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Rechtsgutachten zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf ...

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Lenz und Johlen · Postfach 102365 · D 50463 Köln<br />

Köln, den 17.04.2013<br />

Unser Zeichen: 02623/12 15/<br />

Sekretariat:<br />

Frau Joisten<br />

<strong>Rechtsgutachten</strong><br />

Tel.: +49 221 97 30 02-74<br />

a.beutling@lenz-johlen.de<br />

<strong>zur</strong> <strong>Anwendung</strong> <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong><br />

<strong>auf</strong> Golfplatzflächen nach § 17 PflSchG<br />

PV<br />

Prof. Dr. Heribert Johlen<br />

PV<br />

Dr. Klaus Schmiemann<br />

P<br />

Dr. Franz-Josef Pauli<br />

PVM<br />

Dr. Rainer Voß<br />

PV<br />

Dr. Michael Oerder<br />

PV<br />

Dr. Thomas Lüttgau<br />

PB<br />

Thomas Elsner<br />

PV<br />

Rainer Schmitz<br />

PVM<br />

Dr. Alexander Beutling<br />

PV<br />

Dr. Markus Johlen<br />

PB<br />

Eberhard Keunecke<br />

Dr. Inga Schwertner<br />

PF<br />

Dr. Philipp Libert<br />

Dr. Christian Giesecke, LL.M.<br />

PV<br />

Dr. Felix Pauli<br />

VD<br />

Dr. Giso Hellhammer-Hawig<br />

V<br />

Dr. Tanja Lehmann<br />

Martin Hahn<br />

E<br />

Dr. Kai Petra Dreesen, LL.M.<br />

Nick Kockler<br />

Dr. Tobias Volkwein<br />

Béla Gehrken<br />

PV<br />

PVL<br />

P Partner i.S.d. PartGG<br />

V Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />

B Fachanwalt für Bau- u. Architektenrecht<br />

M AnwaltMediator DAA<br />

(Dr. Rainer Voß auch FU Hagen)<br />

L McGill University (Montreal, Kanada)<br />

E Master of European Studies<br />

D Magister der Verwaltungswissenschaften<br />

(DHV Speyer)<br />

F Maîtrise en droit (Université Paris X)<br />

Gegründet <strong>von</strong> RA Wolfgang Lenz<br />

Dr. Alexander Beutling<br />

Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />

im Auftrage<br />

des Bundesverbandes Golfanlagen e.V., Zorneding<br />

Lenz und Johlen Tel. +49 221 973 002-0 Partnerschaftsgesellschaft Sparkasse KölnBonn Commerzbank AG<br />

Kaygasse 5 Fax +49 221 973 002-22 Sitz Köln, AG Essen PR 1775 Kto.-Nr. 14 002 018 Kto.-Nr. 15 15 600<br />

D 50676 Köln www.lenz-johlen.de Ust.ID.-Nr. DE 122725191 BLZ 370 501 98 BLZ 370 400 44


- 2 -<br />

Inhaltsverzeichnis:<br />

A. Sachverhalt 3<br />

B. Rechtliche Würdigung 6<br />

I. Voraussetzungen des § 17 Abs.1 PflSchG 7<br />

1. Golfplätze als Teil des Sammelbegriffs Sportplätze 7<br />

2. Verhältnis der Begriffe „für die Allgemeinheit bestimmt“ und „öffentlich<br />

zugänglich“ 8<br />

II. Auslegung 9<br />

1. Auslegung des Merkmals „bestimmt“ 9<br />

2. Anforderungen an die Zweckbestimmung 10<br />

a. Zahlungspflicht als Kriterium für die Zweckbestimmung 11<br />

b. Öffnung für die „Allgemeinheit“ als Kriterium für die Zweckbestimmung 12<br />

c. Öffentlich zugängliche Spazierwege 16<br />

4. Zwischenergebnis 17<br />

5. Exkurs: Verwendung <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> nach § 12 PflSchG 18<br />

III. Endergebnis 20


- 3 -<br />

A. Sachverhalt<br />

Der Bundesverband Golfanlagen e.V. ist die Dachorganisation der gewerblich betriebenen<br />

Golfanlagen in Deutschland. Sein Pendant ist der seit mehr als 100 Jahren bestehende<br />

Deutsche Golfverband e.V., der die Interessen der vereinsgeführten Golfanlagen<br />

vertritt. Traditionell wurden Golfanlagen <strong>von</strong> Vereinen gebaut und unterhalten.<br />

Die Finanzierung erfolgte über Spenden. Nachdem diese Möglichkeit <strong>auf</strong>grund <strong>von</strong><br />

Interventionen durch die Finanzverwaltung entfallen ist, werden neue Golfunternehmen<br />

nahezu ausschließlich <strong>auf</strong> gewerblicher Basis etabliert – mit allen steuerlichen<br />

und betriebswirtschaftlichen Konsequenzen wie sie bei deinem mittelständischen Unternehmen<br />

üblich sind. Parallel zum Golfanlagenbetrieb wird meist ein Verein etabliert,<br />

der jedoch ausschließlich die sportlichen und sozialen Belange der Mitglieder<br />

organisiert.<br />

Die Golfbetriebe werden als GmbH oder KG bzw. auch deren Mischformen gegründet.<br />

Diese Firmen errichten dann meist <strong>auf</strong> gepachtetem Land den Golfplatz, der <strong>von</strong> der<br />

