Polizei - bei Polizeifeste.de
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P<br />
D<br />
LIZEI<br />
EIN ARTNER<br />
P<br />
Kreisgruppe Min<strong>de</strong>n-Lübbecke<br />
Gewerkschaft <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong><br />
Min<strong>de</strong>n<br />
12. März 2011<br />
Öffentlicher<br />
Festabend<br />
33.<br />
<strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong>
www.VD<strong>Polizei</strong>.<strong>de</strong><br />
12.03.2011,<br />
20.00 Uhr<br />
Stadthalle<br />
Min<strong>de</strong>n<br />
POLIZEI -<br />
Gewerkschaft <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong><br />
Kreisgruppe Min<strong>de</strong>n-Lübbecke<br />
DEIN PARTNER<br />
Impressum<br />
Verantwortlich für <strong>de</strong>n redaktionellen Teil:<br />
xxxx Claus Kynast, Min<strong>de</strong>n<br />
Fotos: Die Verfasser<br />
Nachdruck <strong>de</strong>s redaktionellen Teils nur nach<br />
ausdrücklicher Genehmigung <strong>de</strong>s Herausgebers<br />
Sämtliche hier veröffentlichte Anzeigen, die im<br />
Kun<strong>de</strong>nauftrag für die Drucklegung vom Verlag<br />
gestaltet wur<strong>de</strong>n, sind urheberrechtlich geschützt.<br />
Nachdruck, Vervielfältigung und elektronische<br />
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und <strong>de</strong>s Verlages erlaubt. Verstöße<br />
hiergegen wer<strong>de</strong>n vom Verlag, auch im Auftrag<br />
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Verlag, Anzeigenwerbung und Gestaltung:<br />
VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH<br />
Anzeigenverwaltung<br />
Ein Unternehmen <strong>de</strong>r Gewerkschaft <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong><br />
Forststraße 3 a • 40721 Hil<strong>de</strong>n<br />
Telefon 02 11/71 04-0 • Telefax 02 11/71 04-174<br />
AV@VD<strong>Polizei</strong>.<strong>de</strong><br />
Geschäftsführer:<br />
Bodo Andrae, Joachim Kranz<br />
Anzeigenleiterin: Antje Kleuker<br />
Gestaltung und Layout: Jana Kolfhaus<br />
Satz und Druck:<br />
DTP & Druck GmbH & Co. KG, Düsseldorf<br />
© 2011<br />
33. Öffentlicher<br />
Festabend <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong><br />
Grußworte<br />
Programm<br />
Artikel<br />
Danksagung<br />
3<br />
11<br />
21<br />
56<br />
05/2011/12<br />
VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH<br />
© 2011<br />
Anzeigenverwaltung
Grußwort<br />
Ihre Treue beweist, dass dieser Festabend<br />
zu einem stets wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong>n<br />
Bestandteil in Ihrem Terminkalen<strong>de</strong>r<br />
gewor<strong>de</strong>n ist. Diese Treue ist aber<br />
auch ein Beweis für Ihre Verbun<strong>de</strong>nheit<br />
mit <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong>.<br />
Sehr verehrte Gäste,<br />
Zeit, so sagt man, ist das knappste Gut im<br />
21. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Daher freue ich um so<br />
mehr, dass Sie heute Abend hier in <strong>de</strong>r<br />
Min<strong>de</strong>ner Stadthalle gemeinsam mit mir<br />
zu Gast sind <strong>bei</strong>m 33. Festabend <strong>de</strong>r<br />
Gewerkschaft <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong> im Kreis Min<strong>de</strong>n-Lübbecke.<br />
Ein bunter Mix <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />
Künstler wird uns allen sicherlich<br />
wie<strong>de</strong>r einen unvergesslichen Abend<br />
bereiten.<br />
Viele von Ihnen, meine Damen und Herren,<br />
sind bereits über Jahre Gäste dieser<br />
Traditionsveranstaltung. Seit mehr als drei<br />
Jahrzehnten steht dieser Abend für festliche<br />
und abwechslungsreiche Stun<strong>de</strong>n.<br />
Ihre Treue beweist, dass dieser Festabend<br />
zu einem stets wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong>n Bestandteil<br />
in Ihrem Terminkalen<strong>de</strong>r gewor<strong>de</strong>n<br />
ist. Diese Treue ist aber auch ein Beweis<br />
für Ihre Verbun<strong>de</strong>nheit mit <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong>.<br />
Wir alle wissen, dass <strong>Polizei</strong>beamte einen<br />
anspruchsvollen und häufig anstrengen<strong>de</strong>n<br />
Beruf ausüben. Unsere Sicherheit ist<br />
<strong>bei</strong> ihnen in guten Hän<strong>de</strong>n. Dieses wertvolle<br />
Gut können wir gemeinsam stärken<br />
und bewahren, in<strong>de</strong>m wir unsere Ordnungshüter<br />
<strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Bewältigung ihrer Aufgaben<br />
aktiv und couragiert unterstützen.<br />
Dazu möchte ich Ihnen Mut machen.<br />
Ein lockerer Abend bietet <strong>de</strong>n Rahmen für<br />
Begegnungen zwischen <strong>de</strong>n Bürgerinnen<br />
und Bürgern dieser Stadt mit ihren <strong>Polizei</strong>beamten<br />
zur Pflege eines vertrauensvollen<br />
Verhältnisses. Von diesem Gedanken<br />
haben sich die Gründungsväter <strong>de</strong>r<br />
Veranstaltung damals leiten lassen. Ein<br />
Gedanke, <strong>de</strong>r aus meiner Sicht stete Aktualität<br />
besitzt. Ein Abend, <strong>de</strong>r zu einem<br />
Erfolgsmo<strong>de</strong>ll wur<strong>de</strong>.<br />
Das Organisationsteam um Claus Kynast<br />
und Joachim O<strong>de</strong>rmann hat es auch in diesem<br />
Jahr wie<strong>de</strong>r geschafft, um Sie, liebe<br />
Gäste, gut zu unterhalten. Wir alle haben<br />
uns heute Zeit genommen, Zeit, die mit<br />
Blick auf ein attraktives und schwungvolles<br />
Programm gut angelegt ist. Deshalb<br />
möchte ich <strong>de</strong>n Verantwortlichen für ihre<br />
Vorbereitungsar<strong>bei</strong>t herzlich danken.<br />
Ich freue mich, dass ich heute da<strong>bei</strong> sein<br />
kann, um mit Ihnen gemeinsam zu feiern.<br />
Für die nun vor uns liegen<strong>de</strong>n Stun<strong>de</strong>n<br />
wünsche ich uns allen gute Unterhaltung<br />
und viel Spaß.<br />
Dr. Ralf Niermann<br />
Landrat<br />
2
Grußwort<br />
Für die Bürger Min<strong>de</strong>ns ist es beson<strong>de</strong>rs<br />
wichtig, dass sie sich sicher<br />
in dieser, unserer Stadt fühlen.<br />
Und dazu tragen die Beamtinnen<br />
und Beamten hier vor Ort einen<br />
maßgeblichen Teil <strong>bei</strong>. Ihre Präsenz<br />
wird geschätzt und ihre Ar<strong>bei</strong>t verdient<br />
höchste Anerkennung.<br />
Hochkarätige Unterhaltung und Showbusiness<br />
vom Feinsten erwartet die Gäste<br />
<strong>de</strong>s Festabends <strong>de</strong>r Gewerkschaft <strong>de</strong>r<br />
<strong>Polizei</strong> am 12. März in <strong>de</strong>r Stadthalle. Die<br />
Organisatorinnen und Organisatoren<br />
haben ein abwechslungsreiches Programm<br />
zusammengestellt, das <strong>de</strong>n Eintrittspreis<br />
absolut wert ist. Vom Bauchredner<br />
über Trampolinspringer bis hin zu<br />
Slapstick reicht das Spektrum. Darüber<br />
hinaus verleiht Bühnenstar Edwina <strong>de</strong><br />
Pooter <strong>de</strong>m Abend prominenten Glanz.<br />
Nicht nur für die aktiven Beamtinnen und<br />
Beamten, son<strong>de</strong>rn auch für <strong>de</strong>ren Partner<br />
und viele Gäste bietet diese Veranstaltung<br />
<strong>de</strong>n Rahmen für Geselligkeit und das Pflegen<br />
von Kontakten <strong>bei</strong> Musik und Tanz.<br />
Auch schafft <strong>de</strong>r Festabend die Möglichkeit<br />
für die Polizistinnen und Polizisten<br />
mit <strong>de</strong>n Bürgerinnen und Bürger ins<br />
Gespräch zu kommen, für die sie je<strong>de</strong>n<br />
Tag im gesamten Kreisgebiet tätig sind.<br />
Bereits zum 33. Mal wird in diesem Jahr<br />
<strong>de</strong>r Festabend gefeiert. Er ist damit traditioneller<br />
Bestandteil im Min<strong>de</strong>ner Veranstaltungskalen<strong>de</strong>r.<br />
Erneut hat die Kreisgruppe<br />
Min<strong>de</strong>n-Lübbecke <strong>de</strong>r Gewerkschaft<br />
<strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong>, die Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
angenommen, eine solche Großveranstaltung<br />
auf die Beine zu stellen. Da steckt –<br />
trotz einer gewissen Routine – viel Ar<strong>bei</strong>t<br />
drin. Deshalb möchte ich allen Polizistinnen<br />
und Polizisten ganz herzlich danken,<br />
die diesen Abend organisiert haben!<br />
Ich freue mich, dass das Konzept dieser<br />
Veranstaltung seit vielen Jahren aufgeht.<br />
Die Besucherzahlen sprechen dafür.<br />
Die Ar<strong>bei</strong>t <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong> hat sich im Laufe<br />
<strong>de</strong>r Jahre gewan<strong>de</strong>lt. Das Aufgabenspektrum<br />
ist anspruchsvoll und vielfältig. Für<br />
die Bürger Min<strong>de</strong>ns ist es beson<strong>de</strong>rs wichtig,<br />
dass sie sich sicher in dieser, unserer<br />
Stadt fühlen. Und dazu tragen die Beamtinnen<br />
und Beamten hier vor Ort einen<br />
maßgeblichen Teil <strong>bei</strong>. Ihre Präsenz wird<br />
geschätzt und ihre Ar<strong>bei</strong>t verdient höchste<br />
Anerkennung.<br />
Der Festabend bietet für die Polizistinnen<br />
und Polizisten im Kreis Min<strong>de</strong>n-Lübbecke<br />
eine willkommene Abwechslung zum<br />
immer härter wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Dienst. Auch<br />
dient eine solche Veranstaltung dazu, die<br />
Institution „<strong>Polizei</strong>“ in einem an<strong>de</strong>ren,<br />
zwangloseren Licht zu zeigen.<br />
Ich wünsche uns allen einen schönen<br />
Abend. Ich wünsche <strong>de</strong>n Gästen gute<br />
Unterhaltung und gute Gespräche sowie<br />
<strong>de</strong>n Organisatorinnen und Organisatoren<br />
viel Erfolg!<br />
Michael Buhre<br />
Bürgermeister<br />
3
Grußwort<br />
Das <strong>Polizei</strong>fest trägt dazu <strong>bei</strong>, dass im<br />
Miteinan<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Zusammentreffens<br />
von BürgerInnen und <strong>Polizei</strong>, je<strong>de</strong>s<br />
Jahr ein Stückchen mehr Verständnis<br />
füreinan<strong>de</strong>r und Vertrauen zueinan<strong>de</strong>r<br />
aufgebaut wird.<br />
Das ist gut und richtig so und auch<br />
<strong>bei</strong>spielgebend.<br />
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,<br />
am 12. März fin<strong>de</strong>t bereits zum 33. Mal das<br />
<strong>Polizei</strong>fest im Mühlenkreis statt.<br />
Die ausrichten<strong>de</strong> Kreisgruppe <strong>de</strong>r<br />
Gewerkschaft <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong> in Min<strong>de</strong>n-Lübbecke<br />
kann mit Recht auf eine stolze Bilanz<br />
zurückblicken:<br />
Das <strong>Polizei</strong>fest erfreut sich seit mehr als<br />
drei Jahrzehnten großer Beliebtheit im<br />
Mühlenkreis und stellt auch ein gesellschaftliches<br />
Highlight dar.<br />
Es trägt dazu <strong>bei</strong>, dass im Miteinan<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />
Zusammentreffens von BürgerInnen und<br />
<strong>Polizei</strong>, je<strong>de</strong>s Jahr ein Stückchen mehr Verständnis<br />
füreinan<strong>de</strong>r und Vertrauen zueinan<strong>de</strong>r<br />
aufgebaut wird.<br />
Das ist gut und richtig so und auch <strong>bei</strong>spielgebend.<br />
Der Deutsche Gewerkschaftsbund in Ostwestfalen-Lippe<br />
und die unter <strong>de</strong>m Dach<br />
<strong>de</strong>s DGB zusammengeschlossenen<br />
Gewerkschaften grüßen die Kreisgruppe<br />
Min<strong>de</strong>n-Lübbecke <strong>de</strong>r Gewerkschaft <strong>de</strong>r<br />
<strong>Polizei</strong> und wünschen <strong>de</strong>r 33. Festveranstaltung<br />
gutes Gelingen.<br />
Zugleich wünschen wir <strong>de</strong>n Kolleginnen<br />
und Kollegen <strong>de</strong>r GdP, dass sie <strong>de</strong>n Weg<br />
erfolgreicher Interessenvertretung künftig<br />
noch erfolgreicher gehen können.<br />
Die Anfor<strong>de</strong>rungen an je<strong>de</strong> und je<strong>de</strong>n Einzelnen<br />
sind nach wie vor hoch.<br />
Deshalb benötigen wir insgesamt ein möglichst<br />
weitreichen<strong>de</strong>s und möglichst<br />
unkompliziertes Mitbestimmungsrecht im<br />
Rahmen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>spersonalvertretungsgesetzes<br />
NRW.<br />
Die politischen Voraussetzungen hierfür<br />
haben sich inzwischen günstiger gestaltet,<br />
die Verschlechterungen unter <strong>de</strong>r<br />
„alten“ Lan<strong>de</strong>sregierung will die „neue“<br />
nun wie<strong>de</strong>r zurückfahren und hat dies<br />
inzwischen bereits in Angriff genommen.<br />
Dies ist auch insofern zu begrüßen, als die<br />
<strong>de</strong>rzeit noch gelten<strong>de</strong>n Regelungen u. a,<br />
dazu geführt haben, dass die lange vorherrschen<strong>de</strong><br />
Kultur <strong>de</strong>r „vertrauensvollen<br />
Zusammenar<strong>bei</strong>t“ zwischen Personalräten<br />
und Dienststellen stark geschädigt<br />
wur<strong>de</strong>, Mitbestimmungsrechte abgebaut<br />
und die Rechte von PersonalrätInnen<br />
erheblich eingeschränkt wor<strong>de</strong>n sind.<br />
Die erneute Novellierung soll unter Beteiligung<br />
<strong>de</strong>s DGB und <strong>de</strong>r betroffenen<br />
Gewerkschaften erfolgen.<br />
Eine schnelle Vorlage und Verabschiedung<br />
<strong>de</strong>s neuen LPVG NRW hilft neben allen<br />
an<strong>de</strong>ren auch <strong>de</strong>n <strong>Polizei</strong>kollegInnen im<br />
Mühlenkreis <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Bewältigung <strong>de</strong>r<br />
bestehen<strong>de</strong>n und noch kommen<strong>de</strong>n Aufgaben.<br />
Wir wünschen uns weiterhin motivierte<br />
und engagierte KollegInnen innerhalb <strong>de</strong>r<br />
<strong>Polizei</strong>. Dies kann aber nur umgesetzt wer<strong>de</strong>n,<br />
wenn die Rahmenbedingungen stimmen.<br />
Ein Mittel hierzu ist daher eben auch<br />
ein „nutzbares“ und effektives Personalvertretungsgesetz.<br />
In diesem Sinne wünschen wir <strong>de</strong>n VeranstalterInnen<br />
und allen TeilnehmerInnen<br />
einen schönen Abend in <strong>de</strong>r Stadthalle<br />
Min<strong>de</strong>n und ein gutes Gelingen.<br />
Astrid Bartols<br />
Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r DGB-Region<br />
Ostwestfalen-Lippe<br />
4
Grußwort<br />
Ich bitte daher um Ihre Unterstützung<br />
unserer vielfältigen Aufgaben. Wenn<br />
ich Sie heute Abend begrüße, ist das<br />
immer mit einem Dankeschön für Ihre<br />
Hilfsbereitschaft und Anerkennung<br />
verbun<strong>de</strong>n.<br />
Festabend <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong> in Min<strong>de</strong>n-Lübbecke<br />
im 33. Jahr! Eine Zahl, die uns selbst<br />
überrascht. Hat sich doch in <strong>de</strong>n vielen<br />
Jahren gezeigt, dass ein solcher Festabend<br />
die richtige Entscheidung war, um Menschen<br />
aus Min<strong>de</strong>n-Lübbecke und <strong>de</strong>m<br />
Umkreis für eine gute Sache zu gewinnen.<br />
Als gute Sache bezeichne ich nach wie vor,<br />
eine Verbesserung <strong>de</strong>s Verhältnisses zwischen<br />
