmittags<br />

als E 3592 von Tegernsee und E 3594 von<br />

Lenggries nach München. Speziell E 3592<br />

musste aufgrund des hohen Zuggewichtes<br />

über den Gmunder Berg von einer Dampflok<br />

der Tegernseebahn (TAG) nachgeschoben<br />

werden.<br />

Der Unfall vom 8. Juni <strong>1975</strong><br />

Bis 1974/75 fuhr E 3592 in der Taktlage des<br />

werktäglichen E 3590 um 17:51 Uhr ab<br />

Schaftlach. In Holzkirchen fand um 18:00<br />

Uhr die Kreuzung mit E 3591 statt (München<br />

Hbf ab 17:30 Uhr). Im weiteren Verlauf<br />

kreuzte E 3591 in Warngau mit dem sonntäglichen<br />

E 3594 von Lenggries, der zwölf Minuten<br />

später verkehrte. Zwischen Holzkirchen<br />

und München verkehrte E 3594 mit acht Minuten<br />

Abstand zum vorausfahrenden S-Bahnänlichen<br />

Taktzug, wodurch es spätestens in<br />

München-Solln zum „Auflaufen“ auf diesen<br />

kam. Deshalb hatte er eine einige Minuten<br />

längere Fahrzeit als E 3592, was aber unerheblich<br />

war.<br />

Bei den Fahrplanänderungen von <strong>1975</strong> sah<br />

die Sache etwas anders aus. E 3591 verließ<br />

Im Mai 1976 trifft 218 230 mit E 3588 in Schaftlach ein. Links Diesellok V65-11 der Tegernseebahn<br />

AG mit Zug 588<br />

Claus-Jürgen Schulze<br />

Der 8. Juni <strong>1975</strong> wird zum Schreckenstag für die Bahnen im Oberland: Bei Warngau sind E 3591<br />

und E 3594 auf freier Strecke zusammengestoßen, 41 Menschen kommen bei dem Unglück ums<br />

Leben<br />

Slg. Stadler<br />

München Hbf rund 20 Minuten später<br />

(17:48 Uhr statt 17:30 Uhr) und kreuzte planmäßig<br />

in Warngau mit E 3592, da auch dieser<br />

rund eine halbe Stunde später als 1974/75 verkehrte.<br />

Unmittelbar nach E 3592 folgte schon<br />

der sonntägliche E 3594 von Lenggries. Dieser<br />

hätte in Schaftlach mit E 3591 kreuzen<br />

können, allerdings wäre er dann zu einer Zeit<br />

nach Holzkirchen gekommen, zu der die Trasse<br />

nach München von dem Bayrischzeller<br />

E 3544 beansprucht wurde (dieser verkehrte<br />

noch im Taktschema von 1972). Eine Fahrlage<br />

hinter E 3544 wiederum hätte in München-Solln<br />

zu einer Beeinträchtigung der S-<br />

Bahn (S 10) von Wolfratshausen geführt. Ein<br />

Der starke Ausflugsverkehr ins Oberland bescherte<br />

den Strecken zusätzliche Züge an Sonntagen<br />

„Nachbummeln“ hätte bei E 3594 zu einer<br />

Fahrzeitverlängerung (oder Fahrzeitänderung)<br />

von insgesamt rund 15 Minuten geführt, was<br />

die Attraktivität des Zuges doch zu sehr beeinträchtigt<br />

hätte. Eine entsprechend spätere<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 77


Strecken und Fahrten<br />

HINTERGRUND DIE „LUFTKREUZUNG“<br />

Vom Winterfahrplan 1974/75 zum Sommerfahrplan<br />

<strong>1975</strong> gab es für die Strecken<br />

im bayerischen Oberland eine Änderung im<br />

Fahrplan, die sich bei dem Unglück von Warngau<br />

folgenschwer auswirken sollte: die so genannte<br />

Luftkreuzung. Sie ist hier anhand<br />

zweier Bildfahrplangrafiken zum Sonntagsverkehr<br />

dargestellt.<br />

1974 gab es zwischen München und Holzkirchen<br />

noch das S-Bahn-ähnliche Taktsystem.<br />

Die Kreuzung zwischen E 3591 und E 3594<br />

fand planmäßig in Warngau statt – mit der damaligen<br />

Fahrplankonstellation war dies problemlos<br />

möglich.<br />

Die Fahrplansituation <strong>1975</strong><br />

<strong>1975</strong> bestand neu die S 2 zwischen Holzkirchen<br />

und Deisenhofen (– Petershausen).<br />

Dafür ist das Taktsystem München Hbf – Holzkirchen<br />

verschwunden, was mit einer Zugkilometer-Einsparung<br />

verbunden war.<br />

Die Verschiebungen bei den Eilzügen führten<br />

schließlich zur „Luftkreuzung“, der in den Plan<br />

eingearbeiteten „Kreuzung auf freier Strecke“<br />

zwischen Warngau und Schaftlach. E 3594<br />

lag zwischen Holzkirchen und München zwischen<br />

E 3592 und E 3544 – er musste so<br />

fahren, sonst hätte es ab München-Solln zu<br />

Problemen mit der S 10 geführt. E 3591<br />

musste deshalb sonntags in Warngau mit<br />

zwei Zügen kreuzen (E 3592 und E 3594).<br />

Doch auf die „Doppellage“ hat der Fahrplanbearbeiter<br />

wohl aufgrund des zusätzlichen<br />

Darstellungsaufwandes verzichtet – in diesem<br />

Fall hätte auch der Anschlusszug nach Tegernsee<br />

eine entsprechende Anpassung erfahren<br />

müssen. Ergänzend ist dazu zu bemerken,<br />

dass es aber in der Bahnhofsfahrordnung von<br />

Warngau einen entsprechenden Vermerk gab,<br />

wonach E 3591 und E 3594 bei pünktlichem<br />

Verkehren dort zu kreuzen hatten. Bei verspäteten<br />

Zügen war die Kreuzung in entsprechend<br />

andere Bahnhöfe zu verlegen. Beides<br />

wurde von den Fahrdienstleitern am 8. Juni<br />

<strong>1975</strong> missachtet, so dass es zu dem Unglück<br />

kam.<br />

JOSEF MAUERER/GM<br />

GRAFIKEN: JOSEF MAUERER (2)<br />

Auf der Strecke Schaftlach – Tegernsee behalf sich die Tegernseebahn Mitte der 70er-Jahre zeitweise mit ihrer Dampflok TAG 7, wenn sie kein<br />

eigenes Dieseltriebfahrzeug zur Verfügung hatte. Im Winter <strong>1975</strong> bespannt die Tenderlok einen Eilzug (Bild bei Schaftlach) Peter Schricker<br />

