Die Bielefelder Bibel
Weisheit Weisheit
Wer darf ihm sagen: Was beginnst du da? Nie widerruft Gott seine Zornesstrafe; selbst Rahabs Helfer müssten unter ihm sich beugen. Wie könnte ich ihm Antwort stehen, auswählen meine Worte gegen ihn? Wär’ ich im Recht, ich könnte nichts erwidern; zu meinem Richter müsste ich um Gnade flehen. Doch wenn ich riefe, würde er mir Antwort geben? Ich glaube nicht, dass er auf meine Stimme hört. Er tritt im Sturm mich nieder, mehrt grundlos meine Wunden. Er lässt mich nicht zu Atem kommen, er sättigt mich vielmehr mit Bitterkeiten. Geht es um Kraft, er ist der Starke, geht es um ’s Recht, wer lädt ihn vor? Wär’ ich im Recht, sein Mund kann mich verdammen, und wär’ ich schuldlos, spräche er mich schuldig. Unschuldig bin ich, doch kümmre ich mich nicht mehr um mein Leben, mein Dasein achte ich gering. Nur eins ist wahr, darum sprech’ ich es aus: Unschuldige und Frevler rafft er hin. Wenn er mit seiner Geißel plötzlich tötet, dann spottet er über der Schuldlosen Angst. Die Erde ist in Frevlerhände gegeben; das Gesicht ihrer Richter verhüllt er. Ist er es nicht, wer ist es dann? Schneller als ein Läufer eilen meine Tage; sie schwinden hin und schauen doch kein Glück. Sie gleiten schnell wie Binsennachen hin; gleichwie der Adler, der auf Beute stößt. Denke ich: Vergessen will ich meinen Jammer, meine Miene ändern, wieder heiter schauen, so graut es mir vor allen meinen Schmerzen. Ich weiß es doch, du sprichst mich niemals frei. Ich muss nun einmal schuldig sein. Weshalb soll ich vergeblich mich bemühen? Wenn ich auch mit Schnee mich waschen wollte und meine Hände reinigen mit Lauge, dann würdest du mich doch in Unrat tauchen, dass meine Kleider vor mir Ekel hätten. Er ist kein Mensch wie ich, dass ich ihm sagen könnte: Lasst uns zusammen zum Gerichte gehen! Es gibt doch keinen Schiedsmann zwischen uns, der auf uns beide legte seine Hand. Er würde seinen Stock von mir entfernen, dass seine Schrecken mich nicht weiter quälten. Dann wollt’ ich reden, ohne ihn zu fürchten. Doch das ist nicht der Fall bei mir.‹ Ijob 0,00–0,00 20
DAS BUCH IJOB 10 ›Es ekelt mich vor meinem eigenen Leben, ich lasse meiner Klage freien Lauf, will aus der Trübsal meiner Seele reden. Beschwören will ich Gott: Verdamm mich nicht! Lass wissen mich, warum du mich befehdest! Bringt ’s einen Nutzen dir, wenn du Gewalt gebrauchst, wenn du verschmähst das Kunstwerk deiner Hände, doch über dem Plan der Sünder strahlend sichtbar wirst? Sind deine Augen denn aus Fleisch gebildet, und siehst du so, wie Menschenaugen sehen? Sind Menschentagen deine Tage gleich und deine Jahre wie des Mannes Tage, dass du nach meiner Sünde suchst und nur um meine Schuld dich kümmerst, obschon du weißt, dass ich kein Sünder bin und niemand mich aus deiner Hand befreit? Mich formten und erschufen deine Hände; nun willst du – anderen Sinnes – mich vernichten. Gedenke doch, dass du aus Ton mich formtest. Nun willst du wieder mich in Staub verwandeln. Hast du mich nicht wie Milch einst ausgegossen und mich wie Käse fest gerinnen lassen? Bekleidet hast du mich mit Haut und Fleisch, mit Knochen und mit Sehnen mich durchflochten. Auch hast du Leben mir verlieh’n und Huld. Es schützte deine Obhut meinen Geist. Und doch verbargst du dies in deinem Herzen; ich weiß, du hattest dies im Sinn. Wenn ich gesündigt, lauerst du mir auf, willst mich von meiner Sünde nicht befreien. Wenn ich schuldig wäre, wehe mir! Wäre ich gerecht, ich dürfte nicht mein Haupt erheben, von Schmach gesättigt und getränkt mit Elend. 21 Ijob 0,00–0,00