<strong>Polizei</strong> und <strong>de</strong>r Bevölkerung zu<br />
erreichen, bzw. zu erhalten.<br />
Zusammen mit <strong>de</strong>n Bürgerinnen und Bürgern<br />
haben wir als Polizisten schon viel<br />
erreicht. Nicht nur durch diese traditionellen<br />
Festaben<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn auch in vielen<br />
Gesprächen auf <strong>de</strong>r Straße, an <strong>de</strong>n Run<strong>de</strong>n<br />
Tischen, in öffentlichen politischen<br />
Veranstaltungen und in Einzelgesprächen<br />
mit „Verantwortungsträgern“ aller Richtungen.<br />
Denkt man an Katastrophen wie <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r<br />
Love-Para<strong>de</strong> in Duisburg, an Demonstrationen<br />
mit bürgerrechtlichem Hintergrund<br />
<strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Atomendlagerung im Wendland<br />
o<strong>de</strong>r auch an so manche unserer heimischen<br />
Probleme, wird nach <strong>de</strong>r Meinung<br />
<strong>de</strong>r Gewerkschaft <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong> gefragt. Oft<br />
zu spät! Lei<strong>de</strong>r scheint es so, dass immer<br />
mehr Menschen öffentliche Vorgänge im<br />
Land und in ihrer Stadt nicht mehr verstehen.<br />
Nicht immer ist es ein finanzielles<br />
Problem, dass allgemein Sinnvolles „auf<br />
<strong>de</strong>r Strecke bleibt“. Den Bürgerinnen und<br />
Bürgern fehlen häufig logische Erklärungen.<br />
Ihre Verdrossenheit politischen Entscheidungen<br />
gegenüber ist ihnen in „Bürgergesprächen“<br />
<strong>de</strong>utlich anzumerken.<br />
Immer mehr kommen wir als so genannte<br />
Vertreter <strong>de</strong>s Staates in die Schusslinie,<br />
uns nachvollziehbaren Frust aus <strong>de</strong>r<br />
Bevölkerung anhören zu müssen und nach<br />
Möglichkeit an die richtigen Stellen weiter<br />
zu geben.<br />
Solche Gespräche wer<strong>de</strong>n auch <strong>bei</strong>m Festabend<br />
mit meinen Kolleginnen und Kollegen<br />
geführt und das ist gut so. Wir sind<br />
gern bereit, weiter zu helfen. Auch das<br />
sehen wir als unseren Aufgaben, <strong>de</strong>nn wir<br />
sind die <strong>Polizei</strong> aller Bürger. Nicht auszu<strong>de</strong>nken,<br />
wenn sich Politikverdrossenheit<br />
wie jüngst in Griechenland brutal entlädt<br />
und trifft eigentlich nur die <strong>Polizei</strong>.<br />
Ich bitte daher um Ihre Unterstützung<br />
unserer vielfältigen Aufgaben. Wenn ich<br />
Sie heute Abend begrüße, ist das immer<br />
mit einem Dankeschön für Ihre Hilfsbereitschaft<br />
und Anerkennung verbun<strong>de</strong>n.<br />
Freuen wir uns wie<strong>de</strong>r auf einen schönen<br />
Abend in <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>ner Stadthalle mit tollen<br />
Künstlern und unserer Showband.<br />
Während wir das Tanz<strong>bei</strong>n schwingen<br />
und uns amüsieren, sind meine Kolleginnen<br />
und Kollegen mit Einsatzfahrzeugen<br />
unterwegs und gewähren Schutz, helfen<br />
Schwachen und Verletzten und sorgen für<br />
die Sicherheit, die wir uns alle wünschen.<br />
Auch in ihrem Namen wünsche ich<br />
allen Anwesen<strong>de</strong>n einen angenehmen<br />
Festabend.<br />
Claus Kynast<br />
Vorsitzen<strong>de</strong>r<br />
5
Programm<br />
Gewerkschaft <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong><br />
Kreisgruppe Min<strong>de</strong>n-Lübbecke<br />
Programm<br />
ANDREAS RÖMER<br />
BAUCHREDNER-SHOW<br />
JEAN FERRY<br />
THE ART OF COMEDY TRAMPOLINE<br />
EDWINA DE POOTER<br />
ONE WOMAN SHOW<br />
Wir wünschen allen Besuchern<br />
<strong>de</strong>s heutigen Festabends frohe<br />
Stun<strong>de</strong>n in beschwingter und<br />
heiterer Atmosphäre.<br />
VALENDRAS<br />
SHOW BAND<br />
SHOWBAND DER SPITZENKLASSE<br />
6
Programm<br />
ANDREAS RÖMER<br />
Two in one – eine Bauchredner-Show, die es in sich hat...<br />
Seine Figuren wer<strong>de</strong>n zu liebenswerten Freu<strong>de</strong>n!<br />
7
Programm<br />
JEAN FERRY<br />
Erleben Sie <strong>de</strong>n Senkrechtstarter auf <strong>de</strong>m Trampolin<br />
mit Höhenflügen, Bauchlandungen und<br />
waghalsiger Slapstick! Hoch, weit und schräg!<br />
„THE ART OF COMEDY TRAMPOLINE“<br />
8
Programm<br />
Sie präsentiert die wichtigsten Elemente<br />
<strong>de</strong>s Showbusiness in einer faszinieren<strong>de</strong>n<br />
Harmonie und Perfektion... und sie<br />
verleiht <strong>de</strong>n Promis ihre ganz<br />
persönliche Ausstrahlung.<br />
Legendär, rockig, crazy, provokant!<br />
EDWINA DE POOTER<br />
9
Programm<br />
VALENDRAS<br />
Die Valendras sind eine internationale Showband<br />
<strong>de</strong>r Spitzenklasse, die mit aktuellem<br />
Sound internationale Tanz- und Unterhaltungsmusik<br />
in verschie<strong>de</strong>nen Stilrichtungen<br />
präsentiert.<br />
10
<strong>Polizei</strong><br />
ZURÜCKGEBLÄTTERT<br />
in alten Zeitungen von Günter Vorrath, Lübbecke<br />
Lübbecker Kreiszeitung Nr. 65 vom Freitag, 18. März 1955:<br />
Neue Maßnahmen <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong>:<br />
Funk-Großeinsatz gegen Verkehrssün<strong>de</strong>r<br />
Beobachtungsposten und Funksprecher von <strong>de</strong>r Bereitschaftspolizei<br />
Lübbecke. „Ich bitte Sie, Wachtmeister“, meinte Mittwoch<br />
Mittag ein Volkswagenfahrer, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r rot-weißen „Haltekelle“<br />
<strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong> <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Fiesteler Spar- und Darlehnskasse gestoppt<br />
wur<strong>de</strong>, „ich soll die Stoppstraße überfahren haben? Das müssen<br />
Sie mir erst einmal beweisen!“ Es war schnell geschehen. Der<br />
Wachtmeister wies stumm auf einen Zivilisten, <strong>de</strong>r sich in einem<br />
Hauseingang regengeschützt untergestellt hatte und ein Funksprechgerät<br />
mit ausgefahrener Antenne trug. Jetzt ging <strong>de</strong>m Pkw-<br />
Fahrer ein Licht auf.<br />
Die Kreispolizeibehör<strong>de</strong> führte nämlich am Mittwoch ihren ersten<br />
Großeinsatz gegen Verkehrsün<strong>de</strong>r im Kreisgebiet durch. Fast 50<br />
Beamte waren an <strong>de</strong>m Einsatz beteiligt. Um ihn bewältigen zu<br />
können, hatte man eine Anzahl Bereitschaftspolizisten aus Bochum<br />
und Bork angefor<strong>de</strong>rt.<br />
Fünf Beobachtungsposten<br />
Die Leitung <strong>de</strong>r Aktion hatte <strong>Polizei</strong>-Oberkommissar Bauerfeind<br />
(Lübbecke). Nach seinem Plan wur<strong>de</strong>n fünf beson<strong>de</strong>rs wichtige<br />
Verkehrspunkte ausgewählt und besetzt: in Lübbecke <strong>de</strong>r Bahnübergang<br />
an <strong>de</strong>r Bohlenstraße, in Rah<strong>de</strong>n die Ecke an <strong>de</strong>r Post, in<br />
Arrenkamp die Abzweigung Lübbecke-Rah<strong>de</strong>n, in Fiestel die<br />
Stoppstraße <strong>bei</strong> Spreen und in Oberbauerschaft die Doppelabzweigung<br />
Horst-Höhe.<br />
An diesen Stellen waren je ein Beobachtungsposten und ein<br />
Funksprecher postiert, die je<strong>de</strong>n, die Verkehrsvorschrift übertreten<strong>de</strong>n<br />
Kraftfahrer registrierten.<br />
Unter Angabe <strong>de</strong>s Fahrzeugtyps und <strong>de</strong>r Kennziffer wur<strong>de</strong> er<br />
sofort durch <strong>de</strong>n auf zwölf Kanälen laufen<strong>de</strong>n Sprechfunk an die<br />
in entsprechen<strong>de</strong>r Entfernung befindlichen Halteposten durchgegeben.<br />
Selbstverständlich waren die Fahrer oft mehr als verblüfft, las man<br />
ihnen hier die einzelnen Verkehrs<strong>de</strong>likte auf <strong>de</strong>n Kopf zusagte.<br />
Verwarnungen und Anzeigen<br />
Es blieb größtenteils <strong>bei</strong> gebührenpflichtigen Verwarnungen und<br />
Vorladungen zum Verkehrsunterricht. In sieben Fällen allerdings<br />
musste eine Übertretungsanzeige erstattet wer<strong>de</strong>n. Beobachtungsposten<br />
und Funker übten ein verantwortungsvolles Amt aus, <strong>de</strong>nn<br />
sie müssen unter Umstän<strong>de</strong>n ihre Angaben vor Gericht beei<strong>de</strong>n.<br />
An verschie<strong>de</strong>nen Punkten im Kreisgebiet stan<strong>de</strong>n Posten mit<br />
<strong>de</strong>m Funksprechgerät und übermittelten sofort zur nächsten<br />
Kontrollstelle die „Sün<strong>de</strong>n“ <strong>de</strong>r vor<strong>bei</strong>fahren<strong>de</strong>n Kraftfahrer.<br />
11
<strong>Polizei</strong><br />
Auch dieser Wagen fuhr in die „Falle“ <strong>bei</strong>m Großeinsatz <strong>de</strong>r<br />
<strong>Polizei</strong> gegen Verkehrssün<strong>de</strong>r im Kreisgebiet.<br />
Mancher Kraftfahrer war über die Art<br />
<strong>de</strong>r Kontrollen zunächst entrüstet,<br />
obwohl es hier um seine eigene<br />
Sicherheit ging.<br />
Nach drei Kontrollstun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Einsatz been<strong>de</strong>t und die Auswertung<br />
vorgenommen, die statistischen<br />
Erhebungen dienen wird. Man war<br />
sich allgemein darüber einig, dass <strong>bei</strong><br />
besserem Wetter und zwangsläufig<br />
stärkerem Fahrzeugverkehr, die<br />
Übertretungen wesentlich höher<br />
gewesen wären.<br />
Bei <strong>de</strong>r ersten Kontrollaktion wur<strong>de</strong>n<br />
bestimmte Vergehen gewertet.<br />
Schwerpunkte waren: Nichtanzeigen<br />
<strong>de</strong>r Fahrtrichtung, Überfahren von<br />
Stoppstraßen und falsches Verhalten<br />
in Kurven. Diese Großeinsätze gegen<br />
Verkehrssün<strong>de</strong>r sollen an unbestimmten<br />
Tagen zu einer ständigen<br />
Einrichtung auch im Kreis Lübbecke<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
12
<strong>Polizei</strong><br />
Bemerkenswerte Ent<strong>de</strong>ckung: Min<strong>de</strong>ns erste Kriminaldienstmarke<br />
100 JAHRE KRIPO-<br />
DIENSTMARKEN IN MINDEN<br />
Um <strong>de</strong>n Hals, in <strong>de</strong>r Hosentasche o<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m Revers trugen die Kriminalpolizisten ihre Dienstmarken in <strong>de</strong>n Anfängen.<br />
Denn, die Zivilbeamten waren ja ohne Uniform unterwegs und somit nicht sofort als Polizisten zu erkennen.<br />
Wolfgang Richter aus Min<strong>de</strong>n hat verschie<strong>de</strong>ne historische I<strong>de</strong>ntifizierungsmedaillen für das „Min<strong>de</strong>ner Tageblatt“<br />
zusammengestellt und erläutert ihre Be<strong>de</strong>utung.<br />
Dem Enkel <strong>de</strong>s <strong>Polizei</strong>kommissars Otto Arendt ist das Auffin<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r ersten Dienstmarke <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>ner <strong>Polizei</strong>verwaltung zu<br />
verdanken. Im Nachlass aus <strong>de</strong>r Dienstzeit seines Großvaters fand<br />
er dieses sicherlich einmalige Stück Min<strong>de</strong>ner <strong>Polizei</strong>geschichte.<br />
Wie aber ist die Historie dieser Min<strong>de</strong>ner Kriminaldienstmarke<br />
und wie ging es weiter?<br />
Im Jahre 1907 beschloss <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>ner Stadtrat aus <strong>de</strong>m Kreis <strong>de</strong>r<br />
uniformierten <strong>Polizei</strong>beamten einige davon in ziviler Kleidung<br />
speziell für die Verbrechensbekämpfung einzusetzen, da die formelle<br />
Dienstkleidung einen ver<strong>de</strong>ckten <strong>Polizei</strong>einsatz nur schwer<br />
ermöglichte. Bis dahin lag diese Aufgabe in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n einiger<br />
<strong>Polizei</strong>sergeanten o<strong>de</strong>r Wachtmeister, die sich <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Aufklärung<br />
von Straftaten verdient gemacht hatten. Insbeson<strong>de</strong>re durch <strong>de</strong>n<br />
Zuzug vieler auswärtiger Ar<strong>bei</strong>tskräfte zum Bau <strong>de</strong>s Kanals war<br />
die Zahl <strong>de</strong>r Eigentums<strong>de</strong>likte sprunghaft angestiegen. 2.500 Ar<strong>bei</strong>ter,<br />
insbeson<strong>de</strong>re Auslän<strong>de</strong>r, wur<strong>de</strong>n hier eingesetzt.<br />
Dem Beispiel vieler an<strong>de</strong>rer Städte im Deutschen Reich folgend,<br />
wur<strong>de</strong> in Min<strong>de</strong>n ein Büro zur Kriminalitätsbekämpfung <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r<br />
Städtischen <strong>Polizei</strong>verwaltung eingerichtet. Zunächst nur drei,<br />
dann später sieben Beamte waren nun für die Verbrechensbekämpfung<br />
im Stellenplan <strong>de</strong>r Kommune. In <strong>de</strong>n <strong>Polizei</strong>präsidien <strong>de</strong>r<br />
großen Zentren <strong>de</strong>s Reichs hatte man seit 1820 gute Erfahrungen<br />
damit gemacht, diese Detektive mit eigens hierfür hergestellten<br />
Dienstmarken auszustatten. Zunächst wur<strong>de</strong>n diese Stücke um<br />
<strong>de</strong>n Hals, unter <strong>de</strong>m Jackenrevers o<strong>de</strong>r an Bän<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Hosentasche<br />
getragen. So konnten auch in Min<strong>de</strong>n diese I<strong>de</strong>ntifizierungsmedaillen<br />
<strong>bei</strong>m Einschreiten vorgewiesen wer<strong>de</strong>n, da ja die Männer<br />
nicht mehr durch die Uniform erkennbar waren.<br />
Im Jahre 1910 wur<strong>de</strong>n die ersten Dienstmarken für die Min<strong>de</strong>ner<br />
Kriminalbeamten geprägt und an je<strong>de</strong>n kompetenten Kripobeamten,<br />
mit einer individuellen Registriernummer versehen und gegen<br />
Quittung ausgehändigt.<br />
Das Verfahren bewährte sich. Um 1927, nach<strong>de</strong>m Kaiser Wilhelm<br />
II abgedacht hatte, wur<strong>de</strong>n die mit <strong>de</strong>n kaiserlichen Insignien –<br />
Krone, Reichszepter und Weltkugel – hergestellten Stücke für<br />
ungültig erklärt, eingezogen und eingeschmolzen.<br />
Die Marke von Otto Arendt blieb erstaunlicherweise erhalten<br />
und fand sich nun zufällig wie<strong>de</strong>r an und kann als das Unikat<br />
für die Min<strong>de</strong>ner Kriminalpolizei angesehen wer<strong>de</strong>n.<br />
Ab 1926 durften nach <strong>de</strong>n staatlichen Kriminalbeamten auch<br />
die kommunalen Kriminalisten im Freistaat Preußen – so auch<br />
in Min<strong>de</strong>n – einheitliche Dienstmarken mit <strong>de</strong>m preußischen<br />
Adler und <strong>de</strong>r Aufschrift „<strong>Polizei</strong>verwaltung Min<strong>de</strong>n“ tragen.<br />
Min<strong>de</strong>n erhielt am 1. 05. 1926 neue Erkennungsmarken, die bis<br />
1934 mitgeführt wur<strong>de</strong>n.<br />
<strong>Polizei</strong>offiziere trugen versilberte, die an<strong>de</strong>ren Sachbear<strong>bei</strong>ter<br />
bronzene Stücke. So durfte nur <strong>de</strong>r Kriminalkommissar Kemena<br />
eine dieser silberfarbenen I<strong>de</strong>ntifizierungsmarken <strong>bei</strong> sich<br />
haben.<br />
13
<strong>Polizei</strong><br />
Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen, wur<strong>de</strong>n<br />
