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Der Willensvollstrecker in der Erbteilung<br />

B. Erbteilung mit dem Willensvollstrecker<br />

a) In der Praxis kommt es gelegentlich vor, dass<br />

die Erben, welche eine Fortsetzung der Erbengemeinschaft<br />

vereinbart haben, 41 Jahre später auf diesen<br />

Beschluss zurückkommen und die Teilung dennoch<br />

durchführen, ohne dass ein neuer Nachlass<br />

hinzugekommen wäre. Hier stellt sich die Frage, ob<br />

die Willensvollstreckung wieder auflebe oder nicht.<br />

Ähnlich wie man beim Auftauchen von neuem<br />

Nachlassgut (Aktiven oder Passiven) die Willensvollstreckung<br />

wieder aufleben lässt, 42 kann der Willensvollstrecker<br />

auch bei einer Beendigung der fortgesetzten<br />

Erbengemeinschaft seine Aufgabe wieder<br />

aufnehmen. Hierher gehört auch der Fall, in welchem<br />

der Willensvollstrecker seine Tätigkeit entweder<br />

nicht wirklich aufnimmt oder wieder einstellt<br />

(etwa weil die Erben keine Interesse an einer Teilung<br />

zeigen, also stillschweigend die Erbengemeinschaft<br />

fortsetzen) und erst Jahre später, etwa wenn<br />

die Erben die Teilung ohne ihn vollziehen wollen,<br />

wieder auf den Plan tritt und weitermachen möchte.<br />

Es gibt keine Verjährung oder Verwirkung, welche<br />

ein solches Aufleben seiner Tätigkeit verhindern<br />

würde.<br />

b) Anders liegt der Fall, wenn die Erben die Fortsetzung<br />

der Erbengemeinschaft beim Tod des ersten<br />

Elternteils vereinbaren und nach dem Ableben<br />

des zweiten Elternteils zur Erbteilung schreiten. In<br />

diesem Fall lebt die Willensvollstreckung des ersten<br />

Elternteils nicht mehr auf, weil dieser Nachlass<br />

gar nicht geteilt wird, sondern (nur) derjenige<br />

des zweiten Elternteils. Der Willensvollstrecker des<br />

zweitverstorbenen Elternteils ist allein berechtigt,<br />

sein Amt auszuüben. Daran ändert sich auch nichts,<br />

wenn die Erben des ersten und zweiten Elternteils<br />

nicht identisch sind.<br />

vues par le de cujus.» 43 Das ist zwar auch ähnlich im<br />

Basler Kommentar zu lesen, 44 allerdings mit dem<br />

deutlichen Hinweis, dass die alten Kommentatoren<br />

den Teilungsregeln beim Vorhandensein eines Willensvollstreckers<br />

noch mehr Gewicht gaben, während<br />

die neuere Lehre den Erben freie Hand bei<br />

der Erbteilung gibt und damit dem Erblasser verwehrt,<br />

gegen den (gemeinsamen) Willen der Erben<br />

Teilungsregeln mit Hilfe eines Willensvollstreckers<br />

durchzusetzen. Oder anders ausgedrückt: Das Vorhandensein<br />

eines Willensvollstreckers hindert die<br />

Erben nicht daran, Teilungsregeln einvernehmlich<br />

zu beseitigen.<br />

b) Wenn der Erblasser den Willensvollstrecker anweist,<br />

den Nachlass zu liquidieren für den Fall, dass<br />

sich die Erben mehrfach nicht einigen können, kann<br />

die Umsetzung dieser Weisung am (übereinstimmenden)<br />

Willen der Erben scheitern, nichts verkaufen<br />

zu wollen. 45<br />

2. Teilung von unklaren Schulden<br />

a) Der Willensvollstrecker erfasst die ihm bekannten<br />

Aktiven und Passiven in seinem Inventar und<br />

er muss diese aus seiner Sicht bewerten. 46 Dazu gehören<br />

auch laufende Prozesse 47 und hängige Steuern.<br />

48 Potentielle Passiven, etwa mögliche Haftungen<br />

des Erblassers oder unbekannte Steuerschulden<br />

des Erblassers im In- und Ausland, darf der Willensvollstrecker<br />

pro memoria im Inventar erfassen.<br />

Die definitive Bewertung der einzelnen Posten<br />

des Nachlassinventars (Aktiven und Passiven)<br />

ist Sache der Erben, sie können den Wert der Nachlassgüter<br />

in der Erbteilung völlig frei festlegen und<br />

sind dabei auch nicht an einen Marktwert (Art. 617<br />

ZGB) gebunden. 49 Hier ist ein wesentlicher Unterschied<br />

zwischen dem schweizerischen Willensvollstrecker<br />

und dem deutschen Testamentsvollstrecker<br />

hervorzuheben: Der Willensvollstrecker hat in<br />

1. Teilungsvorschriften<br />

a) Huber-Froidevaux schreibt: «Il est par ailleurs<br />

controversé au sein de la doctrine le point de savoir<br />

si la désignation d’un exécuteur testamentaire<br />

… modifie la situation juridique des héritiers<br />

qui ne pourraient alors plus déroger aux règles pré-<br />

41 Vgl. dazu vorne, A. 2. a).<br />

42 Vgl. BK-Künzle (Fn. 4), Art. 517 – 518 ZGB N 381, mit<br />

Verweis auf René Juchler, Anfang und Ende der Willensvollstreckung,<br />

(Diss. Zürich) Zürich 1998, S. 125.<br />

43 Annouchka Huber-Froidevaux, Kommentar zu Art. 607 –<br />

609 ZGB, in: Commentaire du droit des successions,<br />

hrsg. V. Antoine Eigenmann und Nicolas Rouiller, Bern<br />

2012, Art. 608 ZGB N 5.<br />

44 Vgl. BSK-Schaufelberger-Keller (Fn. 10), Art. 608<br />

ZGB N 11.<br />

45 Vgl. dazu BK-Künzle (Fn. 4), Art. 517 – 518 ZGB N 310.<br />

46 Vgl. dazu BK-Künzle (Fn. 4), Art. 517 – 518 ZGB<br />

N 107 ff.<br />

47 Etwa die Fortführung eines Verantwortlichkeitsprozesses,<br />

vgl. den Sachverhalt in BGE 95 II 320 Pt. C. S. 322.<br />

48 Vgl. dazu BK-Künzle (Fn. 4), Art. 517 – 518 ZGB<br />

N 242 ff.<br />

49 Die Bewertung der Aktiven und Passiven ist ausschliesslich<br />

Sache der Erben, vgl. PraxKomm-Weibel (Fn. 9),<br />

Art. 617 ZGB N 21.<br />

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