Konfekt - Anregungen für guten Grundschulunterricht Konfekt - Anregungen für guten Grundschulunterricht (Vorschau)
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Märchenhaftes<br />
Der Märwert<br />
von Märchen<br />
Frau Holles Zauber<br />
Bewegte<br />
Märchen<br />
Meister<br />
Isegrimm<br />
Resilienzforschung<br />
Little Red Riding Hood<br />
Le Petit Chaperon Rouge<br />
12 7<br />
3<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong><br />
2 | 2012
2 | 2012<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong><br />
editOriAl<br />
Märchenzeit<br />
Wenn im Wald die Zwerge lachen,<br />
und im Schloss die Watschen krachen,<br />
wenn‘s am Hexenhäuschen knispert,<br />
und im Tann Schneewittchen wispert,<br />
wenn am Teich der König quakt,<br />
und im Turm Prinzesschen klagt,<br />
wenn um’s Feuer Stilzchen rumpelt,<br />
und der Stein im Wolfsbauch pumpelt,<br />
dann hört und lauscht<br />
und lest und schreibt,<br />
denn jetzt ist wieder... (na ja)<br />
Märchenzeit!<br />
B. Weiß<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser!<br />
KONFEKT!<br />
Rückmeldungen aus unserer Leserschaft<br />
bestätigen das KONFEKT-Konzept aus<br />
praxiserprobten und theoretisch fundierten<br />
Beiträgen rund um die Unterrichtspraxis,<br />
insbesondere durch solche<br />
Stimmen: „20 Jahre liegt nun meine Lehrerausbildung<br />
zurück, aber ich kann nicht<br />
jede pädagogische oder fachdidaktische<br />
Neuveröffentlichung lesen oder an sämtlichen<br />
Fortbildungen teilnehmen. Wenn<br />
du nicht einen Junglehrer betreust, geht<br />
manche Weiterentwicklung an dir vorbei.<br />
Du machst vieles in einer Mischung<br />
aus Wissen, Routine und Erfahrung und<br />
bist dann guter Dinge, in einem Heft wie<br />
KONFEKT dieses ,Bauchgefühl‘ theoretisch<br />
begründet zu sehen.“<br />
Genau dies soll KONFEKT leisten: eigenes<br />
Wissen und Tun durch essentielle<br />
Informationen aus Pädagogik und<br />
Fachdidaktiken bestätigen, auffrischen<br />
und erweitern. Ihr bewährtes Unterrichtshandeln<br />
mit neuen Ideen und<br />
Forschungsansätzen vernetzen und<br />
zum Ausprobieren verlocken.<br />
MÄRCHEN?<br />
Im Dezember 2012 jährt sich das Bestehen<br />
der Grimms Märchen zum 250.<br />
Mal und 2013 wird „Grimm-Jahr“. Worin<br />
aber liegt aktuell der „Märwert“ alter<br />
Mären?<br />
Märchen wirken erzieherisch hinsichtlich<br />
Wertevermittlung, Moralbildung<br />
und Verhältnislernen, denken wir an<br />
Rotkäppchen („Geh nicht mit fremden<br />
Männern!“) oder an die sieben Geißlein<br />
(„Lass die Tür ja zu!“). Märchen fördern<br />
Literarisches Lernen beim Entdecken<br />
der typischen Textstrukturen und des<br />
Sprachduktus. Märchen transportieren<br />
Kulturgut eines Kulturkreises. Märchen<br />
stecken die Koordinaten der Rechtsstaatlichkeit<br />
ab und setzen Überlegungen<br />
zu Recht und Unrecht in Gang.<br />
Märchen stärken die Persönlichkeit<br />
und psychologische Kompetenz laut<br />
Resilienzforschung.<br />
Märchen boomen, Märchen haben<br />
Bestand und Gehalt. Als Kraftfutter <strong>für</strong><br />
(Kinder-)Gehirne in der Potenz von<br />
Generationen erneuern sie durch hohen<br />
sprachlichen Symbolgehalt und<br />
ausdrucksstarke „innere Bilder“ Vorstellungswelten<br />
von menschlicher Gemeinschaft.<br />
Sie besitzen kreative und<br />
strukturierende Kraft. Gründe genug,<br />
ihnen ein ganzes Heft zu widmen!<br />
Viel Freude und Erfolg beim Lesen und<br />
Ausprobieren!<br />
Dr. Birgitta Reddig-Korn | Beate Weiß<br />
Foto: Gaiser Think Virtual Karlsbad<br />
Märchenhaftes<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
1
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
Märchenhaftes<br />
herausgegeben von Birgitta reddig-Korn und Beate Weiß<br />
leitGedAnKen<br />
4<br />
Bewährte Märchen<br />
Der Märwert von Märchen<br />
Christopher Korn<br />
GrUndleGendes zUm themA<br />
7<br />
Märchen – Kraftfutter <strong>für</strong><br />
Kindergehirne<br />
Bekanntes aus den „alten Zeiten“<br />
Johanna Sänger<br />
UnterrichtsprAXis<br />
10<br />
MNK, Klasse 3/4<br />
Meister Isegrimm ist wieder da!<br />
... mehr als nur<br />
der böse Märchenwolf ...<br />
Unterrichtseinheit <strong>für</strong> den Fächerverbund MNK<br />
Constanze Velimvassakis<br />
15<br />
Deutsch, Klasse 3/4<br />
So niedlich und klein ...<br />
Märchenwörter auf -chen und -lein<br />
Heinz Risel<br />
19<br />
Deutsch, Klasse 1/2<br />
Präsentieren üben<br />
in der Eingangsstufe<br />
Übung macht den Meister<br />
Malena Hartmann<br />
2 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
inhAlt<br />
26<br />
Englisch, Klasse 3/4<br />
„It’s time for a fairy tale!“<br />
Märchenerzählen durch Storytelling<br />
im Englischunterricht der Grundschule<br />
Annika Werner<br />
30<br />
Englisch/Französisch, Klasse 3–6<br />
„Mirror, mirror on the wall …<br />
miroir, miroir en bois d’ébène …“<br />
Fremdsprachenlernen im Märchenland<br />
Yvonne Bison, Anna-Lena Hauck<br />
35<br />
Französisch/Englisch, Klasse 3/4<br />
„Le Petit Chaperon Rouge“ &<br />
„Little Red Riding Hood“<br />
Rotkäppchen im Fremdsprachenunterricht<br />
der Grundschule<br />
Kirsten Krefft<br />
Übersetzung ins Englische: Anna-Lena Hauck<br />
41<br />
Darstellendes Spiel: Deutsch/Musik/Kunst, Klasse 3/4<br />
Frau Holle als Schattenspiel<br />
Eine fächerverbindende Arbeit<br />
Katja Harbers<br />
47<br />
Deutsch/Musik/Kunst, Klasse 2/3<br />
Frau Holles<br />
Schüttelzauber<br />
im Glas<br />
Märchenfiguren kneten<br />
Jessica Schmidt/Beate Weiß<br />
53<br />
Kunst, Klasse 2/3<br />
Treffen wir uns am<br />
sprechenden Baum?<br />
Kunstunterricht – einfach märchenhaft!<br />
Kathrin Eckardt<br />
58<br />
Sport, Klasse 2/3<br />
Bewegte Märchen<br />
Märchen als Basis <strong>für</strong><br />
bewegungsintensiven Sportunterricht<br />
Karin Hildenbrand<br />
62<br />
Bücher, die uns am<br />
Herzen liegen<br />
Buchtipps<br />
Birgitta Reddig-Korn<br />
63<br />
Impressum<br />
Autorinnen, Autoren und Herausgeberinnen<br />
<strong>Vorschau</strong> auf das nächste Heft<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
3
leitGedAnKen<br />
Christopher Korn<br />
Bewährte Märchen<br />
Warum der Märwert nie aus der Mode kam<br />
„Tiefere Bedeutung liegt in dem Märchen meiner Kinderjahre als in der Wahrheit,<br />
die das Leben lehrt.“ (Schiller 1799, III 4)<br />
Diesem Geständnis Friedrich Schillers (1759–1805) kann Wilhelm Grimm (1786–1859)<br />
wohl nur beipflichten:<br />
„Kindermärchen werden erzählt, damit in ihrem reinen und milden Lichte,<br />
die ersten Gedanken und Kräfte des Herzens aufwachen und wachsen.“<br />
(Grimm, W. 1819, Einleitung).<br />
Für die Entwicklung sowohl des Denkens als<br />
auch des „Herzens“ haben sich Märchen<br />
<strong>für</strong> Kinder wohl schon vielfach bewährt.<br />
Doch ist das noch heute wie zu Beginn<br />
des 19. Jahrhunderts? Gilt in unseren<br />
aufgeklärten, realistischen Zeiten nicht<br />
eher: Es war einmal ... die Märchenwelt.<br />
Was ist bei all den literarisch-spektakulären<br />
und technisch-medialen Möglichkeiten<br />
Anfang des 21. Jahrhunderts<br />
ausgerechnet an Märchen das Faszinierende,<br />
was bewahren sie bis heute <strong>für</strong> uns? Eine<br />
Suche nach einem möglichen Märwert ganz allgemein<br />
und besonders in pädagogischer Perspektive lohnt<br />
sich. Nun, in der Moderne hat sich vor allem die Psychoanalyse<br />
Mitte der 70er Jahre mit Bettelheim der Märchen<br />
bemächtigt. Seither betonen Jung-Anhänger, „daß die Gestalten<br />
und Ereignisse dieser Geschichten archetypischen<br />
psychologischen Phänomenen entsprechen, diese repräsentieren<br />
und symbolisch das Streben nach einer höheren<br />
Persönlichkeitsstufe andeuten (...).“ (Bettelheim 2002, 46)<br />
Die Psychotherapeutin Becker analysiert hingegen ganze<br />
Unternehmen mit Hilfe von „Frau Holle“ und der Neurowissenschaftler<br />
Hüther konstatiert, dass Märchen Balsam<br />
<strong>für</strong> die Seele sind: „Man fühlt sich dann irgendwie besser,<br />
gestärkt und zuversichtlicher (...).“ (in Kals 2011, C1) Woran<br />
mag das liegen? Die Soziologie etwa bietet eine Erklärung,<br />
die sich mit Märchen als Integrationshelfer in Social Communitys<br />
befasst: „Für Menschen aus einem anderen Land<br />
können Märchen eine Art Integrationshilfe darstellen, sowohl<br />
auf sprachlicher als auch auf sozialer Ebene.“ (Volkert<br />
2011, SWR) Und selbst die Physik bedient sich der Märchenmotive,<br />
wenn es etwa um Gesetzmäßigkeiten einer „Supersymmetrie“,<br />
kurz Susy geht: Eine Art rettende „Fee der<br />
Teilchenphysik“ (vgl. Gast 12/2012, 35 DIE ZEIT).<br />
Auch sonst beschreitet das Verständnis von<br />
Märchen heute neue Wege. Unter den<br />
Top-Ten einer Umfrage des ZDF (11/2011)<br />
zu Märchen landete „Harry Potter“ auf<br />
Platz zwei, gefolgt von „Herr der Ringe“,<br />
„Mogli“ und „König der Löwen“. Die<br />
Tatsache allerdings, dass der Klassiker<br />
„Schneewittchen“ bei diesem Ranking<br />
doch Platz „eins“ errang, lässt die Verbindung<br />
zu den Brüdern Grimm herstellen. Immerhin<br />
gelten diese, was die „Sache und den<br />
Begriff“ betrifft, auch nach neueren Forschungen<br />
als Maß <strong>für</strong> die Typisierung, Merkmale und die Verbreitung<br />
von Märchen (vgl. Schweikle 2008, 58). Zudem brachten<br />
die Grimms im Jubiläumsjahr 2012 vor nunmehr 200 Jahren<br />
den ersten von zwei Bänden der „Kinder und Hausmärchen“<br />
heraus und erhoben damit zugleich einen der Aufklärung<br />
verpflichteten Anspruch. Den Anspruch nämlich<br />
an die selbstbestimmte Bildung des Menschen, welcher<br />
Märchen erst modern machte. Wie ist das zu verstehen?<br />
Märchen machen Geschichte<br />
Etymologisch betrachtet ist das Wort Märchen eine Ableitung<br />
von „Mär“, mhd. von maerlîn, einem Diminutiv (Verkleinerung)<br />
der Verbform maere. Typisch <strong>für</strong> die Märchenwelt<br />
sind so auch „chen“ und „lein“ (vgl. Beitrag von Heinz<br />
Risel). Es ging ursprünglich um Berichte, aber auch um Gerüchte<br />
und Erzählungen, deren Wesen und Eigenart nicht<br />
allein durch eine hessische, waldreiche Region geprägt<br />
sind, sondern weltweit in Erscheinung treten (vgl. Vaupel<br />
2012, 26; Schweikle 2008, 58). Das wusste auch Wilhelm<br />
4 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
leitGedAnKen<br />
Grimm (1819, Einleitung – 2. Aufl.) : „Es finden sich (...) Übereinstimmungen<br />
mit morgenländischen, persischen und indischen<br />
Märchen (was) auf eine den Trennungen der Völker<br />
vorangegangene gemeinsame Zeit deutet.“ In der Folge<br />
europäischer Märchensammlungen, maßgeblich etwa die<br />
von Charles Perrault (1697), waren die Volksmärchen der<br />
Grimms in gewisser Weise zugleich Kunstprodukte, da sie<br />
sowohl zur Eignung <strong>für</strong> Kinder inhaltlich<br />
„gereinigt“ als auch der Sprache nach<br />
„volkstümlich stilisiert“ wurden (vgl.<br />
Schweikel 2008, 60; Vaupel 2012, 29).<br />
Das Typische an Märchen wird demgemäß<br />
meist zwischen „abgesunkenem<br />
Mythos“ und „wunderbarer Erzählung“<br />
angesiedelt. Rötzer (1982, 22) weist wohl<br />
darauf hin: „Die Quelle der Märchen ist<br />
der Mythos.“ Doch Bettelheim (2002, 49)<br />
führt zur Unterscheidung des Märchens<br />
aus der individuellen Perspektive des<br />
Kindes weiter aus: „Das Märchen bietet<br />
der Phantasie den Stoff, der dem Kind<br />
in symbolischer Form zu erkennen gibt,<br />
worum es bei dem Kampf um die Selbstverwirklichung<br />
geht, und zugleich bürgt es <strong>für</strong> einen <strong>guten</strong><br />
Ausgang.“ Dem entgegen erfährt der Held des Mythos<br />
eine „Verwandlung“ zum ewigen Leben erst im „Himmel“.<br />
Modern sein heißt vielmehr, das eigene Schicksal, den <strong>guten</strong><br />
Ausgang bewusst zu Lebzeiten aufzuklären, was ohne<br />
Selbstdenken und Selbsttätigkeit nicht wirklich möglich ist.<br />
Märchenkunst<br />
spricht die<br />
Entwicklung von<br />
Selbstvertrauen und<br />
Selbstwirksamkeit an,<br />
um schwierige<br />
Situationen<br />
erfolgreich zu<br />
bewältigen<br />
(Resilienz)<br />
Fassung der Kinder- und Hausmärchen (1812/15), einem<br />
zumindest europäischen Gedächtnis verpflichtet, den bildungsrelevanten<br />
Begriff von Freiheit <strong>für</strong> die Zukunft aufgeklärter<br />
Menschen bzw. <strong>für</strong> eine vernünftige Gesellschaft.<br />
So besticht beispielsweise das einfache tapfere Schneiderlein<br />
durch seinen Mut und kluge Entscheidungen, die ihn<br />
König werden lassen: „Hier überall, in Mut wie in Nüchternheit<br />
und Hoffnung ist ein Stück<br />
Aufklärung, lange bevor es diese gab.“<br />
(Schödel 1987, 34f) Märchen werden mit<br />
diesem Anspruch an das selbstständige<br />
Denken und Handeln des Individuums<br />
im Allgemeinen und des noch jungen<br />
Menschen im Besonderen zu einer Frage<br />
der Bildung. Schöpften die Grimms<br />
nun den Stoff zur Entwicklung des kindlichen<br />
Denkens sowie der so genannten<br />
„Herzensbildung“ aus des Volkes Seele,<br />
geschah dies bei Hans Christian Andersen<br />
aus seiner ganz persönlichen Biographie.<br />
Auch seine Märchenkunst spricht<br />
die Entwicklung von Selbstvertrauen<br />
und -wirksamkeit an. Gemeint sind individuelle<br />
Fähigkeiten bzw. Kompetenzen, um schwierige Situationen<br />
bzw. widrige Umstände erfolgreich bewältigen<br />
zu können. Häufig ist heute dann von Resilienz die Rede.<br />
Märchenhafte Resilienz<br />
Moderne Märchen<br />
Die Brüder Grimm stehen nicht nur <strong>für</strong> die Faszination des<br />
modernen Märchens, mit den Romantikern als Wegbereiter,<br />
sondern auch <strong>für</strong> Ideale der Aufklärung. Forderte der<br />
zeitgenössische Philosoph Immanuel Kant mit dem sapere<br />
aude den eigenen Verstand zu gebrauchen, stemmten sich<br />
die Brüder in diesem Sinne gegen „Bequemlichkeit und<br />
Unterwürfigkeit“ 1 . Entschieden lehnten sie „willkürliche<br />
Gewaltmaßregeln“ ab und vertrauten auf die Vernunft einer<br />
freien „Völkergemeinschaft“, was Jacob Grimm (1785<br />
– 1863; in Schwab 2008, 281f) im Parlament der Paulskirche<br />
zu Frankfurt mit der Forderung zum Ausdruck brachte:<br />
„Den Begriff von Freiheit (...) an die Spitze unserer Grundrechte<br />
zu stellen (und den) rechtlichen Unterschied zwischen<br />
Adeligen, Bürgerlichen und Bauern“ abzuschaffen.<br />
Für ein pädagogisches Denken und Handeln transportiert<br />
damit vor allem die von Wilhelm Grimm überarbeitete<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
„Mein Leben ist ein schönes Märchen, so reich und glücklich.<br />
Wäre mir als Knabe, als ich arm und allein in die Welt<br />
hinausging, eine mächtige Fee begegnet und hätte gesagt:<br />
`Wähle deine Laufbahn und dein Ziel, und dann, je<br />
nach deiner Geistesentwicklung und wie es der Vernunft<br />
gemäß in dieser Welt sein muss, beschütze und führe ich<br />
dich!´ – mein Schicksal hätte nicht glücklicher, klüger, und<br />
besser geleitet werden können.“ (Andersen 1855, in Götsch<br />
2008, 63) Dies schrieb der womöglich bedeutendste Autor<br />
der Moderne <strong>für</strong> Kunstmärchen, Hans Christian Andersen<br />
(1805–1875). Freilich, Clemens v. Brentano, Herausgeber<br />
<strong>für</strong> „Des Knaben Wunderhorn“, befand <strong>für</strong> die Erzählungen<br />
der Grimms: zu viel „Volk“ und zu wenig „Kunst“. Tatsächlich<br />
jedoch begründeten die Volksmärchen der Brüder<br />
Grimm und Andersens Kunstmärchen weitgehend und<br />
1 Die beiden Brüder befanden sich, ihrer Maxime gemäß, unter den (lediglich)<br />
sieben, später aus dem Hochschuldienst entlassenen Göttinger Professoren,<br />
welche da<strong>für</strong> standen, dass ein Monarch ein ordentlich verabschiedetes „Gesetz<br />
nicht einseitig umstürzen“ dürfe. Zuvor hatte der König von Hannover 1837<br />
nämlich die von seinem Vorgänger verkündete und von entscheidenden Gremien<br />
verabschiedete Verfassung wieder aufgehoben (vgl. Schwab 2008, 281).<br />
5
leitGedAnKen<br />
komplementär im 19. Jahrhundert den europäischen Märchenkosmos<br />
(vgl. Vaupel 2012, 26). Die persönliche Widerstandsfähigkeit,<br />
Problemlösekompetenz und das Selbstvertrauen<br />
Andersens muten mit Blick auf seine Kinder- und<br />
Jugendjahre märchenhaft an. Denn er selbst wuchs unter<br />
sehr „ärmlichen Bedingungen“ auf: Sein Vater starb früh<br />
und in Kopenhagen blieb Andersen später als Schauspieler,<br />
Balletttänzer, Sänger sowie Tragödiendichter zunächst<br />
erfolglos. Selbst die Lateinschule wurde ihm zum Alptraum<br />
(vgl. Götsch 2008, 63).<br />
Und doch, vielleicht gerade deswegen, entwickelte Andersen<br />
Vertrauen in die „Selbstwirksamkeit“, getrieben von<br />
der eigenen „Geistesentwicklung“ und der „Vernunft“ in<br />
dieser Welt: Ein Ansatz, mit welchem heute die Resilienzforschung<br />
erzieherische Zielsetzungen verbindet: „Die positive,<br />
gesunde Entwicklung (des Kindes) trotz hohem Risikostatus,<br />
beispielsweise bei chronischer Armut“, aber auch<br />
„schnelle Erholung von traumatischen Erlebnissen wie der<br />
Tod eines Elternteils, Gewalterfahrungen“, „Stressresistenz“<br />
etc. (vgl. Wustmann 2007, 122). Dabei gilt Resilienz nicht als<br />
angeboren, sondern grundsätzlich auch durch Unterricht<br />
erlernbar (vgl. Sit 2008, 1). Fthenakis (7/2001 Bremen) vertritt<br />
die Position, dass der Aufbau solcher individueller Bewältigungskompetenzen<br />
insbesondere durch den Zu- und<br />
Umgang mit Märchen möglich wird. Schönberger (2008,<br />
76) führt dies näher aus und greift die Besonderheit vieler<br />
Märchen auf, dass diese häufig mit einem Problem beginnen.<br />
Starke Bilder transportieren in wunderbaren Erzählungen<br />
Lösungswege, welche individuell <strong>für</strong> eigene Problemlagen<br />
interpretiert und mit Zuversicht verwirklicht werden können.<br />
Wie im wirklichen Leben allerdings machen sich die<br />
Heldinnen und Helden im Märchen nicht immer freiwillig<br />
auf den Weg, sind vielmehr getrieben durch eine Not, Gefahr<br />
oder eine Art Herzeleid: „Entscheidend ist, dass (sie)<br />
widerstandsfähig sind und immer wissen, was ihnen guttut.“<br />
(Schönberger 2008, 76) Kaum ein Märchenautor verkörpert<br />
so gesehen das Resilienz-Motiv überzeugender<br />
als Andersen. Er lernte „Bewältigungskompetenzen“ zu<br />
entwickeln, die später in seinen Erzählungen immer wieder<br />
zum Ausdruck kommen, deutlich u. a. im Märchen vom<br />
hässlichen Entlein. Dabei durchkreuzen sich häufig das<br />
„Wunderbare und Alltägliche“, das unbedingte Vertrauen<br />
auf einen <strong>guten</strong> Ausgang mit dem Vermögen, ein gestelltes<br />
Problem selbst lösen zu müssen und zu können. Für<br />
Märchen in einem zu selbstständigem Denken und Handeln<br />
erziehenden Unterricht bedeutet dies, dass anhand<br />
der vielschichtigen „Bildersprache“ gedankliche „Spielräume“<br />
möglich werden, welche die vordergründigen<br />
Moralaussagen im Märchen zugleich mit den eigenen<br />
lebensweltlichen Werten und Urteilen wunderbar ins Verhältnis<br />
setzen lassen (vgl. Götsch 2008, 64; Rekus 1993, 219).<br />
Bedeutungen zum Schluss<br />
Und wenn sie nicht ...: Tatsächlich zeigt sich, dass Märchen<br />
heute wohl „lebendiger“ denn je sind und das, obwohl eine<br />
überzeugende Deutung des Phänomens bis heute fehlt.<br />
Märchenerzählungen und deren Zitate, Motive und Moralia<br />
werden in ganz unterschiedlichen Bereichen unserer<br />
Gesellschaft herangezogen, <strong>für</strong> Phantasien, Therapien und<br />
Parodien bis hin zu wissenschaftlichen Konzepten. Bedeutungen<br />
der Märchen scheinen universell zu sein. Dennoch:<br />
Ein pä dagogisch verstandener Unterricht hat da<strong>für</strong> zu sorgen,<br />
dass die so genannte „Deutungshoheit“ von Märchen,<br />
Wertschätzungen und Interpretationen, der Möglichkeit<br />
nach beim Lernenden bleibt (vgl. Schödel 1977, 7).<br />
Ein so individualisierender Unterricht kann es dann schaffen,<br />
dass die wunderbare Dichte, das Archaische, das Mut<br />
Machende und damit Hoffnung Generierende, kurz ein<br />
Märwert dieser besonderen Erzählungen vor allem <strong>für</strong> die<br />
Schule nicht verloren geht. So bleiben Märchen auch in Zukunft<br />
modern.<br />
Zum Weiterlesen<br />
❧<br />
❧<br />
Bettelheim, B.: Kinder brauchen Märchen, München 2002 / 24. Auflage<br />
Götsch, D.: Andersen, Hans Christian, in: Metzler Literatur-Lexikon<br />
Bd.1, Stuttgart u. Weimar 2008, 63f<br />
Kals, U.: Die Prinzessin auf der Erbse als Trainee; in: FAZ Nr. 229,<br />
1.–2.10/2011, C1<br />
Rekus, J.: Bildung und Moral; Weinheim und München 1993<br />
Schiller, F.: Die Piccolomini, III, 4, in Wallenstein 1799<br />
Schödel, S.: Märchenanalysen; Stuttgart 1987<br />
Schweikle, G.: Märchen; in Metzler Literatur-Lexikon Bd.6, Stuttgart<br />
und Weimar 2008, 58f<br />
Schwab, H.-R. in: Grimm, Jacob – Grimm, Wilhelm; Metzler Literatur-<br />
Lexikon Bd. 2, Stuttgart und Weimar 2008, 281–283<br />
Sit, M.: Was Kinder stark macht, Wien 2008<br />
Vaupel, B.: Die Guten ins Töpfchen – 200 Jahre Märchen der Brüder<br />
Grimm, in: Monumente 1/2012, 24–31<br />
Volkert, C.: Die Brüder Grimm – Märchensammler; SWR 2011,<br />
in: www.planetschule.de/wissenspool)<br />
Wustmann, C. in BMBF 16: Auf den Anfang kommt es an ...; Berlin 2007,<br />
119ff<br />
6 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
GrUndleGendes zUm themA<br />
Johanna Sänger<br />
Märchen –<br />
Kraftfutter <strong>für</strong> Kindergehirne<br />
Bekanntes aus den „alten Zeiten“<br />
Liebe Leserin, lieber Leser, bleiben Sie nicht haften bei dem ausschließlich „Märchenhaften“.<br />
Wagen Sie die Begegnung mit dem Märchen selbst!<br />
Ich möchte Ihnen <strong>für</strong> Ihren Unterricht Mut machen, das Märchen in seiner ursprünglichen<br />
Form und Textfassung wieder in die Grundschulen des Jahres 2012 hereinzuholen.<br />
Ich meine damit die von Jacob und Wilhelm Grimm gesammelten Volksmärchen, die über<br />
mehrere Generationen ausschließlich mündlich überliefert wurden und als „volksläufig und<br />
namenlos“ gelten.<br />
Drei gute Gründe<br />
aus der aktuellen<br />
Märchendiskussion<br />
Vielleicht runzeln Sie die Stirn, gibt<br />
es doch schon eine Vielzahl an Märchenstoffen<br />
„auf dem Markt“. Viele<br />
Märchenexperten meinen, es mache<br />
einen tiefen Sinn, sich gerade heute<br />
wieder den Grimm´schen Kinder- und<br />
Hausmärchen zuzuwenden.<br />
Daher drei „gute Gründe“<br />
aus der aktuellen Märchendiskussion:<br />
❧ Die von den Grimms verschriftlichten<br />
Erzählungen entstammen unserem Kulturkreis,<br />
„verarbeiten“ die Lebenserfahrungen unserer<br />
Vorfahren in bildhafter Sprache und geben diese in<br />
symbolischer Bildsprache „verdichtet“ weiter. Bei der<br />
Auswahl der Märchen sollten wir uns als multikulturelle<br />
Gesellschaft an den Ländern und Kulturen der<br />
Kinder unserer Klassen orientieren.<br />
❧ Die Brüder Grimm, beide Germanisten, brachten die<br />
einfachen Volkserzählungen in einer so meisterhaften,<br />
einfachen Sprache zu Papier, dass die Grimm’schen<br />
Märchen heute welt weit als wertvolle<br />
Literatur anerkannt werden.<br />
Wir wür den die Märchen reduzieren<br />
und in ihrer Wirkkraft minimieren,<br />
wenn wir sie „modernisieren“ und<br />
bearbeiten würden. Die Volksmärchen<br />
sind symbolische Erzählungen,<br />
die in ihrer besonderen Sprachästhetik<br />
von innerem Erleben berichten.<br />
❧ Märchen vermitteln Botschaften<br />
in symbolischer Bildsprache.<br />
Damit wir die Symbolsprache<br />
verstehen können, müssen wir<br />
sie erst einmal <strong>für</strong> sich stehen lassen…<br />
unverändert! Solange wir<br />
Märchen auf der intellektuellen<br />
Ebene lesen, nämlich mitdenkend,<br />
kritisch abwägend, logisch<br />
schlussfolgernd, werden wir ihre Aussage nicht begreifen.<br />
Ich meine, die Ausführungen des Psychoanalytikers<br />
Erich Fromm über Symbolsprache als<br />
Ausdruck innerer Erfahrungen, Gefühle und Gedanken,<br />
als ob es sich um sinnliche Wahrnehmungen<br />
und Ereignisse in der Außenwelt handele, sind sehr<br />
aufschlussreich. Symbolsprache habe eine andere<br />
Logik als unsere Alltagssprache, mit der wir die tieferen<br />
Schichten unserer eigenen Persönlichkeit und<br />
der uns anvertrauten Kinder kennen lernen könnten.<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
7
GrUndleGendes zUm themA<br />
Märchen<br />
aus neurobiologischer Sicht<br />
Gerald Hüther schildert in seinem Aufsatz „Weshalb wir<br />
Märchen brauchen“ aus neurobiologischer Sicht, was MärchenerzählerInnen<br />
schon „seit den alten Zeiten“ wissen<br />
und die Märchenforschung belegt: Märchen<br />
sind Kraftfutter <strong>für</strong> Kindergehirne.<br />
Märchen sind Balsam <strong>für</strong> Kinderseelen<br />
und Erwachsenenseelen. Märchen sind<br />
Kitt <strong>für</strong> den Zusammenhalt einer Kulturgemeinschaft.<br />
Und: Märchen sollten<br />
in ihrer mündlich tradierten Form<br />
erzählt werden, in der sie sich am besten<br />
erschließen. Märchen können so<br />