sofort Verän<strong>de</strong>rungen eingeleitet. Ab Januar 1934 erhielten<br />
sowohl staatliche als auch gemeindliche Kriminalbeamte, sowie<br />
einige <strong>Polizei</strong>posten mit kriminalistischen Aufgaben, neue Stücke.<br />
Sie zeigten nun neben <strong>de</strong>m Adler auf <strong>de</strong>r einen, das Hakenkreuz<br />
mit <strong>de</strong>r Ortsbezeichnung auf <strong>de</strong>r Rückseite <strong>de</strong>r Ausweismarke.<br />
Im Altkreis Lübbecke blieb ein Stück <strong>de</strong>s Einzelpostens Wilhelm<br />
Kottkamp erhalten. Sein Sohn fand es in <strong>de</strong>n Hinterlassenschaften<br />
<strong>de</strong>s Trägers, sodass es hier gezeigt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Durch die Verordnung über die Gestaltung <strong>de</strong>s Hoheitszeichens<br />
<strong>de</strong>s Reiches vom 7.3.1936 wur<strong>de</strong> eine Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Aussehens<br />
<strong>de</strong>r polizeilichen Ausweismarke notwendig. So wur<strong>de</strong>n dann<br />
1936 im gesamten Reichsgebiet gleiche Erkennungsmarken ausgegeben,<br />
die sich nur geringfügig unterschie<strong>de</strong>n. Bei kommunalen<br />
Kripobeamten befand sich auf <strong>de</strong>m Avers <strong>de</strong>r neue Reichsadler<br />
und auf <strong>de</strong>m Revers die Prägung „Gemein<strong>de</strong>kriminalpolizei“<br />
allerdings ohne Ortsbezeichnung.<br />
Weiterhin gab es noch Marken mit <strong>de</strong>n Prägungen „Staatliche<br />
Kriminalpolizei“ und „Geheime Staatspolizei“.<br />
Wahrscheinlich noch vor <strong>de</strong>r Kapitulation dürften die Marken<br />
<strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>ner Kripo eingezogen und vernichtet wor<strong>de</strong>n sein, da<br />
auch <strong>bei</strong> alten Min<strong>de</strong>ner Beamten kein Musterstück erhalten<br />
blieb. Das hier gezeigte Exponat stammt nicht aus Min<strong>de</strong>n ist<br />
aber mit hier getragenen Marken i<strong>de</strong>ntisch.<br />
Nach <strong>de</strong>m Kriege wur<strong>de</strong>n 1945 in Min<strong>de</strong>n erfahrene entnazifizierte<br />
Beamte und einige junge unbelastete Kriegsteilnehmer von<br />
<strong>de</strong>r alliierten Besatzungsmacht England zur <strong>de</strong>r Verbrechensbekämpfung<br />
eingesetzt.<br />
Während in an<strong>de</strong>ren Städten teilweise Dienstmarken getragen<br />
wur<strong>de</strong>n, <strong>bei</strong> <strong>de</strong>nen das Hakenkreuz heraus geschliffen wor<strong>de</strong>n<br />
war, blieb <strong>de</strong>n Min<strong>de</strong>ner Beamten lediglich ein entnazifizierter<br />
Dienstausweis als I<strong>de</strong>ntifizierungsalternative.<br />
Erst 1947 wur<strong>de</strong>n neue Dienstausweismarken präsentiert. Sie<br />
zeigten auf <strong>de</strong>r einen Seite jetzt schon das neue NRW Lan<strong>de</strong>swappen,<br />
auf <strong>de</strong>r Rückseite <strong>de</strong>n Namen unseres Lan<strong>de</strong>s, eine fortlaufen<strong>de</strong><br />
Nummer und die Kennzeichnung <strong>de</strong>r zuständigen<br />
Behör<strong>de</strong>.<br />
Es gab in NRW zwei unterschiedlichen Formen, die Stadtkreispolizei<br />
(z. B. SK Bielefeld) und Regierungsbezirkspolizei (z. B.<br />
hier RB Detmold). Diese Begriffe wur<strong>de</strong>n eingraviert. Organisatorisch<br />
war die kommunale <strong>Polizei</strong> in Min<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m „Chef <strong>de</strong>r<br />
<strong>Polizei</strong>“ <strong>bei</strong>m Regierungspräsi<strong>de</strong>nten in Detmold unterstellt,<br />
<strong>de</strong>r zusammen mit einem bürgerlichen <strong>Polizei</strong>ausschuss und<br />
natürlich <strong>de</strong>n Alliierten die Dienstaufsicht führte. Min<strong>de</strong>ner Kriminalbeamte<br />
führten nun diese Behör<strong>de</strong>nbezeichnung auf <strong>de</strong>r<br />
Marke.<br />
Erstmalig verrichteten <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Kriminalpolizei Min<strong>de</strong>n Frauen<br />
<strong>Polizei</strong>dienst, die natürlich gleiche Marken trugen.<br />
Eine neuerliche Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Ortsbezeichnung ergab sich aus<br />
<strong>de</strong>r Neuorganisation <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong> im Jahre 1953 und <strong>de</strong>r Auflösung<br />
<strong>de</strong>r vorgenannten SK und RB <strong>Polizei</strong>. Der Oberkreisdirektor<br />
in Min<strong>de</strong>n übernahm als politischer Beamter und im Auftrage<br />
<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sregierung die Dienstaufsicht über die gesamte <strong>Polizei</strong><br />
in Stadt und Kreis Min<strong>de</strong>n. Das Aussehen <strong>de</strong>r Dienstmarken<br />
än<strong>de</strong>rte sich insofern, als nun anstelle <strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong>nbezeichnung<br />
„RB Detmold“ jetzt unsere Behör<strong>de</strong>, nämlich <strong>de</strong>r „OKD Min<strong>de</strong>n“<br />
zu sehen war.<br />
Die letzten und heute gültigen bun<strong>de</strong>seinheitliche Dienstmarken<br />
wur<strong>de</strong>n 1977 durch die Innenministerkonferenz beschlossen<br />
und dann hergestellt. Diese 1978 ausgegebenen Marken wer<strong>de</strong>n<br />
auch heute von <strong>de</strong>n Min<strong>de</strong>ner Beamtinnen und Beamten<br />
getragen. Sie unterschei<strong>de</strong>n sich durch die verschie<strong>de</strong>nen Län<strong>de</strong>rnamen<br />
auf <strong>de</strong>n Legitimierungsstücken.<br />
So sollen sich Min<strong>de</strong>ner Dienstkräfte heute mit einer solchen<br />
Dienstmarke zu erkennen geben. Auf <strong>de</strong>r einen Seite ist das<br />
Lan<strong>de</strong>swappen und <strong>de</strong>r Name „Nordrhein-Westfalen“ sowie die<br />
individuelle I<strong>de</strong>ntifizierungszahl zu sehen. Die Rückseite zeigt<br />
<strong>de</strong>n Schriftzug „Kriminalpolizei“.<br />
Interessant ist die Tatsache, dass bereits in <strong>de</strong>r Weimarer Republik<br />
mit Randprägungen – wie <strong>bei</strong> Münzen – die Marken möglichst<br />
fälschungssicher gefertigt wer<strong>de</strong>n sollten. Das Verfahren<br />
blieb aber ungenutzt und wird erst jetzt wie<strong>de</strong>r angewandt.<br />
„Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland“ ist dort zu lesen.<br />
Abschließend noch ein Satz zur Verpflichtung <strong>de</strong>r Kriminalbeamten,<br />
sich <strong>bei</strong>m Einschreiten <strong>de</strong>m Bürger gegenüber auszuweisen.<br />
Grundsätzlich kann dies sowohl mit <strong>de</strong>r Marke, als<br />
auch mit <strong>de</strong>m Dienstausweis geschehen – o<strong>de</strong>r mit <strong>bei</strong><strong>de</strong>n. Bei<br />
einer beson<strong>de</strong>ren Dringlichkeit in <strong>de</strong>r Phase <strong>de</strong>s spontanen Einschreitens<br />
o<strong>de</strong>r <strong>bei</strong> einer für <strong>de</strong>n Beamten erkennbaren Gefahr,<br />
kann sich die Ausweispflicht verzögern.<br />
14
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
POSTTRAUMATISCHE<br />
BELASTUNGSSTÖRUNGEN<br />
UND PHOBIEN<br />
Ursachen und Auswirkungen<br />
Unter Phobien lei<strong>de</strong>n viele Menschen. Es gibt rund 600 verschie<strong>de</strong>ne Phobien.<br />
Ein Mensch kann unter einer o<strong>de</strong>r auch mehreren Phobien lei<strong>de</strong>n. Es ist dann<br />
von einer Phobie die Re<strong>de</strong>, wenn jemand übermäßige Angst vor scheinbar<br />
gefährlichen Dingen o<strong>de</strong>r Situationen hat. Darunter zählen zum Beispiel auch<br />
die Angst vor geschlossenen Räumen (Klaustrophobie).<br />
Kennzeichen <strong>de</strong>r Phobie ist, dass <strong>de</strong>r<br />
Betroffene nicht die bestimmten Objekte<br />
o<strong>de</strong>r Ereignisse fürchtet, son<strong>de</strong>rn die<br />
mit <strong>de</strong>ren Kontakt verbun<strong>de</strong>nen Konsequenzen.<br />
Der Betroffene weiß oft, dass<br />
seine Angst unbegrün<strong>de</strong>t ist; trotz<strong>de</strong>m<br />
schafft er es nicht, sich in diese für ihn<br />
angstauslösen<strong>de</strong> Situation zu begeben.<br />
Sofern er weit von <strong>de</strong>r Gefahrensituation<br />
entfernt ist, fühlt er sich sicher. Einen<br />
Großteil seiner Zeit verbringt <strong>de</strong>r Betroffene<br />
damit, diese Situation zu mei<strong>de</strong>n.<br />
Dadurch erfährt er jedoch nicht, dass er<br />
die Situation aushalten kann und sie für<br />
ihn ungefährlich ist. Mit <strong>de</strong>r Zeit wird<br />
die Phobie immer schlimmer und kann<br />
letztendlich <strong>de</strong>n gesamten Tagesablauf<br />
beeinflussen.<br />
Es wer<strong>de</strong>n drei Unterformen von Phobien<br />
unterschie<strong>de</strong>n:<br />
• Agoraphobie<br />
• Soziale Phobie<br />
• Spezifische Phobie.<br />
Foto: Forgiss/Fotolia.com<br />
15
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
Foto: schmetterling01/Pixelio.<strong>de</strong><br />
Agoraphobie (Platzangst) be<strong>de</strong>utet, wenn<br />
eine krankhafte Furcht vorliegt, einen<br />
freien Platz zu überqueren o<strong>de</strong>r Angst vor<br />
bestimmten Orten zu haben. Soll die Person<br />
ihre gewohnte Umgebung verlassen<br />
tritt diese Phobie ein. Zu <strong>de</strong>n typischen<br />
Situationen gehören unter an<strong>de</strong>rem Menschenmengen,<br />
große öffentliche Plätze,<br />
Supermärkte, Busse und Bahnen, Fahrstühle<br />
usw. Außer<strong>de</strong>m bemüht sich <strong>de</strong>r<br />
Betroffene, nicht allzu weit von zu Hause<br />
wegzugehen. Der eigentliche Grund <strong>de</strong>r<br />
Angst ist, dass im Notfall niemand da ist,<br />
<strong>de</strong>r helfen kann. Zu<strong>de</strong>m tritt eine Furcht<br />
vor einer peinlichen Situation auf. Dieses<br />
bewirkt meistens, dass sich die Person<br />
sozial immer mehr abgrenzt, weil sie sich<br />
nicht in „gefährliche Situationen“ begeben<br />
will. Entsprechend wird vermie<strong>de</strong>n<br />
mit Freun<strong>de</strong>n ins Kino, in die Kneipe o<strong>de</strong>r<br />
sonst irgendwohin zu gehen. Am liebsten<br />
bleibt man zu Hause.<br />
Symptome <strong>de</strong>r sozialen Phobie<br />
Ebenfalls tritt hier die Angst in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit<br />
auf; jedoch in <strong>de</strong>r Form, dass sich<br />
die Betroffenen min<strong>de</strong>rwertig, nicht<br />
gemocht, ausgelacht o<strong>de</strong>r überfor<strong>de</strong>rt fühlen.<br />
Sie beziehen alles auf sich, sie richten<br />
ihren Blick andauernd auf sich selbst, ob<br />
sie wie<strong>de</strong>r etwas falsch gemacht haben<br />
und steigern sich somit immer tiefer in die<br />
Phobie. Sozialphobiker sind angespannt<br />
und versuchen sich zu kontrollieren, was<br />
natürlich <strong>de</strong>r Umwelt irgendwann auffällt.<br />
Meistens wer<strong>de</strong>n sie als abweisend o<strong>de</strong>r<br />
unnahbar bewertet, manchmal sogar als<br />
faul o<strong>de</strong>r dumm. Diese Faktoren verstärken<br />
wie<strong>de</strong>rum das negative Gefühl <strong>de</strong>s<br />
Erkrankten. Ein Teufelskreis entsteht.<br />
Typische Denkmuster von<br />
Sozialphobikern<br />
• Sich selbst negativ sehen<br />
(„Ich kann nichts“).<br />
• Sich selbst falsch sehen<br />
(„Wenn man mich kennenlernt,<br />
mag man mich nicht“).<br />
• Überzogene Vorstellungen über das<br />
eigene Sozialverhalten („Ich muss<br />
immer gut und freundlich sein“).<br />
Diese Denkmuster treiben <strong>de</strong>n Betroffenen<br />
immer tiefer in die Phobie. Die eigenen<br />
negativen Erwartungen lösen eine<br />
negative Selbstbewertung aus. Hierüber<br />
tritt eine Angst auf, wenn man in eine<br />
„gefährliche Situation“ kommt. Diese<br />
führt dazu, dass man befürchtet, von an<strong>de</strong>ren<br />
negativ bewertet zu wer<strong>de</strong>n. Daraufhin<br />
wer<strong>de</strong>n die Betroffenen weitestgehend<br />
verunsichert und versagen tatsächlich.<br />
Somit traut sich <strong>de</strong>r Sozialphobiker nichts<br />
mehr zu. Oftmals entwickeln sie auch<br />
Standartverhaltensweisen, die sie abspielen,<br />
wenn sie in schwierige Situationen<br />
kommen; das be<strong>de</strong>utet: Sätze o<strong>de</strong>r eingeübte<br />
Handlungen sollen ihnen helfen.<br />
Zieht sich <strong>de</strong>r Betroffene vor gefährlichen<br />
Situationen immer mehr zurück, kann dieses<br />
zur Isolation und zu einem Verlust <strong>de</strong>s<br />
Selbstvertrauens führen.<br />
Diese Phobie ist weitaus stärker im Vergleich<br />
zu <strong>de</strong>m, was man als Schüchternheit<br />
kennt. Im äußersten Fall vermei<strong>de</strong>t<br />
<strong>de</strong>r Betroffene das Zusammentreffen mit<br />
frem<strong>de</strong>n Personen. An dieser sozialen<br />
Phobie lei<strong>de</strong>n <strong>bei</strong> uns bis zu dreizehn Prozent<br />
<strong>de</strong>r Bevölkerung. Das erste Auftreten<br />
dieser Symptome erfolgt meistens im<br />
Jugendalter. Das Verhältnis <strong>de</strong>r erkrankten<br />
Männer und Frauen hält sich die Waage.<br />
Sozialphobiker lei<strong>de</strong>n auch unter an<strong>de</strong>ren<br />
Phobien. Im Laufe <strong>de</strong>r Erkrankung<br />
können sie auch Depressionen bekommen,<br />
ferner kann es zum Alkohol- o<strong>de</strong>r<br />
Medikamentenmissbrauch kommen,<br />
wenn nicht rechtzeitig etwas dagegen<br />
unternommen wird. Schätzungen zu folge<br />
können bis zu 10 Prozent <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />
in ihrem Leben eine Neigung zu einer<br />
solchen Phobie entwickeln.<br />
Spezifische Phobien<br />
Diese Phobie wird durch einen bestimmten<br />
Gegenstand, einen Ort, ein Tier o<strong>de</strong>r<br />
eine Situation ausgelöst. Die Folge ist, dass<br />
solche Angstauslöser gemie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
Meistens wissen die Betroffenen, dass die<br />
Phobie übertrieben ist und sie nichts dagegen<br />
tun können.<br />
Traumatische Erfahrungen<br />
und akute Belastungsreaktionen<br />
Zustän<strong>de</strong> emotionaler Beeinträchtigung<br />
und die <strong>de</strong>s subjektiven Lei<strong>de</strong>ns treten<br />
häufig im Zusammenhang mit belasten<strong>de</strong>n<br />
Lebenssituationen auf, zum Beispiel<br />
Krisen in <strong>de</strong>r Partnerschaft, Konflikte mit<br />
Kollegen sowie andauern<strong>de</strong>m alltäglichen<br />
Ärger und Lebensverän<strong>de</strong>rungen; unter<br />
an<strong>de</strong>rem die Geburt <strong>de</strong>s ersten Kin<strong>de</strong>s,<br />
Beginn bzw. En<strong>de</strong> wichtiger Beziehungen<br />
o<strong>de</strong>r Pensionierung. Bezogen auf diese<br />
Erfahrungen wird eine Neuanpassung<br />
gefor<strong>de</strong>rt, jedoch kann diese auch zu<br />
Anpassungsstörungen führen. Traumatische<br />
Ereignisse sind dadurch charakterisiert,<br />
dass sie die Betroffenen mit existentiellen<br />
Grenzsituationen konfrontieren.<br />
