Grundlagen der Elektrotechnik
Grundlagen der Elektrotechnik
Grundlagen der Elektrotechnik
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<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong>: Kapitel 1<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong><br />
Kapitel 1: Grundbegriffe <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong><br />
1 Grundbegriffe <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong> 2<br />
1.1 Einführung 2<br />
1.2 Elektrisches Feld 3<br />
1.3 Elektrisches Potential 4<br />
1.4 Elektrischer Strom 5<br />
1.5 Elektrischer Wi<strong>der</strong>stand 6<br />
1.5.1 Nichtlineare Wi<strong>der</strong>stände 8<br />
1.5.2 Temperaturabhängige Wi<strong>der</strong>stände 9<br />
1.6 Elektrische Leistung und Energie 11<br />
1.7 Aufgaben 12<br />
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<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong>: Kapitel 1<br />
1. Grundbegriffe <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong><br />
1.1 Einführung<br />
Die <strong>Elektrotechnik</strong> als Ingenieurwissenschaft stellt eine praktische Anwendung <strong>der</strong> Physik<br />
dar. Für die <strong>Elektrotechnik</strong> sind dabei die Effekte, die durch geladene Körper entstehen von<br />
entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung. Dazu muß zunächst <strong>der</strong> Aufbau <strong>der</strong> Materie genauer betrachtet<br />
werden.<br />
Die griechischen Philosophen Leukipp und Demokrit betrachteten die Materie als aus Atomen<br />
zusammengesetzt. Per Definition waren Atome unteilbar und somit die kleinsten möglichen<br />
Bestandteile <strong>der</strong> Materie. Dies ist durch mo<strong>der</strong>e Forschung jedoch wi<strong>der</strong>legt worden. Betrachtet<br />
man das kleinste aller Atome, das Wasserstoffatom, so kann dessen Aufbau wie in<br />
Abbildung 1.1.1 dargestellt wi<strong>der</strong>gegeben werden.<br />
r H<br />
Abbildung 1.1.1: Aufbau des Wasserstoffatoms<br />
Bei dieser stark vereinfachten Darstellung besteht das Atom aus einem positiv geladenem<br />
Atomkern mit einem Proton und einem negativ geladenem Trabanten, dem Elektron. Beide<br />
Ladungen sind vom Betrag her gleich, vom Vorzeichen jedoch entgegengesetzt. Proton und<br />
Elektron besitzen unterschiedliche Massen. Diese Massen unterliegen <strong>der</strong> Gravitation. Die<br />
zwischen beiden wirkende Massenanziehungskraft F ergibt sich wie folgt:<br />
γ mP<br />
mE<br />
F = ⋅ ⋅ −47<br />
Gleichung 1.1.1<br />
2<br />
= 3,<br />
61⋅10<br />
N<br />
rH<br />
Diese Kraft ist vom Quadrat des Abstands zwischen Elektron und Proton abhängig. In diesem<br />
Fall ist das <strong>der</strong> Radius des Wasserstoffatoms. Die resultierende Kraft ist sehr gering.<br />
Zwischen dem Proton und dem Elektron existiert allerdings noch eine weitere Kraft, basierend<br />
auf <strong>der</strong> elektrischen Ladung bei<strong>der</strong> Elementarteilchen. Diese Kraft wird Coulomb-Kraft genannt.<br />
Sie läßt sich ähnlich wie die Gravitationskraft berechnen, mittels des Coulomb-<br />
Gesetzes.<br />
k Q Q<br />
F = ⋅ ⋅ 1 2<br />
N<br />
r<br />
= ⋅ −8<br />
Gleichung 1.1.2<br />
2<br />
8,<br />
19 10<br />
H<br />
Diese Kraft ist also um den Faktor 10 39 größer als die Gravitationskraft. Zum Vergleich, ein<br />
6<br />
Elefant hat eine Masse von 6000kg ( = 6Mg<br />
= 6 ⋅10<br />
g ), eine Mücke von fast 2mg<br />
−<br />
( = 2 ⋅10<br />
3 g ) (vollgesaugt). Die Differenz beträgt somit 9 Zehnerpotenzen. Die Masse <strong>der</strong><br />
Erde beträgt<br />
24<br />
