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Anleitung zum Bau einer einfachen äquatorialen Sonnenuhr<br />

Arnold Zenkert<br />

Unter den vielen Arten an Sonnenuhren<br />

ist die äquatoriale Sonnenuhr mit ebenem<br />

Zifferblatt am einfachsten zu bauen.<br />

Bauteile sind die Flächer für das Zifferblatt,<br />

wobei die Form beliebig ist, und<br />

der Schattenstab als Schattenwerfer.<br />

Der Schattenwerfer ist unter dem Winkel<br />

der geografischen Breite geneigt und<br />

zeigt damit zum Himmelspol, der nahe<br />

dem Polarstern liegt. Das Zifferblatt wird<br />

zum Himmelsäquator und bildet mit dem<br />

Schattenwerfer einen rechten Winkel.<br />

Da die Zifferblattfläche zum Himmelsäquator<br />

zeigt (daher die Bezeichnung),<br />

fällt die Sonne im Sommer vom Frühlingsbeginn<br />

bis zum Herbstbeginn auf die obere<br />

Fläche, im Winter vom Herbstbeginn<br />

bis zum Frühlingsbeginn auf die untere<br />

Fläche. Wir haben somit eine Sommer-<br />

Sonnenuhr und eine Winter-Sonnenuhr.<br />

Die unten stehende Abbildung zeigt die<br />

Beschaffenheit der beiden Zifferblätter<br />

mit den Stundenlinien.<br />

Übrigens: Am 20. März und am 22. September<br />

befindet sich die Sonne auf dem<br />

Himmelsäquator und beschreibt einen<br />

mittelgroßen Tagbogen.<br />

Jede Sonnenuhr zeigt die wahre Ortszeit<br />

an, die in Deutschland gegenüber<br />

der Mitteleuropäischen Zeit (MEZ) nachgeht,<br />

und zwar umso mehr, je weiter wir<br />

nach Westen gehen.<br />

So beträgt der Nachlauf in Neubrandenburg<br />

7 Minuten, in Hamburg 20 Minuten<br />

und in Köln 32 Minuten. Nur in Görlitz,<br />

das genau auf dem 15. Grad östlicher<br />

Länge liegt, entfällt die Ortsdifferenz.<br />

Die so genannte Zeitgleichung, das Vorund<br />

Nachgehen der Sonnenuhr um bis<br />

zu plus oder minus 15 Minuten, wird hier<br />

nicht berücksichtigt.<br />

Während der Mitteleuropäischen Sommerzeit<br />

(MESZ) ist zur Anzeige eine Stunde<br />

hinzuzuzählen.<br />

Die Äquatorial-Sonnenuhr hat einen großen<br />

Vorteil: Durch Drehung des Zifferblattes<br />

(nicht des Schattenstabes!) wird<br />

die Ortszeitdifferenz, also das ‘Nachgehen’<br />

der Uhr, ausgeglichen. Auch die<br />

Sommerzeit kann exakt eingestellt werden.<br />

Durch die Neigung des Schattenstabes<br />

ist die Äquatorialuhr in allen geografischen<br />

Breiten verwendbar, die Pole ausgenommen.<br />

Aber da werden wir die Sonnenuhr<br />

ja nicht erproben!<br />

Unteres Zifferblatt<br />

(Winter)<br />

umknicken<br />

Für Neubrandenburg beispielsweise beträgt<br />

die grograpfische Breite 53,6°. Der<br />

Winkel für die Neigung des Zifferblattes<br />

beträgt also 26,4°.<br />

Die Linien für die Vollstunden und die<br />

Halbstunden brauchen wir nicht wie bei<br />

den Sonnenuhren mit waagerecht liegendem<br />

Zifferblatt zu berechnen. Von Stunde<br />

zu Stunde sind es 15°, die Halbstunden<br />

liegen in der Mitte bei 7,5° (s. nebenstehende<br />

Abbildung).<br />

