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Macht und Ohnmacht - Kreisjugendring Forchheim

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<strong>Macht</strong> <strong>und</strong> <strong>Ohnmacht</strong>, Vor- <strong>und</strong> Nachteile unterschiedlicher<br />

Herrschaftsformen<br />

Themenbeschreibung <strong>und</strong> Eingrenzung<br />

Zur Vereinfachung dieses Moduls werden hier lediglich zwei Herrschaftsformen,<br />

Demokratie <strong>und</strong> Diktatur, in ihren Reinformen miteinander verglichen <strong>und</strong> erlebbar<br />

gemacht. Explizit wird hier nicht zusätzlich auf unterschiedliche Staats- <strong>und</strong><br />

Regierungsformen eingegangen, da dieses das Thema unnötig verkomplizieren <strong>und</strong> den<br />

zeitlichen Rahmen sprengen würde.<br />

Der Vergleich dient dazu ein Gespür für die Vorteile demokratischer Regierungssysteme<br />

zu entwickeln. Hierdurch soll erkannt werden welche Freiheiten <strong>und</strong> Möglichkeiten ein<br />

demokratisches Regierungssystem jedem darin lebenden Individuum ermöglicht.<br />

Wahlmöglichkeiten zu haben, mitbestimmen zu können <strong>und</strong> zu dürfen sowie vieles<br />

andere mehr sind Privilegien die man in einer Diktatur nur schwerlich wahrnehmen<br />

könnte. Dies zu erspüren <strong>und</strong> zu erleben soll ein Bewusstsein für die Bedeutung<br />

demokratischer Strukturen schaffen. Gleichzeitig wird ersichtlich, dass egal wie schwer<br />

eine Demokratie, insbesondere in ihrer Reinform, auch umsetzbar ist, es Wert ist sich<br />

dafür einzusetzen. Denn sämtliche Alternativen <strong>und</strong> hier insbesondere die Diktatur,<br />

haben nicht das Wohle aller sondern das Wohl von Wenigen auf Kosten von Vielen im<br />

Blick.<br />

Zusätzlich eröffnet dieser Vergleich die Möglichkeit das Regierungssystem der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland, anhand der in diesem Modul gemachten Erfahrungen,<br />

genauer zu betrachten <strong>und</strong> seinen Wert <strong>und</strong> die für die Bevölkerung darin bestehenden<br />

Chancen herauszuarbeiten.<br />

Ziele dieses Projektbausteines<br />

• Diktatur <strong>und</strong> Demokratie als Herrschaftsformen erklären <strong>und</strong> voneinander<br />

unterscheiden können.<br />

• Den Aufbau des Regierungssystems der B<strong>und</strong>esrepublik nachvollziehen können.<br />

• Die Bedeutung der Demokratie für die Möglichkeit zur eigenen freien Entfaltung<br />

sowie zur Mitbestimmung <strong>und</strong> Mitgestaltung erkennen.<br />

• Demokratische Strukturen als schützenswertes Gut für die eigene Person <strong>und</strong><br />

die Gesellschaft im Ganzen begreifen.<br />

• Verstehen, warum eine Demokratie in ihrer Reinform nur schwer als<br />

Regierungsform in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland umsetzbar wäre bzw.<br />

umsetzbar ist.<br />

<strong>Kreisjugendring</strong> <strong>Forchheim</strong> 1


Wichtige Fragen <strong>und</strong> Hinweise zu den einzelnen Arbeitsphasen<br />

Dieses Modul, in der angedachten Form, erfordert eine hohe Aufmerksamkeit durch den<br />

betreuenden Lehrer, Pädagogen bzw. Ehrenamtlichen <strong>und</strong> einen doppelten Durchlauf<br />

durch die Lernschleife mit zusätzlichem Praxiseinschub.<br />

Der erste noch einfache Durchlauf besteht in der Abfrage bzw. Recherche von<br />

Demokratie- <strong>und</strong> Diktaturmerkmalen. Eine Schwierigkeit, die hier auftauchen könnte ist,<br />

dass der Begriff der Herrschaftsform im allgemeinen Sprachgebrauch eher unüblich <strong>und</strong><br />

daher bei den Jugendlichen eventuell nicht bekannt sein könnte. Sollte dies der Fall sein<br />

