GV-Partner Magazin 2/2013 als pdf - CHEFS CULINAR

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21.02.2014 Aufrufe

Gerichte mit Geschichte Schöne Helene, klangvolle Melba Der 1846 geborene Franzose Auguste Escoffier führt als begnadet genialer Koch die französische Esskultur in neue Dimensionen und beeinflusst das Kochen bis heute. Escoffier gilt als Schöpfer der Grande Cuisine und Gestalter einer effizienten Küchenorganisation. Ein Bonvivant ist er auch. So gibt er seinen Kompositionen bevorzugt Namen, die meist bestimmten Damen gewidmet sind. wird. Der sehr weibliche Star zeigt ordentlich Dekolleté und inspiriert Escoffier auf eine ganz besondere Weise: zu zwei wunderschönen Birnenhälften! Diese pochiert er später in Läuterzucker, richtet sie auf Vanilleeis an und bestreut sie dann mit kandierten Veilchen. Fertig ist die von ihm kreierte „Birne Helene“, zu der Escoffier heiße Schokoladensauce reicht. Die Gäste im Petit Moulin Rouge sind begeistert. Dieses Dessert ist noch heute recht beliebt, auch wenn seine Zubereitung inzwischen viel einfacher geworden ist. Ritz und Escoffier Foto: Studio Lipov/StockFood Der junge Escoffier erhält seine Ausbildung im Restaurant seines Onkels. Hier lernt er die feine Küche, Einkauf und Service. Gerade 18 Jahre alt, geht er von Südfrankreich in das Petit Moulin Rouge nach Paris, um dort die Stelle als Commis Rotisseur anzutreten. Kurz vor Weihnachten, am Abend des 17. Dezember 1864, macht er sich zu Fuß auf in den Boulevard Montmartre zum Théâtre des Variétés. Sein Chef hat ihm zu Weihnachten eine Karte für die Uraufführung einer neuen Operette geschenkt, sogar Parkett! Lukullische Träumerei Escoffier erlebt staunend die Operette „La Belle Hélène” von Henri Meilhac und Ludovic Halévy - mit der von Jacques Offenbach grandios komponierten Musik, die an diesem Tag triumphal uraufgeführt wird. Von seinem Platz hat er einen wunderbaren Blick auf die Bühne und ist nur fasziniert. Ganz besonders von der schönen Helena, die äußerst charmant von der wohlgestalteten Hortense Schneider gegeben Zwei Jahre später bricht der Krieg aus. Escoffier wird einberufen und kocht von 1866 bis 1871 als Chef de Cuisine für den französischen Generalstab. Danach folgen mehrere Stationen in jeweils erstklassigen Häusern, stets in der Position des ersten Küchenchefs. Im Alter von 38 Jahren lernt Escoffier César Ritz kennen, den späteren Gründer der Ritz-Hotels. Ritz als Hotelmanager und Escoffier als Chef de Cuisine bilden ein perfektes Team. Im schweizerischen Luzern führen Sie das Grand Hotel National zu internationalem Ansehen. Ritz sorgt für „private Badewannen, elektrisches Licht, Zimmertelefone, feines Leinen, schöne Möbel und geräumige Schränke“, Escoffier für exquisite Speisen wie sein „Seezungenfilet Coquelin”, „Homard à l’américaine” (flambierter Hummer) und „Geflügel à la Derby”. Illustre Gäste kommen aus der ganzen Welt nach Luzern. Gemeinsam machen Sie das National weltberühmt. Noch heute heißen die beiden Ballsäle des Hauses „Ritz“ und „Escoffier“. 46 GV-Partner-Magazin 2/2013