14<br />

Oberes Zifferblatt<br />

(Sommer)<br />

Zeichnungen: A Zenkert


Die Sonnenuhr als Bildungsmittel im Schullandheim<br />

Arnold Zenkert<br />

Im Zeitalter der Computer und der Digitaluhren<br />

haben Sonnenuhren keinen Gebrauchswert<br />

mehr. Sie stimmen auch nicht<br />

mit unserer Normalzeit überein – sie<br />

gehen somit ’falsch’, so meint man.<br />

Dennoch: Die Schönwetter-Zeitanzeiger<br />

üben auch heute noch eine gewissen Faszination<br />

aus, wenn der Schattenwurf die<br />

Zeit gleichsam sichtbar macht und der<br />

Sonnenverlauf in die Geometrie des Zifferblattes<br />

übertragen wird.<br />

Sonnenuhren sind Dokumente der Zeitmesskunst<br />

und berichten aus vergangenen<br />

Zeiten, als sich der Mensch noch mühen<br />

musste, das Phänomen ’Zeit’ zu bestimmen<br />

und zu begreifen.<br />

Prächtige Kleinkunstwerke an Sonnenuhren<br />

hat uns das Barock hinterlassen.<br />

Waren sie einst gefragte Gebrauchsgegenstände,<br />

so bilden sie im Baugeschehen<br />

unserer Tage ansprechende Schmuckund<br />

Gestaltungselemente an Gebäuden<br />

und Freiflächen. Mag auch die Blütezeit<br />

der Sonnenuhren zu Ende sein, so besteht<br />

auch heute noch ein großes Interesse<br />

an ihnen. Immerhin sind in Deutschland<br />

etwa 12.000 ortsfeste Objekte bekannt.<br />

Ein beachtlicher Teil von ihnen<br />

stammt aus den letzten Jahrzehnten.<br />

Man unterschätze nicht das Interesse der<br />

Schuljugend! Die damit verbundene Neugierde,<br />

wie das mit dem ‘Ding’ mit den<br />

Linien und Kurven funktioniert, bildet eine<br />

günstige Voraussetzung für die pädagogische<br />

Arbeit und die Freizeitbeschäftigung,<br />

so auch und besonders im Schullandheim.<br />

Schüler/innen in fünfzig Minuten ein ganzes<br />

Jahr mit den wechselvollen Sonnenhöhen<br />

und Tagbögen. Falsche Vorstellungen,<br />

wonach die Sonne immer im Osten<br />

aufgehe und im Westen untergehe<br />

und die Jahreszeiten durch die unterschiedliche<br />

Entfernung der Erde von der<br />

Sonne zustande kämen, werden damit<br />

widerlegt. In der häuslichen Arbeit werden<br />

die Schattenlängen zu verschiedenen<br />

Jahreszeiten gemessen, die Untergangspunkte<br />

der Sonne am Horizont<br />

und die Mittagshöhe der Sonne im Vergleich<br />

mit Gebäuden oder Bäumen (die<br />

Sonne als Kletterspecht) beobachtet und<br />

in Skizzen eingetragen.<br />

Schattenlänge zu verschiedenen Jahreszeiten<br />

‘Astronomie des Alltags’, von denen heute<br />

viel verloren gegangen ist – auch bei<br />

Erwachsenen.<br />

Die Sonnenuhr in der pädagogischen<br />

Arbeit<br />

Da die Sonnenuhr in den Lehrplänen der<br />

meisten Bundesländer nicht ausgewiesen<br />

ist, wird ihre Domäne in der außerschulischen<br />

Tätigkeit liegen. Dennoch<br />

kann die sachkundige Lehrerin / der<br />

sachkundige Lehrer im Unterricht der Geografie,<br />

der Mathematik und der Astronomie<br />

(soweit er erteilt wird) Zusammenhänge<br />