78


Das Unglück von Warngau<br />

Abfahrt in Lenggries bzw. Schaftlach sollte<br />

wohl aus denselben Gründen vermieden werden.<br />

E 3594 musste also vor E 3544 in Holzkirchen<br />

sein, das heißt, dem E 3592 im Blockabstand<br />

folgen.<br />

Als Alternative blieb dann nur, bei E 3591<br />

an Sonntagen den Kreuzungsaufenthalt in<br />

Warngau zu verlängern, um dort auch die<br />

Kreuzung mit E 3594 durchzuführen (also<br />

zwei Kreuzungen am Sonntag). E 3591 hätte<br />

dazu eine so genannte Doppellage erhalten<br />

müssen, mit sechs bis sieben Minuten späterer<br />

Ankunft in Lenggries an Sonntagen. Die<br />

Rückfahrt der Garnitur geschah um 19:29<br />

Uhr, zum Umfahren wären also immer noch<br />

mehr als 20 Minuten Zeit gewesen. Eine Doppellage<br />

hätte aber auch Auswirkungen auf den<br />

Tegernseer Zugteil gehabt; die Tegernseebahn<br />

hätte ab Schaftlach ebenfalls zwei Fahrplanlagen<br />

vorsehen müssen.<br />

Genau diese Doppellage wollte sich der<br />

Fahrplanbearbeiter damals ersparen – die berühmt-berüchtigte<br />

„Luftkreuzung“ entstand.<br />

Die Kreuzungen sollten von den Fahrdienstleitern<br />

je nach Betriebslage, sprich: eventueller<br />

Verspätung der Züge dispositiv in eigener<br />

Zuständigkeit geregelt werden.<br />

und dem täglich verkehrenden Nahverkehrstriebwagen<br />

4914 fand laut Plan auf der freien<br />

Strecke zwischen Fridolfing und Laufen<br />

statt. In einem Vermerk war geregelt, dass bei<br />

planmäßigem Verkehren des D 1525 die<br />

Kreuzung in Laufen durchzuführen sei, Zug<br />

4914 also verspätet werde. Beim Gegenzug<br />

D 1524 wurde hingegen anders verfahren:<br />

Hier hatte ein täglicher Nahverkehrszug<br />

(4905) den Kreuzungsaufenthalt in Laufen,<br />

obwohl D 1524 nur (noch) samstags im Juli<br />

und August verkehrte.<br />

Da D 1524 in Berchtesgaden begann, war<br />

zumindest hier nicht von großer Verspätungsanfälligkeit<br />

auszugehen. Dennoch: Zwischen<br />

Landshut und Mühldorf findet man<br />

1974 an Samstagen auch eine „Luftkreuzung“<br />

zwischen zwei Nahverkehrszügen, die aber<br />

schon im Sommer <strong>1975</strong> mit einer „Doppellage“<br />

bereinigt wurde.<br />

Die „Luftkreuzung“ bei Warngau war also<br />

kein Einzelfall und in diesem Fall sollte wohl<br />

E 3591 im Hinblick auf die veröffentlichten<br />

Fahrpläne „geschont“ werden (einschließlich<br />

des Flügels nach Tegernsee). Die Bahnhofsfahrordnung<br />

von Warngau enthielt jedenfalls<br />

aufgrund der beschriebenen Umstände den<br />

„Luftkreuzungen“ waren nicht unüblich; nach dem<br />

Unfall schränkte die DB sie aber weitgehend ein<br />

Dazu muss bemerkt werden, dass solche<br />

Konstruktionen damals nicht unüblich waren.<br />

Sie kamen hauptsächlich bei saisonierten Fernreisezügen<br />

und Bedarfs-Güterzugplänen zur<br />

Anwendung. Dies sollte einer flüssigeren Betriebsabwicklung<br />

dienen, damit bei eventuellen<br />

Verspätungen von Zügen mit langem Laufweg<br />

andere Züge nicht unnötige Überholungsoder<br />

Kreuzungsaufenthalte einhalten mussten.<br />

Beispiele hierfür finden sich auf der Kursbuchstrecke<br />

945 (Landshut – Mühldorf –<br />

Freilassing): Die „Kreuzung“ zwischen dem<br />

saisonalen D 1525 (Münster – Berchtesgaden)<br />

Vermerk, dass die Kreuzung dort durchzuführen<br />

sei, wenn beide Züge planmäßig unterwegs<br />

waren.<br />

Am 8. Juni <strong>1975</strong> – dem zweiten Sonntag<br />

nach dem Fahrplanwechsel – passierte dann die<br />

Katastrophe. Vorangegangen war ein schlampig<br />

durchgeführtes Zugmeldeverfahren der beiden<br />

Fahrdienstleiter von Warngau und Schaftlach,<br />

nach dem beide davon ausgingen, dass jeweils<br />

„ihr“ Zug vom Gegenüber angenommen sei<br />

und auf die eingleisige Strecke dürfe. So ließen<br />

sie beide Züge fast zeitgleich abfahren. Technisch<br />

war dies möglich, weil die Strecke zu dieser<br />

Zeit noch nicht über einen Streckenblock<br />

verfügte, der nur die Fahrt eines Zuges in einem<br />

eingleisigen Abschnitt gestattet – eine wahre<br />

Verkettung unglücklicher Umstände.<br />

In einer unübersichtlichen Stelle kam es<br />

zum Zusammenstoß der beiden Züge, bei<br />

dem 41 Menschen starben und rund 120 verletzt<br />

wurden. Wie man nachträglich ermittelte,<br />

war E 3591 mit etwa 70 km/h, E 3594 mit<br />

88 km/h unterwegs. Die Lokführer der beiden<br />

218-Dieselloks, ein Zugführer und 35 Reisende<br />

kamen bei dem Unglück selbst ums Leben,<br />

drei weitere Personen starben an den Folgen.<br />

Es entstand ein Sachschaden von rund<br />

vier Millionen DM; bis 1977 wurden rund<br />

3,5 Millionen DM Entschädigung gezahlt.<br />

Im nachfolgenden Gerichtsverfahren wurde<br />

der Fahrdienstleiter von Schaftlach zu acht<br />

Monaten Haft auf Bewährung und einer<br />

Geldbuße von 3.000 DM verurteilt; der Fahrdienstleiter<br />

von Warngau erhielt zwölf Monate<br />

auf Bewährung und 5.000 DM Geldbuße,<br />

weil die Kreuzung laut Bahnhofsfahrordnung<br />

in „seinem“ Bahnhof, Warngau, hätte stattfinden<br />

sollen. Den Fahrplanbearbeiter verurteilte<br />

das Gericht zu acht Monaten auf Bewährung<br />

und 5.000 DM Geldbuße, vor allem<br />

mit der Begründung, sich nicht genug für die<br />

Fahrplanausarbeitung fortgebildet zu haben.<br />

Im Nachgang zu dem Unglück wurde die<br />

Ausrüstung mit Streckenblock vorangetrieben<br />

– bis 1979 erhielten alle Hauptstrecken diese<br />

Sicherheitseinrichtung – und auf Strecken<br />

ohne Streckenblock wurde 80 km/h als<br />

Höchstgeschwindigkeit vorgegeben. „Luftkreuzungen“<br />

schränkte man stark ein.<br />

Verkehrten E 3595 und E 3594 im Fahrplan<br />

1974 noch bis Anfang November, so waren sie<br />

<strong>1975</strong> nur bis Ende September vorgesehen, dem<br />

Ende der Sommerfahrplanperiode. Dies war<br />

auch ihre letzte Fahrplanperiode, 1976 erschienen<br />

sie nicht mehr. E 3590 führte dann<br />

planmäßig acht Wagen, jeweils vier von Lenggries<br />

und Tegernsee. Josef Mauerer<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

79


Strecken und Fahrten<br />

Betrieb in und um Hameln <strong>1975</strong><br />

Abwechslung auf<br />

allen Strecken<br />

In den 70er-Jahren ist Hameln ein Eisenbahndrehkreuz mittleren Ranges in Niedersachsen.<br />

Im Alltag heißt das: viel Betrieb und eine schöne, breit gefächerte Fahrzeugpalette<br />