<strong>und</strong> auch durch mehrfaches Nachfragen kein Ergebnis zustande kommen, besteht die<br />

Möglichkeit jedes Gruppenmitglied mit der Recherche zu beauftragen <strong>und</strong> in einem<br />

weiteren Anlauf auf Basis der neu gewonnen Informationen zu starten. Alternativ kann<br />

der Einstieg auch durch Vorlage <strong>und</strong> Auseinandersetzung mit einer für die Jugendlichen<br />

geeigneten Definition begonnen werden.<br />

Im zweiten Schritt, dem Praxiseinschub, werden die unterschiedlichen Gruppen<br />

zusammengeführt, um die Herrschaftsformen tatsächlich „auszuprobieren“ <strong>und</strong> in<br />

Kurzsequenzen zu erleben. Hier ist es insbesondere bei der Erprobung der Diktatur<br />

elementar, den „passenden Diktator“ auszuwählen (Entscheidungswille,<br />

Durchsetzungsfähigkeit, Individualität). Dieser muss von der Lehrkraft, dem Pädagogen<br />

bzw. Ehrenamtlichen ausgewählt werden, da sonst die Gefahr besteht, dass die<br />

Akzeptanz in der Gruppe zu groß ist.<br />

Ein Jugendlicher der innerhalb der Gruppe bereits eine herausgehobene Position inne<br />

hat (besonders beliebt; nimmt schnell die Führungsposition bei Aufgaben wahr; tendiert<br />

zum Mobbing bzw. setzt andere Gruppenmitglieder unter Druck; ...) wäre bei der Wahl<br />

somit kontraproduktiv, weil die Gefahr besteht, dass ihm selbst die Position als Diktator<br />

zu sehr gefallen könnte. Für die Gruppe wäre es ebenfalls problematisch, weil hier ganz<br />

besonders bei beliebten Personen die Gefahr besteht, dass die vom „Diktator“<br />

getroffenen Entscheidungen die Mehrheit begeistern <strong>und</strong> nicht als „Unterdrückung“<br />

bzw. Fremdbestimmung empf<strong>und</strong>en werden.<br />

Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass trotz der „Diktatursituation“ Grenzen<br />

nicht überschritten werden <strong>und</strong> der Umgang miteinander weiterhin auf einer<br />

wertschätzenden <strong>und</strong> respektvollen Basis bleibt. Eine ausführliche Vorbesprechung in<br />

der die Aufgaben, Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen erklärt werden ist daher zwingend<br />

notwendig <strong>und</strong> elementar für diesen Praxiseinschub.<br />

Diktatur:<br />

Die Erprobung der Staatsform „Diktatur“ als Herrschaftsform sollte mindestens 2<br />

Erschließungssequenzen durchlaufen, um dem „Diktator“ die Möglichkeit zu geben<br />

Aufgaben zu verteilen, die dann auch erledigt werden müssen. Maximal sollten jedoch<br />

nur 3 Sequenzen durchgeführt werden, damit die eher bedrückende Situation sowohl<br />

für die Gruppe als auch für den „Diktator“ nicht zu stark wird.<br />

Des Weiteren muss unmissverständlich klar gestellt werden, dass sich diese Übung<br />

ausschließlich auf die Erschließungssequenzen beschränkt. Die „Bürger“ können ihre<br />

<strong>Kreisjugendring</strong> <strong>Forchheim</strong> 2


Aufgaben zwar außerhalb des Unterrichtes erledigen bzw. recherchieren, der „Diktator“<br />

darf aber keinesfalls außerhalb der Sequenzen als „Diktator“ auftreten oder gar<br />

Aufgaben verteilen. Dies sollte von der Lehrkraft, dem Pädagogen bzw. Ehrenamtlichen<br />

genauestens beobachtet werden <strong>und</strong> eventuell können über dieses Experiment auch<br />