Die Klassifikation <strong>de</strong>r Weltgesundheitsbehör<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>finiert traumatische Stressoren<br />
als „Ereignis außergewöhnlicher Bedrohung<br />
o<strong>de</strong>r katastrophalen Ausmaßes, die<br />
<strong>bei</strong> je<strong>de</strong>m tief greifen<strong>de</strong> Verzweiflung auslösen<br />
wür<strong>de</strong>n“ (WHO 1993). In Verbindung<br />
mit <strong>de</strong>m präziseren Klassifikationssystem<br />
<strong>de</strong>r Amerikanischen Psychiatrischen<br />
Gesellschaft unterschei<strong>de</strong>t man <strong>bei</strong><br />
<strong>de</strong>r Trauma<strong>de</strong>finition zwischen <strong>de</strong>n emotionalen<br />
Reaktionen <strong>de</strong>r betroffenen Personen<br />
und <strong>de</strong>n genau <strong>de</strong>finierten Ereignisfaktoren.<br />
Es müssen <strong>bei</strong><strong>de</strong> Aspekte vorliegen,<br />
damit ein Ereignis als „traumatisch“<br />
bewertet wer<strong>de</strong>n kann. Situationen<br />
sind nicht nur dann potentiell traumati-<br />
16
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
sierend, wenn eine Person selbst in<br />
Lebens- o<strong>de</strong>r Verletzungsgefahr gerät,<br />
son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Anblick an<strong>de</strong>rer Menschen,<br />
die <strong>bei</strong>spielsweise ernsthaft verletzt o<strong>de</strong>r<br />
getötet wer<strong>de</strong>n, trägt ebenfalls dazu <strong>bei</strong>.<br />
Schließlich kann auch die Mitteilung über<br />
die Bedrohung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n plötzlichen Tod<br />
nahestehen<strong>de</strong>r Menschen diese Wirkung<br />
haben. Aus diesem Grund sind Katastrophen,<br />
Terroranschläge und Gewalttaten<br />
nicht nur für die primären Opfer, son<strong>de</strong>rn<br />
genauso für die helfen<strong>de</strong>n Berufsgruppen,<br />
wie zum Beispiel Rettungskräfte,<br />
Bergungsmannschaften, Feuerwehrleute<br />
o<strong>de</strong>r Polizisten potentiell traumatisierend.<br />
Fast alle Menschen entwickeln während<br />
und nach traumatischen Ereignissen<br />
Beschwer<strong>de</strong>n, die sich in <strong>de</strong>n meisten Fällen<br />
wie<strong>de</strong>r zurückbil<strong>de</strong>n. Mit einer Art<br />
Betäubung, Bewusstseinsverengung o<strong>de</strong>r<br />
Desorientierung beginnen typischerweise<br />
akute Belastungsreaktionen. Dissoziative<br />
Zustän<strong>de</strong> (in Verbindung mit <strong>de</strong>m<br />
Bewusstsein erfolgt eine Auflösung<br />
zusammenhängen<strong>de</strong>r Vorstellungen) können<br />
darauf folgen: Ein Gefühl von emotionaler<br />
Taubheit o<strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>r emotionaler<br />
Reaktionsfähigkeit. Außer<strong>de</strong>m kann<br />
eine Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s vertrauten Selbst-,<br />
Umwelt- und Zeiterlebens einsetzen. Häufig<br />
erinnern sich Überleben<strong>de</strong> schwerer<br />
Unfälle daran, dass sie die Ereignisse<br />
extrem verlangsamt, absolut emotionslos,<br />
wie aus einer großen Entfernung o<strong>de</strong>r vergleichsweise<br />
durch einen Filter wahrgenommen<br />
haben. Zeichen von panischer<br />
Angst können auch auftreten (Zittern,<br />
Schwitzen, Hyperventilation) sowie Unruhe<br />
o<strong>de</strong>r Überaktivität. Oft ist in diesem<br />
Zusammenhang die bewusste Wahrnehmung<br />
eingeschränkt, die Aufmerksamkeit,<br />
die Urteilskraft sowie die Fähigkeit,<br />
Foto: S. Thomas/Pixelio.<strong>de</strong><br />
Begebenheit<br />
Als am 11. September 2001 <strong>de</strong>r<br />
Südturm <strong>de</strong>s World Tra<strong>de</strong> Centers<br />
in New York einstürzte, riss das<br />
plötzliche Vakuum die 40-jährige<br />
Polizistin Terry Tobin aus ihren Schuhen<br />
und schleu<strong>de</strong>rte sie quer über<br />
die Straße. Eine Staubwolke verdunkelte<br />
die Sicht. Sie hörte in <strong>de</strong>r<br />
Nähe jeman<strong>de</strong>n stöhnen, sie tastete<br />
um sich herum, spürte eine Hand<br />
und ergriff sie. „Ich hielt sie und sagte,<br />
dass alles in Ordnung käme.<br />
Dass man mich aber nicht loslassen<br />
sollte. Dann merkte ich, dass ich<br />
nur eine Hand mit einem Arm daran<br />
festhielt.“ Anschließend brachte<br />
sie mit zwei Polizisten Menschen,<br />
die sich retten konnten, zu <strong>de</strong>n Fähren.<br />
Über Funk for<strong>de</strong>rten ihre Kollegen<br />
Hilfe für einen verletzten Polizisten<br />
an. Terry Toben war verwun<strong>de</strong>rt,<br />
weil sie keinen verletzten Kollegen<br />
sah. Sie kam nicht auf die I<strong>de</strong>e, dass sie selbst gemeint sein könnte. We<strong>de</strong>r fühlte sie<br />
sich beeinträchtigt noch spürte sie Schmerzen. Erst im Krankenhaus wur<strong>de</strong> ihr allmählich<br />
bewusst, dass ihr Fußgelenk gebrochen war und sie schwere Verletzungen am Rücken davon<br />
getragen hatte.<br />
(Possemeyer, 2002, S.149)<br />
Reize zu verar<strong>bei</strong>ten. Man muss es sich so<br />
vorstellen, dass sich die sehr konkreten<br />
Erinnerungen an das traumatische<br />
Geschehen <strong>de</strong>m wachen Bewusstsein<br />
unkontrollierbar aufdrängen und schließlich<br />
in <strong>de</strong>n Schlaf eindringen, das heißt<br />
Schlafstörungen treten auf. Oft sind grauenhafte<br />
Eindrücke zunächst sprachlich<br />
nicht fassbar. Meistens besteht eine Unfähigkeit,<br />
sich an einen wichtigen Aspekt<br />
<strong>de</strong>s Traumas zu erinnern. Bedingt durch<br />
ein erhöhtes körperliches Erregungsniveau<br />
kann es zu Schlaf- und Konzentrationsstörungen,<br />
übertriebene Schreckreaktionen<br />
und Reizbarkeit kommen.<br />
Akute Belastungsreaktionen sind ein Zeichen<br />
dafür, dass das Bewusstsein noch<br />
nicht fähig ist, extreme Eindrücke zu ordnen;<br />
außer<strong>de</strong>m benötigen die Betroffenen<br />
Schutz, Ruhe, Entlastung und Mitgefühl,<br />
um diese Erlebnisse zu ertragen und<br />
Schritt für Schritt zu verar<strong>bei</strong>ten. In <strong>de</strong>r<br />
Regel klingen die Reaktionen innerhalb<br />
weniger Tage o<strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong>n ab. Über längere<br />
Zeit dagegen können Erinnerungsattacken,<br />
Konzentrations- und Schlafstörungen<br />
sowie eine Min<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r vertrauten<br />
Leistungsfähigkeit bestehen bleiben.<br />
17
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
Akute Belastungsstörung (ABS)<br />
Es wird dann die Diagnose einer akuten<br />
Belastungsstörung (ABS) in Betracht gezogen,<br />
wenn die Beschwer<strong>de</strong>n massiv ausgeprägt<br />
sind, das be<strong>de</strong>utet länger als zwei<br />
Tage nach <strong>de</strong>m traumatischen Ereignis<br />
andauern. Sie verursachen ein heftiges<br />
subjektives Lei<strong>de</strong>n sowie starke Beeinträchtigungen<br />
in sozialen und beruflichen<br />
Funktionsbereichen und schließlich führen<br />
die Beschwer<strong>de</strong>n dazu, dass ein Austausch<br />
über die traumatischen Erlebnisse<br />
sogar mit nahestehen<strong>de</strong>n Menschen vermie<strong>de</strong>n<br />
wird. Bezogen auf die Wahrnehmung<br />
und Bewertung <strong>de</strong>r traumatischen<br />
Störung beeinflusst die Qualität <strong>de</strong>s sozialen<br />
Umfel<strong>de</strong>s die Erholungsphase entschei<strong>de</strong>nd<br />
mit. Dauer und Intensität <strong>de</strong>r<br />
Konfrontation mit Lebens- und Verletzungsgefahr<br />
sowie das Ausmaß von<br />
mentalem Kontrollverlust sind von<br />
Be<strong>de</strong>utung. In Verbindung mit einem<br />
gezielten Training und klaren Einweisungen<br />
in die Ar<strong>bei</strong>tsaufgaben besteht für<br />
Einsatzkräfte die Möglichkeit, ein Gefühl<br />
<strong>de</strong>r Kontrolle zu erhalten und sie somit<br />
vor <strong>de</strong>r Überflutung durch hoch belasten<strong>de</strong><br />
Erfahrungen zu schützen. Die Einsatzkräfte,<br />
die als erste an einem<br />
Unglücksort eintreffen, wer<strong>de</strong>n oft völlig<br />
unvorbereitet mit Schwerverletzten,<br />
Toten o<strong>de</strong>r extremen Sinneseindrücken<br />
konfrontiert und sind <strong>de</strong>shalb stärker<br />
gefähr<strong>de</strong>t im Vergleich zu <strong>de</strong>n Kollegen,<br />
die vorinformiert eintreffen. In <strong>de</strong>m Fall,<br />
wo katastrophale Ereignisse lange andauern,<br />
besteht die Gefahr, dass die Konfrontation<br />
mit extremen Sinneseindrücken<br />
und Emotionen die Bewältigungskraft<br />
erschöpft. Rettungskräfte können <strong>bei</strong><br />
einer massiven Überfor<strong>de</strong>rung, lebensgefährlichen<br />
Bedrohungen o<strong>de</strong>r wenn sie<br />
sogar einer Vielfalt grauenhafter Eindrücke<br />
ausgesetzt sind, in verän<strong>de</strong>rte<br />
Bewusstseinszustän<strong>de</strong> geraten. Was das<br />
betrifft, funktionieren die Betroffenen<br />
völlig automatisch „wie ein Roboter“<br />
o<strong>de</strong>r „wie im Traum“. Sie nehmen die<br />
Anstrengungen o<strong>de</strong>r Verletzungen nicht<br />
angemessen o<strong>de</strong>r überhaupt nicht wahr,<br />
schätzen Risiken falsch ein und müssen,<br />
manchmal geschieht dieses massiv, an<br />
einer Weiterar<strong>bei</strong>t gehin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.<br />
Letztendlich tragen Ärger und Schuldzuweisungen<br />
dazu <strong>bei</strong>, dass technische und<br />
vom Menschen verursachte Unglücksfälle,<br />
im Vergleich zu Naturkatastrophen, sowohl<br />
von Opfern und Hinterbliebenen als auch<br />
von Helfern schlechter bewältigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Eine akute Belastungsstörung (ABS)<br />
<strong>bei</strong>nhaltet folgen<strong>de</strong> Diagnosekriterien:<br />
a Konfrontation mit einem/mehreren<br />
traumatischen Ereignissen und intensive<br />
emotionale Reaktion.<br />
b Dissoziative Symptome: Fehlen<strong>de</strong> emotionale<br />
Reaktionsfähigkeit, Beeinträchtigung<br />
<strong>de</strong>r bewussten Umweltwahrnehmung,<br />
Amnesie (Gedächtnisstörung,<br />
vorübergehen<strong>de</strong>r Gedächtnisverlust).<br />
c Ständiges Wie<strong>de</strong>rerleben <strong>de</strong>s traumatischen<br />
Ereignisses.<br />
d Deutliche Vermeidung von Reizen, die<br />
an das Trauma erinnern.<br />
e Deutliche Symptome von Angst und<br />
erhöhter körperlicher Erregung.<br />
f Die Störung verursacht in klinisch<br />
be<strong>de</strong>utsamer Weise ein Lei<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r eine<br />
Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen<br />
o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren wichtigen Funktionsbereichen.<br />
Sie beeinträchtigt die<br />
Fähigkeit, notwendige Aufgaben zu<br />
bewältigen.<br />
g Die Störung dauert min<strong>de</strong>stens zwei<br />
Tage und höchstens vier Wochen. Sie<br />
tritt innerhalb von vier Wochen nach<br />
<strong>de</strong>m traumatischen Erlebnis auf.<br />
Grauenhafte Eindrücke und<br />
verän<strong>de</strong>rte Bewusstseinszustän<strong>de</strong><br />
Unsicherheiten, unter an<strong>de</strong>rem über die<br />
Dauer <strong>de</strong>r Bedrohung, nächtliche Einsätze,<br />
Bedrohung durch nicht sichtbare<br />
Gefahren (zum Beispiel Unfälle in Chemiefabriken),<br />
können die Belastung<br />
erhöhen. Misslungene Rettungs- und<br />
Bergungsaktionen lösen oft Versagensund<br />
Schuldgefühle aus. Hilflosigkeit und<br />
Schuldgefühle verstärken die Belastungsintensität.<br />
In Notfallsituationen müssen<br />
oft schnell Entscheidungen getroffen und<br />
verantwortet wer<strong>de</strong>n, die in <strong>de</strong>r Regel Vorgesetzte<br />
übernehmen. So tragen zum Beispiel<br />
Rettungsassistenten und Rettungssanitäter<br />
vor Eintreffen <strong>de</strong>s Arztes eine<br />
sehr hohe Verantwortung.<br />
Eine gute Einsatzleitung, eine geschulte<br />
problemorientierte Konzentration auf die<br />
Ar<strong>bei</strong>t und kognitive (auf Erkenntnis beruhend)<br />
Distanzierungstechniken können<br />
Einsatzkräfte in gewissem Ausmaß vor<br />
einem Zusammenbruch <strong>de</strong>r mentalen<br />
Kontrolle schützen. Ein wesentlicher<br />
Aspekt für eine gute Bewältigung ist die<br />
Offenheit für die emotionale Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>s Erlebens und <strong>de</strong>r Gefühlsausdruck.<br />
Dieser wird unmittelbar nach <strong>de</strong>n Belastungen<br />
geför<strong>de</strong>rt, vor allem durch das Verständnis<br />
von Bezugspersonen und vertrauten<br />
Kollegen.<br />
Entsprechend gibt es auch verschie<strong>de</strong>ne<br />
Faktoren, die dazu <strong>bei</strong>tragen können, dass<br />
eine akute Belastungsstörung nicht<br />
erkannt wird. Das be<strong>de</strong>utet, gefähr<strong>de</strong>te<br />
Personen wer<strong>de</strong>n nicht angemessen<br />
betreut. Befürchtungen können schließlich<br />
dazu führen, für „verrückt“ gehalten o<strong>de</strong>r<br />
für eine nicht optimale Leistung kritisiert<br />
zu wer<strong>de</strong>n, so dass starke Beeinträchtigungen<br />
heruntergespielt bzw. verharmlost<br />
o<strong>de</strong>r verschwiegen wer<strong>de</strong>n.<br />
Quellen- und Literaturverzeichnis:<br />
www.palverlag.<strong>de</strong>/Phobien.html<br />
www.angst-phobie-panik.<strong>de</strong><br />
www.soziale-phobie.net/<br />
Frauke Teegen, Posttraumatische<br />
Belastungsstörungen <strong>bei</strong> gefähr<strong>de</strong>ten<br />
Berufsgruppen, Verlag Hans Huber,<br />
1. Auflage Bern 2003<br />
Foto: dr/Pixelio.<strong>de</strong><br />
18
Drogen<br />
BIS NICHTS MEHR GEHT<br />
Exzessiver Alkoholkonsum unter Jugendlichen<br />
Was sich in <strong>de</strong>r Nacht vom 24. auf <strong>de</strong>n<br />
25. Februar 2007 in <strong>de</strong>r Charlottenburger<br />
Cocktailbar „Eye T“ abspielt, ist ein ebenso<br />
sinnloses wie ungleiches Duell: Gegen<br />
vier Uhr morgens betritt <strong>de</strong>r 16-jährige<br />
Gymnasiast Lukas W. die für ihren Alkoholausschank<br />
an Jugendliche bekannte Bar<br />
am Spandauer Damm, um eine Privatparty<br />
von Freun<strong>de</strong>n zu besuchen. Bereits angetrunken<br />
und von <strong>de</strong>r guten Stimmung<br />
euphorisiert, for<strong>de</strong>rt er nur wenige Minuten<br />
nach seinem Eintreffen Aytac G., <strong>de</strong>n<br />
Wirt und Besitzer <strong>de</strong>s „Eye T”, zu einem<br />
Tequila-Wetttrinken heraus. Bei<strong>de</strong> kennen<br />
sich schon länger und hatten sich in <strong>de</strong>r<br />
Vergangenheit immer wie<strong>de</strong>r vor an<strong>de</strong>ren<br />
mit Ihrer Trinkfestigkeit<br />
gebrüstet –<br />
in dieser Nacht soll<br />
nun <strong>de</strong>r Gewinner<br />
<strong>de</strong>s fragwürdigen<br />
Wettstreits ermittelt<br />
wer<strong>de</strong>n. Die Regeln sind einfach: „Wer<br />
zuerst kotzt, hat verloren“, verkün<strong>de</strong>t<br />
Lukas W. und gibt sich siegesgewiss. Was<br />