Finanzverwaltung als Betriebsvorrichtung eingestuft wird und als bewegliches Wirtschaftsgut<br />

abgeschrieben und gegebenenfalls veräußert wird. Die betroffenen Flächen<br />

unterliegen der Grundsteuer B. Die Investitionssumme liegt alleine für einen Platz bei<br />

ca. 2,5 Mio. EUR ohne Maschinen und Clubhaus.<br />

Der Errichtung eines Golfplatzes geht ein Genehmigungsverfahren voraus, in der Regel<br />

mit einer vorhergehenden Bauleitplanung. Der Investor muss, um eine Baugenehmigung<br />

zu erhalten, einen sogenannten Landschaftspflegerischen Begleitplan beibringen,<br />

<strong>auf</strong> dem intensiv gepflegte Flächen und unbehandelt zu belassene Flächen dargestellt<br />

sind. Hier wird festgelegt, welche Behandlungs- und Pflegemaßnahmen <strong>auf</strong> den<br />

einzelnen Geländebauteilen erlaubt sind. Ergänzend werden ökologische Ausgleichsflächen<br />

festgelegt. Diese Ausgleichsflächen sind kein Bestandteil des Spielbetriebes.<br />

Sie sind naturzubelassen und dienen einem „ökologischen Ausgleich“ für den Eingriff<br />

in Landschaft und Natur.


- 4 -<br />

Neben den angesprochenen ökologischen Ausgleichflächen besteht eine Golfanlage<br />

beispielhaft aus folgenden wesentlichen Flächen:<br />

Abschläge (Tees) 0,23 ha<br />

Spielbahnen (Fairways) 1,8 ha<br />

Grüns (Greens) 1,0 ha<br />

Semi-Rough Flächen 5,8 ha<br />

Rough Flächen 12 ha<br />

Intensiv gepflegt werden Abschläge, Greens und Spielbahnen sowie in geringerem<br />

Umfang die Semi-Roughs. Die Rough-Flächen bleiben der natürlichen Entwicklung<br />

überlassen. Die intensive Pflege umfasst eine ausreichende Düngung, die Bekämpfung<br />

<strong>von</strong> Fremdbewuchs (mittels Herbiziden) sowie die Bekämpfung <strong>von</strong> Krankheiten und<br />

Schädlingen (u.a. mittels Fungiziden). Schon allein <strong>auf</strong>grund der hiermit verbundenen<br />

Kosten werden diese Maßnahmen so sparsam wie möglich durchgeführt. Ohne eine<br />

solche Unterstützung würden Pilzkrankheiten die Gräser zerstören oder würden Klee<br />

und Löwenzahn die wertvollen Gräser in kurzer Zeit verdrängen.<br />

Ein Golfplatz ist Arbeitgeber <strong>von</strong> bis zu 15 Personen, wo<strong>von</strong> 6 bis 7 Personen ihre<br />

Arbeit in der Grünpflege finden. Die Gesamtbetriebskosten liegen jährlich über 1. Mio.<br />

EURO.<br />

Die Spielberechtigung erwirbt das Mitglied (der Kunde) <strong>auf</strong>grund eines Nutzungsvertrages,<br />

der über ein Jahr oder auch länger l<strong>auf</strong>en kann. Dieser Vertrag regelt die Einzelheiten<br />

der Mitgliedschaft und des täglichen Spielbetriebs. Nur <strong>auf</strong>grund einer solchen<br />

Berechtigung besteht die Erlaubnis, den Golfplatz zu betreten. Auf spezielle Eingriffe<br />

in den Spielbetrieb, wie etwa das Besanden oder andere Behandlungsmaßnahmen,<br />

wird gesondert über ein Info-Bord am Eingang, am Rezeptionscounter und über<br />

die Internet-Seite hingewiesen. Die Anlagen akzeptieren auch Tagesgäste, sogenannte<br />

Greenfeespieler. Dabei handelt es sich um Golfspieler, die Mitglieder einer anderen


- 5 -<br />

Golfanlage sind. Nur die vorstehend erwähnten Personenkreise dürfen den Platz betreten.<br />

Golfanlagen werden häufig <strong>von</strong> Spazierwegen durchzogen, bei denen regelmäßig keine<br />

Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, da diese Wege nicht dem Spielbetrieb dienen.<br />

Von dort aus hat jedermann die Möglichkeit, das Golfspiel zu beobachten. Zur<br />

allgemeinen Freizeitgestaltung stehen die übrigen Flächen nicht <strong>zur</strong> Verfügung. Ein<br />

Betreten dieser Flächen durch Spaziergänger wäre auch zu gefährlich (fliegende Bälle)<br />

und könnte die Platzqualität gefährden (z.B. Fußspuren <strong>auf</strong> den Grüns). Der landschaftspflegerische<br />

Begleitplan bzw. die Baugenehmigung sehen vor, dass diese Wege<br />

der Öffentlichkeit zugänglich sein müssen, nicht aber der Golfplatz selbst.


- 6 -<br />

B. Rechtliche Würdigung<br />

Am 14.02.2012 ist das Gesetz zum Schutz <strong>von</strong> Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz -<br />

PflSchG) in Kraft getreten. Eine besondere Vorschrift für die <strong>Anwendung</strong> <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong><br />

<strong>auf</strong> Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, enthält § 17<br />

PflSchG, der wie folgt lautet:<br />

„§ 17 <strong>Anwendung</strong> <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> <strong>auf</strong> Flächen, die für die Allgemeinheit<br />

bestimmt sind.<br />

(1)<br />

Zusätzlich zu den Vorschriften nach § 12 darf <strong>auf</strong> Flächen, die für die Allgemeinheit<br />

bestimmt sind, nur ein zugelassenes Pflanzenschutzmittel angewandt<br />

werden,<br />

1.das als Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko nach Artikel 47 der Verordnung<br />