vieles von dem, was wir Lehrende und<br />
Lernende in der Grundschule so dringend<br />
benötigen: Märchen können ein<br />
Kind zum Stillsitzen und aufmerksam Zuhören bringen,<br />
gleichzeitig seine Fantasie beflügeln und seinen Sprachschatz<br />
erweitern. Märchen können Kinder dazu befähigen,<br />
sich in andere Menschen hineinzuversetzen und deren<br />
Gefühle zu teilen. Märchen können das Vertrauen eines<br />
Kindes stärken und ihm Mut und Zuversicht schenken.<br />
Schule und Märchen<br />
Erkenntnisse der Hirnforschung vergegenwärtigen die Bedeutung<br />
der Märchen <strong>für</strong> die Schule:<br />
❧ Lernen funktioniert am besten, wenn es „unter die<br />
Haut geht“. Werden die emotionalen Zentren im Gehirn<br />
aktiviert, können jene Botenstoffe vermehrt gebildet<br />
und freigesetzt werden, die das Knüpfen neuer<br />
Verbindungen zwischen den Nervenzellen fördern.<br />
Ein <strong>für</strong> das Lernen optimaler Zustand, in dem Kinder<br />
etwas über sich, über die Welt und das Leben erfahren<br />
können, ist das Erzähltbekommen und Erleben eines<br />
Märchens durch jemanden, zu dem das Kind eine enge<br />
und vertrauensvolle Beziehung aufbauen konnte.<br />
Im Grundschulbereich „leben“ wir das Klassenlehrer /<br />
-innenprinzip und wissen, wie grundlegend die Beziehungsarbeit<br />
ist.<br />
Wesentlich beeinflusst die Erzählatmosphäre den <strong>für</strong><br />
das Lernen förderlichen Zustand, in dem komplizierte<br />
Erregungsmuster im Gehirn der Kinder aufgebaut und<br />
stabilisiert werden. Die emotionalen Zentren im Gehirn<br />
sollen anspringen und nicht etwa überschießen<br />
und „Alarm“ melden, was sie tun, sollte sich das Kind<br />
in Angst versetzt fühlen.<br />
Damit der emotionale Funken überspringen kann, ist<br />
es entscheidend, wie Märchen erzählt oder vorgelesen<br />
werden. Die Kinder müssen merken, dass<br />
die ErzählerIn selbst begeistert oder betroffen<br />
ist. Nur, wenn das Kind erlebt, ich<br />
werde immer wieder angeschaut und<br />
das jeweilige Gefühl wird zum Ausdruck<br />
gebracht, kann sich ein enger Kontakt<br />
aufbauen und eine „Rückversicherung“<br />
durch die ErzählerIn geschehen, ob das<br />
Kind emotional „noch dabei“ ist.<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen: Das<br />
Zaubermittel „Märchen“ wirkt, wenn die<br />
emotionale Beziehung zum Inhalt und<br />
den Personen des Märchens, auf die sich die Kinder<br />
beim Hören des Märchens mit der einfühlsamen Hilfe<br />
des Erzählers oder der Vorleserin einlassen, da ist.<br />
Die Schlussfolgerung liegt nahe:<br />
Märchen sind Kraftfutter <strong>für</strong> Kindergehirne!<br />
❧ Da Schule ein Ort ist, an dem sich Schüler, Lehrer und<br />
Eltern zusammenfinden, um miteinander und voneinander<br />
zu lernen, ist es berechtigt, das Augenmerk<br />
auch auf die Erwachsenen zu lenken.<br />
Hüther schreibt, dass auch in den Gehirnen der Erzählenden<br />
etwas passiere, dass alte Erinnerungen wach<br />
werden. Einmal können dies Erinnerungen an den Inhalt<br />
der Geschichte sein, aber viel deutlicher werden die<br />
Atmosphäre und sogar die Körpergefühle von damals<br />
erinnert. Ein abgespeicherter Erfahrungsschatz der frühen<br />
Kindheit wird spürbar! Hüther geht weit mit seiner<br />
Behauptung: „Weil sie im Allgemeinen solche frühen,<br />
emotional positiv bewerteten Erinnerungen wachrufen,<br />
machen die alten Märchen auch uns Erwachsene<br />
auf eine geheimnisvolle Weise wieder stark.“<br />
Die Schlussfolgerung liegt nahe:<br />
Märchen sind Balsam nicht nur <strong>für</strong> die Seelen von Kindern,<br />
sondern ebenso <strong>für</strong> die Seelen der Erwachsenen!<br />
❧<br />
Märchen sind „ Kitt“<br />
<strong>für</strong> den Zusammenhalt<br />
einer Kulturgemeinschaft<br />
Es gibt einen dritten Aspekt, der bezüglich „Märchen<br />
und Schule“ bedenkenswert ist: Märchen transportie-<br />
8 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
❧<br />
Die Lebenserfahrungen<br />
unserer Vorfahren<br />
als transgenerationale Botschaften<br />
GrUndleGendes zUm themA<br />
ren ja nicht nur Geschichten, sondern auch die dazugehörigen<br />
Bilder und die Botschaften eines bestimmten<br />
Kulturkreises. Sie transportieren dies zu den Kindern,<br />
die in den Kulturkreis der Erzählenden und der von ihnen<br />
ausgewählten Märchen hineinwachsen.<br />
Märchen können an diesem Punkt identitätsstiftend<br />
wirken, denn sie schaffen eine gemeinsame Plattform<br />
von Vertrautem und Bekanntem. Auf dieser kann sich<br />
Wissen innerhalb der Gemeinschaft ausbreiten und<br />
auch gestaltet werden.<br />
Die Schlussfolgerung liegt nahe:<br />
Märchen sind „Kitt“ <strong>für</strong> den Zusammenhalt einer<br />
Kulturgemeinschaft.<br />
Hüther u. a. belegen die Bedeutung der Märchen <strong>für</strong> den<br />
einzelnen Menschen und <strong>für</strong> die Gemeinschaft auch mit<br />
Hilfe der neuen, bildgebenden Verfahren, die zeigen, dass<br />
die im menschlichen Gehirn angelegten Nervenzellverschaltungen<br />
als innere Repräsentanzen von Denk-, Gefühls-<br />
und Handlungsmustern durch eigene Erfahrungen<br />
herausgeformt werden. Die Erfahrungen, die <strong>für</strong> die eigene<br />
Lebensbewältigung und <strong>für</strong> die kollektive Lebensbewältigung<br />
entscheidend sind, werden transgenerational<br />
weitergegeben. Dazu zählt die Weitergabe von Wissen,<br />
die Überlieferung von Fähigkeiten und Fertigkeiten, von<br />
Vorstellungen, Regeln und Bewertungsmaßstäben, von<br />
Haltungen und Orientierungen. Märchen sind also ein tragendes<br />
Instrument zur transgenerationalen Überlieferung<br />
wichtiger Botschaften. Bezogen auf die Beziehungsfähigkeit,<br />
die Kreativität und die Vorstellungswelt von Kindern<br />
sowie menschlichen Gemeinschaften im Allgemeinen<br />
besitzen Märchen eine strukturierende Kraft und einen<br />
entscheidenden Einfluss. Die strukturierende Kraft der<br />
Märchen bezieht sich ebenso auf die Strukturierung neuronaler<br />
Verschaltungsmuster und die Herausformung der sogenannten<br />
INNEREN BILDER im Gehirn der Kinder als auch<br />
der Erwachsenen.<br />
Die mitentscheidendste Erkenntnis der Hirnforschung sei,<br />
so G. Hüther, dass das Gehirn immer lerne! Am besten lerne<br />
das Gehirn das, was einem Kind helfe, sich in der Welt, in<br />
die es hineinwächst, zurechtzufinden und die Probleme<br />
zu lösen, die sich in seiner speziellen Lebenssituation ergeben.<br />
Abschließend wünsche ich mir, dass Sie sich begeistern lassen<br />
von den Märchen!<br />
Ich wünsche denjenigen, denen ab heute Märchen erzählt<br />
werden und die sich Märchen erzählen lassen, dass die<br />
Märchen dich erinnern an das Märchen, das du bist, ganz<br />
nach Rose Ausländer: „Kennst du das Märchen vom Du – Du<br />
bist es!“<br />
Literaturempfehlungen und weitere Informationen<br />
❧<br />
Felicitas Betz: Märchen als Schlüssel zur Welt. Eine Anleitung zum Erzählen<br />
und zum Gespräch mit Kindern. Lahr. 9. Auflage 2001.<br />
Dieses Buch ist eine Fundgrube <strong>für</strong> „Märcheneinsteiger“. Es enthält zum<br />
Teil sehr kurze Märchen, die sich gut <strong>für</strong> Kinder im Vorschulbereich sowie<br />
im Anfangsunterricht eignen. Einige der Märchen sind ebenfalls <strong>für</strong> die<br />
Klassen 3 und 4 zu empfehlen, da sie durch die Textkürze und die Eingliedrigkeit<br />
<strong>für</strong> die Schüler/-innen leicht zu erfassen sind und die Lehrkraft<br />
schnell zu der Arbeit an und mit dem Text kommt.<br />
Heinrich Dickerhoff, Harlinda Lox (Hg.): Vorwort Prof.Dr. Gerald Hüther.<br />
Märchen <strong>für</strong> die Seele. Märchen zum Erzählen und Vorlesen. Krummwisch.<br />
2010. In Zusammenarbeit mit der Europäischen Märchengesellschaft.<br />
Brigitta Schieder, Don Bosco: Märchen machen Mut. Ein Werkbuch zur Werteerziehung<br />
und Persönlichkeitsentfaltung von Kindern. München 2000.<br />
2. Auflage 2003.<br />
Wer nur kurz in das Thema einsteigen möchte, sich aber trotzdem einen<br />
theoretischen Überblick über die Entstehung und Entwicklung der<br />
Märchen (immer im Hinblick auf die Arbeit mit Kindern) verschaffen will,<br />
wird von dieser Autorin gut informiert. 10 Märchen werden sehr praxisnah<br />
mit Text, Angaben zum Inhalt, Symbolverständnis, zur Gestaltung des<br />
Erzählens vorgestellt.<br />
Werner Schlachetka: Märchen. Rätsel. Reime. Märchen zum Raten & Vorlesen.<br />
Krummwisch 2010.<br />
Suchen Sie einen lustigen, „leichten“ Einstieg, dann finden Sie in diesem<br />
Buch sicher etwas. Der Autor hat Reime aus Märchen zusammengetragen<br />
und mit Selbstgereimten ergänzt. Gutes Rätselmaterial. 32 Märchen von<br />
den Brüdern Grimm und H. C. Andersen finden sich mit Text, Reim und<br />
Rätsel.<br />
Arnica Esterl: Die Märchenleiter. Welches Märchen erzähle ich meinem Kind?<br />
Stuttgart 2007.<br />
Hier finden Sie konkrete Empfehlungen, wie Sie sich und ihre Schulkinder<br />
auf Märchen im Allgemeinen und auf 19 Märchen im Speziellen<br />
vorbereiten können. Wer schnelle Antworten sucht, ist falsch. Die Autorin<br />
kommt aus der Praxis und bietet den Lesern neben den entsprechenden<br />
Märchentexten sehr viele und nützliche <strong>Anregungen</strong> auf die Fragen nach<br />
dem „richtigen“ Märchen <strong>für</strong> eine bestimmte Altersgruppe.<br />
Die Europäische Märchengesellschaft (EMG) veranstaltet regelmäßig Fachtagungen<br />
und Kongresse zu unterschiedlichsten Märchenthemen. Genauere<br />
Informationen über Veröffentlichungen, das Jahresprogramm, sowie CDs<br />
von Märchenerzählern/-innen sind über die Europäische Märchengesellschaft<br />
(EMG), Bentlager Weg 130, D-48403 Rheine zu beziehen.<br />
www.maerchen-emg.de, info@maerchen-emg.de<br />
Die Märchen-Stiftung Walter Kahn veröffentlicht u.a. einmal im Quartal den<br />
„Märchenspiegel“, eine Zeitschrift <strong>für</strong> internationale Märchenforschung<br />
und Märchenpflege. Eine Broschüre ist erhältlich, die eine Literaturauswahl<br />
zum Thema „Märchen in der Grundschule“ anbietet.<br />
Weitere Auskünfte: www.maerchen-stiftung.de, info@maerchenstiftung.de<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
9
UnterrichtsprAXis<br />
mnK | KlAsse 3/4<br />
Constanze Velimvassakis<br />
Meister Isegrimm ist wieder da!<br />
... mehr als nur der böse Märchenwolf ...<br />
Unterrichtseinheit <strong>für</strong> den Fächerverbund MNK<br />
In der Unterrichtseinheit „Meister Isegrim ist wieder da!“ begeben sich die Schüler und<br />
Schülerinnen auf Entdeckungsreise und verfolgen die Spuren der Wölfe in Deutschland.<br />
Wenige Raubtiere haben den Menschen seit jeher so beschäftigt wie Wölfe. So kommen sie in<br />
zahlreichen Märchen und Legenden vor und dürfen auch in diesem Heft nicht fehlen.<br />
Der Wolf war lange Jahre aus Deutschland verschwunden, seit ca. zehn Jahren kehrt er in<br />
unsere Wälder zurück und breitet sich langsam wieder aus.<br />
Informationstext (KV 2)<br />
Im Informationstext (KV 2, mehrfach auf farbigen Karton<br />
kopieren und laminieren, damit die Kinder mit Folienstiften<br />
Wichtiges unterstreichen können!) erfahren die Kinder<br />
Wissenswertes über den Wolf, seinen Lebensraum und seine<br />
Lebensweise. Aus diesen Informationen sollen sie einen<br />
Steckbrief gestalten.<br />
Steckbrief<br />
Im Steckbrief werden wichtige Merkmale und Eigenschaften<br />
des Wolfs tabellarisch festgehalten. Dabei müssen<br />
die Kinder sinnerfassend lesen und die Informationen des<br />
Fließtextes in einen Steckbrief übernehmen. Den Steckbrief<br />
können die Schüler und Schülerinnen entweder selbst auf<br />
einem DIN-A4-Blatt gestalten oder die Lehrperson gibt ein<br />
Schmuckblatt da<strong>für</strong> aus.<br />
Ergänzend kann das Bild-Wort-Legespiel zur genaueren<br />
Betrachtung des Körperbaus des Wolfs als Gruppenaufgabe<br />
angeboten werden. (KV 3 vergrößern, auf festeren Karton<br />
kopieren und laminieren.)<br />
Um die räumliche Vorstellung über die Verbreitung der<br />
Wölfe in Deutschland <strong>für</strong> die Schüler und Schülerinnen<br />
sichtbar zu machen, wird eine Deutschlandkarte im Klassenzimmer<br />
aufgehängt, darauf werden von den Schüler<br />
und Schülerinnen die Gegenden mit kleinen Steckfähnchen<br />
markiert, in denen sich die Wölfe in den letzten Jahren<br />
in Deutschland wieder niedergelassen haben.<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
UnterrichtsprAXis<br />
V erbreitungsgebiet Wölfe (NABU)<br />
❧ Hinweise zur Wolfspopulation finden Sie in den Anlagen<br />
oder im Internet auf den Seiten des NABU (Naturschutzbund<br />
Deutschland).<br />
an der Lerntheke werden kleine laminierte „Checklisten“<br />
ausgelegt.<br />
Wolf-Elfchen (Blitzlicht)<br />
Hier verbinden sich integrativ die<br />
Fachbereiche Deutsch und MNK.<br />
Lassen Sie die Schüler und Schülerinnen<br />
verschiedene Märchen und<br />
Geschichten über den Wolf lesen.<br />
In Gruppen werden Wortsammlungen<br />
angefertigt. Die Kinder sammeln<br />
Wörter nach Wortarten differenziert<br />
(Nomen, Verben, Adjektive) und<br />
erstellen eine Tabelle. Diese Wörter, die<br />
den Wolf und seine Eigenschaften beschreiben,<br />
sollen handlungs- und produktionsorientiert<br />
in der Gedichtform „Elfchen“ umgesetzt werden. Hier<br />
arbeiten die Kinder nach dem Bauplan <strong>für</strong> Elfchen (siehe<br />
Blitzlicht). Ein Schmuckblatt mit elf Wortzeilen erleichtert<br />
die Erarbeitung. Ggf. kann ein Plakat mit dem Bauplan im<br />
Klassenzimmer zur Visualisierung aufgehängt werden oder<br />
Naturmandala (kreativer Einstieg)<br />
Als Einstieg in die Einheit eignet sich<br />
das gemeinsame Gestalten eines Naturmandalas<br />
bzw. ein Bild aus Materialien,<br />
die in der Natur gesammelt<br />
werden. Solche Naturbilder wirken<br />
anregend auf die Kreativität vieler<br />
Kinder. Bei einem gemeinsamen<br />
Lerngang durch die Natur, gleich<br />
ob Wald, Wiese oder Stadtpark,<br />
sammeln die Kinder Naturmaterial<br />
(Ästchen, Blätter, Nüsse, Eicheln, Steine,<br />
Flechten u.v.m.). Aus allen Fundstücken wird<br />
auf dem Schulhof ein Naturbild gelegt. Passend zur<br />
Thematik „Wolf“ kann mit wenigen Kreidestrichen die<br />
Kontur eines Wolfsgesichts als Unterlegskizze vorgegeben<br />
werden. Das Naturbild in Form eines Wolfs dient als<br />
Gesprächsimpuls und aktiviert das Vorwissen der Schüler<br />
und Schülerinnen.<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
11
UnterrichtsprAXis<br />
Scherenschnittgirlande „Wolf“ (KV 1)<br />
Weiterführende Materialien<br />
Scherenschnittgirlanden „Wolf“ (KV 1)<br />
In jedem Klassenzimmer lassen sich Scherenschnittgirlanden<br />
als hübsche Fensterdekoration integrieren. Die Schüler<br />
und Schülerinnen erhalten <strong>für</strong> die Wölfe hellbraune oder<br />
graue Plakatkartonstreifen, die ziehharmonikaartig wie<br />
ein Leporello gefaltet werden. Mithilfe der Schablone (KV<br />
1) werden die Umrisse des Wolfspärchens auf den Karton<br />
übertragen und danach ausgeschnitten. Dabei ist darauf<br />
zu achten, dass die Ränder links und rechts nicht abgeschnitten<br />
werden, damit man später eine Girlande und<br />
nicht lauter einzelne Wolfspaare erhält. Die Wolfsgirlanden<br />
dienen als Fenster- oder Wanddekoration, wobei außen<br />
herum eine Landschaft kreativ mit Bäumen, Büschen etc.<br />
gestaltet werden kann.<br />
Filzwölfe im Rudel<br />
Sehr beliebt bei Kindern und einfach in der Durchführung<br />
ist das Filzen mit Filznadeln. Dazu benötigen Sie Filzwolle<br />
oder Märchenwolle, Filznadeln und als Unterlage Schaumstoffplatten.<br />
Damit lassen sich wunderbar Wölfe oder<br />
Wolfsrudel aus Filz herstellen.<br />
Auf den Seiten des Naturschutzbundes Deutschlands, kurz NABU,<br />
finden Sie weiterführende Informationen und Ideen <strong>für</strong> die<br />
Behandlung des Themas Wolf im Unterricht:<br />
http://www.nabu.de/aktionenundprojekte/wolf/<br />
Ein authentisches Wolfsgeheul hören Sie hier:<br />
http://nature-rings.de/tiere/2/page2.html<br />
Zum Vorlesen oder zur Behandlung im Literaturunterricht bzw. im<br />
Rah men einer Leseförderung und passend zum Thema Wolf:<br />
Cornelia Funke. Kleiner Werwolf erschienen im Oetinger Verlag<br />
Maritgen Matter. Ein Schaf <strong>für</strong>s Leben erschienen im Oetinger Verlag<br />
E lfchen<br />
Blitzlicht<br />
„Elfchen“ sind kurze Gedichte, die nach einem<br />
Bauplan geschrieben werden. Sie bestehen<br />
immer aus fünf Zeilen und elf Wörtern, daher<br />
leitet sich der Name „Elfchen“ ab.<br />
Bauplan:<br />
1. Zeile: ein Wort – eine Farbe<br />
2. Zeile: zwei Wörter – Nomen mit Begleiter<br />
3. Zeile: drei Wörter – wie es ist oder wo es ist<br />
4. Zeile: vier Wörter – genauer beschreiben<br />
5. Zeile: ein Wort – Abschluss<br />
12 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
Informationstext (KV 2)<br />
Meister Isegrimm ist wieder da!<br />
... mehr als nur der böse Märchenwolf ...<br />
Lies dir den Text gründlich durch und gestalte einen Steckbrief zum Wolf.<br />
Liste alle wichtigen Merkmale und Eigenschaften des Wolfs,<br />
seiner Lebensweise und seines Lebensraumes auf.<br />
konkret<br />
Meister Isegrim, besser bekannt unter<br />
dem Namen Wolf, heißt mit lateinischem<br />
Namen „Canis lupus“. Jahrelang war der<br />
Wolf aus Deutschland verschwunden,<br />
aber seit ca. zehn Jahren kehrt<br />
er in unsere Wälder zurück<br />
und breitet sich langsam<br />
wieder aus. Mittlerweile<br />
leben ungefähr 80 Tiere<br />
in deutschen Wäldern.<br />
Man kennt zwölf Unterarten,<br />
die sich in der<br />
Farbe des Fells, Gewicht<br />
und Größe unterscheiden. Bei<br />
uns in Europa sind die Wölfe alle<br />
graubraun. In Nordamerika und Kanada<br />
leben auch schwarze und völlig weiße<br />
Wolfsarten. Ein ausgewachsener Wolf<br />
wiegt je nach Geschlecht und Körperbau<br />
zwischen 25 und höchstens 70 kg und<br />
misst eine Schulterhöhe von 60–90 cm.<br />
Die Länge eines Wolfs liegt zwischen<br />
100 und 140 cm.<br />
Wölfe sind Raubtiere. Sie jagen und<br />
fressen Fleisch, um zu überleben. Auf<br />
ihren Beutestreifzügen können Wölfe in<br />
einer Nacht bis zu 20 km zurücklegen,<br />
dabei laufen sie im Durchschnitt 8 km/h,<br />
auf kurzen Strecken können sie sogar bis<br />
zu 50 km/h schnell laufen. Sie können<br />
nachts ausgezeichnet gut sehen und<br />
hören andere Wölfe auf eine Entfernung<br />
von bis zu 9 km. Ihre Beutetiere riechen<br />
sie 300 m weit. Zu den Beutetieren gehören<br />
Rehe, Hirsche, Wildschweine, Hasen<br />
und kleine Nagetiere. Ein hungriger<br />
Wolf kann bis zu 10 kg<br />
Fleisch auf einmal fressen.<br />
Eine Wolfsfamilie nennt<br />
man Rudel, dazu gehören<br />
außer den Elterntieren<br />
noch die Welpen und die<br />
Welpen des Vorjahres.<br />
Die Wölfe paaren sich im<br />
Februar bis März. Etwa neun<br />
Wochen später werden die Welpen<br />
geboren. Eine Wolfsfamilie zieht ihre<br />
Welpen gemeinsam groß. Im Oktober<br />
sind die jungen Wölfe dann schon fast<br />
so groß wie die anderen und jagen mit<br />
dem Rudel durch die Wälder.<br />
Wölfe haben keine besonderen Ansprüche<br />
an ihren Lebensraum, sie leben<br />
überall, wo sie genügend Beutetiere und<br />
ein stilles Plätzchen <strong>für</strong> die Aufzucht ihrer<br />
Welpen finden.<br />
Wölfe sprechen miteinander. Sie verständigen<br />
sich untereinander über ihr Gehör,<br />
durch Heulen, Bellen, Knurren und Winseln,<br />
über verschiedene Gerüche, über<br />
die Augen, durch Körpersprache sowie<br />
über Berührungen.<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
13
konkret<br />
Bild-Wort-Legespiel (KV 3)<br />
Körperbau des Wolfes<br />
4<br />
1<br />
2<br />
3<br />
11<br />
5<br />
10<br />
9<br />
6<br />
12<br />
13<br />
14<br />
7<br />
Becken Wirbelsäule Schulterblatt<br />
Unterarm Unterschenkel Fingerknochen<br />
Oberschenkel Ferse Mittelfußknochen<br />
Schädel Rippen Zehenknochen<br />
8<br />
Oberarm<br />
Mittelhandknochen<br />
• Die Skelettskizze und die Wortkarten vergrößern,<br />
auf festen Karton kopieren oder laminieren.<br />
• Kann als Strukturlegearbeit in Gruppen oder auch zur<br />
Differenzierung durchgeführt werden.<br />
• Die Lösung kann als Selbstkontrolle ausgelegt werden.<br />
Lösung:<br />
1. Becken 2. Wirbelsäule 3. Schulterblatt<br />
4. Schädel 5. Oberarm 6. Unterarm<br />
7. Mittelhandknochen 8. Fingerknochen 9. Rippen<br />
10. Unterschenkel 11. Oberschenkel 12. Ferse<br />
13. Mittelfußknochen 14. Zehenknochen<br />
14 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
UnterrichtsprAXis<br />
deUtsch | KlAsse 3/4<br />
Heinz Risel<br />
So niedlich und klein ...<br />
Märchenwörter auf -chen und -lein<br />
Der Beitrag greift mit den Bildungen -chen und -lein typische Ausdrücke der<br />
Märchensprache auf. Er fördert vor allem die Identifizierung der Bausteine innerhalb<br />
von Wörtern, deren Bedeutungsumschreibung und die eigene Synthese von „verkleinerten“<br />
Wörtern. Nebenaspekte sind lautliche und grammatische Veränderungen durch das<br />
Anfügen der Suffixe.<br />
Wer Märchen als Texte in der Grundschule anspricht,<br />
wird sicher in erster Linie auf deren Inhalt und seine Bedeutung<br />
<strong>für</strong> die Kinder eingehen: in Hänsel und Gretel beispielsweise<br />
auf die Geschwisterproblematik und das Motiv der<br />
Solidarität. In zweiter Linie lassen sich dann Eigenschaften<br />
der Textsorte kindgemäß erkunden, darunter auch deren<br />
„besondere“ Sprache. Auffällig ist hier – neben festen Formeln<br />
– insbesondere die Verwendung von Wörtern mit den<br />
Endungen -chen und -lein: Rotkäppchen, Rumpelstilzchen,<br />
Tischlein, Schneiderlein, ... Kinder haben zur Bedeutung<br />
dieser Endungen („Suffixe“) einen eher leichten Zugang.<br />
Sie können auch deren Position (nach dem Stamm, daher<br />
Endung) erkennen und sie lassen sich durch die Märchenkontexte<br />
insgesamt leicht motivieren. Dies belegen aufgezeichnete<br />
Unterrichtsstunden (vgl. Risel 2010).<br />
Das Verkleinern („Diminuieren“, „Diminution“), das oft mit<br />
der emotionalen Mitbedeutung „Verniedlichen“ einhergeht,<br />
seltener mit Abwertung (Weinchen), leisten im Deutschen<br />
die beiden Suffixe chen und lein (vgl. Lohde 2006).<br />
Sie machen aus allen Wörtern Nomen im Neutrum. Meist<br />
sind Nomen auch der Ausgangspunkt: der Mann ➻ das<br />
Männchen, das Männlein. Selten sind Bildungen wie Frühchen<br />
oder Dummchen aus Adjektiven.<br />
Büchlein, Bäuchlein oder Zweiglein zeigen, dass Wörter<br />
auf ch oder g mit lein kombiniert werden. Dieses Suffix ist<br />
seltener und kommt oft in älteren Texten, darunter eben<br />
Märchen vor. Treten chen oder lein an den Stamm, so fällt<br />
unbetontes e weg: Döschen, Täubchen. In Fällen wie Spieglein<br />
verschmelzen die beiden in Kontakt stehenden Laute.<br />
Wo dies möglich ist, entstehen Umlaute, geschrieben mit<br />
„Pünktchen“ (Bäumchen, aber: Frauchen). Die Hintergründe<br />
da<strong>für</strong> werden hier nicht weiter betrachtet.<br />
Dialekte prägen verschiedene Formvarianten aus: le (Gläsle),<br />
li (Wässerli), la (Seidla), erl (Zwergerl), el (Hänsel, Gretel),<br />
sche (Türmsche).<br />
Alternativen <strong>für</strong> das Kleinmachen stellt auch das Französische<br />
bereit: ette in Stiefelette oder Sandalette. Außerdem<br />
üblich sind Mini in Minipreis, i in Mutti und Omi oder eben<br />
das Adjektiv klein (Kleinstadt, eine kleine Stadt). Seltener<br />
sind Kombinationen mit Zwerg (Zwerghase ...) Eine feste<br />
neue Bedeutung haben Radieschen, Brötchen, Mädchen,<br />
Kaninchen, Frettchen oder bisschen. Letzteres ist wegen<br />
der Kleinschreibung – trotz Artikel – ein Fehlerkandidat.<br />
Bestimmte märchenspezifische Benennungen sind nicht<br />
mehr transparent, d. h. chen und lein können nicht mehr<br />
Blitzlicht<br />
Die Endung -chen ist wartssprachlich der Normalfall als<br />
gegen-<br />
Verkleinerungsbaustein.<br />
Die Endung -lein wird von den<br />
Lauten „g“ und „ch“ am Stamm ende<br />
erzwungen (Bächlein).<br />
Auch finden sich -lein-Bindun gen<br />
in alten Texten, wozu die Märchen<br />
gehören, und gegenwärtig in mündlicher<br />
Sprache als dialektale Varianten<br />
(- le, -li, -la usw.)<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
15
UnterrichtsprAXis<br />
-chen und -lein<br />
machen alle Nomen klein!<br />
ausgegliedert werden, so dass ein bedeutungshaltiger Rest<br />
übrig bleibt: Rumpelstilzchen, Schneewittchen und Märchen<br />
selbst. Herleitbar sind diese Wörter natürlich, aber nicht<br />
unbedingt <strong>für</strong> die Kinder.<br />
In beobachteten Unterrichtsstunden können die Kinder<br />
das Vorkommen von chen und lein inhaltlich<br />
meist angemessen kommentieren.<br />
Emily: „weil Stühlchen sind klein und<br />
Stühle sind groß ...“. Auf die Frage, wie<br />
sich Häschen anhöre, antworten Kinder<br />
mit klein und süß, womit auch die<br />
„Niedlichkeit“ benannt ist. Lässt man<br />
die Schüler/-innen einen großen und<br />
einen kleinen Gegenstand vergleichen,<br />
antworten sie so: Tomatchen, Minitisch,<br />
Tischi, Fischchen, Fischlein, Minifisch,<br />
kleines Bett, Bettchen, Bettlein, Miniteller,<br />
