Bund + Länder Journal 01/2012 - Ver.di
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1/12<br />
bund + länder<br />
_ <strong>Bund</strong>es - und Landesverwaltungen_Bau - und Liegenschaften_<strong>Bund</strong>eswehr _ Finanzen und<br />
Steuern_ Justiz _ Stationierungsstreitkr äfte _ Statistische Ämter _<strong>Ver</strong>kehr und Str aSSenbau<br />
Die Demografische Entwickung<br />
in Deutschland<br />
Änderungen Gestalten und potenziale nutzen<br />
bund + l änder journal<br />
Potsdamer Forum für Führungskräfte<br />
im öffentlichen Dienst s. 5
Allgemein<br />
Demografische Entwickung und öffentlicher Dienst 03<br />
Potsdamer Forum 05<br />
Anschluss halten! 06<br />
Öffentlicher Dienst ist Vorreiter bei prekärer Beschäftigung 06<br />
Öffentlich ist wesentlich - wesentlich ist weiblich 07<br />
Personelles und Neuigkeiten 07<br />
<strong>Bund</strong>es- und Landesverwaltungen<br />
Aus der Arbeit der <strong>Bund</strong>esfachkommission Landesverwaltungen 08<br />
HPR-Vorsitzende der Innenministerien tagten in Berlin 09<br />
BAU und Liegenschaften<br />
Denkanstoß – Öffentliches Bauen und Betreiben – kann man<br />
da noch mehr sparen? 10<br />
<strong>Ver</strong>abschiedung des Fachgruppenvorstandsmitgliedes<br />
Walter Hermen 11<br />
<strong>Bund</strong>eswehr<br />
Beschäftigte und Soldaten klagen über mangelnde Transparenz<br />
und Mitbestimmung bei der Neuausrichtung der <strong>Bund</strong>eswehr 12<br />
Präsi<strong>di</strong>um der <strong>Bund</strong>esfachgruppe bei der SPD <strong>Bund</strong>estagsfraktion 13<br />
Hohe Auszeichnung für jahrzehntelangen Einsatz 14<br />
Jugend- und Auszubildendenvertreter des BMVg zum ver.<strong>di</strong><br />
Seminar in Naumburg 14<br />
Infoveranstaltung 15<br />
ver.<strong>di</strong> Landesfachgruppe informiert! 15<br />
Finanzen und Steuern<br />
Einheitlicher und gleichmäßiger Steuervollzug — ein hohes,<br />
klares Ziel und ein schwerer, vielschichtiger Weg 16<br />
JUSTIZ<br />
Gute Arbeit in der Justiz und im Justizvollzug 17<br />
ver.<strong>di</strong>-Imagefilm „Freiwillig hinter Gittern“ 17<br />
ver<strong>di</strong>kt Ausgabe 2.12 18<br />
Schlapphüte und Geheimniskrämer ignorieren Rechtsterrorismus<br />
und schreddern ihre Akten… 18<br />
Alters<strong>di</strong>skriminierung im hessischen Besoldungsrecht ver.<strong>di</strong><br />
gewährt Rechtsschutz 19<br />
Interview mit Justizminister Thomas Kutschaty 21<br />
Stationierungsstreitkräfte<br />
Depression und trübe Tage für <strong>di</strong>e Beschäftigten der<br />
amerikanischen Armee 23<br />
Deutliche Einkommenszuwächse erforderlich! 24<br />
Neue Hauptjugend- und Auszubildendenvertretung<br />
hat sich konstituiert 24<br />
STATISTIK<br />
Neuer <strong>Bund</strong>esfachgruppenleiter statistische Ämter gewählt 25<br />
Hoffentlich der große Wurf 25<br />
Gute Tra<strong>di</strong>tionen fortgesetzt 26<br />
<strong>Ver</strong>abschiedet 27<br />
Zensus 2<strong>01</strong>1 27<br />
Wie unabhängig sind wir wirklich? 27<br />
VERKEHR<br />
<strong>Bund</strong>esfachkommission der Straßenbauverwaltung in 2<strong>01</strong>3 28<br />
Landesregierung Rheinland-Pfalz unterstützt <strong>di</strong>e Beschäftigten<br />
der WSV 28<br />
Ramsauer wild entschlossen!? 29<br />
Dem demografischen Wandel im Straßen<strong>di</strong>enst entgegen treten 29<br />
Personelles 30<br />
Rettet <strong>di</strong>e ostdeutschen Wasserstraßen 31<br />
SPD und Grüne verlangen Akteneinsicht 31<br />
IMPRESSUM 11<br />
02<br />
bund + l änder journal
Allgemein<br />
Demografische Entwickung und öffentlicher<br />
Dienst<br />
Deutschlands Bevölkerung wird immer<br />
älter und immer weniger. Dies ist<br />
kein Phänomen der Zukunft, sondern<br />
<strong>di</strong>e aktuelle demografische Entwicklung.<br />
Davon betroffen ist auch der öffentliche<br />
Dienst – sowohl als Anbieter<br />
von Leistungen als auch als Arbeitgeber.<br />
Damit stellt sich einerseits <strong>di</strong>e<br />
Frage, welche Dienstleistungen in Umfang<br />
und Qualität weiter erforderlich<br />
sind und welche Rolle <strong>di</strong>e zunehmende<br />
Nutzung elektronischer öffentlicher<br />
Dienstleistungen spielen wird. Andererseits<br />
stellt sich <strong>di</strong>e Frage nach den Beschäftigungsbe<strong>di</strong>ngungen<br />
in Konkurrenz<br />
zur Privatwirtschaft.<br />
Mit dem steigenden Durchschnittsalter der Bevölkerung<br />
wächst auch das Durchschnittsalter<br />
der Belegschaften in Betrieben und Administrationen.<br />
Durch das Ausscheiden Älterer und<br />
aufgrund des Personalabbaus zur „<strong>Ver</strong>schlankung“<br />
von Unternehmungen und <strong>Ver</strong>waltungen<br />
kommt es verstärkt zu Arbeitsver<strong>di</strong>chtung<br />
und erhöhter Arbeitsbelastung. Qualifizierter<br />
Nachwuchs wird knapp – in allen Bereichen<br />
Und so muss der öffentliche Dienst im<br />
Wettbewerb der Privatwirtschaft Paroli bieten<br />
können: Es ist Zeit zu handeln, um vernünftige<br />
und attraktive Beschäftigungsbe<strong>di</strong>ngungen<br />
zu schaffen. Denn gute Arbeit im<br />
öffentlichen Dienst <strong>di</strong>ent den Menschen und<br />
hervorragende Dienste sind im Interesse der<br />
Bürgerinnen und Bürger.<br />
Deutschland 2024<br />
Die Demografiestrategie der <strong>Bund</strong>esregierung<br />
Die <strong>Bund</strong>esregierung hat <strong>di</strong>e Bedeutung des<br />
demografischen Wandels erkannt. Unter der<br />
Federführung des <strong>Bund</strong>esministeriums des Innern<br />
wurden Arbeitsgruppen gebildet, um <strong>di</strong>e<br />
Chancen und Potenziale des demografischen<br />
Wandels zu analysieren und eine Demografiestrategie<br />
zu deren Nutzung zu entwickeln.<br />
Diese Arbeitsgruppen wurden am 4. Oktober<br />
2<strong>01</strong>2 auf einem Demografiegipfel der <strong>Bund</strong>esregierung<br />
eingesetzt, um in verschiedenen<br />
Handlungsfeldern (A bis F) konkrete Ziele<br />
zu benennen und Maßnahmen zu deren <strong>Ver</strong>wirklichung<br />
aufzuzeigen.<br />
Handlungsfelder:<br />
_A Familie als Gemeinschaft stärken<br />
_B Motiviert, qualifiziert und gesund arbeiten<br />
bund + l änder journal<br />
03
_C Selbstbestimmtes Leben im Alter<br />
_D Lebensqualität in ländlichen Räumen und<br />
integrative Stadtpolitik fördern<br />
_E Grundlagen für nachhaltiges Wachstum<br />
und Wohlstand sichern<br />
_F Handlungsfähigkeit des Staates<br />
Die Handlungsfähigkeit des Staates ist dabei<br />
naturgemäß stark abhängig von der Handlungsfähigkeit<br />
des öffentlichen Dienstes. Die<br />
Dienstleistungsgewerkschaft ver.<strong>di</strong> arbeitet<br />
daher (unter anderem) in der Arbeitsgruppe<br />
„Der öffentliche Dienst als attraktiver und<br />
moderner Arbeitgeber“ mit, um <strong>di</strong>e Chance<br />
zur Gestaltung guter Arbeits- und Beschäftigungsbe<strong>di</strong>ngungen<br />
zu nutzen. Neben zahlreichen<br />
<strong>Ver</strong>tretern einzelner <strong>Bund</strong>esministerien<br />
setzt sich <strong>di</strong>e Gruppe aus zwei <strong>Ver</strong>tretern der<br />
<strong>Länder</strong> sowie dem Landkreistag als <strong>Ver</strong>treter<br />
für <strong>di</strong>e Kommunen zusammen.<br />
Eine der ersten Maßnahmen der Arbeitsgruppe<br />
war <strong>di</strong>e Erarbeitung von Leitlinien als strategischen<br />
Zielen:<br />
_1 Die Leistungsfähigkeit der <strong>Ver</strong>waltung lässt<br />
sich nur erhalten, wenn der öffentliche Dienst<br />
für Fachkräfte und qualifizierte Nachwuchskräfte<br />
attraktiv bleibt. Die Potenziale der Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter müssen durch<br />
in<strong>di</strong>viduell zugeschnittene Förderung ihrer<br />
Kompetenzen während des gesamten Berufslebens<br />
besser genutzt werden.<br />
_2 Familienfreundliche Arbeitsbe<strong>di</strong>ngungen für<br />
alle Beschäftigten sind ein Wettbewerbsvorteil,<br />
um Fachkräfte für den öffentlichen Dienst<br />
zu gewinnen und zu sichern. Sie tragen auch<br />
dazu bei, <strong>di</strong>e Erwerbspotenziale insbesondere<br />
von Frauen zu steigern oder zu binden.<br />
_3 Der Anteil älterer, erwerbstätiger Menschen<br />
ist in den letzten Jahren gestiegen und wird<br />
in den nächsten Jahren weiter steigen. Um<br />
<strong>di</strong>e Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten auch<br />
mit zunehmendem Alter zu erhalten, müssen<br />
<strong>di</strong>e Beschäftigten ihrer Lebensphase entsprechend<br />
hinreichend unterstützt und auch der<br />
öffentliche Dienst für eine Kultur des längeren<br />
Arbeitens sensibilisiert werden.<br />
Das Ergebnis der Arbeitsgruppe soll im April<br />
2<strong>01</strong>3 vorgestellt werden. Maßnahmen der Demografiestrategie<br />
dürften sich vor allem auf<br />
den <strong>Bund</strong> konzentrieren. Schon jetzt ist aber<br />
klar, dass der Personalbedarf enorm ansteigen<br />
wird, denn:<br />
Heute arbeiten im unmittelbaren öffentlichen<br />
Dienst rund 3,6 Mio. Menschen. Um <strong>di</strong>e<br />
vielfältiger und komplexer werdenden öffentlichen<br />
Aufgaben wahrnehmen zu können,<br />
muss der Personalbstand eher wachsen als<br />
schrumpfen.<br />
Fast 20 Prozent der Beschäftigten des öffentlichen<br />
Dienstes werden in den nächsten<br />
zehn Jahren aus Altersgründen ausscheiden.<br />
Daher benötigen <strong>di</strong>e Gebietskörperschaften<br />
rund 760.000 junge Menschen als Nachwuchs.<br />
Bewertung der Demografiestrategie<br />
Die Demografiestrategie entspricht der auch<br />
von ver.<strong>di</strong> geforderten ganzheitlichen Betrachtungsweise<br />
der Arbeits- und Lebensbe<strong>di</strong>ngungen<br />
der Menschen. Dieser Blickwinkel berücksichtigt<br />
<strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>änderung der Relationen von<br />
älterer und jüngerer Generation in einer sich<br />
wandelnden Gesellschaft und reduziert den sogenannten<br />
demografischen Wandel nicht auf<br />
<strong>di</strong>e länger lebende ältere Generation. Andererseits<br />
hält <strong>di</strong>e <strong>Bund</strong>esregierung trotz aller negativen<br />
In<strong>di</strong>katoren, wie dem Beschäftigungsanteil<br />
Älterer oder der Höhe der Altersrente,<br />
an der Rente erst ab 67 Jahren fest.<br />
Die Ziele und Schwerpunktmaßnahmen entsprechen<br />
zum einen den bereits von der <strong>Bund</strong>esregierung<br />
verfolgten politischen Leitlinien<br />
(Schuldenbremse, Fiskalpakt) bzw. sind bereits<br />
als Gesetze verabschiedet (z. B. Anerkennung<br />
der im Ausland erworbenen Qualifikationen).<br />
Teilweise befinden sie sich in der Beratung (z.<br />
B. Zuschussrente, Kombirente, „Pflege-Bahr“),<br />
sind als Maßnahmen/Programme auf den Weg<br />
gebracht (z. B. Fachkräfteallianz / Reform der<br />
Pflegeausbildung) oder wurden öffentlich<br />
verkündet (Maßnahmen zur Bewältigung des<br />
Fachkräftemangels im Erziehungs<strong>di</strong>enst durch<br />
angelernte Kräfte).<br />
Die Demografiestrategie ist zum anderen ein<br />
Dialogangebot an <strong>Länder</strong> und Kommunen,<br />
Wirtschaft und Gewerkschaften sowie Akteure<br />
aus den Wohlfahrtsverbänden usw.<br />
Anforderungen an ein geändertes Personalmanagement<br />
Welche Auwirkungen hat nun <strong>di</strong>e Demografiestrategie<br />
der <strong>Bund</strong>esregierung auf <strong>di</strong>e Personalstrategie<br />
der öffentlichen Hand? Eine<br />
allgemeingültige Antwort auf <strong>di</strong>e Frage, wie<br />
auf demografische <strong>Ver</strong>änderungen im Personalmanagement<br />
reagiert werden soll, gibt es<br />
nicht. Einige Handlungsmöglichkeiten liegen<br />
beispielsweise in der Personalsteuerung und<br />
im Gesundheitsmanagement.<br />
Personalbedarfsberechnung als Grundlage der<br />
Personalsteuerung:<br />
Der Personalbedarf ist <strong>di</strong>e Anzahl der Stellen,<br />
<strong>di</strong>e in einer Organisationseinheit zu einem<br />
bestimmten Zeitpunkt / für einen bestimmten<br />
Zeitraum für <strong>di</strong>e anforderungsgerechte Erfüllung<br />
der Aufgaben benötigt werden.<br />
Der Personalbedarf kann in quantitativer,<br />
qualitativer, örtlicher und zeitlicher Hinsicht<br />
ermittelt werden. Welche Bedarfsermittlungsmethode<br />
(z. B. summarische oder analytische<br />
Bedarfsermittlung) auch angewendet wird:<br />
Dem qualitativen Bewertungsmaßstab muss<br />
größere Bedeutung zugemessen werden.<br />
Einige Aspekte des Gesundheitsmanagements<br />
(Health Care Management):<br />
Personalbedarfsplanung (Controlling zu Personal-<br />
und Altersstruktur)<br />
Gesundheitsfürsorge (Dienstvereinbarung,<br />
u. a. zu Gesundheitscheck)<br />
alters- und alternsgerechtes Arbeiten<br />
<strong>Ver</strong>besserung der Arbeitsorganisation und<br />
der Arbeitsbe<strong>di</strong>ngungen<br />
Optimierung des Arbeitsschutzes<br />
Führungskompetenz<br />
Personalentwicklung<br />
in<strong>di</strong>viduell (u. a. betriebliches Eingliederungsmanagement)<br />
Was am Ende gemacht wird, hängt entscheidend<br />
von der jeweiligen Lage in <strong>Ver</strong>waltung<br />
und Betrieb ab. Der öffentliche Dienst ist vielschichtig,<br />
also bedarf es auch vielfältiger Herangehensweisen.<br />
04<br />
bund + l änder journal
Fazit und Ausblick<br />
Was <strong>di</strong>e Menschen im öffentlichen Dienst leisten,<br />
kann sich sehen lassen. Hochwertige öffentliche<br />
Dienstleistungen für Bürgerinnen und<br />
Bürger und stabile <strong>Ver</strong>hältnisse sind eine wichtige<br />
Grundlage für den Zusammenhalt in unserer<br />
Gesellschaft, nicht zuletzt aber auch für<br />
das Handeln der Privatwirtschaft. Damit <strong>di</strong>es<br />
so bleibt und um der Dynamik seines Umfeldes<br />
gerecht zu werden, muss sich der öffentliche<br />
Dienst neu justieren.<br />
Vor <strong>di</strong>esem Hintergrund erfordert besonders<br />
der demografische Wandel personalpolitische<br />
Weichenstellungen in Form von erfolgreicher<br />
Nachwuchskräfteentwicklung und Schaffung<br />
attraktiver Beschäftigungsbe<strong>di</strong>ngungen. Bei<br />
allen Unterschieden zwischen Gewerkschaften<br />
und Arbeitgebern: Uns eint das Ziel, einen<br />
leistungsfähigen öffentlichen Dienst zu erhalten<br />
und fortzuentwickeln.<br />
Bei der Nachwuchskräfteentwicklung gilt es,<br />
bereits in den Schulen und Hochschulen für<br />
<strong>di</strong>e Vielzahl interessanter und abwechslungsreicher<br />
Berufe im öffentlichen Dienst zu werben.<br />
Nötig sind jedoch auch finanzielle Anreize.<br />
Für <strong>di</strong>e Beschäftigten in den Städten und Gemeinden,<br />
in Landesverwaltungen und in der<br />
<strong>Bund</strong>esverwaltung bedarf es vor allem:<br />
familienorientierter Arbeitszeiten,<br />
der Gesundheitsförderung,<br />
alternsgerechter Gestaltung der Arbeitsbe<strong>di</strong>ngungen,<br />
stärkerer Anerkennung von tatsächlich wahrgenommener<br />
<strong>Ver</strong>antwortung und<br />
einer systematischen Personalentwicklung,<br />
<strong>di</strong>e Weiterbildung fordert und fördert.<br />
Die <strong>Ver</strong>waltung und <strong>di</strong>e Bürgerinnen und Bürger<br />
profitieren von qualifizierten Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern. Doch auch für <strong>di</strong>e<br />
Beschäftigten selbst muss ihr Engagement<br />
durch bessere berufliche Perspektiven anerkannt<br />
werden.<br />
ver.<strong>di</strong> betrachtet <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>waltung als eine Art<br />
„atmende“ Organisation, <strong>di</strong>e durch intelligente<br />
Konzepte dafür sorgt, dass durch einen<br />
flexiblen Ruhestandseintritt der Erhalt von<br />
Erfahrung und Wissen sowie eine bruchlose<br />
Aufgabenerle<strong>di</strong>gung sichergestellt werden.<br />
Daher begrüßt <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>einte Dienstleistungsgewerkschaft<br />
<strong>di</strong>e Initiative der <strong>Bund</strong>esregierung<br />
für eine Demografiestrategie.<br />
Die wesentliche Stärke des öffentlichen Dienstes<br />
liegt in seinen Menschen, <strong>di</strong>e tagtäglich<br />
in den <strong>Ver</strong>waltungen und Betrieben kompetente<br />
und engagierte Arbeit leisten. Der demografische<br />
Wandel bietet <strong>di</strong>e Chance, sich<br />
<strong>di</strong>eser Tatsache wieder bewusster zu werden.<br />
Gute Arbeit im öffentlichen Dienst erfordert<br />
dann eine andere Personalplanung. Eine analytische<br />
Personalbedarfsplanung muss dafür<br />
sorgen, dass <strong>di</strong>e Beschäftigten trotz politischer<br />
Vorgaben für ihre Arbeit keine Überlastung<br />
erfahren. Der von der Politik abgerufene<br />
Aufgabenumfang und <strong>di</strong>e erwartete Arbeitsqualität<br />
können nur mit einem ausreichend<br />
bemessenen Personalbestand erfüllt werden.<br />
Wir werden uns in der gemeinsamen Arbeitsgruppe<br />
mit Ideen und Forderungen im Interesse<br />
der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes<br />
einbringen und verstehen uns dabei als gestaltende<br />
Kraft in der Tarif- und Beamtenpolitik.<br />
bund + l änder journal 05
Ausblick auf <strong>di</strong>e Tarifrunde 2<strong>01</strong>3:<br />
Anschluss halten!<br />
Mit etwas über 600 Mrd. Euro werden <strong>di</strong>e Steuereinnahmen<br />
in <strong>di</strong>esem Jahr einen Rekordstand<br />
erreichen. Damit werden sie noch um 5,8 Mrd.<br />
Euro über der Schätzung von Mai 2<strong>01</strong>2 liegen.<br />
Für <strong>di</strong>e Tarifverhandlungen mit der Tarifgemeinschaft<br />
deutscher <strong>Länder</strong> (TdL) Anfang kommenden<br />
Jahres könnten <strong>di</strong>e Voraussetzungen deutlich<br />
schlechter sein.<br />
Die Illusion, <strong>di</strong>ese <strong>Ver</strong>handlungen würden deshalb<br />
ohne größere Konflikte ablaufen, sollten<br />
wir aller<strong>di</strong>ngs von vornherein ausschließen. Wieso?<br />
Anders als 2<strong>01</strong>2 werden <strong>di</strong>e Einnahmen aller<br />
drei Gebietskörperschaften im nächsten Jahr<br />
nur noch wenig steigen. Zusätzlich planen <strong>Bund</strong><br />
und <strong>Länder</strong> ihre Haushalte auf der Grundlage<br />
der Schuldenbremse bereits derzeit sehr restriktiv.<br />
Da gerade <strong>di</strong>e <strong>Bund</strong>esländer <strong>di</strong>e höchsten<br />
Personalausgaben aller drei Gebietskörperschaften<br />
haben, werden <strong>di</strong>e <strong>Länder</strong> in den Tarifverhandlungen<br />
versuchen, <strong>di</strong>e Personalausgabensteigerungen<br />
zu begrenzen.<br />
Mit dem Tarifabschluss vom März 2<strong>01</strong>2 mit dem<br />
<strong>Bund</strong> und den Kommunen haben wir Entgeltsteigerungen<br />
durchsetzen können, an denen<br />
wir uns tarifpolitisch orientieren können. Zum 1.<br />
August 2<strong>01</strong>3 beträgt der durchschnittliche Entgeltabstand<br />
zwischen den Tabellen des TVöD<br />
und des TV-L 3,6 Prozent.<br />
Zusätzlich wird es unser Ziel sein müssen, <strong>di</strong>e<br />
zum TVAöD durchgesetzte Übernahmeregelung<br />
für Auszubildende nunmehr auch mit den <strong>Länder</strong>n<br />
zu vereinbaren.<br />
Belastet werden <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>handlungen mit der Kün<strong>di</strong>gung<br />
des § 26 Abs. 1 TV-L durch <strong>di</strong>e TdL und<br />
der Ankün<strong>di</strong>gung, ab dem 1. Januar 2<strong>01</strong>3 neu<br />
eingestellten Beschäftigten nur noch einen Urlaubsanspruch<br />
von 26 Arbeitstagen zu gewähren.<br />
Unser Ziel ist damit klar: Wir wollen an den tarifpolitischen<br />
Erfolg des Jahres 2<strong>01</strong>2 anknüpfen<br />
und Anschluss an <strong>di</strong>e Entgeltsteigerungen<br />
zum TVöD halten. Den Beschäftigten müssen<br />
wir sagen: Es wird keine Geschenke geben. Für<br />
ein akzeptables Ergebnis werden wir streiten<br />
müssen: Ohne Aktionen in den Betrieben und<br />
<strong>Ver</strong>waltungen wird sich am <strong>Ver</strong>handlungstisch<br />
nichts bewegen!<br />
Öffentlicher Dienst<br />
ist Vorreiter bei prekärer Beschäftigung<br />
Fast jede/r sechste Arbeitnehmer/In nur befristet beschäftigt<br />
den gilt das nicht! Das sind satte 15,1% oder<br />
anders ausgedrückt: Fast jede/r sechste ArbeitnehmerIn<br />
im ÖD hat nur einen befristeten <strong>Ver</strong>trag.<br />
Die Zahl der befristet Beschäftigten ist in<br />
den letzten zehn Jahren dramatisch angestiegen.<br />
Im gleichen Zeitraum wurden bei <strong>Bund</strong>,<br />