und Querverbindungen herstellen<br />

und so zum Bau von Sonnenuhren anregen.<br />

Sehr beliebt sind erfahrungsgemäß<br />

die mathematische Geografie bzw.<br />

Sachliche Voraussetzungen<br />

Man begehe nicht den Fehler, jüngere<br />

interessierte Schüler/innen auf den späteren<br />

Fachunterricht zu vertrösten. Zu den<br />

erforderlichen Grundkenntnissen gehört<br />

vor allem der tägliche und jährliche Lauf<br />

der Sonne, wie er im Sach- und Heimatkundeunterricht<br />

der unteren Klassen vermittelt<br />

wird. Mit der bewährten Planetariumsveranstaltung<br />

‘Der Tagbogen der<br />

Sonne in den Jahreszeiten’ erleben die<br />

Es war ein Erlebnis, als ein Schüler der<br />

4. Klasse in einer Veranstaltung von sich<br />

aus sagte: „Da hat also jeder Tag einen<br />

Doppelgänger!“<br />

Es geht hier ausschließlich um einfache<br />

Praktiken, um das Bewusstmachen der<br />

Datumsanzeige auf einer waagerechten Fläche<br />

die Astronomie unter den Schülerinnen<br />

und Schülern nicht.<br />

Ein Grund mag sein, dass diese Sachverhalte<br />

oft zu theoretisch und ohne Praxisbezug<br />

behandelt werden. Dabei vermag<br />

das Instrument ’Sonnenuhr’ als An-<br />

15


schauungs- und Arbeitsmodell eine Vielzahl<br />

von Begriffen erlebnisnah verständlich<br />

zu machen.<br />

• Der Schattenwerfer hat eine Kompassfunktion.<br />

Er weist auf den Himmelspol<br />

(Polarstern) und ist unter dem Winkel<br />

der betreffenden georgrafischen Breite<br />

geneigt.<br />

• An den Stundenlinien ist der tägliche<br />

Sonnenlauf zu erkennen.<br />

• An den Datumslinien (Tierkreis- oder<br />

Deklinationslinien) ist der jährliche Sonnenlauf<br />

mit den verschiedenen Sonnenhöhen<br />

zu erkennen.<br />

• Eine Sonnenuhr zeigt stets die wahre<br />

Ortszeit (Sonnenuhrenzeit) – d.h. den<br />

wirklichen Stand der Sonne – an. Zur<br />

Normalzeit (MEZ) besteht eine Differenz,<br />

es sei denn, man befindet sich<br />

auf dem 15. östlichen Längenkreis. Mit<br />

‘Falschgehen’ der Sonnenuhr hat das<br />

nichts zu tun.<br />

• Die wahre Ortszeit bedingt ein ‘Nachgehen’<br />

der Sonnenuhr westlich des 15.<br />

östlichen Längenkreises (Görlitz) um<br />

vier Minuten pro Längengrad. So beträgt<br />

die Differenz in Berlin sechs Minuten,<br />

in Hamburg zwanig Minuten und<br />

in Aachen 36 Minuten.<br />

• Aus der Ortszeitdifferenz kann der Längenunterschied<br />

zweier Orte bestimmt<br />

werden. Vier Minuten entsprechen exakt<br />

einem Grad in der geografischen<br />

Länge.<br />

• Bei exaktem Vollmond (‘Gegensonne’)<br />

zeigt eine Sonnenuhr auch nachts die<br />

– ungefähre – Zeit an.<br />

Die Sonnenuhr im . . .<br />

. . . Schullandheim<br />

Für eine projektorientierte Arbeit wirken<br />

sich die günstigen Verhältnisse im Schullandheim<br />

wie die beruhigte Atmosphäre,<br />

der längere Aufenthalt in einer anderen,<br />

naturnahen Umwelt positiv aus. Die<br />

Tätigkeit im Schullandheim kann der Beschäftigung<br />