Zwischen Hannover, Hameln, Altenbeken<br />

und Paderborn fahren Triebzüge der<br />

S-Bahn Hannover, die Strecke Löhne –<br />

Hameln – Elze wird mit LINT-Triebwagen der<br />

eurobahn bedient und Güterverkehr gibt es<br />

kaum noch: So schnell lässt sich der Betrieb<br />

2013 im Bahnhof Hameln beschreiben. Im Jahre<br />

<strong>1975</strong> war das noch ganz anders: Man konnte<br />

in Hameln in Schlaf- und Speisewagen einsteigen,<br />

ebenso in einen Privatbahntriebwagen.<br />

Ohne Umsteigen waren Ziele wie Bremerhaven<br />

oder Basel, Berlin oder Köln, Aachen und Mönchengladbach<br />

zu erreichen. Und auch der Güterverkehr<br />

rollte reichlich.<br />

Der Bahnhof Hameln liegt an den 1872 bzw.<br />

1875 eröffneten Hauptstrecken Hannover – Hameln<br />

– Altenbeken (KBS 260) und Löhne – Hameln<br />

– Elze (KBS 265). Ferner zweigte die 1900<br />

eröffnete Nebenbahn über Lemgo nach Bielefeld<br />

(KBS 204) ab, zudem wurde Hameln planmäßig<br />

von den Triebwagen der Vorwohle-Emmer-<br />

80


Betrieb in und um Hameln<br />

RECHTS In Hameln mit<br />

seinem keilförmigen<br />

Empfangsgebäude<br />

kreuzen die Strecken<br />

Löhne – Hildesheim<br />

und Altenbeken –<br />

Hannover<br />

Mit vereinten Kräften beschleunigen am 29. Oktober<br />

<strong>1975</strong> 044 434 und eine 140 einen umgeleiteten<br />

Güterzug aus dem Bahnhof Hameln in<br />

Richtung Löhne. Da der Fahrdraht wenige hundert<br />

Meter weiter endet, wird die Ellok ihren<br />

Stromabnehmer gleich senken müssen<br />

Aufnahmen des Beitrags: Martin Weltner<br />

bzw. Slg. Martin Weltner (Plan)<br />

thaler Verkehrsbetrieben (VEV) angefahren, die<br />

bis Emmerthal die Hauptbahn nach Altenbeken<br />

mitbenutzten und dort in Richtung Bodenwerder<br />

(KBS 261) abzweigten. Zu dem wichtigen<br />

Kreuzungs- und Abzweigbahnhof Hameln gehörten<br />

auch der große Rangierbahnhof mit Ablaufberg<br />

sowie ein Bahnbetriebswerk mit zwei<br />

Halbrundschuppen. 1971 war die Strecke Hannover<br />

– Altenbeken elektrifiziert worden, <strong>1975</strong><br />

liefen bereits vorbereitende Arbeiten für ein modernes<br />

Stellwerk in Drucktastentechnik. Es sollte<br />

1980 in Betrieb gehen und sechs lokale Stellwerke<br />

überflüssig machen.<br />

Bis dahin aber hatten die sechs Dienststellen<br />

noch ihre Berechtigung. Und sie hatten<br />

gut zu tun, herrschte doch auf den Hameln<br />

berührenden Strecken eine heute unglaubliche<br />

Abwechslung, siehe das Beispieljahr <strong>1975</strong>.<br />

Schnell-, Eil- und Nahverkehrszüge verkehrten<br />

nicht nur auf „ihrer“ Strecke; zahlreiche<br />

Züge wechselten in Hameln von der einen auf<br />

die andere Hauptbahn. Der in Keilform angelegte<br />

Bahnhof verfügte über sechs Bahnsteiggleise,<br />

je drei für die beiden Hauptstrecken;<br />

Gleis 1 an der Altenbekener Strecke<br />

wurde ferner von den Zügen nach Lemgo und<br />

Bodenwerder mitbenutzt. Von sechs Fahrkartenschaltern<br />

waren in der Regel zwei bis drei<br />

besetzt. Ferner gab es eine Auskunft, hier<br />

konnte man sich von einer DB-Mitarbeiterin<br />

Zugverbindungen heraussuchen und Platzreservierungen<br />

vornehmen lassen. Außerdem<br />

hatte man die Möglichkeit, selbst in den jeweils<br />

aktuellen Kursbüchern zu schnüffeln,<br />

um sich einen eigenen Reiseplan zu erarbeiten.<br />

Die Schnellzüge<br />

„Der“ Schnellzug in Hameln war über Jahrzehnte<br />

der D 640/641 – mit gelegentlich<br />

wechselnden Zugnummern –, eine schnelle<br />