<strong>Länder</strong>n und Gemeinden mehr als 250.000 unbefristete<br />
Stellen abgebaut.<br />
Angesichts der Zahlen kann man nur in Zynismus<br />
verfallen: Das Arbeitsplatzrisiko im öffent-<br />
Die Zahl der Beschäftigten bei <strong>Bund</strong>, <strong>Länder</strong>n<br />
und Gemeinden steigt rasant - aber leider nur<br />
<strong>di</strong>e Zahl der befristet Beschäftigten. Für alle<br />
anderen gilt: rasanter Personalabbau, stän<strong>di</strong>ge<br />
Arbeitsver<strong>di</strong>chtung und steigender Krankenstand.<br />
Damit übernimmt der öffentliche Dienst<br />
eine Vorreiterrolle bei prekärer Beschäftigung!<br />
Die Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sind sicher?<br />
Zumindest für <strong>di</strong>e 371.715 befristet<br />
Beschäftigten bei <strong>Bund</strong>, <strong>Länder</strong>n und Gemeinlichen<br />
Dienst ist personifiziert. Um den Job zittern<br />
müssen <strong>di</strong>e Befristeten, und das häufig bis<br />
zur letzten Sekunde. Denn <strong>di</strong>e Dienststellen sind<br />
nicht gerade für vorausschauende Personalplanung<br />
bekannt. So entscheidet sich häufig erst<br />
wenige Tage vor Ablauf des <strong>Ver</strong>trages, ob eine<br />
– häufig wieder befristete – Weiterbeschäftigung<br />
möglich ist - oder eben <strong>di</strong>e Entlassung<br />
in <strong>di</strong>e Arbeitslosigkeit erfolgt.<br />
Michael Kötzing<br />
06<br />
bund + l änder journal
Öffentlich ist wesentlich -<br />
wesentlich ist weiblich<br />
aus dem Fachbereichsfrauenvorstand<br />
Für <strong>di</strong>e Anerkennung von Frauen im<br />
öffentlichen Dienst muss noch viel<br />
getan werden.<br />
Wir sind bereits einen weiten Weg gegangen,<br />
aber noch nicht am Ziel.<br />
Der <strong>Bund</strong>esfrauenvorstand des Fachbereichs 6<br />
hat bereits im letzten Jahr beschlossen, allen<br />
interessierten Frauen im Fachbereich <strong>Bund</strong>/<br />
<strong>Länder</strong> zu informieren über interessante Urteile,<br />
rechtliche Regelungen und geplante <strong>Ver</strong>anstaltungen.<br />
Dazu soll ein Newsletter entwickelt<br />
werden, den jede interessierte ver.<br />
<strong>di</strong>-Kollegin im Fachbereich beziehen kann.<br />
Die ersten Beispiele sind im Internet eingestellt<br />
und zu finden auf der Seite des <strong>Bund</strong>esfrauenvorstands:<br />
AG Urteil vom 21.6.2<strong>01</strong>2 Erteilung einer<br />
Falschauskunft als In<strong>di</strong>z für Diskriminierung<br />
BAG Urteil außer<strong>di</strong>enstliche Aktivitäten für<br />
<strong>di</strong>e NPD und JN als Kün<strong>di</strong>gungsrund vom<br />
6.9.2<strong>01</strong>2<br />
Urlaubsanspruch bei langjährig ruhendem<br />
Arbeitsverhältnis (Krankheit)<br />
Der Frauenarbeit im Fachbereich fehlt der Unterbau<br />
in den Landesbezirksfachbereichen,<br />
es mangelt vor allem an der Beteiligung von<br />
Frauen in der Tarifarbeit und bei der Besetzung<br />
von gewerkschaftspolitisch wichtigen<br />
Funktionen durch Frauen.<br />
Die Wertschätzung der Frauenarbeit ist noch<br />
nicht da, wo sie sein sollte. Das wollen wir<br />
ändern und erwarten dazu auch eine Unterstützung<br />
unserer Kollegen.<br />
Bislang sind wir Frauen mehrheitlich gefragt,<br />
wenn es um Bekämpfung von Diskriminierung,<br />
<strong>Ver</strong>einbarkeit von Familie und Beruf, gleiche<br />
Bezahlung für gleichwertige Arbeit, Teilzeitbeschäftigung,<br />
etc. geht. Doch viele <strong>di</strong>eser<br />
Themen betreffen auch <strong>di</strong>e Männer, insbesondere<br />
<strong>di</strong>e jüngere Generation, <strong>di</strong>e andere<br />
Vorstellungen von Arbeit und Leben haben.<br />
Wir wünschen uns bereits seit Jahren, dass<br />
<strong>di</strong>ese Themen für <strong>di</strong>e gesamte Organisation<br />
von vorrangiger Bedeutung werden. Wie<br />
lange wird noch gewartet und zugesehen,<br />
wie wir sogenannten „Frau-Frauen“ uns <strong>di</strong>e<br />
Stirne blutig rennen, oft ohne jegliche Unterstützung<br />
und nur um eine müdes Lächeln<br />
von manchen Kollegen und auch Kolleginnen<br />
einzufangen? Profitieren wir nicht alle<br />
durch <strong>di</strong>e Gleichstellung von Mann und Frau?<br />
Wir wollen nicht mehr über Anträge zur Quotierung<br />
streiten, wenn wir bereits mehrere<br />
Schritte weiter sein könnten.<br />
Wir wollen endlich mit allen Beteiligten den<br />
nächsten Schritt gehen und <strong>di</strong>ese Organisation<br />
auch als eine erkennen dürfen, welche<br />
sich für <strong>di</strong>e Belange von Frauen einsetzt.<br />
Der <strong>Bund</strong>esfachbereichsfrauenvorstand wird<br />
sich, wie in der <strong>Ver</strong>gangenheit, weiter für <strong>di</strong>e<br />
Gleichstellung von Frauen und Männern in<br />
allen Bereichen der Arbeitswelt im Fachbereich<br />
6 und ver.<strong>di</strong> einsetzen. Wir sind zuversichtlich,<br />
dass auch in Zukunft ein Fortschritt<br />
erkennbar sein wird. Wie groß <strong>di</strong>eser Fortschritt<br />
sein wird, liegt an uns allen.<br />
Sylvia Mölls, Vorsitzende<br />
News++Neuigkeiten++Aktuelles<br />
[Aktuelle Rechtsprechung] TS Berichtet<br />
Nummer 14/2<strong>01</strong>2 „BAG-Urteil zum Urlaubsanspruch“<br />
In 2<strong>01</strong>3 plant der <strong>Bund</strong>esfrauenvorstand ein<br />
Netzwerk für Frauenbeauftragte und Personalratsmitglieder<br />
zu knüpfen, damit beide ihre<br />
Möglichkeiten zur Zusammenarbeit im Interesse<br />
der weiblichen Beschäftigten nutzen<br />
können. Dazu sind ein Seminar zum Thema<br />
Gesundheitsmanagement und Handlungsmöglichkeiten<br />
für Frauenbeauftrage und Personalratsmitglieder<br />
geplant ebenso wie eine<br />
gemeinsame Sitzung des <strong>Bund</strong>esfrauenvorstands<br />
des Fachbereichs 6 mit den Frauenbeauftragten<br />
zum Thema Frauen in Führungsfunktionen<br />
im Öffentlichen Dienst des <strong>Bund</strong>es<br />
und der <strong>Länder</strong>.<br />
Personelles<br />
Liebe Sigrid Müller,<br />
wir als <strong>Bund</strong>esfachbereichsfrauenvorstand<br />
FB 6 bedanken uns auf <strong>di</strong>esem Wege bei Dir<br />
ganz ganz herzlich für <strong>di</strong>e tolle Zusammenarbeit<br />
und wünschen Dir alles erdenklich Gute<br />
für <strong>di</strong>e Zukunft.<br />
Du hast mit uns gekämpft, Dich für uns aufgeopfert,<br />
Unmögliches möglich gemacht und<br />
bist uns immer zur Seite gestanden, vor allem<br />
dann, wenn es nicht einfach war.<br />
Was Du alles für uns getan hast, können wir<br />
hier nicht benennen, soviel Platz ist nicht im<br />
<strong>Journal</strong>. Aber sei versichert, dass wir das, was<br />
Du für uns getan hast, nicht vergessen werden.<br />
Es war eine schöne Zeit mit Dir,<br />
danke Dir dafür<br />
+++++++++++++++++++++++++++++++<br />
Der <strong>Bund</strong>esfachbereichsfrauenvorstand<br />
stellt seine “NEUE” vor<br />
Seit Oktober hat Antje Schumacher-Bergelin<br />
<strong>di</strong>e Betreuung des Frauenvorstands im Fachbereich<br />
06 übernommen. Für sie kein Neuland,<br />
da sie bereits seit 1981 in der Frauenarbeit<br />
verwurzelt ist. Seit <strong>di</strong>eser Zeit hat sie<br />
<strong>di</strong>e politische Frauenabreit begleitet. Mit Beginn<br />
ihrer Tätigkeit für <strong>di</strong>e Gewerkschaft DAG<br />
und später ver.<strong>di</strong> hat sie <strong>di</strong>e gewerkschaftliche<br />
Frauenpolitik aktiv begleitet. Nach unterschiedlichen<br />
Stationen in ver.<strong>di</strong> ist sie jetzt<br />
bei uns. Ein aller aller herzlichstes Willkommen<br />
von Seiten des <strong>Bund</strong>esfachbereichsfrauenvorstands<br />
FB 06. Wir freuen uns auf<br />
eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit.<br />
Wir hatten bereits Gelegenheit<br />
uns bei einer ersten gemeinsamen Sitzung<br />
Ende Oktober zu beschnuppern.<br />
Es passt!<br />
Liebe Antje, wir wünschen Dir alles<br />
erdenklich Gute im Fachbereich 06<br />
bund + l änder journal 07
<strong>Bund</strong>es- und Landesverwaltungen<br />
<strong>Bund</strong>esfachkommission Landesverwaltungen in München<br />
Aus der Arbeit der<br />
<strong>Bund</strong>esfachkommission Landesverwaltungen<br />
Am 26. und 27. März tagte <strong>di</strong>e <strong>Bund</strong>esfachkommission<br />
Landesverwaltungen in Köln.<br />
Neben dem Bericht zur Sitzung des <strong>Bund</strong>esfachgruppenvorstandes<br />
<strong>Bund</strong>es- und Landesverwaltungen<br />
wurde das im August stattfindende Seminar<br />
für <strong>di</strong>e Vorsitzenden der Hauptpersonalräte<br />
der Innenministerien von <strong>Bund</strong> und <strong>Länder</strong>n vorbereitet.<br />
Weitere Themen waren <strong>di</strong>e derzeit stattfindenden<br />
Tarifverhandlungen für <strong>di</strong>e Bereiche<br />
<strong>Bund</strong> und Kommunen sowie der aktuelle Stand<br />
zur offenen Frage der Entgeltordnung TV-öD.<br />
Den Abschluss bildete ein Gespräch mit der Kölner<br />
Regierungspräsidentin Gisela Walsken, <strong>di</strong>e<br />
seit dem Regierungswechsel in Nordrhein-Westfalen<br />
im Amt ist.<br />
Die zweite Sitzung der <strong>Bund</strong>esfachkommission<br />
fand am 22. und 23. Oktober in München statt.<br />
Es gab einen kurzen Rückblick auf das letzte Seminar<br />
der Hauptpersonalratsvorsitzenden der Innenministerien<br />
und im Anschluss einen Bericht<br />
der <strong>Bund</strong>esfachgruppe <strong>Bund</strong>es- und Landesverwaltungen.<br />
Ein weiteres Thema war <strong>di</strong>e aktuelle<br />
Tarifsituation. Darüber hinaus konnte man Christa<br />
Naaß (SPD), bayerische Landtagsabgeordnete,<br />
<strong>di</strong>e zudem Mitglied des Haushaltsausschusses<br />
und im Ausschuss für Fragen des Öffentlichen<br />
Dienstes ist, zur Sitzung begrüßen. Hierbei kam<br />
zur Sprache, dass Bayern nach Vorstellung der<br />
Landesregierung bis 2030 seine Gesamtschulden<br />
von 32 Mrd. Euro komplett abbauen will, wobei<br />
Stellenabbau dabei naturgemäß ein Ansatz ist.<br />
Die bereits jetzt herrschende Unterbesetzung in<br />
der Steuerverwaltung ist aus ihrer Sicht der falsche<br />
Weg, weil dem Land dadurch erhebliche<br />
Steuereinnahmen verloren gehen.<br />
Zum Abschluss wurde der bisherige Betreuungssekretär,<br />
Josef Fehlandt, verabschiedet, der inzwischen<br />
wieder in Bayern tätig ist. Das Gremium<br />
dankte ihm für seine engagierte Arbeit und<br />
wünschte ihm für seine neue Tätigkeit im Fachbereich<br />
3 des Bezirks Niederbayern alles Gute.<br />
Die nächste Sitzung der Fachkommission<br />
findet am 11. und 12. März 2<strong>01</strong>3 in<br />
Berlin statt.<br />
v.l.n.r.: Hildrun Grünzig, Josef Fehlandt und Wolfgang Schmidt<br />
<strong>Bund</strong>esfachkommission Landesverwaltungen in Köln<br />
08<br />
bund + l änder journal
HPR-Vorsitzende<br />
der Innenministerien tagten in Berlin<br />
Vom 13. bis 15. August 2<strong>01</strong>2 fand das <strong>di</strong>esjährige<br />
Treffen der Vorsitzenden aus den<br />
Hauptpersonalräten der Innenministerien<br />
von <strong>Bund</strong> und <strong>Länder</strong>n zu einem gemeinsamen<br />
Seminar mit Erfahrungsaustausch in der<br />
ver.<strong>di</strong>-Bildungsstätte am Wannsee in Berlin<br />
statt. Erstmals waren alle <strong>Bund</strong>esländer und<br />
das <strong>Bund</strong>esinnenministerium vertreten. Das<br />
unterstreicht erneut eindrucksvoll den Bedarf<br />
und das hohe Interesse an <strong>di</strong>eser jährlich<br />
wiederkehrenden <strong>Ver</strong>anstaltung, an der<br />
auch einige Mitglieder der <strong>Bund</strong>esfachkommission<br />
<strong>Länder</strong> teilnahmen.<br />
Deren Vorsitzender, Wolfgang Schmidt aus<br />
Niedersachsen, leitete <strong>di</strong>e Tagung und wurde<br />
von hauptamtlicher Seite unterstützt durch Josef<br />
Fehlandt als betreuenden Sekretär aus dem<br />
Fachbereich 6 der ver.<strong>di</strong> <strong>Bund</strong>esverwaltung.<br />
Zum Gelingen der <strong>Ver</strong>anstaltung trugen auch<br />
<strong>di</strong>e Referenten Markus Nöthen mit dem Thema<br />
„Belastungen und Gesundheit am Arbeitsplatz<br />
- Beteiligungsmöglichkeiten der betrieblichen<br />
Interessenvertretungen“, Dr. Horst Riesenberg-<br />
Mordeja, beide ver.<strong>di</strong> <strong>Bund</strong>esverwaltung, mit<br />
dem Thema Reform der Unfallverhütungsvorschriften<br />
und Klaus Heß (DGB) mit dem Thema<br />
„Personalentwicklung, Arbeitsorganisation,<br />
Führung und Gesundheitsschutz im Fokus der<br />
demographischen Entwicklung“ bei.<br />
Außerdem informierte Achim Mehrkamp <strong>di</strong>e<br />
Tagungsteilnehmer über <strong>di</strong>e aktuelle Tarifsituation<br />
bei der Tarifrunde 2<strong>01</strong>3 der <strong>Länder</strong> und<br />
über <strong>di</strong>e Entgeltordnung TV-L.<br />
Die Teilnehmer des HPR Seminars mit Achim Meerkamp (dritter von links)<br />
bund + l änder journal 09
Bau und liegenschaften<br />
Staatliches Bau- und Immobilienmanagement Sachsen<br />
ein Totsparpotenzial ohne Ende?“<br />
DenkanstoSS – Öffentliches Bauen und Betreiben –<br />
kann man da noch mehr sparen?<br />
„Wer wenn er kann nicht investiert,<br />
plant seinen Untergang…“ könnte man<br />
meinen war der kluge Leitspruch der Sächsischen<br />
Regierungen von 1990 bis heute.<br />
Mustergültig hat Sachsen hohe Summen in<br />
öffentliche Infrastruktur, Gebäude, Grundstücke<br />
und Kultureinrichtungen investiert.<br />
Das zahlt sich aus, aber das wirkt auch nach!<br />
Zur Umsetzung <strong>di</strong>eser immensen Summen im<br />
dreistelligen Mrd. – Umfang hat sich der Freistaat<br />
Strukturen geschaffen, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>ese Erfolgsgeschichte<br />
nicht nur überhaupt erst ermöglichten<br />
sondern auch in <strong>di</strong>e Tat umsetzten.<br />
Prinzipiell ist das in anderen <strong>Bund</strong>esländern<br />
nicht anders.<br />
Qualitativ hat der Freistaat jedoch im Bereich<br />
der Bauinvestitionen und der Immobilienbewirtschaftung<br />
von Anbeginn an in hohem<br />
Maße auf private Dienstleistung in seinem<br />
Auftrag und unter seiner Kontrolle gesetzt.<br />
Das ermöglichte eine sehr schlanke <strong>Ver</strong>waltung<br />
des Bau- und Betriebsmanagements<br />
der staatlichen Gebäude, Einrichtungen und<br />
Grundstücke, ohne <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>antwortung und<br />
den öffentlichen Interessen geschuldete Einflussnahme<br />
„aus der Hand zu geben“.<br />
Auch <strong>di</strong>esbezüglich hat der Freistaat erfolgreich<br />
und mustergültig gearbeitet!<br />
Seine <strong>Ver</strong>mögens- und Hochbauverwaltung<br />
hat bei seit 1992 bereits um ca. 30% gesunkenen<br />
Personalbestand, skandalfrei, korruptionssicher,<br />
mittelstandsfördernd und <strong>di</strong>e „freien<br />
Berufe“ unterstützend um <strong>di</strong>e 10 Mrd. Euro<br />
sichtbare Bauinvestitionen nur in den staatlichen<br />
Gebäuden und Anlagen umgesetzt. Seit<br />
2003 löste der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien-<br />
und Baumanagement (SIB) <strong>di</strong>e vorherige<br />
<strong>Ver</strong>waltung ab.<br />
Zugleich wurden und werden von <strong>di</strong>eser Institution<br />
all <strong>di</strong>e nun aufgerüsteten, technisierten<br />
Gebäude der Hochschulen, Ministerien,<br />
<strong>Ver</strong>waltungen, Schlösser- und Burgen, Polizei<strong>di</strong>enststellen,<br />
der Landtag selbst…. bewirtschaftet,<br />
erhalten, gepflegt und betrieben.<br />
Dazu gehört auch Standsicherheit, <strong>Ver</strong>kehrssicherheit,<br />
Kulturwert und einfach gelebte<br />
Sächsische Identität unserer Städte und Gemeinden!<br />
Immobilien- und Grundstücks- Eigentum<br />
von ca. 7 Mio m² BGF und 5000 Gebäuden<br />
verpflichtet! ...verpflichtet<br />
auch zu staatlichem Handeln und zu<br />
staatlichem Aufwand, auch zu Personalaufwand!<br />
Die Wahrnehmung der Eigentümerverpflichtung<br />
erfordert eine den steigenden<br />
Anforderungen angepasste<br />
Personalausstattung des zentralzustän<strong>di</strong>gen<br />
Staatsbetriebes SIB.<br />
Die hier verbliebenen Überwachungs- / Steuerungs-<br />
und Eigentümerfunktionen über den<br />
bisherigen Umfang nur zum Zwecke des Stellenabbaus<br />
an Dritte zu übertragen<br />
führt zu Zuständen wie beim Bau der Kölner<br />
U-Bahn, der GAGFAH in Dresden oder unserer<br />
unübersehbar wohl zu wenig kontrollierten<br />
Sachsen LB.<br />
Sie wäre gleichbedeutend der Übertragung<br />
der Kontrolle Privater durch Private<br />
mit Eigeninteresse an Stelle der<br />
grundgesetzlichen <strong>Ver</strong>pflichtungen<br />
des Freistaates!<br />
Bernd Rudolph<br />
10<br />
bund + l änder journal
<strong>Ver</strong>abschiedung des<br />
Fachgruppenvorstandsmitgliedes Walter Hermen<br />
Bei der Herbstsitzung des <strong>Bund</strong>esfachgruppenvorstandes<br />
Bau- und Liegenschaftsmanagement<br />
wurde das langjährige Vorstandsmitglied<br />
Walter Hermen, mit einem Buchgeschenk als<br />
Dank für sein großes Engagement, seine fachlichen<br />
Ratschläge und seine Kollegialität, mit<br />
großem Applaus verabschiedet.<br />
In seiner Rede ging der <strong>Bund</strong>esfachgruppenvorsitzende<br />
Horst Hartmann auf <strong>di</strong>e vielen<br />
Aktivitäten an denen der Kollege Walter<br />
Hermen beteiligt war ein, dazu gehören Gespräche<br />
mit Mitgliedern des Bauausschusses<br />
des <strong>Bund</strong>estages, Gespräche <strong>Bund</strong>estagsabgeordneten,<br />
den Abteilungsleitern Hochbau<br />
des <strong>Bund</strong>esministerium für <strong>Ver</strong>kehr, Bau<br />
und Stadtentwicklung und vielen anderen<br />
Gesprächspartnern der <strong>Bund</strong>esfachgruppe.<br />
Bereits am 29.5.2<strong>01</strong>2 wurde er, der auch seit<br />
der Gründung des LBB 1998 Vorsitzende des<br />
Gesamtpersonalrates im Landesbetrieb Liegenschafts-<br />
und Baubetreuung (LBB) und seit<br />
20 Jahren noch örtlicher Personalratsvorsitzender<br />
in der Niederlassung Trier war, vom<br />
Staatssekretär Salvatore Barbaro in den Ruhestand<br />
verabschiedet. In seiner Rede hob der<br />
Staatssekretär hervor, dass Walter Hermen<br />
„mit seinen Kenntnissen und dem entschiedenen<br />
Eintreten für <strong>di</strong>e Belange der Beschäftigten<br />
den Landesbetrieb stark geprägt“ hat.<br />
Sein Nachfolger im <strong>Bund</strong>esfachgruppenvorstand<br />
ist Werner Schwarz.<br />
Impressum<br />
Herausgeberin<br />
ver.<strong>di</strong> – <strong>Ver</strong>einte Dienstleistungsgewerkschaft<br />
Achim Meerkamp<br />
Mitglied des <strong>Bund</strong>esvorstandes<br />
Fachbereich <strong>Bund</strong> und <strong>Länder</strong><br />
Paula-Thiede-Ufer 10<br />
1<strong>01</strong>79 Berlin<br />
Redaktion<br />
Michael Peters<br />
Barbara Wedehake<br />
Thilo Börner<br />
Atilla Ay<strong>di</strong>nogullari<br />
Antja Schumacher-Bergelin<br />
Redaktionsteam des <strong>Bund</strong>esfachbereichsvorstandes<br />
Redaktionsanschrift<br />
ver.<strong>di</strong> – <strong>Ver</strong>einte Dienstleistungsgewerkschaft,<br />
Fachbereich <strong>Bund</strong> und <strong>Länder</strong> · Paula-Thiede-Ufer 10 · 1<strong>01</strong>79 Berlin<br />
Tel (0 30) - 69 56 - 21 15 · Fax (0 30) - 69 56 - 35 51<br />
redaktion.bul-journal@ver<strong>di</strong>.de<br />
Gestaltung<br />
Dreistil – Büro für Gestaltung, Köln/Bonn<br />
Druck<br />
alpha print me<strong>di</strong>en AG, Darmstadt<br />
Bildnachweise<br />
Katja Boll (S. 18, 19)<br />
bund + l änder journal 11
<strong>Bund</strong>eswehr<br />
Weiter viele Fragen offen<br />
Beschäftigte und Soldaten klagen über<br />
mangelnde Transparenz und Mitbestimmung bei<br />
der Neuausrichtung der <strong>Bund</strong>eswehr<br />
Unter den Soldaten und Zivilbeschäftigten der <strong>Bund</strong>eswehr rumort es. Der Grund:<br />
Die viel beschworene Neuausrichtung der Truppe wird zwar konkreter, aber nicht<br />
transparenter und nachvollziehbarer. Im Gegenteil schwant den Beschäftigten immer<br />
mehr: Eigentlich geht es nur ums Sparen, das heiSSt ums Streichen von Stellen.<br />
Das treibt dann bisweilen seltsame Blüten.<br />
Die Soldaten und Zivilbeschäftigten der <strong>Bund</strong>eswehr<br />
sind einiges gewöhnt. Kaum eine Legislaturperiode,<br />
<strong>di</strong>e ohne eine Reform der Armee<br />
auskam. Es ist ein kontinuierlicher <strong>Ver</strong>änderungsprozess,<br />
eine stetige Umorganisation, dem sich<br />
<strong>di</strong>e Beschäftigten und <strong>di</strong>e Soldaten ausgesetzt<br />