Kollegen informiert werden, die ebenfalls mit beobachten können.<br />

Idealerweise sollten die Sequenzen eng beieinander liegen <strong>und</strong> innerhalb einer Woche<br />

durchgeführt werden.<br />

Demokratie:<br />

Für die Erprobung demokratischer Prozesse ist die Häufigkeit der Sequenzen irrelevant,<br />

wenn dann wären mehrere Sequenzen eher förderlich, da sie verdeutlichen wie<br />

aufwendig demokratische Prozesse sind aber auch aufzeigen welche Chancen in ihnen<br />

stecken. Wichtig ist hier jedoch zu beachten, dass wirklich jede einzelne Entscheidung,<br />

streng demokratisch getroffen wird:<br />

• Vorschläge werden gemacht (von jedem),<br />

• das für <strong>und</strong> wider wird abgewogen (jeder Kommentiert),<br />

• es wird abgestimmt,<br />

• das Ergebnis der Abstimmung wird akzeptiert, auch wenn es nicht zwingend<br />

der eigenen Meinung entspricht.<br />

Selbst Entscheidungen wie zum Beispiel wer am heutigen Tag die Ergebnisse schriftlich<br />

festhält oder wer die Wahlzettel einsammelt, ... werden auf diesem Weg entschieden.<br />

Um ein Stimmungsbild zu erhalten, sollte sowohl bei der diktatorischen als auch bei der<br />

demokratischen Praxiserfahrung ein gemeinsames „Herrschaftstagebuch“ geführt<br />

werden, in welchem sowohl die positiven als auch die negativen Erfahrungen der<br />

Gruppenteilnehmer festgehalten werden.<br />

Nach der Auswertung der Praxiserfahrung erfolgt die Überleitung in die zweite<br />

Lernschleife.<br />

Die Teilnehmer müssten erkannt haben, dass sowohl die eine als auch die andere<br />

Herrschaftsform, in ihren jeweiligen Reinformen, zur Regierung eines gesamten<br />

Staatgebietes nicht geeignet sind. Während dies bei der Diktatur, alleine wegen der<br />

Unvereinbarkeit mit den Menschenrechten, klar ersichtlich ist, muss man bei der<br />

Demokratie genauer hinsehen. Spontan würde man nämlich sofort sagen, dass wir in<br />

einer Demokratie leben <strong>und</strong> dies wäre auch gr<strong>und</strong>sätzlich richtig. Aber wir leben nicht<br />

in einer Demokratie in ihrer Reinform. Dies würde nämlich bedeuten, dass alle<br />

Entscheidungen, auf allen Ebenen zu 100 % basisdemokratisch getroffen werden <strong>und</strong><br />

genau das ist eben nicht der Fall. Denn wenn es so wäre <strong>und</strong> das dürfte für die<br />

Jugendlichen sehr leicht nachvollziehbar sein, könnte dieses Land schwerlich regiert<br />

werden bzw. die Bürger wären ausschließlich damit beschäftigt Entscheidungen zu<br />

treffen.<br />

<strong>Kreisjugendring</strong> <strong>Forchheim</strong> 3


Warum ist diese Überlegung so wichtig?<br />

Nur so lässt sich ermitteln <strong>und</strong> nachvollziehen wie schwierig es ist demokratische<br />

Prozesse umzusetzen. Am Gegenbeispiel der Diktatur erkennt man, dass wenn man<br />

seine Persönlichkeitsrechte erhalten will, demokratische Prozesse aber notwendig sind.<br />

Will man also die bestmöglich Demokratie <strong>und</strong> gleichzeitig ein regierbares Land so ist<br />

das abhängig von den Bürgern, die sich an <strong>und</strong> in den demokratischen Strukturen<br />

beteiligen. Informiert sein, wählen gehen, diskutieren, seine Meinung äußern, Stellung<br />

beziehen <strong>und</strong> für Argumente einstehen ist zentral für jeden Bürger, um Demokratie in<br />

einem Land bestmöglich zu leben.<br />

Um diese Komplexität nachvollziehen zu können, wie man also die<br />

Mitbestimmungsmöglichkeit <strong>und</strong> die Rechte des einzelnen erhält <strong>und</strong> gleichzeitig auf<br />

großer Ebene Entscheidungen treffen kann, braucht es den Vergleich mit unserem<br />

eigenen Regierungssystem. Sowohl eine positive Beurteilung als auch eine kritische<br />