Verbindung zwischen Köln und Braunschweig<br />

mit Kurswagen von/nach Berlin. Er war ein<br />

Zug mit Geschichte: 1892 erhielt er als erster<br />

Schnellzug in Deutschland überhaupt Durchgangswagen,<br />

was zur Einführung der Bezeichnung<br />

„D-Zug“ führte. Der D 640/641<br />

war einer der Züge, die in Hameln die Strecke<br />

wechselten: Mit einer Diesellok 216 kam er<br />

aus Braunschweig über die KBS 265, um in<br />

Hameln auf eine Ellok 110 umgespannt zu<br />

werden und auf der KBS 260 seine Reise in<br />

Richtung Westen fortzusetzen.<br />

Ein ganz Deutschland durchquerender D-<br />

Zug war D 578/579 mit dem Laufweg Basel –<br />

Frankfurt (Main) – Kassel – Hameln – Bremerhaven.<br />

Zehn bis zwölf Wagen führte dieser<br />

Langstreckenzug mit, inklusive eines Speisewagens<br />

der Schürzenbauart. Und bespannt<br />

wurde er <strong>1975</strong> mit dem besten, was die DB zu<br />

bieten hatte: einer Ellok der Baureihe 103!<br />

Wie der D 640/641 war auch der nächste<br />

Schnellzug ein Streckenwechsler: Der D 648/<br />

649 fuhr als Tagesschnellzug von Hildesheim<br />

über Hameln, Altenbeken, Hagen nach Düsseldorf<br />

und verkehrte nur von Montag bis<br />

Samstag. Schließlich gab es noch das Nachtzugpaar:<br />

Frühmorgens herrschte Hochbetrieb<br />

auf den Gleisen 2 und 3 des Hamelner Bahnhofs:<br />

Um 02:41 Uhr rollte D 574 Basel –<br />

Hamburg mit Schlaf- und Liegewagen sowie<br />

einem Kurswagen nach Westerland in den<br />

Bahnhof, um nach zwei Minuten weiterzufahren.<br />

Um 02:59 Uhr kam der Gegenzug<br />

D 575, der nach ebenfalls zwei Minuten seine<br />

Fahrt nach Basel fortsetzte.<br />

Die Eilzüge<br />

Die Hauptlast des Reiseverkehrs trugen die Eilzüge,<br />

die auf beiden Hauptbahnen in reichlicher<br />

Anzahl vertreten waren. Auf der KBS 260<br />

beschränkte sich der Zuglauf nur in wenigen<br />

Fällen auf die Relation Hannover – Hameln<br />

– Altenbeken, vielmehr waren längere Zugläufe<br />

und das Mitführen von Kurswagen üblich.<br />

Ein paar Beispiele: E 3783 Bentheim –<br />

Hannover – Hameln – Altenbeken, E 575<br />

Norddeich – Bremen – Hameln – Himmighausen<br />

(ab Hameln als Nahverkehrszug mit<br />

Halt auf allen Zwischenbahnhöfen), E 3005<br />

Rinteln – Hameln – Hannover, E 3023 Paderborn<br />

– Altenbeken – Hameln – Hannover<br />

– Soltau und E 3018 Hannover – Hameln –<br />

Altenbeken mit Kurswagen 2. Klasse nach<br />

Oberhausen. Danveben verkehrten einige Eilzüge<br />

zwischen Hannover und Hameln, um<br />

dem Berufstätigen eine schnelle Verbindung in<br />

die bzw. aus der Landeshauptstadt anzubieten.<br />

Der Star des Angebots ist das Zugpaar D 640/641<br />

– „Nachfahre“ des ersten deutschen D-Zugs<br />

Auf der KBS 265 fuhren zahlreiche Eilzüge,<br />

die zwar nicht besonders schnell waren, aber bequeme,<br />

da umsteigefreie Fahrten ermöglichten.<br />

Ihre Ziele hießen Braunschweig und Helmstedt<br />

in Richtung Osten, aber auch Bielefeld, Herford,<br />

Duisburg, Düsseldorf, Mönchengladbach,<br />

Essen, Krefeld oder Aachen im Westen.<br />

Nahverkehr und besondere Züge<br />

Ergänzt wurde das Zugangebot durch zahlreiche<br />

Nahverkehrszüge auf den beiden Hauptstrecken<br />

und der Nebenbahn nach Bielefeld,<br />

wobei auch hier Verbindungen existierten, die<br />

aus heutiger Sicht exotisch wirken. So fuhr<br />

Zug 5647 von Bad Pyrmont über Hameln<br />

nach Braunschweig. Mit Halt auf fast allen<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013 81