sehen. Da wurde umgebaut, transformiert, neuausgerichtet.<br />
„Letztendlich ging es immer um eine<br />
<strong>Ver</strong>kleinerung der Streitkräfte“, betont Torsten<br />
Schmidt vom Hauptpersonalrat der <strong>Bund</strong>eswehr.<br />
Torsten Schmidt; HPR<br />
Unterm Strich blieben <strong>di</strong>e Reformen – wenn<br />
man sie so nennen mag – Stückwerk: Sie wurden<br />
nie abgeschlossen und schon gar nicht bewertet,<br />
so dass auch nie festgestellt wurde, ob<br />
<strong>di</strong>e eingeschlagene Richtung tatsächlich das gewünschte<br />
Ergebnis brachte. Nun steckt <strong>di</strong>e <strong>Bund</strong>eswehr<br />
schon wieder mitten in einer Reform,<br />
<strong>di</strong>e alle bisherigen Ausmaße sprengt - kaum dass<br />
sie <strong>di</strong>e jüngsten <strong>Ver</strong>änderungsprozesse verdaut<br />
hat. Mehr noch: Eigentlich trifft es immer nur<br />
uns, stellen <strong>di</strong>e Beschäftigtengruppen der Arbeitnehmer,<br />
Beamten und Soldaten fest. Von Reform<br />
zu Reform wurde <strong>di</strong>e Zahl der Zivilbeschäftigten<br />
und der Soldaten reduziert.<br />
Auch bei der Neuausrichtung der <strong>Bund</strong>eswehr,<br />
<strong>di</strong>e nun eingeleitet wurde, steht an erster Stelle<br />
<strong>di</strong>e Reduzierung der Streitkräfte: Neuaufstellung,<br />
Wegfall und vor allem Auflösung – das sind<br />
<strong>di</strong>e großen Stichworte der Reform. Kein Wunder,<br />
dass es den Beschäftigten reichlich schummrig<br />
wird. Kein Wunder, dass sie sich fragen: „Was<br />
wird aus mir?“ Schon gar, da sie vielfach nicht<br />
nachvollziehen können, was alles als Neuausrichtung<br />
fungiert: Um Personalstellen zu reduzieren,<br />
werden Stellen, <strong>di</strong>e bisher bei der <strong>Bund</strong>eswehr<br />
waren, anderen Ministerien zugeschrieben<br />
– obwohl <strong>di</strong>e Beschäftigten weiter am gleichen<br />
Schreibtisch sitzen und <strong>di</strong>e gleiche Arbeit machen,<br />
also fachlich weiter nur mit der <strong>Bund</strong>eswehr<br />
beschäftigt sind.<br />
Oder Beispiel Standortschließungen. Klar ist,<br />
es werden nicht alle bisherigen <strong>Bund</strong>eswehrstandorte<br />
überleben. Da aber bis zum Tag der<br />
Schließung des Standortes <strong>di</strong>e Dienststelle weiter<br />
funktionieren muss, werden <strong>di</strong>e Beschäftigten<br />
<strong>di</strong>eser Dienststellen nicht auf frei werdende<br />
Stellen in anderen Bereichen versetzt bzw. umgesetzt<br />
werden können. Ob aber dann noch eine<br />
ortsnahe Unterbringung der Betroffenen durch<br />
<strong>di</strong>e Personalführung gewährleistet werden kann,<br />
bleibt das große Risiko der Betroffenen. Matthias<br />
Moseler, Vorsitzender der <strong>Bund</strong>esfachgruppe<br />
<strong>Bund</strong>eswehr, spricht deshalb von einem “sozialen<br />
Chaos“ und „logistischem Dilettantismus“.<br />
Das es so ist, sehen Moseler und Schmidt in der<br />
Vorgehensweise der Reformer begründet: „Da<br />
wird alles unternommen, damit eine politisch vorgegebene<br />
Zahl der Haushaltsstellen beim Zivilpersonal<br />
auf 55.000 sinkt.“ Statt sich zunächst<br />
zu überlegen, welche Aufgaben künftig noch erle<strong>di</strong>gt<br />
werden müssen und entsprechend Personal<br />
einzuplanen, wird umgekehrt gedacht: Das<br />
Personal muss schrumpfen, wie <strong>di</strong>e Aufgaben erle<strong>di</strong>gt<br />
werden sollen, wird wohl später beraten.<br />
Derzeit zählt <strong>di</strong>e <strong>Bund</strong>eswehr etwa 27.300 Beamte<br />
und etwa 53.500 Arbeitnehmerinnen und<br />
Arbeitnehmer. Zirka 5.600 Zivilbeschäftigte sind<br />
in Kooperationsbetrieben der <strong>Bund</strong>eswehr zurzeit<br />
beschäftigt. Sie bleiben der <strong>Bund</strong>eswehr erhalten,<br />
werden jedoch zu der politisch vorgegebenen<br />
Zahl von 55.000 Haushaltsstellen zivil nicht<br />
hinzugerechnet. Ob auch in Zukunft noch ca.<br />
1.400 junge Menschen pro Jahr in der <strong>Bund</strong>eswehr<br />
ausgebildet werden, steht noch nicht fest.<br />
Sicher ist aber: Von den Auszubildenden werden<br />
nur wenige übernommen. In Kooperationsbetrieben<br />
wie der HIL GmbH wird niemand übernommen,<br />
obwohl hier wegen fehlendem Fachpersonal<br />
Instandsetzungsaufträge für viel Geld an <strong>di</strong>e<br />
Industrie vergeben werden müssen.<br />
Oder Beispiel Kasernen: Da werden zukünftig<br />
Anlagen leer stehen, <strong>di</strong>e erst vor kurzem für viel<br />
Geld instand gesetzt wurden. Im Gegenzug sollen<br />
Kasernen neu bezogen werden, <strong>di</strong>e zuerst<br />
mit viel Aufwand renoviert werden müssen. „Da<br />
werden am Reißbrett Menschen hin und her<br />
geschoben, ohne dass ein Sinn erkennbar ist“,<br />
meint Moseler und spricht aus, was viele seiner<br />
Kolleginnen und Kollegen genauso beobachtet<br />
haben. Sie setzen ein immer <strong>di</strong>ckeres Fragezeichen<br />
hinter <strong>di</strong>e Zusage der <strong>Bund</strong>eswehrleitung<br />
und der Politik, dass es bei der Neuausrichtung<br />
der <strong>Bund</strong>eswehr nicht zu sozialen Härten kommen<br />
werde und das sich keiner mit der Reform<br />
schlechter stellen wird als davor.<br />
Doch das ist noch nicht alles: Die <strong>Bund</strong>eswehrleitung<br />
versucht zudem, <strong>di</strong>e Personalräte außen<br />
vor zu lassen und ist sehr schnell bei der Hand<br />
mit der Definition „nicht mitbestimmungspflichtig“.<br />
Kaum nötig zu erwähnen, dass das <strong>di</strong>e Personalräte<br />
meist nicht so sehen. Deshalb gehen<br />
12<br />
bund + l änder journal
Matthias Moseler, Vors. <strong>Bund</strong>esfachgruppe<br />
<strong>di</strong>e Beschäftigen nun einen Schritt weiter: Der<br />
ver.<strong>di</strong>- Fachgruppenvorstand <strong>Bund</strong>eswehr ist dabei,<br />
<strong>di</strong>e zehn „größten Peinlichkeiten“ detailliert<br />
aufzulisten, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Neuausrichtung bisher hervorgebracht<br />
hat. „Wir wollen <strong>di</strong>e <strong>Bund</strong>eswehrleitung<br />
und <strong>di</strong>e Politik für <strong>di</strong>e Anliegen der Beschäftigten<br />
und der Soldaten sensibilisieren“,<br />
betont Moseler. Zudem will <strong>di</strong>e <strong>Bund</strong>esfachgruppe<br />
alle <strong>Bund</strong>estagsfraktionen anschreiben,<br />
um anzufragen, was <strong>di</strong>e Parteien im Falle einer<br />
künftigen Regierungsverantwortung nach der<br />
<strong>Bund</strong>estagswahl 2<strong>01</strong>3 in Sachen <strong>Bund</strong>eswehrreform<br />
verändern werden. Wenn nötig, könnten<br />
weitere Schritte folgen – damit <strong>di</strong>e Zusagen eingehalten<br />
und <strong>di</strong>e Reform nicht auf dem Rücken<br />
der Beschäftigten ausgetragen wird.<br />
jab<br />
Präsi<strong>di</strong>um der <strong>Bund</strong>esfachgruppe<br />
bei der SPD <strong>Bund</strong>estagsfraktion<br />
De Maizières „Neuausrichtung“ der <strong>Bund</strong>eswehr muss dringend nachgesteuert werden<br />
Die Neustrukturierung der <strong>Bund</strong>eswehr unter der<br />
schwarz-gelben <strong>Bund</strong>esregierung ist auf große<br />
Kritik bei den Soldaten und zivilen Beschäftigten<br />
gestoßen und läßt viele Fragen offen. Beschäftigte<br />
und Soldaten klagen über mangelnde<br />
Transparenz und Mitbestimmung bei der Neuausrichtung<br />
der <strong>Bund</strong>eswehr, so Matthias Moseler,<br />
Vorsitzender der <strong>Bund</strong>esfachgruppe <strong>Bund</strong>eswehr<br />
zum Auftakt des Gespräches.<br />
Nicht der Reformbedarf wird in Gänze in Frage<br />
gestellt, sondern <strong>di</strong>e Umsetzung der Maßnahmen.<br />
Die SPD teilt <strong>di</strong>e Kritik an der neuen Struktur.<br />
Sie hat schon vor zwei Jahren gewarnt, dass<br />
<strong>di</strong>e Reform nicht mit brachialer Gewalt von oben<br />
durchgedrückt werden kann. Zudem vermisst sie<br />
entscheidende Weichenstellungen.<br />
Weitere Themenschwerpunkte:<br />
Neustrukturierung <strong>Bund</strong>eswehr, Standortentscheidungen,<br />
Ergebnis Haushaltsberatungen EPl<br />
14, Ausbildungsplätze, Nachwuchsgewinnung,<br />
Familie und Beruf, Beteiligung und Einbindung<br />
Personalräte bei Bw-Reform, Kooperationsprojekte,<br />
<strong>Ver</strong>träge, GEBB - <strong>Ver</strong>gabeprozesse BMVg<br />
- z.B. Fuhrpark, Lagerlogistik<br />
v.l.n.r. R. Arnold, J. Hofer, B. Brinkmann, M. Moseler, J. Soldner, E. Schurer, M. Peters<br />
bund + l änder journal 13
Hohe Auszeichnung für jahrzehntelangen<br />
Einsatz<br />
Die Mitglieder der <strong>Bund</strong>esfachgruppe <strong>Bund</strong>eswehr<br />
Hans-Jürgen Daum und Konrad Tatzel wurden<br />
mit dem <strong>Ver</strong><strong>di</strong>enstorden der <strong>Bund</strong>esrepublik<br />
Deutschland ausgezeichnet.<br />
Der <strong>Ver</strong><strong>di</strong>enstorden der <strong>Bund</strong>esrepublik Deutschland,<br />
umgangssprachlich <strong>Bund</strong>esver<strong>di</strong>enstkreuz<br />
genannt, ist der einzige <strong>Ver</strong><strong>di</strong>enstorden der <strong>Bund</strong>erepublik.<br />
Er wird u.a. für besondere Leistungen<br />
auf ehrenamtlichem Gebiet verliehen.<br />
Mit <strong>di</strong>eser hohen Auszeichnung wür<strong>di</strong>gt der <strong>Bund</strong>espräsident,<br />
dass sich Hans-Jürgen Daum und<br />
Konrad Tatzel in überragendem Maße für <strong>di</strong>e<br />
Belange der Kolleginnen und Kollegen der <strong>Bund</strong>eswehrverwaltung<br />
einsetzen.<br />
Sts. Beemelmans bei der Überreichung des<br />
<strong>Bund</strong>esver<strong>di</strong>enstkreuzes an H.- J. Daum.<br />
v.l.n.r.:Ingmar Setz,Vors.ÖPR WBV West-Ast. Wiesbaden, Wolfgang Nowak, Vizepräsident<br />
WBV West, Michael Geifes, Vorstand BPR WBV West, Heike Tatzel, Konrad Tatzel, Alice<br />
Greyer-Wieninger,AL ´in IUD im BMVg, Karl-Heinz Witthüser stellv. Vors. BPR WBV West<br />
Jugend- und Auszubildendenvertreter des BMVg<br />
zum ver.<strong>di</strong> Seminar in Naumburg<br />
Die ver.<strong>di</strong> <strong>Bund</strong>esfachgruppe <strong>Bund</strong>eswehr führte<br />
für <strong>di</strong>e neu gewählten Jugend- und Auszubildendenvertretungen<br />
(JAV) des <strong>Bund</strong>esministeriums<br />
der <strong>Ver</strong>tei<strong>di</strong>gung (BMVg) in der Zeit<br />
vom <strong>01</strong>. bis 05. Oktober eine Grundschulung<br />
für JAVen durch.<br />
ver.<strong>di</strong> begrüßte 20 junge Kolleginnen und Kollegen<br />
in der ver.<strong>di</strong> Jugend-Bildungszentrale in<br />
Naumburg. Nach einem ersten Kennenlernen<br />
und Vorstellen der Seminarinhalte stellten sich<br />
<strong>di</strong>e jungen KollegenInnen als JAV-<strong>Ver</strong>treter vor.<br />
vorgestellt und besprochen. Die jungen Seminarteilnehmer<br />
hatten in Arbeitsgruppen<br />
<strong>di</strong>e Möglichkeit, ihre erste Jugend- und Auszubildendenversammlung<br />
vorzubereiten und<br />
zu planen. Dabei blieb es nicht: Im Rollenspiel<br />
konnten sie auch <strong>di</strong>e Durchführung ihrer ersten<br />
<strong>Ver</strong>sammlung trainieren. Am Ende des Seminars<br />
wurde bei der Seminarauswertung mit<br />
großer Mehrheit der jungen Teilnehmer festgestellt,<br />
dass <strong>di</strong>e Woche für alle JAVen eine<br />
hervorragende Grundqualifizierung darstellt.<br />
Themen in der Seminarwoche:<br />
Rolle der JAVen<br />
Stufenvertretungen beim BMVg<br />
Arbeitsbe<strong>di</strong>ngungen für <strong>di</strong>e JAVen<br />
Nach den ersten Steps und dem Warming-Up<br />
am ersten Tag ging es dann an <strong>di</strong>e Paragraphen<br />
des <strong>Bund</strong>espersonalvertretungsgesetzes<br />
und des Arbeitsrechts.<br />
Themen in den Arbeitsgruppen:<br />
Aufgaben der JAV<br />
Geschäftsführung der JAV<br />
Beschlussfassungen – Entscheidungen im<br />
Gremium<br />
Zusammenarbeit mit dem Personalrat<br />
Jugend und Auszubildendenversammlung<br />
Die Ergebnisse wurden im Plenum des Seminars<br />
Ein weiteres ver.<strong>di</strong> Seminar für neu<br />
gewählten Jugend-und Auszubildendenvertreter<br />
findet in der Zeit<br />
vom 26.bis 30. November 2<strong>01</strong>2 auch in<br />
der Jugendbildungszentrale Naumburg<br />
statt.<br />
14<br />
bund + l änder journal
Infoveranstaltung<br />
Am 13.09.2<strong>01</strong>2 veranstaltete <strong>di</strong>e Jugendsekretärin<br />
der ver.<strong>di</strong> Saar, Lisa Summkeller mit ihrer<br />
Kollegin Julia Pranke eine Informationsveranstaltung<br />
im Rahmen der Ausbildung für <strong>di</strong>e 29<br />
neu eingestellten Auszubildenden in der Ausbildungswerkstatt<br />
der <strong>Bund</strong>eswehr in St. Wendel.<br />
Lisa und Julia erläuterten den angehenden KFZ-<br />
Mechatroniker-/innen und Feinwerkmechaniker-/<br />
innen eindrucksvoll <strong>di</strong>e geschichtliche Entstehung<br />
sowie den Sinn und Zweck von Gewerkschaften,<br />
insbesondere der Gewerkschaft ver.<strong>di</strong>.<br />
Auch deren Bedeutung in der heutigen Arbeitswelt<br />
wurde erörtert.<br />
Am Ende verstand jeder, dass soziale Sicherung<br />
und Lohnerhöhungen nur durch den Druck einer<br />
starken Gemeinschaft zustande kommen<br />
können, welches man sich im schlimmsten Falle<br />
durch Streik erkämpfen muss.<br />
Erlebnisberichte der örtlichen Gewerkschaftsarbeit<br />
und vom Arbeitskampf der vergangenen Tarifrunde<br />
steuerten hierbei <strong>di</strong>e Kollegen der ver.<br />
<strong>di</strong>-Betriebsgruppe St. Wendel, Jacqueline Moseler<br />
und Jörg Wailersbacher bei.<br />
Endergebnis der <strong>Ver</strong>anstaltung waren 21 Eintritte<br />
in <strong>di</strong>e Gewerkschaft ver.<strong>di</strong>.<br />
Diesen Erfolg können <strong>di</strong>e überaus aktiven Kolleginnen<br />
Lisa und Julia, sowie <strong>di</strong>e aktive und erfolgreiche<br />
Betriebsgruppe im HIL-Werk St. Wendel<br />
für sich verbuchen.<br />
Dies ist ein klassisches Beispiel für <strong>di</strong>e Zusammenarbeit<br />
von aktiven Mitgliedern vor Ort und<br />
hauptamtlichen Gewerkschaftssekretären.<br />
Mit derart starken Betriebsgruppen und gut organisierten<br />
jungen Arbeitnehmern versprechen<br />
kommende Tarifrunden einen starken Gegenwind<br />
für <strong>di</strong>e Arbeitgeberseite.<br />
Jörg Wailersbacher, Jacqueline Moseler<br />
ver.<strong>di</strong> Landesfachgruppe<br />
informiert!<br />
tra<strong>di</strong>tioneller<br />
Partner des öffentlichen<br />
Dienstes<br />
<strong>Ver</strong>sichern und Bausparen<br />
Kennen Sie<br />
Ihre<br />
<strong>Ver</strong>sorgungsansprüche?<br />
− bei Dienstunfähigkeit<br />
durch Krankheit oder<br />
Dienstunfall und im Ruhestand<br />
Am 9. + 10.11.2<strong>01</strong>2 informierte <strong>di</strong>e Landesfachgruppe<br />
<strong>Bund</strong>eswehr interessierte ver.<strong>di</strong>-Mitglieder<br />
aus den Dienstellen der <strong>Bund</strong>eswehr im Saarland<br />
über <strong>di</strong>e aktuelle Situation der <strong>Bund</strong>eswehr.<br />
Der Fachgruppenvorsitzende Matthias Moseler<br />
konnte neben 30 Teilnehmer/innen auch den<br />
<strong>Bund</strong>esfachgruppenleiter Michael Peters und den<br />
stellvertretenden Vorsitzenden des Hauptpersonalrates<br />
Torsten Schmidt im Bildungszentrum der<br />
Arbeitskammer in Kirkel begrüßen.<br />
Kollege Schmidt referierte über <strong>di</strong>e aktuellen Themen<br />
des Hauptpersonalrates und über den Stand<br />
der <strong>Bund</strong>eswehrreform. Kollege Peters berichtete<br />
über <strong>di</strong>e Aktivitäten der <strong>Bund</strong>esfachgruppe und<br />
über den Stand der Bezirkspersonalratswahlen.<br />
Gleichzeitig nutzte er <strong>di</strong>e Gelegenheit, den anwesenden<br />
ver.<strong>di</strong>-Mitgliedern der HIL GmbH für<br />
das überdurchschnittlich gute Wahlergebnis bei<br />
der Aufsichtsratswahl der HIL GmbH zu danken.<br />
Die Teilnehmer/innen nutzten reichlich <strong>di</strong>e Gelegenheit,<br />
Fragen stellen zu können und <strong>di</strong>ese<br />
<strong>di</strong>rekt von kompetenten Referenten entsprechend<br />
erläutert und beantwortet zu bekommen.<br />
Die Kollegen Stephan Klein (HPR-Mitglied) und<br />
Walter Kunkel (BPR-Mitglied) ergänzten mit Informationen<br />
aus ihrer Personalratsarbeit <strong>di</strong>e Diskussions-<br />
bzw. Fragerunden.<br />
Kurz vor Ende der <strong>Ver</strong>anstaltung informierte<br />
noch Kollege Moseler über den aktuellen Stand<br />
bei der HIL GmbH und den zu erwartenden <strong>Ver</strong>änderungen.<br />
Am Schluss waren sich alle einig, <strong>di</strong>es war für alle<br />
ver.<strong>di</strong>-Mitglieder und Referenten ein sehr informationsreiche<br />
ver.<strong>di</strong> <strong>Ver</strong>anstaltung.<br />
Die<br />
oftmals<br />
komplizierten Regelungen der Beamtenversorgung<br />
sind nicht immer<br />
leicht zu verstehen. Wir berechnen<br />
daher für Sie Ihre in<strong>di</strong>viduellen<br />
<strong>Ver</strong>sorgungsansprüche und bieten<br />
für Ihren persönlichen Bedarf <strong>di</strong>e<br />
passenden Lösungen.<br />
Sprechen Sie uns an, wir informieren<br />
Sie gerne.<br />
Debeka-Hauptverwaltung<br />
Fer<strong>di</strong>nand-Sauerbruch-Straße 18<br />
56058 Koblenz<br />
Telefon (02 61) 4 98 - 0<br />
www.debeka.de<br />
bund + l änder journal<br />
15
Finanzen und Steuern<br />
Einheitlicher und gleichmäSSiger Steuervollzug<br />
— ein hohes, klares Ziel und ein schwerer,<br />
vielschichtiger Weg<br />
Die <strong>Bund</strong>esfachkommission Steuerverwaltung<br />
führte am 24. Oktober 2<strong>01</strong>2 ein Gespräch mit<br />
dem Staatssekretär im <strong>Bund</strong>esfinanzministerium<br />
Dr. Beus und dem Unterabteilungsleiter<br />
Dr. Misera. Seitens ver.<strong>di</strong> nahmen an dem Gespräch<br />
teil: Klaus Weber, Bereichsleiter des<br />
<strong>Bund</strong>esfachbereiches, von der <strong>Bund</strong>esfachkommission<br />
Werner Stupka, Alfred Schäfftlein,<br />
Silvia Fischer und Klaus-Dieter Gössel.<br />
Schwerpunkte des Gesprächs waren:<br />
Die Kriterien der Zielvereinbarungen des<br />
<strong>Bund</strong>esfinanzministeriums mit den Steuerverwaltungen<br />
der <strong>Länder</strong> für einen einheitlichen<br />
Steuervollzug.<br />
ver.<strong>di</strong> fordert schon lange einen einheitlichen<br />
Steuervollzug in den <strong>Bund</strong>esländern. Die Zielvereinbarungen<br />
dürfen aber nicht nur reine<br />
Statistikvorgaben enthalten, sondern müssen<br />
auch sicherstellen, dass Qualitätsstandards<br />
bei der Bearbeitung von Steuerfällen<br />
eingehalten werden. ver.<strong>di</strong> fordert deshalb<br />
eine Personalausstattung mindestens nach<br />
den bundeseinheitlichen Ansätzen der Arbeitsgruppe<br />
Personalbemessung der Steuerverwaltungen<br />
der <strong>Länder</strong>. Diese Ansätze<br />
müssen in den Zielvereinbarungen mit den<br />
<strong>Länder</strong>n enthalten sein.<br />
Die Bekämpfung der milliardenschweren<br />
Steuerkriminalität mit fingierten Rechnungen<br />
insbesondere im Bereich der Bauwirtschaft.<br />
ver.<strong>di</strong> vertritt <strong>di</strong>e Auffassung, dass vor allem<br />
<strong>di</strong>e Möglichkeiten eingedämmt werden müssen,<br />
„Schwarzgeld“ zu erwirtschaften. Dazu<br />
ist es notwen<strong>di</strong>g, Bargeld aus dem Wirtschaftsverkehr<br />
zwischen Unternehmungen<br />
möglichst auszuschalten. Bargeschäfte sollten<br />
– wie bereits in Spanien und Italien – nur<br />
unterhalb eines relativ geringen Betrages zulässig<br />
sein, um Geldwäsche über Abdeckrechnungen<br />
und <strong>di</strong>e bare Bezahlung von Schwarzarbeitern<br />
zu erschweren. Die ver.<strong>di</strong>-<strong>Ver</strong>treter<br />
forderten eine verschärfte Kontrollpflicht der<br />
eingesetzten Arbeitskräfte von Subunternehmungen<br />
durch <strong>di</strong>e Generalunternehmer bzw.<br />
durch neutrale Stellen. Auch <strong>di</strong>e Haftung von<br />
Generalunternehmen – insbesondere im Baubereich<br />
– für nicht abgeführte Steuern und<br />
Sozialabgaben von Subunternehmen sollte<br />
ernsthaft in Erwägung gezogen werden.<br />
Die <strong>Ver</strong>einfachung und Beschleunigung des<br />
Informationsaustauschs zwischen den Strafverfolgungsbehörden<br />
der EU-Mitgliedstaaten.<br />
Dabei geht es ver.<strong>di</strong> um <strong>di</strong>e Anwendung der<br />
sogenannten „Schwe<strong>di</strong>schen Initiative“, nach<br />