mit den Sonnenuhren ein bestimmtes<br />

Profil geben, was in der Schule<br />

in diesem Maße oft nicht möglich ist.<br />

Mit den vermittelten Impulsen und Anregungen<br />

kann dann in der Schule weitergearbeitet<br />

werden.<br />

Die Sonnenuhr kann auch das Einstiegstor<br />

zu einer intensiveren Beschäftigung<br />

mit der Astronomie, der Mathematik oder<br />

der Geografie sein.<br />

Die Mittagshöhe der Sonne<br />

21.06.<br />

Sommerbeginn<br />

25.04. / 15.08.<br />

20.03. / 23.09.<br />

01.11. / 10.02.<br />

O 21.12.<br />

Winterbeginn<br />

Zur Beobachtung des Sonnenlaufes sollten<br />

in dem Schullandheim ein fest installierter<br />

senkrechter Schattenstab (Gnomon)<br />

sowie eine feste Nord-Süd-Linie<br />

(Meridian) vorhanden sein.<br />

Die folgenden einfachen Praktiken sind<br />

durchführbar, von denen einige allerdings<br />

nicht unmittelbar zum Thema ‘Sonnenuhren’<br />

gehören, die aber doch viel<br />

zu deren Verständnis beitragen und fächerübergreifende<br />

Momente beinhalten:<br />

Der wahre Mittag<br />

Ermitteln des wahren Mittags (12 Uhr wahre<br />

Ortszeit) und damit des Ortsmeridians,<br />

der exakten Nord-Süd-Linie. Dabei<br />

wird der Lehrer Hilfestellung leisten, um<br />

mit der Orstzeitdifferenz und der Zeitgleichung<br />

diesen Zeitpunkt minutengenau<br />

zu bestimmen.<br />

Die Zeitgleichung kompensiert die Differenz<br />

zwischen der wahren (d.h. astronomisch<br />

gemessen) und der der mittleren<br />

(d.h. unserer Zeiteinteilung zugrunde<br />

liegenden) Sonnenzeit, die durch den<br />

ungleichmäßigen Lauf der Erde um die<br />

Sonne verursacht wird. Die Zeitgleichung<br />

kann bis zu fünfzehn Minuten positiv<br />

oder negativ sein und ist viermal im<br />

Jahr gleich Null. Die Abweichung des<br />

wahren Mittags kann dadurch z.B. in Aachen<br />

bis zu maximal fünfzig Minuten betragen.<br />

Die Schüler erkennen, dass 12 Uhr unserer<br />

mitteleuropäischen Zeit (MEZ) nicht<br />

dem wahren Mittag, also dem Durchlauf<br />

der Sonne – bzw. ihres Schattens – durch<br />

den Meridian, entspricht: Die Uhren in<br />

Deutschland laufen vor.<br />

Noch krasser wird der Unterschied zwischen<br />

Uhrzeit und Sonnenzeit natürlich bei<br />

der Sommerzeit (MESZ): In Westdeutschland<br />

kann die Uhr schon auf halb zwei<br />

(nachmittags) stehen, wenn die Sonne –<br />

ihr Schatten – gerade den Meridian durchläuft.<br />

Die geografische Länge<br />

Umgekehrt kann man aus dem Zeitpunkt<br />

(MEZ), wann der Schatten der Sonne den<br />

Meridian passiert, die geografische Länge<br />

bestimmen: In Köln ist es zum Zeitpunkt<br />

des Meridiandurchlaufes – wenn<br />

die Zeitgleichung gleich null ist – 12.32<br />

Uhr. Das heißt, dass Köln um 8° westlicher<br />

als Görlitz, also auf 7 Grad östlicher<br />

Länge liegt. In Erfurt ist es zum Zeitpunkt<br />

des Meridiandurchlaufes 12.16 Uhr (Zeitgleichung<br />

gleich null). Erfurt liegt also –<br />

um 4° westlicher als Görlitz – auf elf Grad<br />