(EG) Nr. 1107/2009 zugelassen ist,<br />

2.für das vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im<br />

Rahmen eines Zulassungsverfahrens die Eignung für die <strong>Anwendung</strong> <strong>auf</strong> Flächen,<br />

die für die Allgemeinheit bestimmt sind, festgestellt worden ist oder<br />

3.das <strong>auf</strong> Grund seiner Eigenschaften vom Bundesamt für Verbraucherschutz<br />

und Lebensmittelsicherheit für die <strong>Anwendung</strong> <strong>auf</strong> Flächen, die für die Allgemeinheit<br />

bestimmt sind, nach dem Verfahren nach Absatz 2 genehmigt worden<br />

ist.<br />

Zu Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, gehören insbesondere öffentliche<br />

Parks und Gärten, Grünanlagen in öffentlich zugänglichen Gebäuden,<br />

öffentlich zugängliche Sportplätze einschließlich Golfplätze, Schul- und Kin-


- 7 -<br />

dergartengelände, Spielplätze, Friedhöfe sowie Flächen in unmittelbarer Nähe<br />

<strong>von</strong> Einrichtungen des Gesundheitswesens.“<br />

§ 17 Abs.1 S.1 PflSchG schreibt hiernach für Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt<br />

sind, eine restriktive <strong>Anwendung</strong> <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> vor. Der Dachverband<br />

der gewerblichen Golfanlagenbetreiber („Bundesverband Golfanlagen e.V.“)<br />

befürchtet, dass durch die Neuregelung des PflSchG die Bekämpfung <strong>von</strong> Wildkräutern<br />

(Klee, Löwenzahn, etc.) und Schimmelpilzen nahezu unmöglich gemacht werde.<br />

Dadurch seien erheblichen Gewinneinbußen zu befürchten, die zu einer existenziellen<br />

Bedrohung für die Mitglieds-Betriebe führen könnten.<br />

Gegenstand des Gutachtens ist die Frage, ob gewerblich betriebene Golfanlagen, bei<br />

denen eine Nutzung durch Personen nur <strong>auf</strong>grund eines individuellen Nutzungsvertrages<br />

zulässig ist, unter den Regelungsinhalt des § 17 Abs.1 S.1, 2 PflSchG fallen.<br />

I. Voraussetzungen des § 17 Abs.1 PflSchG<br />

§ 17 Abs.1 PflSchG nennt die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Norm.<br />

1. Golfplätze als Teil des Sammelbegriffs Sportplätze<br />

Ausgehend vom bloßen Wortlaut der Vorschrift, die ausdrücklich „Golfplätze“ nennt,<br />

könnte die Frage entstehen, ob Golfanlagen bereits <strong>auf</strong>grund der reinen Nennung im<br />

Gesetz vorbehaltlos unter den <strong>Anwendung</strong>sbereich der Norm fallen. In diesem Fall<br />

bedürfte es einer Definition des Begriff „Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt<br />

sind“ nicht.<br />

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Golfplätze unter Verwendung des Begriffs<br />

„einschließlich“ in die Aufzählung eingefügt worden sind. Dadurch wird klargestellt,<br />

dass zu dem Sammelbegriff Sportplätze auch Golfplätze gehören können. Sportplätze<br />

sind aber nicht per se Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, sondern nur<br />

bei öffentlicher Zugänglichkeit. Deshalb sind auch nur öffentlich zugängliche Golfplätze<br />

für die Allgemeinheit bestimmt.


- 8 -<br />

2. Verhältnis der Begriffe „für die Allgemeinheit bestimmt“ und „öffentlich zugänglich“<br />

Damit stellt sich aber die Frage, in welchem Verhältnis die Begriffe „Flächen, die für<br />

die Allgemeinheit bestimmt sind“ und „öffentliche Zugänglichkeit“ zueinander stehen.<br />

Unproblematisch ist aus dem Wortlaut der Norm zu erkennen ist, dass es sich bei den<br />

„Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind“ um eine echte Voraussetzung handelt,<br />

die erfüllt sein muss, damit die restriktiven Regelungen des § 17 PflSchG <strong>Anwendung</strong><br />

finden. Fraglich ist, ob § 17 Abs.1 S.2 PflSchG darüber hinaus eine weitere<br />

Voraussetzungen enthält, indem er für bei einigen der <strong>auf</strong>gezählten Flächen eine „öffentliche<br />

Zugänglichkeit“ fordert. Gegen eine solche Auffassung spricht bereits, dass<br />

das Merkmal der öffentlichen Zugänglichkeit nicht allen <strong>auf</strong>gezählten Flächen vorangestellt<br />

worden ist. Weiterhin handelt es sich bei der Aufzählung des § 17 Abs.1 S.2<br />

PflSchG um Regelbeispiele, wie sich bereits aus dem Wortlaut der Norm („gehören<br />

insbesondere“) erkennen lässt. Darüber hinaus ergibt sich dies auch aus dem Gesetzesentwurf<br />

der Bundesregierung, dessen Regelung in § 17 Abs.1 PflSchG wörtlich mit der<br />

als Gesetz beschlossenen Fassung dieser Vorschrift übereinstimmt (S.47 Drucksache<br />

17/7317):<br />

„[…] Absatz 1 enthält entsprechende Regelbeispiele. […]“<br />

Regelbeispiele tauchen insbesondere im Strafrecht <strong>auf</strong>; sind aber auch im Zivil- und<br />

Verwaltungsrecht häufig anzutreffen. Nach der Rechtsmethodik handelt es sich bei<br />

Regelbeispielen nicht um einen Teil des Tatbestands. Darüber hinaus sind Regelbeispiele<br />

auch weder abschließend noch bindend. Von ihrem Charakter her können sie<br />

keine zwingende Voraussetzung für eine Ermächtigungsgrundlage darstellen, sondern<br />

dienen nur der Erläuterung und Veranschaulichung. Mit ihrer Hilfe können die Voraussetzung<br />

für den Eingriff definiert werden, sie stellen jedoch selbst keine Voraussetzung<br />

dar.


