Im Feuer vergoldet - atelier für feuervergoldung dirk meyer
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<strong>Im</strong> <strong>Feuer</strong><br />
<strong>vergoldet</strong><br />
Arbeitsschritte einer Restaurierung und<br />
<strong>Feuer</strong>vergoldung eines Uhrgehäuses<br />
Text: Dirk Meyer Bilder: Xxxxxx Xxxxx<br />
30 Klassik Uhren 1/2008
Kurze Geschichte der <strong>Feuer</strong>vergoldung<br />
Die Anfänge der <strong>Feuer</strong>vergoldung (Amalgamvergoldung)<br />
liegen immer noch weitgehend im Dunkeln. Dieses gilt insbesondere<br />
<strong>für</strong> den Zeitpunkt ihrer Einführung in der westlichen<br />
Welt.<br />
Die Amalgamvergoldung verwendete man in China seit<br />
der Zhou-Dynastie (3. Jh. vor Chr.) an, vor allem zur Verzierung<br />
von Gürtelhaken. Vom 5. Jh. bis Anfang des 10. Jh.<br />
wurden in China große Mengen buddhistischer Bronzeskulpturen<br />
im Ganzen feuer<strong>vergoldet</strong>, also mit Feingold<br />
überzogen.<br />
In Westeuropa taucht die <strong>Feuer</strong>vergoldung bei den Kelten<br />
auf Münzfälschungen und Schmuck auf. <strong>Im</strong> Mittelmeerraum<br />
erscheint die Technik im 1.Jh. v. Chr. und wurde<br />
eingehend von Vitruv und Plinius beschrieben. <strong>Im</strong> Gebiet<br />
Germanien sah man die <strong>Feuer</strong>vergoldung bis zum 3.Jh. n.<br />
Chr. auf römischer <strong>Im</strong>portware. Erst bei den Angelsachsen<br />
und Merowingern wurden große Mengen <strong>vergoldet</strong>en<br />
Schmuckes und anderer Gegenstände wie Helme und<br />
Schildbeschläge gefunden. Durch das ganze europäische<br />
Mittelalter hindurch und auch darüber hinaus blieb die<br />
<strong>Feuer</strong>vergoldung die vorherrschende Vergoldungstechnik.<br />
Vom frühen 15. bis Mitte des 17. Jh. war die <strong>Feuer</strong>vergoldung<br />
häufig Bestandteil der Verzierung hochwertiger, stählerner<br />
Rüstungen.<br />
Eine Hochkultur der <strong>Feuer</strong>vergoldung war am Ende des<br />
17.Jh. in Frankreich zu verzeichnen. Dort wurden metallene,<br />
durch Quecksilbervergoldung veredelte Kunstgegenstände<br />
Ormoulu genannt. Zu Ormoulu- Arbeiten zählten Möbelbeschläge,<br />
Türgriffe, Schmuckgefäße, Vasen, Lichtfassungen<br />
jeglicher Art, Kerzenhalter und Wandleuchter, Uhren und<br />
die aufwendigen Kaminböcke, die als „Chenets“ bezeichnet<br />
werden. Bei erstklassigen Ormoulu- Arbeiten wurden Mattoberflächen<br />
sorgfältig ziseliert, um einen Kontrast zu den<br />
glänzenden, <strong>vergoldet</strong>en Teilen zu bilden.<br />
Die Gestaltung von Ormoulu- Arbeiten wird vor allem<br />
deshalb mit Frankreich in Verbindung gebracht, weil sich<br />
dort seit Mitte des 17. Jh. raffinierte Herstellungsmethoden<br />
entwickelten. Die Anfertigung von Ormoulu galt als das<br />
Handwerk von Spezialisten.<br />
Seit Mitte des 19. Jh. wurde die Quecksilbervergoldung<br />
langsam durch die galvanische Vergoldung ersetzt. Zahlreiche<br />
Artikel wurden zwar weiterhin nach traditionellen<br />
Methoden gegossen, durch die Farbe der Vergoldung und<br />
deren etwas dürftige Erscheinung können aber diese elektrolytisch<br />