östlicher Länge.<br />

Die Indischen Kreise<br />

Da die Schattenlinien zum Meridian – dem<br />

wahren Mittag – symmetrisch verlaufen<br />

und in gleichen Zeitabständen gleiche<br />

Winkel bilden, kann die Nord-Süd-Linie<br />

auch mit Hilfe der so genannten Indischen<br />

Kreise bestimmt werden.<br />

Die Sonnenhöhe<br />

Mit einem senkrechten Stab kann die Sonnenhöhe<br />

h bestimmt werden:<br />

Stabhöhe<br />

tan a = ———————<br />

Schattenlänge<br />

Jüngere Schüler können den Winkel a<br />

16


natürlich auch durch eine maßstäbliche<br />

Zeichnung bestimmen.<br />

S<br />

h<br />

sl<br />

S: Sonne, h: Stabhöhe, sl: Schattenlänge<br />

a<br />

Die Höhe der Sonne<br />

Die Arbeit mit dem Schattenstab hat überdies<br />

den Vorteil, dass die Schüler/innen<br />

die Sonne nicht direkt zu beobachten<br />

brauchen und so Augenschäden vermieden<br />

werden.<br />

Die Hyperbel-Äste<br />

Man beobachte die Schattenendpunkte.<br />

Diese verlaufen als Hyperbel-Äste. Nur<br />

zur Tag- und Nachtgleiche bilden sie Geraden.<br />

Die Camping-Sonnenuhr<br />

Haben wir mit einem senkrechten Stab<br />

bereits eine Sonnenuhr? Auf Campingplätzen<br />

und an Stränden bemerkt man<br />

oft, wie rasch auf diese Weise eine solche<br />

‘Sonnenuhr’ entsteht. Da im Jahresverlauf<br />

die Sonnenhöhe ständig wechselt,<br />

ist ein feststehender senkrechter<br />

Schattenwerfer für eine ganzjährige Zeitanzeige<br />

mit einer so konstruierten ’Sonnenuhr’<br />

nicht geeignet. Die Sonne macht<br />

in der gleichen Zeit im Sommer größere<br />

‘Schritte’ als im Winter. Deshalb gehen<br />

solche Sonnenuhren falsch.<br />

Allerdings: Für eine kurze Verweildauer<br />

von ein bis zwei Wochen kann man den<br />

senkrechten Stab durchaus als Sonnenuhr<br />

verwenden.<br />

Hier kann man neben dem Datum bei entsprechender<br />

Skalierung auch gleichzeitig<br />

die Sonnenhöhe ablesen.<br />

Ringkugel-Sonnenuhren<br />

Der Mittagskalender auf einer Käseschachtel<br />

Auf Seite 14 dieser Ausgabe hatten wir<br />

bereits beschrieben, wie man eine einfache<br />

Sonnenuhr mit einem ebenen Zifferblatt<br />

herstellen kann. In Gärten und in<br />

Parkanlagen, bisweilen auch in Schullandheimen<br />

– so beispielsweise im Schullandheim<br />

Puan Klent in Rantum auf Sylt – finden<br />

wir ansprechende Sonnenuhren als<br />

Ringkugel, deren Herstellung aber weitaus<br />

mehr Aufwand sowie Kenntnisse in<br />

der Metallgestaltung erfordert (siehe unten<br />

stehende Abbildung und Abbildung<br />

auf der Titelseite dieser Ausgabe).<br />

Dennoch sollten sich technisch versierte<br />

Gruppen – vielleicht Berufsschulklassen<br />

aus dem Metallbereich – als Projekt<br />

mit dem Bau einer solchen Sonnenuhr<br />

befassen und so dem Schullandheim zu<br />

einem solchen lehrreichen Schmuck verhelfen.<br />

Als Demonstrationsobjekt ist diese<br />

Ringkugel-Sonnenuhr besonders gut<br />

geeignet.<br />

Der Mittagskalender<br />