Tellerchen, Schüsselchen. Tomatchen,<br />
Bohnechen oder Törtechen sind Hinweise<br />
darauf, dass eine korrekte Formbildung<br />
(zu Beginn der Grundschule)<br />
nicht immer gelingt, die Formvarianz<br />
der Stämme also angesprochen werden<br />
muss. Mittels Kärtchen, die überdeckt werden, kann sie<br />
sichtbar gemacht und nachvollzogen werden: Dose + chen<br />
➻ Dös chen.<br />
Besonders <strong>für</strong> Kinder mit Migrationshintergrund hilfreich<br />
ist das Nachdenken über den Begleiter der jeweils gebildeten<br />
Neutra: das/ein.<br />
Zu den Kopiervorlagen<br />
Kopiervorlage 1 „Kein Schneider und kein Wölflein ...“, gedacht<br />
<strong>für</strong> dritte Klassen, stellt zum Nachdenken über die besondere<br />
Märchensprache vier Abbildungen aus bekannten<br />
Märchen vor, die zu benennen sind (Aufgabe 1). Das tapfere<br />
Schneiderlein, Tischlein deck dich, Der Wolf und die sieben<br />
Geißlein, Rotkäppchen der Gebrüder Grimm müssen herausgefunden<br />
werden. Märchen aus anderen Kulturen sind hier<br />
nicht berücksichtigt. Eine Kurzform des Märchennamens zu<br />
schreiben ist ausreichend (Tischlein deck dich). Wie es in der<br />
Überschrift schon anklingt, wird nun der Blick auf die Formulierungen<br />
gelenkt.<br />
Die Kinder sollen unter Aufgabe 2 begründen, warum die<br />
lein- bzw. chen-Form gewählt wurde: Der Schneider ist<br />
klein (und schwach), das Rotkäppchen klein und jung (und<br />
süß, niedlich?).<br />
Das tapfere Schneiderlein<br />
Illustration: Ludwig Richter<br />
Aufgabe 3 hält die Lupe auf diejenigen Wortteile, die klein<br />
machen. Hierzu wurde der didaktische Terminus „Kleinmacher“<br />
gewählt, der allerdings die emotionale Mitbedeutung<br />
nicht einschließt. Der offene Merksatz hält das Gelernte so<br />
oder so ähnlich fest: -chen und -lein machen vieles klein<br />
und jung/niedlich/süß. Dieser Unterrichtsabschnitt<br />
lässt sich mit weiteren,<br />
vergrößerten Abbildungen auch frontal<br />
vor der Klasse gestalten, so dass die Kopiervorlage<br />
dieser Phase nachgeordnet<br />
wäre.<br />
Aufgabe 4 dient der Anwendung, Aufgabe<br />
5 der eigenen Wortbildung. Auffallen<br />
kann die Pünktchenschreibweise,<br />
das Wegfallen des e und die einheitliche<br />
Setzung des bestimmten Artikels das.<br />
Schnellere könnten diese drei Phänomene<br />
farblich hervorheben. Daneben<br />
ist die Häufigkeit interessant: -chen ist<br />
dominant, lediglich Büchlein fällt aus<br />
der Reihe.<br />
Kopiervorlage 2 „Viel zu viel und viel<br />
zu groß!“ greift im Zwergenkontext Wortbausteine nochmals<br />
auf. Über eine Tafelskizze mit einem kleinen Tisch und<br />
einem viel zu großen Teller kann die Arbeit mit der Vorlage<br />
eingeleitet werden. Ebenso möglich ist der Einsatz von<br />
Realgegenständen. Die Kinder kommentieren und finden<br />
ihre Kommentare dann teilweise über Aufgabe 1 wieder.<br />
Die „richtige“ Märchensprache (... Tellerchen) kennen sie<br />
spätestens vom vorangegangenen Unterricht.<br />
Nach Aufgabe 2 lässt sich der Artikelgebrauch (hier: ein)<br />
wiederholen.<br />
Aufgabe 3 festigt die Ausgliederung der Endung und beugt<br />
im zweiten Teil Fehlbildungen wie *Taschechen vor, was<br />
<strong>für</strong> Nichtmuttersprachler besonders wichtig ist. Aufgabe 4<br />
hat Wiederholungsfunktion. Die Differenzierungsaufgabe<br />
am Ende spielt mit zufälligen chen-Buchstabenfolgen und<br />
dem Morphem chen. Ein absichtliches Verlesen (Hä-schen ...)<br />
und dazu kontrastierend stimmiges lautes Lesen können als<br />
Stundenausklang dienen.<br />
Zum Weiterlesen<br />
❧<br />
❧<br />
Lohde, Michael: Wortbildung des modernen Deutschen.<br />
Ein Lehr- und Übungsbuch. Tübingen, 2006 [hier S. 120 ff].<br />
Risel, Heinz: Grammatik in der Grundschule – so geht’s.<br />
Donauwörth 2<br />
2010 [hier S. 28–31].<br />
16 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
Name: (KV 1)<br />
Kein Schneider und keinWöllein<br />
konkret<br />
........................................................ ........................................................ ......................................................... .......................................................<br />
........................................................ ........................................................ ......................................................... .......................................................<br />
❶ Sicher kennst du diese Märchen. Beschrifte die 4 Bilder.<br />
❷ Schreibe, warum es nicht heißt: Der tapfere Schneider oder Das Wölfchen und die sieben Geißlein.<br />
a) Es heißt Schneiderlein, weil .................................................................................................................................................<br />
b) ...............................................................................................................................................................................................................<br />
c) ...............................................................................................................................................................................................................<br />
d) ...............................................................................................................................................................................................................<br />
❸ Markiere die Kleinmacher in den Märchennamen von Aufgabe 1 durch ein Kästchen.<br />
Ergänze dann:<br />
-chen und -lein machen vieles ....................................................... und .............................................................................<br />
❹ Markiere die beiden Wortteile in den folgenden Märchennamen.<br />
Zeichne anschließend einen Strich vom Bild zum passenden Märchen.<br />
Brüderchen und Schwesterchen<br />
Der Wolf und die sieben Geißlein<br />
Dornröschen<br />
Der Ranzen, das Hütlein und das Hörnlein<br />
Von dem Mäuschen, Vögelchen<br />
und der Bratwurst<br />
❺ Verkleinere und verniedliche nun selbst:<br />
das Huhn ➻ das .......................................................... der Hahn ➻ ..........................................................................................<br />
die Rose ➻ ....................................................................... das Glas ➻ ............................................................................................<br />
die Pflanze ➻.................................................................. der Baum ➻ .........................................................................................<br />
die Wurst ➻ ..................................................................... das Buch ➻ ...........................................................................................<br />
Das fällt mir auf: ............................................................................................................................................................................................<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
17
❧<br />
konkret<br />
Name: (KV 2)<br />
Viel zu viel und viel zu groß!<br />
Die Zwerge haben eingekauft. Doch der Oberzwerg hat nicht aufgepasst und vieles zu groß bestellt.<br />
Die anderen protestieren:<br />
❶ Nur einer dieser Zwerge verwendet die richtige Märchensprache.<br />
Schreibe seine Worte auf: ................................................................................................................................................................<br />
❷ Die folgenden Gegenstände brauchen die Zwerge auch „in klein“. Verwandle:<br />
einen Tisch ➻ ein................................................................. eine Tasche ➻ ...............................................................................<br />
ein Glas ➻................................................................................. einen Topf ➻ .................................................................................<br />
eine Gabel ➻ .......................................................................... einen Stuhl ➻ ................................................................................<br />
ein Messer ➻ .......................................................................... eine Uhr ➻ .....................................................................................<br />
❸ Zeichne in Aufgabe 2 ein Kästchen um den Kleinmacher.<br />
Färbe dann die Stellen im „kleinen“ Wort, die sich verändert haben.<br />
❹ Nach der Arbeit gehen die Zwerge zum Essen ins Gasthaus.<br />
Doch, oh weh, alles ist viel zu viel. Sie müssen die Speisekarte ändern:<br />
Aus der Suppe wird ➻ ein ..................................................................................................................................................................<br />
aus der Soße ➻ ein ..................................................................................................................................................................<br />
aus dem Bier ➻ ein ..................................................................................................................................................................<br />
aus dem Wasser ➻ ein ..................................................................................................................................................................<br />
aus dem Brot ➻ ein ..................................................................................................................................................................<br />
und aus den Bohnen ➻ ..................................................................................................................................................................<br />
❧<br />
Eine Knobelaufgabe:<br />
TASCHEN WASCHEN MISCHEN HÄSCHEN LÖSCHEN NÄSCHEN BLÄSCHEN<br />
Wo ist chen ein Baustein, wo keiner? Zeichne insgesamt drei Kästchen.<br />
18 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
UnterrichtsprAXis<br />
deUtsch | KlAsse 1/2<br />
Malena Hartmann<br />
Präsentieren üben<br />
in der Eingangsstufe<br />
Übung macht den Meister<br />
Ein seltsames Gefühl stellt sich häufig bei uns Erwachsenen ein, wenn wir vor einer<br />
Großgruppe gleichaltriger und gleich- oder sogar höherqualifizierter Personen einen Vortrag<br />
halten sollen. Das Thema des Vortrages liegt uns zwar am Herzen, aber trotzdem … !!!<br />
Um diesem „Lampenfieber“ schon früh entgegenzuwirken, ist es wichtig, die Fähigkeit frei<br />
und überzeugt vom eigenen Tun vor anderen sprechen zu üben – schon in jungen Jahren.<br />
Der erste Kontakt mit einer oben beschriebenen Großgruppe findet am Tag der Einschulung<br />
statt. Wird an diesem Tag schon die erste Hemmschwelle überwunden, kann genau daraus<br />
die Fähigkeit zum freien Sprechen entstehen.<br />
Das große Projekt „Präsentieren“, dessen Ziel es ist, die<br />
Präsentationsphasen als festen Bestandteil ins Schulleben<br />
zu verankern, erstreckt sich bereits über die beiden Schuljahre<br />
der Eingangsstufe.<br />
Es gliedert sich grob in vier aufeinander aufbauende Einheiten,<br />
wobei jeweils eine Einheit bzw. ein Baustein in<br />
einem Schulhalbjahr angesiedelt und bearbeitet wird. Eine<br />
zentrale Rolle spielt dabei märchenhaftes und somit ausgesprochen<br />
motivierendes Material, nämlich der Königsstuhl<br />
und der Kronen-Leseständer.<br />
Erstes Schulhalbjahr, Klasse 1<br />
Einführung des Königsstuhls und des<br />
Kronen-Leseständers, Vorstellung erster kleiner Arbeiten<br />
Der erste Schultag ist <strong>für</strong> alle Kinder sehr aufregend. Alles,<br />
was hier in der Schule passiert, prägt sich fest in den Köpfen<br />
ein. Erste Kennenlernspiele werden gemacht, um die noch<br />
fremden Klassenkameraden mit Namen kennenzulernen.<br />
Der Königsstuhl wird vor dem ersten Spiel zentral vor der<br />
Klasse aufgestellt. Jedes Kind darf hierauf sitzen, sich als<br />
kleiner König fühlen und seinen Namen, vielleicht auch Alter<br />
und Hobbies vorstellen.<br />
❧<br />
Der Stuhl vermittelt den Erstklässlern Sicherheit: Sie<br />
stehen nicht vor einer neuen Gruppe, sondern dürfen<br />
Blitzlicht<br />
Königsstuhl und Kronen-Leseständer<br />
Benötigtes Material:<br />
alter Stuhl, alter Notenständer, Zeitungen, Kleister,<br />
Abtönfarbe, durchsichtiges Lackspray<br />
Vorgehensweise: Zeitungen in Streifen reißen<br />
oder schneiden; ausreichend Kleister anrühren;<br />
Zeitungsstreifen einzeln in Kleister baden und<br />
anschließend auf den alten Stuhl/Ständer kleben.<br />
Hierbei wichtige Stellen dicker bekleben, um so<br />
die endgültige Form des Stuhls/Ständers entstehen<br />
lassen; nach intensiver Trocknungsphase<br />
mit Abtönfarben bemalen. Eventuell wird nach<br />
dem Trocknen eine zweite Farbschicht benötigt.<br />
Abschließend mit Lackspray besprühen <strong>für</strong> märchenhaften<br />
Glanz! Zum Verschönern Filzkugeln<br />
auf die Krone kleben oder Filzbänder <strong>für</strong> den<br />
Ständer verwenden.<br />
Platz nehmen und haben so auch schon einen Platz in<br />
dieser noch unbekannten Klasse gefunden.<br />
Am nächsten Tag taucht der Königsstuhl zum zweiten Mal<br />
im Schulleben der Klasse auf, wenn die erste Hausaufgabe<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
19
UnterrichtsprAXis<br />
Der Stuhl vermittelt<br />
den Erstklässlern Sicherheit<br />
vorgestellt wird: „Male drei Dinge, die in deiner Schultüte<br />
versteckt waren!“ Die Kinder legen ihr schön gestaltetes<br />
Blatt, in dessen Zentrum sie groß die Schultüte von außen<br />
gezeichnet haben, auf dem Kronenständer ab. Sie erzählen<br />
und zeigen, was sie am Vortag ausgepackt<br />
haben.<br />
❧<br />
Das Präsentieren wird mit<br />
positiven Erlebnissen verknüpft.<br />
In den folgenden Monaten können sich<br />
die Kinder selbstgemalte Bilder, mitgebrachte<br />
Bücher oder Gegenstände, Einträge<br />
des Erlebnisheftes u. v. m. mit Hilfe<br />
des Königsstuhles und des Kronen-Leseständers<br />
gegenseitig zeigen.<br />
❧<br />
Jede Art eines Vortrages ist<br />
die Aufmerksamkeit aller wert.<br />
Zweites Schulhalbjahr, Klasse 1<br />
Märchenhafte Präsentierhilfe:<br />
„Der Königsstuhl“<br />
Auch die Hauptfiguren der Lektüre finden ihren Platz in der<br />
Lesekiste. Sie werden als Stabfiguren zum Nachspielen der<br />
Geschichte von der Klasse aufgearbeitet.<br />
Die Lesekiste füllt sich von Tag zu Tag. Die<br />
Klassenlektüre wird auf diese Weise darin<br />
lebendig und fassbar. Lektüre, Lesekiste,<br />
Königsstuhl und Kronen-Leseständer erhalten<br />
in dieser Zeit einen eigenen festen<br />
Platz im Klassenzimmer. Bevor die schichte vom Königsstuhl aus weiter vor-<br />
Gebisher<br />
gehörte Geschichte nacherzählen,<br />
um alle wieder auf den „neuesten Stand“<br />
zu gelesen wird, darf ein Kind mit Hilfe der<br />
Erinnerungsstücke und Stabfiguren die<br />
bringen.<br />
❧ Was gemeinsam entsteht, kann<br />
jeder Beteiligte in eigenen Worten<br />
Revue passieren lassen.<br />
Ein Vorleseritual entwickeln, eine gemeinsame<br />
Lesekiste einführen und sukzessive befüllen<br />
Zum zweiten Halbjahr ist ein gemeinsames Befüllen der<br />
Klassenlesekiste eine weitere Möglichkeit, Präsentationen<br />
zu erarbeiten und alltäglich werden zu lassen.<br />
Die Erstklässler haben bei mir jeden Tag eine zehnminütige<br />
Vesperzeit vor der Großen Pause, um in Ruhe zu essen und<br />
sich unterhalten zu können vor dem Toben draußen. Wenn<br />
die Kinder lieber ganz leise sind, ist dies das Signal <strong>für</strong> die<br />
Lehrerin, dass ein Buch vorgelesen werden soll. Dieses Ritual<br />
wird von Anfang an mit den Kindern eingeübt.<br />
Wird nach ungefähr einem halben Schuljahr eine neue Lektüre<br />
begonnen, ergänzt die Klassenlesekiste dieses Ritual.<br />
Es ist sinnvoll, zunächst ein kurzes Buch <strong>für</strong> diese Phase<br />
auszuwählen. Seiten- oder kapitelweise wird die Lektüre<br />
unterbrochen und der Inhalt gemeinsam besprochen. Im<br />
Klassengespräch wird bestimmt, welches Utensil an diesen<br />
Teil der Geschichte erinnern könnte. Jedes Kind erhält<br />
die freiwillige Aufgabe, das Erinnerungsstück am nächsten<br />
Tag mitzubringen. Alle Mitbringsel werden dann der Klasse<br />
„anonym“ vorgestellt. Die Klasse stimmt ab, welches<br />
Stück das passende <strong>für</strong> die Lesekiste ist. Alle anderen fleißigen<br />
Kinder bekommen ein kleines Dankeschön (Aufkleber,<br />
Gummibärchen o. Ä.) <strong>für</strong>s Mitdenken und Mitbringen.<br />
Erstes Schulhalbjahr, Klasse 2<br />
Eigene Geschichten vortragen, erste Klassenlektüre<br />
lesen und eigene Lesekiste befüllen, Präsentation im<br />
Fächerverbund Mensch – Natur – Kultur<br />
In Klasse 2 lernen die Schüler erste Gedichte auswendig.<br />
Auch <strong>für</strong> diese Präsentationen bietet sich der Königsstuhl<br />
an, wodurch die Kinder in aufrechter Vortragshaltung deutlich<br />
hör- und sichtbar präsentieren.<br />
❧<br />
Bei Aufregung muss ich mich nicht auf meine eigenen<br />
Füße verlassen, sondern ich werde von vier Beinen<br />
getragen.<br />
Erste eigene Geschichten und Gedichte können sehr schön<br />
der Klasse vorgelesen werden, wenn man die Hände frei<br />
hat und sich nicht hinter seinem Blatt verstecken muss.<br />
Der Kronen-Leseständer ist individuell höhenverstellbar.<br />
So kann beim Vorlesen einer selbst erfundenen Geschichte<br />
auch der Verfasser selbst betrachtet und bewundert werden.<br />
Da dieser Präsentation meist eine Phase kreativen<br />
Schreibens vorausgeht, kann jedes Kind die vorgetragene<br />
Geschichte mit dem eigenen Werk vergleichen.<br />
Hier wird insbesondere das Rückmelden geübt. Zunächst<br />
wird die Klasse nur allgemeine Äußerungen geben: „Deine<br />
20 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
Wenn Kinder die Hände frei haben,<br />
sind sie auch nicht hinter dem Vorleseblatt versteckt<br />
UnterrichtsprAXis<br />
Geschichte war toll/schön/lustig, ...“ Geschickte Lehrerimpulse<br />
können aber vertiefende und sachdienliche Rückmeldungen<br />
herauskitzeln: „Was war an dieser Geschichte<br />
besonders?“ „Gab es eine Überraschung?“ „Was hat dir am<br />
besten gefallen?“<br />
Zweitklässler schaffen es schnell, ihre<br />
Rückmeldungen zu konkretisieren. Da<br />
jeder Referent selbst seine drei Rückmelder<br />
aus der Klasse bestimmen darf, sucht<br />
sich jedes Kind zunächst nur vertraute<br />
Klassenkameraden aus. Je qualifizierter<br />
jedoch die einzelnen Aussagen werden,<br />
umso eher trauen sich die Kinder auch<br />
andere Mitschüler <strong>für</strong> Feedbacks auszusuchen.<br />
❧<br />
Wenn man Gehörtes mit Eigenem<br />
vergleichen kann, ist es möglich,<br />
Rückmeldungen zu formulieren.<br />
Wieder wird eine Lektüre mit der ganzen Klasse gelesen,<br />
dieses Mal können die Kinder die Geschichte bereits selbst<br />
erlesen. Daher bietet es sich an, dass jedes Kind seine eigene<br />
Lesekiste gestalte und befüllt. Hier<strong>für</strong> bringen die<br />
Schüler einen Schuhkarton mit in die Schule und gestalten<br />
diesen passend zum Buch. Zum Einstieg in ein neues Kapitel<br />
können alle einen Blick in die Lesekisten der Klassenkameraden<br />
werfen. Ein Kind präsentiert seine Lesekiste auf<br />
dem Königsstuhl und erzählt den bisher gelesenen Inhalt<br />
mit den Stabfiguren nach.<br />
❧<br />
Spiralförmig wird bereits Gelerntes aufgegriffen,<br />
erweitert und vertieft.<br />
Jeder Schüler soll laut Bildungsplan mindestens eine Projektpräsentation<br />
im Fächerverbund MeNuK bis zum Ende<br />
der Eingangsstufe durchführen, z. B. zum Ende des ersten<br />
Schulhalbjahres der 2. Klasse. Zur Vorbereitung bietet es<br />
sich an, in einer vierten Klasse zu hospitieren, da in dieser<br />
Zeit meist auch dort Projektpräsentationen stattfinden.<br />
Der erste Vortrag der Schüler könnte über das eigene Instrument,<br />
ein Hobby oder Lieblingstier gehalten werden.<br />
Gemeinsam werden im Unterricht die Schritte hin zu einer<br />
Präsentation erarbeitet (Worüber werde ich präsentieren?<br />
Was will ich dabei alles erzählen? Wo<strong>für</strong> ist ein Plakat hilfreich?<br />
Möchte ich etwas vorführen? u. a. ). Eine beispielhafte<br />
Zusammenfassung sehen die Zweitklässler dann<br />
bei der Präsentation einer oder mehrerer Viertklässler. Im<br />
Märchenhafte Präsentierhilfe:<br />
„Der Kronen-Leseständer“<br />
Anschluss bearbeiten die Zweitklässler ihre eigenen Aufschriebe<br />
und Vorbereitungen zu ihrem Vortrag. Hier<strong>für</strong> ist<br />
eine Art Mind Map (siehe Kopiervorlagen) zu allem, was<br />
die Kinder sagen wollen, von großer Bedeutung. Gemein-<br />
sam erarbeitete Leitfragen werden als<br />
Gedächtnisstützen an der Tafel sichtbar<br />
gemacht.<br />
Mögliche Leitfragen <strong>für</strong> einen<br />
Instrumentenvortrag könnten sein:<br />
❧ Wie heißt mein Instrument?<br />
❧ Aus welchen Teilen besteht es?<br />
❧ Worauf muss ich vor/während/nach<br />
dem Spielen achten?<br />
❧ Seit wann spiele ich dieses Instrument?<br />
❧ Wie oft muss ich üben?<br />
❧ Wann und bei wem habe ich<br />
Unterricht?<br />
❧ Wie groß, schwer oder teuer war mein<br />
Instrument?<br />
Wenn die Kinder ihre Mind Map und ihr Plakat fertig gestaltet<br />
haben, werden die Viertklässler als Experten eingeladen<br />
und klassengemischte Paare gebildet. Nun können<br />
die Schüler der zweiten Klasse den „Viertklass-Profis“ in der<br />
Erlebnisheft<br />
Blitzlicht<br />
Das Erlebnisheft ist ein blanko DIN-A4-Heft, in<br />
das gemeinsam erlebte Highlights der ersten<br />
und zweiten Klasse gemalt, geklebt, geschrieben<br />
werden. Der erste Eintrag sollte natürlich<br />
die Einschulungsfeier sein. Hier können die<br />
meisten Kinder nur ein passendes Bild malen.<br />
Vielleicht überraschen Sie auch ein paar Schulanfänger<br />
mit ersten Schriftzügen!<br />
Je besser die Kinder schreiben können, um so<br />
eher werden sie auch Gedanken und Erinnerungen<br />
in das Erlebnisheft schreiben. Eintrittskarten<br />
oder Erinnerungsfotos ergänzen ein gemeinsames<br />
Erlebnis und dessen Niederschrift.<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
21
UnterrichtsprAXis<br />
Die Lesekiste füllt sich von Tag zu Tag<br />
mit Gegenständen zur Klassenlektüre<br />
1:1-Situation ihren Vortrag vorstellen, mit ihnen üben und<br />
sich wichtige Tipps abholen.<br />
Nach dieser sehr wichtigen und ertragreichen Phase sind<br />
die Schüler bereit <strong>für</strong> ihren ersten Vortrag auf dem Königsstuhl,<br />
mit Kronen-Leseständer und <strong>guten</strong><br />
Vorbereitungen. Jedes Kind erhält als Andenken<br />
an dieses wichtige Ereignis ein<br />
Erinnerungsfoto zum Einkleben in das Erlebnisheft.<br />
Nach den Präsentationen holen<br />
sich die Kinder wieder drei Rückmeldungen<br />
von ihren Klassenkameraden ab.<br />
Auch Sie als Lehrkraft sollten eine passende<br />
und die Kinder voranbringende<br />
Rückmeldung geben; die beigefügten<br />
Beobachtungsbögen können Ihnen hier<strong>für</strong><br />
Ansatzpunkte bieten.<br />
❧<br />
Kinder ahmen eher Kinder<br />
als Erwachsene nach.<br />
Zweites Schulhalbjahr, Klasse 2<br />
Individuelle Erarbeitung einer Buchpräsentation<br />
Erneut wird eine Klassenlektüre gemeinsam erlesen, große<br />
und kleine Lesekisten werden befüllt und präsentiert. Wenn<br />
Sie eine zweite Klasse in Deutsch unterrichten, könnten Sie<br />
offene Lesezeiten einführen.<br />
15 Minuten vor Unterrichtsbeginn können die Schüler ins<br />
Klassenzimmer kommen und sich ein Buch aus der Leseecke<br />
aussuchen. Sie dürfen es sich im Zimmer gemütlich<br />
machen und sich ins Buch einlesen. Wichtige Regel hierbei<br />
ist, dass alle Kinder, die kommen, leise sein müssen, um die<br />
Lesenden nicht zu stören. Um alle Kinder ans Buchlesen<br />
heranzuführen, wird die Lesezeit in den Unterricht integriert<br />
und endet erst 15 Minuten nach dem offiziellen Unterrichtsbeginn.<br />
Die Kinder können sich anschließend entscheiden,<br />
ob sie das angefangene Buch ausleihen wollen<br />
oder wieder aufräumen. Um allen Kindern Appetit auf Bücher<br />
zu machen, dürfen je 3-5 Kinder auf dem Königsstuhl<br />
ihr Leihbuch vorstellen – dabei wird der Name des Buches<br />
und ein paar Sätze vom ersten Kapitel vorgelesen.<br />
❧<br />
Die offene Lesezeit ist ein schöner Anfang in einen<br />
neuen Schultag!<br />
Märchenhafte Präsentierhilfe:<br />
„Die Klassenlesekiste“<br />
Ebenfalls Vorgabe des Bildungsplanes ist eine Buchpräsentation<br />
bis zum Ende des zweiten Schuljahres. Eine Buchauswahl<br />
sollte von der Lehrkraft vorbereitet sein, um weniger<br />
begeisterten Lesern die Möglichkeit zur Auswahl zu geben.<br />
Natürlich dürfen alle Kinder auch ihr ei-<br />
genes Lieblingsbuch vorstellen. Die bekannte<br />
Methode der Lesekiste soll auch<br />
<strong>für</strong> diesen Vortrag verwendet werden.<br />
Mithilfe des Buchpräsentationsbogens<br />
(KV Buchvortrag) bereiten sich die Kinder<br />
selbstständig auf ihren Vortrag vor. Eine<br />
Zusammenarbeit mit Klasse 4 ist auch<br />