<strong>de</strong>r Schüler zu diesem Zeitpunkt nicht<br />
weiß: Sein Kontrahent spielt falsch. Aytac<br />
G. nimmt mit Unterstützung dreier an<strong>de</strong>rer<br />
junger Leute lediglich Wasser anstatt<br />
<strong>de</strong>s hochprozentigen Tequilas zu sich,<br />
während Lukas W. unter <strong>de</strong>m Gejohle <strong>de</strong>r<br />
anwesen<strong>de</strong>n Gäste ein Glas <strong>de</strong>s klaren<br />
Agavenschnaps nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren in sich<br />
hinein schüttet. Etwa 40 bis 50 „Shots“<br />
soll Lukas W. nach Schil<strong>de</strong>rungen von Zeugen<br />
innerhalb von nur 30 Minuten getrunken<br />
haben – zu viel für <strong>de</strong>n Jugendlichen.<br />
Kurze Zeit später bricht er zusammen, fällt<br />
ins Koma und wird mit einem Blutalkoholwert<br />
von 4,4 Promille ins Weddinger<br />
Virchow-Klinikum eingeliefert. Dort können<br />
die Ärzte trotz aller Anstrengungen<br />
nichts mehr für ihn tun: Sechs Wochen<br />
nach seiner Einlieferung – Lukas ist nicht<br />
mehr aus <strong>de</strong>m Koma erwacht – verstirbt<br />
<strong>de</strong>r 16-Jährige am 29. März 2007 an <strong>de</strong>n<br />
Folgen einer Alkoholvergiftung.<br />
Der Fall <strong>de</strong>s Lukas W. löste bun<strong>de</strong>sweit<br />
Entsetzen aus und richtete <strong>de</strong>n Fokus von<br />
Öffentlichkeit und Medien wie<strong>de</strong>r verstärkt<br />
auf ein Phänomen, dass auch als<br />
„Je<strong>de</strong>r fünfte Jugendliche betrinkt sich<br />
min<strong>de</strong>stens einmal im Monat mit min<strong>de</strong>stens<br />
fünf o<strong>de</strong>r mehr Gläsern Alkohol.“<br />
„Binge-Drinking” o<strong>de</strong>r „Koma-Trinken”<br />
bekannt ist: Jugendliche konsumieren<br />
da<strong>bei</strong> in kürzester Zeit teilweise bis zur<br />
Bewusstlosigkeit sehr hohe Mengen von<br />
Alkohol. „Der Trend zum exzessiven Trinken<br />
<strong>bei</strong> Jugendlichen ist weiterhin ungebrochen.<br />
Je<strong>de</strong>r fünfte Jugendliche betrinkt<br />
sich min<strong>de</strong>stens einmal im Monat mit min<strong>de</strong>stens<br />
fünf o<strong>de</strong>r mehr Gläsern Alkohol“,<br />
warnt Sabine Bätzing, Drogenbeauftragte<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung, in einer Presseerklärung<br />
En<strong>de</strong> 2008 zur Initiative „Stay<br />
Gold” (siehe auch Infokasten).<br />
Längst hat <strong>de</strong>r Alkohol Cannabis, Ecstasy<br />
und Kokain als beliebteste Jugenddroge<br />
hinter sich gelassen: Gegenüber <strong>de</strong>r<br />
Bun<strong>de</strong>szentrale für gesundheitliche Aufklärung<br />
(BZgA) gaben 2008 im Rahmen<br />
einer Repräsentativbefragung rund drei<br />
Viertel <strong>de</strong>r Zwölf- bis Siebzehnjährigen an,<br />
innerhalb <strong>de</strong>s letzten Jahres min<strong>de</strong>stens<br />
einmal Bier, Wein, Spirituosen o<strong>de</strong>r alkoholische<br />
Mixgetränke konsumiert zu<br />
haben. Der Anteil von Kin<strong>de</strong>rn und<br />
Jugendlichen, die in dieser Altersgruppe<br />
regelmäßig je<strong>de</strong> Woche Alkohol trinken,<br />
beträgt 17,4 Prozent und mehr als 20 Prozent<br />
<strong>de</strong>r Befragten praktizierten nach eigener<br />
Aussage innerhalb <strong>de</strong>r letzten 30 Tage<br />
einmal Binge-Drinking.<br />
Vom Rauschtrinken beson<strong>de</strong>rs betroffen<br />
sind männliche Jugendliche im Alter von<br />
16 bis 17 Jahren: Knapp zwei Drittel von<br />
ihnen neigen zu <strong>de</strong>m, was Experten einen<br />
episodischen exzessiven Alkoholkonsum<br />
nennen. Gemeint sind damit <strong>bei</strong>spielsweise<br />
Treffen von Jugendlichen an Wochenen<strong>de</strong>n,<br />
<strong>bei</strong> <strong>de</strong>nen von allen Beteiligten<br />
min<strong>de</strong>stens fünf Standar<strong>de</strong>inheiten Alkohol<br />
verzehrt wer<strong>de</strong>n, was ungefähr fünf<br />
Gläsern Bier und einer reinen Alkoholmenge<br />
von 50 bis 60 g entspricht. Um diese<br />
Zahlen im Bezug auf Jugendliche einordnen<br />
zu können, hilft <strong>de</strong>r Vergleich mit<br />
Grenzwerten, die von <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) festgelegt<br />
wur<strong>de</strong>n. Demnach beginnt für<br />
erwachsene Frauen <strong>de</strong>r riskante Konsum<br />
19
Drogen<br />
<strong>Polizei</strong> setzt Zeichen gegen Binge-Drinking<br />
Initiative „Stay Gold“ ist 2009 bun<strong>de</strong>sweit angelaufen<br />
Dem ungebrochenen Trend zu Alkoholexzessen <strong>bei</strong> Jugendlichen setzt die <strong>Polizei</strong> seit Februar 2009 bun<strong>de</strong>sweit eine<br />
aufwändige Präventionskampagne entgegen: Unter <strong>de</strong>m Motto „Stay Gold“ werben prominente Botschafter wie die<br />
Fußballstars Vedad Ibišević und Per Mertesacker sowie die Olympiasieger Lena Schöneborn und Hinrich Romeike über<br />
Vi<strong>de</strong>obotschaften für einen maßvollen und verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol. Zusätzlich wird mit einprägsamen<br />
Motiven auf die Schattenseiten <strong>de</strong>s Binge-Drinking hingewiesen. In Anzeigen, auf Plakaten und Kampagnen-Bier<strong>de</strong>ckeln<br />
sowie in so genannten Aktionsspots warnen die <strong>Polizei</strong> und ihre Partner vor <strong>de</strong>n gesundheitlichen Folgen und<br />
raten <strong>de</strong>n Jugendlichen, das eigene Verhalten kritisch zu hinterfragen. Denn nicht nur <strong>de</strong>r Konsum an sich kann gesundheitliche<br />
Folgen haben, Alkohol gilt unter Experten auch als <strong>de</strong>r Gewaltkatalysator Nummer eins. Fast je<strong>de</strong>r dritte Tatverdächtige<br />
unter 21 Jahren steht nach Angaben <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong> Ba<strong>de</strong>n-Württemberg <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Begehung eines Gewalt<strong>de</strong>liktes<br />
unter Alkoholeinfluss. Die einschreiten<strong>de</strong>n Polizisten wür<strong>de</strong>n häufig mit erschrecken<strong>de</strong>r Gewaltbereitschaft konfrontiert<br />
und da<strong>bei</strong> zunehmend selbst zum Opfer.<br />
Bewusst wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb für die Kampagne das Motto „Don’t drink too much – Stay Gold“ gewählt, um Akzeptanz und<br />
Aufmerksamkeit <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Zielgruppe <strong>de</strong>r 17- bis 19-Jährigen zu erreichen. Die Botschaft lautet sinngemäß: „Trink nicht zu<br />
viel – Bleib Dir selbst treu.“<br />
„Stay Gold“ im Internet: http://www.staygold.eu/<br />
STAY GOLD ist eine Initiative <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong>lichen Kriminalprävention <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r und<br />
<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s unter <strong>de</strong>r Schirmherrschaft von Sabine Bätzing, <strong>de</strong>r Drogenbeauftragten<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung.<br />
www.staygold.eu<br />
DON‘T DRINK<br />
TOO MUCH<br />
STAY GOLD<br />
Eine Initiative <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong> gegen Komasaufen.<br />
In Kooperation mit:<br />
Cardiac Communication Ltd.<br />
20
Drogen<br />
Foto: arkna - Fotolia.com<br />
bereits <strong>bei</strong> einer täglichen Menge von 12<br />
g reinem Alkohol, für Männer sollten es<br />
nicht mehr als 24 g am Tag sein. Weil sich<br />
<strong>de</strong>r Körper bis zu einem Alter von 20 Jahren<br />
noch in seiner Entwicklung befin<strong>de</strong>t,<br />
empfiehlt die BZgA daher Jugendlichen<br />
höchstens 12 g reinen Alkohol, also nicht<br />
mehr als ein Glas Bier – pro Woche.<br />
Die Realität sieht oft an<strong>de</strong>rs aus: Im Jahr<br />
2007 wur<strong>de</strong>n über 23.000 Kin<strong>de</strong>r, Jugendliche<br />
und Heranwachsen<strong>de</strong> im Alter zwischen<br />
10 und 20 Jahren in volltrunkenem<br />
Zustand in bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen Kliniken<br />
aufgenommen. Außer<strong>de</strong>m übertraf die<br />
Anzahl <strong>de</strong>r mit Alkoholvergiftungen in<br />
Krankenhäuser eingelieferten Mädchen<br />
(1.942) erstmals die Anzahl <strong>de</strong>r Jungen<br />
(1.837). Das „Komasaufen” von Kin<strong>de</strong>rn<br />
und Jugendlichen wird auch für die Krankenkassen<br />
immer mehr zum Problem. Die<br />
Entwicklung sei beängstigend, sagt <strong>bei</strong>spielsweise<br />
Inga Lund, Sprecherin <strong>de</strong>r<br />
Techniker Krankenkasse (TK) <strong>de</strong>r Frankfurter<br />
Rundschau im Juli 2008. Die TK verfügt<br />
über <strong>de</strong>taillierte Zahlen über Krankenhaus-Einweisungen<br />
von Jugendlichen<br />
wegen akuten Alkoholrauschs. Danach<br />
haben sich in <strong>de</strong>n vergangenen fünf Jahren<br />
die Fälle exzessiven Trinkens praktisch<br />
verdoppelt. Bun<strong>de</strong>sweit wur<strong>de</strong>n im Jahr<br />
2007 insgesamt 1.822 TK-Versicherte unter<br />
20 Jahren volltrunken in <strong>de</strong>utsche Kliniken<br />
eingeliefert. Sie blieben dort im Durchschnitt<br />
1,2 Tage und verursachten Kosten<br />
von jeweils knapp 540 Euro. Insgesamt<br />
summieren sich die akuten Entgiftungsbehandlungen<br />
auf mehr als 980.000 Euro.<br />
„Unsere Daten betreffen nur Fälle mit <strong>de</strong>r<br />
100-prozentigen Diagnose „akuter Alkoholrausch”.<br />
Anschließen<strong>de</strong> Folgebehandlungen<br />
tauchen hier gar nicht auf. Wahrscheinlich<br />
sieht das tatsächliche Bild noch<br />
schlimmer aus“, sagte TK-Sprecherin Inga<br />
Lund.<br />
Wie die unterschiedlichen Konsequenzen<br />
aus <strong>de</strong>m ungehemmten Alkoholrausch<br />
aussehen können, weiß kaum jemand besser<br />
als Prof. Dr. Rainer Thomasius. Der<br />
ärztliche Leiter <strong>de</strong>s Deutschen Zentrums<br />
für Suchtfragen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s und Jugendalters<br />
(DZSKJ) führt im Universitätsklinikum<br />
Hamburg-Eppendorf zusätzlich <strong>de</strong>n<br />
Bereich „Suchtstörung” und hat regelmäßig<br />
mit von Binge-Drinking betroffenen<br />
Jugendlichen zu tun. „Die direkten Auswirkungen<br />
sind sehr vielfältig: Hier geht<br />
es um Intoxikationen, um die Gefahr <strong>de</strong>s<br />
Erstickens an Erbrochenem, um Verkehrsunfälle,<br />
Delinquenz, Unterkühlungen<br />
sowie insbeson<strong>de</strong>re <strong>bei</strong> Mädchen um<br />
Alkohol und Tabak sind oft die ersten bewusstseinserweitern<strong>de</strong>n Substanzen, mit <strong>de</strong>nen<br />
Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche in Berührung kommen. Der frühe Konsum macht weitere<br />
Drogenerfahrungen wahrscheinlicher.<br />
ungewollte Sexualität und ungewollte<br />
Schwangerschaften.“ Beson<strong>de</strong>rs brisant<br />
wird das Thema nach Meinung von Thomasius,<br />
weil im internationalen Vergleich<br />
in kaum einem an<strong>de</strong>ren Land Jugendliche<br />
<strong>de</strong>rart über die Stränge schlagen wie in<br />
Deutschland. „Beim Binge-Drinking unter<br />
Jugendlichen liegt Deutschland europaweit<br />
hinter Irland an zweiter Stelle.“<br />
Die Ursache für <strong>de</strong>n sorglosen Umgang<br />
mit Alkohol liegt neben <strong>de</strong>n persönlichen<br />
Motiven <strong>de</strong>r Jugendlichen auch in <strong>de</strong>r traditionellen<br />
Akzeptanz von alkoholischen<br />
Produkten in <strong>de</strong>r Gesellschaft sowie in <strong>de</strong>r<br />
relativ leichten Verfügbarkeit. Um herauszufin<strong>de</strong>n,<br />
wie leicht Jugendliche an Bier,<br />
Wein und Spirituosen kommen, startete<br />
die Stadt Hannover in Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />
mit <strong>de</strong>r zuständigen <strong>Polizei</strong>direktion im<br />
Jahr 2008 eine Testserie. Da<strong>bei</strong> wur<strong>de</strong>n<br />
Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche als Testkäufer eingesetzt<br />
und versuchten unter Beobachtung<br />
von zivilen <strong>Polizei</strong>beamten in 158<br />
verschie<strong>de</strong>nen Geschäften Alkohol zu<br />
kaufen. Das Ergebnis: 110 Mal gelang <strong>de</strong>n<br />
16- und 17-jährigen Testpersonen <strong>de</strong>r<br />
Kauf, somit wur<strong>de</strong> in knapp 70 Prozent<br />
<strong>de</strong>r Fälle gegen das Jugendschutzgesetz<br />
verstoßen. „Das befürchtete, in seinem<br />
Ausmaß aber dann doch erschrecken<strong>de</strong><br />
Ergebnis <strong>de</strong>r Testkäufe zeigt: Dem Problem<br />
<strong>de</strong>s Alkoholkonsums <strong>bei</strong> jungen Leuten<br />
muss auch an <strong>de</strong>r Quelle begegnet wer<strong>de</strong>n“,<br />
gab <strong>de</strong>r Hannoveraner <strong>Polizei</strong>präsi<strong>de</strong>nt<br />
Uwe Binias <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Präsentation <strong>de</strong>r<br />
Zahlen zu Protokoll. Es könne nicht sein,<br />
dass Jugendlichen Alkohol verkauft wer<strong>de</strong>,<br />
weil sich das Personal nicht traue, nach<br />
<strong>de</strong>m Ausweis zu fragen o<strong>de</strong>r weil <strong>de</strong>r<br />
Umsatz wichtiger genommen wer<strong>de</strong>.<br />
„Diese Verkäufe sind kein Kavaliers<strong>de</strong>likt,<br />
son<strong>de</strong>rn gesetzwidrig“, so Binias.<br />
Das Verlangen <strong>de</strong>r jungen Leute nach alkoholischen<br />
Getränken wird von <strong>de</strong>r Alkoholindustrie<br />
angeregt. „Nicht zu unterschätzen<br />
ist hier <strong>de</strong>r Einfluss <strong>de</strong>r Alkoholwerbung,<br />
die teilweise ganz offensiv<br />
jugendliche Lebenswelten und Images<br />
anspricht“, kritisiert Sabine Bätzing. 2006<br />
betrugen die Werbeaufwän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Alkoholindustrie<br />
über 500 Millionen Euro, ein<br />
wesentlicher Anteil davon wird in Werbung<br />
für süß und fruchtig schmecken<strong>de</strong><br />
Alkoholika investiert, die erfahrungsgemäß<br />
gera<strong>de</strong> <strong>bei</strong> jungen Leuten gut ankommen.<br />
Die negativen Folgen <strong>de</strong>s übermäßigen<br />
Alkoholkonsums kämen darin nicht<br />
vor, so Bätzing. Zwar steckt die Erfor-<br />
21
Drogen<br />
Die unkontrollierte Kombination verschie<strong>de</strong>ner Spirituosen mit Bier führt <strong>bei</strong> Jugendlichen Vieltrinkern teilweise<br />
zu starken Ausfallerscheinungen.<br />
schung <strong>de</strong>r langfristigen Folgen <strong>de</strong>s Binge-Drinking<br />
im Jugendalter im Vergleich<br />
zu <strong>de</strong>n USA in Europa noch in <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rschuhen,<br />
schwere Schä<strong>de</strong>n seien aber<br />
nicht unwahrscheinlich, warnen Experten<br />
wie Rainer Thomasius. „Durch regelmäßiges<br />
Binge-Drinking kann Nervenzellengewebe<br />
im Hirn zugrun<strong>de</strong> gehen“, bestätigt<br />
<strong>de</strong>r Wissenschaftler. Im schlimmsten<br />
Fall drohen Beeinträchtigungen in <strong>de</strong>r<br />
Wahrnehmung, die sich in Bereichen wie<br />