6 ⋅ 10 kg . Der Masseunterschied zwischen Erde und Mücke umspannt 30<br />
Zehnerpotenzen. Die Masse <strong>der</strong> Sonne beträgt<br />
30<br />
2 ⋅ 10 kg . Vergleicht man dies mit <strong>der</strong> Mücke,<br />
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<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong>: Kapitel 1<br />
umspannt die Differenz 36 Zehnerpotenzen. Das Verhältnis von Quolomb-Kraft und<br />
Gravitationskraft verhält sich somit wie 1000 Sonnen zu einer Mücke.<br />
Für das Wasserstoffatom ist diese Kraft von wesentlicher, existentieller Bedeutung. Da das<br />
Elektron den Atomkern mit einer Bahngeschwindigkeit von rund 2200km/s umkreist, entsteht<br />
−<br />
selbst bei <strong>der</strong> geringen Masse des Elektrons von 0, 91⋅10 30 kg eine Fliehkraft, die wesentlich<br />
größer als die Gravitationskraft zwischen Elektron und Proton ist. Die notwendige Kraft zum<br />
Zusammenhalt des Atoms entstammt <strong>der</strong> elektrischen Kraft.<br />
Diese elektrische Kraft wirk zwischen allen elektrisch geladenen Körpern. Dabei ziehen sich<br />
elektrisch unterschiedlich geladene Körper an und elektrisch gleich geladene stoßen sich ab.<br />
−<br />
Die elektrische Ladung eines Elektrons und eines Protons beträgt dabei 1, 602 ⋅10 19 C<br />
(Coulomb). Das Elektron ist dabei negativ und das Proton positiv geladen. Da beim Wasserstoffatom<br />
die Anzahl <strong>der</strong> Protonen gleich <strong>der</strong> <strong>der</strong> Elektronen ist, erscheint es nach außen als<br />
elektrisch neutral geladen.<br />
Die Ladung Q eines Körpers wird in Coulomb gemessen. Ein Coulomb entspricht dabei 1 As.<br />
Für die <strong>Elektrotechnik</strong> ist weiterhin <strong>der</strong> Ladungserhaltungssatz von Bedeutung. Dieser besagt,<br />
daß bei abgeschlossenen Systemen die Gesamtladung konstant ist. Dies bedeutet in <strong>der</strong> Praxis,<br />
daß innerhalb eines Systems Ladungen zwar verschoben werden können, das Gesamtsystem<br />
nach außen seine Ladung nicht verän<strong>der</strong>t.<br />
1.2 Elektrisches Feld<br />
In Gleichung 1.1.1 war die Wirkung zweier massebehafteter Körper aufeinan<strong>der</strong> qualitativ<br />
angegeben. Die Erfahrung in <strong>der</strong> realen Umwelt hat uns gelehrt, daß <strong>der</strong> Effekt <strong>der</strong> Gravitation<br />
auch mit Hilfe eines Gravitationsfeldes beschrieben werden kann (Abbildung 1.2.1).<br />
m<br />
Erde mit Masse M<br />
Abbildung 1.2.1: Gravitationsfeld <strong>der</strong> Erde<br />
Dabei ist die Erde ein im Verhältnis zum Massepunkt m sehr großer Körper. Das Gravitationspotential<br />
<strong>der</strong> Erde ist wesentlich größer als das des Massepunktes. Aus Sicht des Massepunktes<br />
wirk auf ihn eine Kraft ein, die entlang von Gravitationsfeldlinien verläuft. Wenn <strong>der</strong><br />
Massepunkt frei beweglich ist, wird er sich entlang dieser Feldlinien bewegen, bis er auf die<br />
Erde trifft. Der Massepunkt befindet sich also in einem von einem Gravitationspotential erfüllten<br />
Raum. Die Ursache dieses Gravitationspotentials ist eine Masse M, die dabei nicht notwendigerweise<br />
ebenfalls einen Massepunkt darstellen muß.<br />
Diese Betrachtungsweise <strong>der</strong> Gravitation kann analog auf elektrische Ladungen und die zwischen<br />
ihnen wirkenden Kräfte übertragen werden. Betrachtet man zu diesem Zweck eine sehr<br />
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<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong>: Kapitel 1<br />