Foto: Grand Hotel National Auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs meldet sich 1889 der Engländer Richard d’Oyly Carte bei Ritz. Ihm gehört bereits das aufstrebende Savoy Theater. Gleich nebenan baut er das pompöse Savoy Hotel, das mit seinen 263 komfortablen Zimmern eines der berühmtesten und glanzvollsten Grandhotels Londons wird. D’Oyly Carte lockt Ritz als Manager nach London, Ritz wiederum gelingt es, Escoffier als „Direktor der Küchen“ in die britische Monopole zu holen. Das Hotel genießt schon unmittelbar nach seiner Eröffnung im Jahr 1890 einen erstklassigen Ruf und wird Herberge berühmter Persönlichkeiten wie des Herzogs von Orleans, der sich, wie Udo Lindenberg im Atlantic, dauerhaft im Savoy einmietet. Auch Nellie Melba, eine wunderschöne australische Opernsängerin schottischer Herkunft, wohnt während ihres Engagements am Londoner Royal Opera House fast zwei Jahre (1892 bis 1893 ) im Savoy. Das erfolgreiche Debüt in London ist der Start ihrer späteren Weltkarriere. Von Escoffiers Kochkünsten begeistert, überreicht sie ihm zum Dank Karten zu ihren Vorstellungen in der Londoner Oper. greift er diesmal zu perfekt runden Pfirsichhälften und kreiert „Pêche Melba“. Die Pfirsichhälften dünstet er in Läuterzucker, setzt sie auf Vanilleeis, überzieht die zarten Früchte mit Himbeerpüree und dekoriert sie mit Schlagsahne. Fertig ist die Hommage des Bewunderers an die Schöne: „Pfirsich Melba“. Die Diva ist stolz, den Starkoch zu einer nach ihr benannten Nachspeise inspiriert zu haben. Escoffier komponiert auch für andere prominente Damen seiner Zeit feine Desserts, zum Beispiel „Fraises Sarah Bernhard“ (Erdbeeren mit Eis und Ananaspüree), „Poires Mary Garden“ (pochierte Birnen mit Himbeerpüree und Sahne) oder „Coup Emma Calve“ (pochierte Kirschen auf Eis mit Himbeerpüree). Diese Kreationen sind allerdings längst vergessen. Als Ritz sich 1898 selbstständig macht und das Pariser „Le Ritz“ eröffnet, folgt ihm Escoffier als Chef des Cuisines nach. Nach der Eröffnung des „Ritz London“ pendelt er ab 1899 bis 1920 (!), also bis zu seinem 74. Lebensjahr, zwischen beiden Häusern hin und her. Dann verlässt Escoffier die Szene und setzt sich in Monte Carlo zur Ruhe. Dort stirbt er 89-jährig. Der Welt hinterlässt Escoffier nicht nur berühmte Desserts, sondern, ganz besonders erwähnenswert, sein Buch „Guide Culinaire“ (Kochkunstführer), das er 1903 veröffentlicht. Dieses Werk bietet unangefochten die formale Grundlage der Kochkunst des 20. Jahrhunderts. Seine Prinzipien der Gestaltung großer Küchenorganisationen durch arbeitsteilige Organisation und Spezialisierung sind uns noch heute vertraut, ebenso wie die „Birne Helene“ und „Pfirsich Melba“. Süße Früchtchen Escoffier, inzwischen 47 Jahre alt, nimmt dankend an, sitzt begeistert im Publikum. Er ist hin und weg beim Anblick dieser blendend aussehenden und stimmgewaltigen Diva und lässt sich von ihrer bildschönen Erscheinung erneut inspirieren: Allerdings Escoffiers Hommage an die Sängerin Nelle Melba: das Dessert „Pfirsich Melba“. Foto: Z.Sandmann/Westermann/StockFood GV-Partner-Magazin 2/2013 47

