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Konfekt - Anregungen für guten Grundschulunterricht Konfekt - Anregungen für guten Grundschulunterricht (Vorschau)

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Märchenhaftes<br />

Der Märwert<br />

von Märchen<br />

Frau Holles Zauber<br />

Bewegte<br />

Märchen<br />

Meister<br />

Isegrimm<br />

Resilienzforschung<br />

Little Red Riding Hood<br />

Le Petit Chaperon Rouge<br />

12 7<br />

3<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong><br />

2 | 2012


2 | 2012<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong><br />

editOriAl<br />

Märchenzeit<br />

Wenn im Wald die Zwerge lachen,<br />

und im Schloss die Watschen krachen,<br />

wenn‘s am Hexenhäuschen knispert,<br />

und im Tann Schneewittchen wispert,<br />

wenn am Teich der König quakt,<br />

und im Turm Prinzesschen klagt,<br />

wenn um’s Feuer Stilzchen rumpelt,<br />

und der Stein im Wolfsbauch pumpelt,<br />

dann hört und lauscht<br />

und lest und schreibt,<br />

denn jetzt ist wieder... (na ja)<br />

Märchenzeit!<br />

B. Weiß<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser!<br />

KONFEKT!<br />

Rückmeldungen aus unserer Leserschaft<br />

bestätigen das KONFEKT-Konzept aus<br />

praxiserprobten und theoretisch fundierten<br />

Beiträgen rund um die Unterrichtspraxis,<br />

insbesondere durch solche<br />

Stimmen: „20 Jahre liegt nun meine Lehrerausbildung<br />

zurück, aber ich kann nicht<br />

jede pädagogische oder fachdidaktische<br />

Neuveröffentlichung lesen oder an sämtlichen<br />

Fortbildungen teilnehmen. Wenn<br />

du nicht einen Junglehrer betreust, geht<br />

manche Weiterentwicklung an dir vorbei.<br />

Du machst vieles in einer Mischung<br />

aus Wissen, Routine und Erfahrung und<br />

bist dann guter Dinge, in einem Heft wie<br />

KONFEKT dieses ,Bauchgefühl‘ theoretisch<br />

begründet zu sehen.“<br />

Genau dies soll KONFEKT leisten: eigenes<br />

Wissen und Tun durch essentielle<br />

Informationen aus Pädagogik und<br />

Fachdidaktiken bestätigen, auffrischen<br />

und erweitern. Ihr bewährtes Unterrichtshandeln<br />

mit neuen Ideen und<br />

Forschungsansätzen vernetzen und<br />

zum Ausprobieren verlocken.<br />

MÄRCHEN?<br />

Im Dezember 2012 jährt sich das Bestehen<br />

der Grimms Märchen zum 250.<br />

Mal und 2013 wird „Grimm-Jahr“. Worin<br />

aber liegt aktuell der „Märwert“ alter<br />

Mären?<br />

Märchen wirken erzieherisch hinsichtlich<br />

Wertevermittlung, Moralbildung<br />

und Verhältnislernen, denken wir an<br />

Rotkäppchen („Geh nicht mit fremden<br />

Männern!“) oder an die sieben Geißlein<br />

(„Lass die Tür ja zu!“). Märchen fördern<br />

Literarisches Lernen beim Entdecken<br />

der typischen Textstrukturen und des<br />

Sprachduktus. Märchen transportieren<br />

Kulturgut eines Kulturkreises. Märchen<br />

stecken die Koordinaten der Rechtsstaatlichkeit<br />

ab und setzen Überlegungen<br />

zu Recht und Unrecht in Gang.<br />

Märchen stärken die Persönlichkeit<br />

und psychologische Kompetenz laut<br />

Resilienzforschung.<br />

Märchen boomen, Märchen haben<br />

Bestand und Gehalt. Als Kraftfutter <strong>für</strong><br />

(Kinder-)Gehirne in der Potenz von<br />

Generationen erneuern sie durch hohen<br />

sprachlichen Symbolgehalt und<br />

ausdrucksstarke „innere Bilder“ Vorstellungswelten<br />

von menschlicher Gemeinschaft.<br />

Sie besitzen kreative und<br />

strukturierende Kraft. Gründe genug,<br />

ihnen ein ganzes Heft zu widmen!<br />

Viel Freude und Erfolg beim Lesen und<br />

Ausprobieren!<br />

Dr. Birgitta Reddig-Korn | Beate Weiß<br />

Foto: Gaiser Think Virtual Karlsbad<br />

Märchenhaftes<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

1


<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

Märchenhaftes<br />

herausgegeben von Birgitta reddig-Korn und Beate Weiß<br />

leitGedAnKen<br />

4<br />

Bewährte Märchen<br />

Der Märwert von Märchen<br />

Christopher Korn<br />

GrUndleGendes zUm themA<br />

7<br />

Märchen – Kraftfutter <strong>für</strong><br />

Kindergehirne<br />

Bekanntes aus den „alten Zeiten“<br />

Johanna Sänger<br />

UnterrichtsprAXis<br />

10<br />

MNK, Klasse 3/4<br />

Meister Isegrimm ist wieder da!<br />

... mehr als nur<br />

der böse Märchenwolf ...<br />

Unterrichtseinheit <strong>für</strong> den Fächerverbund MNK<br />

Constanze Velimvassakis<br />

15<br />

Deutsch, Klasse 3/4<br />

So niedlich und klein ...<br />

Märchenwörter auf -chen und -lein<br />

Heinz Risel<br />

19<br />

Deutsch, Klasse 1/2<br />

Präsentieren üben<br />

in der Eingangsstufe<br />

Übung macht den Meister<br />

Malena Hartmann<br />

2 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


inhAlt<br />

26<br />

Englisch, Klasse 3/4<br />

„It’s time for a fairy tale!“<br />

Märchenerzählen durch Storytelling<br />

im Englischunterricht der Grundschule<br />

Annika Werner<br />

30<br />

Englisch/Französisch, Klasse 3–6<br />

„Mirror, mirror on the wall …<br />

miroir, miroir en bois d’ébène …“<br />

Fremdsprachenlernen im Märchenland<br />

Yvonne Bison, Anna-Lena Hauck<br />

35<br />

Französisch/Englisch, Klasse 3/4<br />

„Le Petit Chaperon Rouge“ &<br />

„Little Red Riding Hood“<br />

Rotkäppchen im Fremdsprachenunterricht<br />

der Grundschule<br />

Kirsten Krefft<br />

Übersetzung ins Englische: Anna-Lena Hauck<br />

41<br />

Darstellendes Spiel: Deutsch/Musik/Kunst, Klasse 3/4<br />

Frau Holle als Schattenspiel<br />

Eine fächerverbindende Arbeit<br />

Katja Harbers<br />

47<br />

Deutsch/Musik/Kunst, Klasse 2/3<br />

Frau Holles<br />

Schüttelzauber<br />

im Glas<br />

Märchenfiguren kneten<br />

Jessica Schmidt/Beate Weiß<br />

53<br />

Kunst, Klasse 2/3<br />

Treffen wir uns am<br />

sprechenden Baum?<br />

Kunstunterricht – einfach märchenhaft!<br />

Kathrin Eckardt<br />

58<br />

Sport, Klasse 2/3<br />

Bewegte Märchen<br />

Märchen als Basis <strong>für</strong><br />

bewegungsintensiven Sportunterricht<br />

Karin Hildenbrand<br />

62<br />

Bücher, die uns am<br />

Herzen liegen<br />

Buchtipps<br />

Birgitta Reddig-Korn<br />

63<br />

Impressum<br />

Autorinnen, Autoren und Herausgeberinnen<br />

<strong>Vorschau</strong> auf das nächste Heft<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

3


leitGedAnKen<br />

Christopher Korn<br />

Bewährte Märchen<br />

Warum der Märwert nie aus der Mode kam<br />

„Tiefere Bedeutung liegt in dem Märchen meiner Kinderjahre als in der Wahrheit,<br />

die das Leben lehrt.“ (Schiller 1799, III 4)<br />

Diesem Geständnis Friedrich Schillers (1759–1805) kann Wilhelm Grimm (1786–1859)<br />

wohl nur beipflichten:<br />

„Kindermärchen werden erzählt, damit in ihrem reinen und milden Lichte,<br />

die ersten Gedanken und Kräfte des Herzens aufwachen und wachsen.“<br />

(Grimm, W. 1819, Einleitung).<br />

Für die Entwicklung sowohl des Denkens als<br />

auch des „Herzens“ haben sich Märchen<br />

<strong>für</strong> Kinder wohl schon vielfach bewährt.<br />

Doch ist das noch heute wie zu Beginn<br />

des 19. Jahrhunderts? Gilt in unseren<br />

aufgeklärten, realistischen Zeiten nicht<br />

eher: Es war einmal ... die Märchenwelt.<br />

Was ist bei all den literarisch-spektakulären<br />

und technisch-medialen Möglichkeiten<br />

Anfang des 21. Jahrhunderts<br />

ausgerechnet an Märchen das Faszinierende,<br />

was bewahren sie bis heute <strong>für</strong> uns? Eine<br />

Suche nach einem möglichen Märwert ganz allgemein<br />

und besonders in pädagogischer Perspektive lohnt<br />

sich. Nun, in der Moderne hat sich vor allem die Psychoanalyse<br />

Mitte der 70er Jahre mit Bettelheim der Märchen<br />

bemächtigt. Seither betonen Jung-Anhänger, „daß die Gestalten<br />

und Ereignisse dieser Geschichten archetypischen<br />

psychologischen Phänomenen entsprechen, diese repräsentieren<br />

und symbolisch das Streben nach einer höheren<br />

Persönlichkeitsstufe andeuten (...).“ (Bettelheim 2002, 46)<br />

Die Psychotherapeutin Becker analysiert hingegen ganze<br />

Unternehmen mit Hilfe von „Frau Holle“ und der Neurowissenschaftler<br />

Hüther konstatiert, dass Märchen Balsam<br />

<strong>für</strong> die Seele sind: „Man fühlt sich dann irgendwie besser,<br />

gestärkt und zuversichtlicher (...).“ (in Kals 2011, C1) Woran<br />

mag das liegen? Die Soziologie etwa bietet eine Erklärung,<br />

die sich mit Märchen als Integrationshelfer in Social Communitys<br />

befasst: „Für Menschen aus einem anderen Land<br />

können Märchen eine Art Integrationshilfe darstellen, sowohl<br />

auf sprachlicher als auch auf sozialer Ebene.“ (Volkert<br />

2011, SWR) Und selbst die Physik bedient sich der Märchenmotive,<br />

wenn es etwa um Gesetzmäßigkeiten einer „Supersymmetrie“,<br />

kurz Susy geht: Eine Art rettende „Fee der<br />

Teilchenphysik“ (vgl. Gast 12/2012, 35 DIE ZEIT).<br />

Auch sonst beschreitet das Verständnis von<br />

Märchen heute neue Wege. Unter den<br />

Top-Ten einer Umfrage des ZDF (11/2011)<br />

zu Märchen landete „Harry Potter“ auf<br />

Platz zwei, gefolgt von „Herr der Ringe“,<br />

„Mogli“ und „König der Löwen“. Die<br />

Tatsache allerdings, dass der Klassiker<br />

„Schneewittchen“ bei diesem Ranking<br />

doch Platz „eins“ errang, lässt die Verbindung<br />

zu den Brüdern Grimm herstellen. Immerhin<br />

gelten diese, was die „Sache und den<br />

Begriff“ betrifft, auch nach neueren Forschungen<br />

als Maß <strong>für</strong> die Typisierung, Merkmale und die Verbreitung<br />

von Märchen (vgl. Schweikle 2008, 58). Zudem brachten<br />

die Grimms im Jubiläumsjahr 2012 vor nunmehr 200 Jahren<br />

den ersten von zwei Bänden der „Kinder und Hausmärchen“<br />

heraus und erhoben damit zugleich einen der Aufklärung<br />

verpflichteten Anspruch. Den Anspruch nämlich<br />

an die selbstbestimmte Bildung des Menschen, welcher<br />

Märchen erst modern machte. Wie ist das zu verstehen?<br />

Märchen machen Geschichte<br />

Etymologisch betrachtet ist das Wort Märchen eine Ableitung<br />

von „Mär“, mhd. von maerlîn, einem Diminutiv (Verkleinerung)<br />

der Verbform maere. Typisch <strong>für</strong> die Märchenwelt<br />

sind so auch „chen“ und „lein“ (vgl. Beitrag von Heinz<br />

Risel). Es ging ursprünglich um Berichte, aber auch um Gerüchte<br />

und Erzählungen, deren Wesen und Eigenart nicht<br />

allein durch eine hessische, waldreiche Region geprägt<br />

sind, sondern weltweit in Erscheinung treten (vgl. Vaupel<br />

2012, 26; Schweikle 2008, 58). Das wusste auch Wilhelm<br />

4 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


leitGedAnKen<br />

Grimm (1819, Einleitung – 2. Aufl.) : „Es finden sich (...) Übereinstimmungen<br />

mit morgenländischen, persischen und indischen<br />

Märchen (was) auf eine den Trennungen der Völker<br />

vorangegangene gemeinsame Zeit deutet.“ In der Folge<br />

europäischer Märchensammlungen, maßgeblich etwa die<br />

von Charles Perrault (1697), waren die Volksmärchen der<br />

Grimms in gewisser Weise zugleich Kunstprodukte, da sie<br />

sowohl zur Eignung <strong>für</strong> Kinder inhaltlich<br />

„gereinigt“ als auch der Sprache nach<br />

„volkstümlich stilisiert“ wurden (vgl.<br />

Schweikel 2008, 60; Vaupel 2012, 29).<br />

Das Typische an Märchen wird demgemäß<br />

meist zwischen „abgesunkenem<br />

Mythos“ und „wunderbarer Erzählung“<br />

angesiedelt. Rötzer (1982, 22) weist wohl<br />

darauf hin: „Die Quelle der Märchen ist<br />

der Mythos.“ Doch Bettelheim (2002, 49)<br />

führt zur Unterscheidung des Märchens<br />

aus der individuellen Perspektive des<br />

Kindes weiter aus: „Das Märchen bietet<br />

der Phantasie den Stoff, der dem Kind<br />

in symbolischer Form zu erkennen gibt,<br />

worum es bei dem Kampf um die Selbstverwirklichung<br />

geht, und zugleich bürgt es <strong>für</strong> einen <strong>guten</strong><br />

Ausgang.“ Dem entgegen erfährt der Held des Mythos<br />

eine „Verwandlung“ zum ewigen Leben erst im „Himmel“.<br />

Modern sein heißt vielmehr, das eigene Schicksal, den <strong>guten</strong><br />

Ausgang bewusst zu Lebzeiten aufzuklären, was ohne<br />

Selbstdenken und Selbsttätigkeit nicht wirklich möglich ist.<br />

Märchenkunst<br />

spricht die<br />

Entwicklung von<br />

Selbstvertrauen und<br />

Selbstwirksamkeit an,<br />

um schwierige<br />

Situationen<br />

erfolgreich zu<br />

bewältigen<br />

(Resilienz)<br />

Fassung der Kinder- und Hausmärchen (1812/15), einem<br />

zumindest europäischen Gedächtnis verpflichtet, den bildungsrelevanten<br />

Begriff von Freiheit <strong>für</strong> die Zukunft aufgeklärter<br />

Menschen bzw. <strong>für</strong> eine vernünftige Gesellschaft.<br />

So besticht beispielsweise das einfache tapfere Schneiderlein<br />

durch seinen Mut und kluge Entscheidungen, die ihn<br />

König werden lassen: „Hier überall, in Mut wie in Nüchternheit<br />

und Hoffnung ist ein Stück<br />

Aufklärung, lange bevor es diese gab.“<br />

(Schödel 1987, 34f) Märchen werden mit<br />

diesem Anspruch an das selbstständige<br />

Denken und Handeln des Individuums<br />

im Allgemeinen und des noch jungen<br />

Menschen im Besonderen zu einer Frage<br />

der Bildung. Schöpften die Grimms<br />

nun den Stoff zur Entwicklung des kindlichen<br />

Denkens sowie der so genannten<br />

„Herzensbildung“ aus des Volkes Seele,<br />

geschah dies bei Hans Christian Andersen<br />

aus seiner ganz persönlichen Biographie.<br />

Auch seine Märchenkunst spricht<br />

die Entwicklung von Selbstvertrauen<br />

und -wirksamkeit an. Gemeint sind individuelle<br />

Fähigkeiten bzw. Kompetenzen, um schwierige Situationen<br />

bzw. widrige Umstände erfolgreich bewältigen<br />

zu können. Häufig ist heute dann von Resilienz die Rede.<br />

Märchenhafte Resilienz<br />

Moderne Märchen<br />

Die Brüder Grimm stehen nicht nur <strong>für</strong> die Faszination des<br />

modernen Märchens, mit den Romantikern als Wegbereiter,<br />

sondern auch <strong>für</strong> Ideale der Aufklärung. Forderte der<br />

zeitgenössische Philosoph Immanuel Kant mit dem sapere<br />

aude den eigenen Verstand zu gebrauchen, stemmten sich<br />

die Brüder in diesem Sinne gegen „Bequemlichkeit und<br />

Unterwürfigkeit“ 1 . Entschieden lehnten sie „willkürliche<br />

Gewaltmaßregeln“ ab und vertrauten auf die Vernunft einer<br />

freien „Völkergemeinschaft“, was Jacob Grimm (1785<br />

– 1863; in Schwab 2008, 281f) im Parlament der Paulskirche<br />

zu Frankfurt mit der Forderung zum Ausdruck brachte:<br />

„Den Begriff von Freiheit (...) an die Spitze unserer Grundrechte<br />

zu stellen (und den) rechtlichen Unterschied zwischen<br />

Adeligen, Bürgerlichen und Bauern“ abzuschaffen.<br />

Für ein pädagogisches Denken und Handeln transportiert<br />

damit vor allem die von Wilhelm Grimm überarbeitete<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

„Mein Leben ist ein schönes Märchen, so reich und glücklich.<br />

Wäre mir als Knabe, als ich arm und allein in die Welt<br />

hinausging, eine mächtige Fee begegnet und hätte gesagt:<br />

`Wähle deine Laufbahn und dein Ziel, und dann, je<br />

nach deiner Geistesentwicklung und wie es der Vernunft<br />

gemäß in dieser Welt sein muss, beschütze und führe ich<br />

dich!´ – mein Schicksal hätte nicht glücklicher, klüger, und<br />

besser geleitet werden können.“ (Andersen 1855, in Götsch<br />

2008, 63) Dies schrieb der womöglich bedeutendste Autor<br />

der Moderne <strong>für</strong> Kunstmärchen, Hans Christian Andersen<br />

(1805–1875). Freilich, Clemens v. Brentano, Herausgeber<br />

<strong>für</strong> „Des Knaben Wunderhorn“, befand <strong>für</strong> die Erzählungen<br />

der Grimms: zu viel „Volk“ und zu wenig „Kunst“. Tatsächlich<br />

jedoch begründeten die Volksmärchen der Brüder<br />

Grimm und Andersens Kunstmärchen weitgehend und<br />

1 Die beiden Brüder befanden sich, ihrer Maxime gemäß, unter den (lediglich)<br />

sieben, später aus dem Hochschuldienst entlassenen Göttinger Professoren,<br />

welche da<strong>für</strong> standen, dass ein Monarch ein ordentlich verabschiedetes „Gesetz<br />

nicht einseitig umstürzen“ dürfe. Zuvor hatte der König von Hannover 1837<br />

nämlich die von seinem Vorgänger verkündete und von entscheidenden Gremien<br />

verabschiedete Verfassung wieder aufgehoben (vgl. Schwab 2008, 281).<br />

5


leitGedAnKen<br />

komplementär im 19. Jahrhundert den europäischen Märchenkosmos<br />

(vgl. Vaupel 2012, 26). Die persönliche Widerstandsfähigkeit,<br />

Problemlösekompetenz und das Selbstvertrauen<br />

Andersens muten mit Blick auf seine Kinder- und<br />

Jugendjahre märchenhaft an. Denn er selbst wuchs unter<br />

sehr „ärmlichen Bedingungen“ auf: Sein Vater starb früh<br />

und in Kopenhagen blieb Andersen später als Schauspieler,<br />

Balletttänzer, Sänger sowie Tragödiendichter zunächst<br />

erfolglos. Selbst die Lateinschule wurde ihm zum Alptraum<br />

(vgl. Götsch 2008, 63).<br />

Und doch, vielleicht gerade deswegen, entwickelte Andersen<br />

Vertrauen in die „Selbstwirksamkeit“, getrieben von<br />

der eigenen „Geistesentwicklung“ und der „Vernunft“ in<br />

dieser Welt: Ein Ansatz, mit welchem heute die Resilienzforschung<br />

erzieherische Zielsetzungen verbindet: „Die positive,<br />

gesunde Entwicklung (des Kindes) trotz hohem Risikostatus,<br />

beispielsweise bei chronischer Armut“, aber auch<br />

„schnelle Erholung von traumatischen Erlebnissen wie der<br />

Tod eines Elternteils, Gewalterfahrungen“, „Stressresistenz“<br />

etc. (vgl. Wustmann 2007, 122). Dabei gilt Resilienz nicht als<br />

angeboren, sondern grundsätzlich auch durch Unterricht<br />

erlernbar (vgl. Sit 2008, 1). Fthenakis (7/2001 Bremen) vertritt<br />

die Position, dass der Aufbau solcher individueller Bewältigungskompetenzen<br />

insbesondere durch den Zu- und<br />

Umgang mit Märchen möglich wird. Schönberger (2008,<br />

76) führt dies näher aus und greift die Besonderheit vieler<br />

Märchen auf, dass diese häufig mit einem Problem beginnen.<br />

Starke Bilder transportieren in wunderbaren Erzählungen<br />

Lösungswege, welche individuell <strong>für</strong> eigene Problemlagen<br />

interpretiert und mit Zuversicht verwirklicht werden können.<br />

Wie im wirklichen Leben allerdings machen sich die<br />

Heldinnen und Helden im Märchen nicht immer freiwillig<br />

auf den Weg, sind vielmehr getrieben durch eine Not, Gefahr<br />

oder eine Art Herzeleid: „Entscheidend ist, dass (sie)<br />

widerstandsfähig sind und immer wissen, was ihnen guttut.“<br />

(Schönberger 2008, 76) Kaum ein Märchenautor verkörpert<br />

so gesehen das Resilienz-Motiv überzeugender<br />

als Andersen. Er lernte „Bewältigungskompetenzen“ zu<br />

entwickeln, die später in seinen Erzählungen immer wieder<br />

zum Ausdruck kommen, deutlich u. a. im Märchen vom<br />

hässlichen Entlein. Dabei durchkreuzen sich häufig das<br />

„Wunderbare und Alltägliche“, das unbedingte Vertrauen<br />

auf einen <strong>guten</strong> Ausgang mit dem Vermögen, ein gestelltes<br />

Problem selbst lösen zu müssen und zu können. Für<br />

Märchen in einem zu selbstständigem Denken und Handeln<br />

erziehenden Unterricht bedeutet dies, dass anhand<br />

der vielschichtigen „Bildersprache“ gedankliche „Spielräume“<br />

möglich werden, welche die vordergründigen<br />

Moralaussagen im Märchen zugleich mit den eigenen<br />

lebensweltlichen Werten und Urteilen wunderbar ins Verhältnis<br />

setzen lassen (vgl. Götsch 2008, 64; Rekus 1993, 219).<br />

Bedeutungen zum Schluss<br />

Und wenn sie nicht ...: Tatsächlich zeigt sich, dass Märchen<br />

heute wohl „lebendiger“ denn je sind und das, obwohl eine<br />

überzeugende Deutung des Phänomens bis heute fehlt.<br />

Märchenerzählungen und deren Zitate, Motive und Moralia<br />

werden in ganz unterschiedlichen Bereichen unserer<br />

Gesellschaft herangezogen, <strong>für</strong> Phantasien, Therapien und<br />

Parodien bis hin zu wissenschaftlichen Konzepten. Bedeutungen<br />

der Märchen scheinen universell zu sein. Dennoch:<br />

Ein pä dagogisch verstandener Unterricht hat da<strong>für</strong> zu sorgen,<br />

dass die so genannte „Deutungshoheit“ von Märchen,<br />

Wertschätzungen und Interpretationen, der Möglichkeit<br />

nach beim Lernenden bleibt (vgl. Schödel 1977, 7).<br />

Ein so individualisierender Unterricht kann es dann schaffen,<br />

dass die wunderbare Dichte, das Archaische, das Mut<br />

Machende und damit Hoffnung Generierende, kurz ein<br />

Märwert dieser besonderen Erzählungen vor allem <strong>für</strong> die<br />

Schule nicht verloren geht. So bleiben Märchen auch in Zukunft<br />

modern.<br />

Zum Weiterlesen<br />

❧<br />

❧<br />

Bettelheim, B.: Kinder brauchen Märchen, München 2002 / 24. Auflage<br />

Götsch, D.: Andersen, Hans Christian, in: Metzler Literatur-Lexikon<br />

Bd.1, Stuttgart u. Weimar 2008, 63f<br />

Kals, U.: Die Prinzessin auf der Erbse als Trainee; in: FAZ Nr. 229,<br />

1.–2.10/2011, C1<br />

Rekus, J.: Bildung und Moral; Weinheim und München 1993<br />

Schiller, F.: Die Piccolomini, III, 4, in Wallenstein 1799<br />

Schödel, S.: Märchenanalysen; Stuttgart 1987<br />

Schweikle, G.: Märchen; in Metzler Literatur-Lexikon Bd.6, Stuttgart<br />

und Weimar 2008, 58f<br />

Schwab, H.-R. in: Grimm, Jacob – Grimm, Wilhelm; Metzler Literatur-<br />

Lexikon Bd. 2, Stuttgart und Weimar 2008, 281–283<br />

Sit, M.: Was Kinder stark macht, Wien 2008<br />

Vaupel, B.: Die Guten ins Töpfchen – 200 Jahre Märchen der Brüder<br />

Grimm, in: Monumente 1/2012, 24–31<br />

Volkert, C.: Die Brüder Grimm – Märchensammler; SWR 2011,<br />

in: www.planetschule.de/wissenspool)<br />

Wustmann, C. in BMBF 16: Auf den Anfang kommt es an ...; Berlin 2007,<br />

119ff<br />

6 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


GrUndleGendes zUm themA<br />

Johanna Sänger<br />

Märchen –<br />

Kraftfutter <strong>für</strong> Kindergehirne<br />

Bekanntes aus den „alten Zeiten“<br />

Liebe Leserin, lieber Leser, bleiben Sie nicht haften bei dem ausschließlich „Märchenhaften“.<br />

Wagen Sie die Begegnung mit dem Märchen selbst!<br />

Ich möchte Ihnen <strong>für</strong> Ihren Unterricht Mut machen, das Märchen in seiner ursprünglichen<br />

Form und Textfassung wieder in die Grundschulen des Jahres 2012 hereinzuholen.<br />

Ich meine damit die von Jacob und Wilhelm Grimm gesammelten Volksmärchen, die über<br />

mehrere Generationen ausschließlich mündlich überliefert wurden und als „volksläufig und<br />

namenlos“ gelten.<br />

Drei gute Gründe<br />

aus der aktuellen<br />

Märchendiskussion<br />

Vielleicht runzeln Sie die Stirn, gibt<br />

es doch schon eine Vielzahl an Märchenstoffen<br />

„auf dem Markt“. Viele<br />

Märchenexperten meinen, es mache<br />

einen tiefen Sinn, sich gerade heute<br />

wieder den Grimm´schen Kinder- und<br />

Hausmärchen zuzuwenden.<br />

Daher drei „gute Gründe“<br />

aus der aktuellen Märchendiskussion:<br />

❧ Die von den Grimms verschriftlichten<br />

Erzählungen entstammen unserem Kulturkreis,<br />

„verarbeiten“ die Lebenserfahrungen unserer<br />

Vorfahren in bildhafter Sprache und geben diese in<br />

symbolischer Bildsprache „verdichtet“ weiter. Bei der<br />

Auswahl der Märchen sollten wir uns als multikulturelle<br />

Gesellschaft an den Ländern und Kulturen der<br />

Kinder unserer Klassen orientieren.<br />

❧ Die Brüder Grimm, beide Germanisten, brachten die<br />

einfachen Volkserzählungen in einer so meisterhaften,<br />

einfachen Sprache zu Papier, dass die Grimm’schen<br />

Märchen heute welt weit als wertvolle<br />

Literatur anerkannt werden.<br />

Wir wür den die Märchen reduzieren<br />

und in ihrer Wirkkraft minimieren,<br />

wenn wir sie „modernisieren“ und<br />

bearbeiten würden. Die Volksmärchen<br />

sind symbolische Erzählungen,<br />

die in ihrer besonderen Sprachästhetik<br />

von innerem Erleben berichten.<br />

❧ Märchen vermitteln Botschaften<br />

in symbolischer Bildsprache.<br />

Damit wir die Symbolsprache<br />

verstehen können, müssen wir<br />

sie erst einmal <strong>für</strong> sich stehen lassen…<br />

unverändert! Solange wir<br />

Märchen auf der intellektuellen<br />

Ebene lesen, nämlich mitdenkend,<br />

kritisch abwägend, logisch<br />

schlussfolgernd, werden wir ihre Aussage nicht begreifen.<br />

Ich meine, die Ausführungen des Psychoanalytikers<br />

Erich Fromm über Symbolsprache als<br />

Ausdruck innerer Erfahrungen, Gefühle und Gedanken,<br />

als ob es sich um sinnliche Wahrnehmungen<br />

und Ereignisse in der Außenwelt handele, sind sehr<br />

aufschlussreich. Symbolsprache habe eine andere<br />

Logik als unsere Alltagssprache, mit der wir die tieferen<br />

Schichten unserer eigenen Persönlichkeit und<br />

der uns anvertrauten Kinder kennen lernen könnten.<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