an dieser Stelle von großem Vorteil <strong>für</strong><br />
alle Beteiligten. Am Tag der Buchpräsentation<br />
werden, wie auch beim MeNuK-<br />
Vortrag, der Königsstuhl, der Kronen-Leseständer<br />
und ein kleines Tischchen <strong>für</strong><br />
die Kinder bereitgestellt. Auch hier darf<br />
ein Erinnerungsfoto nicht fehlen. Der Beobachtungsbogen<br />
(KV MeNuK-Vortrag)<br />
ist bereitgelegt. Klassenkameraden und<br />
Lehrkraft geben Rückmeldungen. Abschließend könnten<br />
gemeinsam drei Vorträge ausgewählt werden, die der<br />
vierten Klasse präsentiert werden.<br />
❧<br />
Inzwischen haben die Schüler ihre Ängste überwunden<br />
und ihre personale Kompetenz gestärkt.<br />
Einen schönen Abschluss bildet ein Buchfest zum Ende der<br />
zweiten Klasse. Hier<strong>für</strong> werden die Eltern eingeladen, die<br />
Buchausstellung im Klassenzimmer zu besuchen. Die Kinder<br />
sind als Experten <strong>für</strong> dieses Buch Ansprechpartner und<br />
präsentieren ihre detailreich befüllten Lesekisten. Rückfragen<br />
der Eltern können selbstbewusst beantwortet werden.<br />
Vielleicht werden auch einzelne Sequenzen aus den<br />
Büchern vorgestellt und mit Hilfe der Erinnerungsstücke<br />
nacherzählt.<br />
Und siehe da: Der Vortrag vor älteren und höherqualifizierten<br />
Personen fällt den geübten, kleinen Referenten gar<br />
nicht schwer, denn …<br />
"<br />
Ubung macht den Meister!<br />
22 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
Mein Name ist: ............................................................................................................................................<br />
Mein Lieblingsbuch heißt: ..............................................................................................<br />
konkret<br />
..........................................................................................................................................................<br />
Dieser Autor / diese Autorin hat das Buch geschrieben: ...................................................<br />
.................................................................................................................................................................................<br />
Von dieser Hauptfigur handelt das Buch:....................................................................................<br />
...............................................................................................................................................................<br />
...............................................................................................................................................................<br />
In meiner Lesekiste sind diese Erinnerungsstücke: ................................................................<br />
.....................................................................................................................................................<br />
.....................................................................................................................................................<br />
Mit meiner Lesekiste erzähle ich euch, was in meinem Lieblingsbuch<br />
passiert:<br />
Diese Stelle ...............................................................................................................................<br />
möchte ich euch vorlesen, weil..........................................................................................................<br />
Mein Lieblingsbuch sollte jeder lesen, der ...............................................................<br />
.................................................................................................................................................................................<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
23
konkret<br />
MeNuK-Vortrag/ Instrumente (Beobachtungsbogen)<br />
Name:<br />
Einleitungssatz<br />
Mind Map<br />
Orientierungshilfe<br />
nicht benutzt<br />
Gestaltung/Schriftbild<br />
Inhalt<br />
Lernzuwachs <strong>für</strong> Zuhörer<br />
über das Thema hinaus<br />
Vortrag<br />
frei<br />
abgelesen<br />
klare und deutliche<br />
Aussprache<br />
Blickkontakt zu Zuhörern<br />
Plakat<br />
Gestaltung<br />
Beschriftung<br />
Erklärung dazu<br />
Überleitung zum Vorspiel<br />
Vorspiel<br />
Rückmeldungen von/was?<br />
Bewertung<br />
24 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
Buch-Vortrag (Beobachtungsbogen)<br />
Name:<br />
Einleitungssatz<br />
Vortragsskizze<br />
konkret<br />
Orientierungshilfe<br />
nicht benutzt<br />
Gestaltung/Schriftbild<br />
Inhalt<br />
Reihenfolge eingehalten?<br />
schlüssig?<br />
schmackhaft gemacht?<br />
Spannung aufgebaut?<br />
Lesekiste<br />
Orientierungshilfe<br />
nicht benutzt<br />
Füllung<br />
Erklärung dazu<br />
Gestaltung<br />
Vortrag<br />
frei<br />
abgelesen<br />
klare und deutliche<br />
Aussprache<br />
Blickkontakt zu Zuhörern<br />
Vorlesestelle<br />
Auswahl?<br />
geübt?<br />
Rückmeldungen von/was?<br />
Bewertung<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
25
UnterrichtsprAXis<br />
enGlisch | KlAsse 3/4<br />
Annika Werner<br />
„It’s time for a fairy tale!“<br />
Märchenerzählen durch Storytelling<br />
im Englischunterricht der Grundschule<br />
Märchen haben seit je her eine lange Tradition und stellen einen wichtigen Teil jeder Kultur<br />
dar. So können Märchen im Sinne des interkulturellen Lehrens und Lernens auch im<br />
Englischunterricht der Grundschule mit der Storytelling-Methode spielerisch behandelt<br />
und fächerübergreifend vertieft werden.<br />
Die Storytelling-<br />
Methode<br />
Unter Storytelling wird in der Didaktik<br />
des Englischunterrichts das<br />
freie Erzählen einer Geschichte<br />
unter Einsatz von Gestik, Mimik,<br />
Körpersprache, Stimm- und<br />
Sprachmodellierung sowie Bildern<br />
und Objekten verstanden.<br />
Aufbereitet wird das Erzählen<br />
durch pre-listening-, while-listening-<br />
und post-listening activities,<br />
die sinnvoll und motivierend sein<br />
und Herausforderung und Lernzuwachs<br />
darstellen sollen, wobei<br />
der Kreativität der Lehrkraft kaum<br />
Grenzen gesetzt sind.<br />
Englische Märchen sind <strong>für</strong> Storytelling im Englischunterricht<br />
am authentischsten und können eines der wichtigsten<br />
Ziele des Fremdsprachenunterrichts, die interkulturelle<br />
Kompetenz, fördern (vgl. Legutke et al., 2009). Aber auch<br />
übersetzte deutsche oder anderssprachige Märchen können<br />
durch Storytelling vermittelt werden. Sie sind zwar<br />
weniger authentisch, da sie nicht in der Originalsprache<br />
präsentiert werden, aber dennoch wird Kultur vermittelt.<br />
Gerade am Anfang des Englischlernens können Schülerinnen<br />
und Schüler eigenes Wissen über das Märchen als<br />
Stütze nehmen. Das Märchen kann dazu auch in anderen<br />
Fächern parallel behandelt werden.<br />
Illustration: Ludwig Richter<br />
Beim Storytelling findet generell<br />
eine Schulung des Hörverständnisses,<br />
der Sinnkonstruktion und<br />
eine Erweiterung des Vokabulars<br />
statt.<br />
(vgl. Niemeier und Urban, 2010)<br />
Vor dem Erzählen<br />
Für das Storytelling ist es wichtig,<br />
direkt zum Einstieg eine gemütliche,<br />
spannende Atmosphäre zu<br />
schaffen, um die Klasse zu motivieren<br />
und zu fesseln. Dann können<br />
Sie direkt mit dem Erzählen<br />
beginnen, oder erst eine pre-listening<br />
activity durchführen, z.B. :<br />
❧ Legen Sie Objekte oder Bilder<br />
aus, um die Klasse erraten<br />
zu lassen, welches Märchen es sein könnte oder<br />
wovon es handelt (For our fairy tale today I brought you<br />
some objects. What fairy tale do you think it could be?/<br />
What could the fairy tale be about?).<br />
❧ Wenn Sie ein Märchen erzählen, bei dem unbekannte,<br />
aber wichtige Vokabeln vorkommen, die man schwer<br />
über Mimik, Gestik oder Lautmalerei darstellen kann,<br />
sollten diese Schlüsselbegriffe zuerst mit verschiedenen<br />
Spielen anhand der Objekte/Bildkarten eingeführt<br />
werden, welche später in der Geschichte verwendet<br />
werden.<br />
26 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
UnterrichtsprAXis<br />
❧ Oder Sie trainieren das Verstehen aus dem Kontext,<br />
führen keine Vokabeln ein und nutzen Ihre Objekte<br />
und Bilder <strong>für</strong> die wichtigen Vokabeln direkt während<br />
des Erzählens.<br />
(vgl. Niemeier und Urban, 2010 und Wright, 2009)<br />
Während des Erzählens<br />
Verwenden Sie beim freien Erzählen kurze<br />
Sätze, Wiederholungen und unterstreichen<br />
Sie Ihre Aussagen möglichst viel mit Gestik,<br />
Mimik und Körpersprache, um den Schülerinnen<br />
und Schülern die Möglichkeit zu geben, die Bedeutung<br />
aus dem Kontext zu erfassen. Wenn Sie die Geschichte<br />
zum ersten Mal erzählen, braucht die Klasse nicht<br />
unbedingt eine while-listening Aufgabe, selbst dann nicht,<br />
wenn das Märchen zumindest einem Teil der Klasse auf<br />
Deutsch bekannt ist. Die Freude am Zuhören, am Verstehen<br />
und am Konstruieren des Sinnzusammenhanges beim<br />
ersten Eintauchen in die Märchenwelt sollte nicht gleich<br />
durch Aufgaben erstickt werden.<br />
❧ Beim wiederholten Erzählen können die Schülerinnen<br />
und Schüler aber z.B. auf Ihr Zeichen hin Soundeffekte<br />
erzeugen (The wind is blowing. What sound does wind<br />
make?).<br />
❧ Die Schüler zeigen auf Bildkarten/Objekte oder legen<br />
diese ab, wenn sie genannt werden (Can you show me<br />
which picture shows the witch?).<br />
❧ Sie als Lehrkraft können pausieren und Vorhersagen<br />
treffen lassen (Do you remember what happened next?).<br />
❧ Sie erzählen das Märchen falsch und lassen sich korrigieren<br />
(Oh, I think I made a mistake. How did the story go<br />
again?).<br />
(vgl. Wright, 2009)<br />
Alle Aktivitäten, die keinen großen Umbau oder lange Unterbrechung<br />
benötigen, sind möglich.<br />
❧ Bild und Satz zuordnen<br />
(Which picture fits this sentence?)<br />
❧ als Schreibanlass z.B. ein Leporello mit eigenem Text<br />
oder ein Theaterstück erstellen,<br />
❧ fächerübergreifend arbeiten<br />
(vgl. Niemeier und Urban, 2010 und Wright, 2009)<br />
Unterrichtsidee „Hansel<br />
and Gretel“<br />
Der folgende Text des Märchens (KV 1) Hansel<br />
and Gretel zeigt eine Möglichkeit, wie man<br />
ein Märchen übersetzen, didaktisch vereinfachen und als<br />
Vorlage zum Erzählen nutzen kann. Die Bildschablonen<br />
in (KV 2) sind vergrößert als Bildkarten zur Vokabelarbeit<br />
sowie <strong>für</strong> ein Schattenspiel auf dem Overheadprojektor<br />
begleitend zum Erzählen gedacht. Sie können außerdem<br />
auch in DIN A3 <strong>für</strong> ein von der Klasse selbst erarbeitetes<br />
Theaterschattenspiel oder einen Kurzfilm genutzt werden.<br />
Im Klassensatz kopiert sind die Schablonen auch nutzbar<br />
<strong>für</strong> Collagen oder Fensterbilder und damit zur fächerübergreifenden<br />
Arbeit z.B. im Deutsch-, Musik- oder Kunstunterricht.<br />
❧<br />
Zum Weiterlesen<br />
❧<br />
Ellis, G. and Brewster, J.: Tell it again! The new storytelling handbook for primary<br />
teachers. Harlow: Longman, 2002.<br />
Legutke, M. et al.: Teaching English in the Primary School. Stuttgart: Klett, 2009.<br />
Niemeier, S. und Urban, K.: Frühbeginn Englisch. Braunschweig:<br />
Westermann, 2010.<br />
Slattery, M. and Willis, J.: English for Primary Teachers: A handbook of activities<br />
& classroom language. Oxford: Oxford University Press, 2001.<br />
Wright, A.: Storytelling with children. Oxford: Oxford University Press, 2009.<br />
Nach dem Erzählen<br />
Als post-listening activity zur tieferen Auseinandersetzung<br />
und Aufarbeitung des Märchens<br />
gibt es zahlreiche Möglichkeiten, z.B:<br />
❧ Bildkarten/Objekte in die richtige Reihenfolge legen<br />
(Do you remember how the story went?)<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
27
konkret<br />
KV 1<br />
Hansel and Gretel<br />
Once upon a time there were a boy called Hansel () and a girl, called Gretel<br />
(). They were brother and sister. One day their stepmother left them in<br />
the dark forest (), because the family was really poor and had not enough<br />
to eat () at home. But Hansel and Gretel () knew () the plans of their<br />
stepmother. So they left bread crumbs () on the path to find their way<br />
back home in the evening. But by then the birds () had eaten () all the<br />
bread crumbs (). So Hansel and Gretel () were lost in the forest (). They<br />
walked and walked and walked () but could not find () their way back<br />
home. Hansel and Gretel () got really sad () and also hungry ().<br />
They kept walking and walking and walking () and suddenly – oh! There<br />
was a little house () in the woods (). The house () was made out of<br />
gingerbread, sugar and a lot of candy ()! Hansel and Gretel () were so<br />
hungry () that they each took () a big piece of gingerbread and candy<br />
() and started eating (). All of a sudden the door opened (), and an old<br />
witch () looked () at the children. Hansel and Gretel () were scared ()!<br />
But the old witch () said: “You poor children, you must be very hungry ().<br />
Come inside (), and I will give you even more to eat ()!” Hansel and Gretel<br />
were so hungry (), and the witch () seemed very nice and friendly, so<br />
they followed () her into the house ().<br />
But the witch () was evil () and wanted to eat () the children ()! She<br />
locked () Hansel into a cage (). And Gretel had to help her cook () for<br />
Hansel so he would grow fat () enough for the witch () to eat () him.<br />
The witch () would often go () to Hansel in his cage () and touch his<br />
finger () to see if he was fat () enough. But Gretel was clever (). Once,<br />
when the witch looked () into the oven to see if it was hot enough for<br />
cooking (), Gretel pushed () the witch into the oven (), closed () the<br />
door, and the witch died (). Then Gretel ran () to Hansel and opened ()<br />
the cage (). Hansel and Gretel left the house (), as fast as they could, and<br />
ran and ran and ran () through the forest (). And finally they got home<br />
to their father, who was so happy () to see them again.<br />
() = Auflegen/Bewegen der Schablonen<br />
() = Mimik, Gestik, deutliche Wortbetonung<br />
28 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
KV 2<br />
Hansel and Gretel<br />
Bildschablonen <strong>für</strong> Erzählkarten, Vokabelarbeit oder Schattenspiel<br />
konkret<br />
Zeichnungen: Kathrin Eckhardt 2012<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
29
UnterrichtsprAXis<br />
Englisch/Französisch | KlassE 3–6<br />
Yvonne Bison, Anna-Lena Hauck<br />
„Mirror, mirror on the wall ...“<br />
„Miroir, miroir en bois d’ébène ...“<br />
Fremdsprachenlernen im Märchenland<br />
Märchen sind Träger wichtigen Kulturguts. Sie sind spannend, von inhaltlicher und<br />
sprachlicher Besonderheit, sie laden zum Träumen ein und es gibt sie in allen Ländern dieser<br />
Welt. Dass Märchen Einzug in die Schule und in den Fremdsprachenunterricht erhalten,<br />
ist mit Sicherheit nicht nur mit den Forderungen der Bildungs- und Lehrpläne, sondern auch<br />
mit den zuvor genannten Märchen-Eigenschaften in Verbindung zu bringen. Der vorliegende<br />
Artikel beinhaltet variabel einsetzbare Unterrichtsideen und stützt sich auf die Frage,<br />
wie Märchen in einen handlungsorientierten und kommunikativen Fremdsprachenunterricht<br />
integriert werden können.<br />
Grundlagen<br />
Die dargestellten Unterrichtsideen basieren<br />
auf einer prozess- und handlungsorientierten<br />
Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts,<br />
in welchem das Spiel verstärkt Berücksichtigung<br />
findet. Des Weiteren liegen den Umsetzungs-möglichkeiten<br />
die Orientierung am<br />
Erwerb der „4 skills“ sowie die situative Kommunikation<br />
innerhalb Dialogen zugrunde. Es<br />
sollen echte Sprechakte auf einer Wortschatzbasis<br />
entstehen, die sich an der Lebenswelt<br />
der Schüler orientiert und das Kulturgut „Märchen“<br />
als solches reflektiert.<br />
Märchen schaffen Anlass <strong>für</strong> interkulturelles<br />
Lernen, denn die Schüler erkennen Muster<br />
und Inhalte aus den Märchenerzählungen<br />
wieder und bemerken gleichermaßen kulturelle<br />
Unterschiede und Eigenheiten.<br />
Im Fremdsprachenunterricht sind visuelle<br />
Impulse von großer Bedeutung, da ein bildgestütztes<br />
Erzählen Selbstvertrauen in die<br />
eigene Kompetenz der Sprachrezeption schafft.<br />
Les Fées (Frankreich)<br />
Jack and the Beanstalk<br />
(England)<br />
Schüler auf eine harte Probe stellt. Empfehlenswert<br />
ist daher das Anwenden der E-I-S-<br />
Methode, bei der das Einprägen von Vokabeln<br />
schrittweise auf der enaktiven (Realia, Bewegungen),<br />
der ikonischen (Abbildung) und<br />
schließlich der symbolischen (Schriftbild) Stufe<br />
erfolgt. Werden die Stufen darüber hinaus<br />
durch das Lernen durch Bewegung ergänzt,<br />
kann der Merkeffekt noch weiter optimiert<br />
werden.<br />
Aufbau<br />
Lernumgebung<br />
Anhand der Märchen „Les fées“ und „Jack and<br />
the Beanstalk“ werden Unterrichtsideen <strong>für</strong><br />
den Englisch- und den Französischunterricht<br />
in den Klassenstufen 3 bis 6 beschrieben. Es<br />
handelt sich dabei um Unterrichtsideen, die<br />
offen gestaltet sind, sodass eine Umsetzung<br />
bzw. Übertragung in vielen verschiedenen<br />
Lernergruppen möglich ist.<br />
Häufig liegen in der Praxis die Stunden des Fremdsprachenunterrichts<br />
weit auseinander, was die Merkleistung der<br />
Visuelle Reize bergen vielfältige Gesprächsanlässe. Es gilt<br />
daher, auch im Fremdsprachenunterricht <strong>für</strong> eine Lern-<br />
Wir schreiben vom Lehrer, Schüler, etc. Wir verstehen diese Form als geschlechtsneutralesl Nomen generale.<br />
30 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
Once upon a time …<br />
Fairy tales in the English classroom<br />
UnterrichtsprAXis<br />
numgebung zu sorgen, die kommunikative Interaktionen<br />
ermöglicht.<br />
❧ Ideenfindung: Die Schüler fertigen eine Mind-Map<br />
oder eine märchenhafte To-Do-Liste an, in welcher<br />
sie Ideen <strong>für</strong> die Klassenzimmergestaltung festhalten.<br />
Im „Double Circle“ (= „Kugellager“) tauschen sich die<br />
Schüler über ihre Ideen aus. Im Anschluss wird festgelegt,<br />
welche Ideen realisierbar sind und wer <strong>für</strong> welche<br />
Umsetzung verantwortlich und Ansprechpartner ist.<br />
Rituale<br />
Rituale geben Sicherheit und sorgen <strong>für</strong> einen strukturierten<br />
Rahmen. Sie haben Signalwirkung und Symbolkraft<br />
und sollen bestimmte Inhalte und Phasen verbinden, entlasten<br />
oder einführen.<br />
❧ Fairy sounds / L’ambiance féerique: Die Schüler erarbeiten<br />
verschiedene magische Töne, welche mit dem<br />
Orff-Instrumentarium, mit dem eigenen Körper oder<br />
unter Zuhilfenahme entsprechender Musikstücke produziert<br />
werden können. Die produzierten Geräusche<br />
markieren Phasenübergänge oder werden als Begrüßungs-<br />
oder Verabschiedungsritual eingesetzt.<br />
❧ Fairy names / Les noms féeriques: Die Schüler wählen<br />
Märchen-Pseudonyme, die in den Märchen-Stunden<br />
den eigenen Namen ersetzen. Die Schüler werden<br />
mit authentischem, fremdsprachlichem Material<br />
konfrontiert und dazu angehalten, ihre Merkfähigkeit<br />
zu trainieren.<br />
Märchen in Frankreich<br />
In Frankreich gelangte Charles Perrault (1628–1703) zu Ehren,<br />
als er Ende des 17. Jahrhunderts Volksmärchen publi-<br />
zierte. Seine Versionen von Dornröschen (La Belle au bois<br />
dormant), Rotkäppchen (Le petit Chaperon rouge) oder Der<br />
gestiefelte Kater (Le Chat botté) sind in Frankreich weit verbreitet.<br />
❧ Das ausgewählte Märchen „Les fées – un conte de<br />
Charles Perrault“ ist so didaktisiert, dass sich einfache<br />
Satzstrukturen wiederholen und weitgehend transparentes<br />
Vokabular das Hörverstehen erleichtert.<br />
Comment faire?<br />
Zunächst kann zum Einstieg eine situative Einbettung und<br />
sprachliche Vorentlastung erfolgen durch einen<br />
❧ Wunschbrunnen: Aus einem Plastikbottich, Gipsbändern<br />
und Acrylfarbe lässt sich ein ansehnlicher<br />
Brunnen basteln, der ähnlich einer Lesekiste mit Gegenständen<br />
gefüllt wird, die in der Geschichte eine<br />
bedeutende Rolle spielen.<br />
❧ Mögliche Gegenstände: ein kleiner Besen, eine Küchenschürze,<br />
ein Tonkrug, Perlen als Edelsteine, Blumen,<br />
Rosenblätter, Plastikkröten und -schlangen etc.<br />
Beim Erzählen des Märchens können die jeweiligen Gegenstände<br />
herausgenommen werden. Diese Phase kann<br />
zusätzlich gestützt werden durch<br />
❧ Stabpuppen als Schattenspiel am Tageslichtprojektor.<br />
Der Erzählstrang wird deutlich visualisiert und kann<br />
bei einem zweiten und dritten Erzählen von Schülern<br />
gespielt werden. (siehe KV 2 – „Hansel and Gretel“, Bildschablonen<br />
von K. Eckhardt)<br />
❧ Die Puppen finden ihre Wiederverwendung, wenn das<br />
Märchen nachgespielt wird als Rollenspiel. Dialogkärtchen<br />
unterstützen das Aufsagen kurzer einfacher<br />
Texte:<br />
mère: belle‐fille: fée: belle‐fille:<br />
Vas à la fontaine! Oui maman! J‘ai soif! Tiens.<br />
Je veux de l‘eau!<br />
Prends de l‘eau.<br />
Je te donne<br />
ma cruche.<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
31
UnterrichtsprAXis<br />
Il était une fois …<br />
Les contes de fées en classe française<br />
Die Figuren können mit typischen Bewegungen<br />
verknüpft werden, um wesentliche Charaktereigenschaften<br />
zu verdeutlichen und nachzuempfinden, wie<br />
beispielsweise ein graziöses Öffnen der Arme <strong>für</strong> das<br />
hübsche Mädchen oder ein grobes, breitbeiniges Aufstampfen<br />
bei der bösen Stiefmutter etc.<br />
Et alors?<br />
Das Märchen darf neu erfunden werden mithilfe von<br />
❧ Märchenwürfeln (siehe Vorlage). Jede Würfelseite<br />
zeigt ein Bild einer bekannten Vokabel. Es gibt einen<br />
Würfel <strong>für</strong> die Helden, einen <strong>für</strong> Gegenstände, einen<br />
<strong>für</strong> Orte, einen <strong>für</strong> Bösewichte etc. Die Kinder beginnen<br />
mit dem Heldenwürfel und „würfeln“ so das<br />
Schicksal der Prinzessin, die zum Beispiel mit einem<br />
Korb voll Wein und Kuchen zu einer Pforte wandert,<br />
wo ein hässlicher Frosch auf sie wartet: «La princesse a<br />
un panier avec un gateau et une bouteille de vin. Elle va<br />
à une grande porte. Là, une grande grenouille très laide<br />
attend. ...» (Würfel vgl. auch:<br />
http://jt44.free.fr/abc/des-a-conter-1.pdf)<br />
Vorlage <strong>für</strong> einen Märchenwürfel<br />
Die Bezeichnungen bekannter Märchenfiguren können geübt<br />
werden mit einem schlicht gehaltenen<br />
❧ Qui est-ce?-Spiel: Auf einer Figurenkarte steht eine<br />
bekannte Märchenfigur, die es zu erraten gilt. Die<br />
Kinder sitzen im Kreis, ein Kind sitzt mit verbundenen<br />
Augen in der Mitte. Es muss erraten, wer auf der Karte<br />
steht. Die Gruppe fragt nun „Qui est-ce?“ und das Kind<br />
zählt nun ihm bekannte Figuren auf: „C’est la sorcière?“<br />
Die Gruppe antwortet jeweils „Oui“ oder „Non“.<br />
❧ Variante: Gegenstände-Karten, die mit der Fragestellung<br />
„Qu’est-ce que c’est?“ gespielt werden.<br />
❧ Differenzierung: Je nach Leistungsstand kann die<br />
Fragestruktur komplexer werden. Anstatt „C’est la<br />
princesse?“ muss gefragt werden „Est-ce que la personne<br />
porte une robe?“ usw.<br />
Märchen in England<br />
„Jack and the Beanstalk“ ist ein englisches Volksmärchen<br />
und so didaktisiert, dass die Wortwahl zwar vereinfacht,<br />
die Zeit (simple past) jedoch beibehalten wurde, um der<br />
klassischen Märchenform gerecht zu werden.<br />
How to start?<br />
Der Einstieg kann mit einer<br />
❧ Märchenschatztruhe erfolgen, die mit verschiedenen<br />
märchenhaften Gegenständen gefüllt ist, welche Gesprächsanlass<br />
und ermöglichen die Bildung einfacher<br />
Sätze sowie einen handelnden Umgang mittels der<br />
TPVR-Methode ermöglichen. Hypothesen können gebildet<br />
und Vorahnungen versprachlicht werden. Selbige<br />
werden dann während bzw. nach der Präsentation<br />
des Märchens überprüft.<br />
Mögliche Realia / Bildmaterial: Bohnen, eine Bohnenpflanze<br />
(-ranke), Bild einer Henne, goldene Eier, Harfenklänge<br />
auf CD, Bild einer Kuh, Bild eines Riesen etc.<br />
❧ Sind die Schüler bereits mit grundlegendem sprachlichem<br />
Material vertraut, kann das Märchen auch über<br />
ein Pantomimen-Spiel eingeführt werden. Die Schü-<br />
32 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
pulchritudinous flowers …<br />
… and prodigious princesses<br />
UnterrichtsprAXis<br />
ler erhalten Karten, mit dem Bild des darzustellenden<br />
Charakters/Gegendstands (bei bekanntem Sprachmaterial<br />
ggf. auch das Wortbild sowie eine Anweisung auf<br />
Englisch). Der Charakter/Gegenstand wird erraten und<br />
märchenhaft gesprochen („We are all giants now and<br />
we say: HEN! We are all hens now and we say: harp, harp,<br />
harp.”).<br />