- 9 -<br />

Alleinige Voraussetzung für die <strong>Anwendung</strong> des § 17 Abs.1 PflSchG ist somit, ob es<br />

sich um eine Fläche handelt, die für die Allgemeinheit bestimmt ist.<br />

II. Auslegung<br />

Daher ist die Bedeutung der Begriffe anhand der anerkannten Auslegungsmethoden zu<br />

ermitteln.<br />

1. Auslegung des Merkmals „bestimmt“<br />

Maßgeblich ist, dass die Fläche für die Allgemeinheit bestimmt ist. Daher ist zu klären,<br />

was unter dem Begriff zu verstehen ist. Umgangssprachlich wird mit der Formulierung<br />

„bestimmen“ eine Zweckbestimmung verbunden. Ebenso hat der Gesetzgeber in seinem<br />

Gesetzesentwurf argumentiert (Gesetzesentwurf der Bundesregierung Drucksache<br />

17/7317 S.47):<br />

„§ 17 regelt die <strong>Anwendung</strong> <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> <strong>auf</strong> Flächen, die für die<br />

Allgemeinheit bestimmt sind. Hierzu gehören z. B. öffentliche Parks, Gärten<br />

und Grünflächen aber auch solche in Privatbesitz, die <strong>von</strong> dem Eigentümer<br />

oder Verfügungsberechtigten für die Allgemeinheit zugänglich gemacht worden<br />

sind. Absatz 1 enthält entsprechende Regelbeispiele. Gemeinsam ist ihnen, dass<br />

die genannten Flächen bewusst für die Nutzung durch die Allgemeinheit geöffnet<br />

sind bzw. <strong>von</strong> vornherein für diese Nutzung geplant wurden.[…]<br />

Durch diese Begründung wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber zwischen Flächen die<br />

der öffentlichen Hand gehören, und solchen Flächen unterscheidet, die im Eigentum<br />

Privater stehen. Öffentliche Flächen entstehen dadurch, dass sie durch einen hoheitlichen<br />

Rechtsakt einer besonderen öffentlich-rechtlichen Nutzungsregelung unterstellt<br />

werden. Dies ist die Widmung. Der Hoheitsträger gibt die Sache bewusst und zweckgerichtet<br />

<strong>zur</strong> Nutzung für die Allgemeinheit frei. Für Sachen im Eigentum Privater<br />

muss selbiges gelten. Nur durch eine bewusste und zweckgerichtete Öffnung durch<br />

den Berechtigten wird eine Sache <strong>zur</strong> Nutzung für die Allgemeinheit freigegeben. Eine<br />

solche Deutung, die eine Zweckbestimmung fordert, lässt sich auch schon aus dem


- 10 -<br />

Wortlaut der Regelbeispiele in § 17 Abs.1 S.2 PflSchG entnehmen. Wie bereits erwähnt,<br />

sind einige der Beispiele mit dem Begriff „öffentlich zugänglich“ versehen;<br />

dies stellt jedoch keine Voraussetzung <strong>zur</strong> <strong>Anwendung</strong> der Norm dar. Auf den Begriff<br />

ist bei solchen Flächen verzichtet worden, die sich typischerweise in öffentlicher Trägerschaft<br />

befinden (Schulen und Kindergärten, Spielplätze, Friedhöfe). Dagegen wird<br />

der Begriff solchen Beispielen vorangestellt, die typischerweise in privater oder öffentlicher<br />

Trägerschaft vorzufinden sind (Parks und Gärten, Sportplätze). Da die öffentliche<br />

Zugänglichkeit ein Indiz dafür ist, dass eine Zweckbestimmung hinsichtlich einer<br />

Öffnung für die Allgemeinheit vorhanden ist,<br />

vgl. VG Arnsberg, Urt. v. 20.08.2007 – 14 K 274/07 –, DVP 2008, 212<br />

wird durch die Verwendung in § 17 Abs.1 S.2 PflSchG dar<strong>auf</strong> hingewiesen, dass eine<br />

Zweckbestimmung zugunsten der Allgemeinheit zwingend erforderlich ist.<br />

2. Anforderungen an die Zweckbestimmung<br />

Nach dem bereits gesagten, ist eine bewusste, positive Öffnung zugunsten der Allgemeinheit<br />

erforderlich. Daher kann ein rein tatsächlicher, eventuell nur zufällig ermöglichter<br />

Zugang nicht ausreichen, um eine Fläche als für die Allgemeinheit bestimmt, zu<br />

qualifizieren. Im Umkehrschluss bedeutet dies zwar nicht, dass Umzäunungen oder<br />

Verbotsschilder <strong>auf</strong>gestellt werden müssen. Sind solche jedoch vorhanden, muss eine<br />

bewusste Öffnung negiert werden.<br />

Andererseits kann eine bewusste Zweckbestimmung auch konkludent erfolgen, beispielsweise<br />

durch schlüssiges Verhalten. Für Golfplätze könnte eine solche Öffnung<br />

durch konkludente Zur-Verfügung-Stellung der Anlage zu bejahen sein. Golfplätze<br />

werden typischerweise nicht lediglich <strong>von</strong> ihrem Inhaber genutzt, sondern <strong>von</strong> vielen<br />

Personen <strong>auf</strong>gesucht. Der Inhaber ist gerade dar<strong>auf</strong> angewiesen, dass viele Personen<br />

seine Anlage nutzen. Nur so kann er einen Gewinn erzielen. Daher könnte man sagen,<br />

dass bereits aus diesem Grund eine Öffnung vorliegt, die den Golfplatz zu einer für die<br />

Allgemeinheit bestimmten Fläche macht.