7


GrUndleGendes zUm themA<br />

Märchen<br />

aus neurobiologischer Sicht<br />

Gerald Hüther schildert in seinem Aufsatz „Weshalb wir<br />

Märchen brauchen“ aus neurobiologischer Sicht, was MärchenerzählerInnen<br />

schon „seit den alten Zeiten“ wissen<br />

und die Märchenforschung belegt: Märchen<br />

sind Kraftfutter <strong>für</strong> Kindergehirne.<br />

Märchen sind Balsam <strong>für</strong> Kinderseelen<br />

und Erwachsenenseelen. Märchen sind<br />

Kitt <strong>für</strong> den Zusammenhalt einer Kulturgemeinschaft.<br />

Und: Märchen sollten<br />

in ihrer mündlich tradierten Form<br />

erzählt werden, in der sie sich am besten<br />

erschließen. Märchen können so<br />

vieles von dem, was wir Lehrende und<br />

Lernende in der Grundschule so dringend<br />

benötigen: Märchen können ein<br />

Kind zum Stillsitzen und aufmerksam Zuhören bringen,<br />

gleichzeitig seine Fantasie beflügeln und seinen Sprachschatz<br />

erweitern. Märchen können Kinder dazu befähigen,<br />

sich in andere Menschen hineinzuversetzen und deren<br />

Gefühle zu teilen. Märchen können das Vertrauen eines<br />

Kindes stärken und ihm Mut und Zuversicht schenken.<br />

Schule und Märchen<br />

Erkenntnisse der Hirnforschung vergegenwärtigen die Bedeutung<br />

der Märchen <strong>für</strong> die Schule:<br />

❧ Lernen funktioniert am besten, wenn es „unter die<br />

Haut geht“. Werden die emotionalen Zentren im Gehirn<br />

aktiviert, können jene Botenstoffe vermehrt gebildet<br />

und freigesetzt werden, die das Knüpfen neuer<br />

Verbindungen zwischen den Nervenzellen fördern.<br />

Ein <strong>für</strong> das Lernen optimaler Zustand, in dem Kinder<br />

etwas über sich, über die Welt und das Leben erfahren<br />

können, ist das Erzähltbekommen und Erleben eines<br />

Märchens durch jemanden, zu dem das Kind eine enge<br />

und vertrauensvolle Beziehung aufbauen konnte.<br />

Im Grundschulbereich „leben“ wir das Klassenlehrer /<br />

-innenprinzip und wissen, wie grundlegend die Beziehungsarbeit<br />

ist.<br />

Wesentlich beeinflusst die Erzählatmosphäre den <strong>für</strong><br />

das Lernen förderlichen Zustand, in dem komplizierte<br />

Erregungsmuster im Gehirn der Kinder aufgebaut und<br />

stabilisiert werden. Die emotionalen Zentren im Gehirn<br />

sollen anspringen und nicht etwa überschießen<br />

und „Alarm“ melden, was sie tun, sollte sich das Kind<br />

in Angst versetzt fühlen.<br />

Damit der emotionale Funken überspringen kann, ist<br />

es entscheidend, wie Märchen erzählt oder vorgelesen<br />

werden. Die Kinder müssen merken, dass<br />

die ErzählerIn selbst begeistert oder betroffen<br />

ist. Nur, wenn das Kind erlebt, ich<br />

werde immer wieder angeschaut und<br />

das jeweilige Gefühl wird zum Ausdruck<br />

gebracht, kann sich ein enger Kontakt<br />

aufbauen und eine „Rückversicherung“<br />

durch die ErzählerIn geschehen, ob das<br />

Kind emotional „noch dabei“ ist.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen: Das<br />

Zaubermittel „Märchen“ wirkt, wenn die<br />

emotionale Beziehung zum Inhalt und<br />

den Personen des Märchens, auf die sich die Kinder<br />

beim Hören des Märchens mit der einfühlsamen Hilfe<br />

des Erzählers oder der Vorleserin einlassen, da ist.<br />

Die Schlussfolgerung liegt nahe:<br />

Märchen sind Kraftfutter <strong>für</strong> Kindergehirne!<br />

❧ Da Schule ein Ort ist, an dem sich Schüler, Lehrer und<br />

Eltern zusammenfinden, um miteinander und voneinander<br />

zu lernen, ist es berechtigt, das Augenmerk<br />

auch auf die Erwachsenen zu lenken.<br />

Hüther schreibt, dass auch in den Gehirnen der Erzählenden<br />

etwas passiere, dass alte Erinnerungen wach<br />

werden. Einmal können dies Erinnerungen an den Inhalt<br />

der Geschichte sein, aber viel deutlicher werden die<br />

Atmosphäre und sogar die Körpergefühle von damals<br />

erinnert. Ein abgespeicherter Erfahrungsschatz der frühen<br />

Kindheit wird spürbar! Hüther geht weit mit seiner<br />

Behauptung: „Weil sie im Allgemeinen solche frühen,<br />

emotional positiv bewerteten Erinnerungen wachrufen,<br />

machen die alten Märchen auch uns Erwachsene<br />

auf eine geheimnisvolle Weise wieder stark.“<br />

Die Schlussfolgerung liegt nahe:<br />

Märchen sind Balsam nicht nur <strong>für</strong> die Seelen von Kindern,<br />

sondern ebenso <strong>für</strong> die Seelen der Erwachsenen!<br />

❧<br />

Märchen sind „ Kitt“<br />

<strong>für</strong> den Zusammenhalt<br />

einer Kulturgemeinschaft<br />

Es gibt einen dritten Aspekt, der bezüglich „Märchen<br />

und Schule“ bedenkenswert ist: Märchen transportie-<br />

8 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


❧<br />

Die Lebenserfahrungen<br />

unserer Vorfahren<br />

als transgenerationale Botschaften<br />

GrUndleGendes zUm themA<br />

ren ja nicht nur Geschichten, sondern auch die dazugehörigen<br />

Bilder und die Botschaften eines bestimmten<br />

Kulturkreises. Sie transportieren dies zu den Kindern,<br />

die in den Kulturkreis der Erzählenden und der von ihnen<br />

ausgewählten Märchen hineinwachsen.<br />

Märchen können an diesem Punkt identitätsstiftend<br />

wirken, denn sie schaffen eine gemeinsame Plattform<br />

von Vertrautem und Bekanntem. Auf dieser kann sich<br />

Wissen innerhalb der Gemeinschaft ausbreiten und<br />

auch gestaltet werden.<br />

Die Schlussfolgerung liegt nahe:<br />

Märchen sind „Kitt“ <strong>für</strong> den Zusammenhalt einer<br />

Kulturgemeinschaft.<br />

Hüther u. a. belegen die Bedeutung der Märchen <strong>für</strong> den<br />

einzelnen Menschen und <strong>für</strong> die Gemeinschaft auch mit<br />

Hilfe der neuen, bildgebenden Verfahren, die zeigen, dass<br />

die im menschlichen Gehirn angelegten Nervenzellverschaltungen<br />

als innere Repräsentanzen von Denk-, Gefühls-<br />

und Handlungsmustern durch eigene Erfahrungen<br />

herausgeformt werden. Die Erfahrungen, die <strong>für</strong> die eigene<br />

Lebensbewältigung und <strong>für</strong> die kollektive Lebensbewältigung<br />

entscheidend sind, werden transgenerational<br />

weitergegeben. Dazu zählt die Weitergabe von Wissen,<br />

die Überlieferung von Fähigkeiten und Fertigkeiten, von<br />

Vorstellungen, Regeln und Bewertungsmaßstäben, von<br />

Haltungen und Orientierungen. Märchen sind also ein tragendes<br />

Instrument zur transgenerationalen Überlieferung<br />

wichtiger Botschaften. Bezogen auf die Beziehungsfähigkeit,<br />

die Kreativität und die Vorstellungswelt von Kindern<br />

sowie menschlichen Gemeinschaften im Allgemeinen<br />

besitzen Märchen eine strukturierende Kraft und einen<br />

entscheidenden Einfluss. Die strukturierende Kraft der<br />

Märchen bezieht sich ebenso auf die Strukturierung neuronaler<br />

Verschaltungsmuster und die Herausformung der sogenannten<br />

INNEREN BILDER im Gehirn der Kinder als auch<br />

der Erwachsenen.<br />

Die mitentscheidendste Erkenntnis der Hirnforschung sei,<br />

so G. Hüther, dass das Gehirn immer lerne! Am besten lerne<br />

das Gehirn das, was einem Kind helfe, sich in der Welt, in<br />

die es hineinwächst, zurechtzufinden und die Probleme<br />

zu lösen, die sich in seiner speziellen Lebenssituation ergeben.<br />

Abschließend wünsche ich mir, dass Sie sich begeistern lassen<br />

von den Märchen!<br />

Ich wünsche denjenigen, denen ab heute Märchen erzählt<br />

werden und die sich Märchen erzählen lassen, dass die<br />

Märchen dich erinnern an das Märchen, das du bist, ganz<br />

nach Rose Ausländer: „Kennst du das Märchen vom Du – Du<br />

bist es!“<br />

Literaturempfehlungen und weitere Informationen<br />

❧<br />

Felicitas Betz: Märchen als Schlüssel zur Welt. Eine Anleitung zum Erzählen<br />

und zum Gespräch mit Kindern. Lahr. 9. Auflage 2001.<br />

Dieses Buch ist eine Fundgrube <strong>für</strong> „Märcheneinsteiger“. Es enthält zum<br />

Teil sehr kurze Märchen, die sich gut <strong>für</strong> Kinder im Vorschulbereich sowie<br />

im Anfangsunterricht eignen. Einige der Märchen sind ebenfalls <strong>für</strong> die<br />

Klassen 3 und 4 zu empfehlen, da sie durch die Textkürze und die Eingliedrigkeit<br />

<strong>für</strong> die Schüler/-innen leicht zu erfassen sind und die Lehrkraft<br />

schnell zu der Arbeit an und mit dem Text kommt.<br />

Heinrich Dickerhoff, Harlinda Lox (Hg.): Vorwort Prof.Dr. Gerald Hüther.<br />

Märchen <strong>für</strong> die Seele. Märchen zum Erzählen und Vorlesen. Krummwisch.<br />

2010. In Zusammenarbeit mit der Europäischen Märchengesellschaft.<br />

Brigitta Schieder, Don Bosco: Märchen machen Mut. Ein Werkbuch zur Werteerziehung<br />

und Persönlichkeitsentfaltung von Kindern. München 2000.<br />

2. Auflage 2003.<br />

Wer nur kurz in das Thema einsteigen möchte, sich aber trotzdem einen<br />

theoretischen Überblick über die Entstehung und Entwicklung der<br />

Märchen (immer im Hinblick auf die Arbeit mit Kindern) verschaffen will,<br />

wird von dieser Autorin gut informiert. 10 Märchen werden sehr praxisnah<br />

mit Text, Angaben zum Inhalt, Symbolverständnis, zur Gestaltung des<br />

Erzählens vorgestellt.<br />

Werner Schlachetka: Märchen. Rätsel. Reime. Märchen zum Raten & Vorlesen.<br />

Krummwisch 2010.<br />

Suchen Sie einen lustigen, „leichten“ Einstieg, dann finden Sie in diesem<br />

Buch sicher etwas. Der Autor hat Reime aus Märchen zusammengetragen<br />

und mit Selbstgereimten ergänzt. Gutes Rätselmaterial. 32 Märchen von<br />

den Brüdern Grimm und H. C. Andersen finden sich mit Text, Reim und<br />

Rätsel.<br />

Arnica Esterl: Die Märchenleiter. Welches Märchen erzähle ich meinem Kind?<br />

Stuttgart 2007.<br />

Hier finden Sie konkrete Empfehlungen, wie Sie sich und ihre Schulkinder<br />

auf Märchen im Allgemeinen und auf 19 Märchen im Speziellen<br />

vorbereiten können. Wer schnelle Antworten sucht, ist falsch. Die Autorin<br />

kommt aus der Praxis und bietet den Lesern neben den entsprechenden<br />

Märchentexten sehr viele und nützliche <strong>Anregungen</strong> auf die Fragen nach<br />

dem „richtigen“ Märchen <strong>für</strong> eine bestimmte Altersgruppe.<br />

Die Europäische Märchengesellschaft (EMG) veranstaltet regelmäßig Fachtagungen<br />

und Kongresse zu unterschiedlichsten Märchenthemen. Genauere<br />

Informationen über Veröffentlichungen, das Jahresprogramm, sowie CDs<br />

von Märchenerzählern/-innen sind über die Europäische Märchengesellschaft<br />

(EMG), Bentlager Weg 130, D-48403 Rheine zu beziehen.<br />

www.maerchen-emg.de, info@maerchen-emg.de<br />

Die Märchen-Stiftung Walter Kahn veröffentlicht u.a. einmal im Quartal den<br />

„Märchenspiegel“, eine Zeitschrift <strong>für</strong> internationale Märchenforschung<br />

und Märchenpflege. Eine Broschüre ist erhältlich, die eine Literaturauswahl<br />

zum Thema „Märchen in der Grundschule“ anbietet.<br />

Weitere Auskünfte: www.maerchen-stiftung.de, info@maerchenstiftung.de<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

9


UnterrichtsprAXis<br />

mnK | KlAsse 3/4<br />

Constanze Velimvassakis<br />

Meister Isegrimm ist wieder da!<br />

... mehr als nur der böse Märchenwolf ...<br />

Unterrichtseinheit <strong>für</strong> den Fächerverbund MNK<br />

In der Unterrichtseinheit „Meister Isegrim ist wieder da!“ begeben sich die Schüler und<br />

Schülerinnen auf Entdeckungsreise und verfolgen die Spuren der Wölfe in Deutschland.<br />

Wenige Raubtiere haben den Menschen seit jeher so beschäftigt wie Wölfe. So kommen sie in<br />

zahlreichen Märchen und Legenden vor und dürfen auch in diesem Heft nicht fehlen.<br />

Der Wolf war lange Jahre aus Deutschland verschwunden, seit ca. zehn Jahren kehrt er in<br />

unsere Wälder zurück und breitet sich langsam wieder aus.<br />

Informationstext (KV 2)<br />

Im Informationstext (KV 2, mehrfach auf farbigen Karton<br />

kopieren und laminieren, damit die Kinder mit Folienstiften<br />

Wichtiges unterstreichen können!) erfahren die Kinder<br />

Wissenswertes über den Wolf, seinen Lebensraum und seine<br />

Lebensweise. Aus diesen Informationen sollen sie einen<br />

Steckbrief gestalten.<br />

Steckbrief<br />

Im Steckbrief werden wichtige Merkmale und Eigenschaften<br />

des Wolfs tabellarisch festgehalten. Dabei müssen<br />

die Kinder sinnerfassend lesen und die Informationen des<br />

Fließtextes in einen Steckbrief übernehmen. Den Steckbrief<br />

können die Schüler und Schülerinnen entweder selbst auf<br />

einem DIN-A4-Blatt gestalten oder die Lehrperson gibt ein<br />

Schmuckblatt da<strong>für</strong> aus.<br />

Ergänzend kann das Bild-Wort-Legespiel zur genaueren<br />

Betrachtung des Körperbaus des Wolfs als Gruppenaufgabe<br />

angeboten werden. (KV 3 vergrößern, auf festeren Karton<br />

kopieren und laminieren.)<br />

Um die räumliche Vorstellung über die Verbreitung der<br />

Wölfe in Deutschland <strong>für</strong> die Schüler und Schülerinnen<br />

sichtbar zu machen, wird eine Deutschlandkarte im Klassenzimmer<br />

aufgehängt, darauf werden von den Schüler<br />

und Schülerinnen die Gegenden mit kleinen Steckfähnchen<br />

markiert, in denen sich die Wölfe in den letzten Jahren<br />

in Deutschland wieder niedergelassen haben.<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


UnterrichtsprAXis<br />

V erbreitungsgebiet Wölfe (NABU)<br />

❧ Hinweise zur Wolfspopulation finden Sie in den Anlagen<br />

oder im Internet auf den Seiten des NABU (Naturschutzbund<br />

Deutschland).<br />

an der Lerntheke werden kleine laminierte „Checklisten“<br />

ausgelegt.<br />

Wolf-Elfchen (Blitzlicht)<br />

Hier verbinden sich integrativ die<br />

Fachbereiche Deutsch und MNK.<br />

Lassen Sie die Schüler und Schülerinnen<br />

verschiedene Märchen und<br />

Geschichten über den Wolf lesen.<br />

In Gruppen werden Wortsammlungen<br />

angefertigt. Die Kinder sammeln<br />

Wörter nach Wortarten differenziert<br />

(Nomen, Verben, Adjektive) und<br />

erstellen eine Tabelle. Diese Wörter, die<br />

den Wolf und seine Eigenschaften beschreiben,<br />

sollen handlungs- und produktionsorientiert<br />

in der Gedichtform „Elfchen“ umgesetzt werden. Hier<br />

arbeiten die Kinder nach dem Bauplan <strong>für</strong> Elfchen (siehe<br />

Blitzlicht). Ein Schmuckblatt mit elf Wortzeilen erleichtert<br />

die Erarbeitung. Ggf. kann ein Plakat mit dem Bauplan im<br />

Klassenzimmer zur Visualisierung aufgehängt werden oder<br />

Naturmandala (kreativer Einstieg)<br />

Als Einstieg in die Einheit eignet sich<br />

das gemeinsame Gestalten eines Naturmandalas<br />

bzw. ein Bild aus Materialien,<br />

die in der Natur gesammelt<br />

werden. Solche Naturbilder wirken<br />

anregend auf die Kreativität vieler<br />

Kinder. Bei einem gemeinsamen<br />

Lerngang durch die Natur, gleich<br />

ob Wald, Wiese oder Stadtpark,<br />

sammeln die Kinder Naturmaterial<br />

(Ästchen, Blätter, Nüsse, Eicheln, Steine,<br />

Flechten u.v.m.). Aus allen Fundstücken wird<br />

auf dem Schulhof ein Naturbild gelegt. Passend zur<br />

Thematik „Wolf“ kann mit wenigen Kreidestrichen die<br />

Kontur eines Wolfsgesichts als Unterlegskizze vorgegeben<br />

werden. Das Naturbild in Form eines Wolfs dient als<br />

Gesprächsimpuls und aktiviert das Vorwissen der Schüler<br />

und Schülerinnen.<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

11


UnterrichtsprAXis<br />

Scherenschnittgirlande „Wolf“ (KV 1)<br />

Weiterführende Materialien<br />

Scherenschnittgirlanden „Wolf“ (KV 1)<br />

In jedem Klassenzimmer lassen sich Scherenschnittgirlanden<br />

als hübsche Fensterdekoration integrieren. Die Schüler<br />

und Schülerinnen erhalten <strong>für</strong> die Wölfe hellbraune oder<br />

graue Plakatkartonstreifen, die ziehharmonikaartig wie<br />

ein Leporello gefaltet werden. Mithilfe der Schablone (KV<br />

1) werden die Umrisse des Wolfspärchens auf den Karton<br />

übertragen und danach ausgeschnitten. Dabei ist darauf<br />

zu achten, dass die Ränder links und rechts nicht abgeschnitten<br />

werden, damit man später eine Girlande und<br />

nicht lauter einzelne Wolfspaare erhält. Die Wolfsgirlanden<br />

dienen als Fenster- oder Wanddekoration, wobei außen<br />

herum eine Landschaft kreativ mit Bäumen, Büschen etc.<br />

gestaltet werden kann.<br />

Filzwölfe im Rudel<br />

Sehr beliebt bei Kindern und einfach in der Durchführung<br />

ist das Filzen mit Filznadeln. Dazu benötigen Sie Filzwolle<br />

oder Märchenwolle, Filznadeln und als Unterlage Schaumstoffplatten.<br />

Damit lassen sich wunderbar Wölfe oder<br />

Wolfsrudel aus Filz herstellen.<br />

Auf den Seiten des Naturschutzbundes Deutschlands, kurz NABU,<br />

finden Sie weiterführende Informationen und Ideen <strong>für</strong> die<br />

Behandlung des Themas Wolf im Unterricht:<br />

http://www.nabu.de/aktionenundprojekte/wolf/<br />

Ein authentisches Wolfsgeheul hören Sie hier:<br />

http://nature-rings.de/tiere/2/page2.html<br />

Zum Vorlesen oder zur Behandlung im Literaturunterricht bzw. im<br />

Rah men einer Leseförderung und passend zum Thema Wolf:<br />

Cornelia Funke. Kleiner Werwolf erschienen im Oetinger Verlag<br />

Maritgen Matter. Ein Schaf <strong>für</strong>s Leben erschienen im Oetinger Verlag<br />

E lfchen<br />

Blitzlicht<br />

„Elfchen“ sind kurze Gedichte, die nach einem<br />

Bauplan geschrieben werden. Sie bestehen<br />

immer aus fünf Zeilen und elf Wörtern, daher<br />

leitet sich der Name „Elfchen“ ab.<br />

Bauplan:<br />

1. Zeile: ein Wort – eine Farbe<br />

2. Zeile: zwei Wörter – Nomen mit Begleiter<br />

3. Zeile: drei Wörter – wie es ist oder wo es ist<br />

4. Zeile: vier Wörter – genauer beschreiben<br />

5. Zeile: ein Wort – Abschluss<br />

12 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


Informationstext (KV 2)<br />

Meister Isegrimm ist wieder da!<br />

... mehr als nur der böse Märchenwolf ...<br />

Lies dir den Text gründlich durch und gestalte einen Steckbrief zum Wolf.<br />

Liste alle wichtigen Merkmale und Eigenschaften des Wolfs,<br />

seiner Lebensweise und seines Lebensraumes auf.<br />

konkret<br />

Meister Isegrim, besser bekannt unter<br />

dem Namen Wolf, heißt mit lateinischem<br />

Namen „Canis lupus“. Jahrelang war der<br />

Wolf aus Deutschland verschwunden,<br />

aber seit ca. zehn Jahren kehrt<br />

er in unsere Wälder zurück<br />

und breitet sich langsam<br />

wieder aus. Mittlerweile<br />

leben ungefähr 80 Tiere<br />

in deutschen Wäldern.<br />

Man kennt zwölf Unterarten,<br />

die sich in der<br />

Farbe des Fells, Gewicht<br />

und Größe unterscheiden. Bei<br />

uns in Europa sind die Wölfe alle<br />

graubraun. In Nordamerika und Kanada<br />

leben auch schwarze und völlig weiße<br />

Wolfsarten. Ein ausgewachsener Wolf<br />

wiegt je nach Geschlecht und Körperbau<br />

zwischen 25 und höchstens 70 kg und<br />

misst eine Schulterhöhe von 60–90 cm.<br />

Die Länge eines Wolfs liegt zwischen<br />

100 und 140 cm.<br />

Wölfe sind Raubtiere. Sie jagen und<br />

fressen Fleisch, um zu überleben. Auf<br />

ihren Beutestreifzügen können Wölfe in<br />

einer Nacht bis zu 20 km zurücklegen,<br />

dabei laufen sie im Durchschnitt 8 km/h,<br />

auf kurzen Strecken können sie sogar bis<br />

zu 50 km/h schnell laufen. Sie können<br />

nachts ausgezeichnet gut sehen und<br />

hören andere Wölfe auf eine Entfernung<br />

von bis zu 9 km. Ihre Beutetiere riechen<br />

sie 300 m weit. Zu den Beutetieren gehören<br />

Rehe, Hirsche, Wildschweine, Hasen<br />

und kleine Nagetiere. Ein hungriger<br />

Wolf kann bis zu 10 kg<br />

Fleisch auf einmal fressen.<br />

Eine Wolfsfamilie nennt<br />

man Rudel, dazu gehören<br />

außer den Elterntieren<br />

noch die Welpen und die<br />

Welpen des Vorjahres.<br />

Die Wölfe paaren sich im<br />

Februar bis März. Etwa neun<br />

Wochen später werden die Welpen<br />

geboren. Eine Wolfsfamilie zieht ihre<br />

Welpen gemeinsam groß. Im Oktober<br />

sind die jungen Wölfe dann schon fast<br />

so groß wie die anderen und jagen mit<br />

dem Rudel durch die Wälder.<br />

Wölfe haben keine besonderen Ansprüche<br />

an ihren Lebensraum, sie leben<br />

überall, wo sie genügend Beutetiere und<br />

ein stilles Plätzchen <strong>für</strong> die Aufzucht ihrer<br />

Welpen finden.<br />

Wölfe sprechen miteinander. Sie verständigen<br />

sich untereinander über ihr Gehör,<br />

durch Heulen, Bellen, Knurren und Winseln,<br />

über verschiedene Gerüche, über<br />

die Augen, durch Körpersprache sowie<br />

über Berührungen.<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

13


konkret<br />

Bild-Wort-Legespiel (KV 3)<br />

Körperbau des Wolfes<br />

4<br />

1<br />

2<br />

3<br />

11<br />

5<br />

10<br />

9<br />

6<br />

12<br />

13<br />

14<br />

7<br />

Becken Wirbelsäule Schulterblatt<br />

Unterarm Unterschenkel Fingerknochen<br />

Oberschenkel Ferse Mittelfußknochen<br />

Schädel Rippen Zehenknochen<br />

8<br />

Oberarm<br />

Mittelhandknochen<br />

• Die Skelettskizze und die Wortkarten vergrößern,<br />

auf festen Karton kopieren oder laminieren.<br />

• Kann als Strukturlegearbeit in Gruppen oder auch zur<br />

Differenzierung durchgeführt werden.<br />

• Die Lösung kann als Selbstkontrolle ausgelegt werden.<br />

Lösung:<br />

1. Becken 2. Wirbelsäule 3. Schulterblatt<br />

4. Schädel 5. Oberarm 6. Unterarm<br />

7. Mittelhandknochen 8. Fingerknochen 9. Rippen<br />

10. Unterschenkel 11. Oberschenkel 12. Ferse<br />

13. Mittelfußknochen 14. Zehenknochen<br />

14 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


UnterrichtsprAXis<br />

deUtsch | KlAsse 3/4<br />

Heinz Risel<br />

So niedlich und klein ...<br />

Märchenwörter auf -chen und -lein<br />

Der Beitrag greift mit den Bildungen -chen und -lein typische Ausdrücke der<br />

Märchensprache auf. Er fördert vor allem die Identifizierung der Bausteine innerhalb<br />

von Wörtern, deren Bedeutungsumschreibung und die eigene Synthese von „verkleinerten“<br />

Wörtern. Nebenaspekte sind lautliche und grammatische Veränderungen durch das<br />