Lernen, Informationsaufnahme, Aufmerksamkeit<br />
und Orientierung bemerkbar<br />
machen können.<br />
Ein weiterer Grund, warum das Thema<br />
Alkohol in Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Suchtund<br />
Drogenprävention eine so wichtige<br />
Rolle spielt, ist, dass <strong>de</strong>r Genuss vielen<br />
Jugendlichen zum ersten Mal ein Rauscherlebnis<br />
beschert. In einem aktuellen<br />
Aufsatz für die Fachzeitschrift „pädiatrie<br />
hautnah” erklärt Martin Stolle vom DZSKJ<br />
dazu: „Alkohol spielt wie auch Tabak als<br />
legale und leicht zugängliche psychotrope<br />
(bewusstseinsän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>, Anm. d. Red.)<br />
Substanz eine be<strong>de</strong>utsame Rolle für <strong>de</strong>n<br />
Einstieg in <strong>de</strong>n Konsum illegaler Drogen.<br />
Belegt ist, dass Erfahrungen […] mit<br />
Alkoholräuschen <strong>de</strong>n Konsum von Cannabis<br />
o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer Drogen wahrscheinlicher<br />
machen.“ Hier<strong>bei</strong> sei vor allem <strong>de</strong>r<br />
frühe Einstieg in <strong>de</strong>n Alkoholkonsum als<br />
Risikofaktor für die Entwicklung späterer<br />
Drogenstörungen anzusehen.<br />
Bei Lukas W. spielten an<strong>de</strong>re Drogen<br />
noch keine Rolle, ihm wur<strong>de</strong> schon <strong>de</strong>r<br />
Alkoholrausch im<br />
„Eye T” zum Verhängnis.<br />
„Ich habe es<br />
bis heute nicht verkraftet“,<br />
sagte seine<br />
Mutter zum Auftakt<br />
<strong>de</strong>s Prozesses gegen<br />
Aytac G. vor <strong>de</strong>m<br />
Berliner Landgericht.<br />
Hatte <strong>de</strong>r Wirt zu<br />
Beginn <strong>de</strong>r Ermittlungen<br />
noch von<br />
einem „tragischen<br />
Unglück“ gesprochen,<br />
gab er sich im<br />
Laufe <strong>de</strong>r Verhandlung<br />
reumütig. „Es<br />
war falsch ohne<br />
Wenn und Aber“, ließ<br />
er in einer Erklärung<br />
verlesen. Er habe<br />
nicht mit <strong>de</strong>m Tod<br />
<strong>de</strong>s Jungen gerechnet<br />
und ihn auch nicht<br />
gewollt. Die Staatsanwaltschaft<br />
wirft <strong>de</strong>m<br />
Gastwirt Körperverletzung<br />
mit To<strong>de</strong>sfolge<br />
vor. Drei von vier<br />
17- bis 21-jährigen<br />
Jugendlichen, die<br />
<strong>de</strong>n Wirt <strong>bei</strong> seinem Betrug unterstützten,<br />
wur<strong>de</strong>n bereits verurteilt. Zwei müssen<br />
wegen Beihilfe zur schweren Körperverletzung<br />
an einem zehnmonatigen<br />
sozialen Trainingskurs teilnehmen; <strong>de</strong>r<br />
„Schiedsrichter” <strong>de</strong>s Saufduells muss die<br />
Anwaltskosten <strong>de</strong>r Mutter bezahlen.<br />
Aytac G. wur<strong>de</strong> zu drei Jahren und fünf<br />
Monaten Haft verurteilt.<br />
Nur ein Leben<br />
Kokain hält nicht, was es verspricht<br />
„Wahrscheinlich ist Kokain die geilste Droge, die es gibt, und genau <strong>de</strong>swegen<br />
kann ich nur sagen: Lasst die Finger davon. Ich weiß worüber ich<br />
re<strong>de</strong>, war selbst mal vier Monate krass auf <strong>de</strong>m Zeug unterwegs, je<strong>de</strong>n Tag<br />
bis zu drei Gramm. Seine wirklichen Freun<strong>de</strong> kennt man nicht mehr, und<br />
man wür<strong>de</strong> fast alles machen, um nicht auf <strong>de</strong>m Trockenen zu sitzen. Wenn<br />
du riskieren willst, ob du mit <strong>de</strong>r Droge fertig wirst, probier ´s. Allerdings<br />
sollte dir dann klar sein, dass du nur ein Leben hast und verdammt schnell<br />
zu <strong>de</strong>n Verlieren gehören kannst.“<br />
(Quelle: Krass – Das Magazin gegen Drogen, VDP 2006)<br />
22
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
ÜBERGEWICHT<br />
UND FETTLEIBIGKEIT<br />
<strong>bei</strong> Kin<strong>de</strong>rn und Erwachsenen<br />
Generation Fastfood<br />
und die verän<strong>de</strong>rten<br />
Gesellschaftsstrukturen<br />
Was führt eigentlich in unserer Gesellschaft<br />
zu immer mehr übergewichtigen<br />
Menschen und vor allem zur Fettleibigkeit<br />
(Adipositas) bereits schon <strong>bei</strong> Kin<strong>de</strong>rn?<br />
Typische Merkmale wer<strong>de</strong>n schnell<br />
<strong>de</strong>utlich. Unsere Gesellschaft ist um einiges<br />
schneller gewor<strong>de</strong>n. Ar<strong>bei</strong>tsplätze<br />
befin<strong>de</strong>n sich nicht mehr unmittelbar vor<br />
<strong>de</strong>r Haustür; viele Kin<strong>de</strong>r, die in <strong>de</strong>n Großstädten<br />
leben, haben nicht ausreichend<br />
Platz zum Spielen. Außer<strong>de</strong>m befin<strong>de</strong>n<br />
sich an fast je<strong>de</strong>r Ecke Imbissbu<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />
Fastfood-Ketten, so dass kaum einer heute<br />
noch weiß, wo diese Nahrungsmittel<br />
überhaupt herkommen. Alles ist ohnehin<br />
im Überfluss vorhan<strong>de</strong>n: Im Supermarkt<br />
quellen die Regale über, ein Produkt<br />
scheint besser und obendrein auch gesün<strong>de</strong>r<br />
als das an<strong>de</strong>re zu sein. Auf größere,<br />
bessere und billigere Produkte setzt die<br />
Werbung.<br />
Bei alle<strong>de</strong>m tritt völlig in <strong>de</strong>n Hintergrund,<br />
was <strong>de</strong>r Mensch wirklich braucht, wie es<br />
zubereitet wird, welche Mengen gesund<br />
und notwendig sind. Nicht unberücksichtigt<br />
bleiben sollte in diesem Zusammenhang<br />
<strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>l in <strong>de</strong>r Ar<strong>bei</strong>tswelt,<br />
gefolgt von <strong>de</strong>r Frage nach <strong>de</strong>r Vereinbarung<br />
von Familie und Beruf. Die daraus<br />
resultieren<strong>de</strong> Doppelbelastung <strong>de</strong>r berufstätigen<br />
Frauen ist ebenfalls zu betrachten.<br />
Nach einer Gesundheitsstudie <strong>de</strong>s Berliner<br />
Senats lei<strong>de</strong>n acht Prozent aller Schulabgänger,<br />
die aus Familien mit höherem,<br />
gesellschaftlichen sozialen Status kommen,<br />
an Übergewicht. Bezogen auf die<br />
finanziell weniger gut gestellten Familien<br />
sind es 16 Prozent <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r. Essen diese<br />
Kin<strong>de</strong>r das Falsche o<strong>de</strong>r einfach nur zu<br />
viel? Fehlt es an regelmäßigen warmen<br />
Mahlzeiten? Was sie essen, tut ihnen je<strong>de</strong>nfalls<br />
nicht gut. Tatsache ist: Fastfood scha<strong>de</strong>t<br />
nicht nur <strong>de</strong>r gesun<strong>de</strong>n Ernährung, es<br />
scha<strong>de</strong>t auch <strong>de</strong>m Geldbeutel. Die Kin<strong>de</strong>r<br />
ernähren sich nicht nur ungesün<strong>de</strong>r,<br />
son<strong>de</strong>rn auch teurer.<br />
Im Vergleich zu ihren in ländlichen Regionen<br />
wohnen<strong>de</strong>n Altersgenossen, haben<br />
Stadtkin<strong>de</strong>r oft weniger Spielräume, wo<br />
sie sich im Freien angemessen bewegen<br />
können. Was das betrifft, wäre es schon<br />
die erste Verbesserung, Schulhöfe auch<br />
nachmittags für Kin<strong>de</strong>r zu öffnen.<br />
Bis zum Jahr 2002 stieg <strong>de</strong>r Prozentsatz<br />
von fettleibigen Kin<strong>de</strong>rn kontinuierlich<br />
auf 4,7 Prozent an. Krankheiten, die durch<br />
Adipositas hervorgerufen wer<strong>de</strong>n, sind<br />
<strong>de</strong>shalb beson<strong>de</strong>rs tückisch, weil sie selten<br />
von alleine wie<strong>de</strong>r verschwin<strong>de</strong>n und<br />
entsprechend chronische Schä<strong>de</strong>n verursachen.<br />
Lei<strong>de</strong>t ein 50-Jähriger unter Bluthochdruck,<br />
ist dieses sicherlich be<strong>de</strong>nklich.<br />
Dass jedoch zehnjährige Kin<strong>de</strong>r medikamentös<br />
behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, weil sie<br />
23
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
unter Krankheiten lei<strong>de</strong>n, die früher nur<br />
die Erwachsenen betrafen, ist sehr alarmierend.<br />
Adipositas ist ein Zustand, <strong>de</strong>r durch eine<br />
übermäßige Ansammlung von Fettgewebe<br />
im Körper gekennzeichnet ist. Heute<br />
wird die Adipositas als eine chronische<br />
Gesundheitsstörung verstan<strong>de</strong>n. Etwa<br />
je<strong>de</strong>r zweite erwachsene Bun<strong>de</strong>sbürger ist<br />
<strong>de</strong>utlich übergewichtig und sollte aus<br />
medizinischen Grün<strong>de</strong>n sein Gewicht<br />
reduzieren.<br />
Was lässt Kin<strong>de</strong>r und<br />
Erwachsene dicker wer<strong>de</strong>n?<br />
Durchaus sind Kin<strong>de</strong>r für die Werbung ein<br />
lohnen<strong>de</strong>s Publikum. Die meisten unter<br />
ihnen erhalten regelmäßig ein eigenes<br />
Taschengeld, an<strong>de</strong>re wie<strong>de</strong>rum verfügen<br />
über ein kleines Sparbuch. Natürlich ist<br />
diese Kundschaft nicht so kritisch wie die<br />
Erwachsenen und hat keine Hemmungen,<br />
sich Konsumwünsche zielstrebig zu erfüllen.<br />
Manchmal sind Werbespots für Kin<strong>de</strong>r<br />
eine tolle Unterhaltung; vor allem,<br />
wenn das Produkt mit allerlei Spaß und<br />
Gags, sogar mit aktueller Musik effektiv<br />
aufgepeppt wird. Eine Studie <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>szentrale<br />
für politische Bildung ermittelte,<br />
dass sich im Alter bis zu neun Jahren die<br />
positive Einstellung zur Werbung am<br />
<strong>de</strong>utlichsten darstelle. Wie bekannt die<br />
Werbung ist, hängt natürlich vom jeweiligen<br />
Medium ab. Die Fernsehwerbung<br />
erreicht <strong>bei</strong> Kin<strong>de</strong>rn einen Bekanntheitsgrad<br />
von 95 Prozent. Zeitungen und Zeitschriften<br />
liegen <strong>bei</strong> unter 10 Prozent. Dagegen<br />
erreichen die Werbespots im Radio<br />
das junge Publikum mit 28 Prozent.<br />
Gewiss schafft das Fernsehen einen<br />
Anreiz, ein bestimmtes Produkt zu kaufen.<br />
Die eigentliche Entscheidung, bezogen<br />
auf die Nahrungsmittelprodukte,<br />
wird zum Beispiel von extrem bunten<br />
Milchreisbechern min<strong>de</strong>stens genauso<br />
mitbestimmt.<br />
Ein Blick ins Wohnzimmer von Ehepaar<br />
Müller, die sich gera<strong>de</strong> die Haare raufen,<br />
weil ihr aufmüpfiger Sohn Dennis seine<br />
Gemüsemahlzeit mal wie<strong>de</strong>r nicht essen<br />
will, son<strong>de</strong>rn mit entschlossener Stimme<br />
nach seiner Milchschnitte verlangt. Von<br />
<strong>de</strong>r befin<strong>de</strong>t sich sogar ein Zehnerpack im<br />
Kühlschrank. Mit einem schlagfertigen<br />
Argument kommentiert er seine Handlung:<br />
„Erst gestern haben sie im Fernsehen<br />
berichtet, das die „Extra Portion<br />
Milch“ etwas tolles Gesun<strong>de</strong>s sei“. Die<br />
Eltern schauen sich für ein paar Sekun<strong>de</strong>n<br />
verdutzt an; sie <strong>de</strong>nken, dass es stimmt.<br />
Dennis bekommt seine Milchschnitte. Hätte<br />
sein Vater nicht resigniert und ihm statt<strong>de</strong>ssen<br />
erzählt, was er kürzlich gelesen hat,<br />
wäre es möglich gewesen, seinen Sohn zur<br />
Einsicht zu bringen. Somit müsste Dennis<br />
17 Milchschnitten essen, um seinen täglichen<br />
Kalziumbedarf – gut für Knochen<br />
und Zähne – zu <strong>de</strong>cken. Höchst unwahrscheinlich,<br />
dass Dennis 17 Milchschnitten<br />
auf einmal essen wird. Nicht nur, dass ihm<br />
übel davon wird, damit nähme er auch<br />
etwa 40 Würfelzucker und ein halbes<br />
Paket Butter zu sich. Wie viele Stücke Würfelzucker<br />
enthält eigentlich ein Glas Nuss-<br />
Nougat-Creme? Es sind genau 77 Stücke.<br />
Je<strong>de</strong>r kennt die gerösteten Maisflocken,<br />
mit <strong>de</strong>nen Dr. John Harvey Kellog 1906<br />
einen Siegeszug um die Welt begann. Von<br />
Anfang an begleitet durch Werbekampagnen,<br />
zum Beispiel in Form von Anzeigen<br />
und Radiospots. Außer<strong>de</strong>m kennt je<strong>de</strong>r<br />
das Schweizer Müsli <strong>de</strong>s Arztes und<br />
Homöopathen Maximilian Bircher-Benner,<br />
das zur gleichen Zeit als Mischung<br />
aus eingeweichtem Getrei<strong>de</strong>, Äpfeln,<br />
Milch und Nüssen zum Inbegriff gesun<strong>de</strong>n<br />
Frühstückens wur<strong>de</strong>. Während man<br />
sich damals auf <strong>de</strong>n natürlichen<br />
Geschmack ebenso wie auf <strong>de</strong>n natürlichen<br />
Gehalt an Mineralien und Vitaminen<br />
verließ, sind heute dagegen Cerealien<br />
enorm angereichert mit Vitaminzusätzen<br />
und mit Zucker. Kin<strong>de</strong>r wissen sehr wohl,<br />
dass viele Leckereien, auch die vermeintlich<br />
gesun<strong>de</strong>n Frühstückszutaten, in <strong>de</strong>r<br />
Regel eins gemeinsam haben: Sie sind<br />
lecker, weil sie süß sind.<br />
Milliar<strong>de</strong>n Beträge wer<strong>de</strong>n in<br />
die Werbung <strong>de</strong>s Lebensmittelhan<strong>de</strong>ls<br />
investiert<br />
Im Jahr 2002 hat die Nahrungsmittelindustrie<br />
in Deutschland nach Angaben <strong>de</strong>s<br />
Zentralverban<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Werbewirtschaft<br />
insgesamt 2,5 Milliar<strong>de</strong>n Euro in die Werbung<br />
investiert. Hinzu kommt die spezielle<br />
Werbung <strong>de</strong>s Lebensmittelhan<strong>de</strong>ls, die<br />
mit nochmals zwei Milliar<strong>de</strong>n Euro Wer<strong>bei</strong>nvestitionen<br />
bedacht wird. Das sind<br />
bereits 4,5 Milliar<strong>de</strong>n Euro. Welchen Einfluss<br />
schließlich Werbung auf das Essverhalten<br />
von Kin<strong>de</strong>rn ausübt, hängt sicherlich<br />
auch davon ab, wie oft und wie lange<br />
ein Kind vor <strong>de</strong>m Fernseher sitzt, wie<br />
stark Mütter und Väter sich während <strong>de</strong>s<br />
Einkaufens von <strong>de</strong>r Werbung leiten lassen<br />
o<strong>de</strong>r wie gesundheitsbewusst sich die<br />
Eltern ernähren.<br />
Wie können Eltern letztendlich<br />
herausfin<strong>de</strong>n, wann ihr Kind<br />
mehr isst, als ihm gut tut?<br />
In <strong>de</strong>r Regel sind Fett<strong>de</strong>pots bereits mit<br />
<strong>de</strong>m bloßen Auge zu sehen. Es wer<strong>de</strong>n<br />
zum Beispiel <strong>bei</strong>m Arzt die Hautfalten<br />
unter <strong>de</strong>n Schultern gemessen, um die<br />
Fettgewebsdichte zu bestimmen und herauszufin<strong>de</strong>n,<br />
ob die überzähligen Pfun<strong>de</strong><br />
sich bald von selbst verflüchtigen o<strong>de</strong>r sich<br />
weiter steigern wer<strong>de</strong>n. Grundsätzlich<br />
gibt das äußere Erscheinungsbild Aufschluss<br />
darüber, ob ein Kind unter ernäh-<br />
24
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
rungsbedingtem Übergewicht lei<strong>de</strong>t. Vorab<br />
sollte jedoch geklärt wer<strong>de</strong>n, was Übergewicht<br />
überhaupt ist. Im Prinzip gerät<br />
<strong>bei</strong>m Übergewicht eine Bilanz aus <strong>de</strong>m<br />
Gleichgewicht, die auf <strong>de</strong>n Gleichklang<br />
von Energiezufuhr und Energieverbrauch<br />
