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Thomas Simon<br />

2: Der Richter soll sich zwar einerseits bei der An-wendung des Gesetzes<br />

keine unerwünschten Freiheiten herausnehmen und sich insbesondere<br />

nicht die Kompetenz zu Erklärungen mit gesetzlicher Kraft anmaßen, er<br />

soll aber andererseits den Rechtsstreit nicht dadurch verzögern und vor<br />

allem das Ansehen des Gesetzgebers dadurch herabwürdigen, dass er im<br />

Wege eines Référé die Weisheit und Formulierungskunst des Gesetzgebers<br />

in Frage stellt und soz. »Nachbesserungen« des Gesetzes in Gestalt<br />

aufklä-render Erläuterungen verlangt. Im berühmten § 4 des Code Civil<br />

und im Badischen Landrecht (Einleitung Saz [sic!] 4) findet sich dieses<br />

Verbot sogar mit einer Strafdrohung bewehrt.<br />

Freilich überlässt der Gesetzgeber in den naturrechtlichen Kodifikationen<br />

seine Gesetze noch nicht gänzlich der Justiz. Vielmehr bleibt in<br />

Gestalt der sog. »Authentischen Interpretation« ein Fragment aus dem altüberlieferten<br />

Methodentrio doktrinelle – usuale – authentische Interpretation<br />

bestehen, und zwar eben jener Teil, bei dem der Gesetzgeber seine<br />

Gesetze selbst erläutert. Dabei findet sich diese Form der Interpretation in<br />

den jüngeren Naturrechts-kodifikationen durchgehend in eine Regelung<br />

eingeordnet, die klar stellt, dass nur die gesetzeserläuternden Erklärungen<br />

des Gesetzgebers selbst von allge-meinverbindlichem Charakter sein<br />

können. 55 Das richtet sich natürlich in erster Linie gegen die überlieferte<br />

Rolle von Wissenschaft und Justiz als traditionelle Rechtsquellen, wie<br />

sie etwa im Codex Maximilianeus Bavaricus noch sichtbar wird. Denn<br />

dort waren doktrinelle, usuale und authentische Interpretation hinsichtlich<br />

ihrer Verbindlichkeit noch vollkommen auf glei-cher Stufe gestanden.<br />

Die Bestimmungen zur authentischen Interpretation, wie sie für die<br />

jüngeren Naturrechtskodifikationen typisch sind, werden erforder-lich,<br />

weil diese Kodifikationen die Interpretations- und Konkretisierungsfunktion<br />

der Justiz grundsätzlich anerkennen. Daher bedarf es nunmehr<br />

in diesen jüngeren Kodifikationen aus der Sicht der Gesetzgeber einer<br />

55<br />

§ 8 ABGB: Nur dem Gesetzgeber steht die Macht zu, ein Gesetz auf eine allgemein<br />

verbindliche Art zu erklären; Kap. 1 § 6 Ziff. 2 EBayBGB: Es hat nur eine authentische,<br />

von dem Gesezgeber (sic!) selbst gegebene Erklärung, auch für die Zukunft gesezlich<br />

(sic!) verbindende Kraft.; Einleitung Saz (sic!) 5 BadLR: Dem Richter ist nicht erlaubt,<br />

in der Form allgemeinwirksamer Vor-schriften oder gemeiner Bescheide die ihm<br />

vorkommenden Rechtsstrittigkeiten zu entscheiden.<br />

Seqüência (Florianópolis), n. 66, p. 47-82, jul. 2013 75

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