Strecken und Fahrten<br />

Abwechslung im Wendezug-Einerlei: Der von einer 141 gezogene und aus Altbau- und Umbauwagen<br />

bestehende E 3009 Paderborn – Hannover passiert den aufgelassenen Haltepunkt Hameln-Rohrsen<br />

Mit solchen mechanischen Zugzielanzeigern<br />

werden die Bahnreisenden auch noch im Jahre<br />

<strong>1975</strong> über den nächsten Reisezug informiert<br />

Mit einer 220 verkehrt E 3708 von Braunschweig nach Herford, hier<br />

aufgenommen zwischen Hameln und Fischbeck auf der KBS 265<br />

Ein alter Plattformwagen dient im September 1985 dem VT 150 der<br />

VEV als Verstärkung, da eine Reisegruppe zu befördern ist<br />

Zwischenbahnhöfen benötigte er für die<br />

109 Kilometer lange Strecke zwei Stunden<br />

und 53 Minuten – nur wenige Reisende dürften<br />

den Zug auf seinem gesamten Laufweg benutzt<br />

haben. Zug 3574, der Hameln morgens<br />

um 06:29 Uhr verließ, fuhr über Elze, Hildesheim<br />

und Braunschweig weiter bis nach<br />

Uelzen! Und auch die Strecke 204, auf der nur<br />

Nahverkehrszüge verkehrten, wurde nicht isoliert<br />

bedient: Im morgendlichen Berufsverkehr<br />

gab es den Zug 7933 von Barntrup über Hameln<br />

nach Hildesheim.<br />

Ein Sonderfall waren die jedes Jahr im April<br />

eingelegten Züge zur Hannover-Messe, die sich<br />

auf den Laufweg Bad Pyrmont – Hameln –<br />

Hannover-Messebahnhof beschränkten und<br />

im Gegensatz zu vielen anderen Messezügen<br />

keinen Namen trugen. Schade, ein „Messe-Baron“<br />

oder „Messe-Kurier“ hätte den Ankunftsund<br />

Abfahrtsplänen auf den Bahnsteigen noch<br />

ein bisschen mehr Glanz verliehen. Auf diesen<br />

gar nicht erst zu finden war eine weitere „Zug -<br />

Sonderfälle in Hameln: Züge zur Hannover-Messe<br />

sowie Ausflugszüge für Schüler und Festbesucher<br />

spezies“: die verschiedenen Sonderzüge, die<br />

<strong>1975</strong> wie üblich zum Einsatz kamen. Seien es<br />

der Ausflugszug des Schiller-Gymnasiums<br />

nach Bad Harzburg oder die Sonderzüge aus<br />

Hannover oder von Hameln zum alljährlichen<br />

Lichterfest in Bodenwerder, die ab Emmerthal<br />

die VEV-Strecke nach Vorwohle befuhren.<br />

Der Güterverkehr<br />

Aber nicht nur der Reisezugverkehr war abwechslungsreich:<br />

Auf der KBS 260, die 1971 als<br />

Entlastungsstrecke zur Nord-Süd-Strecke elektrifiziert<br />

worden war, herrschte reger Güterverkehr<br />

mit Durchgangsgüterzügen aus dem Süden<br />

Deutschlands nach Seelze. Auch auf der<br />

KBS 265 gab es neben einigen Nahgüterzügen<br />

noch durchgehenden Güterverkehr. Sie nahmen<br />

zum Teil diesen Weg, um die Magistrale Löhne<br />

– Minden – Hannover zu entlasten. Daneben<br />

gab es Übergaben, die die KBS 265 bis Voldagsen<br />

benutzen, um dort auf die ehemalige Kleinbahn<br />

Voldagsen – Duingen – Delligsen überzugehen.<br />

Die KBS 204 wurde von Hameln aus mit<br />

Übergaben bis Barntrup bedient. Und in Hameln<br />

selbst gab es zahlreiche Güterkunden: Mit<br />

zwei werktäglichen Übergaben wurde die Strecke<br />

zum Weserhafen bedient, den ganzen Nachmittag<br />

über wurde am Ablaufberg rangiert.<br />

Die Lokomotiven und Wagen<br />

Auf der elektrifizierten KBS 260 waren alle<br />

Einheitsellok der DB anzutreffen: 141 aus<br />

Seelze fuhren Nahverkehrs- und Eilzüge, 110<br />

aus verschiedenen Bahnbetriebswerken waren<br />

im Eilzug- und Schnellzugdienst zu sehen.<br />

82


Sonderzüge und Güterverkehr<br />

Als Eilzug verlässt ein Braunschweiger 613<br />

den Bahnhof Hameln in Richtung Hildesheim.<br />

Wenig später wird auch der rechts stehende<br />

Wendezug seine Fahrt nach Hannover antreten.<br />

Ganz rechts stehen alte Eilzug wagen als<br />

Betriebsreserve<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

83


Strecken und Fahrten<br />

Auch <strong>1975</strong> wird im Hamelner Weserhafen mit der Baureihe 50 rangiert. Zahlreiche Lagerhäuser und Mühlen erhalten ihre Ware noch auf der<br />