angewiesen ist. Dieses ist wie folgt vorstellbar:<br />
Wer über längere Zeit enorme<br />
Mengen Nahrung in sich aufnimmt,<br />
jedoch gleichzeitig kaum einen Schritt zu<br />
Fuß unternimmt, wird die überschüssige<br />
Energie als Fett speichern. Mit <strong>de</strong>r Zeit<br />
wächst <strong>de</strong>r Energiespeicher immer weiter.<br />
Das große Überangebot an Nahrung und<br />
<strong>de</strong>r Mangel an Bewegung lassen das<br />
Gleichgewicht kippen. Für Kin<strong>de</strong>r und<br />
Erwachsene gilt, dass sie auf eine ausgeglichene<br />
Energiebilanz achten müssen,<br />
wenn sie nicht zu dick wer<strong>de</strong>n wollen.<br />
An<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich gemacht: Wenn Kin<strong>de</strong>r<br />
und Erwachsene sich dazu entschei<strong>de</strong>n,<br />
die Aben<strong>de</strong> nicht vor <strong>de</strong>m Fernseher o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>m Computer zu verbringen, son<strong>de</strong>rn<br />
Rad zu fahren, Fußball zu spielen o<strong>de</strong>r zu<br />
joggen, sorgen sie dafür, die ein o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />
Pizza ohne Fettrückstän<strong>de</strong> verkraften<br />
zu können. Klar müssen sie dafür or<strong>de</strong>ntlich<br />
laufen. Nur die Mengen an Essen und<br />
Getränken zu sich nehmen, die <strong>de</strong>r Körper<br />
verbraucht, das ist ein Traum. Ohne<br />
Nahrung und Wasser kann ein Mensch<br />
nicht leben. Selbst wenn er nichts tut, zum<br />
Beispiel im Schlaf, wird Energie benötigt,<br />
um die Körperfunktionen aufrecht zu<br />
erhalten.<br />
Der Body-Mass-In<strong>de</strong>x (BMI)<br />
als Anhaltspunkt<br />
Einen wichtigen Anhaltspunkt stellt <strong>de</strong>r<br />
Body-Mass-In<strong>de</strong>x (abgekürzt BMI) dar, zu<br />
Deutsch Köpermassenin<strong>de</strong>x. Der Body-<br />
Mass-In<strong>de</strong>x wird berechnet aus <strong>de</strong>m Körpergewicht<br />
in Kilogramm, dividiert durch<br />
das Quadrat <strong>de</strong>r Körpergröße in Metern.<br />
Befin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r BMI eines Erwachsenen<br />
zwischen 20 und 25, so ist alles in <strong>de</strong>r<br />
Norm. Bei einem BMI von unter 20 han<strong>de</strong>lt<br />
es sich um Untergewicht, befin<strong>de</strong>t sich<br />
dieser zwischen 25 und 30 ist von Übergewicht<br />
die Re<strong>de</strong>, gemäß <strong>de</strong>r Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO). Liegt die Zahl<br />
ein<strong>de</strong>utig über 30, wird von Fettleibigkeit<br />
gesprochen. Diese Werte sind als Richtwerte<br />
zu sehen, die nicht je<strong>de</strong> individuelle<br />
Eigenart berücksichtigen können. Der<br />
BMI sagt <strong>bei</strong>spielsweise nichts über die<br />
Zusammensetzung <strong>de</strong>r Körpermasse aus<br />
Fett- und Muskelgewebe aus. Ein dickhäutiger<br />
„Büromensch“ kann <strong>de</strong>n gleichen<br />
BMI haben wie ein „Bodybuil<strong>de</strong>r“.<br />
Die Grenzziehung zwischen Normal-,<br />
Übergewicht und Adipositas ist stets ein<br />
klein wenig willkürlich. Eine Studie belegt,<br />
dass manche Kin<strong>de</strong>r doppelt so viele Kalorien<br />
zu sich nehmen wie an<strong>de</strong>re, ohne das<br />
sie <strong>de</strong>shalb dicker wer<strong>de</strong>n. Kin<strong>de</strong>rärzte<br />
empfehlen unter an<strong>de</strong>rem, zu beobachten,<br />
ob ein Kind trotz seiner guten Ernährung<br />
aktiv ist. Die Chancen, dass somit die Nahrungszufuhr<br />
ausgewogen ist, stehen gut.<br />
Abgewöhnen sollte man sich, Übergewicht<br />
<strong>bei</strong> Kin<strong>de</strong>rn, <strong>de</strong>n besagten Babyspeck,<br />
zu verharmlosen und niedlich zu fin<strong>de</strong>n.<br />
Von selbst wird sich in dieser Hinsicht<br />
nichts auswachsen. Oft wer<strong>de</strong>n aus<br />
dicken Kin<strong>de</strong>rn auch dicke Erwachsene.<br />
Je<strong>de</strong>s fünfte Grundschulkind hat<br />
Gewichtsprobleme.<br />
Das Thema „Gewichtsprobleme <strong>bei</strong> Kin<strong>de</strong>rn“<br />
gewinnt in Zeiten von Computern,<br />
DVD und Gameboys zunehmend an<br />
Be<strong>de</strong>utung. Eine Vielzahl fällt bereits <strong>bei</strong><br />
<strong>de</strong>r Einschulung durch Übergewicht auf.<br />
Dadurch treten weitere Erkrankungen<br />
beson<strong>de</strong>rs <strong>bei</strong> Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen<br />
auf, wie zum Beispiel Diabetes mellitus<br />
Typ 2 und Störungen im Essverhalten.<br />
Eine Studie <strong>de</strong>r Universität Ulm hat fast<br />
1.100 Schüler im Alter von sechs bis neun<br />
Jahren untersucht. Das Ergebnis: 17 Prozent<br />
<strong>de</strong>r Schüler waren übergewichtig,<br />
davon vier Prozent adipös. In Verbindung<br />
mit <strong>de</strong>n adipösen Fällen muss noch unterschie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n, dass es <strong>bei</strong> Nicht-<br />
Migranten eher die Mädchen sind, die zu<br />
viele Kilos auf die Waage bringen, während<br />
<strong>bei</strong> <strong>de</strong>n Migranten ein <strong>de</strong>utliches<br />
Gewichtsplus <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n Jungen zu verzeichnen<br />
ist. Knapp zehn Prozent sind hier<br />
adipös, <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n Mädchen dagegen vier<br />
Prozent.<br />
Gesundheitliche Probleme<br />
im Kin<strong>de</strong>s- und Erwachsenenalter<br />
Eine Studie an <strong>de</strong>r Universitätsklinik Ulm<br />
hat gezeigt, dass die Adipositas <strong>bei</strong> Kin<strong>de</strong>rn<br />
und Jugendlichen nicht erst im<br />
Erwachsenenalter die Gesundheit beeinträchtigt,<br />
son<strong>de</strong>rn bereits in jungen Jahren<br />
erhebliche Konsequenzen <strong>bei</strong>nhalten<br />
kann. Es wur<strong>de</strong>n 281 Mädchen und 231<br />
Jungen zwischen neun und 19 Jahren<br />
untersucht. Das Ergebnis fiel wie folgt aus:<br />
Bei 42 Prozent <strong>de</strong>r Jungen und 34 Prozent<br />
<strong>de</strong>r Mädchen wur<strong>de</strong> ein erhöhter Cholesterinspiegel<br />
festgestellt. Beson<strong>de</strong>rs auffallend<br />
war, dass je<strong>de</strong>s dritte Kind eine Fettleber<br />
aufwies, die Rate von Gallensteinerkrankungen<br />
betrug zwei Prozent und lag<br />
damit zehnmal höher als <strong>bei</strong> normalgewichtigen<br />
Kin<strong>de</strong>rn. Die Befun<strong>de</strong> gleichen<br />
<strong>de</strong>nen, die <strong>bei</strong> Erwachsenen erhoben wer<strong>de</strong>n.<br />
Im Vergleich zu normalgewichtigen<br />
Kin<strong>de</strong>rn haben übergewichtige Kin<strong>de</strong>r,<br />
vor allem dicke Mädchen, häufiger Asthma.<br />
Dieses ist das Ergebnis <strong>de</strong>r Schuleingangsuntersuchungen<br />
in Bayern. Durch<br />
ein extremes Übergewicht wird die Lungenfunktion<br />
beeinträchtigt, außer<strong>de</strong>m die<br />
Sauerstoffversorgung <strong>de</strong>s Blutes vermin<strong>de</strong>rt.<br />
Das wie<strong>de</strong>rum kann zu Schlafstörungen<br />
führen und sich somit negativ auf die<br />
Lern- und Gedächtnisfunktion auswirken.<br />
Der Blick auf die Langzeitfolgen ist vor<br />
allem wichtig. Aus 60 Prozent <strong>de</strong>r adipösen<br />
Kin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n dicke Erwachsene.<br />
Trifft es zu, dass ein Elternteil o<strong>de</strong>r <strong>bei</strong><strong>de</strong><br />
Eltern adipös sind, steigt das Risiko, dass<br />
ein fettleibiges Kind auch als Erwachsener<br />
fettleibig bleiben wird. Die häufigsten<br />
auftreten<strong>de</strong>n Krankheiten, die im<br />
Laufe <strong>de</strong>r Zeit <strong>bei</strong> einer Fettleibigkeit vorkommen,<br />
sind Gallensteine, Fettleber,<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen<br />
und Krankheiten <strong>de</strong>s Stützund<br />
Bewegungsapparates. Hauptsächlich<br />
bestehen Gallensteine aus Cholesterin.<br />
Durch zu viel Cholesterin wird ihre Entstehung<br />
im Blut begünstigt, ebenfalls<br />
durch Adipositas. Die Steine können zu<br />
einem Verschluss <strong>de</strong>s Ausgangs <strong>de</strong>r Gallenblase<br />
führen und somit nicht nur starke<br />
Schmerzen verursachen, son<strong>de</strong>rn auch<br />
die Leber schädigen. Die Aufnahme von<br />
zu viel Fett, beson<strong>de</strong>rs im Zusammenhang<br />
mit Alkoholgenuss, zu hohen Blutfetten<br />
und Diabetes mellitus führt letztendlich<br />
zu einer Verfettung <strong>de</strong>r Leberzellen (Fettleber)<br />
und langfristig betrachtet zu einem<br />
Funktionsverlust <strong>de</strong>r Leber.<br />
Eine Folgeerscheinung von Fettleibigkeit<br />
ist, wie bereits erwähnt, ein hoher Blutdruck.<br />
Im Zusammenhang mit an<strong>de</strong>ren<br />
Faktoren führt die krankhafte Verän<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>r Blutfettwerte zu Ablagerungen<br />
an <strong>de</strong>n Blutgefäßen und damit zu einer<br />
Verengung <strong>de</strong>r Blutgefäße. In <strong>de</strong>m Fall<br />
25
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
liegt eine Arteriosklerose vor. Stelle man<br />
sich eine Wasserleitung vor, die im Innern<br />
verkalkt ist, wo<strong>bei</strong> jedoch dieselbe Menge<br />
Wasser in <strong>de</strong>r gleichen Zeit ein freies<br />
wie ein verkalktes Rohr passiert, steigt in<br />
<strong>de</strong>m verengten Rohr <strong>de</strong>r Druck. Das<br />
be<strong>de</strong>utet, dass Herz muss viel heftiger<br />
pumpen, um diesen Wi<strong>de</strong>rstand zu überwin<strong>de</strong>n;<br />
wird jedoch damit auf Dauer<br />
übermäßig belastet und zwar so, bis <strong>de</strong>r<br />
Muskel eines Tages nicht mehr kann<br />
(Herzinsuffizienz). Die Ablagerungen in<br />
<strong>de</strong>n Arterien können mit <strong>de</strong>r Zeit lebenswichtige<br />
Gefäße, wie die Arterien, verschließen,<br />
die <strong>de</strong>n Herzmuskel o<strong>de</strong>r das<br />
Gehirn versorgen. Herzinfarkt o<strong>de</strong>r<br />
Schlaganfall drohen. Während <strong>de</strong>s Verlaufs<br />
eines Herzinfarktes sterben Herzmuskelzellen<br />
ab, weil sie nicht mehr ausreichend<br />
durchblutet und mit Sauerstoff<br />
versorgt wer<strong>de</strong>n. Ein Herzinfarkt kann<br />
zum sofortigen Tod führen. Der Schlaganfall<br />
o<strong>de</strong>r Hirninfarkt wird durch die mangeln<strong>de</strong><br />
Durchblutung und Sauerstoffversorgung<br />
<strong>de</strong>s Gehirns ausgelöst.<br />
Fettstoffwechselstörungen: Alle umfassen<strong>de</strong>ren<br />
Studien bestätigen eine Verbindung<br />
zwischen hohem Körpergewicht<br />
und Anstieg <strong>de</strong>r Blutfettwerte (Lipoproteine).<br />
In einigen Fällen kann <strong>de</strong>r hohe<br />
Cholesterinspiegel im Blut erblich bedingt<br />
sein. In <strong>de</strong>n meisten Fällen gibt es hierfür<br />
<strong>de</strong>n Grund, dass zu viel Fett o<strong>de</strong>r Cholesterin<br />
vorhan<strong>de</strong>n ist.<br />
Zuckerkrankheit: In Verbindung mit Diabetes<br />
mellitus unterschei<strong>de</strong>t man Typ 1 und<br />
Typ 2. Typ 1 entsteht, weil die Bauchspeicheldrüse<br />
kein Insulin mehr produziert. Die<br />
Ursache ist in <strong>de</strong>n meisten Fällen nicht<br />
genau bekannt. Bei <strong>de</strong>m häufigeren Typ 2<br />
wirkt das produzierte Insulin nicht mehr<br />
richtig (Insulinresistenz). Er wird auch<br />
Altersdiabetes genannt. Die Entstehung<br />
dieser Diabetes mellitus Erkrankung (Typ<br />
2) steht in direktem Zusammenhang mit<br />
Übergewicht und falscher Ernährung.<br />
Nach einigen Jahren hat Diabetes unbehan<strong>de</strong>lt<br />
schwerwiegen<strong>de</strong> Folgen wie zum Beispiel:<br />
Nervenprobleme, „offene Beine“,<br />
Blindheit, Nierenversagen usw. Be<strong>de</strong>nklich<br />
ist vor allem, dass vom „Altersdiabetes“<br />
mittlerweile häufig Kin<strong>de</strong>r betroffen sind,<br />
sofern ihr Gewicht ein bestimmtes individuelles<br />
Maß überschreitet.<br />
Thrombose: Innerhalb <strong>de</strong>s Blutgefäßes<br />
stockt <strong>bei</strong> einer Thrombose das Blut und<br />
bil<strong>de</strong>t eine Gefäßverengung o<strong>de</strong>r einen<br />
Verschluss (häufig tritt dieses an <strong>de</strong>n Beinvenen<br />
auf). Es besteht auch die Möglichkeit,<br />
dass sich ein Thrombus lösen kann<br />
und an<strong>de</strong>re lebenswichtige Organe blockiert.<br />
Die Ursachen hierfür sind vielfältig.<br />
Meistens geht <strong>de</strong>m eine Schädigung<br />
<strong>de</strong>r Gefäßinnenwand voraus. Außer<strong>de</strong>m<br />
kann ebenfalls ein langsamer Blutstrom<br />
die Entstehung einer Thrombose begünstigen.<br />
Dieses wird <strong>bei</strong> Krampfa<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>utlich,<br />
die oft durch langes Sitzen o<strong>de</strong>r mangeln<strong>de</strong><br />
Bewegung entstehen können.<br />
Arthrose: Man spricht dann von einer<br />
Arthrose, wenn die Gleitfähigkeit eines<br />
Gelenkes durch eine Knorpelzerstörung<br />
beeinträchtigt ist. Durch „Verschleiß“<br />
kann es im Alter dazu kommen. Han<strong>de</strong>lt<br />
es sich um sehr schwergewichtige Menschen,<br />
kommt es zu einer frühzeitigen<br />
Abnutzung allein durch das Gewicht. Dieser<br />
Prozess wird zusätzlich durch mangeln<strong>de</strong><br />
Bewegung unterstützt.<br />
Depressionen: Verhaltensauffälligkeiten<br />
und Depressionen lassen sich <strong>bei</strong> Übergewichtigen<br />
vermehrt nachweisen. Es<br />
besteht zwar nicht immer ein direkter<br />
Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Übergewicht,<br />
jedoch ist es in vielen Fällen zutreffend,<br />
dass Übergewichtige an ihrem Übergewicht<br />
und damit an <strong>de</strong>r sozialen Ausgrenzung<br />
lei<strong>de</strong>n.<br />
Psychische Störungen<br />
als Ursache<br />
und Folge <strong>de</strong>s<br />
Übergewichts<br />
Einsamkeit, zu wenig<br />
Zuwendung, Langeweile,<br />
Enttäuschungen, Schulstress,<br />
Ängste, Scheidung <strong>de</strong>r Eltern,<br />
Überfor<strong>de</strong>rungen – es gibt endlose Beispiele<br />
für Kriterien, die im Zusammenhang<br />
mit stark übergewichtigen Kin<strong>de</strong>rn<br />
zu sehen sind. Bevor ein Kind adipös wird,<br />
zeigt es über einen langen Zeitraum <strong>de</strong>utliche<br />
Anzeichen von Übergewicht, ohne<br />
dass dieses als störend o<strong>de</strong>r behin<strong>de</strong>rnd<br />
empfun<strong>de</strong>n wird. Oft führen erlittene<br />
Frustrationen <strong>bei</strong> Kin<strong>de</strong>rn, die dazu neigen,<br />
zu viel Gewicht anzusetzen, zu <strong>de</strong>n<br />
selben Konsequenzen: Sie essen noch<br />
mehr. Kleine Kin<strong>de</strong>r, die zu oft allein sind<br />
und die meiste Zeit vor <strong>de</strong>m Fernseher<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Computer sitzen, erleben ihren<br />
Alltag als langweilig. Für die sensorische<br />