der <strong>di</strong>e Inlandsstandards des Informationsaustauschs<br />
auch auf den Umgang mit den Strafverfolgungsbehörden<br />
der EU-Mitgliedstaaten<br />
ausgedehnt werden. So könnte <strong>di</strong>e Strafver-<br />
folgung von Steuervergehen beschleunigt<br />
werden. Den Steuerfahndungsstellen sollte<br />
ein eigenstän<strong>di</strong>ger Informationsweg über<br />
das <strong>Bund</strong>eszentralamt für Steuern eröffnet<br />
werden, um <strong>di</strong>e Informationsbeschaffung<br />
bei Steuerdelikten zu vereinfachen und zu<br />
beschleunigen.<br />
Kritisch merkten <strong>di</strong>e ver.<strong>di</strong>-<strong>Ver</strong>treter an, dass<br />
<strong>di</strong>e mit Steueroasen vereinbarten „Informationsaustauschabkommen“<br />
(sog. „TIEA-Abkommen“)<br />
bisher bei Steuerstrafverfahren<br />
nicht angewendet werden. Die <strong>Ver</strong>treter des<br />
BMF sicherten eine umgehende Anweisung<br />
an alle Landesbehörden zu, damit hier Abhilfe<br />
geschaffen wird.<br />
Das Gespräch war sehr informativ und fand<br />
in einer zugewandten sachlichen Atmosphäre<br />
statt. Es bestand Einvernehmen, weitere<br />
Gespräche über aktuelle Themen zu führen.<br />
„Nach dem Gespräch teilte uns das <strong>Bund</strong>esfinanzministerium<br />
mit, dass das Ministerium<br />
i.S. Zielvereinbarungen mit ver.<strong>di</strong> im Gespräch<br />
bleiben möchte und dass schließlich<br />
zur „Schwe<strong>di</strong>schen Initative“ derzeit „intensive<br />
Gespräche geführt werden“. Hierbei geht<br />
es um deutlich effektivere und schnellere Wege<br />
zur Strafverfolgung im innereuropäischen<br />
Raum. Die Zusagen des Ministeriums gegenüber<br />
ver.<strong>di</strong>, begrüßen wir ausdrücklich.“<br />
16<br />
bund + l änder journal
Justiz<br />
Gute Arbeit in der Justiz und im Justizvollzug<br />
Arbeit kann motivieren und in Schwung halten,<br />
aber auch belasten oder krank machen.<br />
Was macht gesundheitsförderliche oder anders<br />
herum gesundheitsschädliche Arbeit aus?<br />
Diese Frage war Thema einer 2-tägigen bundesweiten<br />
Tagung zum Thema „Gute Arbeit<br />
und Gutes Leben in der Justiz und im Justizvollzug“,<br />
<strong>di</strong>e vom 10.-12. September 2<strong>01</strong>2 in<br />
enger Kooperation mit den Kolleginnen und<br />
Kollegen des Bereiches „Innovation und Gute<br />
Arbeit“ der ver.<strong>di</strong>-<strong>Bund</strong>esverwaltung stattfand.<br />
Es ging um <strong>di</strong>e Bedeutung von Arbeitsver<strong>di</strong>chtung<br />
und Arbeitsstress für <strong>di</strong>e körperliche<br />
und psychische Gesundheit der Beschäftigten<br />
in der Justiz und in den Justizvollzugsanstalten<br />
sowie <strong>di</strong>e Handlungsmöglichkeiten und Strategien<br />
der Personalräte.<br />
Auf Einladung der <strong>Bund</strong>esfachgruppe Justiz kamen<br />
rd. 30 Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmer<br />
aus unterschiedlichen Berufsgruppen<br />
- überwiegend Personalratsmitglieder<br />
aus Gerichten, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugseinrichtungen<br />
- im Bildungszentrum Erkner<br />
zusammen. Unterschiedliche Vorerfahrungen<br />
und Vorkenntnissse wie auch Erwartungshaltungen<br />
an gesundheitsförderliche Arbeitbe<strong>di</strong>ngungen<br />
sorgten dafür, dass auch Gestaltungsmöglichkeiten<br />
und Handlungsspielräume in der werden müssen, zog sich von Anfang an wie<br />
lungsphase mitgenommen und aktiv beteiligt<br />
Justizpraxis von den Personalräten unterschiedlich<br />
wahrgenommen und <strong>di</strong>skutiert wurden. Dem größten Handlungsdruck sind <strong>di</strong>e Kolle-<br />
ein roter Faden durch <strong>di</strong>e Tagung.<br />
Es wurden Praxisbeispiele und Pilotprojekte aus ginnen und Kollegen aus dem Justizvollzug ausgesetzt,<br />
<strong>di</strong>e abgesehen von der manchmal un-<br />
der Justizpraxis und anderen Bereichen vorgestellt.<br />
Durch Mitarbeiterbefragungen zu den verantwortlich Rechnungs- engen und Personalsituation Lieferanschrift in den<br />
BESTELLSCHEIN/<br />
KOPIERVORLAGE<br />
gesundheitlichen Belastungen am Arbeitsplatz, Einrichtungen zusätzlich noch unter dem allgemeinen<br />
/ Organisation: Negativimage des Justizvollzugs und der<br />
so <strong>di</strong>e übereinstimmende Botschaft der Referenten<br />
und Experten, stößt man schnell auf <strong>di</strong>e mangelnden gesellschaftlichen Wertschätzung<br />
Dienststelle<br />
Abteilung / Bereich:<br />
„Schwachstellen im System“. Hohe krankheitsbe<strong>di</strong>ngte<br />
Fehlzeiten sind dabei nur „In<strong>di</strong>kator“ Ansprechpartner/in:<br />
Den Empfehlungen und Positiverfahrungen aus<br />
ihrer Tätigkeit zu leiden haben.<br />
ver.<strong>di</strong>-<strong>Bund</strong>esverwaltung<br />
Danny Prusseit<br />
für vorhandene strukturelle Defizite im Betrieb den vorgestellten Praxisprojekten begegneten<br />
Ressort 12<br />
Straße / Nr.:<br />
Fachbereich oder der Dienststelle. <strong>Bund</strong> und Immer <strong>Länder</strong> wieder wurde betont,<br />
dass <strong>Ver</strong>besserungen 10 des Gesundheitsnen<br />
Praxiserfahrung oftmals skeptisch. „Das ist<br />
viele Tagungsteilnehmer angesichts ihrer eige-<br />
PLZ / Ort:<br />
Paula-Thiede-Ufer<br />
1<strong>01</strong>79 schutzes Berlin nur sehr langsam und prozesshaft Telefon: bei uns nicht möglich“ oder Telefax: „daran scheitert es<br />
mit viel Ausdauer und Engagement einzelner bei uns schon am Geld“ waren Sätze, <strong>di</strong>e vielfach<br />
zu hören waren. Am Ende der Tagung be-<br />
E-Mail:<br />
Fax: Protagonisten 030/6956-3552 und unter Beteiligung aller betroffenen<br />
Danny.Prusseit@ver<strong>di</strong>.de<br />
Datum, Unterschrift<br />
Mail: Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stand jedoch Einigkeit, dass <strong>di</strong>e zur <strong>Ver</strong>fügung<br />
möglich sind. Positive <strong>Ver</strong>änderungen sind realisierbar,<br />
aber niemals von heute auf Morgen men zu vertiefen und den dringend erforderli-<br />
stehende Zeit nicht ausreichte, um einzelne The-<br />
und nicht ohne externen Sachverstand. So entwickelte<br />
sich mancher Protagonist der ersten gewährleisten. Für eine Folgeveranstaltung gibt<br />
chen Wisssentransfer in <strong>di</strong>e berufliche Praxis zu<br />
Artikelbezeichnung Preis je DVD Bestellmenge in Stück Gesamtpreis<br />
Stunde im <strong>Ver</strong>laufe eines Gesundheitsprojektes<br />
selbst zum „Gesundheitsexperten“.<br />
es jedenfalls noch viel Luft nach oben.<br />
DVD<br />
Die Erkenntnis,<br />
Freiwillig dass <strong>di</strong>e hinter Betroffenen Gittern in jeder Entwick-<br />
4,90 €<br />
Mehr unter www.justiz.ver<strong>di</strong>.de.<br />
ver.<strong>di</strong>-Imagefilm „Freiwillig hinter Gittern“<br />
Im Auftrag der <strong>Bund</strong>esfachkommission Justizvollzug<br />
der <strong>Ver</strong>einten Dienstleistungsgewerkschaft<br />
wurde der Imagefilm „Freiwillig hinter Gittern“<br />
gedreht. Zum Inhalt: eine Justizvollzugsbeamtin<br />
und ein Justizvollzugsbeamter der psychotherapeutischen<br />
Abteilung der Justizvollzugsanstalt<br />
Halle werden an einem Tag ihres Arbeitsalltags<br />
begleitet und in verschiedenen Situationen interviewt.<br />
Sie berichten von den vielfältigen Aufgaben<br />
des allgemeinen Justizvollzugs, ihren Erfahrungen<br />
mit den Insassen und den Anforderungen des Anstaltsbetriebs.<br />
Zur Sprache kommen <strong>di</strong>e alltäglichen<br />
Konfliktsituationen, Hoffnungen und auch<br />
Ängste, <strong>di</strong>e der Berufsalltag mit sich bringt. Auch<br />
von einer unzureichenden Personalausstattung ist<br />
<strong>di</strong>e Rede, das öffentliche Negativimage des Justizvollzugs<br />
und den eigenen Erwartungen an den<br />
Beruf des Justizvollzugsbe<strong>di</strong>ensteten. Eine Sozialtherapeutin<br />
und der stellvertretene Anstaltsleiter<br />
kommen ebenfalls kurz zu Wort.<br />
Herausgekommen ist eine durchaus verallgemeinerungsfähige<br />
Kurzreportage. Die Erkenntnisse<br />
und Erfahrungen können so oder ähnlich auf andere<br />
Anstalten in anderen <strong>Bund</strong>esländern und andere<br />
Abteilungen einer JVA übertragen werden.<br />
engagiert FREIWILLIG ausüben. HINTERN Sie verlieren GITTERN auch nicht den<br />
ver.<strong>di</strong>-Filmportrait im Rahmen der Imagekampagne<br />
für Beitrag den Justizvollzug, aus den Augen, den sie<br />
gesellschaftlichen<br />
in verantwortlicher Dauer: 15 Minuten Weise tagtäglich zur Resozialisierung<br />
Die Welt der hinter Gefangenen Gefängnismauern und zum ist eine Schutz Welt der<br />
Bürger für sich, leisten. für Gefängnisinsassen Kaum ein Beruf ist genauso mit einem wie für so<br />
<strong>di</strong>e Justizvollzugsbeschäftigten. Es gibt kaum<br />
negativen Image und so vielen Vorurteilen wie<br />
einen Beruf, der mit einem so negativen gesellschaftlichen<br />
Justizvollzugsbeamten Image behaftet ist, behaftet gegen den und so da-<br />
der des<br />
viel Voreingenommenheit und so viele klischeehafte<br />
Vorstellungen bestehen wie gegen den<br />
bei so abwechslungsreich, vielfältig und verantwortungsvoll.<br />
Beruf des Justizvollzugsbe<strong>di</strong>ensteten, Zentrale Botschaft des und Films der ist,<br />
mit dem dabei so öffentlichen abwechslungsreich, Image vielfältig des „Schließers“ und verantwortungsvoll<br />
ist!<br />
und Gezeigt „Wärters“ wird ein aufzuräumen sehr <strong>di</strong>fferenziertes und von und emotional<br />
und bewegendes Politik <strong>di</strong>e Bild berufliche über <strong>di</strong>e tagtäglichen Wertschätzung<br />
Gesellschaft<br />
Schwierigkeiten und Konfliktsituationen im Berufsalltag<br />
der <strong>di</strong>e Justizvollzugsbe<strong>di</strong>ensteten, dem Beruf unseres Erachtens aber<br />
einzufordern,<br />
zukommt. auch über Insoweit deren will Erwartungen der Film an auch Beruf zum und Nachdenken<br />
Berufsbild, und zur das Diskussion mit dem öffentlichen unter KollegenInnen<br />
Vorurteil<br />
Gesellschaft. Der Film zeichnet ein positives<br />
und des betrieblichen „Schließers“ Aktueren, und „Wärters“ der aufräumt, Justizadministration,<br />
zum mit Nachdenken Politikern anregt. und allen gesellschaftlichen<br />
mehr<br />
gesellschaftliche Anerkennung einfordert und<br />
Gruppen anregen.<br />
www.justizvollzug.ver<strong>di</strong>.de<br />
www.justiz.ver<strong>di</strong>.de<br />
Die DVD zu dem etwa 15-minütigen Film<br />
kann für 4,90 Eur/Exemplar bestellt werden.<br />
Film und Trailer können auf der In-<br />
Erstaunlich ist, dass trotz mancher Enttäuschung,<br />
Alle Preise zzgl. Mehrwertsteuer und einer <strong>Ver</strong>sandkostenpauschale von 1,50 € je Bestellung/Lieferung.<br />
oftmals unzulänglicher Arbeitsbe<strong>di</strong>ngungen und ternetseite des Fachbereichs <strong>Bund</strong> und<br />
trotz persönlich belastetender Abeitssituation <strong>di</strong>e <strong>Länder</strong> unter www.justiz.ver<strong>di</strong>.de angeschaut<br />
Protagonisten des Films ihren Beruf nach wie vor<br />
werden.<br />
bund + l änder journal<br />
17
2.12<br />
Oktober 2<strong>01</strong>2<br />
11. Jahrgang<br />
ver<strong>di</strong>kt<br />
Mitteilungen der Fachgruppen Richterinnen und Richter,<br />
Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in ver.<strong>di</strong><br />
ver<strong>di</strong>kt Ausgabe 2.12<br />
Die neue Ausgabe der Halbjahreszeitschrift der<br />
Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen<br />
und Staatsanwälte in ver.<strong>di</strong> beinhaltet u. a. folgende<br />
Themen:<br />
Norwegens schwerer Gang – Vom Prozess gegen<br />
den norwegischen Rechtsextremisten „Breivik“<br />
(B. Marschang im Interview)<br />
Zur Situation der Justiz in Serbien (H.-E. Böttcher<br />
in Au<strong>di</strong>t-Mission für MEDEL)<br />
Georgien auf dem Weg zu einer rechtsstaatlichen<br />
(Straf-) Justiz? (B. Asbrock im Auftrag der<br />
IRZ e.V.)<br />
<strong>Bund</strong>esverfassungsgericht zum Fiskalpaket und<br />
dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (Justiz<br />
im Fokus von A. Fisahn und O. Ocak)<br />
VG Frankfurt zur Hess. Richterbesoldung und<br />
dem <strong>Ver</strong>bot der Alters<strong>di</strong>skriminierung (Urteilsanmerkung<br />
von Chr. Rothländer)<br />
Auf dem Weg zum Mitbestimmungsland Nr.<br />
1? (U. Scheer zur Reform des RiG in NRW)<br />
Bleibt <strong>di</strong>e Änderung des bremischen<br />
Richterrechts hängen? (Chr. Wündrich<br />
zur aktuellen Diskussion in Bremen)<br />
Einstimmung auf <strong>Ver</strong>fassungs- und<br />
Völkerrechtsbruch (Kolumne von<br />
D. Deiseroth zur schleichenden<br />
Remilitarisierung von Politik und<br />
Gesellschaft)<br />
https://bund laender.ver<strong>di</strong>.de/fachgruppen/justiz/<br />
richterinnen_und_richter_<br />
staatsanwaeltinnen_und_<br />
staatsanwaelte<br />
Barbara Wederhake I <strong>Bund</strong>esfachbereich<br />
<strong>Bund</strong> und <strong>Länder</strong> I Fon: 030 / 6956 - 2135<br />
Barbara.Wederhake@ver<strong>di</strong>.de<br />
4 Norwegens schwerer Gang – Vom Prozess gegen den Attentäter von Oslo und Utøya –<br />
Ein Interview mit Bernd Marschang<br />
8 B<strong>Ver</strong>fG: Entweder EU mit Spar<strong>di</strong>ktat oder Austritt aus der EU<br />
10 VG Frankfurt: Hess. Richterbesoldung verstößt gegen <strong>Ver</strong>bot der Alters<strong>di</strong>skriminierung<br />
12 Das Vilamoura Manifest von MEDEL – Ein Aufruf zur <strong>Ver</strong>tei<strong>di</strong>gung sozialer Rechte<br />
14 In den Schluchten des Balkans – Zur Situation der Justiz in Serbien<br />
20 Georgien auf dem Weg zu einer rechtsstaatlichen (Straf-) Justiz?<br />
24 Einstimmung auf <strong>Ver</strong>fassungs- und Völkerrechtsbruch<br />
Schlapphüte und Geheimniskrämer ignorieren<br />
Rechtsterrorismus und schreddern ihre Akten…<br />
Wie konnte <strong>di</strong>e rechte Terrorgruppe Nationalsozialistischer<br />
Untergrund (NSU) über viele<br />
Jahre unbehelligt von den verschiedenen Sicherheits-<br />
und Ermittlungsbehörden so grausame<br />
<strong>Ver</strong>brechen begehen? Was wussten <strong>di</strong>e<br />
staatlichen Stellen über <strong>di</strong>e Terrorgruppe und<br />
ihr Umfeld, wie beteiligen sie sich heute an der<br />
Aufklärung? Welche Folgen müssen aus den<br />
Vorgängen gezogen werden?<br />
Diese Fragen standen am 29. Oktober 2<strong>01</strong>2<br />
im Mittelpunkt der gut besuchten Diskussionsveranstaltung<br />
der Fachgruppe der Richter und<br />
Staatsanwälte in ver.<strong>di</strong> mit Wolfgang Wieland,<br />
Mitglied des Deutschen <strong>Bund</strong>estages und <strong>Ver</strong>treter<br />
von Bündnis 90/Die Grünen im NSU - Untersuchungsausschuss.<br />
Was war geschehen? Am 9. September 2000<br />
wird Enver Simsek mit einer Ceska Cz 83 Kaliber<br />
7,65 Browning erschossen, ein Blumenhändler<br />
an einer Nürnberger Ausfallstraße.<br />
Im Jahr 20<strong>01</strong> ermordet <strong>di</strong>e NSU in Nürnberg,<br />
Hamburg und München drei weitere Menschen<br />
mit Migrationshintergrund, stets mit derselben<br />
Waffe. Sie schießen ihren arglosen Opfern eiskalt<br />
ins Gesicht. Motiv: Ausländerhass. Im Jahr<br />
2004 wird in Rostock Mehmet Turgut als fünftes<br />
Opfer mit derselben Waffe erschossen, in<br />
Köln zündet vor einem türkischen Friseursalon<br />
eine Nagelbombe. 22 Menschen werden zum<br />
Teil schwer verletzt.<br />
Alle Opfer haben einen Migrationshintergrund,<br />
sie hinterlassen verängstigte Familien und Freunde.<br />
Die Polizeibehörden ermitteln wegen des<br />
Migrationshintergrundes allein im Bereich der<br />
organisierten Kriminalität und des Drogenhandels.<br />
Die Opfer werden verdächtigt, Familienangehörige<br />
verhört und Hinweise auf den rechten<br />
Terror ignoriert. Es folgen noch vier weitere<br />
Morde in den Jahren 2005 und 2006, immer<br />
mit derselben Waffe, immer wieder Migranten.<br />
In einem Fall war sogar ein V-Mann des <strong>Ver</strong>fassungsschutzes<br />
am Tatort. In der <strong>Bund</strong>esrepublik<br />
berichten <strong>di</strong>e Me<strong>di</strong>en über sog. „Döner-Morde“.<br />
Im Jahr 2007 erschoss <strong>di</strong>e NSU <strong>di</strong>e Polizistin<br />
Michèle Kiesewetter, ihr zehntes Opfer.<br />
Erst Ende 2<strong>01</strong>1 wird nach dem Brand eines Wohnmobils<br />
in Eisenach durch Auffinden der Waffe<br />
und einer Bekenner-DVD klar: Das Terror-Trio<br />
mordete aus Rassismus, während Polizei- und<br />
<strong>Ver</strong>fassungsschutzbehörden im Dunkeln tappten,<br />
deutliche Hinweise ignorierten oder voreinander<br />
geheim hielten. Anlass genug, im NSU<br />
- Untersuchungsausschuss des Deutschen <strong>Bund</strong>estages<br />
aufzuklären, was wirklich geschehen<br />
ist und was sich bei den Sicherheitsbehörden<br />
ändern muss.<br />
Viele Fragen sind noch offen. Gab es etwa Mitwisser<br />
in den Reihen der V-Leute oder gar eine<br />
schützende staatliche Hand über den rechten<br />
Terror? Warum haben wir Sicherheitsbehörden,<br />
deren innere Logik darin zu bestehen scheint,<br />
aus Selbstzweck zu agieren und aus Überheblichkeit<br />
wichtige Informationen voneinander<br />
geheim zu halten? Die Polizei führte sinnlose<br />
18<br />
bund + l änder journal
flächendeckende Gentests durch und setzte<br />
sogar Wahrsager als Kriminalisten ein, anstatt<br />
das Naheliegende zur Kenntnis zu nehmen.<br />
Warum schreddern <strong>Ver</strong>fassungsschützer ihre<br />
Akten, anstatt aufzuklären und Fehler einzuräumen?<br />
Hat gar ein gesellschaftliches Klima,<br />
in dem <strong>di</strong>e Angst vor Überfremdung geschürt<br />
wird, den rechten Terror begünstigt?<br />
Wolfgang Wieland hat der Fachgruppe Richter<br />
und Staatsanwälte über gut 2 ½ Stunden einen<br />
fesselnden Einblick in <strong>di</strong>e Arbeit des NSU Untersuchungsausschusses<br />
gegeben. Er berichtete<br />
über unglaubliche Fehlleistungen und von Vorurteilen<br />
geleitete Ermittler. <strong>Ver</strong>schwörungstheorien<br />
hat er aber ebenso wie Forderungen nach<br />
einer Freizeichnung der Sicherheitsbehörden eine<br />
klare Absage erteilt. Es geht um <strong>di</strong>e nüchterne<br />
und lückenlose Aufklärung, <strong>di</strong>es sind wir<br />
den Opfern und ihren Angehörigen schul<strong>di</strong>g.<br />
Tausende Akten sind noch nicht gesichtet, viele<br />
wurden vernichtet. Zahlreiche Zeugen werden<br />
noch vernommen werden. Es zeichnet sich<br />
aber schon jetzt ab, dass <strong>di</strong>e deutschen Sicherheits-<br />
und Ermittlungsbehörden eine in der deutschen<br />
Geschichte unvergleichbare Serie von Ignoranz,<br />
Vorurteilen und <strong>di</strong>lettantischer Arbeit an<br />
den Tag gelegt haben, <strong>di</strong>e mit einer <strong>Ver</strong>kettungen<br />
von Pleiten, Pech und Pannen Menschenleben<br />
gekostet hat.<br />
Einer Abschaffung der <strong>Ver</strong>fassungsschutzämter<br />
und ihrer V-Leute hielt Wolfgang Wieland überzeugend<br />
entgegen, dass <strong>di</strong>es zu einer Geheimpolizei<br />
führen würde und dass ohne V-Leute keine<br />
internen Informationen zu erhalten seien, auf<br />
<strong>di</strong>e der Staat angewiesen ist. Führt das flächendeckende<br />
<strong>Ver</strong>sagen der Sicherheitsbehörden also<br />
künftig eher zum Polizeistaat oder zu weniger<br />
staatlicher Überwachung? Was muss sich<br />
ändern, damit unsere auslän<strong>di</strong>schen Mitbürgerinnen<br />
und Mitbürger nicht länger Angst haben<br />
müssen, in unserem Land wegen ihrer Herkunft<br />
angegriffen, verletzt oder getötet zu werden?<br />
Der NSU - Untersuchungsausschuss steht vor<br />
großen Herausforderungen, vor der <strong>Bund</strong>estagswahl<br />
2<strong>01</strong>3 Ergebnisse zu liefern und Antworten<br />
zu geben.<br />
Wir in ver.<strong>di</strong> wollen Antworten.<br />
Wir wollen, dass sich der rechte Terror<br />
nie wieder in Deutschland breit<br />
machen kann.<br />
Wir fordern, dass unsere Mitbürgerinnen<br />
und Mitbürger mit Migrationshintergrund<br />
hier sicher und in Frieden<br />
leben können und dass <strong>di</strong>e Täter und ihre<br />
Mitwisser zur <strong>Ver</strong>antwortung gezogen<br />
werden.<br />
Christian Oestmann<br />
Sprecher der Fachgruppe<br />
Richter und Staatsanwälte in ver.<strong>di</strong><br />
Hessen<br />
Alters<strong>di</strong>skriminierung im hessischen<br />
Besoldungsrecht ver.<strong>di</strong> gewährt Rechtsschutz<br />