Da sich die Länge der Mittagsschatten<br />

täglich ändert, kann auf einer horizontalen<br />

Skala das Datum abgelesen werden.<br />

Dieser Mittagskalender eignet sich<br />

als Kleinobjekt oder auch als feststehendes<br />

Objekt auf dem Gelände des Schullandheims<br />

(siehe Abbildung auf Seite 15,<br />

oben).<br />

Analog dazu ist das Datum auch an einer<br />

vertikalen Fläche mit einem waagerechten<br />

Schattenwerfer ablesbar.<br />

Bewährt hat sich diese Anzeigemöglichkeit<br />

am Innenrand einer runden Käseschachtel<br />

(siehe Abbildung oben rechts).<br />

Die Sonnenuhr als Ringkugel<br />

17


Die Einbeziehung der Sonnenuhr in die<br />

Arbeit im Schullandheim erfordert vor allem,<br />

dass am Gebäude selbst eine Sonnenuhr<br />

installiert sein sollte. Der Besucher<br />

kann dadurch erkennen, dass der<br />

‘Betreiber Sonne’ hier eine Rolle spielt.<br />

Außerdem ist eine solche Uhr ein Schmuck<br />

des Hauses, vor allem, wenn sie mit einem<br />

Sinnspruch – CARPE DIEM – zu den<br />

Menschen spricht.<br />

Um Fehler zu vermeiden, muss bei einer<br />

Abweichung der Hauswand von der<br />

Ost-West-Richtung diese um ein Grad genau<br />

bestimmt werden.<br />

Bastelobjekt ‘Sonnenuhr’<br />

Der Schwerpunkt liegt hier bei dem Kleinobjekt,<br />

das mit wenig Aufwand an Material<br />

hergestellt werden kann. Dafür eignen<br />

sich Holz, Pappe, Scheiben, Ringe,<br />

Stäbe, Stricknadeln, Fahrradspeichen,<br />

Wurstspeile sowie aus verschiedenen Materialien<br />

geformte geometrische Körper<br />

wie Würfel, Prisma und Zylinder.<br />

Das Prinzip beim Selbstbau von kleinen<br />

Sonnenuhren sollte sein, dass die Schüler/innen<br />

Freunde haben am Gelingen,<br />

selbst eine funktionstüchtige Sonnenuhr<br />

erstellt zu haben.<br />

Bastelbögen werden von mehreren Verlagen<br />

angeboten, so vom Verlag Lehrmittel<br />

in Pößneck /Thüringen und vom<br />

Astro-Media- Verlag in Weikersheim. Von<br />

R. Adzema gibt es das Buch ‘Sonnenuhren<br />

selber bauen’ mit sechzehn Modellbögen,<br />

von denen jedoch einige<br />

Objekte höhere Anforderungen stellen.<br />

Bei etwas Übung kann man sich mit Sonnenuhren-Kombinationen<br />

befassen, die<br />

mit den Zeitangaben auf mehreren Flächen<br />

und der Parallelität der Schattenwerfer<br />

verschiedener Uhren besonders<br />

reizvoll sind. Beliebt sind auch klappbare<br />

Doppelsonnenuhren, wie sie bis etwa<br />

1800 als tragbare Reisesonnenuhren Verwendung<br />

fanden. Den Schattenwerfer bildet<br />

hierbei ein Gummifaden, der sich beim<br />

Aufklappen strafft.<br />

Wichtig ist: Alle transportablen Sonnenuhren<br />

müssen nach der Nord-Süd-Linie<br />

ausgerichtet werden. Sie enthalten deshalb<br />

einen Kompass. An bestimmten<br />

Messstellen kann diese Nord-Süd-Linie<br />

auch gezeichnet werden, um so eine bleibende<br />

Orientierung zu haben, so dass<br />

dann ein Kompass entbehrlich wird.<br />

Bastelbögen für Sonnenuhren sind keine<br />