<strong>vergoldet</strong>en Messing- und Bronzearbeiten von<br />
echtem Ormoulu unterschieden werden.<br />
1. Einleitung<br />
Seit über 25 Jahren beschäftige ich mich Edelmetallen und<br />
dem Vergolden von Silber, Bronze und Messing. Die über<br />
3000 Jahre alte Methode der <strong>Feuer</strong>vergoldung erreicht die<br />
Bild 1<br />
Bild 2<br />
Bild 3<br />
Bild 4<br />
Bild 5<br />
Klassik Uhren 1/2008 31
Blindtext - Bitte noch editieren!!!<br />
Bild 6<br />
Bild 7<br />
besten und langlebigsten Ergebnisse und lieferte <strong>für</strong> mich<br />
den Grund, diese in Vergessenheit geratene Technik aufzugreifen<br />
und in die Moderne zu integrieren.<br />
Die <strong>Feuer</strong>vergoldung bleibt die einzige wirklich halt -<br />
bare Vergoldung. Die sich ergebenden Oberflächen<br />
bezaubern immer wieder den künstlerisch fühlenden<br />
Menschen.<br />
Bei der <strong>Feuer</strong>vergoldung bildet sich beim Auflegieren<br />
des Feingoldes über einer fest sitzenden Diffusionsschicht<br />
an der Oberfläche eine geschlossene Feingoldschicht, die<br />
der Probe mit Schwefelleber und Schwefelammonium<br />
Stand hält. <strong>Im</strong> Gegensatz dazu ergeben galvanische Vergoldungen<br />
nur einen Niederschlag auf dem Werkstück, durch<br />
dessen Poren die Schwefelung und das Oxyd der Luft auf<br />
das Grundmetall einwirken und das Gold abstoßen kann.<br />
Auch andere Umweltchemikalien können so auf das<br />
Grundmetall einwirken und das Gold durch Korrosion<br />
abstoßen. Sogar aus der frühägyptischen Zeit sind feuer<strong>vergoldet</strong>e<br />
Oberflächen noch heute relativ gut erhalten;<br />
galvanisch <strong>vergoldet</strong>e laufen schon nach relativ kurzer Zeit<br />
an, wenn sie nicht lackiert werden.<br />
An historischen feuer<strong>vergoldet</strong>en Gegenständen wurden<br />
Schichtdicken der <strong>Feuer</strong>vergoldung von 1µm bis 20µm<br />
gemessen.<br />
Die Durchführung einer <strong>Feuer</strong>vergoldung ist aufwendiger<br />
und langwieriger als die einer galvanischen Vergoldung.<br />
Der Preisunterschied ergibt sich nicht nur aus dem<br />
Mehraufwand an verbrauchtem Gold sondern auch aus<br />
dem Mehraufwand an Arbeitszeit.<br />
Am Bespiel eines Uhrengehäuses will ich den Ablauf<br />
einer <strong>Feuer</strong>vergoldung aufzeigen.<br />
Dirk Meyer<br />
Restaurator im Gold- und<br />
Silberschmiedehandwerk<br />
Bild 8<br />
Bild 9<br />
2. Beschreibung des Uhrgehäuses<br />
Das Uhrgehäuse stammt aus dem Ende des 19. Jh., ist aus<br />
Bronze und in einem, die Oberfläche betreffend, sehr<br />
schlechten Zustand. Reste einer alten Vergoldung sind an<br />
einigen Stellen noch vorhanden.<br />
Es besteht komplett aus Bronzesandguss und hat in der<br />
Mitte eine große Öffnung <strong>für</strong> das Uhrwerk und Zifferblatt.<br />
Die Stilelemente und Ornamentik weisen auf die Entstehungszeit<br />
um 1890, den Historismus hin.<br />
Auf den Bildern 1 bis 5 wird das Uhrgehäuse in seiner<br />
Ursprungsfassung gezeigt, so wie es vorgelegt wurde. Das<br />
Gehäuse weist eine starke Korrosion bzw. Patina der Bronze<br />