lange Linienladung mit <strong>der</strong> Gesamtladung Q 1 , so ergibt sich in <strong>der</strong> Ebenen <strong>der</strong> Linienladung<br />
ein dem Graviationsfeld ähnliches Kraftfeld, daß auf im Raum befindliche Ladungen wirkt<br />
(Abbildung 1.2.2).<br />
Betrachtet man nun das Coulomb-Gesetz in seiner allgemeinsten Form (Gleichung 1.2.1), so<br />
kann es umformuliert werden.<br />
k Q Q<br />
F = ⋅ ⋅ 1 2<br />
Gleichung 1.2.1<br />
2<br />
r<br />
-<br />
Q 2<br />
+<br />
Linienladung Q 1<br />
Abbildung 1.2.2: Kraftfeld einer Linienladung<br />
Die Kraftwirkung kann nämlich einem elektrischen Feld E zugeschrieben werden, das durch<br />
die Linienladung Q 1 hervorgerufen wird.<br />
F = E ⋅ Q2 Gleichung 1.2.2<br />
Mit dem Coulomb-Gesetz kann das elektrische Feld bestimmt werden (Gleichung 1.2.3).<br />
k Q<br />
E = ⋅ 1<br />
Gleichung 1.2.3<br />
2<br />
r<br />
Der Begriff des elektrischen Feldes ist in <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong> von großer Wichtigkeit, da mit<br />
ihm die Vorhersage von Kraftwirkungen auf elektrische Ladungen ermöglicht wird. Die<br />
Feldlinien des elektrischen Feldes beginnen dabei immer bei den positiven Ladungen und<br />
enden bei den negativen. Die Kraftwirkung erfolgt immer in Richtung dieser Feldlinien für<br />
positive Ladungen und genau entgegengesetzt für negative. In Abbildung 1.2.3 sind typische<br />
Feldlinienbil<strong>der</strong> einiger Anordnungen angegeben. Je dichter die Feldlinien beieinan<strong>der</strong> liegen,<br />
desto größer ist die resultierende Kraft.<br />
Bei den Beispielen a, b und c ist die jeweilige gegenpolige Ladung unendlich weit entfernt.<br />
Dies besagt nichts an<strong>der</strong>es, als das die Gesamtladung des betrachteten Raums Null ist. Im Beispiel<br />
d schließen sich die nach links und rechts abgehenden Feldlinien im Unendlichen.<br />
1.3 Elektrisches Potential<br />
Die Analogiebetrachtung zwischen Gravitationsfeld und elektrischem Feld kann auch auf die<br />
beiden eigene potentielle Energie übertragen werden. Die potentielle Energie, die ein Körper<br />
durch überwinden eines Höhenunterschieds im Gravitationsfeld erlangt, läßt sich durch Gleichung<br />
1.6 ausdrücken.<br />
b<br />
Gleichung 1.3.1<br />
E = − F ⋅ ds<br />
pot<br />
∫<br />
a<br />
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<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong>: Kapitel 1<br />
Die Kraft F ist dabei die Wechselwirkung zwischen <strong>der</strong> Masse m und <strong>der</strong> Erde. Die<br />
potentielle Energie ist hierbei als negative Arbeit definiert, die von <strong>der</strong> Wechselwirkung<br />
verrichtet wird. Eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> potentiellen Energie ist positive Arbeit, die von einer Kraft<br />
geleistet werden muß um einen Körper in Gegenwart <strong>der</strong> Wechselwirkung zu bewegen.<br />
Überträgt man diese Überlegungen auf das elektrische Feld, so läßt sich dort ebenfalls <strong>der</strong> Begriff<br />
<strong>der</strong> potentiellen Energie definieren (Gleichung 1.3.1).<br />
a)<br />
c)<br />
b)<br />
d)<br />
Abbildung 1.2.3: Feldbil<strong>der</strong> einiger Punktladungen<br />
a) positive Ladung Q+<br />
b) negative Ladung Q-<br />
c) zwei positive Ladungen Q+<br />
d) eine positive Ladung Q+ und eine negative Q-<br />
E = − F ⋅ ds = −Q ⋅ E ⋅ ds<br />
pot<br />
b<br />
∫ ∫<br />
a<br />
b<br />
a<br />
Gleichung 1.3.1<br />
Daraus ergibt sich allgemein für die Potentialdifferenz <strong>der</strong> Ausdruck in Gleichung 1.3.2<br />
b<br />
Gleichung 1.3.2<br />
V −V<br />
= −∫ E ⋅ ds<br />
a<br />
b<br />
a<br />