- 11 -<br />

a. Zahlungspflicht als Kriterium für die Zweckbestimmung<br />

Fraglich ist jedoch, ob durch den gestatteten Zugang zahlender Kunden bereits der<br />

Allgemeinheit Zugang gewährt worden ist.<br />

Durch die Notwendigkeit der Zahlung eines Eintrittsgeldes bzw. eines Vereinsbeitrags<br />

könnte im Gegenteil die öffentliche Zugänglichkeit beschränkt und das Merkmal der<br />

Allgemeinheit zu verneinen sein. Zur Beantwortung dieser Frage hilft wieder der Vergleich<br />

mit dem öffentlichen Sachenrecht. Zur Nutzung <strong>von</strong> Straßen im Gemeingebrauch<br />

beispielsweise, ist nach der Begriffsbestimmung des BVerfG, jedermann<br />

ohne besondere Zulassung berechtigt, soweit er die Straße gemäß der hoheitlichen<br />

Zweckbestimmung und in üblicher Weise zum Verkehr nutzt.<br />

BVerfG, Urt. v. 10.12.1975 – 1 BvR 118/71 –, E 40, 371, 378.<br />

Hiernach könnte man dar<strong>auf</strong> schließen, dass der zulassungsfreie Zugang ein Kriterium<br />

der Zugänglichkeit für die Allgemeinheit sei. Allerdings gibt es nicht nur öffentliche<br />

Sachen im Gemeingebrauch, sondern auch öffentliche Sachen im Sonder- oder Anstaltsgebrauch.<br />

Auch sie dienen unstreitig der Allgemeinheit; der Zugang zu ihnen ist<br />

jedoch reglementiert.<br />

BVerwG, Urt. v. 30.11.1995 – 7 C 55.94 –, E 100, 70, 74ff.<br />

Ebenso können auch öffentliche Einrichtungen gemäß § 8 Abs.3 GO NRW eine Nutzungsgebühr<br />

erheben, ja sich sogar in privater Trägerschaft befinden, ohne dass deshalb<br />

ihre öffentliche Zweckbestimmung zu negieren wäre. Golfplätze sind daher nicht<br />

bereits deshalb vom <strong>Anwendung</strong>sbereich des § 17 Abs.1 PflSchG ausgenommen, weil<br />

die Nutzung der Spielbahnen nur nach Zahlung eines Eintrittsgeldes möglich ist.


- 12 -<br />

b. Öffnung für die „Allgemeinheit“ als Kriterium für die Zweckbestimmung<br />

Golfplätze könnten aber deshalb nicht vom <strong>Anwendung</strong>sbereich des § 17 Abs.1<br />

PflSchG erfasst sein, weil nur ein eng umgrenzter, nach speziellen Kriterien unterscheidbarer<br />

Personenkreis die Spielbahnen benutzen darf. Damit könnte das Merkmal<br />

der Allgemeinheit negiert sein.<br />

Wie der Begriff „Allgemeinheit“ zu verstehen ist, kann dem Gesetz selbst nicht entnommen<br />

werden. Weder aus § 17 noch aus § 2 PflSchG, der Begriffsbestimmungen<br />

enthält, lässt sich eine Definition entnehmen.<br />

Der Begriff „Allgemeinheit“ wird jedoch auch in anderen Gesetzen verwendet. So<br />

kann <strong>zur</strong> Auslegung des § 17 Abs.1 PflSchG auch die baurechtliche Vorschrift in § 5<br />

Abs.2 Nr.2 lit.a BauGB mit in den Blick genommen werden, die die Darstellung <strong>von</strong><br />

dem der Allgemeinheit dienenden baulichen Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs<br />

im Flächennutzungsplan betrifft. Der Begriff der Allgemeinheit wird in diesem<br />

Zusammenhang als ein nicht fest bestimmter, wechselnder Teil der Bevölkerung verstanden.<br />

vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkhahn/Bielenberg, BauGB, § 5 Rn.26; BVerwG,<br />

Beschl. v. 18.05.1994 – 4 NB 15.94 –; Söfker, in: Ernst/Zinkhahn/Bielenberg,<br />

BauGB, § 9 Rn.58; BVerwG, Beschl. v. 18.05.1994 – 4 NB 15.94 –.<br />

Ebenso bestimmt § 7 Abs.1 S.1 FStrG, dass jedermann - im Rahmen der Widmung<br />

und der verkehrsbehördlichen Vorschriften – der Gebrauch <strong>von</strong> Bundesfernstraßen<br />

gestattet ist. Die Berechtigung für „jedermann“ bedeutet, dass kein Ausschluss bestimmter<br />

Menschen oder Personenkreise vom Gemeinbrauch erfolgen darf; der Kreis<br />

der Benutzer also unbestimmt ist. Da<strong>von</strong> zu unterscheiden sind Privatstraßen, die<br />

nicht der Allgemeinheit <strong>zur</strong> Verfügung stehen.