Anfügen der Suffixe.<br />

Wer Märchen als Texte in der Grundschule anspricht,<br />

wird sicher in erster Linie auf deren Inhalt und seine Bedeutung<br />

<strong>für</strong> die Kinder eingehen: in Hänsel und Gretel beispielsweise<br />

auf die Geschwisterproblematik und das Motiv der<br />

Solidarität. In zweiter Linie lassen sich dann Eigenschaften<br />

der Textsorte kindgemäß erkunden, darunter auch deren<br />

„besondere“ Sprache. Auffällig ist hier – neben festen Formeln<br />

– insbesondere die Verwendung von Wörtern mit den<br />

Endungen -chen und -lein: Rotkäppchen, Rumpelstilzchen,<br />

Tischlein, Schneiderlein, ... Kinder haben zur Bedeutung<br />

dieser Endungen („Suffixe“) einen eher leichten Zugang.<br />

Sie können auch deren Position (nach dem Stamm, daher<br />

Endung) erkennen und sie lassen sich durch die Märchenkontexte<br />

insgesamt leicht motivieren. Dies belegen aufgezeichnete<br />

Unterrichtsstunden (vgl. Risel 2010).<br />

Das Verkleinern („Diminuieren“, „Diminution“), das oft mit<br />

der emotionalen Mitbedeutung „Verniedlichen“ einhergeht,<br />

seltener mit Abwertung (Weinchen), leisten im Deutschen<br />

die beiden Suffixe chen und lein (vgl. Lohde 2006).<br />

Sie machen aus allen Wörtern Nomen im Neutrum. Meist<br />

sind Nomen auch der Ausgangspunkt: der Mann ➻ das<br />

Männchen, das Männlein. Selten sind Bildungen wie Frühchen<br />

oder Dummchen aus Adjektiven.<br />

Büchlein, Bäuchlein oder Zweiglein zeigen, dass Wörter<br />

auf ch oder g mit lein kombiniert werden. Dieses Suffix ist<br />

seltener und kommt oft in älteren Texten, darunter eben<br />

Märchen vor. Treten chen oder lein an den Stamm, so fällt<br />

unbetontes e weg: Döschen, Täubchen. In Fällen wie Spieglein<br />

verschmelzen die beiden in Kontakt stehenden Laute.<br />

Wo dies möglich ist, entstehen Umlaute, geschrieben mit<br />

„Pünktchen“ (Bäumchen, aber: Frauchen). Die Hintergründe<br />

da<strong>für</strong> werden hier nicht weiter betrachtet.<br />

Dialekte prägen verschiedene Formvarianten aus: le (Gläsle),<br />

li (Wässerli), la (Seidla), erl (Zwergerl), el (Hänsel, Gretel),<br />

sche (Türmsche).<br />

Alternativen <strong>für</strong> das Kleinmachen stellt auch das Französische<br />

bereit: ette in Stiefelette oder Sandalette. Außerdem<br />

üblich sind Mini in Minipreis, i in Mutti und Omi oder eben<br />

das Adjektiv klein (Kleinstadt, eine kleine Stadt). Seltener<br />

sind Kombinationen mit Zwerg (Zwerghase ...) Eine feste<br />

neue Bedeutung haben Radieschen, Brötchen, Mädchen,<br />

Kaninchen, Frettchen oder bisschen. Letzteres ist wegen<br />

der Kleinschreibung – trotz Artikel – ein Fehlerkandidat.<br />

Bestimmte märchenspezifische Benennungen sind nicht<br />

mehr transparent, d. h. chen und lein können nicht mehr<br />

Blitzlicht<br />

Die Endung -chen ist wartssprachlich der Normalfall als<br />

gegen-<br />

Verkleinerungsbaustein.<br />

Die Endung -lein wird von den<br />

Lauten „g“ und „ch“ am Stamm ende<br />

erzwungen (Bächlein).<br />

Auch finden sich -lein-Bindun gen<br />

in alten Texten, wozu die Märchen<br />

gehören, und gegenwärtig in mündlicher<br />

Sprache als dialektale Varianten<br />

(- le, -li, -la usw.)<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

15


UnterrichtsprAXis<br />

-chen und -lein<br />

machen alle Nomen klein!<br />

ausgegliedert werden, so dass ein bedeutungshaltiger Rest<br />

übrig bleibt: Rumpelstilzchen, Schneewittchen und Märchen<br />

selbst. Herleitbar sind diese Wörter natürlich, aber nicht<br />

unbedingt <strong>für</strong> die Kinder.<br />

In beobachteten Unterrichtsstunden können die Kinder<br />

das Vorkommen von chen und lein inhaltlich<br />

meist angemessen kommentieren.<br />

Emily: „weil Stühlchen sind klein und<br />

Stühle sind groß ...“. Auf die Frage, wie<br />

sich Häschen anhöre, antworten Kinder<br />

mit klein und süß, womit auch die<br />

„Niedlichkeit“ benannt ist. Lässt man<br />

die Schüler/-innen einen großen und<br />

einen kleinen Gegenstand vergleichen,<br />

antworten sie so: Tomatchen, Minitisch,<br />

Tischi, Fischchen, Fischlein, Minifisch,<br />

kleines Bett, Bettchen, Bettlein, Miniteller,<br />

Tellerchen, Schüsselchen. Tomatchen,<br />

Bohnechen oder Törtechen sind Hinweise<br />

darauf, dass eine korrekte Formbildung<br />

(zu Beginn der Grundschule)<br />

nicht immer gelingt, die Formvarianz<br />

der Stämme also angesprochen werden<br />

muss. Mittels Kärtchen, die überdeckt werden, kann sie<br />

sichtbar gemacht und nachvollzogen werden: Dose + chen<br />

➻ Dös chen.<br />

Besonders <strong>für</strong> Kinder mit Migrationshintergrund hilfreich<br />

ist das Nachdenken über den Begleiter der jeweils gebildeten<br />

Neutra: das/ein.<br />

Zu den Kopiervorlagen<br />

Kopiervorlage 1 „Kein Schneider und kein Wölflein ...“, gedacht<br />

<strong>für</strong> dritte Klassen, stellt zum Nachdenken über die besondere<br />

Märchensprache vier Abbildungen aus bekannten<br />

Märchen vor, die zu benennen sind (Aufgabe 1). Das tapfere<br />

Schneiderlein, Tischlein deck dich, Der Wolf und die sieben<br />

Geißlein, Rotkäppchen der Gebrüder Grimm müssen herausgefunden<br />

werden. Märchen aus anderen Kulturen sind hier<br />

nicht berücksichtigt. Eine Kurzform des Märchennamens zu<br />

schreiben ist ausreichend (Tischlein deck dich). Wie es in der<br />

Überschrift schon anklingt, wird nun der Blick auf die Formulierungen<br />

gelenkt.<br />

Die Kinder sollen unter Aufgabe 2 begründen, warum die<br />

lein- bzw. chen-Form gewählt wurde: Der Schneider ist<br />

klein (und schwach), das Rotkäppchen klein und jung (und<br />

süß, niedlich?).<br />

Das tapfere Schneiderlein<br />

Illustration: Ludwig Richter<br />

Aufgabe 3 hält die Lupe auf diejenigen Wortteile, die klein<br />

machen. Hierzu wurde der didaktische Terminus „Kleinmacher“<br />

gewählt, der allerdings die emotionale Mitbedeutung<br />

nicht einschließt. Der offene Merksatz hält das Gelernte so<br />

oder so ähnlich fest: -chen und -lein machen vieles klein<br />

und jung/niedlich/süß. Dieser Unterrichtsabschnitt<br />

lässt sich mit weiteren,<br />

vergrößerten Abbildungen auch frontal<br />

vor der Klasse gestalten, so dass die Kopiervorlage<br />

dieser Phase nachgeordnet<br />

wäre.<br />

Aufgabe 4 dient der Anwendung, Aufgabe<br />

5 der eigenen Wortbildung. Auffallen<br />

kann die Pünktchenschreibweise,<br />

das Wegfallen des e und die einheitliche<br />

Setzung des bestimmten Artikels das.<br />

Schnellere könnten diese drei Phänomene<br />

farblich hervorheben. Daneben<br />

ist die Häufigkeit interessant: -chen ist<br />

dominant, lediglich Büchlein fällt aus<br />

der Reihe.<br />

Kopiervorlage 2 „Viel zu viel und viel<br />

zu groß!“ greift im Zwergenkontext Wortbausteine nochmals<br />

auf. Über eine Tafelskizze mit einem kleinen Tisch und<br />

einem viel zu großen Teller kann die Arbeit mit der Vorlage<br />

eingeleitet werden. Ebenso möglich ist der Einsatz von<br />

Realgegenständen. Die Kinder kommentieren und finden<br />

ihre Kommentare dann teilweise über Aufgabe 1 wieder.<br />

Die „richtige“ Märchensprache (... Tellerchen) kennen sie<br />

spätestens vom vorangegangenen Unterricht.<br />

Nach Aufgabe 2 lässt sich der Artikelgebrauch (hier: ein)<br />

wiederholen.<br />

Aufgabe 3 festigt die Ausgliederung der Endung und beugt<br />

im zweiten Teil Fehlbildungen wie *Taschechen vor, was<br />

<strong>für</strong> Nichtmuttersprachler besonders wichtig ist. Aufgabe 4<br />

hat Wiederholungsfunktion. Die Differenzierungsaufgabe<br />

am Ende spielt mit zufälligen chen-Buchstabenfolgen und<br />

dem Morphem chen. Ein absichtliches Verlesen (Hä-schen ...)<br />

und dazu kontrastierend stimmiges lautes Lesen können als<br />

Stundenausklang dienen.<br />

Zum Weiterlesen<br />

❧<br />

❧<br />

Lohde, Michael: Wortbildung des modernen Deutschen.<br />

Ein Lehr- und Übungsbuch. Tübingen, 2006 [hier S. 120 ff].<br />

Risel, Heinz: Grammatik in der Grundschule – so geht’s.<br />

Donauwörth 2<br />

2010 [hier S. 28–31].<br />

16 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


Name: (KV 1)<br />

Kein Schneider und keinWöllein<br />

konkret<br />

........................................................ ........................................................ ......................................................... .......................................................<br />

........................................................ ........................................................ ......................................................... .......................................................<br />

❶ Sicher kennst du diese Märchen. Beschrifte die 4 Bilder.<br />

❷ Schreibe, warum es nicht heißt: Der tapfere Schneider oder Das Wölfchen und die sieben Geißlein.<br />

a) Es heißt Schneiderlein, weil .................................................................................................................................................<br />

b) ...............................................................................................................................................................................................................<br />

c) ...............................................................................................................................................................................................................<br />

d) ...............................................................................................................................................................................................................<br />

❸ Markiere die Kleinmacher in den Märchennamen von Aufgabe 1 durch ein Kästchen.<br />

Ergänze dann:<br />

-chen und -lein machen vieles ....................................................... und .............................................................................<br />

❹ Markiere die beiden Wortteile in den folgenden Märchennamen.<br />

Zeichne anschließend einen Strich vom Bild zum passenden Märchen.<br />

Brüderchen und Schwesterchen<br />

Der Wolf und die sieben Geißlein<br />

Dornröschen<br />

Der Ranzen, das Hütlein und das Hörnlein<br />

Von dem Mäuschen, Vögelchen<br />

und der Bratwurst<br />

❺ Verkleinere und verniedliche nun selbst:<br />

das Huhn ➻ das .......................................................... der Hahn ➻ ..........................................................................................<br />

die Rose ➻ ....................................................................... das Glas ➻ ............................................................................................<br />

die Pflanze ➻.................................................................. der Baum ➻ .........................................................................................<br />

die Wurst ➻ ..................................................................... das Buch ➻ ...........................................................................................<br />

Das fällt mir auf: ............................................................................................................................................................................................<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

17


❧<br />

konkret<br />

Name: (KV 2)<br />

Viel zu viel und viel zu groß!<br />

Die Zwerge haben eingekauft. Doch der Oberzwerg hat nicht aufgepasst und vieles zu groß bestellt.<br />

Die anderen protestieren:<br />

❶ Nur einer dieser Zwerge verwendet die richtige Märchensprache.<br />

Schreibe seine Worte auf: ................................................................................................................................................................<br />

❷ Die folgenden Gegenstände brauchen die Zwerge auch „in klein“. Verwandle:<br />

einen Tisch ➻ ein................................................................. eine Tasche ➻ ...............................................................................<br />

ein Glas ➻................................................................................. einen Topf ➻ .................................................................................<br />

eine Gabel ➻ .......................................................................... einen Stuhl ➻ ................................................................................<br />

ein Messer ➻ .......................................................................... eine Uhr ➻ .....................................................................................<br />

❸ Zeichne in Aufgabe 2 ein Kästchen um den Kleinmacher.<br />

Färbe dann die Stellen im „kleinen“ Wort, die sich verändert haben.<br />

❹ Nach der Arbeit gehen die Zwerge zum Essen ins Gasthaus.<br />

Doch, oh weh, alles ist viel zu viel. Sie müssen die Speisekarte ändern:<br />

Aus der Suppe wird ➻ ein ..................................................................................................................................................................<br />

aus der Soße ➻ ein ..................................................................................................................................................................<br />

aus dem Bier ➻ ein ..................................................................................................................................................................<br />

aus dem Wasser ➻ ein ..................................................................................................................................................................<br />

aus dem Brot ➻ ein ..................................................................................................................................................................<br />

und aus den Bohnen ➻ ..................................................................................................................................................................<br />

❧<br />

Eine Knobelaufgabe:<br />

TASCHEN WASCHEN MISCHEN HÄSCHEN LÖSCHEN NÄSCHEN BLÄSCHEN<br />

Wo ist chen ein Baustein, wo keiner? Zeichne insgesamt drei Kästchen.<br />

18 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


UnterrichtsprAXis<br />

deUtsch | KlAsse 1/2<br />

Malena Hartmann<br />

Präsentieren üben<br />

in der Eingangsstufe<br />

Übung macht den Meister<br />

Ein seltsames Gefühl stellt sich häufig bei uns Erwachsenen ein, wenn wir vor einer<br />

Großgruppe gleichaltriger und gleich- oder sogar höherqualifizierter Personen einen Vortrag<br />

halten sollen. Das Thema des Vortrages liegt uns zwar am Herzen, aber trotzdem … !!!<br />

Um diesem „Lampenfieber“ schon früh entgegenzuwirken, ist es wichtig, die Fähigkeit frei<br />

und überzeugt vom eigenen Tun vor anderen sprechen zu üben – schon in jungen Jahren.<br />

Der erste Kontakt mit einer oben beschriebenen Großgruppe findet am Tag der Einschulung<br />

statt. Wird an diesem Tag schon die erste Hemmschwelle überwunden, kann genau daraus<br />

die Fähigkeit zum freien Sprechen entstehen.<br />

Das große Projekt „Präsentieren“, dessen Ziel es ist, die<br />

Präsentationsphasen als festen Bestandteil ins Schulleben<br />

zu verankern, erstreckt sich bereits über die beiden Schuljahre<br />

der Eingangsstufe.<br />

Es gliedert sich grob in vier aufeinander aufbauende Einheiten,<br />

wobei jeweils eine Einheit bzw. ein Baustein in<br />

einem Schulhalbjahr angesiedelt und bearbeitet wird. Eine<br />

zentrale Rolle spielt dabei märchenhaftes und somit ausgesprochen<br />

motivierendes Material, nämlich der Königsstuhl<br />

und der Kronen-Leseständer.<br />

Erstes Schulhalbjahr, Klasse 1<br />

Einführung des Königsstuhls und des<br />

Kronen-Leseständers, Vorstellung erster kleiner Arbeiten<br />

Der erste Schultag ist <strong>für</strong> alle Kinder sehr aufregend. Alles,<br />

was hier in der Schule passiert, prägt sich fest in den Köpfen<br />

ein. Erste Kennenlernspiele werden gemacht, um die noch<br />

fremden Klassenkameraden mit Namen kennenzulernen.<br />

Der Königsstuhl wird vor dem ersten Spiel zentral vor der<br />

Klasse aufgestellt. Jedes Kind darf hierauf sitzen, sich als<br />

kleiner König fühlen und seinen Namen, vielleicht auch Alter<br />

und Hobbies vorstellen.<br />

❧<br />

Der Stuhl vermittelt den Erstklässlern Sicherheit: Sie<br />

stehen nicht vor einer neuen Gruppe, sondern dürfen<br />

Blitzlicht<br />

Königsstuhl und Kronen-Leseständer<br />

Benötigtes Material:<br />

alter Stuhl, alter Notenständer, Zeitungen, Kleister,<br />

Abtönfarbe, durchsichtiges Lackspray<br />

Vorgehensweise: Zeitungen in Streifen reißen<br />

oder schneiden; ausreichend Kleister anrühren;<br />

Zeitungsstreifen einzeln in Kleister baden und<br />

anschließend auf den alten Stuhl/Ständer kleben.<br />

Hierbei wichtige Stellen dicker bekleben, um so<br />

die endgültige Form des Stuhls/Ständers entstehen<br />

lassen; nach intensiver Trocknungsphase<br />

mit Abtönfarben bemalen. Eventuell wird nach<br />

dem Trocknen eine zweite Farbschicht benötigt.<br />

Abschließend mit Lackspray besprühen <strong>für</strong> märchenhaften<br />

Glanz! Zum Verschönern Filzkugeln<br />

auf die Krone kleben oder Filzbänder <strong>für</strong> den<br />

Ständer verwenden.<br />

Platz nehmen und haben so auch schon einen Platz in<br />

dieser noch unbekannten Klasse gefunden.<br />

Am nächsten Tag taucht der Königsstuhl zum zweiten Mal<br />

im Schulleben der Klasse auf, wenn die erste Hausaufgabe<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

19


UnterrichtsprAXis<br />

Der Stuhl vermittelt<br />

den Erstklässlern Sicherheit<br />

vorgestellt wird: „Male drei Dinge, die in deiner Schultüte<br />

versteckt waren!“ Die Kinder legen ihr schön gestaltetes<br />

Blatt, in dessen Zentrum sie groß die Schultüte von außen<br />

gezeichnet haben, auf dem Kronenständer ab. Sie erzählen<br />

und zeigen, was sie am Vortag ausgepackt<br />

haben.<br />

❧<br />

Das Präsentieren wird mit<br />

positiven Erlebnissen verknüpft.<br />

In den folgenden Monaten können sich<br />

die Kinder selbstgemalte Bilder, mitgebrachte<br />

Bücher oder Gegenstände, Einträge<br />

des Erlebnisheftes u. v. m. mit Hilfe<br />

des Königsstuhles und des Kronen-Leseständers<br />

gegenseitig zeigen.<br />

❧<br />

Jede Art eines Vortrages ist<br />

die Aufmerksamkeit aller wert.<br />

Zweites Schulhalbjahr, Klasse 1<br />

Märchenhafte Präsentierhilfe:<br />

„Der Königsstuhl“<br />

Auch die Hauptfiguren der Lektüre finden ihren Platz in der<br />

Lesekiste. Sie werden als Stabfiguren zum Nachspielen der<br />

Geschichte von der Klasse aufgearbeitet.<br />

Die Lesekiste füllt sich von Tag zu Tag. Die<br />

Klassenlektüre wird auf diese Weise darin<br />

lebendig und fassbar. Lektüre, Lesekiste,<br />

Königsstuhl und Kronen-Leseständer erhalten<br />

in dieser Zeit einen eigenen festen<br />

Platz im Klassenzimmer. Bevor die schichte vom Königsstuhl aus weiter vor-<br />

Gebisher<br />

gehörte Geschichte nacherzählen,<br />

um alle wieder auf den „neuesten Stand“<br />

zu gelesen wird, darf ein Kind mit Hilfe der<br />

Erinnerungsstücke und Stabfiguren die<br />

bringen.<br />

❧ Was gemeinsam entsteht, kann<br />

jeder Beteiligte in eigenen Worten<br />

Revue passieren lassen.<br />

Ein Vorleseritual entwickeln, eine gemeinsame<br />

Lesekiste einführen und sukzessive befüllen<br />

Zum zweiten Halbjahr ist ein gemeinsames Befüllen der<br />

Klassenlesekiste eine weitere Möglichkeit, Präsentationen<br />

zu erarbeiten und alltäglich werden zu lassen.<br />

Die Erstklässler haben bei mir jeden Tag eine zehnminütige<br />

Vesperzeit vor der Großen Pause, um in Ruhe zu essen und<br />

sich unterhalten zu können vor dem Toben draußen. Wenn<br />

die Kinder lieber ganz leise sind, ist dies das Signal <strong>für</strong> die<br />

Lehrerin, dass ein Buch vorgelesen werden soll. Dieses Ritual<br />

wird von Anfang an mit den Kindern eingeübt.<br />

Wird nach ungefähr einem halben Schuljahr eine neue Lektüre<br />

begonnen, ergänzt die Klassenlesekiste dieses Ritual.<br />

Es ist sinnvoll, zunächst ein kurzes Buch <strong>für</strong> diese Phase<br />

auszuwählen. Seiten- oder kapitelweise wird die Lektüre<br />

unterbrochen und der Inhalt gemeinsam besprochen. Im<br />

Klassengespräch wird bestimmt, welches Utensil an diesen<br />

Teil der Geschichte erinnern könnte. Jedes Kind erhält<br />

die freiwillige Aufgabe, das Erinnerungsstück am nächsten<br />

Tag mitzubringen. Alle Mitbringsel werden dann der Klasse<br />

„anonym“ vorgestellt. Die Klasse stimmt ab, welches<br />

Stück das passende <strong>für</strong> die Lesekiste ist. Alle anderen fleißigen<br />

Kinder bekommen ein kleines Dankeschön (Aufkleber,<br />

Gummibärchen o. Ä.) <strong>für</strong>s Mitdenken und Mitbringen.<br />

Erstes Schulhalbjahr, Klasse 2<br />

Eigene Geschichten vortragen, erste Klassenlektüre<br />

lesen und eigene Lesekiste befüllen, Präsentation im<br />

Fächerverbund Mensch – Natur – Kultur<br />

In Klasse 2 lernen die Schüler erste Gedichte auswendig.<br />

Auch <strong>für</strong> diese Präsentationen bietet sich der Königsstuhl<br />

an, wodurch die Kinder in aufrechter Vortragshaltung deutlich<br />

hör- und sichtbar präsentieren.<br />

❧<br />

Bei Aufregung muss ich mich nicht auf meine eigenen<br />

Füße verlassen, sondern ich werde von vier Beinen<br />

getragen.<br />

Erste eigene Geschichten und Gedichte können sehr schön<br />

der Klasse vorgelesen werden, wenn man die Hände frei<br />

hat und sich nicht hinter seinem Blatt verstecken muss.<br />

Der Kronen-Leseständer ist individuell höhenverstellbar.<br />

So kann beim Vorlesen einer selbst erfundenen Geschichte<br />

auch der Verfasser selbst betrachtet und bewundert werden.<br />

Da dieser Präsentation meist eine Phase kreativen<br />

Schreibens vorausgeht, kann jedes Kind die vorgetragene<br />

Geschichte mit dem eigenen Werk vergleichen.<br />

Hier wird insbesondere das Rückmelden geübt. Zunächst<br />

wird die Klasse nur allgemeine Äußerungen geben: „Deine<br />

20 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


Wenn Kinder die Hände frei haben,<br />

sind sie auch nicht hinter dem Vorleseblatt versteckt<br />

UnterrichtsprAXis<br />

Geschichte war toll/schön/lustig, ...“ Geschickte Lehrerimpulse<br />

können aber vertiefende und sachdienliche Rückmeldungen<br />

herauskitzeln: „Was war an dieser Geschichte<br />

besonders?“ „Gab es eine Überraschung?“ „Was hat dir am<br />

besten gefallen?“<br />

Zweitklässler schaffen es schnell, ihre<br />

Rückmeldungen zu konkretisieren. Da<br />

jeder Referent selbst seine drei Rückmelder<br />

aus der Klasse bestimmen darf, sucht<br />

sich jedes Kind zunächst nur vertraute<br />

Klassenkameraden aus. Je qualifizierter<br />

jedoch die einzelnen Aussagen werden,<br />

umso eher trauen sich die Kinder auch<br />

andere Mitschüler <strong>für</strong> Feedbacks auszusuchen.<br />

❧<br />

Wenn man Gehörtes mit Eigenem<br />

vergleichen kann, ist es möglich,<br />

Rückmeldungen zu formulieren.<br />

Wieder wird eine Lektüre mit der ganzen Klasse gelesen,<br />

dieses Mal können die Kinder die Geschichte bereits selbst<br />

erlesen. Daher bietet es sich an, dass jedes Kind seine eigene<br />

Lesekiste gestalte und befüllt. Hier<strong>für</strong> bringen die<br />

Schüler einen Schuhkarton mit in die Schule und gestalten<br />

diesen passend zum Buch. Zum Einstieg in ein neues Kapitel<br />

können alle einen Blick in die Lesekisten der Klassenkameraden<br />

werfen. Ein Kind präsentiert seine Lesekiste auf<br />

dem Königsstuhl und erzählt den bisher gelesenen Inhalt<br />

mit den Stabfiguren nach.<br />

❧<br />

Spiralförmig wird bereits Gelerntes aufgegriffen,<br />

erweitert und vertieft.<br />

Jeder Schüler soll laut Bildungsplan mindestens eine Projektpräsentation<br />

im Fächerverbund MeNuK bis zum Ende<br />

der Eingangsstufe durchführen, z. B. zum Ende des ersten<br />

Schulhalbjahres der 2. Klasse. Zur Vorbereitung bietet es<br />

sich an, in einer vierten Klasse zu hospitieren, da in dieser<br />

Zeit meist auch dort Projektpräsentationen stattfinden.<br />

Der erste Vortrag der Schüler könnte über das eigene Instrument,<br />

ein Hobby oder Lieblingstier gehalten werden.<br />

Gemeinsam werden im Unterricht die Schritte hin zu einer<br />

Präsentation erarbeitet (Worüber werde ich präsentieren?<br />

Was will ich dabei alles erzählen? Wo<strong>für</strong> ist ein Plakat hilfreich?<br />

Möchte ich etwas vorführen? u. a. ). Eine beispielhafte<br />

Zusammenfassung sehen die Zweitklässler dann<br />

bei der Präsentation einer oder mehrerer Viertklässler. Im<br />

Märchenhafte Präsentierhilfe:<br />

„Der Kronen-Leseständer“<br />

Anschluss bearbeiten die Zweitklässler ihre eigenen Aufschriebe<br />

und Vorbereitungen zu ihrem Vortrag. Hier<strong>für</strong> ist<br />

eine Art Mind Map (siehe Kopiervorlagen) zu allem, was<br />

die Kinder sagen wollen, von großer Bedeutung. Gemein-<br />

sam erarbeitete Leitfragen werden als<br />

Gedächtnisstützen an der Tafel sichtbar<br />

gemacht.<br />

Mögliche Leitfragen <strong>für</strong> einen<br />

Instrumentenvortrag könnten sein:<br />

❧ Wie heißt mein Instrument?<br />

❧ Aus welchen Teilen besteht es?<br />

❧ Worauf muss ich vor/während/nach<br />

dem Spielen achten?<br />

❧ Seit wann spiele ich dieses Instrument?<br />

❧ Wie oft muss ich üben?<br />

❧ Wann und bei wem habe ich<br />

Unterricht?<br />

❧ Wie groß, schwer oder teuer war mein<br />

Instrument?<br />

Wenn die Kinder ihre Mind Map und ihr Plakat fertig gestaltet<br />

haben, werden die Viertklässler als Experten eingeladen<br />

und klassengemischte Paare gebildet. Nun können<br />

die Schüler der zweiten Klasse den „Viertklass-Profis“ in der<br />

Erlebnisheft<br />

Blitzlicht<br />

Das Erlebnisheft ist ein blanko DIN-A4-Heft, in<br />

das gemeinsam erlebte Highlights der ersten<br />

und zweiten Klasse gemalt, geklebt, geschrieben<br />

werden. Der erste Eintrag sollte natürlich<br />

die Einschulungsfeier sein. Hier können die<br />

meisten Kinder nur ein passendes Bild malen.<br />

Vielleicht überraschen Sie auch ein paar Schulanfänger<br />

mit ersten Schriftzügen!<br />

Je besser die Kinder schreiben können, um so<br />

eher werden sie auch Gedanken und Erinnerungen<br />

in das Erlebnisheft schreiben. Eintrittskarten<br />

oder Erinnerungsfotos ergänzen ein gemeinsames<br />

Erlebnis und dessen Niederschrift.<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

21


UnterrichtsprAXis<br />

Die Lesekiste füllt sich von Tag zu Tag<br />

mit Gegenständen zur Klassenlektüre<br />

1:1-Situation ihren Vortrag vorstellen, mit ihnen üben und<br />

sich wichtige Tipps abholen.<br />

Nach dieser sehr wichtigen und ertragreichen Phase sind<br />

die Schüler bereit <strong>für</strong> ihren ersten Vortrag auf dem Königsstuhl,<br />

mit Kronen-Leseständer und <strong>guten</strong><br />

Vorbereitungen. Jedes Kind erhält als Andenken<br />

an dieses wichtige Ereignis ein<br />

Erinnerungsfoto zum Einkleben in das Erlebnisheft.<br />

Nach den Präsentationen holen<br />

sich die Kinder wieder drei Rückmeldungen<br />

von ihren Klassenkameraden ab.<br />

Auch Sie als Lehrkraft sollten eine passende<br />

und die Kinder voranbringende<br />

Rückmeldung geben; die beigefügten<br />

Beobachtungsbögen können Ihnen hier<strong>für</strong><br />

Ansatzpunkte bieten.<br />

❧<br />

Kinder ahmen eher Kinder<br />

als Erwachsene nach.<br />

Zweites Schulhalbjahr, Klasse 2<br />

Individuelle Erarbeitung einer Buchpräsentation<br />

Erneut wird eine Klassenlektüre gemeinsam erlesen, große<br />

und kleine Lesekisten werden befüllt und präsentiert. Wenn<br />

Sie eine zweite Klasse in Deutsch unterrichten, könnten Sie<br />

offene Lesezeiten einführen.<br />

15 Minuten vor Unterrichtsbeginn können die Schüler ins<br />

Klassenzimmer kommen und sich ein Buch aus der Leseecke<br />

aussuchen. Sie dürfen es sich im Zimmer gemütlich<br />

machen und sich ins Buch einlesen. Wichtige Regel hierbei<br />

ist, dass alle Kinder, die kommen, leise sein müssen, um die<br />

Lesenden nicht zu stören. Um alle Kinder ans Buchlesen<br />

heranzuführen, wird die Lesezeit in den Unterricht integriert<br />

und endet erst 15 Minuten nach dem offiziellen Unterrichtsbeginn.<br />

Die Kinder können sich anschließend entscheiden,<br />

ob sie das angefangene Buch ausleihen wollen<br />

oder wieder aufräumen. Um allen Kindern Appetit auf Bücher<br />

zu machen, dürfen je 3-5 Kinder auf dem Königsstuhl<br />

ihr Leihbuch vorstellen – dabei wird der Name des Buches<br />

und ein paar Sätze vom ersten Kapitel vorgelesen.<br />

❧<br />

Die offene Lesezeit ist ein schöner Anfang in einen<br />

neuen Schultag!<br />

Märchenhafte Präsentierhilfe:<br />

„Die Klassenlesekiste“<br />

Ebenfalls Vorgabe des Bildungsplanes ist eine Buchpräsentation<br />

bis zum Ende des zweiten Schuljahres. Eine Buchauswahl<br />

sollte von der Lehrkraft vorbereitet sein, um weniger<br />

begeisterten Lesern die Möglichkeit zur Auswahl zu geben.<br />

Natürlich dürfen alle Kinder auch ihr ei-<br />

genes Lieblingsbuch vorstellen. Die bekannte<br />

Methode der Lesekiste soll auch<br />

<strong>für</strong> diesen Vortrag verwendet werden.<br />

Mithilfe des Buchpräsentationsbogens<br />

(KV Buchvortrag) bereiten sich die Kinder<br />

selbstständig auf ihren Vortrag vor. Eine<br />

Zusammenarbeit mit Klasse 4 ist auch<br />

an dieser Stelle von großem Vorteil <strong>für</strong><br />

alle Beteiligten. Am Tag der Buchpräsentation<br />

werden, wie auch beim MeNuK-<br />

Vortrag, der Königsstuhl, der Kronen-Leseständer<br />

und ein kleines Tischchen <strong>für</strong><br />

die Kinder bereitgestellt. Auch hier darf<br />

ein Erinnerungsfoto nicht fehlen. Der Beobachtungsbogen<br />

(KV MeNuK-Vortrag)<br />

ist bereitgelegt. Klassenkameraden und<br />

Lehrkraft geben Rückmeldungen. Abschließend könnten<br />

gemeinsam drei Vorträge ausgewählt werden, die der<br />

vierten Klasse präsentiert werden.<br />

❧<br />

Inzwischen haben die Schüler ihre Ängste überwunden<br />

und ihre personale Kompetenz gestärkt.<br />

Einen schönen Abschluss bildet ein Buchfest zum Ende der<br />

zweiten Klasse. Hier<strong>für</strong> werden die Eltern eingeladen, die<br />

Buchausstellung im Klassenzimmer zu besuchen. Die Kinder<br />

sind als Experten <strong>für</strong> dieses Buch Ansprechpartner und<br />

präsentieren ihre detailreich befüllten Lesekisten. Rückfragen<br />

der Eltern können selbstbewusst beantwortet werden.<br />

Vielleicht werden auch einzelne Sequenzen aus den<br />

Büchern vorgestellt und mit Hilfe der Erinnerungsstücke<br />

nacherzählt.<br />

Und siehe da: Der Vortrag vor älteren und höherqualifizierten<br />

Personen fällt den geübten, kleinen Referenten gar<br />

nicht schwer, denn …<br />

"<br />

Ubung macht den Meister!<br />

22 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


Mein Name ist: ............................................................................................................................................<br />