Im Januar 2<strong>01</strong>2 informierte ver.<strong>di</strong> Hessen durch<br />
ein Flugblatt über <strong>di</strong>e Rechtsprechung des Europäischen<br />
Gerichtshofs (EuGH) zur unzulässigen<br />
Alters<strong>di</strong>skriminierung durch das (ehemalige) System<br />
des § 27 BAT. Für Hessen hat <strong>di</strong>ese Entscheidung<br />
in mehrfacher Hinsicht Bedeutung. Zum einen<br />
lag der Rechtsprechung auch ein hessischer<br />
Fall zu Grunde. Zum anderen galt in Hessen bis<br />
zum 31.12.2009 unverändert der BAT, da das Land<br />
Hessen mit Wirkung zum <strong>01</strong>.04.2004 aus der Tarifgemeinschaft<br />
deutscher <strong>Länder</strong> (TdL) ausgetreten<br />
und folglich nicht an dem Neuordnungsprozess<br />
des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes<br />
beteiligt war. Die praktische Folge war, dass viele<br />
Beschäftigte, <strong>di</strong>e wir Ende 2008 zur Geltendmachung<br />
von Ansprüchen aufgefordert hatten,<br />
Anfang 2<strong>01</strong>2 mit zum Teil 5stelligen Nachzahlungen<br />
rechnen konnten.<br />
Selbstverständlich folgte <strong>di</strong>eser Entscheidung <strong>di</strong>e<br />
Fragestellung, ob <strong>di</strong>ese Rechtsprechung auch<br />
auf Beamtinnen und Beamte und deren Besoldungsfindung<br />
zu übertragen sei. Dies war und<br />
ist, auch wegen des nicht mehr einheitlichen Besoldungsrechts,<br />
unterschiedlich zu betrachten<br />
und zu bewerten.<br />
I.Zum Hintergrund:<br />
Für Hessen (Landes- und Kommunalbereich, DRV<br />
Hessen u. a. Dienststellen) gilt unverändert § 28<br />
Abs. 1 BBesG in der am 31.08.2006 geltenden<br />
Fassung. Hessen hat insoweit von der ihm seit September<br />
2006 zustehenden Gesetzgebungskompetenz<br />
noch keinen Gebrauch gemacht. Bei der<br />
Beurteilung muss man aller<strong>di</strong>ngs zwischen den<br />
einzelnen Besoldungsordnungen unterscheiden.<br />
Beamtinnen & Beamte in der A-Besoldung<br />
§ 28 Abs. 1 BBesG a. F. bestimmt, dass das Besoldungs<strong>di</strong>enstalter<br />
am Ersten des Monats beginnt,<br />
in dem das 21. Lebensjahr vollendet war. Dies ist<br />
maßgebend für <strong>di</strong>e Einreihung in <strong>di</strong>e jeweilige<br />
Besoldungstabelle. Das weitere Aufsteigen bestimmt<br />
sich dann nach Zeitablauf in der Kombination<br />
mit den Leistungsfeststellungen. Ob das<br />
System des § 28 Abs. 1 i. V. m. § 27 Abs. 1 Satz<br />
2 BBesG a. F. ein <strong>Ver</strong>stoß gegen das <strong>Ver</strong>bot der<br />
Diskriminierung wegen des Lebensalters darstellt,<br />
ist höchstrichterlich jedenfalls bislang nicht entschieden<br />
worden. Die vorliegenden erstinstanzlichen<br />
Entscheidungen haben bislang, wenn auch<br />
jeweils mit unterschiedlichen Argumenten, keinen<br />
<strong>Ver</strong>stoß gegen das <strong>Ver</strong>bot der Alters<strong>di</strong>skriminierung<br />
anerkannt (VG Berlin v. 24.06.2<strong>01</strong>0;<br />
VG Chemnitz in seinem Urteil v. 03.02.2<strong>01</strong>1; wohl<br />
auch VG Schleswig v. 13.<strong>01</strong>.2<strong>01</strong>0). Es wurde u. a.<br />
darauf hingewiesen, dass das System des Besoldungs<strong>di</strong>enstalters<br />
nicht mit der Festsetzung eines<br />
Lebensjahres übereinstimmt (§ 28 Abs. 2 BBesG)<br />
und von daher nicht vergleichbar ist. Von daher<br />
verletzt <strong>di</strong>e „Abhängigkeit der Höhe der Besoldung<br />
vom Besoldungs<strong>di</strong>enstalter …. weder nationales<br />
noch europäisches Recht“. Gegen <strong>di</strong>ese<br />
Entscheidung wurde <strong>di</strong>e Berufung zum VGH<br />
nicht zugelassen.<br />
Tatsache ist aller<strong>di</strong>ngs, dass sowohl beim OVG<br />
Sachsen als auch beim OVG Berlin-Brandenburg<br />
Berufungsverfahren anhängig sind. Fünf weitere<br />
Entscheidungen, <strong>di</strong>e eine Diskriminierung annehmen,<br />
sind vom VG Halle am 28.09.2<strong>01</strong>1 ge-<br />
bund + l änder journal<br />
19
troffen worden. Von daher spricht einiges dafür,<br />
dass auch <strong>di</strong>ese Frage in den kommenden Jahren<br />
höchstrichterlich, ggf. durch ein weiteres <strong>Ver</strong>fahren<br />
vor dem EuGH, entschieden wird.<br />
Die aller<strong>di</strong>ngs vereinzelt als Begründung für das<br />
das Vorgehen herangezogene Entscheidung<br />
des EuGH v. 08.09.2<strong>01</strong>1, ZTR 2<strong>01</strong>1, S. 664 ff.<br />
und <strong>di</strong>esem folgend der Entscheidung des BAG<br />
v. 10.11.2<strong>01</strong>1 ist so nicht auf den Bereich der A-<br />
Besoldung übertragbar. Diese Entscheidung basierte<br />
auf <strong>Ver</strong>fahren zu dem System des § 27 Abschn.<br />
A Abs. 1 BAT. Zwar war auch dort für <strong>di</strong>e<br />
grundsätzliche Eingruppierung und damit dem<br />
Beginn des Aufstiegs in der <strong>Ver</strong>gütungsgruppe<br />
ein Lebensalter maßgebend (21. Lebensjahr), anders<br />
jedoch als § 27 Abs. 3 BBesG a. F. war auch<br />
das weitere Aufsteigen dann wiederum von der<br />
Vollendung eines Lebensjahres abhängig. Demgegenüber<br />
sieht das Besoldungsrecht schon seit<br />
1997 auch eine Abhängigkeit von der Leistung<br />
vor. Insoweit gab es seit <strong>di</strong>esem Zeitpunkt keinen<br />
Automatismus mehr. Dass davon in der Praxis<br />
möglicherweise kein Gebrauch gemacht wird,<br />
spielt keine Rolle.<br />
2. Richterinnen, Richter, Staatsanwälte,<br />
Staatsanwältinnen in der R-Besoldung:<br />
Im Bereich der Richterinnen und Richter gilt wiederum<br />
ein anderes System (§ 38 ff. BBesG a. F.).<br />
Auch hier gilt unverändert, dass Hessen von der<br />
ihm seit September 2006 zustehenden Gesetzgebungskompetenz<br />
(noch) keinen Gebrauch gemacht<br />
hat. Es gilt „versteinert“ das BBesG fort.<br />
Soweit nicht feste Gehälter ausgewiesen sind, bestimmt<br />
sich das Grundgehalt nach dem Lebensalter.<br />
Gleiches gilt für den Aufstieg in der Tabelle.<br />
Dieses System scheint uns mit Blick auf <strong>di</strong>e Rechtsprechung<br />
des EuGH zum <strong>Ver</strong>bot der Diskriminierung<br />
wegen Alters nicht mehr haltbar zu sein.<br />
II.Empfehlung vom Januar<br />
2<strong>01</strong>2<br />
Wegen der rechtlich (noch) nicht abschließend<br />
geklärten Situation im Bereich der A-Besoldung<br />
hatten wir deshalb im Januar 2<strong>01</strong>2 <strong>di</strong>e Empfehlung<br />
ausgesprochen, einen Antrag auf Besoldung<br />
aus der Endstufe zu stellen. Mögliche Chancen<br />
werden dadurch gewahrt. Dies galt (und gilt) ausdrücklich<br />
auch für den Bereich der Richterinnen,<br />
Richter, Staatsanwältinnen bzw. Staatsanwälte in<br />
der R-Besoldung, soweit aufsteigende Gehälter<br />
gezahlt werden. Hier sind vor dem Hintergrund<br />
zumindest der EuGH-Rechtsprechung von September<br />
2<strong>01</strong>1 <strong>di</strong>e Chancen am Größten, dass auch<br />
<strong>di</strong>eses System beanstandet wird.<br />
III. Entscheidungen des VG<br />
Frankfurt a. M.<br />
Nunmehr liegen <strong>di</strong>e ersten Entscheidungen des<br />
VG Frankfurt a. M. jedenfalls in ihren Grundzügen<br />
vor. In insgesamt 4 Fällen, 3 aus dem Bereich der<br />
R-Besoldung, einer aus der A-Besoldung hat das<br />
Gericht am 23.08.2<strong>01</strong>2 entschieden, dass <strong>di</strong>e Lebenszeit-<br />
und Dienstaltersstufen im hessischen Besoldungsrecht<br />
europarechtswidrig sind. Das Land<br />
wurde insoweit verpflichtet, Besoldungsnachzahlungen<br />
aus der jeweils höchsten Stufe der Besoldungsgruppe<br />
vor zu nehmen. Die schriftlichen<br />
Urteilsgründe lagen bei Redaktionsschluss noch<br />
nicht vor. Aus dem Pressetext des Gerichts lässt<br />
sich jedoch klar entnehmen, dass sich <strong>di</strong>e tragenden<br />
Urteilsgründe auf das, mit dem System des<br />
Besoldungs<strong>di</strong>enstalters verbundende Grundlage<br />
des Lebensalters stützt. Die Besoldung der Kläger,<br />
<strong>di</strong>e sich in der Besoldungsstufe R 1 bzw. R<br />
2 befinden, orientiere sich ausschließlich am Lebensalter.<br />
Dies sei jedoch europarechtlich untersagt<br />
(RL 2000/78/EG). Da <strong>di</strong>e schriftlichen Urteilsgründe<br />
noch nicht vorliegen ist derzeit auch<br />
noch nicht bekannt, ob das Land Hessen <strong>di</strong>e Berufung<br />
zum Hessischen <strong>Ver</strong>waltungsgerichtshof<br />
(HessVGH), <strong>di</strong>e zugelassen wurde, einlegen wird.<br />
Es ist nicht gänzlich auszuschließen, dass es hier<br />
seitens des Landes zu einer <strong>di</strong>fferenzierten Entscheidung<br />
kommt. Während auch nach Auffassung<br />
von ver.<strong>di</strong> das geltende Besoldungssystem<br />
der hessischen Richterinnen und Richter mit Blick<br />
auf <strong>di</strong>e Entscheidung des EuGH nicht mehr haltbar<br />
ist, stellt sich <strong>di</strong>es mit Blick auf <strong>di</strong>e A-Besoldung<br />
etwas <strong>di</strong>fferenzierter dar.<br />
Gleichwohl können Betroffene sowohl im Bereich<br />
der A- als auch der R-Besoldung der weiteren Entwicklung<br />
jedenfalls dann gelassen entgegensehen,<br />
wenn sie unserem Aufruf zur Geltendmachung<br />
im Januar 2<strong>01</strong>2 oder danach gefolgt sind.<br />
Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung sind<br />
mögliche Ansprüche damit gewahrt. Das gilt jedenfalls<br />
solange, bis <strong>di</strong>e zivilrechtliche <strong>Ver</strong>jährungsfrist<br />
von 3 Jahren abzulaufen droht. Das<br />
Beamtenrecht insgesamt und damit auch das Besoldungsrecht<br />
kennt zum einen keine mit z. B. §<br />
37 TVöD-AT vergleichbare Geltendmachungsfrist<br />
oder eine eigene <strong>Ver</strong>jährungsfrist. Es gilt <strong>di</strong>e übliche<br />
<strong>Ver</strong>jährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB).<br />
Nur dann, wenn innerhalb von drei Jahren keine<br />
abschließende Entscheidung getroffen werden<br />
sollte, müsste ggf. Klage beim zustän<strong>di</strong>gen <strong>Ver</strong>waltungsgericht<br />
eingelegt werden um <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>jährung<br />
zu hemmen (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).<br />
Aller<strong>di</strong>ngs konnten wir in vergleichbaren Fällen<br />
schon in der <strong>Ver</strong>gangenheit erreichen, dass das<br />
Land von sich aus auf <strong>di</strong>e Einrede der <strong>Ver</strong>jährung<br />
verzichtet hat. Gleichwohl muss <strong>di</strong>es im Blick behalten<br />
werden.<br />
IV. Konsequenzen auf<br />
gesetzgeberischem Weg?<br />
Selbstverständlich ist nicht auszuschließen, dass<br />
<strong>di</strong>e vorliegenden Entscheidungen zu gesetzgeberischen<br />
Konsequenzen führen. Ganz abgesehen<br />
davon, dass Hessen unter dem damaligen Ministerpräsidenten<br />
Roland Koch (CDU) einerseits einer<br />
der vehementesten <strong>Ver</strong>fechter der Föderalisierung<br />
auch des Besoldungsrechts war. Andererseits<br />
jedoch, wie zu sehen, auch 6 Jahre danach von<br />
Ausnahmen abgesehen (u. a. Besoldungsentwicklungen,<br />
<strong>Ver</strong>längerung der Lebensarbeitszeit) davon<br />
kaum Gebrauch gemacht hat. Aller<strong>di</strong>ngs ist<br />
dabei zu beachten, dass <strong>di</strong>e Zeit knapp wird. Die<br />
nächsten Landtagswahlen in Hessen finden Ende<br />
2<strong>01</strong>3/Anfang 2<strong>01</strong>4 statt. Mit Blick auf eine entsprechende<br />
Vorlaufzeit und der Regelung eines<br />
nicht einfachen Übergangsrechts bleibt letztlich<br />
le<strong>di</strong>glich noch rd. ein halbes Jahr zur <strong>Ver</strong>fügung.<br />
Wenn bis zum Sommer 2<strong>01</strong>3 eine Entscheidung<br />
nicht getroffen sein sollte, wird es wohl auch keine<br />
mehr geben. Auch hier gilt jedoch, dass bis<br />
zum Redaktionsschluss <strong>di</strong>eser Ausgabe kein Gesetzentwurf<br />
vorlag.<br />
Christian Rothländer<br />
ver.<strong>di</strong> Landesbezirk Hessen<br />
20<br />
bund + l änder journal
NRW<br />
Interview mit Justizminister Thomas Kutschaty<br />
Vor der Landtagswahl 2<strong>01</strong>2 hatte <strong>di</strong>e<br />
ver.<strong>di</strong> Fachgruppe Justiz ein erstes Interview<br />
mit dem Justizminister Thomas<br />
Kutschaty geführt. Im Oktober - fünf<br />
Monate nach der Wahl - ist es an der<br />
Zeit, das erste Fazit zu ziehen und aktuelle<br />
Fragen zur Umsetzung des rotgrünen<br />
Koalitionsvertrages zu stellen.<br />
Aus den Me<strong>di</strong>en war zu entnehmen, dass <strong>di</strong>e<br />
NRW-Landesregierung drei externe Spar-Experten<br />
berufen will. Ihre Aufgabe soll es sein, das<br />
sogenannte „Effizienzteam“ bei der Erarbeitung<br />
von Einsparvorschlägen zu unterstützen. Ziel ist<br />
es, in den kommenden Haushaltsjahren jeweils<br />
1 Mrd. Euro einzusparen und so einen Beitrag<br />
zur Erreichung der Schuldenbremse zu leisten.<br />
Was bedeutet das für <strong>di</strong>e Justiz in NRW? Ist mit<br />
einem weiteren Stellenabbau zu rechnen?<br />
Thomas Kutschaty: Die Landesregierung hat sich<br />
auf <strong>di</strong>e Einrichtung des Effizienzteams verstän<strong>di</strong>gt,<br />
um strukturelle Einsparungen im Landeshaushalt<br />
zu erreichen, letztlich mit dem Ziel, <strong>di</strong>e<br />
Neuverschuldung massiv zurückzuführen. Dies<br />
sind wir unseren Kindern und nachfolgenden<br />
Generationen schul<strong>di</strong>g. Bei den näheren Überlegungen<br />
gilt es eine Vielzahl unterschiedlicher<br />
Aspekte, wie etwa das Bestehen rechtlicher <strong>Ver</strong>pflichtungen<br />
oder <strong>di</strong>e Folgen demografischer<br />
Entwicklungen, abzuwägen. Angesichts des<br />
derzeitigen Diskussionsstandes kann ich noch<br />
nichts zu möglicherweise <strong>di</strong>e Justiz treffenden<br />
Auswirkungen sagen. Dafür ist es noch zu früh.<br />
Seien Sie aber sicher, dass ich mir der hohen Belastungssituation<br />
in der Justiz bewusst bin und<br />
Alles tun werde, Einschnitte, insbesondere im<br />
Personalbereich zu vermeiden.<br />
Befristungen<br />
Stehen Ihre Zusagen hinsichtlich der Entfristung<br />
der befristeten KollegenInnen?<br />
Thomas Kutschaty: Ich habe mir im Jahr 2<strong>01</strong>0<br />
zum Ziel gesetzt, innerhalb von 5 Jahren den weit<br />
überwiegenden Teil der überjährig befristet Beschäftigten<br />
in unbefristete Arbeitsverhältnisse zu<br />
überführen. Mit Hilfe der im Haushaltsentwurf<br />
2<strong>01</strong>2 enthaltenen 350 zusätzlichen Tarifstellen<br />
für den mittleren Dienst werde ich <strong>di</strong>eses Ziel<br />
wesentlich früher erreichen können. Wenn der<br />
Haushaltsentwurf 2<strong>01</strong>2 so vom Parlament verabschiedet<br />
wird, werden wir schon bald allen, seit<br />
2009 und länger befristet Beschäftigten, unbefristete<br />
Arbeitsverträge anbieten können. Auch<br />
<strong>di</strong>e seit dem Jahr 2<strong>01</strong>0 befristet beschäftigten<br />
Justizkräfte sollen sukzessive in unbefristete Arbeitsverhältnisse<br />
überführt werden. Ich bin fest<br />
davon überzeugt, dass <strong>di</strong>es trotz der schwierigen<br />
Finanzsituation des Landes gelingen wird.<br />
Wie steht es um <strong>di</strong>e Entfristungen der Kolleginnen<br />
und Kollegen der Pforten<strong>di</strong>enste in den<br />
Sozialgerichten?<br />
Thomas Kutschaty: Ich würde es sehr begrüßen,<br />
wenn <strong>di</strong>e verwaltungsintensive Praxis, in<br />
regel-mäßigen Abständen neue Sicherheitskräfte<br />
befristet einzustellen, bald aufgegeben werden<br />
könnte. Unter Berücksichtigung der Tatsache,<br />
dass es sich bei dem Pforten<strong>di</strong>enst um eine<br />
Daueraufgabe handelt, bin ich bestrebt, hier<br />
zeitnah eine andere Lösung zu finden.<br />
Diese Lösungen könnten wie aussehen? Die<br />
Kollegen/innen zu entfristen wäre aus unserer<br />
Sicht doch <strong>di</strong>e einzige Lösung.<br />
Thomas Kutschaty: Die Möglichkeit einer Entfristung<br />
wäre sicherlich eine Ideallösung. Für den<br />
Assistenzbereich haben wir eine gute Lösung<br />
erarbeitet, mit deren Hilfe ein langjähriges Problem<br />
behoben werden wird. Ich bin zuversichtlich,<br />
dass wir auch für den Pforten<strong>di</strong>enst in der<br />
Sozialgerichtsbarkeit eine nachhaltige Klärung<br />
erreichen können.<br />
Azubi-Übernahme<br />
Steht <strong>di</strong>e politische Zusage zur unbefristeten<br />
Weiterbeschäftigung der Azubis?<br />
Thomas Kutschaty: Ich habe im vergangenen Jahr<br />
erklärt, dass zukünftig allen für einen dauerhaften<br />
Einsatz in der Justiz geeigneten geprüften<br />
Auszubildenden im Rahmen der haushaltswirtschaftlichen<br />
Möglichkeiten eine unbefristete Beschäftigung<br />
ermöglicht werden soll. Dem geht<br />
zunächst zu Erprobungszwecken eine befristete<br />
Beschäftigung voraus. Hierbei bleibt es.<br />
Struktur & IT-Zentralisierung<br />
Gibt es Überlegungen zur Aufgabenauslagerung<br />
bzw. Zusammenlegungen oder Schließungen<br />
von Justizstandorten?<br />
Thomas Kutschaty: Eine Aufgabenauslagerung -<br />
insbesondere eine Privatisierung von Aufgaben<br />
- ist nicht vorgesehen. Auch eine Aufgabe von<br />
Gerichtsstandorten ist weiterhin nicht geplant.<br />
Werden <strong>di</strong>e aktuellen Überlegungen zur<br />
IT-Zentralisierung in der Justiz neu überdacht?<br />
Thomas Kutschaty: Auch hier bleibt es dabei,<br />
dass <strong>di</strong>e IT-Zentralisierung in der Justiz umgesetzt<br />
wird. Dies entspricht den Empfehlungen<br />
des Landesrechnungshofs, <strong>di</strong>e IT in den Bereichen<br />
Entwicklung, Betrieb und IT-Service noch<br />
weiter zu zentralisieren und so <strong>di</strong>e IT-Bereitstellung<br />
effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten.<br />
Wir wollen damit <strong>di</strong>e Zukunftsfähigkeit der Justiz<br />
sichern und <strong>di</strong>e Voraussetzungen für <strong>di</strong>e Einführung<br />
des elektronischen Rechtsverkehrs und<br />
der elektronischen Akte schaffen. Die Schritte<br />
hin zu einer IT-Zen-tralisierung werden wir sehr<br />
kurzfristig gemeinsam mit dem Geschäftsbereich<br />
und den Personal- und Richtervertretungen<br />
festlegen. Ich lade Sie alle ein, sich in <strong>di</strong>ese, für<br />
<strong>di</strong>e Justiz wichtige Aufgabe, mit einzubringen.<br />
Oberjustizkasse & Landesamt für Justiz<br />
Was bedeutet das für <strong>di</strong>e Oberjustizkasse beim<br />
Oberlandesgericht Hamm?<br />
Thomas Kutschaty: Im Jahr 2007 hat <strong>di</strong>e seinerzeitige<br />
Landesregierung beschlossen, <strong>di</strong>e Kassenaufgaben<br />
des Landes im Rahmen der Einführung<br />
von EPOS.NRW zu zentralisieren. Damit<br />
bund + l änder journal<br />
21
wäre ggf. auch eine <strong>Ver</strong>lagerung von Aufgaben<br />
verbunden, <strong>di</strong>e derzeit von der Oberjustizkasse<br />
erle<strong>di</strong>gt werden. Überlegungen zu Art und Umfang<br />
einer etwaigen Aufgabenverlagerung werden<br />
gegenwärtig zwischen Finanzministerium<br />
und Justizministerium abgestimmt. Wir unternehmen<br />
hierbei im Zusammenwirken mit den<br />
Oberlandesgerichten alle Anstrengungen, um<br />
sowohl <strong>di</strong>e Funktionsfähigkeit des Justizkassenwesens<br />
als auch <strong>di</strong>e Arbeitsplätze am Standort<br />
Hamm langfristig zu erhalten.<br />
Wann kommt das im Koalitionsvertrag genannte<br />
„Landesamt der Justiz“ und was sollen<br />
<strong>di</strong>e Aufgaben sein? Gibt es schon Überlegungen<br />
zum möglichen Standort?<br />
Thomas Kutschaty: „Um <strong>di</strong>e Leistungsfähigkeit<br />
der Justizbehörden in NRW sicherzustellen, bedarf<br />
es zudem einer sinnvollen Zusammenführung<br />
und Bündelung übergreifender operativer<br />
Aufgaben…“ so der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien.<br />
Deshalb sieht <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>einbarung<br />
vor, in NRW ein Landesamt für Justiz einzurichten,<br />
das ausgewählte operative <strong>Ver</strong>waltungsaufgaben<br />
der Justizbehörden übernehmen soll.<br />
Der Koalitionsvereinbarung liegt eine ganzheitliche<br />
Betrachtung der Justizverwaltung zugrunde.<br />
Es geht danach im Kern um eine sinnvolle<br />
Bündelung von Aufgaben, <strong>di</strong>e für <strong>di</strong>e Justiz insgesamt<br />
zu erfüllen sind und <strong>di</strong>e zu einer Entlastung<br />
für <strong>di</strong>e Justizverwaltung führen. Natürlich<br />
werden hier auch <strong>di</strong>e infolge der Abschaffung<br />
des Landesjustizvollzugsamtes gemachten Erfahrungen<br />