- 13 -<br />

Sie dürfen nur <strong>von</strong> solchen Personen genutzt werden, die schon vor dem Gebrauch<br />

zum Verfügungsberechtigten in einer engen persönlichen Beziehung stehen.<br />

VG Berlin, Urt. v. 31.10.2011 – 1 K 177/10 –.<br />

Ebenso verhält es sich auch mit dem Zugang zu einem Golfplatz. Zugang <strong>zur</strong> Spielbahn<br />

einer Golfanlage hat nicht jedermann. Voraussetzung ist vielmehr, dass man Mitglied<br />

in dem angeschlossenen Golfverein ist bzw. durch einen Nutzungsvertrag eine<br />

Spielberechtigung individuell erworben hat. Darüber hinaus wird <strong>von</strong> den Spielern die<br />

Platzreife gefordert. Zwar können auch Mitglieder anderer Vereine als sog. Greenfeespieler<br />

die Anlage nutzen, allerdings wird auch <strong>von</strong> diesen Gästen erwartet, dass sie<br />

über eine zertifizierte Platzreife verfügen. Die Benutzung ist daher nur einem nach<br />

besonderen Merkmalen bestimmbaren, vom Verfügungsberechtigten festgelegten<br />

Personenkreis erlaubt. Durch das dauerhafte Vertragsverhältnis und durch den Nachweis<br />

der Platzreife treten Golfplatzinhaber und Spieler in eine qualifizierte und individualisierbare<br />

Beziehung, die diesen Personenkreis gegenüber der Allgemeinheit abgrenzt.<br />

Hierdurch wird dem Golfanlagenbetreiber auch die Möglichkeit eingeräumt,<br />

den Spieler <strong>auf</strong> die Verwendung <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> hinzuweisen und vor Gefahren<br />

zu warnen.<br />

Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme <strong>zur</strong> Gesetzgebung ebenfalls die Ansicht<br />

geäußert, dass § 17 Abs.1 PflSchG keine <strong>Anwendung</strong> findet, wenn der Kreis der<br />

Nutzer genau bestimmt ist:<br />

„[…] Die Regelung dient der Umsetzung <strong>von</strong> Artikel 12 der Richtlinie<br />

2009/128/EG. Bei Sportplätzen, die nur einem bestimmten Kreis <strong>von</strong> Nutzern<br />

und nicht der Allgemeinheit zugänglich sind, kann die Entscheidung über die<br />

durchzuführenden Pflanzenschutzmaßnahmen eigenverantwortlich durch die<br />

Eigentümer bzw. Nutzer getroffen werden. Der Vorschlag würde über eine<br />

1:1- Umsetzung der Richtlinie 2009/128/EG hinausgehen.“ (Seite 2 Drucksache<br />

17/7369)


- 14 -<br />

Dieses Verständnis der Bundesregierung deckt sich auch mit dem Zweck der Regelung.<br />

Während das Pflanzenschutzgesetz gemäß § 1 Nr.3 PflSchG allgemein den<br />

Zweck verfolgt,<br />

„Gefahren, die durch die <strong>Anwendung</strong> <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> oder durch<br />

andere Maßnahmen des Pflanzenschutzes, insbesondere für die Gesundheit <strong>von</strong><br />

Mensch und Tier und für den Naturhaushalt, entstehen können, abzuwenden<br />

oder ihnen vorzubeugen“,<br />

also primär ökologischen Gesichtspunkten dient, wird durch die strengeren Voraussetzungen<br />

für den Einsatz <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> nach § 17 Abs.1 PflSchG ein darüber<br />

hinausgehender Zweck verfolgt. Dieser wird in der Richtlinie 2009/128/EG -<br />

Abs. 16 der Erwägungen - genannt:<br />

„In sehr empfindlichen Gebieten — z. B. Natura-2000- Schutzgebieten gemäß<br />

der Richtlinie 79/409/EWG und der Richtlinie 92/43/EWG — kann die Verwendung<br />

<strong>von</strong> Pestiziden besonders gefährlich sein. An anderen Orten, z. B. in öffentlichen<br />

Parks und Gärten, <strong>auf</strong> Sport- und Freizeitplätzen, Schulgeländen und<br />

<strong>auf</strong> Kinderspielplätzen sowie in unmittelbarer Nähe <strong>von</strong> Einrichtungen des Gesundheitswesens<br />

besteht bei einer Pestizidexposition ein hohes Risiko. In diesen<br />

Gebieten sollte die Verwendung <strong>von</strong> Pestiziden minimiert oder verboten werden.<br />

Wenn Pestizide verwendet werden, sollten geeignete Risikomanagementmaßnahmen<br />

getroffen werden, wobei Pestiziden mit einem geringen Risiko sowie<br />

biologischen Bekämpfungsmaßnahmen der Vorzug gegeben werden sollte.“<br />

In Art. 12 der Richtlinie heißt es weiterhin:<br />

„Verringerung der Verwendung <strong>von</strong> Pestiziden bzw. der damit verbundenen<br />

Risiken in bestimmten Gebieten


- 15 -<br />

Die Mitgliedstaaten stellen unter angemessener Berücksichtigung der Anforderungen<br />

an die notwendige Hygiene, an die öffentliche Gesundheit und biologische<br />

Vielfalt oder der Ergebnisse einschlägiger Risikobewertungen sicher, dass<br />

die Verwendung <strong>von</strong> Pestiziden in bestimmten Gebieten soweit wie möglich minimiert<br />

oder verboten wird. Es sind geeignete Risikomanagementmaßnahmen<br />

zu treffen, und der Verwendung <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> mit geringem Risiko<br />

im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sowie biologischen Bekämpfungsmaßnahmen<br />

ist der Vorzug zu geben. Diese bestimmten Gebiete sind:<br />

a) Gebiete, die <strong>von</strong> der Allgemeinheit oder <strong>von</strong> gefährdeten Personengruppen<br />

im Sinne <strong>von</strong> Art.3 der Verordnung (EG) Nr.1107/2009 genutzt werden, wie<br />

öffentliche Parks und Gärten, Sport- und Freizeitplätze, Schulgelände und<br />

Kinderspielplätze sowie Gebiete in unmittelbarer Nähe <strong>von</strong> Einrichtungen<br />

des Gesundheitswesens; […]“<br />

Die hier genannten „gefährdeten Personengruppen“ werden nach Art.3 Nr.14 der Verordnung<br />