auf. Die Gravuren und die Ornamente sind fast nicht<br />
vorhanden oder stark deformiert. Die Gravuren am<br />
Gehäuse sind teilweise nur noch schemenhaft vorhanden.<br />
32 Klassik Uhren 1/2008
Auf Bild 2 sind auf der Rückseite des Gehäuses noch<br />
kleine Reste einer ehemaligen Vergoldung zu erkennen.<br />
Auf den beiden Seitenteilen und dem Vorderteil des Uhrgehäuses<br />
sind durch die starke Korrosion der Bronze keine<br />
Vergoldungen mehr zu sehen.<br />
Das Bild 3 zeigt deutlich, wie die Bronze korrodiert und<br />
Vertiefungen mit Putzmittelresten zugeschmiert sind.<br />
Das gesamte Gehäuse weist viele grobe Stellen auf, die<br />
noch auf den Sandguss zurückzuführen sind. Dieses wird in<br />
den Bildern 4 und 5 deutlich sichtbar.<br />
Das Uhrgehäuse muss vor dem Vergolden von Grund<br />
auf gereinigt, aufgearbeitet, geschliffen und poliert werden.<br />
Vor allem müssen alle Oxide und Putzmittelreste entfernt<br />
werden. Das Gehäuse muss metallisch blank sein, um<br />
es dann durch die <strong>Feuer</strong>vergoldung mit Feingold zu überziehen.<br />
Die Ornamente, wie die Rosette auf der Vorderseite<br />
und die Ornamente auf beiden Seitenteilen, müssen nach<br />
ziseliert und die beiden Gravuren auf der Oberseite des<br />
Gehäuses müssen von Hand nachgraviert werden.<br />
3. Aufarbeiten des Uhrgehäuses<br />
Nach der Grundreinigung und dem Entfernen der Korrosion<br />
der Bronze wurde das gesamte Gehäuse wieder aufgearbeitet.<br />
Als Erstes wurde alles geschliffen und poliert.<br />
Dann wurden die beiden Gravuren auf der Oberseite des<br />
Gehäuses von Hand nachgraviert. Der schlechte Zustand<br />
der Gravur ist deutlich auf dem Bild 6 sichtbar. Das Muster<br />
der Ranke wurde im ersten Schritt an seiner Außenkante<br />
nachgestochen. Danach wurden alle Linien des Untergrundes<br />
gestochen, sodass sich am Ende das Muster der Ranke<br />
vom Untergrund deutlich abhob. Das Gravieren des<br />
Musters ist auf Bild 7 und 8 zusehen. Anschließend wurden<br />
alle Muster des gesamten Uhrgehäuses nachgestochen, was<br />
mehrere Tage in Anspruch nahm. Der Unterschied zwischen<br />
Bild 6 und Bild 9 ist deutlich zusehen. Als nächstes<br />
wurde das Gehäuse aufgekittet und die gegossenen Ornamente<br />
auf der Vorderseite nachziseliert.<br />
4. <strong>Feuer</strong>vergolden<br />
Das eigentliche <strong>Feuer</strong>vergolden geschieht im geschlossenen<br />
System einer Arbeitskabine, die mit einer modernen<br />
Filteranlage verbunden ist. So wird gewährleistet, dass die<br />
giftigen Dämpfe, die beim Abrauchen des Amalgams entstehen,<br />
nicht nach außen dringen können.<br />
Der Vergolder selbst kommt mit dem Amalgam und<br />
den Dämpfen nicht in Berührung.<br />
Die Aufnahmen 10-13 zeigen das Gehäuse in dieser<br />
Kabine. Die Fotos wurden durch die Sichtscheibe gemacht.<br />
Nach dem Entfetten wurde im ersten Arbeitsschritt das<br />
Uhrgehäuse mit Quickwasser verquickt. Auf diese Oberfläche<br />
wurde eine Schicht Goldamalgam aufgetragen. Das<br />
Bild 10<br />
Bild 11<br />
Bild 12<br />
Bild 13<br />
Klassik Uhren 1/2008 33
Blindtext - Bitte noch editieren!!!<br />