Dividiert man diese Gleichung auf beiden Seiten durch die Ladung Q, so erhält man die<br />
Definitionsgleichung <strong>der</strong> elektrischen Spannung U (Gleichung 1.3.3).<br />
b<br />
Gleichung 1.3.3<br />
U = V −V<br />
= −∫ E ⋅ ds<br />
a<br />
b<br />
a<br />
In differenzieller Schreibweise gilt auch Gleichung 1.3.4<br />
dU = −E<br />
⋅ ds<br />
Gleichung 1.3.4<br />
Damit ist die elektrische Potentialdifferenz definiert. Sie wird auch als elektrische Spannung<br />
bezeichnet. Die Einheit ist V.<br />
12.10.2009 1-5
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong>: Kapitel 1<br />
1.4 Elektrischer Strom<br />
Durch den Spannungszustand in <strong>der</strong> Spannungsquelle werden freie Ladungsträger zu einer<br />
gerichteten Bewegung angeregt. Diese gerichtete Bewegung wird auch Konvektionsstrom<br />
genannt. In Metallen stehen ausschließlich Elektronen für diesen Bewegungsvorgang zur Verfügung.<br />
In elektrolytischen Flüssigkeiten zerfallen Moleküle zum Teil in positive und negative<br />
Ionen. Diese unterliegen aufgrund ihrer Ladung den Coulomb-Kräften und bilden damit einen<br />
elektrischen Strom. Wesentlich bei <strong>der</strong> Ausbildung des elektrischen Stroms ist also nicht die<br />
transportierte Masse, son<strong>der</strong>n die transportierte Ladung. Der elektrische Strom läßt sich somit<br />
nach Gleichung 1.4.1 definieren.<br />
dQ<br />
Gleichung 1.4.1<br />
i =<br />
dt<br />
Der elektrische Strom in einem leitenden Medium kann verschiedene Begleiterscheinungen<br />
mit sich bringen. Am bekanntesten ist die Wärmewirkung. Sie wird durch die sich<br />
bewegenden Elektronen im Kristallgitter eines metallischen Leiters hervorgerufen, wenn diese<br />
mit den ortsfesten Atomrümpfen zusammenstoßen. Dieser Effekt ist nicht auf Metalle<br />
beschränkt. Die Atome werden dadurch in Schwingungen versetzt. Diese kinetische Energie<br />
<strong>der</strong> Atome wird auch als Wärme bezeichnet. Sie entzieht dem Stromkreis Energie.<br />
Ein weiterer Effekt des Elektrischen Stroms ist das resultierende Magnetfeld. Dieser Effekt<br />
wird in späteren Kapiteln untersucht.<br />
Weiterhin kommt es bei Ionenleitern zu Stofftransport. Die zu den Elektroden wan<strong>der</strong>nden<br />
Ionen rekombinieren und werden als neutralisierte Stoffe an den entsprechenden Elektroden<br />
abgeschieden.<br />
Die Stärke <strong>der</strong> beschriebenen Effekte hängt wesentlich von <strong>der</strong> Stromdichte S ab. Für die<br />
Stromdichte in allgemeinster Form gilt Gleichung 1.4.2.<br />
di<br />
Gleichung 1.4.2<br />
S =<br />
dA<br />
Dabei ist dA das vom Teilstrom di durchflossene Flächenelement. Ist die Fläche A homogen<br />
vom Strom I durchflossen, gilt Gleichung 1.4.3.<br />
I = S ⋅ A<br />
Gleichung 1.4.3<br />
Die Einheit des elektrischen Stroms ist Ampere. Ein Ampere (A) entspricht dabei 1C/s. Das<br />
sind 6, 24 ⋅ 10 18 Elektronen pro Sekunde.<br />
1.5 Elektrischer Wi<strong>der</strong>stand<br />
Wird ein elektrischer Leiter vom Strom durchflossen, führt dies zu Transportverlusten. Die<br />
Ursprüngliche Energie <strong>der</strong> Elektronen wird vermin<strong>der</strong>t. Ein Maß für diese Min<strong>der</strong>ung ist <strong>der</strong><br />
elektrische Wi<strong>der</strong>stand eines Leiters. Nicht alle Materialien leiten den elektrischen Strom<br />
gleich gut o<strong>der</strong> schlecht. Sie lassen sich in drei Gruppen einteilen.<br />
Elektrische Leiter: Dies sind Materialien mit teilweise sehr guten Leitfähigkeiten. Zu ihnen<br />
zählen Metalle, metallische Verbindungen und Elektrolyte.<br />