Hinterfragung des eigenen Systems ist möglich.<br />

Soweit eine kritische Hinterfragung stattfindet, sollte auch überlegt werden, wie man<br />

die gewünschten Veränderungen im eigenen System durchsetzen kann.<br />

1. Durchlauf der Lernschleife<br />

Fragen in der<br />

Einführungsphase<br />

Was ist eine Herrschaftsform?<br />

Welche Herrschaftsformen gibt es?<br />

Welche beiden Herrschaftsformen bilden den extremsten<br />

Gegensatz zueinander <strong>und</strong> welche Merkmale haben<br />

diese?<br />

Auftragsübergabe<br />

Selbstständig-produktives<br />

Erschließen<br />

Die gewonnen Ergebnisse werden in Aufgabengruppen<br />

zusammengefasst <strong>und</strong> entsprechend der Aufgabenmenge<br />

auf einzelne Gruppen verteilt.<br />

Arbeitsaufteilung innerhalb der Gruppe erfolgt<br />

eigenständig.<br />

Die Form der Recherche (Internetrecherche,<br />

Befragung,...) kann ebenfalls eigenständig im Team<br />

gewählt werden.<br />

Präsentation<br />

Praxiseinschub<br />

1. Den Gruppenteilnehmern wird der Ablauf des<br />

Experimentes (wie oben beschrieben) genau<br />

erklärt. Begonnen wird mit der Erprobung der<br />

„Diktatur“.<br />

<strong>Kreisjugendring</strong> <strong>Forchheim</strong> 4


2. Den Teilnehmern wird eine Aufgabe gegeben.<br />

Empfohlen wird z. B. die Planung einer<br />

Veranstaltung. Wichtig ist, dass Details wie zum<br />

Beispiel Art der Bestuhlung, Getränkeauswahl,<br />

Gr<strong>und</strong> der Veranstaltung, Ablaufplan,<br />

Kostenermittlung, Musikauswahl, usw. ebenfalls<br />

geplant werden müssen bis ein fertig<br />

ausgearbeitetes Konzept vorliegt.<br />

3. Der 1. Praxiseinschub ist hiermit beendet <strong>und</strong> die<br />

Gruppenmitglieder werden mit dem Auftrag<br />

entlassen sich bereits (geheim/nur für sich)<br />

Gedanken zur eigenen Wunschveranstaltung zu<br />

machen. Schließlich könnte jeder der „Diktator“<br />

werden <strong>und</strong> darf dann frei entscheiden <strong>und</strong><br />