Um die Märchen-Stunden einzuläuten oder abzuschließen,<br />
eignet sich ein Sprechvers besonders:<br />
“Mirror, mirror on the wall.<br />
Come, appear and hear my call.” –<br />
“Here I am, come take my hand,<br />
I’ll bring you to a fairyland.”<br />
Taboo-Card<br />
beanstalk<br />
vegetable<br />
green<br />
(to) climb<br />
(to) eat<br />
five<br />
While-reading-activities<br />
❧ Fairy-Map: Die Schüler zeichnen (beschriften ggf.)<br />
wichtige Orte, Personen und Dinge auf einer Landkarte<br />
(als Vorlage bietet sich z.B. der Länderumriss Großbritanniens<br />
an).<br />
❧ Blackboard-Beanstalk: Eine Bohnenranke an der Tafel<br />
wird während des Vorlesens/Erzählens mit Flashcards<br />
bestückt, um einzelne Handlungsschritte zu verdeutlichen.<br />
Diese visuellen Stützen sind <strong>für</strong> die Anschlusskommunikation<br />
bedeutsam und hilfreich.<br />
Post-reading-activities<br />
❧ Taboo-Cards: Die Schüler erstellen zum Märchen Taboo-Cards<br />
und beschreiben dabei wesentliche Inhalte<br />
und zentrale Charaktere oder Objekte. Das folgende<br />
Beispiel zeigt eine mögliche Kartengestaltung. Beim<br />
Spiel müssen die Schüler das Märchenwort beschreiben,<br />
ohne die fünf (ggf. weniger) Wörter auf der Karte<br />
zu benutzen. Die Klasse errät das gesuchte Wort.<br />
❧ Fairy words in our dictionary: Auch in den Märchenstunden<br />
können zentrale Elemente des Fremdsprachenunterrichts<br />
wie beispielsweise die Wörterbucharbeit<br />
ihren Platz finden. So begeben sich die Schüler auf<br />
die Suche nach Märchenwörtern, die sie mit anderen<br />
Wörtern verbinden, im Wörterbuch überprüfen und<br />
schließlich schriftbildlich gestalten.<br />
Mögliche Zusammensetzungen:<br />
ferocious frog<br />
sepulchral voice<br />
prodigious princess<br />
pulchritudinous flower<br />
hideous dragon<br />
❧ Producing a CD: Der Text wird in verteilten Rollen<br />
gelesen und mehrfach geübt. Die produzierten Geräusche,<br />
Töne und Melodien aus den Ritualphasen<br />
werden in die Lesung integriert. Mittels eines MP3-<br />
Recorders wird die „Performance“ aufgezeichnet und<br />
ggf. am Computer nachbearbeitet. (Frei zugängliche<br />
Programme wie „Audacity“ ermöglichen eine unkomplizierte<br />
Bearbeitung.) Die Produktion einer CD motiviert<br />
und kann den Leistungsstand einzelner Schüler<br />
aufzeigen und dokumentieren.<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
33
❧<br />
❧<br />
❧<br />
❧<br />
konkret<br />
❧ Les Fées<br />
l était une fois ...<br />
Une femme a deux filles: Une fille qui<br />
est comme elle: laide et absolument<br />
désagréable. L’autre fille est le contraire:<br />
très jolie, honnête et douce. Elle<br />
est la plus belle fille du pays.<br />
La mère est méchante et la pauvre fille<br />
doit travailler toute la journée. Deux<br />
fois par jour, la fille doit aller à la fontaine<br />
pour chercher de<br />
l’eau.<br />
Un jour elle va à la fontaine<br />
avec une grande<br />
cruche. Une vieille femme<br />
arrive. Elle demande la fille<br />
de lui donner à boire.<br />
La gentille fille répond: «<br />
Oui, bien sûr. Prends ma<br />
cruche.» La vieille femme<br />
boit et elle dit: «Merci ma<br />
belle fille. Tu es si bonne<br />
et si honnête, je te fait un cadeau. »<br />
La vieille femme est une fée en forme<br />
d’une pauvre femme! Elle enchante<br />
la jeune fille: Quand la fille ouvre la<br />
bouche pour dire quelque chose, des<br />
fleurs et des pierres précieuses vont<br />
sortir.<br />
La jeune fille rentre à la maison. Sa mère<br />
est en colère, parce que la fille rentre si<br />
tard de la fontaine. Mais quand la fille<br />
demande pardon, elle ouvre sa bouche<br />
et deux roses, deux perles et deux gros<br />
diamants sortent de la bouche!<br />
La mère méchante est tout étonnée.<br />
Elle demande la fille: «D’où vient cela?»<br />
et la fille naïve l’histoire de la fontaine<br />
et de la fée en forme d’une pauvre femme.<br />
Maintenant la mère méchante veut<br />
que sa fille méchante parle aussi avec<br />
des roses et des diamants quand elle<br />
ouvre la bouche.<br />
Mais la fille laide ne veut pas aller à la<br />
fontaine, parce que c’est du travail trop<br />
dûr pour elle. Mais la mère l’envoie à la<br />
fontaine avec une grande cruche. La<br />
fille méchante doit donner à boire à la<br />
fée en forme d’une vieille femme.<br />
À la fontaine, une dame très jolie arrive.<br />
Elle demande la fille<br />
méchante de lui donner<br />
à boire, mais la la fille dit<br />
non. La cruche est réservée<br />
pour la fée. Mais voilà<br />
- la jolie femme est la fée!<br />
La fée enchante la fille laide:<br />
Quand la fille ouvre la<br />
bouche pour dire quelque<br />
chose, des serpents et des<br />
grenouilles vont sortir!<br />
La fille laide rentre à la<br />
maison. Elle ouvre la<br />
bouche pour raconteur son histoire et<br />
deux serpents et deux grenouilles sortent<br />
de la bouche!<br />
La mère méchante est en colère et elle<br />
crie à la jolie: «C’est la faute de toi! Sors<br />
d’ici et ne rentre jamais!»<br />
La pauvre fille va dans la forêt et elle est<br />
toute seule et toute triste.<br />
Là, le prince du royaume arrive. Il parle<br />
avec la fille. La fille ouvre la bouche<br />
pour parler et six perles, six roses et<br />
six diamants sortent de la bouche. La<br />
fille raconte son histoire au prince et le<br />
prince prend la fille au château où elle<br />
devient la princesse.<br />
La mère méchante et la fille laide restent<br />
seules et malheureuses.<br />
Fin ❧<br />
❧ Jack and the Beanstalk<br />
nce upon a time …<br />
… there lived a woman with her son<br />
Jack. She gave Jack everything he wanted,<br />
until one day there was nothing<br />
left. They only had their old cow. So the<br />
mother told Jack to sell the cow. Jack<br />
went to the market. On his way he met<br />
a strange little man.<br />
The man asked: “Where are you going<br />
with that cow?”<br />
Jack said: “To the market. I<br />
want to sell the cow.”<br />
“Oh, really? Look, I want<br />
to buy a cow. I’ll give you<br />
these five beans for her.”<br />
Jack was such a fool that<br />
he agreed.<br />
Jack went home to tell<br />
his mother. She got very<br />
angry and shouted: “You<br />
good-for-nothing boy!”<br />
and she threw the beans out of the<br />
window.<br />
In the night a marvellous beanstalk<br />
grew right up to the sky. The next<br />
morning Jack climbed up it, without a<br />
thought. He found himself in another<br />
country, where he discovered a giant’s<br />
castle. Jack knocked on the huge door.<br />
The giant’s wife opened and as she saw<br />
how hungry Jack was, she gave him<br />
something to eat. But then Jack heard<br />
heavy footsteps and a loud voice said:<br />
“Fee Fi Fo Fum! I smell the blood of an<br />
Englishman!”<br />
“Quick, hide in the oven,” said the giant’s<br />
wife. The giant looked around, but he<br />
didn’t see Jack. The giant called for his<br />
pet hen. From his hiding place Jack saw<br />
that the hen laid eggs of gold. Soon the<br />
giant fell asleep and Jack rushed out<br />
and grabbed the hen. He escaped down<br />
the beanstalk before the giant woke up.<br />
Jack’s mother was very happy to see her<br />
son again and they lived well by selling<br />
the golden eggs.<br />
One day, without telling his mother,<br />
Jack climbed the huge beanstalk again.<br />
Everything happened as before. The<br />
giant shouted:<br />
“Fee Fi Fo Fum! I smell the<br />
blood of an Englishman!”<br />
This time Jack hid in a<br />
cupboard, where the giant<br />
couldn’t see him. The<br />
giant took out his money<br />
bags and counted his<br />
coins. But soon he fell asleep.<br />
Quickly, Jack grabbed<br />
a money bag and slid<br />
down the beanstalk.<br />
Three years later, Jack<br />
climbed the beanstalk<br />
again. This time he hid in a washtub<br />
when the giant shouted: “Fee Fi Fo Fum!<br />
I smell the blood of an Englishman!”<br />
And again the giant didn’t find Jack.<br />
Soon he fell asleep. Jack discovered<br />
a golden harp and grabbed it. But<br />
the harp cried out: “Help! Jack wants<br />
to steal me!” The giant woke up and<br />
chased Jack to the top of the beanstalk.<br />
But Jack was very fast and very light<br />
and he reached the bottom quickly. He<br />
threw down the harp and grabbed an<br />
axe to chop the beanstalk. It crashed<br />
down, and that was the end of the giant!<br />
Jack went home to his mother,<br />
where they lived happily ever after.<br />
End ❧<br />
34 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
UnterrichtsprAXis<br />
FrAnzösisch/enGlisch | KlAsse 3/4<br />
Kirsten Krefft<br />
Anna-Lena Hauck (Übersetzung ins Englische)<br />
Le Petit Chaperon Rouge &<br />
Little Red Riding Hood<br />
Rotkäppchen im Fremdsprachenunterricht der Grundschule<br />
Viele Kinder sind von klein auf vertraut mit Märchen, ihren zauberhaften Figuren und<br />
Gegenständen. Die einfache Handlung, der Widerstreit von Gut und Böse und das meist<br />
gute Ende, bei dem die Gerechtigkeit siegt, entsprechen dem Wunschbild von Kindern.<br />
Deshalb sind Märchen auch ideal im frühen Fremdsprachenunterricht einsetzbar.<br />
Kombiniert mit Bildern oder Bilderbüchern genießen<br />
Kinder das intensive Sprachangebot im sogenannten<br />
Sprachbad des Unterrichts und entwickeln ihr Gespür <strong>für</strong><br />
den Klang der Fremdsprache in der<br />
Faszination des Zuhörens, Szenen<br />
Nachgestaltens und Reagierens in<br />
den TPR-Phasen (Total Physical Response).<br />
Beim derart intensiven, tätigen<br />
Geschichtenhören trainieren<br />
sie einerseits ihr Hörverständnis als<br />
Fähigkeit, Wörter aus dem Gesamtzusammenhang<br />
zu entschlüsseln sowie<br />
neue Wörter im Kontext einer Geschichte<br />
kennen zu lernen und erweitern<br />
andererseits Erfahrungshorizont<br />
und Globalverständnis.<br />
Unterrichtsvorschläge<br />
Wie ich <strong>für</strong> meine Dritt- oder Viertklässler<br />
das Märchen vom Petit Chaperon<br />
Rouge in den Fremdsprachenunterricht einbinde,<br />
möchte ich hier als Anregung vorstellen:<br />
Einstieg<br />
Als Einstieg in diese Einheit „Märchen im Fremdsprachenunterricht“<br />
könnte man mit einem stummen Impuls beginnen<br />
und den Schülern ein rotes Käppchen oder Bild von<br />
Rotkäppchen zeigen oder methodisch das sog. Dalli-Klick<br />
(bei dem nach und nach das Bild/Folie des Rotkäppchens<br />
aufgedeckt oder zusammengepuzzelt wird) spielen. Die<br />
Kinder äußern sich dazu.<br />
Erarbeitung<br />
Die Kinder kommen reihenweise (ritualisierte Organisation<br />
spart Zeit und Streit!) mit ihren Stühlen vor zur Tafel<br />
und bilden einen sog. „Kinositz“, weil<br />
die beiden Halbkreisreihen so sitzen,<br />
dass die Hinterleute zwischen zwei<br />
Köpfen hindurchschauen können.<br />
Lehreraufforderung: «Venez,<br />
on fait un cinema. Premierement,<br />
les élèves qui sont la tête viennent<br />
en avant, puis les yeux, puis le<br />
nez, la bouche, les oreilles et enfin<br />
les cheveux!»<br />
Ich stütze meinen Märchenvortrag<br />
durch Bilder (KV „Faltbüchlein“) an<br />
der Tafel, zunächst ohne Textfelder.<br />
Der Vorteil der einzelnen Bilder als<br />
Abfolge ist, dass sie nebeneinander<br />
an der Tafel hängen und die Schüler<br />
noch weiterhin die vorangegangenen<br />
Bilder betrachten und wir direkt im<br />
Anschluss an die Betrachtung mit den Bildern weiterarbeiten<br />
können. Der Schluss soll noch offen bleiben, was den<br />
Schülern durch ein großes Fragezeichen verdeutlicht wird:<br />
Lehrerimpuls: «Qu‘est-ce qui se passe là?» Die Schüler<br />
äußern sich zu der Geschichte auf Deutsch und können<br />
Vermutungen zum Ausgang anstellen.<br />
Übung<br />
Ich erzähle bzw. lese das Märchen ein zweites Mal vor<br />
und fordere die Schüler und Schülerinnen auf, unterstützt<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
35
UnterrichtsprAXis<br />
durch Mimik und Gestik, einzelne Sätze und Schlüsselwörter<br />
nachzusprechen.<br />
Festigung 1<br />
Im Anschluss fordere ich die Schüler auf, bestimmte Personen<br />
oder Dinge auf den Bildern zu zeigen:<br />
oder Eltern aufgeführt werden. Außerdem könnte man ein<br />
Schattentheater, ein Stabpuppentheater oder Bilder <strong>für</strong> ein<br />
Kamishibai (Japanisches Bildertheater) entwerfen.<br />
Faltanleitung <strong>für</strong> das Faltbüchlein<br />
Lehrerimpuls: «Montre-moi, le Petit Chaperon Rouge!<br />
Montre-moi, le loup! Montre-moi, la forêt! Montre-moi,<br />
l‘image où le Petit Chaperon Rouge cueille des fleurs!» ...<br />
Um das Vokabular zu festigen, werden die Schlüsselwörter<br />
und Sätze in verschiedenen Stimmlagen (laut, leise, tief,<br />
hoch, stotternd, ...) von den Schülern wiederholt. Zusätzlich<br />
zum Sprechen könnten sie noch zuvor festgelegte Gesten<br />
dazu machen.<br />
Festigung 2<br />
Wir lösen den Kinositz reihenweise (ritualisiert) auf und ich<br />
erzähle die Geschichte ein drittes Mal. Dabei baue ich aber<br />
absichtlich Fehler in die Geschichte ein, z. B:<br />
Lehrerimpuls: «Il était une fois un petit gar çon. Tout le<br />
monde l‘appelait le Petit Chaperon vert.»<br />
Sobald die Schüler etwas Falsches hören, klopfen sie auf<br />
den Tisch und wiederholen die Textstelle richtig; weitere<br />
Veränderungsbeispiele: la mère le père; Elle apporte un<br />
panier avec des galettes Elle apporte un panier avec des<br />
bananes; la grand-mère le grand-père; le loup le chat;<br />
Elle cueille les fleurs Elle cueille des pommes; ... der Fantasie<br />
sei hier keine Grenze gesetzt! Diese Festigungsphase<br />
bereitet den Kindern immer sehr viel Freude, allerdings<br />
muss ihnen das ersetzte Vokabular bekannt sein.<br />
Sicherung<br />
Zum Abschluss der Stunde erhalten die Kinder ein Arbeitsblatt<br />
(KV 1 auf französisch oder KV 2 auf englisch) auf welchem<br />
das Märchen mit Text in Form eines Faltbüchleins<br />
dargestellt ist. Das Buch wird nach Anweisung gefaltet. Die<br />
Kinder suchen sich selbst einen Schluss 1, 2, 3 aus, kleben<br />
den Text auf die letzte Seite und malen ein Bild dazu. Der<br />
Text wird gemeinsam mehrmals mit den verschiedenen<br />
Schlussvarianten vorgelesen.<br />
Ausblick<br />
Das Faltbüchlein dient uns nun als Vorlage <strong>für</strong> die folgenden<br />
Stunden. Das angegebene Vokabular wird zunächst einzeln<br />
gefestigt (KV 3). Danach lernen die Kinder den Text<br />
auswendig, ggf. auch nur einzelne Passagen. In Rollen verteilt<br />
kann das Märchen als kurzes Stück <strong>für</strong> andere Klassen<br />
Le Petit Chaperon Rouge<br />
Blitzlicht<br />
Charles Perrault veröffentlichte dieses Märchen erstmals.<br />
Der Wolf frisst Großmutter und Rotkäppchen<br />
mit der Moral: Junge Mädchen sollen niemals mit<br />
fremden Männern sprechen oder gar mitgehen!<br />
In der deutschen Version der Brüder Grimm (1812)<br />
befreit ein Jäger beide aus dem Bauch des Wolfes<br />
und füllt ihm schwere Steine in den Bauch, sodass<br />
er nicht fliehen kann und stirbt. In der italienischen<br />
Version „Die falsche Großmutter“ befreit sich Rotkäppchen<br />
durch ihre eigene Schlauheit und flieht.<br />
Der Wolf stirbt anschließend.<br />
Die gängigste Interpretation besagt, dass das Märchen<br />
junge Mädchen vor der Vergewaltigung durch<br />
Männer warnen soll, wobei die rote Kappe <strong>für</strong> die mit<br />
der Pubertät einsetzenden Menstruationsblutungen<br />
und der böse Wolf <strong>für</strong> die sexuellen Absichten der<br />
Männer stehen soll.<br />
❧<br />
Zum Weiterlesen<br />
❧<br />
Kreis, Renate: Hörverstehenstraining durch Storytelling im Englischunterricht.<br />
In: Fremdsprachen Frühbeginn. Heft 1/2001,<br />
Dominoverlag: 2001.<br />
Hollstein, Gudrun: Werkstatt Bilderbuch. Allgemeine Grundlagen,<br />
Vorschläge und Materialien <strong>für</strong> den Unterricht in der Grundschule.<br />
Verlag Petra Knecht: 1999<br />
36 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
KV 3<br />
Le Petit Chaperon Rouge<br />
Trouve le mot!<br />
konkret<br />
Le Petit Chaperon Rouge<br />
le loup<br />
la mère<br />
la grand-mère<br />
le chasseur<br />
la forêt<br />
le panier<br />
avec des galettes<br />
et un pot de beurre<br />
cueillir des fleurs<br />
la chemise de nuit<br />
le lit<br />
le ronflement<br />
un bouquet de fleurs<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
37
Dans la forêt le Petit Chaperon Rouge<br />
rencontre le loup.<br />
II demande: «Ou vas-tu ?»<br />
La petite fille repond:<br />
«Je vais chez ma grand-mère, elle est<br />
malade. Je lui apporte des galettes et un<br />
pot de beurre.»<br />
Le loup a faim et il veut manger la<br />
grand-mère et la fille. II a une idée.<br />
Le Petit Chaperon Rouge<br />
II etait une fois une petite fille.<br />
Elle vivait dans une petite maison sur le<br />
bord de la forêt avec sa mère. Elle portait<br />
toujours un joli chaperon rouge sur<br />
la tête. Donc tout le monde l‘appelait le<br />
Petit Chaperon Rouge.<br />
Un jour la mère lui dit: «Ta grand-mère<br />
est malade. Apporte-lui un panier avec<br />
des galettes et un pot de beurre.»<br />
38<br />
Le loup dit:<br />
«Ta grand-mere serait heureuse de<br />
recevoir des fleurs.»<br />
«C‘est une bonne idee!»,<br />
dit le Petit Chaperon Rouge.<br />
«Je cueille un gros bouquet de fleurs.»<br />
Le loup court très vite<br />
chez la grand-mère et il la mange.<br />
Ensuite il met sa chemise de nuit et<br />
se couche dans le lit de la grand-mère.<br />
II attend le Petit Chaperon Rouge.<br />
Un peu plus tard<br />
la petite fille frappe à la porte<br />
et dit:<br />
«Grand-mère, je t‘apporte<br />
des galettes et un bouquet de fleurs.»<br />
Elle entre et regarde sa grand-mère. Le loup crie:<br />
Elle dit: «Grand-mere, pourquoi as-tu<br />
?<br />
«C‘est pour mieux te manger!»<br />
de grands yeux?» Le loup repond:<br />
«C’est pour mieux voir, mon enfant.» II se jette sur le Petit Chaperon Rouge et<br />
Puis elle dit: «Grand-mère, pourquoi il le mange aussi.<br />
as-tu de grandes oreilles?»<br />
Le loup repond: «C‘est pour mieux<br />
1 2 3<br />
entendre, mon enfant.» Elle dit encore:<br />
«Grand-mère, pourquoi as-tu<br />
Fin Fin Fin<br />
des grandes dents?»<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
When Little Red Cap entered the woods a<br />
wolf came up to her.<br />
He asked: “Where are you going?“<br />
The little girl answered: “l‘m going to my<br />
grandmother‘s, she is sick and weak. l am<br />
taking her some cake and a little pot of<br />
butter.“<br />
The wolf was very hungry and he wanted<br />
to eat both, the grandmother and Little<br />
Red Riding Hood. He made a plan.<br />
The wolf said:<br />
“Your grandmother will be very happy and<br />
grateful, if you bring her some flowers.“<br />
“That‘s a good idea“,<br />
said Little Red Riding Hood.<br />
“l will pick her a beautiful bouquet.“<br />
The wolf ran straight to the grandmother‘s<br />
house and ate her all up.<br />
Then he took her nightgown and got into<br />
the grandmother‘s bed.<br />
There he waited for Little Red Riding<br />
Hood.<br />
The wolf roared:<br />
“All the better to eat you with!“<br />
And, saying these words,<br />
fell upon Little Red Riding Hood,<br />
and ate her all up.<br />
?<br />
1 2 3<br />
End End End<br />
Little Red Riding Hood<br />
Once upon a time there was a little girl.<br />
She lived with her mother in a small house<br />
near the woods. She always wore a nice<br />
red riding hood and it suited the girl so<br />
extremely well that everybody called her<br />
Little Red Riding Hood.<br />
One day her mother said to her:<br />
“Your grandmother is very ill. Go and see<br />
how she is doing. Take her a cake and this<br />
little pot of butter.”<br />
Some time afterwards the little girl<br />
knocked on the door and said:<br />
“Grandmother, l brought you a cake<br />
and a flower bouquet.“<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
She walked in and looked at her<br />
grandmother. She said: “Grandmother, what<br />
big eyes you have!“ The wolf replied:<br />
“All the better to see you with, my child.“<br />
Then Little Red Riding Hood said:<br />
“Grandmother, what big ears you have!“<br />
The wolf replied: “All the better to hear you<br />
with, my child.“<br />
Little Red Riding Hood said:<br />
“Grandmother, what big teeth you have!“<br />
39
konkret<br />
<br />
<br />
Fin 1<br />
Un peu plus tard c‘est le chasseur<br />
qui entend le ronflement du loup.<br />
«Rrrsch, rrrsch!»<br />
Il entre dans la maison et chasse le loup.<br />
Puis il ouvre son ventre et<br />
le Petit Chaperon Rouge et la grand-mère<br />
sautent dehors.<br />
Tout heureux ils mangent les galettes.<br />
Fin 2<br />
Le loup dors dans le lit et il vit jusqu‘à<br />
sa fin dans la maison de la grand-mère.<br />
<br />
<br />
Fin 1<br />
Some time afterwards a huntsman heard<br />
the wolf snoring<br />
“Crrr – shshsh, crrr, shshshs!“<br />
He entered grandmother‘s house<br />
and shot the wolf. After that he cut open<br />
his belly and Little Red Riding Hood and<br />
the grandmother came out alive.<br />
Happily they ate the cake.<br />
End 2<br />
The wolf in the bed kept living<br />
in grandmother‘s house until he died.<br />
<br />
Fin 3<br />
Le Petit Chaperon Rouge porte des<br />
ciseaux dans son sac et elle coupe<br />
le ventre du loup de l‘interieur.<br />
La grand-mère et elle sautent dehors et<br />
elles mettent des pierres dans le ventre.<br />
Le loup est mort.<br />
<br />
End 3<br />
Litte Red Riding Hood took her scissors<br />
out of her bag and cut open the wolf‘s<br />
belly from the inside. The grandmother<br />
and her grandchild came out alive and<br />
filled the wolf‘s body with heavy stones.<br />
The wolf died.<br />
Vokabular<br />
Le Petit Chaperon Rouge Rotkäppchen Little Red Riding Hood<br />
le loup der Wolf the wolf<br />
la mère die Mutter the mother<br />
la grand-mère die Großmutter the grandmother<br />
le chasseur der Jäger the huntsman<br />
la forêt der Wald the woods<br />
la maison das Haus the house<br />
un panier avec des galettes ein Kuchen a cake<br />
et un pot de beurre und ein Topf mit Butter and a pot of butter<br />
cueillir des fleurs Blumen pflücken to pick flowers<br />
un bouquet de fleurs ein Blumenstrauß the (flower) bouquet<br />
le lit das Bett the bed<br />
la chemise de nuit das Nachthemd the nightgown<br />
Il a faim.<br />
Er hat Hunger.<br />
Er hatte Hunger.<br />
He was hungry.<br />
Il mange.<br />
Er isst.<br />
Er aß.<br />
He ate.<br />
le ronflement das Schnarchen (the) snore<br />
des grands yeux große Augen big eyes<br />
des grandes oreilles große Ohren big ears<br />
des grandes dents große Zähne big teeth<br />
40 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
UnterrichtsprAXis<br />
dArstellendes spiel: deUtsch/mUsiK/KUnst | KlAsse 3/4<br />
Katja Harbers<br />
Frau Holle als Schattenspiel<br />
Eine fächerverbindende Arbeit<br />
Ja, auch die Kinder unserer Zeit brauchen Märchen. Nicht nur die, die „in“ sind, Cosmos und<br />
Wanda, Star Wars, Harry Potter – auch die, die auf den ersten Blick „out“ sind, die alten,<br />
traditionellen, mit einer Sprache, die befremdlich klingt und die gerade deshalb ihren Reiz<br />
hat und uns entführt. Entführt in eine poetische Welt, in eine grausame und radikale Welt<br />
– und in die Welt unserer eigenen Tiefe. Deshalb sprechen sie uns an und lassen uns<br />
aufhorchen – die Großen wie die Kleinen.<br />
Ich spüre dieses Aufhorchen,<br />
wenn ich in meiner zweiten Klasse<br />
ein Märchenbuch zur Hand nehme<br />
und die Kinder sich nicht entscheiden<br />
können, welches Märchen zuerst<br />
vorgelesen werde soll. Ich spüre<br />
dieses Aufhorchen, wenn ich mit meinen<br />
Dritt- und Viertklässlern im Chor<br />
über den Stoff <strong>für</strong> ein Musical berate.<br />
Und ich spüre diese Aufhorchen bei<br />
mir selbst, wenn ich beim Lesen der<br />
traditionellen Märchen die Chance<br />
auf Entwicklung und Erkenntnis wittere<br />
– wahrhaftig ein Grund, sie meinen<br />
Schülern und Schülerinnen nicht<br />
vor zu enthalten!<br />
Frau Holle in ihrer Auseinandersetzung<br />
mit Gut und Böse, Hilfsbereitschaft<br />
und Lohn, Demut und Ungerechtigkeit<br />
trifft heute wie damals unseren Nerv. Die<br />
archaischen Themen der Ungleichbehandlung in der Familie,<br />
der Konkurrenz unter Geschwistern, der Nichtachtung<br />
trotz Leistung, bewegen Kinder wie Erwachsene – oft unausgesprochen<br />
und unbewusst. Sich diesem Unbewussten<br />
auf kreative, intuitive Weise zu nähern, mit ihm zu spielen<br />
und es auszudrücken, kann befreien und verändern, trösten<br />
und helfen, Spaß machen und anregen. Deshalb wähle<br />
ich die Umsetzung über ein Theatermedium, das Schattenspiel.<br />
Es bietet Raum <strong>für</strong> künstlerischen Ausdruck bei der<br />
Gestaltung von Figuren und Szenerie, <strong>für</strong> eigene Ideen bei<br />
der klanglichen Umsetzung und <strong>für</strong> identifizierende Arbeit<br />
mit Stimme und Sprache durch den Text. Weil ein Schattenspiel<br />
(wie alle Theaterformen) Zeit und Ruhe zum Entste-<br />