einfließen. Für eine nähere Konkretisierung,<br />
gar schon zum Standort eines solchen<br />
Amtes, ist es aber derzeit noch zu früh.<br />
Tarif- & Besoldungsrunde 2<strong>01</strong>3<br />
2<strong>01</strong>3 steht wieder eine Tarifrunde für <strong>di</strong>e Landesbeschäftigten<br />
an. Wie steht <strong>di</strong>e Landes-regierung<br />
zu Gehaltserhöhungen für <strong>di</strong>e rund<br />
170.000 Tarifbeschäftigten in NRW?<br />
Thomas Kutschaty: Dafür bin ich nun natürlich<br />
nicht der erste Ansprechpartner, aber ich denke<br />
und hoffe doch, dass ein fairer Tarifabschluss<br />
gefunden werden wird.<br />
Wird das Tarifergebnis wieder zeit- und inhaltsgleich<br />
auf <strong>di</strong>e Beamten übertragen?<br />
Thomas Kutschaty: Auch hier kann ich sagen:<br />
Die Landesregierung ist sich der wertvollen Arbeit<br />
all der Angehörigen der Landesverwaltung,<br />
gleichwohl ob Beschäftigte oder Beamte, voll<br />
bewusst, und wird nach einem Tarifabschluss<br />
alles ihr mögliche tun, um auch hier Fairness<br />
walten zu lassen.<br />
Dienstrechtsreform<br />
Gibt es bereits konkrete Überlegungen der<br />
Landesregierung zur Dienstrechtsreform bzw.<br />
wie ist <strong>di</strong>e Zeitplanung hierzu? Was bedeutet<br />
das für das Weihnachts- und Urlaubsgeld und<br />
für <strong>di</strong>e 41 Stundenwoche?<br />
Thomas Kutschaty: Die Landesregierung ist bereits<br />
ganz konkret in <strong>di</strong>e Dienstrechtsreform<br />
eingestiegen. In einer ersten Stufe werden nun<br />
umgehend <strong>di</strong>e insbesondere durch <strong>di</strong>e Rechtsprechung,<br />
etwa zu Fragen der W-Besoldung,<br />
bei Professoren, zwingend vorgegebenen Fragestellungen<br />
einer gesetzlichen Regelung zugeführt.<br />
Die zweite Stufe, <strong>di</strong>e ebenfalls sehr zeitnah<br />
angegangen wird, wird sich dann mit den<br />
u.a. durch den Koalitionsvertrag vorgegebenen<br />
Themen beschäftigen; hier werden sicher<br />
auch <strong>Ver</strong>gütung und Arbeitszeit eine Rolle spielen.<br />
Sie werden mir nachsehen, dass ich zu <strong>di</strong>esen,<br />
in einem Gesamtkontext eingebetteten Fragen,<br />
derzeit noch nichts Konkretes sagen kann.<br />
Selbstverwaltung der Justiz<br />
Wird auch <strong>di</strong>e Selbstverwaltung der Justiz in<br />
den Blick genommen?<br />
Thomas Kutschaty: Wir arbeiten derzeit - unter<br />
Beteiligung der Praxis, der <strong>Ver</strong>bände und der<br />
Personalvertretungen - intensiv an den Grundlagen<br />
für ein Landesrichter- und Staatsanwältegesetz,<br />
mit dem u.a. <strong>di</strong>e Mitbestimmung <strong>di</strong>eser<br />
Berufsstände gründlich reformiert werden<br />
wird. Im Rahmen der Prüfung von Modellen einer<br />
selbstverwalteten Justiz zu Tage tretenden<br />
Handlungsbedarf werden wir <strong>di</strong>rekt in <strong>di</strong>eses<br />
Projekt einfließen lassen.<br />
Justizvollzug<br />
Wie können <strong>di</strong>e gut 600.000 Überstunden im<br />
Justizvollzug abgebaut werden?<br />
Thomas Kutschaty: Im Juni <strong>di</strong>esen Jahres wurde<br />
erstmals nach drei Jahren <strong>di</strong>e Zahl von 500.000<br />
Mehrarbeitsstunden insgesamt wieder überschritten,<br />
auf einen Be<strong>di</strong>ensteten kommen so im<br />
Durchschnitt 87 Mehrarbeitsstunden. Hauptursächlich<br />
für <strong>di</strong>ese Entwicklung sind <strong>di</strong>e umfangreichen<br />
Neubau-, Erweiterungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen<br />
der jüngeren <strong>Ver</strong>gangenheit<br />
und <strong>di</strong>e damit verbundenen Mehrbelastungen<br />
der Be<strong>di</strong>ensteten, u.a. <strong>di</strong>e personal-intensive Sicherung<br />
der Baustellen. Teilweise wird es in <strong>di</strong>esem<br />
Jahr zur Zahlung von Mehrarbeitsvergütung<br />
kommen. Eine nachhaltige <strong>Ver</strong>besserung der Situation<br />
wird aber allein durch Aufgabenkritik und<br />
eine effizientere wie auch in<strong>di</strong>viduell gerechtere<br />
Dienstplanung erreicht werden. In einzelnen<br />
Anstalten haben so eine flexible Dienstplangestaltung<br />
und <strong>di</strong>e konsequente Überprüfung der<br />
Relation von tatsächlich einsetzbarem Personal<br />
zu den zu erle<strong>di</strong>genden Aufgaben auch bereits<br />
zu einer sichtbaren Entspannung geführt.<br />
Kommt es im Rahmen der Dienstrechtsreform<br />
zu einer Gleichbehandlung von Polizei und Vollzug?<br />
Oder konkret, werden <strong>di</strong>e Uniformen endlich<br />
auch im Vollzug durch das Land zur <strong>Ver</strong>fügung<br />
gestellt? Wie begründet sich <strong>di</strong>ese<br />
Ungleichbehandlung?<br />
Thomas Kutschaty: Der Unterschied bei der Ausstattung<br />
von Polizei und Justiz mit Dienstuniformen<br />
ist historisch begründet. Nach § 113 Absatz<br />
1 LBG NRW haben Polizeivollzugsbeamte einen<br />
Rechtsanspruch auf unentgeltliche Bekleidung<br />
und Ausrüstung. Eine vergleichbare Vorschrift für<br />
<strong>di</strong>e Be<strong>di</strong>ensteten der Justiz gibt es leider nicht.<br />
Es wäre wünschenswert, wenn auch <strong>di</strong>e Be<strong>di</strong>en-steten<br />
der Justiz vergleichbar der Polizei<br />
mit Dienstuniformen ausgestattet würden. Wegen<br />
der finanziellen Auswirkungen und der angespannten<br />
Haushaltslage des Landes wird zu<br />
gegebener Zeit zu prüfen sein, ob sich der Vorschlag,<br />
auch für <strong>di</strong>e Justiz zu einer vergleichbaren<br />
Lösung wie für <strong>di</strong>e Polizei zu gelangen, etwa im<br />
Rahmen der Diskussion zur Dienstrechtsreform<br />
wird realisieren lassen. Dies müssen <strong>di</strong>e dann zu<br />
führenden Gespräche zeigen.<br />
Wie werden <strong>di</strong>e geltenden “Leitlinien für den<br />
Justizvollzug NRW” in das neue Landesstrafvollzugsgesetz<br />
eingearbeitet?<br />
Thomas Kutschaty: Der vollstän<strong>di</strong>ge Entwurf<br />
eines Landesstrafvollzugsgesetzes Nordrhein-<br />
Westfalen wird derzeit erarbeitet. Die Leitlinien<br />
als zukunftsweisende Vorgaben, <strong>di</strong>e der Praxis<br />
eine sichere Grundlage zur Gestaltung eines<br />
menschenwür<strong>di</strong>gen, effizienten und zeitge- mäßen<br />
Strafvollzuges liefern. Folgerichtig wird der<br />
Entwurf Lerninhalte persönlicher, schulischer<br />
und beruflicher Art betonen, <strong>di</strong>e eingerahmt<br />
von professionellen Organisationsstrukturen eine<br />
optimale Nutzung der Dauer des Freiheitsentzuges<br />
ermöglichen und den Schutz der Bevölkerung<br />
in hohem Maße gleichzeitig sicherstellen.<br />
Wann wird <strong>di</strong>e Gewerkschaft beteiligt?<br />
Thomas Kutschaty: Die <strong>Ver</strong>bändeanhörung ist<br />
nach dem derzeitigen Zeitplan für <strong>di</strong>e erste Jahreshälfte<br />
2<strong>01</strong>3 vorgesehen.<br />
Wie sieht <strong>di</strong>e neue Ausbildungsreform für den<br />
allgemeinen Vollzugs- und Werk<strong>di</strong>enst aus? Was<br />
sind <strong>di</strong>e neuen Schwerpunkte?<br />
Thomas Kutschaty: Die Entwürfe der neuen Ausbildungs-<br />
und Prüfungsverordnungen werden<br />
zeitnah den Personalvertretungen und den <strong>Ver</strong>bänden<br />
zur Stellungnahme zugeleitet. Schwerpunkt<br />
ist natürlich eine verbesserte Berücksichtigung<br />
der Bedürfnisse der Praxis, sowohl von<br />
den Inhalten, als auch von den formalen Rahmenbe<strong>di</strong>ngungen.<br />
So werden wir etwa Schulund<br />
Praxiszeiten, ebenso wie <strong>di</strong>e Prüfungszeitpunkte<br />
anpassen. Die Auszubildenden für den<br />
AvD und <strong>di</strong>e Werk<strong>di</strong>enste müssen schließlich so<br />
effektiv wie möglich auf <strong>di</strong>e beträchtlichen Anforderungen<br />
ihrer künftigen Arbeit vorbereitet<br />
werden. Wegen der augenfälligen Unterschiede<br />
<strong>di</strong>eser Berufsfelder werden wir auch zur getrennten<br />
Ausbildung von AvD und Werk<strong>di</strong>ensten<br />
zurückkehren. Das aktuelle System hat sich<br />
hier überhaupt nicht bewährt.<br />
Michael Kötzing<br />
ver.<strong>di</strong> NRW, www.justiz-nrw.ver<strong>di</strong>.de<br />
22<br />
bund + l änder journal
Stationierungsstreitkräfte<br />
Depression und trübe Tage für <strong>di</strong>e Beschäftigten<br />
der amerikanischen Armee<br />
Ganz offensichtlich sind für <strong>di</strong>e amerikanischen<br />
Landstreitkräfte <strong>di</strong>e Schließungen der<br />
Dienststellen in Heidelberg und Mannheim<br />
abgeschlossen. Mittlerweile wurden <strong>di</strong>e rund<br />
1800 Kolleginnen und Kollegen gekün<strong>di</strong>gt<br />
und <strong>di</strong>e Personalakten wohl für immer geschlossen.<br />
Alle <strong>di</strong>ejenigen, <strong>di</strong>e sich <strong>di</strong>e Metropolregion<br />
an Rhein und Neckar nicht ohne<br />
<strong>di</strong>e Präsenz der Amerikaner vorstellen konnten,<br />
haben etwas gelernt: Es passiert wirklich,<br />
keine Amerikaner mehr und in der Folge<br />
auch keine Arbeitsplätze mehr. In Bezug<br />
auf <strong>di</strong>e Liegenschaften, <strong>di</strong>e von den amerikanischen<br />
Truppen zurückgelassen werden,<br />
erscheint das Bild aller<strong>di</strong>ngs unverändert,<br />
man könnte auch sagen, historisch unverändert.<br />
Anspruch auf <strong>di</strong>e Kasernen und Gebäude<br />
erheben alle <strong>di</strong>ejenigen, <strong>di</strong>e sich Vorteile<br />
versprechen. Wirklich passieren tut aber<br />
nichts. Der <strong>Bund</strong> als Nachlassverwalter möchte<br />
„meistbietend“ verkaufen, <strong>di</strong>e Kommunen<br />
spekulieren über Vorkaufsrechte, haben aber<br />
eigentlich nicht wirklich einen Plan und <strong>di</strong>e<br />
Landespolitik redet über Konversion, meint<br />
aber Reibach und verschwendet an <strong>di</strong>e vielen<br />
Kolleginnen und Kollegen ohne Arbeitsplatz<br />
keinen Gedanken und auch keinen Cent.<br />
Schnell denkt man an bereits abgewickelte<br />
amerikanische Garnisonen in Hanau, Darmstadt,<br />
Würzburg, Kitzingen, Aschaffenburg<br />
und viele mehr. Auch dort wurde regelmäßig<br />
das Wort Beschäftigte aus der „Konversionsdebatte“<br />
gelöscht und der Fokus in <strong>di</strong>esem Zusammenhang<br />
auf <strong>di</strong>e Liegenschaften gelegt,<br />
nur um dann in aller Ruhe zuzuschauen, wie<br />
<strong>di</strong>e Gebäude vergammelten, <strong>di</strong>e Fenster eingeworfen<br />
wurden und Spe<strong>di</strong>tionen ihre Lastwagen<br />
zwischenparkten. Bislang wurden nur<br />
ganz wenige der vielen geräumten Kasernen<br />
und ehemaligen Dienststellen einer sinnvollen<br />
Nutzung zugeführt, das kann man bei einer<br />
Überlandfahrt durch <strong>di</strong>e ehemaligen Standorte<br />
der Amerikaner ganz leicht und nachhaltig<br />
erkennen. Es liegen halt Welten zwischen<br />
dem politisch motivierten Gerede der<br />
Zustän<strong>di</strong>gen auf der bundesdeutschen Seite<br />
und der Realität – fast wie im richtigen Leben.<br />
Es bleibt zu befürchten, dass jetzt aktuell und<br />
im Zusammenhang mit den Schließungen aller<br />
amerikanischen Einrichtungen in Mannheim<br />
und Heidelberg zum Herbst nächsten Jahres,<br />
das traurige Spiel wieder einmal in <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>längerung<br />
geht. Aktuell ist <strong>di</strong>e Planungsfiktion<br />
zu der amerikanischen Erbmasse in vollem<br />
Gang, Bürgermeister schaffen innerstädtische<br />
Freiräume, Stararchitekten träumen ihre<br />
Wünsche und in Heidelberg können interessierte<br />
Anwohner gar eine Bustour durch<br />
<strong>di</strong>e Kasernen buchen. An <strong>di</strong>eser Stelle sei der<br />
Hinweis erlaubt, dass der geneigte Bustourist<br />
hierbei auch einen Blick auf <strong>di</strong>e noch herumlungernder<br />
blassen Gestalten werfen sollte:<br />
Das wären dann <strong>di</strong>e letzten Beschäftigten.<br />
Schnell ein Foto geschossen, vielleicht hat<br />
Guido Knopp mal Interesse daran. In Bezug<br />
auf <strong>di</strong>e Beschäftigten ist das aber so eine Sache<br />
mit dem Interesse. Irgendwie soll es der<br />
Arbeitsmarkt regeln, das Ganze, irgendwie<br />
jeder Betroffene mit seinen eigenen schwieligen<br />
Händen und ohne Aufsehen. Am besten<br />
wäre, niemand redet über <strong>di</strong>e Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer bei der fremden<br />
Truppe im eigenen Land - am allerbesten wäre<br />
es, es hätte sie gar nicht gegeben. Ach so,<br />
Unterstützung, Hilfe, Gelder für Qualifikation,<br />
das gibt’s natürlich nicht, von niemandem<br />
gleich welcher politischen Färbung. Gut dass<br />
wir darüber gesprochen haben.<br />
Während in Mannheim und Heidelberg <strong>di</strong>e<br />
„Abwicklung“ der Amerikaner in jeder Hinsicht<br />
noch in vollem Gange ist, muss man<br />
sich in Schweinfurt und Bamberg vorbereiten,<br />
vorbereiten auf <strong>di</strong>e Kün<strong>di</strong>gung der gesamten<br />
Belegschaft, vorbereiten auf das politische<br />
und kommunale Dampfgeplauder und<br />
vorbereiten auf den Ausverkauf der beiden<br />
gesamten amerikanischen Garnisonen mit Allem<br />
was noch zugeordnet ist. Der September<br />
2<strong>01</strong>4 ist das Zieldatum, bis dahin werden natürlich<br />
auch <strong>di</strong>e über 1000 Kolleginnen und<br />
ihren Arbeitsplatz verloren haben. Man darf<br />
gespannt sein, wie in <strong>di</strong>eser Region das Projekt<br />
„Altlastenentsorgung“ Landes- und kommunalpolitisch<br />
angegangen wird. Irgendwie<br />
aber fehlt den beteiligten Arbeitnehmervertretungen<br />
in <strong>di</strong>esem Zusammenhang aber der<br />
Glaube an <strong>Ver</strong>änderung, an Fairness, an <strong>di</strong>e<br />
Ehrlichkeit der Politik.<br />
Und er wird so schnell kein Ende finden, der<br />
Personalabbau bei den amerikanischen Landstreitkräften.<br />
Noch so manche Garnison und<br />
so manche andere Dienststelle werden fallen.<br />
Selbst bei zurückhaltender Betrachtung muss<br />
davon ausgegangen werden, dass in den kommenden<br />
4 bis 5 Jahren auch weitere 4000<br />
bis 5000 Kolleginnen und Kollegen ihren Arbeitsplatz<br />
und somit ihre berufliche und gesellschaftliche<br />
Perspektive verlieren werden.<br />
Wenn man als Arbeitnehmervertretung realistisch<br />
in mittelfristige Zukunft schaut, wird<br />
ganz deutlich, dass praktisch kein Standort<br />
„sicher ist“. Auf politisch tatsächliche Unterstützung<br />
zu hoffen, wird auch immer, na<br />
ja, spekulativer – sofern man hier überhaupt<br />
noch einen Rest an positivem Denken motivieren<br />
kann.<br />
Er ist zwar überaus unangenehm, Negativentwicklungen<br />
auch rhetorisch in <strong>di</strong>e Vorweihnachtszeit<br />
zu packen, aller<strong>di</strong>ngs ist <strong>di</strong>e<br />
Situation bei den Stationierungsstreitkräften<br />
ebenso wie sie ist und ihr <strong>Ver</strong>schweigen<br />
– gleichgültig zu welcher Jahres- oder Tageszeit<br />
– verändert sie nicht. Das ist hier genauso,<br />
wie im richtigen Leben.<br />
Andreas Rogel<br />
bund + l änder journal<br />
23
Deutliche Einkommenszuwächse erforderlich!<br />
ver.<strong>di</strong> stellt <strong>di</strong>e Weichen für <strong>di</strong>e Tarifrunde 2<strong>01</strong>3<br />
Die Vorbereitungen für <strong>di</strong>e Tarifrunde 2<strong>01</strong>3<br />
laufen. Die ver.<strong>di</strong>-Tarifkommission für <strong>di</strong>e Stationierungsstreitkräfte<br />
hat am 13./14. November<br />
2<strong>01</strong>2 <strong>di</strong>e Kün<strong>di</strong>gung der Entgelttabellen<br />
zum 31. Januar 2<strong>01</strong>3 beschlossen. Die Forderungen<br />
für <strong>di</strong>e Tarifrunde 2<strong>01</strong>3 werden am 11.<br />
Dezember 2<strong>01</strong>2 aufgestellt. Bis dahin gilt es,<br />
<strong>di</strong>e Vorstellungen der ver.<strong>di</strong>-Mitglieder und<br />
<strong>di</strong>e Möglichkeiten ihrer Durchsetzung in den<br />
Dienststellen und Betrieben zu <strong>di</strong>skutieren.<br />
Doch schon jetzt sind sich <strong>di</strong>e Mitglieder der<br />
Tarifkommission einig:<br />
WIR SIND ES WERT.<br />
Wir leisten gute Arbeit und gute Arbeit muss<br />
ordentlich bezahlt werden!<br />
Klartext: Nach zwei Jahren ohne Tabellenerhöhung<br />
muss Geld flieSSen.<br />
In den letzten 20 Jahren lag <strong>di</strong>e Erhöhung der<br />
Löhne und Gehälter nur geringfügig oberhalb<br />
der Inflationsrate. In dem gleichen Zeitraum<br />
stiegen <strong>di</strong>e Einkommen aus <strong>Ver</strong>mögen und<br />
Unternehmertätigkeit um etwa 50 Prozent.<br />
Klartext: WIR SIND ES WERT<br />
Die SSK brauchen motivierte Beschäftigte.<br />
Und <strong>di</strong>e gibt es nicht zum Nulltarif.<br />
Tarifrunde 2<strong>01</strong>3 aktiv vorbereiten:<br />
Höchste Zeit also, dass <strong>di</strong>e SSK-Beschäftigten<br />
Position beziehen. Dazu laden wir zu Betriebs-<br />
und Mitgliederversammlungen ein.<br />
Denn höhere Einkommen werden uns nicht<br />
in den Schoß fallen. Dafür müssen wir aktiv<br />
werden!<br />
Nicht vergessen: Zur Diskussion über Forderungen<br />
gehört gleichzeitig eine realistische<br />
Einschätzung der Durchsetzungsfähigkeit. Was<br />
können wir in unserem Betrieb erreichen?<br />
Eure Antwort: ver.<strong>di</strong> stärken durch Unterstützung<br />
und Mitgliedschaft<br />
Neue Hauptjugend- und<br />
Auszubildendenvertretung hat sich konstituiert<br />
Von links: stellv. Vorsitzender HBV Alexander Brehm, Andreas Kraus, HJAV Vorsitzende Vanessa<br />
Vogel, Ramona Harrer, Vorsitzender HBV Andreas Rogel.<br />
Schnell waren <strong>di</strong>e letzten beiden Jahre vorbei,<br />
viele mögen sagen zu schnell. So erging<br />
es auch der im Bereich der amerikanischen<br />
Landstreitkräfte gewählten Hauptjugendund<br />
Auszubildendenvertretung.<br />
Die Amtszeiten von Jugendvertretungen im<br />
Allgemeinen betragen le<strong>di</strong>glich zwei Jahre,<br />
damit wollte der Gesetzgeber den doch zeitlich<br />
recht übersichtlichen Ausbildungszeiträumen<br />
Rechnung tragen und gewährleisten,<br />
dass den Wählern der Interessenvertretungen<br />
der Auszubildenden und der Jugendlichen<br />
eine gewisse Stimmen-Flexibilität an<br />
<strong>di</strong>e Hand gegeben wird; <strong>di</strong>e entsprechende<br />
<strong>Ver</strong>tretung sozusagen mitwachsen kann.<br />
So erging es auch der auf unserer Ebene gewählten<br />
Hauptjugend- und Auszubildendenvertretung.<br />
Die Neuwahlen standen an und<br />
<strong>di</strong>ese wurden mittlerweile auch „abgearbeitet“<br />
und fanden in der konstituierenden Sitzung<br />
der neugewählten <strong>Ver</strong>tretung ihren finalen<br />
Abschluss.<br />
Gewählt wurde Kollegin Vanessa Vogel als<br />
Vorsitzende. Wenn man so will wurde sie<br />
über <strong>di</strong>e Wahlperiode hinaus in ihrem Amt<br />
bestätigt, was ja nur für <strong>di</strong>e Kollegin sprechen<br />
kann. An ihrer Seite werden Kollegin<br />
Ramona Harrer und Kollege Fabian Weissel<br />
für <strong>di</strong>e Rechte (aber auch <strong>di</strong>e Pflichten) der<br />
Auszubildenden und Jugendlichen kämpfen.<br />
Wir gratulieren Vanessa, Ramona und Fabian<br />
ganz herzlich und wünschen ihnen viel Erfolg<br />
und Freude bei den Aufgaben, <strong>di</strong>e vor<br />
ihnen liegen. Und <strong>di</strong>ese Aufgaben sind nicht<br />
nur vielfältig, vor allen Dingen sind sie in Anbetracht<br />
des deutlich rückläufigen Auszubildendenvolumens<br />
problematisch.<br />
Eine der wichtigsten, wenn nicht <strong>di</strong>e wichtigste<br />
Aufgabe, <strong>di</strong>e mit schnellen Schritten<br />
auf <strong>di</strong>e Hauptjugend- und Auszubildendenvertretung<br />
zukommt, wird <strong>di</strong>e Anstrengung<br />
sein, genau <strong>di</strong>ese rückläufige Ausbildungsmotivation<br />
aufzuhalten und möglichst ins Gegenteil<br />
zu wandeln. Ohne Frage ist <strong>di</strong>es eine<br />
schwierige Aufgabe, dazu wünschen wir<br />
den Kolleginnen und dem Kollegen alles Gute<br />
und sagen schon einmal vorab unsere umfängliche<br />
Unterstützung zu.<br />
Glück auf wünscht Euch jedenfalls der<br />
Vorstand sowie <strong>di</strong>e gesamte Hauptbetriebsvertretung.<br />
24<br />
bund + l änder journal
Statistische Ämter<br />
Neuer <strong>Bund</strong>esfachgruppenleiter<br />
statistische Ämter gewählt<br />
Seit Anfang November hat <strong>di</strong>e <strong>Bund</strong>esfachgruppe<br />
statistische Ämter neue hauptamtliche Unterstützung<br />