Aufträge verteilen.<br />

4. Alle zukünftigen Praxiseinschübe sollten ca. 20<br />

Minuten nicht überschreiten (10 Minuten<br />

Praxiserfahrung, 10 Minuten<br />

Herrschaftstagebuch). Insbesondere bei der<br />

„Diktatur“ Erprobung sollte die Zeitangabe für die<br />

Praxiserfahrung nicht überschritten werden, da<br />

die Jugendlichen so kurz wie möglich in der<br />

Diktaturerfahrung verweilen sollten.<br />

5. Der „Diktator“ wird von der Lehrkraft bekannt<br />

gegeben <strong>und</strong> die Spielregeln werden nochmals vor<br />

Spielbeginn genau erklärt.<br />

6. Zum Abschluss jeder Einheit müssen die<br />

gemachten Erfahrungen im für alle sichtbaren<br />

Herrschaftstagebuch festgehalten werden.<br />

7. Zum Abschluss jedes Praxiseinschubes werden die<br />

Jugendlichen offiziell aus ihren Rollen entlassen.<br />

8. Nach Abschluss des gesamten<br />

„Diktaturexperimentes“ werden die Erfahrungen<br />

aus der Erinnerung <strong>und</strong> denjenigen die zusätzlich<br />

im Herrschaftstagebuch festgehalten wurden<br />

visualisiert, Pro- <strong>und</strong> Kontra wird<br />

zusammengefasst dargestellt.<br />

9. Als nächstes wird mit der Durchführung des<br />

„Demokratieexperimentes“ begonnen. Auch hier<br />

werden die Regeln vorab nochmals erklärt <strong>und</strong><br />

bei dem zeitlichen Ablauf sollten 15. Minuten für<br />

die praktische Erfahrung <strong>und</strong> 10 Minuten für das<br />

<strong>Kreisjugendring</strong> <strong>Forchheim</strong> 5


Herrschaftstagebuch einkalkuliert werden.<br />

10. Zum Abschluss dieser Phase müssen ebenfalls die<br />

Erfahrungen des Herrschaftstagebuches in<br />

visualisiert werden <strong>und</strong> in Pro- Kontraform<br />

zusammengefasst dargestellt werden.<br />

11. Überleitung zur 2. Lernschleife<br />

Besprechung/Überleitung<br />

in die nächste Lernschleife<br />

Bei der Pro- <strong>und</strong> Kontrazusammenfassung könnte zum<br />

Beispiel folgendes Ergebnis herausgekommen sein:<br />

2. Durchlauf der Lernschleife<br />

Diktatur<br />

+ schnelle Entscheidungen<br />

+ Cool, wenn man das Sagen hat<br />

- Unterschiedliche Meinungen werden nicht<br />

berücksichtigt<br />

- Einige mussten viel mehr arbeiten als andere<br />

- Das Ergebnis gefällt nur sehr Wenigen<br />

Demokratie<br />

+ einem Großteil gefällt die geplante Veranstaltung<br />

+ jeder musste gleich viel mitarbeiten<br />

- das Planen hat sehr lange gedauert<br />

- Das viele diskutieren war anstrengend <strong>und</strong> hat genervt<br />

Um in die nächste Lernschleife überzuleiten empfiehlt es<br />

sich zu überlegen, wie eine reine Diktatur bzw. eine reine<br />

Demokratie (bezogen auf ein Land) aussieht <strong>und</strong> wie die<br />

Herrschaftsform in unserem Land eigentlich aussieht.<br />

Haben wir eine reine Diktatur, eine reine Demokratie<br />

oder vielleicht doch etwas anderes?<br />

Wird hier eventuell versucht die Herausforderungen<br />

einer reinen Demokratie abzumildern ohne sich den<br />

Nachteilen einer Diktatur auszuliefern?<br />

Fragen in der<br />

Einführungsphase<br />

Was ist unser Staat überhaupt, eine Demokratie, eine<br />

Diktatur, beides oder etwas völlig anderes?<br />

Wie funktioniert unsere Regierung genau?<br />

ACHTUNG: Sollte die Erarbeitung dieser Fragestellung<br />

Schwierigkeiten bereiten kann die Funktionsweise der<br />

Regierung auch gemeinsam anhand der Infografiken: 24<br />

x Deutschland (siehe Literaturverzeichnis) erarbeitet<br />

<strong>Kreisjugendring</strong> <strong>Forchheim</strong> 6


werden (hierzu empfiehlt sich ein Whiteboard).<br />

Sind durch unsere Staatsform die erlebten Probleme aus<br />

der Praxiserfahrung gelöst?<br />

Selbstständig-produktives<br />

Erschließen<br />

inklusive Vorschlag für<br />

zusätzlichen Input<br />

Gewonnene Ergebnisse <strong>und</strong> offene Fragen werden in<br />

Aufgabengruppen zusammengefasst <strong>und</strong> als<br />

Arbeitsauftrag auf die einzelnen Gruppen verteilt.<br />

Die Frage, inwiefern <strong>und</strong> ob die Regierungsform der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik die Probleme aus der Praxiserfahrung<br />

löst, sollte im Plenum diskutiert <strong>und</strong> festgehalten<br />

werden.<br />

Sofern Verbesserungsvorschläge zum Regierungssystem<br />

gemacht werden, deren Machbarkeit nicht sofort bzw.<br />

nicht einfach aus eigener Recherchekraft überprüft<br />

werden können, weil das Thema an dieser Stelle<br />

eventuell zu komplex wird, kann ein Experte zu diesem<br />

Thema eingeladen werden.<br />

Es empfiehlt sich:<br />

- Ein Politiker aus der eigenen Stadt oder Gemeinde<br />

- Der geschäftsstellenleitende Beamte der<br />

Rathausverwaltung. Dieser wäre empfehlenswert,<br />

weil er auf eine umfangreiche Ausbildung im<br />

Bereich des Staatsrecht zurückgreifen kann. Die<br />

Fragen sollten jedoch zwingen vorab mit der<br />

jeweiligen Person besprochen werden.<br />

Präsentationsphase<br />

Abschlussbesprechung<br />

Notwendige Erklärungen <strong>und</strong> Definitionen als Hintergr<strong>und</strong>information<br />