hen braucht und nur gelingt, wenn<br />
sich alle einlassen und abtauchen,<br />
ist es das richtige Medium, um sich<br />
mit einem alten Märchen auseinander<br />
zu setzen. Denn auf diese Weise<br />
entsteht der Flow, das Zu-sich-Finden<br />
um Sich-Ausdrücken, das später<br />
sichtbar wird. Durch die bewegten<br />
und überraschenden Bilder werden<br />
Zuschauer wie Agierende berührt.<br />
Ein echter Gewinn, der weit über den<br />
Lernzuwachs im Lesen, Musizieren<br />
und Handwerken hinausgeht.<br />
Die Einheit wird zeitlich je nach Eigenaktivität<br />
und Kreativität der Kinder<br />
und ergänzend behandelter Themen<br />
in den angrenzenden Fächern stark<br />
variieren. Der Verlauf ist deshalb in<br />
inhaltlich stimmigen Absätzen beschrieben,<br />
die nicht einer Unterrichtsstunde entsprechen<br />
müssen.<br />
Annäherung an das Märchen<br />
Im Plenum: Die wichtigsten Gegenstände des Märchens<br />
(Spule/Spindel, Apfel, Brot, Kissen – vielleicht zu Beginn<br />
zugedeckt in einem Korb) schaffen den Impuls zum<br />
gemeinsamen Erzählen der Geschichte, das am Anfang<br />
der Einheit steht. So können die vorkommenden Personen<br />
benannt und charakterisiert und die Schauplätze der einzelnen<br />
Szenen des Märchens genau beschrieben werden<br />
(Verknüpfung zu Deutsch-Themen wie bung, Wortschatzarbeit mit Adjektiven<br />
Personenbeschrei-<br />
möglich).<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
41
UnterrichtsprAXis<br />
H<br />
Herstellung des Materials,<br />
Erarbeitung des Schattenspiels<br />
In Gruppenarbeit: Die Klasse teilt sich in zwei Gruppen:<br />
Gold und Pech. Der Text <strong>für</strong> die Pechgruppe ist weniger<br />
umfangreich, deshalb bietet es sich an, langsamer lesende<br />
Kinder in diese Gruppe einzuladen. Die Kinder erstellen<br />
nun die in ihrer Sequenz benötigten Figuren und die<br />
Szenerie. Schön ist es, wenn die Figuren ein bewegliches<br />
Körperteil haben und die Kulisse auf dem Tageslichtprojektor<br />
als Hintergrund bewegt und verändert werden<br />
kann (Anleitung s.u.). Haben die Kinder Figuren und Kulisse<br />
fertiggestellt, teilt sich jede Klassenhälfte in drei Untergruppen:<br />
zum Spielen, zum Lesen und zum Musizieren<br />
(Arbeitsaufträge und Material s.u.). Die Kinder üben zuerst<br />
in ihren Kleingruppen und setzen danach ihre Sequenz zusammen.<br />
In dieser Phase ist es sicher ratsam, zusätzliche Freiarbeitsmaterialien<br />
zur Verfügung zu stellen, da die Gruppen unterschiedlich<br />
schnell arbeiten werden.<br />
Toller Effekt: Frau Holle kann sprechen<br />
Leicht gemacht: Frau Holles beweglicher Kiefer<br />
Herstellung der Figuren<br />
Das wird benötigt: Papier, viele Folien <strong>für</strong> den OHP, klares<br />
Klebeband, Schere, Flüssigkleber; <strong>für</strong> die Gold-Gruppe<br />
Glitzerstaub als Gold und Federn; <strong>für</strong> die Pech-Gruppe ein<br />
leichtes Tuch als Pech<br />
Vorgehen:<br />
Die Folien werden im Querformat benutzt. Die Kinder klären,<br />
welche Szenen nacheinander vorkommen und erarbeiten<br />
pro Szene eine oder mehrere Hintergrundfolien. Als<br />
unterste Folie sollte die leere Version der Situation (Baum<br />
ohne Äpfel, Ofen ohne Brot) zu liegen kommen. Darauf wird<br />
eine zweite und evtl. dritte Folie gelegt, die an passender<br />
Textstelle bewegt werden kann (Goldmaries Äpfel fallen<br />
herab, wenn sie den Baum schüttelt oder das Brot im Ofen<br />
fängt an zu rauchen, wenn Pechmarie vorbeigeht). Sind<br />
die einzelnen Szenen fertiggestellt, werden sie in richtiger<br />
Reihenfolge mit klarem Klebeband aneinander geklebt, so<br />
dass sie über den Projektor gezogen werden können.<br />
Leicht gemacht: Goldmaries beweglicher Arm, Frau Holles beweglicher Kopf<br />
42 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
UnterrichtsprAXis<br />
Herstellung der Kulisse<br />
Das wird benötigt: Papier, viele Folien <strong>für</strong> den OHP, klares<br />
Klebeband, Schere, Flüssigkleber; <strong>für</strong> die Gold-Gruppe<br />
Glitzerstaub als Gold und Federn; <strong>für</strong> die Pech-Gruppe ein<br />
leichtes Tuch als Pech<br />
Vorgehen:<br />
Die Folien werden im Querformat benutzt. Die Kinder klären,<br />
welche Szenen nacheinander vorkommen und erarbeiten<br />
pro Szene eine oder mehrere Hintergrundfolien. Als<br />
unterste Folie sollte die leere Version der Situation (Baum<br />
ohne Äpfel, Ofen ohne Brot) zu liegen kommen. Darauf wird<br />
eine zweite und evtl. dritte Folie gelegt, die an passender<br />
Textstelle bewegt werden kann (Goldmaries Äpfel fallen<br />
herab, wenn sie den Baum schüttelt oder das Brot im Ofen<br />
fängt an zu rauchen, wenn Pechmarie vorbeigeht). Sind<br />
die einzelnen Szenen fertiggestellt, werden sie in richtiger<br />
Reihenfolge mit klarem Klebeband aneinander geklebt, so<br />
dass sie über den Projektor gezogen werden können.<br />
Zwei Folien übereinander: so können die Äpfel geschüttelt werden<br />
Aufführung und Erarbeitung des Schattenspiels<br />
Im Plenum: Die Rahmenerzählung, die wie die gesamten<br />
Texte sehr nah am Original der Brüder Grimm erzählt und<br />
nur leicht eingekürzt ist, sollte von der Lehrkraft vorgelesen<br />
oder frei erzählt werden, da ja alle Kinder in einer der Gruppen<br />
beschätigt sind. Die Abschnitte sind so gewählt, dass<br />
die Musikgruppe ihre Einsätze eintragen kann. Am besten<br />
ist es, wenn zwei Leinwände mit Tageslichtprojektoren zur<br />
Verfügung stehen. So können die Gruppen gleichzeitig proben<br />
und die Materialien und Kulissen hinter der Leinwand<br />
auf dem Tageslichtprojektor liegen bleiben, bis sie zum Einsatz<br />
kommen. Natürlich eignet sich das Schattenspiel auch<br />
<strong>für</strong> die Aufführung bei einem Klassen- oder Schulfest.<br />
Gruppe „Lesen“<br />
Mit verteilten Rollen zu lesen bietet immer einen besonderen<br />
Anreiz <strong>für</strong> Schüler und Schülerinnen. Durch die theatralische<br />
Welt des Schattenspiels kommt hier die Möglichkeit<br />
hinzu, die Stimme zu verstellen und richtig in die zu<br />
lesende Person einzutauchen. Um dies zu trainieren, sind<br />
Durchhaltevermögen, Zeit, gegenseitige Rückmeldung<br />
und konstruktive Kritik nötig. Das laute und deutliche Lesen<br />
ist <strong>für</strong> viele Kinder schwierig und braucht authentische<br />
Situationen, um motiviert geübt zu werden. Das Schattenspiel<br />
kann eine solche sein.<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
Gruppe „Musik“<br />
Als Instrumente eignen sich alle in der Schule vorhandenen<br />
Orff-lnstrumente, mit deren Spielweise die Kinder vertraut<br />
sind. Auch Alltagsgegenstände (Zeitungspapier, Folie, Bälle,...)<br />
nach Fantasie der Kinder können Verwendung finden.<br />
Die Kinder sollten in der Lage sein, ihre Klänge mit grafischen<br />
Zeichen im Text zu notieren, um sie bei Wiederholungen<br />
an der richtigen Stelle reproduzieren zu können.<br />
Gruppe „Spiel“<br />
Sind die Figuren und Kulissen fertig, brauchen die Kinder<br />
Zeit, sich in die Spielweise und Handhabung einzufinden.<br />
Es gilt, durch Experimentieren den richtigen Abstand der<br />
Figuren zur Leinwand zu finden (Größe und Schärfe hängen<br />
davon ab und haben entscheidenden Einfluss auf<br />
deren Wirkung) sowie die Bewegung der Folien vertikal<br />
(Voranschreiten der Handlung) und horizontal (ein Zustand<br />
verändert sich: Äpfel fallen...) zu trainieren. Auch<br />
das Bewegen der Gliedmaßen erfordert viel Fingerspitzengefühl,<br />
Konzentration und Übung! Hierbei hilft es,<br />
wenn nach einiger Zeit die lesende Gruppe dazukommt,<br />
die durch den Text Impulse <strong>für</strong> die Bewegungen und einen<br />
Rhythmus <strong>für</strong> das Voranschreiten der Handlung gibt.<br />
43
konkret<br />
Gruppe „Spiel“<br />
❶ Lest Euch Euren Text leise durch.<br />
❷ Klärt, wer welche Figur spielt und wer <strong>für</strong> den Hintergrund<br />
und die zusätzlichen Aktionen (Äpfel, Brote, Gold, Schnee<br />
oder Pech) zuständig ist!<br />
❸ Probt den Ablauf mehrmals in Eurer Gruppe und übt<br />
dann auch zusammen mit der Lesegruppe und mit der<br />
Musikgruppe.<br />
Gruppe „Lesen“<br />
❶ Lest Euch Euren Text leise durch und unterstreicht mit unterschiedlichen<br />
Farben, was die einzelnen Figuren sprechen.<br />
❷ Klärt dann, wer welche Rolle übernimmt und wer den Erzähler<br />
lesen möchte.<br />
❸ Übt das laute Lesen mit verteilten Rollen und verstellten<br />
Stimmen so lange, bis es flüssig und ausdrucksstark klappt.<br />
❹ Dann arbeitet mit der zu Euch passenden Spiegruppe und<br />
Musikgruppe zusammen.<br />
Gruppe „Musik“<br />
❶ Lest Euch Euren Text durch und beratet, an welchen Stellen<br />
eine musikalische Begleitung oder Geräusche sinnvoll sind<br />
(Schritte von Gold- oder Pechmarie, Stimme von Frau Holle,<br />
Fallen der Äpfel, Fallen von Schnee, Gold und Pech, ...).<br />
❷ Probiert passende Instrumente dazu aus oder sucht selbst<br />
Dinge, die Geräusche erzeugen und zur Geschichte passen.<br />
Einigt Euch, wer an welcher Stelle spielt und tragt Eure Musik<br />
mit grafischen Zeichen in den Text ein.<br />
❸ Probt dann einen Durchgang zusammen mit der<br />
Lesegruppe und dann mit der Lese- und der Spielgruppe.<br />
44 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
Frau Holle<br />
❶ Rahmenerzählung<br />
Eine Witwe hatte zwei Töchter,<br />
davon war die eine schön und<br />
fleißig, die andere hässlich und<br />
faul. Sie hatte aber die hässliche<br />
und faule viel lieber, weil<br />
sie ihre rechte Tochter war,<br />
und die andere musste alle<br />
Arbeit tun und das Aschenputtel im Hause sein. Das<br />
arme Mädchen musste sich täglich an einen Brunnen<br />
setzen und dort so viel spinnen, dass ihm das Blut aus<br />
den Fingern sprang.<br />
Einmal war die Spule ganz blutig geworden. Da bückte<br />
sich das Mädchen und wollte die Spule im Brunnen<br />
abwaschen. Sie sprang ihm aber aus der Hand und<br />
fiel hinunter. Das Mädchen weinte, lief zur Stiefmutter<br />
und erzählte ihr das Unglück. Die schalt es aber<br />
heftig und war so böse, dass sie sprach: „Hast du die<br />
Spule hinunter fallen lassen, so hole sie auch wieder<br />
herauf!“ Da ging das Mädchen zu dem Brunnen zurück<br />
und wusste nicht, was es anfangen sollte. Und in<br />
seiner Herzensangst sprang es in den Brunnen hinein,<br />
um die Spule zu holen. Es verlor die Besinnung. Als<br />
es wieder erwachte und zu sich kam, war es auf einer<br />
schönen Wiese, wo viele tausend Blumen blühten und<br />
die Sonne schien.<br />
konkret<br />
❷ Schattenspiel (Gold-Gruppe)<br />
Auf der Wiese ging es weiter<br />
und kam zu einem Backofen,<br />
der voller Brot war. Das Brot<br />
aber rief: „Ach zieh‘ mich raus,<br />
zieh‘ mich raus, sonst verbrenn‘<br />
ich!“ Da holte das Mädchen alles<br />
Brot heraus.<br />
Danach ging es weiter und kam<br />
zu einem Baum, der voller Äpfel hing und ihm zurief:<br />
„Ach schüttel‘ mich, schüttel‘ mich, wir Äpfel sind alle<br />
miteinander reif!“ Da schüttelte das Mädchen so lange,<br />
bis kein Apfel mehr oben war.<br />
Als es alle zusammengesammelt hatte, ging es wieder<br />
weiter. Endlich kam es zu einem kleinen Haus, aus<br />
dem eine alte Frau guckte. Weil sie aber so große Zähne<br />
hatte, bekam das Mädchen Angst und wollte fortlaufen.<br />
Die Frau jedoch rief ihm nach: „ Was <strong>für</strong>chtest<br />
du dich, liebes Kind? Bleib bei mir! Wenn du alle Arbeit<br />
ordentlich tust, so soll‘s dir gut ergehen. Du musst nur<br />
mein Bett gut machen und es fleißig aufschütteln, so<br />
dass die Federn fliegen. Dann schneit es in der Welt,<br />
ich bin nämlich die Frau Holle.“<br />
Frau Holle<br />
Weil die Alte ihm so gut zusprach, fasste sich das Mädchen<br />
ein Herz und trat in ihren Dienst. Es tat alles recht<br />
und schüttelte das Bett, so dass die Federn flogen.<br />
So hatte es ein gutes Leben bei der Frau Holle. Nach<br />
einiger Zeit wurde das Mädchen traurig und wusste<br />
selbst nicht, was ihm fehlte. Endlich merkte es, dass es<br />
das Heimweh war. Obwohl es ihm hier vieltausendmal<br />
besser ging, hatte es doch Sehnsucht nach Zuhause.<br />
Da sagte es zu Frau Holle: „lch hab‘ Heimweh bekommen,<br />
und wenn es mir hier unten auch noch so gut<br />
geht, so muss ich doch wieder nach Hause zurück.“<br />
Die Frau Holle sagte: „Es gefällt mir, dass du wieder<br />
nach Hause willst, und weil du mir so treu gedient<br />
hast, will ich dich selbst wieder hinaufbringen.“<br />
Sie ging mit dem Mädchen vor ein großes Tor. Das Tor<br />
ging auf, und als das Mädchen gerade darunter stand,<br />
fiel ein gewaltiger Goldregen herab, und alles Gold blieb<br />
an ihm hängen. „Das sollst du haben, weil du so fleißig<br />
gewesen bist“, sagte Frau Holle und gab ihm auch die<br />
Spule wieder, die in den Brunnen gefallen war.<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
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konkret<br />
❸ Rahmenerzählung – Einschub<br />
Darauf wurde das Tor verschlossen<br />
und das Mädchen<br />
befand sich wieder oben<br />
auf der Welt, nicht weit vom<br />
Haus seiner Mutter.<br />
Als es auf den Hof kam, rief<br />
der Hahn, der auf dem Brunnen<br />
saß: „Kikeriki, kikeriki, unsere goldene Jungfrau ist<br />
wieder hie!“<br />
Frau Holle<br />
Das Mädchen ging hinein zu seiner Mutter, und weil es<br />
so mit Gold bedeckt war, wurde es gut angenommen.<br />
Es erzählte alles, was ihm begegnet war und weil die<br />
Mutter wollte, dass die hässliche, faule Tochter auch<br />
so reich würde, musste diese sich auch an den Brunnen<br />
setzen und spinnen. Und damit die Spule blutig<br />
wurde, stach sie sich absichtlich in den Finger. Dann<br />
warf sie die Spule in den Brunnen und sprang selbst<br />
hinterher.<br />
❹ Schattenspiel (Pech-Gruppe)<br />
Sie kam auf die schöne Wiese<br />
und ging auf dem selben<br />
Weg weiter, den ihre Stiefschwester<br />
gegangen war. Als<br />
sie zum Backofen kam schrie<br />
das Brot wieder: „Ach zieh‘<br />
mich raus, ach zieh‘ mich<br />
raus, sonst verbrenn‘ ich!“<br />
Die Faule aber antwortete:<br />
„Ich habe keine Lust, mich schmutzig zu machen“, und<br />
ging fort.<br />
Bald kam sie zu dem Apfelbaum, der rief: „Ach schüttel‘<br />
mich, ach schüttel‘ mich, wir Äpfel sind alle miteinander<br />
reif!“ Sie antwortete aber: „Du kommst mir<br />
recht, es könnte mir einer auf den Kopf fallen!“ Damit<br />
ging sie weiter.<br />
Frau Holle<br />
Als sie vor Frau Holles Haus kam, <strong>für</strong>chtete sie sich<br />
nicht, weil sie von deren großen Zähnen schon gehört<br />
hatte. Sie trat auch gleich ihren Dienst an. Am ersten<br />
Tag war sie noch fleißig und folgte der Frau Holle, denn<br />
sie dachte an das viele Gold, das diese ihr schenken<br />
würde. Am zweiten Tag fing sie schon an zu faulenzen.<br />
Am dritten wollte sie morgens gar nicht aufstehen. Sie<br />
schüttelte auch Frau Holles Bett nicht. Darüber ärgerte<br />
sich Frau Holle und sie schickte das Mädchen wieder<br />
fort. Die Faule war darüber sehr froh und meinte, nun<br />
würde der Goldregen kommen.<br />
Die Frau Holle führte sie auch zu dem Tor. Als sie aber<br />
darunter stand, wurde statt des Goldes ein großer Kessel<br />
voll Pech ausgeschüttet.<br />
„Das ist die Belohnung <strong>für</strong> deine Dienste“, sagte Frau<br />
Holle und schloss das Tor zu.<br />
❺ Rahmenerzählung<br />
Frau Holle<br />
Da kam die Faule heim,<br />
aber sie war ganz mit Pech<br />
bedeckt und der Hahn auf<br />
dem Brunnen rief:<br />
„Kikeriki, kikeriki, unsere schmutzige Jungfrau ist<br />
wieder hie!“<br />
Das Pech aber blieb fest an ihr hängen und ging nicht<br />
mehr ab, solange sie lebte.<br />
46 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
UnterrichtsprAXis<br />
KUnst/plAstizieren | KlAsse 3/4<br />
Jessica Schmidt / Beate Weiß<br />
Frau Holles Schüttelzauber im Glas<br />
Märchenfiguren kneten<br />
Kneten – diesem Materialimpuls von Knete, Teig, Ton, Lehm, Erde, Bienenwachs oder tischen Plastiziermassen ist kaum zu widerstehen! Die meisten Kinder haben schon einmal<br />
synthe-<br />
Teig geknetet, Plätzchen geformt, aus Teigwürsten Brezeln gelegt. Kindergartenkinder<br />
kneten zur Schulung der Feinmotorik, Erstklässler formen Buchstaben, um deren Gestalt<br />
auch mit ihren Händen zu begreifen.<br />
Die meisten Kinder besitzen die Vorerfahrungen, dass Knetmasse durch Kneten warm, weich<br />
und formbar wird, dass man aus der Grundform „Kugel“ viele Formen herstellen und einzelne<br />
Formteile verbinden kann.<br />
Im Märchen herrschen wundersame<br />
Zaubermächte, die Unglaubliches möglich<br />
machen. Das Gute wird belohnt mit gutem<br />
Zauber, Reichtum, Gesundheit und Freude,<br />
das Böse aber geahndet durch gerechte<br />
Strafe. Gerade Frau Holle ist die Verkörperung<br />
jener gerechten Wunschinstanz, welche<br />
Tugenden wie Ehrenhaftigkeit, Anstand,<br />
Fleiß, Zuverlässigkeit und Hilfsbereitschaft<br />
der zunächst vom Schicksal Benachteiligten<br />
und Schwächeren nachhaltig belohnt, das<br />
Böse aber klarsichtig und streng bestraft.<br />
Märchen erzählen bedeutet bis heute, Kindern<br />
ethische Grundsätze zu vermitteln.<br />
„ ... und es regnete lauter Gold<br />
auf die fleißige Goldmarie ...“<br />
Doppelstunde<br />
❧ Einstimmung auf das Märchenthema<br />
„Frau Holle“;<br />
❧ Technisches Vorgehen wiederholen<br />
und klären;<br />
❧ Erarbeiten von typengerechten<br />
Merkmalen/Ausstattung der Figuren;<br />
❧ Phantasievolles Kneten und Formen<br />
der Figuren;<br />
❧ Werkbetrachtung:<br />
Kriteriengestütztes Beschreiben und<br />
Vergleichen der Schülerarbeiten<br />
(Farben, Verzierungen, Größe, Stabilität)<br />
Der goldene, weiße und schwarze Glitter in den Schüttelgläsern<br />
führt den Kindern im Kontrast ästhetischer Klarheit<br />
das positive Zauberhafte vor Augen, mit dem Figuren aus<br />
der Sphäre des Guten in Freude, Fleiß, Glück und Belohnung<br />
der <strong>guten</strong> Taten umgeben sind; der schwarze Glitter<br />
jedoch gehört in den Bereich des Bösen und Dunklen,<br />
des schlechten Charakters, der geprägt ist von Neid, Gier,<br />
Missgunst und Unzufriedenheit.<br />
Doppelstunde<br />
❧ Experimentierphase: freies Erproben des Knetmaterials;<br />
❧ „Knetregeln“ erarbeiten; Plakat erstellen<br />
❧ Verschiedene Formen herstellen;<br />
❧ Benennung der Formen und Körper mit den aus dem<br />
Mathematikunterricht bekannten, geometrischen<br />
Bezeichnungen<br />
Doppelstunde<br />
❧ Fertigkneten der Figuren;<br />
❧ Festkleben der Figuren mit wasserunlöslichem Kleber<br />
auf der Innenseite des Deckels;<br />
❧ Einrühren von weißem Schnee, goldenem oder schwar-<br />
zem Flitter in Spülmittel, dann Einfüllen in das Gläschen<br />
zusammen mit destilliertem Wasser und<br />
Konservierungsmittel (damit das Wasser nicht<br />
eintrübt), Deckel fest aufschrauben;<br />
❧ Verzieren der Deckelaußenseite mit Filzstücken;<br />
evtl. auch ähnlich einem Marmeladen-Etikett<br />
„Frau Holle“– ein Schüttelmärchen von ...“ beschriften;<br />
❧ Ausprobieren der Schüttelgläser<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
47
UnterrichtsprAXis<br />
U<br />
Unterrichtsvorschläge<br />
Motivationsphase/Erarbeitung<br />
Stiller Impuls: Die Schüler und Schülerinnen (SuS) sitzen<br />
im Sitzhalbkreis zentriert vor der Tafel. Der Märchentitel<br />
„Frau Holle“ könnte kalligrafisch ansprechend an die Tafel<br />
geschrieben oder das Bild einer Märchenszene aus „Frau<br />
Holle“ gezeigt werden.<br />
Bei der Motivation durch den „stillen Impuls“ könnte an<br />
der Tafel gesammelt werden, was die SuS schon alles über<br />
das Märchen „Frau Holle“ wissen. Die Lehrkraft könnte entwickelnde<br />
Fragen zur Aufmerksamkeitssteuerung stellen,<br />
z. B. „Woran erkennt man den Zauber?“<br />
Lehrervortrag: Die Lehrkraft könnte den SuS eine gekürzte<br />
Form des Märchens (siehe „Frau Holle“ im Beitrag von Katja<br />
Harbers) im Sitzkreis/Sitzhalbkreis erzählen, da das Originalmärchen<br />
lang ist; freie SuS-Äußerungen zum Märchen;<br />
Hinführung zu den Schwerpunkten <strong>für</strong> die gestalterische<br />
Arbeit, z. B. L: „In der Luft bewegt sich ja in diesem Märchen<br />
allerhand!“ > Schneegestöber, Gold, Pech.<br />
Knetregeln<br />
● Nur kleine Stücke von der Knetmasse nehmen!<br />
● Das Stück durch Kneten weich machen!<br />
● Finger sauber halten, um ungewollte Farbmischungen zu vermeiden!<br />
● Beim Mischen der Farben die Teile gut miteinander verkneten!<br />
● Aus der Grundform „Kugel“ kann man viele andere Formen gestalten!<br />
● Beim Zusammensetzen zweier Formen die Übergänge gut verstreichen!<br />
Erarbeitungsphase<br />
Bei der Betrachtung der Märchenszene könnte ein Gespräch<br />
über die Art der Darstellung der Märchenfiguren erfolgen:<br />
Wie könnte man die Gold- oder die Pechmarie typisieren?<br />
(Gesichtsausdruck, Haltung, Charakterisierung durch Farben).<br />
Die SuS könnten z.B. Farbkärtchen erhalten, die sie der<br />
Gold- oder Pechmarie zuordnen. Dies könnte auch mittels<br />
eines Arbeitsblattes erfolgen. Die Typisierung von Frau Holle,<br />
Goldmarie und Pechmarie könnte an der Tafel in Tabellenform<br />
erfolgen oder mit Wortkarten im Sitzkreis. Es würden<br />
mögliche Merkmale der Figuren besprochen werden.<br />
Nach dem (hier präferierten) Einstieg durch die Märchenerzählung<br />
könnte die Lehrkraft ein selbst hergestelltes<br />
Schüttelglas mit Schnee, jedoch noch ohne Figur zeigen,<br />
damit die Kinder nicht so sehr am Vorbild verhaftet sind,<br />
sondern ihrer eigenen Kreativität folgen. Lehrgespräch:<br />
Welche Märchenszenen aus „Frau Holle“ sich <strong>für</strong> die Gestaltung<br />
eines Schüttelglases eignen. Vermutlich werden<br />
die SuS zuerst die Schnee-Szene nennen, da das gezeigte<br />
Glas auch nur mit Schnee gefüllt ist. Die Lehrkraft zeigt im<br />
Folgenden zwei selbst hergestellte Schüttelgläser ohne Figuren<br />
mit goldenem und schwarzem Flitter, um den SuS<br />
das Schüttelmaterial <strong>für</strong> die beiden anderen Märchenszenen<br />
zu veranschaulichen und dazu erzählen zu lassen.<br />
Nach der thematischen Erarbeitung muss das <strong>für</strong> die Arbeitsphase<br />
benötigte Material gezeigt und sein Gebrauch<br />
besprochen werden. Die Materialien könnten im Sitzkreis<br />
oder frontal gezeigt werden. Da die Experimentierphase<br />
mit der Modelliermasse schon in der vorausgegangenen<br />
Stunde stattfand, müssen die technischen Begebenheiten<br />
(Modelliermasse weich machen, ...) nur noch wiederholt<br />
(siehe vorhandenes Plakat „Knetregeln“) und speziell auf<br />
die Gestaltung der Figuren eingegangen werden (Arme<br />
nicht zu dünn; keine Beine formen, da sonst die Klebefläche<br />
zu klein wäre, Größe der Figur...).<br />
Arbeitsphase<br />
Alle SuS könnten frei eine der Figuren (Frau Holle, Goldmarie<br />
oder Pechmarie) auswählen; oder den Kindern könnten<br />
Märchenfiguren zugeordnet werden.<br />
48 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
UnterrichtsprAXis<br />
Differenzierung: Schnelle SuS könnten weitere Einzelheiten<br />
aus der Märchenszene mit Modelliermasse kneten.<br />
Aspekte zur Ausgestaltung der Figur: Die Arme dürfen<br />
nicht zu dünn sein, da sie leicht brechen. Die Lehrkraft<br />
zeigt ein leeres Glas und den Deckel, damit die SuS erkennen,<br />
dass später die Märchenfigur auf die Deckelinnenseite<br />
geklebt werden soll. Der untere Teil der Figur muss durch<br />
einen bis zum Boden reichenden Rock (Kleid) breit geformt<br />
werden, damit eine sichere, stabile Klebefläche entsteht.<br />
Hinweis durch die Lehrkraft: Frauen trugen früher nur lange<br />
Röcke oder Kleider.<br />
Tafelbild:<br />
Die Lehrkraft zeigt die Kartonscheibe, auf welcher die Kinder<br />
ihre Figur gestalten sollen und die als Maß <strong>für</strong> den<br />
Durchmesser der Figur sowie als Transportmittel dient. Es<br />
wird betont, dass das Glas während des Knetvorgangs im-<br />
mer wieder über die Figur gestülpt werden sollte, um die<br />
Größenpassung zu überprüfen. An dieser Stelle zeigt die<br />
Lehrkraft ein bis zur Hälfte mit Wasser gefülltes Glas, in das<br />
sie ein Messer stellt. Die Kinder sollen erkennen, dass die<br />
Seite des Messers, die in das Wasser ragt, wesentlich größer<br />
wirkt, denn Wasser lässt Dinge größer erscheinen als<br />
sie sind – eine optische Täuschung.<br />
Die Lehrkraft klappt die Tafel auf, auf deren Innenseite die<br />
drei Namen: „Goldmarie“, „Frau Holle“ und „PechmarieE<br />
stehen. Die Kinder sollen nun ganz elementar die Figuren<br />
typisieren (z.B. helle/dunkle Farben, lachendes/trauriges<br />
Gesicht, Accessoires). Die Pechmarie wird im Märchen als<br />
hässlich und die Goldmarie als schön bezeichnet. Die Umsetzung<br />
dieser Merkmale ist schwierig, da jeder eine andere<br />
Vorstellung von hässlich oder schön hat. Die Ideen der Kinder<br />
werden an der Tafel unter die entsprechenden Figuren<br />
notiert.<br />
Goldmarie Frau Holle Pechmarie<br />
❧ schön, liebes Gesicht ❧ alte Frau ❧ hässlich,<br />
missgünstiges Gesicht<br />
❧ lachender Mund,<br />