Halbleiter: Die Leitfähigkeit dieser Stoffe hängt von <strong>der</strong> Temperatur und <strong>der</strong> Bearbeitung des<br />
Materials, auch Dotierung genannt, ab. Zu ihnen zählen Kohle, Silizium, Germanium und<br />
Selen.<br />
Nichtleiter: Sie sind für die <strong>Elektrotechnik</strong> aufgrund ihrer vernachlässigbaren Leitfähigkeit<br />
von Bedeutung und werden bei <strong>der</strong> Herstellung von Isolatoren verwendet. Zu ihnen zählen<br />
Glimmer, Quarz, feste Salze und Kunststoffe.<br />
Diese unterschiedlichen Eigenschaften bezüglich des elektrischen Stroms lassen sich durch<br />
das Bän<strong>der</strong>modell <strong>der</strong> Elektronen erklären. Wichtig ist dabei <strong>der</strong> Abstand zwischen Leitungs-<br />
12.10.2009 1-6
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong>: Kapitel 1<br />
und Valenzband. Für die Stromleitung kommen dabei nur Valenzelektronen des Valenzbandes<br />
und freie Elektronen des Leitungsbandes in Frage. Bei metallischen Leitern überlappen beide<br />
Bän<strong>der</strong>, so daß Valenzelektronen die Stromleitung übernehmen können. Bei Halbleitern<br />
liegen beide Bän<strong>der</strong> eng beieinan<strong>der</strong> und bei Nichtleitern liegen sie weit auseinan<strong>der</strong>, so daß<br />
die Valenzelektronen die wenige freien Elektronen bei <strong>der</strong> Stromleitung nicht verstärken<br />
können.<br />
Der elektrische Wi<strong>der</strong>stand eines Leiters ist nach Gleichung 1.5.1 definiert.<br />
R<br />
U Gleichung 1.5.1<br />
=<br />
I<br />
Die Einheit des Wi<strong>der</strong>standes wird in Ohm [Ω] angegeben. Ein einfacher Stromkreis<br />
bestehend aus Spannungsquelle und Wi<strong>der</strong>stand ist in Abbildung 1.5.1 dargestellt.<br />
ideale Leitung<br />
+<br />
I<br />
U q<br />
R<br />
U R<br />
-<br />
ideale Spannungsquelle<br />
idealer Wi<strong>der</strong>stand<br />
Abbildung 1.5.1: Stromkreis bestehend aus Spannungsquelle und Wi<strong>der</strong>stand<br />
Nimmt man den Wi<strong>der</strong>stand R zunächst als ideales Bauelement an, so ist <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>standswert<br />
konstant und von Temperatur, Stromstärke und Zeit unabhängig. Es gilt dann <strong>der</strong> lineare<br />
Zusammenhang in Gleichung 1.5.2 zwischen Versorgungsspannung U q und Wi<strong>der</strong>standsstrom<br />
I.<br />
U = R ⋅ I<br />
Gleichung 1.5.2<br />
q<br />
Dieser Zusammenhang wird auch als ohmsches Gesetz bezeichnet. Der Strom I ist dabei<br />
proportional <strong>der</strong> Spannung U q . Der Proportionalitätsfaktor zwischen Strom und Spannung ist<br />
<strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand R. Die zugehörige Kennlinie ist in Bild 1.5.2 dargestellt.<br />
Wird <strong>der</strong> Wert von U q von U 1 auf 2U 1 verdoppelt, so verdoppelt sich auch <strong>der</strong> Stromwert von<br />
I 1 auf 2I 1 .<br />
I<br />
2 ⋅ I1<br />
I 1<br />
R<br />
U 1<br />
2 ⋅U 1<br />
U q<br />
12.10.2009 Bild 1.5.2: Kennlinie eines linearen Wi<strong>der</strong>standes 1-7
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong>: Kapitel 1<br />
Weiterhin ist die Steigung <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>standsgeraden ein Maß für den Wi<strong>der</strong>stand selbst. Mit<br />
zunehmende Steilheit nimmt <strong>der</strong> Wert des Wi<strong>der</strong>standes R ab. Umgekehrt bedeutet eine<br />
flachere Gerade einen größeren Wert für R (Abbildung 1.5.3).<br />
I<br />
R<br />
0,5I 1<br />
I 1<br />
U 1<br />
2R<br />
R<br />
U q<br />
Abbildung 1.5.3: Kennlinie eines linearen Wi<strong>der</strong>standes<br />