Herrschaft:<br />

ist ein politisch-soziologischer Gr<strong>und</strong>begriff, der ein Über- <strong>und</strong> Unterordnungsverhältnis<br />

zwischen Herrschenden <strong>und</strong> Beherrschten beschreibt, das als rechtmäßig (legitim)<br />

anerkannt wird <strong>und</strong> insofern institutionalisiert ist, als es auf Dauer angelegt <strong>und</strong><br />

gewissen Regeln unterworfen ist. Herrschaft bietet damit den Herrschenden (z. B. über<br />

Befehle) die Möglichkeit, auf das Verhalten der Beherrschten (z. B. über Gehorsam)<br />

gezielt Einfluss zu nehmen. Nach Max Weber ist der Glaube an die Rechtmäßigkeit<br />

wesentliche Gr<strong>und</strong>lage von Herrschaft, die idealtypisch (d. h. in gedachter, reiner Form)<br />

drei Ursprünge haben kann: a) Charismatische Herrschaft beruht auf dem Glauben an<br />

die Besonderheit eines Herrschers (Kraft, Klugheit, Rhetorik etc.); b) traditionale<br />

Herrschaft beruht auf dem Glauben an die Heiligkeit von Traditionen, gegebenen<br />

<strong>Kreisjugendring</strong> <strong>Forchheim</strong> 7


Ordnungen <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Autoritäten; c) legale Herrschaft beruht auf<br />

dem Glauben an eine sachgemäß <strong>und</strong> rechtmäßig geschaffene Ordnung <strong>und</strong> dem daraus<br />

folgenden Recht der Herrschenden, Gehorsam zu verlangen.<br />

In der politischen <strong>und</strong> historischen Realität besteht Herrschaft immer aus einer<br />

Mischform dieser Idealtypen. Durch Recht <strong>und</strong> Gesetz gesichert <strong>und</strong> als soziale Ordnung<br />

von Herrschenden <strong>und</strong> Beherrschten anerkannt, ist legale Herrschaft die Gr<strong>und</strong>lage aller<br />

modernen Staaten. Sie ist mit dem Aufbau rechtmäßig handelnder Verwaltungen<br />

(Behörden) verb<strong>und</strong>en.<br />

Die bürokratische Ausübung von Herrschaft ist zudem ein Modell für wirtschaftliche<br />

Unternehmungen <strong>und</strong> gesellschaftliche (Selbst-) Organisationen. Zu unterscheiden sind<br />

1. nach der Anzahl der Herrschenden: monokratische Herrschaft (Monarch, Patriarch,<br />

Tyrann), oligarchische Herrschaft (Aristokratie, Herrschaft einer kleinen Gruppe, Clique,<br />

Elite), demokratische (oder Volks-) Herrschaft;<br />

2. nach Ausübung der Herrschaft: staatliche, organisationale (Parteien, Verbände,<br />

Unternehmen etc.) <strong>und</strong> personale Herrschaft (z. B. Monarch, Unternehmer);<br />

3. nach dem Umfang: unbeschränkte Herrschaft (Absolutismus), beschränkte Herrschaft<br />

(Gewaltenteilung), gemeinsame Herrschaft <strong>und</strong> verflochtene Herrschaft (z. B. im<br />

multinationalen System der EU).<br />

(vgl. Schubert <strong>und</strong> Klein 2011)<br />

Demokratie:<br />

ist ein Sammelbegriff für moderne Lebensformen <strong>und</strong> politische Ordnungen.<br />

1) Demokratie ermöglicht insofern moderne Lebensformen, als sie a) die Freiheit<br />

individueller Entscheidungen <strong>und</strong> Handlungen sowie individuelle Verantwortung<br />

ermöglicht, b) die individuelle Gleichheit vor Recht <strong>und</strong> Gesetz garantiert sowie<br />