freundlich<br />
❧ freundlicher Mund<br />
❧ böser Mund, gemein,<br />
grimmig<br />
❧ helle, leuchtende Farben ❧ helle Farben ❧ dunkle Farben<br />
❧ gelb, gold ❧ Haube/Kopftuch ❧ schwarz<br />
❧ lange, blonde Zöpfe ❧ graues Haar ❧ ................<br />
Arbeitsauftrag: Gegebenenfalls erklärt die Lehrkraft, dass<br />
die Schüttelgläser z. B. beim Märchenfest ausgestellt werden<br />
und deshalb von den drei Figuren jeweils gleich viele<br />
vorhanden sein sollen. Deshalb bekommt jedes Kind einen<br />
Märchenbriefumschlag, auf dem entweder das Frau<br />
Holle-Symbol (Schneeflocken), das Goldmarie-Symbol<br />
(Goldregen) oder das Pechmarie-Symbol (Pechregen) <strong>für</strong><br />
die Tischzuweisung zu sehen ist. Das Kind geht dann zum<br />
passenden Gruppentisch mit dem entsprechenden Symbol<br />
bzw. Material und stellt die jeweilige Märchenfigur her.<br />
Eine zufallsorientierte und somit „gerechte“ Zuteilung der<br />
SuS zu den Figurentischen ist durch Kartenziehen möglich.<br />
Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Kinder sich selbst<br />
an die Gruppentische verteilten und wenn einer voll ist,<br />
zum nächsten Tisch gingen.<br />
Arbeitsplatzvorbereitung: Die Lehrkraft weist die SuS auf<br />
die zur Verfügung stehende Arbeitszeit hin, und dass sie<br />
ihren Namen mit Bleistift auf die Kartonscheibe schreiben<br />
sollen. Die Kinder begeben sich zu ihren Plätzen. Die zuvor<br />
durch Tücher (Schutz, Neugierde wecken) abgedeckten<br />
Materialien auf den Gruppentischen (Schutz der Tische<br />
durch Zeitungspapier, Abwischtücher <strong>für</strong> die Finger, vorgeschnittene<br />
Modelliermassestücke in verschiedenen Farben,<br />
stumpfe, breite, stabile Plastikmesser, evtl. Modellierhölzer,<br />
Gläser zur Größenpassung) werden aufgedeckt.<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
49
UnterrichtsprAXis<br />
Den SuS sollten <strong>für</strong> das Kneten mindestens 20 Minuten,<br />
aber bei einer Doppelstunde besser 40 Minuten zur Verfügung<br />
stehen. Schnellere SuS könnten mit Wachsfarben ein<br />
Bild zu ihrer gekneteten Szene malen, welches zusammen<br />
mit dem Schüttelglas ausgestellt wird.<br />
Fünf Minuten vor Ende der Arbeitsphase<br />
gibt die Lehrkraft ein ritualisiertes Klangzeichen<br />
(Triangel) und kündigt die noch<br />
verbleibende Zeit an. Die Kinder sollen<br />
sich so ihre Zeit einteilen und zur Selbstständigkeit<br />
geführt werden.<br />
Präsentationsund<br />
Reflexionsphase<br />
Am Ende der Stunde kommen die SuS in<br />
den Sitzkreis und legen ihre fertigen wie<br />
auch unfertigen Märchenfiguren auf der<br />
Kartonscheibe in den Sitzkreis, in dessen<br />
Mitte ein Tuch als wertschätzender<br />
Präsentationsort ausgelegt wurde. Der<br />
Sitzkreis wurde gewählt, da die Kinder<br />
hier näher beisammen sitzen als beim<br />
Blitzlicht<br />
Knete und synthetische Plastiziermassen<br />
... sind nicht ganz billig, andererseits braucht man <strong>für</strong><br />
solch kleine Figürchen auch keine großen Mengen. Sie<br />
können jedoch im Ofen gebrannt werden und stehen<br />
in verschiedenen Farben zur Verfügung. Sie sollten vor<br />
der Weiterverarbeitung gut durchgeknetet werden,<br />
am besten in kleinen Portionen. Modelliermassen<br />
eines Härtebereiches können miteinander zu neuen<br />
Farbtönen oder marmorartig gemischt werden.<br />
Vor dem Härten trocknen, die modellierten Teile<br />
zunächst 30 Minuten an der Luft. Bei 130° kommt die<br />
Masse <strong>für</strong> ca. eine halbe Stunde in den Ofen. Wird die<br />
Temperatur unterschritten, erhöht sich die Bruchempfindlichkeit.<br />
Es bietet sich das Zusammensetzen aus Einzelteilen<br />
wie Kugeln, Würstchen usw. an. Es kann auch eine<br />
Figur auf eine Platte des Knetmaterials aufgezeichnet,<br />
ausgeschnitten und weiter ausmodelliert werden.<br />
Sitzhalbkreis und die relativ kleinen Figuren gut sehen<br />
können. Durch die Kartonscheibe sind die Schülerarbeiten<br />
namentlich markiert; außerdem wird der Boden vor Knetflecken<br />
geschützt. Eine Besprechung ist nach jeder praktischen<br />
Arbeit sinnvoll und gehört zu einer<br />
ästhetischen Erziehung. Sie dient der Anregung<br />
von Phantasie und Wahrnehmungsfähigkeit.<br />
Die SuS werden zu konstruktiver<br />
Kritikfähigkeit und Toleranz erzogen. Sie<br />
erfahren das Gefühl der Wertschätzung<br />
und können über gemachte Erfahrungen<br />
berichten. Ihre sprachliche Ausdruckskraft<br />
wird geschult. Die Arbeiten werden nach<br />
Märchenfiguren geordnet, dabei werden<br />
die Typisierungsmerkmale wie auch die<br />
Farbwirkung, Stabilität, Größe und Aufklebbarkeit<br />
überprüft, beschrieben, verglichen.<br />
Die Kinder schulen ihre ästhetische<br />
Wahrnehmung und positiv-konstruktive<br />
Kritikfähigkeit wie auch Kritikannahme<br />
bezüglich der Arbeiten im Feedback durch<br />
SuS und Lehrkraft (in der direkten Ansprache<br />
mit „Du“!). Mögliche Abschlussfrage:<br />
Wo wird sich der Schnee oder Flitter wohl<br />
bei den Figuren absetzen? Genügend Aufräumzeit <strong>für</strong> alle<br />
von 5 Minuten einplanen<br />
Zum Weiterlesen<br />
❧<br />
Grimms Märchen (Vollständige Ausgabe Bd. 1), Hrsg. Carl Helbling,<br />
Manesse, Bibliothek der Weltliteratur Zürich 1986.<br />
Kampmann, Lothar: Formen und Modellieren.<br />
Ravensburg: Maier Verlag, 1969.<br />
Kiesel, Manfred: Bildende Kunst in der Grundschule. Ein Handbuch mit<br />
<strong>Anregungen</strong> und Themenvorschlägen <strong>für</strong> die Unterrichtspraxis.<br />
Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag, 1996.<br />
Massenkeil A., Panesar P.: Schneekugeln. Wiesbaden: Englisch Verlag,<br />
1999.<br />
❧<br />
Idee, Unterrichtserprobung, Foto: Jessica Schmidt;<br />
50 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
Zeit<br />
(90 Min.)<br />
10 Min. Einstieg/<br />
Motivationsphase:<br />
Die SchülerInnen sollen<br />
Inhalt und Grundaussage<br />
des Märchens<br />
verstehen können.<br />
Lehr- und Lernschritte<br />
Phasen Geplantes Lehrerverhalten Erwartetes Schülerverhalten Sozialformen Medien<br />
L. sagt den Kindern, dass sie während des Hörens der<br />
Geschichte ihre Augen schließen dürfen.<br />
L. erzählt das Märchen „Frau Holle“ in verkürzter<br />
Form.<br />
L. stellt, falls nötig, Entwicklungsfragen.<br />
Kinder kommen in den Sitzhalbkreis.<br />
SchülerInnen hören zu.<br />
SchülerInnen äußern sich zum Märchen, stellen Fragen.<br />
Sitzhalbkreis<br />
Lehrervortrag<br />
Lehrgespräch<br />
Teppichfliesen<br />
Märchen<br />
15 Min. Erarbeitungsphase:<br />
Die SchülerInnen sollen,<br />
angeregt durch das<br />
Märchen, Ideen <strong>für</strong> den<br />
Inhalt eines Schüttelglases<br />
entwickeln<br />
können.<br />
L. zeigt den Kindern ein selbst gefertigtes „Schnee“-<br />
Glas, noch ohne Figur und schüttelt es.<br />
L. fragt die SchülerInnen nach Märchenszenen aus<br />
„Frau Holle“, die <strong>für</strong> die Gestaltung eines Schüttelglases<br />
in Frage kämen.<br />
Kinder schauen zu, erinnern sich an Schüttelkugeln und<br />
äußern sich dazu, dass der Inhalt (Figur) fehlt.<br />
Kinder nennen Frau Holle im Schneeglas.<br />
Kinder erinnern sich und erzählen die Szenen, als über<br />
Goldmarie Gold und über Pechmarie Pech geschüttet<br />
wird.<br />
Sitzhalbkreis selbst gefertigtes<br />
„Schnee“-Glas<br />
Die SchülerInnen sollen<br />
die Regeln aus dem<br />
voran gegangenen<br />
Knetvorgang der<br />
Experimentierphase<br />
erinner, aufzählen<br />
und beachten können.<br />
Sie sollen Besonderheiten<br />
<strong>für</strong> das Kneten<br />
von Schüttelglasfiguren<br />
nennen und beachten<br />
können.<br />
Die SchülerInnen sollen<br />
eine typengerechte<br />
Ausstattung der Märchenfiguren<br />
erarbeiten.<br />
L. stellt Entwicklungsfragen.<br />
L. zeigt weitere zwei selbst hergestellte Schüttelgläser<br />
(noch ohne Figuren) mit goldenem und<br />
schwarzem Flitter.<br />
L. fragt nach Materialvorschlägen <strong>für</strong> die Figuren.<br />
L. gibt Impulse, falls notwendig.<br />
L. zeigt Modelliermasse und die Plastikmesser.<br />
L. fragt, worauf beim Kneten und Formen zu achten ist.<br />
L. stellt Entwicklungsfragen.<br />
L. zeigt leeres Glas mit Deckel und fragt, wo die Figur<br />
befestigt werden muss.<br />
L. erklärt die Funktion der Kartonscheibe.<br />
L. zeigt ein bis zur Hälfte gefülltes Wasserglas,<br />
in dem ein Messer steht.<br />
L. klappt die Tafel auf, auf deren Innenseite<br />
die Namen der Märchenfiguren „Goldmarie“,<br />
„Frau Holle“ und „Pechmarie“ stehen.<br />
L. notiert Vorschläge der SuS an der Tafel.<br />
Die drei Gläser werden im Halbkreis herumgegeben,<br />
jedes Kind schüttelt ein Glas einmal.<br />
SchülerInnen erinnern sich an die Experimentierphase<br />
der vorangegangenen Stunde.<br />
SchülerInnen erzählen von ihren Erfahrungen mit<br />
der Knetmasse.Kinder erinnern sich an die Knetregeln<br />
(Plakat im Mehrzweckraum)<br />
Kinder nennen Aspekte, die insbesondere <strong>für</strong> das<br />
Kneten von Schüttelglas-Figuren zu beachten sind.<br />
SchülerInnen äußern Ideen, wie sie die Märchenfiguren<br />
typengerecht kneten und formen könnten.<br />
Lehrgespräch zwei selbst hergestellte<br />
Flittergläser<br />
(golden und schwarz)<br />
Platiziermassen<br />
Plastikmesser<br />
Lehrgespräch Plakat im Mehrzweckraum<br />
Klassenunterricht<br />
Glas mit Deckel<br />
Kartonscheibe<br />
Wasser<br />
Messer<br />
Tafel<br />
kompakt<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
51
kompakt<br />
Zeit<br />
(90 Min.)<br />
Lehr- und Lernschritte<br />
Phasen Geplantes Lehrerverhalten Erwartetes Schülerverhalten Sozialformen Medien<br />
Arbeitsauftrag: L. erklärt die Funktion der Gruppentische;<br />
L. gibt Hinweise über die zur Verfügung stehende<br />
Zeit;<br />
L. teilt Briefumschläge mit den Symbolkarten aus;<br />
L. weist die Kinder darauf hin, dass sie am<br />
Gruppentisch ihre Namen auf die Kartonscheibe<br />
schreiben sollen.<br />
45 Min. Arbeitsphase: L. fordert SchülerInnen auf, an ihre Plätze zu gehen<br />
und nimmt die Tücher, die das Material bislang<br />
abdeckten, von den Tischen.<br />
SchülerInnen erhalten einen Umschlag und erkennen<br />
so, an welchem Gruppentisch sie in der Arbeitsphase<br />
sitzen.<br />
Kinder verteilen sich an die Tische.<br />
SchülerInnen markieren ihre Kartonscheibe<br />
mit ihrem Namen.<br />
Briefumschläge mit<br />
Symbolkarten<br />
Einzelarbeit Tücher zum Abdecken<br />
der vorbereiteten<br />
Tische und Materialien<br />
(Schutz, Neugierde)<br />
Die SchülerInnen sollen<br />
eine Figur aus dem<br />
Märchen „Frau Holle“<br />
typengerecht und<br />
phantasievoll kneten<br />
und formen können.<br />
L. beobachtet das Arbeiten der Kinder und hilft<br />
bei auftretenden Schwierigkeiten.<br />
L. gibt mit der Triangel fünf Minuten vor Ende der<br />
Arbeitsphase ein Signal, damit sich die Kinder auf das<br />
Ende voreinstellen können.<br />
L. bittet die Kinder, ihre fertigen wie unfertigen<br />
Figuren in den Sitzkreis zu bringen.<br />
Jedes Kind knetet und formt seine Märchenfigur nach<br />
seinen eigenen Vorstellungen.<br />
Differenzierung:Schnellere SchülerInnen malen mit<br />
Wachsfarben ein Bild zu der gekneteten Szene<br />
(<strong>für</strong> die Ausstellung am „Märchentag“).<br />
Kinder nehmen das Zeichen wahr, teilen sich danach<br />
die noch verbleibende Zeit ein.<br />
Kinder kommen wieder in den Sitzkreis und<br />
transportieren ihre Arbeiten auf der Kartonscheibe<br />
Einzelarbeit<br />
an Gruppentischen<br />
Zeitungspapier<br />
als Unterlage zum<br />
Schutz der Tische,<br />
Wischtücher, Modelliermassenblöcke,<br />
Gläser, Zahnstocher,<br />
Plastikunterlagen<br />
Wachsfarben,<br />
A4-Karton,<br />
Triangel<br />
15 Min. Präsentation/Reflexion:<br />
Die SchülerInnen sollen<br />
die gekneteten Märchenfiguren<br />
beschreiben und<br />
vergleichen können.<br />
L. stellt Entwicklungsfragen und achtet darauf,<br />
dass sachlich über die Schülerarbeiten gesprochen<br />
wird.<br />
SchülerInnen betrachten die Arbeiten und überprüfen<br />
Typisierungsmerkmale.Kinder sprechen über die benutzten<br />
Farben/ Farbmischungen.<br />
Kinder betrachten und äußern sich zu den Arbeiten<br />
im Hinblick auf Stabilität, Größe und Aufklebbarkeit.<br />
Sitzkreis Schülerarbeiten<br />
5 Min. Aufräumen<br />
Die SchülerInnen sollen<br />
über Farben, Formen<br />
und Anordnungen in ihren<br />
Arbeiten sprechen<br />
können.<br />
L. fragt SchülerInnen, wo sich bei den einzelnen<br />
Figuren im Schüttelglas möglicherweise der Schnee<br />
oder Flitter absetzen wird.<br />
SchülerInnen äußern sich dazu.<br />
SchülerInnen gehen wieder auf ihre Plätze.Ein<br />
geeigneter Platz zur Präsentation der Schüttelgläser<br />
auf einem Tuch wird gefunden und wertschätzend<br />
ausgestellt.<br />
Lehrgespräch<br />
im<br />
Klassenplenum<br />
52 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
UnterrichtsprAXis<br />
deUtsch/mUsiK/KUnst | KlAsse 2/3<br />
Kathrin Eckardt<br />
Treffen wir uns am sprechenden Baum?<br />
Kunstunterricht – einfach märchenhaft!<br />
Figuren wie Hexen, Drachen, Könige, Prinzessinnen, Feen, Zauberer, Zwerge und Tiere<br />
können sich die Kinder bei dieser märchenhaften Fantasiereise in ihre eigene Geschichte<br />
hineindenken. Das Element der Verwandlung lässt viel Raum <strong>für</strong> individuelles Fantasieren.<br />
Szenen der Fantasiereise werden im Anschluss in Bildern gemalt und als Grundlage <strong>für</strong> das<br />
Herstellen von Stabpuppen genutzt. Mit den eigenen märchenhaften Figuren wird zum<br />
Abschluss Spontantheater gespielt.<br />
Ich möchte allen Interessierten Lust machen auf das<br />
freie und wilde Basteln, auch Bricolage (franz.) genannt,<br />
das leider nicht annähernd so verbreitet ist wie das Basteln<br />
nach Vorlagen. Grundsätzliche Voraussetzung ist die Verfügbarkeit<br />
verschiedenster Materialien und Werkzeuge in<br />
„Materialschatzkisten“. Die Unterrichtseinheit kann sowohl<br />
fortlaufend in mehreren Stunden durchgeführt werden<br />
oder „projekt“artig in mehreren Unterrichtsblöcken:<br />
❧ A. Phantasiereise und erste Arbeitsphase<br />
(2 Stunden, gut zu kombinieren mit Deutsch)<br />
❧ B. Stabpuppen = zweite und dritte Arbeitsphase<br />
(4–6 Stunden, je nach Klassenstufe)<br />
oder Alternativaufgabe (3 Stunden)<br />
❧ C. Theaterspielen (1–2 Stunden)<br />
Einstieg<br />
Die Lehrkraft führt mit den Kindern eine Fantasiereise durch<br />
(KV 1).<br />
1. Arbeitsphase („Farbskizze“)<br />
Die Kinder bringen ihre inneren Bilder durch eine Farbskizze<br />
zum Ausdruck.<br />
Material: Zeitungspapier als Unterlage, weißes Blatt (Größe<br />
mindestens DIN A3), Jaxonkreiden (farbintensive Öl-<br />
Pastellkreiden, 24 Stück z.B. über ALS Verlag, Gerstaecker<br />
oder Boesner zu beziehen) – alternativ Wachskreiden.<br />
Arbeitsauftrag: „Richte deinen Arbeitsplatz. Lege Zeitungen<br />
aus und hole deine Jaxonkreiden. Du bekommst<br />
nun ein Blatt. Fülle dein Blatt. Male also nicht zu klein.<br />
Male: ❧ Wer hat dich beim sprechenden Baum geweckt?<br />
❧ Wie siehst du aus?<br />
❧ Bist du DU oder bist du verzaubert?“<br />
Vorbereitungen<br />
<strong>für</strong> den Bau von Stabpuppen<br />
Material bereitstellen – Ordnung und Übersicht schaffen<br />
Im Vorfeld sollte ein Materialbrief an die Eltern herausgegeben<br />
werden und neben Abfallmaterialien aus Plastik<br />
und Karton vor allem nach Kochlöffeln, Holzstielen und<br />
langstieligen Pinseln gefragt werden, die <strong>für</strong> die Puppen<br />
verarbeitet werden können.<br />
Gemeinsam können die mitgebrachten und in der Schule<br />
vorhandenen/ gekauften Materialien in Schuhkartons oder<br />
durchsichtige Boxen mit Deckel sortiert und platzsparend<br />
gestapelt werden.<br />
Wenn diese an den Fronten beschriftet sind, können die Kinder<br />
beim Ordnen, Sammeln und Sortieren gut helfen.<br />
Verschiedene Papiere oder Stoffe können in flachen Obstkartons<br />
aus dem Supermarkt gelagert werden.<br />
Grundausstattung <strong>für</strong> die Kinder: Malerkittel, Schere, Klebestift<br />
und flüssiger Klebstoff, <strong>für</strong> die Lehrkraft ein Cutter,<br />
Heißkleber und Patronen, evtl. Holzleim, Krepp-Klebeband,<br />
Pfeifenputzer, Paketschnur.<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
53
UnterrichtsprAXis<br />
Materialien <strong>für</strong> den „Roh-Bau“ der Stabpuppen<br />
Materialien <strong>für</strong> die Ausgestaltung<br />
Holzstäbe (Rundhölzer aus<br />
dem Baumarkt, Pflanzstecken),<br />
Kochlöffel, ausgemusterte<br />
langstielige Malerpinsel,<br />
Klorollen, Küchenrollen,<br />
Eierschachteln, Plastikbecher,<br />
Verpackungen aus Karton,<br />
Pappkarton<br />
Stoff, Knöpfe (zu beziehen<br />
über ALS Verlag – 2. Wahl<br />
– günstig!), Kronkorken,<br />
Korken, Perlen, Papiere<br />
(Krepppapier, Seidenpapier,<br />
Glanzpapier, Tonpapier,<br />
Fotokarton, Wellpappe),<br />
bunte Federn, Holzteile<br />
(zu beziehen über Diehl, ALS – Scheiben, Kugeln gebohrt,<br />
Kegel, gedrechselte Abfallformen)<br />
❧ Aufkleben und Ankleben von Stoff, Wolle und Papieren<br />
durch Flüssigkleber<br />
❧ mit Heißkleber Teile zusammengefügen oder Kleinteile<br />
(Perlen, Kronenkorken etc.) anbringen<br />
Sinnvoll ist es, wenn es eine festgelegte „Heißklebestation“<br />
gibt, zu der die Kinder bei Bedarf gehen. Unbedingt vorab<br />
Sicherheitshinweise geben, keine zu dünnen Materialteile<br />
von den Kindern selbstständig ankleben lassen und<br />
je nach Klassensituation zunächst nur durch die Lehrkraft<br />
bedienen.<br />
Kreatives Arbeiten – „Roh-Bau“ der Puppen<br />
Arbeitsauftrag: „Wähle dir <strong>für</strong> deine Puppe Material aus<br />
den Kisten aus. Probiere aus, welche Dinge sich am Besten<br />
eignen. Überlege dir, wie du die Teile geschickt und<br />
gut haltbar zusammenfügen kannst. Dinge, die du nicht<br />
brauchst, lege <strong>für</strong> die anderen wieder zurück. Brauchst du<br />
Hilfe, so frage zuerst ein anderes Kind. Kommt ihr gemeinsam<br />
nicht weiter, so frage mich.“<br />
Verbundmaterial<br />
Krepp-Klebeband,<br />
Flüssigkleber,<br />
Heißkleber,<br />
Pfeifenputzer, Wolle,<br />
Paketschnur<br />
Während des Arbeitsprozesses gibt die Lehrkraft <strong>Anregungen</strong>,<br />
welche Materialien sich z. B. <strong>für</strong> Arme, Körper, Drachenköpfe<br />
oder Flügel eignen könnten. Die Kinder lernen<br />
so zu den Materialien Assoziationen zu finden und sich <strong>für</strong><br />
die <strong>für</strong> sie passende Ausdrucksform zu entscheiden. Die<br />
Materialkisten <strong>für</strong> die Ausgestaltung der Puppen sind in<br />
diesem Arbeitsschritt noch nicht wichtig. Es ist also noch<br />
nicht erforderlich, sie bereit zu stellen.<br />
2. Arbeitsphase („Expertenschulung“)<br />
Beim Herstellen der Stabpuppen werden die Kinder vielseitig<br />
tätig: abschneiden, einschneiden, ausschneiden, umwickeln,<br />
falten, kleben, knoten/binden/verbinden, lochen,<br />
aufzeichnen, bemalen, bekleben…<br />
Zunächst ist eine „Expertenschulung“ im Sitzkreis oder Kinositz<br />
nötig, um den Kindern Möglichkeiten an die Hand<br />
zu geben, wie einzelne Materialien miteinander verbunden<br />
werden können – ein wichtiger Arbeitsschritt (ca. 15 Min.),<br />
damit das kreative Arbeiten nicht an mangelnder Handlungsfertigkeit<br />
scheitert, wie z. B.:<br />
❧<br />
mit Klebeband Teile zusammenfügen<br />
❧ Kartons und Schachteln durch Einschneiden und<br />
Ineinanderstecken verbinden<br />
3. Arbeitsphase („Puppengestaltung“)<br />
Jetzt kommt die Materialkiste <strong>für</strong> die kreative Ausgestaltung<br />
der Puppen zum Einsatz. Auch hier sollte es eine<br />
„Farbstation“ geben: Joghurtbecher, gefüllt mit Rot, Grün,<br />
Blau, Gelb, Rosa, Lila; Borstenpinsel bleiben in den Bechern<br />
und werden nur <strong>für</strong> diese eine Farbe verwendet. So benötigt<br />
man kein Wasser!<br />
Arbeitsauftrag: „Möchtest du Teile deiner Puppe bemalen,<br />
so dass man die Verpackungsaufschriften nicht mehr sieht,<br />
so benutze zuerst die Farben in den Farbbechern. Solange<br />
die Farbe trocknet, kannst du einem anderen Kind helfen.<br />
Dann wähle aus den Materialkisten Dinge aus, die <strong>für</strong> Augen,<br />
Hände, Flügel, Fell, Federn, Kleidung, Haare, Schmuck<br />
etc. gut geeignet sind. Überlege dir, wie du sie festmachen<br />
kannst.“<br />
54 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
UnterrichtsprAXis<br />
Beispiele <strong>für</strong> Stabpuppen<br />
Nachtfalter<br />
Material <strong>für</strong> den Rohbau:<br />
Kochlöffel, Tonpapier, Wellpappe,<br />
Material <strong>für</strong> die Ausgestaltung:<br />
Federn, Kronenkorken, Perlen <strong>für</strong><br />
die Augen, Pfeifenputzer <strong>für</strong><br />
die Fühler, Jaxonkreiden <strong>für</strong> die<br />
Flügelbemalung, der Mond ist<br />
außer dekorativem Element auch<br />
eine Verkleidung/ Sichtschutz der<br />
spielenden Hand.<br />
Verbundmaterial:<br />
Flüssigkleber, Klebestift, Heißkleber<br />
(<strong>für</strong> Wellpappe und Kronenkorken und Augen)<br />
Zauberer<br />
Material <strong>für</strong> den Rohbau:<br />
Holzstab, Eier karton, Klorollen, Holzkugel,<br />
Spielkegel aus Holz<br />
Drache (ohne Stab)<br />
Material <strong>für</strong> die Ausgestaltung:<br />
Dispersionsfarbe/ Voll-und Abtönfarbe<br />
aus dem Baumarkt <strong>für</strong> deckenden<br />
Farbauftrag, Goldpapier (zweifarbig,<br />
Rückseite Rosa), dünne Pappe <strong>für</strong> die<br />
Hände, Papier <strong>für</strong> die Haare, Federn<br />
Verbundmaterial:<br />
Heißkleber zum Anbringen der Klorollen<br />
am Stab, Flüssigkleber.<br />
Material <strong>für</strong> den Rohbau:<br />
Pappbecher, Medikamentenschachtel aus Karton<br />
Material <strong>für</strong> die Ausgestaltung:<br />
grüne Plakafarbe/ Voll- und Abtönfarbe, Stoff, Glasnuggets<br />
<strong>für</strong> Augen, Pappe <strong>für</strong> Feuer und Flügel, Stoff <strong>für</strong> den<br />
angedeuteten Körper und zugleich<br />
Verkleidung/ Sichtschutz des<br />
spielenden Arms.<br />
Verbundmaterial:<br />
Klebeband <strong>für</strong> Kopf und<br />
Körperverbindung, Heißkleber<br />
<strong>für</strong> Feueraugen, Flüssigkleber <strong>für</strong><br />
Stoff<br />
Die Kinder werden mit ihren Stabpuppen unterschiedlich<br />
schnell fertig werden. Um die Puppen gut zu lagern, werden<br />
sie in eine alte Bodenvase oder einen runden Mülleimer<br />
gesteckt. So stehen sie als märchenhafte Figurensammlung<br />
im Klassenzimmer.<br />
Als Zwischenbeschäftigung dürfen sich fertige Kinder um<br />
die Herstellung des sprechenden Baums kümmern. Als<br />
Grundgerüst dient eine Kartonplatte, auf die eine Holzlatte<br />
mit Heißkleber geklebt wird. So können verschiedene Bäume<br />
entstehen.<br />
In meiner 2. Klasse war der Baum die einzige Kulisse beim<br />
Theaterspielen. Er stand auf einem Tisch, über den ein<br />
grünes Tuch gehängt war, um eine kleine Bühne anzudeuten.<br />
Krönender Abschluss – Spontantheater<br />
Die Kinder bekommen die Aufgabe, sich zu überlegen, wen<br />
sie vielleicht von den Figuren, die jetzt zur Auswahl stehen,<br />
am sprechenden Baum treffen könnten oder ob der sprechende<br />
Baum sie zu irgendjemandem schicken könnte.<br />
Folgende Impulssätze können in DIN-A4-Format an der Tafel<br />
hängen (KV 2):<br />
❧ Wen triffst du am sprechenden Baum?<br />
❧ Was sagt dir der Baum? Was sagst du?<br />
❧ Bekommst du eine Aufgabe oder brauchst du Hilfe?<br />
❧ Wohin willst du? Wer kommt mit?<br />
❧ Wie endet die Geschichte?<br />
Die Kinder finden sich in 2er oder 3er Gruppen zusammen,<br />
um gemeinsam die Rollen zu verteilen und zu üben. Nach<br />
einer Übungsphase kann dann die Aufführung an der kleinen<br />
Bühne (Tisch mit sprechendem Baum) beginnen!<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
55
UnterrichtsprAXis<br />
Alternative – Malen und Collagieren<br />
Für diejenigen von Ihnen, die sich langsam ans „wilde Basteln“<br />
heranwagen möchten, gibt es einen Alternativvorschlag<br />
zu den Stabpuppen. Nach der Fantasiereise kann<br />
direkt eine kombinierte Arbeit aus Malen und Collagieren<br />
angeschlossen werden. Bei dieser Gestaltungsaufgabe<br />
bleibt man im zweidimensionalen Arbeiten. Malmaterial<br />
sind auch hier Jaxonkreiden. Als Papierformat schlage<br />
ich DIN A2 vor. Sinnvoll ist ein Tonpapier oder sogar Fotokarton<br />
zu wählen. Interessant von der Wirkung sind auch<br />
unterschiedliche Farben, da die Jaxonkreiden deckend<br />
malen. Bei solch großformatigem Arbeiten ist es entspannend,<br />
wenn sich einige Kinder auf dem Boden einrichten.<br />
(Zeitungspapier, Jaxonkreiden, Malerkittel und DIN-A2-Papier).<br />
Die Kinder malen sich selbst oder in verwandelter Gestalt<br />
und den sprechenden Baum. Es ist wichtig, die Kinder<br />
darauf hinzuweisen, dass sie formatfüllend arbeiten sollen.<br />
Quer- oder Hochformat entscheidet das Kind <strong>für</strong> sich<br />
selbst.<br />
Im Anschluss gestalten die Kinder ihr Gemälde mit Materialien<br />
aus den Materialkisten (Knöpfe, Pfeifenputzer, Perlen,<br />