Wenn bei einem Wi<strong>der</strong>standswert von R und einer Quellenspannung von U q =U 1 ein Strom I 1<br />
fließt, reduziert sich dieser Strom auf die Hälfte, wenn <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>standswert auf 2R verdoppelt<br />
wird. Eine Erhöhung des Wi<strong>der</strong>standes hat also eine umgekehrt proportionale Reduktion des<br />
Stroms I zur Folge.<br />
Neben dem Begriff Wi<strong>der</strong>stand wird oft auch dessen Kehrwert verwendet. Dieser wird als<br />
Leitwert G bezeichnet. Seine Einheit wird in 1/Ω o<strong>der</strong> auch Siemens [S] angegeben. Einer<br />
Erhöhung des Leitwerts entspricht dabei eine Vermin<strong>der</strong>ung des Wi<strong>der</strong>stands.<br />
1.5.1 Nichtlineare Wi<strong>der</strong>stände<br />
Neben linearen Wi<strong>der</strong>ständen haben nichtlineare Wi<strong>der</strong>stände in <strong>der</strong> Technik eine erhebliche<br />
Bedeutung. Diese Wi<strong>der</strong>stände können als stromabhängige Wi<strong>der</strong>stände mit U=f(I) formuliert<br />
werden.<br />
Typische Beispiele für nichtlineare Wi<strong>der</strong>stände sind Halbleiterbauelemente wie Dioden. Ihre<br />
Kennlinie (Abbildung 1.5.1.1) weist je nach verwendetem Material einen deutlichen Knick<br />
auf.<br />
An<strong>der</strong>e Materialien weisen weniger extreme Kennlinien auf. Ein solcher nichtlinearer<br />
Wi<strong>der</strong>stand läßt sich praktischerweise nicht einfach durch das Verhältnis von U zu I<br />
definieren. Für solche Wi<strong>der</strong>stände wird <strong>der</strong> Begriff differentieller Wi<strong>der</strong>stand eingeführt.<br />
Dieser ist nach Gleichung 1.5.1.1 definiert.<br />
dU<br />
R = Gleichung 1.5.1.1<br />
d<br />
dI<br />
Abbildung 1.5.1.2 verdeutlicht den Begriff des differentiellen Wi<strong>der</strong>standes.<br />
Der differentielle Wi<strong>der</strong>stand ergibt sich durch Anlegen einer Tangente an die<br />
Wi<strong>der</strong>standskurve im Arbeitspunkt P. Für diesen differentiellen Wi<strong>der</strong>stand kann eine<br />
Wi<strong>der</strong>standsgerade im Arbeitspunkt angenähert werden nach Gleichung 1.5.1.2.<br />
U<br />
2<br />
− U1<br />
Gleichung 1.5.1.2<br />
Rd =<br />
I − I<br />
2 1<br />
12.10.2009 1-8
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong>: Kapitel 1<br />
I<br />
Siliziumdiode<br />
Germaniumdiode<br />
U<br />
Abbildung 1.5.1.1: Kennlinie von Halbleiterdioden<br />
U<br />
P<br />
U 2<br />
U 1<br />
I 1 I 2<br />
R d<br />
I<br />
Abbildung 1.5.1.2: Differentieller Wi<strong>der</strong>stand im Arbeitspunkt P<br />
Der so bestimmte Wi<strong>der</strong>stand gilt nur in Nähe des Arbeitspunktes. Für an<strong>der</strong>e Arbeitspunkte<br />
muß er entsprechen neu bestimmt werden.<br />
1.5.2 Temperaturabhängige Wi<strong>der</strong>stände<br />
Alle Wi<strong>der</strong>stände, ob linear o<strong>der</strong> nichtlinear, weisen eine Temperaturabhängigkeit auf. Bei<br />
metallischen Leitern nimmt <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand mit steigen<strong>der</strong> Temperatur meist zu, bei<br />
Halbleitern kann er auch abfallen. Diese Temperaturabhängigkeit ist nichtlinear, wird aber<br />
oftmals für genügend kleine Temperaturän<strong>der</strong>ungen linearisiert. Dabei wird <strong>der</strong><br />
Wi<strong>der</strong>standswert bei einer Raumtemperatur von 20 o C. Diese Temperaturabhängigkeit ist<br />
grundsätzlich materialabhängig. Zur genaueren Betrachtung <strong>der</strong> Temperaturabhängigkeit wird<br />
