Download des Artikels - Ernst & Young
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Fallstudie / Kundenprofitabilitätsmessung<br />
Seit einigen Jahren werden im Vertriebscontrolling<br />
zunehmend deckungsbeitragsorientierte<br />
Kalkulationen eingesetzt. Diese<br />
verhindern die Konzentration auf das<br />
bloße Umsatzwachstum, das mit Kunden<br />
oder Zielgruppen generiert wird. Auf diese<br />
Art wirken die Unternehmen einem<br />
„Wachstum um jeden Preis“ entgegen und<br />
richten ihren Fokus erfolgreich auf ein<br />
„profitables Wachstum“.<br />
Die Anwendung einer differenzierten Kundenbeziehungsstrategie,<br />
also einer an<br />
den individuellen Kunden angepassten<br />
Vertriebsstrategie, ist damit möglich, um<br />
einer ungeordneten Kundenbehandlung<br />
entgegenzuwirken. Aus Kostengründen<br />
erhalten nur die profitabelsten Kunden<br />
eine aufwendige Betreuung. Bei unrentablen<br />
Kunden werden die Kosten reduziert.<br />
Die Fokussierung auf die Profitabilität der<br />
Kunden hat den Vorteil, dass eine langfristige<br />
Perspektive eingenommen wird. Die<br />
Ausgaben für Kunden stellen Investitionen<br />
dar, die langfristige Erträge erbringen<br />
sollten.<br />
Betrachtet man nun einen Kunden innerhalb<br />
eines transnationalen Konzerns, der<br />
von verschiedenen Geschäftsbereichen<br />
bedient wird, so wird man feststellen<br />
müssen, dass die Bestimmung einer Gesamtprofitabilität<br />
über alle Unternehmensbereiche<br />
eine große Herausforderung<br />
darstellt.<br />
Die erste Herausforderung ergründet sich<br />
meist darin, dass die jeweilige Profitabilitätskennzahl<br />
auf Segmentebene entweder<br />
grundsätzlich verschieden ist oder sich in<br />
ihrer Berechnung unterscheidet.<br />
Dies ist aus der Perspektive der unterschied -<br />
lichen zugrunde liegenden Geschäftsmodelle<br />
und kostenspezifischen Abzugsfaktoren<br />
verständlich. Eine weitere zu nennende<br />
Herausforderung spiegelt sich in<br />
der Transformation der Unternehmen wider.<br />
Zukäufe, Abspaltungen oder Fusionen<br />
erschweren oft eine Aggregation kundenbezogener<br />
Daten, die aus verschiedenen<br />
IT-Systemen in einer Datenbank konsolidiert<br />
werden sollen. Die sogenannten „Informationssilos“<br />
gefährden eine pünktliche<br />
und korrekte Bestimmung der kundenspezifischen<br />
Umsätze sowie Profitabilität<br />
und ziehen eine Erhöhung <strong>des</strong> Arbeitsaufwands<br />
im Rahmen der Informationsbereitstellung<br />
nach sich.<br />
Wir werden nun in einem höheren Detaillierungsgrad<br />
auf die Herausforderungen<br />
eingehen. Unsere Erfahrung hat gezeigt,<br />
dass innerhalb komplexer Unternehmungen<br />
bereits die globale Aggregation der<br />
kundenspezifischen Umsätze zahlreiche<br />
Aporien aufweist. Die Schwierigkeit liegt<br />
hierbei in der Vielzahl unterschiedlicher<br />
operativer Systeme und Buchhaltungsund<br />
Reportingsysteme sowie den nicht<br />
verlässlichen Kundenstammdaten, die<br />
einen Abgleich zwischen kundenspezifischen<br />
und Profitcenter-Umsätzen erschweren.<br />
Die IT-Landschaft zeigt in regionalen<br />
Ausprägungen eine heterogene<br />
Struktur und erschwert die Aggregation<br />
der Datenströme. Praxiseinblicke haben<br />
diese Erkenntnis verdeutlicht und gezeigt,<br />
dass ausschließlich für die Validierung<br />
der kundenspezifischen Umsatzdaten in<br />
Konzernen Wochen vergehen können.<br />
Dies führt zu Verzögerungen in der Berichterstattung<br />
der internen kundenspezifischen<br />
Leistungsdaten.<br />
Regionale und divisionale Unterschiede<br />
existieren in der Berechnung von Profi -<br />
ta bilitätskennzahlen und erschweren<br />
damit die Möglichkeit der Bestimmung<br />
der Kundenprofitabilität für einen Kunden.<br />
Als gängige Kennzahlen werden dabei<br />
GP (Gross Profit), GM (Gross Margin)<br />
oder OP (Operating Profit) verwendet;<br />
die sich in der Eindringtiefe (z. B. Verteilung<br />
der Gemeinkosten) bei der Berechnung<br />
der Profitabilität unterschieden:<br />
• Als GP bezeichnet man die Differenz<br />
zwischen Umsatz und Waren- bzw.<br />
Materialeinsatz eines Unternehmens.<br />
• Unter dem OP versteht man den aus der<br />
gewöhnlichen Geschäftstätigkeit resultierenden<br />
Gewinn, der um außergewöhnliche<br />
Erträge und Aufwendungen bereinigt<br />
ist und vor Steuern dargestellt wird.<br />
• Die GM beziffert den prozentualen<br />
Anteil <strong>des</strong> Umsatzes, der nach Abzug der<br />
Herstellkosten übrig bleibt.<br />
Die absolute Vergleichbarkeit dieser Kennziffern<br />
oder eine Aggregation miteinander<br />
ist nicht möglich. Schwierigkeiten bestehen<br />
häufig auch in der Zuweisung kundenspezifischer<br />
Kosten zu den Umsatzdaten.<br />
So kann die kundenindividuelle Profitabilität<br />
kaum ermittelt und bewertet werden –<br />
werthaltige und nachhaltige Entscheidungen<br />
lassen sich so also kaum vorbereiten.<br />
Es kann durchaus vorkommen, dass für<br />
einen großen Kunden aufgrund komplexer<br />
Mutter-/Tochterunternehmensbeziehungen<br />
mehrere Tausend Kundennummern<br />
in den unterschiedlichen operativen Systemen<br />
und Geschäftsbereichen existieren,<br />
und es ist fraglich, ob alle Kundennummern<br />
nun auch wahrhaftig dem betreffenden<br />
Kunden zugeordnet wurden.<br />
Erschwerend ist meist die Feststellung aller<br />
für den Kunden relevanten Kundennamen/<br />
-nummern, die für die Aggregation von<br />
Umsatz und Kosten und somit für die Berechnung<br />
der Profitabilität notwendig<br />
sind. Insbesondere gilt es bei Joint Ventures,<br />
Beteiligungen und assoziierten<br />
Unter nehmen die richtige Verknüpfung<br />
zum Kunden zu finden.<br />
Zur Beseitigung bzw. Abschwächung der<br />
dargestellten Schwierigkeiten gilt es, Lösungsstrategien<br />
zu entwickeln und zu operationalisieren.<br />
Im Folgenden möchten wir<br />
Lösungsmöglichkeiten aufzeigen und in<br />
das entwickelte Konzept der aggregierten<br />
Kundenprofitiabilitätskennzahl einführen.<br />
Performance Ausgabe 1.2011 69