Häusle-Ausschneidebögen, sondern<br />

Lernmodelle, Arbeits- und Anschauungsmittel,<br />

welche die Selbsttätigkeit fördern<br />

und anregen, sich mit dem Stoff auseinander<br />

zu setzen.<br />

Wer schon in die Gnomonik eingedrungen<br />

ist, wird noch weitere Möglichkeiten<br />

finden, Sonne und Schatten für eine<br />

sinnvolle Projektarbeit zu nutzen oder in<br />

eine Freizeitbeschäftigung einzubeziehen,<br />

um daran einfach Freude zu haben.<br />

Das Thema ‘Sonnenuhren’ ist riesengroß<br />

und führt bis zu den ausgefallensten Gestaltungsideen.<br />

Dies nur nebenbei.<br />

Das I-Tüpfelchen für ein Schullandheim<br />

könnte ein Sonnenuhrengarten mit verschiedenen<br />

Objekten sein, wie wir ihn<br />

z.B. in Siersburg (Saar), in Krippen bei<br />

Bad Schandau oder in Silberhausen (Thüringen)<br />

finden.<br />

Man sollte es vielleicht versuchen!<br />

Zu den weiterführenden Interessengebieten<br />

zählen die Erforschung von Sonnenuhren<br />

im Rahmen der Heimat- und Kulturgeschichte<br />

sowie die sprachliche Seite<br />

der vielfältigen Sinnsprüche auf Sonnenuhren<br />

in Deutsch oder in Latein.<br />

Sonnenuhren-Fans können im Arbeitskreis<br />

‘Sonnenuhren’ in der Deutschen<br />

Gesellschaft für Chronometrie mitarbeiten.<br />

Für die Computerfreunde gibt es<br />

neuerdings eine CD-ROM mit Programmen<br />

für Sonnenuhren und Berechungen<br />

sowie hundert Bildern, die die Vielfalt<br />

und Schönheit der Sonnenuhren zeigen.<br />

Die lebende Sonnenuhr<br />

Vergessen wir dabei auch nicht den völkerverbindenden<br />

Aspekt unserer Schönwetter-Zeitanzeiger:<br />

Eine für Berlin hergestellte<br />

Sonnenuhr kann durchaus auch<br />

in Rom oder in Oslo aufgestellt werden,<br />

wenn der Unterschied der Breitengrade<br />

durch die Neigung des Schattenstabes<br />

ausgeglichen wird.<br />

Ein ganz besonderer Gag –<br />

die lebende Sonnenuhr<br />

Wenig bekannt ist, dass es auch Sonnenuhren<br />

gibt, bei denen der Mensch<br />

zum Schattenwefer wird mit man damit<br />

gleichsam Sonnenuhr spielen kann (s.<br />

unten stehende Abbildung). Es ist dies<br />

die so genannte analemmatische Bodensonnenuhr,<br />

für die eine horizontale<br />

Fläche von etwa 9 m • 4,5 m erforderlich<br />

ist.<br />

Da – wie oben bereits ausgeführt – ein<br />

feststehender senkrechter Schattenwerfer<br />

wegen der sich beständig wechselnden<br />

Sonnenhöhen ganzjährig die Zeit nicht<br />

ansagen kann, muss dessen Position verändert<br />

werden. Der ‘Schattenwerfer’ stellt<br />

sich entlang einer Datumsstrecke (22.12.<br />

bis 21.06.), die in der Nord-Süd-Richtung<br />

verläuft, auf das zutreffende Datum, und<br />

sein Schatten fällt auf den die Zeit anzeigenden<br />

Stundenpunkt. Es gibt hier keine<br />

Stundenlinien, sondern Stundenpunkte.<br />

18


Erfreulicherweise sind in der letzten Zeit<br />

mehrere derartige Sonnenuhren entstanden,<br />

die den Schülerinnen und Schülern<br />

viel Spaß und Freude bereiten und damit<br />

