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Der Willensvollstrecker in der Erbteilung<br />
der Erbgengemeinschaft vereinbaren, stimmt weitgehend<br />
20 auch mit dem deutschen Recht überein. 21<br />
b) In der Rechtsprechung gibt es folgende Fälle<br />
von fortgeführten Erbengemeinschaften: (1) Im Urteil<br />
des Obergerichts Zürich vom 06.10.1995 22 wurde<br />
die Fortführung der Erbengemeinschaft im Zusammenhang<br />
mit einer Statue auf dem Grab des Erblassers<br />
vermutet, weil im konkreten Fall kein anderes<br />
Gemeinschaftsverhältnis nachgewiesen werden<br />
konnte. Der Jubilar hat in einer Entscheidbesprechung<br />
zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei<br />
einem Grabstein (auch wenn er inzwischen einen<br />
Wert von einer halben Million Schweizerfranken<br />
hat) um einen besonderen Gegenstand handelt, bei<br />
dem die Unteilbarkeit (Art. 604 und Art. 613 Abs. 1<br />
ZGB) und eine Widmung zu beachten seien, welche<br />
eine jederzeitige Teilung des Erbes verhindern. 23<br />
Dieser Fall erweist sich von der zeitlichen Dauer<br />
her noch als geeignet, einen Dauer-Willensvollstrecker<br />
24 einzusetzen, von der verbleibenden Aufgabe<br />
her dagegen nicht. (2) 1960 kam das Bundesgericht<br />
in BGE 86 II 451 E. 4 und 5 trotz eines anders lautenden<br />
Satzes im Liquidationsbericht des Willensvollstreckers<br />
von 1945 («Damit ist die Erbteilung<br />
abgeschlossen») zum Schluss, dass die Erbengemeinschaft<br />
fortbestehe, weil die Erben im Grundbuch<br />
immer noch als Gesamteigentümer eingetragen<br />
waren. Dies hatte zur Folge, dass die Erben<br />
die Teilung jederzeit verlangen konnten. Die Auf-<br />
20 Vgl. Jürgen Damrau, Kommentar zu §§ 2197–2228<br />
BGB, in: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch,<br />
Band 22: Erbrecht 2: §§ 2064 – 2273 und §§ 1–35 BeurkG,<br />
hrsg. v. Hs. Th. Soergel, W. Siebert u.a., 13. A., Stutt gart<br />
2003 (zit. Soergel-Damrau), § 2204 BGB N 5: Der Testamentsvollstrecker<br />
muss sich bei Vorliegen eines wichtigen<br />
Grundes nicht an die Vereinbarung der Erben<br />
halten; ebenso Wolfgang Reimann, Kommentar zu<br />
§§ 2197–2228 BGB, in: J. von Staudingers Kommentar<br />
zum Bürgerlichen Gesetzbuch und Nebengesetzen, Band<br />
V: Erbrecht §§ 2197–2264 (Testament 2), 14. A., Berlin<br />
2003 (zit. Staudinger-Reimann), § 2204 BGB N 6.<br />
21 Vgl. OLG Nürnberg 12 U 2235/09 vom 21. April 2010,<br />
ZEV 18 (2011) 35 = WM 64 (2010) 1286: «Miterben können<br />
durch Vereinbarung untereinander die Auseinandersetzung<br />
des Nachlasses auf Dauer ausschließen … Ist<br />
Testamentsvollstreckung lediglich als Abwicklungsvollstreckung<br />
gemäß §§ 2203, 2204 BGB … angeordnet, so<br />
führt eine derartige Vereinbarung der Miterben ipso jure<br />
zur Beendigung der Testamentsvollstreckung …»; Seemüller<br />
(Fn. 10), S. 13: «Schliessen die Miterben daher<br />
übereinstimmend die Auseinandersetzung aus, so binden<br />
sie damit auch … Testamentsvollstrecker».<br />
22 Vgl. AJP 5 (1996) 1283 E. 5 und 6.<br />
23 Vgl. Peter Breitschmid, Bemerkungen zu OGer. ZH<br />