(bezogen auf die Sinnesorgane) und motorische<br />
Entwicklung (bezogen auf die Körperbewegung)<br />
fehlen wichtige Anregungen.<br />
Statt<strong>de</strong>ssen heißt die negative Begleiterscheinung<br />
Kummerspeck. Die Kin<strong>de</strong>r<br />
futtern maßlos in sich hinein. Mit Hilfe<br />
diverser Diätpläne, Ermahnungen usw.<br />
lassen sich stark übergewichtige Kin<strong>de</strong>r,<br />
die unter ihrem Zustand lei<strong>de</strong>n, nicht in<br />
eine schlanke Zukunft führen. Wenn Essen<br />
und Trinken bereits Suchtcharakter annehmen,<br />
dann dürfte die vernünftigste und<br />
behutsamste Ernährungsumstellung nur<br />
Erfolg haben, wenn diese therapeutisch<br />
begleitet wird. Meistens ist auch eine<br />
Gruppentherapie hilfreich. Nach <strong>de</strong>m<br />
Motto: Nicht mehr allein sein, sich mit<br />
ebenfalls betroffenen Kin<strong>de</strong>rn austauschen<br />
können und Anerkennung erleben.<br />
Wesentliches hierzu können Eltern im<br />
Gespräch mit <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>rarzt herausfin<strong>de</strong>n.<br />
Bei alle<strong>de</strong>m bleibt es nieman<strong>de</strong>n<br />
erspart, für sich selbst und für die Kin<strong>de</strong>r<br />
zu lernen, was gesun<strong>de</strong> Ernährung im Verhältnis<br />
zu einer gesun<strong>de</strong>n Lebensweise<br />
<strong>bei</strong>nhaltet. Außer<strong>de</strong>m kann das richtig<br />
Spaß machen. Wenn im Leben <strong>de</strong>r Erwachsenen<br />
die Wertschätzung <strong>de</strong>s Essens sinkt,<br />
nimmt sie durchaus mit großer Wahrscheinlichkeit<br />
<strong>bei</strong> <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn ab. Entsprechend<br />
sinkt die Fähigkeit, <strong>de</strong>n Signalen<br />
<strong>de</strong>s Körpers (Hunger, Appetit,<br />
Sättigung) zu folgen.<br />
Literatur- und Quellenangabe:<br />
Silke Lautenschläger, Dicke Kin<strong>de</strong>r ,<br />
Fischer Taschenbuch Verlag GmbH,<br />
Frankfurt am Main, September 2004.<br />
Rheinische Post, Samstag 17. Juli 2010 D<br />
14 Im Blickpunkt<br />
www.adipositas-gesellschaft.<strong>de</strong><br />
www.aktuelle_nachrichten.htm<br />
www.gesundheit-heute.<strong>de</strong><br />
www.gesund-heilfasten.<strong>de</strong><br />
www.sozial-oekologische-forschung.<strong>de</strong><br />
26
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
AKTUELLE FAKTEN ZUM<br />
THEMA ADIPOSITAS<br />
Verdreifachung <strong>de</strong>r Adipositas<br />
in EU-Län<strong>de</strong>rn<br />
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO)<br />
hat sich in vielen EU-Län<strong>de</strong>rn seit 1980<br />
die Adipositas verdreifacht. Beson<strong>de</strong>rs<br />
erschreckend und Besorgnis erregend ist<br />
die Adipositas im Kin<strong>de</strong>salter. Derzeit wird<br />
geschätzt, dass etwa drei Millionen europäische<br />
Schulkin<strong>de</strong>r fettleibig sind und dieses<br />
Jahr etwa 85.000 Kin<strong>de</strong>r dazu kommen<br />
– eine Wachstumsrate, die äußerst<br />
alarmierend ist. Eine sogenannte Kin<strong>de</strong>rfettleibigkeit<br />
be<strong>de</strong>utet, dass viele dieser<br />
Kin<strong>de</strong>r Erwachsenenkrankheiten entwickeln,<br />
wie zum Beispiel Diabetes Typ 2.<br />
Insgesamt wird geschätzt, dass gut die<br />
Hälfte <strong>de</strong>r erwachsenen EU-Bevölkerung<br />
sowie ein Viertel <strong>de</strong>r Schulkin<strong>de</strong>r übergewichtig<br />
sind. Oft besteht die Gefahr, dass<br />
übergewichtige Schulkin<strong>de</strong>r ebenfalls im<br />
Erwachsenenalter zu viele Kilos auf die<br />
Waage bringen, so gesehen mit höherer<br />
Wahrscheinlichkeit zur Fettleibigkeit neigen.<br />
Die wichtigste Ursache für diese Entwicklung<br />
ist <strong>de</strong>r Lebensstil. Untersuchungen<br />
zeigen, dass einer von drei Europäern<br />
in seiner Freizeit überhaupt keinen Sport<br />
treibt. Der Durchschnittseuropäer verbringt<br />
je<strong>de</strong>n Tag über fünf Stun<strong>de</strong>n täglich<br />
sitzend. Außer<strong>de</strong>m reicht <strong>bei</strong> zwei von<br />
drei Erwachsenen die sportliche Betätigung<br />
nicht aus, um gezielt etwas für ihre<br />
Gesundheit zu tun.<br />
Was die männliche Fettverteilung betrifft,<br />
ist hier das Fett überwiegend im Bauchraum<br />
bzw. am Körperstamm gespeichert.<br />
Der Bauch ist dick, während Gesäß und<br />
Oberschenkel relativ dünn sind. Man<br />
spricht auch von <strong>de</strong>m sogenannten<br />
„Apfeltyp“. Diese Form geht mit einem<br />
höheren Risiko für Folgekrankheiten einher.<br />
Bei <strong>de</strong>r weiblichen Fettverteilung<br />
befin<strong>de</strong>t sich das Fett vor allem in <strong>de</strong>r<br />
Unterhaut an Hüften, Po und Oberschenkeln.<br />
In diesem Fall ist vom sogenannten<br />
„Birnentyp“ die Re<strong>de</strong>. In Verbindung mit<br />
dieser Fettverteilung ist viel seltener mit<br />
Folgeschä<strong>de</strong>n zu rechnen. Auf die Speicherung<br />
von Fett sind Frauen von Natur<br />
aus besser vorbereitet. Eine Schwangerschaft,<br />
die immerhin 80.000 zusätzliche<br />
Kilokalorien kostet, lässt sich nur durch<br />
vorher angesammeltes Fett durchhalten.<br />
Dadurch wird es ebenfalls erklärt, weshalb<br />
sich das Fett <strong>bei</strong> Frauen vor allem an<br />
<strong>de</strong>n Hüften und am Po ablagert. Im Bauch<br />
bleibt Platz für die Schwangerschaft.<br />
Ein erhöhtes Risiko für Folgekrankheiten<br />
besteht <strong>bei</strong> folgen<strong>de</strong>n Taillenmaßen:<br />
Für Männer besteht <strong>bei</strong> einem Taillenumfang<br />
von 94 cm ein leicht erhöhtes Risiko.<br />
Ein mäßig erhöhtes Risiko liegt ab 102 cm<br />
vor und ein stark erhöhtes Risiko besteht<br />
ab 112 cm.<br />
Für Frauen dagegen liegt ein leicht erhöhtes<br />
Risiko ab einem Taillenumfang von 80<br />
cm vor, dagegen han<strong>de</strong>lt es sich um ein<br />
Foto: Harald Wanetschka/Pixelio.<strong>de</strong><br />
27
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
mäßig erhöhtes Risiko ab 88 cm und ein<br />
stark erhöhtes Risiko ist ab 96 cm gegeben.<br />
Aktuelle Daten <strong>de</strong>s Statistischen<br />
Bun<strong>de</strong>samtes<br />
Was die aktuellen Daten <strong>de</strong>s Statistischen<br />
Bun<strong>de</strong>samts betreffen, tragen 51 Prozent<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sbürger zu viel Gewicht mit<br />
sich herum. Vor zehn Jahren waren es<br />
noch 45 Prozent. Zwar stehen die Deutschen<br />
im Dicken-Vergleich noch hinter<br />
<strong>de</strong>n USA, belegen jedoch seit Kurzem in<br />
Europa Platz eins. Die Wiesba<strong>de</strong>ner<br />
Bun<strong>de</strong>sstatistiker haben zum vierten<br />
Male das Körpergewicht <strong>de</strong>r Deutschen<br />
genauer untersucht. Demnach lassen ihre<br />
Ergebnisse keine Zweifel: Zwischen<br />
Emmerich und Frankfurt an <strong>de</strong>r O<strong>de</strong>r,<br />
zwischen Flensburg und Konstanz grassiert<br />
gera<strong>de</strong>zu das Übergewicht. Da<strong>bei</strong><br />
ist es beson<strong>de</strong>rs ausgeprägt <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n Männern,<br />
<strong>de</strong>ren Dickenquote innerhalb von<br />
zehn Jahren von 56 Prozent bis auf 60 Prozent<br />
gestiegen ist. Dagegen entwickelte<br />
sich <strong>bei</strong> Frauen die Dickenquote von 40<br />
auf 43 Prozent. Man spricht dann von<br />
einer <strong>de</strong>utlichen Adipositas, wenn <strong>de</strong>r<br />
Body-Mass-In<strong>de</strong>x (BMI) jenseits <strong>de</strong>r 30<br />
liegt. Ab hier ist es tatsächlich gefährlich.<br />
Immerhin wer<strong>de</strong>n diese Werte von<br />
16 Prozent <strong>de</strong>r Frauen und 14 Prozent <strong>de</strong>r<br />
Männer erreicht.<br />
In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern<br />
leben mit 58 Prozent die meisten<br />
Dicken. Witwer und Verheiratete sind<br />
<strong>bei</strong> <strong>de</strong>n Männern zu mehr als zwei Dritteln<br />
übergewichtig, während Ledige auf<br />
43 Prozent kommen. Wenn <strong>de</strong>r Partner für<br />
die Männer regelmäßig kocht o<strong>de</strong>r aber<br />
gestorben ist, treten die größten Gewichtsprobleme<br />
auf. Außer<strong>de</strong>m sind Witwen<br />
dicker als Ehefrauen und die wie<strong>de</strong>rum<br />
sind dicker als weibliche Singles. Was Letztere<br />
betrifft, haben gera<strong>de</strong> 25 Prozent Übergewicht;<br />
dafür erreichen sie mit einem<br />
Anteil von sieben Prozent Untergewichtigen<br />
einen absoluten Spitzenwert. Hier<strong>bei</strong><br />
han<strong>de</strong>lt es sich um einen <strong>de</strong>utlichen Hinweis<br />
darauf, dass <strong>de</strong>r Schlankheits- und<br />
Diätenwahn <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n Frauen stärker ausgeprägt<br />
ist. Dieses ist zum Teil abhängig<br />
davon, ob sich eine Frau noch auf Partnersuche<br />
befin<strong>de</strong>t.<br />
Die meisten Fettleibigen befin<strong>de</strong>n sich mit<br />
20 Prozent in <strong>de</strong>n Verkehrsberufen. Dazu<br />
zählen zum Beispiel die Taxi-, Bus-, Lkwund<br />
Straßenbahnfahrer. Eine logische<br />
Erklärung hierfür besteht darin, dass sich<br />
Vielfahrer extrem wenig bewegen.<br />
Risiken <strong>de</strong>r Fettleibigkeit<br />
Trifft es zu, dass bereits heute die indirekten<br />
Auswirkungen <strong>de</strong>r Adipositas, wie<br />
zum Beispiel die Frühberentung, krankheitsbedingte<br />
Produktionsausfälle und<br />
<strong>de</strong>r Verlust von Lebensjahren rund die<br />
Hälfte <strong>de</strong>r Folgekosten ausmachen, spricht<br />
dieses Indiz dafür, dass die Fettleibigkeit<br />
als ein systemisches Risiko betrachtet wer<strong>de</strong>n<br />
sollte. Fettleibigkeit kann wirtschaftliche,<br />
soziale, ökologische und politische<br />
Risiken nach sich ziehen. Unter systemischen<br />
Risiken sind die Risiken zu verstehen,<br />
die von möglichen Beeinträchtigungen<br />
<strong>de</strong>r körperlichen Gesundheit o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Umwelt ausgehen und dadurch in an<strong>de</strong>re<br />
Bereiche hineinwirken. Ein nicht min<strong>de</strong>r<br />
facettenreiches Geschehen stellt das<br />
Zustan<strong>de</strong>kommen von Übergewicht und<br />
Fettleibigkeit dar, <strong>de</strong>ssen Erforschung ein<br />
Zusammenwirken verschie<strong>de</strong>ner Wissenschaftsdisziplinen<br />
erfor<strong>de</strong>rt.<br />
Übergewichtige doppelt so<br />
oft im Krankenhaus und<br />
dreimal so häufig <strong>bei</strong>m Arzt<br />
Was die neuesten Berechnungen <strong>de</strong>s Forschungszentrums<br />
für Umwelt und<br />
Gesundheit betreffen, belaufen sich die<br />
jährlichen Kosten, die durch Fettleibigkeit<br />
entstehen, auf 530 Millionen Euro. Rechnet<br />
man die Kosten für Erkrankungen<br />
infolge von Fettleibigkeit dazu, entstehen<br />
jährliche Kosten von rund fünf Milliar<strong>de</strong>n<br />
Euro. Die Gesundheit <strong>de</strong>s Menschen wird<br />
durch Fettleibigkeit entschie<strong>de</strong>n verschlechtert,<br />
vor allem wegen Diabetes und<br />
auch das Herzinfarktrisiko nimmt zu.<br />
Ebenfalls wer<strong>de</strong>n schwerwiegen<strong>de</strong> Herz-<br />
Kreislauf-Störungen durch erhöhtes<br />
Gewicht hervorgerufen. Außer<strong>de</strong>m müssen<br />
Übergewichtige doppelt so oft ins<br />
Krankenhaus wie Normalgewichtige.<br />
Einen Allgemeinmediziner suchen Übergewichtige<br />
etwa dreimal so häufig auf im<br />
Vergleich zu Menschen mit einem Normalgewicht.<br />
Während Fettleibige in Verbindung<br />
mit einem Krankenhausaufenthalt<br />
circa 1.630 Euro an Kosten verursachen,<br />
beträgt <strong>de</strong>r Kostenaufwand <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n<br />
Normalgewichtigen nur etwa 600 Euro.<br />
Die Kosten, die entstehen, wenn Übergewichtige<br />
einen Arzt aufsuchen, liegen <strong>bei</strong><br />
etwa 73 Euro, die <strong>bei</strong> einem Normalgewichtigen<br />
dagegen <strong>bei</strong> 45 Euro.<br />
Fettleibigkeit ist sowohl in Deutschland<br />
als auch in an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn mehr und<br />
mehr zur Volkskrankheit gewor<strong>de</strong>n, weil<br />
in <strong>de</strong>n letzten Jahren die Zahl an Übergewichtigen,<br />
bezogen auf Kin<strong>de</strong>r, Jugendliche<br />
und junge Erwachsene enorm zugenommen<br />
hat. Nach Angaben <strong>de</strong>r Experten<br />
wer<strong>de</strong>n, bedingt durch diese Entwicklung,<br />
noch größere Gesundheitsausgaben<br />
entstehen. Die wirtschaftliche Produktivität<br />
wird außer<strong>de</strong>m durch diese Entwicklung<br />
sinken, weil Übergewichtige häufiger<br />
krank sind.<br />
Wichtig: Lebensgewohnheiten<br />
än<strong>de</strong>rn!<br />
Das Gewicht allein ist noch nicht entschei<strong>de</strong>nd<br />
für die Gesundheit. Was vor allem<br />
einen Nutzen für die Gesundheit darstellt,<br />
ist eine Steigerung <strong>de</strong>r körperlichen Leistungsfähigkeit<br />
sowie die Umstellung auf<br />
eine bessere Ernährung. Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r<br />
ist für unsere Gesundheit, wie wir abnehmen.<br />
Die Forschungsergebnisse <strong>de</strong>r letzten<br />
Jahre zeigen:<br />
• Bereits eine Umstellung auf eine gesün<strong>de</strong>re<br />
Ernährung senkt Blutfette und<br />
Blutdruck – mit o<strong>de</strong>r ohne Gewichtsreduktion.<br />
• Körperliche Bewegung schützt langfristig<br />
gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
– diese Schutzwirkung ist zu<br />
einem großen Teil vom Körpergewicht<br />
unabhängig.<br />
• Schulungsprogramme <strong>de</strong>r Krankenkassen<br />
zeigen zum Beispiel im Vergleich<br />
zu diätorientierten Schulungsprogrammen,<br />
dass Bewegung für das<br />
Abnehmen entschei<strong>de</strong>nd ist.<br />
• Nicht zu vergessen ist: Die Vermeidung<br />
zusätzlicher Gesundheitsrisiken<br />
ist für die Gesundheit min<strong>de</strong>stens genauso<br />
wichtig. Mit <strong>de</strong>m Rauchen aufzuhören<br />
kann ebenfalls wichtig sein.<br />
Das erste Ziel in <strong>de</strong>r Behandlung von Fettleibigkeit<br />
heißt: Lebensgewohnheiten<br />
än<strong>de</strong>rn!<br />
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Danksagung<br />
VIELEN<br />
www.VD<strong>Polizei</strong>.<strong>de</strong><br />
DANK!<br />
Liebe Inserenten!<br />
Mit <strong>de</strong>r Beteiligung in <strong>de</strong>r Festschrift anlässlich unseres Festabends<br />
haben Sie uns sehr geholfen. Wir danken Ihnen dafür sehr herzlich!<br />
Liebe Leser!<br />
Alle Inserate dieser Festschrift verdienen Ihre Aufmerksamkeit.<br />
Bitte berücksichtigen Sie diese Unternehmen bevorzugt <strong>bei</strong> Ihrer<br />
nächsten Disposition.<br />
Ihre<br />
Gewerkschaft <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong><br />
Kreisgruppe Min<strong>de</strong>n-Lübbecke<br />
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