(EG) Nr. 1107/2009 (des Europäischen Parlaments und des Rates vom<br />

21.10.2009 über die Inverkehrbringung <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong>, verkündet im<br />

Amtsblatt der Europäischen Union vom 24.11.2009) definiert als<br />

„Personen, die bei der Bewertung akuter und chronischer Gesundheitsauswirkungen<br />

<strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> besonders zu berücksichtigen sind. Dazu<br />

zählen schwangere und stillende Frauen, Kinder im Mutterleib, Säuglinge,<br />

Kinder, ältere Menschen, sowie Arbeitnehmer und Anrainer, die über einen<br />

längeren Zeitraum einer hohen Pestizidbelastung ausgesetzt sind“<br />

Von diesem Zweck hat sich auch der nationale Gesetzgeber leiten lassen (vgl. Seite 47<br />

der BT-Drucksache 17/7317):<br />

㤠17 dient der Umsetzung <strong>von</strong> Art.12 der Richtlinie 2009/128/EG, soweit sich<br />

diese <strong>auf</strong> Flächen, die <strong>von</strong> der Allgemeinheit genutzt werden, bezieht“


- 16 -<br />

Zweck des § 17 Abs.1 PflSchG ist es somit, einen besonders hohen Schutz <strong>auf</strong> solche<br />

Flächen zu gewähren, <strong>auf</strong> denen sich typischerweise Personen <strong>auf</strong>halten, für die die<br />

Belastung mit <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> besonders gravierende Gesundheitsauswirkungen<br />

haben kann (wie Kinder in Kindergärten, Schulen, Spielplätzen). Da solche Flächen<br />

typischer Weise weitläufig, <strong>auf</strong> zahlreichen Wegen zugänglich sind und <strong>auf</strong> ihnen häufig<br />

eine starke Fluktuation herrscht, kann ein Kontakt mit <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> durch<br />

Informationstafeln und Gefahrenhinweise nicht in einem gleich geeignetem Maße verhindert<br />

werden, wie dies durch die Reduzierung der Pflanzenschutzmittel der Fall ist.<br />

Art. 16 der Erwägungen besagt jedoch auch, dass geeignete Risikomanagement-<br />

Maßnahmen getroffen werden können. Bei einer Fläche, die nur <strong>von</strong> einem bestimmten<br />

Personenkreis betreten werden darf, sind solche geeignete Risikomanagement-<br />

Maßnahme z.B. die Information der Spieler oder die Anordnung <strong>von</strong> verhaltensregelnden<br />

Maßnahmen.<br />

In der Zugänglichmachung des Golfplatzes für Golfspieler, die spezielle Voraussetzungen<br />

erfüllen, ist somit keine Zweckbestimmung für die Allgemeinheit zu sehen.<br />

c. Öffentlich zugängliche Spazierwege<br />

Eine Zweckbestimmung für die Allgemeinheit könnte darin liegen, dass die Wege <strong>auf</strong><br />

Golfplätzen auch <strong>von</strong> Spaziergängern genutzt werden.<br />

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Spaziergänger lediglich die durch den Golfplatz<br />

führenden Wanderwege betreten dürfen; ihnen der Zutritt zu den Spielbahnen<br />

dagegen untersagt ist. Daher mag man zwar die Wanderwege als für die Allgemeinheit<br />

bestimmt qualifizieren; in keinen Fall aber die zum Sport dienenden Teilflächen. Ein<br />

intensiver Kontakt mit dem behandelten Grün ist für den Fall, dass an den Spielbahnen<br />

vorbei spaziert wird, ausgeschlossen. Insbesondere führen die Wanderwege nicht direkt<br />

an den behandelten Flächen vorbei, sondern sind <strong>von</strong> diesen noch durch die nicht<br />

behandelten Flächen des Rough getrennt. Auch sind gefährdete Personen nach Art.3


- 17 -<br />

Nr.14 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 keiner höheren Belastung ausgesetzt, als<br />

dies der Fall wäre, wenn sie <strong>auf</strong> Spazierwegen neben landwirtschaftlich genutzten Flächen<br />

vorbei wandern würden. Diese Flächen sind auch nicht für die Allgemeinheit<br />

bestimmt, nur weil sie an Wanderwege angrenzen.<br />

Die Existenz <strong>von</strong> für die Öffentlichkeit bestimmten Wanderwegen <strong>auf</strong> dem Golfplatz<br />

führt daher nicht dazu, dass die Golfplätze in Gänze (einschließlich ihrer Spielbahnen)<br />

als für die Allgemeinheit bestimmt anzusehen sind.<br />

4. Zwischenergebnis<br />

Der Begriff „Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind“, ist daher so auszulegen,<br />

dass eine bewusste und zweckgerichtete Öffnung der Fläche für einen nicht bestimmbaren<br />

Personenkreis erfolgen muss.<br />

An dieser Voraussetzung fehlt es bei gewerblich betriebenen Golfanlagen, bei denen<br />

eine Nutzung durch Personen nur <strong>auf</strong>grund eines individuellen Nutzungsvertrages zulässig<br />

ist.<br />

Dieses Zwischenergebnis wird dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber Golfplätze allgemein<br />

zu den gärtnerisch genutzten Freilandflächen im Sinne des § 12 Abs. 2<br />

PflSchG zählt. Unter gärtnerischer Nutzung ist nicht nur der Erwerbsgartenbau zu verstehen,<br />

sondern jede gärtnerische Nutzung z.B. Haus- und Kleingärten, Parks, sonstige<br />

Grünanlagen, Sportanlagen, Golfplätze sowie Friedhöfe.<br />

Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode, Drucksache 17/7317, Seite 45<br />