Schiene – sowie auf dem Wasserweg, wie die Hamelner Lastkähne belegen<br />

Eine klassische 515/815-Garnitur fährt als Nahverkehrszug von Hildesheim<br />

kommend in Hameln ein<br />

Für eine Festveranstaltung wird am Gleis 1 des Hamelner Bahnhofs<br />

die Straßenversion des ADLER hergerichtet<br />

Güterzüge wurden mit 140 und 150 bespannt<br />

und dann gab es das erwähnte tägliche Gastspiel<br />

einer 103. Die Eilzüge auf der KBS 265<br />

wurden in erster Linie mit 220er-Dieselloks<br />

gefahren, daneben kam die 216 zum Zuge. Im<br />

Kursbuch als Triebwagen verzeichnete Züge<br />

fuhren mit Akku-Triebwagen der Baureihe<br />

515, ergänzt durch einzelne Dieseltriebwagen<br />

613 und 624 aus Braunschweig. 211 oder 212<br />

waren in Hameln nur zu sehen, wenn sie mit<br />

einer Ersatz-Wagengarnitur für einen ausgefallenen<br />

515 auf der KBS 204 aushalfen – im<br />

Jahr zuvor war das noch die Aufgabe einer<br />

Lehrter 50er. Aber auch <strong>1975</strong> konnte man<br />

Dampfloks in und um Hameln erleben, ein<br />

Schauspiel, auf das Eisenbahnfreunde in vielen<br />

anderen Regionen des <strong>Bundesbahn</strong>-Netzes<br />

bereits verzichten mussten. Dampflokomotiven<br />

der Baureihen 044 und 050-053 teilten<br />

sich den Güterzugdienst auf der KBS 265 mit<br />

Diesellokomotiven der Baureihen 216, 260<br />

und 290. Die Übergabe nach Barntrup auf der<br />

KBS 204 war fest in der Hand einer Hildesheimer<br />

236.<br />

Die Schnellzüge bestanden durchweg aus<br />

den seinerzeit üblichen 26,4-Meter-Wagen<br />

mit Abteilen und Seitengang, ergänzt durch<br />

den Schürzen-Speisewagen der Vorkriegsbauart<br />

im D 578/579. Nahverkehrs- und Eilzüge,<br />

Auch <strong>1975</strong> erlebte man in Hameln Dampfloks –<br />

ein Schauspiel, das andernorts oft schon fehlte<br />

die mit einer 141 im Wendezugbetrieb fuhren,<br />

bestanden ausschließlich aus Silberling-Wagen.<br />

In den Eilzügen kamen vor allem die<br />

26,4 Meter langen Eilzugwagen mit Mittel-<br />

84


Bw Hameln<br />

RECHTS Mit E 2541<br />

Mönchengladbach –<br />

Helmstedt durcheilt<br />

im Winter <strong>1975</strong>/76<br />

eine Braunschweiger<br />

216 den 1964 stillgelegten<br />

Haltepunkt Afferde.<br />

Der Hamelner<br />

Vorortbahnhof diente<br />

zuletzt als Schrankenposten<br />

und fiel<br />

später einer Brandstiftung<br />

zum Opfer<br />

UNTEN Da ein<br />

515/815-Gespann<br />

ausgefallen ist,<br />

verkehrt Zug 7943<br />

Bielefeld – Hameln<br />

als lokbespannter Ersatzzug,<br />

hier bei der<br />

Ausfahrt aus Groß<br />

Berkel (KBS 204)<br />

einstiegen zum Einsatz, daneben auch Umbau-Vierachser<br />

sowie vierachsige Schnell- und<br />

Eilzugwagen der verschiedenen Vorkriegsbauarten.<br />

Der Einsatz von Umbau-Dreiachsern<br />

war bereits deutlich reduziert worden und beschränkte<br />

sich inzwischen auf wenige Züge.<br />

Vor allen Dingen im Militärverkehr konnten<br />

sie zusammen mit anderen Veteranen noch angetroffen<br />

werden. Für Verkehrsspitzen und<br />

Ersatzzüge wegen ausgefallener Akku-Triebwagen<br />

standen in Hameln mehrere Vorkriegswagen<br />

zum kurzfristigen Einsatz bereit.<br />

Und wenn die Kapazität des Schienenbusses<br />

der VEV einmal wegen einer Reisegruppe<br />

nicht ausreichte, wurden ihm ein oder zwei<br />

beige-rot lackierte Donnerbüchsen der Privatbahn<br />

beigestellt, die in Hameln für weitere<br />

Abwechslung sorgten.<br />

Auf dem Weg vom AW Bremen nach Mannheim<br />

passiert 236 260 den Hamelner Bahnhof.<br />

236er fuhren auch planmäßig in Hameln<br />

Das Bahnbetriebswerk<br />

Die große Zeit des Bw Hameln war <strong>1975</strong> dagegen<br />

schon vorbei, seit Mai 1972 beheimatete<br />

es nur noch 515. Wenigstens waren im<br />

Frühjahr und Sommer des Jahres im Dampflokschuppen<br />

noch ein paar Lehrter 50er als<br />

„Loks für alle Fälle“ abgestellt. Als die DB diese<br />

abzog, gab es keinen Bedarf mehr für den<br />

nördlichen Rundlokschuppen. Im Dezember<br />

<strong>1975</strong> fiel er der Spitzhacke zum Opfer. Im<br />

südlichen Schuppen wurden die Akku-Triebwagen<br />

unterhalten, daneben gastierten Dieselloks.<br />

Fünf Schuppengleise hatten bei der<br />

Elektrifizierung der KBS 260 Fahrdraht erhalten<br />

und boten Elloks Unterschlupf.<br />

Wenn man so möchte, zeichnete der Werdegang<br />

des Betriebswerks schon einen Gutteil<br />

des Werdegangs für den gesamten Hamelner<br />

Bahnbetrieb vor. Modernisierung und<br />

Rationalisierung hießen die Leitmotive, und<br />

folglich verschwand die Dampftraktion wenig<br />

später auch aus Hameln. Weitere Einsparungen<br />

sollten ebenfalls nicht auf sich warten lassen.<br />

So schließt sich letztlich der Kreis – siehe<br />

den eingangs beschriebenen „schmalen“<br />

Bahnbetrieb von heute. Martin Weltner<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