vom 06.10.1995, AJP 5 (1996) 1286 f.<br />
24 Vgl. dazu BK-Künzle (Fn. 4), Art. 517–518 ZGB N 51 ff.<br />
gabe des Willensvollstreckers dagegen war längst<br />
beendet.<br />
c) Je nach Vereinbarung bzw. Umständen kann<br />
aber auch eine vollständige Teilung vorliegen und<br />
die Erbengemeinschaft beendet sein; dann wird das<br />
Nachlassgut von den Erben auf andere Art gemeinschaftlich<br />
gehalten, etwa in Form einer einfachen<br />
Gesellschaft (Art. 530 ff. OR), als Miteigentum<br />
(Art. 646 ff. ZGB), über eine Kollektivgesellschaft<br />
(Art. 552 ff. OR) oder in weiteren Formen. 25 Wenn<br />
die Erben keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen<br />
haben, bestehen je nach Art und Grösse<br />
des gemeinschaftlich gehaltenen Gutes Vermutungen,<br />
ob die Erbengemeinschaft noch bestehe<br />
oder aufgelöst worden sei: «Im allgemeinen spricht<br />
die Vermutung gegen die totale Teilung, solange<br />
noch einigermassen nennenswerte Erbschaftsgegenstände<br />
ungeteilt geblieben sind. Sind jedoch nur<br />
noch ungeteilte Gegenstände ‹mit vorwiegend idealem<br />
Wert› vorhanden (Familienschriften etc.), so<br />
spricht dies für die Annahme von Miteigentum oder<br />
die Begründung einer einfachen Gesellschaft». 26<br />
Diese Rechtsgemeinschaften sind auf Dauer angelegt<br />
und verfolgen nicht wie die Erbengemeinschaft<br />
den Zweck der Liquidation, sondern andere Zwecke,<br />
wie etwa das dauernde Halten einer Liegenschaft.<br />
Sobald die Erbteilung umfassend durchgeführt<br />
wurde und Nachlassgut in einer anderen Form<br />
als in einer (fortgesetzten) Erbengemeinschaft gehalten<br />
wird, verliert der Willensvollstrecker sein Tätigkeitsfeld,<br />
sein Mandat wird gegenstandlos. 27<br />
d) Eine Umwandlung der Erbengemeinschaft in<br />
eine einfache Gesellschaft lag in den folgenden Fällen<br />
der Rechtsprechung vor: (1) 1970 hat das Bundesgericht<br />
in BGE 96 II 325 E. 6c und 6d festgehalten,<br />
dass eine einfache Gesellschaft vorliege, wenn<br />
zwei Erben ausbezahlt werden und zwei weitere Erben<br />
eine landwirtschaftliche Liegenschaft gemein-<br />
25 Weitere Gemeinschaftsformen sind die Gemeinderschaft<br />
(Art. 336 ff. ZGB), die Aktiengesellschaft (Art. 620 ff.<br />
OR) oder die GmbH (Art. 772 ff. OR), vgl. BSK-Schaufelberger/Keller<br />
(Fn. 10), Art. 602 ZGB N 36.<br />
26 Vgl. OGer. ZH vom 06.10.1995, AJP 5 (1996) 1283 E. 3;<br />
weiter vgl. Albert Comboeuf, Kommentar zu Art. 552–<br />
556 OR, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht,<br />
hrsg. v. Vito Roberto und Hans Rudolf Trüb, 2. A., Zürich<br />
2012, Art. 552 – 556 OR N 19: «Führen Erben den<br />
kfm Erblasserbetrieb nur im Hinblick auf die Teilung<br />
fort, liegt noch eine fortgeführte Erbengemeinschaft vor.<br />
Betreiben sie ihn aber gemeinsam, aktiv, dauerhaft und<br />
unter gemeinsamen Aussenauftritt weiter, liegt hingegen<br />
eine konkludente Aufgabe des Teilungswillens und somit<br />
eine KollG vor».<br />
27 Vgl. dazu BK-Künzle (Fn. 4), Art. 517 – 518 ZGB N 381.<br />
312 successio 4/13