Mein Lieblingsbuch heißt: ..............................................................................................<br />

konkret<br />

..........................................................................................................................................................<br />

Dieser Autor / diese Autorin hat das Buch geschrieben: ...................................................<br />

.................................................................................................................................................................................<br />

Von dieser Hauptfigur handelt das Buch:....................................................................................<br />

...............................................................................................................................................................<br />

...............................................................................................................................................................<br />

In meiner Lesekiste sind diese Erinnerungsstücke: ................................................................<br />

.....................................................................................................................................................<br />

.....................................................................................................................................................<br />

Mit meiner Lesekiste erzähle ich euch, was in meinem Lieblingsbuch<br />

passiert:<br />

Diese Stelle ...............................................................................................................................<br />

möchte ich euch vorlesen, weil..........................................................................................................<br />

Mein Lieblingsbuch sollte jeder lesen, der ...............................................................<br />

.................................................................................................................................................................................<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

23


konkret<br />

MeNuK-Vortrag/ Instrumente (Beobachtungsbogen)<br />

Name:<br />

Einleitungssatz<br />

Mind Map<br />

Orientierungshilfe<br />

nicht benutzt<br />

Gestaltung/Schriftbild<br />

Inhalt<br />

Lernzuwachs <strong>für</strong> Zuhörer<br />

über das Thema hinaus<br />

Vortrag<br />

frei<br />

abgelesen<br />

klare und deutliche<br />

Aussprache<br />

Blickkontakt zu Zuhörern<br />

Plakat<br />

Gestaltung<br />

Beschriftung<br />

Erklärung dazu<br />

Überleitung zum Vorspiel<br />

Vorspiel<br />

Rückmeldungen von/was?<br />

Bewertung<br />

24 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


Buch-Vortrag (Beobachtungsbogen)<br />

Name:<br />

Einleitungssatz<br />

Vortragsskizze<br />

konkret<br />

Orientierungshilfe<br />

nicht benutzt<br />

Gestaltung/Schriftbild<br />

Inhalt<br />

Reihenfolge eingehalten?<br />

schlüssig?<br />

schmackhaft gemacht?<br />

Spannung aufgebaut?<br />

Lesekiste<br />

Orientierungshilfe<br />

nicht benutzt<br />

Füllung<br />

Erklärung dazu<br />

Gestaltung<br />

Vortrag<br />

frei<br />

abgelesen<br />

klare und deutliche<br />

Aussprache<br />

Blickkontakt zu Zuhörern<br />

Vorlesestelle<br />

Auswahl?<br />

geübt?<br />

Rückmeldungen von/was?<br />

Bewertung<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

25


UnterrichtsprAXis<br />

enGlisch | KlAsse 3/4<br />

Annika Werner<br />

„It’s time for a fairy tale!“<br />

Märchenerzählen durch Storytelling<br />

im Englischunterricht der Grundschule<br />

Märchen haben seit je her eine lange Tradition und stellen einen wichtigen Teil jeder Kultur<br />

dar. So können Märchen im Sinne des interkulturellen Lehrens und Lernens auch im<br />

Englischunterricht der Grundschule mit der Storytelling-Methode spielerisch behandelt<br />

und fächerübergreifend vertieft werden.<br />

Die Storytelling-<br />

Methode<br />

Unter Storytelling wird in der Didaktik<br />

des Englischunterrichts das<br />

freie Erzählen einer Geschichte<br />

unter Einsatz von Gestik, Mimik,<br />

Körpersprache, Stimm- und<br />

Sprachmodellierung sowie Bildern<br />

und Objekten verstanden.<br />

Aufbereitet wird das Erzählen<br />

durch pre-listening-, while-listening-<br />

und post-listening activities,<br />

die sinnvoll und motivierend sein<br />

und Herausforderung und Lernzuwachs<br />

darstellen sollen, wobei<br />

der Kreativität der Lehrkraft kaum<br />

Grenzen gesetzt sind.<br />

Englische Märchen sind <strong>für</strong> Storytelling im Englischunterricht<br />

am authentischsten und können eines der wichtigsten<br />

Ziele des Fremdsprachenunterrichts, die interkulturelle<br />

Kompetenz, fördern (vgl. Legutke et al., 2009). Aber auch<br />

übersetzte deutsche oder anderssprachige Märchen können<br />

durch Storytelling vermittelt werden. Sie sind zwar<br />

weniger authentisch, da sie nicht in der Originalsprache<br />

präsentiert werden, aber dennoch wird Kultur vermittelt.<br />

Gerade am Anfang des Englischlernens können Schülerinnen<br />

und Schüler eigenes Wissen über das Märchen als<br />

Stütze nehmen. Das Märchen kann dazu auch in anderen<br />

Fächern parallel behandelt werden.<br />

Illustration: Ludwig Richter<br />

Beim Storytelling findet generell<br />

eine Schulung des Hörverständnisses,<br />

der Sinnkonstruktion und<br />

eine Erweiterung des Vokabulars<br />

statt.<br />

(vgl. Niemeier und Urban, 2010)<br />

Vor dem Erzählen<br />

Für das Storytelling ist es wichtig,<br />

direkt zum Einstieg eine gemütliche,<br />

spannende Atmosphäre zu<br />

schaffen, um die Klasse zu motivieren<br />

und zu fesseln. Dann können<br />

Sie direkt mit dem Erzählen<br />

beginnen, oder erst eine pre-listening<br />

activity durchführen, z.B. :<br />

❧ Legen Sie Objekte oder Bilder<br />

aus, um die Klasse erraten<br />

zu lassen, welches Märchen es sein könnte oder<br />

wovon es handelt (For our fairy tale today I brought you<br />

some objects. What fairy tale do you think it could be?/<br />

What could the fairy tale be about?).<br />

❧ Wenn Sie ein Märchen erzählen, bei dem unbekannte,<br />

aber wichtige Vokabeln vorkommen, die man schwer<br />

über Mimik, Gestik oder Lautmalerei darstellen kann,<br />

sollten diese Schlüsselbegriffe zuerst mit verschiedenen<br />

Spielen anhand der Objekte/Bildkarten eingeführt<br />

werden, welche später in der Geschichte verwendet<br />

werden.<br />

26 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


UnterrichtsprAXis<br />

❧ Oder Sie trainieren das Verstehen aus dem Kontext,<br />

führen keine Vokabeln ein und nutzen Ihre Objekte<br />

und Bilder <strong>für</strong> die wichtigen Vokabeln direkt während<br />

des Erzählens.<br />

(vgl. Niemeier und Urban, 2010 und Wright, 2009)<br />

Während des Erzählens<br />

Verwenden Sie beim freien Erzählen kurze<br />

Sätze, Wiederholungen und unterstreichen<br />

Sie Ihre Aussagen möglichst viel mit Gestik,<br />

Mimik und Körpersprache, um den Schülerinnen<br />

und Schülern die Möglichkeit zu geben, die Bedeutung<br />

aus dem Kontext zu erfassen. Wenn Sie die Geschichte<br />

zum ersten Mal erzählen, braucht die Klasse nicht<br />

unbedingt eine while-listening Aufgabe, selbst dann nicht,<br />

wenn das Märchen zumindest einem Teil der Klasse auf<br />

Deutsch bekannt ist. Die Freude am Zuhören, am Verstehen<br />

und am Konstruieren des Sinnzusammenhanges beim<br />

ersten Eintauchen in die Märchenwelt sollte nicht gleich<br />

durch Aufgaben erstickt werden.<br />

❧ Beim wiederholten Erzählen können die Schülerinnen<br />

und Schüler aber z.B. auf Ihr Zeichen hin Soundeffekte<br />

erzeugen (The wind is blowing. What sound does wind<br />

make?).<br />

❧ Die Schüler zeigen auf Bildkarten/Objekte oder legen<br />

diese ab, wenn sie genannt werden (Can you show me<br />

which picture shows the witch?).<br />

❧ Sie als Lehrkraft können pausieren und Vorhersagen<br />

treffen lassen (Do you remember what happened next?).<br />

❧ Sie erzählen das Märchen falsch und lassen sich korrigieren<br />

(Oh, I think I made a mistake. How did the story go<br />

again?).<br />

(vgl. Wright, 2009)<br />

Alle Aktivitäten, die keinen großen Umbau oder lange Unterbrechung<br />

benötigen, sind möglich.<br />

❧ Bild und Satz zuordnen<br />

(Which picture fits this sentence?)<br />

❧ als Schreibanlass z.B. ein Leporello mit eigenem Text<br />

oder ein Theaterstück erstellen,<br />

❧ fächerübergreifend arbeiten<br />

(vgl. Niemeier und Urban, 2010 und Wright, 2009)<br />

Unterrichtsidee „Hansel<br />

and Gretel“<br />

Der folgende Text des Märchens (KV 1) Hansel<br />

and Gretel zeigt eine Möglichkeit, wie man<br />

ein Märchen übersetzen, didaktisch vereinfachen und als<br />

Vorlage zum Erzählen nutzen kann. Die Bildschablonen<br />

in (KV 2) sind vergrößert als Bildkarten zur Vokabelarbeit<br />

sowie <strong>für</strong> ein Schattenspiel auf dem Overheadprojektor<br />

begleitend zum Erzählen gedacht. Sie können außerdem<br />

auch in DIN A3 <strong>für</strong> ein von der Klasse selbst erarbeitetes<br />

Theaterschattenspiel oder einen Kurzfilm genutzt werden.<br />

Im Klassensatz kopiert sind die Schablonen auch nutzbar<br />

<strong>für</strong> Collagen oder Fensterbilder und damit zur fächerübergreifenden<br />

Arbeit z.B. im Deutsch-, Musik- oder Kunstunterricht.<br />

❧<br />

Zum Weiterlesen<br />

❧<br />

Ellis, G. and Brewster, J.: Tell it again! The new storytelling handbook for primary<br />

teachers. Harlow: Longman, 2002.<br />

Legutke, M. et al.: Teaching English in the Primary School. Stuttgart: Klett, 2009.<br />

Niemeier, S. und Urban, K.: Frühbeginn Englisch. Braunschweig:<br />

Westermann, 2010.<br />

Slattery, M. and Willis, J.: English for Primary Teachers: A handbook of activities<br />

& classroom language. Oxford: Oxford University Press, 2001.<br />

Wright, A.: Storytelling with children. Oxford: Oxford University Press, 2009.<br />

Nach dem Erzählen<br />

Als post-listening activity zur tieferen Auseinandersetzung<br />

und Aufarbeitung des Märchens<br />

gibt es zahlreiche Möglichkeiten, z.B:<br />

❧ Bildkarten/Objekte in die richtige Reihenfolge legen<br />

(Do you remember how the story went?)<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

27


konkret<br />

KV 1<br />

Hansel and Gretel<br />

Once upon a time there were a boy called Hansel () and a girl, called Gretel<br />

(). They were brother and sister. One day their stepmother left them in<br />

the dark forest (), because the family was really poor and had not enough<br />

to eat () at home. But Hansel and Gretel () knew () the plans of their<br />

stepmother. So they left bread crumbs () on the path to find their way<br />

back home in the evening. But by then the birds () had eaten () all the<br />

bread crumbs (). So Hansel and Gretel () were lost in the forest (). They<br />

walked and walked and walked () but could not find () their way back<br />

home. Hansel and Gretel () got really sad () and also hungry ().<br />

They kept walking and walking and walking () and suddenly – oh! There<br />

was a little house () in the woods (). The house () was made out of<br />

gingerbread, sugar and a lot of candy ()! Hansel and Gretel () were so<br />

hungry () that they each took () a big piece of gingerbread and candy<br />

() and started eating (). All of a sudden the door opened (), and an old<br />

witch () looked () at the children. Hansel and Gretel () were scared ()!<br />

But the old witch () said: “You poor children, you must be very hungry ().<br />

Come inside (), and I will give you even more to eat ()!” Hansel and Gretel<br />

were so hungry (), and the witch () seemed very nice and friendly, so<br />

they followed () her into the house ().<br />

But the witch () was evil () and wanted to eat () the children ()! She<br />

locked () Hansel into a cage (). And Gretel had to help her cook () for<br />

Hansel so he would grow fat () enough for the witch () to eat () him.<br />

The witch () would often go () to Hansel in his cage () and touch his<br />

finger () to see if he was fat () enough. But Gretel was clever (). Once,<br />

when the witch looked () into the oven to see if it was hot enough for<br />

cooking (), Gretel pushed () the witch into the oven (), closed () the<br />

door, and the witch died (). Then Gretel ran () to Hansel and opened ()<br />

the cage (). Hansel and Gretel left the house (), as fast as they could, and<br />

ran and ran and ran () through the forest (). And finally they got home<br />

to their father, who was so happy () to see them again.<br />

() = Auflegen/Bewegen der Schablonen<br />

() = Mimik, Gestik, deutliche Wortbetonung<br />

28 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


KV 2<br />

Hansel and Gretel<br />

Bildschablonen <strong>für</strong> Erzählkarten, Vokabelarbeit oder Schattenspiel<br />

konkret<br />

Zeichnungen: Kathrin Eckhardt 2012<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

29


UnterrichtsprAXis<br />

Englisch/Französisch | KlassE 3–6<br />

Yvonne Bison, Anna-Lena Hauck<br />

„Mirror, mirror on the wall ...“<br />

„Miroir, miroir en bois d’ébène ...“<br />

Fremdsprachenlernen im Märchenland<br />

Märchen sind Träger wichtigen Kulturguts. Sie sind spannend, von inhaltlicher und<br />

sprachlicher Besonderheit, sie laden zum Träumen ein und es gibt sie in allen Ländern dieser<br />

Welt. Dass Märchen Einzug in die Schule und in den Fremdsprachenunterricht erhalten,<br />

ist mit Sicherheit nicht nur mit den Forderungen der Bildungs- und Lehrpläne, sondern auch<br />

mit den zuvor genannten Märchen-Eigenschaften in Verbindung zu bringen. Der vorliegende<br />

Artikel beinhaltet variabel einsetzbare Unterrichtsideen und stützt sich auf die Frage,<br />

wie Märchen in einen handlungsorientierten und kommunikativen Fremdsprachenunterricht<br />

integriert werden können.<br />

Grundlagen<br />

Die dargestellten Unterrichtsideen basieren<br />

auf einer prozess- und handlungsorientierten<br />

Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts,<br />

in welchem das Spiel verstärkt Berücksichtigung<br />

findet. Des Weiteren liegen den Umsetzungs-möglichkeiten<br />

die Orientierung am<br />

Erwerb der „4 skills“ sowie die situative Kommunikation<br />

innerhalb Dialogen zugrunde. Es<br />

sollen echte Sprechakte auf einer Wortschatzbasis<br />

entstehen, die sich an der Lebenswelt<br />

der Schüler orientiert und das Kulturgut „Märchen“<br />

als solches reflektiert.<br />

Märchen schaffen Anlass <strong>für</strong> interkulturelles<br />

Lernen, denn die Schüler erkennen Muster<br />

und Inhalte aus den Märchenerzählungen<br />

wieder und bemerken gleichermaßen kulturelle<br />

Unterschiede und Eigenheiten.<br />

Im Fremdsprachenunterricht sind visuelle<br />

Impulse von großer Bedeutung, da ein bildgestütztes<br />

Erzählen Selbstvertrauen in die<br />

eigene Kompetenz der Sprachrezeption schafft.<br />

Les Fées (Frankreich)<br />

Jack and the Beanstalk<br />

(England)<br />

Schüler auf eine harte Probe stellt. Empfehlenswert<br />

ist daher das Anwenden der E-I-S-<br />

Methode, bei der das Einprägen von Vokabeln<br />

schrittweise auf der enaktiven (Realia, Bewegungen),<br />

der ikonischen (Abbildung) und<br />

schließlich der symbolischen (Schriftbild) Stufe<br />

erfolgt. Werden die Stufen darüber hinaus<br />

durch das Lernen durch Bewegung ergänzt,<br />

kann der Merkeffekt noch weiter optimiert<br />

werden.<br />

Aufbau<br />

Lernumgebung<br />

Anhand der Märchen „Les fées“ und „Jack and<br />

the Beanstalk“ werden Unterrichtsideen <strong>für</strong><br />

den Englisch- und den Französischunterricht<br />

in den Klassenstufen 3 bis 6 beschrieben. Es<br />

handelt sich dabei um Unterrichtsideen, die<br />

offen gestaltet sind, sodass eine Umsetzung<br />

bzw. Übertragung in vielen verschiedenen<br />

Lernergruppen möglich ist.<br />

Häufig liegen in der Praxis die Stunden des Fremdsprachenunterrichts<br />

weit auseinander, was die Merkleistung der<br />

Visuelle Reize bergen vielfältige Gesprächsanlässe. Es gilt<br />

daher, auch im Fremdsprachenunterricht <strong>für</strong> eine Lern-<br />

Wir schreiben vom Lehrer, Schüler, etc. Wir verstehen diese Form als geschlechtsneutralesl Nomen generale.<br />

30 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


Once upon a time …<br />

Fairy tales in the English classroom<br />

UnterrichtsprAXis<br />

numgebung zu sorgen, die kommunikative Interaktionen<br />

ermöglicht.<br />

❧ Ideenfindung: Die Schüler fertigen eine Mind-Map<br />

oder eine märchenhafte To-Do-Liste an, in welcher<br />

sie Ideen <strong>für</strong> die Klassenzimmergestaltung festhalten.<br />

Im „Double Circle“ (= „Kugellager“) tauschen sich die<br />

Schüler über ihre Ideen aus. Im Anschluss wird festgelegt,<br />

welche Ideen realisierbar sind und wer <strong>für</strong> welche<br />

Umsetzung verantwortlich und Ansprechpartner ist.<br />

Rituale<br />

Rituale geben Sicherheit und sorgen <strong>für</strong> einen strukturierten<br />

Rahmen. Sie haben Signalwirkung und Symbolkraft<br />

und sollen bestimmte Inhalte und Phasen verbinden, entlasten<br />

oder einführen.<br />

❧ Fairy sounds / L’ambiance féerique: Die Schüler erarbeiten<br />

verschiedene magische Töne, welche mit dem<br />

Orff-Instrumentarium, mit dem eigenen Körper oder<br />

unter Zuhilfenahme entsprechender Musikstücke produziert<br />

werden können. Die produzierten Geräusche<br />

markieren Phasenübergänge oder werden als Begrüßungs-<br />

oder Verabschiedungsritual eingesetzt.<br />

❧ Fairy names / Les noms féeriques: Die Schüler wählen<br />

Märchen-Pseudonyme, die in den Märchen-Stunden<br />

den eigenen Namen ersetzen. Die Schüler werden<br />

mit authentischem, fremdsprachlichem Material<br />

konfrontiert und dazu angehalten, ihre Merkfähigkeit<br />

zu trainieren.<br />

Märchen in Frankreich<br />

In Frankreich gelangte Charles Perrault (1628–1703) zu Ehren,<br />

als er Ende des 17. Jahrhunderts Volksmärchen publi-<br />

zierte. Seine Versionen von Dornröschen (La Belle au bois<br />

dormant), Rotkäppchen (Le petit Chaperon rouge) oder Der<br />

gestiefelte Kater (Le Chat botté) sind in Frankreich weit verbreitet.<br />

❧ Das ausgewählte Märchen „Les fées – un conte de<br />

Charles Perrault“ ist so didaktisiert, dass sich einfache<br />

Satzstrukturen wiederholen und weitgehend transparentes<br />

Vokabular das Hörverstehen erleichtert.<br />

Comment faire?<br />

Zunächst kann zum Einstieg eine situative Einbettung und<br />

sprachliche Vorentlastung erfolgen durch einen<br />

❧ Wunschbrunnen: Aus einem Plastikbottich, Gipsbändern<br />

und Acrylfarbe lässt sich ein ansehnlicher<br />

Brunnen basteln, der ähnlich einer Lesekiste mit Gegenständen<br />

gefüllt wird, die in der Geschichte eine<br />

bedeutende Rolle spielen.<br />

❧ Mögliche Gegenstände: ein kleiner Besen, eine Küchenschürze,<br />

ein Tonkrug, Perlen als Edelsteine, Blumen,<br />

Rosenblätter, Plastikkröten und -schlangen etc.<br />

Beim Erzählen des Märchens können die jeweiligen Gegenstände<br />

herausgenommen werden. Diese Phase kann<br />

zusätzlich gestützt werden durch<br />

❧ Stabpuppen als Schattenspiel am Tageslichtprojektor.<br />

Der Erzählstrang wird deutlich visualisiert und kann<br />

bei einem zweiten und dritten Erzählen von Schülern<br />

gespielt werden. (siehe KV 2 – „Hansel and Gretel“, Bildschablonen<br />

von K. Eckhardt)<br />

❧ Die Puppen finden ihre Wiederverwendung, wenn das<br />

Märchen nachgespielt wird als Rollenspiel. Dialogkärtchen<br />

unterstützen das Aufsagen kurzer einfacher<br />

Texte:<br />

mère: belle‐fille: fée: belle‐fille:<br />

Vas à la fontaine! Oui maman! J‘ai soif! Tiens.<br />

Je veux de l‘eau!<br />

Prends de l‘eau.<br />

Je te donne<br />

ma cruche.<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

31


UnterrichtsprAXis<br />

Il était une fois …<br />

Les contes de fées en classe française<br />

Die Figuren können mit typischen Bewegungen<br />

verknüpft werden, um wesentliche Charaktereigenschaften<br />

zu verdeutlichen und nachzuempfinden, wie<br />

beispielsweise ein graziöses Öffnen der Arme <strong>für</strong> das<br />

hübsche Mädchen oder ein grobes, breitbeiniges Aufstampfen<br />

bei der bösen Stiefmutter etc.<br />

Et alors?<br />

Das Märchen darf neu erfunden werden mithilfe von<br />

❧ Märchenwürfeln (siehe Vorlage). Jede Würfelseite<br />

zeigt ein Bild einer bekannten Vokabel. Es gibt einen<br />

Würfel <strong>für</strong> die Helden, einen <strong>für</strong> Gegenstände, einen<br />

<strong>für</strong> Orte, einen <strong>für</strong> Bösewichte etc. Die Kinder beginnen<br />

mit dem Heldenwürfel und „würfeln“ so das<br />

Schicksal der Prinzessin, die zum Beispiel mit einem<br />

Korb voll Wein und Kuchen zu einer Pforte wandert,<br />

wo ein hässlicher Frosch auf sie wartet: «La princesse a<br />

un panier avec un gateau et une bouteille de vin. Elle va<br />

à une grande porte. Là, une grande grenouille très laide<br />

attend. ...» (Würfel vgl. auch:<br />

http://jt44.free.fr/abc/des-a-conter-1.pdf)<br />

Vorlage <strong>für</strong> einen Märchenwürfel<br />

Die Bezeichnungen bekannter Märchenfiguren können geübt<br />

werden mit einem schlicht gehaltenen<br />

❧ Qui est-ce?-Spiel: Auf einer Figurenkarte steht eine<br />

bekannte Märchenfigur, die es zu erraten gilt. Die<br />

Kinder sitzen im Kreis, ein Kind sitzt mit verbundenen<br />

Augen in der Mitte. Es muss erraten, wer auf der Karte<br />

steht. Die Gruppe fragt nun „Qui est-ce?“ und das Kind<br />

zählt nun ihm bekannte Figuren auf: „C’est la sorcière?“<br />

Die Gruppe antwortet jeweils „Oui“ oder „Non“.<br />

❧ Variante: Gegenstände-Karten, die mit der Fragestellung<br />

„Qu’est-ce que c’est?“ gespielt werden.<br />

❧ Differenzierung: Je nach Leistungsstand kann die<br />

Fragestruktur komplexer werden. Anstatt „C’est la<br />

princesse?“ muss gefragt werden „Est-ce que la personne<br />

porte une robe?“ usw.<br />

Märchen in England<br />

„Jack and the Beanstalk“ ist ein englisches Volksmärchen<br />

und so didaktisiert, dass die Wortwahl zwar vereinfacht,<br />

die Zeit (simple past) jedoch beibehalten wurde, um der<br />

klassischen Märchenform gerecht zu werden.<br />

How to start?<br />

Der Einstieg kann mit einer<br />

❧ Märchenschatztruhe erfolgen, die mit verschiedenen<br />

märchenhaften Gegenständen gefüllt ist, welche Gesprächsanlass<br />

und ermöglichen die Bildung einfacher<br />

Sätze sowie einen handelnden Umgang mittels der<br />

TPVR-Methode ermöglichen. Hypothesen können gebildet<br />

und Vorahnungen versprachlicht werden. Selbige<br />

werden dann während bzw. nach der Präsentation<br />

des Märchens überprüft.<br />

Mögliche Realia / Bildmaterial: Bohnen, eine Bohnenpflanze<br />

(-ranke), Bild einer Henne, goldene Eier, Harfenklänge<br />

auf CD, Bild einer Kuh, Bild eines Riesen etc.<br />

❧ Sind die Schüler bereits mit grundlegendem sprachlichem<br />

Material vertraut, kann das Märchen auch über<br />

ein Pantomimen-Spiel eingeführt werden. Die Schü-<br />

32 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


pulchritudinous flowers …<br />

… and prodigious princesses<br />

UnterrichtsprAXis<br />

ler erhalten Karten, mit dem Bild des darzustellenden<br />

Charakters/Gegendstands (bei bekanntem Sprachmaterial<br />

ggf. auch das Wortbild sowie eine Anweisung auf<br />

Englisch). Der Charakter/Gegenstand wird erraten und<br />

märchenhaft gesprochen („We are all giants now and<br />

we say: HEN! We are all hens now and we say: harp, harp,<br />

harp.”).<br />

Um die Märchen-Stunden einzuläuten oder abzuschließen,<br />

eignet sich ein Sprechvers besonders:<br />

“Mirror, mirror on the wall.<br />

Come, appear and hear my call.” –<br />

“Here I am, come take my hand,<br />

I’ll bring you to a fairyland.”<br />

Taboo-Card<br />

beanstalk<br />

vegetable<br />

green<br />

(to) climb<br />

(to) eat<br />

five<br />

While-reading-activities<br />

❧ Fairy-Map: Die Schüler zeichnen (beschriften ggf.)<br />

wichtige Orte, Personen und Dinge auf einer Landkarte<br />

(als Vorlage bietet sich z.B. der Länderumriss Großbritanniens<br />

an).<br />

❧ Blackboard-Beanstalk: Eine Bohnenranke an der Tafel<br />

wird während des Vorlesens/Erzählens mit Flashcards<br />

bestückt, um einzelne Handlungsschritte zu verdeutlichen.<br />

Diese visuellen Stützen sind <strong>für</strong> die Anschlusskommunikation<br />

bedeutsam und hilfreich.<br />

Post-reading-activities<br />

❧ Taboo-Cards: Die Schüler erstellen zum Märchen Taboo-Cards<br />

und beschreiben dabei wesentliche Inhalte<br />

und zentrale Charaktere oder Objekte. Das folgende<br />

Beispiel zeigt eine mögliche Kartengestaltung. Beim<br />

Spiel müssen die Schüler das Märchenwort beschreiben,<br />

ohne die fünf (ggf. weniger) Wörter auf der Karte<br />

zu benutzen. Die Klasse errät das gesuchte Wort.<br />

❧ Fairy words in our dictionary: Auch in den Märchenstunden<br />

können zentrale Elemente des Fremdsprachenunterrichts<br />

wie beispielsweise die Wörterbucharbeit<br />

ihren Platz finden. So begeben sich die Schüler auf<br />

die Suche nach Märchenwörtern, die sie mit anderen<br />

Wörtern verbinden, im Wörterbuch überprüfen und<br />

schließlich schriftbildlich gestalten.<br />

Mögliche Zusammensetzungen:<br />

ferocious frog<br />

sepulchral voice<br />

prodigious princess<br />

pulchritudinous flower<br />

hideous dragon<br />

❧ Producing a CD: Der Text wird in verteilten Rollen<br />

gelesen und mehrfach geübt. Die produzierten Geräusche,<br />

Töne und Melodien aus den Ritualphasen<br />

werden in die Lesung integriert. Mittels eines MP3-<br />

Recorders wird die „Performance“ aufgezeichnet und<br />

ggf. am Computer nachbearbeitet. (Frei zugängliche<br />

Programme wie „Audacity“ ermöglichen eine unkomplizierte<br />

Bearbeitung.) Die Produktion einer CD motiviert<br />

und kann den Leistungsstand einzelner Schüler<br />

aufzeigen und dokumentieren.<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