Minderheiten schützt <strong>und</strong> c) zahllose Formen gesellschaftlicher Vereinigungen<br />

ermöglicht, d. h. kollektives <strong>und</strong> solidarisches Handeln auf eine freiwillige Gr<strong>und</strong>lage<br />

stellt (<strong>und</strong> z. B. in Form der Koalitionsfreiheit schützt).<br />

2) Demokratie schafft die Gr<strong>und</strong>lage für eine Vielfalt moderner politischer Ordnungen,<br />

deren gemeinsames Kennzeichen die Volkssouveränität <strong>und</strong> die Beschränkung<br />

politischer Herrschaft ist: In Demokratien ist<br />

1. das Volk oberster Souverän <strong>und</strong> oberste Legitimation politischen Handelns.<br />

Das bedeutet i. d. R. jedoch nicht, dass das Volk unmittelbar die Herrschaft<br />

ausübt. Vielmehr sind<br />

2. die modernen Massen-Demokratien durch politische <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />

Einrichtungen (Parlamente, Parteien, Verbände etc.) geprägt, die die Teilhabe des<br />

größten Teils der Bevölkerung auf gesetzlich geregelte Teilhabeverfahren (z. B.<br />

<strong>Kreisjugendring</strong> <strong>Forchheim</strong> 8


Wahlen) beschränken. Genauer wird zwischen repräsentativer Demokratie (in<br />

der gewählte Abgeordnete das Volk »in seiner Gesamtheit vertreten«) <strong>und</strong><br />

direkter Demokratie (z. B. einigen B<strong>und</strong>esstaaten der USA, in der CH)<br />

unterschieden.<br />

3. die Ausübung politischer Herrschaft zunächst durch das<br />

Rechtsstaatsprinzip beschränkt, indem die Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Menschenrechte sowie die<br />

politische Organisation <strong>und</strong> die Verteilung der politischen Zuständigkeiten in (i.<br />

d. R. schriftlich niedergelegten) Verfassungen garantiert werden. Diese Rechte<br />

<strong>und</strong> Regelungen sind darüber hinaus einklagbar <strong>und</strong> gelten insbesondere<br />

gegenüber den staatlichen Gewalten (Rechtsstaatsprinzip).<br />

4. Unmittelbar wird die politische <strong>Macht</strong>ausübung durch die horizontale<br />

Gewaltenteilung moderner Demokratien (Legislative, Exekutive, Judikative), die<br />

zu einer gegenseitigen Abhängigkeit <strong>und</strong> Kontrolle der staatlichen Organe führt,<br />

<strong>und</strong> durch einen mehrstufigen Staatsaufbau beschränkt, wie er besonders in der<br />

vertikalen Gewaltenteilung föderativer Staaten (B<strong>und</strong>esstaaten) sichtbar wird.<br />

5. Weitere wichtige mittelbare Beschränkungen politischer <strong>Macht</strong> ergeben sich<br />

aus der Kontrolle durch freie Medien (sog. »Vierte Gewalt«) <strong>und</strong> der Freiheit zum<br />

politischen Engagement in Parteien <strong>und</strong> Verbänden, Interessengruppen <strong>und</strong><br />

Initiativen etc. Dieses Engagement kann Gr<strong>und</strong>lage für weitere<br />

Demokratisierungsprozesse sein.<br />

(vgl. Schubert <strong>und</strong> Klein 2011)<br />

Diktatur:<br />

bezeichnet eine Herrschaftsform, bei der die demokratischen Rechte abgeschafft sind<br />

<strong>und</strong> die <strong>Macht</strong> über Volk <strong>und</strong> Staat von einer Einzelperson oder einer Gruppe<br />

uneingeschränkt ausgeübt wird. I. d. R. berufen sich Diktatoren bzw. diktatorische<br />

Regime auf einen äußeren oder inneren Staatsnotstand, der die Etablierung<br />

nichtlegitimer Herrschaft rechtfertigen soll; sie dienen aber i. d. R. nur der<br />

(unkontrollierten) Durchsetzung der Interessen <strong>und</strong> Überzeugungen weniger zulasten<br />