Bild 14<br />
Bild 15<br />
Bild 16<br />
Uhrgehäuse hatte nun eine silbrig glänzende Oberfläche,<br />
was im Bild 10 gut zu sehen ist. Es folgte der thermische<br />
Arbeitsschritt.<br />
Mit einer Wärmequelle wurde das Uhrgehäuse gleichmäßig<br />
auf ca. 280 °C erwärmt. Bei dieser Temperatur fing<br />
das Amalgam an abzurauchen. Es entwickelte sich ein<br />
dunkler, hoch toxischer Rauch, der sofort vom Filtersystem<br />
absorbiert wurde. <strong>Im</strong> Bild 11 ist gut zu sehen, wie sich die<br />
Oberfläche von oben nach unten goldgelb färbte, bis das<br />
Gold sich auf der gesamten Oberfläche abgesetzt hat (Bild<br />
12 und 13).<br />
Nach dem Abkühlen wird das Uhrgehäuse über eine<br />
Schleuse aus der Kabine genommen. <strong>Im</strong> Bild 14 ist deutlich<br />
zu sehen, dass sich das Gold noch nicht überall auflegiert<br />
hat. Deutlich ist aber schon, die <strong>für</strong> diese Art der Vergoldung<br />
typisch matte Oberfläche der <strong>Feuer</strong>vergoldung zu<br />
sehen. Diese matte Oberfläche wurde in Frankreich ab<br />
Mitte des 17. Jh. hoch geschätzt und ist noch auf etlichen<br />
französischen Pendulen aus dieser Zeit vorhanden.<br />
Um eine optimale und gleichmäßige Vergoldung zu<br />
erzielen, wurden die beschriebenen Arbeitsschritte mehrfach<br />
wiederholt. Bei jedem neuen Auftragen des Amalgams<br />
wurde die Schicht des Goldes, die sich auf der Oberfläche<br />
absetzt, verstärkt (Bild 15).<br />
Die Schichtdicke kann so dem Verwendungszweck bzw.<br />
den jeweiligen Wünschen des Kunden angepasst werden.<br />
Bild 16 zeigt die schon verdichtete, matte Oberfläche, die<br />
einen sanften Glanz erhielt.<br />
Nach diesen Schritten wurden die erhabenen Ornamente<br />
mit besonders geschliffenen Blutsteinen auf Hochglanz<br />
poliert. Diesen Arbeitsschritt nennt man Handpolitur, da er<br />
nur von Hand und mit sehr viel Druck ausgeführt werden<br />
kann und keine maschinelle Politur vergleichbare Ergebnisse<br />
liefert. Nur durch diese Handpolitur ist es möglich, matte<br />
und hochglänzend polierte Oberflächen nebeneinander<br />
(Bild 17) auf einem Uhrgehäuse zu erhalten.<br />
Die <strong>Feuer</strong>vergoldung dieses Uhrgehäuses hat 15g Feingold<br />
verbraucht. Die Stärke der Goldschicht liegt bei über<br />
20 µm.<br />
LITERATUR<br />
• Anheuser, Kilian Hrsg.1999. <strong>Im</strong> <strong>Feuer</strong> <strong>vergoldet</strong>, Band 4.<br />
ADR Schriftenreihe zur Restaurierung und Grabungstechnik<br />
• Brepohl, Erhard. Hrsg. 1996. Theorie und Praxis des Goldschmieds,<br />
12. Aufl. Leipzig im Hanser Verl.<br />
• Brephol, Erhard, Hrsg. 1987 Theophilus Presbyter und die mittel -<br />
alterliche Goldschmiedekunst. Wien: Böhlau. Text des 3. Buches<br />
Bild 17<br />
• Drury, Elizabeth. Hrsg. 1986 Das Grosse Antiquitäten Handbuch,<br />
Südwest Verlag München Seite 204 - 205 Ormoulu<br />
34 Klassik Uhren 1/2008
5. Vorzustandsbilder im Vergleich mit dem feuer<strong>vergoldet</strong>en Uhrgehäuse<br />
Bild 18<br />
Bild 19<br />
Bild 20<br />
Bild 21<br />
Bild 22<br />
Bild 23<br />
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