der Forderung ‘Lernen durch Spielen<br />

– spielend lernen!’ gerecht werden. In der<br />

Behindertenschule Comenius in Potsdam<br />

wurde eine Bodensonnenuhr errichtet, für<br />

die die Schüler/innen in der Ziegelei<br />

Glindow die Elemente aus Keramik hergestellt<br />

und oeriginell bemalt hatten.<br />

Für ein Schullandheim eignet sich eine<br />

solche Sonnenuhr ganz besonders. Die<br />

UMBRA DOCET<br />

Fläche dafür ist gewiss vorhanden. Für<br />

die Berechnung der Winkel und Strecken<br />

gibt es zwei Merthoden, über die der Autor<br />

bereitwillig Auskunft erteilt. Außerdem<br />

können sie seinem Buch ‘Faszination<br />

Sonnenuhr’ entnommen werden.<br />

Albert Einstein hinterließ folgenden Satz,<br />

den wir für die Arbeit im Schullandheim<br />

übernehmen können: „Es ist dies die wichtigste<br />

Kunst des Lehrers, die Freude am<br />

Schaffen und Erkennen zu wecken.“ In<br />

der vorteilhaften Atmosphäre des Schullandheims<br />

vermag auch die Sonnenuhr<br />

mit ihrem Bildungspotenzial dazu ihren<br />

Beitrag zu leisten und den oft zitierten<br />

Sonnenuhren-Spruch ‘UMBRA DOCET’<br />

(der Schatten lehrt) zu bestätigen.<br />

Sonnuhren gehören gewiss nicht zu den<br />

lebensnotwendigen Dingen. Doch tragen<br />

sie wesentlich dazu bei, die uns umgebende<br />

Welt ein wenig schöner und kulturvoller<br />

zu gestalten.<br />

Die Freunde an den Sonnenuhren, das<br />

bewusste Erfassen der mathematischen<br />

Zusammenhänge und ihre künstlerische<br />

Gestaltung sind schon eine Rechtfertigung,<br />

sich damit zu beschäftigen.<br />

Manch einer, der in der Schule oder im<br />

Schullandheim die ‘Initialzündung’ erhalten<br />

hat, findet in der Wissenschaft von<br />

den Sonnenuhren später eine sinnvolle<br />

Freizeitbeschäftigung.<br />

Wir müssen auch noch mehr tun, um die<br />

Jugend zur Liebe zur Wissenschaft zu<br />

erziehen, das Interesse an Technik und<br />

Wissenschaft zu wecken sowie ihnen die<br />

Grundhaltung für ein sinnvolles Freizeitverhalten<br />

und damit zur Persönlichkeitsbildung<br />

zu vermitteln. Dazu vermag auch<br />

die Gnomonik, die Wissenschaft von den<br />

Sonnenuhren, ein Mosaiksteinchen beizutragen.<br />

Nicht zuletzt sollte man dabei vielleicht<br />

auch über die kostbare Zeit nachdenken,<br />

die uns unter der Sonne verbleibt<br />

und die wir zum Wohle aller nutzen wollen<br />

gemäß dem Spruch: DUM TEMPUS<br />

HABEMUS, OPEREMUR BONUM (Solange<br />

wir noch Zeit haben, lasst uns<br />

Gutes tun).<br />

R. Rohr: Die Sonnenuhr, Geschichte, Theorie,<br />

Funktiion. München 1982.<br />

H. Schumacher, A. Peitz: Sonnenuhren, eine<br />

Anleitung für Handwerk und Liebhaber, Band<br />

1 bis 3, München 1973,<br />

A. E. Waugh: Sundials, their theory und construction,<br />

Nwe York 1973.<br />

A. Zenkert: Faszination Sonnenuhr, 3. Aufl. m.<br />

CD-ROM, Harri Deutsch, Frankfurt/M, 2000.<br />

19

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