erhalten.<br />
Kollegen Frank-Robby Jost ist 47 Jahre, und arbeitet<br />
bereits seit 1990 als Betreuungssekretär<br />
bei der ötv und später ver.<strong>di</strong>. Von Beruf ist er Diplomkaufmann<br />
FH. Nachdem er in den ötv- Kreisverwaltungen<br />
Schwerin, Goslar und Wolfsburg<br />
als Betreuungssekretär tätig war, ging er mit der<br />
ver.<strong>di</strong>- Gründung in <strong>di</strong>e <strong>Bund</strong>esverwaltung. Hier<br />
beschäftigte er sich im Fachbereich Gemeinden<br />
zunächst mit den Themenfeldern <strong>Ver</strong>waltungsreform,<br />
Konzern Stadt, sowie Ausgliederung<br />
und Privatisierung kommunaler Dienstleistungen.<br />
Später übernahm er <strong>di</strong>e <strong>Bund</strong>esfachgruppen<br />
<strong>Bund</strong>esverkehrsverwaltung/ Straßenbauverwaltung,<br />
sowie Deutsche Flugsicherung. Bei der<br />
Deutschen Flugsicherung vertrat er <strong>di</strong>e Organisation<br />
für eine Zeit lang im Aufsichtsrat. Für seine<br />
<strong>Bund</strong>esfachbereiche betreut er das Projekt<br />
Mitgliederentwicklung, sowie „Gute Arbeit“.<br />
Seit 2<strong>01</strong>0 betreut er <strong>di</strong>e <strong>Bund</strong>esfachgruppe Bauund<br />
Liegenschaftsmanagement des <strong>Bund</strong>es und<br />
der <strong>Länder</strong>. Ende Oktober <strong>di</strong>eses Jahres wählte<br />
ihn der <strong>Bund</strong>esfachgruppenvorstand zu seinem<br />
<strong>Bund</strong>esfachgruppenleiter.<br />
Hoffentlich der groSSe Wurf<br />
Im September fand das jährliche Herbstseminar<br />
der Personalratsvorsitzenden der Statistischen<br />
Ämter von <strong>Bund</strong> und <strong>Länder</strong>n statt.<br />
In <strong>di</strong>esem Jahr war das Statistikamt in Mecklenburg-Vorpommern<br />
Gastgeber der <strong>Ver</strong>anstaltung.<br />
Fast schon tra<strong>di</strong>tionell war auch der<br />
Präsident des Statistischen <strong>Bund</strong>esamtes eingeladen<br />
und stand als Gesprächspartner zur<br />
<strong>Ver</strong>fügung. Er berichtete dabei unter anderem<br />
über <strong>di</strong>e vorangegangene Sitzung des<br />
Statistischen Beirates.<br />
Der Statistische Beirat hat nämlich auf seiner<br />
59. Sitzung am 5. September insgesamt<br />
40 Empfehlungen zur Reform des <strong>Bund</strong>esstatistikgesetzes<br />
und zur Weiterentwicklung<br />
der amtlichen Statistik verabschiedet, nachdem<br />
sich zuvor eine Arbeitsgruppe des Beirates<br />
über ein Jahr hinweg mit <strong>di</strong>eser Thematik<br />
beschäftigt hat.<br />
Der Statistische Beirat besteht aus <strong>Ver</strong>tretern<br />
von Nutzern, Befragten und Produzenten<br />
amtlicher Statistik und ist ein Beratergremium<br />
des Statistischen <strong>Bund</strong>esamtes. Die<br />
ver.<strong>di</strong> <strong>Bund</strong>esverwaltung ist durch den Vorsitzenden<br />
der <strong>Bund</strong>esfachgruppe Statistische<br />
Ämter, Thilo Börner, im Beirat vertreten und<br />
konnte so aktiv an den Vorschlägen zur Reform<br />
des <strong>Bund</strong>esstatistikgesetzes mitwirken.<br />
Angestoßen wurde <strong>di</strong>eser Prozess letztendlich<br />
durch ein Eckpunktepapier des <strong>Bund</strong>esverbandes<br />
der Deutschen Industrie und des<br />
Arbeitgeberverbandes im April letzten Jahres.<br />
Denn neu sind <strong>di</strong>ese Bestrebungen nicht.<br />
Bereits zuvor haben sowohl der Statistische<br />
Beirat selbst, als auch <strong>di</strong>e Leiterinnen und<br />
Leiter der Statistischen Ämter immer wieder<br />
auf <strong>di</strong>e Notwen<strong>di</strong>gkeit einer grundlegenden<br />
Modernisierung des Rechtsrahmens amtlicher<br />
Statistik hingewiesen. Auch vor dem Hintergrund,<br />
dass uns <strong>di</strong>e Entwicklung in Europa<br />
offensichtlich davonläuft.<br />
Im Vordergrund einer grundlegenden<br />
Reform stehen dabei folgende Überlegungen:<br />
Stärkung des politischen und gesellschaftlichen<br />
Stellenwertes der Statistik<br />
Stärkung des Einflusses der Nutzer und des<br />
Beirates auf das statistische Programm im<br />
Rahmen einer nationalen Programm- und Finanzierungsplanung<br />
Teilnehmer am Seminar der Personalräte der Statistischen Ämter in Schwerin<br />
bund + l änder journal<br />
25
v.l.n.r. Doris Petersen-Goes (Amtsleiterin in Mecklenburg-Vorpommern), Kurt Külzer (Personalratsvorsitzender des Landesamtes für innere<br />
<strong>Ver</strong>waltung), Roderich Egeler (Präsident des <strong>Bund</strong>esamtes)<br />
größere Flexibilisierung bei der Anordnung<br />
und Durchführung amtlicher Statistik, um auf<br />
einen aktuellen Datenbedarf auch aktuell reagieren<br />
zu können,<br />
Erweiterung und <strong>Ver</strong>einfachung der Möglichkeiten,<br />
kurzfristig Erhebungen für besondere<br />
Zwecke (§7 BStatG) zur Deckung eines<br />
unerwarteten Datenbedarfs durchzuführen<br />
<strong>Ver</strong>besserter Zugang der Wissenschaft zu<br />
den Daten der amtlichen Statistik<br />
Schaffung eines grundsätzlichen Zugangs<br />
der amtlichen Statistik auf <strong>Ver</strong>waltungsdaten<br />
für statistische Zwecke<br />
Harmonisierung mit EU-Recht, insbesondere<br />
mit der <strong>Ver</strong>ordnung über europäische Statistiken<br />
und den europäischen Qualitätsanforderungen<br />
Auch der <strong>Bund</strong>esfachgruppenvorstand und <strong>di</strong>e<br />
Personalräte der Statistischen Ämter haben sich<br />
in den vergangenen Monaten sehr intensiv mit<br />
den Reformvorschlägen zur Fortentwicklung<br />
der amtlichen Statistik befasst, eigene Positionen<br />
dazu entwickelt und in den Diskussionsprozess<br />
der Beiratsarbeitsgruppe eingebracht.<br />
So nutzten <strong>di</strong>e ver.<strong>di</strong> Personalräte und <strong>Ver</strong>trauensleute<br />
ihr jährliches Seminar auch zu<br />
einem Gespräch mit dem Leiter des Bayerischen<br />
Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung,<br />
Karlheinz An<strong>di</strong>ng. Er hatte federführend<br />
für <strong>di</strong>e Leiterinnen und Leiter <strong>di</strong>e<br />
Stellungnahme der Statistischen Landesämter<br />
zu den Reformvorschlägen verfasst.<br />
Dass es zu einzelnen Vorschlägen auch kontroverse<br />
Diskussionen gab und im Beirat keine<br />
Einigung erzielt werden konnte, muss bei<br />
einem so heterogenen Gremium nicht wundern.<br />
So stieß bspw. <strong>di</strong>e Forderung nach einer<br />
Auftragserhebung für private Dritte durch<br />
<strong>di</strong>e amtliche Statistik auch beim <strong>Bund</strong>esfachgruppenvorstand<br />
auf Ablehnung. Und auch<br />
<strong>di</strong>e Frage, ob <strong>di</strong>e Statistischen Ämter ein angemessenes<br />
Mitgestaltungsrecht bei der Entstehung<br />
und <strong>Ver</strong>änderung von <strong>Ver</strong>waltungsdaten<br />
haben dürfen, muss erst noch den<br />
verfassungsrechtlichen Bedenken der Kommunen<br />
standhalten, <strong>di</strong>e auf ihr kommunales<br />
Selbstverwaltungsrecht pochen.<br />
Insgesamt darf aber eingeschätzt werden, dass<br />
<strong>di</strong>e Arbeitsgruppe des Beirates innerhalb kurzer<br />
Zeit ein großes Arbeitspensum absolviert<br />
hat, was der Präsident des Statistischen <strong>Bund</strong>esamtes,<br />
Roderich Egeler, auch ausdrücklich<br />
wür<strong>di</strong>gte. Ob am Ende der gewünschte große<br />
Wurf gelungen ist, wird sich zeigen. Ziel<br />
ist es, <strong>di</strong>e Reform des <strong>Bund</strong>esstatistikgesetzes<br />
in den Koalitionsvertrag der neuen Regierung<br />
zu verankern und in der kommenden<br />
Legislatur umzusetzen. Es wäre für <strong>di</strong>e<br />
amtliche Statistik in Deutschland ein wichtiger<br />
Schritt in Richtung eines modernen, flexiblen<br />
und attraktiven Informations<strong>di</strong>enstleisters<br />
und würde Rolle und Bedeutung der<br />
amtlichen Statistik steigern, Standorte, Ämter<br />
und letztlich Arbeitsplätze zukunftssicher<br />
machen.<br />
Alle Empfehlungen des Beirates findet man<br />
unter:<br />
https://www.destatis.de/DE/Ueber-<br />
Uns/LeitungOrganisation/Statistischer-<br />
Beirat/StatistischerBeirat.html<br />
Eine breite Diskussion ist ausdrücklich<br />
erwünscht.<br />
Gute Tra<strong>di</strong>tionen fortgesetzt<br />
Die ver.<strong>di</strong> Personalräte und <strong>Ver</strong>trauensleute<br />
setzten auf ihrem Seminar <strong>di</strong>e gute Tra<strong>di</strong>tion<br />
fort, mit den Leiterinnen und Leitern der<br />
Statistischen Ämter ins Gespräch zu kommen.<br />
Neben Karlheinz An<strong>di</strong>ng war in <strong>di</strong>esem Jahr<br />
der Vorstandsvorsitzende des Landesbetriebes<br />
für Statistik und Kommunikationstechnologie<br />
Niedersachsen (LSKN), Dr. Christoph<br />
Lahmann, zu Gast.<br />
Er referierte über <strong>di</strong>e Reformanstrengungen<br />
innerhalb der amtlichen Statistik, den Umsetzungsstand<br />
des Masterplanes und über <strong>di</strong>e<br />
wichtige Rolle der Informationstechnologie<br />
für <strong>di</strong>e amtliche Statistik. Das LSKN ist inzwischen<br />
eines der wenigen Statistischen Ämter,<br />
wo Datenverarbeitung und Statistik noch<br />
eng verbunden sind. Mehr noch: Während in<br />
vielen <strong>Bund</strong>esländern <strong>di</strong>e Informationstechnologie<br />
aus den Statistikämtern herausgelöst<br />
und zu zentralen Eigenbetrieben umgewandelt<br />
wurden, legte man in Hannover IT und<br />
Statistik zusammen. Eine ähnliche Konstellation<br />
findet sich noch in Nordrhein-Westfalen<br />
und in Bayern. Für 2<strong>01</strong>3 ist geplant, <strong>di</strong>e neue<br />
Präsidentin des Hessischen Statistischen Landesamtes,<br />
Frau Dr. Christel Figgener, sowie<br />
den Vorstandsvorsitzenden des Statistischen<br />
Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein,<br />
Herrn Helmut Eppmann, als Referenten zum<br />
Seminar einzuladen und <strong>di</strong>e Gespräche über<br />
<strong>di</strong>e aktuelle Situation in der amtliche Statistik<br />
fortzusetzen.<br />
26<br />
bund + l änder journal
<strong>Ver</strong>abschiedet<br />
Mit Eckart Hohmann haben <strong>di</strong>e ver.<strong>di</strong> Personalräte<br />
und <strong>Ver</strong>trauensleute auf ihrem Seminar<br />
den <strong>di</strong>enstältesten Präsidenten verabschiedet.<br />
Er war während seiner aktiven Zeit<br />
oft als Referent zu den Seminaren geladen<br />
und stand nicht nur in seiner Funktion mit Rat<br />
und Tat zur Seite, sondern auch als langjähriger<br />
ver.<strong>di</strong> - Kollege.<br />
Eckart Hohmann war maßgeblich an der Entwicklung<br />
des Masterplanes zur Reform der<br />
amtlichen Statistik beteiligt und hatte ein<br />
besonderes Gespür für <strong>di</strong>e Entwicklung auf<br />
Zensus 2<strong>01</strong>1<br />
Natürlich haben sich <strong>di</strong>e ver.<strong>di</strong> Personalräte<br />
und <strong>Ver</strong>trauensleute auch mit dem derzeit<br />
größten statistischen Projekt, dem Zensus<br />
2<strong>01</strong>1, befasst. Dabei ist es gelungen, mit<br />
Prof. Dr. Gert G. Wagner nicht nur den Vorstandsvorsitzenden<br />
des Deutschen Instituts für<br />
Wirtschaftsforschung (DIW) und damit einen<br />
hochrangigen <strong>Ver</strong>treter der Wissenschaft als<br />
Referenten zu gewinnen, sondern auch den<br />
Leiter der Zensuskommission in Deutschland.<br />
Statistische Erhebungen müssen in jedem<br />
Fall Einbahnstraßen bleiben, das Rückspielverbot<br />
aus der Statistik in <strong>di</strong>e kommunalen<br />
Register gewahrt bleiben, hob Wagner hervor.<br />
Er bezog sich dabei auf <strong>di</strong>e fehlerhaften<br />
Register, <strong>di</strong>e der Zensuserhebung zugrunde<br />
liegen und auf den außergewöhnlich großen<br />
europäischer Ebene. Seit 1992 leitete er das<br />
Hessische Landesamt für Statistik, war Mitglied<br />
im Ausschuss Statistisches Programm<br />
der Europäischen Kommission und im Gründungsausschuss<br />
des Rates für Sozial- und<br />
Wirtschaftsdaten. Er wird seine hohe Kompetenz,<br />
sein Engagement und seine Erfahrung<br />
auch weiterhin dort einbringen, wo sie<br />
gefragt ist, versprach Kollege Hohmann und<br />
somit ist nicht ausgeschlossen, ihn zu einem<br />
der nächsten Seminare noch einmal als Referenten<br />
und Gesprächspartner zu treffen.<br />
Aufwand, den <strong>di</strong>e statistischen Ämter derzeit<br />
betreiben, um statistiktaugliche Auswertungen<br />
vornehmen zu können. Dass <strong>di</strong>e Situation,<br />
vor der <strong>di</strong>e amtliche Statistik steht, misslich<br />
ist, räumte aber auch er ein. Denn wenn<br />
<strong>di</strong>e mühevoll bereinigten statistikinternen<br />
Register, wie vorgeschrieben, nach erfolgter<br />
Auswertung wieder zu löschen sind, bedeutet<br />
das mit Blick auf den nächsten Zensus<br />
2021, den gleichen personellen, finanziellen<br />
und zeitlichen Aufwand zur Gewinnung fehlerfreier<br />
Registerdaten.<br />
Interessant auch, was Prof. Dr. Gert G. Wagner<br />
zur Frage der Unabhängigkeit der amtlichen<br />
Statistik zu sagen hatte. Er hält es nämlich<br />
für zumindest bedenklich, wenn, wie in<br />
den meisten <strong>Bund</strong>esländern, <strong>di</strong>e Statistik einem<br />
Ressort angehört, dem gleichzeitig auch<br />
<strong>di</strong>e Polizeibehörde unterstellt ist. Darüber sollte<br />
man mal nachdenken!<br />
Wie unabhängig sind wir wirklich?<br />
Nach nur drei Jahren steht <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>ordnung<br />
(EG) Nr. 223/2009 des europäischen Parlaments<br />
und des Rates über europäische Statistiken<br />
vor einer Novellierung. Qualitätskriterien<br />
sollen dabei verschärft werden und <strong>di</strong>e Anforderungen,<br />
welche an <strong>di</strong>e nationalen Statistischen<br />
Ämter zu stellen sind, erhöht. So soll<br />
bspw. <strong>di</strong>e Stellung der Leiterinnen und Leiter<br />
der Statistikämter erheblich gestärkt, <strong>di</strong>e Unabhängigkeit<br />
insgesamt damit manifester gestaltet<br />
werden. Das ruft natürlich sofort <strong>di</strong>e<br />
Frage auf den Plan, wie das derzeit in unserer<br />
Republik aussieht. Die fachliche Unabhängigkeit<br />
ist bereits jetzt in der europäischen <strong>Ver</strong>ordnung<br />
fixiert, dennoch gibt es in den <strong>Bund</strong>esländern<br />
für <strong>di</strong>e Statistikämter Dienst- und<br />
Fachaufsichten, in der Regel sind es <strong>di</strong>e jeweiligen<br />
Innenministerien. Ist das nicht schon<br />
vom Wortlaut her unvereinbar? Bereits jetzt<br />
ist <strong>di</strong>e Anforderung formuliert, dass <strong>di</strong>e Leiterinnen<br />
und Leiter der Statistischen Ämter<br />
auf einer hohen hierarchischen Ebene angesiedelt<br />
sein sollen und über eine hohe fachliche<br />
Qualifikation verfügen müssen. Trotzdem<br />
gehört es zur Realität, dass <strong>di</strong>e Stellenbesetzung<br />
eher politischen Sachzwängen folgt und<br />
fachliche Reputation nur nachrangig beachtet<br />
wird. Und es kommt vor, dass ein Präsident,<br />
der sich der fachlichen Einflussnahme<br />
seines Dienstherren entzieht, selbst aus dem<br />
Amt gezogen wird. Ist das wirklich <strong>di</strong>e Unabhängigkeit,<br />
<strong>di</strong>e amtliche Statistik braucht, um<br />
das <strong>Ver</strong>trauen in Objektivität und Neutralität<br />
nicht zu gefährden? Da reden wir noch gar<br />
nicht davon, dass viele Ressorts einen Zustimmungsvorbehalt<br />
über <strong>di</strong>e Organisationsstrukturen<br />
eines Statistikamtes besitzen, das Personal<br />
des höheren Dienstes selbst verwalten<br />
- und über Einstellungen entscheiden - und<br />
mit einem realitätsfremden Personalabbau<br />
in <strong>di</strong>e Arbeitsfähigkeit der amtlichen Statistik<br />
eingreifen.<br />
Die große Hoffnung, durch Europa auch <strong>di</strong>e<br />
Frage der institutionellen Unabhängigkeit<br />
positiv beantwortet zu bekommen, ist indes<br />
gering. Dass Deutschland einem solchen Ansinnen<br />
entgegensteht, mag keinen wundern.<br />
Wohl aber, dass man auch in vielen anderen<br />
EU-Staaten nichts an einer, wie auch immer<br />
gearteten, Ressortunterstellung ändern will.<br />
So jedenfalls der aktuelle Diskussionsstand.<br />
Thilo Börner<br />
VorsitzeNder BuNdesfachgruppe<br />
bund + l änder journal<br />
27
<strong>Ver</strong>kehr und Strassenbau<br />
<strong>Bund</strong>esfachkommission<br />
der StraSSenbauverwaltung in 2<strong>01</strong>3<br />
Sprecher der Fachkommission Frank Hollweg<br />
Sinkende Beschäftigtenzahlen, Ausbau der <strong>Ver</strong>gabe<br />
von Aufgaben an Private, schleichender<br />
Umbau der Straßenbauverwaltungen zu Gewährleitungs-<br />
und Kontrollbehörden - Erfahrungen<br />
dazu sind <strong>Bund</strong>esländer übergreifend<br />
festzustellen. Auf der Sitzung der <strong>Bund</strong>esfachkommission<br />
Straßenbauverwaltung im Oktober<br />
2<strong>01</strong>2 haben Kolleginnen und Kollegen festgestellt,<br />
dass sie in den einzelnen <strong>Länder</strong>n vor ähnlichen<br />
Problemen stehen. Für 2<strong>01</strong>3 werden <strong>di</strong>e<br />
Schwerpunkte bei ÖPP (Öffentlich-Private Partnerschaften),<br />
Finanzierung (Maut) und der DE-<br />
GES (Deutsche Einheit <strong>Ver</strong>kehrsplanungs- und –<br />
bau GmbH) gesehen.<br />
Dazu sind entsprechende Gespräche mit politischen<br />
Parteien im <strong>Bund</strong>estag, insbesondere zu<br />
ÖPP und den Auswirkungen auf Straßenbauverwaltungen,<br />
<strong>Ver</strong>kehrsteilnehmer und den Mittelstand<br />
sowie zur Frage der Finanzierung von <strong>Ver</strong>kehrsinfrastruktur,<br />
geplant.<br />
In einem Seminar für Personalratsmitglieder vom<br />
23.09. – 25.09.2<strong>01</strong>3 im ver.<strong>di</strong> Bildungszentrum<br />
Walsrode werden aktuelle Rechtsprechung wie<br />
Möglichkeiten der Einflussnahme und Mitbestimmung<br />
der Personalräte im Bereich der Straßenbauverwaltungen<br />
zu Arbeitszeitgestaltung<br />
– Modelle-Schichtarbeit-Rufbereitschaft in Straßen-<br />
und Autobahnmeisteren und den <strong>Ver</strong>waltungen<br />
thematisiert.<br />
Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung:<br />
Landesregierung Rheinland-Pfalz unterstützt<br />
<strong>di</strong>e Beschäftigten der WSV<br />
Der 5. Bericht zur Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung<br />
liegt vor, das BMVBS beginnt<br />
nunmehr mit der Umsetzung. Die rheinlandpfälzischen<br />
Kolleginnen und Kollegen der Landesfachkommission<br />
versuchen seit Monaten in<br />
Gesprächen mit <strong>Bund</strong>estags- und Landtagsabgeordneten<br />
aller Parteien in Rheinland-Pfalz Einfluss<br />
auf <strong>di</strong>e politischen Entscheidungsprozesse<br />
zu nehmen. Anlässlich eines Gespräches mit dem<br />
rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten, Kurt<br />
Beck, zur Reform der WSV konnten wir bei dem<br />
Ministerpräsidenten unsere Befürchtungen vortragen.<br />
Nicht nur <strong>di</strong>e WSD-Südwest sondern auch<br />
eines der größten Ämter der WSV, das WSA Koblenz,<br />
sind in ihrem Bestand massiv gefährdet.<br />
Kurt Beck sagte anlässlich des Gespräches <strong>di</strong>e volle<br />
Unterstützung der rheinland-pfälzischen Landesregierung<br />
zu. Wir haben ihn gebeten, auch<br />
über den <strong>Bund</strong>esrat aktiv zu werden.<br />
28<br />
bund + l änder journal
Ramsauer wild entschlossen!?<br />
<strong>Bund</strong>esministerium <strong>Ver</strong>kehr, Bau und Stadtentwicklung, kurz BMVBS hält am<br />
Reformplan WSV fest<br />
Nach Plänen des <strong>Bund</strong>esverkehrsministeriums<br />
soll <strong>di</strong>e Wasser- und Schifffahrtsverwaltung<br />
nun endgültig umgebaut werden. Im vorgelegten<br />
5. Bericht an den Deutschen <strong>Bund</strong>estag<br />
wurde ein Konzept vorgelegt, wonach eine<br />
neue Behörde geschaffen, bisherige Dienststellen<br />
und Ämter geschlossen bzw. zusammengelegt<br />
und so über 2.000 Stellen im Bereich<br />
der Wasserschifffahrtsverwaltung abgebaut<br />
werden sollen.<br />
Die Opposition und selbst einige Abgeordnete<br />
der Regierungsfraktion bezweifeln <strong>di</strong>e Gesetzmäßigkeit<br />
der Reformpläne. Insbesondere <strong>di</strong>e<br />
Schaffung einer neuen Oberbehörde in Bonn,<br />
in der im Wesentlichen <strong>di</strong>e Beamten des Ministeriums<br />
mit lukrativen Posten versorgt werden<br />
soll, sorgt für Unmut. Widerstand in den<br />