33


❧<br />

❧<br />

❧<br />

❧<br />

konkret<br />

❧ Les Fées<br />

l était une fois ...<br />

Une femme a deux filles: Une fille qui<br />

est comme elle: laide et absolument<br />

désagréable. L’autre fille est le contraire:<br />

très jolie, honnête et douce. Elle<br />

est la plus belle fille du pays.<br />

La mère est méchante et la pauvre fille<br />

doit travailler toute la journée. Deux<br />

fois par jour, la fille doit aller à la fontaine<br />

pour chercher de<br />

l’eau.<br />

Un jour elle va à la fontaine<br />

avec une grande<br />

cruche. Une vieille femme<br />

arrive. Elle demande la fille<br />

de lui donner à boire.<br />

La gentille fille répond: «<br />

Oui, bien sûr. Prends ma<br />

cruche.» La vieille femme<br />

boit et elle dit: «Merci ma<br />

belle fille. Tu es si bonne<br />

et si honnête, je te fait un cadeau. »<br />

La vieille femme est une fée en forme<br />

d’une pauvre femme! Elle enchante<br />

la jeune fille: Quand la fille ouvre la<br />

bouche pour dire quelque chose, des<br />

fleurs et des pierres précieuses vont<br />

sortir.<br />

La jeune fille rentre à la maison. Sa mère<br />

est en colère, parce que la fille rentre si<br />

tard de la fontaine. Mais quand la fille<br />

demande pardon, elle ouvre sa bouche<br />

et deux roses, deux perles et deux gros<br />

diamants sortent de la bouche!<br />

La mère méchante est tout étonnée.<br />

Elle demande la fille: «D’où vient cela?»<br />

et la fille naïve l’histoire de la fontaine<br />

et de la fée en forme d’une pauvre femme.<br />

Maintenant la mère méchante veut<br />

que sa fille méchante parle aussi avec<br />

des roses et des diamants quand elle<br />

ouvre la bouche.<br />

Mais la fille laide ne veut pas aller à la<br />

fontaine, parce que c’est du travail trop<br />

dûr pour elle. Mais la mère l’envoie à la<br />

fontaine avec une grande cruche. La<br />

fille méchante doit donner à boire à la<br />

fée en forme d’une vieille femme.<br />

À la fontaine, une dame très jolie arrive.<br />

Elle demande la fille<br />

méchante de lui donner<br />

à boire, mais la la fille dit<br />

non. La cruche est réservée<br />

pour la fée. Mais voilà<br />

- la jolie femme est la fée!<br />

La fée enchante la fille laide:<br />

Quand la fille ouvre la<br />

bouche pour dire quelque<br />

chose, des serpents et des<br />

grenouilles vont sortir!<br />

La fille laide rentre à la<br />

maison. Elle ouvre la<br />

bouche pour raconteur son histoire et<br />

deux serpents et deux grenouilles sortent<br />

de la bouche!<br />

La mère méchante est en colère et elle<br />

crie à la jolie: «C’est la faute de toi! Sors<br />

d’ici et ne rentre jamais!»<br />

La pauvre fille va dans la forêt et elle est<br />

toute seule et toute triste.<br />

Là, le prince du royaume arrive. Il parle<br />

avec la fille. La fille ouvre la bouche<br />

pour parler et six perles, six roses et<br />

six diamants sortent de la bouche. La<br />

fille raconte son histoire au prince et le<br />

prince prend la fille au château où elle<br />

devient la princesse.<br />

La mère méchante et la fille laide restent<br />

seules et malheureuses.<br />

Fin ❧<br />

❧ Jack and the Beanstalk<br />

nce upon a time …<br />

… there lived a woman with her son<br />

Jack. She gave Jack everything he wanted,<br />

until one day there was nothing<br />

left. They only had their old cow. So the<br />

mother told Jack to sell the cow. Jack<br />

went to the market. On his way he met<br />

a strange little man.<br />

The man asked: “Where are you going<br />

with that cow?”<br />

Jack said: “To the market. I<br />

want to sell the cow.”<br />

“Oh, really? Look, I want<br />

to buy a cow. I’ll give you<br />

these five beans for her.”<br />

Jack was such a fool that<br />

he agreed.<br />

Jack went home to tell<br />

his mother. She got very<br />

angry and shouted: “You<br />

good-for-nothing boy!”<br />

and she threw the beans out of the<br />

window.<br />

In the night a marvellous beanstalk<br />

grew right up to the sky. The next<br />

morning Jack climbed up it, without a<br />

thought. He found himself in another<br />

country, where he discovered a giant’s<br />

castle. Jack knocked on the huge door.<br />

The giant’s wife opened and as she saw<br />

how hungry Jack was, she gave him<br />

something to eat. But then Jack heard<br />

heavy footsteps and a loud voice said:<br />

“Fee Fi Fo Fum! I smell the blood of an<br />

Englishman!”<br />

“Quick, hide in the oven,” said the giant’s<br />

wife. The giant looked around, but he<br />

didn’t see Jack. The giant called for his<br />

pet hen. From his hiding place Jack saw<br />

that the hen laid eggs of gold. Soon the<br />

giant fell asleep and Jack rushed out<br />

and grabbed the hen. He escaped down<br />

the beanstalk before the giant woke up.<br />

Jack’s mother was very happy to see her<br />

son again and they lived well by selling<br />

the golden eggs.<br />

One day, without telling his mother,<br />

Jack climbed the huge beanstalk again.<br />

Everything happened as before. The<br />

giant shouted:<br />

“Fee Fi Fo Fum! I smell the<br />

blood of an Englishman!”<br />

This time Jack hid in a<br />

cupboard, where the giant<br />

couldn’t see him. The<br />

giant took out his money<br />

bags and counted his<br />

coins. But soon he fell asleep.<br />

Quickly, Jack grabbed<br />

a money bag and slid<br />

down the beanstalk.<br />

Three years later, Jack<br />

climbed the beanstalk<br />

again. This time he hid in a washtub<br />

when the giant shouted: “Fee Fi Fo Fum!<br />

I smell the blood of an Englishman!”<br />

And again the giant didn’t find Jack.<br />

Soon he fell asleep. Jack discovered<br />

a golden harp and grabbed it. But<br />

the harp cried out: “Help! Jack wants<br />

to steal me!” The giant woke up and<br />

chased Jack to the top of the beanstalk.<br />

But Jack was very fast and very light<br />

and he reached the bottom quickly. He<br />

threw down the harp and grabbed an<br />

axe to chop the beanstalk. It crashed<br />

down, and that was the end of the giant!<br />

Jack went home to his mother,<br />

where they lived happily ever after.<br />

End ❧<br />

34 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


UnterrichtsprAXis<br />

FrAnzösisch/enGlisch | KlAsse 3/4<br />

Kirsten Krefft<br />

Anna-Lena Hauck (Übersetzung ins Englische)<br />

Le Petit Chaperon Rouge &<br />

Little Red Riding Hood<br />

Rotkäppchen im Fremdsprachenunterricht der Grundschule<br />

Viele Kinder sind von klein auf vertraut mit Märchen, ihren zauberhaften Figuren und<br />

Gegenständen. Die einfache Handlung, der Widerstreit von Gut und Böse und das meist<br />

gute Ende, bei dem die Gerechtigkeit siegt, entsprechen dem Wunschbild von Kindern.<br />

Deshalb sind Märchen auch ideal im frühen Fremdsprachenunterricht einsetzbar.<br />

Kombiniert mit Bildern oder Bilderbüchern genießen<br />

Kinder das intensive Sprachangebot im sogenannten<br />

Sprachbad des Unterrichts und entwickeln ihr Gespür <strong>für</strong><br />

den Klang der Fremdsprache in der<br />

Faszination des Zuhörens, Szenen<br />

Nachgestaltens und Reagierens in<br />

den TPR-Phasen (Total Physical Response).<br />

Beim derart intensiven, tätigen<br />

Geschichtenhören trainieren<br />

sie einerseits ihr Hörverständnis als<br />

Fähigkeit, Wörter aus dem Gesamtzusammenhang<br />

zu entschlüsseln sowie<br />

neue Wörter im Kontext einer Geschichte<br />

kennen zu lernen und erweitern<br />

andererseits Erfahrungshorizont<br />

und Globalverständnis.<br />

Unterrichtsvorschläge<br />

Wie ich <strong>für</strong> meine Dritt- oder Viertklässler<br />

das Märchen vom Petit Chaperon<br />

Rouge in den Fremdsprachenunterricht einbinde,<br />

möchte ich hier als Anregung vorstellen:<br />

Einstieg<br />

Als Einstieg in diese Einheit „Märchen im Fremdsprachenunterricht“<br />

könnte man mit einem stummen Impuls beginnen<br />

und den Schülern ein rotes Käppchen oder Bild von<br />

Rotkäppchen zeigen oder methodisch das sog. Dalli-Klick<br />

(bei dem nach und nach das Bild/Folie des Rotkäppchens<br />

aufgedeckt oder zusammengepuzzelt wird) spielen. Die<br />

Kinder äußern sich dazu.<br />

Erarbeitung<br />

Die Kinder kommen reihenweise (ritualisierte Organisation<br />

spart Zeit und Streit!) mit ihren Stühlen vor zur Tafel<br />

und bilden einen sog. „Kinositz“, weil<br />

die beiden Halbkreisreihen so sitzen,<br />

dass die Hinterleute zwischen zwei<br />

Köpfen hindurchschauen können.<br />

Lehreraufforderung: «Venez,<br />

on fait un cinema. Premierement,<br />

les élèves qui sont la tête viennent<br />

en avant, puis les yeux, puis le<br />

nez, la bouche, les oreilles et enfin<br />

les cheveux!»<br />

Ich stütze meinen Märchenvortrag<br />

durch Bilder (KV „Faltbüchlein“) an<br />

der Tafel, zunächst ohne Textfelder.<br />

Der Vorteil der einzelnen Bilder als<br />

Abfolge ist, dass sie nebeneinander<br />

an der Tafel hängen und die Schüler<br />

noch weiterhin die vorangegangenen<br />

Bilder betrachten und wir direkt im<br />

Anschluss an die Betrachtung mit den Bildern weiterarbeiten<br />

können. Der Schluss soll noch offen bleiben, was den<br />

Schülern durch ein großes Fragezeichen verdeutlicht wird:<br />

Lehrerimpuls: «Qu‘est-ce qui se passe là?» Die Schüler<br />

äußern sich zu der Geschichte auf Deutsch und können<br />

Vermutungen zum Ausgang anstellen.<br />

Übung<br />

Ich erzähle bzw. lese das Märchen ein zweites Mal vor<br />

und fordere die Schüler und Schülerinnen auf, unterstützt<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

35


UnterrichtsprAXis<br />

durch Mimik und Gestik, einzelne Sätze und Schlüsselwörter<br />

nachzusprechen.<br />

Festigung 1<br />

Im Anschluss fordere ich die Schüler auf, bestimmte Personen<br />

oder Dinge auf den Bildern zu zeigen:<br />

oder Eltern aufgeführt werden. Außerdem könnte man ein<br />

Schattentheater, ein Stabpuppentheater oder Bilder <strong>für</strong> ein<br />

Kamishibai (Japanisches Bildertheater) entwerfen.<br />

Faltanleitung <strong>für</strong> das Faltbüchlein<br />

Lehrerimpuls: «Montre-moi, le Petit Chaperon Rouge!<br />

Montre-moi, le loup! Montre-moi, la forêt! Montre-moi,<br />

l‘image où le Petit Chaperon Rouge cueille des fleurs!» ...<br />

Um das Vokabular zu festigen, werden die Schlüsselwörter<br />

und Sätze in verschiedenen Stimmlagen (laut, leise, tief,<br />

hoch, stotternd, ...) von den Schülern wiederholt. Zusätzlich<br />

zum Sprechen könnten sie noch zuvor festgelegte Gesten<br />

dazu machen.<br />

Festigung 2<br />

Wir lösen den Kinositz reihenweise (ritualisiert) auf und ich<br />

erzähle die Geschichte ein drittes Mal. Dabei baue ich aber<br />

absichtlich Fehler in die Geschichte ein, z. B:<br />

Lehrerimpuls: «Il était une fois un petit gar çon. Tout le<br />

monde l‘appelait le Petit Chaperon vert.»<br />

Sobald die Schüler etwas Falsches hören, klopfen sie auf<br />

den Tisch und wiederholen die Textstelle richtig; weitere<br />

Veränderungsbeispiele: la mère le père; Elle apporte un<br />

panier avec des galettes Elle apporte un panier avec des<br />

bananes; la grand-mère le grand-père; le loup le chat;<br />

Elle cueille les fleurs Elle cueille des pommes; ... der Fantasie<br />

sei hier keine Grenze gesetzt! Diese Festigungsphase<br />

bereitet den Kindern immer sehr viel Freude, allerdings<br />

muss ihnen das ersetzte Vokabular bekannt sein.<br />

Sicherung<br />

Zum Abschluss der Stunde erhalten die Kinder ein Arbeitsblatt<br />

(KV 1 auf französisch oder KV 2 auf englisch) auf welchem<br />

das Märchen mit Text in Form eines Faltbüchleins<br />

dargestellt ist. Das Buch wird nach Anweisung gefaltet. Die<br />

Kinder suchen sich selbst einen Schluss 1, 2, 3 aus, kleben<br />

den Text auf die letzte Seite und malen ein Bild dazu. Der<br />

Text wird gemeinsam mehrmals mit den verschiedenen<br />

Schlussvarianten vorgelesen.<br />

Ausblick<br />

Das Faltbüchlein dient uns nun als Vorlage <strong>für</strong> die folgenden<br />

Stunden. Das angegebene Vokabular wird zunächst einzeln<br />

gefestigt (KV 3). Danach lernen die Kinder den Text<br />

auswendig, ggf. auch nur einzelne Passagen. In Rollen verteilt<br />

kann das Märchen als kurzes Stück <strong>für</strong> andere Klassen<br />

Le Petit Chaperon Rouge<br />

Blitzlicht<br />

Charles Perrault veröffentlichte dieses Märchen erstmals.<br />

Der Wolf frisst Großmutter und Rotkäppchen<br />

mit der Moral: Junge Mädchen sollen niemals mit<br />

fremden Männern sprechen oder gar mitgehen!<br />

In der deutschen Version der Brüder Grimm (1812)<br />

befreit ein Jäger beide aus dem Bauch des Wolfes<br />

und füllt ihm schwere Steine in den Bauch, sodass<br />

er nicht fliehen kann und stirbt. In der italienischen<br />

Version „Die falsche Großmutter“ befreit sich Rotkäppchen<br />

durch ihre eigene Schlauheit und flieht.<br />

Der Wolf stirbt anschließend.<br />

Die gängigste Interpretation besagt, dass das Märchen<br />

junge Mädchen vor der Vergewaltigung durch<br />

Männer warnen soll, wobei die rote Kappe <strong>für</strong> die mit<br />

der Pubertät einsetzenden Menstruationsblutungen<br />

und der böse Wolf <strong>für</strong> die sexuellen Absichten der<br />

Männer stehen soll.<br />

❧<br />

Zum Weiterlesen<br />

❧<br />

Kreis, Renate: Hörverstehenstraining durch Storytelling im Englischunterricht.<br />

In: Fremdsprachen Frühbeginn. Heft 1/2001,<br />

Dominoverlag: 2001.<br />

Hollstein, Gudrun: Werkstatt Bilderbuch. Allgemeine Grundlagen,<br />

Vorschläge und Materialien <strong>für</strong> den Unterricht in der Grundschule.<br />

Verlag Petra Knecht: 1999<br />

36 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


KV 3<br />

Le Petit Chaperon Rouge<br />

Trouve le mot!<br />

konkret<br />

Le Petit Chaperon Rouge<br />

le loup<br />

la mère<br />

la grand-mère<br />

le chasseur<br />

la forêt<br />

le panier<br />

avec des galettes<br />

et un pot de beurre<br />

cueillir des fleurs<br />

la chemise de nuit<br />

le lit<br />

le ronflement<br />

un bouquet de fleurs<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

37


Dans la forêt le Petit Chaperon Rouge<br />

rencontre le loup.<br />

II demande: «Ou vas-tu ?»<br />

La petite fille repond:<br />

«Je vais chez ma grand-mère, elle est<br />

malade. Je lui apporte des galettes et un<br />

pot de beurre.»<br />

Le loup a faim et il veut manger la<br />

grand-mère et la fille. II a une idée.<br />

Le Petit Chaperon Rouge<br />

II etait une fois une petite fille.<br />

Elle vivait dans une petite maison sur le<br />

bord de la forêt avec sa mère. Elle portait<br />

toujours un joli chaperon rouge sur<br />

la tête. Donc tout le monde l‘appelait le<br />

Petit Chaperon Rouge.<br />

Un jour la mère lui dit: «Ta grand-mère<br />

est malade. Apporte-lui un panier avec<br />

des galettes et un pot de beurre.»<br />

38<br />

Le loup dit:<br />

«Ta grand-mere serait heureuse de<br />

recevoir des fleurs.»<br />

«C‘est une bonne idee!»,<br />

dit le Petit Chaperon Rouge.<br />

«Je cueille un gros bouquet de fleurs.»<br />

Le loup court très vite<br />

chez la grand-mère et il la mange.<br />

Ensuite il met sa chemise de nuit et<br />

se couche dans le lit de la grand-mère.<br />

II attend le Petit Chaperon Rouge.<br />

Un peu plus tard<br />

la petite fille frappe à la porte<br />

et dit:<br />

«Grand-mère, je t‘apporte<br />

des galettes et un bouquet de fleurs.»<br />

Elle entre et regarde sa grand-mère. Le loup crie:<br />

Elle dit: «Grand-mere, pourquoi as-tu<br />

?<br />

«C‘est pour mieux te manger!»<br />

de grands yeux?» Le loup repond:<br />

«C’est pour mieux voir, mon enfant.» II se jette sur le Petit Chaperon Rouge et<br />

Puis elle dit: «Grand-mère, pourquoi il le mange aussi.<br />

as-tu de grandes oreilles?»<br />

Le loup repond: «C‘est pour mieux<br />

1 2 3<br />

entendre, mon enfant.» Elle dit encore:<br />

«Grand-mère, pourquoi as-tu<br />

Fin Fin Fin<br />

des grandes dents?»<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


When Little Red Cap entered the woods a<br />

wolf came up to her.<br />

He asked: “Where are you going?“<br />

The little girl answered: “l‘m going to my<br />

grandmother‘s, she is sick and weak. l am<br />

taking her some cake and a little pot of<br />

butter.“<br />

The wolf was very hungry and he wanted<br />

to eat both, the grandmother and Little<br />

Red Riding Hood. He made a plan.<br />

The wolf said:<br />

“Your grandmother will be very happy and<br />

grateful, if you bring her some flowers.“<br />

“That‘s a good idea“,<br />

said Little Red Riding Hood.<br />

“l will pick her a beautiful bouquet.“<br />

The wolf ran straight to the grandmother‘s<br />

house and ate her all up.<br />

Then he took her nightgown and got into<br />

the grandmother‘s bed.<br />

There he waited for Little Red Riding<br />

Hood.<br />

The wolf roared:<br />

“All the better to eat you with!“<br />

And, saying these words,<br />

fell upon Little Red Riding Hood,<br />

and ate her all up.<br />

?<br />

1 2 3<br />

End End End<br />

Little Red Riding Hood<br />

Once upon a time there was a little girl.<br />

She lived with her mother in a small house<br />

near the woods. She always wore a nice<br />

red riding hood and it suited the girl so<br />

extremely well that everybody called her<br />

Little Red Riding Hood.<br />

One day her mother said to her:<br />

“Your grandmother is very ill. Go and see<br />

how she is doing. Take her a cake and this<br />

little pot of butter.”<br />

Some time afterwards the little girl<br />

knocked on the door and said:<br />

“Grandmother, l brought you a cake<br />

and a flower bouquet.“<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

She walked in and looked at her<br />

grandmother. She said: “Grandmother, what<br />

big eyes you have!“ The wolf replied:<br />

“All the better to see you with, my child.“<br />

Then Little Red Riding Hood said:<br />

“Grandmother, what big ears you have!“<br />

The wolf replied: “All the better to hear you<br />

with, my child.“<br />

Little Red Riding Hood said:<br />

“Grandmother, what big teeth you have!“<br />

39


konkret<br />

<br />

<br />

Fin 1<br />

Un peu plus tard c‘est le chasseur<br />

qui entend le ronflement du loup.<br />

«Rrrsch, rrrsch!»<br />

Il entre dans la maison et chasse le loup.<br />

Puis il ouvre son ventre et<br />

le Petit Chaperon Rouge et la grand-mère<br />

sautent dehors.<br />

Tout heureux ils mangent les galettes.<br />

Fin 2<br />

Le loup dors dans le lit et il vit jusqu‘à<br />

sa fin dans la maison de la grand-mère.<br />

<br />

<br />

Fin 1<br />

Some time afterwards a huntsman heard<br />

the wolf snoring<br />

“Crrr – shshsh, crrr, shshshs!“<br />

He entered grandmother‘s house<br />

and shot the wolf. After that he cut open<br />

his belly and Little Red Riding Hood and<br />

the grandmother came out alive.<br />

Happily they ate the cake.<br />

End 2<br />

The wolf in the bed kept living<br />

in grandmother‘s house until he died.<br />

<br />

Fin 3<br />

Le Petit Chaperon Rouge porte des<br />

ciseaux dans son sac et elle coupe<br />

le ventre du loup de l‘interieur.<br />

La grand-mère et elle sautent dehors et<br />

elles mettent des pierres dans le ventre.<br />

Le loup est mort.<br />

<br />

End 3<br />

Litte Red Riding Hood took her scissors<br />

out of her bag and cut open the wolf‘s<br />

belly from the inside. The grandmother<br />

and her grandchild came out alive and<br />

filled the wolf‘s body with heavy stones.<br />

The wolf died.<br />

Vokabular<br />

Le Petit Chaperon Rouge Rotkäppchen Little Red Riding Hood<br />

le loup der Wolf the wolf<br />

la mère die Mutter the mother<br />

la grand-mère die Großmutter the grandmother<br />

le chasseur der Jäger the huntsman<br />

la forêt der Wald the woods<br />

la maison das Haus the house<br />

un panier avec des galettes ein Kuchen a cake<br />

et un pot de beurre und ein Topf mit Butter and a pot of butter<br />

cueillir des fleurs Blumen pflücken to pick flowers<br />

un bouquet de fleurs ein Blumenstrauß the (flower) bouquet<br />

le lit das Bett the bed<br />

la chemise de nuit das Nachthemd the nightgown<br />

Il a faim.<br />

Er hat Hunger.<br />

Er hatte Hunger.<br />

He was hungry.<br />

Il mange.<br />

Er isst.<br />

Er aß.<br />

He ate.<br />

le ronflement das Schnarchen (the) snore<br />

des grands yeux große Augen big eyes<br />

des grandes oreilles große Ohren big ears<br />

des grandes dents große Zähne big teeth<br />

40 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


UnterrichtsprAXis<br />

dArstellendes spiel: deUtsch/mUsiK/KUnst | KlAsse 3/4<br />

Katja Harbers<br />

Frau Holle als Schattenspiel<br />

Eine fächerverbindende Arbeit<br />

Ja, auch die Kinder unserer Zeit brauchen Märchen. Nicht nur die, die „in“ sind, Cosmos und<br />

Wanda, Star Wars, Harry Potter – auch die, die auf den ersten Blick „out“ sind, die alten,<br />

traditionellen, mit einer Sprache, die befremdlich klingt und die gerade deshalb ihren Reiz<br />

hat und uns entführt. Entführt in eine poetische Welt, in eine grausame und radikale Welt<br />

– und in die Welt unserer eigenen Tiefe. Deshalb sprechen sie uns an und lassen uns<br />

aufhorchen – die Großen wie die Kleinen.<br />

Ich spüre dieses Aufhorchen,<br />

wenn ich in meiner zweiten Klasse<br />

ein Märchenbuch zur Hand nehme<br />

und die Kinder sich nicht entscheiden<br />

können, welches Märchen zuerst<br />

vorgelesen werde soll. Ich spüre<br />

dieses Aufhorchen, wenn ich mit meinen<br />

Dritt- und Viertklässlern im Chor<br />

über den Stoff <strong>für</strong> ein Musical berate.<br />

Und ich spüre diese Aufhorchen bei<br />

mir selbst, wenn ich beim Lesen der<br />

traditionellen Märchen die Chance<br />

auf Entwicklung und Erkenntnis wittere<br />

– wahrhaftig ein Grund, sie meinen<br />

Schülern und Schülerinnen nicht<br />

vor zu enthalten!<br />

Frau Holle in ihrer Auseinandersetzung<br />

mit Gut und Böse, Hilfsbereitschaft<br />

und Lohn, Demut und Ungerechtigkeit<br />

trifft heute wie damals unseren Nerv. Die<br />

archaischen Themen der Ungleichbehandlung in der Familie,<br />

der Konkurrenz unter Geschwistern, der Nichtachtung<br />

trotz Leistung, bewegen Kinder wie Erwachsene – oft unausgesprochen<br />

und unbewusst. Sich diesem Unbewussten<br />

auf kreative, intuitive Weise zu nähern, mit ihm zu spielen<br />

und es auszudrücken, kann befreien und verändern, trösten<br />

und helfen, Spaß machen und anregen. Deshalb wähle<br />

ich die Umsetzung über ein Theatermedium, das Schattenspiel.<br />

Es bietet Raum <strong>für</strong> künstlerischen Ausdruck bei der<br />

Gestaltung von Figuren und Szenerie, <strong>für</strong> eigene Ideen bei<br />

der klanglichen Umsetzung und <strong>für</strong> identifizierende Arbeit<br />

mit Stimme und Sprache durch den Text. Weil ein Schattenspiel<br />

(wie alle Theaterformen) Zeit und Ruhe zum Entste-<br />

hen braucht und nur gelingt, wenn<br />

sich alle einlassen und abtauchen,<br />

ist es das richtige Medium, um sich<br />

mit einem alten Märchen auseinander<br />

zu setzen. Denn auf diese Weise<br />

entsteht der Flow, das Zu-sich-Finden<br />

um Sich-Ausdrücken, das später<br />

sichtbar wird. Durch die bewegten<br />

und überraschenden Bilder werden<br />

Zuschauer wie Agierende berührt.<br />

Ein echter Gewinn, der weit über den<br />

Lernzuwachs im Lesen, Musizieren<br />

und Handwerken hinausgeht.<br />

Die Einheit wird zeitlich je nach Eigenaktivität<br />

und Kreativität der Kinder<br />

und ergänzend behandelter Themen<br />

in den angrenzenden Fächern stark<br />

variieren. Der Verlauf ist deshalb in<br />

inhaltlich stimmigen Absätzen beschrieben,<br />

die nicht einer Unterrichtsstunde entsprechen<br />

müssen.<br />

Annäherung an das Märchen<br />

Im Plenum: Die wichtigsten Gegenstände des Märchens<br />

(Spule/Spindel, Apfel, Brot, Kissen – vielleicht zu Beginn<br />

zugedeckt in einem Korb) schaffen den Impuls zum<br />

gemeinsamen Erzählen der Geschichte, das am Anfang<br />

der Einheit steht. So können die vorkommenden Personen<br />

benannt und charakterisiert und die Schauplätze der einzelnen<br />

Szenen des Märchens genau beschrieben werden<br />

(Verknüpfung zu Deutsch-Themen wie bung, Wortschatzarbeit mit Adjektiven<br />

Personenbeschrei-<br />

möglich).<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

41


UnterrichtsprAXis<br />

H<br />

Herstellung des Materials,<br />

Erarbeitung des Schattenspiels<br />

In Gruppenarbeit: Die Klasse teilt sich in zwei Gruppen:<br />

Gold und Pech. Der Text <strong>für</strong> die Pechgruppe ist weniger<br />

umfangreich, deshalb bietet es sich an, langsamer lesende<br />

Kinder in diese Gruppe einzuladen. Die Kinder erstellen<br />

nun die in ihrer Sequenz benötigten Figuren und die<br />

Szenerie. Schön ist es, wenn die Figuren ein bewegliches<br />

Körperteil haben und die Kulisse auf dem Tageslichtprojektor<br />

als Hintergrund bewegt und verändert werden<br />

kann (Anleitung s.u.). Haben die Kinder Figuren und Kulisse<br />

fertiggestellt, teilt sich jede Klassenhälfte in drei Untergruppen:<br />

zum Spielen, zum Lesen und zum Musizieren<br />

(Arbeitsaufträge und Material s.u.). Die Kinder üben zuerst<br />

in ihren Kleingruppen und setzen danach ihre Sequenz zusammen.<br />

In dieser Phase ist es sicher ratsam, zusätzliche Freiarbeitsmaterialien<br />

zur Verfügung zu stellen, da die Gruppen unterschiedlich<br />

schnell arbeiten werden.<br />

Toller Effekt: Frau Holle kann sprechen<br />

Leicht gemacht: Frau Holles beweglicher Kiefer<br />

Herstellung der Figuren<br />

Das wird benötigt: Papier, viele Folien <strong>für</strong> den OHP, klares<br />