- Seite 1: Die Bielefelder Bibel
- Seite 5: Das Buch Ijob Die Psalmen Seite 00
- Seite 8 und 9: Inhalt I Prolog II Die Redewechsel
- Seite 10 und 11: 2 Eines Tages geschah es, dass die
- Seite 12 und 13: DAS BUCH IJOB Drei Freunde Ijobs h
- Seite 14 und 15: Ein Hauch glitt über mein Gesicht
- Seite 16 und 17: Dass doch mein Verlangen sich erfü
- Seite 18 und 19: 8 Da antwortete Bildad von Schuach
- Seite 22 und 23: 11 Da entgegnete Zofar aus Naama un
- Seite 24 und 25: Bei ihm (allein) ist Weisheit und a
- Seite 26 und 27: 14 ›Der Mensch, von der Frau gebo
- Seite 28 und 29: Was ist der Mensch, dass rein er w
- Seite 30 und 31: Wenn meine Freunde mich verspotten,
- Seite 32 und 33: Hungrig nach ihm ist sein Unheil, d
- Seite 34 und 35: 20 Da erwiderte Zofar von Naama und
- Seite 36 und 37: Von deinen Wegen wollen wir nichts
- Seite 38 und 39: Sei wieder gut zu ihm und halte Fri
- Seite 40 und 41: Halbtote rufen aus der Stadt empor,
- Seite 42 und 43: 27 Da fuhr Ijob in seiner Rede fort
- Seite 44 und 45: 28 ›Für Silber gibt es einen Fun
- Seite 46 und 47: Der Segen des Verlorenen kam über
- Seite 48 und 49: Ich schrei’ zu dir, doch du gibst
- Seite 50 und 51: O wäre jemand da, dass Gott mich h
- Seite 52 und 53: Da begann Elihu, der Sohn Barachels
- Seite 54 und 55: Er fleht zu Gott und der wird sich
- Seite 56 und 57: Bei dir ist es, zu wählen, nicht b
- Seite 58 und 59: ›Sieh, Gott in seiner Macht ist h
- Seite 60 und 61: V 38 Da gab der Herr Ijob Antwort a
- Seite 62 und 63: Wie zu Gestein verdichten sich die
- Seite 64 und 65: Sie überlässt der Erde ihre Eier
- Seite 66 und 67: Da gab der Herr dem Ijob Antwort au
- Seite 68 und 69: ›Fängst du das Krokodil am Angel
DAS BUCH IJOB<br />
10<br />
›Es ekelt mich vor meinem eigenen Leben,<br />
ich lasse meiner Klage freien Lauf,<br />
will aus der Trübsal meiner Seele reden.<br />
Beschwören will ich Gott: Verdamm mich nicht!<br />
Lass wissen mich, warum du mich befehdest!<br />
Bringt ’s einen Nutzen dir, wenn du<br />
Gewalt gebrauchst,<br />
wenn du verschmähst das Kunstwerk deiner Hände,<br />
doch über dem Plan der Sünder strahlend<br />
sichtbar wirst?<br />
Sind deine Augen denn aus Fleisch gebildet,<br />
und siehst du so, wie Menschenaugen sehen?<br />
Sind Menschentagen deine Tage gleich<br />
und deine Jahre wie des Mannes Tage,<br />
dass du nach meiner Sünde suchst<br />
und nur um meine Schuld dich kümmerst,<br />
obschon du weißt, dass ich kein Sünder bin<br />
und niemand mich aus deiner Hand befreit?<br />
Mich formten und erschufen deine Hände;<br />
nun willst du – anderen Sinnes – mich vernichten.<br />
Gedenke doch, dass du aus Ton mich formtest.<br />
Nun willst du wieder mich in Staub verwandeln.<br />
Hast du mich nicht wie Milch einst ausgegossen<br />
und mich wie Käse fest gerinnen lassen?<br />
Bekleidet hast du mich mit Haut und Fleisch,<br />
mit Knochen und mit Sehnen mich durchflochten.<br />
Auch hast du Leben mir verlieh’n und Huld.<br />
Es schützte deine Obhut meinen Geist.<br />
Und doch verbargst du dies in deinem Herzen;<br />
ich weiß, du hattest dies im Sinn.<br />
Wenn ich gesündigt, lauerst du mir auf,<br />
willst mich von meiner Sünde nicht befreien.<br />
Wenn ich schuldig wäre, wehe mir!<br />
Wäre ich gerecht, ich dürfte nicht<br />
mein Haupt erheben,<br />
von Schmach gesättigt und getränkt mit Elend.<br />
21 Ijob 0,00–0,00