85


Momentaufnahmen<br />

Fotostandorte einst und jetzt<br />

Was ist geblieben?<br />

In den Jahren <strong>1975</strong>/76 hat Wolf-Dietmar Loos weite Teile des <strong>Bundesbahn</strong>-Netzes<br />

bereist. Sein Interesse galt Verkehrsknoten wie Nebenbahnen,<br />

Berufspendlerzügen wie Schienenbussen. Wie präsentieren<br />

sich die Fotostellen knapp 40 Jahre später? Sechs Zeitvergleiche<br />

Ludwigshafen einst und jetzt<br />

86


Zeitvergleich<br />

Der größte Arbeitgeber in Ludwigshafen<br />

ist die BASF, und sie<br />

sorgt auch für beachtliches Aufkommen<br />

im Berufsverkehr. Wie<br />

beachtlich, zeigt der schier endlose<br />

Zug, mit dem 218 152 im<br />

Juli 1976 von Ludwigshafen gen<br />

Pfalz unterwegs ist (l.). Solche<br />

Züge fuhren vom Bahnhof Ludwigshafen<br />

BASF in alle Pfälzer<br />

Richtungen: nach Germersheim-<br />

Wörth, Neustadt – Kaiserslautern<br />

und nach Landau – Pirmasens.<br />

Die 218 diente bis etwa<br />

2010 als Zuglok.<br />

In neuerer Zeit haben S-Bahn-<br />

Züge und 628-Triebwagen diese<br />

Aufgabe übernommen. Im September<br />

2013 rollt ein Zug der<br />

S 3 Richtung Speyer – Germersheim<br />

und passiert dabei den<br />

inzwischen gleisreduzierten<br />

Güterbahnhof (o.)<br />

Wolf-Dietmar Loos (gr. Bild), Jochen Glatt (kl. Bild)<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

87


Momentaufnahmen<br />

Die Frankenwaldbahn ist anno<br />

1976 eine Nebenfernstrecke<br />

im Schatten der deutschen<br />

Teilung. Der Fernverkehr beschränkt<br />

sich auf ein Inter zonen-<br />

und drei Berlin-Zugpaare,<br />

dazu gibt es noch einige innerdeutsche<br />

Güterzüge sowie ein<br />

paar Nahverkehrszüge zwischen<br />

Lichtenfels und Ludwigsstadt.<br />

Mit einem derartigen Nahverkehrszug<br />

fährt eine Altbau-Ellok<br />

144 aus Kronach Richtung Lichtenfels<br />

aus (r.).<br />

37 Jahre später präsentiert sich<br />

der Bahnhof leicht modernisiert,<br />

vor allem aber wieder an einer<br />

Verkehrsader. Die ICE-Züge<br />

(Hamburg –) Berlin – München<br />

halten hier zwar nicht, aber der<br />

Franken-Thüringen-Express (o.)<br />

stellt die Verbindung zwischen<br />

Saalfeld und Lichtenfels bzw.<br />

Nürnberg her – und damit auch<br />

zum nächsten ICE-Halt<br />

Wolf-Dietmar Loos (gr. Bild), Rolf Schierer (kl. Bild)<br />

88


Zeitvergleich<br />

Kronach einst und jetzt<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

89


Momentaufnahmen<br />

Dahlerau einst und jetzt<br />

90


Zeitvergleich<br />

Ein schweres Zugunglück<br />

brachte 1971 den Bahnhof Dahlerau<br />

an der Strecke Wuppertal-<br />

Oberbarmen – Radevormwald –<br />

Oberbrügge in die Schlagzeilen.<br />

Im Juli <strong>1975</strong> liegt das lange zurück;<br />

mit ihrem Güterzug fährt<br />

212 288 durch den noch mit<br />

Personal besetzten Bahnhof<br />

(l.). Bald darauf schränkt die<br />

DB hier den Betrieb ein. In zwei<br />

Etappen endet 1976 und 1979<br />

der Personenverkehr, ab 1980<br />

folgt die Einstellung des Güterverkehrs.<br />

Ein Teil der Strecke<br />

wird für die Wuppertalsperre<br />

„geopfert“.<br />

Auf dem Abschnitt Beyenburg –<br />

Wilhelmstal fährt heute die<br />

Draisinenbahn Wuppertrail; in<br />

Dahlerau kommt sie durch den<br />

in Privatbesitz befindlichen<br />

Bahnhof und bietet ihren Kunden<br />

am Bahnübergang ein Toilettenhäuschen<br />

für dringende<br />

Geschäfte (o.). Seit 2012 gehört<br />

die Strecke der Museumsbahn<br />

Bergische Bahnen/<br />

Wupperschiene, die damit einen<br />

Museumsverkehr plant<br />

Wolf-Dietmar Loos (gr. Bild), Oliver Strüber (kl. Bild)<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