Klebeband, Schere, Flüssigkleber; <strong>für</strong> die Gold-Gruppe<br />

Glitzerstaub als Gold und Federn; <strong>für</strong> die Pech-Gruppe ein<br />

leichtes Tuch als Pech<br />

Vorgehen:<br />

Die Folien werden im Querformat benutzt. Die Kinder klären,<br />

welche Szenen nacheinander vorkommen und erarbeiten<br />

pro Szene eine oder mehrere Hintergrundfolien. Als<br />

unterste Folie sollte die leere Version der Situation (Baum<br />

ohne Äpfel, Ofen ohne Brot) zu liegen kommen. Darauf wird<br />

eine zweite und evtl. dritte Folie gelegt, die an passender<br />

Textstelle bewegt werden kann (Goldmaries Äpfel fallen<br />

herab, wenn sie den Baum schüttelt oder das Brot im Ofen<br />

fängt an zu rauchen, wenn Pechmarie vorbeigeht). Sind<br />

die einzelnen Szenen fertiggestellt, werden sie in richtiger<br />

Reihenfolge mit klarem Klebeband aneinander geklebt, so<br />

dass sie über den Projektor gezogen werden können.<br />

Leicht gemacht: Goldmaries beweglicher Arm, Frau Holles beweglicher Kopf<br />

42 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


UnterrichtsprAXis<br />

Herstellung der Kulisse<br />

Das wird benötigt: Papier, viele Folien <strong>für</strong> den OHP, klares<br />

Klebeband, Schere, Flüssigkleber; <strong>für</strong> die Gold-Gruppe<br />

Glitzerstaub als Gold und Federn; <strong>für</strong> die Pech-Gruppe ein<br />

leichtes Tuch als Pech<br />

Vorgehen:<br />

Die Folien werden im Querformat benutzt. Die Kinder klären,<br />

welche Szenen nacheinander vorkommen und erarbeiten<br />

pro Szene eine oder mehrere Hintergrundfolien. Als<br />

unterste Folie sollte die leere Version der Situation (Baum<br />

ohne Äpfel, Ofen ohne Brot) zu liegen kommen. Darauf wird<br />

eine zweite und evtl. dritte Folie gelegt, die an passender<br />

Textstelle bewegt werden kann (Goldmaries Äpfel fallen<br />

herab, wenn sie den Baum schüttelt oder das Brot im Ofen<br />

fängt an zu rauchen, wenn Pechmarie vorbeigeht). Sind<br />

die einzelnen Szenen fertiggestellt, werden sie in richtiger<br />

Reihenfolge mit klarem Klebeband aneinander geklebt, so<br />

dass sie über den Projektor gezogen werden können.<br />

Zwei Folien übereinander: so können die Äpfel geschüttelt werden<br />

Aufführung und Erarbeitung des Schattenspiels<br />

Im Plenum: Die Rahmenerzählung, die wie die gesamten<br />

Texte sehr nah am Original der Brüder Grimm erzählt und<br />

nur leicht eingekürzt ist, sollte von der Lehrkraft vorgelesen<br />

oder frei erzählt werden, da ja alle Kinder in einer der Gruppen<br />

beschätigt sind. Die Abschnitte sind so gewählt, dass<br />

die Musikgruppe ihre Einsätze eintragen kann. Am besten<br />

ist es, wenn zwei Leinwände mit Tageslichtprojektoren zur<br />

Verfügung stehen. So können die Gruppen gleichzeitig proben<br />

und die Materialien und Kulissen hinter der Leinwand<br />

auf dem Tageslichtprojektor liegen bleiben, bis sie zum Einsatz<br />

kommen. Natürlich eignet sich das Schattenspiel auch<br />

<strong>für</strong> die Aufführung bei einem Klassen- oder Schulfest.<br />

Gruppe „Lesen“<br />

Mit verteilten Rollen zu lesen bietet immer einen besonderen<br />

Anreiz <strong>für</strong> Schüler und Schülerinnen. Durch die theatralische<br />

Welt des Schattenspiels kommt hier die Möglichkeit<br />

hinzu, die Stimme zu verstellen und richtig in die zu<br />

lesende Person einzutauchen. Um dies zu trainieren, sind<br />

Durchhaltevermögen, Zeit, gegenseitige Rückmeldung<br />

und konstruktive Kritik nötig. Das laute und deutliche Lesen<br />

ist <strong>für</strong> viele Kinder schwierig und braucht authentische<br />

Situationen, um motiviert geübt zu werden. Das Schattenspiel<br />

kann eine solche sein.<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

Gruppe „Musik“<br />

Als Instrumente eignen sich alle in der Schule vorhandenen<br />

Orff-lnstrumente, mit deren Spielweise die Kinder vertraut<br />

sind. Auch Alltagsgegenstände (Zeitungspapier, Folie, Bälle,...)<br />

nach Fantasie der Kinder können Verwendung finden.<br />

Die Kinder sollten in der Lage sein, ihre Klänge mit grafischen<br />

Zeichen im Text zu notieren, um sie bei Wiederholungen<br />

an der richtigen Stelle reproduzieren zu können.<br />

Gruppe „Spiel“<br />

Sind die Figuren und Kulissen fertig, brauchen die Kinder<br />

Zeit, sich in die Spielweise und Handhabung einzufinden.<br />

Es gilt, durch Experimentieren den richtigen Abstand der<br />

Figuren zur Leinwand zu finden (Größe und Schärfe hängen<br />

davon ab und haben entscheidenden Einfluss auf<br />

deren Wirkung) sowie die Bewegung der Folien vertikal<br />

(Voranschreiten der Handlung) und horizontal (ein Zustand<br />

verändert sich: Äpfel fallen...) zu trainieren. Auch<br />

das Bewegen der Gliedmaßen erfordert viel Fingerspitzengefühl,<br />

Konzentration und Übung! Hierbei hilft es,<br />

wenn nach einiger Zeit die lesende Gruppe dazukommt,<br />

die durch den Text Impulse <strong>für</strong> die Bewegungen und einen<br />

Rhythmus <strong>für</strong> das Voranschreiten der Handlung gibt.<br />

43


konkret<br />

Gruppe „Spiel“<br />

❶ Lest Euch Euren Text leise durch.<br />

❷ Klärt, wer welche Figur spielt und wer <strong>für</strong> den Hintergrund<br />

und die zusätzlichen Aktionen (Äpfel, Brote, Gold, Schnee<br />

oder Pech) zuständig ist!<br />

❸ Probt den Ablauf mehrmals in Eurer Gruppe und übt<br />

dann auch zusammen mit der Lesegruppe und mit der<br />

Musikgruppe.<br />

Gruppe „Lesen“<br />

❶ Lest Euch Euren Text leise durch und unterstreicht mit unterschiedlichen<br />

Farben, was die einzelnen Figuren sprechen.<br />

❷ Klärt dann, wer welche Rolle übernimmt und wer den Erzähler<br />

lesen möchte.<br />

❸ Übt das laute Lesen mit verteilten Rollen und verstellten<br />

Stimmen so lange, bis es flüssig und ausdrucksstark klappt.<br />

❹ Dann arbeitet mit der zu Euch passenden Spiegruppe und<br />

Musikgruppe zusammen.<br />

Gruppe „Musik“<br />

❶ Lest Euch Euren Text durch und beratet, an welchen Stellen<br />

eine musikalische Begleitung oder Geräusche sinnvoll sind<br />

(Schritte von Gold- oder Pechmarie, Stimme von Frau Holle,<br />

Fallen der Äpfel, Fallen von Schnee, Gold und Pech, ...).<br />

❷ Probiert passende Instrumente dazu aus oder sucht selbst<br />

Dinge, die Geräusche erzeugen und zur Geschichte passen.<br />

Einigt Euch, wer an welcher Stelle spielt und tragt Eure Musik<br />

mit grafischen Zeichen in den Text ein.<br />

❸ Probt dann einen Durchgang zusammen mit der<br />

Lesegruppe und dann mit der Lese- und der Spielgruppe.<br />

44 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


Frau Holle<br />

❶ Rahmenerzählung<br />

Eine Witwe hatte zwei Töchter,<br />

davon war die eine schön und<br />

fleißig, die andere hässlich und<br />

faul. Sie hatte aber die hässliche<br />

und faule viel lieber, weil<br />

sie ihre rechte Tochter war,<br />

und die andere musste alle<br />

Arbeit tun und das Aschenputtel im Hause sein. Das<br />

arme Mädchen musste sich täglich an einen Brunnen<br />

setzen und dort so viel spinnen, dass ihm das Blut aus<br />

den Fingern sprang.<br />

Einmal war die Spule ganz blutig geworden. Da bückte<br />

sich das Mädchen und wollte die Spule im Brunnen<br />

abwaschen. Sie sprang ihm aber aus der Hand und<br />

fiel hinunter. Das Mädchen weinte, lief zur Stiefmutter<br />

und erzählte ihr das Unglück. Die schalt es aber<br />

heftig und war so böse, dass sie sprach: „Hast du die<br />

Spule hinunter fallen lassen, so hole sie auch wieder<br />

herauf!“ Da ging das Mädchen zu dem Brunnen zurück<br />

und wusste nicht, was es anfangen sollte. Und in<br />

seiner Herzensangst sprang es in den Brunnen hinein,<br />

um die Spule zu holen. Es verlor die Besinnung. Als<br />

es wieder erwachte und zu sich kam, war es auf einer<br />

schönen Wiese, wo viele tausend Blumen blühten und<br />

die Sonne schien.<br />

konkret<br />

❷ Schattenspiel (Gold-Gruppe)<br />

Auf der Wiese ging es weiter<br />

und kam zu einem Backofen,<br />

der voller Brot war. Das Brot<br />

aber rief: „Ach zieh‘ mich raus,<br />

zieh‘ mich raus, sonst verbrenn‘<br />

ich!“ Da holte das Mädchen alles<br />

Brot heraus.<br />

Danach ging es weiter und kam<br />

zu einem Baum, der voller Äpfel hing und ihm zurief:<br />

„Ach schüttel‘ mich, schüttel‘ mich, wir Äpfel sind alle<br />

miteinander reif!“ Da schüttelte das Mädchen so lange,<br />

bis kein Apfel mehr oben war.<br />

Als es alle zusammengesammelt hatte, ging es wieder<br />

weiter. Endlich kam es zu einem kleinen Haus, aus<br />

dem eine alte Frau guckte. Weil sie aber so große Zähne<br />

hatte, bekam das Mädchen Angst und wollte fortlaufen.<br />

Die Frau jedoch rief ihm nach: „ Was <strong>für</strong>chtest<br />

du dich, liebes Kind? Bleib bei mir! Wenn du alle Arbeit<br />

ordentlich tust, so soll‘s dir gut ergehen. Du musst nur<br />

mein Bett gut machen und es fleißig aufschütteln, so<br />

dass die Federn fliegen. Dann schneit es in der Welt,<br />

ich bin nämlich die Frau Holle.“<br />

Frau Holle<br />

Weil die Alte ihm so gut zusprach, fasste sich das Mädchen<br />

ein Herz und trat in ihren Dienst. Es tat alles recht<br />

und schüttelte das Bett, so dass die Federn flogen.<br />

So hatte es ein gutes Leben bei der Frau Holle. Nach<br />

einiger Zeit wurde das Mädchen traurig und wusste<br />

selbst nicht, was ihm fehlte. Endlich merkte es, dass es<br />

das Heimweh war. Obwohl es ihm hier vieltausendmal<br />

besser ging, hatte es doch Sehnsucht nach Zuhause.<br />

Da sagte es zu Frau Holle: „lch hab‘ Heimweh bekommen,<br />

und wenn es mir hier unten auch noch so gut<br />

geht, so muss ich doch wieder nach Hause zurück.“<br />

Die Frau Holle sagte: „Es gefällt mir, dass du wieder<br />

nach Hause willst, und weil du mir so treu gedient<br />

hast, will ich dich selbst wieder hinaufbringen.“<br />

Sie ging mit dem Mädchen vor ein großes Tor. Das Tor<br />

ging auf, und als das Mädchen gerade darunter stand,<br />

fiel ein gewaltiger Goldregen herab, und alles Gold blieb<br />

an ihm hängen. „Das sollst du haben, weil du so fleißig<br />

gewesen bist“, sagte Frau Holle und gab ihm auch die<br />

Spule wieder, die in den Brunnen gefallen war.<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

45


konkret<br />

❸ Rahmenerzählung – Einschub<br />

Darauf wurde das Tor verschlossen<br />

und das Mädchen<br />

befand sich wieder oben<br />

auf der Welt, nicht weit vom<br />

Haus seiner Mutter.<br />

Als es auf den Hof kam, rief<br />

der Hahn, der auf dem Brunnen<br />

saß: „Kikeriki, kikeriki, unsere goldene Jungfrau ist<br />

wieder hie!“<br />

Frau Holle<br />

Das Mädchen ging hinein zu seiner Mutter, und weil es<br />

so mit Gold bedeckt war, wurde es gut angenommen.<br />

Es erzählte alles, was ihm begegnet war und weil die<br />

Mutter wollte, dass die hässliche, faule Tochter auch<br />

so reich würde, musste diese sich auch an den Brunnen<br />

setzen und spinnen. Und damit die Spule blutig<br />

wurde, stach sie sich absichtlich in den Finger. Dann<br />

warf sie die Spule in den Brunnen und sprang selbst<br />

hinterher.<br />

❹ Schattenspiel (Pech-Gruppe)<br />

Sie kam auf die schöne Wiese<br />

und ging auf dem selben<br />

Weg weiter, den ihre Stiefschwester<br />

gegangen war. Als<br />

sie zum Backofen kam schrie<br />

das Brot wieder: „Ach zieh‘<br />

mich raus, ach zieh‘ mich<br />

raus, sonst verbrenn‘ ich!“<br />

Die Faule aber antwortete:<br />

„Ich habe keine Lust, mich schmutzig zu machen“, und<br />

ging fort.<br />

Bald kam sie zu dem Apfelbaum, der rief: „Ach schüttel‘<br />

mich, ach schüttel‘ mich, wir Äpfel sind alle miteinander<br />

reif!“ Sie antwortete aber: „Du kommst mir<br />

recht, es könnte mir einer auf den Kopf fallen!“ Damit<br />

ging sie weiter.<br />

Frau Holle<br />

Als sie vor Frau Holles Haus kam, <strong>für</strong>chtete sie sich<br />

nicht, weil sie von deren großen Zähnen schon gehört<br />

hatte. Sie trat auch gleich ihren Dienst an. Am ersten<br />

Tag war sie noch fleißig und folgte der Frau Holle, denn<br />

sie dachte an das viele Gold, das diese ihr schenken<br />

würde. Am zweiten Tag fing sie schon an zu faulenzen.<br />

Am dritten wollte sie morgens gar nicht aufstehen. Sie<br />

schüttelte auch Frau Holles Bett nicht. Darüber ärgerte<br />

sich Frau Holle und sie schickte das Mädchen wieder<br />

fort. Die Faule war darüber sehr froh und meinte, nun<br />

würde der Goldregen kommen.<br />

Die Frau Holle führte sie auch zu dem Tor. Als sie aber<br />

darunter stand, wurde statt des Goldes ein großer Kessel<br />

voll Pech ausgeschüttet.<br />

„Das ist die Belohnung <strong>für</strong> deine Dienste“, sagte Frau<br />

Holle und schloss das Tor zu.<br />

❺ Rahmenerzählung<br />

Frau Holle<br />

Da kam die Faule heim,<br />

aber sie war ganz mit Pech<br />

bedeckt und der Hahn auf<br />

dem Brunnen rief:<br />

„Kikeriki, kikeriki, unsere schmutzige Jungfrau ist<br />

wieder hie!“<br />

Das Pech aber blieb fest an ihr hängen und ging nicht<br />

mehr ab, solange sie lebte.<br />

46 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


UnterrichtsprAXis<br />

KUnst/plAstizieren | KlAsse 3/4<br />

Jessica Schmidt / Beate Weiß<br />

Frau Holles Schüttelzauber im Glas<br />

Märchenfiguren kneten<br />

Kneten – diesem Materialimpuls von Knete, Teig, Ton, Lehm, Erde, Bienenwachs oder tischen Plastiziermassen ist kaum zu widerstehen! Die meisten Kinder haben schon einmal<br />

synthe-<br />

Teig geknetet, Plätzchen geformt, aus Teigwürsten Brezeln gelegt. Kindergartenkinder<br />

kneten zur Schulung der Feinmotorik, Erstklässler formen Buchstaben, um deren Gestalt<br />

auch mit ihren Händen zu begreifen.<br />

Die meisten Kinder besitzen die Vorerfahrungen, dass Knetmasse durch Kneten warm, weich<br />

und formbar wird, dass man aus der Grundform „Kugel“ viele Formen herstellen und einzelne<br />

Formteile verbinden kann.<br />

Im Märchen herrschen wundersame<br />

Zaubermächte, die Unglaubliches möglich<br />

machen. Das Gute wird belohnt mit gutem<br />

Zauber, Reichtum, Gesundheit und Freude,<br />

das Böse aber geahndet durch gerechte<br />

Strafe. Gerade Frau Holle ist die Verkörperung<br />

jener gerechten Wunschinstanz, welche<br />

Tugenden wie Ehrenhaftigkeit, Anstand,<br />

Fleiß, Zuverlässigkeit und Hilfsbereitschaft<br />

der zunächst vom Schicksal Benachteiligten<br />

und Schwächeren nachhaltig belohnt, das<br />

Böse aber klarsichtig und streng bestraft.<br />

Märchen erzählen bedeutet bis heute, Kindern<br />

ethische Grundsätze zu vermitteln.<br />

„ ... und es regnete lauter Gold<br />

auf die fleißige Goldmarie ...“<br />

Doppelstunde<br />

❧ Einstimmung auf das Märchenthema<br />

„Frau Holle“;<br />

❧ Technisches Vorgehen wiederholen<br />

und klären;<br />

❧ Erarbeiten von typengerechten<br />

Merkmalen/Ausstattung der Figuren;<br />

❧ Phantasievolles Kneten und Formen<br />

der Figuren;<br />

❧ Werkbetrachtung:<br />

Kriteriengestütztes Beschreiben und<br />

Vergleichen der Schülerarbeiten<br />

(Farben, Verzierungen, Größe, Stabilität)<br />

Der goldene, weiße und schwarze Glitter in den Schüttelgläsern<br />

führt den Kindern im Kontrast ästhetischer Klarheit<br />

das positive Zauberhafte vor Augen, mit dem Figuren aus<br />

der Sphäre des Guten in Freude, Fleiß, Glück und Belohnung<br />

der <strong>guten</strong> Taten umgeben sind; der schwarze Glitter<br />

jedoch gehört in den Bereich des Bösen und Dunklen,<br />

des schlechten Charakters, der geprägt ist von Neid, Gier,<br />

Missgunst und Unzufriedenheit.<br />

Doppelstunde<br />

❧ Experimentierphase: freies Erproben des Knetmaterials;<br />

❧ „Knetregeln“ erarbeiten; Plakat erstellen<br />

❧ Verschiedene Formen herstellen;<br />

❧ Benennung der Formen und Körper mit den aus dem<br />

Mathematikunterricht bekannten, geometrischen<br />

Bezeichnungen<br />

Doppelstunde<br />

❧ Fertigkneten der Figuren;<br />

❧ Festkleben der Figuren mit wasserunlöslichem Kleber<br />

auf der Innenseite des Deckels;<br />

❧ Einrühren von weißem Schnee, goldenem oder schwar-<br />

zem Flitter in Spülmittel, dann Einfüllen in das Gläschen<br />

zusammen mit destilliertem Wasser und<br />

Konservierungsmittel (damit das Wasser nicht<br />

eintrübt), Deckel fest aufschrauben;<br />

❧ Verzieren der Deckelaußenseite mit Filzstücken;<br />

evtl. auch ähnlich einem Marmeladen-Etikett<br />

„Frau Holle“– ein Schüttelmärchen von ...“ beschriften;<br />

❧ Ausprobieren der Schüttelgläser<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

47


UnterrichtsprAXis<br />

U<br />

Unterrichtsvorschläge<br />

Motivationsphase/Erarbeitung<br />

Stiller Impuls: Die Schüler und Schülerinnen (SuS) sitzen<br />

im Sitzhalbkreis zentriert vor der Tafel. Der Märchentitel<br />

„Frau Holle“ könnte kalligrafisch ansprechend an die Tafel<br />

geschrieben oder das Bild einer Märchenszene aus „Frau<br />

Holle“ gezeigt werden.<br />

Bei der Motivation durch den „stillen Impuls“ könnte an<br />

der Tafel gesammelt werden, was die SuS schon alles über<br />

das Märchen „Frau Holle“ wissen. Die Lehrkraft könnte entwickelnde<br />

Fragen zur Aufmerksamkeitssteuerung stellen,<br />

z. B. „Woran erkennt man den Zauber?“<br />

Lehrervortrag: Die Lehrkraft könnte den SuS eine gekürzte<br />

Form des Märchens (siehe „Frau Holle“ im Beitrag von Katja<br />

Harbers) im Sitzkreis/Sitzhalbkreis erzählen, da das Originalmärchen<br />

lang ist; freie SuS-Äußerungen zum Märchen;<br />

Hinführung zu den Schwerpunkten <strong>für</strong> die gestalterische<br />

Arbeit, z. B. L: „In der Luft bewegt sich ja in diesem Märchen<br />

allerhand!“ > Schneegestöber, Gold, Pech.<br />

Knetregeln<br />

● Nur kleine Stücke von der Knetmasse nehmen!<br />

● Das Stück durch Kneten weich machen!<br />

● Finger sauber halten, um ungewollte Farbmischungen zu vermeiden!<br />

● Beim Mischen der Farben die Teile gut miteinander verkneten!<br />

● Aus der Grundform „Kugel“ kann man viele andere Formen gestalten!<br />

● Beim Zusammensetzen zweier Formen die Übergänge gut verstreichen!<br />

Erarbeitungsphase<br />

Bei der Betrachtung der Märchenszene könnte ein Gespräch<br />

über die Art der Darstellung der Märchenfiguren erfolgen:<br />

Wie könnte man die Gold- oder die Pechmarie typisieren?<br />

(Gesichtsausdruck, Haltung, Charakterisierung durch Farben).<br />

Die SuS könnten z.B. Farbkärtchen erhalten, die sie der<br />

Gold- oder Pechmarie zuordnen. Dies könnte auch mittels<br />

eines Arbeitsblattes erfolgen. Die Typisierung von Frau Holle,<br />

Goldmarie und Pechmarie könnte an der Tafel in Tabellenform<br />

erfolgen oder mit Wortkarten im Sitzkreis. Es würden<br />

mögliche Merkmale der Figuren besprochen werden.<br />

Nach dem (hier präferierten) Einstieg durch die Märchenerzählung<br />

könnte die Lehrkraft ein selbst hergestelltes<br />

Schüttelglas mit Schnee, jedoch noch ohne Figur zeigen,<br />

damit die Kinder nicht so sehr am Vorbild verhaftet sind,<br />

sondern ihrer eigenen Kreativität folgen. Lehrgespräch:<br />

Welche Märchenszenen aus „Frau Holle“ sich <strong>für</strong> die Gestaltung<br />

eines Schüttelglases eignen. Vermutlich werden<br />

die SuS zuerst die Schnee-Szene nennen, da das gezeigte<br />

Glas auch nur mit Schnee gefüllt ist. Die Lehrkraft zeigt im<br />

Folgenden zwei selbst hergestellte Schüttelgläser ohne Figuren<br />

mit goldenem und schwarzem Flitter, um den SuS<br />

das Schüttelmaterial <strong>für</strong> die beiden anderen Märchenszenen<br />

zu veranschaulichen und dazu erzählen zu lassen.<br />

Nach der thematischen Erarbeitung muss das <strong>für</strong> die Arbeitsphase<br />

benötigte Material gezeigt und sein Gebrauch<br />

besprochen werden. Die Materialien könnten im Sitzkreis<br />

oder frontal gezeigt werden. Da die Experimentierphase<br />

mit der Modelliermasse schon in der vorausgegangenen<br />

Stunde stattfand, müssen die technischen Begebenheiten<br />

(Modelliermasse weich machen, ...) nur noch wiederholt<br />

(siehe vorhandenes Plakat „Knetregeln“) und speziell auf<br />

die Gestaltung der Figuren eingegangen werden (Arme<br />

nicht zu dünn; keine Beine formen, da sonst die Klebefläche<br />

zu klein wäre, Größe der Figur...).<br />

Arbeitsphase<br />

Alle SuS könnten frei eine der Figuren (Frau Holle, Goldmarie<br />

oder Pechmarie) auswählen; oder den Kindern könnten<br />

Märchenfiguren zugeordnet werden.<br />

48 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


UnterrichtsprAXis<br />

Differenzierung: Schnelle SuS könnten weitere Einzelheiten<br />

aus der Märchenszene mit Modelliermasse kneten.<br />

Aspekte zur Ausgestaltung der Figur: Die Arme dürfen<br />

nicht zu dünn sein, da sie leicht brechen. Die Lehrkraft<br />

zeigt ein leeres Glas und den Deckel, damit die SuS erkennen,<br />

dass später die Märchenfigur auf die Deckelinnenseite<br />

geklebt werden soll. Der untere Teil der Figur muss durch<br />

einen bis zum Boden reichenden Rock (Kleid) breit geformt<br />

werden, damit eine sichere, stabile Klebefläche entsteht.<br />

Hinweis durch die Lehrkraft: Frauen trugen früher nur lange<br />

Röcke oder Kleider.<br />

Tafelbild:<br />

Die Lehrkraft zeigt die Kartonscheibe, auf welcher die Kinder<br />

ihre Figur gestalten sollen und die als Maß <strong>für</strong> den<br />

Durchmesser der Figur sowie als Transportmittel dient. Es<br />

wird betont, dass das Glas während des Knetvorgangs im-<br />

mer wieder über die Figur gestülpt werden sollte, um die<br />

Größenpassung zu überprüfen. An dieser Stelle zeigt die<br />

Lehrkraft ein bis zur Hälfte mit Wasser gefülltes Glas, in das<br />

sie ein Messer stellt. Die Kinder sollen erkennen, dass die<br />

Seite des Messers, die in das Wasser ragt, wesentlich größer<br />

wirkt, denn Wasser lässt Dinge größer erscheinen als<br />

sie sind – eine optische Täuschung.<br />

Die Lehrkraft klappt die Tafel auf, auf deren Innenseite die<br />

drei Namen: „Goldmarie“, „Frau Holle“ und „PechmarieE<br />

stehen. Die Kinder sollen nun ganz elementar die Figuren<br />

typisieren (z.B. helle/dunkle Farben, lachendes/trauriges<br />

Gesicht, Accessoires). Die Pechmarie wird im Märchen als<br />

hässlich und die Goldmarie als schön bezeichnet. Die Umsetzung<br />

dieser Merkmale ist schwierig, da jeder eine andere<br />

Vorstellung von hässlich oder schön hat. Die Ideen der Kinder<br />

werden an der Tafel unter die entsprechenden Figuren<br />

notiert.<br />

Goldmarie Frau Holle Pechmarie<br />

❧ schön, liebes Gesicht ❧ alte Frau ❧ hässlich,<br />

missgünstiges Gesicht<br />

❧ lachender Mund,<br />

freundlich<br />

❧ freundlicher Mund<br />

❧ böser Mund, gemein,<br />

grimmig<br />

❧ helle, leuchtende Farben ❧ helle Farben ❧ dunkle Farben<br />

❧ gelb, gold ❧ Haube/Kopftuch ❧ schwarz<br />

❧ lange, blonde Zöpfe ❧ graues Haar ❧ ................<br />

Arbeitsauftrag: Gegebenenfalls erklärt die Lehrkraft, dass<br />

die Schüttelgläser z. B. beim Märchenfest ausgestellt werden<br />

und deshalb von den drei Figuren jeweils gleich viele<br />

vorhanden sein sollen. Deshalb bekommt jedes Kind einen<br />

Märchenbriefumschlag, auf dem entweder das Frau<br />

Holle-Symbol (Schneeflocken), das Goldmarie-Symbol<br />

(Goldregen) oder das Pechmarie-Symbol (Pechregen) <strong>für</strong><br />

die Tischzuweisung zu sehen ist. Das Kind geht dann zum<br />

passenden Gruppentisch mit dem entsprechenden Symbol<br />

bzw. Material und stellt die jeweilige Märchenfigur her.<br />

Eine zufallsorientierte und somit „gerechte“ Zuteilung der<br />

SuS zu den Figurentischen ist durch Kartenziehen möglich.<br />

Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Kinder sich selbst<br />

an die Gruppentische verteilten und wenn einer voll ist,<br />

zum nächsten Tisch gingen.<br />

Arbeitsplatzvorbereitung: Die Lehrkraft weist die SuS auf<br />

die zur Verfügung stehende Arbeitszeit hin, und dass sie<br />

ihren Namen mit Bleistift auf die Kartonscheibe schreiben<br />

sollen. Die Kinder begeben sich zu ihren Plätzen. Die zuvor<br />

durch Tücher (Schutz, Neugierde wecken) abgedeckten<br />

Materialien auf den Gruppentischen (Schutz der Tische<br />

durch Zeitungspapier, Abwischtücher <strong>für</strong> die Finger, vorgeschnittene<br />

Modelliermassestücke in verschiedenen Farben,<br />

stumpfe, breite, stabile Plastikmesser, evtl. Modellierhölzer,<br />

Gläser zur Größenpassung) werden aufgedeckt.<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