Kronkorken, Wolle, Federn) sowie mit Stoffen und unterschiedliche<br />
Papieren aus.<br />
❧<br />
Zum Weiterlesen<br />
❧<br />
Kohlhoff-Kahl, Iris: „Born to be wild“ (wildes Basteln). Grundschulzeitschrift<br />
2007, Heft 202, S. 4-8<br />
Knauf, Tassilo: Bewegung, Wahrnehmung und Gestaltung. In: Topsch,<br />
Wilhelm/Moschner, Barbara (Hrsg.): Schulstart. Didaktische Perspektiven<br />
<strong>für</strong> das erste Schuljahr. Bad Heilbrunn 2008, S. 168-186<br />
Bettina Uhlig: künstlerisch-ästhetische Bildung im Übergang von<br />
Kindergarten zur Grundschule. In: BDK Fachverband <strong>für</strong> Kunstpädagogik<br />
e.V. (Hrsg.): grund schule kunst<br />
56 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
Vorbereitung<br />
Lege deine Arme auf den Tisch<br />
… und deinen Kopf auf die Arme ab.<br />
Suche dir <strong>für</strong> deine Beine einen <strong>guten</strong> Platz<br />
… ausgestreckt oder angewinkelt.<br />
Mache die Augen zu und atme ganz langsam.<br />
Höre nun ganz genau meiner Stimme zu.<br />
Es ist Frühling. Du hörst Vögel zwitschern und die Luft<br />
riecht beim Einatmen gut.<br />
Heute ist ein besonderer Tag. Du merkst, etwas ist<br />
anders, wundersam. Du fühlst dich ganz leicht.<br />
Heute kannst du fliegen.<br />
Du steigst auf in den Himmel und fliegst an Wolken<br />
vorbei. Die Welt siehst du nun von oben. Du beginnst<br />
eine wunderbare Reise… eine Reise zum Zauberwald.<br />
Du hast schon gehört, dort leben Feen, Hexen, Bären,<br />
Drachen und Zwerge, Trolle, Tiere und Pflanzen,<br />
die sprechen können. Du fliegst bis zu einem Stück<br />
Märchenhafte Fantasiereise (KV 1)<br />
Wiese mitten im Wald. Dort steht der<br />
große, alte, sprechende Baum. Du<br />
landest und setzt dich am Baumstamm<br />
hin. Du schläfst ein… Plötzlich kitzelt es<br />
dich am Ohr….<br />
Stelle dir nun vor, wer kitzelt dich? Wer<br />
bist du denn und wie siehst du aus?<br />
Stelle dir alles ganz genau vor. (Pause)<br />
Nun öffne deine Augen.<br />
Strecke dich und rolle deine Schultern. Strecke dich<br />
nochmal. (Pause)<br />
Setz dich aufrecht hin.<br />
Arbeitsauftrag<br />
Du bekommst nun ein Blatt und darfst mit Jaxonkreiden<br />
malen:<br />
● Wer hat dich geweckt?<br />
● Wie siehst du aus?<br />
● Bist du DU oder bist du verzaubert?<br />
konkret<br />
Impulsfragen (KV 2)<br />
1. Wen triffst du am<br />
sprechenden Baum?<br />
2. Was sagt dir der Baum?<br />
Was sagst du?<br />
3. Bekommst du eine Aufgabe<br />
oder brauchst du Hilfe?<br />
4. Wohin willst du?<br />
Wer kommt mit dir?<br />
5. Wie endet die Geschichte?<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
57
UnterrichtsprAXis<br />
spOrt | KlAsse 2/3<br />
Karin Hildenbrand<br />
Bewegte Märchen<br />
Märchen als Basis <strong>für</strong><br />
bewegungsorientierten Sportunterricht<br />
Märchen sind Geschichten, die Kinder immer wieder von Neuem begeistern, verzaubern und<br />
gedanklich in eine fantasievolle Welt entführen. Obwohl Märchen, angefangen von der<br />
mündlichen Überlieferung bis hin zur Verschriftlichung und Umsetzung in Märchenbücher,<br />
Jahrhunderte alt sind, sind sie noch aktuell in unserer heutigen, schnelllebigen,<br />
technokratischen Welt und im Unterrichtsalltag fest verankert. Das Unterrichtsfach<br />
Deutsch bildet im Rahmen von fächerübergreifenden Projekten die Basis und nimmt sich<br />
die Fächer Bildende Kunst, Textiles Werken und Musik meistens zu Hilfe. Doch kann man<br />
auch den Sportunterricht in ein Märchenprojekt einbinden? Ist das denkbar?<br />
Im Folgenden zeige ich anhand von zwei möglichen<br />
Sportstunden (Varianten A und B) auf, wie die thematische<br />
Umsetzung von Märchen im Fach Bewegung, Sport und<br />
Spiel vorstellbar ist.<br />
Name:<br />
KV 1: Bildkarte „Lebkuchenmann“<br />
Märchen und das Bewegungsfeld<br />
„Laufen“ (Variante A)<br />
Ich wählte das Märchen vom Lebkuchenmann <strong>für</strong> eine<br />
3. Klasse im Sportunterricht und koppelte die Geschichte<br />
mit dem Bewegungsfeld „LAUFEN“ und kleinen Spielaufträgen<br />
als Intervalltraining. Diese einstündige Sportstunde<br />
hat sich als sehr bewegungsintensiv und motivierend<br />
gezeigt. Dabei sollten die sportlichen Kompetenzen sowie<br />
die sozialen Handslungsfähigkeiten ihren Platz finden.<br />
Vorbereitung<br />
Die Lehrkraft hängt vor der Sportstunde die Lebkuchenmann-Karten<br />
paarweise an die Wände der Sporthalle und<br />
legt jeweils einen Bleistift dazu.<br />
Einstieg/Erwärmung<br />
Alle Schüler sitzen um einen Kreis in der Mitte der Sporthalle<br />
und ziehen nacheinander eine Bildkarte (KV 1+2:<br />
alte Frau, Lebkuchenmann, Pferd, Kuh, Fuchs), die im Kreis<br />
liegen. Anschließend liest die Lehrkraft das Märchen vom<br />
Lebkuchenmann (Kurzform) vor. Immer wenn der Name<br />
der Figur, die auf der Bildkarte abgebildet ist, vorgelesen<br />
wird, bewegen sich die Kinder auf verschiedene Fortbewegungsarten<br />
zur Hallenwand und wieder zurück zum Kreis.<br />
Alte Frau: vorwärts humpelnd (Nachstellschritte in<br />
gebeugter Haltung), dabei rechte Hand auf rechtes<br />
Knie gestützt<br />
58 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦<br />
UnterrichtsprAXis<br />
Lebkuchenmann: schnelles Laufen<br />
Kuh: rückwärts laufen<br />
Pferd: Pferdchensprünge<br />
Fuchs: Seitkreuzschritte<br />
Hauptteil<br />
Die Schüler gehen paarweise durch Abzählen, Bildkarten<br />
ziehen (gleiche Bildkarten gehören zusammen) oder selbst<br />
einen Partner finden, zusammen.<br />
Alle Bildkarten liegen wieder verdeckt im Kreis. Die Karten<br />
mit dem Lebkuchenmann werden entfernt und können<br />
durch andere Bildkarten ersetzt werden.<br />
Die Schülerpaare entscheiden sich, wer von beiden der Lebkuchenmann<br />
ist. Dieser stellt sich an der Lauflinie auf. Der<br />
Partner zieht eine Bildkarte, nennt die Figur und die Verfolgungsjagd<br />
in der entsprechenden Fortbewegungsart beginnt.<br />
Die Paare laufen eine Runde. Wird der „Lebkuchenmann“<br />
nicht gefangen, erhält dieser einen Punkt. Fängt der Verfolger<br />
den Lebkuchenmann, bekommt der Verfolger einen Punkt.<br />
Die Schüler tragen nach jeder Runde ihre Punkte durch<br />
Striche selbst auf ihren Karten (Lebkuchenmann) ein, die<br />
an den Wänden hängen. Danach wechseln die Paare ihre<br />
Positionen und eine neue Runde wird gelaufen.<br />
Einst backte eine alte Frau einen Lebkuchenmann.<br />
Nachdem er gebacken war, öffnete die alte Frau die<br />
Backofentür und der Lebkuchenmann<br />
rannte weg. Er sprach: „Renn so schnell,<br />
wie du kannst, aber du kannst mich<br />
nicht fangen, ich bin der Lebkuchenmann!“<br />
Bald traf der Lebkuchenmann eine<br />
Kuh. „Halt, kleiner Mann!“, muhte die<br />
Kuh. „Du siehst sehr lecker aus!“ Aber<br />
der Lebkuchenmann rannte nur noch<br />
schneller und die Kuh rannte ihm hinterher.<br />
Doch die Kuh konnte den Lebkuchenmann<br />
nicht fangen.<br />
Auf einer Koppel traf der Lebkuchenmann ein Pferd.<br />
„Halt!“, rief das Pferd, „ich bin hungrig, bleib stehen,<br />
ich will dich fressen!“ Doch der Lebkuchenmann lief<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
Schluss/Entspannung<br />
Der Fuchs hält seinen Mittagsschlaf und verdaut den Lebkuchenmann:<br />
Alle Kinder liegen in Bauchlage im Kreis,<br />
dazu lasse ich leise Meditationsmusik laufen. Wer möchte,<br />
schließt die Augen.<br />
Am Ende der Unterrichtsstunde überreicht der Lehrer den<br />
Kindern die „Lebkuchenkarte“ mit ihren Punkten und lobt<br />
sie <strong>für</strong> ihren Einsatz.<br />
Märchen in Bewegung –<br />
ein Stationenbetrieb (Variante B)<br />
Eine Variante B wäre es, bedeutende Szenen mehrerer Märchen<br />
in Bewegung umzusetzen. Dazu eignet sich am besten<br />
der Sta tionenbetrieb als Unterrichtsform.<br />
Durchführung<br />
Das Märchen vom Lebkuchenmann<br />
Einstieg: Am Stundenanfang wird der Geräteaufbau mit den<br />
Schülern besprochen. Dazu gibt es einen Hallenplan (Übersicht<br />
aller Stationen), Stationsnummern und Stationskarten.<br />
Vorbereitung: Die Kinder bilden Gruppen und bauen an<br />
Hand der Pläne ihre Stationen selbstständig auf. Gruppen,<br />
die mit ihrem Aufbau bereits fertig sind, helfen den anderen<br />
Kindern.<br />
❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦<br />
noch schneller. Das Pferd galoppierte hinterher, konnte<br />
aber den Lebkuchenmann nicht fangen.<br />
Schließlich traf er einen Fuchs. Dieser<br />
wollte mit dem Lebkuchenmann reden.<br />
Aber der Lebkuchenmann rannte fort. Der<br />
schlaue Fuchs rannte ihm hinterher, bis<br />
sie an einen Fluss kamen. Der Lebkuchenmann<br />
war ratlos. Der schlaue Fuchs bot<br />
ihm an, ihn über den Fluss zu tragen. Der<br />
Lebkuchenmann sprang auf den Schwanz<br />
des Fuchses, dann auf seinen Rücken<br />
und schließlich auf die Nase. Als sie das<br />
andere Ufer des Flusses erreichten, warf<br />
der Fuchs seinen Kopf nach hinten und<br />
schleuderte den Lebkuchenmann hoch in die Luft. Der<br />
Fuchs schnappte den Lebkuchenmann und fraß ihn auf.<br />
Das war das Ende des kleinen Lebkuchenmanns.<br />
❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦<br />
59<br />
❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦ ❦
❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧<br />
❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧<br />
❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧<br />
❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧<br />
❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧<br />
konkret<br />
❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧<br />
Stationenbetrieb: Auf jeder Stationskarte („Märchenkarte“<br />
1–4 vergrößern und laminieren) ist die Bewegungsaufgabe<br />
erklärt. Je nach Voraussetzungen und Vorkenntnissen können<br />
die Schüler die Märchenaufgaben selbstständig erlesen, besprechen<br />
und in der Gruppe durchführen. Bei Klassen, die mit<br />
dieser Methode noch nicht vertraut sind, empfiehlt es sich,<br />
die Bewegungsaufgaben an den einzelnen Stationen zu besprechen<br />
und zu zeigen.<br />
Der Stationenbetrieb wird zeitlich festgelegt. Ein akustisches<br />
Signal regelt den Stationswechsel entsprechend der Nummern.<br />
Für diese „Märchensportstunde“ sollte eine Doppelstunde<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Abschluss: Kurze Rückmeldung über den „Anstrengungsgrad“<br />
der einzelnen Stationen, dann räumen die Kinder ihre<br />
Märchenstationen wieder auf.<br />
Hänsel und Gretel<br />
Sie verirren sich im Wald<br />
und kommen an ein<br />
Lebkuchenhäuschen.<br />
Station<br />
❶<br />
Die Schüler bewegen sich paarweise an der Hand haltend<br />
auf verschiedene Fortbewegungsarten durch den „Stangenwald“.<br />
Auf dem Hinweg legen sie Sandsäckchen (Kieselsteine)<br />
aus und sammeln diese auf dem Rückweg wieder ein.<br />
Diese Station könnte man auch mit Rollbrettern durchführen,<br />
was bei den Schülern eine höhere Motivation<br />
hervorruft. Doch sollten die Schüler bereits Erfahrungen<br />
im Umgang mit dem Rollbrett gesammelt haben und die<br />
Gefahrenquellen kennen.<br />
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Schneewittchen<br />
Station<br />
❷<br />
Sie flieht vor der bösen<br />
Königin in den Wald und<br />
läuft über die sieben Berge<br />
zu den sieben Zwergen.<br />
Hier bietet sich eine Hindernisbahn, bestehend aus Kästen<br />
und Böcken, an. Die Schüler versuchen geschickt und<br />
ideenreich die Hindernisse zu überwinden.<br />
Eine innere Differenzierung kann durch Bewegungshilfen<br />
sowohl <strong>für</strong> Schwächere als auch <strong>für</strong> die <strong>guten</strong> Sportler angeboten<br />
werden. Für die einen ist der Impuls oder die Hinzunahme<br />
bzw. Wegnahme eines weiteren Gerätes eine Hilfe,<br />
<strong>für</strong> die anderen kann es eine Herausforderung darstellen.<br />
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Aschenputtel<br />
Station<br />
❸<br />
Aschenputtel sortiert die<br />
Linsen aus der Asche:<br />
Die Guten kommen ins Töpfchen,<br />
die Schlechten ins Kröpfchen.<br />
In einem Kastenteil liegen viele Tennis- und Tischtennisbälle<br />
(Linsen), die voneinander getrennt werden sollen. Jeder<br />
Schüler darf nur einen Ball nehmen und legt ihn in einem<br />
kleinen Kasten ab. Gemeinsam wird diese Bewegungsaufgabe<br />
durchgeführt, so bleibt jeder in Bewegung.<br />
Sind alle Bälle in den beiden kleinen Kästen und das Kastenteil<br />
ist leer, kommt die Stiefmutter (z.B. Lehrkraft) und<br />
schüttet alle Bälle (Linsen) wieder in die Asche (Kastenteil)<br />
zurück. Nun beginnen die Schüler erneut die Aufgabe des<br />
Aschenputtels zu übernehmen.<br />
Der Froschkönig<br />
Station<br />
❹<br />
Der Frosch holt <strong>für</strong> die<br />
Prinzessin die goldene Kugel<br />
aus dem Brunnen.<br />
Die Schüler hüpfen nacheinander von einer festgelegten<br />
Linie aus zu einem kleinen Kasten (Brunnen). Dort entnimmt<br />
der Schüler einen Tennisball und transportiert<br />
diesen mit Froschsprüngen zurück und übergibt den Ball<br />
dem nächsten Kind.<br />
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Rapunzel<br />
Station<br />
❺<br />
Rapunzel lässt ihr Haar<br />
herunter, damit der Prinz<br />
an ihrem Zopf emporklettern<br />
kann, um sie zu retten.<br />
Vor einer aufgeklappten Sprossenwand wird eine senkrecht<br />
gestellte Weichbodenmatte mit Seilen befestigt.<br />
An der oberen Stange der Sprossenwand sind 2 Seile angebracht,<br />
die über die senkrecht gestellte Matte hängen.<br />
Hinter der Sprossenwand liegt eine Weichbodenmatte.<br />
Die Schüler versuchen mit Hilfe des Seiles über die Weichbodenmatte<br />
hochzuklettern und die Sprossenwand zu<br />
überqueren. Haben sie das geschafft, dürfen sie auf die unten<br />
liegende Weichbodenmatte springen oder können die<br />
Sprossenwand auf der Rückseite hinunter klettern.<br />
60 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
Bildkarten „Bewegte Märchen“ (KV 2)<br />
konkret<br />
Grafiken: A. Bienefeld<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
61
BUchtipps<br />
Birgitta Reddig-Korn<br />
Altbewährt und heiß geliebt …<br />
Gelesen und begeistert …<br />
Irina Korschunow<br />
Kleiner Pelz<br />
dtvjunior 2010,<br />
11.A u fl a g e<br />
Mario Ramos<br />
Der Wolf im Nachthemd<br />
Moritz Verlag 2012<br />
D en „Findefuchs“ kennen Sie bestimmt, und dass „Hanno“<br />
sich einen Drachen malt, ist Ihnen sicher auch nicht neu.<br />
Aber kennen Sie auch den kleinen Pelz – DEN kleinen Pelz, halb<br />
Menschenkind, halb Tierjunges, der mit seiner Mutter im Wald<br />
wohnt, sich mit schrecklicher Verwandtschaft, der Brümmeltante!!<br />
herumschlagen muss, der Elfen, einen Wassergeist und<br />
zum Schluss, nach einem großen mutigen Schritt, wieder einen<br />
neuen Freund findet?<br />
Kennen Sie ihn noch nicht, dann sollten Sie sich aufmachen<br />
und der Freund oder die Freundin des kleinen Waldwesens<br />
werden.<br />
Oder Sie sollten zumindest da<strong>für</strong> sorgen, dass seine Geschichte<br />
in Klassenzimmern oder zu Hause auf Bettkanten und Sofas<br />
bekannt wird, so dass möglichst viele Kinder in kleinem Pelz einen,<br />
zumindest zeitweiligen, neuen Freund finden.<br />
Dies ist nicht schwer, denn Irina Korschunov schreibt so, dass<br />
man den Wald riechen, das Brümmeln der Tante schmerzvoll<br />
hören, die schwarze Glätte des Teiches sehen und das Fell von<br />
kleinem Pelz fühlen kann. Und dies gelingt ihr in einer einfachen,<br />
literarischen und kindgemäßen Sprache.<br />
Hand in Hand lässt sie die kindlichen Leser mit kleinem Pelz gehen,<br />
zügig, Schritt <strong>für</strong> Schritt in den Wald durchs grüne Tor, mit<br />
einem großem Sprung ins Wasser, mit starken Flügelschlägen<br />
durch die Luft – dem Größerwerden entgegen.<br />
„Kleiner Pelz“ – eine Geschichte über einen Entwicklungs- bzw.<br />
Reifungsprozess, bei der die Kinder daran und dabei im besten<br />
Sinne mitwachsen, hat bereits viele Leser – und noch mehr<br />
verdient!<br />
Die Geschichte erinnert an Grimms Rotkäppchen und der<br />
Wolf und beginnt, wie Rotkäppchen und der Wolf beginnen<br />
muss: Der Wolf begegnet Rotkäppchen, verspürt Hunger und<br />
beschließt, dass seine Mahlzeit heute aus Vorspeise und Hauptgang<br />
bestehen soll: Rotkäppchen und die Großmutter werden<br />
die Hauptbestandteile seines überaus leckeren Menüs sein!<br />
Leider kommt es anders als erwartet. Anstatt sich dem Verzehr<br />
eines üppigen Mahles hinzugeben, erliegt er den Verlockungen<br />
eines Nachthemds! Er schlüpft in dasselbe der Großmutter und<br />
sperrt sich anschließend dummerweise aus!<br />
Während er zappelnd versucht, sich des Nachthemds zu entledigen,<br />
was ihn zusehends mehr ärgert, begegnet er zahlreichem,<br />
dem kundigen Märchenleser allzu bekanntem Märchenpersonal,<br />
vom Jäger über die drei kleinen Schweinchen, den singenden<br />
Zwergen, einem edlen Prinzen und nicht zuletzt seiner Himbeere,<br />
seiner Johannisbeere, seiner Kirsche – dem Rotkäppchen.<br />
Alle grüßen den Wolf im Nachthemd fröhlich: „Hallo Großmutter!<br />
Wenn Sie den Wolf sehen, sagen Sie uns Bescheid!“<br />
Was so ein Nachthemd alles macht! Vor allem, wenn es so<br />
hübsch rosa, gepunktet und mit Rüschen versehen ist!<br />
Wild entschlossen seinen Status als Großmutter aufzugeben,<br />
gibt er sich Rotkäppchen furchterregend zu erkennen. Leider<br />
reagiert dieses anders als vom großen bösen Wolf erwartet… !<br />
Ramos spielt in dieser Geschichte mit der Anlage des klassischen<br />
Märchens, modernisiert die Dialoge, stattet Rotkäppchen<br />
mit Selbstbewusstsein und Intelligenz aus und sorgt so<br />
<strong>für</strong> Lesevergnügen auf mehreren Ebenen.<br />
„Der Wolf im Nachthemd“ ist herrlich schräg und eignet sich<br />
zuallererst als vergnügliches Vorlese-Bilderbuch und dann,<br />
an zweiter Stelle, im schulischen Kontext wunderbar als Vergleichstext<br />
zu Grimms „Rotkäppchen und der Wolf“.<br />
62 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
2 | 2012<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong><br />
AUtOrinnen Und AUtOren<br />
„Eine Zeitschrift<br />
ist nur so gut<br />
wie ihre<br />
Autorinnen<br />
und Autoren . . .“<br />
Die Herausgeberinnen<br />
Die Herausgeberinnen<br />
Beate Weiß<br />
unterrichtet als Lehrerin an der Schillerschule<br />
Ettlingen sowie am Staatlichen<br />
Seminar <strong>für</strong> Didaktik und Lehrerbildung<br />
Pforzheim (GHWRS). Sie ist Autorin im<br />
Bereich Kinderbüchr und Unterrichtshandreichungen.<br />
Dr. Birgitta Reddig-Korn<br />
lehrt an der Pädagogischen Hochschule<br />
Karlsruhe am Institut <strong>für</strong> Deutsche<br />
Sprache und Literatur im Bereich Lesedidaktik<br />
und Kinder- und Jugendliteratur.<br />
Sie ist Autorin und Herausgeberin<br />
zahlreicher didaktischer Materialien zur<br />
Unterrichts praxis.<br />
Yvonne Bisson<br />
ist Lehramtsanwärterin an der Wernner-von-Siemens-GHWRS<br />
Karlsruhe. Sie<br />
verbrachte zwei Auslandssemester in<br />
Neuseeland und Frankreich. Frau Bisson<br />
veröffentlichte verschiedene Materialien<br />
zur Kinderliteratur im Unterricht.<br />
Katja Harbers<br />
ist Lehrerin an der Südendschule Karlsruhe<br />
und Fachleiterin am Staatlichen Seminar<br />
<strong>für</strong> Didaktik und Lehrerbildung Pforzheim<br />
(GHWRS) mit Schwerpunkt Musik.<br />
Anna-Lena Hauck<br />
ist Lehramtsanwärterin an einer Grundschule<br />
in Rheinstetten und Lehrbeauftragte<br />
an der Päd. Hochschule Karlsruhe.<br />
Sie publiziert zu Literatur- und Philosophieunterricht/Theaterpädagogik<br />
und<br />
übersetzt Kinderbücher ins Englische.<br />
Karin Hildenbrand<br />
ist Sportpädagogin und Lehrerin an der<br />
Eichelbergschule (GS) Gaggenau. Sie unterrichtet<br />
als Klassenlehrerin die Klassenstufen<br />
3/4 und betreut als Mentorin Lehramtsanwärter<br />
im 2. Ausbildungsabschnitt.<br />
Dr. Christopher Korn<br />
ist Schulrat am Staatlichen Schulamt<br />
Karlsruhe und Lehrbeauftragter am KIT,<br />
Institut <strong>für</strong> Allgemeine Pädagogik.<br />
Kirsten Krefft<br />
ist Lehrerin an der Schillerschule GWRS<br />
Ettlingen. Sie betreut Studentengruppen<br />
der PH Karlsruhe im Tages fachpraktikum<br />
Französisch sowie Lehramtsanwärter und<br />
ist Kooperationslehrerin an Kindergärten.<br />
Constanze Velimvassakis<br />
ist Lehrerin an der Bachschloss-Schule<br />
GWRS in Bühl, Fachberaterin des Staatlichen<br />
Schulamts Rastatt (Deutsch) und<br />
Autorin von didaktischen Materialien<br />
verschiedener Verlage.<br />
Dr. Heinz Risel<br />
ist Akademischer Rat am Institut <strong>für</strong> deutsche<br />
Sprache und Literatur an der Pädagogischen<br />
Hochschule Karlsruhe. Zuvor<br />
war er 20 Jahre lang Lehrer an Grund- und<br />
Hauptschulen.<br />
Kathrin Eckardt<br />
ist Lehrerin an der Silcherschule in Kornwestheim,<br />
Fortbildnerin im Bereich Kunst<br />
am SSA Ludwigsburg, betreut seit mehreren<br />
Jahren Student/-innen und Referendar/-innen<br />
im Grundschulbereich und ist<br />
als Autorin <strong>für</strong> verschiedene Verlage tätig.<br />
Annika Werner<br />
studiert an der Pädagogischen Hochschule<br />
Karlsruhe Europalehramt Eng lisch<br />
(Schwerpunkt Grundschule). Sie absolvierte<br />
ein Studiensemester an der NTU<br />
Nottingham und ein Erasmus-Praktikum<br />
an einer englischen Grundschule.<br />
Johanna Sänger<br />
ist Lehrerin an der Grundschule Dürnau-<br />
Gammelshausen und leitet Projekte und<br />
Seminare zu Märchen im schulischen und<br />
außerschulischen Bereich. Sie ist Mitglied<br />
in der Europäischen Märchengesellschaft<br />
(EMG), Systemische Therapeutin und<br />
Beraterin (SG) in eigener Praxis.<br />
Malena Hartmann<br />
unterrichtet die Eingangsklassen der<br />
Schillerschule GWRS Ettlingen und ist<br />
Kooperationslehrerin an mehreren Kindergärten<br />
der Stadt. Sie ist Mentorin von<br />
Referendaren und Studenten.<br />
Jessica Schmidt<br />
ist Lehrerin an der Grundschule in Büchenau<br />
und unterrichtet vorwiegend die<br />
Klassenstufen 3/4; Schwerpunkt: Fächerverbund<br />
Mensch, Natur und Kultur.<br />
Märchenhaftes<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012<br />
63
VOrschAU<br />
3 | 2012<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong><br />
Bindungen–<br />
das Eigene, das Gemeinsame, das Andere<br />
Liebe Leserin, lieber Leser!<br />
Wir freuen uns, Ihnen das dritte KONFEKT-Heft unter dem<br />
Leitthema „Bindungen – das Eigene, das Gemeinsame, das<br />
Andere“ ankündigen zu dürfen. Die Inhalte des Heftes greifen<br />
aktuelle Themen wie Individualisierung, Gemeinschaft<br />
und soziale Kompetenz, Inklusion und Multikulturalität <strong>für</strong><br />
den Schulalltag und Ihre Unterrichtspraxis auf.<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong><br />
3 | 2012<br />
Um KONFEKT Nr. 4 „Zeichen & Symbole“ bis Januar 2013<br />
konkret werden zu lassen, bedarf es der Mitarbeit engagierter<br />
Lehrerinnen und Lehrer, die als Fachleute aus der Praxis<br />
zum Gelingen dieses spektrenreichen Heftes beitragen.<br />
Sollten Sie Interesse an einer Autorenschaft haben, dann<br />
setzen Sie sich doch hinsichtlich einer genaueren Absprache<br />
mit uns in Verbindung.<br />
Selbstverständlich können Sie auch zuerst unverbindliche<br />
Auskünfte zu einer eventuellen Mitarbeit und deren Honorierung<br />
erhalten.<br />
Mit den besten Grüßen<br />
Dr. Birgitta Reddig-Korn<br />
b.reddig-korn@edu-art.de<br />
Beate Weiss<br />
bmweiss@kabelbw.de<br />
Impressum<br />
Herausgeberinnen/Redaktion<br />
Dr. Birgitta Reddig-Korn und Beate Weiß<br />
Verlag<br />
Neckar-Verlag GmbH • Postfach 1820 • 78008 Villingen-<br />
Schwenningen • Fax 07721 8987-50 • www.neckar-verlag.de<br />
service@neckar-verlag.de, bestellungen@neckar-verlag.de<br />
Verlagsleitung: Ruth Holtzhauer, Beate Holtzhauer<br />
Verlagsherstellung: Bernd Ade, Tel. 07721 8987-21<br />
Grafische Konzeption<br />
bienefeld design<br />
www.bienefeld-design.de und Beate Weiss<br />
Titelgrafik: © chuwy@istockphoto.com/Bienefeld<br />
Anzeigen<br />
Uwe Stockburger, Neckar-Verlag GmbH, Tel. 07721 8987-71<br />
Abonnement/Einzelbezug<br />
ISSN 2193-5866, ISBN 978-3-7883-0456-0<br />
Lief. 2 | 2012, 64 Seiten, Best.-Nr. 21-2012-02<br />
Einzelpreis: 14,90 Euro, Abonnementspreis: 12,80 Euro<br />
Nachdruck einzelner Beiträge, auch auszugsweise, nur mit<br />
Ge neh migung des Verlags. Dies gilt auch <strong>für</strong> die Verarbeitung,<br />
Vervielfältigung oder Verbreitung unter Verwendung<br />
elektronischer Systeme.<br />
Druck<br />
Bauroffset, 78056 VS-Schwenningen, www.bauroffset.de<br />
64 <strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong> 2 | 2012
Rhythmisierung<br />
als Unterrichtsprinzip<br />
Silben und<br />
Sprachrhythmus<br />
Jahreskreis<br />
Phasen<br />
Wahrnehmen<br />
Uhrzeiten<br />
Wortbausteine<br />
<strong>Anregungen</strong> <strong>für</strong> <strong>guten</strong> <strong>Grundschulunterricht</strong><br />
1 | 2012<br />
KONFEKT Nr. 1<br />
Rhythmisierung<br />
als Unterrichtsprinzip<br />
Best.-Nr. 978-3-7883-0455-3