<strong>der</strong> materialspezifische Wi<strong>der</strong>stand ρ eingeführt. In Abbildung 1.5.2.1 ist ein solcher<br />
12.10.2009 1-9
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong>: Kapitel 1<br />
ρ<br />
ρ 20 +∆ρ<br />
ρ 20<br />
ρ=f(ϑ)<br />
ϑ 20<br />
ϑ 20 +∆ϑ<br />
ϑ<br />
Abbildung 1.5.2.1: Temperaturabhängiger, materialspezifischer Wi<strong>der</strong>stand ρ<br />
temperaturabhängiger Wi<strong>der</strong>standsverlauf dargestellt.<br />
Der spezifische Wi<strong>der</strong>stand kann dabei nach Gleichung 1.5.2.1 formuliert werden.<br />
dρ<br />
Gleichung 1.5.2.1<br />
ρ(<br />
ϑ)<br />
= ρ<br />
20<br />
+ ∆ρ<br />
= ρ<br />
20<br />
+ dϑ<br />
dϑ<br />
1 ρ<br />
ρ( ϑ) = ρ20 ⋅ ( 1+ α20<br />
⋅ ∆ ϑ)<br />
mit α20<br />
= ⋅ d Gleichung 1.5.2.2<br />
ρ20<br />
dϑ<br />
Die in Gleichung 1.5.2.2 wie<strong>der</strong>gegebene Formulierung ist die gebräuchlichste. In ihr wird ein<br />
Temperaturkoeffizient α 20 eingeführt, <strong>der</strong> den für kleinere Temperaturabweichungen linearen<br />
Zusammenhang beschreibt.<br />
Bei größeren Temperaturabweichungen wird ein weitere Temperaturkoeffizient β 20<br />
eingeführt, um die dann nicht mehr lineare Wi<strong>der</strong>standsän<strong>der</strong>ung zu beschreiben (Gleichung<br />
1.5.2.3).<br />
2<br />
2<br />
1 d ρ<br />
Gleichung 1.5.2.3<br />
ρ( ϑ) = ρ ⋅ ( + α ⋅ ϑ + β ⋅ ( ϑ )<br />
20<br />
1<br />
20<br />
∆<br />
20<br />
∆ ) mit β<br />
20<br />
= ⋅<br />
2<br />
ρ ( dϑ)<br />
Aus dem materialspezifischen Wi<strong>der</strong>stand ρ läßt sich nach Gleichung 1.5.2.4 <strong>der</strong> elektrische<br />
Wi<strong>der</strong>stand R berechnen. Dieser ist natürlich auch temperaturabhängig und genügt Gleichung<br />
1.5.2.5.<br />
l<br />
Gleichung 1.5.2.4<br />
R = ρ ⋅<br />
A<br />
2<br />
R ( ϑ) = R ⋅ ( 1+ α ⋅ ∆ϑ + β ⋅ ( ∆ ϑ ) )<br />
Gleichung 1.5.2.5<br />
20 20 20<br />
In <strong>der</strong> nachfolgenden Tabelle sind <strong>der</strong> spezifische Wi<strong>der</strong>stand ρ und Temperaturkoeffizient α<br />
einiger ausgewählter Materialien angegeben.<br />
Für homogene Materialien kann bei homogenem Stromfluß aus dem spezifischem Wi<strong>der</strong>stand<br />
<strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>standswert R eines Bauteils bei konstantem Bauteilquerschnitt A über <strong>der</strong><br />
Bauteillänge l <strong>der</strong> elektrische Wi<strong>der</strong>stand nach Gleichung 1.5.2.6 berechnet werden.<br />
δ ⋅ l<br />
Gleichung 1.5.2.6<br />
R =<br />
A<br />
12.10.2009 1-10<br />
20
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong>: Kapitel 1<br />
Material<br />
ρ Ω ⋅ mm 2<br />
m<br />
α 1 20<br />
K<br />
Aluminium, Al 0,028 0,004<br />
Silber, Ag 0,016 0,004<br />
Kupfer, Cu 0,018 0,004<br />
Gold, Au 0,023 0,004<br />
Platin, Pt 0,11 0,002<br />
Eisen, Fe 0,125 0,005<br />
Manganin, Cu, Fe, Mn, Ni 0,43 0,00001<br />
Chromnickel, Cr, Ni, Fe 1 0,00005<br />
1.6 Elektrische Leistung und Energie<br />
Die elektrische Leistung ist definiert als Produkt von Strom und Spannung (Gleichung 1.6.1).<br />
P = U ⋅ I<br />
Gleichung 1.6.1<br />
Die Einheit <strong>der</strong> elektrischen Leistung ist Watt [W]. In jedem elektrischen Stromkreis ist die<br />
Summe <strong>der</strong> Leistungen immer gleich Null. Dies bedeutet, daß die von Spannungsquellen<br />
abgegebene Leistung gleich <strong>der</strong> <strong>der</strong> ohmschen Verbraucher ist. Verwendet man das<br />
Verbraucherzählpfeilsystem, so ist die am Verbraucher abfallende Leistung positiv und die<br />
von <strong>der</strong> Spannungsquelle bereitgestellte negativ (vergleiche dazu Abbildung 1.5.1).<br />