<strong>Länder</strong>n formiert sich. Einzelne Ministerpräsidenten<br />
in den betroffenen <strong>Länder</strong>n haben erkannt,<br />
dass <strong>di</strong>e Reform zu Lasten der <strong>Länder</strong><br />
gehen wird, dass massiver Arbeitsplatzabbau<br />
ebenso droht wie <strong>di</strong>e Gefährdung einzelner<br />
Schifffahrtswege.<br />
Die weiteren Vorschläge zur Abschaffung der<br />
Direktionen (WSD) berücksichtigen bislang in<br />
keiner Weise, dass einige <strong>di</strong>eser Direktionen<br />
gesetzmäßige Aufgaben zu erfüllen haben,<br />
<strong>di</strong>e ihnen nicht so einfach entzogen werden<br />
können. Die gesamte neue Aufbauorganisation,<br />
ausgehend von einer Kategorisierung der<br />
Wasserstraßen, basiert nicht auf einer, wie vom<br />
<strong>Bund</strong>esrechnungshof geforderten, abschließenden<br />
Aufgabenkritik sowie Untersuchung der<br />
Geschäftsprozesse. Im Gegenteil, mit dem 5.<br />
Bericht zur Reform der WSV attestiert sich das<br />
<strong>Bund</strong>esministerium selbst ein Steuerungsdefizit<br />
in den vergangenen Jahren. Es gesteht ein,<br />
dass sein Handeln nicht am Maßstab der Wirtschaftlichkeit<br />
ausgerichtet war. So richtet sich<br />
<strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>gabe von Aufgaben an Dritte le<strong>di</strong>glich<br />
nach der Personalknappheit, <strong>di</strong>e wiederum bewusst<br />
herbeigeführt wurde, durch jahrelange<br />
Stagnation und willkürliche Personaleinsparmaßnahmen<br />
und zu massiven Kostenerhöhungen<br />
führt. Auch eine Personalbedarfs-ermittlung,<br />
wie vom <strong>Bund</strong>esrechnungshof gefordert,<br />
fand nicht statt. Nun will jedoch das Ministerium<br />
bis 2020 von den rund 12.000 Beschäftigten<br />
weitere ca. 2.500 Stellen einsparen.<br />
Bei allen <strong>di</strong>esen Entscheidungen waren <strong>di</strong>e Interessenvertretungen<br />
der Beschäftigten, <strong>di</strong>e Beschäftigten<br />
selbst und auch ver.<strong>di</strong> außen vor,<br />
trotz wiederholter <strong>Ver</strong>suche seitens ver.<strong>di</strong>s zu<br />
Gesprächen und Aufforderungen zu gemeinsamen<br />
<strong>Ver</strong>handlungen.<br />
Mittlerweile scheinen sich jedoch im Ministerium<br />
Einige Gedanken darüber zu machen,<br />
dass <strong>Ver</strong>änderungsprozesse nicht ohne <strong>di</strong>e Beschäftigten<br />
durchzusetzen sind. Jetzt versucht<br />
<strong>di</strong>e dort eingerichtete Arbeitsgruppe „Umsetzung<br />
der WSV-Reform“ zumindest scheinbar<br />
auf <strong>di</strong>e Beschäftigten eingehen zu wollen. Im<br />
hauseigenen Intranet werden <strong>di</strong>e Beschäftigten<br />
aufgefordert Fragen zu stellen, Anregungen<br />
und Hinweise zu geben. Antworten auf<br />
erste Anfragen gehen bereits ein, wie <strong>di</strong>e Zusage<br />
der Unterstützung für den Abschluss eines<br />
Tarifvertrages durch das BMVBS. Aller<strong>di</strong>ngs,<br />
wie nachhaltig <strong>di</strong>ese Antwort ist, wird<br />
sich erweisen. Wenn eine Vielzahl von Beschäftigten<br />
<strong>di</strong>es nun fordert, könnte durchaus größerer<br />
Druck entstehen.<br />
Die Personalräte, allen voran der Hauptpersonalrat<br />
aber auch ver.<strong>di</strong> fordern nach wie vor, ihre<br />
Einbeziehung in <strong>di</strong>e Pläne zur Reform ebenso<br />
wie nachhaltige Aufgabenkritik und eine nachvollziehbare<br />
Personalbedarfsermittlung. ver.<strong>di</strong><br />
selbst hat mittlerweile den <strong>Bund</strong> zu Tarifverhandlungen<br />
zu Beschäftigungssicherung, Erhalt<br />
des Lebensstandards der Beschäftigten und<br />
zur Vorbeugung des Fachkräftemangels durch<br />
Ausbildung und Übernahme für <strong>di</strong>e WSV und<br />
weiterer Bereiche des BMVBS aufgefordert.<br />
Dem demografischen<br />
Wandel im StraSSen<strong>di</strong>enst entgegen treten<br />
Fachtagung der Fachbereiche <strong>Bund</strong>/<strong>Länder</strong> und Gemeinden vom in Göttingen<br />
Gemeinsam neue Wege gehen<br />
Erstmalig wurde <strong>di</strong>e Trennung zwischen Kommunalen<br />
und Landes- bzw. <strong>Bund</strong>esbeschäftigten<br />
im Straßen<strong>di</strong>enst überwunden und in<br />
einer <strong>Bund</strong>esfachtagung ein übergreifender<br />
Erfahrungsaustausch organisiert. Dieses, <strong>di</strong>e<br />
Erfahrungen zusammenführende Vorgehen<br />
traf bei den 25 teilnehmenden Personalräten<br />
aus neun <strong>Bund</strong>esländern und den verschiedenen<br />
Wirkungsbereichen von Grünflächenamt<br />
bis zur Autobahnmeisterei auf ungeteilte Zustimmung.<br />
Die Fortentwicklung <strong>di</strong>eses tätigkeitsbezogenen<br />
Ansatzes wird in eine von den<br />
ver.<strong>di</strong>-Fachbereichen 6 und 7 getragenen, gemeinsamen<br />
Berufsfachtagung am 17. und 18.<br />
Oktober 2<strong>01</strong>3 in Hannover münden.<br />
Erfahrungsaustausch zeigt gemeinsame<br />
Probleme<br />
Tagtäglich erleben wir, dass <strong>di</strong>e zu leistenden<br />
Aufgaben im Straßen<strong>di</strong>enst mit einer im Durchschnitt<br />
stetig älter werdenden Belegschaft qualitativ<br />
hochwertig und verantwortungsvoll zu<br />
erfüllen ist. Damit einher geht für <strong>di</strong>e Beschäftigten<br />
ein stetig wachsender Arbeitsdruck, der<br />
sich vielfach auswirkt.<br />
Alternsgerechte Arbeitsbe<strong>di</strong>ngungen<br />
sind notwen<strong>di</strong>g<br />
Dabei gibt es zunehmend weniger Einsatzmöglichkeiten<br />
für in ihrer Leistung eingeschränkte<br />
Kolleginnen und Kollegen, <strong>di</strong>e ärztliche Atteste<br />
vorgelegt haben, aufgrund der schwierigen<br />
Situationen, etwa der Unfallsicherung oder Arbeiten<br />
im laufenden <strong>Ver</strong>kehr. Wenn dann noch<br />
<strong>di</strong>e Zahl <strong>di</strong>eser Personen steigt, ergeben sich<br />
mitunter gefühlte oder reale Ungerechtigkeiten<br />
in der Arbeitseinteilung.<br />
Die von jüngeren Beschäftigten verlangte Mehrarbeit<br />
untergräbt deren Motivation wie perspektivisch<br />
auch deren gesundheitliche Basis.<br />
Die Reaktionen darauf zeigen sich in einem<br />
nicht immer kollegialen <strong>Ver</strong>halten, sondern<br />
aufgrund des anhaltenden Personalabbaus und<br />
latentem Privatisierungsdruck in ausgrenzenden<br />
Tendenzen.<br />
Daher ist es eine der dringlichsten Aufgaben<br />
<strong>di</strong>e Realität massiv alternder Belegschaften anzuerkennen<br />
und neue entlastende Formen der<br />
Arbeitsorganisation zu finden. Die Einsatzmöglichkeiten<br />
für ältere KollegInnen herauszuarbeiten,<br />
<strong>di</strong>e eine optimale Nutzung vorhandenen<br />
Erfahrungswissens erlauben und zugleich<br />
körperlich leidensgerecht sind, ist <strong>di</strong>e Aufgabe<br />
der nahen Zukunft.<br />
Aufgabe der betrieblichen Gewerkschaftsarbeit<br />
Aus Sicht gewerkschaftlicher Betriebsarbeit<br />
reicht es nicht mehr nur <strong>di</strong>e anhaltenden wie<br />
sich verschärfenden Missstände anzuprangern.<br />
Vielmehr gilt es, vorangetrieben durch<br />
<strong>di</strong>e Arbeit von Betriebsgruppen, lösungsorientierte<br />
Ansätze zu erarbeiten. Vordringlichste<br />
Gestaltungsfelder sind <strong>di</strong>e Reduzierung körperlicher<br />
und psychischer Belastungen und <strong>di</strong>e<br />
beteiligungsorientierte Suche nach Möglichkeiten<br />
eines alternsgerechten und wertschätzenden<br />
Einsatzes.<br />
bund + l änder journal<br />
29
Frage der Einsetzbarkeit<br />
Steigende Fallzahlen, <strong>di</strong>e sich auch in den mittlerweile<br />
etablierten BEM-<strong>Ver</strong>fahren wiederspiegeln,<br />
lassen <strong>di</strong>e Frage der Einsetzbarkeit zunehmend<br />
brisanter werden. Mögliche Ansätze<br />
könnten ein Hinterfragen der Arbeitsorganisation<br />
und der intensivierte Einsatz von Hilfsmitteln<br />
(Mähroboter, Hebehilfen) wie auch ausgedehnte<br />
Schulungsaktivitäten im Bereich der<br />
Absicherung von Arbeitsstellen oder der ergonomisch<br />
korrekten Handhabung von Arbeitsgeräten<br />
sein. Den Auftakt können straßen<strong>di</strong>enstspezifische<br />
Gesundheitstage machen. Diese<br />
müßten in eine intensivere Belastungsanalyse<br />
eingehen, <strong>di</strong>e wiederum als Grundlage für<br />
belastungs- bzw. beanspruchungsmindernde<br />
Maßnahmen <strong>di</strong>ent. Konkrete Vorschläge wären,<br />
verstärkt auf den „Altersmix“ zusammengestellter<br />
Kolonnen zu achten und auch in einer<br />
Schicht wechselnde Tätigkeiten ausüben zu<br />
lassen, um Belastungswechsel herbeizuführen.<br />
Wissenstransfer<br />
Da vorhandenes Wissen zu wenig genutzt<br />
wird, ist es an der Zeit, den Arbeitsplatzinhaber<br />
als den Experten beim Erarbeiten möglicher<br />
Lösungswege unmittelbar und dauerhaft<br />
einzubeziehen.<br />
Das geballte Erfahrungswissen kann nur über<br />
beteiligungsorientierte <strong>Ver</strong>fahren erschlossen<br />
werden, wenn es darum, geht <strong>di</strong>e Ausübung<br />
der Pflichtaufgaben neu zu überdenken.<br />
Gesundheitsmanagement statt frühzeitigem<br />
Ausstieg<br />
Die häufig anzutreffende frühe Ausstiegsorientierung<br />
steht auch den verschiedenen Ansätzen<br />
eines betrieblichen Gesundheitsmanagements<br />
im Wege, da vorbeugend wirkende<br />
Ansätze mit dem Ziel eines längeren sowie gesunden<br />
<strong>Ver</strong>bleibs im Betrieb nur schwerlich mitgetragen<br />
werden.<br />
Beeinträchtigt wird <strong>di</strong>e Qualität der geleisteten<br />
Arbeit auch durch einen Mehraufwand, der<br />
darin begründet liegt, dass Träger langjährigen<br />
produktivitätssteigernden Erfahrungswissens<br />
in Größenordnungen aus dem Straßen<strong>di</strong>enst<br />
ausscheiden. Bei weiter anhaltendem Personalabbau<br />
ohne <strong>di</strong>e Möglichkeit von Neueinstellungen,<br />
werden <strong>di</strong>e Stellen erst mit zeitlicher<br />
<strong>Ver</strong>zögerung besetzt, oder gar nicht.<br />
Wertschätzung und Führungskompetenz<br />
Der wertschätzende Umgang seitens der Führungskräfte,<br />
deren Stärken zumeist auf fachlichem<br />
Gebiet liegen, mit alternden Belegschaften<br />
ist noch ausbaufähig. Diese Meinung vertraten<br />
<strong>di</strong>e Personalräte aus allen teilnehmenden<br />
Bereichen. Führungskompetenz gilt es systematisch<br />
und vor dem Hintergrund der altersstrukturellen<br />
Entwicklung neu zu betrachten.<br />
Die Motivation der Beschäftigten sollte in einem<br />
dauerhaft schwierigen Umfeld, das bestimmt<br />
wurde von Privatisierungsängsten, anhaltendem<br />
Personalabbau, Umstrukturierungen und<br />
ausbleibender Rekrutierung jüngerer Fachkräfte,<br />
stärker befördert werden. Doch <strong>di</strong>e Macht<br />
des Alltags lässt in der Aufgabenfülle <strong>di</strong>e Waage<br />
häufiger in Richtung Kritik ausschlagen. In<br />
den anschaulichen Beschreibungen der Situation<br />
in den Meistereien scheint deren Leitung<br />
eine Schlüsselfunktion zuzukommen. Von ihrem<br />
Wollen hängt in überwiegendem Maße<br />
ab, ob Anerkennung und Wertschätzung<br />
vermittelt wird, oder ob der Umgang miteinander<br />
<strong>di</strong>e gefährdete Motivation eher weiter<br />
aushöhlt. Daher <strong>di</strong>e einhellige Forderung nach<br />
verpflichtenden Führungskräfteschulungen zu<br />
gesundheitsförderndem Führen und auch regelmäßigen<br />
<strong>Ver</strong>fahren zur Beurteilung von Führungskräften<br />
(i.S. eines Führungskräfte-Feed-<br />
Backs), der dann auch Konsequenzen folgen.<br />
Folgen der Aufgabenvergabe<br />
Das Reizthema der <strong>Ver</strong>gabe von Aufgaben an<br />
Private wird durch einen weiteren Aspekt verschärft.<br />
In den intensiven Debatten häuften<br />
sich <strong>di</strong>e Beispiele für Nacharbeiten, <strong>di</strong>e notwen<strong>di</strong>g<br />
sind, um <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>kehrssicherheit aufrecht<br />
zu erhalten. Es ist festzustellen, dass es<br />
bei Arbeiten von Privaten zu unsachgemäßer<br />
Streuung im Winter<strong>di</strong>enst kommt und z.B. auf<br />
gemähten Streckenabschnitten zerstörte Leitpfosten<br />
vorgefunden werden. Der einhellige<br />
Ansatz ist es auf weitere <strong>Ver</strong>gabe zu verzichten,<br />
mehr noch <strong>di</strong>ese umzukehren und gerade<br />
körperlich geringbelastende Arbeiten wieder<br />
in den Straßenbetriebs<strong>di</strong>enst zu integrieren,<br />
um Beschäftigungsfelder zurückzugewinnen.<br />
Zukunftsperspektiven und Qualifizierung<br />
Dem hohen Arbeitsethos der Beschäftigten<br />
wie ihrem hohen Qualitätsbewusstsein läuft<br />
zuwider, dass es in einigen Regionen seitens<br />
der Politik keine Aussagen zu den Perspektiven<br />
des Straßen<strong>di</strong>enstes gibt bzw. dauerhaft<br />
vorenthalten werden. Eine Folge <strong>di</strong>eser Unterlassung<br />
ist <strong>di</strong>e nahezu flächendeckende Abwesenheit<br />
vorausschauender Qualifizierungspläne<br />
im Straßen<strong>di</strong>enst. Mit zu berücksichtigen ist<br />
zudem auch <strong>di</strong>e Erfassung zukünftig notwen<strong>di</strong>ger<br />
Kompetenzen und Wege zu deren Erwerb.<br />
Fazit<br />
Zusammenfassend erscheint ein alle Dimensionen<br />
einbeziehendes und strukturiertes Vorgehen<br />
notwen<strong>di</strong>g. Doch besteht Einigkeit darüber,<br />
dass ohne Anstöße und metho<strong>di</strong>scher<br />
Unterstützung von außen, nachhaltig wirksame<br />
Schritte nur schwer umsetzbar sind. Es gilt<br />
den Einstieg zu schaffen. Erfolg versprechen<br />
Ergebnisse von Beschäftigtenbefragungen, <strong>di</strong>e<br />
richtungweisend seitens der Geschäftsführung<br />
interpretiert werden müssen. Auch können Personalversammlungen,<br />
<strong>di</strong>e <strong>di</strong>ese Themen aufgreifen,<br />
dazu beitragen, den Willen der Führungskräfte<br />
zu steigern, in Fragen alterns- und<br />
gesundheitsgerechten Arbeitens aktiv zu werden.<br />
Seitens der Personalvertretungen gilt es<br />
einen Bestand an guten Argumenten aufzubauen,<br />
<strong>di</strong>e gerade auch <strong>di</strong>e Kostenseite einbeziehen<br />
und <strong>Ver</strong>bündete zu identifizieren, <strong>di</strong>e<br />
dazu beitragen können, Prozesse anzuschieben.<br />
Elke Breidenbach, Halle/Saale<br />
Mitglied der <strong>Bund</strong>esfachkommission<br />
StraSSenbauverwaltung<br />
Personelles<br />
Antje Schumacher-Bergelin, neue <strong>Bund</strong>esfachgruppenleiterin<br />
für <strong>di</strong>e<br />
<strong>Bund</strong>esfachgruppe <strong>Bund</strong>esverkehrsverwaltung/<br />
Straßenbauverwaltung<br />
<strong>Bund</strong>esfachgruppe Bau- und Liegenschaftsmanagement<br />
Seit Mitte Oktober 2<strong>01</strong>2 bestellt ist Antje nunmehr<br />
zustän<strong>di</strong>g für <strong>di</strong>e politische und gewerkschaftliche<br />
Zusammenarbeit mit den beiden Fachgruppenvorständen.<br />
Nach 20 Jahren in unterschiedlichen gewerkschaftlichen<br />
Stationen in Bezirk-, Landesbezirk der<br />
DAG sowie auf <strong>Bund</strong>esebene in ver.<strong>di</strong> kann <strong>di</strong>e<br />
gelernte Theologin nun ihre Erfahrungen aus der<br />
betrieblichen Betreuungsarbeit im Finanz<strong>di</strong>enstleistungsbereich<br />
und öffentlichem Dienst, bei<br />
den besonderen Dienstleistungen, der gewerkschaftlichen<br />
Frauenarbeit wie auch der Grundsatzpolitik<br />
ver.<strong>di</strong>s einbringen.<br />
Antje freut sich auf eine konstruktive<br />
und erfolgreiche Zusammenarbeit.<br />
30<br />
bund + l änder journal
Rettet <strong>di</strong>e ostdeutschen WasserstraSSen<br />
Eine Protestfahrt der Wirtschaft, Reedereinen,<br />
Wasserstraßennutzern, der Städte und Kommunen,<br />
der Industrie- und Handelskammern<br />
auf den Berliner und Brandenburger Wasserstraßen<br />
vom 22. bis 24. September 2<strong>01</strong>2 war<br />
der ver.<strong>di</strong> Betriebsgruppe im WSA Berlin Anlass<br />
genug, um gemeinsam auf <strong>di</strong>e fatalen Folgen<br />
der WSV-Reform aufmerksam zu machen. Eine<br />
bessere Unterstützung gibt es nicht – Nutzer<br />
der Wasserstraßen und Beschäftigte der<br />
WSV gemeinsam.<br />
Am 24.09.2<strong>01</strong>2 wurde eine gemeinsame Resolution<br />
„Dem Osten nicht das Wasser abgraben!“<br />
an Parlamentarier und einen <strong>Ver</strong>treter des BMVBS<br />
übergeben. Tenor der Resolution ist, auch unsere<br />
Region ist auf wirtschaftlich durchgängige<br />
Wasserstraßen im Bereich Berlin und Brandenburg<br />
angewiesen.<br />
Am Vormittag führte der Personalrat eine Personalversammlung<br />
durch. Einziges Thema war<br />
<strong>di</strong>e WSV-Reform.<br />
Die ver.<strong>di</strong> Betriebsgruppe hatte im Anschluss<br />
daran zu einer Demo zum Schiffbauer Damm<br />
aufgerufen. Etwa 300 Beschäftigte aus den<br />
WSÄ Berlin und Eberswalde sowie dem Wasserstraßenneubauamt<br />
Berlin haben sich beteiligt.<br />
Wir Beschäftigte der WSV konnten unserem<br />
Unmut über <strong>di</strong>e geplante Umsetzung der<br />
WSV-Reform Luft machen.<br />
Diese Aktion hat den Beschäftigten Mut gemacht<br />
und wir sind gut gerüstet wenn es darum<br />
geht, einen Tarifvertrag für <strong>di</strong>e Beschäftigten<br />
der WSV durchzusetzen.<br />
Autobahn-Privatisierung:<br />
SPD und Grüne verlangen Akteneinsicht<br />
Warum besteht Schwarz-Gelb im <strong>Bund</strong> und<br />
im Land auf der Privatisierung von Autobahnteilstrecken,<br />
wenn dadurch Steuergeld<br />
verschwendet wird? Dieser Frage gehen <strong>di</strong>e<br />
Fraktionen von SPD und Grünen im Niedersächsischen<br />
Landtag jetzt nach. Konkret geht<br />
es um den geplanten sechsstreifigen Ausbau<br />
und Betrieb der Autobahn 7 zwischen Salzgitter<br />
und Drammetal als ÖPP-Projekt.<br />
„Wir haben jetzt von unserem <strong>Ver</strong>fassungsrecht,<br />
Akteneinsicht zu beantragen, Gebrauch<br />
gemacht. Wir wollen umfassende Einsicht in<br />
den Schriftverkehr, in Gutachten, Protokolle<br />
und sonstige Unterlagen aller Behörden, Ministerien<br />
und der Staatskanzlei des Landes Niedersachsen<br />
dazu erhalten. Wenn es stimmt,<br />
dass ein privater Ausbau der A7 rund 25 Millionen<br />
Euro teurer kommt als eine herkömmliche<br />
Baumaßnahme, muss man fragen, warum<br />
Schwarz-Gelb in <strong>Bund</strong> und Land so sehr<br />
darauf drängt, private Investoren zu be<strong>di</strong>enen“,<br />
sagte der stellvertretende Vorsitzende<br />
und wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-<br />
Landtagsfraktion, Gerd Will, am Dienstag in<br />
Hannover. „Wenn hier mehr Geld ausgegeben<br />
werden soll als notwen<strong>di</strong>g, ist <strong>di</strong>e Frage<br />
berechtigt, wer von <strong>di</strong>eser <strong>Ver</strong>schwendung<br />
profitieren soll“, so Will.<br />
Prüfungen des <strong>Bund</strong>esrechnungshofes hätten<br />
ergeben, dass ein Ausbau <strong>di</strong>eses Abschnittes<br />
als ÖPP-Vorhaben verglichen mit dem konventionellen<br />
Ausbau unwirtschaftlich sei. Auch<br />
das Niedersächsische Landesamt für Straßenbau<br />
und <strong>Ver</strong>kehr sei zu <strong>di</strong>esem Ergebnis gekommen<br />
und habe vorliegende<br />
Berechnungen als unseriös bezeichnet. Zudem<br />
sei eine Privatisierung des südniedersächsischen<br />
Abschnitts der A7 nicht nur offenbar<br />
überteuert, sie vernichte auch Arbeitsplätze.<br />
„In Wahrheit versuchen <strong>Bund</strong> und Land, mit<br />
der Trickkiste ÖPP für ihre geliebten Autobahnen<br />
das Neuverschuldungsverbot zu umgehen.<br />
Sie untergraben damit selbst ihre sonst<br />
so hoch gehaltenen Haushaltssparbemühungen“,<br />
sagte der verkehrspolitische Sprecher<br />
der Landtagsgrünen Enno Hagenah.<br />
Will: „Schwarz-Gelb geht es offenbar nur<br />
noch darum, Fakten zu schaffen und das Thema<br />
vor der Landtagswahl durchzupeitschen.“<br />
Der <strong>Bund</strong>esrechnungshof hat neben dem privaten<br />
Ausbau der A7 noch ein weiteres ÖPP-<br />
Projekt von <strong>Bund</strong>esverkehrsminister Ramsauer<br />
(CSU) scharf kritisiert. Anfang November<br />
wurde bekannt, dass <strong>di</strong>e obersten Rechnungsprüfer<br />
des <strong>Bund</strong>es festgestellt hatten, der privat<br />
finanzierte Ausbau und Betrieb der Autobahn<br />
6 zwischen Wiesloch und Weinsberg<br />
(Baden-Württemberg) sei um mindestens 26<br />
Millionen Euro zu niedrig angesetzt.<br />
bund + l änder journal<br />
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