Foto: Grand Hotel National<br />

Auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs<br />

meldet sich 1889 der Engländer<br />

Richard d’Oyly Carte bei Ritz. Ihm<br />

gehört bereits das aufstrebende Savoy<br />

Theater. Gleich nebenan baut er das<br />

pompöse Savoy Hotel, das mit seinen<br />

263 komfortablen Zimmern eines der<br />

berühmtesten und glanzvollsten Grandhotels<br />

Londons wird. D’Oyly Carte<br />

lockt Ritz <strong>als</strong> Manager nach London,<br />

Ritz wiederum gelingt es, Escoffier <strong>als</strong><br />

„Direktor der Küchen“ in die britische<br />

Monopole zu holen. Das Hotel<br />

genießt schon unmittelbar nach seiner<br />

Eröffnung im Jahr 1890 einen erstklassigen<br />

Ruf und wird Herberge berühmter<br />

Persönlichkeiten wie des<br />

Herzogs von Orleans, der sich, wie<br />

Udo Lindenberg im Atlantic, dauerhaft<br />

im Savoy einmietet. Auch Nellie<br />

Melba, eine wunderschöne australische<br />

Opernsängerin schottischer<br />

Herkunft, wohnt während ihres Engagements<br />

am Londoner Royal Opera<br />

House fast zwei Jahre (1892 bis 1893 )<br />

im Savoy. Das erfolgreiche Debüt in<br />

London ist der Start ihrer späteren<br />

Weltkarriere. Von Escoffiers Kochkünsten<br />

begeistert, überreicht sie ihm<br />

zum Dank Karten zu ihren Vorstellungen<br />

in der Londoner Oper.<br />

greift er diesmal zu perfekt runden<br />

Pfirsichhälften und kreiert „Pêche<br />

Melba“. Die Pfirsichhälften dünstet er<br />

in Läuterzucker, setzt sie auf Vanilleeis,<br />

überzieht die zarten Früchte mit<br />

Himbeerpüree und dekoriert sie mit<br />

Schlagsahne. Fertig ist die Hommage<br />

des Bewunderers an die Schöne:<br />

„Pfirsich Melba“. Die Diva ist stolz,<br />

den Starkoch zu einer nach ihr<br />

benannten Nachspeise inspiriert zu<br />

haben.<br />

Escoffier komponiert auch für andere<br />

prominente Damen seiner Zeit feine<br />

Desserts, zum Beispiel „Fraises Sarah<br />

Bernhard“ (Erdbeeren mit Eis und<br />

Ananaspüree), „Poires Mary Garden“<br />

(pochierte Birnen mit Himbeerpüree<br />

und Sahne) oder „Coup Emma Calve“<br />

(pochierte Kirschen auf Eis mit<br />

Himbeerpüree). Diese Kreationen<br />

sind allerdings längst vergessen.<br />

Als Ritz sich 1898 selbstständig macht<br />

und das Pariser „Le Ritz“ eröffnet,<br />

folgt ihm Escoffier <strong>als</strong> Chef des Cuisines<br />

nach. Nach der Eröffnung des<br />

„Ritz London“ pendelt er ab 1899 bis<br />

1920 (!), <strong>als</strong>o bis zu seinem 74. Lebensjahr,<br />

zwischen beiden Häusern hin<br />

und her. Dann verlässt Escoffier die<br />

Szene und setzt sich in Monte Carlo<br />

zur Ruhe. Dort stirbt er 89-jährig.<br />

Der Welt hinterlässt Escoffier nicht<br />

nur berühmte Desserts, sondern, ganz<br />

besonders erwähnenswert, sein Buch<br />

„Guide Culinaire“ (Kochkunstführer),<br />

das er 1903 veröffentlicht. Dieses<br />

Werk bietet unangefochten die formale<br />

Grundlage der Kochkunst des<br />

20. Jahrhunderts. Seine Prinzipien der<br />

Gestaltung großer Küchenorganisationen<br />

durch arbeitsteilige Organisation<br />

und Spezialisierung sind uns<br />

noch heute vertraut, ebenso wie die<br />

„Birne Helene“ und „Pfirsich Melba“.<br />

Süße Früchtchen<br />

Escoffier, inzwischen 47 Jahre alt,<br />

nimmt dankend an, sitzt begeistert im<br />

Publikum. Er ist hin und weg beim<br />

Anblick dieser blendend aussehenden<br />

und stimmgewaltigen Diva und lässt<br />

sich von ihrer bildschönen Erscheinung<br />

erneut inspirieren: Allerdings<br />

Escoffiers<br />

Hommage an die<br />

Sängerin Nelle<br />

Melba: das Dessert<br />

„Pfirsich Melba“.<br />

Foto: Z.Sandmann/Westermann/StockFood<br />

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