49


UnterrichtsprAXis<br />

Den SuS sollten <strong>für</strong> das Kneten mindestens 20 Minuten,<br />

aber bei einer Doppelstunde besser 40 Minuten zur Verfügung<br />

stehen. Schnellere SuS könnten mit Wachsfarben ein<br />

Bild zu ihrer gekneteten Szene malen, welches zusammen<br />

mit dem Schüttelglas ausgestellt wird.<br />

Fünf Minuten vor Ende der Arbeitsphase<br />

gibt die Lehrkraft ein ritualisiertes Klangzeichen<br />

(Triangel) und kündigt die noch<br />

verbleibende Zeit an. Die Kinder sollen<br />

sich so ihre Zeit einteilen und zur Selbstständigkeit<br />

geführt werden.<br />

Präsentationsund<br />

Reflexionsphase<br />

Am Ende der Stunde kommen die SuS in<br />

den Sitzkreis und legen ihre fertigen wie<br />

auch unfertigen Märchenfiguren auf der<br />

Kartonscheibe in den Sitzkreis, in dessen<br />

Mitte ein Tuch als wertschätzender<br />

Präsentationsort ausgelegt wurde. Der<br />

Sitzkreis wurde gewählt, da die Kinder<br />

hier näher beisammen sitzen als beim<br />

Blitzlicht<br />

Knete und synthetische Plastiziermassen<br />

... sind nicht ganz billig, andererseits braucht man <strong>für</strong><br />

solch kleine Figürchen auch keine großen Mengen. Sie<br />

können jedoch im Ofen gebrannt werden und stehen<br />

in verschiedenen Farben zur Verfügung. Sie sollten vor<br />

der Weiterverarbeitung gut durchgeknetet werden,<br />

am besten in kleinen Portionen. Modelliermassen<br />

eines Härtebereiches können miteinander zu neuen<br />

Farbtönen oder marmorartig gemischt werden.<br />

Vor dem Härten trocknen, die modellierten Teile<br />

zunächst 30 Minuten an der Luft. Bei 130° kommt die<br />

Masse <strong>für</strong> ca. eine halbe Stunde in den Ofen. Wird die<br />

Temperatur unterschritten, erhöht sich die Bruchempfindlichkeit.<br />

Es bietet sich das Zusammensetzen aus Einzelteilen<br />

wie Kugeln, Würstchen usw. an. Es kann auch eine<br />

Figur auf eine Platte des Knetmaterials aufgezeichnet,<br />

ausgeschnitten und weiter ausmodelliert werden.<br />

Sitzhalbkreis und die relativ kleinen Figuren gut sehen<br />

können. Durch die Kartonscheibe sind die Schülerarbeiten<br />

namentlich markiert; außerdem wird der Boden vor Knetflecken<br />

geschützt. Eine Besprechung ist nach jeder praktischen<br />

Arbeit sinnvoll und gehört zu einer<br />

ästhetischen Erziehung. Sie dient der Anregung<br />

von Phantasie und Wahrnehmungsfähigkeit.<br />

Die SuS werden zu konstruktiver<br />

Kritikfähigkeit und Toleranz erzogen. Sie<br />

erfahren das Gefühl der Wertschätzung<br />

und können über gemachte Erfahrungen<br />

berichten. Ihre sprachliche Ausdruckskraft<br />

wird geschult. Die Arbeiten werden nach<br />

Märchenfiguren geordnet, dabei werden<br />

die Typisierungsmerkmale wie auch die<br />

Farbwirkung, Stabilität, Größe und Aufklebbarkeit<br />

überprüft, beschrieben, verglichen.<br />

Die Kinder schulen ihre ästhetische<br />

Wahrnehmung und positiv-konstruktive<br />

Kritikfähigkeit wie auch Kritikannahme<br />

bezüglich der Arbeiten im Feedback durch<br />

SuS und Lehrkraft (in der direkten Ansprache<br />

mit „Du“!). Mögliche Abschlussfrage:<br />

Wo wird sich der Schnee oder Flitter wohl<br />

bei den Figuren absetzen? Genügend Aufräumzeit <strong>für</strong> alle<br />

von 5 Minuten einplanen<br />

Zum Weiterlesen<br />

❧<br />

Grimms Märchen (Vollständige Ausgabe Bd. 1), Hrsg. Carl Helbling,<br />

Manesse, Bibliothek der Weltliteratur Zürich 1986.<br />

Kampmann, Lothar: Formen und Modellieren.<br />

Ravensburg: Maier Verlag, 1969.<br />

Kiesel, Manfred: Bildende Kunst in der Grundschule. Ein Handbuch mit<br />

<strong>Anregungen</strong> und Themenvorschlägen <strong>für</strong> die Unterrichtspraxis.<br />

Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag, 1996.<br />

Massenkeil A., Panesar P.: Schneekugeln. Wiesbaden: Englisch Verlag,<br />

1999.<br />

❧<br />

Idee, Unterrichtserprobung, Foto: Jessica Schmidt;<br />

50 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


Zeit<br />

(90 Min.)<br />

10 Min. Einstieg/<br />

Motivationsphase:<br />

Die SchülerInnen sollen<br />

Inhalt und Grundaussage<br />

des Märchens<br />

verstehen können.<br />

Lehr- und Lernschritte<br />

Phasen Geplantes Lehrerverhalten Erwartetes Schülerverhalten Sozialformen Medien<br />

L. sagt den Kindern, dass sie während des Hörens der<br />

Geschichte ihre Augen schließen dürfen.<br />

L. erzählt das Märchen „Frau Holle“ in verkürzter<br />

Form.<br />

L. stellt, falls nötig, Entwicklungsfragen.<br />

Kinder kommen in den Sitzhalbkreis.<br />

SchülerInnen hören zu.<br />

SchülerInnen äußern sich zum Märchen, stellen Fragen.<br />

Sitzhalbkreis<br />

Lehrervortrag<br />

Lehrgespräch<br />

Teppichfliesen<br />

Märchen<br />

15 Min. Erarbeitungsphase:<br />

Die SchülerInnen sollen,<br />

angeregt durch das<br />

Märchen, Ideen <strong>für</strong> den<br />

Inhalt eines Schüttelglases<br />

entwickeln<br />

können.<br />

L. zeigt den Kindern ein selbst gefertigtes „Schnee“-<br />

Glas, noch ohne Figur und schüttelt es.<br />

L. fragt die SchülerInnen nach Märchenszenen aus<br />

„Frau Holle“, die <strong>für</strong> die Gestaltung eines Schüttelglases<br />

in Frage kämen.<br />

Kinder schauen zu, erinnern sich an Schüttelkugeln und<br />

äußern sich dazu, dass der Inhalt (Figur) fehlt.<br />

Kinder nennen Frau Holle im Schneeglas.<br />

Kinder erinnern sich und erzählen die Szenen, als über<br />

Goldmarie Gold und über Pechmarie Pech geschüttet<br />

wird.<br />

Sitzhalbkreis selbst gefertigtes<br />

„Schnee“-Glas<br />

Die SchülerInnen sollen<br />

die Regeln aus dem<br />

voran gegangenen<br />

Knetvorgang der<br />

Experimentierphase<br />

erinner, aufzählen<br />

und beachten können.<br />

Sie sollen Besonderheiten<br />

<strong>für</strong> das Kneten<br />

von Schüttelglasfiguren<br />

nennen und beachten<br />

können.<br />

Die SchülerInnen sollen<br />

eine typengerechte<br />

Ausstattung der Märchenfiguren<br />

erarbeiten.<br />

L. stellt Entwicklungsfragen.<br />

L. zeigt weitere zwei selbst hergestellte Schüttelgläser<br />

(noch ohne Figuren) mit goldenem und<br />

schwarzem Flitter.<br />

L. fragt nach Materialvorschlägen <strong>für</strong> die Figuren.<br />

L. gibt Impulse, falls notwendig.<br />

L. zeigt Modelliermasse und die Plastikmesser.<br />

L. fragt, worauf beim Kneten und Formen zu achten ist.<br />

L. stellt Entwicklungsfragen.<br />

L. zeigt leeres Glas mit Deckel und fragt, wo die Figur<br />

befestigt werden muss.<br />

L. erklärt die Funktion der Kartonscheibe.<br />

L. zeigt ein bis zur Hälfte gefülltes Wasserglas,<br />

in dem ein Messer steht.<br />

L. klappt die Tafel auf, auf deren Innenseite<br />

die Namen der Märchenfiguren „Goldmarie“,<br />

„Frau Holle“ und „Pechmarie“ stehen.<br />

L. notiert Vorschläge der SuS an der Tafel.<br />

Die drei Gläser werden im Halbkreis herumgegeben,<br />

jedes Kind schüttelt ein Glas einmal.<br />

SchülerInnen erinnern sich an die Experimentierphase<br />

der vorangegangenen Stunde.<br />

SchülerInnen erzählen von ihren Erfahrungen mit<br />

der Knetmasse.Kinder erinnern sich an die Knetregeln<br />

(Plakat im Mehrzweckraum)<br />

Kinder nennen Aspekte, die insbesondere <strong>für</strong> das<br />

Kneten von Schüttelglas-Figuren zu beachten sind.<br />

SchülerInnen äußern Ideen, wie sie die Märchenfiguren<br />

typengerecht kneten und formen könnten.<br />

Lehrgespräch zwei selbst hergestellte<br />

Flittergläser<br />

(golden und schwarz)<br />

Platiziermassen<br />

Plastikmesser<br />

Lehrgespräch Plakat im Mehrzweckraum<br />

Klassenunterricht<br />

Glas mit Deckel<br />

Kartonscheibe<br />

Wasser<br />

Messer<br />

Tafel<br />

kompakt<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

51


kompakt<br />

Zeit<br />

(90 Min.)<br />

Lehr- und Lernschritte<br />

Phasen Geplantes Lehrerverhalten Erwartetes Schülerverhalten Sozialformen Medien<br />

Arbeitsauftrag: L. erklärt die Funktion der Gruppentische;<br />

L. gibt Hinweise über die zur Verfügung stehende<br />

Zeit;<br />

L. teilt Briefumschläge mit den Symbolkarten aus;<br />

L. weist die Kinder darauf hin, dass sie am<br />

Gruppentisch ihre Namen auf die Kartonscheibe<br />

schreiben sollen.<br />

45 Min. Arbeitsphase: L. fordert SchülerInnen auf, an ihre Plätze zu gehen<br />

und nimmt die Tücher, die das Material bislang<br />

abdeckten, von den Tischen.<br />

SchülerInnen erhalten einen Umschlag und erkennen<br />

so, an welchem Gruppentisch sie in der Arbeitsphase<br />

sitzen.<br />

Kinder verteilen sich an die Tische.<br />

SchülerInnen markieren ihre Kartonscheibe<br />

mit ihrem Namen.<br />

Briefumschläge mit<br />

Symbolkarten<br />

Einzelarbeit Tücher zum Abdecken<br />

der vorbereiteten<br />

Tische und Materialien<br />

(Schutz, Neugierde)<br />

Die SchülerInnen sollen<br />

eine Figur aus dem<br />

Märchen „Frau Holle“<br />

typengerecht und<br />

phantasievoll kneten<br />

und formen können.<br />

L. beobachtet das Arbeiten der Kinder und hilft<br />

bei auftretenden Schwierigkeiten.<br />

L. gibt mit der Triangel fünf Minuten vor Ende der<br />

Arbeitsphase ein Signal, damit sich die Kinder auf das<br />

Ende voreinstellen können.<br />

L. bittet die Kinder, ihre fertigen wie unfertigen<br />

Figuren in den Sitzkreis zu bringen.<br />

Jedes Kind knetet und formt seine Märchenfigur nach<br />

seinen eigenen Vorstellungen.<br />

Differenzierung:Schnellere SchülerInnen malen mit<br />

Wachsfarben ein Bild zu der gekneteten Szene<br />

(<strong>für</strong> die Ausstellung am „Märchentag“).<br />

Kinder nehmen das Zeichen wahr, teilen sich danach<br />

die noch verbleibende Zeit ein.<br />

Kinder kommen wieder in den Sitzkreis und<br />

transportieren ihre Arbeiten auf der Kartonscheibe<br />

Einzelarbeit<br />

an Gruppentischen<br />

Zeitungspapier<br />

als Unterlage zum<br />

Schutz der Tische,<br />

Wischtücher, Modelliermassenblöcke,<br />

Gläser, Zahnstocher,<br />

Plastikunterlagen<br />

Wachsfarben,<br />

A4-Karton,<br />

Triangel<br />

15 Min. Präsentation/Reflexion:<br />

Die SchülerInnen sollen<br />

die gekneteten Märchenfiguren<br />

beschreiben und<br />

vergleichen können.<br />

L. stellt Entwicklungsfragen und achtet darauf,<br />

dass sachlich über die Schülerarbeiten gesprochen<br />

wird.<br />

SchülerInnen betrachten die Arbeiten und überprüfen<br />

Typisierungsmerkmale.Kinder sprechen über die benutzten<br />

Farben/ Farbmischungen.<br />

Kinder betrachten und äußern sich zu den Arbeiten<br />

im Hinblick auf Stabilität, Größe und Aufklebbarkeit.<br />

Sitzkreis Schülerarbeiten<br />

5 Min. Aufräumen<br />

Die SchülerInnen sollen<br />

über Farben, Formen<br />

und Anordnungen in ihren<br />

Arbeiten sprechen<br />

können.<br />

L. fragt SchülerInnen, wo sich bei den einzelnen<br />

Figuren im Schüttelglas möglicherweise der Schnee<br />

oder Flitter absetzen wird.<br />

SchülerInnen äußern sich dazu.<br />

SchülerInnen gehen wieder auf ihre Plätze.Ein<br />

geeigneter Platz zur Präsentation der Schüttelgläser<br />

auf einem Tuch wird gefunden und wertschätzend<br />

ausgestellt.<br />

Lehrgespräch<br />

im<br />

Klassenplenum<br />

52 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


UnterrichtsprAXis<br />

deUtsch/mUsiK/KUnst | KlAsse 2/3<br />

Kathrin Eckardt<br />

Treffen wir uns am sprechenden Baum?<br />

Kunstunterricht – einfach märchenhaft!<br />

Figuren wie Hexen, Drachen, Könige, Prinzessinnen, Feen, Zauberer, Zwerge und Tiere<br />

können sich die Kinder bei dieser märchenhaften Fantasiereise in ihre eigene Geschichte<br />

hineindenken. Das Element der Verwandlung lässt viel Raum <strong>für</strong> individuelles Fantasieren.<br />

Szenen der Fantasiereise werden im Anschluss in Bildern gemalt und als Grundlage <strong>für</strong> das<br />

Herstellen von Stabpuppen genutzt. Mit den eigenen märchenhaften Figuren wird zum<br />

Abschluss Spontantheater gespielt.<br />

Ich möchte allen Interessierten Lust machen auf das<br />

freie und wilde Basteln, auch Bricolage (franz.) genannt,<br />

das leider nicht annähernd so verbreitet ist wie das Basteln<br />

nach Vorlagen. Grundsätzliche Voraussetzung ist die Verfügbarkeit<br />

verschiedenster Materialien und Werkzeuge in<br />

„Materialschatzkisten“. Die Unterrichtseinheit kann sowohl<br />

fortlaufend in mehreren Stunden durchgeführt werden<br />

oder „projekt“artig in mehreren Unterrichtsblöcken:<br />

❧ A. Phantasiereise und erste Arbeitsphase<br />

(2 Stunden, gut zu kombinieren mit Deutsch)<br />

❧ B. Stabpuppen = zweite und dritte Arbeitsphase<br />

(4–6 Stunden, je nach Klassenstufe)<br />

oder Alternativaufgabe (3 Stunden)<br />

❧ C. Theaterspielen (1–2 Stunden)<br />

Einstieg<br />

Die Lehrkraft führt mit den Kindern eine Fantasiereise durch<br />

(KV 1).<br />

1. Arbeitsphase („Farbskizze“)<br />

Die Kinder bringen ihre inneren Bilder durch eine Farbskizze<br />

zum Ausdruck.<br />

Material: Zeitungspapier als Unterlage, weißes Blatt (Größe<br />

mindestens DIN A3), Jaxonkreiden (farbintensive Öl-<br />

Pastellkreiden, 24 Stück z.B. über ALS Verlag, Gerstaecker<br />

oder Boesner zu beziehen) – alternativ Wachskreiden.<br />

Arbeitsauftrag: „Richte deinen Arbeitsplatz. Lege Zeitungen<br />

aus und hole deine Jaxonkreiden. Du bekommst<br />

nun ein Blatt. Fülle dein Blatt. Male also nicht zu klein.<br />

Male: ❧ Wer hat dich beim sprechenden Baum geweckt?<br />

❧ Wie siehst du aus?<br />

❧ Bist du DU oder bist du verzaubert?“<br />

Vorbereitungen<br />

<strong>für</strong> den Bau von Stabpuppen<br />

Material bereitstellen – Ordnung und Übersicht schaffen<br />

Im Vorfeld sollte ein Materialbrief an die Eltern herausgegeben<br />

werden und neben Abfallmaterialien aus Plastik<br />

und Karton vor allem nach Kochlöffeln, Holzstielen und<br />

langstieligen Pinseln gefragt werden, die <strong>für</strong> die Puppen<br />

verarbeitet werden können.<br />

Gemeinsam können die mitgebrachten und in der Schule<br />

vorhandenen/ gekauften Materialien in Schuhkartons oder<br />

durchsichtige Boxen mit Deckel sortiert und platzsparend<br />

gestapelt werden.<br />

Wenn diese an den Fronten beschriftet sind, können die Kinder<br />

beim Ordnen, Sammeln und Sortieren gut helfen.<br />

Verschiedene Papiere oder Stoffe können in flachen Obstkartons<br />

aus dem Supermarkt gelagert werden.<br />

Grundausstattung <strong>für</strong> die Kinder: Malerkittel, Schere, Klebestift<br />

und flüssiger Klebstoff, <strong>für</strong> die Lehrkraft ein Cutter,<br />

Heißkleber und Patronen, evtl. Holzleim, Krepp-Klebeband,<br />

Pfeifenputzer, Paketschnur.<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

53


UnterrichtsprAXis<br />

Materialien <strong>für</strong> den „Roh-Bau“ der Stabpuppen<br />

Materialien <strong>für</strong> die Ausgestaltung<br />

Holzstäbe (Rundhölzer aus<br />

dem Baumarkt, Pflanzstecken),<br />

Kochlöffel, ausgemusterte<br />

langstielige Malerpinsel,<br />

Klorollen, Küchenrollen,<br />

Eierschachteln, Plastikbecher,<br />

Verpackungen aus Karton,<br />

Pappkarton<br />

Stoff, Knöpfe (zu beziehen<br />

über ALS Verlag – 2. Wahl<br />

– günstig!), Kronkorken,<br />

Korken, Perlen, Papiere<br />

(Krepppapier, Seidenpapier,<br />

Glanzpapier, Tonpapier,<br />

Fotokarton, Wellpappe),<br />

bunte Federn, Holzteile<br />

(zu beziehen über Diehl, ALS – Scheiben, Kugeln gebohrt,<br />

Kegel, gedrechselte Abfallformen)<br />

❧ Aufkleben und Ankleben von Stoff, Wolle und Papieren<br />

durch Flüssigkleber<br />

❧ mit Heißkleber Teile zusammengefügen oder Kleinteile<br />

(Perlen, Kronenkorken etc.) anbringen<br />

Sinnvoll ist es, wenn es eine festgelegte „Heißklebestation“<br />

gibt, zu der die Kinder bei Bedarf gehen. Unbedingt vorab<br />

Sicherheitshinweise geben, keine zu dünnen Materialteile<br />

von den Kindern selbstständig ankleben lassen und<br />

je nach Klassensituation zunächst nur durch die Lehrkraft<br />

bedienen.<br />

Kreatives Arbeiten – „Roh-Bau“ der Puppen<br />

Arbeitsauftrag: „Wähle dir <strong>für</strong> deine Puppe Material aus<br />

den Kisten aus. Probiere aus, welche Dinge sich am Besten<br />

eignen. Überlege dir, wie du die Teile geschickt und<br />

gut haltbar zusammenfügen kannst. Dinge, die du nicht<br />

brauchst, lege <strong>für</strong> die anderen wieder zurück. Brauchst du<br />

Hilfe, so frage zuerst ein anderes Kind. Kommt ihr gemeinsam<br />

nicht weiter, so frage mich.“<br />

Verbundmaterial<br />

Krepp-Klebeband,<br />

Flüssigkleber,<br />

Heißkleber,<br />

Pfeifenputzer, Wolle,<br />

Paketschnur<br />

Während des Arbeitsprozesses gibt die Lehrkraft <strong>Anregungen</strong>,<br />

welche Materialien sich z. B. <strong>für</strong> Arme, Körper, Drachenköpfe<br />

oder Flügel eignen könnten. Die Kinder lernen<br />

so zu den Materialien Assoziationen zu finden und sich <strong>für</strong><br />

die <strong>für</strong> sie passende Ausdrucksform zu entscheiden. Die<br />

Materialkisten <strong>für</strong> die Ausgestaltung der Puppen sind in<br />

diesem Arbeitsschritt noch nicht wichtig. Es ist also noch<br />

nicht erforderlich, sie bereit zu stellen.<br />

2. Arbeitsphase („Expertenschulung“)<br />

Beim Herstellen der Stabpuppen werden die Kinder vielseitig<br />

tätig: abschneiden, einschneiden, ausschneiden, umwickeln,<br />

falten, kleben, knoten/binden/verbinden, lochen,<br />

aufzeichnen, bemalen, bekleben…<br />

Zunächst ist eine „Expertenschulung“ im Sitzkreis oder Kinositz<br />

nötig, um den Kindern Möglichkeiten an die Hand<br />

zu geben, wie einzelne Materialien miteinander verbunden<br />

werden können – ein wichtiger Arbeitsschritt (ca. 15 Min.),<br />

damit das kreative Arbeiten nicht an mangelnder Handlungsfertigkeit<br />

scheitert, wie z. B.:<br />

❧<br />

mit Klebeband Teile zusammenfügen<br />

❧ Kartons und Schachteln durch Einschneiden und<br />

Ineinanderstecken verbinden<br />

3. Arbeitsphase („Puppengestaltung“)<br />

Jetzt kommt die Materialkiste <strong>für</strong> die kreative Ausgestaltung<br />

der Puppen zum Einsatz. Auch hier sollte es eine<br />

„Farbstation“ geben: Joghurtbecher, gefüllt mit Rot, Grün,<br />

Blau, Gelb, Rosa, Lila; Borstenpinsel bleiben in den Bechern<br />

und werden nur <strong>für</strong> diese eine Farbe verwendet. So benötigt<br />

man kein Wasser!<br />

Arbeitsauftrag: „Möchtest du Teile deiner Puppe bemalen,<br />

so dass man die Verpackungsaufschriften nicht mehr sieht,<br />

so benutze zuerst die Farben in den Farbbechern. Solange<br />

die Farbe trocknet, kannst du einem anderen Kind helfen.<br />

Dann wähle aus den Materialkisten Dinge aus, die <strong>für</strong> Augen,<br />

Hände, Flügel, Fell, Federn, Kleidung, Haare, Schmuck<br />

etc. gut geeignet sind. Überlege dir, wie du sie festmachen<br />

kannst.“<br />

54 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


UnterrichtsprAXis<br />

Beispiele <strong>für</strong> Stabpuppen<br />

Nachtfalter<br />

Material <strong>für</strong> den Rohbau:<br />

Kochlöffel, Tonpapier, Wellpappe,<br />

Material <strong>für</strong> die Ausgestaltung:<br />

Federn, Kronenkorken, Perlen <strong>für</strong><br />

die Augen, Pfeifenputzer <strong>für</strong><br />

die Fühler, Jaxonkreiden <strong>für</strong> die<br />

Flügelbemalung, der Mond ist<br />

außer dekorativem Element auch<br />

eine Verkleidung/ Sichtschutz der<br />

spielenden Hand.<br />

Verbundmaterial:<br />

Flüssigkleber, Klebestift, Heißkleber<br />

(<strong>für</strong> Wellpappe und Kronenkorken und Augen)<br />

Zauberer<br />

Material <strong>für</strong> den Rohbau:<br />

Holzstab, Eier karton, Klorollen, Holzkugel,<br />

Spielkegel aus Holz<br />

Drache (ohne Stab)<br />

Material <strong>für</strong> die Ausgestaltung:<br />

Dispersionsfarbe/ Voll-und Abtönfarbe<br />

aus dem Baumarkt <strong>für</strong> deckenden<br />

Farbauftrag, Goldpapier (zweifarbig,<br />

Rückseite Rosa), dünne Pappe <strong>für</strong> die<br />

Hände, Papier <strong>für</strong> die Haare, Federn<br />

Verbundmaterial:<br />

Heißkleber zum Anbringen der Klorollen<br />

am Stab, Flüssigkleber.<br />

Material <strong>für</strong> den Rohbau:<br />

Pappbecher, Medikamentenschachtel aus Karton<br />

Material <strong>für</strong> die Ausgestaltung:<br />

grüne Plakafarbe/ Voll- und Abtönfarbe, Stoff, Glasnuggets<br />

<strong>für</strong> Augen, Pappe <strong>für</strong> Feuer und Flügel, Stoff <strong>für</strong> den<br />

angedeuteten Körper und zugleich<br />

Verkleidung/ Sichtschutz des<br />

spielenden Arms.<br />

Verbundmaterial:<br />

Klebeband <strong>für</strong> Kopf und<br />

Körperverbindung, Heißkleber<br />

<strong>für</strong> Feueraugen, Flüssigkleber <strong>für</strong><br />

Stoff<br />

Die Kinder werden mit ihren Stabpuppen unterschiedlich<br />

schnell fertig werden. Um die Puppen gut zu lagern, werden<br />

sie in eine alte Bodenvase oder einen runden Mülleimer<br />

gesteckt. So stehen sie als märchenhafte Figurensammlung<br />

im Klassenzimmer.<br />

Als Zwischenbeschäftigung dürfen sich fertige Kinder um<br />

die Herstellung des sprechenden Baums kümmern. Als<br />

Grundgerüst dient eine Kartonplatte, auf die eine Holzlatte<br />

mit Heißkleber geklebt wird. So können verschiedene Bäume<br />

entstehen.<br />

In meiner 2. Klasse war der Baum die einzige Kulisse beim<br />

Theaterspielen. Er stand auf einem Tisch, über den ein<br />

grünes Tuch gehängt war, um eine kleine Bühne anzudeuten.<br />

Krönender Abschluss – Spontantheater<br />

Die Kinder bekommen die Aufgabe, sich zu überlegen, wen<br />

sie vielleicht von den Figuren, die jetzt zur Auswahl stehen,<br />

am sprechenden Baum treffen könnten oder ob der sprechende<br />

Baum sie zu irgendjemandem schicken könnte.<br />

Folgende Impulssätze können in DIN-A4-Format an der Tafel<br />

hängen (KV 2):<br />

❧ Wen triffst du am sprechenden Baum?<br />

❧ Was sagt dir der Baum? Was sagst du?<br />

❧ Bekommst du eine Aufgabe oder brauchst du Hilfe?<br />

❧ Wohin willst du? Wer kommt mit?<br />

❧ Wie endet die Geschichte?<br />

Die Kinder finden sich in 2er oder 3er Gruppen zusammen,<br />

um gemeinsam die Rollen zu verteilen und zu üben. Nach<br />

einer Übungsphase kann dann die Aufführung an der kleinen<br />

Bühne (Tisch mit sprechendem Baum) beginnen!<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

55


UnterrichtsprAXis<br />

Alternative – Malen und Collagieren<br />

Für diejenigen von Ihnen, die sich langsam ans „wilde Basteln“<br />

heranwagen möchten, gibt es einen Alternativvorschlag<br />

zu den Stabpuppen. Nach der Fantasiereise kann<br />

direkt eine kombinierte Arbeit aus Malen und Collagieren<br />

angeschlossen werden. Bei dieser Gestaltungsaufgabe<br />

bleibt man im zweidimensionalen Arbeiten. Malmaterial<br />

sind auch hier Jaxonkreiden. Als Papierformat schlage<br />

ich DIN A2 vor. Sinnvoll ist ein Tonpapier oder sogar Fotokarton<br />

zu wählen. Interessant von der Wirkung sind auch<br />

unterschiedliche Farben, da die Jaxonkreiden deckend<br />

malen. Bei solch großformatigem Arbeiten ist es entspannend,<br />

wenn sich einige Kinder auf dem Boden einrichten.<br />

(Zeitungspapier, Jaxonkreiden, Malerkittel und DIN-A2-Papier).<br />

Die Kinder malen sich selbst oder in verwandelter Gestalt<br />

und den sprechenden Baum. Es ist wichtig, die Kinder<br />

darauf hinzuweisen, dass sie formatfüllend arbeiten sollen.<br />

Quer- oder Hochformat entscheidet das Kind <strong>für</strong> sich<br />

selbst.<br />

Im Anschluss gestalten die Kinder ihr Gemälde mit Materialien<br />

aus den Materialkisten (Knöpfe, Pfeifenputzer, Perlen,<br />

Kronkorken, Wolle, Federn) sowie mit Stoffen und unterschiedliche<br />

Papieren aus.<br />

❧<br />

Zum Weiterlesen<br />

❧<br />

Kohlhoff-Kahl, Iris: „Born to be wild“ (wildes Basteln). Grundschulzeitschrift<br />

2007, Heft 202, S. 4-8<br />

Knauf, Tassilo: Bewegung, Wahrnehmung und Gestaltung. In: Topsch,<br />

Wilhelm/Moschner, Barbara (Hrsg.): Schulstart. Didaktische Perspektiven<br />

<strong>für</strong> das erste Schuljahr. Bad Heilbrunn 2008, S. 168-186<br />

Bettina Uhlig: künstlerisch-ästhetische Bildung im Übergang von<br />

Kindergarten zur Grundschule. In: BDK Fachverband <strong>für</strong> Kunstpädagogik<br />

e.V. (Hrsg.): grund schule kunst<br />

56 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


Vorbereitung<br />

Lege deine Arme auf den Tisch<br />

… und deinen Kopf auf die Arme ab.<br />

Suche dir <strong>für</strong> deine Beine einen <strong>guten</strong> Platz<br />