<strong>und</strong> zum Schaden aller (z. B. die nationalsozialistische Diktatur, der Stalinismus).<br />

Diktaturen werden hinsichtlich der Dauer (z. B. Übergangs-Diktatur.), der Anzahl der<br />

Herrschenden (z. B. Partei-Diktatur.), des politischen Hintergr<strong>und</strong>s (Rechts-, Links-<br />

Diktatur) des Ausmaßes der ausgeübten Gewalt (z. B. totalitäre Diktatur.) etc.<br />

unterschieden.<br />

(vgl. Schubert <strong>und</strong> Klein 2011)<br />

<strong>Kreisjugendring</strong> <strong>Forchheim</strong> 9


Regierungssystem der B<strong>und</strong>esrepublik:<br />

Die Gr<strong>und</strong>prinzipien des Gr<strong>und</strong>gesetzes (in 24x Deutschland).<br />

Die "Verfassung in Kurzform": Die ersten drei Absätze des Artikel 20 GG legen<br />

Demokratie, B<strong>und</strong>esstaatlichkeit, Rechtsstaatlichkeit <strong>und</strong> Sozialstaatlichkeit als<br />

Gr<strong>und</strong>sätze der Verfassung fest.<br />

Strukturprinzipien des Gr<strong>und</strong>gesetzes Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/<br />

‘Die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland ist ein demokratischer <strong>und</strong> sozialer B<strong>und</strong>esstaat. Alle<br />

Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen <strong>und</strong> Abstimmungen <strong>und</strong><br />

durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt <strong>und</strong> der<br />

Rechtsprechung ausgeübt. Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die<br />

vollziehende Gewalt <strong>und</strong> die Rechtsprechung sind an Gesetz <strong>und</strong> Recht geb<strong>und</strong>en‘.<br />

Diese Sätze sind in den ersten drei Absätzen des Artikels 20 des Gr<strong>und</strong>gesetzes (GG) für<br />

die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland festgeschrieben. Sie werden als "Verfassung in<br />

Kurzform" bezeichnet, denn sie enthalten deren wichtigste Strukturprinzipien:<br />

Demokratie, B<strong>und</strong>esstaatlichkeit sowie Rechtsstaatlichkeit <strong>und</strong> Sozialstaatlichkeit. Diese<br />

werden in Artikel 79 als unveränderlicher Teil des Gr<strong>und</strong>gesetzes festgelegt <strong>und</strong> in<br />

anderen Artikeln des Gr<strong>und</strong>gesetzes weiter ausformuliert. Da diese Prinzipien so<br />

wichtig sind, wurden sie auch in die Präambel des Einigungsvertrages übernommen.<br />

Das Demokratieprinzip besagt, dass alle Gewalt vom Volk ausgeht, dieses also der<br />

Souverän ist. In der repräsentativen Demokratie der B<strong>und</strong>esrepublik werden die<br />

Interessen der Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger durch die gewählten Vertreter in den<br />

Parlamenten wahrgenommen, die nach dem Mehrheitsprinzip entscheiden.<br />

(vgl. B<strong>und</strong>eszentrale für politische Bildung 2009)<br />

<strong>Kreisjugendring</strong> <strong>Forchheim</strong> 10


Literaturverzeichnis, weiterführende Literaturhinweise <strong>und</strong><br />

Internetlinks:<br />

B<strong>und</strong>eszentrale für politische Bildung. (02. 11 2009). B<strong>und</strong>eszentrale für politische<br />

Bildung. Abgerufen am 12. 01 2013 von Infografiken: 24 x Deutschland:<br />

www.bpb.de/politik/gr<strong>und</strong>fragen/24-deutschland/<br />

Lauth, H.-J. (2010). Regimetypen: Totalitarismus - Autoritarismus - Demokratie. In H.-J.<br />

Lauth, Vergleichende Regierungslehre. Eine Einführung (3., aktualisierte <strong>und</strong><br />

erweiterte Auflage). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

Schubert, K., & Klein, M. (2011). Das Politiklexikon (5. aktualisierte Auflage). Bonn:<br />

Dietz.<br />

<strong>Kreisjugendring</strong> <strong>Forchheim</strong> 11

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