Für einen einfachen Stromkreis mit einer Spannungsquelle und einem ohmschen Verbraucher<br />
gilt daher:<br />
− U ⋅ I + I 2 ⋅ R = 0 Gleichung 1.6.2<br />
Für das Erzeugerzählpfeilsystem kehren sich die Vorzeichen um.<br />
Für die gelieferte elektrische Energie einer Spannungsquelle im Verbraucherzählpfeilsystem<br />
gilt Gleichung 1.6.3.<br />
E = −∫ i ( t ) ⋅ u ( t ) ⋅ dt<br />
Gleichung 1.6.3<br />
Für konstante Spannung und konstanten Strom gilt Gleichung 1.6.4.<br />
E = −∫ U ⋅ I ⋅ dt = −U<br />
⋅ I ⋅t<br />
Gleichung 1.6.4<br />
Für einen ohmschen Verbraucher gelten die gleichen Gleichungen mit umgekehrten<br />
Vorzeichen. Die Einheit <strong>der</strong> Energie ist Wattsekunden [Ws] o<strong>der</strong> auch Newtonmeter [Nm].<br />
12.10.2009 1-11
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Elektrotechnik</strong>: Kapitel 1<br />
1.7 Aufgaben<br />
Grundsätzlich sollte bei <strong>der</strong> Bearbeitung von Aufgaben o<strong>der</strong> Problemstellungen zunächst<br />
immer die Schaltung skizziert werden.<br />
Aufgabe 1.7.1<br />
Ein ohmscher Wi<strong>der</strong>stand von 10Ω wird an eine Spannungsquelle von 100V angeschlossen.<br />
a) Bestimmen Sie den elektrischen Strom I durch den Wi<strong>der</strong>stand.<br />
b) Wie än<strong>der</strong>t sich quantitativ <strong>der</strong> Strom I, wenn die Spannung um 10% erhöht wird?<br />
Aufgabe 1.7.2<br />
Bei einer Spannungsquelle von 12V wird ein Entnahmestrom von 500mA gemessen.<br />
a) Bestimmen Sie den ohmschen Wi<strong>der</strong>stand im Lastkreis.<br />
b) Die Versorgungsspannung fällt auf 10V ab. Wie muß sich quantitativ <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand<br />
än<strong>der</strong>n, damit <strong>der</strong> Laststrom konstant bleibt?<br />
Aufgabe 1.7.3<br />
Ein einfacher Stromkreis besteht aus einer idealen Spannungsquelle und einem idealen<br />
Wi<strong>der</strong>stand.<br />
a) Wie än<strong>der</strong>t sich <strong>der</strong> im Stromkreis fließende Strom, wenn <strong>der</strong> Leitwert des Wi<strong>der</strong>standes<br />
halbiert wird?<br />
b) Wie än<strong>der</strong>t sich <strong>der</strong> Strom, wenn <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand halbiert wird und sich die<br />
Versorgungsspannung verdoppelt?<br />
Aufgabe 1.7.4<br />
Ein Kupferleiter hat bei einer Temperatur von 20 o C einen Wi<strong>der</strong>stand von 10Ω.<br />
a) Um wieviel Prozent erhöht sich <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand bei einer Temperaturerhöhung um 10K?<br />
b) Wie groß muß die Temperaturän<strong>der</strong>ung sein, damit <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand um 10% steigt?<br />
Aufgabe 1.7.5<br />
Ein Wi<strong>der</strong>standsdraht besteht aus einem Stück Kupferdraht und einem Stück Platindraht<br />
gleicher Querschnittsfläche. Die Gesamtlänge des Drahtes beträgt 10m. Bei einer<br />
Temperaturerhöhung um 20K erhöht sich <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand um 6%.<br />
a) Bestimmen Sie den resultierenden Temperaturkoeffizienten α 20 .<br />
b) Wie lang ist <strong>der</strong> Kupferdraht?<br />
c) Bestimmen Sie den Gesamttemperaturkoeffizienten, wenn <strong>der</strong> Kupferdraht durch ein Stück<br />
Manganindraht gleicher Länge und gleichen Querschnitts ersetzt wird?<br />
d) Berechnen Sie für den unter c) gegebenen Fall die Wi<strong>der</strong>standsän<strong>der</strong>ung in Prozent bei<br />
einer Temperaturerhöhung um 20K.<br />
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