… ausgestreckt oder angewinkelt.<br />

Mache die Augen zu und atme ganz langsam.<br />

Höre nun ganz genau meiner Stimme zu.<br />

Es ist Frühling. Du hörst Vögel zwitschern und die Luft<br />

riecht beim Einatmen gut.<br />

Heute ist ein besonderer Tag. Du merkst, etwas ist<br />

anders, wundersam. Du fühlst dich ganz leicht.<br />

Heute kannst du fliegen.<br />

Du steigst auf in den Himmel und fliegst an Wolken<br />

vorbei. Die Welt siehst du nun von oben. Du beginnst<br />

eine wunderbare Reise… eine Reise zum Zauberwald.<br />

Du hast schon gehört, dort leben Feen, Hexen, Bären,<br />

Drachen und Zwerge, Trolle, Tiere und Pflanzen,<br />

die sprechen können. Du fliegst bis zu einem Stück<br />

Märchenhafte Fantasiereise (KV 1)<br />

Wiese mitten im Wald. Dort steht der<br />

große, alte, sprechende Baum. Du<br />

landest und setzt dich am Baumstamm<br />

hin. Du schläfst ein… Plötzlich kitzelt es<br />

dich am Ohr….<br />

Stelle dir nun vor, wer kitzelt dich? Wer<br />

bist du denn und wie siehst du aus?<br />

Stelle dir alles ganz genau vor. (Pause)<br />

Nun öffne deine Augen.<br />

Strecke dich und rolle deine Schultern. Strecke dich<br />

nochmal. (Pause)<br />

Setz dich aufrecht hin.<br />

Arbeitsauftrag<br />

Du bekommst nun ein Blatt und darfst mit Jaxonkreiden<br />

malen:<br />

● Wer hat dich geweckt?<br />

● Wie siehst du aus?<br />

● Bist du DU oder bist du verzaubert?<br />

konkret<br />

Impulsfragen (KV 2)<br />

1. Wen triffst du am<br />

sprechenden Baum?<br />

2. Was sagt dir der Baum?<br />

Was sagst du?<br />

3. Bekommst du eine Aufgabe<br />

oder brauchst du Hilfe?<br />

4. Wohin willst du?<br />

Wer kommt mit dir?<br />

5. Wie endet die Geschichte?<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

57


UnterrichtsprAXis<br />

spOrt | KlAsse 2/3<br />

Karin Hildenbrand<br />

Bewegte Märchen<br />

Märchen als Basis <strong>für</strong><br />

bewegungsorientierten Sportunterricht<br />

Märchen sind Geschichten, die Kinder immer wieder von Neuem begeistern, verzaubern und<br />

gedanklich in eine fantasievolle Welt entführen. Obwohl Märchen, angefangen von der<br />

mündlichen Überlieferung bis hin zur Verschriftlichung und Umsetzung in Märchenbücher,<br />

Jahrhunderte alt sind, sind sie noch aktuell in unserer heutigen, schnelllebigen,<br />

technokratischen Welt und im Unterrichtsalltag fest verankert. Das Unterrichtsfach<br />

Deutsch bildet im Rahmen von fächerübergreifenden Projekten die Basis und nimmt sich<br />

die Fächer Bildende Kunst, Textiles Werken und Musik meistens zu Hilfe. Doch kann man<br />

auch den Sportunterricht in ein Märchenprojekt einbinden? Ist das denkbar?<br />

Im Folgenden zeige ich anhand von zwei möglichen<br />

Sportstunden (Varianten A und B) auf, wie die thematische<br />

Umsetzung von Märchen im Fach Bewegung, Sport und<br />

Spiel vorstellbar ist.<br />

Name:<br />

KV 1: Bildkarte „Lebkuchenmann“<br />

Märchen und das Bewegungsfeld<br />

„Laufen“ (Variante A)<br />

Ich wählte das Märchen vom Lebkuchenmann <strong>für</strong> eine<br />

3. Klasse im Sportunterricht und koppelte die Geschichte<br />

mit dem Bewegungsfeld „LAUFEN“ und kleinen Spielaufträgen<br />

als Intervalltraining. Diese einstündige Sportstunde<br />

hat sich als sehr bewegungsintensiv und motivierend<br />

gezeigt. Dabei sollten die sportlichen Kompetenzen sowie<br />

die sozialen Handslungsfähigkeiten ihren Platz finden.<br />

Vorbereitung<br />

Die Lehrkraft hängt vor der Sportstunde die Lebkuchenmann-Karten<br />

paarweise an die Wände der Sporthalle und<br />

legt jeweils einen Bleistift dazu.<br />

Einstieg/Erwärmung<br />

Alle Schüler sitzen um einen Kreis in der Mitte der Sporthalle<br />

und ziehen nacheinander eine Bildkarte (KV 1+2:<br />

alte Frau, Lebkuchenmann, Pferd, Kuh, Fuchs), die im Kreis<br />

liegen. Anschließend liest die Lehrkraft das Märchen vom<br />

Lebkuchenmann (Kurzform) vor. Immer wenn der Name<br />

der Figur, die auf der Bildkarte abgebildet ist, vorgelesen<br />

wird, bewegen sich die Kinder auf verschiedene Fortbewegungsarten<br />

zur Hallenwand und wieder zurück zum Kreis.<br />

Alte Frau: vorwärts humpelnd (Nachstellschritte in<br />

gebeugter Haltung), dabei rechte Hand auf rechtes<br />

Knie gestützt<br />

58 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦<br />

UnterrichtsprAXis<br />

Lebkuchenmann: schnelles Laufen<br />

Kuh: rückwärts laufen<br />

Pferd: Pferdchensprünge<br />

Fuchs: Seitkreuzschritte<br />

Hauptteil<br />

Die Schüler gehen paarweise durch Abzählen, Bildkarten<br />

ziehen (gleiche Bildkarten gehören zusammen) oder selbst<br />

einen Partner finden, zusammen.<br />

Alle Bildkarten liegen wieder verdeckt im Kreis. Die Karten<br />

mit dem Lebkuchenmann werden entfernt und können<br />

durch andere Bildkarten ersetzt werden.<br />

Die Schülerpaare entscheiden sich, wer von beiden der Lebkuchenmann<br />

ist. Dieser stellt sich an der Lauflinie auf. Der<br />

Partner zieht eine Bildkarte, nennt die Figur und die Verfolgungsjagd<br />

in der entsprechenden Fortbewegungsart beginnt.<br />

Die Paare laufen eine Runde. Wird der „Lebkuchenmann“<br />

nicht gefangen, erhält dieser einen Punkt. Fängt der Verfolger<br />

den Lebkuchenmann, bekommt der Verfolger einen Punkt.<br />

Die Schüler tragen nach jeder Runde ihre Punkte durch<br />

Striche selbst auf ihren Karten (Lebkuchenmann) ein, die<br />

an den Wänden hängen. Danach wechseln die Paare ihre<br />

Positionen und eine neue Runde wird gelaufen.<br />

Einst backte eine alte Frau einen Lebkuchenmann.<br />

Nachdem er gebacken war, öffnete die alte Frau die<br />

Backofentür und der Lebkuchenmann<br />

rannte weg. Er sprach: „Renn so schnell,<br />

wie du kannst, aber du kannst mich<br />

nicht fangen, ich bin der Lebkuchenmann!“<br />

Bald traf der Lebkuchenmann eine<br />

Kuh. „Halt, kleiner Mann!“, muhte die<br />

Kuh. „Du siehst sehr lecker aus!“ Aber<br />

der Lebkuchenmann rannte nur noch<br />

schneller und die Kuh rannte ihm hinterher.<br />

Doch die Kuh konnte den Lebkuchenmann<br />

nicht fangen.<br />

Auf einer Koppel traf der Lebkuchenmann ein Pferd.<br />

„Halt!“, rief das Pferd, „ich bin hungrig, bleib stehen,<br />

ich will dich fressen!“ Doch der Lebkuchenmann lief<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

Schluss/Entspannung<br />

Der Fuchs hält seinen Mittagsschlaf und verdaut den Lebkuchenmann:<br />

Alle Kinder liegen in Bauchlage im Kreis,<br />

dazu lasse ich leise Meditationsmusik laufen. Wer möchte,<br />

schließt die Augen.<br />

Am Ende der Unterrichtsstunde überreicht der Lehrer den<br />

Kindern die „Lebkuchenkarte“ mit ihren Punkten und lobt<br />

sie <strong>für</strong> ihren Einsatz.<br />

Märchen in Bewegung –<br />

ein Stationenbetrieb (Variante B)<br />

Eine Variante B wäre es, bedeutende Szenen mehrerer Märchen<br />

in Bewegung umzusetzen. Dazu eignet sich am besten<br />

der Sta tionenbetrieb als Unterrichtsform.<br />

Durchführung<br />

Das Märchen vom Lebkuchenmann<br />

Einstieg: Am Stundenanfang wird der Geräteaufbau mit den<br />

Schülern besprochen. Dazu gibt es einen Hallenplan (Übersicht<br />

aller Stationen), Stationsnummern und Stationskarten.<br />

Vorbereitung: Die Kinder bilden Gruppen und bauen an<br />

Hand der Pläne ihre Stationen selbstständig auf. Gruppen,<br />

die mit ihrem Aufbau bereits fertig sind, helfen den anderen<br />

Kindern.<br />

❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦<br />

noch schneller. Das Pferd galoppierte hinterher, konnte<br />

aber den Lebkuchenmann nicht fangen.<br />

Schließlich traf er einen Fuchs. Dieser<br />

wollte mit dem Lebkuchenmann reden.<br />

Aber der Lebkuchenmann rannte fort. Der<br />

schlaue Fuchs rannte ihm hinterher, bis<br />

sie an einen Fluss kamen. Der Lebkuchenmann<br />

war ratlos. Der schlaue Fuchs bot<br />

ihm an, ihn über den Fluss zu tragen. Der<br />

Lebkuchenmann sprang auf den Schwanz<br />

des Fuchses, dann auf seinen Rücken<br />

und schließlich auf die Nase. Als sie das<br />

andere Ufer des Flusses erreichten, warf<br />

der Fuchs seinen Kopf nach hinten und<br />

schleuderte den Lebkuchenmann hoch in die Luft. Der<br />

Fuchs schnappte den Lebkuchenmann und fraß ihn auf.<br />

Das war das Ende des kleinen Lebkuchenmanns.<br />

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59<br />

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❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧<br />

konkret<br />

❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧<br />

Stationenbetrieb: Auf jeder Stationskarte („Märchenkarte“<br />

1–4 vergrößern und laminieren) ist die Bewegungsaufgabe<br />

erklärt. Je nach Voraussetzungen und Vorkenntnissen können<br />

die Schüler die Märchenaufgaben selbstständig erlesen, besprechen<br />

und in der Gruppe durchführen. Bei Klassen, die mit<br />

dieser Methode noch nicht vertraut sind, empfiehlt es sich,<br />

die Bewegungsaufgaben an den einzelnen Stationen zu besprechen<br />

und zu zeigen.<br />

Der Stationenbetrieb wird zeitlich festgelegt. Ein akustisches<br />

Signal regelt den Stationswechsel entsprechend der Nummern.<br />

Für diese „Märchensportstunde“ sollte eine Doppelstunde<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Abschluss: Kurze Rückmeldung über den „Anstrengungsgrad“<br />

der einzelnen Stationen, dann räumen die Kinder ihre<br />

Märchenstationen wieder auf.<br />

Hänsel und Gretel<br />

Sie verirren sich im Wald<br />

und kommen an ein<br />

Lebkuchenhäuschen.<br />

Station<br />

❶<br />

Die Schüler bewegen sich paarweise an der Hand haltend<br />

auf verschiedene Fortbewegungsarten durch den „Stangenwald“.<br />

Auf dem Hinweg legen sie Sandsäckchen (Kieselsteine)<br />

aus und sammeln diese auf dem Rückweg wieder ein.<br />

Diese Station könnte man auch mit Rollbrettern durchführen,<br />

was bei den Schülern eine höhere Motivation<br />

hervorruft. Doch sollten die Schüler bereits Erfahrungen<br />

im Umgang mit dem Rollbrett gesammelt haben und die<br />

Gefahrenquellen kennen.<br />

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Schneewittchen<br />

Station<br />

❷<br />

Sie flieht vor der bösen<br />

Königin in den Wald und<br />

läuft über die sieben Berge<br />

zu den sieben Zwergen.<br />

Hier bietet sich eine Hindernisbahn, bestehend aus Kästen<br />

und Böcken, an. Die Schüler versuchen geschickt und<br />

ideenreich die Hindernisse zu überwinden.<br />

Eine innere Differenzierung kann durch Bewegungshilfen<br />

sowohl <strong>für</strong> Schwächere als auch <strong>für</strong> die <strong>guten</strong> Sportler angeboten<br />

werden. Für die einen ist der Impuls oder die Hinzunahme<br />

bzw. Wegnahme eines weiteren Gerätes eine Hilfe,<br />

<strong>für</strong> die anderen kann es eine Herausforderung darstellen.<br />

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Aschenputtel<br />

Station<br />

❸<br />

Aschenputtel sortiert die<br />

Linsen aus der Asche:<br />

Die Guten kommen ins Töpfchen,<br />

die Schlechten ins Kröpfchen.<br />

In einem Kastenteil liegen viele Tennis- und Tischtennisbälle<br />

(Linsen), die voneinander getrennt werden sollen. Jeder<br />

Schüler darf nur einen Ball nehmen und legt ihn in einem<br />

kleinen Kasten ab. Gemeinsam wird diese Bewegungsaufgabe<br />

durchgeführt, so bleibt jeder in Bewegung.<br />

Sind alle Bälle in den beiden kleinen Kästen und das Kastenteil<br />

ist leer, kommt die Stiefmutter (z.B. Lehrkraft) und<br />

schüttet alle Bälle (Linsen) wieder in die Asche (Kastenteil)<br />

zurück. Nun beginnen die Schüler erneut die Aufgabe des<br />

Aschenputtels zu übernehmen.<br />

Der Froschkönig<br />

Station<br />

❹<br />

Der Frosch holt <strong>für</strong> die<br />

Prinzessin die goldene Kugel<br />

aus dem Brunnen.<br />

Die Schüler hüpfen nacheinander von einer festgelegten<br />

Linie aus zu einem kleinen Kasten (Brunnen). Dort entnimmt<br />

der Schüler einen Tennisball und transportiert<br />

diesen mit Froschsprüngen zurück und übergibt den Ball<br />

dem nächsten Kind.<br />

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Rapunzel<br />

Station<br />

❺<br />

Rapunzel lässt ihr Haar<br />

herunter, damit der Prinz<br />

an ihrem Zopf emporklettern<br />

kann, um sie zu retten.<br />

Vor einer aufgeklappten Sprossenwand wird eine senkrecht<br />

gestellte Weichbodenmatte mit Seilen befestigt.<br />

An der oberen Stange der Sprossenwand sind 2 Seile angebracht,<br />

die über die senkrecht gestellte Matte hängen.<br />

Hinter der Sprossenwand liegt eine Weichbodenmatte.<br />

Die Schüler versuchen mit Hilfe des Seiles über die Weichbodenmatte<br />

hochzuklettern und die Sprossenwand zu<br />

überqueren. Haben sie das geschafft, dürfen sie auf die unten<br />

liegende Weichbodenmatte springen oder können die<br />

Sprossenwand auf der Rückseite hinunter klettern.<br />

60 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


Bildkarten „Bewegte Märchen“ (KV 2)<br />

konkret<br />

Grafiken: A. Bienefeld<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

61


BUchtipps<br />

Birgitta Reddig-Korn<br />

Altbewährt und heiß geliebt …<br />

Gelesen und begeistert …<br />

Irina Korschunow<br />

Kleiner Pelz<br />

dtvjunior 2010,<br />

11.A u fl a g e<br />

Mario Ramos<br />

Der Wolf im Nachthemd<br />

Moritz Verlag 2012<br />

D en „Findefuchs“ kennen Sie bestimmt, und dass „Hanno“<br />

sich einen Drachen malt, ist Ihnen sicher auch nicht neu.<br />

Aber kennen Sie auch den kleinen Pelz – DEN kleinen Pelz, halb<br />

Menschenkind, halb Tierjunges, der mit seiner Mutter im Wald<br />

wohnt, sich mit schrecklicher Verwandtschaft, der Brümmeltante!!<br />

herumschlagen muss, der Elfen, einen Wassergeist und<br />

zum Schluss, nach einem großen mutigen Schritt, wieder einen<br />

neuen Freund findet?<br />

Kennen Sie ihn noch nicht, dann sollten Sie sich aufmachen<br />

und der Freund oder die Freundin des kleinen Waldwesens<br />

werden.<br />

Oder Sie sollten zumindest da<strong>für</strong> sorgen, dass seine Geschichte<br />

in Klassenzimmern oder zu Hause auf Bettkanten und Sofas<br />

bekannt wird, so dass möglichst viele Kinder in kleinem Pelz einen,<br />

zumindest zeitweiligen, neuen Freund finden.<br />

Dies ist nicht schwer, denn Irina Korschunov schreibt so, dass<br />

man den Wald riechen, das Brümmeln der Tante schmerzvoll<br />

hören, die schwarze Glätte des Teiches sehen und das Fell von<br />

kleinem Pelz fühlen kann. Und dies gelingt ihr in einer einfachen,<br />

literarischen und kindgemäßen Sprache.<br />

Hand in Hand lässt sie die kindlichen Leser mit kleinem Pelz gehen,<br />

zügig, Schritt <strong>für</strong> Schritt in den Wald durchs grüne Tor, mit<br />

einem großem Sprung ins Wasser, mit starken Flügelschlägen<br />

durch die Luft – dem Größerwerden entgegen.<br />

„Kleiner Pelz“ – eine Geschichte über einen Entwicklungs- bzw.<br />

Reifungsprozess, bei der die Kinder daran und dabei im besten<br />

Sinne mitwachsen, hat bereits viele Leser – und noch mehr<br />

verdient!<br />

Die Geschichte erinnert an Grimms Rotkäppchen und der<br />

Wolf und beginnt, wie Rotkäppchen und der Wolf beginnen<br />

muss: Der Wolf begegnet Rotkäppchen, verspürt Hunger und<br />

beschließt, dass seine Mahlzeit heute aus Vorspeise und Hauptgang<br />

bestehen soll: Rotkäppchen und die Großmutter werden<br />

die Hauptbestandteile seines überaus leckeren Menüs sein!<br />

Leider kommt es anders als erwartet. Anstatt sich dem Verzehr<br />

eines üppigen Mahles hinzugeben, erliegt er den Verlockungen<br />

eines Nachthemds! Er schlüpft in dasselbe der Großmutter und<br />

sperrt sich anschließend dummerweise aus!<br />

Während er zappelnd versucht, sich des Nachthemds zu entledigen,<br />

was ihn zusehends mehr ärgert, begegnet er zahlreichem,<br />

dem kundigen Märchenleser allzu bekanntem Märchenpersonal,<br />

vom Jäger über die drei kleinen Schweinchen, den singenden<br />

Zwergen, einem edlen Prinzen und nicht zuletzt seiner Himbeere,<br />

seiner Johannisbeere, seiner Kirsche – dem Rotkäppchen.<br />

Alle grüßen den Wolf im Nachthemd fröhlich: „Hallo Großmutter!<br />

Wenn Sie den Wolf sehen, sagen Sie uns Bescheid!“<br />

Was so ein Nachthemd alles macht! Vor allem, wenn es so<br />

hübsch rosa, gepunktet und mit Rüschen versehen ist!<br />

Wild entschlossen seinen Status als Großmutter aufzugeben,<br />

gibt er sich Rotkäppchen furchterregend zu erkennen. Leider<br />

reagiert dieses anders als vom großen bösen Wolf erwartet… !<br />

Ramos spielt in dieser Geschichte mit der Anlage des klassischen<br />

Märchens, modernisiert die Dialoge, stattet Rotkäppchen<br />

mit Selbstbewusstsein und Intelligenz aus und sorgt so<br />

<strong>für</strong> Lesevergnügen auf mehreren Ebenen.<br />

„Der Wolf im Nachthemd“ ist herrlich schräg und eignet sich<br />

zuallererst als vergnügliches Vorlese-Bilderbuch und dann,<br />

an zweiter Stelle, im schulischen Kontext wunderbar als Vergleichstext<br />

zu Grimms „Rotkäppchen und der Wolf“.<br />

62 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


2 | 2012<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong><br />

AUtOrinnen Und AUtOren<br />

„Eine Zeitschrift<br />

ist nur so gut<br />

wie ihre<br />

Autorinnen<br />

und Autoren . . .“<br />

Die Herausgeberinnen<br />

Die Herausgeberinnen<br />

Beate Weiß<br />

unterrichtet als Lehrerin an der Schillerschule<br />

Ettlingen sowie am Staatlichen<br />

Seminar <strong>für</strong> Didaktik und Lehrerbildung<br />

Pforzheim (GHWRS). Sie ist Autorin im<br />

Bereich Kinderbüchr und Unterrichtshandreichungen.<br />

Dr. Birgitta Reddig-Korn<br />

lehrt an der Pädagogischen Hochschule<br />

Karlsruhe am Institut <strong>für</strong> Deutsche<br />

Sprache und Literatur im Bereich Lesedidaktik<br />

und Kinder- und Jugendliteratur.<br />

Sie ist Autorin und Herausgeberin<br />

zahlreicher didaktischer Materialien zur<br />

Unterrichts praxis.<br />

Yvonne Bisson<br />

ist Lehramtsanwärterin an der Wernner-von-Siemens-GHWRS<br />

Karlsruhe. Sie<br />

verbrachte zwei Auslandssemester in<br />

Neuseeland und Frankreich. Frau Bisson<br />

veröffentlichte verschiedene Materialien<br />

zur Kinderliteratur im Unterricht.<br />

Katja Harbers<br />

ist Lehrerin an der Südendschule Karlsruhe<br />

und Fachleiterin am Staatlichen Seminar<br />

<strong>für</strong> Didaktik und Lehrerbildung Pforzheim<br />

(GHWRS) mit Schwerpunkt Musik.<br />

Anna-Lena Hauck<br />

ist Lehramtsanwärterin an einer Grundschule<br />

in Rheinstetten und Lehrbeauftragte<br />

an der Päd. Hochschule Karlsruhe.<br />

Sie publiziert zu Literatur- und Philosophieunterricht/Theaterpädagogik<br />

und<br />

übersetzt Kinderbücher ins Englische.<br />

Karin Hildenbrand<br />

ist Sportpädagogin und Lehrerin an der<br />

Eichelbergschule (GS) Gaggenau. Sie unterrichtet<br />

als Klassenlehrerin die Klassenstufen<br />

3/4 und betreut als Mentorin Lehramtsanwärter<br />

im 2. Ausbildungsabschnitt.<br />

Dr. Christopher Korn<br />

ist Schulrat am Staatlichen Schulamt<br />

Karlsruhe und Lehrbeauftragter am KIT,<br />

Institut <strong>für</strong> Allgemeine Pädagogik.<br />

Kirsten Krefft<br />

ist Lehrerin an der Schillerschule GWRS<br />

Ettlingen. Sie betreut Studentengruppen<br />

der PH Karlsruhe im Tages fachpraktikum<br />

Französisch sowie Lehramtsanwärter und<br />

ist Kooperationslehrerin an Kindergärten.<br />

Constanze Velimvassakis<br />

ist Lehrerin an der Bachschloss-Schule<br />

GWRS in Bühl, Fachberaterin des Staatlichen<br />

Schulamts Rastatt (Deutsch) und<br />

Autorin von didaktischen Materialien<br />

verschiedener Verlage.<br />

Dr. Heinz Risel<br />

ist Akademischer Rat am Institut <strong>für</strong> deutsche<br />

Sprache und Literatur an der Pädagogischen<br />

Hochschule Karlsruhe. Zuvor<br />

war er 20 Jahre lang Lehrer an Grund- und<br />

Hauptschulen.<br />

Kathrin Eckardt<br />

ist Lehrerin an der Silcherschule in Kornwestheim,<br />

Fortbildnerin im Bereich Kunst<br />

am SSA Ludwigsburg, betreut seit mehreren<br />

Jahren Student/-innen und Referendar/-innen<br />

im Grundschulbereich und ist<br />

als Autorin <strong>für</strong> verschiedene Verlage tätig.<br />

Annika Werner<br />

studiert an der Pädagogischen Hochschule<br />

Karlsruhe Europalehramt Eng lisch<br />

(Schwerpunkt Grundschule). Sie absolvierte<br />

ein Studiensemester an der NTU<br />

Nottingham und ein Erasmus-Praktikum<br />

an einer englischen Grundschule.<br />

Johanna Sänger<br />

ist Lehrerin an der Grundschule Dürnau-<br />

Gammelshausen und leitet Projekte und<br />

Seminare zu Märchen im schulischen und<br />

außerschulischen Bereich. Sie ist Mitglied<br />

in der Europäischen Märchengesellschaft<br />

(EMG), Systemische Therapeutin und<br />

Beraterin (SG) in eigener Praxis.<br />

Malena Hartmann<br />

unterrichtet die Eingangsklassen der<br />

Schillerschule GWRS Ettlingen und ist<br />

Kooperationslehrerin an mehreren Kindergärten<br />

der Stadt. Sie ist Mentorin von<br />

Referendaren und Studenten.<br />

Jessica Schmidt<br />

ist Lehrerin an der Grundschule in Büchenau<br />

und unterrichtet vorwiegend die<br />

Klassenstufen 3/4; Schwerpunkt: Fächerverbund<br />

Mensch, Natur und Kultur.<br />

Märchenhaftes<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />

63


VOrschAU<br />

3 | 2012<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong><br />

Bindungen–<br />

das Eigene, das Gemeinsame, das Andere<br />

Liebe Leserin, lieber Leser!<br />

Wir freuen uns, Ihnen das dritte KONFEKT-Heft unter dem<br />

Leitthema „Bindungen – das Eigene, das Gemeinsame, das<br />

Andere“ ankündigen zu dürfen. Die Inhalte des Heftes greifen<br />

aktuelle Themen wie Individualisierung, Gemeinschaft<br />

und soziale Kompetenz, Inklusion und Multikulturalität <strong>für</strong><br />

den Schulalltag und Ihre Unterrichtspraxis auf.<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong><br />

3 | 2012<br />

Um KONFEKT Nr. 4 „Zeichen & Symbole“ bis Januar 2013<br />

konkret werden zu lassen, bedarf es der Mitarbeit engagierter<br />

Lehrerinnen und Lehrer, die als Fachleute aus der Praxis<br />

zum Gelingen dieses spektrenreichen Heftes beitragen.<br />

Sollten Sie Interesse an einer Autorenschaft haben, dann<br />

setzen Sie sich doch hinsichtlich einer genaueren Absprache<br />

mit uns in Verbindung.<br />

Selbstverständlich können Sie auch zuerst unverbindliche<br />

Auskünfte zu einer eventuellen Mitarbeit und deren Honorierung<br />

erhalten.<br />

Mit den besten Grüßen<br />

Dr. Birgitta Reddig-Korn<br />

b.reddig-korn@edu-art.de<br />

Beate Weiss<br />

bmweiss@kabelbw.de<br />

Impressum<br />

Herausgeberinnen/Redaktion<br />

Dr. Birgitta Reddig-Korn und Beate Weiß<br />

Verlag<br />

Neckar-Verlag GmbH • Postfach 1820 • 78008 Villingen-<br />

Schwenningen • Fax 07721 8987-50 • www.neckar-verlag.de<br />

service@neckar-verlag.de, bestellungen@neckar-verlag.de<br />

Verlagsleitung: Ruth Holtzhauer, Beate Holtzhauer<br />

Verlagsherstellung: Bernd Ade, Tel. 07721 8987-21<br />

Grafische Konzeption<br />

bienefeld design<br />

www.bienefeld-design.de und Beate Weiss<br />

Titelgrafik: © chuwy@istockphoto.com/Bienefeld<br />

Anzeigen<br />

Uwe Stockburger, Neckar-Verlag GmbH, Tel. 07721 8987-71<br />

Abonnement/Einzelbezug<br />

ISSN 2193-5866, ISBN 978-3-7883-0456-0<br />

Lief. 2 | 2012, 64 Seiten, Best.-Nr. 21-2012-02<br />

Einzelpreis: 14,90 Euro, Abonnementspreis: 12,80 Euro<br />

Nachdruck einzelner Beiträge, auch auszugsweise, nur mit<br />

Ge neh migung des Verlags. Dies gilt auch <strong>für</strong> die Verarbeitung,<br />

Vervielfältigung oder Verbreitung unter Verwendung<br />

elektronischer Systeme.<br />

Druck<br />

Bauroffset, 78056 VS-Schwenningen, www.bauroffset.de<br />

64 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012


Rhythmisierung<br />

als Unterrichtsprinzip<br />

Silben und<br />

Sprachrhythmus<br />

Jahreskreis<br />

Phasen<br />

Wahrnehmen<br />

Uhrzeiten<br />

Wortbausteine<br />

<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong><br />

1 | 2012<br />

KONFEKT Nr. 1<br />

Rhythmisierung<br />

als Unterrichtsprinzip<br />

Best.-Nr. 978-3-7883-0455-3

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