91


Momentaufnahmen<br />

Nürnberg Hauptbahnhof ist<br />

<strong>1975</strong> nicht nur eine wichtige<br />

Verkehrsdrehscheibe im nördlichen<br />

Bayern, sondern auch ein<br />

beliebter Ort für Ellok-Freunde.<br />

Hier kommen unter anderem die<br />

Vorserienmaschinen der Baureihe<br />

E 10/110 zum Einsatz, im<br />

Bild 110 004 an der Ostseite<br />

des Bahnhofs, wo die Strecken<br />

Richtung Regensburg und Hersbruck<br />

abgehen (r.).<br />

Im Jahr 2013 ist die Elektrotraktion<br />

vor allem mit Triebwagen<br />

vertreten, so dem Talent 2<br />

im Nah- und S-Bahn-Verkehr. Auf<br />

der Ostseite des Hauptbahnhofs<br />

mündet inzwischen auch die<br />

Schnellfahrstrecke aus Ingolstadt<br />

ein, die Lichtsignale der<br />

frühen DB-Bauart wurden durch<br />

modernere Versionen ersetzt.<br />

Auch das Umfeld hat sich geändert:<br />

Anstelle der Postgebäude<br />

links stehen nun Hotels und<br />

Bürohäuser (o.)<br />

Wolf-Dietmar Loos (gr. Bild), Ulrich Rockelmann (kl. Bild)<br />

92


Nürnberg Hbf einst und jetzt<br />

Zeitvergleich<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

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Momentaufnahmen<br />

Dortmund-Huckarde<br />

einst und jetzt<br />

94


Zeitvergleich<br />

Auf der Emschertalbahn von<br />

Wanne-Eickel nach Dortmund<br />

ist an einem Februarnachmittag<br />

1976 ein Akku-Gespann 515/<br />

815 unterwegs; soeben geht<br />

es vor der Kokerei und Zeche<br />

Hansa in Dortmund-Huckarde<br />

über eine Strecke der Dortmunder<br />

Straßenbahn hinweg (l.).<br />

An der Streckenführung von<br />

Straßenbahn und Eisenbahn hat<br />

sich 2013 nichts geändert; nur<br />

fährt auf der Emschertalbahn<br />

inzwischen die Nordwest-Bahn<br />

statt des <strong>Bundesbahn</strong>-Nachfolgers<br />

DB AG. Auch das Umfeld<br />

ist ein anderes, insbesondere<br />

bei der (längst still gelegten) Industrieanlage.<br />

Von der Zeche<br />

blieb nur der Förderturm, die<br />

Kühltürme der Kokerei verschwanden<br />

(o.)<br />

Wolf-Dietmar Loos (gr. Bild), Oliver Strüber (kl. Bild)<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

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Momentaufnahmen<br />

Vor dem Zweiten Weltkrieg war<br />

die Strecke Landau (Pfalz) –<br />

Germersheim zweigleisig und<br />

Teil der Schnellzugverbindung<br />

München – Bruchsal – Saarbrücken.<br />

Zu <strong>Bundesbahn</strong>zeiten ist<br />

sie eine eingleisige Nebenbahn.<br />

1976 legt ein Schienenbus<br />

795/995 einen Halt im Bahnhof<br />

Hochstadt ein, der eine Kreuzungsmöglichkeit<br />

und ein Ladegleis<br />

besitzt – vor allem für den<br />

lebhaften Rübenverkehr (r.).<br />

Nach 1980 geht es mit dem<br />

Personenverkehr bergab. Ab<br />

1981 gibt es nur noch einige<br />

Alibizugpaare, am 1. Juni 1984<br />

fahren die letzten Personen -<br />

züge. Der Rübenverkehr endet<br />

1991, der Güterverkehr 1999.<br />

Aber damit ist die Geschichte<br />

nicht zu Ende: Seit 2006 finden<br />

auf dem Abschnitt Lingenfeld –<br />

Bornheim Draisinenfahrten<br />

statt; Hochstadt zählt zu den<br />

„Unterwegsstationen“ (o.)<br />

Wolf-Dietmar Loos (gr. Bild), Jochen Glatt (kl. Bild)<br />

96


Zeitvergleich<br />

Hochstadt (Pfalz) einst und jetzt<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2013<br />

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<strong>Vorschau</strong> – Leserservice – Impressum<br />

Impressum<br />

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Bahn-Jahr 2013 hat sich turbulent entwickelt. Das nächste <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> bringt Sie auf den neuesten Stand: Mit fundierten<br />

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6/2013 l November/Dezember<br />

24. Jahrgang l Nummer 127<br />

Internet: www.eisenbahnwelt.de<br />

Redaktionsanschrift:<br />

<strong>BAHN</strong>-<strong>EXTRA</strong><br />

Postfach 40 02 09 80702 München<br />

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Tel. +49 (0) 89.13.06.99.720, Fax - 700<br />

E-Mail: redaktion@geramond.de<br />

Redaktionsleitung: Michael Krische<br />

Verantwortl. Redakteur: Thomas Hanna-Daoud<br />

Redaktion: Martin Weltner, Alexandra Wurl<br />

Redaktionsassistenz: Brigitte Stuiber<br />

Layout: Karin Vierheller, Rico Kummerlöwe<br />

Mitarbeit: Jürgen A. Bock, Dietrich Bothe, Dr. Rolf<br />

Brüning, Jochen Glatt, Udo Kandler, Wolf-Dietmar<br />

Loos, Josef Mauerer, Dr. Lutz Münzer, Ulrich Rockelmann,<br />

Dr. Hans-Bernhard Schönborn, Herbert<br />

Stemmler, Oliver Strüber, Georg Wagner u.v.m.<br />

Abo-Hotline, Kundenservice,<br />

GeraMond-Programm<br />

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Clemens Hahn, Carsten Leininger<br />

Herstellungsleitung: Sandra Kho<br />

Vertriebsleitung: Dr. Regine Hahn<br />

Vertrieb/Auslieferung Handel:<br />

MZV, Unterschleißheim<br />

Zuletzt erschienen:<br />

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Verantwortlicher Redakteur <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong><br />

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<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> erscheint alle zwei Monate je weils Mitte/<br />

Ende eines geraden Monats. Sie erhalten <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> in<br />

Deutschland, in Öster reich und in der Schweiz im Bahn -<br />

hofs buch handel, an gut sortierten Zeitschriften kiosken,<br />

im Fachhandel sowie direkt beim Verlag.<br />

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in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheber<br />

rechtlich geschützt. Durch Annahme eines Ma nu skripts<br />

erwirbt der Ver lag das aus schließ liche Recht zur Veröffentlichung.<br />

Für unverlangt eingesandte Fotos und Manuskripte<br />

wird keine Haftung übernommen. Gerichtsstand<br />

ist München.<br />

Verantwortlich für den redak tionellen Inhalt: Thomas Hanna-<br />

Daoud; verantwortlich für die Anzeigen: Helmut Kramer;<br />

beide Infanteriestraße 11a, 80797 München.<br />

98


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