Die Anforderungen des § 17 PflSchG sollen damit gerade nicht generell für alle Golfplätze<br />

<strong>Anwendung</strong> finden, sondern nur für solche, die „für die Allgemeinheit bestimmt<br />

sind.“


- 18 -<br />

5. Exkurs: Verwendung <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> nach § 12 PflSchG<br />

Auch wenn die strengen Voraussetzungen des § 17 PflSchG hiernach keine <strong>Anwendung</strong><br />

finden, ist der Einsatz <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> gleichwohl nicht uneingeschränkt<br />

möglich. Die <strong>Anwendung</strong> <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> richtet sich dann nach<br />

der allgemeinen Vorschrift des § 12 PflSchG:<br />

§ 12 Vorschriften für die <strong>Anwendung</strong> <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong><br />

(1) Pflanzenschutzmittel dürfen einzeln oder gemischt mit anderen nur angewandt<br />

werden, wenn sie zugelassen sind, die Zulassung nicht ruht und nur<br />

1. in den in der Zulassung festgesetzten, jeweils gültigen <strong>Anwendung</strong>sgebieten,<br />

2. entsprechend den in der Zulassung festgesetzten, jeweils gültigen<br />

<strong>Anwendung</strong>sbestimmungen.<br />

(2) Pflanzenschutzmittel dürfen nicht <strong>auf</strong> befestigten Freilandflächen und nicht<br />

<strong>auf</strong> sonstigen Freilandflächen, die weder landwirtschaftlich noch forstwirtschaftlich<br />

oder gärtnerisch genutzt werden, angewendet werden. […]<br />

(6) Abweichend <strong>von</strong> Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 dürfen zugelassene Pflanzenschutzmittel<br />

auch in einem anderen als mit der Zulassung festgesetzten <strong>Anwendung</strong>sgebiet<br />

angewandt werden, wenn die zuständige Behörde eine Genehmigung<br />

nach § 22 Absatz 2 erteilt hat.<br />

Nach Abs. 2 S. 1 ist der Einsatz <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> <strong>auf</strong> Freilandflächen grundsätzlich<br />

verboten. Ausnahmen gelten jedoch unter anderem für solche Freilandflächen,<br />

die gärtnerisch genutzt werden. Unter den Begriff der „gärtnerischen Nutzung“ fällt<br />

dabei nicht nur der Erwerbsgartenbau, sondern jede gärtnerische Nutzung; so auch die<br />

Pflege <strong>von</strong> Golfanlagen.<br />

Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode, Drucksache 17/7317, Seite 45


- 19 -<br />

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 PflSchG nur solche<br />

Pflanzenschutzmittel verwendet werden dürfen, die auch für das jeweilige <strong>Anwendung</strong>sgebiet<br />

zugelassen sind; die Verwendung <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> in anderen<br />

<strong>Anwendung</strong>sgebieten ist daher nicht zulässig. Für <strong>Anwendung</strong>sgebiete mit geringfügigem<br />

Umfang oder geringer gesamtwirtschaftlicher Bedeutung (zum Beispiel die Rasenflächen<br />

<strong>auf</strong> Golfplatzanlagen), kann dies zu dem Problem führen, dass das spezielle<br />

<strong>Anwendung</strong>sgebiet bei keiner Zulassung festgesetzt worden ist. In einem solchen Fall<br />

würde § 12 Abs. 1 Nr. 1 PflSchG der <strong>Anwendung</strong> <strong>von</strong> <strong>Pflanzenschutzmitteln</strong> daher<br />

entgegen stehen, obwohl (eventuell) ein wirksames Pflanzenschutzmittel vorhanden<br />

ist.<br />

Damit für solche „Lückenkulturen“ (auch „Lückenindiktionen“ genannt) dennoch ein<br />

effektiver Pflanzenschutz gewährleistet werden kann, sieht § 12 Abs. 6 PflSchG in<br />

Verbindung mit § 22 Abs. 2 PflSchG vor, dass die zugelassenen Pflanzenschutzmittel<br />

in Einzelfällen auch in einem anderen als mit der Zulassung festgesetzten <strong>Anwendung</strong>sgebiet<br />

angewandt werden dürfen (frühere sogenannte „18b-Genehmigung“). Für<br />

eine solche <strong>Anwendung</strong> ist ein Genehmigungserfordernis – bezogen <strong>auf</strong> den Einzelfall<br />

– beibehalten worden.


- 20 -<br />

III. Endergebnis<br />

Gewerblich betriebene Golfanlagen, bei denen eine Nutzung durch Personen nur <strong>auf</strong>grund<br />

eines individuellen Nutzungsvertrages und unter besonderen Voraussetzungen<br />

zulässig ist, sind nicht im Sinne des § 17 Abs. 1 PflSchG als Flächen zu qualifizieren,<br />

die „für die Allgemeinheit bestimmt“ sind. Es an einer bewussten „Bestimmung“ dieser<br />

Golfplätze für die Allgemeinheit – eine „Bestimmung“ erfolgt sogar im Gegenteil<br />

dahingehend, dass nur ein gegenüber der Allgemeinheit abgrenzbarer und individualisierbarer<br />

Personenkreis diese Plätze nutzen darf.<br />

Für diese Auslegung sprechen der Wortlaut, die europarechtlichen Bezüge, die Gesetzesmaterialien<br />

sowie der Sinn und Zweck der Vorschrift.<br />

Ein anderes Ergebnis ergibt sich für solche (Wander-)Wege, die nach den jeweiligen<br />

Genehmigungsunterlagen (bewusst) für eine Nutzung durch die Allgemeinheit bestimmt<br />

worden sind.<br />

(Dr. Alexander Beutling)<br />

Rechtsanwalt

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